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■- . -1
profes&or Karl fjemridj Kau
PRESENTED TO THE
1 UNIVERSITY OF MICHIQAN
,,., illr. pI)ilo parsons
1 . "— '
1 wn
zeitschrift^ä9
VERGI,EICHENDE
SPRACHFORSCHUNG
AUF DEM GEBIETE ÜES
DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND LATElNISOHlilN
FIERAUSQEGEBEN
Dr. ABAI.SBRT KUBXT,
BERLIN.
FERD. DÜMMLER'S VEELÄG8BUCHHANDLÜN0
(HAUKWITZ UND QÜS8MANN}
1870.
\
Verzeichnis der bisherigen mitarbeiten
Director dr. Akrens in Han-
nover.
Prof. dr. Andresen in Bonn.
C. Arendt in Peking.
Prof. Ascoli in Mailand.
Prof. dr. Th. Aufrecht in Edin-
burg.
Prof. dr. Ag. Benary in Ber-
lin f.
Prof. dr. Th, Benfey in Göttin-
gen.
Prof. dr. Bickell in Münster.
Dr. A, Birlinger in Bonn.
Staatsrath dr. 0. r. Boehtlingk
z. z. in Jena.
Prof. dr. Bollensen in Witzen-
hausen a. d. Werra.
Prof. dr. F. Bopp in Berlin f.
Prof. Michel BrSal in Paris.
Prof. dr. Ernst Brücke in Wien.
Dr. Jos, Budenz in Pesth.
Prof. dr. G. Bühler in Bombay.
Prof. dr. Sophus Bugge in Chri-
stian ia.
Dr. W. Clemm in Giefsen.
Prof. D. Comparetti in Pisa.
Prof. dr. W, Corssen in Berlin.
Prof. dr. Cr. Curtius in Leipzig.
Prof. dr. Berthold Delbrück in
Jena.
Dr. Lorenz Diefenbach in Frank-
furt a. M.
Director dr. A. Dietrich in Er-
furt.
Prof. dr. H, Düntzer in Cöln.
Dr. H, Ebel in Scbneidemahl.
Dr. Gnst. Eschmann in Burg*
steinfiirt.
Äug, Fick in Göttingen.
Oberbibliothekar prof. dr. E,
Förstemann in Dresden.
Dr. Froehde in Liegnitz.
Dr. G. Gerland in Halle.
Schulrath dr. A. Goebel in Kö-
nigsberg i. Pr.
Heinr, Gradl in Eger.
Prof. dr. Grafsmann in Stettin.
Hofrath J, Grimm in Berlin ^,
Prof. dr. V, Grohmann in Prag.
Prof. dr. M. Hang in München.
Dr. Ludwig Hirzel in Frauen-
feld (Cant. Thurgau).
Hofrath dr. Holfzmann in Hei-
delberg f.
Prof. dr. Hupfeld in Halle f.
J, B, Janku io Florenz.
Prof. dr. Jülg in Innsbruck.
G, Jurmann in Wien.
Prof. dr. H, Kern in Leyden.
Prof. F. Kielhorn in Püna.
Justizr. dr. Th. Kind in Leipzig f.
Prof. dr. Kirchhoff in Berlin.
Dr. Gustav Kifsling in Bremen
Dr.üT. 9. Knoblauch,
Dr. Reinhold Köhler in Wei-
mar.
Director dr. A, Kuhn in Berlin.
Dr. Ernst W. A, Kuhn,
IV
▼eneiehnis der bisherigen mitarbeiter.
Dr. 5. Lefmann in Heidelberg.
Gymnasiallehrer dr. Gustav Le-
ger Iota in Soest.
Dr. F. A. Leo in Berlin.
Prof. dr. H, Leo in Halle.
Prof. dr. R. Lepsius in Berlin.
Prof. dr. M. Lexer in Würz-
barg.
Prof. F, Liebrecht in Luttich.
Prof. dr. C, Lottner in Dublin.
Prof. dr. A, Ludwig in Prag.
Dr. W. Mannhardt in Danzig.
Dr. H, Martens in Bremen.
Prof. dr. Mafsmann in Berlin.
Dr. Maurophrydes aus Kappa-
dokien in Athen f.
Prof. dr. Leo Meyer in Dorpat.
Prof. dr. Michaelis in Berlin.
Prof. Franz Misteli in St. Gallen.
Prof. dr. Th. Möbius in Kiel.
Prof. dr. K. Müllenhoff in Berlin.
Prof. dr. Max Müller in Oxford.
Prof. dr. Friedrich Müller in
Wien.
Prof. dr. Mussafia in Wien.
Dr. Pauli in Münden.
Prof. Ign, Petters in Leitmeritz.
Dr. Friedr. Pfeiffer in Breslau.
Prof. dr. A, Pictet in Genf.
Prof. dr. A. F. Pott in Halle.
Prof. dr. Karl Regel in Gotha.
Dr. Rieh. Rödiger in Berlin.
Dr. Rosselet in Berlin f.
Prof. dr. R. Roth in Tübingen.
Prof. dr. J ,Savelsbergin Aachen.
Prof. dr. A, Schleicher in Jena f.
Dr. Johannes Schmidt in Bonn.
Prof. dr. M, Schmidt in Jena.
Prof. dr. Schmidt' Göbel inLem-
berg.
Prof. dr. Schnitzer in Ell wangen.
Dr. G. Schönberg in Taganrog.
Dr. Schröder in Merseburg f.
Dr. Hugo Schuchardt in Leipzig.
Prof. dr. H, Schweizer- Sidler
in Zürich.
Rector dr. W, Sonne in Wismar.
Prof. dr. Spiegel in Erlangen.
Prof. dr. H, Steinthal in Berlin.
Director G. Stier in Zerbst.
Dr. Strehlke in Danzig.
Dr. Techen in Wismar.
Prof. dr. L, Tobler in Bern.
Prof. dr. W. Treitz in Marburg f.
ÜT. Walter in Freienwalde a. O f.
Prof. dr. A, Weber in Berlin.
Prof. dr.Hugo Weber in Weimar.
Prof. dr. Weinhold in Kiel.
Prof. dr. WestphaL
Dr. Wilbrandt in Rostock.
Fr, Woeste in Iserlohn.
Oberlehrer dr. Zeyfs in Marien-
werder.
Prof. Zyro in Bern.
Inhalt.
Seit»
Lautwandel von a in x. II. Im inlaut. (Scblufs von bd. XVI, s. 420).
Von J. Savelsberg 1
Die Umstellung des hauches. ' Von Pott 16
Niobe, Chione und Cbimaira. — Vatsa. — Climen und leumund. Von
F. Max Müller 42
Zur künde deutscher mundarten. IV. (Vermischtes). V. (Naturhistori-
sches). VI. (Kulturhistorisches). Von Heinrich Gradl. . . 48
Gustav Schönberg flber griechische composita etc. Angezeigt von
W. Clemm 70
Joseph Wormstall die herkunft der Franken von Troja. Angezeigt
von £. Kuhn 77
spüma, fdus, lacertus. Von A. Fick 78
Ueber die accentnation des griechischen. (Fortsetzung von bd. XVII, 61
bis 134 und 161 bis 194.) V. 1) Die feminina auf oi; und w.
2) Proparoxytonirtes -ioit; und ^aav bei -i und i;-8tämmen. 3) Die
ausnahmen zum betonungsgesetze der einsilbler. VI. Nachträge und
berichtigungen zu bd. XVII, 81 sqq. d. zeitschr. Von Franz
Misteli 81
Zur künde deutscher mundarten.' Wortstamm FIK. Von Heinrich
Gradl 126
Studien zur griech. und lat. grammatik, herausgeg. von G. Cnrtius,
heft I und II. Angezeigt von Rieh. Rödiger 181
H. L. Ahrens griechische formenlehre u. s. w. Zweite aufläge. Ange-
zeigt von W. Clemm 140
Das brot im Spiegel schweizerdeutscher Volkssprache und sitte. An-
gezeigt von A. Birlinger 144
L. Curtze die Germania von Tacitus. Angezeigt von H. Schweizer-
Sidler 152
Friedrich Haag. Vergleichung des PrSkrit mit den lomanischen
sprachen. Angezeigt von E. Kuhn 160
Erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. 1) Ueber die la-
teinischen Wörter forceps, forfex, forpex und das umbrische
verbum furfa. 2) Ueber die mit dem suffix ne gebildeten itali-
schen Partikeln. 8) Ueber die auf pa sich endigenden lateinischen
nomina. 4)' Ueber hordeum und die ihm in den verwandten spra-
chen entsprechenden Wörter. 6) Ueber camillus und camilla.
6) mentula. Von Zeyfs 161
Noch ein wort ttber das lateinische f (gegen Ascoli). Von W. Corssen 190
Zur declination der lateinischen geschlechtigen pronomina. 1) quirquir.
2) der genetiv und dativ singularis lateinischer geschlechtiger pro-
nomina. 3) ipse. Von Johannes Schmidt 196
VI Inhalt.
Seit«
Zur kenntnis der ältesten nmen. II. Von Theodor M5biu8. . . . 208
Etymologien. 1) oSoq. 2) tii^ioq, 3) oßtXoq. 4) tvj^ofjiai,, 6) tvvri,
6) ovO-oq,, ov&aQ. 7) f.^d{inlfO. 8) 'tfl^iOq* Von R. Roth . . 216
II. M erguet. Welche beweiskraft hat das verbum possum für die ent-
stehung der verbalendungen aus hilfsverben. Angezeigt von Carl
Pauli 224
H. Bruppacher. Versuch einer lautlehre der oskischen spräche. —
Fr. Weihrich de gradibus comparationis etc. — Paulus Ubdolf
de linguae latinae vocabulis compositis. — Ourtius-Fumi Illustra-
zioni filologico-comparative alla grammatica greca. Angezeigt von
H. Schweizer-Sidler 227
lieber das gotische dauhtar. Von B. Delbrück 241
Etymologische beitrage. I. I'(ja/Aat. rfkv&of, fAivuqoq. iltXlt^ui, II. Alte
participia perf. pass. von verben auf t. lat. spissus u. s. w.
III. apjekti erblinden, aklas blind u. s. w. IV. Varia. Von
A. Fick 247
Zur geschichte der consonantenverdoppelung. Von G. Michaelis. . 265
Franz Scholle über den begriff tochtersprache. Angezeigt von
E. Kuhn 267
Leo Meyer die gotische spräche. Angezeigt von Johannes Schmidt 268
L. Kraushaar de radicum quarundam indogermanicarum variatione. —
Gu. De ecke de reduplicato latinae linguae praeterito. — H. B.
Rumpelt das natürliche System der sprachlaute n. s. w. — M^-
moires de la soci^te de linguistique de Paris. Tome premier
2*fasc. Angezeigt von H. Schweizer-Sidler 296
H. M erguet die entwickelung der lateinischen formenbildung. Ange-
zeigt von Carl Pauli 303
Erläuterungen zu meiner griechischen schulgrammatik. Von Georg
Curtius. Zweite aufläge. Angezeigt von E. Kuhn .... 307
feihoss, rolj^o;, dehas. Von Grafsmann 309
1) Bairische Orthographie. 15. jahrh. 2) Handwerker- n. s. w. namen,
bairisch. 3) Struot. 4) In cichelweifs. 5) Fürhäfs. 6) Ueber mo-
natnamen. 7) Digge, Dickhe, Tigew. Von A. Birlinger. . .311
Nachtrag zu s. 208 ff. 320
Der ostfränkische dialekt in Böhmen. Vokalismus. Von Heinrich
Gradl 321
Altnordisch und litauisch. Von E. Förstemann 353
Ein übersehenes comparativsufGx. Von Johannes Schmidt . . .381
Ph. Dietz Wörterbuch zu dr. Martin Luthers deutschen Schriften. Erster
band. Angezeigt von E. Kuhn 386
Raphael Kühner ausführliche grammatik der griechischen spräche.
Zweite aufläge. Erster tbeil. Erste abtheilung. Angezeigt von
Rieh. Rödiger. 386
Spange. Von Leo Meyer 890
nap napSt nSfÖ nSbhi. Von Fr. Spiegel 392
1) ar, arja, Srja. 2) dvSr, dvSra, dur. Von Lefmann 393
Zur etymologischen Wortforschung. Von SophnsBugge . . . .401
Inschrift von Ostuni. Von Moriz Schmidt 448
Sach- und Wortregister 449
/
...;.l
. t;
Lautwandel von in x.
II. Im inlaiit. -^
(Schlafs von bd. XVI, s. 420).
"Siga a,u8 ^(oadga ^ trözenisch ßcixagog. — 'ilgitov^ ^^^^^
*S2agi(ov^ nrapTünglich jrcoaaQijrcov^ dsLS sommergest^irii., t
I )ie erkläruog von ci'prf, welche ich in dieser zeitscbr. Vif,'
p. 386—394 aufgestellt habe, dafs es nach bedeutung und'
form ein erweitertes 'dccg sei^ dafs nämlich äga den lenz
im weitern sinne, d. h. die ganze schöne zeit des Jahres,
zu welcher blofs der winter den gegensatz bilde, bezeichne,
und dafs dessen voraussetzliehe urform *^oadQce eine Weiter-
bildung von *^iaag^ J^^ccq sei, beruht auf der annähme eines
ursprünglichen anlauts^, welcher aus dem hiatus in der
Zusammensetzung mit a privativum, in ä-oogog^ gefolgert
wurde. Die richtigkeit dieser annähme bestreitet G, Curtius
in seinen grundzügen der gr. etym. I, p. 322, indem er auf
ä'OTiTog und ä-oüfAog hinweist, aus deren hiatus noch kein
anlautendes digamma für oTiTog und oäiArj sich folgern lasse.
Wir gestehen dieses zu und überdies, dafs in d-iSgvTog
und ä'vnvog der hiatus durch ausfkU eines a entstanden
ist, wie die Sprachvergleichung lehrt (vgl. Curtius n. 280
und 391). Mögen nun vier bis fünf ausnahmeföUe consta-
tiert sein, so zählt doch die regel, dafs der hiatus nach cc
priv. ein digamma annehmen lasse, bei Pott etym. forsch.
(2. ausg.) I, p. 221 von d-ccyijg an bis ä-eXnrog p. 227 si-
cher 20 beispiele. Nicht so günstig steht es um die von
Curtius entgegengestellte vergleichung von äga mit zd.
järe „jahr% goth. jer, ahd. jär, böhm.jaro „frühling**,
so dafs der Spiritus asper in cHga ursprüngliches] verträte
und in ä-cogog j ausge&llen wäre. Vielmehr erweist sich
diese annähme als unrichtig; denn es gibt kein beispiel
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX, 1. |
2 Savelsberg
daflQr, dafs ein hiatus iii einer Zusammensetzung mit a priv.
auf ursprüngliches j zurückweise, sondern ayvoq^ dessen
Wurzel äy der skr. wz. jag entspricht (Curtius n. 118),
wird mit der negation civ-aypog. Darum müssen wir das
zendwort järe, dessen herkunft von ja gehen Bopp (vgl.
gr. §. 69. 2)) und Pott (et. forsch. I, p. 223 unten) vermu-
then, von der vergleichung mit wQa ausschliefsen. Wir
wollen nun aber auch üuoQoq gegen einen möglichen zweifei,
ob es zu den obigen ausnahmen gehören könne, sichern
und darin eine gerechtfertigte forderung erfüllen. Gerade
so nämlich, wie für l^QGt] „der vorgeschlagene vocal in der
bei Hesychius äeQaav trjv öqoöov Kgr^reg erhaltenen form
deutlich genug auf^ hinweist" (Curtius n. 497), so für
äga die glosse bei Hesychius: 'Eg adgag' elg xaiqovg.
Also ist ofoiga mit seinem blofs vorgeschlagenen a (pro-
theticum) ebenso sicher wie opeQca und ofaiöw und damit
zugleich altes jrwga bewiesen. Indem wir nun zugestande-
ner mafsen von dessen bedeutung „frühling", die ich in d.
zeitschr. VII, p. 388 — 392 von Homer an nachgewiesen
habe, ausgehen, vergleichen wir zunächst das lit. vasarä
(fem.) „Sommer" und das zendwort vanhra (auch vanhara)*)
„frühling", das aus älterm vasra hervorgieng **), mit ^ojQa
und vermuthen von diesem eine ähnliche urform ^oodga
oder ^(juadga. Wie die beiden erstgenannten Wörter lit.
vasarä und zd. vanhra oflPenbar Weiterbildungen von einem
zu gründe liegenden vasar sind, so die vorausgesetzte Ur-
form *j:oa(XQa von ^^iaaq (^«ß), und solche hypothese unter-
liegt um so weniger einem bedenken, als der ausfall des ö
und dann zusammenziehung, also hier jrodga in j:mqcc^ ge-
rade bei *j^i(5ccg^ ^iag^ ^rJQ (^()), beim lat. ver aus *verer
und nord. vär aus * vasar (Aufrecht in d. zeitschr. I,
p. 351 ***) auf gleiche weise statt gefunden haben.
Nun ist uns ferner aus dem trözenischen dialekt eine
wortform für frühling erhalten, welche nicht nur den anlaut
♦) Beide formen führt Aufrecht in d. zeitschr. I, p. 351 in der note an.
**) Die lautverbindung anhr im zend ist auf skr. asr zurückzuführen.
Bopp vgl. gr. §. 54.
"•**) Ueber die nordische form vergl, noch Bugge in d. Zeitschrift IV,
p. 250 f. — Anm. der red.
lautwandel von a in x. 3
ß für / bat, sondern auch zur vollen bestätigung der er-
schlossenen Urform dient. Sie findet sich im Etymologicum
magnum p. 217, 40: Bwxa^og^ t6 Ha^ vno T^oi^fjviiop^
nagä ro rtp ßi(p x^Q^^ (pi()eiVj ßdxccQog xal ßoixaQog* xal
noTttfiog 8k 2akafuvog ovro) xaXovuevog*), Ohne über
die dort versuchte deutung — ßioxccgog lebenserfreuerl —
ein wort zu verlieren, gelangen wir zur wirklichen etymo-
logie am sichersten, wenn wir ßcixagog mit den in den
indogermanischen sprachen weitverbreiteten, einander stamm-
verwandten Wörtern für frühling, bei der völligen identität
der bedeutung, auch lautlich zu vereinigen vermögen. Mit
eben diesen kurz vorher genannten wortformen, die sämmt-
lich dieselbe grundform und wurzel, vasar von wz. vas
„leuchten^ (Curtius n. 589), erkennen lassen, besonders mit
lit. vasara und zd. vanhra (für vasra)**) ist nun ßoixagog
zu vereinigen, indem ß als der gewöhnlichste Vertreter des
w-lautes erscheint***) und der lautwandel x aus 6 viel-
fach nachgewiesen ist, namentlich in den aoristen 'dS(oxa^
Wr}xa^ r;xa aus idcoaa^ 'i&r^aa^ ^(Ta und im kretisch - dori-
schen aorist iaralxa aus 'icTaXaa (s. bd. XVI, s. 401 — 420),
so dafs nunmehr für das trözenisch-dorische ßtaxagog älte-
res jriücaQog sicher vorauszusetzen ist. Dieses jrwaagog ist
nun eine Weiterbildung von ^iaag {'ictg) ähnlich wie das
hboi. yiaQBg (Wes ^iagog) 'iag bei Hesychius **** ) und wie
*) Lycophron v. 461. Strabo IX, p. 394: Bmxaißoq d* iffzlv ip
SaXafitvi ^lOTa^ot,*, 6 rvv BojxdXia xaXovftfvnq, Bei Hesychias 8. v, sind
wohl einige Wörter ausgefallen: Bo^xagoq^ noiafioq iv SaXafilvi' [xa2 i¥
KvTiQ(a\ (y %ov *Anafjiavioq oQovq q>fi^}o^ufvnqj denn der herg'Axafiaq war
ein Vorgebirge in Cypros westlich bei Paphos (Strabo XTV, p. 681 extr. Hesych.
s. V. 'AxtifiavTar, Sext. Empir. adv. gramm. c. 12). Dort war also ein
gleichnamiger flufs Bo^xaooc^ wofür bei Eurip. Bacch. 405 (Dind.) vulgo Bag-
ßixQoq ediert ist. Ob der name nach Olshausen im rhein. mus. YIII, p. 331
phönicisch, oder nach Eastath. zu U. II, 637 als Bo6Ka(joq ,,kuhkopf* zu
deuten sei, ist gleich zweifelhaft; sicher aber ist der flufsname auf dem ioni-
schen Salamis (Plut. Sol. 10) verschieden von dem worte /?wxa^o(; = fag im
dorischen Trözen.
**) Auch altpers. vähara vermuthet Spiegel in seinen altpers. keilin-
schriften p. 201 in dem monatsnamen Thuravähara, und vergleicht es
mit zd. vanhara, neupers. bahär „frühling** und skr. väsara-m »tag**,
dessen bedeutung allerdings nur enger ist, eig. die lichtzeit im gegensatz zur
nacht, während der lenz oder der ganze sommer die lichtzeit im gegensatz
zum Winter ist.
***) Ahrens Dor. p. 44 — 60.
') Andere ähnliche Weiterbildungen sind das böotische '^yoq C. I. G.
1*
4 ' Savelsberg
wQog (mittelform ^waQog)^ dessen primärer begriff sich dahin
erweitert hat, dafs es jähr bedeutet (wovon später noch).
Dieselbe begriffserweiterung hat statt gefunden im nordischen
vär „frühling** und är «jähr", in welchem letztern worte
wir abfall des v annehmen (vgl. ord, orm, deutsch wort,
wurm), besonders da die beiden bedeutungen bei den Insel-
schweden in der einen form uar sich noch erhalten haben *).
So stellen wir denn auch goth. jer, ahd. jär, böhmisch
jaro „frQhling^ nebst altrussischem jaro „sommer% wovon
noch das adj. jarovoj z. b. chlebü jarovoj „sommerkorn^
im gebrauch ist, mit Curtius hierher, nur mit dem unter-
schiede, dafs wir abfall des v annehmen, das slaw. jaro also
auf *vjaro und vermittelst des litauischen vasarä „som-
mer** auf *vi8aro zurückführen**). Die hier zusammen-
gestellten germanischen und slawischen Wörter haben dem-
nach ein gleiches loos mit dem wirklich verwandten äga
gehabt, welches schon bei Homer sein ^ eingebüfst und
nur eine spur davon in ä-togog (nav-ct-jrbjQiog II. XXIV, 540)
und in seinem Spiritus asper zurückgelassen hat.
Gleich dem trözenischen ßatxagoq (jroitfaQog) hat äga
ursprünglich die bedeutung frühling gehabt, wie früher
bd. VII, s. 388 ff. nachgewiesen worden ist, worauf es dann
später die ganze schöne Jahreszeit, den sommer im weitem
sinne bezeichnete***), wie man im gemeinen leben blofs
n. 1669 a. 39. 46 für a*5» ferner wxnq pv^ axojoi — y(^vßoq ygvtp bei
Hesjchias u. a. bei Lobeck parall. I p. 186 — 140. Daher bedarf des Hesy-
chius glosse yiagfq faQ nur der emendation ^^/or^iot; (d. i. J^iaffoq) als nomi-
nativ, ist aber übrigens von Abrens Aeol. p. 171 mit recht bdotisch genannt.
♦) Angeführt von Polt etyra. forsch. (2. ausg.) I, p. 224 aus Rufsvnirm
spräche der Inselschweden s. 66. Auch im lat. hornns „heurig'' ist nach
Curtius scharfsinniger erklärung aus ho-ver-nus (grundz. I, p. 828) das
versteckte ver im weitem sinne für »jähr'* gebraucht.
**) Aehnlich ist sowohl der abfall von n im slaw. im§ „name, nomen*',
als besonders die aphäresis der silbe ve, welche Curtius I, p. 177 mit Grimm
im slaw. (bohm.) tele, lit. telas «kalb* fUr "^ve-telas (lat. vitulus) an-
nimmt.
***) üiija : rö ta() tj O-f'go^ von Hesychins richtig erklärt, ist bei Homer
bald frilhling 11.11,468. Od. IX, 61 6<ra ffidXaxaldy&iaylyvetataiQtjf bald
sommer Od. IX, 186 ßaO-v X^inr ahl ffq otQaq djUMtv »tiefe saat kann man
immer auf den sommer mähen ** (s. d. zeitschr.YII, 888 — 392); im allgemeinen
Sprachgebrauch ist die letztere bedeutung die vorwiegende, da man die mitte
des sommers wfja nannte nach Galenus (ed. Chart. YIII, p. 678) : t6 juiaov
^/(po?, önfg oi "EXXfii'f^ wgav oro/id^ova^v y und davon die reifen fruchte
lautwandel von er in x. 5
von den zwei hauptjahreszeiten sommer und winter spricht.
Aber auch mit mascnlinendung, mit welcher ßtixag-o-q er-
scheint (st. ßwxaQo\ hat es ein oog-o-g gegeben, dessen be-
deutung ^jahr^*) gewifs aus einer frühem bezeichnung von
,,sommer im weitern sinne oder der ganzen schönen Jahres-
zeit^ hervorgegangen ist, wie Vergil unter tertia aestas
Aen. I, 265 un4 septima aestas ib. 756 jedesmal das jähr
versteht (Servius zu I, 756: per aestates annos intellige)
und wie das mit unserm lenz verwandte slawische leto
sommer und jähr bedeutet. Von aigog nun ist wahrschein-
lich das adj. wgiog abgeleitet. Dieses hat Homer einmal
Od. IX, 131, sonst nur noch das zusammengesetzte ;rav-o-
'(agiog^ dagegen das von üga abgeleitete tagalog gar nicht;
erst von Hesiod an erscheinen beide formen. In jener
stelle nun (Od. IX, 131) wird die insel der Kyklopcn be-
schrieben: ov fiiv ydg ri xaxiq ye^ cpigoi de xep ägia
ndvta^ „sie mag wohl jeglichen sommerertrag bringen %
und letztere andeutung weiter ausgeführt: dort sind Xu-
fioSvsg fiakaxoi v. 132 „weiche (grasreiche) wiesen**, äip&iroi
äfineXoi „nie ausgehende weinstöcke^ und ßa&v kijiov
V. 134 „tiefe saat, die man immer auf den sommer {slg
üigag) mähen kann^. Wie man „jeglichen sommerertrag^
ügia ndvra verstehen soll, wird also der hauptsache nach
angeführt: weide, getreideernte und weinlese.
Der fortdauernde Sprachgebrauch des adjectivs ügiog
faqaloi xtqnol eig. sommerflüchte heifsen, wie Galenus IX, p. 495 diesen
und noch einen ähnlichen ausdmck des Hippokrates vdoiQ dtftalov erklärt io
xaTct 10 fifaov &it)oq ovofjat^oftfvor, Aehnlich wie im litauischen das ver-
wandte wort vasark zur bedeutung sommer erhoben ist, so dafs von ihm
aus der frühling pavdsaris (eig. beisoromer) genannt wird, so bezeichnete
wga zunächst den lenz im weitem sinne, dann aber vorzugsweise den sommer,
so dafs, wenn man den ersten theil der grofsen wga ausdrücken wollte, man
ihn mit lia utQa Aristoph. £q. 419 oder rfaft<i wga Eurip. Phoen. 787 be-
zeichnete. Im deutschen können wir atga als die gesammte schone und
fruchtbare zeit des Jahres, zu welcher blofs der winter den gegensatz bildet,
füglich mit sommer als der einen der beiden hauptjahreszeiten wiedergeben.
*) Die hauptstelle ist bei Diodor I, 26, wo er über die jahreseintheilung
der alten Aegyptier spricht: xar' ixtfi'ov:; ydt) toi;? ^Qorovq i6v h'iavxor
anaQilX,fü&ai ifitagai fttiol to«? ynofjihotq xard xcis hdaioiv rwv /§o-
ro}f wgaq^ otoi» fagoq, &iQovqt ;f*'f»wio?' «rp* tjq airlaq xal nag hlo^q
tciv 'EV.rivoiv Toifq ivuivcovq otgovq xaXn(r&ai> xal idq xai txoq avaygor-
ffdq otgoygaqiiaq 7tgnqnyogevf<T&ai>. Sonst ist (agoq nur bei grammatikem
erhalten, Hesych. s. v. o}goygd(poi ...«.• igoi ydg ol iviavjol nnd
Et. M. p. 823, 48 tagoq 6 iviav%6q.
6 Savelsberg
erhielt sich auch dann noch, als man längst drei *), ja vier
Jahreszeiten unterschied; so noch bei Theokrit VII, 84:
xai TV fieXiaaäv
xtjQia (pSQ/36/Aevog 'irog cjqiüv k^enovaaag,
„und der bienen honigwaben speisend hieltest du die Som-
merzeit es aus^. Hier ist ^ro^ cjgiov eig. das jähr während
des sommers, da das adj. nur einen theil des jahres be-
zeichnet, wie annus pomifer Horat. Carm. III, 23, 8 =
auctumnus; annus hibernus Epod. 2, 29 = hiems, und
unser frühjahr. Der scholiast erklärt gegen andere, die das
ganze jähr verstehen wollen, ^ro^ aigiov fQr den frühling:
ro yovp iag 6e6xoiTog ägiov eins, rovriüri. rov rgifijp'iaiov
xaigov. Jedoch da die honigbereitung der bienen im frühling
(und herbst) stattfindet, wie auch Aristoteles bist. anim. IX,
c.40 (ed.Bekk. p.292) sagt: rjj ök rov fielirog igyaait^ divzol
xatgoi eiaiVj iag xai fiaroTtwgov, und solche ernährung des
hirten Komatas durch den honig der bienen zwei monate
dauerte, wie der scholiast zu v. 78 erzählt, so kann auch
der Sommer, wenigstens zum theil, gemeint sein. Im all-
gemeinen hat ägiog ohne zweifei einen weitern begrifi^, den
wir durch „sommerlich^ bezeichnen, um so mehr, als es
öfters sogar vom Spätsommer gilt, wie Theokr. XXV, 28
ig Xfjvovg IxvBVVTai, hnriv ß^igog cigiov 'ikx^ij „sie kommen
zur kelter, nachdem die Sommerhitze eingetreten ist^. Be-
sonders sind wgia des Spätsommers fruchte ib. XV, 112
*) Ursprünglich unterschieden die Griechen wahrscheinlich wie andere
Völker, so lange sie noch auf niedriger culturstufe standen, nur zwei Jahres-
zeiten; nur zwei, nämlich frUhling und winter, haben in vielen verwandten
sprachen namensformen von gemeinsamem Ursprung, sommer und herbst aber
überall verschiedene namen. S. d. zeitschr. VII, s. 389. Homer und Hesiod
unterscheiden drei Jahreszeiten : fa(), i^'^^o;, /et/t«) und später noch Aeschylos
From. V. 454 und Aristophanes Av. 709. Die otiwqyi »reife'* und „zeit der
reife** ist keine besondere Jahreszeit, sondern gehört, wie sie zuweilen in Ver-
bindung mit &(Qoq genannt wird Od. XI, 192; XII, 76, zum sommer als der
heifseste theil desselben, die zeit vom aufgang des Seirios, des riiTTr}^ nitoß-
Qiv6<; n. y, 5, oq gd r' onojQriq flai IL XXII, 27, wie hier auch Enstathios
p. 1256, 2 gut bezeugt: onoifja d^ xai vvt» fJt^gnq O-igovq tö T«A*i;TaIor,
/ie&* TO /Jiit6no)(jof. Bei Hesiod Opp. 415 ist fitinTiwiiiioi' adverbiuni
und bedeutet „nach der opora**, wie ^liXfaTtinv IL XI, 95; XVI, 739 „zwischen
den äugen**. Der herbst, (pd-tvonwQov oder fiironiHQov, tritt erst bei Hippo-
krates selbständig in die reihe der Jahreszeiten ein (Ideler, handb. der chro-
noL I, s. 250).
lautwandel ron a in x, 7
Tiag fjiiv Ol ägia xsirai oaa Sgvog äxQa (pigorrai^ wie auch
der scholiast erläutert: ndvta^ ^V<^h ^^ axQoSgva nagari^
^BTai !Adwvi5i ano navxoiag ISiag onwQwv^ und werden
ausdrQcklich dem herbste beigelegt Bion VI, 13: oinc h&iXta
(p&ivonwQov^ insl voaov wgia tixrei*). Die weiter abge-
leitete bedeutung ^^rechtzeitig, zeitigt, die schon früh, bei
Hesiod, vorkommt, hat ägiog mit (ogaiog gemein, wie ja
wQ^ schon bei Homer Jahreszeit, dann die rechte, geeignete
zeit, und Oberhaupt zeit bedeutet. Hier gilt es blofs, die
ursprüngliche bedeutung und die zunächst aus ihr hervor-
gegangenen zugleich mit der durch die Sprachvergleichung
auffindbaren grundform und wurzel nachzuweisen. Wie
wir nun aus der altern bedeutung des adj. wgtog die ent-
sprechende bedeutung des Stammwortes (ogog „sommer^^
woraus die begriffserweiterung »jähr* hervorgieng, voraus-
setzen dürfen, so sind wir auch genugsam in stand gesetzt
die form wgog auf die ältere gestalt zurückzuführen. Schon
das trözenische wort ßiixagog »frühling* liefs uns die Ur-
form ^(iüaQog erschliefsen. Aufserdem gelangen wir auch
noch zu willkommenen mittelformen üccQog und wd^a^ falls
die griechischen grammatiker den gestirnnamen 'ilgiwv^
dessen ältere form 'Siagliav war, richtig mit wgog und ciga
vereinigt haben. Diese ältere naraensform 'Siagiatv bieten
dar: Korinna bei Apollon. de pronom. p. 98 ed. Bekker,
Pindar Isthm. III, 67 ed. Boeckh (q/uaiv 'ilaQiwvBiav) und
jetzt auch Nem. II, 12 'Siagiwva (wo u)a synizese bildet)
nach zwei handschriften sowie nach Athen. XI, p. 490 F
und Eustath. p. 1535, 52, welche beide ^Oagicova haben,
dann ein fragment aus Pindars dithyramben, welches jetzt
von Schneidewin vollständiger als bei Et. M. p. 460, 39 u. a.
aus dem lexikon des Kyrillos hergestellt ist im rhein. mus.
II, p. 298 — 300: yi^6x(p ^ore &(oQaxO^Big int^ (xkXoTQi(f
*) Uebrigens ist der gedanke derselbe wie bei Hippocrates de humor.
(Hippocr. opp. ed. Kühn I, p. 188. FoSs. I, 51): Verschieden seien in den
Jahreszeiten lebensweise, speisen und getränke, wie dafs der winter ohne ar*
beit sei, reife und einfache speisen eingenommen werden; die zelten der
frachtreife aber seien voller arbeit, da sei Sonnenhitze, die getrttnke häufig,
unhaltbare speisen, weine, obstarten (a^ onwgou 6h igvdffifiOij ^^toxr»;?, Tri
n^vofteva rri'xi'a, axaiaaxctTa (Ttr/a, oifo», ctxooSiJva).
8 Savelsberg
'jr^(Mtdi<, ferner. KalHmachos hymn. in Dian. v. 265, Catul-
lus com. Berjßn. v. 94 und Nicander Tberiac. init. Der
lüame *Siaglwv ist n4t dem snfBx -^wv gebildet, wie dieses
jetzt durch vaseninschriften ^^iif^cor, Jida(fojv und gerade
durch 'Sigif ojv selbst documentirt ist*). Nachdem er zu
^SIqIwv contrahirt, worden war, mufste i eigentlich kurz blei-
ben wie bei Euripides Cycl. 213. Ion 1153, was von den
grammatikern besonders bemerkt wird**) wegen der auf-
fallenden Verlängerung des i bei Homer IL XVIII, 486. 488;
XXII, 29. Od. V, 121. 274; XI, 310. 572 und Hesiod Op.
598. 609. 615. 619, wo das versmafs jedoch überall die
ältere form ^Siagicjv gestatten würde.
Betrachten wir die vielfachen erklärungen des namens,
so hat unter den neuern der versuch Benfey^s in s. griech.
wurzellex. I, p. 329, indem er älteres ofagiiov annimmt und
mit der skr. form vär in väri „wasser^ zusammenbringt,
dann o-jraQiaov (6 = a copulat.) als „wasser, regen mit
sich habend^ erklärt und ofago zu gründe legt, freilich nichts
näher erwiesen, aber wenigstens in der formellen erklärung
analogien für sich; wogegen Pott, welcher in d. zeitschr.
VI, p. 259 — 280 die gleiche erklärung „Wassermann, der
wasserreiche^ aufstellt, der form gar nicht gerecht zu werden
weiis, indem er 'SiaQiwv und 'ilqiwv unmittelbar aus dem
skr. wort väri „wasser'^ herleitet, während doch i im grie-
chischen namen nicht zum stamm, sondern zur ableitung
gehört, und er in 'Siagltov ein digamma „allerdings unge-
wöhnlich^, aber dennoch zu w umschlagen läfst, wofQr es
gar keine analogie gibt. Indessen irrt Benfey ebenso wie
Pott in der Voraussetzung, dafs das Orionsgestirn bei sei-
nem aufgange stürm bringe. Nicht der aufgang des Orion,
sondern sein kosmischer Untergang, der für die alten im
*) S. meine schrift: de digammo ejusque immutatioDibus. Berol. 1868
(progr. von Aachen 1867). Taf. I, n. 2 SENFON, n. 8 OPIFON, n. 4
JUAIFON.
♦*) So von Kyrillos im lexikon (Gramer Anecd. Par. III, p. 194, 7)
'JlgCüiVi 'Ertfi y.at 6 dfjfwv (lies 'Oagfon') iv ffvaToXjj, xal UlvSa^oq xal
Eug*7i(Sfjq cet. und von Choeroboscus (Bekker Anecd. p. 1433): tö 'JIqIojv
dtakoydcfQov /(Tr* ffvfftiXXov i6 », (oq nag EvQinldri (Cycl. 213) „xa t*
aaxQa xal tov ^Slgfüjra öigxofdai*^. o ydg nonjttiq i^hfivtv ai>To dniav
(n. XVin, 488) „fj t' avTov c%g4(f€tai, xal t' 'Slgitava 6oh(V€i**>
lautwandel von a in x. 9
späten herbst erfolgte, brachte stürm und regen (Ideler,
unters, über nrspr. und bedeut. der sternnamen s. 219), wie
es von den nahe vor ihm fliehenden PIejaden ja schon
Hesiod sagt Op. 619:
BVT* äv nXrjiddsg ö&evog ofißgifiov 'Sigitovog
(pevyovaat 7tlnTa)aiv ig r^egoBidka novrov^
ärj t6t6 TtavToiwv avifXMV &ijOvaiv cci^rai'
xal TOTS jurjxen vrjag H^eiv kvl otvoni Ttovrqi,
woher denn auch den Orion spätere dichter, besonders die
lateinischen, als stürmisch bezeichnen, Yergil mit den bei-
wörtem nimbosus, aquosus, Horaz mit tristis, nautis infestus.
Aber davon haben die Griechen dem gestirn den namen
ganz sicher nicht gegeben. Die erklärung des 'Slgivov vom
wasser, nach Euphorion beim Schol. II. XYIII, 486 sogar
von ovQBiv^ steht wohl im Zusammenhang mit der falschen
deutung der IlXeiddeg von nXieiVj der'Yddeg von veiv nach
Cic« de nat. deor. II, c. 43 „ab imbribus^. Ungleich besser
wird der name 'SIqIojv vom Etym. Magn. p. 675, 42 erklärt:
Tov Sh Jia xatrjareQiod'ai rag HXeidöag (fBvyovaag
TOP 'Sigiiava^ 6g hariv kviavtog^ ofienbar von dem mit aiga
verwandten wgog^ da p. 823, 48 wgog u ^viavrog naqd rag
wQag^ Tag rgondg^ äg negiix^i erklärt wird. Wenn wir
auch die völlige identificirung mit dem begrifie jähr oder
gar Sonnenwende nicht vertreten wollen, so sehen wir doch
wenigstens in der erklärung von ä/gog ältere reminiscenzen
auftauchen. Von alters her knüpfte man allerdings die
anfange der Jahreszeiten an die sommerwenden und fix-
sternerscheinungen. Orions aufgang — bekanntlieh der
heliatische in der frühe, wie von allen gestirnen bei den
Griechen^) — trifft mit der Sommersonnenwende zusam-
men **) : mit der sommerwende begann das Olympiadenjahr
(Ideler chronol. I, s. 336), mit welchem auch das archonti-
sche jähr in Athen schon Ol. 72, 3 (490 v. Chr.) nach
♦) Dafür z. b. von den PIejaden eine beweissteile Schol. II. XVIII, 486:
**) Hyginus astron. III: oritnr autem (Orion) cum cancro et occidit cum
ultima parte scorpionis et sagittatio.
10 Savelsberg
Böckhs scharfsinniger combination in Übereinstimmung ge-
bracht war (Ideler s. 288). Bei Homer begann das jähr,
entschieden ein tropisches, um die Sommersonnenwende
(Ideler I, s. 32 und 260), wo es denn heifst: ors .... ^Tttj-
Xv&ov wgcti Od. II, 107. XI, 295. XIV, 294. XIX, 152.
XXIV, 142 „als die Sommerzeiten eintraten^ jedoch fehlt
jede bestimmte Zeitangabe. Dem dichter stellt der Sternen-
himmel in den wenigen von ihm genannten Sternbildern
eine jagd dar; Orion jagt mit seinem hunde JSsigiog (II.
XXII, 29) die bärin !^()XTog^ die ängstlich nach ihm lauert
(II. XVIII, 488), wilde tauben HktjidSsg (eigentlich mksi-
ddsg) und ein rudel junger 8chvr eine ' Yd dsg*)^ und der be-
waffnete riese setzt auch in der unterweit die thieijagd fort
(Od. XI, 573 ff.). Indessen verrathen die mythen von Orion
noch hinlänglich dessen astronomischen Ursprung, wie wenn
Eos den durch seine Schönheit (Od. XI, 310) ausgezeich-
neten Orion raubt (Od. V, 121 — 124), und ihn nach Orty-
gia bringt, wo ihn Artemis mit ihren sanften pfeilen tödtet,
d. h. wo Orion beim leuchten des mondes (in der frühe)
untergeht. Die sage wurde nämlich später, nach erfindung
des thierkreises, dahin ausgebildet, dafs Artemis gegen den
prahlenden Orion den Scorpion geschickt habe, der ihn
durch seinen stich tödtete (Eratosthenes Catast. 32), womit
offenbar der Untergang des Orion beim eintritt der sonne
in den Scorpion angedeutet wird. Weit mehr als bei Ho-
mer tritt die astronomische bedeutung des Orion beim
praktischen dichter Hesiod hervor. Auf dieses grofse ge-
Stirn vor allen weist Hesiod die landleute hin; er kündigt,
sobald Orion erscheine Op. 598 (sommersolstiz), die ge-
treideernte an, wann Orion nebst Seirios an die mitte des
*) Dies ist die einzig richtige deutnng der beiden namen, wie sie Goct-
ling in seinen gesammelten abhandlungen s. 179 gibt, Nitzsch zu Od. V, 272
und Preller gr. myth. T, p. 312. 314 anerkennen. Den er.^tern namen in der
alten form lUhtäilf^ gebrauchen der Verfasser der hesiodischen astronomie
(Athen. XI, p. 491 C), Simonides, Pindar und Aeschylus; die bedeutung der
*Yä(h:; „kleine schweine* wird gesichert durch die glosse des Hesychius:
ffvddK;, ai (r"«c;, ^o-j^i^aario-^iio);, und damit auch die richtige lat. benennung
Suculae gegen den übereilten tadel Cicero's de uat. deor. II, 43 geschützt,
üeber das oben nicht erwähnte stembild Boüiriq bei Homer siehe Göttling
a. a. 0.
lautwandei von er in x. 11
himmels gestiegen sei v. 609 und Eos den Arktarus schaue
(mitte Septembers), die weinlese, und wann die PIejaden
und Hyaden sammt Orion untergeiien v. 615 (mitte no-
vembers), setzt er das pflügen an. Orion bezeichnet also
beim au%ang den beginn des sommers, beim untergange
das ende desselben oder den anfang des winters*), wie
sonst auch die PIejaden die zwei hauptjahreszeiten, sommer
und winter, scheiden, Hesiod Op. 383. 384 und Aratus
Phaen. 263—266:
AI fxiv OfiiüQ oXiyai xal d(p6yyeeg^ xal ovofiaöTal
ijQi xal ianigiaij Zevc; S' airiog, sikiaaovtai^
6 6q>iöL xal &iQeog xal ^eifiatog ag^ofiivoio
atifAaivaiv knivevasv^ kg äfiijrop r agorov re,
Sie kreisen in der frühe (im mai) und am abend (im no-
vember), wann der sommer und der winter beginnt. Wie
die PIejaden, so beherrschte Orion den sommer im weitern
sinne vom 18. juni bis 14. november, und so mag er, der
Jäger des mannigfaltigen wildes, das gröfste und prächtigste
aller gestirne, ausersehen gewesen sein, das eigentliche
Sommergestirn, wgiog okjttJq^ zu heifsen und der name darin
seine wahrscheinlichste nach form und bedeutung gesicherte
erklärung finden. Auf derselben spur befanden sich schon
die griechischen grammatiker, deren deutungen beachtens-
werth sind. Freilich gab es unter ihnen auch leere Spie-
lereien, wie die bekannte etymologie von ovgsiv, woher der
name zuerst Ovgidüv, dann xav* evqyijjAiafiov aber 'Sigiwv
gelautet habe, aus Euphorien beim Schol. zu II. XYIII, 486
und bei Paläphatus c. 5 (vergl. Ovid. Fast. V, 535), doch
fand sie fast keine berücksichtigung von sprachgelehrten **).
*) ApoUon. Arg. I, 1201:
fvcf [täXiffTa
Xfififitfri oXooXn dvatq ji0.fi> 'Jl(j{wfnq,
'**) Bis sie Buttmann benutzte, dessen erklärung von *Jl{)iiüv in den abh.
der berl. akad. v. j. 1826 s. 57 nicbt ganz unerwähnt bleiben mag. Indem
er von 'Oagliav bei Athen, p. 490 F nicht ohne grund ausgeht, findet er in
diesem eine modification des alten digamma und identificirt 'Oagiotv mit
'jl(jCojv, einer ableitung von "A^njq. Obgleich er gesteht, dafs ein digamma
für "A^r^q sich nicht nachweisen läfsti so nimmt er es doch fUr "Aiitiq und
noch dazu für agfxtiy cii}(»rft arma an, holt nun das englische warrior
hervor und erklärt so 'Oa^lotv für einen himmlisohen krieger, — was or
trotz alledem doch nicht ist. Dann wird die oben erwähiite fiction Ovgliav
12 Savelsberg
Aach Eustatbios mifsbilligt dieselbe p. 1535,42 und Hlhrt
dann an, einige liefsen 'iigiatv ron ciga „schöDheit^ {^vfxoQ-
(pia) benannt sein vermittelst ioniscber psilosis (vgl. Eust.
p. 1156, 7), Pindar aber deute mit 6(fiäv (vielmehr ogsiäv)
üelHccdiov iiirj r^Xo&v 'Oagicova (sie) veiaäai (Nem. II, 12)
darauf hin, dafs Orion gleichwie Minos oagiari^g des Zeus
sei. Letzteres ist sicher falsch: Pindar hat mit 'Octfjicov
nicht eine ernstgemeinte andeutung und noch gar auf oa(ii-
öTr]g gemacht, sondern ein blofses Wortspiel zwischen oqhccv
xxuA'OciQiüüV gesucht; in der iovm' Oagitav aber hat ersieh
etwa keine neuerung erlaubt, sondern nur die ältere gcstalt
bewahrt, wie auch andere dichter (s. oben s. 7). Die andere
vermuthung, es sei psilosis eingetreten, der name also ur-
sprünglich aspiriert gewesen, ist nicht so unglaublich ; we-
nigstens sei bemerkt, dafs in demselben verse Pindars bei
Athenäus XI, p. 490 F die besten quellen theils octgiiava^
theils 6 aQioDva (rhein. mus. II, p. 299) haben, gleichwie
der codex des Kyrillos zuerst 6 agioDV bietet {siehe s. 8
anm. 2), dann auch, dafs bei Pindar (Nem. II, 12) mehrere
handschriften und scholiasten fjjQuova aspiriert schreiben
(s. Mommsen's Pindar p. 307). Deshalb ist es sehr wahr-
scheinlich, dafs der spir. asp., also auch 'Oagitav auf alter
Überlieferung beruht. Dieses spräche zu gunsten der ersten
bei Eustathius erwähnten ableitung von wqa^ wenn die be-
deutung „Schönheit^ nur nicht eine zu weit abgeleitete wäre.
Aber besser leitet von wga der verf. der Epimerismen Cram.
An. Oxon.U,425, 21 den namen ab : t6 dt (ogivog kx toi ügn^
o ar]^aivei rov xaigöv t6 öi 'ÜqIwv ai^fxaivu rov
xaqnov rov ngog xaiQovg knirijdeiovg yivofAivov (Orion !»c-
deute die gezeitigte frucht). Anders leitet, wie wir oben sahen,
Etym. magn. p. 675, 42 denselben namen ab: tov 8k Jia
xartjareoiadaL rag n^eiddag (pevyovaag tov 'Sigicuva, og
kariv hvictwog^ offenbar von dem mit äga verwandten wgog^
da p. 823, 48 wgog 6 kviavrog nctgä tag üqag^ vag rgonag^
vorgebracht Y ans welcher älteres Ovagtoiv gefolgert wird, femer 'YQifvq aus
ßaquvq mit ^JHqIujv identificirt, endlich noch ^A{)iuiv das kriegerische
pferd herangezogen. Durch solche willkürliche deuteleien kann freilich das
etymologisiren nur in verruf kommen.
lautwandel von (r in y. 13
ag TtSQiix^i erklärt wird*). Welche von den zwei erklä-
rungen den vorzug verdiene, ob utQog oder äfja das Stamm-
wort von 'HqIwv sei, ist niebt ganz leicbt zu entscheiden,
da in formeller hinsieht jede von ihnen gleichen ansprach
hat, jedoch ist in keiner eine passende bedentung heraus-
gefunden, besonders ist die von gezeitigter frucht ungenau,
ja unrichtig. Da 'Sioicav nach griechischer anschauung auch
nicht das ganze jähr (iviavTog)^ sondern den sommer be-
herrscht, so kann nur die bedeutung „sommer^ zu gründe
gelegt werden, welche bei woa unzweifelhaft und sehr ge-
bräuchlich ist, bei cjoog wenigstens vorausgesetzt werden
kann (s. oben s. 5). Wenn wir uns nun in betreff der form
sogar mehr fi)r das etymon looog entscheiden, so lassen
wir uns dabei, ohne die entstehung von wgct gerade für
unmöglich zu halten, von der thatsache leiten, dafs dem
masc. wQog noch das überlieferte trözenische masc. ßcixagog
zur Seite steht, woraus wir die ältere gestalt ^wiraQog er-
schlossen haben, und an diese sieh auch 'Slagiwv unbedenk-
lich anschliefsen läfst, wie an ovQavog Homer's Ovgaviwveg^
so dafs also mit dem vollen suffix -^cov^ wie es in ^Sigifcov
inschrifbl. documentirt ist, die älteste gestalt jrcüaagifcüv war.
Nachdem wir oben die bei Athenaeus (und Eustathius) gefun-
dene Schreibung 'Oa()io;3/, zugleich 'iigicov^ mithin auch'Oa-
gicjv als überlieferte und gesicherte namensformen constatiert
haben, müssen wir schliefslich noch aussprechen, dafs die
form mit kurzem anlaut o die ganz normale ist, wie wir frü-
her in d. zeitschr. VII, 386 für wQa die grundf.^O(ya^a auf-
gestellt haben, welche wir so nach der analogie ähnlicher bil-
dungen nkoxavo-v, ßoxavo-v, ^ofavo-v, yofavo-g {^oavo-g
— /ftJvo-g), aoßago^g (Von (Tet/w), cfoßsgo-g voraussetzen
*) Dafs (Sita hier gar zu frei mit Sonnenwende (igoTttj) anstatt etwa
mit Jahreszeit erklärt wird, bedarf kaum der erinnerung. Noch weit kühner
hat Plato im Kratylos p. 410 C von wQai die dentung gegeben: o^at yd^
tiai (hd ro Oü/^ftr x^i^mva^i ti xal ^/{/i/ xal nvfvfiaia xal mvq xagnovq
Tr>i>,- /x T^;* yriq, welche gewifs nicht für eine nur elnigermafsen begründete
ableitung gelten kann; denn abgesehen davon, dafs sie Über die verschiedene
quantität von wga und ogci ohne weiteres hinweggeht, ist auch dieses sonst
unbekannte femininum 09a für 0^09 ohne zweifei erst von Plato frei gebildet,
dann aber ist besonders der begriff einer monate lang dauernden Jahreszeit
mit dem einer begrenzung unvereinbar.
14 Savelsberg
muTsten. Wir stehen auch jetzt nicht em^ ^oaago-g und
jroacega ftlr die echten grundformen zu erklären und in dem
üblich gewordenen ^ilagloav nebst dem trözenischen ßcixagog
eine nachträgliche Verlängerung anzunehmen, wie in arga)"
(pdü) und TQioTtdo) von argotfi] und rgonri und in xXoaniVfa
neben xXonBvta. Die wurzel von ^^oaaQo-g und ^^ocdga
ist dieselbe wie von jriaag (der grundform von iag)^ also
j:eq ,, brennen, leuchten^, die auch im sanskrit die vollere
gestalt vas in vas-anta ,,frühling^ zeigt, während von
der kürzeren form uä, nur mit anderm sufBx, die ganz
ähnliche bezeichnung us-man m. „hitze, heifse Jahreszeit^
gebildet ist, ja uä-ma-s noch aufserdem „frühling** be-
deutet, also eine für unsern hauptgegenstand üga — j^wa-
dga wichtige parallele ausmacht.
Fassen wir unsere ergebnisse zusammen, so ist in äga
und 'Sioiojv
1) der abgeschwächte anlaut^ unzweifelhaft festgestellt
a) aus dem hiatus nach a protheticum in der hesychischen
glosse *£g doigag' sig xaigovg und so denn auch nach a
privativum in ä-iagog^ dann b) aus dem ß des trözenischen
ßcixagog und zuletzt c) aus dem Spiritus asper in (ogog und
wga (bisweilen in 'ilgiiov).
2) Dafs in 'Slagiiov und in den für utgog und üga zu
folgernden mittelformen &agog und G>dga der ehemalige
inlaut geschwunden ist, welcher den hiatus vaa einst aus-
fällte, und zwar- der zischlaut s, zeigt die vergleichung mit
lit. vasarä „8ommer% mit dem zendwort vanhra-s (neu-
pers. bahär) „frühling^, wo h auf altes s zurückweist, und
mit dem trözenischen ßwxagog „frühling", in welchem der
guttural X aus a hervorgegangen ist. Für letztern Vorgang,
der uns hier hauptsächlich beschäftigt, heben wir statt vie-
ler schon gegebener belege den sehr ähnlichen fall hervor,
dafs im particip des 1. aor. ccnvdoag in der 1859 gefunde-
nen tegeatisch-äolischen inschrift (n. jahrb. 1861 s. 586)
V. 13 der 8-laut geschwunden ist, während er im vulgären
indicativ edooxs in x verwandelt, dagegen im conj. sig 6 xe
. . . ccTiodojtyei (d. i. dnodijoarj^ s. d. zeitschr. XVI, s. 402
und 410) Odyss. VIII, 318 und im entsprechenden aorist
lautwandel von n in y.. 15
des Sanskrit däsat (ohne augm., s. XVI, s. 419) rein er-
halten ist. Auch im sanskrit ist auf ganz ähnliche weise
das palatale 9 oft an die stelle von s getreten, nicht nur
in ^akrt aus sakrt, ^vapura-s aus svapura-s, von
welchen beispielen wir in unserer darstelluog anfangs (XVI,
s. 54) ausgegangen sind, sondern auch in mehrern mit ßci"
xagog speziell gleichartigen fällen, vor allen in k^^ara-m
„haar, mahne ^, welches häufiger als k^sara-m erscheint,
während letzteres doch mit lat. caesaries übereinstimmt,
— dann in däpera-s „fischer** neben däs6ra-s (von wz.
das „beschädigen, anfeinden"), — endlich ist musala-s
„ mörserkolben " wegen mehrfach wechselnder Schreibung
muäala-s und mu^ala-s besonders merkwürdig, wo
muäala-s dem prototyp musala-s zunächst steht und
gewifs zu mupala-s die brücke oder vermittelung bildet,
wie wir im griechischen den Übergang von a in x durch
den laut seh (in griechischer Schreibung ax) vermittelt ge-
funden haben. Auch im zend (XVI, s. 56) und sogar im
deutschen (XVI, s. 69) habeu wir beispiele gesehen. Also,
der von Bopp in der vgl. gramm. I, s. 813 (§. 568, 2. ausg.)
zuerst erkannte lautwandel des Zischlautes in gutturale, eine
beobachtung, die damals nur wenige fälle: die griechischen
aoriste auf xa, die slawischen auf chü (dachü „ich gab%
bychü „ich war") und noch die lateinische präposition cum
gegenüber der griech. avv und skr. sam aufzuweisen hatte
und wenig beachtet wurde, umfafst nunmehr eine bedeu-
tende zahl von beispielen, die sowohl im inlaut, als im
anlaut den zischlaut gutturalisiert haben, ganz besonders
im griechischen. Indem wir die bisherige anzahl von Wör-
tern und wortgruppen wenigstens für genügend erachten,
waren wir immer bestrebt, die belege lieber intensiv zu
sichern, als extensiv anzuhäufen und glauben so der grie-
chischen lautlehre zu den zahlreichen bekannten Verwand-
lungen noch eine neue vindiciert und fest begründet zu
haben.
Aachen, 14. december 1868. Dr. J. Savelsberg.
16 Pott
Die Umstellung des hauches.
Vor mehr als dreifsig jähren wurde von mir (et. forsch.
II, 123, ausg. 1) der warnruf — jedoch, wie die erfahrung
lehrt, nutzlos — niedergeschriehen: „Die sonst gewöhnliche
Voraussetzung griechischer wurzeln mit aspirirtem an-
und auslaute ist in sich widersinnig, da sie dem geiste
« nicht allein der griechischen, sondern auch der sanskrit-
sprache schnurstracks zuwiderläuft, welche beide solche
wurzeln gar nicht, oder nur in äufscrst geringer anzahl,
besitzen. Das einzelne vorkommen von aspiraten in einer
unterbrochenen aufeinanderfolge ist blofse duldung im
interesse des intellectuellen princips der spräche auf
kosten des lautlichen, z. b. ccficfacpau)^ welches wort
nicht leicht mifstönender sein könnte^, [äcfdo) selbst mit
asper trotz qp, und defshalb vielleicht mit beibehaltung des
tp von au(fi trotz a^n-i^^. Im skr. inslr. pl. bherldhrad-
bhi:, oder wohl richtiger: bherlghnadbhi: (pauken-
Schläger) sogar mit drei asp., freilich die eine in der flexions-
endung, und die beiden anderen in folge der Zusammen-
setzung. Imper. grhnähi. Dann von da-dhä (rid-t^fit)
die formen dhat-tha, dhad-dhvg mit Umsetzung der
aspir. Bopp, kl. gramm. r. 333. AvxyocpoQog^ ja sogar
kvxvovxog trotz entstehung von Xv^vog aus lucere, skr.
ru|k;. Dagegen bei Find. ;^aAxa()juaTo^ ohne aspirirung des
X durch &QfAa,
Schon Buttmann wurde es bei derlei idealen mifsge-
burten, wie eP£(D, 0^*, 0P1X^ ausf. gramm. §. 18,
nicht recht geheuer zu muthe, und leitete ihn (natürlich
ohne von der indischen metathesis aspirationis eine ahnung
zu haben) ein richtiges geffihl, wenn ihn erklärungen nicht
anmutheten, welche ohne Verlegung von selbst ersonnenen,
dabei regelwidrigen Urformen in die vorgeschichtliche Ur-
zeit der spräche alles vernünftigen sinnes entbehren. Nun
hat sich aber seitdem unser Sprachhorizont, von anderen
sprachen zu schweigen, um das sanskrit erweitert, wel-
ches in seinen ersten aufzugsfaden, oder, ohne bild zu re-
den, in seinen grundbestandtheilen, den wurzeln keine aspi-
die Umstellung des hauches. 17
ration au deren beiden endto aufzeigt^ so wenig wie das
griechische, vielmehr schon hier die f&r das schallaufneh-
mcnde ohr mifsliebige Wiederholung meidet von stark*
behauchten und deshalb schwieriger zu erzeugenden con-
sonanten, wenn diese, nicht unmittelbar hinter einander,
sondern mit zweimaligem, und deshalb die sprachwerk-
zeuge überanstrengendem ansatze sollen hervorge-
bracht werden. Einer solchen von vornherein, und
nicht etwa erst durch spätere Verfeinerung sich in der
spräche geltend machenden Unverträglichkeit zu nahe
verwandter laute (parallel dem eheverbot bei gewissen
Verwandtschaftsgraden!) begegnet man ja auch im semiti-
schen. Das sind die sogenannten literae incompatibi-
les, d. h. „welche nicht neben einander in der radix (also
schon in den wurzeln!) vorkommen. Es sind besonders
[man beachte das wohl] die allzu ähnlichen, als kg,
gk, bp, pb^. Gesenius, hebr. gramm. 1845 s. 72. Hier
bandelt es sich um homorgane consonanten. Wer er-
kennt hierin nicht die tief in der menschlichen natur be-
gründete scheu vor getrennter Wiederkehr allzu nahe ver-
wandter laute? Eine scheu, welcher durch dissimilation,
wie ich den Vorgang getauft habe, zu entgehen in den
verschiedensten idiomen die gelegenheit massenweis ergrif-
fen wird. Grafsmann selbst , ungeachtet er (s. weiter un-
ten) gleichzeitiges Vorhandensein von aspiraten im an- und
auslaute der wurzeln behaupten mochte, macht doch diese
zeitschr. XII, 115 darauf aufmerksam, dafs es im griechi-
schen keine wurzeln mit zwei mediae und einem dazwi-
schen stehenden einfachen oder durch einen nasal vermehr-
ten vokal giebt. Vielleicht dafs auch hier die mediae,
wenn schon blofs gleichstufig und nicht desselben or-
ganes, in ihrer Wiederholung zu weich erschienen, wie die
aspiraten zu rauh. Das sanskrit hat z. b. gad (loqui),
auch ga^, garg als schallwörter. — Daneben besteht frei-
lich das umgekehrte gcsetz, vermöge dessen laute sich ein-
ander nähern und wechselseitig anziehen (nicht, wie dort:
abstofsen), das der assimilation. So heifst es denn aber-
mals bei Gesenius auf der nämlichen seite vom hebräi-
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 1. 2
18 Pott
sehen: ^Dabei läfst sich beme'rkeu, dafs sich die an stärke
oder schwäche einander ähnlichen consonantcn vor-
züglich gern zu Wurzelsilben zu paaren pflegen, als yp^
OD, t:i, 13 (nie p, yy^ 0:1, ip); p, n (seltener tb); üp, ny
(nicht "ü:!). Auch sind die beiden ersten radicale höchst
selten dieselben (nT??), oder sehr ähnliche (^HN): wogegep
die letzten sehr häufig dieselben sind (§. 66 verba med.
rad. geminatae)". Von dieser erscheinung werden wir spä-
ter auf die falle anwendung machen, wo, wie z. b. nvd' :=
skr. budh durch die erhärtung von dh zu th im griechi-
schen auch die media b Umsetzung in p erfuhr, um
wieder, so zu sagen, mit dem tb ins gleichgewicht zu
kommen.
Man wird nach obigem sehr erklärlich und zugleich
verzeihlich finden den geheimen schauder, welcher meine
ädern durchrieselt beim anblick so gespenstischer gestalten
(„aus der Ursprache", betheuert inan uns), wie bei Schlei-
cher, Compendium §. 125 bandh (binden) für ""bhandh,
griech. nevä für *(fev&: bähus (brachium) und nijxvg für
^bhähus, *(pt]X^Q\ nvd^ (skr. budh) für *(fv& diejenigen sind,
welche mit asterisken verziert unsere besondere aufmerk-
samkeit fordern. Uebrigens — im ernst zu sprechen —
dunstgebilde solcher art, wenn schon gleichwie mit ordens-
sternen behangen, nöthigen darum vielleicht den seelen an-
derer, sicherlich aber nicht der meinigen respect ab trotz
deren, in den sprachwissenschaftlichen werken neueren da-
tums legionenweis ihren spukhaften Umgang haltenden brü-
derschaar. Wie doch? Jedes hirngespinst , welches man
irgend einer verkehrten theorie zu liebe oder aus mifsver-
ständnil's des thatsächlich gegebenen wirklichen sich aus-
heckte, und in einer beliebigen gestalt auf das papier hin-
klekst, wäre darum auch nur der schattenhafte geist von
einem verstorbenen wesen, das in Wirklichkeit einstmals
lebendigen leib und blutdurchwallte regsame glieder ge-
habt? Ei, bewahre. Reale existenzen, ja das sind diese,
zu einem grofsen theile äulserst leeren oder doch unnöthi-
gen nothhelfer, oft aber auch die verkehrtesten und aller-
abgeschmacktesten ausgeburten der phantasie und wüste
die Umstellung des hauches. 19
abenteuerlicbkeiten auch: allerdings; allein leider welcher
artl ungefähr von dem schrot und körn, wie Falstaffs
weltberühmte lüderliche garde: Schimmelig, Bullenkalb,
Schwächlich und Schatte. — — Wo die geschichte auf-
hört: da beginnt der günstigste boden für dreiste specu*
lation und kühne dichtung, auf ihm iMr munteres und viel-
leicht ergötzliches, allein nicht immer verständiges und un-
schuldiges spiel zu treiben. So hat man sich denn neuer-
dings auch mit vielem^ zum theil etwas blinden und nicht
sehr fruchtbringenden eifer auf erforschung der unserem
indogermanischen stamme vorausgegangenen sprach-
periode geworfen; — in einer weise, die, über der soge-
nannten „indogermanischen Ursprache^ alle that-
aächliche gegenwart und Wirklichkeit ihrer ab-
kömmlinge zu verlieren ursaehe genug giebt in vollem
ernst zu befürchten.
Also, wir sollen wirklich glauben an urweltliches,
späterhin gänzlich umgekommenes geschmeifs wie *bhandh
bis *(fv^? Die Ungereimtheit einer so starken zumuthung
tritt in ihrer ganzen blöfse und grellen Widerwärtigkeit
aber dann recht ans licht, wenn man die von demselben
Schleicher (formeulehre der kirchensl. spräche s. 91) ge-
äufserte behauptung sich vergegenwärtigt, welcher zufolge
im indogermanischen sämmtliche aspiratä un ur-
sprünglich sein sollten und sich bei den einzelnen fa-
milien (sanskrit, zend, griechisch, gothisch) erst in (wun-
der über wunder!) mehr oder minder einträchtiger weise
entwickelt haben. Ich entsinne mich nicht, ob die erwähnte
behauptung nachmals von ihrem urbeber zurückgenommen
v^orden. Das thut auch nichts zur sache. Sie ist von
Curtius in d. zeitschr. U, 325 gründlich widerlegt; und
brauchts deshalb nicht unsererseits darauf einzugehen. An
sich ist sie aber gerade so viel (d. h. nichts) werth als
die mit ihr unvereinbare doctrin von indogerm. wurzeln mit
aspiration an köpf und schwänz zugleich. Die letz-
teren, ihrem üblen klänge zum trotz, entstanden aus wur-
zeln mit hauchlosen consonanten hinten und vorn; und
zwar ohne irgend welchen anlafs, wie z. b. die gemeinsam-
2*
20 Pott
keit der unter den mutae bei den Germanen eingerissenen
lautverrückung? Nimmermehr. Das umgekehrte, Übergang
von aspiraten zu ihres hauches beraubten mutä, liegt
uns geschichtlich allerdings, und zwar in menge, vor; al-
lein zu dem sehr erklärlichen und naturgemäfsen zwecke
der — ]autmilder\ing!
Doch so wohlfeilen kaufes kommen wir trotzdem von
der frage nicht los angesichts z. b. von Grafs mann^s,
in manchen beziehungen lesenswerther abhandlung Qber
die aspiraten mit dem langgestreckten, aber, wie mich
freilich bedünkt, seines zieles verfehlenden kapitel mit der
Überschrift: „Ueber das ursprüngliche Vorhandensein von
wurzeln, deren anlaut und auslaut eine aspirate enthält^
d. zeitschr. XII, 110, zumal er anhänger gefunden hat,
z. b. in Delbrück ^ Zacheres zeitschr. I, 4). Vielleicht
hat also Grafsmann bis dahin unentdeckte wurzeln mit
aspiration im an- und auslaut ans licht gezogen? Leider
nein. Was er daftlr ausgiebt, sind lediglich durch schlufs
gefundene postulate, und, dafs sein schlufs keine gültigkeit
hat, zu beweisen ist eben im folgenden unsere aufgäbe.
Erst durch lautverschiebung ins dasein getretene nachzüg-
1er, wie goth. hlahjan, lachen; afhlathan, beladen; tha-
han mit doppelter aspiration aus lat. tacere; thvahan,
waschen; gathlahsnan diaraQccTrea&ai (etwa verwandt
mit dem griechischen, vergl raqaxrj (fQevcjv?); ga-thlai-
han liebkosen (kaum zu (frigyia) u. dgl.^ et. forsch. 11, 56
fallen natürlich zu leicht ins gewicht. Auch steift sich
Gr. nicht auf derlei fälle, sondern auf seine s. 130 in fol-
gende Worte gefafste beobachtung: „Alle bisher aufgeführ-
ten Wörter leiten auf ursprüngliche wurzelformen mit zwei
weichen aspiraten zurück, welche in den deutschen
und italischen sprachen genau als solche behandelt
werden, und von denen in den arischen und griechischen
sprachen die eine, in der regel die erste ihre hauchung
einbüfst [?]". Die zahl jener Wörter, nämlich 26, wäre grofs
genug, um zur Überzeugung von der richtigkeii der schluf»-
folge zu zwingen, krankte nicht letztere selbst an man-
cherlei gebrechen. Der Schwerpunkt des angestrebten be-
die Umstellung des hauches. 21
weises nämlich liegt nach obigem in dem behaben der
deutseben und italischen sprachen. Schon an sich
mifslich, indem z. b. zwar das oskische schwache spuren
von kh, th, ph (Mommsen unterit. dial. s. 221) besitzt, das
latein aber eigentlich gar keine aspiraten, ph, th — egn.
Otho — und ch, z. b. cachinnus, erst spät in pulcer, se-
pulcrum (h und f sind blofse Spiranten), und daher bei ih-
nen die aspiraten anderweitig ersetzt werden mufsten. Im
germanischen ferner sind ebenso wenig die skr. und griech.
asp. auf ihrem alten flecke verblieben, sondern verschoben.
Es käme demgemäfs alles darauf an festzustellen, ob die
in beiderlei idiomen stattgefundenen Vertretungen von
Wörtern mit nur, sage nur einer aspirate, ausreichen zu
der vermiithung von annähme solcher mit zweien noch
über das sanskrit hinaus. Eine derartige hypothese, übri-
gens mehr nicht als eine, und zwar, bei der hohen inne-
ren unwahrscheinlichkeit von wurzeln nach dem Schema
asp. voc. asp., überdies sehr gewagte hypothese müfste
unter solchen umständen etwas schlechthin überwältigen-
des haben, um uns Unterwerfung unter ihr joch aufzuer-
legen. Und welche gründe treiben unseren gelehrten zu
einer so verzweifelten hypothese? Einmal, sagt er, be-
darf es dann nicht zur erklärung von lat. fundus = skr.
budh-nä-s u. dergl. einer ^höchst bedenklichen^ theorie
von „umspringen der hauchung von dem auslaute auf den
anlaut^; und zweitens verschwinden bei ihrer annähme
mancherlei sonst unerklärliche anomalieen in der germim.
lautverschiebung.
Wir wollen auf den ersten punkt auch zuerst ant-
worten. 9,Ein solches umspringen^, heifst es, „ist auf dem
gebiete der italischen sprachen nirgends nachgewiesen, und
auch die analogie des sanskrit ist hier nicht mafsgebend,
da die entsprechende erscheinung im sanskrit an bestimmte,
hier nicht eintretende bedingungen geknüpft ist, und über-
dies das lateinische im gegensatze die inlautende aspirate
fast überall wie eine media behandelt^. Die antwort auf
diese etwas seltsamen skrupel ist gröfstentheils schon aus
et. forsch. 11, 124 (1.) zu entnehmen; — freilich ein buch,
22 Pott
was vielen, die trotzdem in etymologischen dingen mitreden,
nicht scheint je zu gesiebt gekommen zu sein. Grafsmann
beobachtet ein weises schweigen darüber, ob er das „um-
springen des hauches^, sei es im sanskrit (wo es in bei-
derlei richtung, nach rfick- und vorwärts, obschon
unter verschiedenen bedingungen stattfindet), sei es im
griechischen, Oberhaupt läugne. Hoffentlich begeht er
die thorheit nicht, weil sie zu dem unsinn führte (ich
kann mich gerechter weise nur dieses harten ausdruckes
bedienen), auch für jene sprachen eine zahl von wurzeln
mit je einer aspirate an den enden zu — postuliren, und
zwar in einer durch nichts vernünftiges gebotenen weise.
Aber, wie kommt er dazu, im latein so halsstarrig hauch-
umstellungen zu läugnen, da er sie doch im nahverwand-
ten griechischen nicht wird in abrede stellen wollen, wo
sie nichts ungewöhnliches sind, auch ohne durch gramma-'
tische Zusätze gebotenes verlöschen des hauches am hinter-
ende der Wurzel? Ion. xi&oiv, auch xvrciv, statt xirdv. Ver-
hält sich etwa fidelia anders als das cp in cpiddxvi] (mit
d und nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, r, s. Grafs-
mann s. 118) aus ni&äxvi]^ was ich wegen nix^og für die
ursprüngliche form halte (WWb. I, 156)? Ein gebinde,
wie Grafsmann in d. zeitschr. Xu, 120 anzunehmen scheint,
ist es nicht, da vielmehr von thon; und überdies könnte
TiBiafia^ wenn zu skr. bandh, keine wurzel mit i bewei-
sen. Oder fidere anders als (pccrvrj statt nd&vr] aus der
starken wurzel (Ttar) in 7iaa(sd^Bvog neben nariofjiai (WWb.
I, 221)? Das S- durch asp. einflufs des y, so scheint es, wie
Grafsmann ähnliche s. 103 sammelt. Desgl. f ödere (mit
etwas spitzem hineinstechen; graben), ßoifvvoq^ ßo&Qoq
grübe (fovea), graben, lett. beddiht graben, senken, ap-
beddiht begraben, bedre gruft; ill. bosti, präs. bodem
stechen, alb. fcfcorf/r den ochsen anstacheln, böhm. bodu,
inf. bus-ti und lith. badyti stechen, — nicht zu vermen-
gen mit mhd. biuze (u als grundvokal) stofse, schlage
Ben. I, 1 90. Im latein war aber gerade die gewöhnliche
eintauschung von media für inlautende aspirata freilich
nicht mehr in gar vielen beispielen der ersichtliche grund.
die Umstellung des hauches. 28
dem hauche noch im anlaate (als f) eine bergende statte
zu gönnen. Im principe ist es das nämliche verfahren,
als wenn TtaS- mit -axco zu 7idax(o wird, oder fiiayta (trotz
misceo, skr. mipraj) sogar sein y an stelle von pc ge-
bracht hat für f,ity'ax(ü. Aus keinem andern gründe
ferner (dies schon hier vorwegzunehmen) hat t9i;yari?(>, in-
dem es das h in skr. duhitar zu y erweichte, den hauch
nach vorn versetzt. Diese Umänderung aber zu y ist ana-
log namentlich mit dem, erst später (gleichsam nach dem
doppelmuster von aor. 2. act. und aor. 1 . pass.) geschaffe-
nen aor. 2. pass. , in welchem tempus erweichung der asp.
(vergl. t/jv^oi • xpvyfjvat u. s. w. Buttm. ausf. gramm. §-92
anm. 11 und §. 100 anm. 6) keine Seltenheit ist. Deshalb
z. b. wegen y in kyd (skr. aham), yevvg (skr. hanu) ein-
stiges gh fär h im sanskrit zu heischen: davon sehe ich
keine nothwendigkeit, und kann man es höchstens als eine
möglichkeit betrachten, die einiges für sich hat, allein
durchaus nicht das ansetzen von phantasiegebilden wie
agham, ghanu rechtfertigt, als dürfe an deren richtigkeit
keine menschenseele zweifeln.
Doch in den italischen sprachen, wird s. 112 einge-
wendet, gilt für die asp. das dissimilationsgesetz nicht.
Freilich, weil sie — keine haben. Daher kann uns nicht
die Wiederholung von f in lat. fefelli (nicht pef., wie
nsipilrixa; noch bef.), oder osk. fefacust (fecerit), fefa-
cid (d. h. so schreibt Mommsen unterit. dial. s. 308 für
fepaoid, angeblich fecisse velit, nach conjectur) allzusehr
befremden. Ferner fufans s. 298, fuerunt, allein, Momm-
sen zufolge, mit reduplikation (vgl. babhüva, griech. nBcpvwg^
'jedoch mit u wie in tutudi), und demnach nicht das
zweite f für v (altlat. fuvi). Und warum ist denn die
reduplikation geschwunden in lat. de feudi, födi, füdi
(verw. mit yAxv^ai)^ fäci, ja ohne ersatz durch länge
fidi? Sie erlagen dem Schicksale der meisten redupl. im
lateinischen und germanischen überhaupt, weil jede Wie-
derholung im anlaut zweier aufeinander folgenden silben
nichts angenehmes hat. Was will ferner das f sagen in
osk. hafiert (habebit, jedoch mit r für s Mommsen s. 237.
24 Pott
263) neben hipid (babeat) und hipust ^ habuerit? mit
welchem verbum unser haben (goth. haba, allein nord.
hafa, dessen f sich zu dem osk. p recht wohl schickte)
in einklang zu bringen nach den üblichen lautgesetzen frei-
lich schwer hält. Oder soll uns das unverstandene fei-
huss besonderen kummer machen? — Grafsmann argu-
mentirt so: wenn das skr.-griech. wohllautsgesetz schon
vor der ausscheidung des italischen sprachzweiges aus dem
gesammten stamme geltung gehabt hätte, sei nicht abzu-
sehen, warum sich späterhin beide an den platz der aspi-
raten eingerückten Spiranten sollten wiederhergestellt
haben. Hierauf erwidere ich: aus dem nämlichen gründe,
warum der Lateiner die im skr. redupl. pi-bä-mi (yon
WZ. pfi), auch pivämi, gestörte harmonie in seinem bi-bo
(WWb. I, 193) wieder herstellte, oder in äol. nifine^ goth.
fimf, lat. quinque, statt des alterthümlicheren lith. penki
(skr. panKa mit pal. statt k), sogar der, doch an sich
unberechtigte, schein einer reduplikation nicht verschmäht
wurde.
Jetzt zu dem zweiten beweisgrunde, hergenommen
von den germanischen sprachen. „Noch entschiedener
weist das gothische^, fährt Gr. fort, „auf die spätere ent-
stehung jenes wohllautsgesetzes und auf wurzeln mit ur-
sprünglich anlautender und auslautender aspirate hin. Denn,
wenn es schon vor der ausscheidung des germanischen
sprachzweiges bestand, so mufste, da der alten aspirate
gothische media entspricht, einestheils die reduplioation der
media vermieden sein, andrerseits es im gothischen keine
wurzeln mit an- und auslautender media geben. Keins
von beiden ist der fall. In ersterer beziehung können wir
goth. gaigrot von gretan [Dief. goth. wb. 11,430, xkaisiVj
Tcga^SLv]^ was nicht zu kr and (s. 134 zu skr. *hräd) ge-
hört, anfahren. In letzterer beziehung zeigt sich, dafs un-
ter allen neun möglichen gruppen von wurzeln mit an-
und auslautender muta keine so stark vertreten ist, als die
mit an- und auslautender media ^. [Also gerade entgegen«
gesetzt dem griechischen, welchem, wurden wir oben be-
lehrt, wurzeln mit zwiefacher — freilich ursprüngli-
die Umstellung des Rauches. 25
eher — media mangeln!]. Das dissimilationsgesetz bei
der reduplication findet im gothiscben, das ist wahr, keine
anwendung. Ob aber gaigrot, unter allen goth. verben
mit reduplication (Grimm 1, 840 fg.) das einzige vorn mit
media, geeignet sei, bestehen des dissimilationsgesetzes bei
aepiraten vor ausscheidung der Gothen und Italer aus dem
gemeinsamen stamme zu widerlegen, steht billiger weise zu
bezweifeln, zumal der urlaut von g in gretan nichts we-
niger als ausgemacht ist. In der that erweist sich im
puncte der reduplication des Gothen sinn för wohllaut
sehr stumpf und schwach, und steht er dadurch freilich
mit den Indern, Griechen, ja theilweise Römern in schrof-
fem gegensatz. Nirgends giebt sich auch nur das streben
nach milderung kund des einen von zweien silbcnanfangen
in der reduplication, man mQfste denn die erweichuug des
zweiten zischers in sai-zlep, schlief, von slepa dahin
rechnen, jedoch neben saisalt, saiso. So wird denn
auch kein anstofs genommen an Wiederholung der doch
erst vermöge der lautverschiebung aus tenuis entwickelten
aspirate in faifalth, ich faltete (ksl. plet^ nUxta^ plecto
Mikl. lex. p. 572), sowie faifah fing, in welchen beiden
perff. demnach sogar, wenn wir auch f so nennen, drei asp.
vorkommen. Ebenso wenig verdriefsen den Gothen weder
haihald von halda(pasco) und haihait, hiefs (vocavi),
noch das erst recht rauh klingende haihah, hing, mit sei-
nem b-terzett. Auch scheint ihm, wie Oberhaupt uns Deut-
schen, das charaktervolle und bedeutsame, selbst wenn es min-
der schön ist, über dem zu stehen, was sich, solcher eigenschafb
haar, blofs dem obre gefälliger einschmeichelt. Zwar von gr,
fr nahm er blofs f, g in die reduplikationssilbe. SoLuc.VIII,
52: gaigrotun than allai jah faiflokun tho Fleve-
runt autem omnes et planxerunt hB,nc{x6nTsad'ai)j wie gr.^ä-
nXfjya. Ibai aufto usfaifraisi Izvis sa fraisands (ne forte
tentaverit vos hie tentans Thess. 1,3,5). Hlaihlaup (warum
nicht lieber haihl.?) ist blofse vermuthung bei Grimm und
Gab. Mit ungeschmälerter gruppe dagegen sagte der Go-
the skaiskaid, schied, und staistaut, stiefs, während
von einer s-gruppe die Griechen nur den irischer, die Inder
26 Tott
dagegen nur die abschliefsende endmuta wiederholen. Z. b.
ta-sthäu, gr. ^-avjjxaj asp. st. c7, lat. ste-ti mit fortlassen
des 8 an zweiter stelle gegen si-sto = Xati^^i^ skr. ti-
-äthä-mi im präs. Die Schreibung sce-cidi, spo-pondi
u. dgl. giebt aller Wahrscheinlichkeit nach eine wirklich
geübte ausspräche wieder, wogegen sce-seidi, spo-
-spondi leicht blofs der etymologie zu liebe geschrieben
wurde. Sogar finden wir vor vokalen eine syllabische re-
duplikation in goth. ana-aiauk (adjecit, er fügte hinzu)
Luc. III, 20. Selbst !Lth üs af-aiaik qithands (Verum is
negavit dicens). Nun aber, folgt aus dieser gothischen
behandlung der reduplikation irgend etwas in unserer aspi-
raten-angelegenheit? Zuverlässig nicht das allergeringste.
Es mag sein, dafs der Gothe, als Gothe, sowie der Ger-
mane überhaupt, das im sanskrit und griechischen übliche
dissimilationsgesetz nicht aus Asien mitgebracht und des-
halb es auch nicht erst wieder verscherzt haben. Dies
als möglich, jedoch keinesweges als erwiesen zugegeben:
für unsere frage ist die entscheidung von keinem belang.
Indefs die wurzeln mit wiederkehrender media im
gothischen beweisen vielleicht mehr. Auch nicht, wenn
man, wie billig, einer versteckten petitio principii die maske
abreifst. Der beweis wäre nur dann ein vollgültiger, würde
zuvor aufser zweifei gestellt, das gothische habe die laut-
verschiebung mit ausnahmloser strenge eingehalten
überall und unter allen umständen. Folglich auch da,
wo, nach anleitung anderer sprachen, wurzeln umzuändern
waren nach den formein asp, — med. oder med, — asp.
Wie, wenn nun für diesen gegebenen fall dem Gothen
beliebt hätte, gleichmacherisch beide mutä in die formel
med* — med, umzusetzen? Aufserdem ja kommt auch die
Wurzelvariation in betracht, vermöge welcher es oft
zwar nahverwandter Varianten von wurzelformen, z. b.
YQdcpVi)^ goth. graba, scalpo, yMcfw^ sculpo u. s. w. (et.
forsch, ll, 272, ausg. 2), nicht wenige giebt, die ja auch
nach der lautverschiebung anders aussehen müfsten
gemäfs je der einen oder anderen lautgestalt.
Der fälle nun, wo Grafsmann in goth. wurzeln ur-
die Umstellung des hauches. 27
sprüngliche asp. vorn und hinten vermuthet, weifs
er s. 131 mit, wie seine meinung lautet, aus asp. verscho-
bener (vielmehr:* un verschobener) media im anlaut 15 zu
nennen, ungerechnet die im inlaut s. 135, wo er mancherlei
abweichuug von der ganzen strenge der lautverscbicbung
selber nicht völlig zu läugnen wagt. Nicht wahr aber, jene
15 nummcrn mQssen doch in der that so angethan sein,
dafs sie in der liste ihren platz redlich verdienen und nicht
nach draufsen gehören ? Leider jedoch sind wir verbunden,
mehrere als blolse unberechtigte eindringlinge auszumustern.
Sogleich, von hinten anzufangen, was nützt uns ags. drygge,
trocken, Müller engl. et. wb. s. 322, da dräkh und vollends
dhräkh (trocken werden), bis jetzt wenigstens, als auf nichts
^fsende Satzungen indischer grammatiker dastehen? Wir
haben im angelsächsischen als schwache verba für trocknen
1) drigan, 2) dreogan (drugan, druvjan) Leo sprach-
proben s. 134. Zu letzterem gehört doch wahrscheinlich
trukan, trocken. GraffV, 512. Darf man nicht t(>v/6Z'
^rigaivu (s. Schm. ad Hes.IVa, p. 181) damit gleichstellen,
ungeachtet die laut Verschiebung nicht regelrecht wäre?
Springen wir nun aber sogleich zu der 1. no. über,
von welcher s. 114 vgl. 297 gesagt wird: skr. budh-nä-s,
Ttv&'^riv (Ttvväct^ s. 91, mit S nach Curt. II, 104 unter mil-
derndem einflufs des v), fund-u-s, alts. bodm, wo die
übrigen germ. dialekte gleichfalls den [unverschobenen] an-
laut b zeigen, während d und t auf eine unregelmäfsige
weise unter ihnen wechseln. Heyne hat nur ferne te
bödme (in den grund der hölle), fris. bodem, boden,
ags. botm^ engl, bottom grund, boden, altn. botn, dän.
botn, bund (n umgestellt?) mit vielen anderen nachwei-
sungen Müller engl. et. wb. s. 109. Was zwänge denn nun
hiebei zu ansetzung einer reinen erdichtung, wie *bhudh-
-nas, *(fV\f(jLr}v^ dergleichen Grafsmann freilich — mit vol-
lem rechte — meidet, Schleicher dagegen (comp. §. 144)
in seiner kecken und für unkundige äufserst verderblichen
weise ohne umstände vorbringt? Als ob nicht das wirklich
und wahrhaft nachweisbare zu lautlicher erklärung dieser
allerdings von Seiten des etymons nicht genügend aufge-
28 Pott
helleten worter ausreichte? Budhna m. boden, grund, tiefe,
das unterste; boden eines gefäfses, fufs eines baumes
( Wurzel), in welcher letzteren bedeutung freilich — die
herausg. des petersb. wörterb. sagen: fehlerhaft, — damit
bradhna, vradhna wechselt, das sich an vrdh (crescere;
Wurzel pafst des z halber nicht) anschliefsen könnte, und
vielleicht von den indischen etymologen erfunden ward, um
das sonst unableitbare budhna, etwa als präkritisirende
form, daraus zu deuten. Etwa daher, mit Verwischung des
dh, zd. buna grund, boden, bunava der untere Justi
s. 215? Kurd. bin unter Lerch s. 158, ups. bun Fundamen-
tum, extremum, finis rei; inde 2) radix arboris; 3)foramcn
podicis, anus (gleichsam als ausgang der genossenen speise?
Auch frz. fondement loch am hinteren, wodurch der un-
flath ausgeht) Vullers lex. I, 263, aber auch bün p. 281.
Im pehlwl bun wurzel, vom berge (wie radices montis);
Wurzel der quellen (urquell) u. s. w. Justi, Bundeh. s. 92,
wo auch der name Bundehes als aus einer de creatione
(bun dahisni) Oromazdis entstandenen stelle nachge«
wiesen wird. Das nasalirte fundus (vgl. ßiv&og) nebst
profundus (tief, eig. vorwärts — vgl. pronus — in den
boden hinein) haben die asp. von dh auf das vordere b
übertragen. So wird es — trotz des Widerspruchs —
bleiben müssen. Das o in boden u. s. w. aber scheint
freilich älteres a (vgl. ßa&vg) zu heischen, was indeis auch
bei budhnas u. s. w. der fall sein kann, wenn a unter as*
similirendem einflusse von b zu u wurde. Siehe et. forsch.
I, 252 und Curt. I, 227 no. 329, obschon dieser, wie mich
bedünken will, irrthümlich 11", 635 ßdd^oq^ ßkväogy ßvß-og
statt zu lat. fodio u. s. w. (s. oben, was jedoch kaum zu
lat. -fendo, wahrscheinlich aus skr. han, skr. badh Grafsm.
s. 120) zu skr. gäh, tauchen, bringen will, so dafs ihr ß
für g stände. Ob nämlich das ß gegenüber dem n in nvd--
fiijv einen hinlänglichen grund zur Scheidung hergiebt: will
mir nicht ohne weiteres einleuchten. Anlangend nun aber
fries. bodem, engl, bottom u. s. w.: so wßfste ich nicht,
warum nicht die gothische spräche sich damit begnügt
haben sollte, einseitig die asp. media durch beraubung ihres
die Umstellung des hauches. 29
hauches umzuwandeln, die nicht asp. media aber unver-
ändert gehen zu lassen, ohne sie zur tenuis zu verhärten,
was ohnehin bei b nicht wohl anging, weil anlautendes p
(ahd. ph) blofs in ausländischen Wörtern vorzukommen
pflegt. Dafs es vor der Sprachtrennung noch kein b, son-
dern nur V (w) gegeben habe, wie Grafsmann s. 122 gern
möchte, wäre doch eine etwas kühne Voraussetzung, trotz-
dem dafs im sanskrit allerdings b oft aus v wird mit ähn-
lichem schwanken der ausspräche, wie im spanischen, und
diese Wahrnehmung sich selbst paläographisch in der gestalt
des b bekundet, welche v ist mit einem diakritischen strich
in dessen bauche. — Das verhältnifs von boden zu seinen
verwandten wiederholt sich eben so in goth. bind a = skr.
bandh, für welches zu Voraussetzung doppelter asp. eben-
falls keinerlei grund vorliegt. Ferner in bin da (bieten), im
fall die bedeutung sich mit der von nvvi9civofA((t^ skr. budh
verträgt. Desgl. in ags. beadu (kämpf )^ was sich in vielen
altbochd. eigennamen erhalten hat, mit skr. badh, bädh.
Bidja, bitten, stimmt nicht zu TtBi&oj wegen des a im
perf , wenngleich das bitten als überreden zu etwas
aufgefafst werden könnte. Doch räumen wir Grafsmann
ein, es möge eine nebenform mit a sein, das verhältnifs der
mutä ist wieder das gleiche. — Auch bei goth. bagms,
bäum, falls zu bah, vah, wachsen, und altn. bögr, ahd.
buoc, bug (armus) Grafflll, 41, dafern gleichstämmig mit
skr. bähu-s, nrjxvg^ bestände die ganze änderung nur in
dem b hinten.
Jetzt zu ein paar beispielen, in welchen der äufsere
schein von reduplikation vielleicht zum hintergrunde
Wirklichkeit hat. Ueber (fkßoucci^ ahd. pipen, piben,
ags. bifjan, beben, s. WWb. I, 589, sowie eben da und
536, auch III, 520 über fiber, biber biber, ksl. bobr m.,
bei Voltiggi ill. mit dissim. dabar, ra (ähnlich wie mhd.
bideme, bebe), allein auch brebir, ra m. (castore) mit
einem überflüssigen r (wie frz. perdrix), während wala-
chisch im Ofener wb. s. 66 brebu (mit Umstellung des r,
wie kurd. barf und bäfer schnee), m. pl. uri (ung. hod).
Pehlwl 8. Justi Bundeh. s. 88, parsi bavar e ävl, der
30 Pott
wasserbibcr. Nps. babar fera feli (gurbeb) similis, sed
cauda carens (das würde jedoch auf den biber nicht pas-
sen; der fischotter hat wenigstens nur eine cauda dimidio
corpore brevior), e cujus pelle vestes pelliceae conficiuntur.
Babr sogar fera rapax nota i. e. Felis tigris. Dagegen
noch bei Vullers lex. I, 188 bibar (mus). Skr. babhru
ist: braun (nps. bör color ruber; equus rufus) und Ichneu-
mon. Vielleicht also enthält lat. fiber den hauch durch
Umstellung vorn; ahd. bibar, mhd. biber Ben. I, 115. —
Ob aber cfißo^ai gleiche transposition erfahren habe aus
skr. bibhömi oder vielmehr, seines € halber, sich enger an
das caus. bhäpajämi anschliefse: möchte nicht so leicht
zu entscheiden sein. — Dies giebt uns hier vielleicht nicht
unpassenden anlafs zur prüfung von hrn. Grafsmann's urtheil
über das verhalten der sprachen bei Wiederholung im fall
aspirirten anlautes. S. 111 wird bemerkt, „dafs die redu-
plikation ursprünglich aus einer Wiederholung der ganzen
Wurzel hervorging, wie dies besonders die intensivbildung
vor äugen stellt^*. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn
nur nicht (indefs es scheint so) unter dieser Wiederholung
der ganzen wurzel irriger weise stets ein historisches
vorausgehen solcher vollen gemination verstanden würde
vor der körperlich halben und also nur andeutungsweise
und ideell statt der gemination sich einführenden, jeden«
falls auch im sinne schwächeren reduplikation. (Siehe
über den unterschied meine doppehing namentlich s. 16).
Es wird weiter geschlossen: „es mufs daher ursprüng-
lich [?] auch die aspirate als solche wiederholt sein und
erst später [?] als die wiederholte wurzel zu einem worte
verschmolz, und das obige wohllautsgesetz in Wirksamkeit
trat, die eine der aspiraten ihre haucbung eingebüfst ha-
ben". Diesen satz kann ich durchaus nicht als wahr unter-
schreiben, und zwar um so weniger, als er den Vorgang
der reduplikation meines bedunkens etwas sehr materiali-
stisch fafst. Weder braucht der reduplikation ursprünglich
Wiederholung in voller und getrennter lautgestalt vorauszu-
gehen; noch auch ist es nothwendig anzunehmen, das wider-
wärtige und für mund wie ohr unzuträgliche, welches in
die Umstellung des hauch es. 31
erneuiyig einer aspirata, vollends der nämlichen, bei kur-
zer Unterbrechung (die Inder Übrigens, weit gefehlt, ein
cf>&^ X& zu gestatten, dulden in der wortmitte auch nur
z. b. bdh, gdh, wie ddh und r&j ncp, xy) sich jedem
— unbewufster weise — aufdrängen mufs, habe sich nicht
sofort bei erster anwendung der reduplikation fQhlbar
gemacht, sondern sei erst später (und wie lange bedurfte
es dazu?) durch mittel umgangen, welche der natürliche
instinct dem sprechenden unmittelbar von selbst eingab.
Wäre hr. Graismann nicht mit dem vorurtheile im
köpfe, die formel med. voc. med. in gothischen Wörtern
finde durchaus nur in zwiefacher vorhistorischer aspirata
ihre auf klärung, an die frage gegangen : dann hätte er die
lösung leicht ohne beihülfe einer so verzweifelten hypothese
finden können ; und zwar an der hand der — reduplikation.
An stelle von skr. b — bh, d — dh und g — h oder g
— gh in der reduplikation zeigt sich gr. n — r/, r — t^^
und X — x^ ^^^ nicht etwa ß — y, 5 — & und / — /.
Die Verhärtung der asp. media zu ^, )9- und % aus skr. bh,
dh und h (selten wohl gh), also zu harten tenucs, zog
auch in sehr erklärlicher weise die entsprechende Verhärtung
der unaspirirten media in der reduplikationssilbe nach
sich, um nicht unnöthiger weise die kluft zu grofs werden
zu lassen durch festhalten an ß^ S und y {im sanskrit noch
weicher das pal. ^), wie es im sanskrit durch die weichen
aspiraten bedingt war, welche (und das giebt auch Grafs-
mann zu) ursprünglicher sind als die erst daraus ge-
wordenen griech. y, t^ und y» Man nehme etwa mcpav-
axofAaiy^erf.niifayxa; und skr. perf. b ab hau oder das präs.
bibharmi (nutrio). Ti&rifjii anstatt dadhämi, gegenüber
von diöcofiij dadämi mit zweimaligem d. Oder gigharti
(er besprengt), ^iharti (sumit, rapit) im vergleich mit
xiyQ9]^i ich leihe, xBydQt^xa^ ich freue mich u. s. f. Es ist
übrigens blofse abart dieser erscheinung, wenn der zweite
consonant z. b. in bndh, badh, bähu nach seiner ver-
härtung zu den asp. tenues ß-^ y auch die des ersten zu n
durchsetzte, um diesen als, weil ebenfalls tenuis, gleichsam
näher verwandten und ihm deshalb lieberen gefährten zu
32 Pott
sich heran zu ziehcD. Auch etwa goth. gath, gott^ plur.
guda, wenn „der verborgene^ aus 'abv&od und dies aus
skr. guh (dh?). — Im gothiscben findet eine analoge
hehandlung derjenigen formel statt, wo eine wurzel mit
unaspirirter media beginnt, mit aspirirter schliefst. Nur
ist bei verschiedener Ursache (nämlich beraubung letzte-
rer um ihren hauch: nicht, wie im griechischen, Verhärtung
zu asp. tenuis) auch die auf ursprünglich haucblose me-
dia geübte einwirkung eine andere; oder — besser gesagt —
nur eine hemmende, weil sie dem sonstigen vorscbreiten
der lautverschiebung einen dämm setzt, in folge wovon
unter dem paritätischen schütze der hauchlos gewordenen
media auch die von vorn herein hauchlos gewesene auf
ihrer angestammten uralten lautstufe verbleibt. Auf solche
art verhalten sich dann gothische Wörter mit zwiefältiger
media, wovon die eine früher aspirirt war, ganz wie es
auf lithaui seh- slawischem Standpunkte auch der fall
ist; — nur in so fern aus anderer Ursache, weil hier die
unaspirirte media überhaupt keiner lautverschiebung unter-
worfen ist. Vergl. lith. budeti, wachen, mit skr. budh.
Uebrigens möchte ich hier vom gothischen sagen: „gleich
und gleich gesellt sich gern^; — wir haben freilich gese«*
hen, dafs auch gleiche pole einander — abstolsen; je nach-
dem I Daher ist dann goth. gaigrot so gut in der Ordnung^
wie das in seiner art auch einzige taitok (es giebt nämlich
kein zweites redupl. beispiel mit tenuis vom), das zwar dem
begriffe nach, allein nicht in der lautverschiebung zu lat.
tetigi stimmt. Beiläufig: was hat es mit diesem ai durch-
weg in der reduplikationssilbe des goth. perf. auf sich? Im
Sanskrit variirt der vokal je nach dem der wurzel, indem
er, wie z. b. in tutöda = lat. tutüdi, letzterem ähnlich
sein mufs. Gothisch aber in verwandter wurzel st aistaut,
wie der Grieche im perf. fest €, im präs. i hat, unbeküm-
mert um das aussehen des wurzelvokals. Sollte man nun
dies goth. ai demjenigen gleichsetzen dürfen, welches in
fremdwörtern (als ai, wie Grimm I9 52, ausg. 3 hier und
in der brechung accentuirt im gegensatz zum diphtb. ai)
an stelle von £, z. b. galainna yiivva^ eintritt, und sonach
die Umstellung des hauches. 33
gleichsam das amt soDSt mangelnder kQrze zu e übernimmt?
Eine solche erklärung bedönkt mich natürlicher, als wollte
man ai diphthongisch fassen etwa wie im sg. perf. von cl.
VIII, z. b. baid (pl. bidum) von beida (exspecto). üs-
-draif (pl. -dribum) von usdreiba (expello). Auch
verba mit zwei media, über deren Vorgänger sich in er-
mangelung anderwärts herzuholender Zeugnisse nicht ur-
theilen läfst. Noch eins: wenn jede gothische wurzel mit
media zu beiden Seiten auf eine vorsanskritische wurzelge-
stalt mit zwei aspiraten zurückführte, da müfsten wohl in
der, dem sanskrit vorausgegangenen urzeit — statt der
doppeltaspirirten monstra, welche sie im übermafs gepflegt
hätte — alle die doch so unschuldigen formen mit einfa-
cher und aspirirter media — incredibile dictu! — gänz-
lich gefehlt haben?
Kann ich hier abbrechen? Noch weiter in kritischer
beschauung von Grafsmann's beispielen fortzufahren halte
ich freilich von meinem Standorte für überflüssig, und ver-
zichte darauf, mit dem folgenden denjenigen für meine
meinung zu gewinnen,- welcher nicht schon durch die im
bisherigen vorgebrachten gründe überzeugt worden. Jedoch
könnten vielleicht aus dem rückständigen allerhand, wenn
auch nicht sehr triftige einwände gegen mich hervorgelangt
werden, und kommt beim weitergehen auch wohl noch das
eine oder andere wissenswerthe zur erörterung. Nur er-
lasse man mir, alles einzelne zu berücksichtigen. Auch
z. b. goth. graba : yoäcpvD oder gredus hunger Dief. goth.
wb. n, 428, skr. gardha, gier, ist alles in der Ordnung.
Desgl. läfst sich für grids, tritt, schritt, Dief. s. 431 in
vergleich zu lat. gradior aspiration des d als älter ver-
mnthen; allein schreiten kann dazu höchstens im ver-
hältnifs einer wurzelvariante stehen, wie ypcccpo) und scribo.
Gleichheit von gods, gut, mit aya&og (etwa nebst rjyd-
&€og comp, wie ^däsog?) ist mehr als zweifelhaft, s. Dief.
8. 435. Auch läfst sich gegen xecpaXi] (mak« xiftltj)^ ahd.
gebal (vgl. z. b. skr. kapäla) unter no. 21 manches er-
innern. — Doch lassen wir dies und anderes. Von gröfse-
rer Wichtigkeit für uns ist es, wenn Grafsmann s. 1 18 mit
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 1. 3
34 Pott
der erscheinung im griechischen, dal's sich z. b. in 71 v&
das b von skr. b 11 d h 7m n verhärtet zeigt, einen mit haueh-
entziehung verbundenen Übergang in media an zweiter
(die Wurzel schliefsender) stelle in parallele bringt, wenn
vorn aspirata steht. Ich meinerseits kann alle für diese
vermeintliche Wahrnehmung herbeigebrachten beispiele nicht
als zutreffend anerkennen. Abgesehen von (fotßog (von
mir längst: „im licht wandelnd^ aus einem lokativ mit der
Wurzel zu ßaivia erklärt), was gewifs keine reduplikation
ist aus skr. bhä leuchten (auch über ffißoficci s. ob.): wie
kann man z. b. aus goth. biuga, beugen, auf den durchaus
nicht schlufsgerechten gedanken kommen, fugio, rfBvyia
hätten ursprünglich auch hinten eine nachmals zu g her-
abgesenkte asp. besessen? Und welche soll dies etwa sein,
skr. gh oder blofs h? Das sanskrit straft alle diese annah-
men lügen. Es hat bhug biegen, part. noch mit beibe-
haltung des ursprünglichen lautes bhug- na (unser gebo-
gen), bhöga Windung, ring. Dal's es aber noch jenseit
des g in vorsanskritischer zeit sollte gh gehabt haben, trotz
des bh vorn, ist ein vollkommen unberechtigtes phantasie-
stück.
Noch ist der eine fall zurück, wo sich im sanskrit
vorn in der wurzel d zeigt bei h am Schlüsse. Wir dürfen
ihn nicht übergehen, weil er eines besonderen grundes we-
gen eigenthümliches Interesse erregt. So pflegt im sanskrit
h, z. b. vor dem suff. part. prät. pass. tä, sich mit dem
t in cerebrales dh (vermuthlich statt d-dh) zu verwan-
deln, z. b. lid'ha (aus lih, kBi^o)) = linctus, geleckt.
Das h hat demnach hier dieselbe wirkung als z. b. das
cerebr. ä in düdhi (duä mit dhi), übelgesinnt. Allein
die wurzeln nach der formel d — h entziehen sich diesem
gesetze, indem vermuthlich ihr d nicht wollte den gleich-
falls tönenden cerebrallaut dh neben sich aufkommen las-
sen, sondern lieber, in analogie mit labdhä, baddhd, dh
unter virtueller erhaltung auch des h (oder, was jedoch
höchstens vermuthet werden könnte, gh?) davor in gestalt
von g: dagdha, digdhd, dugdhä. Als ausnahmen
z. b. snigdha, mugdha (regelm&fsig müdha) von snib,
die Umstellung des hauches. 35
muh. Der grund wäre aber, darf man vermutheD, derselbe,
vermöge dessen zwischenstehende dentale mutä den assi-
milirenden einflufs von r-lauten und von dem ebenfalls ce-
rebralen s auf ein später kommendes n derartig hemmen^
dafs es nicht cerebrales n wird. Vgl. varna, varana,
allein vartana. Im letzten beispiele hätte erst t selber
überwältigt (d. h. zu t verändert) werden müssen, damit
widerstandlos auch n dem r erbunterthänig werde. Nur
in drdha von drh; auch angeblich drädha von dräh
To wake hat doch das r vor dem d den sieg davon getra-
gen, und bei druh sehen wir beide im kämpfe. Es heifst
z. b. das participiale fut. sowohl drödhä als drögdhä,
neben dem part. pass. drugdhä von druh. Ohnedies
hätte, falls nicht h-t zu g-dh würde mit progressiver
hauchübertragung, die aspiration zurück auf d geworfen
werden müssen. Vjgl. ^gsTirog von rgiifw. Etwas sonder-
bar bedünkt mich nur, wie selbst die harten t, th sich
vor dem schwächeren h (auch dh, bh), und das sollte man
doch kaum erwarten, — beugen, ja sich von ihm (und ih-
nen) umbeugung zu dh (oder dh) gefallen lassen. Man
vergl. dagegen z. b. lat. vectus von veho, allein sanskrit
von vah, d. i. vehere, im part. üdha, worin nach der
Verwandlung von va zu u der wurzelkörper für das ohr
fast nicht mehr erkennbar bleibt, was in vödhar, d. i.
vecturus, etwas weniger schlimm ist. Das zend hat
ädrukhta, aiwidrukhta, belogen, aq stelle von skr.
drugdha. Also mit kh für h, das vor vokalen zu palat
druj (auch z) Justi s. 162 geworden.
Geschieht es im interesse der dissimilation, dafs
z. b. bei der reduplikation von verben, die mit asp. beginnen,
das sanskrit wie das griechische, dem wohllautsprincipe
huldigend, die von der verstandesmäfsigen analogie
geforderte Wiederholung der asp. meiden und durch ent-
sprechende unaspirirte mutä ersetzen: so üben sie in
anderen fallen dagegen eine art von gerechtigkeit in so fern,
dafs, wo durch grammatische Verhältnisse in einer laut-
gruppe der hauch einer asp. dem untergange geweiht wäre,
diesem durch metathesis aspirationis an anderer stelle
3*
36 Pott
eine Zufluchtsstätte gewährt wird, wenngleich eine solche
öfters auch ohne noth und zwang, d. h. mehr nach mund-
artlicher willkör, erfolgt. S. die im index zu den etym.
forsch. I. ausg. unter: aspiration angezeigten stellen. Im
Sanskrit kann die Umstellung des hauches nicht blofs d,
sondern auch b und g treffen (nicht das palatale g, theiU
weil aus g entstanden, theils weil asp. g zu den wonig be-
liebten lauten gehört). Es kümmert uns aber vor allem
das wort tochter, &vydT9jo^ und die sanskrit-wurzel duh
(melken), welche Grafsmann gleichfalls bespricht, allein aus
einem geheischten dhuh oder dhugh erklären will. Nicht
blofs unnöthiger weise, sondern selbst — meines erachtens —
durchaus falsch. Zu welch verwunderlichen kröcken mau
aber greifen mufs, ohne damit gleichwohl die unglückselige
tfaeorie von wurzeln mit asp. im an- und auslaut aufrecht
halten zu können: davon liefert Delbrück in Zacheres
zeitschr. I, s. 8 einen lehrreichen beleg. „Altind. duhitar,
gr. &vydT}]Q^ goth. dauhtar", wird uns versichert, „lassen
sich nur [?] aus dhughatar [?!J erklären. Daraus wurde
im deutschen zuerst dugathar [nein!], dann dugadar (wie
fadar*)), vielleicht dugidar, dugdar; und [schöpfen wir
ein wenig athem; zuletzt — man staune!] aus gd entstand
ht, wie in mahta aus magda^. Wenn jemand diesen satz,
oder ähnliehe, ackern vergliche, auf welchen die Wucher-
blume ihre lustige, allein dem landmann nichts weniger als
erfreuliche wirthschaft treibt und neben und unter sich al-
les nutzbare gewächs erstickt und tödtet: müssen wir ihm
widersprechen oder — beistimmen? Sogleich mit dem ht
anzufangen: welch verkennen des wahren sachverhältnissesl
Als ob ht nur so mir nichts dir nichts aus gd, und über-
dies erfundenem gd, würde ?1 Wie goth. hs etymologisch
dem gr. ^, lat. x und skr. ks gleichkommt: so auch ist kt,
sonderbar genug, in ht (also mit verschieben von k
*) Nur fa drein s, altern. Das d auffallend gegen brothar = skr.
bhrStar, engl, brot her, bruder, sowie gegen vater, mutter Grimm I, 590.
— und f in ^i'^a und fores Cnrt. II, 96 (1.) haben die aspiration ver-
muthlich kraft behauchung des d in skr. dvära unter einflufs des v, s.
die Umstellung des hauches. 31
ohne zugleich die von t) umgewandelt, obwohl dies in
allen drei genannten sprachen eine unerhörte Verbindung
wäre (lat. tractus neben traho; gr. yJJwv wie icp&og^
allein kein ;^r, noch y,r, obschon goth. ft). So bei Grimm
I, 73, ausg. 2 raihts = lat. rectus aus rego. Nahts,
nacht, wie lith. naktis, vgl. skr. uaktam adv., lat. noctu
u. s. w. Ferner ah tau, acht, lat. octo, \m skr. aätäu,
welcher zischlaut jedoch für palatales 9 steht, wie a^Iti,
achtzig, beweist. Nicht anders aber verhält sich ht in
dauhtar. Das lehrt z. b. lith. dukte (im nominativ mit
Wegfall von r, wie skr. duhitä), gen. dukteries und ers
{t}vyaTe()og und &vyctT()üi;)^ preufs. dukti, ksl. d'äti, -tere
Mikl. lex. p. 184. Wäre auf den Lithauer das wort mit
einem frei vor vokal stehenden h vererbt: da hätte er das
stets von ihm aufgegebene h in einen zischlaut verwandeln
müssen, welcher jedoch in der altslawischen form vielmehr
von dem hellen vokal hinter t herbeigeführt scheint. Vgl.
das vorn um d gekürzte serb. ktji (tochter), wie mati
(mutter), mit ihrer flexion. Wuk Stephanowitsch, serb.
gramm. s. 34, in deren obliquen casus das, übrigens mit
nichten „ epenthetische '^ er sich behauptet. Gen. ktjeri
und mätere (matris), vok. ktjeri {&vyaTSQ)^ mati {co firj-
r€(>), pl. ktjeri {&vyarigEg), mätere (jedoch mit anderem
schlufs-e als im gen. sg.). Notj (nox) s. 35. Russ. doö"
(doceri), gen. döceri. Polu. corka, coreczka eigent-
lich dem. von dem nur in höherem stil üblichen cora, das
man falsch mit xogi] vergleicht. Böhm, dcera noch mit
erhaltung von d; c aber aus kt, wie noc (nacht) f. = lith.
naktis, also mit i hinter t. Vollends wunderlich aber
nähme sich blofses k im lith. dukr^le, töchterchen, und
preufs. poducre stief- (buchst, bei-) tochter aus, darf man
auch wohl Wegfall von t dahinter voraussetzen in analogie
mit skr. svasar, lat. soror trotz: Schwester. Im neuper-
sischen lautet das wort dukht, auch dukh (noch ohne r^
wie im zend. nom. dughdha) und dukhtar VuUers lex.
1,812 (zend. acc. dughdharem = ifvyaTeoa, d^vyarga).
Justi s. 157. So etwa nun wird sowohl dauhtar als lith.
dukte anzusehen sein, wobei freilich unentschieden bleibt,
38 Pott
bat bauchumstellung stattgefunden oder nicht. In beiden
sprachen (zd. lith.) entspricht d zugleich einem skr. d, allein
auch dh. Was für Übertragung des aus skr. duhitar er-
sichtlichen hauches auf das vorderende spräche: wäre zunächst
das gr. &vydT7]ü^ wo sie, für mich wenigstens, unläugbar
stattfand. Vielleicht war im germanischen, unter anscblufs
an das griechische, das gleiche der fall. Das d in duhi-
tar verlangte bei regelrechtem gange der lautverschiebung
goth. t, ahd. z (also zochter und nicht: tochter). Vgl. schon
et. forsch.^, th. I, s. 95. Dief. goth. wb. II, 615. Uebri-
gens, wennschon es das wahrscheinlichste ist, durchaus
nothwendig wäre gerade nicht, dafs d in dauhtar ein dh
vorstelle, indem das alte h in duhitar vor vokal regelrecht
hätte zur media werden müssen, wodurch dann etwa —
nach der schon früher erwogenen weise — d im gothischen
zu t (erst im ahd. t) herabzusinken verhindert wäre. Mög-
lich aber, dafs nach synkope des bindevokales dauhtar ent-
stand, wenn nicht gleich zu anfange eine form wie lith.
dukte. Ein früheres *dhugh ist eitel lug und trug. Auch
a um des griech. willen als frühesten bindevökal für du-
hitar anzusetzen ist unnöthig, weil unbegründet. Das i
des letzteren (will man dies nicht überall, wo es als
bindevökal fungirt, aus dem a in gleicher eigenschaft ent-
stehen lassen) hat seine gute berechtigung, wie z. b. im
participialfut. mahitä, sahitä, darhitä. Als eigenthüm-
lich erweist sich höchstens das a in &vydri]Q statt des üb-
licheren e als bindevökal (z. b. ysvsTTjg^ fem. yavereiQa; ixs-
rtiQiQ u. s. w.), welches aber vermuthlich seiner dünnheit
wegen vor dem nachfolgenden e der obliquen casus ver-
schmäht wurde. Vgl. auch das zweite a z. b. in ^v^'a-
Todoi gegen ifvyareQeaatv. Wir haben also unser wort
mit und ohne bindevökal; und ersteren falles im sanskrit
mit i, im griechischen mit «. Vgl. pitar : narrjo^ wenn
man will, wo aber das i im sanskrit als blofser bindevökal
den Wurzelausgang von pä verdrängt zu haben in verdacht
kommt.
Die gangbare erklärung von duhitar „melkerin'' will
mir von Seiten des sinnes nicht allzu sehr einleuchten. Ob
die Umstellung des hauches. 39
man aber daraus in pass. weise einen zögling (vgl. ud-
-vaba söhn, nachkomme; wie kulödvaba, ein geschlecbt
fortsetzend, gleichsam weiter tragend?) WWb. I, 179, oder
eine heimzuführende (ud vahana heimfahren einer frau)
machen dürfe, indem man duh, melken, als ubera ducere
für alte comp, aus ud und vah erklärte: lasse ich augen-
blicklich ungefragt. Desgl. ob goth. tiuhan, ziehen, und
lat. ducere trotz h und c nur den allgemeineren sinn von
duh bewahrt haben, sonst aber ihm gleich seien. Mir ist
es jetzt genug, die unter allen umständen gleichartigen
lautverhältnisse von duh und duhitar zu beleuchten. Im
äanskrit heifst die wunscheskuh nicht nur kam ad u ha oder,
mit gh, kämadughä (nach wünsch melkend, d.h. alles,
was man wünscht, gewährend), sondern auch petersb. wb.
11,221 vom thema kämaduh im nom. sg. kämadhuk mit
den weiteren im sandhi geforderten abänderungen (g und
gutt. n). Der grund von k an stelle von h sowie überhaupt
von gutt. und pal. im nom. ist: es sollte h mit dem -s als
uorainativendung zu ks zusammenfliefsen , wovon jedoch,
weil das sanskrit mehr als einen consonanten am ende nicht
liebt, nach aufgeben des zischers blofs der gutt. zurück-
blieb. Uebertragen des hauches aber in folge dieser selbst-
entäufserung des h auf d nach vorn forderten die weiter
zurück dargelegten gründe. Vgl. dhöksi (mulges); dhök-
öjämi, allein auch leksjämi von lih, Ae/I^«; u. s. w. trotz
abweichender behandlung letzterer im nom. sg., wovon so-
gleich. Es hat sich sonst nämlich aus end-kä, als voraus-
zusetzendem ausgange des nom. für h + s, vielleicht nicht
ohne ein Wirkung des cerebr. ä, die cerebr. muta t entwik-
kelt. Z. b. puiSpalit aus -lih (blumenleckerin, d. i. biene),
wie sat, wofür die grammatiker als thema sas ansetzen,
dessen s freilich eher in einklang mit lat. sex, goth. saihs,
sechs, und l'| (auch digammirt, vgl. zd. khsvas mit khä
vorn) auf entstehung aus ks leiten könnte. Sie dachten dabei
wohl an das häufige entstehen von ö aus as, und sö-da^a
(lateinisch auch se-decim mit verlust von x), wie sö-
dhum statt sahitum. Oder anadhuh in den obl. casus
von anadväh, nom. anadvän Bopp, gr. crit. reg. 81
40 I*ott
(karren ziehend, d. i. stier) aus anas mit väh (vehens)
mit schwer erklärlichem d. Vielleicht schafft man rath
durch erklärung aus ud-vah (educere), obschon, selbst
wenn man s von anas vor u unterdrückt denkt, das cere-
brale d keine rechte erklärung findet. — Selbst in dhug-
-bhjas (mulgentibus) und dhug-dhve Bopp reg. 103;
adhägdhvam von dah, brennen, r. 390, hat man, der
analogie zu liebe, die hauchumstellung nicht unterlassen
wollen, nachfolgendem bh und db zum trotz. Zd. dugh-
dhar (im thema; tochter) übrigens scheint nicht die im
griech. övydrtiQ zu tage liegende regressive transposition
des hauches erfahren zu haben, wie sie uns eben bekannt
geworden. Vielmehr glaube ich in ihm die von skr. dög-
dhar, melker, beobachtete weise zu erkennen, wo mit der
richtung auf das wortende h seinen aspirirenden einflufs
über das t des suff. -tar erstreckte. Ganz also, wie in
dögdhi (mulget), dögdhum (mulgere), dugdha (mulgetis)
Bopp, gramm. crit. r. 103, deren suff. -ti, -tum und (schon
mit harter asp. -tha) lauten. — Im pet. wb. III, 712 siehe
mehr formen, z. b. adhök, adhuksat, indefs regelwidrig
auch aduksat, wie dukäan statt dhukäau ohne hauch.
Wie alle genannte falle zu ihrer erklärung keines non-
ens dhuh bedürfen: so werden auch goth. dags tag, ahd.
täht, docht, Grafsmann s. 125, aus dah, brennen, erklär-
lich. Nidägha die heifse zeit, aber däha das verbrennen,
brand. Im zend erklärt Justi s. 145 dag ha: brandmal^
neben da^aiti (z für h), er verbrennt. Unser tag, engl,
day, wenn nicht durch hauch Versetzung, wie -dah in
compp. hinten den nom. auf -dhak bildet, dann doch ge-
mäfs der bei tochter, engl, daughter von uns beschrie-
benen behandlung der laute. Skr. ahan, zd. azan, tag,
scheint das d eingebüfst zu haben. Mhd. täht, däht
Ben. III, 11, wie skr. dagdha, verbrannt. Dähe, schmel-
zen des Schnees, eises, dagegen zu tiJxoq^ indem der diph-
thong in aufthauen sich aus k (vielleicht auch durch
hv hindurch) entwickelt haben möchte. — Das deside-
rativ von dabh^ dambh, schädigen, heifst didambhi-
äati, oder dhipsati und dhipsati, jedoch vedisch auch
die Umstellung des hauches. 41
ohne aepiration dipsati petbers. wb. III, 514. Westerg.
Radd. p. 218. Vgl. zd. diwz von dab, dav.
Zum schlufs noch ein paar beispiele der hauchumstel-
lung auf andere media (denn auf tenues nach vorn hin
erfolgt sie niemals), als d. Bopp giebt r. 83 ''r^ bhötsjämi
(noscam) von budh {nvviiavofica) und veda-bhudbhjas
(Vedorum peritis), lok. vedabhutsu von vedabudh.
Sonderbar genug indefs ist, dafs der Grieche in Trevao^iat^
nvafjia und in sonstigen formen von nvt^; freilich auch in
nüöouai {nBvä^ nait); desgl. nicht minder in Tteiavü {nH^fvo^
lateinisch dagegen fido), xbvavü (xci/Z/w) und in vielen ande-
ren der art (ßdxfjtü^ yXvifjcoj ygdipio) jene metathese hart-
näckig verschmäht, welche er auf den fall von r — (p
oder X {'^Q^^f^ T()V(p^ ^^'y? Tcaf^ ''^Q^X'i ^^s subst. TQiyjQ :
&Qi'^^ und adj. xayy^ : Oäoaov^ allein nicht TQccyVi^) ein-
schränkt. Es ist also nur mit cp und y im gleichgewicht
stehendes r solcher auszeichnung gewürdigt; — &vydTiio
ausgenommen — Von bandh, binden, lautet das fut.
bhantsjati, das desid. bibhatsati. üevifeQog wohl als
affinis zu skr. band hu, verwandter. — Desgl. aghräkäam
(cepi) wenigstens zufolge Bopp gr. crit. r. 102 p. 60 von
grah, und im ptb. wb. II, 835 aghrksata (von grh mit
r- vokal), was um so mehr auffällt, als doch die veden
grabh mit bh, nicht grah, zeigen, und demnach nicht kS
aus secundärem h mit s zu erwarten stände. Vielmehr p-s;
vgl. dhipsati von dabh. An der Umstellung selbst wäre
nichts zu erinnern. Vgl. Lassen, Inst. Pracr. p. 197. Prä-
krit z. b. ghettü von grah, und ghara (domus) statt
skr. grha. Ferner skr. gühisjati und ghökäjati, aor.
aghukäat {ey.evae)^ was auch befremdlich wäre, im fall
guh, wie y.Bvduj vermuthen läfst, h aus älterem dh verderbt
enthält. Jedoch immer noch nicht so aufiallig, als das
perf. ^abhära von har sein würde, indem ^ nur zu h
pafst, während bh in der reduplikation b verlangte. In
diesen beispielen sehen wir nun gh durch hauchumstellung
entstehen, und kann zufolge Bopp r. 81* ebensogut väg-
-ghlna (sprachberaubt) als väg-hina gesagt werden.
Auch ein grund, meine ich, welcher die neue lehre, als sei
42 Max MüUer
dem skr. h, wo möglieb, immer und aller orten einstiges
gh vorausgegangen, noch in einem überaus zweifelhaften
lichte erscbeinen läfst. Hievon jedoch vielleicht ein ander-
mal.
April 1869. Pott.
Niobe, Chione und Chimaira.
"HfpaiOTog ;^a)?^Bvei^ Hephaistos binktl Ich hatte auf
das schwache glied in meiner beweisführung, dafs Hephai-
stos der vedische Yavisb^Äa sei, selbst hingewiesen, ich
meine die Vertretung eines ursprünglichen v durch griechi-
sches (f. Seitdem ist mir ein ähnlicher fall vorgekommen,
der vielleicht als krücke dienen kann.
Die namen des schnees gehn auf ein thema sniv oder
niv zurück. Das sanskrit hat nun zwar den hierher ge-
hörigen namen des schnees im warmen klima Indiens ver-
loren, aber das zendische ^nizh, schneien, bezeugt, dafs
auch der süd- arische zweig bezeichnungen für schnee von
diesem stamme gebildet hatte. Während nun das lateini-
sche in nix, i. e. niv-s, gen. nivis den labialspirant bewahrt
hat, ebenso das gothische in snaiv-s, so finden wir im grie-
chischen das y/, in vicp-cx, (Hes. Op. 537), vicpdg^ Schnee-
flocke, vicpSTog^ Schneegestöber, vicpoug^ schneebedeckt,
vLtfjM^ schneien etc., ja, in einem dem dialekte von Thracien
zugeschriebenen worte, auch die media, in vißct^ x^ova xal
xQt]V}]v (Curtius, grundzüge p. 285).
Nähme man nun snu, fliefsen, als wurzel aller dieser
derivata an, so könnte man, wie bei kshu, niefsen und
kshubh, erschüttern, stu und stu-bh, preisen, vä und vabh,
weben (Curtius, grundzüge p. 59), entweder eine erweiterung
der wurzel durch bh, oder eine Verhärtung des auslauten-
den V zu bh annehmen. Dabei bliebe aber noch immer das
vorwalten des i nach dem anlautenden n unerklärt. Um die-
ses zu erklären, müfsten wir eine etwas modificirte wurzel.
Niobe, Chione und Chimaira. 43
nämlich nyu, postuliren, welche zu niv wurde, wie syü
zu siv, oder dyu zu div, sryu zu sriv. Wie wir nun von
dyu im sanskrit zu Dyävä gelangen, i. e. /^?;w, so von nyu
zu *Nyävä, oder, blofs mit guwa, *Nyavä; und in diesem
Nyavä, schnee, erkenne ich den ersten ansatz zur Nioßri^
Schneegöttin. Nehmen wir Niobe als göttin des winters,
so wird es verständlich wie ihre kinder den strahlen oder
pfeilen des Apollo und der Artemis erliegen. Und wenn
es schon bei Homer heilst, „dafs niemand da war sie zu
begraben, denn Zeus hatte die menschen zu steinen ge-
macht^, so ist auch wohl dies ein nachklang der alten
sage vom erstarren, erfrieren oder versteinertsein der natur.
Auch Niobe wird zu stein, und wenn sie selbst noch als
stein thränen vergiefst, so ist dies nichts als ein misver-
standener Spruch von dem schmelzen oder weinen der ver-
steinerten, erfrorenen wintererde.
Eine andere schneegöttin ist Chione, und auch diese
wird, weil sie die Schönheit eines Letokindes getadelt, von
der Arterais erschossen.
Eine dritte schnee- oder wintergottheit ist die Chi-
maira, welche ebenfalls von einem sommerhelden, hier vom
Bellerophon, getödtet wird. Fragen wir warum sie, ur-
sprünglich dreiköpfig, dann dreigestaltig, vorn löwe, hinten
schlänge, in der mitte aber eine ziege war, so giebt uns
die griechische spräche die antwort. Chimaira hiefs nicht
nur die wintergöttin, sondern auch der Winterling, ein thier,
das erst einen winter alt ist. Das griech. ^iptaiga ist
nicht ziege im allgemeinen, sondern eine einjährige, ur-
sprünglich einwintrige ziege. Indem das sprach be wustsein
diese beiden Wörter vermischte, erhielt die wintergöttin die
nicht eben passende gestalt eines jungen zicklein, dem aber,
um es furchtbar zu machen, der köpf eines löwen und der
schwänz einer schlänge beigelegt wurden.
Oxford, märz 1869. F. Max Müller.
44 Max Müller
Vatsa.
Dafs von der wurzel vas, leuchten, namen für den
morgen, das aufleuchten des tages (*vasar, gen. usraA, loc.
usri; vas-tar, am morgen), dann für tag (väsara), abgeleitet
sind, ist wohl allgemein anerkannt. Auch die herleitung
der namen für frühling, als das aufleuchten des Jahres, von
derselben wurzel und in derselben bedeutung wird nur von
wenigen geleugnet (vasar = ^(), lat. ver (für vesr), isl. vär).
Die frage ist nun aber, ist es möglich nachzuweisen, dafs
ableitungen von dieser wurzel, die ursprünglich frühling
bedeuteten, in der bedeutung von jähr gebraucht wurden.
Dafs dies in bezug auf die namen anderer Jahreszeiten der
fall war, ist bekannt genug. Man erinnere sich nur an
*arad, herbst, pers. säl jähr; varshäA, regenzeit, oder prä-
vrish im Veda, dann varsha, jähr; hima, winter, in bimus,
zweiwintrig, i. e. zweijährig. Auch hat man schon oft das
skr. vat in samvat, jähr, so wie vatsa, vatsara und samvatsara,
jähr, mit drog^ i. e. j^ivog verglichen. Wie aber vat oder
vatsa oder vatsara dazu kommen jähr zu bedeuten, ist bis
jetzt noch nicht erklärt, denn Pictet's vermuthung, dafs
vatsa wassergeber bedeute, von vad, i. e. ud, wasser, und
San, geben, hat zu viel Schwierigkeiten zu überwinden, um
auf annähme zu rechnen.
Nehmen wir nun die wurzel vas, scheinen, und ge-
brauchen sie als sufBxloses nominalthema, so erhalten wir
vas, und dieses könnte im nom. zu vat werden. Erstens
ändert vas sein auslautendes s zu t vor gewissen verbalen-
dungen. Wir sagen vat-syämi statt vas-syämi, avät-sam
statt aväs-sam. Zweitens giebt es im sanskrit andere auf s
auslautende wurzeln, welche dies s, so wie es auslautet,
oder vor pada-endungen, zu t verwandeln. Man sehe §.131
meiner sanskritgrammatik, wo die regcl in der deutschen
Übersetzung richtiger gefafst ist als in der englischen Ori-
ginalausgabe. Von dhvas ist der nom. sing, dhvat, instr.
plur. dhvadbhiÄ; ebenso von sras, srat, sradbhiÄ.
Wir können diesen Vorgang auf zweierlei art erklären,
phonetisch oder etymologisch. Entweder ging s, wie man
Vatsa. 45
gewöhnlich sagt, in t Über, oder, und dies scheint mir das
richtigere, es gab parallelformen, wie bei vas und vat, als
endungen des part. perf., und die form in t erhielt sich na-
mentlich da, wo die form aufs Schwierigkeiten verursacht
haben würde. Wäre der Vorgang rein phonetisch, so wür-
den wir erwarten , dafs alle wurzeln, die auf s auslauten,
ihr 8 zu t verwandelten. Dies ist aber nicht der fall, und
ich ziehe daher vor neben vas eine parallele wurzel vat
anzunehmen. Dafs diese wurzel vat nun schon sehr zeitig
eine bedeutende rolle in der alten spräche der ungetrennten
Arier spielte, dafs sie namentlich in der form vat schon
sehr frühzeitig nicht nur wie vas zur bezeichnung des früh-
lings, sondern in der bedeutung jähr gebraucht wurde, dies
geht doch wohl aus dem skr. parut, im vorigen jähr, her-
vor, welches für para-vat steht, und unverändert im griech.
nig-va-i für niQ-vr-t, erhalten ist. Ohne annähme von der
existenz eines wortes wie vat oder ut in der bedeutung von
jähr vor der arischen trennung, bliebe das vorkommen dieser
adverbia im griechischen und sanskrit unerklärlich. Ob
auch kviavTog = samvat (mit sami statt sam und Verwand-
lung des asper in lenis) dieser periode angehört, ist mehr
als zweifelhaft.
Von diesem vat, jähr, bilden nun die verschiedenen
arischen sprachen bezeichnungen für das junge, oder den
Jährling, im sanskrit vat-sa, im lat. vit-ulus, im griech. ^/t-
-alog. Im vedischen sanskrit aber, wo vatsa schon ent-
schieden das junge heifst, kommt es namentlich oft in be-
zug auf den jung aufgehenden Sonnengott, auf Agni, als
Vasu, oder lichtgott, vor.
X, 8, 1 : prä ketünä brihata yäti agnlÄ,
ä rödast (iti) vrishabhäÄ roraviti,
diväA k\i äntän upaman üt äna^,
apäm upasthe mahishä^ vavardha.
„Agni geht hervor mit mächtigem glänz, der stier brüllt los
auf himmel und erde. Er hat die höchsten grenzen des
himmels erreicht, der stier wächst am rande der gewässer.**
mumöda garbhaA vrishabhaA kaküt-män,
asrema vatsaA «imi-vän arävit,
4G Max Müller
ükh deva-täti üt-yatani kriitvän,
sveshu ksfaayeshu prathamä^ ^igäti.
„Das junge sprang, der böckrige stier, das makellose kräf-
tige kalb blökte. Er (der junge Sonnengott), der alle gott-
heiten hervorbringt, geht selbst zuerst in seine Wohnungen.'*
Dieser selbe gott heilst nun im vierten verse Vasu,
der helle.
ushä^-ushaÄ hi vaso (iti) agram eshi
tvam yamayoÄ abhava^ vi-bhavä.
„O Vasu, du kommst zuerst an jedem morgen, du bist es,
der die Zwillinge (tag und nacht) trennt**.
Von einem andren gesiehtspunkt betrachtet, sind diese
Zwillinge, nämlich tag und nacht, die mütter der jungen
sonne. So heifst es I, 146, 3: samänäm vatsam abhi sam-
-Äaranti vishvak dhenü (iti) vi ÄarataÄ su-meke.
„Die beiden blökenden köhe, welche zusammen zu ihrem
gemeinsamen kalb hingehn, gehn weit weg von einander."
Er selbst heifst daher auch der zweimüttrige, welches
sich ursprünglich nicht auf die reibhölzer, sondern auf tag
und nacht, oder himmel und erde bezieht.
III, 55, 6: Nachdem es geschlafen, kommt nun von
jenseits dies eine junge der beiden mütter, ungebunden.
Cf. 1,31,2; 95,1.
Während es nun in spätem hymnen heifst, dafs der
Samvatsara, das jähr oder die jahressonne, aus dem schooi'se
der Wasser geboren wird, und tage und nachte ordnet
(X, 190, 2: ahorätrani vidädhat), so heifst es auchl, 95, 3
von dem Vatsa oder kalbe der beiden mütter, dafs von ihm
die Jahreszeiten nacheinander geordnet werden (ritün pra-
-«äsat vi dadhau anush^M).
Oxford, märz 1869. F. Max Müller.
' Crimen und leumund.
Dafs crimen nichts mit discrimen oder dem griech.
XQifia zu thun hat, leuchtet bald ein, wenn man die nr-
crimen und leumund. 47
Sprüngliche bedeutung des Wortes im äuge behält. Crimeo
heifst ursprünglich nicht das verbrechen, die missethat,
sondern die beschuldigung oder Verleumdung. So wird der
ausdruck hera in crimen veniet bei Terentius, Hec. III, 1, 55
durch hera male audiet erklärt. Cicero sagt, Plane. II, 4:
quum respondero criminibus. Wir lesen Nep. Epaui. VII, 4:
criminibus adversariorum in invidiam venire. Livius VI, 14
spricht von sermones pleni criminum in Patres, und ver-
bindet XL, 15 erimina et suspieiones. Ja Cicero spricht
von einem crimen maleficii (Rose. Am. XXVI, 72), d. h. die
beschuldigung eines Verbrechens. So heifst auch eriminari
ursprünglich beschuldigen, criminosus, tadelnd, verleumdend,
und erst viel später verbrecherisch.
Ich halte daher crimen für eine zusammenziehuug von
croemen (wie in liber und loebesum) und führe es auf die
Wurzel svu zurück. Von dieser wurzel hat professor Büh-
ler in dieser Zeitschrift IX, 235 sehr schlagend das vedische
Äromata abgeleitet, und es, trotz der entgegengesetzten be-
deutung, mit ahd. hliumunt, leumund, Verleumdung identi-
ficirt. Ich füge noch zwei stellen bei, wo dies ^römata in
der bedeutung von gloria, guter ruf, vorkömmt. VI, 19, 10:
nri-vat te indra nritamäbhiA ütf vamsimahi vämam *rö-
matebhiA
„Mögen wir, o Indra, durch deine männlichsten hülfen reich-
thum an männem erreichen mit vielem rühme." VIII, 66, 9:
kät um (iti) nü asya akritam indrasya asti paümsyam
keno (iti) nü kam «r6matena na «u^ruve gantLshah pari
vritra-hä
„Was für eine heldenthat ist von diesem Indra nicht voll-
bracht? Mit welchem preis ist er nicht gepriesen, er der
Vritratödter, ob des geschöpfes"?
Hier ist nun namentlich in der letzten stelle, durch die Ver-
bindung mit Äu^ruve, die ursprüngliche bedeutung von srö-
mata nicht zu verkennen.
Während also *r6mata im Veda stets in guter be-
deutung, so wird hliumunt im althochdeutschen sowohl in
guter als schlechter bedeutung gebraucht, und das ver-
wandte cri-men nur in letzterer. Möglicherweise ist auch
4S <^radl
ru-mor (wie ela-mor) ein spröfsling derselben fracbtbaren
Wurzel, denn mit raunen hat es wohl so wenig zu thun als
mit atgvof^ heulen. Es ist ein neutrales wort, so dafs man
ebenso gut malo rumore als secundo und claro rumore sa-
gen kann, und es wird wohl nie von naturgeräuschen, son-
dern nur von dem, was menschen sagen und hören, ge-
braucht.
Oxford, april 1869. F. Max Müller.
Zur künde deutscher mundaiten.
' IV.*)
(Vermischtes).
Bremfs-n, swv. (allg.), rösten, in fett backen, Schni. 1,259;
tirol. brerafseln, bei leichtem feuer rösten, Schöpf 56;
Schweiz, brämsen, sengen, Stalder I, 215. Dazu:
Brünfslain, -na, swv. (allg.), nach angebranntem riechen,
Schm. I, 259; mhd. prünseln, brandig riechen. Wackern.
47b, nhd. brenzeln, Grimm wb. II, 364; jüdisch-deutsch
brinschlen; bair. brimseln, brimpseln, Schm. I, 259; tirol.
brinzen, brintschen, das angebrannte an kuchen oder an-
deren gebackenen speisen, brintschelen, nach angebrann-
tem riechen, brenzelig sein, Schöpf in Fromm. IV, 211.
Trotz der scheinbar ganz naheliegenden beziehung
zu „brennen^ gehören die worte doch zu einem andern
stamme. BRIMAN (bram, bramun, brumman), lat. fre-
mere, griech. ßoiusiv, ß()oiAeip (vgl. (pQif^^v), skr. bhram-,
Urbedeutung 1) sich im wirbel herumdrehen (dazu deutsch
bräme, brom-beere etc.), 2) dumpf rauschen (dazu breme,
bremse, brummen, bruust, bremeln, erbremfsen); in -ez-
ableitungen: *bremezen (mit Übergang in fs = bremfsen)
und ^brummizilan ("^brummizilinan) = brünfslaina. Den
Übergang von m in n belegt auch brunst; s. Grimms
wb. ; auf den stamm briman deutet die analogie ähnlicher
*) Vgl. I. n. III. im XYII. bände dieser zeitschrifti seite 10 — 82.
zur künde deutscher mundarten. 49
bezeichnuDgeu: fad. sengen zu singen, bair. färzen, fatzen,
rösten, Scbm. I, 569 zu ahd. ferzan, perdere, s. Sehwenck
unter furz, tirol. tschingkelen, nach angebranntem riechen,
Schöpf in Fromm. IV, 453 zu mhd. sungeln, knistern
(stamm sing-en).
Gäus'l, f. (Weseritz), a gäus'l flil = die beiden aneinan-
dergefügten bände voll; mhd. gouse, Ziemann 130. Schm.
. n, 74. Häufiger steht in dieser bedeutung gaufe, mhd.
goufe, ahd. goufan, swf., hohle band, Ben.-Mllr. 1,559.
Graff IV, 177. Schm. II, 17. Höfer I, 277. Lexer 117.
Schmid 222. Stalder I, 429. Sehwenck 208 und gäspe
(geifpel etc.).
Haiz'ln, swv. (Egerl.), auf einer h4iz*l (einer, glitschbahn;
— das subst. ist rückerschlossen aus dem vb. — ) gleiten
= halz'ln (äl vokalisiert zu ai, vergl. kaiwl = kalbl,
kälblein) zum adj. häl, mhd. häle, glatt, schlüpfrig; das
pegnitzische hätsch*ln ist dasselbe (1 ausgefallen, z zu
tsch verbreitert); mhd. heliczen (so im vocab. ex quo,
Petters in Fromm. IV, 300)*); bair. haletz'n, Schm. H,
166; kärntisch halitz'n, Lexer 131 und Fromm. IV, 300,
iglauisch heltsch*n (Schlittschuh laufen), Nog in Fromm.
V, 465. — Andere bezeichnungen im ostfränk. gebiete
sind: hosch'n (Nürnberg, Schm. II, 25, zu husch, inteij.),
rüsch'ln (Lauterbach bei Eger, mündlich), rentsch*n,
rentsch'ln (Oberpfalz, Schm. III, 151, -ez-ableitung von
rennen). Aus anderen gegenden fahre ich an: riseln
(hienzisch, Fromm. VI, 342) und rüseln (kärntisch^ die
rüsel, Lexer in Fromm. IV, 197) zu ags. hreosan oder
zum rueschen Schmellers (s. o. rüsch'ln); schlaifen (und
die schl., Prefsburg, Fromm. IV, 342); rollen (Gömörrer
und Honter gespannsch. in Ungarn, Schröer 88 und
Fromm, a. a. o.); fug*ln (thüringisch; siehe stamm FIK);
züsch'n, zöscb'n (hennebergisch. Fromm. III, 123. 133)
und zescheln (obersächsisch, an der Saale, Fromm, a. a. o.);
schabeien (nordfränkiscb, Schm. III, 305); glandern (ober-
und niedersächsisch); Schindern (oberlaus., Anton wb.
*) häliczen (voc. v. 1445 bei SchmeUer).
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 1.
50 Gr»dl
IV, 5) *) schluttern schlottern (obers., wittenb. kreis,
Anton a. a« o.) ; anderswo : bleiern, schlickern, schlendern
u. s. w.
Hefln% heüna, swv., 1) winseln, weinen, weinerlich oder
in hoh^i tönen klagen, reden (auch von thieren, vom
winde) u. s. w.; Schm. 11, 202 (Schm. gramm. 490, 7:
„däu half kai~ fle'n, as half käi" heün*** **); mhd. honen,
höenen, Ziemanns wb. (honen ao^ 1429, hunen ao. 1474,
bienen hinnen ao. 1694, gl. bei Schmeller); Fastnachtsp.
40, 25: „wenn eins das ander nit so honet ^; bairisch
heanan (= hünen oder honen). Fromm. I, 46, haine*
(Unter Hier), Schm. gr. 555, 11, hüenen, Schm. 11, 202;
kämt, huenen, heanen, 1) sehr heftig weinen, heulen,
2) trans. wie hd. höhnen, verspotten, Lexer 145; tirol.
hüenen, vom hunde, heulen; laut weinen. Schöpf 280;
hienzisch hena^ langgedehnt weinen, wie zuweilen die
hunde heulen, Schröer in Fromm. IV, 753; cimbrisch
hfinen, heulen, schreien, wb. 194; Schwab, heinen, heulen,
weinen, Schmid 270; Schweiz, hfienen, Stalder II, 60;
alemann. haine% Schöpf a. a. o. und Schm. a. a. o. In
diesen worten sto(sen zunächst zwei formen zusammen,
und zwar höhnen und *huohinan; die einen lassen sich
besser aus der ersten ableiten (wie z. b. alem. haine"^, s.
Schmeller dazu), die andern aus der zweiten (hüenen
bajoar.); für ost&änk. heün" pafsten beide (eü == ö und
= üe vpr n). Zu honen vgl. ahd. hönon, ululare, Graff
V, 753 und den Übergang der bedeutung spotten in zor-
nig sein (vgl. Schweiz, und sonst hön = iratus, höni =
ira etc.. Fromm. III, 289 b), sowie die sonstige berührung
dieser oder ähnlicher begriffe (z. b. lat. irridere, ridere,
engl, fleer, der höhn und das weinen etc.). Uebrigens
entspringen beide formen aus einem stamme: ahd. huoh,
huah, stm., höhn, spott, Graff IV, 686, wovon huohon,
swv., spotten, ebd. IV, 687, mhd. huoch, md. hüch, hüh,
*) und zindelieren (österreichisches Schlesien; beide zu ostfränk. tschin-
na^n, s. u.).
♦♦) Lorenz, gans und kettenhund (Egerer anzeiger, no. 52, 1866): „(der
hond) . . . blfeckt d* zunga -r- dssa u" h^tt*t".
zur künde deutscher mundarten. 51
hü, gehören mit höna, höni etc. zu griech. xaxog^ lat.
cach inniis, Wack. wb. z. leseb. 142b, so dafs die oben
angedeutete analogie der begriflfe mit denen des lat. ri-
dere und irridere wieder deutlich vortritt. Durch die
Übergangsform ^huohinan entstand (wie, nach Grimms
und anderer meinung, nach-ahmen aus altem achme) huo-
-inan == hüe-nen.
Knol'n, swm., in localnamen= gipfel, kuppe (der Knoll-
berg, nordwestl. von Wildstein bei Eger, Sommers to-
pogr. V. Böhmen, elbogn. kreis s. XI). Das k scheint in
diesem und dem nächsten worte durch Verhärtung entstan-
den zu sein; vgl. ahd. hnel, stm., köpf, höchste spitze,
und hnol, stm., spitze scheitel, GrafflV, 1131, mhd. nol
in vüdelnol, s. Bcn.-Mllr. unter diesem; der zu suppo-
nierende stamm HNIL mag das sich erheben, vorstrek-
ken in kugel- oder ähnlicher runder form angedeutet
haben; dazu pafst auch Schweiz, „nolle, caverna. Oberl.
dial.^ Schmidt in Fromm. III, 439 a, da auch der hohle
räum als sich vor- und ausstreckend gedacht werden
durfte.
Knüak, stm. (Oberpfalz, Lauterbach bei Eger), hügel,
berghöhe; Schm. II, 371: knocken (II, 676: nock.).
Auch in Ortsnamen häufig: der Knocken, berg bei Stei-
nach, Helfrecht Fichtelg. 1,32; der Ziegenknock bei Neu-
deck, Sommer a. a. o. V. Petters in den mittheil, des
deutschhist. Vereines in Prag, jahrg. 7, s. 4. — Knock
durch Verhärtung des anlautenden h zu einem stamme
HNIK = emporstehen, wovon auch hd. nacken (als das
sich wölbende) kommt; vgl. indefs auch keltisch cnoc,
kleiner hügel und den artikel knocke im deutschen wb.
V, 1462 (Hildebrand) ; ital. nocca ist deutschen Ursprun-
ges. Das wort herrscht vom sÜden bis zum norden
Deutschlands, s. kämt, nock, ock, m. (n. b. während oben
noch das anlaut-h, wie in kring gegenüber sonstigem
rings u. s. w., festgehalten wird, verschwindet hier selbst
noch das festere n-), die höchste kuppe eines berges,
Lexer 198 nnd nd. nückel, hügel, höcker (knochen etc.),
Fromm. III, 561 und märkisch nuoken, felsstück, harte
52 Gradl
erdschoUe, Wöste 103. Frage: wie gehört „knochen^
hieber?
Kost, m., laubiger zweig; egerer stadtbuch v. 1460: „Vnd
dieselben pfragner vnd pfiragnerin sullen auch weder am
freytag czu abend noch am sunabend alle die weil vnd
der kost stecket ( — d. i. aasgesteckt ist — ) nit furkau-
fen^; ebd.: ,, Desgleich sei auch sust nymand anders
nichts fbrkaufen alle die weile der kost stecket^. — o
= wa, we; ahd. questa, f., perizoma, lumbare, Gra£P
IV, 680, mhd. queste, büsche, quaste, nebenformen caste
fraaendienst 296, 6, koste 252, 4. 485, 25, kost vocab.
opt. 25, 32. 33; altnord. quistr, schwed. dän. qvist, der
zweig; schwed. dän. qvast, böschel, besen; nnl. quast,
ast, knauf, knoten, pld. quest, büschel; bair. der kosten,
baumgipfel, Schm. 11,340 (Oberpfalz); fries. (helgolän-
disch) qu^st, ast vom bäume. Hoffmann v. Fallersl. in
Fromm. III, 34. (Polnisch chwost, haarbüschel, schwänz.
— Nhd. quast, quaste).
Läug'n, f. (Oberpfalz) und
G'liag'l, n. (Egerland), föfschen, dim. auch: eine quan-
tität butter; Schm. II, 447. — Lat. lagena, lagella, mit-
tellat. legula, ahd. lagella, f., Graff II, 156, mhd. lägel,
n., Ben.-Mllr. I, 929 (gl. Trevir. bei Hoffmann ahd. gl.
15. 16: „lagella lagena . fiasgun fiascones^ etc.; Diefen-
bach gl. 164: laguncula eyn lagel; Petters voc. in Fromm.
IV, 294 a: cadus lagel). Schles.: löge, f., fafs, Weinh. 54,
Fromm. VI, 137, 10; bair. l&g'l, Schm. a. a. o., österr.
Höfer n, 190, tirol. Schöpf 359; Schweiz, lageli, Tobler
290, Schmidt in Fromm. HI, 294 b; schwäb. Schmid 339;
siebenbürg, lögel, eimer, Schuler- Li bloy in Fromm. IV,
194.
L^a^ (Weseritz, Tepl), l^ama , läana' (Egerland), stm.,
1) achsnagel, vorstecknagel bei rädern, 2) in Wes., Tepl
auch: das eisen, in dessen löcher man diesen nagel steckt;
Schm. 11,474: lon-nagel. — Ahd. lun, stf., Graff II, 221,
lunä, lonä, swf.. Wackern. 186 a; mhd. lun, Ion, lan, stf.,
lune, löne, swf, Wack. a. a. o.. Inner, stm., Ben.-Mllr.
I, 1051a (gl. Schmeller: lan 1482, lanär 1419; Diefenb.
zur künde deutscher mundarten. 53
gl. 197: opex est clauus in axe ante rotam ein löne);
nhd. lönse, nnl. lens, Iudb, dän. lund-stikke, lunt-stikke,
engl, linch-pin, Grimm gr. 1% 311, Frisch I, 599; kroat.:
lyniek, tschechisch lun etc.; allgemein deutsch, s. bair.
Ion, Schm. a. a. o., österr.: lan, lann, lannagel, Höfer
II, 193. 194 und lohner (Blumauer im olymp, 1792, str.
192, 1. 7: „ein lohner mangelte dem rad^, „und schnitzte
einen lohner^), heanzisch: laut, m., Schröer in Fromm.
VI,336, ungr.-deutsch, Schröer 78, kämt. lunar, Lexerl82,
- tirol. Inner, luniger, lunnagel. Schöpf 403, cimbrisch lune-
gar, bohrer, wb. 144b; auch Schweiz, u. schwäb. s. Stalder
II, 178. Tobler 304. Schmid 361 ; koburgisch lü^ Fromm.
III, 313, henneb. lünn, lönn, Reinwald I, 98, eifiisch In-
nen, Fromm. VI, 16, westerwäld. lOn, Schmidt 104. 105;
plattd. Brem. wb. lU, 100. Schambach 127. Echterling
in Fromm. VI, 354 (lünz). — Unsere ostfr. form deutet
uuf ein zu erschliefsendes len (l^n? len?), so dafs vom
Btarken verb linnan, lan, lunnun die drei formen lene
(wenn unser lea" etc. = linä ist), lane (vergl. gl. bei
Schmeller) und lun (die häufigste form) sammt trübung
lone (löne) in der ableitung sich fanden.
Lou', f. (Oberpfalz), versteck; RA.: in d* lou' g^i"^ =
verschwinden, Schm. II, 462 (gramm. 486,27.28: „gät
mäncbas feudal hülz und strä in d' lou'^). Schmeller
vergleicht zur etymologie altnord. log, lögan, abalienatio;
sollte nicht geschlechtsmotion vorliegen und das wort zu
ahd. luog stu. stm. loch, höhle, Schlupfwinkel, Graff II, 129,
mhd. luoc, luocb, luog, ebd., Wack. 186 zu ziehen sein?
M4ind*l, m. 1) (gegend südlich von Mies) gesims am ofen;
2) (sieben berge) verbindungsröhre zwischen ofen und
küche, die oft derart grofs ist, das man auf ihr schlafen
kann. (Marafs in Klutschaks wirthschaftskal. f. 1867,
Prag, s. 63 b: „der alte grolsvater verläfst heute die bank
beim warmen ofen, das mütterchen steigt vom höU-meindl
herunter" . . .). — In Wittowa (südl. von Mies) heifst
diese verbindungsröhre bez, bäz, im Egerland und an-
derswo katzen-herd (bez, bäz = betz, Schm. I, 229.
Grimm wb. 1, 1160. Lexer 23. Stalder 1, 159. Schmid 51.
54 Gradl
»
Schleicher 37. Schöpf 39: kosename fQr schaf, bock,
Schwein); wegen maindl; ostfränk. kosename f&r katze
(neben mäuni, mau^tsch, miz u. s. w.) anderswo.
Ver-ösigung, f., entleerung, Verwüstung; egerer urk. v.
1607: „dafs heuer und ferndiges jähr in gedachten ge-
hultz . . übel gehauset worden . • und demnach die Ver-
ösigung nit ferner nachzusehen ist^. — Vgl. ahd. osjan,
swv., leeren, ausschöpfen, ausschütten, tilgen, GraffI, 151,
woraus *ösigen geworden sein mag. Noch: bajoar. isel
(=s üsel), s. bair. isel (Schm.1, 120, Salzburg, is'l. Fromm.
III, 337, tirol. isel, auskehricht, unrath, Schöpf 289.
G*nei^*n (genieten), swv., sich gütlich thun, satt machen
an etwas. — Ahd. niotön, nietön, mhd. nieten, genieten,
swv. refl. c. gen., eifrig wozu oder worin sein, sich be-
fleifsen. Üben, erfreuen, in fülle geniefsen, sich sättigen;
ironisch: genug haben, satt werden, überdrüssig aufgeben,
Wack. 21 3 ab; bair. nieten, ebd., Schm. 11, 716, österr.
Höfer II, 289, Schöpf 469, Schmid 406, Schweiz, (noch
mit gen.) Stalder I, 459, ostböhmisch genitta, sich, Pet-
ters andeut. 1 1 .
0**1 (*atel), stm., jauche, urin. — Angels. adul, n., adele,
f., urin, koth, adelsead cloaca, schwed. ko-adel, kuh-harn,
dalekarl. adla, ala, harnen, mnl. adel, sump, poel = coe-
num, nfries. (helgol.) edel, rinnstein , Fromm. 111,31,
holst, addel, Schütze I, 18, braunschw. ale, f., jauche,
Hoffmann in Fromm. Y, 49, grubenhag. adeln, mit mist-
jauche oder flüssigem koth besudeln, Schambach, westf.
aal, Strodtmann 11, niederrhein. adel, sumpf, pfuhl, ost-
preufsisch mests-ädel, jauche, Fromm. HI, 378, schlesisch
(Riesengeb.) adel, mistlache, Petters andeut. 26, Hoser
234, bajoar. äd'l, Schm. I, 26, Höfer I, 47 (atel, adel),
Castelli 38, Lexer 3, Schöpf 5; Grimm wb. 1, 177: adel,
Weigand wb. I, 20: ahl, Fulda 15: adel, pfütze. Frisch
I, 39 a. Das „noth- und hilfsbüchlein^ gibt s. 275: „mist-
gauche (ahl, adel, sode)^.
Pimp*rl, stn., dim. (Egerland), 1) die komische figur des
kindertheaters, 2) dieses marionettenspiel selber. RA.:
zur künde deutscher mundarten. 55
zou-ger vfki ban pimpala z* Laff(Lauf, Stadt bei Nürn-
berg) = drunter und drüber hergehn. Mit unserer be-
deutung ist Fromm. VI, 417, 2 zu berichtigen, wo zu
diesem sprichworte steht: „Die ui sprüngliche, jedenfalls
persönliche beziehung dieser vergleichenden redensart ist
dem jetzigen geschlechte schon unbekannt^. — Stamm
ist PIMP = mit einem (hellen oder dumpfen) getose
umhergeworfen, geschlagen werden, wovon auch pumpern,
pimpeln, pempern, pämpan etc.; die figur heifst so als
die gehudelte person der stücke".
Tr^ll*rl, stn., gewöhnl. plur. tr^Uala, etwas rundes, hän-
gendes; und
Trola , trolan, m., 1) troddel, quaste, wulst, knoten, klum-
pen, 2) fleischiges kinn (auch trol-bäat), Schm. I, 489.
Stamm TßlEL = als dickes, rundes oder fettes herab-
hängen^ davon mhd. triel, hängende lippe (Grimm wb.
II, 1408. Schm. I, 488. Lexer 70. Cimbr. wb. 179 a. Hö-
fer III, 239. Schöpf 756; auch südböhm.: driil, s. Wal-
lern, erinnerungen 1857, s. 20, sp. 3). Weitere Verwen-
dung der Stammbedeutung geben z. b. noth- und hilfs-
büchlein 131 zu köpfchen des hopfens „die häupter
(köpfe, trollen, dollen)^ und dr. Lorenz gans und ketten-
hund, egerer anzeiger 1866, no. 52: „hängt 's mistfeich
hint'n u~ foan füla trol'n u~ klunkan fa mist u^ säüa-
rai** (d. i. kothklumpen).
V.
(Naturhistorisches).
Büz'l-zapf*l, gewöhnl. plur. (Eisenstein), fruchtzapfender
tannen etc.; Petters andeutungen 37 (vgl. Grimms wb.
II, 591, 4) s. u. küse und zischken.
Dreseha , st. m., weberknecht, phalangium opilio (Eger-
land; so genannt von dem noch lang dauernden zucken
der ausgerissenen beine? oder mit mythologischer bezie-
hung auf agrarisches, vergl. die weitern namen); in der
tepler gegend: holm-schnäida, in der gegend von Mies:
56 GradI
howa-häua (haber-bauer), an der Mittelegcr : moda (mä-
her, mhd. madäre) genannt. Anderswo beifst das tbier-
chen auch babergeifs, babergeist, vgl. scbles. Hoffmann
V. Fallersl. in Fromm. IV, 176: ,,mader, babergeist, vulgo
traneus messor. Schwenckf. Tberiotr. 507", benneb.:
babergeifs, ptial. op., Reinwald II, 56.
Hoppe, 8wf., ziege; egerl. be^-1 (aucb für den bock als
kosename), Scbönbacb : bäp*rl, Scbm.11,221, bepp'mgeisz;
mbd. hatele, österr. bödel, lockruf auf ziegen, Höfer H,
216; kämt, bettla, weibl. ziege, die noch kein junges
hatte, dann eine zottige ziege überhaupt, Lexer 140; ti-
rol. bättl, hMtl, hödl, bödal, f., ziege, bock, Schöpf 248;
Schwab, hattel, hättel (junges reb), Schmid 252; Schweiz,
hatle, bateli, Stalder II, 25; märkisch bitte, Fromm. lU,
262, 63 ; mit g auslautende form : tirol. (ultneriscb) gittl,
gittele, weibl. Zicklein, Fromm. III, 331. — Zu den an-
dern dialektformen (grundbedeutung „ein springendes")
vgl.: bair. hepp'm, bepp'l, ziege, Schm. 11,221 (auch ein
dem mannbaren alter nahes mädchen, d. i. als nocb leicht-
füfsiges wesen); österr. hepping, grofse kröte. Höfer 11, 47;
kämt, happ, häpp*I, schaf, widder, Lexer 134; cimbrisch
haffa, kröte, wb. 127a; fränk. bepperlä, junge ziege.
Fromm. VI, 131, 14; nordböhm. haber liehe, Petters an-
deut. 37; scbles. happel, pferd, happerle, ziege, Weinb.
33 b; lausitz. happel, pferd, Anton VIII, 19; pld. (mark.)
und rheinfr. (bergiscb) bippe, ziege, Fromm. III, 262, 63;
mit anlautendem g: Schweiz, gibeli, bock in der kinder-
sprache, Fromm. III, 84.
Hera-gotts-pfa'^-l, st. n., dim., coccinella, kugel-, ma-
rien- oder sonnenkäfer, ein (mit mythologischer hinter-
bedeutung) vielbezeichnetes thierchen, das im Volksglau-
ben eine grofse rolle spielt („wenn man es tödtet, be-
kommen die kübe rothe milch^, Lexer 168, vgl. Grimm
mytb. 658); meist tritt es als eigen einer alten göttin
(Freyja, Herda, Holla oder Sunna), seltener eines männl.
gottes auf; als das deutsche volk christianisiert war,
giengen die göttinnen in die gestalt der Jungfrau Maria
und der alte gott in den neuen über. Andere namen
zur kuude deutscher raundarten. 57
sind z. b. (in Nemnicb I, 1086 angefQhrt): frauenkäferl
(s. auch Fromm. VI, 114, 10. Höfer I, 243. Castelli 133.
Loritza 45), frauenkühlein (Fromm, a. a. o. und III, 46 1 ;
Höfer a. a. o.; Lexer 168), unser lieben frauen kuel (engl,
ladycow, kämt, muotergotteskfiele, Lexer a. a. o.), jung-
fernkäferlein, marienkälbcben, sommerkälbchen, osterkälb-
chen, herrgottehühncben (dänisch vor herrs hone, mark,
bearguadshainken, Fromm. VI, 228), herrgottskalb, herr-
gottsküblein (franz. vache ä Dieu), herrgottsmückel, got-
tesschäf lein , gotteslämmlein (Höfer a. a. o.), sonnenkalb,
herrgottsvögelein, johannisvögelein, johanniskQhlein ; aufser
diesen bei Nemnich angeführten namen noch: kämt,
himblküele, Lexer a. a. o., heanzisch sunnawendkef*rl
(auch Schm. III, 263, ebenso), sunnwendvögelein, Fromm.
VI, 346, holl. onze lieve vrouwens beestjes, schwed. jung-
fru Maria bona, nyckelpiga (d. i. schlüsselmädchen), dän.
mariehöne, engl, ladybird (frauenvöglein), ladyfly (frauen-
fliege), franz. bete ä Dieu (gottesthier), cheval ä Dieu
(gottespferd), bete de la vierge (der Jungfrau thier); wei-
tere namen s. bei Rochholz alemann, kinderlied und kin-
derspiel 92 f. (In Eger singt die jugend: „Heragottpfä'^l,
fleigh am tüan (thurm), is dä^ vöda r u" mouda
drüa*'-m").
Heü^a'-soher'**m, swm., alsine L., serpyllum L.; Frisch
II, 473 : hühnerscherb oder serb, alsine, hühnerbifs, Hoff-
mann in Fromm. Y, 147: haunerswerbe, f.^ kraut, das
kranken vögeln um die bauer gehängt wird. Helfrecht
Fichtelgeb. hat noch: hühnerkohl, hühnerscharrig, serpyl-
lum (II, 159), vogelkraut, hühnerdarm, alsine media (H,
176), lysimachia nemorum, gelber hühnerdarm (II, 178).
Lexer 52: hüenerdärm, stellaria media.
Hiasling, stm., cyprinus dobia, capko fluviatilis; ahd.
hasila, hasela, f.^ Graff IV, 1061; mbd. hesel, rothauge,
hasel, corvus, voc. opt.. 40, 25. Ben.-Mllr. I, 640b; schle-
sisch: häfsling cyprinus dobula, der döbel ( — so auch
holstein. genannt — ), in Glatz auch häfsling, Hoffin. in
Fromm. IV, 170. Höfer II, 30: hasel.
Eälmünza', stm., Egerland, Nab: basalt, Schm. 11,292;
58 Gradl
Amberger schreibkalender f. 1865: „nahm einen kolmün-
zer von gewaltiger schwere, der just am wege lag";
HelfrechtFichtelg.1, 72: „. . findet sich der schwarzgraue,
bläulichte und grünlichte knöpf- oder kalminzerstein,
welcher schon seit 300 jähren in Steinach verarbeitet
wird .... der stein ist dicht und hart, schmelzt aber
innerhalb 6 stunden zu einer glasmasse, die man nach
belieben bilden kann** u. a. a. o. — Schmeller vergleicht
(II, 293) kulmizer, körniger grünstein und andere trapp-
arten, die „kulmen" (slaw. chlum) bilden, s. Lexer 163:
kolm, m., kegelförmige bergspitze, ostfrk. külm, külma.
Kläft, m., Mitteleger, gelbes ackerunkraut ; kämt, kläpf,
m., kleine, runde und schwarze körner (wicken), die sich
oft im getreide vorfinden, Lexer in Fromm. III, 117; ti-
rol. kläpf, m., thaler, ebd. 111,462; schles. klaffer, fistu-
laria lutea, pedicularis; crista galli, unkraut im weizen,
Hoflftnann ebd. IV, 174 (ao. 1718). Noth- und hilfsbüch-
lein s. 276: „klapperkraut (klaffen, klaap, hahnentritt)^
und s. 387: „klapperkraut (welches auch klaffer, hahnen-
kamm, bettelläuse heist)".
(Küse), swm. Egerland: kous'n, Weseritz: koust*n. Mie-
ser gegend: kousch'n, Egerstadt: koutsch'n, zapfen der
nadelbäume (s. o. büz*lzäpf*rl u. u. zischken); ich halte
das wort für eine dirainutivforra von: kuh, vgl. ostfiränk.
kous'l, Schmeller (und gr. 490, 3. -s-ableitungen bei
thiernamen häufig), kosename. Für meine ansieht spre-
chen ähnliche beziehungen beider begriffe, z. b. tirol. ku-
sen, küe, zapfen, dazu küse, küsele, zärtliche benennung
der kuh, Schöpf 354; bair. köstel, küstel, Schm. II, 340
und puselke, puselkle, puzelküh, ebd. I, 299; nordfiränk.
kü, kuh und tannenzapfen, Schleicher 68, erzgeb. küälen,
küalen, Petters andeutungen 37, dimin. zu kuh; welche
ableitungen haben dänisch kogle (fyrre-, gran-) ächten-
apfel, tannenzapfen, und schwed. kotte, tannenapfel, gran-
kotte, fichtenzapfen, bezüglich ko = kuh? Ebenso wer-
den auch andere koseformen von kuh für diese nadel-
früchte verwandt; im schwäbischen heifsen sie mockle
(bei Auerbach, vergl. dazu Schm. II, 549. Schmid 389),
zur künde deutscher mandarten. 59
henneberg. kü-mutsche, aus kuh und deren dimin. mu-
tschele, motschele (ostfränk. motscb), Fromm. 111,134,
heanziscb püsa-biaT (börnlein der p.), Scbröer in Fromm.
VI, 184 und dazu walsiscb buscbi, huschele, kalh, husch,
lockruf auf das rindvieh, Fromm. V, 486. Auch andere
tbiemamen, z. h. tirol. betsch, f., Etscbland, zapfen des
zirbelbaumes. Schöpf in Fromm. IV, 7t und dazu: betsch,
beatsch, m., männlich seh wein, ebendaselbst und bät-
ecbelein, Schmeller, vorarlbergiscb tannpätscha, tannen-
zapfen. Fromm. VI, 257, 81, hennebergisch bammel,
tannen- und fichtenzapfen , Fromm. IV, 311. Für ähn-
liche gestaltungen des pflanzenreiches werden von der
Volkssprache meistens thiernamen gewählt, vgl.: oberd.
kätzle, nd. kätsken, kettjens, wollige, lockige blüthentrau-
ben der weiden ,^ erlen, haselnüsse etc., holl. kat, katje,
katteken, engl, chat, catkin, frz. chaton; henneb. bammele,
merzehamme len.. Fromm. IV, 311; fränk. betzla ( Schäf-
chen), in Koburg dass., im Egerl. die blüthenähren der
plantagineen; oberd. lämmerchen, lämmerschwänzel; ebd.
minzel, meitzel (katze); engl, gosling (gans); dial. trene
(hd. drähne, dröhne), Schwenck 678 u. s. w. Vgl. Fromm.
IV, 117,1. Schmid308. Höfer II, 305. Berndt 86. Wein-
hold 50. Richey 114. — Andere namen für diese firucht-
zapfen (au&er obigen ostfränk.): nordböhm. greineschel,
Petters a. a. o., kämt, zorkeln, Ü&churtscbe, Lexer 266.
267, cimbrisch surtso, tschurtscho, schles. schurke, Weinh.
88 b, deutsch-ungrisch tschutschken, zusehen, Scbröer 46,
tirol. tschurtsch, f.. Schöpf 770 und Fromm. IV, 454.
Kräua-r-äügla, stn. plur.. Mieser gegend, heidelbeere,
vaccinium myrtillus. Schwenck 343: kreubeere, vielleicht
die krähenbeere; engl, crake, krähe, crakeberry die
schwarze rauschbeere; braunschweig, (hannov.): krain-
-ogen, bickbeeren, jetzt auch wol heilebeeren, heidelbee-
rem. Hoffmann in Fromm. V, 153.
(Krausbeere), f., Vilz, Nah: krausbea, Mitteltepl: kraus-
bia, Vilz, Nab, Sechsämter: kräüs*lbea, Schönbach,
Fleifsen: krös'lbea, Weseritz: kraüslazbia , Egerland:
kräslazbea, Karlsbad: kräslazbeia, Vilz, Nab, Sechsäm-
GO Gradl
ter: krausnazbea , Oberpfalz auch: brausbea', Weseritz
noch: brausmazbia = präuselbeere ( — wol richtigere
Schreibart für preiselbeere — ), Taccinium vitis Idaea L.,
Schm. II, 394. 1, 264. Petters and. 37. Helfrecht Fichtelg.
II, 140 anm.: „rothe heidelbeeren, preissels- oder krauss-
nitzbeeren'^ (und II, 159: „Johannisbeere, krausbeere, ri-
bes rubrum, alpinum"). — Abstammung des Wortes ist
unsicher; vielleicht zu kraus (wegen der krausen beschaf-
fenheit der blätter s. Schwenck 343), wornach auch die
Stachelbeere (Schwenck ebd.), Johannisbeere (Helfrechts
2. stelle), kreuzbeere (nl. kruisbezie), vgl. schwed. krusbär,
rauchbeere, rauhe Stachelbeere, benannt sind; in den zwei
letzten formen des ostfränkischen wäre dann, wie im
schriftdeutschen, p b für k eingetreten (ein in dialekten
vielfach vorkommender Wechsel). (Zum eintreten der ab-
leitung -a« (-ats) vgl. noch bräumazbia (Weseritz) gegen
allg. ostfrk. bräumabea', brombeere). Anderweitige Ver-
renkungen der Urform sind z. b. reisselbeere , spreissel-
beere, Schm. II, 394. Von anderen namen führe ich an:
schwed. lingon, dän. tyttebär, lippisch: drü£felkenstriük
(träubleinstrauch). Echterling in Fromm. VI, 58, eiflisch:
mardaune, Hoffmann in Fromm. VI, 16, nordfränk. höl-
perla (in den Sechsämtern heifsen nach Helfrecht 11, 140
die himbeeren und brombeeren so — ), Schleicher 67,
tirol. grauten gränen^glänen grangeln grangelbeere pumbl
(vgl, Schmeller: bömelein). Schöpf 207 und in Fromm.
IV, 337; Schwenck 342: granbeere, kransenizbeere, gran-
ten, krestling, griffelbeere, holperle, grandelbeere (cim-
brisch: grendelen); das noth- und hilfsbüchlein gibt:
„die rothen heidelbeeren , welche auch preusselsbeeren,
Steinbeeren, kronsbeeren, griffel-, granden- und hölperle-
beeren, auch an manchen orten mehlbeeren genannt
werden ".
Künnala, stn. plur. (!), quendel, thymus serpylluo» L.;
ahd. quenula, chonile, chonela, chonel, Graff IV, 678,
mhd. quenel, quendel, chonel, chonele, Ben.-Mllr. 1, 894 a;
(ost&änk. ü aus we). Höfer II, 181 1 kOnel, künlein, ku-
nel, saturey und II, 1 85 : künel, gundelkraut, kundelkraot.
zur künde deutscher mundarten. 61
liäuwa'-hirscb, stm. (Mitteleger), lab-hirsch (Obereger),
lucanus cervus, capreolns, fairschkäfer, feuerschröter, im
bair. walde einfach schräut (schrot, Sebm. III, 522), bair.
scbrSte' (Schröter) genannt; andere fränkische bezeich-
nungen sind: henneberg. (TuUifeld-Salzungen) büsb^rner
(hausbrenner), henneb. (alt-) bämschröter, nördl. Itzgrund:
klemmhirsch , bämreuts', koburg. stä^-worm (stein wurm).
Vergl. mark, pearre-mäner, lippisch pSr-steker (pferdste-
cher) etc.
ö'''l-bou', swm. (*atel-bube), die rattenschwanzmade
(puppe) von eristalis tenax L., der zähen schlammfliege.
Ueber o*-l s. s. 54.
RäÜ-acka, räüaräcka, stm. (Egerland, Kohling), 1) eine
polygonum-art, 2) speise aus sehr verdünnter milch, in
welche brot oder „bäch'ns knüa***!^ (gebackene mehl- und
erdäpfelspeise) gebrockt und ein kraut (^^grös^, wahr-
scheinlich diese knöterichart) geschnitten wird ; die speise
selbst ifst man zur zeit einer hungersnoth. — Vgl. öst.
riederer, m., name solcher kräuter, die Sumpfboden lie-
ben; gewöhnlich heifst so polygonum hydropiper und
persicifolium, Höfer III, 38. Ist „acker^ in der ostfrk.
form = Campus, ager? oder eine bildungssilbe (^acchar),
zu welcher früheres nomen wurde? (Vgl. V^ackernagels
hypothese, lerche, lerahha aus laiswahha und zum er-
sten theil unseres wortes: rüren, ruren, ackern, ^rure,
*rQre, geackerter bodenl. Auch morchel (älter mörahha)
möchte ich mit dieser ableitung (maus-wahha), resp. als
compositum ansetzen, den ersten theil desselben mit muor,
Sumpfboden, feuchter boden, in Verbindung bringend).
(Tauche), Egerland: taug'^n, Weseritz: tak*"n (schilf,
röhr; mhd. tüche, swm., tüchel, stm., tubus, wasserröhre,
vocab. V. 1482.
Trüschling, stm., Obereger (Hohberg), agaricus campe-
stris, Schm. n, 71 (unter egertling). Vgl. eiflisch drisch,
m. (nnl. driesch, nd. drasch), stück wildland und Schwenck
139 trüschling („weil er einer drüse ähnlich ist^), 145
von druse.
(Wibel); wiwi, rofs-w. (Weseritz), wtwla (Egerl.) scara-
62 Gradl
baeus stercorarius L. ; ahd. wipil, wibel, wibil, käfer über-
haupt, ags. vibba, wurm, vibbil, käfer, kornwurm, lith.
wabalas; dial. wiebel wibel, brauner oder schwarzer körn-
wurm; engl, weevil, nd. wevel; Petters vocab. (in Fromm.
IV, 303b) scarabaeus ein rofswüpel; gl. belg. 124: wevel;
das thier hat diesen namen von der bewegung, wibeln
wibbeln, sich schnell bewegen, wimmeln (von letzterer
form das westfälisch -westerwäldische: pä-wemmel (aus
page = pferd). Echterling in Fromm. VI, 361, p6-wöm-
mel, Schmidt 144).
(Zinngras), zr-gros (EgerL), die equisetum- arten, die
zum putzen des zinnernen geschirres gebraucht werden;
davon heifst es im schwed. skafgräs (skafva = schaben,
in der bedeutung reiben), dänisch skavgräs. Andere
deutsche namen sind: Schachtelhalm (= schaft-halm),
schaft-heu, duwock, kuhtod, kattensteert (nd. und katzen-
schwanz oberd.) u. s. w.
(Zischken), plur., Duppau: zischk*n, Oberpfalz: zÜ8ch*n,
zutsch'n, die zapfen des nadelholzes (vgl. büz'l-zäpfl und
küse), aus dem slawischen entlehnt, tschechisch äiäka,
ebend., Schm. IV, 290. Petters andeutungen s. 37; bair.
zusch'n, zutsch'n, zützen, zietzen (Nürnberg), zeischgen
(letzteres in Salzburg), tschutschken, zusehen (deutsch-
ungrisch), Schm. a. a. o., Schröer 46. Von einem andern
stamme sind die bajoarischen: zorkeln, tschurtsche (kämt.,
Lexer 266. 267), tschurtsch, f. (tirol.. Schöpf 770 und
Fromm. IV, 454), surtso, tschurtscho (cimbrisch), sowie
das schlesische schurke (Weinhold wb. 88b). Gelegen-
heitlich sei noch der nordböhmischen bezeichnung: gtei-
neschel (Petters a. a. o.) erwähnt.
VI.
(Kulturhistorisches).
Beia'-supp'm, swf. (Egerland), 1) biersuppe, 2)kindtauf8-
schmaus; die zweite bedeutung haben noch folgende
ausdrücke: gouda' mout (Oberpfalz; Schönbach; — in
zur künde deutscher mundartcn. 63
Nürnberg beifst so das mabl, das einige tage nacb der
hocbzeit abgebalten wird; e. Scbm. II, 655), stopprf
(Mitteleger) und stopfa (Egerland; Oberpfalz hat es die
bedeutung des nürnb. gouda mout, s. Sehm. III, 651),
scbmucka (an der Elster), schnura (Brambaeb), gäiwa'
(östlicbe Mitteleger), kindelbier und biersuppe (in älteren
Urkunden), s. Scbm. a< a. o., Petters and. s. 17, Scbmal-
fufs die Deutseben in Böbmen s. 95 (kindelpier ao. 1591,
biersuppe ao. 1579, „die mit auf der Biersuppe sind^.
Zu kindelpier vgl. däniseb barsei (aus barnsöl; barn =
kind, öl = bier). Von anderen dialekt. bezeicbnungen
seien nur erwäbnt: keimes (siebenb., Fromm. IV, 194);
gwer (berniseb, ebd. III, 82 b).
Driscbala, plur. (Mieser gegend), drisch*l-liagh (dr.-
-lege; Oberpfalz, Egerland), sicbala, plur. (südl. von
Mies), sicb'l-liagb (sicbel-lege; Petsebauer gegend), die
feier bei beendigung des drescbens (vgl. fioua', wäwa).
In andern gegenden Deutschlands dafür: austhochzeit,
sichellöse, drischelhenkete, stoppelgans, bahn, wodelbier
n. 6. w.
Fea~m'rl, stn. (dim.j, mädchen (Egerland), keineswegs
zum naheliegenden lat. femina zu ziehen, sondern als
^fimmerl zum stamme fim gehörigund urspr. mit obscöner
bedeutung. FIM (fimman, fam, fummun), Urbedeutung:
reiben, schnell herumfahren, sekundär: coire, als sub-
stantivstamm: a) Vulva, b) weib, mädchen; existiert dazu
eine nebenform : fei man mit der noch weiter entwickelten
bedeutung: sich schämen? s. darüber unten. Davon:
'*Dhd. fummeln, mit einer fummel, lederfeile, an etwas hin-
und herfahren, bair. femeln, fummeln, Scbm. I, 531 fg.;
osnabr. femeln, fimeln, reiben, Strodtmann 53, henneb.
fummeln durch reiben glätten. Fromm. III, 132; aus die-
ser bedeutung entsprangen weitere, wie nnl. fommelen,
engl, fumble, mit den bänden an etwas herumtasten, nd.
fummeln; eiflisch fummen, jemanden tüchtig schlagen,
JBoffinann in Fromm. VI, 14; kärnt. (ummer-) f umbin,
umherstreiten, Lexer 1Ö4, nd. fummeln, Bichey 67, Schütze
I, 339. Substantiva: nhd. fummel, lederfeile, egerland.
64 Gradl
furam'l, Vulva (fumm'ln = coire), bair. fummel, weih,
Schm. I, 532, kämt, fiimbl, fumbla, vulva, dann lüderli-
ches weib (fumb'ln coire), Lexer 104 (schles. fummeln
coire, Weinhold 24 a), egerl. fea'^m'rl (nach ähnlicher be-
griflfsmilderung aus der obscönen bedeutung abgeschwächt,
wie z. b. österr. fötzl, zunächst vulva, dann mädchen).
Zur Weiterbildung der bedeutung: reiben in: coire (fum-
meln) vgl. wüshan (in dieser zeitschr. XVII, s. 20). Den
nebenstamm feiman ergeben altnord. feima, sich schämen,
feima, f., die schämige (Jungfrau), altfries. famne, Jung-
frau, neufries. (helgoländ.) fämel, tochter, angels. faemne,
Jungfrau (entgegen dem vif, weib), altsächs. femea, frau
überhaupt; s. Weinhold die deutschen frauen im mittel-
alter s. 5, anm. 2. J. Grimm gesch. d. d. spr. 652 und
1001. Richthofen altfries. wb.726. Hofiinann vonFallersl.
in Fromm. III, 29.
F Ortung, stf. (Egerland, auch alt. spr.), die bewegliche
mitgift der egerländer mädchen, die einige tage vor der
hochzeit in der Stadt von den freundinnen der braut aus
dem hause dieser in das des bräutigams übertragen
wird, während man sie auf dem lande durch den „plun-
na-wög'n"** (auch kämma-w6g*n") überfährt. Vgl. Grimm
wb. III, 1554, Petters and. s. 3 u. s. w. Welche pracht
unsere alten Egerer bei dieser gelegenheit entwickelten,
geht aus den edikten des magistrates hervor; so heilst
es dann kurzweg in einem stadtbuche v. j. 1460: |,So
sol man ein yde fertigung slechtlich vnd verporgen
heym tragen"; in einer hochzeitordnung v. j. 1591: »Die
fertigung belangtt, soll dieselbe vor den kirchgang defs
abendes zuuor vmb drej vhr dem Breuttigam hainb ge-
furtt . . . werden " und „ soll die fertigung durch sechs
dischdiener zum maisten oomittirt vnd haimb belaitt . .
werden^*.
Floua', stf. (Egerland), festlichkeit, die gegeben wird,
wenn ausgedroschen oder auch wenn „äs-br^cht*^ (d.h.
der flachs ausgebr.) ist. Der letzte im dreschen belaßt
der flouara (^flurer); derselbe wird bei dem festessen viel
gehänselt; eine der gewöhnlichsten neckereien ist, dafs
zur künde deutscher mundarten. 65
er sich von der hausfrau mufs „klupp-m" ( — sonst für
zwängen gebraucht, vgl. kliebenj lassen ; d. h. diese fährt
ihm mit schwarzgemachten bänden übers gesiebt.
Freimarken, swv. (alt. spr.), euphemistisch für stehlen,
(Nach einer eigenthümlichen rechtsanschauung des mittel-
alters war der diebstabl von waaren aus kaufmannsläden
oder -buden, besonders an Jahrmärkten u. s. w. gegen
eine gewisse abgäbe von der polizei geduldet). Stadtbuch
V. j. 1460: „So verpewt man auch Freymarken aller
mennicliehen also daz uymant czu keiner zeit ym jar
kein freimarcken thun sol in keiner weis^. Anderswo
heifst dieses geschäftchen weiskaufen (weiskäufer), frei-
kaufen (freikäufer). Vergl. Jahn merke zum deutschen
volkstbume, Hildburgh. 1833, 125. Tieck novellenkranz
1831 fg. n, 11. Schambach 280. Anzeiger für künde der
deutschen vorzeit 1858, 109 fg. 173 fg. und 1859, 44.
Gäug'1-hen, swf., 1) (Egerland) der hahnenschlag, der
als ergötzlich keit auf ländlichen hochzeiten aufgeführt
wurde (wird?), s. Pröckl Eger und Egerland 11, 44. Eine
etwas andere rolle spielt das huhn bei den nuptialfeier-
lichkeiten des nahen Hummelländchens (s. das hennen
erreiten), worüber Storch in der gartenlaube 1858, s. 310.
— 2) (Oberangel) gemeinschaftliches frühstück der hoch-
zeiter vor dem kirchenzuge, Bank neue gesch. aus dem
Böhmerwalde s. 22.
Kamma'-wög.'^n, plunna-wög'^n, m. (Egerland), derbraut-
ausstattungswagen , der am zweiten tage des hochzeits-
festes sämtliches hausgeräthe und bettzeug ( — vgl. nhd.
plunder, habseligkeiten überhaupt und mhd. blunder,
plunder, stm., weifszeug, wasche, Wackernagel wb. zum
leseb. 41a — ) der braut in das haus des bräutigams
überföhrt; vier mit rollen und bändern behängte ochsen
ziehen das gefährte, auf welchem tauf- und firmpathen
der braut und des bräutigams über dem hochaufgesta-
pelten gute sitzen; Pröckl a. a. o. 43. 44. Schmalftifs die
Deutschen in Böhmen s. 93. Petters and. s. 3. Anderswo
im fränkischen heifst der wagen kiste-wä, scherz -wa,
Zeitschr. f. vergl. sprachf. XIX. 1. 5
61) Gradl
Stertzing in Fromm. III, 363; kärntisch der braut kästen
väles, vdllas, volles, m. (hd. felleisen, mlat. vallegia, ital.
valigia) genannt, Lexer 88. 89.
Krolas, krolaz, m., festmahl bei ein- (rück-) Segnung
der Wöchnerinnen; egerer stadtbuch v. 1352: „zu den kin-
delpetten schol man nicht bringen oder senden nach Wirt-
schaft nach krolais zu kindelbetten haben^; v. j. 1460:
^Man sol auch von keinen Kindelpett kein Gastung
Kralos ader Wirtschaft halten^ und so öfter. Im böh-
misch-fränkischen gebiete unseres dialektes existiert das
wort jetzt nicht mehr, dagegen gibt Schm. II, 108: grol-
las, grollaz, m., aus der Oberpfalz als: kiudstauf- oder
kirchgangschmaus, aus Franken in der bedentung: jähr-
licher besuch des pfarrgeistlichen in jedem hause seiner
gemeinde und kollekte dabei, in flachs, Schinken, getreide
u. 8. w. bestehend. — So wie Schmeller die populäre
erklärung mit „der groll ist aus (zu ende)^ und die bin-
deutung auf Grola (Hierönymus) abweist, mufs auch
sein versuch einer etymologie aus rollen (Urbedeutung:
brünstig sein, dann abgeschwächt) für verfehlt angesehen
werden. Der form nach ist die Schreibweise gröUes je-
denfalls unrichtig, da ältere belege ( — Schmeller gewährt
keinen — ) immer k und einfaches 1 zeigen; ich finde in
egrisch enurkunden folgende Schreibweisen: krolais (vom
jähre 1350. 1352), kroleis (1376), kralos (1460), crolas
(1591), crolafs (1596). — Die etymologie des wortes
bleibt mir noch unklar; slawisch (worauf die form deuten
könnte) ist es keinesfalls. Sollte der ausdruck eine
ironische bezeichnung sein und zuerst nur fQr das ge-
schenk an die geistlichkeit (beim rücksegnen und beim
Jahresbesuche) gegolten haben? und wäre kralos (älter
ktälosi) die reinste form? krä ist krähe, löst die lösung.
Ich erinnere an die täublein, die Maria bei ihrer rflck-
segnung opiferte. Mit krähe könnten derlei vögel und
das hausgeflügel bei der kollekte humoristischer weise
angedeutet sein. Ich gebe diesen gedanken, ohne damit
eine sichere etymologie aufstellen zu wollen.
Läi-käf, stm. (laikof, laigof in Tepl, Weseritz), 1) trink-
zur knnde dentacher mundarten. 67
geld bei abschliefsung eines handele oder geecbäfltes,
2) (Egerland) auob die Vermögens- (resp. mitgift-) Ver-
handlung vor einer bocbzeit, Scbm. I, 521 (mhd. Itt, ein
geistiges getränke, ahd. lidu, goth. leithus, vgl. Wacker-
nagels abbandl. Ober mete, hier, -wtn, Itt und lütertrank
in Haupts zeitschr. VI, 261. 280). Fastnachtsp. 67,5:
y^eo tragt nur her und schenkt flux ein und last uns bald
ein leikauf machen^; egerer stadtbuch v. 1352: „Auch
scholl kein frawo keinen leikauf geben von hochczeiten^,
V. 1460: „das man furbas von keiner hochczeit weder
prewtigam nach prawt nach nymant keynen leyt-
kauff mer geben sol^ und so öfter. Mhd. litkouf, Ben.-
MUr. 1, 867 und wtn-kouf, Zamcke zum narrenschiff 429 a;
Petters vocab. in Fromm. IV, 291a: leythauff (1. leytkauf
oder leyohauff, slawisch litkup) und 301a: leichauff;
Diefenbach gL 181: „mercipotus kykouf^ 39: „arraein
leykau^ preutgabe ader hantgab ader malschacz^ ; Halt-
ans 1257: „lewtkauf, arrha, pignus emtionis^; Frisch
I, 353b; vgl. Schm. a. a. o. Höfer II, 205. Castelli 188.
Lexer 177. Schöpf 385. Schmid 357. Petters beitr. 15
Oeink&f). Fromm. IV, 291. V, 97, 15. III, 306,
Meissner (Stnhl-m.), m., ?. Artikelbrief der egerer tuch-
macher vom j. 1520: „do soll derselb geselle, der ihm
umb arbeit get, den StuhlmeiTsner bei ihm behalten bis
man auf die Herbrig kommt; will aber derselb Gesell
in derselben Zeit auch wandern, so soll er den Stuhl-
meifsner der vier Gesellen einen geben, das er den Meifs-
ner auf die Herbrig trag und in die Büchsen leg und
ihm das zu thun bitten: wurde aber einer den Stuel-
meiisner mit Ihme hinwegtragen, so soll er auch vor ein
solchen gehalten und eingeschrieben werden ''. Vielleicht
eine meifsner mflaze als einlage.
Sich*rl, stn. (dim.) (Mieser gegend), die endfeier nach
dem schneiden des getreides; während des festessens
bringt eine magd dem hausherrn einen kränz von ähren
aller sorten, setzt ihm denselben auf und spricht dazu:
„D* winta -zeich (zeige, abtheilung der felder) u"' d* sum-
5*
68 Gradl
ma -zeich — : läu*n enk scheü^ greüfsn — tiaz sollts as
mit g'sund (gesundheit) g'n^ifs'n — sollts as mit g'sund
wida da-Ie^'m — vT uns an r6cht*n krough (krug) beia
(bier) ge^'m".
SpAl, g'spill, stn., 1) (bair. wald) die geschlechtstheile,
Schm. III, 562, vgl. mhd. spiln, im beischlafe, Wackern.
270 b. — 2) (Oberpfalz, Oberangel) die gespielin, freun-
din, Schm. III, 561; mhd. gespil, gespile, swm. swf., in
derselben bedeutung Wack. 107 b. Rank neue gesch.
a. d. Böhmer walde s. HO: „das Hooferkäthchen, das
frühere liebe gespiel derselben, . . .". — 3) (allg.) spiel.
Aeltere gewinnst- und unterhaltungsspiele geben folgende
zwei stellen aus egerer Urkunden: „auch ist pözzen
(bÖ5en, egerl. bäufs'ln, mit kleinen thonkugeln spielen)
verboten ... als das Würfelspiel; . . . auch verbieten
wir alles ander spil, es sei genant kaufmanschaft, pre-
geln, koppeln, reiten auf freigen marcht, eynraten, orten
vnd wie das spil genant sey, damit man gelt verspiln
ader vertauschen mag^ stadtbuch v. 1352 und: „auch
seczen vnfsr herren, daz kein vnser burger .... weder
mit würffein, mit bretspil, kartenspil, schachczabel, kreiz-
schiezen, kotenspil vmb keinerley gelt nicht spi-
len^ stadtb. v. 1376. Vgl. das reichhaltige kapitel über
mittelalterl. spiele in Fischarts Gargantua cap. 25, ausg.
V. 1590, s. 317 fg.
S,to**l, stm., 1) (allg.) Scheune; 2) (Mieser gegend) beim
abschneiden jeder getreideart bleiben einige halme stehen
und werden oben zusammengebunden, so dafs sie einen
holen räum bilden, der mit blumen, gras u. s. w. ange-
füllt wird; dieses ährengehäuse beifst dann „§t6^'l^ *).
W4isat, swn., sackzins der Egerländer. Egerer urk. von
1363: „vnd schol da5 weysode, da5 zu demselben mül-
zinis gehört, alle jar einnemen^; urk. von 1391: „vnd
welcher der furmunden die manschafb hat, dem suUen
die weisoden von dem hofe folgen und werden"; urk. v,
*) Danach filUt meine über sohainichen vorgebrachte vermuthuDg, nordd.
sag. 8. 489. A. K.
zur künde deutscher mundarten. 69
1443: „einen hof . . . ., dorauf die zeit N. N. siezt vnd
ü kar getreid . . . vnd weyscbad davon zinset^ ; urk. v.
1375: „mit m annschaften , mit zinis, mit zebenden, mit
Weysoden". — Ahd. wisön, c. dat., bei festlichem be-
suchanlafs (der braut bei der hochzeit) ein geschenk
bringen, mhd. wisot, weisot, wisode, wisöde, "wisät, wei-
set, stn., geschenk (abgäbe) zu festzeiten an braut, kirche,
herren; wisen, vb., Wack. wb. zum leseb. 382 b; bair.
weisen (einem), sich bei gewissen anlassen (hochzeiten
u. dgl.) mit einem geschenke einstellen, Schm. IV, 179;
Ost. weiset, n., feierliches mahl, das die eitern eines neu-
gebornen kindes zu ehren der gevattersleute geben, Höfer
III, 278; kämt, weissade, weisset, n., geschenk, welches
den Wöchnerinnen oder personen, die im bade sind, auch
einem brautpaare, gebracht wird, meist aus gebäck be-
stehend; weissade gean: einen solchen besuch machen,
weissad'n: einem derlei geben, Lexer 254; tirol. waiset,
n., der gevatterbesuch bei der Wöchnerin und damit ver-
bundenes geschenk, hochzeitsgabe, ins w. gean, kommen:
dieses w. bringen, w. -malelen (was öst. weiset). Schöpf
795; Schwab, weisset, gäbe, weissen, eine gäbe reichen,
Schmid 521; noch Diefenbach vgl. wb. I, 219.
Wäwa, stf., 1) altes weib, 2) grofsmutter, vgl. tschechisch,
polnisch, slo venisch etc. baba; mhd. habe, bisweilen bebe,
vetula, Ben.-Mllr. 1, 75 a; bair. wabm, Schm. I, 141; kämt,
wäbe, wäb'n, Lexer 247; Schweiz, baabi, Stalder I, 121;
schles. bäbe (auch napfkuchen; Fulda d. id. 24: habe,
bäbe, f., aschkuchen), Weinh. 7a; Grimm I, 1057. —
3) (Mieser gegend) die letzte garbe, die gewöhnlich sehr
grofs (gleich 3 — 4 sonstigen) gemacht wird. Anderswo
wird dieselbe mit einer thiergestalt geschmückt oder einer
puppe ähnlieh gebildet und heifst dann: die roggensau,
der halmbock, der wolf, der hahn, der hase u. s. w., engl,
harvestdame, maiden, kirndoUy, kirnbaby, deutsch korn-
mutter, grofse mutter, weizenbraut, haferbraut, der oder
die alte, die alte hure, das kornmännchen, dän. bygkjäl-
ling, fok, fukke, den gamle, polnisch baba, stary, b^n-
70 Gl«mm
kart, cel, p^pek, wendisch pucel; in deutschen dialekten:
glückskorn, stamm, muttergarbe, vergödendSl, rätschvo-
gel, hörkelmai u. s. w*
Eger in Böhmen, nov. 1868.
Heinrich Gradl.
Gustav SchSnberg, über griechische composita, in deren ersten gliedern
viele grammatiker verba erkennen. Mitau 1868. 67 s.
Die schwierigen composita, welche hier von neuem
einer eingehenden Untersuchung unterworfen werden, haben
schon zu den verschiedenartigsten erklärungen anlafs ge-
geben, die von ihren Urhebern zum theil noch immer fest-
gehalten werden. Ehe also der verf. vorliegender schrift
zur aufstellung seiner eignen erklärung übergeht, hätte er
die seitherigen erklärungen wenigstens referiren und auf
das hinweisen müssen, was etwa an ihnen nicht überzeu-
gend ist. Allein dieser mühe erklärt er sieh für enthoben
durch meine dissert. de compositis Graecis, quae a verbis
incipiunt, mit der er hinsichtlich der beurtheilung anderer
ansichten übereinstimmt, deren eigne schon im titel ange-
deutete erklärungsweise aber bei ihm keinen anklang ge-
iunden hat.
Hienach sollte man billig erwarten, dafs mir hr. Seh.
zunächst dasselbe Schicksal der Widerlegung bereitete, welches
ichnachseinerausgesprochenenmeinungandrenbereitetbabe.
Statt dessen begnügt er sich, meine arbeit ohne procefs zu ver-
urtheilen, nur weil sie den compositionsvocal nicht geleugnet
habe, und fügt dann noch einige bemerkungen gegen ein-
zelne beliebig herausgegriflPene Sätze meiner schrift hinzu,
deren erörterung hier schon deshalb unterbleiben kann,
weil sie, selbst wenn der verf. in allen recht hätte, weder
meine ansieht verändern noch die seinige stützen würden.
Ueberdies sind manche behauptungen in meiner schrift gar
nicht so aufgestellt worden, wie hr. Seh. angiebt, und be-
rechtigen auch nicht zu schlufsfolgerungen, wie er sie zieht.
(Vgl. s. 3, s. 17, wo ich seine polemik überhaupt nicht ver-
anzeigen. 71
stehe, 8. 52). Dafs sieb der verf. hinsichtlich des compo-
sitionsvocal im irrthum befindet, darauf habe ich bereits
bd. XVIII, 8. 239 gegen Rödiger hingewiesen, mit dem er
darin zusammentrifft. Hr. Seh. hätte sich den dort vorge-
brachten einwand um so eher selbst machen müssen, als er
es ausdrücklich ein groi'ses verdienst der vgl. gramm. nennt,
dafs sie den bindevocal beseitigt habe. Aus demselben
gründe, weshalb er (fe()e als verbalstamm in (pegei == *cf€-
oe-Ti ansetzt, durfte er auch (fS(js als erstes glied von (fB-
ge-nupog gelten lassen, wenn anders er diesen ausweg nicht
durch eine bemerkung abschneiden will, wie s. 47 bei den
sigmatischen compp., wo er es, sonderbar genug, für „laut-
lich unmöglich^ erklärt, das aa des aor. mit jenem ai
zusammenzubringen, mithin eine Schwächung des aa zu ot
anzunehmen.
Nachdem sich br. Seh. so seine sache leicht gemacht,
schreitet er sogleich zur aufstellung seiner eignen ansieht,
wonach in den ersten gliedern der fraglichen composita
as-stämme zu erkennen sind. Auf eine übersieht über die
as-stämme in einigen indogerm. sprachen und ein kleines
kapitel über den compositionsvocal folgt eine kurze bespre-
cliung der homer. futur- und aoristformen mit (xo, die mit
weuigen ausnahmen wie igiaceiv, xogvaaeiv u. a. auf as-
stämme zurückgeführt werden. Schon hier geht hr. Seh.
mindestens zu weit. Denn wenn auch bei manchen dieser
bildungen wie vsl'AeaaeVj r^^carra^, äxeaaai jene erklärung
nahe zu liegen scheint, bei andern sich wenigstens als laut-
lich möglich erweist, so sind doch für viele beispiele der
art ganz andre wege einzuschlagen, wie dies neuerdings
die sorgfältige und besonnen geführte Untersuchung von
A. Leskien in Curtius' Studien II, s. 67 — 124 gezeigt
hat. Wirklieh sieht auch hr. Seh. seine auffassung bald
darauf an formen wie TBkeaai-äciteigay rekBaai-yafAog schei-
tern, wo er schwankt, ob aa hier nicht doch vielleicht nur
metrischen werth habe oder ob nicht Weiterbildungen mit
ri zu erkennen seien, wie in '^kxrja-Ti'g. Auch das a vor
gewissen Suffixen in der nominalbildung wie kgva-fjiog^ anaa-
-uog u. a. soll auf s-stämme weisen.
72 Clemm
Die weiteste ausdehnung aber giebt hr. Scfa. den as*
Stämmen in der Zusammensetzung, wo er drei „erschei-
nungsformen" unterscheidet, 1) as in unverkürzter gestalt:
ysQcca'ifOQog^ uoyoa^Toxog^ aaxio-TiaXog^ 2) as mit abgefalle-
nem a : Tsga-axoTiog^ Texs-xTovog^ dvrj-cf äyog^ 3) die vollere
sufHxform aai^ mit ausgestofsenem a als «*, o/, et : xQaTai-
-Afiwg, okooi-TQOXog^ 'AQyH-cfovrrig und vollständig äy^eai-
^fAcoQog. Aber nur wenige der hier aufgeführten composita
lassen sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf as -stamme
zurückftkhren. So liegt in ägyi-xigawog^ 'AhA-voog^ nvxi-
"fxridrig^ welche der zweiten erschcinungsform zugezählt
werden, das suff. a viel näher, welches im griechischen in
einigen fällen ebenso gut zu i geschwächt werden konnte,
als dies im lateinischen regel geworden ist. Andre bil-
düngen lassen andre erklärungen zu. — Unter jene drei
rubriken nun werden auch, so gut es geht, die composita
untergebracht, deren erste glieder ich für verbalstämme
erkläre, also sub 1) (fsgia-ßiog^ hnaO'rjvcog^ sub 2) (pvyo-
'TiToksuog^ ^Ixe-^iTiov^ }.aOi'X)]öijg^ sub [i) tafieai-'xgcdg^
(pasai-fißgoTog u. s. w. Es soll demnach das ursprüngliche
Suffix asi, welches jedoch hr. Seh. schliefslich auch fQr eine
Weiterbildung von as zu halten gestattet, zu allen mögli-
chen, man möchte fast sagen, kaleidoskopischen Verände-
rungen führen: der vocal ändert seine färbe, es entsteht
aus aai ein eac^ oai; a schwindet, es entstehen die diph-
thoDge «/, €t, oi\ i schwindet, 6 bleibt, es entstehen ag^
€g^ ig^ og; a schwindet abermals, es bleiben nur a, €, <, o;
endlich schwinden auch diese noch und es bleibt — nichts
mehr. Diese „interessante mannigfaltjgkeit" wird noch in-
teressanter, wenn man bedenkt, dafs für hm. Seh. die her-
leitung des suff. asi aus dem ursuffix anti, welches selbst
wieder zu ant, an, at, zu blofsen vocalen führen und zu-
letzt ganz verschwinden kann, ein axiom ist. So lange er
aber jene urform anti selbst nicht besser nachzuweisen ver-
mag, als er es s. 44 f. versucht, wird er_ den „ärgsten
Zweiflern" vorläufig noch die berechtigung des zweifelns
zugestehen müssen.
Die ganze vom hrn. verf. angestellte erklärung der
anzeigen. 73
fraglicbeD compp. steht auf schwachen füfsen. Vor allem
giebt weder die griech. spräche noch eine andere (die lat.
nicht ausgenommen) genügenden anhält zu der annähme,
dafs die as- stamme eine solche Verbreitung gehabt hätten.
Denn die adjectivischen bildungen auf -r^g im griechischen,
an die wir doch zunächst schon der bedeutung wegen zu
denken haben, sind weder als simplicia noch als endglieder
von compp. so häufig, wie hr. Seh. glaubt. Auf letztere
aber beruft er sich grade besonders, indem er durch gegen-
überstellung von formen wie cclyeai'&vuog und &vu-aly}jg^
daxi'&vuoq und x^vtiO'daxrjg u. dgl. m. auch gleichheit der
formation zu erweisen sucht. Aber diese wird keineswegs
dadurch wahrscheinlich gemacht, sondern es zeigt sich darin
nur, wie die spräche hier wie öfter durch verschiedene
mittel das gleiche erreichen konnte. Dafs eine Voraus-
setzung so vieler bunt schillernder as- stamme hrn. Seh.
nicht zu gewagt erscheint, ist um so auffallender, als er
anderwärts sehr scrupulös ist und z. b. das fehlen gewisser
aoriststämme in einer ganz kleinen anzahl von beispielen,
die jedoch alle eine ungezwungene erklärung bieten, zum
gegenbeweis gegen meine auffassung heranzieht. — Die
lautlichen Verstümmelungen femer, die sich in den ersten
gliedern der fraglichen composita vollzogen haben sollen,
sind zwar a priori nicht unmöglich, allein sie in solchem
umfange anzunehmen, wo keine nöthigung vorliegt, ist die
äufserste willkür. Wie sollen wir uns ^k-avS^og^ (fig-aö-
nig^ ^X'^yy^^^^ Ttud'-ccvwQ u. a. aus *iXea-ccv8Qog^ *q)€Qea-
-aani^g^ *iX^a'Eyyvog^ *7i6t&BO'Ccvo)g u. s. f. entstanden den-
ken, während doch die einfachen verbalstämme so klar
vorliegen? Hiermit steht schon die eine thatsache im wider-
sprach, dafs solche bis zum völligen verschwinden des suff.
gehende Verstümmelungen grade da, wo sich in der nomi-
nal bildung wirkliche as -stamme zeigen, höchst selten vor-
kommen. Vgl. KXi-avdgog^ Kle-ag^og * ).
*) Die auffallenden beispiele Kh-yn'fiqy KU-aT(jaToq^ iCA^-«I>f /(«<?, welche
hr. Seh. s. 22 nud 35 aufführt, wo das ganze suff. vor consonantisch anlau-
tendem zweiten gliede abgefallen wäre, haben keine grofse beweiskraft. Das
erstgenannte comp, findet sich auf einer inschrift, wo 6 == «t zu fassen ist,
die beiden andern nur auf münzen bei Mion. Zudem sind die formen KXft-
-ytPfiq, KXfo-ffTQaroq besser bezeugt, s. auch KXei-&ffnq.
74 Clemm
Aber trotz aller angenommenen Veränderungen und
verstömmelungen wollen sich nicht alle composita in die
oben angeführten rubriken einreihen lassen. Daher mui's
contraction weiter helfen und zwar so, dais suff. es beim
zusammentreffen mit vocaiisch endigenden stammen mit
diesen zusammengezogen wird. Nach consonantisch endi-
genden Stämmen kann aber auch der anlautende vocal des
8u£P. asi abfallen und das übrig bleibende at (oder a) mit
dem voraufgehenden endconsonanten verschmolzen werden.
So werden erklärt einerseits bildungen wie (fdJai-'fjißQOTos^
()vai'äi(f>Qog, kvöi^novog, navü-dvapLog für *q)äieCi^, *Qve(Si'^
*Ai;£ö'£-, *7iave(Si'^ andrerseits solche wie acpö'movg, r^/^t-
xcigdiog, piifj^avx^v für ^degeüi'^ *TYiyt(Si'^ *pi7teCi'- u. s. w.
Wiederum gewährt uns so jenes fügsame suffix das Schau-
spiel höchster formfülle bis zur dürftigsten abmagerung,
man vergL nur (fiXtidi'iAoXnog und (piX-avdQog. Aber ab-
gesehen davon, dafs hier die nominalcomposition die ana-
logien nicht bietet, aus welchen hr. Scb. seine obigen drei
rubriken bildete, fügen sich auch dieser neuen Operation
nicht alle scheinbar hierher gehörigen composita. Denn
wo bleibt z. b. die contractionslänge in dvvai-eQyog? Oder
soll hier auch wie s. 37 bei kgvai'Tttokig , ravviSi-TiTBQOg
„das erste glied nur aus dem im verbum enthaltenen s-
stamm erklärt^ werden? Einen solchen anhaltspunkt bietet
aber ctvvat nicht und die vermeintlichen s-stämme kgvg und
Tavvg in EiQvC-caTo und Tavv(f'(fccg müssen, da das grie-
chische kein suff. vg kennt, anders erklärt werden. Nach
meiner auffassung der in rede stehenden composita braucht
man auch hier zu keiner unnöthlgen und unsicheren Vor-
aussetzung seine Zuflucht zu nehmen, sondern man bleibt
einfach auf dem boden der gegebenen thatsachen stehen,
wenn man sich nur erinnert, dafs gerade jene verba dvvw^
^QVüjj ravvca zu denjenigen gehören, welche auch sonst
in der tempusbildung ein kurzes v haben. Vergl. Les-
kien a. a. o. s. 119. Für TtQoömü-itaiQog = ^n^oSoBü-kTai-
qog, welches hr. Seh. hier ebenfalls aufführt, erwarten wir
doch eher die form TiQobovfS^hTavQogy da kein grund zur
annähme einer dialektischen contraction vorliegt.
anzeigen. 75
Selbst jetzt noch bleibt eine anzabl renitenter oom-
posita flbrig, die, um von as-stämmen herkommen zu kön-
nen, eine neue erklärung verlangen. Es sind dies die com-
posita, deren erste glieder auf Co und ae ausgehen. Von
diesen sollen drei, nämlich ogao'dvQri (wozu oQao'tQiacva,
OQtfO'TQuxivfjg)^ nsQfra^Ttohg (wozu vielleicht IlBQ(fS'(p6v9jj
über welches indessen hr. Seh. keine bestimmte entschei-
dnng giebt) und axegas-KOfArig durch c determinirte wur-
zeln aufweisen, die übrigen wie crgexpoSixog^ keixpo^gi^,
asico^qjvkkog sollen sich nach der analogie der im griechi-
schen vorherrschenden o -stamme gerichtet haben. Im er-
steren falle wären also nur o und s die reste jenes suff.
asi, ähnlich wie in (fiko^nrolefiogf und Hxb^x^tcov, in letz-
teren repräsentirt ao eine neue Variation desselben. Die
überwiegende analogie der nominalen composita, wo o der
gewöhnliche vocal in commissura (um hier das nomen odio-
sum compositionsvocal zu vermeiden) ist, mufs allerdings
für jene bildungen herangezogen werden; nur sieht man
keinen genügenden grund, weshalb hier hr. Seh. wiederum
trennt, was nicht zu trennen ist. Warum sollte nicht
schon in dem homer. oqao-dvQ}] die macht einer weitgrei-
fenden analogie dasselbe bewirkt haben können, wie in
dem späteren atgsipo-Sixog und den andern? Hinzu kommt,
dafs die angenommenen wurzeln o^xr, nsga, xbq(S nicht so
sicher sind, wie hr. Seh. glaubt. Denn angenommen, nagöi"
"Tiokigj welches Curtius grundz. der griech. etym.^ s. 137
mit recht nsQ-ci-noXig schreibt) hienge mit nriqva^ ferse,
zusammen, so hat doch das r in nviQva mit der s-er-
weiternng in skr. pärä-ni, goth. fairzna (denn so wollte
wohl hr. Seh. s. 53 statt parä-ni und fairz-ni schreiben)
nichts zu thun. Bei axsgaB'XOfjirjg aber macht schon Cur-
tius a. a. o. darauf aufmerksam , man könne mit gleichem
recht vde a'XBga-B-xofATig auch a-xe^-crc-xd^ui^g theilen.
Die asigmatische form äxsigB-xofiag bei Pindar (vergl.
Lobeck ad Phryn. p. 771) spricht für letztere Schreibung.
Nach meiner auffassung ^braucht man in den genannten
compositis keine besonderen bildungen anzunehmen, da
das 6 in nsgoi^^nohg nicht auffallender ist als in der
76 Clemm
3. pers sing. aor. ind. ^TteQös. Pott, WWb. I. 2 s. 922
hat die ersten coropositiousglieder in ax6()ae-x6fitjg und
TieQöe-Tiohg sogar geradezu mit den dritten sing.-personen
des aorist identificirt.
So meint hr. Seh. die anstöfse zu beseitigen, welche
seiner erklärung entgegenstehen, aber incidit in Scyllam
cupiens vitare Charybdim. Das complieierte formenschema,
welches er seiner schrift am Schlüsse beigiebt, um seine
resultate zu veranschaulichen, dient eben nicht dazu, die
Wahrscheinlichkeit derselben zu erhöhen. Ich halte des-
halb an meiner auffassung fest, wonach die ersten glieder
der fraglichen composita verbalstämme sind. „Todte cor-
pora**, wie Rödiger sagt, sind hier die verbalstämme ebenso
wenig, wie die nominalthemata, im gegentheil gewähren
sie gerade durch ihre unbestimmte form mehr von jener
ausdrucksvollen Vieldeutigkeit, welche die griechischen com-
posita auszeichnet, als die schon in festere formen gegos-
senen und durch ihre Suffixe schon an gewisse bedeutungs-
modificationen gebundenen nominalstämme (vgl. §. 70 mei-
ner diss.). Zwar versichert hr. Seh., dafs die Übersetzungs-
fähigkeit schliefslich gar nichts beweise, aber so ganz hatte
er doch die frage nach der bedeutung nicht aufser acht
lassen sollen. Die beziehung mancher ersten verbalen
compositionsglieder zu ihren zweiten nominalen findet im
gebrauch der neutra auf ag (og) und der adjectiva auf rjg
keinen genügenden anhält. Hr. Seh. ist genöthigt für seine
zahlreichen vorausgesetzten bildungen mit suff. as und
zwar in dessen ursprünglicher, wie es p. 36 heifst, nomina
agentis bildender function bald active, bald passive, bald in-
transitive bedeutung vorauszusetzen, während ich von stam-
men ausgehe, die thatsächlich gegeben sind und durchaus
in derjenigen bedeutung vorliegen, welche jene ersten com-
positionsglieder aufweisen. Dazu kommt ein weiteres. Wenn
z. b. fÄi^'ilhjr^ gemischter Hellene auf fiiysa^, dieses auf
fAiysTj fiiyevTj also zuletzt auf ein part. präs. act. zurück-
führt und nach hrn. Sch.'s wiederholt ausgesprochener an-
sieht die as- stamme im griechischen namentlich in com-
Positionen mehr als in den übrigen indogermanischen spra-
anzeigen. 77
cheu jene ursprüngliche participiale kraft gewahrt haben,
so ist die passive bedeutung doch nicht das, was wir hier
erwarten. Andrerseits ist ^ii(^y-dyxeta weder „mischende
Schlucht", wie hr. Seh. will, noch gemischte Schlucht, son-
dern würde sowohl formell als seiner deutungsfähigkeit
nach dem deutschen worte: misch -Schlucht entsprechen,
ebenso ist ß-avö - ixqiov unser: schau- bühne, d.i. bOhne
zum schauen, von wo man schaut. Zahlreiche derartige
composita mit verbalstämmen im ersten glied bieten die
deutsche und die romanischen sprachen, nur dafs in diesen
manche vom Sprachgefühl als imperativisch gefafst werden
(vergl. 8. 141 ff. meiner dissert.); sie können uns zum theil
die auflösung der griechischen verdeutlichen.
Doch lassen wir den streit. Hr. Seh. hat es versucht,
mit durchdachter benutzung des ihm dargebotenen materials
eine früher nur vorübergehend ausgesprochene ansieht wis-
senschaftlich zu begründen und dabei den Schwierigkeiten
zu begegnen, auf welche ich bei der kritik anderer ansichten
aufmerksam gemacht habe. Dafs er darin nicht glücklich
gewesen ist, benimmt seiner arbeit so wenig wie seine vor-
schnelle art, mit andern ansichten fertig zu werden, den
anspruch, für einen neuen und immerhin beachtenswerthen
erklärnngsversuch jener schwierigen composita zu gelten.
Damit aber dürfte diese frage vorläufig zu einem gewissen
abschlufs gelangt sein: nun prüfe jeder und behalte das
beste!
Giefsen. W. Clemm.
Die herkunft der Franken von Troja. Zur lösnng eines ethnographischen
Problems von dr. Joseph Wormstall. Münster 1869. 8. 2 bl.
und 62 SS.
Der verf. dieser kleinen schrift versucht in dem ersten
theile seiner arbeit (s. 1 — 24) die meinung, dafs die Fran-
ken aus westgermanischen stammen hervorgegangen seien,
zu erschüttern und aus sehr aUgemeinen gründen, aus dem
rohen und raubgierigen . character der Franken u. s. w. die
78 Fick
möglichkeit darzuthuD, dafs sie Ostgermanen gewesen sein
könnten. In dem zweiten theile unternimmt er es dann in
einer eigentümlichen weise den bericht des Aethicus von
Romulus, dem zweiten Zerstörer Trojas und seinem kriege
mit Francns und Vassus auf historische ereignisse unter
Antoninus Caracalla zu deuten, aus denen hervorgehe, dafs
die Franken damals wirklich im Osten gewohnt hätten. Zur
bestätigung einer so schwerwiegenden und allem bisherigen
entgegengesetzten annähme reichen doch wohl die vom
verf. vorgebrachten gründe kaum aus, namentlich da sie
offenbar (man vergl. namentlich p. 60) mit ansichten Ton
den ethnographischen Verhältnissen des skythischen Ostens,
von sarmatisch-germanischen Pontusvölkem u. s* w. zusam-
menhängen, die einer strengeren kritik kaum stand halten
dürften.
E. Kuhn.
spüma, idus, lacertus.
1 ) Bekanntlich statuiren viele etymologen immer noch
die möglichkeit, dafs anlautendes sp im latein aus ursprüng-
lichem sk erwachsen. Ob mit recht, bleibe hier unerör-
tert, jedenfalls greift man oft ohne noth zu dieser verzwei-
felten auskunft. So identificirt Corssen auch in der neuen
ausgäbe seines grofsen werkes noch lat. spüma f. schäum
mit ahd. scüm m. schäum. Dafs sich aber eine völlig ge-
nügende etymologie des wortes finden lasse, wenn man an
den lauten nichts ändert, glaube ich im folgenden zeigen
ZU können. Im sanskrit heifst phena m. schäum, ph^näja
schäumen. Bekanntlich weist skr. ph immer auf orspn sp,
grnndgestalt des worts ist demnach spai-na schäum, von
einem verb. spi mit einer entsprechenden bedeutung. Dafs
spaina die grundform, beweist auch das altpreüfs. spoayno
f. gischt, schäum (bei Nesselmann, vocabular), wähnad
das ksl. p^na £ schäum, pön-j^ p&i-iti schäumen verstüiii->
melten anfault zeigt Neben diiesem so eben behandeltes
spaina findet sich nun ein gleichbedeateodes 8pai*«M,
miscelle. 79
pai-ma im ahd. fei-m-(a) m. scbaum, feim, das ja auch im
neuhochdeutschen noch nicht ganz erloschen ist. Mit die-
sem feim, das wie ksl. pe-na für spaina, so für spaima
steht, ist nun lat. spüma leicht zu identiticiren. Lat. ü
ist, wie bekannt, oft aus gesteigertem i erwachsen, so in
lüd-ere, pünio und sonst. Nehmen wir somit spüma für
spoima, was nach den lateinischen lautgesetzen durchaus
gestattet ist, so sind ahd. feim und lat. spuma beide re-
flexe eines alten jedenfalls gemeinsam europäischen worts:
spai-ma schäum, neben dem ein gleichbedeutendes spai-na
in noch weiterer ausdehnung sich nachweisen läfst. Auf
das lit spum-öti schäumen , das Nesselmann aufführt , ist
kein gewicht zu legen; es ist das lat. spumare, das sich
irgendwie in ein litauisches lexikon verirrt hat.
2) Keine spräche ist so reich an Wörtern ohne alle
erkennbare grundbedeutung wie das latein. Eins der
schlimmsten dieser verblafsten und abgegriffenen rechen-
pfennige ist idu-s pl. f., womit ein tag um die mitte des
monats bezeichnet wird. Was bedeutete dieses wort nun
ursprünglich? Der alte mondmonat lief von neumond bis
za neumond, ein tag in der mitte desselben kann also nicht
wohl von etwas anderem benannt sein als von dem um
diese zeit eintretenden Vollmonde, wie denn auch im indi-
schen kalender der fünfzehnte tag des monats pürnimä f.
vollmondstag heifst; also wird idus voUmond bedeutet ha-
ben. Zwingend, ich weifs es, ist diese annähme nicht,
doch bietet sie die einzige möglichkeit, dem etymon des
worts beizukommen. Nun bedeutet indu m. im sanskrit
mond. Die bedeutung tropfen, die das wort auch hat,
lassen wir hier bei seite und kümmern uns blos um die
andere, indu bezeichnet nun nicht nur den mond als kör-
per, sondern vorwiegend die mondszeiten, mondwechsel,
mondnächte. Unter diesen mondszeiten ist der vollmond
mit begriffen; in einer bildung bezeichnet indu auch ge-
radezu den Vollmond, nämlich in indu-mati f. vollmonds-
tag, der fünfzehnte tag oder die iden des altindischen mo-
nats. Zu ergänzen ist ein wort für tag, und das wort
heifst „der mit dem indu versehene (-mati) tag^. Uebri-
so Fick, miscelle.
gens ist es auch an sich sehr natürlich, dafs ein wort für
mond besonders den ganzen, vollen mond bezeichnet habe.
Sonach bedeutete idus den vollmond, der auf die iden fiel.
Der plural erklärt sich leicht für den voUmond als die
fülle, summe, den iubegrifi' der lichtphasen des monds. Die
differenz im genus bedarf keiner weiteren erörterung; es
bleibt also nur der ausfall des nasals und die dehnung des
vocals zum ersatze dafür zu besprechen. Hierfür haben
wir nun im latein sichere beispiele, zwei mögen genügen:
taeter oder teter entspricht genau dem zend. tathra fin-
ster von tam, wie auch unserm düster, ahd. dinstar; fiemer
steht taedet es verdriefst neben skr. tandatö es verdriefst,
die niemand von einander reifsen wird. Sonach macht die
form keine Schwierigkeit; ob man die gleichung billigen
wird, hängt davon ab, ob man idus die bedeutung voU-
mond beilegen will. Einen weitern reflex von skr. indu
erkenne ich in 'EvSvfiiwVj der so durchaus und ausschliefs-
lich mondgott ist, dafs auch in seinem namen der mond
enthalten sein wird.
3) Zum lat. lacertu-s m. oberarm läfst sich ein grie-
chisches wort stellen^ das auf ein einstiges lakar- arm
schliefsen läfst. wXi'KQ-avov^ okixQ'avov heifst arm, eilen-
bogen ^ wozu man stelle: kexQ-ava* xvßwXa ellbogen bei
Hesych. Da ein suffix qavo nicht existirt, müssen wir
6A£x^-, Xexg-avO'V theilen und gewinnen in kexg- ein altes
wort, das mit lat. lacer- in lacertu-s identisch ist. Zu die-
sem Worte stellen sich noch: «Aa^, ak^* ^VX^^* !A&afiäveg
bei Hesych., lit. olek-ti-s f. ksl. laküti f. eile, altpreufs.
(vocabular) w-oalti-s eile, w-olti-s unterarm mit Vorschlag
von w; endlich lit. elk-una-s m. alk-une f. ellbogen, unter-
arm; alles zu lak, lank biegen.
Göttingen, 14. decbr. 1868. A. Fick.
Misteli, über die accentuation des griechischen. 81
üeber die accentuation des griechischen *).
(Fortsetzung von XVII, 81 bis 134 und 161 bis 194.)
V.
Weil ich über den griecbiscben accent nur insoweit
zu bandeln unternommen babe, als er auf die formenlehre
liebt zu werfen vermag, aucb niebt alle gebeimnisse zu
ergründen traebte, so z. b. über das betonungsgesetz ein-
silbiger Wörter bei der flexion nicbts neues aufzustellen
vermag, fand icb in der dritten declination blofs drei
punkte für eine näbere besprecbung geeignet: 1) die femi-
nina auf dg und d im nom. sing.; 2) proparoxytonirtes
"Bwg und ecov bei t- und t;- stammen; 3) die ausnahmen
zum betonungsgesetz der einsilbler.
1) Die feminina auf oig und d.
Die acc. i^x^ Ar^rd u. s. w. gegenüber alSd rid, wor-
auf icb bereits XVII, 94 hingedeutet, erregten schon den
alten grammatikem bedenken, deren äufserungen hierüber
Lentz p. 416 anm. zusammenstellt. Schon sie machten
treffend auf die verschiedenen nominative aufmerksam, die
keine analogie für den accus, erwarten lassen, während
dagegen andere alle accus, auf od gleicbmäfsig entweder
mit dem acut oder dem circumflex versehen wollten. So
heifst es z. b. im Schol. zu Ilias II, 262 : Jiovvaiog S* 6
0()^| q)rj(fL xaxdg aveyvoyxivai IdQlötagxov xarci top mqI"
andfisvov Tovov to fiiv aldai xal rjd^ td di aXka xat*
o^etav tdöiv^ Ilv&d u^ijtd' ^XQ^^ 7^9 ^V^^^ Ofxoiwg ave-
yvwxivai. oix bv äk fiiiKpttai tq? l^{HaTciQx<p^ ^^/ß V^V Std^
g/OQOi al Bvd'Blaij tjdg alSojg^ jititd 8k xal Tlvifd, Sicher
ist und allgemein angenommen, dafs aldd tjü eine zusam-
*) Als neues hülfsmittel benutzte ich namentlich den Herodian nach
Lentz (1867), der Herodiani scripta tria emendatiora von Lehn (1848)
überflüssig macht| so dafs ich immer nach Lentz dtire, dessen ersten band
ich meine, wenn nichts anderes beigefügt ist; auch leistete mir Kühneres
aosführl. griech. grammatik (2. aufl. 1869) wesentliche dienste.
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX, 2. 6
82 Misteli
menziebung aus 6a erfahren haben und den stamm ur-
sprünglich auf a ausgehen lassen. Streiten kann man sich
also nur über ^rjrci und genossen, wo so viel feststeht,
dafs sie hinter dem o-laute ein i eiugebüfst, welches her-
vortritt im voc. auf oZ, im nom auf qi der inschriften und
alten grammatiker ( bemerkenswerth ist folgende stelle bei
Lentz p. 418 anm.: xal kiyat 6 'HQU)öiav6g xavxriv ttjv
anoloyiav (dafs nämlich regelwidrig die vocative auf öl
einen vocal mehr besäfsen als der nom. auf oi), oti ra
aqx^^^ TCüV avTiyQcicpcüV ^v rai^ Big (o h^yovaaig ev^
i^siaig ü^ov ro i n^ogyeyQafi^ivov ;crA.), im acc. auf oiv
der Jonier und Kreter (Lentz p. 416 anm. xard tqotifjv
\lovrxrjv tov (o sig rrjv oi Sicf'&oyyov yiverai rrjp ^ancfoiv
xal rriv ^r^tolv; räv Aaxdiv auf einer kretischen inschrift
nach Kühner p. 353). Der circumflex deutet auf zusam-
menziehung und ausfall eines consonanten, wobei nun Leo
Meyer nach Benfey vergl. gramm. II, 142 i/ annimmt, Cur-
tius erläuterungen zur griech. gramm. p. 50 an ^ denkt
und sich mamentlich auf die accusativ-bildungen bei Hero-
dot Arixovv Bovxovu *Iovv Tifjiovv stützt. Sollten aber
diese formen nicht einfach dem gen. auf ovg nachgemacht
sein und durch ihr angeflicktes v ihren späten und unor-
ganischen Ursprung verrathen? Dasselbe denke ich von der
äolischen accusativendung wv^ die dem gen. auf ojg ent-
spricht, während Benfey Orient und Oqcident I, 266 eben
jenes uralte ausgefallene v hier erhalten sieht: denn gerade
bei dieser Wortklasse, die wegen ihres geringen umfanges
immer mehr als categorie dem sprachbewufstsein zu ent-
schwinden begann, konnten solche neubildungen um so
leichter eintreten; vergl. den acc. sing. evyTjqiav und epi-
sches äyt]QCüv bei Göttling lehre vom accent d. gr. spräche
p. 288. Der Zusammenhang von Aj^xd mit Latona ist
doch gar zu beredt und der ausfall von v kann selbst von
Curtius wenigstens für AnoXlo» Iloaeidd) xvxeai nicht in
abrede gestellt werden; ihn haben jedenfalls auch die com-
parativformen wie fAsi^u) = lAsi^ova erlitten; denn in die-
sen casus das thema fiei^ug-^ in den andern fxei^ov- zu
finden, in die sich das ursprüngliche (AU^org- (indog. ma-
über die accentuation des griechischen. 83
gjans) gespalten, liefse sieh zwar dureh den ausgang des
acc. plur. im altind., an In ün für das männliche, äs Is üs
fär das weibliche gesehlecht aas ursprüngl. ans ins uns
rechtfertigen. Aber überall sonst, wo das griechische einen
themawechsel zeigt, so bei Verkürzung von^ro j:a zu t; in
no'kXo' und noXv-^ in nQopo und nqav-^ in So^^av- und
doQv- u. s. w., bei den verwandtschaftswörtern auf tsq- und
TQ-j in x^Qiftvt" neben ;^ap/f£T-, in jroz- des part. perf.
neben v{<f)ia^ überall steht ein volleres neben einem, abge-
schwächten thema, mag auch die richtige Verwendung dem
griechischen abhanden gekommen sein, wie in Kvva neben
altind. ^väna, in xvvsq neben ^vdnas u. s. w. Von fiei^ov-
aber gegenüber fAti^og- läfst sich das nicht behaupten;
beide gestalten stellen vielmehr Variationen des gemeinsa-
men fÄei^ovg- dar und man sollte nach analogie der ange-
führten beispiele fisi^cov- zur seite eines iid^og- erwarten.
Im verhältnifs zum gewöhnlichen ov- aber zeigt sich ein
schwächeres thema im iq- der Superlative auf icfrog, der
comparative auf lats^og^ und im €^ der compar. auf €(Tt€-
Qog. Die gewöhnliche erklärung der gekürzten compara-
tivformen durch ausfall von v aufzugeben sehe ich somit
keinen grund; und wenn noch weibl. Substantive des go-
thischen auf on- sich mit den vorliegenden griechischen so
ergänzen, dais sie selbst den nasal, letztere das j erhalten
haben, wird Benfey's deutung der griechischen feminina
auf ci kaum mehr einem zweifei unterliegen.
2) Proparoxytonirtes ^etog und -ecov bei e- und
t;-stämmen.
Bereits XVII, 183 wurde über die betonung der atti-
sches eo) in der letzten silbe enthaltenden worte gespro-
chen, ohne dafs die einschlägigen formen dritter declina-
tion in genauere erwägung gezogen worden wären. Vom
accent aus wäre aber über betonungen wie noXecog noXecaVj
TiTjx^cjg TiTjx^tov, um diese als beispiele von l- und v- stam-
men beizubehalten, hinreichend in den früheren artikeln
gehandelt, wenn nicht daneben der gen. plur. der neutra
6*
34 Misteli
und adjective dötecov ykvx^ojv als paroxytonon erschiene
und der gen. sing, blofs €og aufwiese; denn bloi's von v*
stämmen führe ich hier beispiele an, weil von i- Stämmen
mit ausnähme etwa von äxaQi „milbe^, was zwar nach
Buttmann „ausföhrl. griech. Sprachlehre" (1830) §.51
anm. 1 bem. „ein echt griechisches wort" ist, aber keine
anderen casus zeigt, keine griechischen werter existiren,
und die fremdwörter wie aivctni. ninBQi. xivvdßagt, sämrnt-
lich e^st späteren gebrauchs, keine festen angaben zulas-
sen, „da sie einerseits eben nicht häufig und am seltensten
im plnral vorkommen, anderseits als Wörter meist auslän-
discher abkunft bei den alten selbst in mehr als einer hin-
sieht durchaus keine feste formation hatten", die wenigen
adjective aber auf i wie vrjdTi^ iSgig das i durchweg be-
halten. Aus dem eog des sing, und ia)V des plur. ergibt
sich folgende regel: Einem gen. sing, auf 6(og ent-
spricht ein gleich betonter des plur., und einem
gen. sing, auf sog ein gewöhnlich betonter auf
iwv. Jedenfalls stehen für diesen satz die adjective ein
und erweisen demnach auch für äatv den gen. sing, auf
€og als das angemessene, wenn gleich auch die bildung
äatsiag vorkommt an wenigen durch das metrum gesicher-
ten stellen und von den alten grammatikeru darüber keine
Vorschrift gegeben wird ; darivov des plur. indessen scheint
keine ausnahmen zu kennen« Mit welchem rechte Kühner
gegen diesen satz verstöfst, indem er p. 343 im paradigma
aivdnsoog^ aber (ftvanicov ansetzt, ist nicht ersichtlich, weil
belege nicht beigebracht werden und wohl auch nicht
könnten. Die eigenthümliche betonung von ew^ wobei 6
eine j -artige ausspräche annahm und eine silbe zu bilden
aufhörte, kam also blofs den männlichen und weiblichen
i- und u- Stämmen zu; woher diese beschränkung? Viel*
leicht, dafs von da auf die entstehung der lautgruppe €6i
selbst, worüber man sich streitet, einiges licht f&llt.
Dafs nämlich aw einem f]o parallel geht, gibt wohl
jedermann zu; aber ob man tj und co der verlängernden
kraft von j und ^ zuzuschreiben habe, die sie beim aus-
fallen ausübten, wie das Ebel d. zeitschr. IV, 171, Xin»287
über die accentuation des griechischen. 85
und Curtios grundz. d. gr. etym. 11^, 152 aDnehmen, denei»
neuerdings Delbrück in den von Curtius herausgegebenen
Studien z. griech. gramm. II, 193 beistimmt, läfst sich bil-
lig bezweifeln. Nach den erwähnten forschern besäfsen
die beiden halbvocale diese verlängernde kraft nach wort-
anfang und wortende hin, und nolijog wie TtoXecogy ßaai^
kijog wie ßaatkioDg wären aus derselben grundform nolajog
ßactkifog entstandene, einander beigeordnete formen.
Die verlängernde Wirkung von / und ^ nach dem wort-
ende hin bestritt schon Sonne d. zeitschr. XIII, 441 sqq.,
der folglich die lautgruppe co) immer durch Umstellung
aus j]o herleitet, im übrigen die dehnung immer dem da-
sein, nicht dem ausfall von j und j: beimifst. Aber selbst
die Verlängerung nach dem wortanfang hin will Sonne für
ßaötXiifog -Xrißa nicht gelten lassen, indem er mit Benfey
Orient und Occident I, 274 sq. wirkliche Steigerung von
Bf zu rij: statuirt; für noXrJog nimmt er sie freilich noch
in anspruch und betrachtet als grundform noX^jog, Da-
durch ist Sonne der Sprachchronologie gerechter geworden,
weil die formen mit b(o durchweg als die jüngeren er-
scheinen. Kämen letztere bildungen einem ganz anderen
dialekte zu als die auf 7;o, wäre das chronologische mo-
ment von geringerer bedeutung und könnte als zufällig
gelten. Da aber der attische dialekt, welchem diefs €a>
eigen, sich aus dem jonischen entwickelt hat, ist darauf
nicht genug gewicht zu legen. Bei der sonst so grofsen
beweglichkeit und flüssigkeit der homerischen spräche
müfsten j und j: ihre verlängernde kraft bald nach vomen,
bald nach hinten bethätigen in denselben formen, wenn
doch beide arten von Verlängerung demselben dialekte eigen
sind, während aber in Wirklichkeit nokrjog oft, nokewg nir-
gends sicher sich findet (Ilias II, 811. XXI, 567 von Bar-
nes geschrieben und von Buttmann 1. 1. gebilligt, und XI,
168 und XX, 52 handschriftlich überliefert, aber von den
herausgebern in noXiog geändert); ijog^ rja und ijag von
6i;-stämmcn häufig, ewg, eä und iäg nirgends; vrjog wieder
häufig, vecig wieder nirgends. Es wäre diefs um so un-
begreiflicher, da das att. evog für die zweite declination
86 Misteli
und somit die debnung nach dem wortende hin Homer
nicht ganz fremd ist; ich erinnere an das früher bespro-
chene IltjviXeq) und -elscag in Ilias XIV, 487 und 496, die
ähnliche formen dritter declination erwarten liefsen; andere
mit synizese zu sprechende formen mit eo) bringe ich nicht
vor, weil ich ihre existenz für Homer verwerfe (s. unt
nachtr. und bericht. zu p. 120). Bei der annähme dage-
gen, dafs aus ursprünglichem i;o durch quantitäts- Umstel-
lung attisches sm hervorgegangen sei, zeigen sich besagte
formen als Vorläufer des später allgemein üblichen. Wenn
att. proparoxytonirtem ecov von i- und u- stammen kein
homerisches tjuiv entspricht, das man nach dem bisherigen
erwarten sollte, so mag das für die ersteren zufällig sein,
weil Homer sich vor 7Ju)v der Wörter auf ev und vor vi](Sv
von vr]vg nicht scheut. Eigen steht es aber mit den u-
Stämmen, deren gen. sg. auf scog ebenfalls bei Homer keinen
auf t]og als Vorläufer aufweist, die vielmehr durchweg mit
€ declinirt werden. Buttmann erwähnt nun p. 190 anm. 4
seiner ausführl. gr. spr. (1830), dafs Phrynichus gerade
TiTJxsog und Tirjx^cov als echt attische flexion empfiehlt, die
vollkommen zu den homerischen und auch herodotischen
formen stimmen, eine angäbe, die durch die zusammenge-
zogenen formen der späteren nri^ovg und nti^MV bestätigt
wird. Erwägt man dazu, dafs blofs nrjxvg nikexvg Tigiaßvg
und der plur. von eyx^Xvg in dieser weise declinirt werden
(bei Lentz p. 428, 6 und 18 werden ausdrücklich nur
zwei, nrjxvg \mA nilBTCvg^ citirt), erscheint die vermuthung
nicht gewagt, dafs die zahlreichen Wörter auf ig — man
denke nur an die auf aig ^ig xpig — sie in ihre analogie
gezogen hätten. Zum gröfsten theil also begegnet atti-
sches BU) älterem jonischen 7;o, was ein sonderbarer zufall
wäre, wenn beide unabhängig von einander das erstere
durch vorwärts, das letztere durch rückwärts wirkende
dehnungskraft von j und j: ihren Ursprung genommen hät-
ten; die annähme der quantitätsumstellung erscheint schon
hienach geboten. Doch eine annähme darf diese Umstel-
lung, der allerdings nach den früheren auseinandersetzun-
gen in dem in rede stehenden processe nicht die exste
über die accentuation des griechischen. 87
rolle zukommt, kaum mehr genannt werden, da sie durch
die att. decl. von vavg als thatsache erwiesen wird: veoig
vediv zeigt sie deutlich gegenüber vi^sg vf^t; zudem ist die
ursprüngliche länge des a- lautes bei diesem worte so gut
bezeugt, dafs an eine verlängernde kraft des jr gar nicht
zu denken ist. Auch ininkecog, dessen wurzel nach XVII,
183 d. zeitschr. durchaus langen vocal hat, mufs auf im-
7ikf]og mit ursprünglicher vocallänge zurückgeführt werden.
Von leciüg vscig = krjog vrjog läfst sich diefs allerdings nicht
erweisen. Was aber yaia anlangt, das ich 1. 1. wegen
ävciyscov = avoDyapiov mit langem vocal angesetzt, so
wird dieser wahrscheinlich schon wegen der Vertretung
von a durch «, statt durch e oder o, den gewöhnlichen
repräsentanten eines kurzen a; dann hat der nom. gäus
des altindischen defswegen beweiskraft, weil es sich mit
diesem gäus doch nicht so verhält wie mit djäus, dem das
griechische freilich Z^vg entgegenstellt; dieses bildet im
nom. du. und plur. diväu divas, jenes gaväu gävas, und
zieht man noch die entsprechenden ^vä pvänäu ^vänas
herbei, ein stamm, der mit gav auch die bewahrung des
accentes auf der Stammsilbe in allen formen gemein hat,
so zeigen sich die genannten formen gegenüber z. b. gdve
gavi, 9Üne ^üni unzweideutig als starke; also gäv ist
starkes und gav schwaches thema. Nun hat das griechi-
sche überhaupt von abgestuften themen nur verstreute
spuren erhalten (s. oben); einen Wechsel von reflexen von
gäv und gav in einem und demselben worte können wir
daher nicht zum vornherein erwarten; sondern entweder
das eine oder andere thema setzt sich fest, wie z. b. im
part. präs. aor. fut. act. das starke, in part. perf. act. das
schwache. Eine solche trennung wurde beim vorliegenden
worte auch durch die verschiedene bedeutung „rind erde"
unterstützt und griechischem sinne angemessen ist es, wenn
er das starke thema mit unverändertem anlaut fClr den
namen der erde {yof-ia)*)^ das schwache mit umgewan-
*) Ueber Verwendung der stärksten form bei femininbildungen vergl.
Orient und Occident I, 274.
88 Misteli
deltem anlaut fär den des rindes (ßoj:) bestimmte. Da-
durch halte ich das lange a von yctfia wenigstens zu gre-
iser Wahrscheinlichkeit erhoben. Unbedenklich nahm man
seither, gestützt auf altind. jävat tävat, ursprünglich vocal-
länge von rjog tfjog = lioog Teojg an, bis Delbrück 1. 1* we-
gen der zendform javat grundformen mit kurzem a anzu-
setzen versuchte, so dai's ä und ^ des altindischen und
griechischen durch jr hervorgerufene , von einander unab-
hängige Verlängerungen darstellten. Eine solche auffas-
sung wird aber nicht vom altpers. jävä „wie lange, so
lange als^ begünstigt, das die vorgriechische länge des er-
sten vocals verbürgt (vergl. auch altpers. jätä „während^).
Zwar führt Spiegel „die altpers. keilinschr.^ p. 214 s. v.
altbaktr. jävat an, was aber ein versehen sein mufs, da
von der form mit langem vocal weder Justi im Wörterbuch
noch Spiegel selbst in der altbaktr. gramm. p. 1 96 etwas
weifs. Also in vöcf- tiXt]- rijfog rjjrog sicher und in yä^
wahrscheinlich ist der erste vocal ursprünglich und
vorgriechisch lang, kann somit nicht erst auf griechi-
schem boden dem folgenden halbvocal seine länge verdan-
ken; in diesen fällen mufs b<ü der quantitätsumstellung zu-
geschrieben und die dehnungskraft von j und j: nach dem
wortende hin verneint werden.
Dadurch halte ich mich mit Sonne für berechtigt,
auch noX^uig tioIbojv^ ni^x^uig nrjx^wv^ wenn letztere nicht
blofs den ersteren nachgemacht sind, aus -riog und -7701^
herzuleiten; gehe aber noch weiter*) und erkläre auch in
'Viog und ^rifav das ri für ursprünglich, wie das Sonne
selbst mit denselben ausgängen der Wörter auf evg gethan
hat und für vriog vrjwv das jedermann thun mufs — eben
aus dem oben erwähnten umstände, dafs die ihnen entspre-
chenden attischen formen auf ^ecug -ecov blofs den beiden
persönlichen geschlechtern zukommen. Wäre rj rein me-
chanische Verlängerung, erzeugt durch den folgenden halb-
vocal bei dessen ausfall oder dessen dasein, müfsten nicht .
die halbvocale ihre verlängernde kraft auch bei adjectiven
*) Ebenso auch Orient und Occident I, 276.
über die accentuation des griechischen. 89
und neutris bewähren nnd auch diesen scug tuiv des gen.
OS älteres 970g rioav zukommen? Es scheint also fast, als
läge hier dynamische, nicht mechanische Verände-
rung vor, als sollten die beiden persöDlichen geschlechter
durch die zweite Steigerung von den neutris und adjecti-
▼en, die sich mit der ersten begnügten, unterschieden wer-
den. Es fände diefs zum theil einen Stützpunkt im altin-
dischen, das gleichfalls den neutris die Steigerung vorent-
hält und die Stammerweiterung durch n eintreten läfst, im
masc. der adjective freilich keine abweichung von den
Substantiven zeigt. Nach anderer seite aber treibt es die
Unterscheidung noch weiter als das griechische nach mei-
ner muthmafsung, indem es das weibliche geschlecht in
mehreren casus mit volleren endungen ausstattet. Aus-
nahmen, die den neutris und adjectiven die form mit emg
im gen. sing, gestatten, oder auf älteres Vij rij: führen, sind
höchst vereinzelt: neben oben erwähntem äatscog erwähnt
Kühner p. 345 anm. 9 das erst bei späteren auftauchende
idog der adj., p. 347 anm. 3 die neutralform ela = iy:a\
endlich bietet Homer if]og von kvg oder i]vg. Sollte diese
erscheinung auch anders gedeutet werden, so viel ist klar,
dafs sich mechanische Verlängerungen nicht um geschlech-
ter und Wortarten kümmern.
Zu einer falschen auffassung des jon. 7;o riia = att.
€0;, wenn man in ihnen nicht zweite Steigerung erkennen
will, scheint auch das streben geführt zu haben, das grie-
chische in möglichste Übereinstimmung mit dem altindi-
schen zu bringen, das in seinen i- und u- stammen blofses
guna zeigt. Aber warum sollte in dem grade der Stei-
gerung eine gröfsere harmonie herrschen als in der Ver-
wendung derselben, zumal höchst wahrscheinlich die zweite
Steigerung gar nicht der arischen periode angehört? Wenn
man noXrija noXrijag bildete, casus, in denen das altindi-
sche überhaupt nicht steigert, warum nicht zweite Steige-
rung? So dünkt es mich einfacher, die fem. -formen der
adj. auf üa sss Sjria durch guna als durch eingeschobenes
€ zu erklären, wie auch Curtius selbst, der letzteres vor-
zieht, in seinen erläut. zur griech. gramm. p. 71 nleioov
90 Misteli
aus 7ioXsf-i(av herleitet und doch wohl hier 6^ als guna
betrachtet, da eher ohne bindevocal noX/r-icdv sich zu ttoA-
lioDi/ oder novXiiav gestaltet hätte; vor dem comparatiy-
suffix zeigt aber das altindische nie Steigerung*); ander-
seits dürften für diesen einschub von £ kaum schlagende
analogien beigebracht werden. Uebrigens binden sich auch
andere sprachen nicht so streng an das orientalische mu-
ster, wie z. b. das gothische sunive = ar. sunaväm altin-
discbem sundnüm entgegenstellt. Das zend erhebt in den
genet. sing, auf öis das stammhafte i wahrscheinlich zur
höchsten stufe; wenigstens sagt Spiegel altbaktr. gramm.
p. 28, er glaube nicht, dafs das betreffende zeichen anders
als öi zu lesen sei ; äis freilich in urupäis raopäis, von We-
stergaard aus handschriftl. urupis raopis hergestellt, ist
nicht sicher; doch stimmt es zu den genetivformen auf äis
(neben ais) der keilinschriften wie kaispäis, was indessen
Spiegel keilinschr. p. 140 als vollere Schreibung erklärt.
Um so unbestreitbarer ist aber altind. säkhäjam sakhäjäu
sakhäjas von sakhi „freund", das zu höchst gesteigertem
nolrijoq -hjjc -rija -rijeg -}]jc(g stimmt, nur freilich unter
den i- Stämmen so vereinzelt steht, wie im griechischen
unter den v- stammen nr^y^Boag nEXiKBlüg u. s. w. des atti-
schen und 7iQeaß7]eg des epischen dialektes (Hesiod's Schild.
245: ävä(jeg d' ot TiQtaßrjsg 'dcfav, 7VQ^ ^* kfAefAaQnrOj also
von ngiaßvg, nicht TiQBaßrjeg von Ttgaaßevg). Geläufig da-
gegen ist zweite Steigerung für u-stämme wieder dem zend,
dessen gewöhnlicher genet.-ausgang eus dieselbe unzweifel-
haft macht, weil e überall ein langes a vertritt (cf. Spiegel
altbaktr. gramm. p. 25), während der ausgang aus weniger
als beweis taugt, da überhaupt im zend aos und aus oft
ohne ersichtlichen grund wechseln. Sehr deutlich aber
wieder die von Spiegel L 1. p. 142 anm. 4 verzeichneten
formen: pere9äum von perepu „rippe**, napäura und napävo
von napu „leichenunreinigkeit", danhävo von danhu „ge-
gen d ", mit denen att. mfixsung u. s. w. = Jon. *7ii]xv^og
*) Fälle wie varijän, prathijan, mradljän u. s. w. von urü, pfthü, nifdü
sind natürlich anders beschaffen.
über die accentuation des griechischen. 91
u. 8. w. harmoniren würden. Auf mehreres angefahrte hat
übrigens bereits Benfey Or. und Occid. I, 274 sq. hinge-
wiesen. Unentschieden mufs ich lassen, ob der dat. sing.
auf et erste Steigerung enthält, oder aus noXrji nach früher
erwähnten analogien gekürzt ist.
Auffallen könnte schliefslich noch, dafs in den att. for-
men ecog iäy emv iäg der Wörter auf €t;^, die nun ebenfalls
als jonisehem ijog u. s. w. entsprungen anzusehen sind, der
accent nicht auch auf der dritten silbe vom ende ruht wie
in Ttolswg und dergl.; aber offenbar kann doch in den
attischen lautgruppen kein grund liegen, den acut vom
ende wegzuziehen, sondern er erhielt sich auf der silbe sj:
= 6v, die ihn der Wortbildung gemäfs tragen mufste, wie
in den übrigen casus. In nohg aber veranlafste die äufsere
analogie der durchweg zu betonenden Stammsilbe und die
flüchtige ausspräche von s die Zurückziehung des acutes
in den attischen formen. Letzteres mufs man auch für
die Wörter auf ev annehmen, da das j- artige e nur zu-
fällig wegen der oxytonirten ableitungssilbe nicht auch
im accent augenfällig werden kann. So erblicke ich in
diesem ioDg iwv das genaue abbild des altindiscben svarita,
indem der acut auf ein fast zum halbvocal gekürztes e
sich beschränkt und der mittelton um so behaglicher auf
dem folgenden langen vocal sich ausdehnt; und um die
gleichheit auch in der schrift darzustellen, brauchte man
nur noch ßaöiXjo^g zu schreiben wie nadjäs nom. plur.
^flüsse^, deren analogie noch dadurch verstärkt wird, dafs
in beiden fallen der zwitter von vocal und halbvocal aus
einem langen, dort 77, hier i, entstanden ist. Dadurch wird
die schon XVII, 100 sq. versuchte parallele zwischen dem
griechischen circumflex und demjenigen svarita, der auf
einem durch zusammenziehung langen vocal ruht, auch
für den fall vervollständigt, wo der erste theil der svari-
tirten silbe halbvocalische natur annimmt.
3) Die ausnahmen zum betonungsgesetz der
einsilbler.
Als ausnahmen werden bei Lentz p. 426, 26 angeführt :
92 Misteli
Tgaisg TgcicDV^ dficSag S^naoav^ ß'ätq &ci(aVj natSsg 7tai8mVj
Ttdvteg 7tdvt(ov (aber auch Ttäai)^ d^Ssg 8(fSwv^ Xä^g Xcmv^
xQüiteg xgcctcov, aesg aicjv (aber arjrog arjrdiv)^ rlveg rlvmv^
qxpdeg qxpdoav und p. 429 9 6 (fcSra qxuteov (aber (pöSrtg
cpcoTuiv) und (ora wtcov] wie der gen. plur. wird bei die»
sen Wörtern auch der gen. dat. du. betont nach p. 4219 30.
Nun bemerkten schon die alten grammatiker, daTs der nr-
8pr Angliche zweisilbige stamm, der bei der mebrzabl sich
nachweisen läfst, im Zusammenhang mit der auf£llligen be-
tonung stehe, wie es ja bei Homer noch nofig heifst, wäh-
rend die anderen formen immer zusammengezogen erschei-
nen*) und erst von späteren dichtem aufgelöst werden (c£
lat. puero = povero wie z. b. fluerem s=s floverem) ; ebenso
daj:ig neben daito =± dctfjca diSrifa SBÖavfAivog u* s. w. ; auf
Xdazg weist der nom. sing. Xäcc-g^ während die anderen
formen Homer wie bei nciig nur contrahirt bietet. Cap-
tins erläut. zur griech. gramm. p. 66 und grundz. d. griech«
etym. 11^ p. 130, U^ p. 486 hält in Xäag das zweite u
„eingedrungen zur leichteren bildung des nom. und aco.
sing., da der stamm ursprünglich Xäf lautete, wovon Aet/-
•Biv^. Das ursprüngliche erste a ist, beiläufig gesagt,
noch erhalten in lautumiae = kärofiia aus kaftof^iay die
sich zu einander verhalten wie avTiAiq zu dtfiog. Sollte
nun wirklich dasselbe a in kapag (männl.) eingeschoben
sein, dessen sich die spräche in ovg = qfat entledigte?
Warum nicht lieber Xavg wie vavg^ wenn doch der stamm
Xof wie vö/r? Mit Leo Meyer vergl. gramm. II, 136 halte
ich am stamme Xajra fest, der weder der Zusammenstel-
lung mit altind. grävan- widersteht, falls sie begründet sein
sollte, noch der ableitung von X^mtv, XsvatiJQ u. s. w., nur
dafs sie von dem aus XaAa zusammengezogenen Xav (Xt^v)
herkämen, wie Xiv als erstes und letztes glied von com»
Positionen = Ai?i; = A?;^o „volk" nach XVII, 186 dieser
zeitschr., was nicht am wenigsten für den stamm Xajra
spricht. Endlich steht bei Lentz p. 427, 7 : hi Xäeg Xd(ov.
*) Doch Odyssee XXTV, 192: 'OXßit Aukfjiao nai noXvfitixav
über die accentofttion des griechischen. 93
t6 yaQ ivtekkg äno rov kaag käaeg Xadfov nctXiv TQiövk-
kaßov. Der zweisilbige stamm für xgdriav ist ersichtlich
aus dem homer. Tcgdav-j freilich neatrum, während spätere
das wort männlich behandelten. Die länge in xgce/rat'
scheint von einer amstellung aus ^xagfar^ herzurühren,
um die silbenlänge beizubehalten, und eine solche form
anzusetzen erlaubt xoQv^a „schnupfen^ (gravedo capitis)
sss xoQvS'-ja a=s xoQjrat-ja ^ dessen ä aus r man mit ovo^
fAcc^ta = ovofiaSjü) von ovofiav' vergleichen mag. Uebri-
gens findet sich noch ein drittes thema xaQrjT-j dessen re-
flex ich im altind. ^iras ss ^irans wiederfinde. Der vollere
stamm zeigt sich im plur. nom. acc. voc. ^iräsi «s ^iranti
wie väs- des part. perf. act. = vant; die wurzel aber ist
geschwächt wie in pitdr- neben TiccTiQ-*), Für ein vier-
tes und üQnftes: xaQrjat^ und xagt^V'- wüfste ich keine ana-
logien. (fipösg :=: (pvotdsg; cüva = ofara; (fwg homer.
(pctog^ zerdehnt q)6a)g == (poog als halbcontraction, altind.
bhäs f. ved. bhaas nach Kuhn in den beitr. IV, 182. Zwar
ist auch q^'ior- „mann^ sehr wahrscheinlich nach Leo Meyer
vergl. gramm. II, 227 aus qpqfor- zusammengezogen und
entspricht dem altind. anredepronomen bhävant-, eigentlich
„ glanzbegabt ^, weswegen der nom. sing, bhivän bildet.
Doch scheint der Ursprung dem griech. bewufstsein längst
entschwunden zu sein, da das wort schon im altindischen
den voc. bhös bildet, der als interjection bhö sein s noch
einbüfst, wie umgekehrt diejenigen Wörter, deren entste-
hung aus der vollen form noch deutlich vorlag, keine ab-
weichung in der betonung eintreten lassen: ^o rjgog ^(>e,
indem die offenen formen von tjg nicht einmal der ge-
wöhnlichen prosa abhanden gekommen sind. Nach dem
allem läfst sich wohl auch von Tgdg ß-dg djiAoig annehmen,
dafs sie eigentlich zweisilbig sind und als letzten bestand-
tbeil etwa das suffix vant enthalten, dessen a-laut mit
einem vorhergehenden nach ausfall von v ähnlich ver-
schmolz, wie lat. ösus = ovonsus b» a-väns-as. Wegen
*) Zend. 9aranh-, wovon der loc. 9araha ss 9^a:su, wie es auch den
stamm patar- mehrmals nngesohwächt erscheinen l&fst.
U4 Mistel!
aeeg aecop ,,motten^ gestehe ich meine Unwissenheit auch
ein, weil Leo Meyer's kühne vermuthung vergl. gramm.
II, 100 und 108 doch nicht aus der Verlegenheit hilft.
Tivwv verdankt seinen accent jedenfalls denii gegensatz zum
indefinit rivcHv, Die begründung der griech. grammatiker,
der genet. des ersten dürfe nicht mit Tgcpiov von T()q)aiy
des zweiten nicht mit &(iO(ov von &oüai „strafe", de6 drit-
ten nicht mit djuipcop von dfiwal verwechselt werden, kann
auf keine Wahrscheinlichkeit anspruch machen. Ganz un-
verständlich sind mir auch die attischen betonungen ;^eAfor-
öcuv und fivQiadüiv für gewöhnliches -aJoir, womit jonische
Schreibweisen auf ^aSiwv stimmen (Göttling accentlehre
p. 270; Lentz I p. 428, 8; K, W. Krüger griech. sprachl.
th. II heft 1, p. 39 a. 9). Wäre aber der zweisilbige stamm
der einzige grund der paroxytonirung, müfste man auch
im sing, naidog naidi erwarten ; folglich sind auch die en-
dungen mitbetheiligt. Zwar bestehen nun (av des genetiv
plur. und oiv des gen. dat. du. aus längen, og und i des
sing, aus kürzen; wie aber die länge an sich die in rede
stehende betonung hervorbringen sollte, ist nicht abzuse-
hen. Näher auf die spur scheint folgendes zu führen: oiv
zerlegt sich in das erweiternde o und in Iv = bhjäm,
dessen länge Homer noch hie und da bewahrt hat; s.XVII,
130. Wie es nun mit diesem o beschaffen sein mag,
man lasse es vor der band unter dem namen „stammer-
weiterung^ passiren. Im gen. dat. du. also erscheinen jene
Stämme nicht blofs als ein- resp. zwei-, sondern als zwei*
{naiöo') resp. dreisilbig {nafido-); nafido- mufste somit
den acut auf der ersten silbe erhalten. Streng bildet dann
schon z. b. onoAv = väg-bhjäm eine ausnähme, schon
diefs hat die grenze eines einsilbigen Stammes überschrit-
ten, wird aber dennoch auf der endsilbe betont, weil das
0, nur in dieser form beigegeben, mehr als bestandtheil
der endung, denn als Stammerweiterung erschien. Eine
grenze mufste nun aber doch gezogen werden, sollte sich
der unterschied von einsilbigen und mehrsilbigen stammen
nicht verwischen, und sie wurde gezogen eben dadurch,
dafs man den durchweg eigentlich zweisilbigen stammen
aber die accentiiation des griechischen. 95
gleichsam die begünstigiing, im gen. dat. du. als einsilbige
za gelten und o ganz auf rechnung der endnng zu setzen,
entzog und durch die betonung entschieden fär den zwei-
silbigen stamm sich erklärte. Von streng logischem ver-
fidiren ist also auch hier so wenig als bei den enklitischen
Wörtern die rede (s. XVII, 108 d. zeitschr.). Läfst sich
diese dentung auch auf den gen. plur. übertragen, wo ein
solches o natürlich im folgenden a aufgehen mufste, wäre
der rathselhafte accent dieser casus klar gemacht. Für
den gen. plur. zweiter decl. habe ich bereits nachgewie-
sen, daCs die urform Xoyoav durch unmittelbare verschmel-
zong der beiden vocale zu koytav geworden ist; ähnlich
.wäre eine postulirte form naiSooav zu siaiSav geworden
and der accent nicht auf die letzte silbe gesunken, sowohl
weil o und co gleich in einander verflossen und ihm keine
zeit sich, zu senken gestatteten, als weil das gefähl der
zwei- resp. dreisilbigkeit des Stammes wenigstens anfang-
lich Yorwaltete bei bildnng und betonung der form. Man
kann dieselbe dadurch stützen, dais auch im abi. sing. d. h.
im adverb die dritte decl. noch ein o an den stamm an-
schlofs, worauf z. b. x^giivrag wie von jr^ouvro-j dori-
sches narrcig = navxo-wg von navx- verglichen mit aA-
Xwg = allowg von älko (s. XVII, 127) oflfenbar fährt.
Dagegen getraue ich mir nicht recht, neujonische genetiv-
formen auf itav der zweiten und dritten wie rovriav =s
rovTufVj airiav s=b aintar^ avS(}iwv, firivi(av (worüber Küh-
neres ausf. griech. gr. I^ p. 311, 325, 355) als direkten be-
weis für formen auf owv herbeizuziehen, die blofs bei Hip-
pokrates und den späteren vorkommen, aber bei Herodot
fast überall kritisch unsicher sind, wenn gleich man schon
-in Hesiod's theogonie 235 liest: ovvexa vrjfABQTi^g re xal
ijmog^ avdi ^efnariaiv Itj&irai, freilich mit den Varianten
^efiianav ^s^iatatov; indessen lege ich auf letzteres auch
de&wegen kein grofses gewicht, weil ich mit Leo Meyer
an die synizese bei den älteren epischen dichtem nicht
^aube (vergl. nachtr. und bericht zu p. 120). Wer wollte
femer einen Übergang von o(o in €» nachweisen aufser
höchstens durch ngoff^oviag Homer's =: nqoffQovocag =s
9G Misteli
ngocpQovaiQ von TigocfQcov ^ das aber ebenso gut auf ein
sonst nicht vorkommendes Ttgoq^QOvrjg bezogen werden kann.
Eine Übertragung der ersten declination, wo tovtbcov avräav
= TOVTi](av avTTJoav allerdings berechtigung haben, ist
höchst wahrscheinlich; schufen ja die abschreiber auch
monstrositäten wie rovriov^ airiq) u. s. w., würdige Seiten»
stücke zu eicog und ooi; Homers! Ob aber fälle wie x^"
gmv yvvai'Ak(MiV nur als gelehrte Schrullen gelten müssen,
bezweifle ich, weil diese worte ursprünglich wirklich der
ersten declination angehörten nach XVII p. 112 d. zeitscbr.
und kaum zufällig begegnen uns dieselben worte mit dem
gen. ttlyäv yvvatxäv^ worüber näheres bei Ahrens de dial.
dor. 228 sq., Göttling accentl. p. 270 und Kühner a. a. o.
Dorisch betonte und schrieb man auch x^QitäVj jedenfalls
ein gekürztes part. präs. nach art der XVII p. 170 d.zeitschr.
aufgezählten = *haritjä, mit im äv des gen. plur. bewahr-
ter femininendung; über die mythologische seile lasse ich
Sonne reden an verschiedenen stellen im X. bände d. zeitschr.
Letztere aus der ersten declination herübergekommenen
Stämme unterstützten die Übertragung von icav und ov,
so dafs man selbst xvväv x^riQav wagte. -^ Aus diesen be-
rechtigten oder unberechtigten eigenheiten des neueren jo*
nismus gewinnen wir also nichts für unsere hypothese;
aber thatsächlich wird sie bestätigt durch metrische mes-
sungen, wie sie Kuhn beitr. IV, 180 sqq. aus den veden
nachweist, wo glücklicherweise es gerade die endung am
des gen. plur. ist, die sehr häufig als aäm gelesen oder
scheinbar aufgelöst werden mufs. Als beispiel eines ooft-
sonautischen Stammes steht dort marütaam ss marüt&m
aufgeführt, die sich so zu einander verhalten wie naiöomv
zu Tiaiöcov, Freilich betonten die Dorier naiSoSv sss gtcc^
Socov (s. Göttling p. 246, Lentz p. 9, anm. zu L. 2: to
yccQ ndvToav xal naiSoov TtavxQv xai naiSwv kiyovai negi^
cncopiivajg)^ wie dXlaig =s dkkowg im gegensatz zum ge-
wöhnlichen ällcDg^ nicht als einsilbig, sondern weil sie
die beiden vocale nicht wie die übrigen volksstämme ao*-
fort in einander verschmelzen liefsen, wodurch sie eben
gröfsere ursprünglichkeit und energie bekunden. Das ve-
über die accentuation des griechischen. 97
dische aam auch consonantischer stamme ist aber defswe-
gen für mein naidocov so bedeutsam, weil auch ät des
ablativs sich auflöst z. b. düraat „aus der ferne^, natür-
lich hier blols von a- stammen, so dafs die gleicbung an-
gesetzt werden kann : aam : ocov = aat : ocog. Das zend,
das den abl. sing, bei allen stammen bilden kann, hätte
aat auch von consonantischen erhalten und dadurch die
beim altindischen fühlbare lücke ergänzen können; allein
aufser dem schon früher citirten äat ,, hierauf, dann^ =
yed. it fahrt Spiegel altbaktr. gramm. p. 122 von Substan-
tiven blofs an: maäjäat von maSja- „mensch '^ und daeväat
von daeva- „gott'^; andere sehe man bei Justi nach „handb.
d. zendspr.'^ p. 387 sqq. Unter den consonan tisch enden-
den themen stehen a^näat bei azan- „tag^, khäafnäat bei
khäapan- „nacht'', apäat bei ap „wasser'' und zemäat bei
zem „erde''. Wenn man aber bedenkt, dais jene vedischen
auflösungen in aa ziemlich häufig sind, für den gen. plur.
insbesondere, dafs sie ferner gerade die älteren lieder oha-
rakterisiren , und in eine zeit fallen, die von erleichterung
der consonantischen declination durch anfügung eines a
nichts weifs, die vier letzten zendformen aber gegenüber
der regelrechten endung consonantischer decl. at sich ver-
einzelt ausnehmen, das zend überhaupt schon bedenklich
consonantische themen in die a-form überzuführen beginnt:
können wir sie als belege für eine arische ablativendung
aat auch consonantischer themen nicht gelten lassen, son-
dern müssen sie umgekehrt als ziemlich junge gebilde er-
klären. So bezieht auch Spiegel altbaktr. gramm. p. 169 sq.
§• 148 diese ablative auf a-, nicht auf consonantische
themen *). Mag daher auch der griech. ablativ dritter
decl. auf wg nicht in die arischen zeiten hinaufreichen,
obschon diefs ebenfalls nicht erwiesen werden kann, um
so fester steht für sie die endung des gen. plur. auf ocoy.
*) p. 170 unten müssen die worte „oder a^na (aus azan zusammen-
gezogen) wie ich annehme ** auffallen. Im gegentheil mufs man eine er-
weitemng durch a annehmen, worauf das mittlere ausfiel: az(a)na. Ebenso
wird im altindischen derselbe stamm ahan- am ende von compositen zu ahna
= ab(a)na, z. b. madhjähna- „mittag*. *
Zeitschr. f. rgl. sprachf. XIX. 2. 7
98 Misteli
die ich auf sämmtliche Wörter dritter decl. ausdehne; es
hat diese endung deutliche spuren in der betonung von
naiScov covoip u. s. w. zurückgelassen; sie läfst sich als
aam der veden in allen gattungen von themen nachweisen
(Kuhn a.a.O. p. 180); sie ist, gewifs nicht zufällig, der
Qberrest gerade derjenigeu sog. auflösung der veden, die
sich am sichersten nachweisen läfst und am häufigsten fin-
det (ibid. und p. 201). Also auch otimv sb onotav bildet
bereits eine ausnähme zum gesetze der einsilbler wie onolif^
wird aber wie dieses mit dem circumflex versehen. Es
mufs nicht auffallen, wenn zwar düraat mit der. aXkäg as
aXkowg, NaMaam mit onäv = onotav^ jedoch nicht vag-
bhjdm mit onolv stimmt; denn man mufs nicht unbeachtet
lassen, dafs auch bei den a-stämmen in denselben und ver-
wandten casus von solchen sogenannten auflösungen ent-
weder gar nichts wie im dat. abl. plur. du. m. und f., im
instr. plur. f., oder wenig sicheres wie im instr. plur. m.*)
(blofe aibhis nach p. 189) sich auffinden liefs; so müssen
wir uns über das ausbleiben der consonantischen nicht so
sehr verwundern. Dann liegt auch kein zwingender grund
vor, in diesem punkte eine ganz ins einzelne gehende über»
einstimmung der beiden sprachen zu fordern. — Uebrigens
läfst sich nach Kuhn bei diesen formen mit aa über die
Quantität des letzten vocals nichts ausmachen, während
dem der erste in der regel kurz sei; als ausnähme wird
gaväam mit kurzer endsilbe angefahrt a. a. o. p. 180. Zwei
gleiche aufeinander folgende a scheint die arische eprache
wenigstens insofern gemildert zu haben, als sie bald das
erste, bald das letzte verlängerte, so dafs sich, wie f&r
den abl. sing, (sicher der a-, vielleicht der consonantischen
Stämme) äat aät aat, so fßr den gen. plur. äam aäm aam
ergeben, von denen die mittleren sich das griechische
wählte; denn lange endsilben sind nöthig, um die Senkung
des tones von äXXo- zu ccXko-^^ von nofiS- zu nofiSo" im
dor. aXXuig und natdoSv zu bereifen.
"*) Vom instr. auf als natürlich finden sich auflösangen p. 192, w*il
hier noch das trennende bh, h nachwirkte.
dber die accentuation des griechischen.
Die Untersuchung gewinnt aber noch mehr licht^
ich auch die übrigen spuren von arischem aa zunächst Im
griechischen, dann im deutschen sprachstamme verfolge.
XVII, 117 d. zeitschr. erwähnte ich der jonischen beto-
nung oder vielmehr der nachrichten über dieselbe, womach
alle auf ä endenden werter erster decl. auf langer endsilbe,
also im gen. dat. sing., gen. dat. acc. plur., gen. dat. du.
den circumflex trügen, wozu man jetzt Lentz p. 411 anm.
vergleichen mag, wo unter anderem folgender kanon: km
t£v Big a ßQaxvxavaltjxTCüP eld&aatv oi "Iwveg ßaqvvuv
zag ke^sig (hg xai rjfjitig olov ogyvia^ ayvia^ ükccTaia^ 0i-
ontta* orav Si yivijtai ^ rskevraia avXXaß^ fjiaxgd^ *I(0'
vixip id'Bi» xaraßißd^srai 6 rovog olov ayvid ogyvid 06-
aneid, Obschon wie früher gesagt nicht einzusehen ist,
warum diese betonung blofs den Wörtern auf a zukommen
sollte, verräth sich doch vielleicht darin ein Überrest der
ältesten periode, und dafs diese nachricht nicht ganz aus
der luft gegriffen ist, beweist ja fiia fiidg (äi^ der gemei*
nen spräche und ia lag t^ der dichterischen, beide nach
XVII, 118 d. zeitschr. 3= ^samjä, *samjajä's ^samjäjä'i.
Dazu ist es gerade derselbe jonische dialekt, der in seiner
jüngeren gestalt die offenen formen wie airii^g avrerj rav-
ri7]g u. s. w. bietet, die eben jener xavaßißaafiog rov rovov
wiederspiegelt; sie sind aus den volleren auf -7777^ rjri s=
altsod. äjäs äjäi in der XVII p. 185 sq. beschriebenen weise
gekürzt und wenn sie auch bei Homer nicht vorkommen,
80 können sie doch nicht reine erfindungen der abschrei-
ber und grammatiker sein, sowohl ihrer inneren bereoh-
tigung wegen, als weil jene in der willkür kaum so weit
giengen, um z. b. in ravrhjg durch einschieben von € auch
den bauptaccent zu verrücken; endlich mufs gerade die
unverständige Übertragung auf die entsprechenden casus
der zweiten declination doch von irgend woher den aus-
g^iig genommen haben und erklärt sich nicht allein durch
den gen. plur. der ersten auf icov. Gehört hieher etwa
homerisches t^t^g D. XVI, 208 = 'nrjg^ woraus gewöhnliches
7jg = ^jajas, wofür idtifidisch mit pronominaleinschub
ja^j-äs? Dann gäbe es für die neujonischen formen einen
7*
4
' . UK> Misteli
nicht unwichtigen Stützpunkt ab und wäre in seiner art
ebenso merkwürdig als das vereinzelte f.uäQ\ alles deutet
auf eine lautgruppe ää, die wir noch im altindischen durch
j getrennt finden in den feinininausgäogen äjäs und äjäi.
Nun sind aber die spuren von aa nicht blofs auf das
griechische beschränkt, sondern lassen sich noch deutlich
in den schlufssilben des gothischen in der wähl des vo-
cals wahrnehmen, und hier ein äa von äa unterscheiden.
Wie wenig es dagegen im altindischen auf die quantit&t
bei diesen sogenannten auflösungen ankommt, sieht man
hübsch daraus, dafs äi nur einmal in ai, sonst in ai al
und ae zerlegt wird, so dais ohne rücksicht auf den ur-
sprünglichen vocal einfach kürze des ersten dementes be-
liebt zu haben scheint (s. beitrage IV p. 191). Und wäh-
rend die reste im griechischen vielfach an stellen erschei-
nen, wo anderwärts ein halbvocal oder s die beiden a
trennt, selten da, wo beide a im altindischen und zend
unvermittelt neben einander stehen, wie es z. b. in den
adverbien auf aät führt, bietet das gothische die zweite
art reste sogar häufig, wobei man eben Kühnes bemerkung
(ibid. p. 202) nicht übersehen mufs, „dafs der sogenannte
bindevocal auch bei vorhergehendem gleichartigen vocal
vorhanden war, dafs er mithin entweder eine andere function
hatte, als nur die wurzel mit der personalendung zu ver-
binden, oder dals die spräche so sehr der allgemeinen ana-
logie folgte, dals sie ihn auch in fällen verwandte, wo er
überflüssig war". Wenn nämlich der gen. plur. männlich
auf e ausgeht, dagegen der des fem. auf ö und dessen
acc. sing, auf a, allen drei aber altind. am entspricht, so
zerlegt sich das altind. am ebenso sicher resp. in ä-am
ä-am ä-m, als z. b. griech. bi oi av trotz altind. ä ein ari-
sches ai erweist. Ueberhaupt wo das gothische in der
endsilbe ö zeigt, liegt die arische gruppe ää zu gründe;
daher von endungen die abl. wie hvathrö „woher*, sin-
teinö „immer" u. s. w.. von Bopp vgl. gramm. I* p. 352 aq.
besprochen, die sich an das zend. -äat anschliefsen , wäh-
rend die instrumentale wie the hv6 sve blofs = taä kaä
svaä; gen. sing. fem. gibös = -ä-äs (s. oben); acc. plor.
über die accentuation des griechischen. 101
fem. gibös = -ä-äs = ä^aDS, oder nur = -ä-ns, weil das
schwinden des nasals den an sich langen fem.-charakter
noch einmal längt (för's erste vediscbe beispiele beitr. IV
p. 183); nom. plur. masc. fem. anf ös; denn auch ös
des iriasc. ist nicht einfach = a-as, sondern ss ä(s)as, das
vediscli nicht selten in a-asas aufgelöst wird; von Stäm-
men scheint fön*) „feuer" altind. pävana „feuer" zu ent-
Hprechen, während pavana „wind'' bedeutet, aber pävakä
wieder „feuer^, so dafs hier länge des ersten vocals mit
dem begriff wesentlich zusammenhängt. Dann mQfste man
die dualendung ös aus ävas, nicht avas erklären, womit a
von sing. 1 übereinstimmt, das zu ä(mi) z. b. im zend. pe-
refiä = altind. prMhämi sich so verhält wie a im nom.
sing, der fem. zu ursprüngl. ä. Im -öm dat. plur. fem. =
ä-bhjas steht ö nicht wie bisher in ursprüngl. endsilbe und
versieht daher nur die stelle eines einfachen ä; ansonst
wüfste ich an nichts zu erinnern als an ccqjäüvi7^(si von
(tQfAüvict^ worüber bei Lentz p. 298, 16 und 429 anm., um
die auflösung ä-abhjas glaublich zu machen, der keine ve-
dischen gegenüberstehen ; denn auch -ifiat = iTJ-tjai von
ti] hätte keinen vedischen Vertreter. Rathsamer aber ist
für das gothische der erste weg, und für das griechische
wort, sich eines urtheils zu enthalten. Räthselhaft bleibt
mir nur das ö der neutra wie hairtö, worüber ich keine
vermuthung wage. Dafs überhaupt die lang gebliebenen
endsilben des gothischen und altdeutschen auf uraltem äa
beruhen, spricht auch Wilh. Scherer aus „zur geschichte d.
deutschen spräche" p. 120; auch ist über mehreres hieher-
gehörige Ebel zu vergleichen d. zeitschr. IV p. 138 sqq.
Nun bleibt aber noch eine Schwierigkeit, die ich nicht
verheimlichen darf; man übersehe nämlich nicht das ver-
hältnifs von Xoyocov zu naidowv^ von goth. fiske = -a-am
zu abne = -na-am (auhsne, namne, Vatnö, wofür belege
Leo Meyer „flexion d. adj. im deutschen" p. 42); denn in
*) Darüber s. Leo Meyer „flexion d. adj im deutschen ** p. 44, der wie
goth. vatan- mit „wasser" auch goth. fön == fövan mit „feuer" zusammen-
bringt und auch an's griech. nvq erinnert; diefs wird bestätigt durch die
form 'nviQ bei Simonides aus Amorgos, fragm. 29 bei Bergk, Lentz p. 399, 1.
102 Misteli
den^ ersten beispieleu gehört der a-laut zum stamme, wäh-
rend in den zweiten dessen bedeutung erst noch zu suchen
ist. Defsweg^en behauptete schon Ebel d. zeitschr. IV
p. 145 &Lr das gothische eine ab weichung in die a-decl.,
eine folgerung, die mir nicht nöthig erscheint, wenn auch
goth. e des gen. plur. nicht s= am, wofür a stände, wie
im acc. sing, fem., sondern = aäm. Es gewinnt vielmehr
Schleichers vermuthung in IV, 59; XI, 319 d zeitschr.,
der gen. plur. habe ursprünglich auf säms gelautet, an
Wahrscheinlichkeit und seine gleichungen möchte ich fol-
gendermafsen ergänzen:
1) as (gen. sing.): bhi = asäm (vorausgesetzter gen.
plur.): bhjäm (des du.);
2) bhjäm : bhjas (dat. abl. plur.) ±=s an : as (acc. plur.
jenes der männl. a-, dieses der consonantischen stamme).
Als grundformen ergeben sich bhjams und ans (ams);
somit
3) asäm : bhjäm = asams : bhjams. Als grundform
des gen. plur. ist asams anzusehen. Die dehnnng in bhjäm
und asäm rührt, wenn sie schon in der vollen form sich
fand, vom nasal her, der vor s als auusvära gesprochen
wurde und sein vocaliscbes element mit dem vorhergehen-
den a verband; oder ist, wenn sie erst nach einbufse des
schlufs-s sich einstellte, ersatz für dieses. An a-stämme
trat blofs sams, an consonantische asams an, wie auch im
acc. sing, an die ersten nur m, an die zweiten am, obwohl
im nom. plur. allerdings asas, nicht blofses sas. Ich bin
also geneigter, a von asams, das ich als die ältere gestak
von aäm angesetzt, worauf wieder goth. e und griech. owv
der consonant. tbemen geführt hatten, der endung beizu-
messen, dagegen in olv des duals, das sonst keine analo-
gie hat, Überschlag in die a-decl. zu sehen. Für das sprach*
geföhl zerflofs allerdings beides, heteroklisis und volle en-
dung mit a, in eines, so dafs der gen. dat. du. und der
gen. plur. gleiche betonung erhielten. Die Verstümmelung
aber von asams oder asäm zu am, die wegen Übereinstim-
mung des griech., goth. und vedischen altind. (aäm) in die
arischen Zeiten zu datiren ist, läuft parallel mit derjenigen
über die accentuation des griechischen. 103
des nom.- Suffixes äsas zu äs, des acc. ushäsam zu ushäm
(ved.), pantbänam zu panthäm u. s. w. und scheint dieser
periode durchaus angemessen.
Dieser aufTassung kann man blofs entgegenstellen, dafs
dann keine messungen wie äsaam eSaam u. s. w. vorkom-
men dürften, die ja ein äsasam esasara ergeben, somit
die gen.-endung doppelt enthalten. Indessen könnte die
bei den Substantiven berechtigte offene form auch auf die
pronomina übertragen worden sein; oder man darf sich
der ved. plur.-endung asas erinnern, die doch sicher den
mehrheitsausdruck doppelt enthält; auch sas^) „dieser^
und tat „dieses'^ und ved. prtsusu loc. plur. sind deutliche
Verdoppelungen. Ebenso verhielte es sich mit den gothi-
schen pronominalformen wie thize horum, hvize quorum
u. 8. w., wenn z6 wirklich hier altind. säm = saam von
teääm keääm entspräche. Aber als grundformen mu(s
man wegen des dem ze vorhergehenden i und der in die-
ser spräche in der flexion weit verbreiteten assimilation
an folgendes j oder i thizje hvizje annehmen; d. h. wie im
gen. sing. fem. thizos = altind. tasjäs = ta-sjä-äs **) (ge-
nauer ta-smjä-äs), entspricht im gen. plur. thize einem
idealen tasjäm as ta-sja-äm, so dafs z das eingescho-
bene pronomen sa, nicht das s der endung säm
repräsentirt. Daraus folgt denn aber weiter, dais duch
der genet.-ausgang aize der adjective, die der pronominal-
declination folgen, trotz des verführerischen anscheins nicht
mit altind. -esäm zusammenzustellen, sondern in aizje =
a^isja-äm = a-jasja-äm zu zerlegen ist, so dafs jasj auch
hier durch iz dargestellt wird, d. h. den durch sja abge-
wandelten relativstamm ja enthält, der überhaupt die so-
genannte starke declination des deutschen adjectivs cha-
rakterisirt.
*) Vor einer pause als sa: und vor a als so.
^**) Indessen ist die ähnlichkeit nur ttufserlich, weil im altindischeu j
von tasjSs tisjai femininzeichen ist, iz des goth. s^ a-sj auch im gen. plur.
masc. erscheint, und doch thizös thizai gen. dat. sing. fem. und thize thizö
g«n. plur. masc. fem. einheitlicher erklärong bedürfen. In diesen casus wird
eben überall sj == sa-ja, nicht sm oder s(m)j, an den stamm geschoben.
104 Misteli
VL Nachträge und berichtigungen
zu XVII, 81 sqq. d, zeitschr.
Zu pag. 82. Dafs die Griechen den aufsteigend ge-
brochenen ton, wie der acut langer silben zu bestimmen ist,
wohl kannten, dafßr legen auch ein zeugnifs ab die worte
des Arcadius bei Lentz praef. XXXVIII inf.: tcüv 8i jovtov
trjv fihv ävct) teivovaav xal ev&siav xai slg o^if aTtokfj"
yovaav koixviav rölg /Sileßiv xoig kfieuivoig^ o^eiav kno"
vofidöag u. s, w. (9, den scharf abschneidenden^). Wenn
dennoch der acut der oxytona hie und da (z. b. Lentz p.
517 sq. anm.) im gegensatz zu TtSQiaTioifAsvog mit ßagwo*
fiBVog bezeichnet wird, so ist dieser ausdruck Ton der ge-
stalt des wertes im Zusammenhang der rede zu verstehen,
wo der acut des Schlusses in den gravis sich schwächt,
während der circumflex unversehrt bleibt.
Zu p. 93 unt. Dem contractionsgesetz widerstrebt
oder scheint zu widerstreben: 1) Zusammenziehung nach
art von d^^Seg „fackeln^, (foiSeg „brandflecken** aus dccideg^
(fdotSsg. Aber es ist hier an den von Lebrs (Aristarch*
p. 385) auseinandergesetzten unterschied von rdvog xorrj;-
vayxaauivog und rovog cpvaixog^ wie ihn richtig die alten
grammatiker aufstellten, zu erinnern. ScdS-, (futtä- wird
zunächst allerdings in ^^J-, cfcpS- zusammengezogen und
mit dem regelrechten ton versehen, der beharrt, wo er be-
harren kann, z. b. in 8(f8o)V^ cfipSwv^ aber nothwendig in
den circumflex übergeht, wo die endsilbe kurz wird, z. b.
in S^Ssg^ (p^Ssg^ indem „der aufsteigend gebrochene hoch-
ton'', wie er eigentlich 8(^8-, (poid- zukam (ls=wl), vom
zwei drittheile dauernden, wie ihn der circumflex voraus-
setzt (L = i^)^ praktisch nicht unterschieden wurde.
2) Krasis wie U)v8()6gj ailloi = ol äv8Q^g, oi aXkoi\
die zusammenziehung ergibt auch hier wirklich ävdq-^ aiXk^j
die nun nothgedrungen in die besagten formen fiberschla-
gen; aber zufällig gibt es för diese beispiele keine, wo
der acut bleiben könnte; ebenso bei tovnog, rovgyov sb
t6 Ünog^ t6 ÜQyov, Den circumflex als ursprüngliche re-
nachtrage und berichtigungen zu XVII, 81 sqq. 105
gelwidrige betonang dieser contractionsproducte anzoneh-
men, der eich bei langer endsilbe in den acut verwandle^
wäre ebenso verkehrt, als bei Zusammensetzungen wie
avSaifAOV" oder comparativen wie afABivov- im nom. acc. voc.
sing, neutr. und voc. sing. masc. evdaiuov^ äfisivov von
steigen, statt im nom. sing. masc. Bvdaifxwv a^dviAV von
sinken des hochtones, zu reden; denn im ersten falle
tritt gerade der rovog cfvaixog^ im zweiten der rovog xor-
Ttjvayxaofievog ein. Darüber gebt Lebrs 1. 1. mit Bopp
(vergl. accentuationssystem p. 21) einig.
3) €v =s= kVf ,,adverbial gebrauchtes neutrum von kvg^
(Lehrs ibid.), indogerm. asüs, asü, weil die betonung auf
der letzten silbe durch die altindische Verstümmelung des
neutr. su erwiesen wird. Nun betonten freilich die alten
grammatiker zweisilbiges iii bei Homer wirklich (ft), im
glauben, einsilbiges av habe sich erst aufgelöst, also das
erweislich spätere fQr das primäre haltend ; defswegen kön-
nen sie aber in diesem falle keinen ansprach auf beach-
tung machen, weil sie auf blofse und dazu unrichtige an-
nähme sich stützen, obschon ich nun meine Verlegenheit
gestehen mufs, das rovixov nagdyyhX^a zu nennen, das die
verwandelung des regelmäfsigen av in das circumflectirte
erforderte; etwa dafs schliefsendes ev, wenn es betont wird,
den circnmflex erhält, wofür es indessen nur wenige bei-
spiele gibt, neben den interjectionen rfBv und hX^Xav nur
die vocative sing, der Wörter auf Bvg (vgl. Lentz p. 504, 9
mit bem.)?
4) adeXipiSovg = ddalq)id66g u. s.w. nach Lentz p. 10, 17;
die ganze stelle lautet: ^H o^eia ovv xal ri ßageia Ttegi-
öTicofjiivTjV noiovaiv olov cpdog cpaig^ evysviög evyevovg. 'Ava-
nakiv 3h ij ßagüa xal o^sla sig o^siav avvaiqovvrai^ ü
fjLTi Tovixov xcolvöTj naQccyysXfia ^ olov ^(oog ^cig^ ITgotrov
Hgoirov^ xoiXov xoilov ro ydg xotlog xoilog Sicc rovixov
nagdyyekfjia *) negieaTtda&ri, T6 Si ddeX(f>iSi6g dSelqu-
8ovg xal rd ofioia 8i %tboov Xoyov neguGnadd-ti* rd ydg
*) DaTs nämlich bei kurzer letzter silbe der acut der langen penultima
in den ciroumflex übergehen mufs.
106 MisteU
8ig ovg anka navxa neQK^nävai olov ßoig^ jfovg? nXovg (ans
Joann. Alex.). Was nun zunächst die betonang xotkog^
die der zusammenhaDg fordert, anlangt, widerspricht dem
die stelle p. 162, 9, die ich gleichfalls hersetze: Ta Sid
Tov ikog äoasvixd 'd^ovra ro i ßgce^v nago^vverat' al 3i tt
7TQ07iaQoS,VTovov eiT], 7j Ttd&Bi yivovBV rj yivei SiacfigBi . . .
folgen beispiele für die regel . . . rd Sk aiyiXog &fiXvx6v
ngoTtago^vverai. To 3k xoikog and tov xoiXog xazd nd&og
xal TO iuvTi?.og 6 'daxccTog xal ro nvxiXog ngonago^vverat*
Der Zusammenhang weist hier ebenso unzweideutig auf
xotlog, wie auch Herodian in seiner einzig vollständig er-
haltenen Schrift Tiegl fiov. ks^. 20, 35 vorschreibt. Entwe-
der lälst sich nun annehmen, Joh. Alex, habe xotkvg dem
kanon gemäfs^ der für männliche formen auf tkog paroxy-
tonirung forderte, behandelt, oder Herodian, weil er xolkog
als ursprünglich ansieht, das nach ihm daraus aufgelöste
xoilog proparoxytonirt, ohne eine bestimmte Überliefe-
rung zu kennen. Nur *wäre das letztere fQr ein indecli-
nables wort, wie ev^ das sich, einmal dessen ursprünglich-
keit*) vorausgesetzt, nur in Hi) auflösen liefs, wahrschein-
licher als für xoikog^ wo vorerst nichts nöthigte, gerade
nach dem nom. sg. masc. den wortton festzustellen (xoiVlo-
wegen xotkog = xoikog)^ dann selbst xoilog sich mit einer
grundform xotko- ebenso gut vereinigte vermittelst des tov.
xar, (s. oben) als mit xoCXo^ vermittelst des rov, (pva.\ da-
nach erscheint mir xotXog des Joh. Alex, als irrthum. Je-
denfalls dient aber dieses nicht dazu, um für däskfpiSeog
desselben grammatikers vertrauen zu erwecken. Ist die
betonung richtig, könnte man den circumflex des zusam-
mengezogenen ddeX^pidovg kaum anders entschuldigen, ah
wie Joh. Alex, es selbst gethan hat, dafs nämlich alle ein*
fachen Wörter auf ovg^ novg und oSovg ausgenommen, cir-
cumflectirt werden. Lieber wollte ich freilich diese for-
men auf 'düvg^ worüber auch Curtius grundz. d. griech. et.
*) Wie die priorität von tv durch indogerman. asü erhellt, so diejenige
von yo'ikoq durch altindische formen von 9vi (9U) wie 9u-9äv-a (perf. sg. 1),
Ä-9ü-9av-am (aor. sg. 1), wo 9av (lat. cavus) deutlich hervortritt; also xolXoq
= xqfiXoq,
nachtrage und bericbtig^ngen zu XVII, 81 sqq. 107
IIS 202; 11% 558, in parallele setzen mit den stoffadjeeti>
Ten auf -ovg^ die gleich nachher ebenfalls als ausnähme
vom coQtractionsgesetz auftreten p. II92, worüber d. Zeit-
schrift XVII, 183 bereits gehandelt ist, und sie wie diese
zunächst aus iog erklären, zumal bei den offenen formen
beider dassen auch proparoxytonirung sich findet.
5) Endlich noch xhrvg = xXitvccg u. s. w., wobei sich
Herodian widersprochen zu haben scheint, indem er in der
Prosodia Iliaca oxytonirte, in der Pros. Odyss. perispome-
nirte nach Schol. zu II. XVI, 390 bei Lentz II, 101.
Zu p. 96 anm. Zu den }iier und im texte aufgezähl-
ten beispielen, „wo in denselben langen schlufssilbeu acut
und circumflex einander gegenüberstehen'^ p. 94, läfst sich
der Vollständigkeit willen noch fügen: 1) XQV^ und hx(njv^
neben xQV ^^^ 'V^ ^^^ ersten decL, viel besprochene for-
men, die aufzuklären ich verzichten mufs; wegen des ac-
oentes s. Lentz p. 431 anm.
2) Big „du gehst'' neben ü und %ig „du bist'' neben
€i nach Lentz p. 431 bem. zu L. 14; der circumflex der
ersten form, die eine ursprünglich lange, durch guna ent-
standene silbe enthält (vgl. altind. ^si), ist leicht zu be-
greifen, während ich über die zweite nichts bestimmtes
aussagen möchte; nur scheinen mir beide Big nach äufserer
analogie der anderen verba auf (,u aus bIial und BifAi her-
vorgegangen zu sein und der accent der ersten sing, ein-
flufs geübt zu haben.
3) Wegen ol von kiioi aoi gegenüber 61 und den ad-
verbia auf dt vergl. d. zeitschr. XVII, 124.
4) bI und €<; das dorische, das sonst am alterthüm-
lichen festhält, läfst oi des locat. sing, häufig zu bl entar-
ten und gewinnt so einen ähnlichen gegensatz zum (p des
dat. wie das oskische ; so €t = oiy tibI^ ti^vbIj tovtbi^ avvBij
worüber Ahrens de dial. dor. p. 361; olxBvnaQa MBvdvSgq)
ami rot; oixoi Lentz p. 504, 16, sonst noch p. 494, 11 sqq.;
ob hieher auch hxBl der gewöhnlichen spräche gehört, das
die alten grammatiker als apokopirt aus ixBl&i ansahen?
Wenn diesen locativen otBi mit acut gegenübertritt, so sind
ersteres bildungen, bei denen man sich der zusammen-
108 Misteli
Setzung mit dem locativsufBx i noch klar bewuTst war;
aei eine überkommene und unverstandene form, dessen
thema dem Griechen abhanden katn und im altind. äju-
= äiva-, im lat. aevo- steckt; auf die vorgriechische ge-
wohnheit, casus dieses Stammes adverbiell zu verwenden,
scheint auch das goth. aiv in ni-aiv »nie", acc, von aiva-,
zu deuten. Wenn auch die adverbien auf ei oder i, deren
Homer noch eine beschränkte zahl bietet, sich filr den
acut entscheiden, erschien eben ei als blofse ableitungs-
silbe und wurde ebenfalls nicht mehr in seinen bestand-
theilen € -+- 1 = o-hi gefühlt.
5) ot;, lov, idov, den einzigen acuirten adverbien auf
ov; über löov ist schon gesprochen p. 96 anm.; iov als
reine inteijection läfst überhaupt keine andere begründung
zu, als was Lentz p. 503, 8 steht: xal xa&oXov dk ov 8ü
rd axBTXiaarixa .... vno rrjv 'dvrexvov axoXov&iap ayuv^
eiys ovde ^^gri ^oyov rivig raira kvofiiaav* Ttaa^ovarig yag
tfjv^ijg T] diccxoQov vtio otvov ( ! ) ovarjg aXoyoi Stjlovoti xal
ai ^xcp(avi](jsig avrijg; endlich ot/ steht zu. den Übrigen cir-
cumflectirten in ähnlichem verhältnifs wie lat. ne mit acut
nach Corssen ausspr. u. s. w. 11^ p. 214 anm. und scheint
durch den acut die kraft der negation darzustellen, wie
es denn überhaupt nur bei energischer hervorhebung den
ton erhält.
6) CO als anredeform, aber <a als interjection nach
Lentz p. 494, 1.
Zu p. 97, z. 9 V. unt. Nach Lentz p. 402, 19 könnte
man über die betonung des nom. sing. (Xtg oder kig) zwei-
feln, indem Aristarch ihn im anschlufs an die übrigen Wör-
ter auf ig wie xig „kornwurm", d-ig „düne", pig „nase^
Tig „wer" mit acut versah, dagegen andere eircumflectiren
wollten, namentlich um das adjectiv hg {nirgri) Od. XII, 64
davon zu scheiden. Der acc. sing, aber klv erhielt nach
p. 415, 5 mit anm. allgemein den circumflex, und so be-
tonte also auch Aristarch {hg, Xiv wie xhig, xX%lv)^ da
von einer abweichung des grofsen kritikers in diesem
casus nach Lehrs Aristarch^ p. 258 niemand etwas weifis,
die man doch kaum verschwiegen hätte.
nachtrage und berichtigungen zu XVII, 81 sqq. 109
p. 98 oben. Den satz, als ob das Scbolion zu II.
XI, 720 deswegen üg betone, weil das synonyme ovrcog
den acut trägt und die daran sich scbliefsende vermuthung
nehme ich als ein versehen zurück. Die lehre Herodian's
hierüber sehe man bei Lentz nach p. 493, der gerade in
der bedeutung „dennoch^ stets circumfiectirte.
p. 99. Wegen ?)-?J sehe man jetzt die reiche beispiel-
sammlung von Lentz p. 517 sq., nach den etwas subtilen
bedeutungs-unterscheidungen der alten grammatiker geord-
net. Hinzufügen liefe sich daraus, dafs dem ij das vollere
7/e, dem tj das vollere rjs entspricht; dafs man inel ?;, aber
W i] schrieb, jenes i^ als bedeutsam und versichernd, die-
ses als bedeutungslos und expletiv betrachtete p. 520, 6.
p. 103 oben. Dafs Aristophanes die homerischen
verse mit accenten versehen^ wird nach dem, was bei Lentz
praef. XXXVII darüber zu lesen ist, als sehr zweifelhaft
erscheinen.
p. 103, Hn. 9. Zum nom, voc. plur. der ersten und
zweiten decl. mit kurzem cci und oi gesellt sich aufserhalb
der declinationen, die ich dort allein im äuge hatte, noch
kurzes schlufs-crt der adverbien TiQonaXai und tginaXai.
nach Lentz p. 503, 16. Da man diese wegen des Stam-
mes tQi> nicht auf der grenze von einem und zwei werten
schwebend wie die enklitischen Wörter betrachten kann,
und sie zudem verhältnifsmäfsig jungen Ursprunges sind,
so mag die schlufskürze erst dem at der ersten decl. und
der Verben nachgemacht sein. Vom verbum gehört hieher
der imper. aor. med. auf aäi, von Benfey auf's wahrschein-
lichste aus aaaai gedeutet {* ßovXiV'Ca-actt) mit zurückge-
zogenem accent nach kürzung der endung, die Infinitive
auf (ABvai und c&ai und die endungen fiai, oai rat vrai.
Dafs auch hier die Dorier diese endungen als lang behan-
delten, bezeugen für die verba contracta zwei von Ahrens
de dial. dor. p. 28 anm. 8 augeführte stellen, so dais das-
selbe für die übrigen verba gewifs wird, wenn gleich der
schlufssatz der ersten , der aber als offenbar corrupt jede
beweiskraft verliert, diefs nicht zu bestätigen scheint (vgl.
Ahr. ibid. p. 300 sq.). Es wäre aber auch ganz inoonse-
110 Misteli
quent, den Doriern, die auch in dyyekoi, kXiyov (plur. 3)
von den übrigen Griechen abwichen, z. b. ßovX^vofiäi -itfai
(wofür fi, das zu circumflectiren wäre) -erat -ovrai, -iff&at
abzusprechen, indem so eine gleichmäfsigkeit in dei: beto-
nung des conjugationsvocals (die 2. 3. du. und 2. plur. aos-
genommen, die den acut auf der drittletzten nehmen konn-
ten) sich herausstellt, und warum sollte diese hinter der-
jenigen der Stammsilbe zurückstehen, da doch zum grofsen
theil nur speciell griechische accentgesetze, nicht vorgrie-
chische etymologische unterschiede wirken und z. b. der
unterschied von Cl. I und VI des altindischen ganz ver-
wischt ist? Ein ßovlevf] beweist aber noch gar nicht ehe-
maliges ßovXevsäi^ sondern ist aus -eveac mit bereits ge-
kürztem ai erwachsen, dem selbst wieder -sviät voraus-
gieng. Dieses 6{a)at erhielt sich wie überhaupt die länge
des schliefsenden oi und ai bei den Doriern und erzeugte
perispomenirtes 9/, kürzte sich schon früh ^) wie überhaupt
schliefsendes oi und ai bei den übrigen stammen und er-
zeugte barytonirtes y. Denn wenn auch y fbr die 2. sing.
schon bei Homer nicht gar selten ist, so sind die formen
auf sai bei Herodot noch die ausschliefslich gebräuchlichen,
so dafs die völlige festsetzung von y jedenfalls erst in die
zeit der kürzung der beiden schlufsdiphthongen fällt. Kaniü
brauche ich zu erinnern, dafs ich alles, was ich vom do-
rischen dialekte für wahrscheinlich halte, auch auf den
homerischen angewendet wissen wollte.
p. 108 oben. Wen die autorität Herodians bestim-
men sollte, an der betonung xijqv^ (fdivi^ trotz des lan-
gen V und i festzuhalten, fQr den stelle ich folgende an-
gaben über natürliche vocallänge zusammen, die sich nn-
möglich halten lassen: 1) p. 522, 30 wird das v von iata-
vov i(n7]v richtig als lang bezeichnet, aber p. 535, 2 anöh
das von ninTto. Nun ist aber doch klar, dafs das i des
genannten verbum von dem in ri&Vi^i did(o^4t nicht verschie»
den ist und wie dieses kurz sein mufs, so dais man ninrov
(part. präs. neutr.), nicht nmrov zu schreiben hat. An der
*) d. h. jedenfalls Dach Homer.
nachtrage und berichtigungen zu XVII, 81 sqq. 111
ricfatigkeit dieser angäbe zweifelt übrigens auch la Roche
in d. zeitschr. f]Qr Ostreich, gymn. jahrg. XIX p. 530. Für
pinru) freilich , das p. 535, 2 neben ninxu) gestellt wird,
steht langes t fest wegen gini] „wurf '^ ; auch entspricht es
mit Umstellung des ^, die meistens mit Verlängerung ver-
banden ist, unserem „werfen^ ; vgl. Leo Meyer d. zeitschr.
XV p. 5.
2) p. 535, 7 wird das a des verbums kXaaaw als lang
angegeben, das a von agdö(Su)^ TtardaaG) u. s. w. als kurz,
entsprechend das a der comparative hkdaawv und &d(sa(av
p. 524, 1 als lang ((pvdBv fjiaxgd)^ der übrigen comparative
auf aacDv als kurz! Und doch ^Xa^vg, levis, läghüsl Es
kann auch nicht wie bei fiei^cov und xgeiaacov das flexi vi-
sehe j doppelt vertreten sein und das stammhafte a ge-
dehnt haben; denn dann würde man eher ^ erwarten und
die übrigen comparative gleich behandelt; somit ist auch
hier im neutr. &d6(Sov^ nicht ßäöoov zu schreiben.
3) p. 535, 15 wird das a von dyoqd^uv „kaufen^ als
kurz bezeichnet, aber in der bedeutung kv dyoq^ Siargi-
ßuv als lang, eine bestimmung, die allerdings blofs eini-
gen beigelegt wird. Ebenso unbegreiflich p. 536, 7: ovTvag
ovv xal ravta avayvwariov Ttjg naQaXfjyovatjg ßga^wofii-
Vijg^ ö^Sdaa&ai, ^ jutjXccvdaa&ai ^ alridaa&ai, iSgidaad-at^,
fdvdaifd-ai. t6 ök örjgiada&cuv (II. XX, 467) t6 devtsgov a
kxratiov. tovto ydg 6 x^gaxrrjg /Sovkerai. Gesetzt auch,
der infinitiv habe SfjgMäc&mj nicht drigi>dctö&ai geheifsen,
weil nach p. 467, 12 diejenigen, welche z. b. in Ev^^rdci^
a&ai das zweite a als lang ansahen, durchaus perispome«
nirten eixBraaa&mj was rechtfertigt diese monströse bil^
dangs weise?
4) p. 499, 6 sammt anm. und p. 536, 16 wird kürze
des a der adverbien auf a^B behauptet, während doch mit
ausnähme des hesiodischen fAira^s die anderen von sub«»
stantiven erster decl. abgeleitet sind, die in der zusammen«*
Setzung ä hätten bewahren sollen, welches denn auch wirk^
lieh x^f^d^e zeigt. Die behauptung, x^fiäCs komme von
XccfJiai, die anderen von Substantiven, begründet natürlich
nichts und nimmt sich um so sonderbarer aus, als die
112 Misteli
griechischen gramuiatiker mit anscheinender Sicherheit ega^B
von ega ^erde^ ableiten (etym. magn. 806, 10: oti^ ixelva
fjih ccTio 6v6f,iaTog yivetai olov &VQa^e kx rijg üvgag, Uga^i
^x xriq Hgag xal !dd'i]va^e an Idd^rivag^ vovro Si sc. j^a-
fjtä^B ano kniggrifAaTOQ hdriv) und Theogn. 101, 10 (Lentz
p. 259, 26) es sogar unter den zweisilbigen Substantiven
auf iget mit langem schlufs-a aufzählt, und doch findet
sich igä so wenig als x^h^ ^^ ^^^ ^^^ erhaltenen litte-
ratur.
Diese proben berechtigen so ziemlich auf die angaben
alter grammatiker allein über natürliche quantität, die
sonst fQr etymologie sehr schätzbar hätten sein können,
gar nichts zu geben.
p. 110. Was den fall anlangt, dafs auf ein paroxy-
tonon eine einsilbige euklitika folgt, so besteht die Vor-
schrift, dals, wenn dessen zwei letzte silben spondäisob,
jambisch oder pyrrhichisch auslaufen, die enklitika einfadi
ihren ton einbQfst; wenn aber trochäisch, ihn auf die letzte
silbe des vorhergehenden wertes wirft, selbst eine zweisil-
bige, so dafs man l^ivog rig^ aber äHog rig; iv&a ttotc,
aber ovtoj noxi betonen mufs (vergl. Lentz p. 562 sq.).
Diese sonderbare bestimmung, die wieder ausnahmen er-
leidet, scheint den Ursprung zu haben, dafs man, weil die
properispomena, denen natürlich, (pvtfei^ ein trochäiscber
ausgang zukam, auf der letzten silbe den ton der folgen-
den enklitika aufnahmen, auch diejenigen Wörter, die bloJs
durch Position einen solchen ausgang hatten, gleich be-
handeln zu müssen glaubte. Ich zweifle aber nicht daran,
dafs, wenn ^evog Tig, rjörj tig, Xeßijg rig^ ovtod noxi u. s.w.
betont wurde, auch äkkog rig^ Hötl rig, (fvXXa r€, fty&a
nork gesprochen wurde statt vorgeschriebenem äkkog rig,
iöti Ti^, (fvXXd r€, iv&d nors. Nur sprach man viel-
leicht^) hd-d TioTh mit theilweiser anlehnung an das
erste wort, indem sich so erklärte, wie die grammatiker
in diesen gewifs geläufigen Verbindungen den mittelton von
"*) JedenfaUs im Zusammenhang der rede, was fUr die meisten Alle
gilt; nur deute ich die möglichkeit an, dafs z. b. -noxi nach einem parozy-
tonon an sich den gravis nahm, von der stellang im satze abgesehen.
nachtrttge nnd berichtigoiigen zn XVII, 81 sqq. 113
iv&a zum haupttoD erheben, denjenigen von nori zum tief-
ton berabdrücken konnten, eine schwankende auffassung
und deutung, die gerade der mittel ton sehr wohl gestat-
tete; denn kaum werden sie die betonung so festgesetzt
haben, dafs sie der gemeinen Sprechweise unvereinbar zu-
widerlief.
p. 112. Dafs yvpcuTC" = yvvaxi ^= yvpaxjä^ X^^Q* ***
j^%Qi SS x^QJ^'y **/• = ^y*- ==* ctyjä' aus der ersten in
die dritte decl. übergewandert sind, dürfte aufser den oben
erwähnten betonungen der gen. plur. {äv von alyav u. s. w.)
auch folgendes direkt bezeugen. Lentz p. 252, 18 steht :
ö|wer«^ 8i ro Alyd tijg AloXiSog äxga^ wg Svqdßoav ....
!AgTefiiSot)Qog ök jlt^ eine v^v tv&üav^ ovx avaXoywg. NuB
bieten die worte ovx dvaXoyoog nach Meineke, dem Lentz
beistimmt, nur dann einen sinn, wenn die casus obliqui zu
diesem nom. Ai^ : Alyäg Aly^ Alydv waren, was aber wie*
der nur möglich ist, wenn der Zusammenhang von Al^ und
der ersten decl. noch hinreichend deutlich war. Dafs hier
Ai^ wirklich „ziege^ bedeutete, wird wahrscheinlich wegen
des flusses Alyd^ wonach das Vorgebirge benannt wurde,
und gerade ein alyog norafAog ist aus der geschichte be-
kannt. Uebrigens hat ein ähnlicher declinationsweohsel
fQr masc. stattgefunden mit xv'^' »g^^^^ zss ^ew- =s}(Bva'
= altind. häsä- und mit fAi^v* ^ss fisw- = ^^j/cx- = in-
dogerm. mansa-, altind. mäsi; die mittelstufe gewährt dort
urdeutsch gansi- und hier lat. mensi»» (gen. mensi-um), wie
auch die lat. adjective auf vis in der mitte stehen zwi-
schen griech. t;^*, altind. üs und indogerm. vas.
p. 120 unt. Wenn Leo Meyer gedr. vergl. d. griech.
und lat. decl. p. 28 und vergl. gramm. I, 291 die synizese
bei Homer verwirft, wird seine ansieht wesentlich noch
durch folgende stelle aus Lentz praef. XCIV bestätigt:
Eam, quam nos proprie dicimus synizesin, passionem, qua
düae syllabae scribüntur quidem, sed una tantum auditur,
Herodianus nusquam commemorat. Das wort cwiCp^aig be-
deutet bei Herodian nur soviel als GvvaiQB<tig, xgSöig^ wie
Eustathius bezeugt (v. ibid.).
Zeitlohn t Tgl. spraohf. XIX. 2, 8
114 Mistoli
p. 122. Wenn man gegen die ansieht, dalB (p einen
ächten dativ darstelle, geltend machen wollte, dafs bei
Homer y als dativ der ersten decl. höchst selten im hia-
tus verkQrzt wird, dagegen <p gerade wie o/, so spiegelt
sich darin eine erinnerang an den wahren werth von 17,
das aus ä + äi entstand (vergl. &e^ = &Bd^ät>) im ver-
hdltniis zu 4^ ss a + ai. Die behandlungsweise bei Homer
beweist also nur, dafs (p an ursprünglicher lautfÜUe hinter
17 zurückstehe, nicht, dafs es mit locativem 01 zusammen-
falle.
p. 125 oben. Die aristarchische betonung i^ in der
Wendung Im xiov '^fAati '!AidoQ doca (II. VI, 422 ), die sich
nicht auf tradition (nagdSoaig) zu stützen scheint, die der
erklärung Schwierigkeiten bietet, insofern l<p in lo-ö« zer-
legt und so die trennung des sonst überall mit dem stamm-
haften a fest verwachsenen dativ-sufiQxes ai behauptet wer-
den müfste, die auch der scholiast z. st. entschieden ver-
wirft, stellt sich als falsch auch durch den paroxytonirten
gen. iov heraus, dessen bei Lentz p. 412, 19 erwähnt wird:
iov yag hariv rj Bv&tia xal ij yBVixtj tov nago^vropt^
wozu nur ein dativ i<p pafst. Einen nom. log anzunehmcm
erscheint hienach als weniger rathsam.
p. 131. Als beispiele des du. mit eigenthümlicher
Sttiknng des tones sind anzufahren äfjLtpolv und dvoiv von
äfjKpo) und dvo =s altind. ubhdu und dväu. Doch stimmen
die formen durchaus zu den altindischen ubhibhjam and
dvdbhjam, was noch deutlicher wird, wenn man die nr-
sprünglichen formen äfMpocplv und Svofptv gegenüberstellt.
Es scheint sich also eher im nom. voc. acc. der acut auf
die erste silbe gezogen zu haben, wie denn das griechi-
sche zum zurückziehen des tones geneigter ist als zum
senken.
1) p. 167: Zu den formen auf Bia rz=z sfia, saucy die
den acut zurücktreten liefsen, füge ich noch Uy9$a woa
hyvQy Utixsia von ikaxvg, und i^dkua (Lentz p. 249, 19
mit bem.), ohne dafs ich einen grund anzugeben v«f<>
möchte. — Vielleicht hätte ich dem worte yäia noch aU
beigesellen dürfen, das schon die alten durch abfall von y
nachtrage und berichtigimgen zu XVII, 81 sqq. 115
erklärten ibid. p. 271, 17; indessen mangelt es an einer
sicheren an^logie.
2) Diejenigen femininbildungen, die das feminine
i von la zurücktreten liefsen, vermehre ich mit:
TQiaiva ^dreizack^, fivgaiva ^muräne^, ctfAcpigßatva eine
Schlangenart, die deutlich das femininsuffix via hervortre*
ten lassen, nur dafs etwa das letzte wort in seinem schlufs-
theil ßaiva ein verkürztes particip enthält = ßavxja nach
analogie von Xkaiva == Xiovrja u. a. ; das undeutliche ^Blga
nach Lentz p. 263, 1 tiöoq j^traivog^ ot Sh C^vjjg, das Pas*
sow oxytonirt. — Den formen auf tvva = ivja entspre-
chen Kvvva n. pr. ii nogvtj und auch s^dtename nach p.
256, 1; ferner Jixrvvva, "Egxvvva, — Den gegensatz von
vQä und vga^ wofiQr ich p. 169 appellative beigebracht,
veranschaulichen von eigennamen noch Migä V^tgä 01-
Xvgä lävtixigä neben lldXfivQa nach p. 261. — Neben
ninsiga tritt Käeigcc von Kdg ,,Karerin^, über dessen Schrei-
bung, ob €^ ob ^, selbst Herodian schwankte (Lentz II
p. 410 sq.), obschon er in der ngoa. xaä'. xQV^si' iTtofievog
den diphthong vorzog (Lentz I p. 2ö0, 14), nebst Ttgcieiga
I, Vorderschiffe und 'iä-eiqa „haar^, welches letztere viel-
leicht ein abstractum auf la ist.
3) Das verzeichnifs derjenigen femininbildungen, die
j mit dem vorhergehenden buchstaben verwach-
sen lassen, kann ich aus Lentz mit folgenden berei-
chem: ndXla (p: 254, 12), das im gründe mit gleichbedeu-
tendem öcfoiga „ball^, xfrvXXa „floh% acfvga „hammer^
ganz identisch ist, es müfste denn nur xfjvlla eine wahre
fencdninbildung, die drei anderen abstracta sein, was sehr
wohl möglich wäre. JSlßvXXa MvqMa ügd^Ma Teii-
(filXa KvdM.a frauennamen; jivd-vXXa IdqitfrvXka tpd'i-
wXXa^ die erste Stadt am Nil und Schwester Memnons;
die beiden letzten von Lentz p. 255, 4 nach conjectur ge-
schrieben. KoQv^a „schnupfen^ (s. oben); Xaxigv^a und
XBXdgv^a „die lärmende, schreiende^, besonders von krähe
und hund, deren vfa ich = j:cc^a sss ^atja = altind. vatf
nehme; ävaaaa sss ävaxrja; dfi(ptiXiaaa^ vvaöa*) meta,
*) weim nicht wshrBcheinlicher abptr. „storsii]ig<*.
8*
116 Misteli
deren mit den präsentien dvaacw iXi(faa) vvööw gemein-
schaftliches 06 natürlich eine ebenso zufallige übereinstim-
mang ist, als das ai von aiga „hammer^ und aiQon^ oder
das V von äfAvva und a^tivM\ denn die präsensbildung ge-
rade durch j mufs als zufällig angesehen werden, wiewohl
die alten grammatiker von ihr die Substantive herleiteten
nach Lentz p. 267 bem. — Aus der lautgruppe xj sind
hervorgegangen Qqi'iGöa (I^oivKfOa KiUxioaa^ welchen die
masculina &Qiji^ <l>oivi^ Kih^ zur seite gehen; jiqdßiaaa
Al&ionv(5(Sa Kccnnadoxicöa !^QxdSi(faa udißvoaa, die von
den adjectiven 'Aqaßixog u. s. w. nach verlust des stamm-
vocals herkommen, das wohl auch f&r xaßdXiaoa 17 xaßa^
Xig 6 nokviarcog !äU^avSQog Lentz p. 268, 25 gilt, so dafs
nur noch MoXvxgvada und Mdxt(f6a übrig bleibt. Der
Verlust des stammvooals ist auch eingetreten bei verbalbil-
dungen wie fjiBiUooo) von jusllix^'^ dyyiXloa von äyytko'
u. s. w. vgl. Leo Meyer vergl. gramm. II, 57. Die letzten
werte eröffiien nun noch einen anderen weg, um ßaair
Xiaaa^ dem ich noch navdoxiaaa und xovQKfaa hätte bei-
fügen sollen, zu deuten, als den p. 170 sq. beschriebenen,
indem auch diesen adjectiva auf ixog zu gründe liegen
könnten, so dafs ßacfihaaa == ßadiXiX'ja unmittelbar wftre,
nicht = ßaöclefovTJa durch eine reihe verftnderangeo,
wenn gleich ßaatXixog selbst doch nur 2kVii ßaOiXBfixog so-
rückführen müfste. Wegen ßaaihvva indessen, das dann
mit ßaaiXiöoa = 'lirja auf's schönste zu -Xirrja sss -iU-
^ovTJa sich ergänzt, ziehe ich auch jetzt noch die fiHhere
erklärung vor, und zur weiteren begründung des Übergangs
von 'luTJa {'ksfiTJa) zu -htja setze ich aus Lentz p.2758qq.
noch einige städtenamen her, in denen der Wechsel von €»
und i nicht als blofse Schreibweise der späteren ausspräche
von 61 gemäfs gelten kann, weil immer auch ein accent-
Wechsel damit verknüpft ist; so Zijleca und ZrjJiidj naga
IIoaBidiTinip, 'lüTieia und 'loTticc, JsxiXeia und JexsXid o^w
t6 Tonixov JexsXiä&sVf Illci&eia und JIXcd&m. — Orts-
namen auf ursprüngliches vatjä „versehen mit^ bietet in
reichem verzeichnifs nach Stephanus Byzantius Lentz p. 268
und zwar so , dafs dem eaaa ss jrerja ein vocal voraus-
nachtrüge und berichtigungen zu XVII, 81 sqq. 117
geht oder mit ihm zu yaaa und coaaa mit zurückgezoge-
nem aceent verschmolzen ist; blofs "Eöeatfa nohg JSvgiag
anoixia riJQ kv Maxedovii^ und TliTQoaaa vijaog Kthxiag^
die also vielleicht nicht einmal griechisch sind, machen eine
ausnähme. — Einen interessanten gefährten erhält auch das
bomer. fjLiraaoav = ^era^rjai im inLcaa p. 268, 21 des
Hekataos: MvYifioövvrig rj ^ijtoyevovg (Lentz schreibt so
für ^ dioäsyovov) x^Q^^^^og ümaaa statt ini-rja ,,tochter".
p. 172 oben. Die Vorschrift Herodians, xvlaa mit
einem a zu schreiben, die ich früher aus etymologischen
gründen verworfen, verdient gar keine beachtnng, weil er,
wie aus Lentz p. 266, 13 sq. hervorgeht (cf. II p. 536, 11),
das wort vom fut. xviao)^ dessen präs. xvi^coj herleitete und
de fs wegen (Sio xai Si ivog re ygafftrai a xal ixTa(fiv
iXaßB Tov i) diese Orthographie aufstellte, wie man vvtföa
von viföcco präs. u. s. w. abstammen liefs.
4) Für die femininbildungen, wo j von fa ganz
verschwindet, trage ich folgendes nach:
Wenn gleich die Ortsnamen auf ov(SHa = q/rerja von
denen auf ovaa «= ovrja etymologisch durchaus verschie-
den sind, bietet doch Lentz p, 269 auch beispiele der Ver-
wechselung, indem diese Zusammenstellung von Ortsnamen
auf ovaa mehrere enthält, deren grundform unzweifelhaft
ofstja ist, wie 'Av&i^ovda „blumenreiche % Jqvovaay Ko-
xXiovaa^ IIoqcpVQOvaa kxaXelTO vijfSog Kvd^rjga Sid t6 xaA-
Xog TcSv Tiegl avrrjv noQifVQc^v^ dag ^AQiOTOTiXtjg u. s. w.
Deutlich liegt die Vermischung vor in <Pdxov(fa x(üfjLri
fiera^ Alyvnrov xal Ttjg 'Egv&gäg &alda0f]g. ^Stgaßtav
iZ,' (p. 805). ^Exaralog di Q^axoBddai xai fpaxoiaaaig qrijaL
Jdcpvovaa' ovtcag Jacfvovvra noXiv ^iaxixriv (p^öiv Ei-
q)ogiwv, ffiTVovaa ij vdr^gov <Pdöf]hg, ovnag xal riAd^--
t/jaxog ndXai kxaXBiro^ d)g Jt^toxog 6 Kv^ixfjvog'y aber p.
270, 6 IIiTVOvaaai vijtSoi äidcpogoij ag IIiTVciSeig xaXei
IdhcfJidv. !dQyivvovaa v^(fog Ttqog ty ijTtsigtp tf^g Tgw-
dSog nagd t6 'Agyevvov dxQfattjgiov ^ dcp' ov aQyavvosig
xal xatd awaig^aw dgyevvovg xai !Agyivvovaa. Alytl*
govaa noXig rijg MtyaglSog^ wg JSrgdßoav (9 p. 394). A^-
yBtai xal AtyuQog, (hg Q^ono^inog TtevTtjxoarrj %x.trj^ aber
118 Misteli
AlyniQOVööa noXig AloXidog^ (og 'Hgodotog (I, 148). 'Otfi-
ovaa kxaXeiTo rj KvO-vog vrjoog, aber 'Oipioidcfcc* ovtfag
ixaXüTO rj Aißvti^ (og IloXviaTcoQ, xai ly 'Podog xal tj T^-
vog xal 7] Tvga noXig u. 8. w. Wahre participien des prÄ-
sens dagegen stellen dar ^igovaa^ Kgiovaa^ MiSovaa.
So war, veranlafst von der Vorliebe des griechischen, den
ton zurückzuziehen, die äufserliohe regel geltend ge-
worden, dafs die auf ovaaa properispomenirt, die auf ovaa
proparoxytonirt werden, was p. 267, 25 beweist: rä dg
ööct vnegSiavXXaßa änagaüx^fAccriara ngonago^vverai ^ «i
fiT^ napaXrjyoi ov. Davon machen eine ausnähme und wei-
sen auf den eigentlichen unterschied p. 270, 28 'die drei
früher genannten ctid'ovfStsa als appellativ, aber Al&owsa
als eigenname p. 269, 7, "Epinovaaa und 2vQdxovaaai^ bei
denen von einer zusammenziehung aus ofarja nicht die
rede sein kann.
p. 172 mitt. IIvQQa zählte ich auf Buttmann's au-
torität hin (ausfDhrl. griech. sprachl. I 1830 p. 140) unter
den kurzvocaligen auf, ohne dafs ich bis jetzt dafür einen
kanon hätte beibringen können; vielmehr steht bei Lent2
p. 266, 1 UvQQa nohg hv yfi(^ß(p* 'iati xal xdfjLi} Aiyv^
arixijg unter den Wörtern mit ä, deren reihe p. 264, 10
mit den worten eröfihet wird: ra slg gä fiovoyevi] fjLBt
inmXoxijg avfKpdvov nago^vvsrai xai fiaxgov H^^i t6 a,
Dafs gg davon eine ausnähme begründe, wird nirgends
gesagt.
p. 172 unt. Zu IloXvSafAva stelle ich aus Lentz p.
256, 31 die beiden frauennamen Mrj^fiva und Ugoovfiva
fxoiga rov Üfigyovg, KdXvuva vi^aog^ dagegen NdvvfAva n6*
Xig JSixeXiag hat nur eine äufserliche analogie mit den an-
dern doch wohl durch das feminine vice gebildeten namen,
da es den stamm 6vofjiaV' enthält.
p. 176. Aus Lentz habe ich auch zu den mit dem
abstractsnffix lä gebildeten Wörtern, deren a an sich
lang ist, aufser wo v als j den gewöhnlichen verändenm*
gen unterliegt oder mit vorhergehendem vocale sich zum
diphthongen verbindet, nachtrage zu liefern.
1) Unter denjenigen abstracten, die das i d^r en-
nachtrttge und berichtigiiiigen zu XVII, 81 Bqq. 119
dang mit vorhergehendem vocal zum diphthon-
gen verbinden, sind unklar die bei Lentz p. 281,15
angefahrten iaaoia mit der anmerkang: idem videtur at-
que iccy/a i. e. ovaia esse und rgirroia i) &vaia^ rjrig ix
TQiüv ^iawv kdvBTO Tj oTi TQiysvTJ ^v TU &v6jnevaj während
für Homer's vsoii] IL XXIII, 604 in der form mit a vsoia,
nicht vioia^ vorgeschrieben wird, wohl weil das wort nur
aas Homer bekannt ist, also nur in der form mit 77, die
daher auch für die praktisch nicht vorkommende a-form
die betonung hergeben mufste.
Zu dem sonderbaren legela (paroxyt.) der Attiker (s.
Lentz I p. 24S, 23 und II p.454, 20) füge ich als parallele
unter den abstracta die p. 280, 31 verzeichneten kyx^^
and kX^Yx^ict desselben dialektes, die den accent, welchen
die älteren Attiker allen abstracten auf Bia und oia sn-
theilten nach p. 302 anm. z. 1. 11, vereinzelt noch in He-
rodian's zeiten behielten.
2) Bei jenen abstracten, die i von ja zurücktre-
ten liefsen, gebe ich dem XVII d. zeitschr. p. 177 er-
wähnten äfivva als geföhrten hv&vva „rechenschaft^ bei
=s Bvdviva = ev&iSv-^a^ vom stamme ev&vv'^ *den das
adjectiv evd^v- noch im verbum ev&vvsiv = bvOvvjhv zeigt,
wörtlich „geradheit^ d. h. activ „gerades und unpartheii-
sches verfahren derer, die recbenschaft fordern^ und
passiv ^gerades und offenes benehmen derer, die recben-
schaft ablegen^. Dafs die stamme auf w- neben t;- nicht
blofs in verben zu tage treten, zeigt homer. i^vv-rata, und
das mit äuvva und tv&vva bei Lentz p. 257, 37 aufge-
zählte x^kvva, freilich eine femininbildung, = ^^ilvv-ja von
Xilvg „Schildkröte^, wenn man nicht etwa x^lv-vja abzu-
theilen und das femininsuffix via darin zu sehen hat; in
welchem verhältnifs x^^^S "^^ ;^Uwck zum gewöhnlichen
Xslcivi] stehen, weifs ich allerdings nicht anzugeben.
3) Diejenigen abstracta, die j von ja dem vorher-
gehenden consonanten assimilirten, vermehre ich
durch yivva „geburt, abstammung^, das femininbildungen
wie JixTvvva ganz gleichsteht; 6a(fa „gerücht** = (ix-;;/«;
äfiakka „garbe^, das als dritte gestalt zu afidXa und
I
120 MistoU
ofäXia tritt =s ccfA-aX-ja „zasammeDfassnng^ and nar da>
darch von den beiden anderen sich etwas weiter entfernt,
dafs es von der wurzelform ^ctXy äX ausgeht, wovon aXiqq^
aXi^\ xvv^aj o el fikv inl tov ifvrov^ avyxont] h(STiV olov
y^X^f^^^^V^oio xovv^rjg^^ ei dk knl rov naQBCf&aQfAivov xai
kQQimcofjiivov ^ ov avyxon^ ktfnv, aXX* äno tov xiniiOf itqt*
ov xvvog rj tp&ogd olov j^xara xvvog HxBvev, tpiXcoTO äi
xdgrjva^y yivnai xvv^a wg naqä Idvaxgiovn ^xvv^fj rig
'^Stj xtti nenBiija yivo^ai a^v Siä fiaQyoavvrjv (Lentz p.
251, 7). Von xvvoo unmittelbar aber kann xvv^a nicht her-
kommen, sondern setzt einen stamm xvvd und ein präs.
xvv^fo voraus, das nur in zweifelhafter spur sich wirklich
findet; vielleicht mufs man auch mit Lobeck paralipp. 406
xvv^a betonen, weil xvvio langes v hat; die ursprüngliche
bedeutung „kratzung^ scheint für die bezeichnung einer
stark riechenden pflanze (Passow), attisch auch axovv^a
genannt, und der kratze ganz angemessen.
4) Zu den abstracten, welche j verloren gehen liefsen,
zu den früher genannten auai,a, do^a, fiv^cc, weifs ich nur
noch (fvaa „das blasen, der blasebalg^, freilich mit zwei-
feln, zu stellen. Das aus (fvatidw zu entnehmende (pvaiä
hat das t erhalten, welches tpida und (pvftdta abhimden
gekommen. Das sufBx scheint ja, nicht tjä, zu sein we-
gen noKfvttaetv „schnauben^ = not-tpva'juv ^ das e als
Weiterbildung der einfachen wurzel cpv zeigt (vergl. Cur-
tius*) grundz. d. griech. etym. 11% 91; 11% 447). Auch
*) Wenn Curtius lat. spirare von spu ableiten und mit den genannten
griechischen w5rtem in Zusammenhang bringen will, so scheint mir die ent*
stehung von I aus ü unmöglich und die beigebrachten beispiele ungenügend.
Üben ttlter mit oi, entspringt aus der wurzelform Üb , während osk. lovfireüi
der form lub; beide worte laufen neben einander parallel; in soffire aber
=r sub-f!re entspricht i präsentischem ja von *dhGj5mi und gehört ku den
XVII, 106 d. zeitschr. aufgezählten verben, die der vierten, statt der coxju*
gation von capio folgen; das stammhafbe u fiel aus wie in der ftit.-endnng
bo, bis, bit := *bhujs(mi) -Jasi -jati; darnach erscheint auch flo, fla, fit
9 werden ** eben hieraus entsprungen und im gründe mit der fut.-endnng
identisch. Die unterschiedene behandlung des gemeinschaftlichen *bhttjaniy
-jasi, -jati rechtfertigt sich durch die verschiedene bedeutung als ftitnr und
als passiv vollkommen, wobei man an unser „werden" denke. Was die an-
genommene präsensgestalt dhuja- anlangt — altind. dhü bildet dhnnö- dh^i-
dhäva- (?) dhuvi- nach Westergaard Rad. ling. Sanscr. s. v. -», so bietet
nachtrage und berichtigungen zu XVII, 81 sqq. 121
wäre (fv-tia tpvoia geblieben, wie fiberall wo ein vocal
vorhergeht, während cfva-ia^ wenn man das t nicht anmit-
telbar einbfifsen lassen will, zunächst in (pv6-aa verwan-
delt werden kann, worin man nur ein a zumal nach einem
langen vocale schreibt. Denn die länge des vocals muTs
man, weil (pvaiä sie durch die Verschmelzung mit dem
fibergetretenen suffixalen i zu erklären verbietet, nur in die
worzel verlegen, die ein kurzes v in (pvalyva&og „paus^
back** zeigt, üeber (pvoxa „schwiele** neben qwax^ wage
ich keine vermuthung.
p. 178. Die bedeutung von Üdgj^ovQa „weifsfeld^ und
ÜdQYiaaa „die weifse** stfitzt sich gegenseitig dadurch, dafs
beide namen dieselbe Stadt bezeichnen, was aus Lentz durch
vergleicbung von p. 268, 22 mit p. 263, 28 hervorgeht:
''Agyicaa nolig rj vtfreqov jiQyovga und Üdqyovqa nokig 6ea^
{faXiag fj ngovegov !^Qyi(Saa, Die formen auf -ovQa kann
ich noch mit xvvovqa bereichern und AvTiodovga^ das er-
stere = confinis, um namen aufsergriechischer Ortschaften
nicht anzuführen. Wegen xvv = con vergl. Savelsberg d.
zeitschr. XVI p. 62 sqq.
p. 179. Das verzeichnifs der etymologisch verdunkel-
ten Wörter, die also meine erklärung von a im nom. sing,
weder unterstützen noch widerlegen, vervollständige ich
noch durch folgende:
ßäiXXa „blutegel**; 86i(fa rj vygaaia Lentz p. 266,9;
H&BiQce „haar**; nebst "EyBOra noch andere Städtenamen
Lentz p. 271, 10 sq. mit derselben endung; &iQfiaaaa rj
xccfAivog p. 267, 26; Kixwa n. pr. p. 257, 37; xoXla „leim**,
wovon xoXXdooi xqoaaa „brustwehr** ; Avcca „wuth**; netaa
„Überredung** vielleicht aus Ttsvd-^ia^ nsv&aa (wegen der
wurzdform Yg\. TiBV&sqog); nlva knl tov 6(Tr()^ot; p. 256, 6;
aiyvva „Wurfspeer**; (paiaa n. pr., wozu eine masse geo-
graphischer eigennamen auf a von p. 251 bis p. 271 kom-
men und Tava Eva "Egeva auf p. 303, 22 sq.; endlich
sie, fireilich in anderer bedeutung, griech. ^vlto hymn. hom. Merc. 560, daa
sich zu lat. fio von suffio gerade so verhttlt, wie ttol. <pv£(a zu Ho (factus
suni).
122 Misteli
xpM^a „fäulnifs*. — Wegen ^svyXa^ das ich nach Franke:
über d. darstell, d. ersten griecb. decl. (Lingen 1866) anf-
genommen, füge ich aus Lentz die stelle p. 255 anm. ans
Chor. dict. den von Franke aasgeschriebenen bei: ofAoiwg
dk xal TCc 'i^ovra to X kv knmkoxy avfjitfwvov r^ t] jfofi-
Qovöiv^ olov ^Bvyh}^ TQiyXi], xl^^f^f ofiix^t] {t6 yäg ^sv/hx
evqe&ev naqä roig ag^ccloig Tiara noitjTixrjv k^ovoiav öwi-
areile t6 t] ali^ a).
Eine andere classe von Wörtern zeigt ein eigentbüm-
liches ri^ wo man lieber a sähe; es sind zunächst appella-
tive wie dcotivfj „gäbe**; riganivt} ^heldin^; &gidaxivfj „lat-
tich"; iargivt] „ärztin"; nvrivtj „ korbflasche ^ ; vüfiivi]
^ Schlacht^; und eigennamen wie ^Irjtivt]^ 'AdQrjötivfj, 'Axqi^
(fioivtj^ !djtiVfxoivrj^ !ATQVT(6vr]j Jicivt]^ *HXBXTQt(ivr}^ *IxaQU&Vfjj
TvvSaQEvjvti , 'Sixsavivrj; über die auf Ii'iy vergl. Lentz p.
533, 3 sqq. Die lange penultima aller dieser Wörter, na-
mentlich T könnte ein aufgenommenes t oder j der endang
verrathen und auf ja als sufüx weisen. Zuerst scheiden
sich die femininbildungen wieder in 1) patronymiea,
die von den männlichen formen auf ojv vermittelst des Suf-
fixes ja abgeleitet sind nach Leo Meyer vergl. gramm.
II, 396 , obgleich dieselben von den vorliegenden Wörtern
gerade nicht nachgewiesen werden können. Als beispiele
jedoch, dafs icdv zur bezeichnung der abstammung anoh
bei stammen auf o diene, führe ich Ovgaviwveg von oiga-
vog, Kqovicov von Kgöpog^ 'Avö^ejuicov von av&sfiov an, so
dafs man ähnliche ableitungen von wxeavog^ *!A8QriöTog and
AlrjTt]g ansetzen darf, deren twv in 'Sixeavivr] und ^Ifjrivfji
sich in 7v zusammenzog; bei 'Axgiatog^ 'Ixdgiog^ TvvSAgBog
ist ein l weggefallen und 'HlsxTgicav hat eine ganze fiilbe
eingeböfst, alle eine Verstümmelung erlitten; 2) gatten-
namen, wie diefs unzweifelhaft ist von Jkovtj = Jif(üpffj
vom verstärkten thema divän nach Benfey Or. und Occ.
I, 280 und von 'Auv^divri und lAtQvrdvt] der fall sein mag;
ihnen gehören auch die späteren, zum theil unrichtig ge-
bildeten YiQwivi^ und largivT] (a. a. o. p. 290) an. Als ab-
stractnamen kennzeichnen sich da>Tivtj = öwuutinj = dft-
tjä- njä nach Leo Meyer (s. oben), und vauivtj = wffiumi
nftchtrftge und berichtigungen zn XVII, 81 sqq. 123
=s v(ffiivJ7] und mit seinem -^uvjri ist lat. -mönia zu ver-
gleichen. Eben aber, Weil es gerade so verändert worden
wie äfjivva &= afivvja und die abstracta auf la, wenn sie
das Suffix in anderer gestalt hervortreten lassen, mit den
femininen auf ja zusammengeworfen werden (XVII p. 178
d. zeitscbr.), sollte man attisch va^lva erwarten und ich
zweifle nicht, dafs so das wort gelautet hätte, wäre es
nicht rein poetisch und müfste daher stets in jonischer
form auftreten; ähnlich verhält es sich mit ^ti/i^ „vorwand,
entschnldigung ^ (XVII p. 177 d. zeitschr.) und oben mit
VBoiä. Als unqualificirbarer rest bleiben mir allerdings die
ausdrücke fQr „lattich^ und „korbflasche^ übrig. Für die
übrigen dagegen fQhre ich folgendes an : diejenigen, welche
in der penultima eine Verkürzung erfahren haben, schei-
nen einen ersatz im Vf statt a des Schlusses zu finden;
deutlich wurde das an küa fbr A<Za, das aus Xripia ge-
kürzt ist. Sollte diese analogie nicht genügen, so läfst
sich die entschuldigung der gattennamen auch auf die
ihnen gleichen patronymica anwenden. Es haben die erste-
ren nämlich schon vor der speciell griechischen sprach-
periode zum theil j von ja verloren, was eben aus Diana
neben Jidvrj erhellt; denn enthielte Diana eine spur vonj
des schliefsenden ja, so stände etwa Deina (statt Dilna;
vergl. pie-tas fQr pii-tas aus pio-tas, socie-tas für socii-tas
aus socio-tas n. s. w.), wie regina = reganja oder -tivns
= tavjas es sicher schliefsen lassen. Den verlust von j
haben auch Bellöna Epöna Latöna Pomöna^) erlitten, die
sonst entweder auf oena ausgiengen, wie das merkwürdige
amoenus = amanja^^) ein part. fut. pass. zeigt, oder auf
üna oder Ina, da oi sich gerne in diese beiden vocale ver-
schwemmt, oder endlich auf onia wie Feronia und die Sub-
stantive auf mönia. Diese mannigfaltigen weisen, durch
*) matröna gehört nicht hieher; denn obwohl ein inatrönus, a, um
nicht existirt, so macht doch patrönns ein matronus sehr wahrscheinlich und
erlaubt nicht, matröna eine reine femininendung anja zuzusprechen, die
von den adjectiven auf na und nja durchaus getrennt ist.
**) 6, Orient und Occident I p. 281; nur ist die Zusammenstellung mit
altind. kam nicht sicher.
124 Misteli, nachtrttge und berichtigungen zu XVII, 81 sqq.
die anja repräsentirt sein könnte, machen es nicht eben
wahrscheinlich, dafs in Diana und Latöna u. 8. w. ä und ö
aus ai und oi zusammengezogen sind, wie in äs als gen.
sing. = als oder in cögo (coegi) aus co-igo u. s. w. Wird
aber dadurch die vorgriechische einbufse von j in diesen
wortern erwiesen, hat es nichts mehr sonderbares, wenn tj
antrat, weil ä nur an die gesellschaft von Torausgehendem
j gewöhnt war.
p. 188. Zu den beispielen der verkfirzung von t^ zu
B f&ge ich noch (fisg ss a^Tsgj ükfav =s (ftjrwv „motte^
und ysiTcov „nachbar^, falls es mit yt^ zusammenhängt,
und wie leicht das mit t] der ausspräche nach verwandte
61 sein V einbüfst, wodurch hinwieder jene Senkung von jj
zu 6 sich erklärt, ersieht man auch aus Lentz p. 275, der
nach Steph. Byz. etwa ein dutzend städtenamen aufzählt
wie !^ydf4fji6ia. Aiytrai 8h xai *AyafAiArj tag ngkaßua 9t(fiaßij
xal TO ßaaikeia xara avvaXoKprjv ßaaih^. divarai 8i xai
t6 HyaiifiBia kx tov 'Ay&fXfAri d)g t6 Iltp^eXonsia ix tov
IltjveXoTti], Das letztere wird nun wegen ßaallij unwahr-
scheinlich, das aus ßaaiXeia durch die mittelstufe -iUa ent-
sprungen sein mufs; p. 280, 9 i] vijaog fl^avaydgfj xal
(pavayoQBia; ein städtename bietet sogar alle drei formen
MavTivBia noXig '/tgxaSiag Mavrivf], ""OfiijQog Sä „ot Te-
yirjv Bi^ov xal Mavrivitjv kgatBivriv^. II, II, 607; ein an-
derer blofs die erste und zweite M&XBia und MaXia. Son-
derbar p. 278, 30: K&QnBiä* ovxoag rivkg rijv KäXntjv nS-
Xiv (paai,
St. Gallen, im juli 1869. Franz MistelL
Gradi, zur künde deutscher mnndarten. 125
Zur künde deutscher mundarten.
Wortstamm FIK.
FIE; a) fikkan, fak, fukkum (lat. pug-, ping-, pung-)
und (analog deo fölleo fledermaus, fiederwisch, flitich^
flachs, flinkem, flunkern u. s. w. gegenüber: feder, fittich,
vahs, funke etc.) mit 1 erweitert: ß) flikkan, flak, flukkum;
Urbedeutung: a) hin und her fahren, besonders reibend,
streifend an etwas; daraus entwickelten sich als weitere
bedeutungen: (neutra) b) vagieren, c) eilen, d) flattern,
e) sich verändern; (aktiva) f) schlagen, g) antreiben, reizen,
h) betriegen, i) staprare, k) rühren, 1) beifsen.
1) fick; ficken, hd. 1) kurze, rasche bewegungen machen,
2) ruthenstreiche geben, Weigand wb. I, 338. Schwenck
177, 3) coire. Frisch I, 265 a; — ahd. (ficchan) 4) rei-
ben, Grafi*; — engl, (to fidge) 5) unruhig sein, 6) her-
umlaufen; — schwed. (fika) 7) schnell eilen, 8) eifrig
bewerben; — bair. (fick'^n) 9) hin und her fahren,
Schm. I, 510; — kärnth. wie 2); in Unterkärnthen auch
3), Lexer 95; — tirol. 10) ein wenig schlagen, 11) juk-
ken, 12) beifsen, auch 4) und 2), Schöpf 135. 136; —
Schweiz, (figgen) wie 4), Stalder I, 368; — schwäb. (fik-
ken) 13) rühren, auch 12), Schmid; — henneb. (ficken,
fickeln) wie 4), Reinwald I, 33. Fromm. HI, 137; —
schles. 3), Weinhold 20 a; — westerwäld. (ficke) wie
4), Schmidt 57; — holstein. (fikken) wie 3), Schütze
I, 315.
Ficke, f., hd. tasche, dasselbe schwed. ficka, dän.
fikke, pld. ficke (mlat. ficacium, wahrscheinlich nach der
öfteren bewegung so genannt); — fickel, m., hd. und
dial. (z. b. ostfränk.), membrum virile, Frisch a. a. o«;
— ags. ficol, engl, fickle, veränderlich, flatterhaft.
Intensivum ^fickezen (öst. fickizen), ^fikzen, hd. und
dial. fitzen, wie 2); mit verhärtetem anlaut: Schweiz,
pfitzen, eilig hin und her rennen, Stalder; dial. auch,
mit breiterem tsch fdr z: fitschen, hin und her flattern,
reiben, Schwenck 181; kärnt. fitschein, steinchen über
126 Gradl
die Oberfläche des wassers springen machen, Lexer 96;
— hieher auch das dialektische fitscb- (imd mit Ver-
härtung des anlautes:) pfitschepfeil, Schmeller I, 326.
Höfer II, 327. Lexer 26 (er schreibt pfütschepfeil, zu
pfutsch?). Schöpf 498. Petters andeut. 15. Krahl kom-
motauer progr. für 1863 s. 162; — gehört hieher auch
bair. fitschein, hin und her plaudern?
Ableitung mit -s (?): hd. fix, eilig; — schwed. fixa,
eifrig sich bestreben.
2) fack; fachen, hd., durch bewegung wind yemrsaobeD
(s. fächer); — fackeln, hd., schnell hin und her bewe-
gen, dann betriegen, täuschen, lügen (Göthe: „die mut*
ter hat gefackelt^) ; — ostfränk. (Nürnberg) langsam eu
werke gehn, zaudern (ursprüngl. : viel nebenbewegUDgeD,
aber nicht die eigentliche thun), Schm. 1, 507; — schwed.
(Qäcka) hin und her laufen; — mhd. feggen, antreiben,
reizen; — engl, (mit erweichter gutturale) feague, peit-
schen, munter machen.
*Facke, subst.; Schweiz, iäcken, fackteo, flügel,
fäckli, kleiderschofs, rocktasche, Stalder (vergl. oben
fieke).
Intensivum ^fackezen; bair. &chezen (▼. fachen)^ fun-
keln (eigentl. hin und her fahren vom Schimmer), Schm.
I, 507; — bair. fätscheln (tsch = z, fätzeln, *faki«ilen),
hin und her laufen, Schm. I, 638; — sdiweiz. fätzen,
hadern, necken, Stalder; hieher (und nicht zu lat. fa-
cetiae etc.) möchte ich das vulgärdeutsche faxen, pos-
sen, stellen, wozu Schmeller die doppelformen: fachsen
(das wäre ^fachfs'n = ^fach'zen) und fatzen (= fake-
zen, fakzen) hat, I, 508. 579 und Höfer II, 202. Schmid
183. Fromm. II, 341. Das wort scheint darnach zuerst
das possenhafte geberdenspiel (bewegungen), dann erst
auch die komik des dabei gesprochenen (der worte) zu
bedeuten.
Ableitung mit -ieren: obersächs., thüring. und ost-
fränk. ßichian, hd. fakiren oder fachieren, rasche hand-
bewegungen machen (Cramer, reise zur hochzeit.I, 82:
„ihm unter der nase berumfagirend*^, ebd. I, 123: „nach
zur künde deutscher mundarten. 127
der gegend hin fagiren sah^ ; gartenlaube 1858 8. 262
„gerade so vagieren sie mit den bänden^).
Die beiden ablautformen geben: hd. fickfacken, hin
und her laufen ohne eigentliche absieht, leichtfertige
händel anfangen; pld. fickfack, ruthe (als das schlagende);
8wd. fickfack, n., blendwerk (der „herumfahrende^
schein).
3) fuck; a) *fucchen, *fticchjan; engl, (fudge) betrügen,
Windbeuteln, (fuck) beschlafen; — altn. fycka, hin und--
her sehweifen ; — mark, fucken, von schneller bewegung,
Wöste volksfiberlieferungen.
Nomina: märkisch fuck, m. =ss flug, Schnelligkeit;
spafs, scherz, Wöste a. a. o.; — westerwäldisch dass.
= vortheil, handgriff, Schmidt 61; — rheinisch dass.
= list, betrug, Fromm. IV, 262, 10.
Ableitungen -ein, -ern : ober- und mitteldeutsch fuk-
kern, fuckeln, betrügerisch umgehen, bes. im spiele^
handel (durch schnelle bewegungen übertölpeln), fuckeln
auch: rasch hin und her fahren, handel suchen, fuggern,
diebsgriffe versuchen, heimlich entwenden (schnell weg-
nehmen), Schm. I, 508 fg. Stalder I, 402. Schmidt 62.
Hennig 75. Weinhold 24. Bock 12. Fromm. HI, 132.
133. 366, 17. 373. IV, 262, 10; — thüringisch (mit er-,
weichter gutturale) fugein, auf dem eise gleiten, auf
dem Schlitten fahren, Keller thüring. idiot. 22. — Dia^
lektisch: fucker, fuckerer (focher), fächer, blasebalg,
Schwenck 189.
Ableitung -t: fuchtel, hd. und dialekt., 1) degen
(wol vom herumschlagen genannt, kaum zu fechten),
2) flüchtige leichtsinnige weibsperson; fuchteln, rasch
^ hin und her fahren, Schwenck 1 98. Schm. I, 509. Schöpf
158. Lexer 104. Höfer 1,251. Bjahl a. a. o. 162; —
kärnth. fucht'l, auch fackel, fucht'ln, die fackel schwin-
gen, dann rasch hin und her fahren, Lexer a. a. o. ; —
Schweiz, fuchten, zanken, schmähen, Stalder (wol wegen
der hastigen handbewegungen) and dazu allgem. dial.:
fuehtig, fuchti', zornig, mürrisch (ursprüngl. wol pol-*
128 Oradl
terndj, Krahl 162. Lexer t04. Schm. I, 509. Weinh. 24a
Schöpf 158. Fromm. VI, 511.
Ableitung -ez (-efs) : ostfränk. fukfs'D, ümm*-, herum-
schlagen, toben; — hd. und allgem. dialekt. fuk&'n,
schlimm behandeln, prügeln ( — also nicht vom stu-
dentischen „fuchs^), Schwenck 198. Schm. 1,508. Höfer
1,251. Castelli 134. Schöpf 158. Stalder I, 407. Schmid
207. Lexer 104. Weinhold 24. Fromm. III, 185, 42; —
tirol. (und anderswo) fukfs'n auch: entwenden, stehlen,
wofür häufiger die diminutivform fükfs'ln. Schöpf a. a. c;
— ostfränk. äs-fukfs'n, betrügen, daran kriegen, Qber-
vortheilen, Kohl in Fromm. VI, 171; mit assimilation
des kfs (= kz) in zz: Schweiz, pfutzen, eilig hin und
her rennen (s. o. pfitzen) und mit vergröberung des tz:
bair. und Schweiz, futschen, hin und her rutschen, Sohm.
I, 578. Stalder I, 408. Den gleichen verhärteten anlaat
(pf aus f), zugleich mit vergröberung des z zeigt kämth.
tirol.: pfutsch'n, schnell dahin schlüpfen, Lexer 26.
Schöpf 504; aus den letzteren formen rückgebildet
(vereinfacht) bajoar. futsch, pfiitsch, interj., ausdruck
einer augenblicklichen bewegung, theil weise auch ad-
jektivisch (adverbiell) gebraucht s= fort, verschwanden
(s. ostfränk. des is fiitsch — auf und davon), Schm.
I, 326. Lexer a. a. o. Schöpf a. a. o. ; Lexer gibt (ebd.)
noch : pfutsch, m., schnelle bewegung, pfutschig ini re-
den kurz angebunden, empfindlich, pf&tschele ein so
beschaffenes mädchen und „wahrscheinlich auch pfllt-
schepfeil^ (s. o.), ,Jedenfalls aber pfutschkünink, Zaun-
könig.
b) *fucchan, ^focken; nürnberg. fock'^n, suis, schön
thun (von der tätschelnden und streichelnden bewegung),
Schm. I, 511 (hieher auch schwed. fock, m., focka, f.,
dän. fok, pld. fokke, daraus ins hochdeutsche eingedrun-
gen = segel, vom herumschlagen genannt und pld.
focke, focker, reiherart mit drei langen federn am köpfe,
durch tropus wieder aus dem vorigen??); sicher hiehor
pld. focher ss fucker, fiickerer (s. o.).
Ableitung -ez: nümbergisch fotz'ln (^fiiokasilao).
zur künde deutscher mundarten. 129
langsam sein, schläfrig arbeiten, auf dem billard verzagt
stofsen (letztere bedeutung vielleicht ursprünglicher),
Schm. I, 582.
4) flick; flicken, bair. österr. tirol. »8 schlagen, Schm.
II, 585. Höfer I, 231. Schöpf 143 (bair. österr. jemanden
flicken == mit ihm freundschaft hegen, Schm. I, 585.
Höfer a. a. o., scheint dem sinne nach schwerer herzu-
passen); ist die form in Fastnachtsspielen 553,6: „die
gab mir nechten her bescheit, das ich mich solt mit ir
zu flicken^ intransitiv, aber der nachfolgenden bedeu-
tung?). Ostfränk. kämt, tirol. s= stuprare, Lexer 98.
Schöpf a. a. o. (Zur vermengung mit flicken = suere
vgl. holsteinisch sik neien laten = sich nähen lassen,
coitum admittere und mhd« „doch wünsche ich, da5
mir an ir ram^ (näh-rahmen) „min drihe schöne er-
klinge^, Hagens Minnes. U, 209; überhaupt sind, hier
zu erwähnen, die bezeichnungen von einer beliebigen
arbeit auf den geschlechtlichen akt sehr häufig ange-
wandt;, ich merke an, das dafür in gewissen redewen^
düngen des ostfränk. z. b. schnaida'n, schousta'n, va-
nä'n, vernähen, und so viele andere gebraucht werden
können; aus dem mittelhochdeutschen finde ich für jetzt
die phrasen: „ich warf ir den minen zwio (vgl. „zweck^
des Schuhmachers) da vil balde^, Hagens Minnes. III,
189 b, „si kuste in an sinen munt: des wurt si zuo der
stunt vil vaste bezwicket^, Eneit 825, „bi3 stn wip ge-
naht (gebohrt) ein frömder in stm garten^, lieders. HI,
16,419).
Nomen: schwed. flicka, mädchen, dime (nach ähn-
lichem Übergang, wie er in dialektischen : fea^m'rl, fötz'I
vorkommt).
Ableitung -ez (^flickezen, *flitzen) vergröbert flitschen,
flattern, Schm. I, 594; — flitz- auch in: flitzpfeil, flitz-
bogen, flitschbogen, Schwenck 187, mhd. vliz, bogen,
nnl. vlits, pfeil, dän. flits-bue (flitz -bogen), armbrust,
engl, fletcher, bogner, schwäb. pflitschpfeil, pflitschpfeil-
bogen, Schmid 63; daraus die romanischen formen:
mittellat. flecha, französ. fleche, ital. freccia, span. flecha.
Zeitschr. f. ygl. sprachf. XIX. 2. 9
130 Gradl, zur künde deutscher niundarten.
Ableitung -eren: ags. fliccerian, engl, flicker.
5) flack; altn. fiaka, schwed. flacka, dän. flakke, herum-
streifen, herumschweifen, dialektisch flakken, sich schnell
bin und her bewegen, Schwenck 182; bair. flacken, lie-
gen, Schm. I, 384.
Ableitung -t: schwed. fläkta, leise wehen, säuseln
(sich leicht bewegen, von der luft).
Ableitung -eren: hd. flackern, hin und her fahren
(von der flamme).
6) fluck (die einfache form kann ich noch nicht belegen).
Ableitung -eren : ahd. vlokarön , vlogaron , vlogara-
zan, volitare (gehört aber schwerlich hieher, vgl. vlio-
gan).
Ableitung -ez: ahd. vlocchazan (flockezen, Wilh.
398, 13; fluchezen, Haupt VIII, 131), volitare (des ch
halber hieher, kaum zu vliogan, obwol auch von die-
sem vlucchi abstammt, s. d. folgende); bair. fletschen,
flattern, als subst. flügel, Schm. I, 595.
Angereiht können noch einige formen werden, deren
Stammvokal unbedingt nicht in dieses verbalklassen-
schema pafst, deren bedeutung aber auf diesen stamm
(auf nebenformen desselben?) hinweist.
7) fauk; dialektisch: faukeln, heimlich entwenden, betriegen
(s. o. fudge u. 8. w.), bei Schwenck 170; Schweiz.: faü-
ken, feucken, feken, feeken, heimlich entwenden, zwak-
ken, Stalder.
8) flaug; bair. flaugezen, flfickern, lodern, Schm. I, ö92,
Eger in Böhmen, nov. 1868.
Heinrich Gradl.
Rödiger, anzeigen. 131
Studien zur griech. und lat. grammatik, herausg. von G. Curtius, heft
I und II (IV, 261 8. und 298 s.). Leizig 1868.
Die vorbezeichnete Sammlung von abhandlungen, dic^
in zwanglosen heften fortgesetzt werden soll, bezweckt laut
angäbe der vorrede werthvolle arbeiten geringeren umfange
vor ihrem gewöhnlichen Schicksal, übersehen oder bald
vergessen zu werden, zu bewahren. Es bedarf keiner aus-
einandersetzung, wie es überhaupt verdienstlich sei, den
ertrag kleinerer arbeiten auch weiteren kreisen dadurch zu
sichern, dafs sie zu gröfseren convoluten zusammenge-
schlossen an den markt gebracht werden. Hier steht zu-
dem für die tüchtigkeit der veröffentlichten arbeiten die
ägide ein, unter der sie erscheinen, und so wird das unter-
nehmen, das rüstig fortschreitet, überall eines freundlichen
Willkommens gewärtig sein können.
Die zwei vorliegenden ansehnlichen hefte enthalten
aufser einigen miscellen des herausgebers und einer abhand-
Inng von B. Delbrück nur arbeiten jüngerer kräfte. Die
miscellen nehmen in heft I die ss. 237 — 161, in heft II
SS. 27t — 297 ein und haben die Überschriften: 1) iW/ir,
2) attisches ^ statt ä in der a-declination, 3) das griech.
demitmtivsuffix -ytaXo^ 4) zur ausspräche der diphthongen
ai und Ol, 5) et nox 'ii]v^ 6) ßkoavgog. In ihnen allen tritt
uns die dem Verfasser eigene ruhige Sicherheit der Unter-
suchung und die umsieht in der behandlung des materials,
dem nach allen Seiten hin fruchtbare folgerungen abgewon-
nen und klärende bezieh ungen nachgewiesen werden, wohl-
thuend entgegen. No. 1 erklärt das dor. löafxi^ das neben
gemeingriechischem olöa hergeht, als eine vereinzelte dem
lat. sigmatischen perfect auf griech. boden entsprechende
bildung. No. 2 weist nach, dafs in xoQQrj^ f^^QV^ ^oQh
(d&ccQrj)^ wo ursprüngliches ä trotz des voraufgehenden {»
in rj übergegangen, vor dem endvocal ein a geschwunden
ist und beschäftigt sich hauptsächlich mit der etymologie
von Xü()?;, y.ovQt] und den verwandten Wörtern, die zu der
WZ. xoga^ x€Q(7 {xsiQoo) gezogen werden. In no. 6 winl
ßloavQog mit ßkaaädvia vermittelt, in no. 5 endlich für
das bisher acceptirte homerische ei not' byjv vorgeschlagen
9*
132 Rödiger
7] TiüT iitv oder hv. Meiner ausicht nach ist die hier
verlangte ersetzuug des y^ü^ durch „?]^ nicht haltbar, weil
die Verwendung der partikel 7] in dieser formel nicht recht
zu ihrem sonstigen gebrauche stimmen will; doch würde
hier eine weitere auseinandersetzung zu viel rauon bean-
spruchen.
Der kurze und gedrungene aber sehr ansprechende
aufsatz von B. Delbrück (h. II s. 131 — 140) untersucht
einige fälle von griech. gedehntem 7 und v neben entspre-
chendem kurzen vocal in den verwandten sprachen. Aus-
gehend von der eigenthümlichkeit des sanskrit vor r eine
Wandelung ursprünglichen a-lauts in i und u und weiter
deren Verlängerung eintreten zu lassen, weist er deqselben
lautwandel nach auf griech. boden in : x(h&ijj ßgi&w^ ßgi"
dann ;^(>v<Tüg, (fgvyu)^ ßgif^Ofi^ ß^v^ccofiai^ jQvnaw^ Tgi^ffi*
Schwerer zu erkennen ist der Vorgang im griechischen nur,
weil sich ihm auch noch eine metathese des () angeschlos-
sen hat und z. b. die wz. ^ßccQx = altind. barh sich nicht
nur zu *ßiQX(*i') sondern auch noch zu ß^tx^»^ umgebildet
hat. Vollständig einverstanden bin ich mit herrn D., und
heutzutage wird es wenige geben, die es nicht sind, wenn
er sich beiläufig gegen die „sozusagen, juristische auffas-
sung der ersatzdehnung^ ausspricht, „wonach ein vocal nur
deshalb gedehnt wird, damit die spräche nicht um eine
more zu kurz kommt^. Der weiteren behauptung des herrn
D., dafs „in den meisten fällen bei der ersatzdehnung ein
dauerlaut im spiele sei^, kann sogleich die folgende arbeit
des herrn Götze als bestätigung dienen, die allerdings zu-
gleich beweist, dafs falle anderer art doch auch nicht aus-
geschlossen sind.
Die arbeit des herrn Edm. Götze (heft II s. 143 —
190), „de productione syllabarum suppletoria linguae lati-
nae^ hebt sich insofern von den übrigen ab als sie allein
nicht dem gebiete des griechischen angehört. Es ist der
sorgsamen arbeit sehr zu statten gekommen und hat ihren
werth wesentlich erhöht, dafs dazu schon Corssen's 9 aus-
spräche und vocalismus'^ in zweiter aufläge hat benutzt werden
anzeigen. 133
köQDeo. Nach einer zusammenfassenden Übersicht ergibt
sich, dafs consonantenausfall überwiegend mit ersatzdehnung
eingetreten ist, nämlich in 108 fällen neben 16 fällen ohne
ersatz.
Herr G. fafst auf s. 149 das erste glied von quocirca
mit Corssen als accusativ (= quodcirca), während Bücheier
(lat. declin. s. 48) es für einen ablativ erklärt. Circa mit
dem ablativ sei nicht nachweisbar, ferner liege in idcirco
deutlich ein entsprechender accusativus vor und was die
eich findende tmesis angehe, auf die Bücheier bei quo circa
gewicht lege, so könne hier die Schreibung von quapropter
als zweier worte bei Terentius (Hec. 3, 3, 4) verglichen
werden, dessen vorderglied deshalb doch noch niemand fbr
einen ablativ gehalten hätte. Aber eben dieses quapropter
fahrt Bücheier (a. a. o. s. 52 u.), um ein „arvorsum ead^ im
S. C. de Bacc. zu stützen, mit antea (vgl. antidhac), praeter-
hac, postilla (vgl. posthac) als beispiel an fQr einen ablativ
neben einer praeposition, die sich sonst dem accusativ zu
verbinden pflegt. Sollten wir hiernach (vgl. noch intereä,
adeä, quöad Delbrück abl. loc. instrum. s. 47. 48) nicht be-
rechtigt sein trotz des idcirco den ablativ bei circa fbr
zulässig zu erachten und demgemäfs über quocirca zu be-
finden? — Herr G. will s. 158 nolo und seine formen auf
ein nevolo etc. zurückführen. Ich stimme aber Corssen
bei, der von einem nonvolo etc. ausgeht trotz des plauti-
nischen nevis, nevult. Sollen wir um nolle, nollem etc. zu
ermöglichen erst auf ein nevolle nevollem, novolle novol-
lem zurückgehen oder bei velle, vellem neben volo, volui
glauben, jene o-formen seien eingetreten, um zu grofse laut-
Verschiedenheit innerhalb der zu nolo gehörigen formen zu
vermeiden?
Dem inhalte nach sich nahe verwandt sind die ab-
handlungen von J. G. Renner, quaestiones de dialecto
antiquioris Graecorum poesis elegiacae et iambicae (h. I
s. 133 — 237, h. n 8. 1 — 63) und von Beruh. Gerth de
Graecae tragoediae dialecto (h. U s. 191 — 269), beide sehr
fleifsige und umsichtige arbeiten, jene aus einer preisarbeit
des leipziger philolog. Seminars hervorgegangen.
134 Rödiger
Ein anderes paar stofflich zusammengehöriger aufsätze
sind die von Const. Angermann, de patronymicoruro
Graecorum formatione (h. I s. 1 — 62) und von Eug. Proh-
wein, de adverbiis Graecis (h. I s. 63 — 132).
Herr A., dessen arbeit ebenfalls eine preisscbrift ist,
sowie auch br. F. schliefsen sieh in ihren ansichten eng an
ihren lehrer G. Curtius an. Sie verzichten deshalb auf eine
erneute besprechung der den Curtius'schen entgegenstehen-
den ansichten und auf neue erklärungsversuche, sind viel-
mehr hauptsächlich bestrebt eine festere begrändung der
approbirten ansichten durch Sammlung der beispiele und
klärende einordnung der anormalen gebilde in die zahl der
regelmäfsigen zu geben. Was ich bei herrn A. neben der
strengen Untersuchung der form gern gefunden hätte, ist
eine allgemeinere ausein andersetzung über die beziehnng
zwischen inhalt und form der patronymica auf 8a (idijg).
Hier liegt ein den patronymicis ausschliefslich eigenes sufBx
vor und eben dieses suffix dient zur bezeichnuncr einer
scharf begrenzten einzelbeziehung. Meiner ansieht nach
ist weder diese beschränkung einer sufSxform auf eine
Wortklasse so homogenen inhalts als ursprünglich denkbar,
noch auch andrerseits eine so specielle beziehnng Ursprünge
lieh mit hülfe eines Suffixes begrenzbar. Die bestimmtheit
der inhaltsformung darf also nicht als dem suffix da {iärjg)
ursprünglich innewohnend angesehen werden, sondern sie
mufs das ergebnifs einer längeren entwickelung sein. Wäre
die form des suffixes ursprünglich, so könnte die einsame
Verwendung desselben zur bildung der patronymica daraas
erklärt werden, dafs man annähme, die beispiele fQr die
anderweitige Verwendung desselben seien untergegangen.
Ein anderes ansehen bekommt aber die entwickelung, wenn
in dem zu erklärenden lautcomplexe nach Curtius' Vorgang
eine für eine bestimmte Verwendung lautlich differenzirte
Spielart des sonst weit verbreiteten suffixes lo gefondeo
wird. Dann wird der fortgang der entwickelung .doch
wohl so zu denken sein, dafs durch eine lautliche sender-
entwickelung ihres suffixes eine gruppe von zugehörigen
Wörtern sich der weiteren gemeinschaft des suffixes lo ent-
anzeigen. 135
fremdete und dafs sich parallel mit der fortschreitenden
lautliehen di£ferenzirung eine Verengerung und praecisirung
der inhaltsform vollzog, die endlich durch häufiges zusam-
oientrefPen mit der sonderform des Suffixes sich letztere
ausscbliefslich zu eigen machte. War dies geschehen, so
lag eben die in frage stehende in suffix und eigenartigkeit
des inhalts gleich vereinsamte bildung vor. Als brücke,
um dadurch das vom muttergebiete des suff. lo losgerissene
territorium, eben die patronymica au£ iStjg^ ihm wieder fe-
ster zu verbinden, können dann jene „adiectiva possessiva
10 suffixo facta^ dienen „quae et in Boeotica dialecto et
saepius a poetis patronymicorum loco adhibentur ^. Würde
durch eine derartige auseinandersetzung nicht die deutung
des Suffixes, wie sie Curtius gegeben, noch eine stütze ge-
wonnen haben? Uebrigens glaube ich recht gern, dafs herrn
A., dessen Untersuchung sich in knappster weise auf das
formale beschränkt, eine derartige behandlung des thema's
fern gelegen hat.
Auf s. 26 fi*. handelt es sich darum, das häufige laSrjL;
zu erklären, welches neben iöt]g und zwar, wie die beispiele
ergeben, unter einwirkung metrischer rücksichten eingeführt
ist. Herr A. setzt ladtjg aus la-^-Öa zusammen, welche
Suffixe ursprünglich identisch gewesen. Es wird nicht klar,
wie man sich die Zusammensetzung vorgegangen denken
soll und doch hat ohne eine erklärung darüber meiner an-
sieht nach eine solche suffixzerlegung geringen werth.
Treflfe ich vielleicht herrn A.'s meinung, wenn ich dafür
halte, dafs wir auf ursprüngliche patronymische bildungen
auf log zurückzugreifen haben, wenn sich solche auch nicht
aufweisen lassen (z. b. LJy^iaiog^ Ousariog zu i/;';^t<y*<?5^S,
Qviartdörjg)? Diese hätten dann unter dem erdrückenden
einflufs der bildungen auf iör^g ihre endung zu einem iaSi]g
weitergebildet. Freilich scheint zu solcher annähme das
auf s. 27 gesagte nicht recht zu stimmen.
Herr Frohwein gibt in seiner arbeit eine Zusammen-
stellung und besprechung der verbreiteteren klassen von
adverbien auf wg,' co^ dr^v ((Jcr/v), 8ov^ öa {Öia^ iväa). Be-
merkenswerth ist das resultat der Sammlung von adverbien
136 Rödiger
auf wg. Es stellt sich heraus, dafs diese bildung nicht nur
bei participien jeder art viel häufiger auftritt als man ge-
wöhnlich meint, sondern dafs sie sich auch bei comparati-
ven neben der formation auf ov in ausgedehntem mafse
geltend macht. Dagegen findet sich von Superlativen nur
eine geringe zahl von adverbien in dieser art gebildet«
Ihrem Charakter nach vereinzelt steht die arbeit von
Wilhelm Boscher da, de aspiratione vulgari apud Graecos
(h. II s. 63 — 129), die ich jetzt noch zu besprechen habe.
Unter den arbeiten der jüngeren kräfte hat sie mich bei
weitem am meisten angesprochen. Sie entwickelt in durch-
aus selbstständiger, besonnener weise des Verfassers ansieht
über die im griechischen vieler orten zu beobachtende aspi-
ration der tenues. Mag dieselbe haltbar sein oder nicht,
sicherlich gibt das hier zuerst zur entscheidung der sache
herbeigezogene inschriftliche material und seine methodische
verwerthung zur begründung von des Verfassers ansieht
willkommenen anstofs zur erneuten erörterung der erschei-
nung und der damit verknüpften in ihren consequenzen
weitverzweigten Streitfrage über den lautwerth der griechi-
schen aspiraten. Der letzteren frage selbst widmet herr
B. freilich nur ein kurzes capitel, während er in erster li-
nie den beweis dafQr zu erbringen anstrebt: „In lingna
Graeca tenues cuiusvis sedis sive initio vocabuli sive vo-
calibus sive consonantibus circumdatas ad aspirationem
propensas fuisse^ (s. 67).
Herr B. trägt seine ansieht über die ausspräche der
griech. aspiraten in c. IX (s. 117 — 127) vor. Er schlieist
sich an B. v. Baumer an und verwirft die von Curtius ver-
fochtene ausspräche, setzt also &^ 9:, ;^ als ts, pf, kch oder
wie er zu schreiben vorschlägt = t&^ ncp^ xx» Ohne auf
das schon vor ihm ftir und wider die eine und die andere
ansieht geltend gemachte tiefer einzugehen, bringt herr B.
in aller kürze bei, was er seinerseits an gründen neu hin-
zuzufügen hatte. Mir wollen freilich einige davon nicht
recht zwingend und überzeugend erscheinen, so z. b. der,
dafs, ehe man den griechischen aspiraten den gleichen lant
cuertheilen dürfe, als den indischen tenues aspiratae, man
anzeigen. 137
nachzuweisen habe, dafs dann nicht x und x^ ^ und cp^ r
und & zusammenfielen; und ebenso die ^^certissima testimo-
nia, ex quibus appareat ;^, qp, i^ interdum etiam duplicis
consonantis vim habuisse ideoque affricatos illos sonos qui
medium locum tenent inter simplices et duplices consonan-
tes in lingua Graeca quondam revera auditos fuisse^. Zu-
weilen scheint auch herr B. aus den äugen verloren zu
haben, dafs sich ja die Streitfrage hauptsächlich dahin zu-
spitzt, nicht ob die aspiraten irgendwann einmal eine ge-
wisse ausspräche gehabt, sondern welche sie in der blüthe-
periode der griech. litteratur gehabt haben.
Auf die neigung der griechischen tenues zur aspiration
ist schon vielfach hingewiesen. Curtius hat eine Sammlung
von beispielen gegeben und herr B. hat sie in cap. VI an-
sehnlich erweitert. Es fragt sich, ob als Zuwachs zu dieser
Sammlung, d. h. als Zeugnisse für das Umsichgreifen der
aspiration, auch die aus den inschriften herangezogenen
vertauschungen von x mit ;^, n mit ^, r mit & gelten dür-
fen. Die anderthalbhundert beispiele an sich freilich, in
denen aspiratae an* stelle von tenues getreten sind, könnten
eine recht eindringliche bestätigung der in rede stehenden
erscheinung abzugeben scheinen, wenn ihnen nur nicht in
der Sammlung des herrn R. etwa hundert beispiele gegen-
überständen, in denen umgekehrt die aspirata durch die
tenuis ersetzt ist. Sollte man nicht, wenn des Verfassers
Voraussetzung richtig wäre, dafs diese formen ausflufs einer
in der Volkssprache weitverbreiteten neigung zur aspiration
sind, wenn also viele aspirirte formen für aspirationslose
im volksmunde umgingen, überwiegend beispiele für er-
setzung von tenuis durch aspirata erwarten? Wird man bei
einem verhältnifs gegenseitiger vertauschung, wie es hier
vorliegt, nicht vielmehr zu der annähme gedrängt, dafs ein
geringer leicht verdunkelter unterschied zwischen aspirata
und tenuis, welcher unkundigen anlafs zu zweifei und feh-
lerhafter Verwechselung gab, nicht eine stetig nach einer
richtung hin wirkende lautbevorzugung die entstehungs-
ursache der vorliegenden formen sei? Wenn heutzutage
gemeine leute aus der gegend von Halle als Schreiber von
138 Rödiger
deutscbeu inschrifleu fungirten, so wäre ein schwanken
zwischen tenuis und media und ein vertauschen ihrer zei-
chen untereinander in ausgedehntem mafse zu erwarten.
D und t, b und p würden Wechsel weis ftir einander ein-
treten, aber der grund solcher Verwechselung würde der
sein, dafs der unterschied dieser laute in jener gegend
verwischt ist und in folge dessen Unsicherheit und Ver-
wirrung in ihrem gebrauche platz gegriffen hat. So
werden wir aus den inschriftlichen Zeugnissen, die herr R.
beibringt, auf eine allgemeine Vorwärtsbewegung der tenues
zu den aspiraten hin nicht schliefsen dürfen, sondern viel-
leicht eher auf eine lautverwandtschaft derselben, die ihre
Verwechselung begünstigte. Die sicher beweisenden bei-
spiele für das Umsichgreifen der aspiration werden dann
nur die von Curtius gesammelten, von herrn R. vermehrten
anderweitig bezeugten formen sein.
An letzter stelle möchte ich noch auf die erklärung
der aspirationsversetzung durch herrn R. hinweisen, die er
in c. IV gegeben hat. Unter den beispielen fQr das umspringen
der aspiration finden sich einige, die aufser in den bekannten
formen insch: iftlich noch in einer dritten, nämlich mit doppel-
ter aspiration vorkommen. So steht neben XaXxrjÖdv und
KaXxt]S(jjv ein XofA;^iy5cJi;, neben OelTiovöa und TiX(fovaa
ein (JiXqjOvaa^ neben xctk^rj und ;^aAx?; ein x^^X^* Herr
K. meint, dafs hier die doppelt aspirirte form die vermit-
telung gebildet zwischen den beiden andern, indem sie, aus
der neigung zur aspiration in der vulgärsprache hervorge-
gangen, sich in gewissenhafterem munde, nach dem verböte
zweimaligen silbenanfangs durch eine aspirata in unmittel-
barer folge, wieder zu einer form mit einfacher aspiration
bequemte. Uebrigens soll diese entwickelung nicht nur in
den fällen, wo gerade die mittelform nachweisbar ist, vor-
ausgesetzt werden, sondern überall wo sich formen mit
versetzter aspiration neben einander finden, z. b. in ä^ccwog
— a'/,av&0(^^ XiTOjv — xi&vov^ kvravd^a — hv&avra etc.
Es ist nicht zu läugnen, dafs die vorgetragene theorie sehr
viel einnehmendes bat, da sie eine ohne jeglichen Sprung
sich vollziehende Vereinigung der getrennten formen herbei-
anzeigen. 130
führt. Aber man erwäge .einmal den verlauf der voraus-
gesetzten entwickelung genauer und urtheile, ob er denkbar
ist. Die einfach aspirirte form gestaltet sich im volksmunde
mit mifsachtung des aspiratengesetzes zu einer doppelt
aspirirten, verdrängt in kräftigem wachsthum jene erste,
um schliefslich durch das eben mit füfsen getretene aspi-
ratengesetz zur hervorbringung der dritten form befruchtet
zu werden! Noch schwieriger erscheint der Vorgang, wenn
wir dabei die von herrn R. für die aspiraten angenomme-
nen lautwerthe zu gründe legen. Wenn anders das grie-
chische aspiratengesetz als folge eines dissimilationstriebes
zu betrachten ist, so mufs als objekt seiner Wirksamkeit
ein in allen aspiraten identisches moment vorausgesetzt
werden, nach Curtius'scher auflFassung eben jener allen in
gleicher weise zugesetzte hauch. Wird sich dieses einheit-
liche moment auch in den lauten kch (ch), pf (f), ts (s)
finden lassen, so dafs sich an ihm der dissimilationstrieb
bethätigen und jene laute auch ohne unmittelbare berührung
auf einander wirken konnten? Dies meine bedenken gegen
herrn R. und hier ein versuch meinerseits zur förderung
der angelegenheit beizutragen. Wenn unsere jugend oder
sonst in der Orthographie unfeste Schreiber statt des ap-
probirten deutschen „that, Cartbago" etc. ein ^tath, Char-
tago'' oder auch „thath, Charthago" zu tage fördern, so
hat dies darin seinen grund, dafs dem geiste des Schreibers
zwar ein wortbild vorschwebt, in dem das zeichen h ent-
halten ist, aber in solcher undeutlichkeit, dafs die stelle
des Zeichens, das in der lautirung des wertes gar nicht
existirt, im bewufstsein nicht bestimmt ist. Liefse sich
nicht in vergleichung dieses Vorganges, bei welchem undeut-
lichkeit des durch das äuge aufgenommenen wortbildes zur
Versetzung eines schriftzeichens führt, denken, dafs in einem
griech. dialekt bei Wörtern, welche eine aspirata enthielten,
eine undeutlichkeit des tonbildes entstanden sei, dergestalt,
dafs zwar das bewufstsein einer im worte vorkommenden
aspiration geblieben, das bewufstsein über den ihr zukom-
menden bestimmten platz getrübt war? Setzte sich dann
bei einer solchen trübung des tonbildes, auf veranlassung,
140 Clemin
müssen wir denken, einer besonderen neigung des dialekts,
die aspiration am unrechten orte fest und trat endlich das
wort so gestaltet auch in die schrift ein, so war die er-
scheinung einer umspringenden aspiration vorhanden.
Ich schlielse mit dem wünsche gedeihlichen fortschrei-
tens für das unternehmen, dessen drittes hefb unterdessen
schon erschienen ist.
Rieh. Rödiger.
Ahreus, H. L., griechische formenlehre des homerischen und attischen
dialects. Zum gebrauche bei dem elementar-unterrichte, aber auch als
grundlage für eine historisch -wissenschaftliche behandlung der griech.
grammatik. Zweite verbesserte aufläge. Göttingen 1869. Vanden-
hoeck und Ruprecht. XII, 280 ss.
Ueber plan und zweck dieses buchs, über seine Be-
deutung für Wissenschaft und praxis im allgemeinen, wie
über seine vielen Vorzüge im einzelnen und seine mängel
ist beim erscheinen der ersten aufläge von competenten
richtern (vgl. bes. L. Lange, gött. gel. anz. 1852 s. 793 £
G. Curtius, Jahrb. f. phil. und päd. 1853 bd. 67 8. 1 ff. Ebel
in dieser Zeitschrift III, 139 ff.) so ausführlich gesprochen
worden, dafs wir darüber weiter nichts zu sagen brauchen.
Hier handelt es sich nur darum, Übereinstimmung und Ver-
schiedenheit der neuen aufläge und der älteren zu consta-
tiren und die Vorzüge etwaiger änderungen zu prüfen.
Auf den ersten blick sieht man schon, dafs, da sowohl
die äufsere einrichtung des buchs als auch der umfang
derselbe geblieben ist (sogar die Seitenzahl ist die gleiche),
die Veränderungen nicht bedeutend sein können. Als gmnd
hiervon erfahren wir aus der vorrede p. IX, dafs der verf.
weder ein bedürfnifs noch die zeit zu einer stärkeren Um-
arbeitung gehabt habe. Hinsichtlich der bedürfnifsfrage
kann man anderer ansieht sein. Wenn die hrn. A. eigen-
thümliehe und von ihm theoretisch wie praktisch festge-
haltene methode, das griechische zu lehren, darin besteht,
anzeigen. 141
dafs er die homerische spräche in den Vordergrund stellt
und 80 dem gange historischer Sprachentwicklung folgend
den Schüler erst später zur attischen formenlehre überführt,
so werden wir allerdings selbst von einer stärkeren Umar-
beitung eine änderung des ganzen Systems nicht erwarten
können, um so weniger als sich dasselbe dem verf nach
seiner ausdrücklichen Versicherung vorrede p. VIII voll-
kommen bewährt hat. Aber auch in der äufseren einrich-
tung des buchs hätte eine stärkere Umarbeitung die neue
aufläge der früheren sehr unähnlich machen müssen, na-
mentlich hätte sich die eigenthümliche eintheilung des ver-
bums und die nirgends wiederkehrende terminologie mehr
der in grammatiken sonst üblichen gewohnheit anschliefsen
müssen. Wenn also der verf. auch darin seine methode
trotz allem, was sich dagegen sagen läfst und gesagt wor-
den ist, bewährt gefunden hat, so mag auch dies noch von
einer stärkeren Umarbeitung ausgeschlossen sein ; nur bleibt
es zweifelhaft, ob man gerade diesen neuerungen ebenso
viel anspruch auf bei^stimmung zugestehen darf, als nach
hrn. A.'s ansieht seine weise des griechischen elementar-
unterrichts aussieht hat, doch noch langsam aber sicher
mehr boden zu gewinnen.
Dagegen können wir nicht in gleicher art wie der vf.
das bedürfnifs zu einer stärkeren Umarbeitung in manchen
einzelheiten leugnen, die, ohne dafs dadurch eine Umgestal-
tung in einrichtung und umfang des buchs bedingt gewesen
wäre, leicht hätten geändert werden können. So wird §. 13
a. 2 noch immer der gen. auf oio aus einer ursprüngliche-
ren form auf oo hingeleitet, anstatt umgekehrt, trotz dem,
was Lange und Curtius dagegen vorgebracht haben und
trotz der behandluug, die diesem gegenständ seitdem u. a.
von Leskien, jahrb. f. phil. und päd. 1867 bd. 95 s. 1 ff. zu
theil geworden ist. Dieselbe einschiebung eines i spielt
noch immer ihre rolle bei der bildung des conjunctivs, wo
z. b. TQamivt) §. 56 a. 3 aus *TQanrii(ü entstanden sein soll.
Auch sonst ist in bezug auf jota manches gelehrt, was
schwer zu halten sein wird. Unzweifelhaft richtig ist es
zwar, wenn (paivo) aus *^ai/-/ft>, xeiQu» aus *xbq-io) erklärt
142 Clemm
wird; aber dafs in ßaciUict §. 119, b, ö das \uj: verwandelte
V durch jota übersprungen und erst hinterher ausgestolseu
sein soll, ist eine ebenso unnöthige annähme als §. 157, g
die mittelstufen "'Aaifon für *7.a^m — xa/'o), *X^kF^ för *yZ'
^i^ — ^g/ft) u. dgl. m. Weshalb der verf. §. 75, c immer
noch an *aia7jfxt als der grundforra von i)]fti, festhält, ist
trotz Corssen, ausspr. I^, 454, nicht abzusehen. Einigemal
könnte man einen wissenschaftlich richtigeren ausdruck un*
beschadet der Verständlichkeit für den schulgebrauch wün-
schen. So ist §. 186 u. ö. noch immer von einem die re-
duplication vertretenden augment die rede, wärend doch
§. 84 a. 2 eine richtigere auffassung dieses e gelehrt wird.
Noch manches andere ist in die neuen aufläge über-
gegangen, was theilweise bei der früheren bereits mit recht
beanstandet worden ist. Doch wenden wir uns lieber vom
negativen zum positiven, von dem, was nicht geändert wor-
den ist, zu dem, was geändert worden ist. Von unterge-
ordneter bedeutung ist es, wenn einiges, was früher im text
stand, jetzt in besondere anmerkungen verwiesen ist wie
§. 55 a. 1 und §. 56 a. 8. Wichtiger sind andere abwei-
chungen, welche zeigen, dafs hr. A. nicht nur begründeten
einspruch anderer berücksichtigt, sondern auch die ergebnisse
eigner fortschreitender erkenntnifs aufgenommen hat. Man
hat ihm vorgeworfen, er suche im Homer eine allzu grofse
gleichmäfsigkeit der formen herzustellen und greife zuweilen
zu conjeeturen, welche nicht nothwendig seien. Dem ge-
inäfs sind jetzt die Verbesserungsvorschläge zu einigen stel-
len der Odyssee {s 377, a 111, v 390), womit §. 51 a. 2
und 3 der früh. aufl. die distrahierten formen dXoco^ ye-
XioovTsg^ yslomweg beseitigt werden sollten, weggelassen.
Ebenso ist §. 57 a. 1 der zusatz fortgeblieben, das x der
aoriste €&f]xa^ 'ddcoxa^ rjy.a diene nur dazu, das zusammen-
treflPen der vocale zu verhüten. Statt des trochäischen tiog
und TBioq §. 167 a. 2 steht jetzt richtig i}og und rijo^, wo-
für nunmehr auch eine bessere erklärung gefunden ist von
B. Delbrück in Curtius' Studien II, s. 191 ff. Weniger
unbedingt stimmen wir dem verf. bei, wenn er §. 57 a. 1 1
die formen kdXnsa^ kaig/ea^ kqixea bei Homer für fehlerhaft
anzeigen. 143
erklärt. Neu hinzugekommen ist auch §. 72 a. 1 die Be-
merkung, dafs qi]ui mit seinem präteritum eigentlich nur
ein aor. II mit einem priraarium sei, wie besonders aus der
ganz aoristischen bedeutung des Präteritums erhelle; eine
ähnliche auffassung bietet die §. 88 neu eingeschobene a. 3
(wo im schlufssatz ein sinnstörendes ,, wegen" zu tilgen ist)
hinsichtlich des imperf. sxlvov. Indessen darf man auf die
bedeutung nicht zu viel gewicht legen, da sich eine scharfe
Unterscheidung bei Homer nicht so durchführeu läfst wie
in der späteren spräche; ja selbst der umstand, dafs grade
exXvov dort öfter und entschiedener aoristisch gebraucht
wird als andere imperfecta, ist aus gedachtem gründe nicht
beweisend. In gröfstentheils neuer fassung erscheint §. 87
a. 3, worin die schon früher angezweifelte Unterscheidung
der Stämme ^sgv (traho) und asov (servo) gelehrt wird, von
deren ersterem der aor. dgvaa und das perf. dQvucti im
gegensatz zu hrn. A.'s früherer ansieht nicht auf die län-
gere form ^6pv, sondern auf eine kürzere j:qv^ qv (vgl. qv
fiog^ deichsei) zurückgeführt werden, also = *sj:Qva(x^ *jrs'
jTQVf^at mit ersatzdehnung nach verlust des digamma. Nä-
here gründe dafür werden nicht angegeben. Aus praktischen
rücksichten erwünscht ist die Vermehrung der paradigmen
und eine durchgeführtere flexion, namentlich in der attischen
formenlehre, aber auch in der homerischen z. b. §. 29, wo
die neu zugefügte a. 1 die declinationsformen von vo/uevg
vervollständigt.
Diese bemerkungen liefsen sich noch vermehren, allein
die vorstehenden werden schon zur genüge zeigen, dafs
die vorgenommenen Veränderungen meist auch wirkliche
Verbesserungen sind und dafs wir darum grund haben, das
geschätzte buch auch in dieser neuen aufläge, der wir ra-
scheren absatz wünschen als der früheren, willkommen zu
heifsen.
Giefsen. W. Clemm.
144 Birlingcr
Das brot im Spiegel schwcizerdcutscher Volkssprache und sitte. Lew
schweizerischer gebäckenamen. Aus den papieren des schweizerischen
idiotikons. Leipzig, Hirzel. 1868. XII und 186 ss.
Die Schweizer arbeiten mit dem ihnen angeboroen
eifer seit mehreren jähren an einem Stalder redivivus, d. h.
an einem Idiotikon der sämmtlichen deutschen Schwei-
zerdialekte. Die Sache hat guten fortgang; als zeugnis
mag das buch „das brot im Spiegel schweizerdeut-
scher Volkssprache und sitte^, gelten. Möge es den
leitenden sachverständigen in ZOrich bald gelingen, auch
gewisse, bis jetzt lässig bearbeitete winkel in ihr netz
hereinzubringen und mögen die katholischen geistlichen
einzelner striche gegen ihre übrigen coUegen der andern
confessionen nicht länger zurückstehen: sie können ja der
spräche an ort und stelle auf lung und leber sehen, wie
niemand gleicherweise. — Unser buch, aus den papieren
des idiotikons, flöfst allen respekt ein. Man sieht, dafs die
er Wartungen nicht getäuscht werden: es hat einheit, man
findet warmes interesse für die Sache. Die eintheilung kann
uns hier weniger angehen; nehmen wir den grammatischen
und lexicalischen bestand gleich zum ziel unserer anzeige.
Ich mufs von vornherein bemerken, weil mich gerade der
heransgeber „des brotes^ misverstanden (s. 88, anmerk* 5)
hat: dafs ich mich auf den Scheideweg stelle, wo aleman-
nische, schwäbische, bairische, fränkische, mitteldeutsche
spräche gleichsam an einander grenzen: mein alemannisch,
von dem ich ausgehe und welches ich den nördlichen und
östlichen dialekten gegenüber stelle, das rechtsrheinische
gebiet, es dient mir als grundstock, von dem aus meine
vergleichung geschieht.
Wie zu erwarten, wird die Schweizergrammatik ein
hauptaugenmerk auf ihren kostbarsten schätz, auf die alten
quantitätsverhältnisse werfen. Soviel aus der grammatik
in unserem buche verwendet und verwerthet, läfst sich
schliefsen, dafs auch geographisch dieses gesetz abgesteckt
werden dürfte, denn es haben's nicht alle dialekte. Leider
werden die quantitätsunterschiede von den meisten beiträ-
gern übersehen, „denn so lange dieses fundament fehlt,
anzeigen. 1*45
schweben die etymologischen versuche in der luft^. S. 96,
anmerk. 2. S. 99, anmerk. 3.
Der alten kürze des wurzelvocals in zweisilbigen
Wörtern steht rechts- und linksrheinisch alemannisch die
eigenheit gegenüber vor 1 und r den vocal zu dehnen:
pfärer, sparen, scheri (scharre, scherre), zeren u. s. w. S. 26.
Vergl. alem. spr, s. 47. Daher Hebels gähret (vom blas-
balg: garrt), wählet (wallt), here, gschir u. s. w.
Die bildung des au vor n in raunft, saunft führt unser
buch 8. 43 auf; sie kommt übrigens nicht blos vor n vor,
auch vor s: gratissa, grasen. Alem. spr. s. 48. au aus agw
in tatmer 61 (tagwanner) ebenfalls rechtsrheinisch; bei
Hebel: tauen = wiesenstücke von bestimmter gröfse.
Den Übergang des an- in äun- sogar in el bewährt
s. 34.
Consonantische andeutungen aus der grammatik
haben wir in der alem. beliebten Steigerung des f zu pf:
pAarre bei Notker ist bekannt. Hepfe Air hefe s. 23
(sogar bei Hebel); pf\a,nggen neben /'langgen s. 87 u. s. w.
Vergl. alem. spr. s. 144. 145. Hebel: sts^pfli (stäffelein),
harp/e, jumpfer u. s. w.
Das rechtsrheinisch bis Saulgau reichende ch = k im
inlaute: bircAis, trocAen allgem. Schweiz, s. 6. 39. 91. Alem.
spr. 8. 111. Daneben truc&e = truhe s. 73.
Der ausfall von r: spreifsen neben speilsen s. 7; ebenso
rechtsrheinisch: alem. spr. s. 98. Ebenso biest und briest
8. 90.
Ueber echt alem. einschiebung des n (s. 129) in
adenlich, gnedenklich, künsch handelt alem. spr. s. 105. 106.
Weinhold s. 170. Forer 9b: unkünsch, unkeünsch. Assi-
milation : spennbrot s. 62, rechtsrheinisch ebenso und schwä-
bisch; spen^brot alemannisch und auch rechtsrheinisch.
Sieh Wechsel von g und d. Alem. spr. s. 115.
Den alemannischen und zum theil schwäbischen Wechsel
von w und m betont s. 98. Alem. spr. s. 100 ff. Schwälmli
auch bei Hebel.
z für ß: grüe^en, buchen, hir^s u. s. w. s. 82, 88, 93
wiederholt sich auf dem rechten Rheinufer ebenso, aber
Zeitflchr. f. vergl. sprachf. XIX. 2. 10
146 Hirlingcr
nur auf alemanuischom gebiete; in hiri&e geht das gesetz
bis Mitteldeutscblaiid. Alein. spr. s. 131.
Dem ntib'bache s. 75 entspricht noch am mittlem
Nekar: nübbache = neubaehen. mäterdellig 8.36 hat
mit matt- nichts zu thun: es ist r ausgefallen: marter-
dellig; am obern Nekar noch üblich.
Die bildungen bachis, brätis verspricht der heraus-
geber anders denn herkömmlich zu erklären und beruft sich
dabei auf das genus (s. 20). Die rechtsrheinischen Ale-
mannen bieten zu einem abgehen vom partic. keine veran-
lassung. Aber eine reihe adj. auf -In: bückifs (bockins),
nunnifs, bärgifs werden substantivisch gebraucht und eine
anlehnung hieran könnte zuletzt wol angenommen werden.
BrHifs und brate« zu scheiden ist zu kühn. Sieh 8. 123
an merk.
Die bildungen bächedc, llsmede s 25 sind auch
schwäbisch allgemein; es ist z. b. b ach et, kochet, ko-
che tle eine auf einmal gebackene anzahl brote, oder ein
bestimmtes mafs gekochtes gemüses. Ich habe in der alem«
Sprache altes -ipa, -od angesetzt; allein, ich halte die bil-
dungen -ede, -ete, -etle für später; sie wirken schou keinen
Umlaut mehr. Hebel: trage de (garn), st üb ete, stricke-
ten u. 8. w.
Das adverbiale dei = dort (s. 91) ist im hauensteini-
schen dai; wol alter locativ-überrest wie sä! von sai.
Das echt alem. günnen für gerinnen (s. 58) hört
man noch auf dem Schwarzwalde; Hebel: chriesi gunne,
pflümli gunne, günnt blüemli, lueg was i gunna ha
u. s. w.
Fetcheu (s. 86) = flügel, rechtsrhein. feggten,
feckten, Sunthausen, Baar. Am Schluchsee: fechten,
die kleinen flügel der eben ausgeschlüpften jungen ameisen.
Bei Hebel: feggen:
„Er dekt sie mit e'm weiche fegge zue"
Vom weihnachtsengel.
„Wo hesch die schwarze fegge zuo?"
Vom storch.
Wajen, back werk, kuchen, am Feldberg (s. 61) speok-,
anzeigen. 147
Zwiebelkuchen, sonst beet (beerte) bei Hebel. Flärrla
= kuchen, ebenfalls rechtsrheinisch; das volk hält das
wort für eine Verhunzung von fladen. Alem. spr. s. 99.
Zu kirchenbrot 62, 102 will ich bemerken, dal's es
1) almosen von der kirche, in der kirche empfangen ist,
das später die gemeindekasse übernahm und vom rathhaus
aus es vertheilte; so am Lech und der Wertach; 2) eine
abgäbe an die kirche und die küster, Stuhlbrüder; so be-
zogen letztere am dom in Augsburg aus 24 orten die
kirchbrote.
Zu den namen füge ich noch landbrot, bei Bonstet-
ten, briefe, Zürich 1793. S. 48: waitzenbrot wurde selten
gebacken, sparsam verzehrt und landbrot „grofse runde,
dünne ungesäuerte und fast ungesalzene gerstenkuchen wie
Zwieback auf ein halbes oder ganzes jähr verwachkert; als-
dann geröstet und mit molken als leckerbissen gegessen,
wie dann jede Familie dergleichen vorrath noch auf die
bergreise mitnimmt". Es ist vom Saanerthal die rede.
Ebenda werden s. 208 genannt: „rahm und gerstenku-
chen. A. 1720 werden kirschwasser, brantitwein und ho-
nigkuchen verboten, weil sie die Üppigkeit befördern.
S. 131.
Zu vochezenbrot sei bemerkt, dai's der name bis
weit nach Schwaben herein volküblich ist. Sogar familien-
namen Vochezer, Voggezer kommen vor.
Zu den backwerknamen ankebrot, -schnitta, -bock
will ich bemerken, dafs am Feldberg ankegige volküblich
und sich noch über den Rhein hinübererstreckt = schnitte
butterbrot (butterstulle berlinisch), ankenmogger, eier-
haber (St. Peter). Laurentius Fries erzählt in seinem „Spie-
gel der arznei** 1546 (Strafsb.) 17 a folgendes von einem
schweizerischen ankenbackwerk. Er machte eine wallfahrt
als junger bursche, bekam da in der Schweiz zu essen
„milch mit anken üborschwempt**. „Dann nahm der wirt
ein ballen anken wie ein köpf, stackt sie an ein bratspriefs,
fing an zu braten ob der glut und bsprengt den anken
mit haberraäl, bis das die ball des anken gröfser ward
wie ein kübel. Da bracht er sie über tisch, scBnitt sie auf
10*
148 Birlinger
und sagt: hie ifs du keubl — das ist ein förstenesscn —
aber die andern Schweizer brafsten den anken hindau als
obs salmen wären ^.
Ueber krosen, krössen (38) sieb mein alem. büch-
lein von guter speise, wo unzählige belege beigebracht sind.
In der Rotweiler gegend — der herausgeber mufs seinem
ansspruch dahin modificieren — noch in krössaier.
Das adj. wärschaft s. 72 ist interessant.
Hauen (59) = schneiden, echt rechtsrheinisch alem.
noch jetzt bis an den mittlem Nekar. Ein blatt aus dem
buche hauen; brot herabhauen = schneiden. Schwäbisch
nicht üblich, „im wurde die nasen abgehauen; als oft
er sein abgehauen nasen butzet^ in Dieth. Keller's keyer-
buch 1558. Bei Hebel: hauet trübli ab; hau d'r d' gur-
gele ab; haut's messer guet u. s. w.
Tünkli = schnitte brot (94), sieh diese Zeitschrift
XV, 264. XVni, 47.
Schlötterlig (95) ist die rechtsrheinisch aus Hebel
besonders bekannte form für -ing: früehlig, spätlig.
Schlätterling und schnätterling in der Baar su
schnatten, schlatten gehörig. Diese zeitschr. XVIII, 44.
Libat, libet (69) wird zu erklären gesucht. Wir
dürfen wol ohne zaudern auf das got. stark, fem. läiba
zurückgreifen = überbleibsei. Denn rechtsrheinisch ale-
mannisch ist loibede, loippede = residuae mensae gäng
und gäbe. Allgäu. Ja sogar spafshaft: dear loipet ui a
mal, d. h. der ifst alles gierig zusammen. Dafs t für altes
ai steht, ist volksetymologischer verstofs oder anlehnung.
Zusammengestellt mit mehl, scheint es das nachmehl zu
sein, worauf nur noch die kleie kommt.
Zu schübel = erdschoUe (89) bemerke ich, dals der
ganze Schwarzwald es ebenfalls kennt. So sprechen die
Schwaben 599:
fahr mi wol und egg mi übel,
komm i z' liegend hinter d' schübel.
Besonders gilt es rechtsrheinisch in der torfstechersprache.
Biefsli (91), aus franz. piece, ein zehnkreuzerstück.
Hebel: „het der Michel stich um stich und büefsli yei>
anzeigen. 149
lohre^. „i setz e büefsli dra^. Hebels briefe (Becker
1860) s. 275 ff.: „wenn ich lese, dafs noch jemand im Wie-
senthal ein entbehrliches stQcklein tuch oder ein bfiefslein
zu verschenken hat^ u. s. w.
Schale (158) gebrauchen auch die basler rechtsquellen
ffir laube; so heifst es in einem aktenstöck v. 1457: in
unser mezge oder schale.
Zu dem werte stüden = pfeiler will ich bemerken,
dafs es schwäbisch und fränkisch unbekannt; Hebel hat
es: „Jobbi gang an s' stud und leng mer der fareschwanz^.
„das rad auf ein stud emporrichten^ bei der execution.
Osenbröggen, Studien 1868 s. 291,4.
Zus. 106: entlen werfen, Treffelhausen; teufelen
werfen, Wurml. blättlen; flaigern, flächlen, bä-
cheln, blaisen (belösen), wasser lösen, bäuerle — ,
Jungfer — , bräutlein — , brfinnlein lösen u. s. w.
Mäuchelen, manch (94) ist ein merkwürdiges wort.
Ich bin seiner spur im Schwarzwald lange nachgegangen.
Vor allem stiefsen mir die örtlichkeiten dieses namens, die
comp, mit Müh-, Manch- auf. Ein öfters vorkommender
flurname im Allgäu ist Müchenfurt. Mone zeitschr.
IX, 378. Ein Müchenweg und Müchenthal 1324.
Mone urgesch. des bad. landes II, 115: Müchenhart; der
diebswinkel Müchenland zwischen dem Habs- und Böz-
berg (St. Blasien) ist bekannt. Es bedeutet müch- einen
verborgenen heimlichen ort, höhle, winkel, ritze; daher
ham au cb en = hausgrillen; mücheimen (Frisius), mücha-
haim, gryllus, voc. teut. Donauesch. no. 57. Mauchert,
manch 1 et, der verborgene ort, nest, wohinein die kinder
ihre äpfel, birnen zum zeitigen legen; mäucheln, mäuch-
teln (s. 45: möechteln) modergeruch von sich geben, wie
solche orte zu geben pflegen ; dann übel riechen überhaupt.
Wie es nun mit dem gebäckenamen möuchlin steht, weifs
ich nicht; ist am ende an luftiges, innen hohles backwerk
zu denken, „worin der bäcker sitzf? In einem Wolfacher
Schriftstück kommen (Mone zeitschr. XX, 76) neben strüb-
len und fastnachtküchlein die möuchlin vor; „die müch-
lein versuochen**, ebenda (mhd. wb. von Lexer 73).
150 liirlingcr
Der oxcurs über ducbel s. lG3ff. enthält manche
grammatisch wichtige, jedoch schon bekannte sätze. Legt
man tünkel zu gründe, so kann tüchel entstehen; allein
wie soll wieder ei selbst mit ausfall des k: deil (augsb.)
daraus werden? Wo das alem. gesetz des n-ausfalles nicht
bekannt ist, lebt doch deichel, deil? Die sache wird
wol so angefalst werden müssen, ei, eu (ü streng alem.)
mufs einem alten iu entsprechen, auf dieses iu ein i in
nächster silbe folgen; also diuchil, was wir als substan-
tivbildung mit -1, -il ansetzen; das diuch, tiuch gehört
aber zu dach, diuch, dauch, dem ablautverbum , und
damit kommen wir auf tu cha, wasserdüch. „tauchen*
liegt also dem deichel zu gründe.
S. 49,59, 173: bcile, heilen = amtlich markieren,
verpitschieren mit wachs (Lindau), besonders fässer, dann
kerben. Dafs ein j im worte war, erhellt aus den stellen,
die ich in meinen beiden abhandlunoren über das Rotweiler
Stadtrecht (sitzungsb. d. k. b. akad. 1864 undHerrig's archiv)
mittheilte: bai^ler; sodann, dafs altes ai anzusetzen, ist
ebenso sicher. Also bäij — 1 Mit heil, wie schon in
unserem buche gesagt, hat baigier nichts zu thun. Aber
das wort ist gar kein deutsches: wie der weinbau und sein
zoll fremd, so seine termini. baigier ist mittellat. bajo-
larius; so heifst der unterheamte, der in Lindau siegeln
mufste, sodann auch in) koruhause niedere beamtendienste
thun konnte. Daher bei weineinfuhren die Visitation dem
wein -bailer oblag; wein dazugesetzt, weil es noch
andere bailer gab. Die baile ist das wachspetschaft, d.h.
die marke, an der erkennbar, ob das fai's geöflFnet worden
oder nicht, bajulus ist im mittelalter der träger, vorträ-
ger; der amtsträger oder amtmann trägt das kleid und den
Stab seines herrn und der lehonträger die investitur dessel-
ben; bajulator bäuerlicher lehensträger, üeber letzteres
sieh Mone zeitschr. XXI, 384.
Eigenbrötler (3) leitete Auerbach in seinem Bar-
füfsle bekanntlich von braten abll oagabraitler, -ere
f. hat schon einen schiefen nebensinn: das morose, abge-
anzeigen. 151
schinackte bagestolzeuthum wird auch darunter begriffen
(mittl. Nekar).
Zu nidelbrot (4) füge ich bei, dals das alte berner
kochbuch aus dem vorigen Jahrhundert (8.) s. 105 ein
schinalzbackwerk kennt: nidelsträublein.
Zu 8. 8. Vgl. „So sprechen die Schwaben" no. 571:
Aegidi gut
baur sitz uff da pflueg!
ifs käs und brot
s' säa thuot not!
S. 74. In Augsburg kamen die bäcker „von args
brots wegen* ebenfalls in den korb oberhalb der schwemme.
Augsb. wb. 77 a. Volkst. II, s. 458, anmerk.
Mocken (s. 91) nicht gerade als brotstQck, sondern
als fleischtheil kommt im alten berner kochbuch wiederholt
vor: „eine suppe von rindermocken. Will man die
frigando ungefüllt m^achen, so klopfe man den mocken
wol. S. 35. üeterlin mocken, geklopftes kalbfleisch*.
S. 85.
Grusbrot (103). Die stellen des frauenmünsterischeu
fasten küchen zetteis (mittheil. d. autiqu. ges. VIII, 436) lau-
ten: „ouch git man dem phister in der fastun oele, grus-
brot und kumposf. S. 437. „ouch git man dem sigristen
oele, grusbrot und kumpost als miner frowen einer".
S. 437.
Aus dem schon genannten berner kochbuch theile ich
ferner mit: krüschbrotteig s. 120. Ausgetröhlter spa-
nischer brotteig s. 116. Krautküchlein oder brot-
schnitten s. 103. Gebackenes wie belgraderbrot
8. 125.
In Oberschwaben heifst die krume des brotes musel.
Bubenseite der obere ranft; mädlisseite der untere;
mollen hört man auch statt musel. Der rest des brot-
laibes heifst rubele; anschutz der theil des laibes, der
im backofen vom nebenlaib oder von der l ackschaufel ver-
letzt, krospelig, ranftlos wird; der eindruck, einbuck kann
es auch blos sein.
152 Schweizer-Sidler
Die seelenbrote sind bekannt, ^^allerseelenbrote^
ebenfalls genannt. Ueber die vielen schwäbischen zusam«
mensetzungen mit brot, die brotarten, locale f&r brot*
bäcker sieh augsb. wb. 77. 78. Die sprüchwörter und re-
densarten in Schwaben vom brote sieh ,,So sprechen die
Schwaben''. Berlin 1868.
Berlin, i. homung 1869. A. Birlinger.
Die Germania von Tacitus ausführlich erklärt von dr. L. Curtze.
Kapitel I - X. Leipzig 1868. XII und 424 88.
Vorliegendes buch kann anspruch auf eine kurze an-
zeige und besprechung auch in einer Zeitschrift für
Sprachvergleichung machen, weil der herr yerfasser,
ein mann von unverkennbarem eifer für Wissenschaft und
grofser Vaterlandsliebe, nicht blofs sich in seltenem grade
bemüht hat wo möglich alles zu sammeln, was classische
Philologen, germanisten, historiker, rechtslehrer fOr die auf*
hellung dieses uns so nahe liegenden büchleins von Taci-
tus beigetragen haben, sondern weil er auch bei seiner
arbeit „nach dem gegenwärtigen stände der historischen
Wissenschaft, wie derselbe durch M. Duncker, Th. Momm-
sen, E. Curtius vertreten ist, den blick Oberhaupt auf das
ganze indogermanische gebiet, insbesondere auf die resul-
täte richten mufste, die durch die neuere sprachverglei-
chende methode (durch Bopp, A.Kuhn, Benfey, Schlei-
cher, Pictet u. a.) gewonnen sind, weil er allen fäden nach-
spüren mufste, die in spräche, sitte, religion und recht
irgendwie eine gemeinsame indogermanische wurzel oder
wenigstens sichere Verwandtschaft mit dem indogermani-*
sehen urvolke und andern alten Völkern erweisen^. ,|Er8t
auf diese weise^, meint der Verfasser, „wird das germanische
Volk in seine welthistorische Stellung und bedeutung hin-
eingestellt, ein blick in den culturzustand des gemeinsamen
urvolkes dabei vergönnt und insbesondere für die Germa-
nia des Tacitus ein tieferes verständnifs erschlossen^. Auch
anzeigen. 153
nach dieser richtnng hin, welche ich am besten mit Cur-
tzes eigenen werten darlegen zu können meinte, hat das
vorliegende buch entschieden seinen werth und darf unsers
bedOnkens von keinem, der die Germania des Tacitus
gründlich zu lesen wünscht oder gar sie andern zu inter-
pretieren unternimmt, übergangen werden. Das aber müs-
sen wir an dieser seite, wie an den übrigen theilen der
vorliegenden arbeit, aussetzen, dafs herr C. seine reichen
und gewifs mühevollen Sammlungen nicht so sauber, als
wir wünschen möchten, verarbeitet hat, dafs er sich nicht
veranlafst sah sie in concisere und, möchten wir sagen,
mehr dialektische form zu bringen, dafs er die quellen
nicht immer gehörig sichtete, dafs er gar oft seine eigene
ansieht nicht hervortreten läfst oder dieselbe nicht scharf
begründet, mit einem worte, dafs er nicht methodische kri-
tik übte. Dann hätte der verf. besser daran gethan grö-
fsere partien, wie diejenige über die stammsage, über das
königthum, über die germanische thier- und pflanzenweit
lu a. in besondern excurseu zu behandeln. Wir meinen,
durch all dieses hätte er seinem buche und der Verbrei-
tung des Wissens, welches er mit rühmlichstem eifer für
die Sache mitzutheilen strebt, gröfsern nutzen schaffen kön-
nen. Wir wünschen gar sehr, dafs herr C. sein werk fort-
setze, und vielleicht zieht er dann unsre bemerkungen in
freundliche erwägung. Wie in dem gebiete, welches uns
hier zunächst angeht, wird er auch in der texterklärung
und textkritik richtiger verfahren, wenn er nur verstän-
dige interpreten berücksichtigt und lieber die lesarten der
relativ besten Codices verwerthet als die Varianten aller
ausgaben aufzählt.
Im einzelnen beschränken wir uns auf im Verhältnisse
zu dem uns hier gebotenen Stoff wenige bemerkungen.
Ueber die Raeti (s. 2) sammelt der verf., ohne zu ent-
scheiden. Nach allem vorliegenden, den bestimmten nach-
richten über die spräche der Räter (oder von Rätern) und
den in Rätien gefundenen inschriften müssen wir die frage
nach der nationalität dieser stamme offenbar dahin beant-
worten, dafs in den Rätischen bergen menschen sehr ver-
154 Scliweizcr-Sidler
sciiicdenes Schlages hausteu, Etruskcr, Kelten, vielleicht
und wabrseheitilich noch Iberer. Für den namen RenuB
eine sanskritische wurzel rn anzunehmen geht nicht, wohl
aber ri, wie sie C. gleich daneben aufführt. Im übrigen
konnte der verf. gewii's nichts besseres tbun als mit über-
gehung alles ungereimten die diesfällige forschung Glücks in
ihrem einfachen resultate vorlegen. Auch über den namen
D an u vi US müssen wir, weil der verf. in der mittheiluDg
des von ihm gesammelten übergewissenhaft ist, ungeschick-
tes zeug mit in den kauf nehmen. Er selbst täuscht sich
mindestens darin, dafs er gegen die ansieht der gründlich-
sten kenner des keltischen in dem flufsnamen ein wirk-
liches compositum statt einer ableitung sieht und dabei
überdies verschiedene ausdrücke für wasser bunt durch-
einander zur vergleichung zieht; ist doch, wie Ascoli in
seiner bald erscheinenden Fonologia comparata zeigen wird,
nicht einmal die volle gleichheit von aqua und ap so
ganz ausgemacht. Uebrigens ist Danuvius nicht nur
flufs- und gottesname, es ist auch menschenname. Nicht
recht that wohl herr C. daran, den zweiten namen des Stro-
mes Ist er ebenfalls aus dem keltischen abzuleiten. Ueber
name und nationalität der Sarmaten hat MüUenhoff in
den berichten der berliner akademie sehr gründlich und
lichtvoll gehandelt, und wir sind nicht mehr berechtigt in
ihnen mit J. Grimm die Vorgänger der Slaven zu sehen.
Ob Daken und Dänen in engerem zusammenbange ste-
hen, möchte doch sehr zweifelhaft sein; vielleicht wird der
artikel Geten in Ersch und Gruber herrn C. auf andere
meinung bringen. Ist es nun wirklich die aufgäbe ^ines
erklärers solcher Schriften, wie die Germania, namen von
Aussen und örtlichkeiten, welche da vorkommen, in ihren
ursprünglichen und historisch umgebildeten formen wo
möglich aufzuhellen, weil dieselben auf frühere und spätere
anwohner schliefsen lassen, und haben hier ebenso namen
umwohnender stamme, namen für allerlei Verhältnisse des
lebens oft recht wesentliche bedeutuug, so sind dagegen
etymologische erläuterungen von Wörtern wie oceanus,
silva, mare bei der interpretation der Germania gar
anzeigen. 155
nicht am platze: sie bestimmen weder die iiationalität oder
die anscbauungen der Germanien umwohnenden stamme,
noch den culturzustand unserer vorfahren. Ueberdies sind
dem verf. die neuern erklärungen von oceanus und mare
entgangen. Wohl aber hat herr C. recht auf die deut-
schen verwandtschaftsnamen, auf die namen für haus und
schiff u. dgl. einzugehen. Dafs mätar, mater, muotar
die bildnerin bedeuten könne, obgleich auch die ord-
ne rin, Wirkerin, walterin nicht durch die etymologie
ausgeschlossen sind, das. ist aufser zweifei. Böhtlingk-Roth
fassen es analog mit Bopp als bildnerin der kinder im
mutterleibe. Uebcr sünu, goth. sunu, finden wir gerade
die, wie uns vorkommt, treifendste deutung Benfeys (im
Vorworte zu Ficks indogermanischem Wörterbuch) nicht auf-
geführt, dafs sünu „der zeugende", duhitar „die säu-
gende'^ sei. Die herleitung der Wörter bhrätar, frater,
bruodar von wurzel bhar, fer, bar ist nicht nur wahr-
scheinlich, sondern so gewils als irgend eine etymolo-
gie. Wir machten schon wiederholt darauf aufmerksam,
dafs in der that der bruder rechtlich in einem ähnlichen
Verhältnisse zu seiner Schwester steht, wie der bhartar
^gatte** zur bhärjä „gattin", führen aber hier das mehr-
fach ausgeführte und auch auf den römischen avuncu-
lus angewandte nicht wieder aus. Für soror sind laut-
lich mehrere etymologien möglich, uns scheint festzuste-
hen, dafs der erste theil, wie in mehrern verwandtschafts-
namen, sva, SU US „eigen" ist. Ein blofses versehen ist
es wohl, dafs neben naptl nicht die männlichen napät,
naptar aufgeführt sind. Dieser etymologie ist nicht zwei-
fellos, ihre geschichte aber merkwürdig. In den ausdrücken
für vater, bruder, Schwester und in noch einigen an-
dern Verwandtschaftswörtern sehen wir sprechende Zeug-
nisse eines indogermanischen familienrechtes, in andern
bricht das rein natürliche in feinerer oder gröberer an-
schauung hervor. Sehr ausführlich behandelt herr C. den
germanischen stammmythus, kommt aber mindestens nicht
in allen theilen zu einem befriedigenden resultate. Das
wichtigste — freilich auch unwichtiges — was über sein
1.56 Schweizer-Sidler
wesen und seine bedeutung, über seine einzelnen gestalten
und den innern Zusammenhang derselben aufgestellt ist,
findet sieh in unserm buche beisammen; nur bat der Ver-
fasser die fränkische völkertafel, welche uns durch Müllen-
hoff so sehr zugänglich gemacht worden ist, gar zu wenig
berücksichtigt. Längst haben die Germanisten erkannt, dafs
mindestens Tuisto (denn das scheint die sicherste Über-
lieferung) und Mann US nicht nur Germanien angehören,
dafs sie eine anthropogonie, nicht nur eine ethnogonie ein-
leiten, und dafs wenigstens über sie die anschauungen nach
Asien zurückreichen. Schwierig aber ist der sinn des wer-
tes Tuisto. Die hypothesen über denselben sind durch
den verf. um eine allerdings beachtenswerthe bereichert
worden: er erklärt tuisto als gleichbedeutend mit jama
„Zwilling^, und Tuisto soll dem indischen Jama ent-
sprechen. Zur sprachlichen auf hellung von tuisto ist
aber hier nichts geschehen, nicht der beweis angetreten,
dafs dieser adjectivische substantivname so viel als zwi-
nal, zwineling sein könne; denn natürlich f5rdem die
angeführten skr. dvita und gar dvi^a die sache nicht.
Indem deutschen tuisc zuisc und etwaigem tuist, zuist
liegt an und für sich nur die anschauung des doppelten,
zwiefachen. Jama ist nicht, wie C. sagt, auch des
Manu Zwillingsbruder, sondern er gehört als solcher
nothwendig zu Yami, und wir kämen schliefslich doch
auf einen ähnlichen gedanken, wie ihn Lachmann, Wacker-
nagel, Müllenhoff geäufsert haben. Uebrigens ist, dünkt
uns, wenn uns nur Mannus entschieden in die indoger-
manische uranschauung zurückführt, jede deutung von
Tuisto unsicher, welche auf den beinamen eines gött-
lichen Wesens abzielt, der sich nicht wirklich innerhalb
des kreises jener uranschauung vorfindet. Das ist der
grund, warum wir auf Tvastar kamen. Was des Man«
nus söhne betrijpft, so hat hier C. sprachlich nichts auf-
zuhellen versucht, und das kann ihm niemand verübeln;
aber dafs er sachlich wieder darauf kommt, Ingo, Isto
und Er man als die repräsentanten der drei germanischen
stände zu betrachten und diese mit den indischen kästen
anzeigen. 157
ZU vergleichen, müssen^ wir leider als einen rückschritt be-
zeichnen. Wir dürfen nun doch nach Muirs und anderer
Untersuchungen kühn behaupten, dafs zu jener zeit, als die
Germanen von den Indogermanen sich trennten, bei den
letztern noch keine kästen bestanden haben. Es müfste
also dieser theil des germanischen Stammmythus von Asien
losgerissen werden, aber auch bei solcher annähme wür-
den uns noch immer theils die Taciteische oder ihm und
Plinius überlieferte localisierung, theils die fränkische völker-
tafel auf's strengste verbieten, die von C. wieder zu ehren
gezogene hypothese gut zu heifsen. Wir vermissen die
sprachwissenschafkliche schärfe und demnach die annähernd
richtige entscheidung in der behandlung der nun folgen-
den und nicht mehr in den alten liedern überlieferten
Stammnamen. Nicht wiederum durften die Marsi mit
den Dietmarschen zusammengebracht werden. Die Zu-
sammensetzung von Sigambri oderSugambri aus sign
(goth. stamm sigisa) und gambar liefse sich nur durch
gleichzeitige analogien rechtfertigen, welche eben fehlen.
Aber nicht absolut zurückzuweisen ist eine Zusammen-
setzung mit verstärkendem su „wohl, sehr^. Eine ablei-
tung des namens Gambrivii unmittelbar vom stamme
gambra läfst sich sehr wohl begreifen. Ueber Su^bi
durfte C. die verschiedenen meinungen aufführen, ohne zu
entscheiden; nur das steht durch die Überlieferung und
deutsche Sprachgesetze fest, dafs die Schreibung mit b die
echte ist; dafs aber die meinung, nach welcher Vandali
aus Venetovali zusammengezogen wäre, aufgeführt oder
nicht mindestens als eitel abgewiesen ist, wundert uns. —
Ueber die lesart barditus (nicht baritus) sind beut zu
tage die kritiker ziemlich einig, aber der verf. scheint doch
noch zu zweifeln und nicht gerade fern davon zu sein mit
dem auf dem gebiete des Sanskrit sehr bewanderten Bol-
lensen baritus anzunehmen, gebildet von einer angeb-
lichen Wurzel bhar „singen'^, ahd. baren (?). Das sans-
krit hat allerdings ein bhara „schlacht^ und „gesaugt;
aber die wz. bhar ist die bekannte in (piQO)^ ferre, bai-
ran; bhara „schlachf^ bedeutet eigentlich ein „sich los-
158 Schwpizor-Sidlcr
stürzen" (forri), bhara „gesang" wohl ein „erheben der
stimme^. Barditus müssen wir als gesicherte Überliefe-
rung festhalten, und es bleibt wohl nur die möglichkeit es
von barOi „schild" oder von bard y,bart" herzuleiten; es
ist ja auch nur der relatus, die art des Vortrages, die so
heilst. Warum der verf. Wackernagels, nicht unsere deu-
tung und Übersetzung von vordum and bordum höfon
herecombol bezweifelt, ist uns unklar. So dankens-
werth das zu cap. 5 aufgespeicherte material über germa-
nische pflanzen und thiere und deren namen und dasjenige
von den metallen und deren bezeichnung ist, so mflseen
wir doch auch hier den mangel an wissenschaftlicher son-
derung hervorheben. Wir können nicht läugnen, einige
mit vollem rechte hochangesehene Germanisten und na-
mentlich in seinen spätem jähren selbst der nicht genug
zu feiernde Schöpfer der germanischen philologie sind im
etymologisieren oft über alles mafs kühn verfahren; wo
sie sich nun auf falscher fährte befinden, dürfen uns die
grofsen namen nicht verleiten ihre diesfälligen meinungen
auch nur mit dem seheine der Wahrscheinlichkeit neben
die von allen Seiten gesicherten entscheidungen zu stellen.
So ist ja gar nichts daran, wenn J. Grimm in seiner sonst
so trefflichen abhandlung über das wort des besitzes apva,
equus, ehu u. s. f. mit eigan zusammenhält, ohne alle
lautliche gewähr läfst Dieetrich von oh so, skr. ukäan ein
j abspringen. Und ebenso müssen wir gar oft die ety-
mologien unseres gelehrten und geistreichen Wackernagel
auf sich beruhen lassen; oder wie könnten wir die einfölle,
faihu sei gleicher wurzel mit veh nor/j'Xoi; (skr. wz. pip
schmücken) oder opes und ovis, opes und oh so seien
dieselben Wörter, irgendwie zur Wahrscheinlichkeit erhe-
ben? Hätte der verf, wie so oft, Curtius griech. etymo-
logie nachgeschlagen , so hätte er in den nachtragen seine
frage, ob das deutsche ferse von varS „befruchten'* her-
komme, gespart; wäre er doch wieder daran erinnert wor-
den, dafs germanisches f mit altem v zusammenzuhalten
unmöglich ist. Wunderbar ist, was uns zum beweise, dafs
anzeigen. 159
das älteste geld in vieh bestanden habe, s. 158 über pfen-
ning berichtet wird, dafs fe, vihu dessen Stammsilbe sei.
Mag etwas daran sein, dafs asinus eigentlich den ^ge-
ehrten" bezeichne, daran ist nichts, dafs das wort mit
auris verwandt sei. Meldern versuchte zwar Pictet einen
augenblick auf wurzel mad zurückzuführen, wurde aber,
da die laute nicht entsprechen, sofort selbst unschlüssig.
Uebrigens wie die etymologie für sprachliche und allge-
mein .menschliche erkenntnifs den höchsten werth hat, für
die frage, von welchen gegenständen und wesen das indo-
germanische urvolk umgeben war — und das wird dem
verf. die hauptsache sein — , verschlägt die etymologie we-
nig; unter diesem gesichtspunkte sind vollständig gleiche
Wörter wesentlich, wie für weitere und andere entwicke-
lung besondere Wörter ihre Wichtigkeit haben: freilich ist
dabei das eliminieren nicht zu vergessen.
Noch hätten wir, ganz abgesehen von den realien,
über manches zu sprechen und unsere abweichende mei-
nung aufzuführen, wie über das gebiet der deutschen eigen-
oamen, bei welchen mehrere wichtige arbeiten, wie eine
von MüUenhoff in den nordalbingischen Studien, übersehen
sind, über deutung und etymologie von armbrust, pi-
lum, brünne, pagus, gau, wizago, arzet u.a.; aber
einmal möchten wir nicht zu ausführlich werden, ander-
seits möchten wir, aufrichtig gesagt, nicht den ungerech-
ten schein erwecken, als ob das buch nicht zu den sehr
nützlichen und guten zu zählen sei. Wir wiederholen am
ende unserer anzeige: die Sammlungen von herrn Curtze
sind so reich und wichtig, dafs sie für die tiefere erkennt-
nifs der Germania im höchsten grade erspriefslich sind
und wir es sehr bedauern müfsten, wenn ihre Veröffent-
lichung nicht auch auf die folgenden theile der schritt sich
erstrecken würde.
Von wichtigen druckfehlern wären in einem folgenden
bände noch manche zu verzeichnen. Beispielsweise nen-
nen wir Severus statt Servius s. 157, blühen statt
blichen anm. 161, Aufsefs statt Aufrecht 193, das
160 Kuhn, anzeigen.
beständig wiederkehrende ^ statt p, d. h. th in gotischen
Wörtern u. s. f.
Zflrich, im September 1869.
H. Schweizer-Sidler.
Verglcichung des Präkrit mit den romanischen Sprachen, von Friedrich
Haag. Berlin. Calvary und Co. 1869. gr. 8. 68 ss.
Das Präkrit und die romanischen sprachen sind bei-
läufig und im einzelnen so oft mit einander in parallele
gestellt worden, dafs es in der that zeitgemäfs war, diese
beiden gebiete einmal einer durchgreifenden vergleichung
zu unterziehen. Die vorliegende arbeit zeigt deutlich, wie
lehrreich ein solcher vergleich ausfallen mufste; sie verräth
zwar einige spuren von zu rascher ausarbeitung, verdient aber
als erster versuch dieser art unsere anerkennung. Zu bedauern
bleibt, dais der verf. sich im Präkrit einzig und allein auf
Lassen's Institntiones stützt und die neueren forschungen
über die älteren volksdialekte Indiens, das Päli, die dialekte
der Inschriften und die spräche der G'äina so gar nicht be-
rücksichtigt hat; dies hätte zur Vervollständigung und Ver-
tiefung seiner arbeit ungemein viel beigetragen und er
würde auch dann gewils nicht auf s. 17 die richtigkeit der
Lassen'schen ansiebt über prkr. gärava für skr. gäurava
in zweifei gezogen haben. Bhämaha's ansieht, dafs Kan-
dimä = skr. Kandrikä, ist ohne weiteres zu verwerfen.
Lassen Instit. p. 203 hat mit recht auf kandramas hin-
gewiesen, denn in der that ist das wort — wenigstens im
Päli — masculinum. Ungemein störend ist endlich die
grofse anzabl von druckfehlern^ die zu der sonstigen gnten
ausstattung des büchleins einen unerfreulichen gegensatz
bildet.
Ernst Kuhn.
ZeyCBf erörteningen aus dem gebiete der ital. sprachen. 161
Erörterungen aus dem gebiete der italischen
sprachen.
1. Ueber die lateinischen Wörter forceps, forfex,
forpex und das umbrische verbum furfa.
Wie forma- capis, i. e. forceps, Festus p. 91 ed.
Müll, richtig von for-mus (= OeQ-fAitg)^ i. e. fervens, ca-
lidus, ond capio abgeleitet hat, so haben auch for-ceps
die alten grammatiker von diesem adjectiv. for-mus oder
dem gleichbedeutenden for-vus und capio abgeleitet.
Vgl. Fest. p. 84. M., Vel. Long. p. 2232 P., Cassiodor. p.
2292 P., Mar. Victorin. p. 2470 P., Serv. zu Vergil. Georg.
4, 174 und Aen. 8, 453, Non. Marcell. p. 531. Merc. Frei»
lieh stammt nun for-ceps nicht von dem adject. for-mus
oder for-vus, sondern es ist in ihm dieselbe wurzel for
8. für enthalten, der wir in for-mus, for-nus s. fur-
nus, for-nax und for-vus (Serv. zu Verg. Georg. 4, 175
und Aen. 8, 453) begegnen. Eigentlich bedeutet also for-
-ceps eine feuerzange und kam insofern, wie Cassiodor.
1. 1. sagt, dem faber zu, wurde dann aber im weitern sinne,
namentlich von der zange eines Chirurgen (s. besonders die
von Chans, p. 74 aus Lucilius angefahrten stellen), ge-
braucht.
Anders mufs es sich dagegen mit forfex verhalten.
Unmöglich kann dasselbe, da es eine sc beere bedeutet,
von derselben wurzel for und facio abstammen; aber
ebenso unmöglich ist es, dafs es, wie G. J. Vofs. im Ety-
molog, ling. lat. p. 220 will, „quasi ferrifacis, ferrum,
quo quid facimus^ sei, oder dafs es, wie Dietrich de li-
terarum in ling. lat. transpositione. Naumburg 1846 p. 20
mit recht bemerkt, a foraminibus faciendis ( Johann-
sen lat. wortbild. p. 44) den namen bekommen habe. Er-
wägen wir vielmehr, dafs unser scheere von scheeren,
wie das engl, shears von shear und das franz. ciseaux
von lat. caedere herstammt und dafs Servius zu Verg.
Georg. 4, 175 und Aen. 8, 453 sagt, dafs, wie forceps
ad calida capienda, so forfex ad incidendum sei, so wer-
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 3. 11
162 ZeyfB
den wir zu der vcrmuthung geflihrt, dafs nicht for-fex,
sondern forf-ex abzutheiien sei und dafs die wurzel forf
schneiden bedeuten müsse. Diese wurzel aber finden
wir in dem umbrischen verbum furfa wieder, von dem
Aufrecht und Kirchhoff umbr. sprachdenkm. bd. I,
p. 59 mit recht erklären, dafs es auf die skr. wz. bbarbb
(caedere) zurückzuführen sei, obgleich bis jetzt erst die
Variante bharv aus den veden zu tage gefördert worden
ist. Wenn nämlich tab. Iguvin. I. b, 1 pune uvef furfat
=3 VI. b, 43 ponne ovi furfant gesagt wird, so scheint
es mir, dafs dieses nicht mit Fr. W. New man, der eben-
falls an einen Zusammenhang dieses verbums mit dem lat.
forfex gedacht hat, „quum oves tondent^, sondern „quam
oves caedunt, d. h. discidunt oder dissecant^ zu übersetzen
sei. Demnach würde VI. b, 17 und VII. a, 38 purome
efurfatu wörtlich „in -um excidito^, kurz mit constmctio
praegnans fitlr „excisam in -um iacito'^ gesagt sein; denn
offenbar gehört efurfatu dem compositum des simplex
an, dem die form furfant zuzuschreiben ist.
Forpex aber, dessen latinität zwar G. J. Vofs. im
Etymol. ling. lat. p. 220 bezweifelt, welches aber Isidor.
Orig. 20, 1 3, Papirianus bei Cassiodor. p. 2292 P. und Beda
p. 2335 P. bestimmt als ein lateinisches wort anfahren, so
dafs an der existenz desselben nicht zu zweifeln ist, er^
scheint nur als eine andere form von forfex mit vertau-
schung der aspirata mit der tenuis desselben organs. AI-
lerdings behaupten Isidor., Papirianus und Beda, dafs zwi-
schen forceps, forfex und forpex der unterschied statt-
finde, dafs forceps dem faber, forfex dem sartor,
forpex dagegen dem tonsor zukomme — ein unterschied,
den auch Cbaris 1. 1. (wo jedenfalls mit E. I. A. Seyfert
in der lat. Sprachlehre th. 5 p. 41 „forpices tousorum,
quae pilum secent^ zu lesen ist) anführt^ obwohl er be-
weist, dafs forceps nicht blos eine zange der schmiede,
sondern auch eine zange der är/te sei — ; allein dafs die-
ser unterschied der beiden letzten Wörter kein natürlicher,
sondern ein gemachter sei, wenn sich auch damit die stelle
des späten Sidon. Epithal. 15, 184 „Rupit odoratam redo-
erorteningen ans dem gebiete der italischen sprachen. 163
lenti forpice barbam^ vereinigt, obwohl wir hier forcipe
erwarten, zeigt Martial. 7, 95, 12 „Quälern (barbam) for-
ficibus metit supinis Tensor". Wie der tonsor hier
beim abschneiden des haares die forfex, so gebraucht er
natürlich beim herausreifsen desselben die forceps, wie in
der von G. J. Vofs. 1. 1. aus Sidonius angeführten stelle:
„Barba concavis hirta temporibus, quam in suhdita vultus
parte surgentem stirpitus tonsor assiduus genas adus-
que forcipibus evellit".
Häufig sind übrigens forceps und forfex oder for-
pex in den handschriften verwechselt worden, ja es scheint,
dafs auch im munde des volks häufig für forceps for-
cipis mit Umstellung des c und p forpex forpicis ge-
sagt wurde; denn nur so seheint sich zweierlei zu erklä-
ren. Wir finden nämlich erstens forpex, welches doch
eigentlich nach Isidor, Papirianus und Beda eine bart-
oder haarscheere «bedeutet, im sinne von zange bei
Cato R. R. 10, 3 und 11,5, sowie bei Vitruv. 10, 2, 2, an
welcher letzten stelle „forpices uncinati, quibus pon-
das pendulum mordicus prehenditur^ erwähnt werden, wäh-
rend Lucilius bei Charis. 1. 1. sagt: „Et uncis Forcipi-
bus dentes evellunt^. Man füge noch die oben angeführte
stelle des Sidonius Epithal. 15, 184 hinzu. Zweitens er-
klärt es sich so, wenn Velius Longus p. 2232 P., der for-
pex für das eigentliche wort für zange hält, die bemer-
kung macht, dafs für forpices die alten per transmuta-
tionem syllabae forcipes gesagt hätten.
Dieser darstellung zufolge mufs ich es für irrig er-
klären, wenn E. I. A. Seyfert latein. sprachl. th. 5 p. 40
und Dietrich de literarum in ling. lat. transpositione.
Naumburg 1846 p. 20 die vermuthung äufsern, dafs for-
ceps, forfex und forpex nur ein, aber auf dreifache art
ausgesprochenes wort sei.
2. Ueber die mit dem suffix ne gebildeten italischen
Partikeln.
Das sanskritische suffix n ä hat erstens eine lokale be-
deutung, wie in der präp. vi-nd(sine), deren erster theil
11*
164 Zeyfs
vi als praep. inseparabilis eine trennong oder absonderung
bezeichnet, und zweitens eine temporale, wie in sä-ni
(semper) und adhü-nä (nunc). Im griechischen entspricht
ihm das verkürzte rä in dem vom pronomen t abgeleite-
ten c-i/a, dessen ursprüngliche bedeutung demonstrativ,
nämlich äxei^ ibi (Homer. II. X, 127), war. In den itali-
schen sprachen dagegen steht diesem sanskritischen suffix
nä ebenso das suffix ne, wie dem sanskritischen nachge-
setzten vä (oder) das lateinische nachgesetzte ve, ge^
genüber.
Im lateinischen nun zeigt dieses suffix ne die lokale
bedeutung in dem aus pos-ne entstandenen pö-ne, in
81-ne, in super-ne, infer-ne, interne und pro-ne,
die temporale dagegen in dem relativen quando-ne (Orell.
4370) =s quando oder, wie Orelli und die lexikographen
wollen, = quandocunque.
Die Schreibart seine (in der le^ de repetundis p. 63-
Klenze) flQr sine, die Ritschi über den titulus Mummia-
nus. Bonn 1852 p. XVI und in dem 23. plautin. excurse
im rhein. mus. 1853 VIII p. 492 für sehr schwach beglau-
bigt erklärt, stelle ich zusammen mit der Schreibart nei
neben ne (prohibitiv), von der Ritschi im 22. plautinischen
excurse im rhein mus. 1853 VIII p. 479—486 handelt, und
kann sie um so weniger f&r unächt halten, als sie eine
bestätiguug in dem umbrischen adverb. sei findet, welches
mit der altlateinischen praep. sed s. sä identisch ist (tab.
Iguv. VI. a, 11 „eine todceir tuderus sei podruhpei
scritu^, i. e. tum ad (hos) urbicos limites separatim ad
utruraque servato), wodurch ich genöthigt bin das ei in
seine nicht = I, sondern ss e zu fassen. Gebildet ist
nun diese praeposition, wie ich in d. zeitschr. bd. XVI, 375
gezeigt habe, aus sä (fragm. XII tab. bei Cic. de legib.
II, 24 und bei Gell. XX, 1, 9), das durch abfall des d aus
söd (bei Gruter. 509, 20) hervorging, welches unverändert
sich in sed-itio erhielt und worüber Fest. p. 148 sagt:
„Sed pro sine inveuiuntur posuisse antiqui^, und dem
suffix ne. Es entspricht also die bildung des lateinischen
si-ne ganz der des sanskritischen vi-nä. Dieses sed ist
erArtemngen aus dem gebiete der italischen sprachen. 165
aber ursprOnglich der ablativ des pronom. reflexiv., wes-
halb es eigentlich für sich bedeutete, woraus sich, indem
68 in beziebuog auf andere gegenstände gesetzt wurde, der
begriflT gesondert entwickelte. Während aber se als
praep. inseparabilis durchgehends die länge des vokals be-
wahrte^ verkürzte sich dieser in der Zusammensetzung des-
selben mit dem suffix ne; dieses verkürzte e aber mufste
nach dem von Ritscbi im zehnten und neunzehnten plau-
tinischen excurse im rhein. mus. 1850 VII, p. 576 — 583
und 1853 VIII, p. 155—159 entwickelten gesetze, dafs
^edes kurze schluCs-e in der composition mit einem con-
sonantisch anlautenden werte den umlaut in i erfahre^,
Dothwendig in i übergehen. Vergl. Schweizer-Sidler
in d. zeitschr. bd. II p. 357. — Ganz irrig ist es, wenn
Corssen über ausspräche, vokalismus und betonung bd. II
p. 277, in d. zeitschr. bd.IX, 158 und bd.XVI, 301—302,
bewogen durch die worte des Fest. p. 165 M. „Nesi pro
sine positum est [in lege dedicationis arae] Dianae Aven-
tinen[sis]^, erklärt, däfs si-ne wie ne-si eigentlich „so
nicht" bedeute, indem das si dieselbe form des localis des
demonstrativen prouominalstammes so sei, die sich in si-c
erhalten habe, dafs aber der negative sinn „so nicht**
io den positiven „anders, gesondert, ohne* überge-
schlagen wäre. Da diese erklärung an und für sich höchst
unwahrscheinlich ist, so bemerkte ich in d. zeitschr. bd.
XVI p. 375, dafs ich ihr nicht beitreten könne; Corssen
verharrt aber über ausspr., vokalism. und betonung bd. I^
p. 201 2. ausg. bei derselben und hält mir erstens die be-
hauptung entgegen, dafs nach meiner erklärung *sene
entstanden sein würde, und zweitens das oben aus Fest,
angeführte nesi. Was nun den ersten punkt betrifft, so
glaube ich oben deutlich gezeigt zu hüben, wie aus sene
sine hervorgehen mufste; nesi aber überging ich a.a.O.
absichtlich, da K. L. Schneider elementarlehre der lat.
spräche p. 515 und Dietrich de literarum in ling. latin.
transpositione. Naumburg 1846 p. 25, mit recht von der
Unmöglichkeit einer solchen Umstellung ganzer silben aus-
gehend, hinlänglich dargethan haben, dafs nesi nicht ft&r
166 Zeyrs
sine, sondern nur fDr nisi geschrieben sein könne, an der
von Fest, angefahrten stelle aber wahrscheinlich ebenso
nisi als sine zulässig gewesen wäre, wodurch Festus zu
jener erklärung geführt worden sei. Ebenso wenig aber
ist es zu billigen, wenn Fr. Bücheier im grundrifs der
latein. declinaiion p. 52 und A. Kolbe in der zeitscbr. f&r
d. gymnasial wesen 1868 p. 133 sine sich aus 8e(d) „ohne'
und der negation ne zusammengesetzt denken; denn die
negation würde ja den begriff von se(d) geradezu auf-
heben, so dafs sine = cum wäre. Vgl. die der seditio
gegenüberstehenden comitia*).
Auf gleiche weise sehen wir im umbrischen die lokale
bedeutung dieses sufßxes in den adverbiis per-ne (ante,
ab anteriore parte), post-ne (pone, a posteriore parte),
SU per-ne (superne) und die temporale in pa-ne in den
Worten „pus tertiu, pane puplu aterafust, iveka
perakre tusetn super kumne arfertur^ (tab. Igavin.
I. b, 40), i. e. post tertium, quam populum lustraverit, ju-
vencam — em torreto super cupa (sartagine) affertor, =
pos tertio, pane poplo andirsafust, — eso tasetur
persnihimumo (tab. Iguvin. VII. a, 46), i. e. post tertium,
quam populum lustraverit, — hoc taciti precantor = post^
quam tertium populum lustraverit. Vgl. über diese stellen
das von mir in d. zeitschr. bd. XIV p. 407 gesagte. Ebenso
erscheint die temporale bedeutung in der conjunction,
welche mir auf den älteren tafeln, der Iten, 2ten und 5ten
t4 male pune und nur einmal (I. b, 20) puni, dagegen
auf den neueren pone (VI. b, 48. 49) und mit Verdoppe-
lung des n ponne (VI. b, 43. VII. b, 2) mit der bedeu-
tung des temporalen quum geschrieben finden. Dieses nn
ist hier keineswegs durch assimilation des d aus nd her-
vorgegangen, wie A u f r e c b t und K i r c h h o f f umbr. sprach-
denkm. bd. I p. IC: 87. 96. 160—161 wollen, sondern viel-
mehr von derselben art, wie in ennom (VI. b, 51. VII. a.
*) Was dagegen E. Goebcl in seiner abhandlung „über etymologie
und bedeutung der pracp. sine*^ in der Zeitschrift fUr die Österreich, gymnar
sien im ll.jahrg. 1860 p. 490 — 494 Über diese praeposition vorgetragen
hat, ist mir leider nicht bekannt geworden.
erdrtemogen aus dem gebiete der italischeii sprachen. 167
20. 24. 34. (^9) für das sonstige enom (tum) und in dem-
selben wort mit abgeworfenem m enno (VII. a, 38) für
das sonstige eno, was gewifs nicht, wie schon das sechs-
malige vorkommen desselben zeigt, eine fehlerhafte Schreib-
weise ist, wie Aufrecht und Kirch hoff umbr. spracbd.
bd. II p. 404 wollen , die demzufolge an allen diesen stel-
len im texte das eine n getilgt haben. Vielmehr, wie die
Schreibweise eine (VI. a, 10. 11), i.e. tum, für ene zeigt,
dafs die erste silbe von dem Schreiber gedehnt, ebenso
beweist die Verdoppelung des ihr folgenden consonanten,
dafs sie von deren urheber geschärft gesprochen wurde.
Beide sprechweisen konnten recht wohl und mit demselben
rechte daher beide Schreibweisen neben einander bestehen.
Ich uaifs schon dem bisher gesagten zufolge die erkläruug
Auf rechts und Kirch hoffs, die an den angeführten
stellen pane als aus pande, lat. quamde oder quande,
und ebenso pune s. pone als aus punde entstanden be-
trachten, verwerfen. Dazu kommt aber noch, dafs ein
punde lateinischem unde, das, wie alicunde, necuude,
sicuude zeigen, vorn die gutturalis eingebüist bat, entspre-
chen würde, pune, pone, poune aber nirgends dessen
bedeutung, sondern überall die des latein. temporalen quum
haben. Eher könnte man sich daher, wenn nicht die ver-
gleichung mit enuom und enno dagegen wäre, ponne
als durch assimilation eines m aus pom-ne ss lat. quum
-H ne entstanden erklären.
Dai's nun der vokal dieses Suffixes ne im lateinischen
kurz ist, steht von pone und sine fest und ebenso geht
dieses für superne, inferne und interne aus den dich-
terstellcn, in welchen diese adverbia vorkommen, hervor;
wenigstens ist mir nicht eine stelle bekannt, die zu der
annähme nöthigte, dafs das schliefsende e derselben ur-
sprünglich lang wäre. Für prone und quandone lie-
gen zwar keine dichterstellen vor, aber der analogie zu-
folge werden wir auch für diese kürze des schlufs-e an-
nehmen müssen. Zu der ansieht, dafs das auslautende e
dieser Wörter ursprünglich lang sei, ist man ja nur da-
durch geführt worden, dafs man sie für adverbia hielt, die
168 Zeyfs
von den adiectivie supernus, infernus, internus,
pronus abgeleitet wären, wie dies noch von Corssen
über ausspr., vokalism. und beton, bd. I p. 33() geschehen
ist. Pott dagegen hat, weil er sab, dafs das schlielsende
e dieser Wörter überall kurz sei und dafs neben der ad-
iectivform pronus sich die form pronis finde, etymol.
forsch, th. II p. 280 die ansieht ausgesprochen, dafs diese
Wörter fQr accus, neutr. sing, in adverbialem sinne zu hal-
ten seien; allein, wenn diese annähme auch bei den übri-
gen Wörtern auf ne zulässig erscheinen könnte, obgleich
nebenformen auf is der adiective supernus, infernus
und internus nicht nachweisbar sind, so ist sie doch bei
sine und quandone geradezu unmöglich. Es verhält
sich vielmehr umgekehrt, indem diese adiectiva von den
ihnen entsprechenden adverbiis abgeleitet sind, dergestalt,
dafs das lateinische und oskische (in Per na, dativ. Per-
nai, worüber s. Grafsmann in d. Zeitschrift bd. XVI,
p. 118) no sowohl mit dem suffix des griech. ;rpi;-V97c,
als mit dem umbrischen in pernaio (anticus) und pust-
-naio (posticus) enthaltenen naio zu vergleichen ist,
in welchem bei antritt von nio das e von ne ausfallen
müfste. (Vgl. Corssen in d. Zeitschrift bd. V p. 89 — 90.)
Da nun der vokal dieses Suffixes ne im lateinischen durch-
gängig kurz ist, so sehe ich nicht, was im wege stände
auch im umbrischen dieselbe quantität für ihn anzuneh-
men. Ich kann daher nicht beistimmen, wenn Aufrecht
und Kirchhoff umbr. sprachdmäler bd. I p. 41 das ge-
gentheil behaupten, wozu sie durch die annähme gefQhrt
wurden (umbr. Sprachdenkmäler bd. I p. 47. 150. bd. II
p. 415), dafs perne und postne ursprünglich locales sing.
der a-declination von mittels des affixes no abgeleiteten
adiectivis wären, eine annähme, zu der sie wiederum durch
die adiective pernaio und pustuaio veranlafst wurden,
deren bildung sie sich auf künstliche weise dadurch er-
klärten, dafs beim antreten des affixes o das durch zusam*
menziebung des characters des local. sing, i mit dem the-
ma vokal a der a-declination entstandene e sich wieder iu
seine bestandtheile pernai und pustnai aufgelöst hätte.
erSrtenmgen aus dem gebiete der italigchen sprachen. 169
Aus der kürze des vokals dieses Suffixes ne erklärt
es sich, dafs derselbe in einigea lateinischen Wörtern ab-
geworfen wurde. Es ist dieses zuerst in sin der fall, wel-
ches eigentlich =si ist und bekanntlich auch so gebraucht
wurde, als verstärkte form sich aber besonders für den
gegensatz eignete, obgleich es seinem Ursprung nach kei-
neswegs adversativ ist, weshalb sin autem und sin vero
genau genommen keinen pleonasmus enthalten^). Dann
gehören hieher die bekräftigungs - oder versicherungspar-
tikel quin, neben welcher als selbständiges wort qui steht,
von dem Fleckeisen in den kritischen miscellen, Dres-
den 1864 p. 28—33 und Brix zu Plaut. Trinumm. 464 und
Captiv. 550 gehandelt haben, und das aus der particula
adversativa at und dieser Versicherungspartikel zusammen-
gesetzte atquin (Cic. Phil. 10,8, 17), für welches atqui
gewöhnlicher ist. Endlich sind hier die mit dem prono-
men indefinitum zusammengesetzten partikeln alioquln
und ceteroquin zu nennen, welchen bekanntlich ebenfalls
formen ohne n zur seite stehen. In allen diesen Wörtern
ist das schliefsende n der rest des besprochenen Suffixes
ne, welches wir noch vollständig finden in quine, Plaut.
Rud. III, 4, 62 , wenn anders die lesart richtig ist. Kei-
neswegs ist es, wie M. Schmidt comment. de pronom. gr.
et lat. p. 79 und 80 und Corssen in d. zeitschr. bd. V
p. 122, über ausspr. , vokaiism. und beton, bd. II p. 262
und krit. beitr. zur lat ein. formenlehre p. 272 wollen, mit
dem ihm vorhergehenden i der casus localis; denn in die-
sem falle müfste, wie in olim, die endung im sein, welche
der oskischen form des localis auf -in entspricht, nicht
aber in. Ebenso wenig ist dies schliefsende n, wie mit
andern Pott in den etym. forsch, th. II p. 141 — 142, 247
und 331 meint, die ihres endvokals verlustig gegangene
negation; denn in keinem dieser fünf Wörter ist ein nega-
tiver begriflP enthalten, und was speciell quin betrifft, so
scheint es mir keiner weiteren auseinandersetzung zu be-
♦) K. E. Kämmerer's zu Gels erschienene schrift de particula* sin
habe ich leider nicht nachsehen können.
170 Zeyfs
dürfen, dafs das affirmative quin ein ganz andere« wort
ist als das aus qui und der uegation hervorgegangene ne-
gative quin, welche beide schon Härtung über die
casus, Erlangen 1831 p. 227 genau unterschieden hat
Ebenso aber, wie das lateinische in diesen Wörtern das e
des Suffixes ne abwarf, that dies das oskische. Daher ent-
spricht dem umbr. pane (quam) osk. pan in pruter pan
(tab. Bant. 4), i. e. praeter quam, und mais — pan (tab.
Bant. 6), i. e. magis — quam, sowie dem umbr. pone (quum)
osk. pon (cipp. Abellau. f^O tab. Bant. 14. 16. 18) gegenüber-
steht. Ganz auf dieselbe weise finden wir für das umbr.
pufe (ubi) im osk. puf und für das umbr. ife (ibi) im os-
kischen ip. Allerdings steht für pruter pan einmal (tab.
Bant. 16) mit umlaut des n in m pruter pam, so dafs
dieses letztere mit ausnähme des anlautes ganz mit dem
lat. quam übereinstimmt. Dieses berechtigt aber durch-
aus nicht zu der erklärung, welche Mommsen unterit.
dial. p. 224 und 291 und Corssen in d. zeitschr. bd. XI
p. 424 gegeben haben, dafs in diesen oskischen Wörtern
schlieisendes m in n übergegangen sei, als ob das m. hier
der ursprüngliche laut wäre; der einzige grund vielmehr,
weshalb für pruter pan tab. Bant. 16 pruter pam ge-
lesen wird, ist der umstand, dafs das unmittelbar folgende
wort medicat mit m anfängt. Dem anlaut des folgenden
Wortes assimilirte sich der auslaut des vorhergehenden.
Endlich finden wir den vokal des besprochenen Suffixes
auch im althochdeutschen geschwunden, wie in dem nur
in Zusammensetzungen erhaltenen sin (semper), das sich
dem skr. sanä anschliefst. S. über dieses Leo Meyer
in d. zeitschr. bd. VII p. 402.
Trat dagegen das schliefsende e dieses Suffixes ne in
der Zusammensetzung vor eine konsonantisch anlautende
silbe, so mulste es dem oben unter sine erwähnten allge-
meinen gesetze gemäfs in i übergehen. Wir sehen dieses
im lateinischen an zwei Wörtern. Das eine ist de-ni-que,
welches aus de, dem suffix ne und dem copulativen que
entstand. Dieses de kann ich weder mit Härtung griech.
Partikeln I, 230 auf das skr. subst. divasa und dju (dies)
[ erOrteningen aus dem gebiete der italischen sprachen. 171
»
: und das lat. subst. di.es zurückführen, noch mit Ebel in
d. zeitschr. bd. I p. 308, Schweizer in d. zeitschr. bd. II
p. 357 und Corssen über ausspr., vokalism. und beton,
bd. I p. 336, krit. beitr. zur latein. formenlehre p. 85 und
krit. nachtr. zur latein. formenlehre p. 158 für die praep.
de halten; denn, wie jene annähme ganz unnatürlich er-
scheint, ebenso ist es kaum glaublich, dafs sich die be-
deutung von denique aus „und abwärts^ entwickelt habe.
Vielmehr glaube ich mitBopp vgl. gramm. l.ausg. §.351
und Lottuer in d. zeitschr. bd. V p. 397, dafs diesem
de der demonstrative pronominalstamm da zu gründe liegt.
Ober welchen Bopp vgl. gramm. §. 350ff., Max. Schmidt
Commentat. de pronom. gr. et lat. Hai. 1832 p. 60 und
A. Kolbe in der zeitschr. für das gymnasial w. 1866 p. 632
gehandelt haben. Die ursprüngliche bedeutung ist dem-
nach „und da". Das zweite wort ist das alte do-ne-
-que, aus dem eines theils nach obigem gesetz do-ni-que,
anderen theils durch Verkürzung, wie aus neque nee,
do-nec hervorging. Neben do-ni-que steht do-ni-
-cum, das auf gleiche weise aus do-ne-cum hervorge-
gangen sein mufs, wenn sich diese form auch durch keine
steile belegen läfst. Die belegstellen für doneque und
donique s. bei Rose im Hermes bd. II. 1867 p.468 — 469.
Den ersten bestandtheil dieses wortes nun, do, führe ich
mit Bopp vergl. gramm. §. 351 und 352, Lottner in d.
zeitschr. bd. V p. 397 und H. Weber in seiner recensicn
von Corssen 's krit. beitr. zur lat. formenlehre in d. Zeit-
schrift für das gymnasial wes. XIX, 37 auf den erwähnten
demonstrativen pronominalstamm da zurück. Der zweite
bestandtheil ist das lokal- und temporalsuffix ne und der
dritte sowohl in donique als in donicum das pronom.
relativ., woraus sich einfach die bedeutungen „so lange
als" und „so lange bis" ergeben. Wenn für donique
auch donique cum gesagt wurde, wie Vitruv. IX, 1,11
„donique cum idem sol de eo trigono in aliud signum
transitionem fecerit", so hat diese häufung darin ihren
grund, dafs die bedeutung des que von donique als re-
lativum aus dem bewufstsein des sprechenden geschwunden
172 ZeyA
oder weoig8teo8 darin verdunkelt war. leb übergebe, weil
sie mir keiner Widerlegung zu bedürfen scbeint, die ver-
niuthung Pott 's in den etym. forscb. th. I p. 96 — 97, der
zufolge donicum, von dem er donec ableitet, ftkr dum
(so lange), welches der aee. des latein. masc. dius (in
nudius tertius) = skr. neutr. dju (dies) sei, + nega*
tion ne + qunm stehe und „länger nicht, sondern nur
solange als, dann nicht mehr, wann^ bedeute. Pott
sprach dieses, wie er selbst sagt, keineswegs vollkommen
überzeugt aus; gleichwohl nahm Corssen in seiner schrift
über ausspr., vokalism. und betonung bd. II p. 55 und 285,
sowie in seinen krit. beitr. zur lat. formenl. p. 86 und 501
diese erklärung auf, nur mit der Veränderung, dafs er do
zuerst als eine erst auf lateinischem sprachboden entstan-
dene ablativform für dio von dius, dann als aus einer
dem Sanskrit, litauischen und lateinischen gemeinsamen
grundform djä durch Verdunkelung des ä zu ö entstanden
fafste. Donicum, von dem auch er donec ableitet, soll
daher ursprünglich ^au dem tage nicht wann% dann all-
gemeiner „zur zeit nicht wann^, d. h. den Zeitpunkt, wo
das nichtsein eines zustandes eintrete, ferner auf die Zu-
kunft angewandt den Zeitpunkt, wo ein anderes, von die-
sem etwas verschiedenes anfange, den anfangspunkt des
Seins oder des werdens, der in bis ausgedrückt liege,
und auf die Zeitdauer vor diesem Zeitpunkt übertragen mit
Verdunkelung der negativen bedeutung auch die zeit, wo
etwas sei, die dauer desselben, im gegensatz zu einem
andern, das später eintreten werde, also so lange bedeu-
ten. Ich enthalte mich einer gegenbemerkung, da H. We-
ber a. a. o. Corssen's erklärung hinreichend widerlegt,
dieser selbst aber in den krit. nachtragen zur lat. formen-
lehre p. 155 — 156, indem er sagt, donicum bedeute „in
dem Zeiträume eines tages wann^, wenigstens die behaup-
tung, dafs dessen ni negation sei, zurückgenommen hat.
Nur bemerke ich, dafs, wenn er jetzt mit H. Weber den
zweiten bestandtheil von donicum, gleichwie von deni-
que, für den casus localis des Suffixes no hält, dem ent-
gegensteht, dafs in diesen Wörtern das T nicht Ursprung-
erSrtemngen aus dem gebiete der italischen sprachen. 173
lieh, sondern erst aus e hervorgegangen ist*). Wie aber
in den beiden eben behandelten lateinischen Wörtern das e
dieses Suffixes ne vor einer konsonantisch anlautenden silbe
in I Obergegangen ist, ebenso ist dieses in dem umbrischen
arnipo geschehen, welches, wie der Zusammenhang der
beiden stellen (tab. Iguvin. VI. b, 25 und 41), in welchen
es allein vorkommt, lehrt, offenbar donicum bedeutet. Der
erste bestandtheil nämlich ar, von welchem Aufrecht
und Kirchhoff umbr. Sprachdenkmäler bd. I p. IGO und
bd. n p. 219 sagen, dafs er ihnen dunkel sei, ist die prae-
Position, welche gewöhnlich allerdings ar lautet, aber doch
auch in compositis sich ar geschrieben findet, nämlich in
arveitu (tab. Iguvin. I. b, 6) und arfertur (tab. Iguvin.
VI. a, 3 und VII. b, 3). Andere beispiele, in denen im
original r für r steht, sind zusammengestellt in meiner ab-
handlung de vocabul. Umbricorum fictione. Partie. I p. 8.
Zu diesem ar (bis zu) trat nun, wie in lat. po-ne, si-ne,
super-ne, infer-ne, inter-ne, pro-ne das lokalsuffix
ne, dessen e vor konsonantisch anlautender silbe dem laut-
gesetze gemäfs in i überging, so dafs also aus arne (bis
zu dem punkte, bis dahin) ar-ni ward. Der dritte be-
standtheil endlich po ist das pronom. relativ., welches ganz
dem cum in donicum entspricht, wie dem latein. c oder
qu des pronom. relativ, im umbrischen durchgängig p ge-
genübersteht. Ar-ni-po bedeutet also eigentlich „bis
dahin, wo" = „bis". Ganz irrig und Pott's erkliirung
von donicum ähnlich ist die erklärung, welche Husch ke
iguvin. tafeln p. 189 von arnipo gegeben hat.
Bopp hatte in der vergl. gramm. §. 352 und 424
gesagt, dafs er in dö-ni-cum und de-ni-que bildungs-
und stammverwandte des griech. rtjvixa erkenne; doch
war es ihm keineswegs eingefallen und konnte ihm nicht
einfallen zu behaupten, dafs, wie Corssen krit. beitrage
p. oOl sagt, diese lateinischen Wörter aus griech. rtjvixa
*) Was dagegen Jos. Schneider in seiner abhandlang de coniunctio-
nis donec origine et naturali ac principali significatione. Gleiwitz 1S66
vorgetragen hat, ist mir bis jetzt nicht bekannt geworden.
174 Zeyfs
entstanden wären. Sehen wir daher, ob Bopp's ansieht
zu billigen sei, und zwar um so mehr, als äafserlich diese
Wörter, wie Bopp gewifs mit recht sagt, sich ,| überra-
schend^ ähnlieh sehen. Zuvörderst bemerke ich, dafs
Corssen a. a. o. p. 85 und 86, indem er Bopp's bebaup-
tung bestreitet, ein gewicht darauf legt, dafs, was Bopp
gewifs nicht entgangen ist, die bedeutung dieser lateini*
sehen Wörter und dieses griechischen gar nicht flberein-
stimmen; ich mufs deshalb daraufhinweisen, dafs bei Wör-
tern gleichen Stammes und gleicher bildung nicht selten
in den verwandten sprachen eine Verschiedenheit stattfin-
det, wie z. b. das skr. gkatara (einer von zweien) und
griech. ixdrsQog (jeder von zweien) und ebenso das griech.
Toaog (so grofs, so viel) und lat. tötus (der so vielste)
eine zwar ähnliche, aber doch keineswegs gleiche bedeu-
tung haben. Aus der Verschiedenheit der bedeutung folgt
also noch nicht, dafs zwei äufserlich sich gleichende Wör-
ter zweier unter einander verwandter sprachen nicht dem
stamm und der bildung nach unter einander verwandt wl^
ren. Betrachten wir daher zunächst die bildung. Die tem-
poralen Partikeln ni]vi'Xa^ T}}vi-xa^ tjvi'Xa und onij"
vi'Xa sind zunächst mit dem ionischen noo^xa (vonn^o)
und den dorischen correlativis no-xa (= ^ror«), no^xd
(= TtoTi)^ TO'Xa (= TOTs) und o-xa (= ore) zasammen-
zustellen. Sowie ferner 7ti]v ixa^ Ttjvixa^ rjvixa und
67tf]vixa ein acuirtes, auf die zeit hinweisendes^ vor der
endung xa zeigen, ebenso ist dies mit dem gleichfalls tem-
poralen avTtxcc der fall. So bleibt als erster theil noch
nr^v, TT^i/, r^v und öniiv; denn dafs deren v zum ersten
und nicht zum zweiten theile, zum /, gehört, geht nicht
nur aus der vergleichung mit avT^i-xa^ sondern auch dar-
aus hervor, dafs Tipn'xa von dem dorischen rijP'og =
äolisch. xijvog^ ionisch, und attisch, xelvcg und ^xelvog her-
stammt, die uns dazu nöthigen für nrjvixa ein nijvog nnd
für i}vixa ein rjvog anzunehmen, wenn sich diese auch in
keinem schriftlichen denkmal nachweisen lassen. Man kann
dagegen nicht anführen, dafs doch der erste theil der ähn-
lich lautenden correlativa ;r??A/xog, T7]kixng und T^lixog
erörternngen ans dem gebiete der italischen sprachen. 175
711]^ Tt] und 7j sei, da ihr 2weiter bestandtheil lix und
ihr dritter og (s. M. Schmidt commentat. de pronom.
graec. et latin. p. 72), ihre bildung also eine ganz verschie-
dene ist. Aus dem bisher gesagten ergibt sich, dafs dö-
-ni-que s. dö-ni-cum und dö-.ni-que nicht bildungs-
verwandte des griech. TtjV'i'xa sind; dagegen läfst sich
nicht leugnen, dafs, insofern dem dö und d6 jener der pro-
nominalstamm da und dem ti]v von ri^v-i-xa sowie dem
Tri ^^^ Ttj'kix'Og der pronominalstamm ta zu gründe
liegt, jener von diesem aber sich nur durch erweichung
des anlautes unterscheidet, eine Stammverwandtschaft zwi-
schen diesen lateinischen Wörtern und dem griechischen
T7]V'i'Xa stattfindet. Auf eine Widerlegung der verschie-
denen von Buttmann im Lexil. II p. 227, von Bopp in
der vergl. gramm. §. 424 und von G. Curtius in d. Zeit-
schrift bd. VI p. 93 gegebenen erklärungen der griechischen
Wörter auf i-xa gehe ich hier nicht ein, um so weniger,
als ich sie durch das bisher gesagte für erledigt halte.
Wenn ich dagegen 'ivexa und äol. %vvey.a = ion. und
att. sivBxa^ ovvsxa und vovvexa (welches als demonstr.
zu ovvexa sich ebenso verhält, wie Toaog zn 6(tog^
Torpgcc zu ocpga^ rote zu örs, rijuog zu rjpiog^ und
daher nicht, wie Buttmann ausiührl. gr. sprachl. §. 29
anm. 14 will, aus rov %vexa entstanden sein kann, in wel-
chem falle es O^ovvBxa zu schreiben wäre) nicht bei obi-
ger Zusammenstellung angeführt habe, so ist dies gesche-
hen, weil theils deren bedeutung nicht temporal, sondern
causal, theils deren bildung eine verschiedene ist und über-
dies, wie neben elra und ineixa ion. €?r€)^ und inei-
r€v, so neben Hvsxa und BivBxa die form %vbxbv und
tivBXBv sich findet, der bei den oben angeführten Wörtern
keine entsprechende gegenübersteht.
3. Ueber die auf pa sich endigenden lateinischen
nomina.
Die lateinischen nomina, welche sich auf pa endigen,
flind von zweierlei art. Entweder nämlich gehört ihr p
dem stamme, oder es gehört dem suffix an.
176 Zeyft
A. Von einer auf p auslautenden warzel sind abge*
leitet cop-a, über dessen wurzel s. Corssen über ausspr.,
vokalism. und betonung bd. I 2. ausg. p. 351 — 352 ; pop-a,
welches von derselben wurzel stammt, der ninrta ange-
hört; pulp-a; räp-a s. räp-um = Q&noq 8. (tStpogj lii
rop^, poln. rzepa, ahd. ruoba, nhd. rübe; sap-a, welches
zu vergleichen ist mit griech. onog und deutsch saft;
scöp-a, über dessen wurzel s. Corssen über ausspr.,
vokalism. und betonung bd. I 2. ausg. p. 401;^ stapa 8.
stuppa = (Srimi} s. Gtvnn/t] von gleicher wurzel mit fftvqm
und stipo.
Auch das p in cüp-a gehört derselben durch eine
labialis vermehrten und den begriff des hohlseins enthal-
tenden wurzel an, auf welche das skr. kumbhä (uma),
die griechischen Wörter xvnri^ y.v(fog, xvneXkov^ xvfjißog,
xvfjißt], xvßßa^ xvipih] und das ihm entsprechende neubochd.
kufe zurückzuführen sind.
In culp-a ferner haben zwar Döderlein synonym. H
p. 151 und Benary röm. lautl. p. 13 das suffix pa zu se-
hen geglaubt, indem jener, der culpa für stammverwandt
mit scelus hält, es von cell er e, stofsen, dieser dagegen,
welcher meint, dafs es für scul-pa gesetzt sei, und es
mit dem deutschen schuld vergleicht, gleichwie scel-us
von der skr. wz. skhal (errare, peccare) ableitete. Aller?
dings ist auf diese scelus zurückzufuhren, aber nicht
culpa, da kein grund vorhanden ist, aus dem das s, das
sich vor dem c in scelus erhielt, in culpa vor diesem weg-
gefallen sein sollte. Mit recht hat daher Dietrich de
vocalibus latinis subiecta litera 1 afTectis. Naumburg 1846
p. 47 die Verwandtschaft von culpa und scelus bezwei-
felt. Culpa ist vielmehr, wie Pott etymolog. forsch.tb. I
p. 257 gesehen hat, von der sanskr. wurzel klp s. kalp
abzuleiten, die im atm. fieri bedeutet und durch vertan-
schung des r mit 1 s. des ar mit al und hinzusetzung
eines p aus kr s. kar hervorging. Ursprünglich bedeutet
also culp-a, wie Pott erkannt hat, „das betheiligtsein
bei etwas geschehenem, ohne dafs dies gerade ein tadeln»?
würdiges zu sein brauchte^.
erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. 177
Dann gebort das p der wurzel an in lup-ue und
lup-a, die, wie skr. vrkas = varkas, zend. vehrkas,
altnord. vargr, lit. vilkas, ksL vlükü, goth. vulfs,
griech. ?.vxog^ von der skr. wz. vra^K ( zerreii'sen ) her-
stammen; denn das r, welches wir in diesem worte im
Sanskrit, zend und altnordischen antreffen, ist in den Übri-
gen sprachen in 1 Übergegangen, das anlautende v im grie-
chischen und lateinischen worte geschwunden und über*
dies das k in diesem mit p vertauscht worden. Dagegen
gehört das sabinische und samnitisch-oskische wort für
wolf hirpus s. irpus, wie das anlautende h zeigt, wel-
ches aus V nicht hervorgegangen sein kann, einer anderen
Wurzel an. Diese ist aber, wie wahrscheinlich schon die
alten sahen (Serv. zu Vergil. Aen. 11, 785) aorr. Vgl. Vofs
Etymolog, p. 269 — 270 unter irpices, Dacer. zu Fest,
p. 456 ed. Lind, und E. Guil. Weber zu luvenale 8, 63
p. 292. Ebenso ist ja irpex eigentlich sssäoTta^,
Dafs auch in vesp-a das p ein theil der wurzel ist,
lehrt die vergleichung mit dem lit. vapsä (bremse) und
ahd. wafsa oder wefsa, wodurch wir zu der annähme
einer ursprünglichen wurzel vasp oder mit Umstellung der
eudkonsonanten vaps genöthigt werden. Irrigerweise aber
hat man damit das griech. o'(^//| identificirt; denn vespa
und 0(p7J$ sind zu verschieden, als dals jenes aus diesem
oder dieses aus jenem (Pott etymol. forsch, th. I p. 121,
th. II p. 112 und 195, Förstemann in d. zeitschr. bd.III
p. 50) durch metathesis hätte hervorgehen können. Vergl.
Corssen krit. beitr. p. 434. Die von Kuhn aber in d.
zeitschr. bd. III p. 66 vorgetragene erklärung, nach der
von der ursprünglichen grundform das griech. (Stfir^ das
anlautende v nebst dem darauf folgenden vokal verloren
habe, folglich sein (S(f dem sp des lat. vespa entspreche,
und dafs das x des Stammes (Sift^'y,' ein hinzugetretenes
neues suffix sei, ist zu künstlich, als dafs sie richtig sein
könnte. Ich zweifle daher nicht, dafs, wie dies schon
Lottner in d. zeitschr. bd. VII p. 190 in hezug slu( a(p7J^
ausgesprochen hat, dieses und das ihm^entsprecbende gael.
speach von lat. vespa zu trennen sind.
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX, 8. 12
178 Zeyf«
Desgleichen gehört hieher das homonyme von Fesi
p. 368 M. erhaltene vespa = vespillo, mit welchem na-
men eigentlich, wie Festus sagt, „qui fnnerandis corpori-
bus officium gerunt^ bezeichnet wurden , d.h. sowohl die
leichenträger (was Düntzer in d. zeitschr. bd. XI p.
263 mit unrecht bestreitet), da Fulgent. Expos. Serm. p. 558
ed. Merc. sagt: „Vespillones dicti sunt baiuli^, das von
Hildebrand herausgegebene Glossar. Latin, p. 32 vespillo
durch „mortuos portans^ und auf gleiche weise das GI088.
Philox. vespillo durch vsxgocpoQog erklärt, als auch die
todtengräber, da andere glossen (s. diese bei Hilde-
brand a. a. o.) die vespillones durch „fossarii, qui mor«
tnos sepeliunt, vsxQo&ceTttaij xonidrai^ erklären. Da non
die vespillones, welche nur die leichen der ärmeren ond
geringeren bestatteten, dies geschäft zur nachtzeit besorg-
ten, so hat Fest. p. 368 deren namen von vesper abge-
leitet; denn er sagt: „Vespae et vespillones dicuntur,
qui funerandis corporibus officium gerunt, non a minutis
illis volucribus, sed quia vespertiuo tempore eos effernnt,
qui funebri pompa duci propter inopiam nequeunt^. Ge-
gen diese ableitung bemerkt Düntzer a. a. o. p. 264 mit
recht, dafs die hierbei vorauszusetzende auslassung des er
eine Unmöglichkeit sei, die form in diesem falle vielmehr
vespero oder vesperio lauten müfste. Als stQtze frei-
lich fQr diese ableitung hat Hildebrand a.a.O. folgende
Worte des Serv. zu Verg. Aen. XI, 143 angef&hrt: „Qui
funeri praeerant, a vespera primum vesperones, deinde
vespillones dicti videntur^; allein erstens sagt Servius
nicht, dafs in Wirklichkeit sie früher vesperones genannt
seien, sondern nur, dafs es ihm so scheine. Dann aber
ist, wie Düntzer a. a. o. p. 263 bemerkt, die form ves-
perones ohne beleg. Aber auch angenommen, dafs diese
form, die offenbar von vesper abgeleitet ist, wirklieb exi-
stirt habe, so folgt daraus noch nicht, dais ebenso yespa
abzuleiten sei. Doch nicht blos die leute des libitinarias,
welche die fortschaffiing der leichen besorgten und diese
begruben, wurden vespillones genannt, sondern anf
eine witzige art auch solche, welche leichen ausgruben
erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. 179
und beraubten. Daher wird in den glossarien (s. Hilde-
brand a.a.O.) vespillo auch sepulcrorum violator, und
in dem GIoss. Philox. p. 195 die form vispiliator durch
Tv/nfiwQVxog erklärt. Desgleichen sagt Fulgent. p. 558 ed.
Merc. Vespillones dicti sunt baiuli; quamvis Antidamus
HeracleopoHtes vespillones dixerit cadaverum nudatores,
sicut in historia Alexandri Macedonis scripsit: „Plus quam
trecentos cadaverum vespillones reperiens crucibus affixit".
Möglich ist hier, was Hildebrand fOr gewifs annimmt,
dafs in der letzteren bedeutung Fulgentius vespillo von
yestis und pilare, wie loannes Genuensis von vestis
und spoliare, abgeleitet hat, da vespula (bei Fest.
p. 369 M.) und vespillo von der gruudform vespa ab-
geleitete deminutiva sind, die, abgesehen von dem sufifix
00, sich zu einander verhalten, wie zu baculus bacil-
lu8, zu osculum oscillum, zu furcula furcilla. Vgl.
Corssen über ausspräche, vokalismus und betonung bd. II
p. 11— 12. Diese deminutiva wurden aber von vespa zum
ansdruck der herabsetzung und Verachtung gebildet, in
welcher die durch sie bezeichneten leute standen. Keiner
Widerlegung bedarf daher die meinung des Fr. Juni us zu
TertuU. de pall. cap. 4 p. 15, der, getäuscht durch die
Schreibart bispello und bis pell io und nicht bedenkend,
dafs das todtenkleid, welches der leiche angelegt wurde,
bei allen freien Römern die toga war, diesen namen a binis
palKis ableitete, indem .über ihr gewand noch das todten-
kleid gezogen wäre; dann die vermuthung Döderleins
synonym. VI p. 400, der in dem griech. aa7tA?<,cc^ (talpa)
den Ursprung des lat. vespillo fand; ferner Potts in den
etymol. forsch, th. I p. 198, der sich vespillo aus ve,
das nach ihm die bedeutung aus einander haben soll,
und sepelire zusammengesetzt denkt. Dieser gelehrte
übersah dabei nicht blos, dafs vespillo ein von vespa
gebildetes deminutivum ist, sondern auch, dafs ve niemals
die von ihm angenommene bedeutung hat und dafs diose
selbst hier ganz unpassend sein würde. Dazu kommt, dafs
sepelio kein verbum simplex, also auch weder, wie
Dfintzer a. a. o. p. 262 meint, von einer warsel spei
12*
180 Zeyfs
mit nach dem s eingeschobenem e abgeleitet, noch, wie
Sonne in d. zeitschr. bd. X p. 327, Kuhn in d. zeitsehr.
bd. XI p. 262 note und Schweizer-Sidler in d zeitschr.
bd. XIV p. 147 wollen, vedischem saparjämi (oolo, veo-
eror) gleich, sondern aus der hier verkürzten praep. inse-
parabilis se und pelio, welches mit uord. fela (decken,
bergen) und goth. filhan zusammengestellt werden muß,
zusammengesetzt ist. Endlich hat Döntzer a. a. o. p. 263
vespa von der lat. wurzel ves (vgl, ves-tis), welche
dem Sanskrit, vas und griechischen ig {^v-wui aus ?<^
'VVf4i) 8, ^g {^(t-d'tig) entspricht, und dem suflfix p abgelei«
tet, wonach vespa eigentlich den bekleider bedeuteD
wQrde, indem dieser name sich ursprünglich darauf bezo-
gen hätte, dafs diese leute die gewaschene und gesalbte
leiche hätten anziehen müssen, später aber allgemein ftr
besorger der bestattung gebraucht worden wäre. Dieser
erklärung steht indessen entgegen, dafs gerade die anle-
gung des todtengewandes, welche sich überdies weit mehr
fQr den pollinctor, den leichen Wäscher, eignet, nirgends
als eine thätigkeit des vespa s. vespillo erwähnt wird.
Ich halte es daher für gerathener, vespa von der wurzel
vesp abzuleiten, deren eigentliche bedeutung ich freilich
so wenig als die der wurzel, von der das homonyme vespa
herstammt, anzugeben vermag.
B. In anderen Wörtern dagegen ist das p der auf
pa sich endigenden Wörter ein theil des suffixes, mit wel-
chem auch im sanskrit und griechischen sowohl von ver-
bis, als von nominibus nomina abgeleitet werden, wie skr.
püSpa (flos), gr. vdnri und skr. kakkhapa (testado)
von kakkha (litus), eigentlich also in litore vivens.
Das deutlichste beispiel dieser bildung bietet cani-pa
dar = xcivsüv^ xdvaavQov^ canistrum, ein aus röhr, xch^,
canna, geflochtener korb.
Ein theil des sufBxes ist das p ferner in ri-pa, wel-
ches nicht, wie Benfey in d. zeitschr. bd. II p. 310 will,
aus ar-lpa, nämlich der lat. praep. ar = ad und ftp
(aqua) entstanden, sondern wie ri-vus auf die skr. ws. rl
(stillare, fluere) zurückzuführen ist. Auch Corssen hat
erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. 181
ri-vus, welches er über ausspr., vokalism. und betonung
bd. I. 2. ausg. p. 279 irrig, von der wurzel sru abgeleitet
hat, ebendas. p. 364 und zugleich mit rl-pa p. 5'U — 535
auf die wurzel rl zurückgeführt. Wenn er aber an dieser
letzten stelle, gestützt auf das skr. repajati (macht flie-
fsen) und mehrere lateinische Wörter, behauptet, dafs ^in
rl-pa die ursprüngliche wurzel durch ein mit p anlauten-
des suftix erweitert^ sei, so kann ich ihm nicht beistim-
men, weil es nicht blos auffallend sein würde, wenn die
nahe verwandten Wörter rivus und ripa von verschiede-
nen wurzelformen abgeleitet wären, sondern auch, weil die
transitive bedeutung, welche das p im skr. repajati hat,
im lat. ripa nicht vorhanden ist.
Dann gehört hieher tal-pa. Vielfach ist dieses wort
sowohl von älteren als neueren gelehrten mit dem griech.
OTiäka^ s, a '671 ciKcii, und dem für desselben Ursprungs
gehaltenen ay.ctkoy)^ welches, da es von der wurzel üTiccX
abgeleitet ist, den maulwurf als den scharrenden oder
grabenden bezeichnet, zusammengestellt worden. Was
nämlich den ersten theil des lateinischen wertes betrifft,
so stimmt man darin überein, dafs dem anlautenden an
oder ursprünglichem ax im lateinischen st, dessen s hier
vor dem t abgeworfen sei, entspreche; dagegen sind in
der erklärung des zweiten theiles verschiedene ansichten
geäufsert worden. Während Walter in d. zeitschr. bd.
XII p. 409 talpa für eine „reduplicirte form'' hält, erklä-
ren sich andere, wie Corssen über ausspr., vokalism. und
betonung bd. I 2. ausg. p. 178, das p durch Zusammenstel-
lung mit scalp-ere „kratzen, graben". Dieser auf ver-
gleichung mit dem griechischen worte beruhenden erklä-
rung kann ich nicht beistimmen. Die einfache wurzel,
welche das griech. ani-og darbietet, erscheint in dem ihm
entsprechenden lateinischen spec-us durch c erweitert,
während eine erweiterung derselben wurzel durch 1, wie
in griech. aai^X-aioif und anriX-vy'^^ die im lateinischen
zu spel-aeum und spel-unca geworden sind, so im
deutschen spal-t, spal-te und im griech. anal^-ai, s.
ci'CTidl-ah, sich zeigt, während aycccX-oip von der zwar
182 Zeyfs
verwandten, aber nicht identischen wurzel irxaA herkommt
Auffallend wäre es nun, wenn nicht blos in spec-us,
sondern auch in scalp-ere, von dem man annimmt, dafs
es von derselben wurzel wie talpa ausgehe, der anlaot
sp und sc sich unverändert erhalten, dagegen in diesem
nicht blos in st übergegangen, sondern auch ohne laut'
liehe nöthigung seines s verlustig geworden sei. Unter
diesen umständen scheint es mir gerechtfertigt, die etymo-
logische erklärung von talpa auf anderem wege zu suchen.
Gewifs passend ist nun dieses thier im ahd. multuurf,
woraus im neuhochdeutschen maulwurf geworden ist, von
ahd. molta pulvis genannt. Auf ganz ähnliche weise hat
der Lateiner dieses thier als den erhebenden, den er-
höhungen, hügel machenden bezeichnet; denn tal-pa
kommt von derselben wurzel her, wie tollere und das
metathesis zeigende lä-tum, welches, wie G. F. Grote-
fend latein. gramm. bd. I. §. 95 und Pott etymol. forsch,
th. I p. 26ö und th. II p. 107 erkannten, zur Vermeidung
eines durch doppeltes t entstehenden mifslautes f&r tU-
•tum gesetzt ist.
Ebenso endlich, wie mit dem doppelten c mehrerer
lateinischer Wörter (Corssen über ausspr., vokalism. und
beton, bd. I. 2. ausg. p. 38), verhält es sich mit dem dop-
pelten p der Wörter lap-pa und vap-pa, indem das erste
der wurzel, das zweite dem suffix angehört. Die wurzel
von lap-pa vermag ich zwar nicht nachzuweisen, denn
schwerlich möchte es, wie man gewöhnlich will, von Xaß-
-cZi/, dessen wurzel sich sonst im lateinischen nicht findet,
abzuleiten, noch weniger aber möchte einer der von Pott
etymol. forsch, th. U p. 51 vorgeschlagenen erklärungen
beizustimmen sein; die wurzel von vap-pa aber, das ist
vinum väpidum, wie Colum. XII, 5, 1 sagt, ist die-
selbe, wie die des subst. väpor. Wenn Corssen dage-
gen a. a. o. p. 34 vapp-a abtheilt, so mufs ich dieses f&r
unrichtig halten.
Absichtlich übergehe ich mappa, da dieses nach den
Worten des Quintil. Inst. I, 5, 57 „Mappam usitatum Circo
nomen Poeni sibi vindicant^ ein punisches wort ist. Aach
erörterungen aus' dem gebiete der italischen sprachen. 183
gehören nicht hieher die spanischen Städtenamen, weiche
auf pa sich endigen, Asta-pa (Liv. 28,22, 2), Ili-pa,
Ser-pa, in denen die vaskische endung pa = ba nach
W. V. Humboldt prüfung der Untersuchungen Über die
urbewohner Hispaniens vermittelst der vaskischen spräche
p. 24 und 62 ausdrückt, „dafs etwas niedrig oder am fufse
von etwas anderem ist^, so dafs Astapa „wohnung am
fufse von felsen** bedeutet.
4. Ueber hordeum und die ihm in den verwandten
sprachen entsprechenden Wörter.
Da das lateinische die gutturale aspirata nicht besitzt,
sondern an stelle derselben das h gebraucht, so begegnen
wir wiederholt der erscheinung, dafs dem lateinischen h
deutsches g gegenübersteht. Wie dies in hesternus ge-
stern, bortus garten, hostis gast der fall ist, ebenso
findet dieses in hordeum gerste statt, Wörter, deren
ursprüngliche wurzel demnach mit gh angelautet haben
mufs. Ueberdies wird die ursprünglichkeit der aspirata im
anlaut dieses wertes noch durch die lateinische nebenform
fordeum (Ter. Scaur. p. 2250. 2252. 2, '58 P.) bewiesen,
in welcher das ursprüngliche gh in den hauchlaut f über-
gegangen ist. Vergleichen wir nun das entsprechende grie-
chische wort xqI&tj^ so bemerken wir in diesem dieselbe
Übertragung der aspiration vom anlaut auf den inlaut, wie
in xt&üiv gegenüber ;^tT(oi/ (Pott etymol. forsch, th. I
p. 143), 7ii&-üg, Tii&'dxvi] gegenüber fid-elia, (piö-
'CCXV1] und in nei&'O^ai gegenüber fid-o. Auf keine
weise darf uns XQid-i^ x\xv annähme des umgekehrten Ver-
hältnisses, einer Versetzung der aspiration vom inlaut auf
den anlaut für das lateinische hordeum, wie Legerlotz
in d. zeitschr. bd. VII p. 68 und Walter in d. zeitschr.
bd. Xn p. 386 gewollt haben, führen, da einmal das latei-
nische diese Versetzung der aspiration durchaus nicht kennt,
und zweitens, wenn die aspiration des anlautes in hor-
deum nicht ursprünglich wäre, an stelle des g in gerste,
wie in hund gegenüber canis, hundert gegenüber cen-
184 Zeyf«
tum, hirn gegenüber cerebrum, hörn gegenüber
cornu, h stehen würde. Vgl. A. Dietrich de literarum
in ling. lat. transpositione. Naumburg 1846 § 22. Ebenso
wenig ist, wie Kuhn iu d. zeitschr. bd. IV p. 9 und bd. XI
p. 38o ff. will, das /> in xoi/}ij dem st im afad. gersta
gleichzusetzen; es scheint vielmehr das im deutschen worte
sich zeigende s im entsprechenden griechischen und latei-
nischen einfach ausgefallen zu sein. Was aber das lange
i und die Stellung des (> vor demselben in xQlßrj gegen-
über dem vokal und der Stellung des r nach demselben in
gerste und hordeum betrifft, so findet hier dasselbe ver-
hältnifs statt, wie zwischen lat. cerno und griech. xQii'cn^
zwischen lat. scirpus und griech. ygitpo^ (Über die iden-
tität dieser Wörter s. A. Dietrich a. a. o. p. 8), das mit
goth. greip-an, ahd. grif-an, gegenüber dem skr. gÄr-
bh-a (muttorleib) und vedischem aus garbh hervorgegan-
genem grabh (nehmen, empfangen) zusammenzustellen ist.
Die durch die Umstellung des i und q aufgehobene posi-
tion ist durch vokaldehnung ersetzt worden. Vgl. Leger-
lotz a. a. o.
Für y.qtU}] hat übrigens das griechische noch die
kürzere form -aqI (Homer. II. V, 196. VIII, 564. Od. IV,
41. 604), wie für öoHua die kürzere form Jw. Auch diese
form steht nicht allein; denn es entspricht ihr das celti-
sehe cer, welches wir sowohl im gallischen cer-visia,
als in dem in Hispanien üblichen cer-ia finden, welche
beiden ausdrücke gersten-bier bedeuten. Verschieden
von der cer-ia, und zwar nicht blos dialektisch verschie-
den, war cel-ia, d.h. weizen-bier; denn Orosius V, 7
sagt genau, dafs dieses auch Plin. N. H. XXII, 25, 82, Flor.
II, 18, 12 und Isidor. XX, 3, 18 angeführte, in Hispanien,
wenigstens bei den Numantinern, übliche getrSnk aus wet-
zen bereitet wurde. S. über cervisia und ceria als ger^
stenbier und celia als weizenbier G. H. R. Wie hört Bei-
trag zur culturgeschichte Hispaniens, die nachriefaten der
alten über die physische und technische cultur dieses lan«
des umfassend, th. II. Königsberg 1846 p. 36—38*). Ver-
*) Zosimi de zythorum confectione fragmenturo, ed. Graner. SaUsb.
erörtertingen aus dem gebiete der italischen sprachen. 185
muthlich ist mit diesem cer identisch cur oder cor in
dem cretischen noig^fii^ cur-mi oder xo()-|tia oder^ wie
es mit lateinischer endung in Philox. Gloss. heifst, cur-'
• men; denn Dioscorides II, 110 sagt bestimmt, dafs das
so genannte getränk aus gerste, nicht aus woizen, gewonnen
würde.
Sehen wir endlich auf die etymologie dieser Wörter,
so bat sie Benary röm. lautlebre p. 191 von der skr. wz.
vrdh 8. brdh (crescere, augere) abgeleitet; allein wäre
dies richtig, so würde hordeum „gewächs überhaupt**,
nicht speciell „gerste" bedeuten. Ebenso steht, wenn Le-
gerlotz a.a.O. p. 69 diese Wörter von skr. grdh (desi-
derare, optare) ableitet, entgegen, dafs die bezeichnung
„die erwünschte, die Hebe" eine viel zu allgemeine, das
wesen der gerste auf keine weise ausdrückende sein würde.
Ueberdies widerstreitet beiden ableitungen, sowohl der von
brdh als von grdh, von lautlicher seite, dafs die aspira-
tion nicht im anlaut, sondern im auslaut der wurzel steht.
Die Ton H. Weber etym. unters, p. 17 ff. und von Christ
griech. lautl. p. 106 gegebenen erklärungen übergehe ich, da
sie von Corssen krit. nachtr. zur lat. formenlehre p. 104
— 105 hinlänglich widerlegt sind. Wenn aber dieser eben-
daselbst p. 105 — 106 und über ausspr., vokalism. und be-
tonung bd. L 2. ausg. p. 100 hordeum von der skr. wz.
ghrs s. ghars (terere, fricare) ableitet, so erscheint
mir diese ableitung ganz unmöglich. Das mehl könnte,
wie vom mahlen, so vom zerreiben genannt worden sein,
nimmermehr aber das nicht <;emahlene, nicht zerriebene
getreide. Aus demselben gründe mui's ich es für irrig
halten, wenn Corssen, wie es vor ihm Benary röm.
laatlehre p. 160 und Aufrecht und Kirchhoff umbr.
sprachdenkm. bd. I p. 9 1 gethan haben, krit. beitr. zur lat.
formenlehre p. 206, krit. nachtr. zur lat. formenlehre p. 106,
über ausspr., vokalism. und beton, bd. I. 2. ausg. p. 100
und 158 von eben derselben wurzel far ableitet. S. meine
1814 und die älteren über diese getränke hanUelnden &chr!ften Meibom,
de cereviaia vet. , Hadr. lunii Animadvers. IT, 12 und Lindenbrog. ad
AmmiaD. Marc. XXVI, 8 habe ich leider nicht nachsehen können.
186 Zeyr«
abbandl. de voeabulor. umbric. actione. Partie. II, p. 3£
Auch sind aus gleichem gründe die von Corssen krit.
nachtr. zur lat. formenlebre p. 87 — 88 und p. 106 gegebe-
nen ableitungen von g ran um und triticum ganz unhalt-
bar. Es scheint vielmehr Kuhn recht zu haben, wenn
dieser in d. zeitschr. bd. XI p. 385 ff. hordeum s. for-
deum auf die wurzel s^hrä s. bhrd = hrä s= horr-eo
mit der gruudbedeutung „sich sträuben, starren^ zurfick-
ft&hrt, indem von ihr der name der gerste wegen ihrer
„langen, empörst arrenden grannen^ nicht unpassend abge-
leitet sein könnte.
5. Ueber camillus und camilla.
Wie der begriff des mit 'tJgfiijg identificirten KdS fiiXog
in den eines dieners der grofsen götter, der Kdßsiqoij über-
ging, so hiefsen nach Dionys. Halic. A. R. II, 22 auch die-
ner im kultus der KdßuQoi KccdfiiXai; denn dafs hier ftr
KdöiüXot zu lesen sei KddfAtXoi^ haben Heyne N. Com*
mentar. Gotting. T. III p. 51 und E. O. Müller Etrusk.
th. II p. 70 richtig gesehen. Mit 'Eguijg KdS^iXog nun
als diener der grofsen götter und mit diesen KdSfitXoi ha-
ben Dionys. Halic. 1. 1., Varr. de ling. lat. VII, 34, Fest.
p. 63 ed. Müll., Macrob. Saturn. III, 8 und Servius zu
Vergil. Aen. XI, 543 die lateinischen Wörter camillus nnd
camilla, deren ältere formen casmillus und casmilla
(Fest. 1. 1., Vergil. 1. 1.) waren — denn vor m fällt, wie
vor n, 1 und d im inlaut das s aus oder wird zu r — ,
insofern sie einen opferdiener und eine opferdienerin be-
zeichnen, in etymologischen Zusammenhang gebracht. Diese
ansieht hat K. O. Müller Etrusk. th. II p. 73 mit recht
verworfen; denn ursprQnglich bedeutete casmillus 8. ca-
millus, wie nach Fest. p. 93 ed. Müll, einige bestimmt
sagten, überhaupt einen puer, oder, wie Servius zu Vergil.
Georg. I, 101 sich ausdrückt, einen adolescens. Für die
richtigkeit dieser behauptung aber spricht das von beiden
angeführte alte lied : „Hiberno pulvere, verno luto grandia
farra, camille, metes'^. Dann wurde dieses wort speciell,
erörteniDgen ans dem gebiete der itaÜBChen sprachen. 187
wie unser bursche, von einem dienenden puer gebraucht,
weshalb Festus p. 93 ed. Müll, sagt: ,,antiqui ministros
c am i 11 OS dicebant, womit vergl. Varr. 1. 1.. In dieser be-
dcutung nun erhielt sich dieses wort in rebus occultio-
ribus (Varr. 1. 1.), und zwar in rebus nuptialibus, in-
dem der, qui in nuptiis cumerum ferebat, camillus genannt
wurde (Varr. 1. 1.), und in rebus sacris, indem ,,Flami-
nius camillus puer dicebatur ingenuus patrimes et ma-
trimes, qui fiamini Diali ad sacrificia praeministrabat^, und
ebenso „Flaminia camilla dicebatur sacerdotula, quae
flaminicae Diali praeministrabat, eaque patrimes et matri-
mes erat, id est patrem matremque adhuc vivos habebat^.
(Fest. p. 93 ed. Müll.), womit vergl. Macrob. Sat. III, 8
„Romani pueros et puellas nobiles et investes camillos et
camillas appellant, flaminicarum et flaminum praeministros^
und Serv. zu Vergil. Aen. XI, 543. Daraus aber, dafs zu
solchen religiösen handlungen ein puer ingenuus patrimus
et matrimus gebraucht und dieser speciell camillus genannt
wurde, folgt keineswegs, wie es nach Fest. p. 43 scheint,
dafs camillus ursprünglich einen puer ingenuus bedeute;
denn dem steht entgegen, dafs es, wie oben gezeigt wor-
den ist, besonders von einem dienenden puer gebraucht
wurde. Was nun die bilduug dieses wertes betrifft, so
mufs, wie die endung illus, a, um aus ulus, a, um und
die endung cillus aus culus hervorging, wie pupillus
aus pupulus, furcilla aus furcula, bacillum aus
baculum, peni-cillus aus peni-culus, ebenso die en-
dung millus in cas-millus aus der endung mulus her-
vorgegangen sein, die sich sicher in Stimulus = stig-
mulus von der wurzel stig in i-atty-fiai, ariy-fii^f
in-stig-o zeigt und mit dem skr. -malass mara (Boeht-
lingk Unädi-affixe IV, 188) zu vergleichen ist. Dagegen
ist das s der wurzel von cas-millus, welche die bedeu-
tung erzeugen hat, aus einer dentalis hervorgegangen,
die sich unverändert in dem osset. chath-in (scortor) und
chath-age (scortum) erhalten hat. Dieselbe wurzel liegt,
wie G. Legerlotz in d. zeitschr. bd. VII p. 237— 240 ge-
zeigt hat, den griech. Wörtern xccaatg (bei Hesych. die
188 Z«yf8
brut, das hecken), y.cia(Srt^ xaaöMiji^j aaffwfßt^, xa-
travgig, xuüav{)C( ^, xuaccvoa^ y.aaaXßdg^ xaadXßri
sowie xeariiQ (jüngliug, bei Hesych.), x60"i]fAa und xd-
rtküv (das zeugungsglied bei Hesych.), doch nicht, wie
Legcriotz will, auch den Wörtern xdaii; und xaai-
yvi^Tog*) zum gründe. Cas-mulus, aus dem cas-mil-
lus entstanden ist, bedeutet also eigentlich der erzeugte.
Man vergleiche damit natus. Ich übergehe die irrige er-
kläruug, nach der dieses lateinische wort eine euteteliung
des griechische ycmifMoi^ sein soll, wozu die worte des
Festus p. 60 ed. Müller. „Camelis (i.e. Gameliis, Fa-
ufjXiaii^) virginibus supplicare nupturae solitae erant** die
veranlassung gaben. Gegen die von Schweizer-Sidler
in d. zeitschr. bd. I p. .'^13 und 563 vorgetragene erkläruDg
aber, nach der dieses wort von dem skr. 9 äs (narrare,
indicare, laudare, celcbrare) abstammen soll, so dafs cas-
mulus eigentlich „der preisende oder priester" und camillus
„der kleine priester oder priesterdiener, tempelknabe^ be-
deute, glaube ich erinnern zu müssen, dafs ihr die oben
dargelegte erste bedeutung von camillus: der erzeugte,
puer oder adolescens entgegensteht.
6) montula.
Wie gegen die früheren, von Aufrecht und A. Lud-
wig in d. zeitschr. von mentula gegebenen erklärungeo,
so auch gegt^n die von mir bd. XVII p. 431 f. vorgetra-
***) Wenn G. Cartias in d. zeitschr. bd. I p. 31 behauptet, dafk et
nicht zweifelhaft sein könne, dafs die zweite hälfte von Haafyvtjioq den Binn
von yl^1j(T^oi; habe, so steht dem entgegen, dafs Pindar Ol. VII, 27 xnalyrtf
tnq votOoq sagt, töOoq aber bekanntlich der gegensatz von yt"^(ri,oq ist,
man müfste denn annehmen, dafs hier bei Pindar der ursprüngliche begriff
von y.a(Tfyir,n)i; verschwunden sei. Aus demselben grund kann ich die von
Legerlotz a. a. o. p. 240 gegebene erklärung von ytatrlyvfjjnc; »der eh«-
geborene, der in der ehe mit mir geborene, mein leiblicher bruder** nicht
billigen. Es kommt aber hinzu, dafs der sehr wesentliche begriff mit nach
dieser erklärung in y.aafyvrjxnc; nicht ausgedrückt wäre. Passen würde viel-
mehr die von C. Walter in seinen Quaestiones etymologicae. Freienwalde
1864 vorgetragene deutung, nach der xaaiyi'titoq „der mitgeborene** wäre.
Nur steht ihr, wie Schweizer-Sidler in d. zeitschr. bd. XIV p. 488 rich-
tig bemerkt, das selbständige xdtriq entgegen.
erörternngen ans dem gebiete der italischen sprachen. 189
gene ist ein gelehrter, der sich „kein sprachvergleicher"
unterzeichnet, im rhein. niusenm 1869 p. 131 f. aufgetreten.
Dieser hält, obgleich ich dieses wort auf die im lateini-
schen in mehreren Wörtern hervortretende wurzel mer.
zurückgeführt habe, wunderbarer weise für zu dieser ab-
leitung passend das wort: „willst du immer weiter schwei-
fen? sieh, das gute liegt so nah!** und will daher „hübsch
beim latein bleiben". Demnach schlägt er vor, „men-
tula für eine in bester analogie stehende contraction von
mejentula" zu nehmen und führt dafür an, dafs „die
funktion des mejere gewifs ganz anders individualisire
als der vage begriff des hervorragens". Allerdings er-
scheint die auf diese weise dem werte mentula gegebene
bedeutung sehr passend und auch von seilen der Wortbil-
dung ist gegen diese erklärung nichts einzuwenden, indem
in dieser hinsieht mej-ent-ula sich mit carp-ent-um
vergleichen läfst, welches O. Keller in den n. jahrb. für
phil. und päd. 1864 p. 525 richtig von dem von car-
pere, pflücken, ganz verschiedenen carpere, fahren, ab-
geleitet hat. Vgl. aufserdem die auf ent-ia sich endigen-
den Wörter. Allein entgegen steht dieser endung erstens,
dafs die von mir vorgeschlagene einfacher ist, indem es
bei ihr weder der annähme des ausfalles eines j, noch der
einer contraction bedarf, und zweitens der vergleich mit
mentum. Ist auch die bedeutung von mentula nach
der ableitung von mejere eine significantere, so scheint
doch, wie für mentum, welches sonder zweifei von der
wurzel men abzuleiten ist, so auch für mentula der be-
griff des hervorragens hinreichend bezeichnend, zumal bei
der annähme, dafs dieses wort ursprünglich ein scherzhaf-
ter ausdruck gewesen sei.
Marien werder. Z e y Is.
190 Corasen
Noch ein wort über das lateinische f.
(gegen As coli.)
FQr seine hypothese von uritalischen tenuieaspi-
raten ;^, &, (p ist Ascoli noch einmal mit einem ausführ-
lichen polemischen aufsatze gegen meine widerlegong der-
selben in die schranken getreten (zeitschr. XVIII, 417f.).
Sollte ich auf alle in demselben enthaltenen behauptungen
eingehen, so müfste ich eine ebenso lange abbandlung
schreiben, was ich nicht för erspriefslich halten kann. Ich
bezwecke hier hauptsächlich nur meine erklftrungen
einiger stellen lateinischer grammatiker über
die ausspräche des f den auslegungen Ascolis gegenüber
als richtig zu erweisen. Die wichtigste derselben ist
die stelle des Quintilian XII, 10, 29. Halm: Nam et illa,
quae est sexta nostrarum, paene non humana voce, vel
omnino non voce potius intcr discrimina «Tentiuin
efflanda est; quae, etiam cum vocalem proxima acci-
pit, quassa quodammodo, utiqüe, quotiens aliquam con-
sonantium frangit, ut in hoc ipso „frangit^, multo fit
horridior (Verf. über ausspr. I, 137 f. 2. a.). Ich habe
aus diesen werten erstens gefolgert, dafs das lateinische f
ein labiodentaler laut sei, indem ich die worte des
Quintilian verglichen habe mit der aussage des Marios
Victorinus, p. 2455. P: F litteram imum labium sa-
premis imprimentes dentibus reflexa ad palati fasti-
gium lingua leni spiramine proferemus. Gegen diese
erkläruug bringt Ascoli nichts vor. Ich habe ferner die
Worte des Quintilian: efflanda est erklärt „mufs heraus-
gehaucht werden, mufs mit einem hauche ausgesprochen
werden'^: cum spiritu pronuntianda est. Diese er-
klärung verwirft Ascoli als eine „buchstäbliche^ und be-
hauptet efflanda est bedeute an jener stelle lediglich
„mufs herausgestofsen werden^. Er sagt flare efflare
werde nicht vom hauche „im grammatikalischen sinne^ ge-
braucht (a. o. 430). Wie wenig die grammatischen termini
technici, die uns aus Priscian und Donat geläufig sind, zu
noch ein wort über das lat. f. 191
Quintilians zeit fest standen, weifs jeder, der sich um .die
geschiebte der lateinischen grammatik bekümmert hat.
Efflare wird vorwiegend gebraucht von dem hauche, der
aus dem munde des menschen hervordringt, und wo das
wort in übertragener bedeutung gebraucht wird, liegt das
Uld des hauches stets zu gründe. Terentianus Scaurus
sagt Aber die ausspräche des f und hp.2252: utra-
que ut flatus est. Hier bezeichnet doch flatus jeden-
falls den hauch der beim aussprechen des f und des h
aus der brüst des redenden durch die mundhöhle hervor-
dringt, und da die laute f und h doch jedenfalls dem ge-
biete der lateinischen grammatik angehören, so bezeichnet
flatus an jener stelle auch den hauch beim sprechen
eines grammatikalischen lautes, also im gramma-
tikalischen sinne. Man vergleiche hierzu folgende stelle,
Prise. I, 47. H: H literam non esse ostendimus, sed no-
tam aspirationis, quam Graecorum antiquissimi simili-
ter ut Latini in versu scribebant, nunc autem diviserunt
et dextram eins partem supra literam ponentes psiles
Dotam habent, quam Remmius Palaemon exilem, Gril-
lius vero ad Virgilium de accentibus scribens levem
nominat, sinistram autem contrariae aspirationis, quam Gril-
lius flatilem vocat. Der alte grammatiker Grillius nannte
demnach den spiritus lenis: levis und den Spiritus
asper: flatilis, sicher im grammatikalischen sinne.
Wenn also sonst innerhalb der lateinischen spräche ef-
flare niemals dasselbe bedeutet wie extundere und ex-
trudere „herausstofsen^, so kann auch efflanda est an
der stelle des Quintilian nicht bedeuten extundenda
est, extrudenda est „mufs herausgestofsen werden'',
wie Ascoli behauptet, sondern es mufs nothwendig in dem-
selben der begriff des hauches bei der ausspräche des f
bezeichnet werden, wie in dem flatus des Scaurus. Also
efflanda est kann nur bedeuten ^mufs mit einem hauche
ausgesprochen werden^, cum spiritu pronuntianda
est, wie flatilis im evident grammatikalischen sinne den
Spiritus asper bedeutet. Und nun vergleiche man mit
dem efflanda est in diesem sinne das in demselben satze
192 Corsscu
folgende fit borridior als bezeiehnung einer lautlichen
eigeDscbafl des f. Quiotilian sagt, der laut des f ist bor-
ridior „rauher", wenn ihm ein consonant folgt wie iu
frangit, also borrida, raub ist er in jedem falle, ein
stark hervorgestoisencr laut, quassa quodam-
modo, auch wenn ihm ein vokal folgt. Da nun das her-
vorstofsen des lauthauches durch die worte efflanda est
als eine hervorstechende eigenschaft des gesprochenen f
bervorgebobon wird, und da f auch sonst von älteren und
neueren grammatikern als baucblaut oder gehauchter laut
bezeichnet wird, so mufs man scblielsen, dais Quintilian
mit dem fit borridior eben den borridus flatus, den
rauben hauch des f meinte. Man sehe nun, wie Ascoli
mit dem fit borridior verfährt. Er reiist es aus dem
bedeutungszusammenhange mit dem kurz vorhergehenden
im satzbau parallel stehenden efflanda est heraus und
behauptet, es bezeichne nur den gegcnsatz des lateinischen
lautes mit der unerreichbaren gratia sermonis Attici, von
der Quintilian in anderen Sätzen spricht. In welchem
lautbestandtheile des f sich der mangel an gratia eigent-
lich offenbaren soll, das erfährt man nicht. Wenn also
diejenige philologische erklärung von stellen lateini-
scher Schriftsteller die richtige ist, welche sich streng
an den sinn hält, den die worte desselben einzeln
sonst im sprachgebraucbe haben, und den sie in
ihrer Verbindung mit einander im satzbau nach sonstigen
syntaktischen analogien für den sinn des ganzen Satzes
haben, dann ist meine erklärung, dafs durch die worte
inter discrimina dentium efflanda est, quassa
quodammodo und fit borridior das lateinische f
als ein labiodentaler laut mit rauhem hauch be-
zeichnet wird, imbedingt richtig, und Ascolis ans-
legung der stelle des Quintilian, welche den werten theik
eine andere bedeutung beilegt als sie sonst haben, theils
einen ungenaueren und allgemeineren sinn, und sie über-
dies aus ihrem gedankenzusammenbange unter einander
berausreifst, willkürlich und falsch. Nicht besser ist
seine auslegung des „schon angeführten ausdruckst utra-
noch ein wort über das lat. f. 193
gue ut flatus est, mit dem Scaurus die laute f und
^h bezeichnet. Ich erkläre ,, jeder von beiden ist wie ein'
" lauthauch^ und meine, dafs der grammatiker den lautbaueh
. als das hervortretende, dem f und dem h gemeinsame merk-
. mal hervorhebt. Diese erklärung verwirft Ascoli unter dem
, vorgeben, dafs nach derselben h und f eines und dasselbe
- wäre. Hätte Scaurus gesagt: utraque flatus est, dann
. hätte dieser einwurf allenfalls eine bedeutung. Aber vor
flatus est steht ja die vergleichungspartikel ut. Diese
scheint dem Scharfblick Ascolis entgangen zu sein. Denn
dafs zwei dinge mit einem dritten ähnlichkeit haben und
mit demselben verglichen werden können, ohne deshalb
dasselbe ding zu sein, das wird er doch schwerlich in ab-
rede stellen wollen. Und wie erklärt er nun das ut fla-
tus est? Er sagt, es habe eine „generellere'^ bedeutungy
es könne darunter sowohl „ein blase- oder wehungslaut^
als ein „leiser hauchlant^ begriffen werden. Aber da die
lateinischen grammatiker das h vielfach aspirationis
nota nennen und mit dem griechischen spiritus asper
vergleichen, niemals dem Spiritus lenis gleich stellen, so'
mufs man folgern, dals auch Scaurus an jener stelle mit
dem flatus den rauhen oder starken hauch des h
meinte, und da er mit dem flatus eine lanteigenthümlich-
keit des f hervorhebt, die es mit dem h gemein hat, so
ergiebt sich, dafs nach Scaurus aussage auch der flatus
des f ein starker hauch war. Dafs die ungenauen und
zum theil nichtssagenden aussagen von grammatikern des
fünften Jahrhunderts n. Chr. gegen die genauen angaben
des Quintilian über die ausspräche des f zu seiner zeit
nicht mafsgebend sind, wozu Ascoli sie stempeln will, mufs
jeder zugeben, der weifs, wie wenig überhaupt die anga-
ben jener späten grammatiker in betracht kommen kön-
nen, wenn sie mit bestimmten aussagen der älteren gram-
matiker wie des Lucilius, Varro, Verrius Flaccus, Pli-
nius und Quintilianus über laute oder Wörter der spräche
des vorklassischen oder klassischen Zeitalters nicht über-
einstimmen, oder ihnen gar widersprechen. Dafs aber
vor allen Quintilian, wo er über die ausspräche la-
Zeitschr. f. vergl. spracbf. XIX. 3. 13
194 Ooneen
temiBcher laute zu seiner ceit spriobt, ein zeuge ertten
ränge 8 ist, bedarf keines be weises. leb mula also des
auslegungen Asoolis gegenüber meine aus Quinti-
lian geschöpfte ansieht, dais das lateinische {
ein labiodentaler reibelaut sei mit starkem hao-
che ähnliob wie h, neben |dem es so vielfacb in gleicher
etymologischer bedeutung in denselben wortformen e^
scheint, unbedingt festhalten. Und wenn Asooli die-
sen laut, wie ihn Quintilian sprach und sprechen hMSy
fast in einem athem ein „schadenbringendes laat-
phantom^ mit „mysteriöser ausspräche^ ein^ein-
bildungsproduct^ und ein „lautliches monstrnm'^
zu nennen beliebt, mit dem ich mir etwas zu erklären an-
gemafst haben soll, so stelle ich dem urtheile der sach^
kundigen anheim, ob diese ausdrücke im stände sind sei-
nen irrigen auslegungen der besprochenen stellen lateini-
scher grammatiker halt zu geben. Der beweg^grund za
denselben ist ersichtlich. Der labiodentale stark ge*
hauchte reibelaut f, völlig verschieden von dem gri^
chischen (p älterer wie späterer zeit, wie aus UDzweifslhaf«
ten angaben lateinischer grammatiker erhellt, legt das
entschiedenste zeugnifs ab gegen die angebli-
chen uritalischen tenuisaspiraten. Dieses zeng«
nifs soll um jeden preis beseitigt werden.
Herausgeschält aus den Syllogismen einer formalen dia«
lektik, mittelst deren man auf ursprachlichem gebiete die
lautlichen tbataachen und erscheinungen hin und her weiH
den kann je nach den Voraussetzungen, von denen man
ausgebt, steht die vorliegende frage so. Keine der uns
bekannten italischen sprachen weist alte tenuis-
aspiraten wirklich auf, denn das matte gutturale oder
palatale h war kein unversehrter gutturaler consonant mehr;
kein italisches aiphabet hat die griechiacheB
schriftzeicben ;|f, 9, & für solche laute aufge««
nommen; alle diese alphahete bezeichnen daa italische f
mit ^nem anderen achriftzeicbea als dem griecbiscktn baob«
Stäben 9. Ich habe daraus nach dem voigange fiiat aller
Sprachforscher, welche die geschichte der aspiraten bebaiH
Qocfa e|n wort ttber das Ut. f. 195
delt haben, geschlossen: es bat also auch keine ita-
lische tenuisaspiraten gegeben, und f kann we-
gen seiner lautbeschaffenheit gar nicht aus te-
nuisaspiraten hervorgegangen sein. Ascoli schliefst:
es hat trotzdem solche gegeben, nämlich voral-
phabetiscbe. Hinter dieser hypothese von den vor-
alphabetiscben uritalischen tenuisaspiraten steht halb ver-
schleiert eine zweite, die Voraussetzung einer einheit-
lichen griechischitalischen grundsprache, gegen
welche in neuster zeit so wichtige beweismittel an das
licht getreten sind^ dafs der bedeutendste Vertreter dieser
ansieht dieselbe zu modificieren anfängt, und die gewalt-
sanie beseitigung der verbürgten ausspräche
und lautbeschaffenheit des lateinischen f.
Auf demjenigen sprachlichen gebiete, dem meine ar-
beiten angehören, ist, ^auch abgesehen von der hier vorlie-
genden Streitfrage, seit den letzten jähren die fluth weit-
gehender hypothesen wieder in bedrohlichem
anwachsen begriffen. Für die aufstellung derselben be-
ginnt sich eine förmliche technik auszubilden. Nach
gewissen Voraussetzungen über die Verwandtschaftsgrade
der indogermanischen sprachgruppen und sprachen wird
ein allgemeines schema der entwickeiung ursprünglicher
sprachfbrmen , oder ein förmlicher Stammbaum ursprach-
licher continuierlicher lautwandelungen zu gründe gelegt.
Urkundlich verbürgte spraehformen, die sich diesem Schema
nicht fügen wollen, werden ohne zwingende gründe für
Schreibfehler erklärt, das ausdrückliche zeugnifs von gram-
matikem wird besdtigt, indem man selbst die besten der-
selben als einfaltspinsel hinstellt, oder ihr zeugnifs so aus-
legt, dafs es ein bedeutungsloses gerede wird. Lautlichen
gegengründen wird durch annähme beliebiger analogiebil-
dungen schweigen geboten, metrische thatsachen werden
mittelst behauptungen über die arsis lahm gelegt. Die
forderung, sichere und unzweideutige belege für die der
einzelnen spräche zugemutheten lautwechsel aus dem wort-
bestande derselben nachzuweisen, oder den beweis zu füh-
ren, dafs jede andere erklärung der betreffenden wortform
13*
1% Schmidt
ohne jenen lautwechsel sprachlich unmöglich ist, wird mit
der berufung auf den vermeintlichen höheren spracbliohen
Standpunkt abgewiesen.
Wer dieses ganze verfahren gläubig hinnimmt,
dem kann man lautwechsel wie v in m, v in p, y in g,
t in b, t in c, p in f, j in d, auslautendes ä in I and thn-
liche fQr die lateinische spräche ebenso gut yorbewrisen
wie fQr die griechische etwa die verwandelung von tf in x^
dem kann man gruppen voralphabetischer laute auf den
boden jeder spräche hinpflanzen, dem leuchtet vielleiolit
auch die neueste hauchverdichtungstheorie ein,
nach der aus dem hauche zwischen zwei vokalen im latei-
nischen b, f, fu, V, u, s, c, im griechischen &^ ir, x
entstanden sein sollen. Ich gehöre nicht zn diesen
gläubigen, und kann auch fernerhin mich durch nie-
mandes erstaunen oder Unwillen, abhalten lassen, wo qdcI
wann es mir zweckdienlich erscheint, «meine gründe gegen
lautwandelungen wie die angeführten und jene ganze technik,
mittelst deren sie in scene gesetzt werden, mit allemi nach-
druck geltend zu machen.
W. Corssen.
Zur declination der lateinischen geschlechtigen
pronomina.
1. quirquir.
Der alte nom. quirquir = quisquis findet sich in
der auguralformel bei Varro L. L. 7, 8 olla veter arboB,
quirquir est. An dem hier vorliegenden Übergänge von
s in r hat, so viel ich sehe, noch niemand anstofs genom-
men, und doch ist es der einzige fall, in welchem aadaa-
tendes s diese wandelung erfährt. Fälle wie veter, me-
lier, arbor u. s. w. dürfen natürlich nicht f&r die Um-
setzung eines auslautenden s in r angeführt werden, denn
es liegt auf der band, dafs hier das r nur nach der analo-
gie der casus obliqui, in welchen es noth wendig eintreten
^ zur dedination der lateinischen geschlech igen prononüna. 197
^. mulste, auch in den nominativ drang. Dafs dies der her-
gang war, beweist bei veter noch der dem r vorherge-
hende voeal. Wäre das s im nominativ selbst zu r gewor-
den, warum sollte es dann nicht vetur lauten, wie augur,
fulgur etc.? Die casus obliqui hatten aber schon aus
graecoitalischer zeit e, während der nominativ noch o be-
wahrte, altlat. * Vetos, gen, ^vetesos wie griech. V^ro^,
^er^aog; *vetesos roufste dann zu *veterus, veteris
werden, und von hier datirt das e in veter. Ebenso we-
nig können die passivformen amo-r u. s. w. für den wan-
del eines auslautenden s in r zeugen, da ihr r bekanntlich
der rest eines alten se ist, dessen vocal sich im imperat.
ama-re erhalten hat. Will man also nicht flQr quirquir
ein besonderes privileg aufstellen, und ich sehe keine be-
rechtigung dies zu thun, so wird man zu dem Schlüsse ge-
drängt, dafs auch hier im auslaute ein vocal verloren ge-
gangen ist, mit einem worte, dafs quir = umbr. pis-i
ist, welches an f&nf stellen der iguvinischen tafeln überall
mit indefiniter function steht: tab. V, a, 3. 10: arfertur
pisi pumpe fust adfertor quicunque fuerit; VII, b, 1:
pisi panupei fratrexs fratrus Atiersier fust, erec
. . . qui quandoque magister fratribus Attidiis fuerit, is . . •
VI, a, 7: sve mujeto fust ote pisi arsir andersesust
si mugitum fuerit aut quis interstiterit; VII, a, 52:
totar pisi heriest civitatis qui volet.
2. Der genetiv und dativ singularis lateinischer
geschlechtiger pronomina.
Genetiv und dativ singularis der lateinischen prono-
minaldeclination gehören zu den am meisten behandelten,
aber nach meiner ansieht trotzdem noch nicht genügend
erklärten punkten der lateinischen grammatik. Um ihre
bildung klar zu erkennen, wird es vor allen dingen nöthig
sein die pronominal stamme genau festzustellen, welche
einander in den verschiedenen casus ergänzen. Am drin-
gendsten ist dies geboten fOr den interrogativ*reIativstamui
und ftir is, ea, id.
IdS Scdndidt
Beginnen wir mit letzterem. Daik in ihm der indo-
germanische pronominalstamm i vorliegt, ist eine allgemeuNi
aber nur fdr wenige casus wirklich geltende ansieht. Si-
cher zeigt sich i im ace. im, em sowie emem euDdem(84
Paul. Fest. s. Yv. im, em, emem, calim p. 103. 77. 76w47j
Charis. p. 133,4); im findet sich auch in verschiedenen
bruchstücken der zwölflafelgesetze, welche Nene lat. for-
menlehre II, 138 verzeichnet. F.erner darf man mit ziem-
licher Sicherheit den reinen stamm i auch in i-d annehmeD.
Zwar findet sich die Schreibung eidem jous in der lei
Antonia deTermessibus circa 71 v. Chr. (C. I. L. 20Ai2i2O)j
da aber wenige zeilen weiter (a.a.O. z. 27) idem Jons
steht, in dieser zeit überhaupt ei keinen diphthongischeD
werth mehr hat, so kann mit dieser Schreibung nur idem
gemeint sein (idem wird bei Plautus mittelzeitig gebrauoht,
Bücheier grundrifs 15), dessen länge auf dem ersatz der
alten position id-dem beruht^). Die formen des nom. pl<
masc. eis C. I. L. 197. 198. 199, eisdem 198. 1143. 1149.
1187. isdem 1270, Is (ques sunt is Pacuv. bei Cbaris.
p. 133 K) sind in ihrer herkunft unbestimmter. Sie können
vom stamme i gebildet, ebenso wohl aber auch aas eieis
eeis, ieis contrahirt sein wie Freis I. R. N. 1909 nom.
pI. zu Fr ei US. Der dat. pl. ibus findet sich in filterer
zeit noch mit langem i (belege bei Neue II, 141 ; Bücheier
grundr. d. lat. decl. 68) ist also aus iibus, älter *eiibn0
contrahirt, welches von dem gleich zu besprechenden stamme
eio-, eo- gebildet ist wie Dectuninebus CLL. 199, 39^
pannibus Pompon. bei Non. p. 488, generibus Attios
bei Non. p. 487, digitibus Varro bei Non. p. 427.
Im oskiscbeu und umbrischen tritt der stamm i auf in
18'i'dum idem, la-ic, Id-tk^ id-ic (==5lat. *i8-ce, *id-ce)
= umbr. er^ek m«, er-ek neutr. und in osk. (p, nmbr.
ife = lat. ifbi.
Alle übrigen casus des lateinischen pronomens gehen
auf den stamm eio-, eo- =^ urspr. aja- zurück, weloher
*) Falls nicht eidem nur durch ein versehen des grayean entstanden
ist, welcher die einander so nahe liegenden nom. acc. nentr. und non.
miteinander verwechselte.
'zur dedinatioii der Uteiiitschen geschlechtig«ii pronomia«. 199
•ich am klarftten zeigt in formen wie dat. pL ei eis C. I. L.
201, 11, 12, nom. pl. ieis 577,3, 12, iei 185.202, 1, 7 u-a.
gen. pl. eum lex. Julia munic. C. I. L. 206, 52. eum an-
tiqui dicebant pro eorum Fest. Das ei in ei eis wider-
legt die Boppsche ansieht (vgl. gramm. U' s. 163), dafs in
eum, eis etc. der stamm urspr. ja- enthalten sei. Auch
der nom» sg. m» is ist aus eis und dies aus ^eios entstan-
den wie Caecilis, Clodis u. a. aus Caecilios, Clo-
dios; das beweist die Schreibung eis C. I. L. 198, 9, 24, 83,
die häufige eisdem 576. 577,2, 9, 11, 13 u. s. w., sowie
die gewöhnliche Schreibung republicanischer Inschriften
eidem (nur einmal findet sich iden[que] C. L L. 1341).
Corssens annähme (krit. beitr« 529), dafs in eis der pro-
Dominalstam i einfach gesteigert sei, entbehrt im ganzen
bereiche der indogermanischen sprachen eines analogons.
Im osk. und sabell. entspricht io- dem lat. eio-: osk.
io-c ea io*n-c eum i*üssu aus lüs-dum iidem, sabell.
ia-f-c ibi (Corssen zeitschr. IX, 148). Dies i*ü-, io- ist
wohl aus ijo-, ejo- = lat. eio- entstanden wie vtass vias
aus ^vi'jass, ^vehiass. Auf welche seite sich das um-
brische eo- stellt, ob auf die des lateinischen oder auf die
des oskisch-sabellischen, läfst sich bei der Zweideutigkeit
des e in dieser spräche nicht entscheiden, es bietet eo ea
neutr.pl., eam eam, eaf eas, eur-ont iidem.
Für das interrogativ-relative pronomen sind die stamme
quo- und qui-, osk.-umbr. po- und pi- allgemein aner-
kannt, neben diesen erscheint aber sowohl im lateinischen
wie im oskischen noch eine Stammbildung, welche bisher
nicht beachtet worden. Sie ist enthalten in den oskischen
formen pieis cujus und piei cui. Corssen (krit. nachtr. 95,
aoaspr. 1% 591) leitet diese von dem stamme pi her. Wie
aber von den stammen Herentati' und Futri- die genetive
Herentateis, Futrets^ die dative Herentatet, Fvirei lauten,
so hätten von pi nur^peis, *pei gebildet werden können.
Vielmehr ist pieis gen. von pio- wie sakarakleis von
sakaraklo- und piei ist locativ desselben pio- wie
exei-c, eizei-c (Kirchhoff das stadtr. von Bantia s. 20),
alttrei^ piiiereiptd^ thesavret von exo-, eizo-, aiffru-.
200 Schmidt
pütüru'^ thesavru-. Und dies pio- verhftlt sich zu pi- wie
das oben besprochene io- zu i-. Wie dem io- lat. eio-
entsprach, so wäre neben pio- iat. '^queio- zu erwarten.
Da aber hinter v (und qu ist ja = cv) das lateinisdie
auch da ein o bewahrt, wo die verwandten sprachen ein e
eintreten lassen (vom o: griech.>r€|U€a), lit. vemiü; toIto:
Ü^vco; YoceLve: j:b7i)j bis in die erste kaiserzeit fiberhanpi
die lautfolge ve nicht liebt, so konnte f&r *qaeio- quoio-
eintreten und dies liegt denn auch thatsächlich vor, nidit
nur in dem possessivum quoius, quoia, quoium, son-
dern auch im gen. plur. cuium, den Charisius überliefert,
und quoiüm, welches BQcheler (gruudrifs 46) nach der
Übereinstimmung der handschriften Trin. 534 f&r das too
Ritschi gesetzte quorum restituirt hat. Auch in der lex
agraria C. I. L. 200, 10 sieht Bücheier diesen geneÜT
quoium (neive ferto, quo quis eorum, quoium eum agram
locum aedificium possessionem . . . esse oportet . • . [enm
agrum minus habeat]). Dies quoiüm (von quoio- ge*
bildet wie eüm Paul. Diac. 77 von eo-), verhält sich zum
possessivum quoius wie nostrum zu noster. Der weitere
verlauf unserer Untersuchung wird den stamm quoio- aach
noch im gen. sg. quoius und dat. sg. quoiei aufweisen.
Im Sanskrit entspricht ihm käja, dessen gen. k&jasja das
Petersburger Wörterbuch mit drei stellen aus dem Rigveda
belegt, kaja- verhält sich zu ki- wie trajä-n-&m zo
ved. tri-n-äm *).
Wenden wir uns jetzt zum dat. sg. Die älteste form
desselben beim interrogativ-relativen pronomen ist quoiei.
Dafs er quoiei zu messen sei, ist direct nicht erwiesen,
von Corssen (krit. beitr. 544, krit. nachtr. 91 ff.) nur nach
analogie des selbst bestrittenen gen. quoius angenommen
worden. Wir sehen daher von dieser bypothese völlig ab,
da sich ergeben wird, dafs quoius sehr wohl langes I
haben kann, ohne dafs daraus ftlr quoiei dasselbe folgt.
In dem entsprechenden oskischen piei habe ich eine loca-
tivform naehgewiesed , überträgt man diese nach mafsgabe
der bisherigen Untersuchung in das archaische latein, so
*) Vgl. auch Höfers zeitschr. I, 158. Die red.
zur declination der lateinischen getchlechtigen pronomina. 201
erhält man laut (dr laut das vorliegende quoiei, welches
also ein locativ ist wie die septimei Plaut. Pers. 260.
Gerade so ist ei ei, welches sich C. I. L. 198 siebenmal
findet, locativ von eio-. Däfs die entsprechenden dativisch
verwandten illi, isti, ipsi, alteri, neutri, uni, toti
u. 8. w. ursprünglich locative sind, hat Bücheier (grund-
rifs 59) schon erkannt und einerseits illi in locativischer
fiinction bei Plaut. Trin. 530 belegt, andererseits aber die
Verwendung der gewöhnlich locativischen istic, illic als
dative in Mil. 1093 und Men. 304 nachgewiesen. Aus
Terenz füge ich hinzu illi locativisch Ad. lY, 2, 38, illic
dativisch lY, 3, 11. Ueber quoiei, quoi und eiei, ei
ist BOcheler noch nicht im klaren.
Die älteste belegte form des genetiv quo ins nimmt
Corssen als amphibrachys an, indem er den ausschlag ge-
benden saturnier tit. Scip. Barb. C. I. L 30 mifst
Quofus forma virtu-tei parisuma füit.
So mafs auch Ritschi früher (de sepulcro Furior. p. 8),
während er in den Prise, lat. mon. epigr. p. 32 mit zusam-
menrücknng der beiden hebungen quoiüs forma betont.
Bücheier endlich (grundrifs 39, zeitschr. XYII, 78 ff.) scan-
dirt quoiüs forma. Die länge des i ist also streitig.
Sollte sie aber auch nicht mehr zu erweisen sein, so wird bei
dem bekannten gesetze der Verkürzung von vocal vor vocal
nichts die annähme hindern, dafs es einst lang gewesen und
erst durch das wirken des besagten gesetzes gekürzt sei.
Corssen hält dies i für dieselbe partikel, welche im nom.
des sing, angetreten ist (quei = ^quo-i, umbr. poe, poei,
poi), genetiv und dativ seien also durch antreten der en-
dnngen -us und -ei an den nominativ entstanden. Hierbei
mufs zunächst auffallen, dafs^ während für den nominativ
nur die archaischen formen quei CLL. 34 und que 1297
zu finden sind, nirgends ein ^quoi, umgekehrt niemals ein
*queins ^queieizu belegen ist. Diese stetige vocaldifferenz
zwischen dem nominativ einerseits und dem genetiv und
dativ andererseits mufs gegen die herleitung der letzteren
aus ersterem zum mindestens verdacht erregen. Aufserdem
aber: wie kommt das -i zwischen stamm und casusendung?
303 Schmidt
Das umbrische macht von dieser partikel aosgedduiierai
gebraach als das lateinische, setzt sie aber nie vor die o%-
sasendung, sondern stets hinter das voUständig dedinirte
pronomen: pis-i qais, pir^i quid, pur-e nom. pl. m. paf«e
qaas. Diese beiden umstände, glaube ich, reichen hin, um
die Corssen'dche erklärung unhaltbar zu machen« QnolQB
entspringt vielmehr von unserem stamme quoio-, dies seigt
das Verhältnis: quolus : quoio- = allus : alio-. Das
oskische f&hrt uns zur erklärung der form, es bildet aus seineni
stamme pio- ganz nach nominaler declination den geo.
pieis, und die annähme, dafs auch das lateinische in glei-
cher weise von dem entsprechenden quoio- einen geo.
*quoiei gebildet habe, erhält durch die genaue Überein-
stimmung der loc.-dat. piei und quoiei ziemliche Wahr-
scheinlichkeit. Dieser genetiv fiel aber, wie bei den a-stäm-
men überhaupt, mit dem locativ zusammen. In der nomi-
nalen declination war dies auch der fall und die spräche
wehrte der Zweideutigkeit, indem sie den leichter entbehr-
lichen locativ, bis auf wenige schon formelhaft gewordene
und daher nicht miszu verstehende ausdrücke, eingehen
liefs. In der pronominaldeclination war aber die zweidei^
tigkeit so nicht zu beseitigen, denn der locativ hatte sich
durch sein eindringen in die stelle des dativs unentbehriich
gemacht, daher ward dem genetiv, um ihn deutlich als
solchen zu kennzeichnen, abermals ein genetivsuffix -ns
angehängt, welches in der Schriftsprache seine volle alter-
tbümlichkeit bis in späte zeit bewahrte, geschützt durch
das vorhergehende i, da ^cuiis eine kakophonie gegeben
hätte (die comoedie, d. h. die Volkssprache, hat bekanntlich
einsilbiges cuis). Aus ^quoieius ward dann quoius wie
aus dem dat. quoiei quoi. Wollte man einwenden, dalf
die älteste endung des gen. sg. durch das oskische als -eis
erwiesen wird, dafs also aus *quoeis + u8 etwa *qaoi-
rus, ""quirus oder dergleichen hätte entstehen müssen, ao
ist zu erwidern, dafs im historischen latein bis jetst nir-
gends ein genetiv auf -eis mehr zu belegen^ daüs also das
9 früh verloren gegangen ist. Aber selbst angenonunan«
dafs der genetiv lateinisch noch "" quo eis gelautet bättoi
anr deeUnation der lateinische geschlechtigen pronomina. 303
als das -us antrat — für dessen anfQgnng dann natöriich
der obenyorausgesetztegrand nicht gegolten haben könnte — ,
so hätte aach aus ^qaoeisus das geforderte ^quoeins
hervorgehen können wie der nom. sg. quei aus *quo(s)i,
ver aus ye(8)er, Cerealia aus ^Geresalia u. a. Der-
gleichen neubildungen durch abermaliges anfögen des casus-
sufBxes an einen schon fertigen casus sind gerade in der
pronominaldeclination aus mehreren sprachen nachzuweisen,
ich erinnere an dor. kfAiog^ hfiovg äfievgj revgj welche in die
grundform zurück übersetzt ^ma-sja-s, *tya-sja-s wä-
ren, an altbulg. cisogo gen, sg. neutr. pron. interr., grandr
form *ki-sja-sja (Schleicher comp.' s. 629), r^koj%,
grundform *rankajäbhi, d.h. ein instrum. ranka-j-äH-
der instrumentalendung bhi (a. a. o. s. 581), an päli tis-
säja und täsänä gen. sing, und pl. fem. Ton ta-, welche
nach Bopp (vergl. gramm. II' s. 174) aus den genetiyen
tissä, täsä durch nochmalige^) antreten der genetivsuffixe
entstanden sind, grundform also ^ta-sjäs-jäs, *tä-säm-
«-äm. In glei<3her weise fasse ich das präkr. inamä acc.
sg. neutr. neben inä (Lassen inst 1. pracr. p. 327) als ina-
-m-Ham, wie ahd. hwe-n-an, i-n-an neben we-n, i-n.
Wie quoius zu quoio-, genau so verhält sich eius
zu eio-. In der Schreibung eilus, elius, eins könnte
man vielleicht versucht sein spuren des nach unserer an-
nähme einst vorhandenen elus (dreisilbig) zu suchen, man
hat aber in dem il, li, I wohl nur den graphischen aus-
druck der zwischen vocalen eintretenden Verdoppelung des
j zu sehen (vergl. darüber W. Schmitz de i geminata et i
longa. Dürener programm 1860 p. 12 sq. und Corssen aus-
spr. IS 301 ffi).
Es bleiben noch hoius-ce, hoi-ce zu besprechen.
Bopp (vgl. gramm*' §• 394) schliefst aus den gemeinschaft-
lichen declinationseigenthümlichkeiten von hie und qui auf
identität beider, das c habe sich zu b verschoben, unbe-
rührt sei es in ci-s, ci-tra geblieben. Lottner (zeitschr.
yil, 38) und Schleicher (comp.' s. 240, anm. 3) stimmen
bei, indem sie die got. hi-, lit. szis, 3law. sl vergleichen,
welche ebenfalls den alten interrogativstamm demonstrativ
204 Schmidt
wenden. Allerdings ist die Vertretung von urspr. k durch
lat. h nicht gewöhnlich, sie findet sich nur noch in traho
(lit. tr&ukti ziehen, altbaktr. thrak marschiren, ziehen,
von Justi mir belegt mit thraktanäm rapmanäm der
ausgezogenen heere, vgl. dazu lit. i' kar§ tr&ukti in deo
krieg ziehen; zur rechtfertigung von lit. au as nrspr. a
mögen angeführt sein kriauna heft des messers = altbulg.
örenu, bli&uju blöken = altbulg. bl6jati, mhd. blseo,
L&um6 = ^dfiicc) und in h ab er er, welches sich mit
got. haban nur in der Voraussetzung einer wnrzel kap
vereinigen läfst. Das b in habere ist aus p entstanden
wie in bibo, scaber u. a. (s. Corssen ausspr. I\ 127 ff.),
denen sibus callidus sive acutus Fest. = osk. sipus scieos
(sapere) beizufügen ist, das p hat sich in osk. hipust
habuerit erhalten (habuerit : hipust = sibus t sipus).
Der infinitiv haperae, welchen Corssen s.'129 aus einem
pompejanischen graflSto Bull. d. inst. R. 1865 p. 187 anf&hri,
wäre sehr schätzbar, ich finde ihn aber in der citirten in-
schrift nicht, welche nur HA und dann ein verstümmeltes,
aber als solches noch deutlich zu erkennendes B (F) ent^
hält. Häufiger ist der wandel von k in h auf oskischem
gebiete: Hampano = Campanüm (Mommsen unterit
dial. 216 anm., 223), Marahieis, Marhies ss lat. Mar-
cii, feihüss cipp. Abell. = lat. ficos (Corssen zeitschr.
Xni, 189). Vielleicht ist auch umbr. peiu piceum zu-
nächst aus ^peihu entstanden. Corssen bestreitet die
möglichkeit habere auf eine wz. kap zurückzufahren, sei»
nem unternehmen haban und habere von einer vermeint-
lichen würze] gha herzuleiten (krit. nachtr. 99 ff.), kann ich
jedoch nicht folgen, und halte nach wie vor habere f&r
ein sicheres beispiel des fraglichen lautwandels. Darf man
hiernach ho- als uralte nebenform von *co- (quo-), urspr.
ka betrachten, so erklären sich in gleicher weise hoius-ce
hoi-ce aus einem stamme hoio- = kaja. Freilich ftllt
hier der grund weg, welchen wir oben f&r die erhaltong
des oi in quoio- statt des zu erwartenden *queio- ss
osk. pio- anführten; dafs die spräche trotzdem das alte o
bewahrt hat, gehört zu den in ihren gründen vielfach nn-
erforschlichen lautneigungen, welche fast nie mit absoluter
zur declination der lateinischen geschleohtigen pronomina. 205
cönseqaenz auftreten. Indefs fehlt es nicht an einer spur
der gestalt heio-, im dat. abl. pl. hlbas (Prise. I, p. 10,
15 H., Plaut. Cure. IV, 2, 20). Von einem stamme hi- =
qui- kann dies nicht herkommen, sonst müfste es hibus
lauten, vielmehr wird es aus ^hiibus contrahirt sein wie
ibus aus iibus (s. o.), und wie wir letzteres auf * ei ibus,
stamm eio-, zurückgeführt haben, so steht nichts im wege
ein altes *heiibus, stamm *heio-, aus hibus zu erschlie-
fsen. Auf jeden fall zeigt auch dies hibus, dafs man aus
dem stamme ho- und etwa daneben liegendem hi- nicht
alle vorliegenden formen des pronomens ableiten kann, dafs
also, wenn man mit Benfey (vollst, skr.-gr. s. 331, anm. 2)
und Corssen a. a. o. ho- dem skr. gha, ha gleichsetzt
— was ja lautlich sehr wohl geht — daneben noch die
annähme eines erweiterten *ghaja = hoio-, heio- nö-
thig ist. Auch nach Benfey>Corssen würde sich daher aus
hoius-ce, hoi-ce kein einwand gegen meine deutung
von quoius, eins, quoiei, eiei entnehmen lassen. Darin,
dafs illius, illi, istius, isti und alle Übrigen genetive
und dative pronominaler declination nach analogie der ent-
sprechenden casus von qui und hie gebildet sind, stimme
ich wieder mit Corssen überein. Sie sind sämmtlich ur-
sprüngliche a-stämme bis auf ipse.
3. ipse.
Corssen (ausspr. 11% 272) hält auch ipse für einen
a-stamm, indem er von ipsus (belege bei Neue U, 145)
ausgeht. Er theilt i-pe-su-s (pe wie in nem-pe us-
piam aus us-pe-iam), su-s vom alten pronominalstamme
so-, dessen loc. in si-c, sei-c CLL. 818, sei-ne lex
repet., nesi pro sine Fest. p. 165 vorliegt (Corssen 1%
777 f.) und von welchem Fest, noch die formen sum sam
sas sapsa überliefert, ipsus bedeute also „dieser eben
dieser^. Wie sich hieraus die reflexive Verwendung von
ipse entwickelte, und warum sie bei dem nach Corssen
etwa gleichbedeutenden idem nie statt hat, das steht noch
zu erweisen, soll indefs hier nicht urgiert werden. Sehen
wir uns nun nach den ältesten formen des wertes um, so
finden wir bei Paul. p. 110 in eopte eo ipso, womit die
206 Schmidt
ebendaselbst erhaltenen vopte pro vos ipsi Cato posuit
Paul. p. 379 and mibipte Cato pro mihi ipsi posuit PaoL
p. 102. 154, sowie mepte PI. Men. V, 8, 10, meopte
tuopte suopte = meo ipsius etc. Fest. p. 310 zu Ter»
binden sind. Bei den komikern sind eapse, eampse,
eumpse, eopse häufig (belege bei Neue II, 142), ans
Enn. und Pacuv. überliefert Fest. p. 325 sapsa. Daraiu
ergibt sich, dafs die alte spräche das ,,selbst^ durch an-
fQgung von unveränderlichem pte, pse an die casus der
personalpronomina und demonstrativa ausdrückte. Da nun
lat. ps nie in pt übergeht, wohl aber der umgekehrte Wan-
del stattfindet (lapsus aus "lap^^tus), so werden wir pte
f&r älter als pse halten müssen. Wer die Corssensohe er-
klärung halten wollte, könnte sich noch immer auf den
Wechsel der stamme sa- und ta- berufen, es wäre ja denk-
bar, dafs auch im vorhistorischen latein so- und to- sich
ergänzt hätten, obwohl bis jetzt davon keine spur gefimo
den ist. Allein von selten der bedeutnng erwachsen Schwie-
rigkeiten. Liefs sich in "i-pe-su-s das „selbst^ aUenjEaUs
aus dem zwiefachen demonstrativum herleiten, so ist dies
bei vopte, mepte, mibipte nicht möglich, in der ana-
logie von *i»pe-sü-s lägen vielmehr *vO'-pe-vo8, *nie-
-pe-me.
Wie sich Corssen die geschichte des für alle casuis
(eumpse, eopse etc.) auslautenden -se denkt, ist ans
seiner darstellung nicht zu ersehen, er geht wie gesagt
von ipsus als ältester form aus, „schon im altlateinischen
fiel aber das auslautende s der nominativform sos ab und
das o schwächte sich zu e^. Hiernach scheint es, dafs C.
einen erstarrten nominativ, der dann auf die übrigen casus
übertragen wurde, annimmt. Allein wenige zeilen nachher
heifst es: „in der späteren spräche verlor der stamm i-
die beugungsfähigkeit, indem jene formen fester ineinander
verwuchsen, aber der pronominalstamm -so-, -sa blieb
beugungsfähig'' [war also nie indeclinabel geworden?].
Die declination des zweiten tbeiles von ipse verrätb sich
aber als entschieden unursprünglich und spät schon daroh
das neutrum ipsum. Während selbst der erst im laieS^
nischen neugebildete stamni ollo- (aus *on-lo-) im iioin*
r
:' xur decUnation der lateinischen geschleehtif?en pronolnina. 207
acc. neutr. der pronominaldeclination folgt, sollte der alte
stamm so- diesen casus nach art der adjectiva gebildet
haben*)? Mag auch Festus den nom. sing, ipsos schon
aus einem gesetze des Numa anführen, so wird man die
daneben bis ins zweite jahrhundet v. Chr. noch fortleben-
den formen mit declinirtem erstem theile und in allen
casus unverändert bleibendem -pte, -pse dennoch als die
Alteren betrachten, also fär die erklärung von bildungen
wie eopte, vopte ausgehen müssen.
Pott hatte schon in den Berliner Jahrbüchern 1833,
334 ff. an lit. päts herr, selbst, gedacht (vgl. etym. forsch.
11% 41). Dies wird in gleichem casus dem worte, auf
welches es sich bezieht, nachgesetzt z. b. täs päts der-
selbe, tai mäno pates ka]t;^b6 das ist meine eigene
schuld. Ich nehme nun an, dafs auch im lateinischen das
laut für laut entsprechende potis ursprünglich ebenfalls
stets in gleichem casus dem pronomen, welchem es zuge-
hörte, nachgesetzt ward. Die Verbindung beider mufs sehr
enge gewesen sein, so dafs sie unter einen accent fielen,
potis also enklitisch ward und in folge dessen sein o ein-
büüste. Aufserdem aber wurde das unbetonte potis oder
-ptis zu pote oder pte (vergl. compote factus Or.
5758), der acc. wurde ebenfalls zu pte (vgl. omneLou-
canam; Luciom Scipione CLL. 30.32), desgleichen
der abl. (vgl. Gnaivod patre C. I. L. 30) und dat. (vgl.
Diove CLL. 188). Es blieben also nur drei von dem
einfbrmigen pote, -pte verschiedene formen übrig, potes
als gen. sing. (vgl. Salutes C J. L. 49), gleichlautend mit
dem nom, acc. plur., potom oder poto (vergl. duonoro
C I L. 32) und potebos. Von diesen konnte potes
auch noch sein auslautendes s verlieren wie der nom. plur.
Pisaurese CLL. 173. 177 und der gen. sing. Serapi
C L L. 577, und die beiden allein noch Übrig bleibenden
poto und potebos erlagen nun leicht der immer mehr
um sich greifenden monotonisirenden analogie. Mochte
doch die declination der enclitica überhaupt als überfluls
*) ipsud findet sich erst spät z. b. Schol. zu Juyen. VI, 843. VII, 88;
QI08S. Philoxen.
208 MSbins
empfunden werden, da am vorbergehendcD pronomen der
casus ftkr beide genügend bezeichnet schien. DaTs alle
diese abstumpfungen der casus in alter zeit bei jedem i-
stamme eintreten konnten und doch nicht die indeclinabi-
lität der i- stamme herbeigeführt haben, ist kein einwand
gegen die hier vorausgesetzte entwickelung. Denn erstens
bot potis als enclitica der abschwächung weniger wider-
stand als selbständige werte und zweitens hielt die spräche
in der that, wie wir gleich sehen werden, die gleichzeitige
declination des pronomens und des potis für nnndthig.
Als nämlich aus is potis *ispte, dann *ipte (vgL yopt.e),
ipse geworden war, wurde die spräche durch ille und
iste verleitet, darin einen abgestumpften nominatiy eines
pronominellen a-stammes zu empfinden, und diese analogie
bewirkte dann die declination -pse, -psus, -psum, -pso
u. s. w. Dadurch ward aber die bis dahin übliche flexioD
des pron. is (eampse, eumpse) entbehrlich, das prono-
men erstarrte also in der form, welche es in dem an die-
ser ganzen neuen declination schuldigen nom. sing, gewon-
nen hatte; vgl. die ähnliche erstarrung von ^o ccvtovj ol
avT^ zu iavTOv^ iaVTip, So ist denn die Verwendung voa
ipse, ipsa zur bezeichnung des herrn und der herrin
(Hertz rhein. mus. XVII, 324; Bücheier zu Petron. p. 74^ 20|
welchen ich durch prof. Useners gute aus einem Benediot-
beurer glossar des 9. jahrh. beifügen kann „Ipse nomen
honoris est^) anders begründet als die ähnliche des griecL
avTog. Sie ist ein nachklang der ursprünglichen bedea-
tung von potis.
Johannes Schmidt
Zur kenntnis der ältesten runen.
n.
S. Bngge^s deutung und erklärung der ältesten runen-
inschriften, von der wir im XVIII. bände d. Zeitschrift
8. 153 — 157 eine kurze mittheilung gaben, ist vor kxirzem
von K. Gislason, prof. der altn. spräche und literatar
zur kenntnis der ältesten runen. 209
a. d. Kopenbagener Universität, einer eingehenden prüfung
unterworfen worden, und wir säumen nicht im anschlufs an
ansere obige mittbeilung den leser der Zeitschrift auf sie
aufmerksam und, wenn auch aufser stände ihren reichen
Inhalt hier zu erschöpfen, mit einigen ihrer ergebnisse be-
kannt zu machen. Sie ist in den Aarbög. f. nord. Oldk.
og Hist. 1869, 35 — 148 (separatabdr. s. 1 — 114) unter dem
titel erschienen: „die sprachliche Stellung der ältesten ru-
neninschriften^ und bespricht — mit ausnähme des Björke-
torp. Steines (XI) — alle von Bugge a. o. behandelten
(I-X)*).
Nicht die von B. gegebene lesung und deutung der
betreffenden runeninschriften als solcher ist es, die den
gegenständ der Gislasonschen Untersuchung bildet, als viel-
mehr unter hypothetischer annähme von deren richtigkeit
lediglich und allein die sprachliche form jener lesungeh
und das darauf gegründete urtheil über volk und Zeitalter,
dem diese Inschriften ihre entstehung verdanken.
Das verfahren Gislasons ist dieses, dafs er unter her-
beiziehung sämmtlicher germanischer, nord- wie südger-
manischer (nordischer wie deutscher) sprachen, ja auch
mundarten, jedes irgendwie charakteristische laut- und
flexionsverhältnis , das sich in den c. 40 Wörtern der X,
bez. IX inschriften findet, nach der art seines Vorkommens
in der einen oder andern dieser sprachen bestimmt, um
auf diese weise den sprachlichen Standpunkt zu erkennen,
den es im germanischen Sprachgebiete örtlich und zeitlich
einnimmt; sein verfahren ist ein wesentlich inductorisches.
Von den 51 „Standpunkten", die G. auf diese weise
gewinnt, stellen sich die ersten 26 als gothische dar, der
erste (mangel des umlautes) als ein nur gothischer, die
übrigen (II — XXVI) zugleich als hochdeutsche und (oder)
niederdeutsche und (oder) nordische; der XXVII. (ableit.
— INGA) als germanischer; achtzehn, der XX VIII — XLV,
♦) Eigentlich nur I — IX; aas versehen habe ich zeitschr. XVIII, 165
den zwei zeilen der einen Berga- Inschrift zwei nammern (V. VI.) statt einer
gegeben.
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 3. 14
210 Mdbinn
theils deutsch, theils deutsch und nordisch, sechs, der
XL VI — LI, nur nordisch.
Zur veranschaulichung von Gislasons methode stellen
wir hier die zu den Wörtern der bekanntesten inschrift, der
des goldnen homes, von ihm gemachten bemerkungen sii-
sammen, Sie lautet nach Bugge's lesung:
EK HLEWAGASTIR HOLTINGAR BORNA
TAWIDO
d. i.: ich, Biegest, Bolts söhn, fertigte das hörn.
(Rücksicbtlich gerade dieser inschrift hebt G. im allgemei-
nen einmal hervor, dafs das EK in der appositionellen {&-
gung EK, BL. den worten : EK BL. BORNA TAWIDO
den sinn gebe: „ich, BL, fertigte das hörn und bin zugleich
deijenige, der diese inschrift schrieb^, während ohne EK
nur vom verfertiger des homes die rede sei; zweitens,
dafs die doch ganz zufällige allitteration der mittleren
3 Wörter (ebenso wenig als auf der einen Tuneinschrift)
noch nicht hinreiche, die inschrift als eine metrische zn
erklären, da weder inhalt noch rythmus noch Wortstellung
irgend etwas versartiges, poetisches verrathen.
EK (auch auf Tune, I und Varnum); sein Standpunkt
(no. XLIU) ist: „neuniederdeutsch — neufries. — altnord.
mittelschwed. — mitteldän.^, während die übrigen germa-
nischen sprachen und dialekte (sämmtlich namhaft gemacht
und durch beispiele belegt) sich theilen in die formen: „ik
(ic), yk, ick^ icc, ikke, hie, ihc, ih, ich^ u.s.w. u. s. w.
und in: eck, ekke, eg, e, aeg, ae, ei, iak (iac), jak (jac),
jag, ac, a, jek (jec)" u. s. w.
BLEWAGASTIR; der anlaut BL in BLEWA- wie
in BALAIBAN d. i.: BLAIBAN (Tune, 1) oder HR in
in BARABANAR d. i. BRAB. (Varnum) — also h vor
1, r (n) im anlaut — verräth : „goth. — ahd. — alts. — alt-
engl. — altfries. — ahn. — neuisl." Standpunkt (no. XVI). —
Ursprüngliches v oder w (= goth. v, nicht goth. b) nach
kurzen vocalen in BLEWA — wie im „goth. — ahd. —
mhd. — alts. — altengl. — altfries. u. s. w." (no. XIV),
sonach goth., hd. und nd., doch nicht nordisch, wo es ver-
drängt ist; dasselbe gilt von w in PRAWINGAN (Tanom)
zur kenntnis der Kitesten rnnen. 211
und TAWIDO (hörn). — A in HLEWA- vergleicht sich
dem goth.: friapva-mildai und aleva-bagms, dem ahd. wega-
-nest, dem alts. aha-strome, während die übrigen germani-
schen sprachen dieses thematische A in ähnlicher compo-
sition abwerfen oder verändern, — sonach »goth. — ahd. —
alts. Standpunkt^ (IV, A). — Der mangel des umlautes in
-GASTIR, wie in HARI (Istaby) und SALI- (Berga) ist
gothisch (no. I), doch auch ahd., vergl. den namen: Sali-
gast. — R in -GASTIR gleich dem R in HOLTINGAR
(hörn), WIWAR (Tune, I), HARABANAR undERILAR
(Varnum), HAITINAR (Tanum), -WÜLAFR und Wü-
LAFIR (Istaby) ist: „altnord. — neuisländ. — neufaeröisch
mittelschwed. — mitteldän.'^ (XLIX, A) gegenüber dem
goth. piubs und den übrigen germanischen sprachen, denen
das masc.-fem. sufBx im nom. sg. fehlt. — GASTIR übri-
gens in HLEWA-GASTIR wie in SALIGASTIR (Berga),
von Bugge den i-stämmen zuerkannt, wird hier von Gisla-
son (s. 139 — 140), wie schon früher von Wimmer (Aarb.
1867, 8. 53—54), gleich dem WÜLAFIR (Istaby) in über-
einstimmung mit altn. gestr als JA-stamm erklärt.
HOLTINGAR. Mangel des umlautes in HOLT-
ist gothisch (no. I,A); s. oben -GASTIR. — Die form
HOLT: lignum, silva — gegenüber dem schwed. hult, neu-
fries. holde, hoalt, hout, deutsch: holz und hulz — stimmt
mit: „alts. — mnd. — nnd. — altengl. — neuengl. — fries.
— altn. — neuisl. — neufaer. — neunorw. — mittelschwed. —
dän." (no. XLI). — Die ableit. -INGA, allen germ. sprachen
gemeinsam (no. XXVII), „doch als gothisch im strengen ver-
stand betrachtet, ziemlich jung und eher für nachgothisch
zu halten«. — R in HOLTINGAR ist nordisch (no.
XLIX, A) ; s. oben -GASTIR.
BORNA; HÖRN- ist „hd. — alts. — engl. — alt-
fries. — altn. — neuisl. — neufasr. — schwed. — dän." (no.
XXXVII) gegenüber „dem goth. haüm, dem ahd. horin
und hören« u. s. w. u. s. w. — -A in HORNA (jedenfalls
acc. sing., nicht plur., doch zweifelhaft welchen geschlech-
tes) nicht thematisch, sondern paragogisch und „nicht son-
14*
212 MSbins
derlich verschieden von dem i und e im ahd. horin und
hören« (s. 143).
TAWIDO. Mangel des umlautes in TAW- (no.I,A
s. 40-^41) wie in DALIDUN (Tune, II), vgl. mit ahd.:
gizawet iz(XI. jahrh.), unfrawit von unfrawjan, qualit von
qualjan, sali! von saljan a. s.w. (VIII. jahrh.) und alts. sagit
und sagis. — W in TAW- wie in HLEWA- (no. XIV);
s. oben. — D, das sich zwischen vocalen unverändert e^
hält wie hier in TAWIDO und in DALIDUN (Tune,II),
WITADA- (Tune, I) und WODURIDE (Tune, I und II)
bezeugt vorwiegend ^goth. — altengl. — mittelengl.« Stand-
punkt (no. VI, s. 49 — 50), während im altn. d und p sich
zu p (tf) verschmolzen haben. — I, zusammengezogen aus
ursprüngl. AJA im praet. der germ. JA-klasse, zeigt sich
in TAWIDO DALIDUN (Tune, H), wie in „goth. sali-
dedun, ahd. salitun, alts. quelidun^ (no. IV, C), während
die übrigen german. sprachen es ausstofsen. — O in TA«
WIDO und in WORAHTO (Tune, I): feci, wird von
Munch und Bugge auch für das gothische als der ältere
vokal erklärt, an dessen stelle später a getreten; Gislason,
der diese tavido und worahto, gleich dem AI in PAIAB
(Istaby) = paer als formen rubricirt (no. XL VI), die dem
altnordischen sehr nahe zu stehen scheinen, ohne dooh sti
ihm ebenso wenig wie zu einer andern german. spräche
geradezu hingeführt werden zu können, weist zunächst dar-
auf hin, dafs ein goth. tavido = tavida : feci auch ein
tavido -tavida : fecit nach sich ziehen würde, indeoi -da
(do) ursprünglich ein starkes praeteritum ist (ved. dadhäy
skr. dadhäu), in sämmtlichen germanischen (ja indogerman«)
sprachen aber die 1. und 3. sg. ind. des starken praet. ein-
ander durchaus gleich sind ; wenn nun das altnordische im
charakteristischen gegensatze zu allen übrigen germ. sprachen
im schwachen, mit -da zusammengesetzten praet. die
1. und 3. sing, indic. differenzirt (1. orta: feci und orti:
fecit) und in Übereinstimmung hiermit auch auf den Runen
zwischen 1. (TAWIDO) WORAHTO (Tune, I): feci und
3. WORTA (Etelhem): fecit unterschieden werde, so sei,
meint Gislason, das a der 1. sing, conj., bez. optat. — wo
zur kenntnis der ältesten nmen. 213
es als Verkürzung des au etymologisch berechtigt sei —
io die 1 . sing. ind. gedrungen und dadurch derselbe unter-
schied der 1. und 3. sing., wie in den beiden conjunkti-
ven, bez. Optativen des praesens und des praeteritums, nun
auch im indicativ des scbw. praet. bewirkt worden (vergl.
1. elska : amem und 3. elski : amet, el&kaffa : amarem (und
amabam) und elskadi amaret (und amabat). Freilich, ob
überhaupt die conjunctive des praes. und praet. dieser ru-
nensprache in der 1 . sing, auf -o auslauteten , und wie
in diesem falle eben dies eigenthümliche o entstand, muls
noch unentschieden bleiben. Gegen Bugge's dynamische
erklärung von 1. -o und 3. -a, wonach der 1. pers. als sol-
cher ein gewichtigerer vocal zuertheilt worden (ähnlich
wie in olda und otJe), hält Gislason die umgekehrten fälle
von lat. ful und fult (erst später: fuit) und altn. set und
setr, wo die 3. pers. das lautliche übergewicht habe.
Was der spräche dieser inschriften nach Bugge's deu-
tung das gepräge eines so hohen alters verlieh und wo-
durch sie ein so besondres sprachhistorisches Interesse für
sich gewannen, waren vor allem die thematischen vocale,
die B. in den nominativen: HOLTINGilR (hörn), WIWilR
(Tune, I), HARABANilR und ERIL^R (Varmim), HAI-
TINilR (Tanum) und in den accusativen: HORNil (hörn),
STAINil (Tune, II) -WULAFil (Istaby) wahrzunehmen
und nachweisen zu können glaubte. Nicht einen dieser
vocale läfst Gislason als thematischen gelten ; er erklärt sie
sämmtlich als epenthetische und paragogische hilfsvokale.
Zunächst: wenn A in den nomm. HOLTINGAR u.s.w.
vermöge seiner berechtigten Stellung der alte, ächte stamm-
auslaut sein solle, könne dies mit demselben rechte vom u
im neuisländ. eldur und vom a im goth. stigeima gelten,
während doch jenes u, das erst seit dem 14. jahrh. einge-
schoben wurde, dem u im latein. focus ebenso wenig ent-
spreche, als das blos paragogische a dem altindischen a
an dieser stelle*). Ferner mOfste dann nicht dasselbe vom
*) Eine andere erklärung von diesem a ist oben XVIII, 832 gegeben.
Die red.
214 Mdbiui
A in ASLAK/iR auf spätem runeniDschriften oder gar im
pjufar des scbonischen gesetzes gelten? Sodann ist zu be-
denken, wie sehr häufig die älteren runen ein solches A zwi-
schen consonanten einschieben, namentlich wenn einer der-
selben eine liquida (L, R, N); hier nun erscheint das A
Oberall vor R, in HOLTINGAR stehe A zwischen nasal
(ng) und R, während combinationen wie — wr^ nr, Ir
(WIWR, HRABNR, HAITINR, ERILR) nordisch ganz
undenkbar seien. Endlich : welches mifsverhältnifs zwischen
dem hervortreten des alten themavocals und dem relativ
so jungen r =3 s, dem i = a (in HAIT/NAR) und dem
Sprachcharakter dieser inschriften überhaupt! — Ebenso
verhält es sich mit dem angeblichen themavokal in den
accusativen: STAINA u. s.w.; es vergleicht sich dem pa-
ragogischen a in goth. pata, allata, allana u. s. w. und er-
scheint einem sprachidiom ganz angemessen, das wie das
dieser inschriflen so weich war, dafs es selbst in lapidar-
schrift durch anwendung von hilfsvocalen die worte zer-
dehnte (udspilede), recht im gegensatz theils zum gothi-
schen, theils zum althochdeutschen. Dazu die analogie:
war einmal ein A in den nominativ durch epenthese ein-
gedrungen, blieb dasselbe auch im accusativ, so dafs
STAINil : STAIN^R = goth. stain : stains oder altn.
stein : steinn. Endlich erweist der Istabystein dies a als
einen sprachlichen parasiten dadurch, dafs er durch ver-
schiedene runenzeichen das urspröngliche A von dem hilfs-
vokal A unterscheidet; in WÜLAFA werden beide A durch
das letztere bezeichnet.
Doch selbst abgesehen von dem nichtvorhandensein
eines so wesentlichen kennzeichens hohen alters, wie es
die thematischen vokale sein worden, meint Gislason auch
im übrigen kaum vorgothische formen f&r die spräche
dieser inschriflen annehmen zu dürfen. Der mangel des
Umlautes, hätten wir ahd. und alts. denkmäler von 500
— 600, würde sich auch in diesen zeigen, wie er sich ja
ahd. und alts. in der that sporadisch noch in späteren Jahr-
hunderten zeigt. Viele worte und formen, dem gothischen
zwar am nächsten, zeigen gleichwohl ein jüngeres gepräge,
zur kenntnis der ttltesten nmen. 215
80 z. b. FINO kaum PINNO, sondero FINNO, ebenso
HARISÖ, welches letztere statt HARSO (eigentl. HARSJO
8. 97), wie WARITÜ statt WRITÜ ohnehin Zerstörung
zeige; ähnlich HALAIBAN = HLAIBAN. Die form
DOHTRIR sei doch offenbar auch jünger als goth. daiih-
tijus (goth. dauhtrjus : DOHTRIR = goth. sunjus : altn.
synir). Im allgemeinen — so lautet das gesammtergebnifs
8. 145 — scheint das idiom dieser inschriften weder deutsch,
noch nordisch zu sein, sondern zwischen beiden zu stehen,
doch mit stärker hervortretender nordischer seite. „Es
bat einem volke angehört, das im ström der zeit unterge-
gangen und von einer eindringenden völkerwoge überspült
worden, ein nahverwandter sprofs gothischer wurzel.^ Das
etymologische alter der inschriften (d. h. doch wohl: ihrer
innern sprachform nach) mag in die zeit zwischen Wulfila
und c. 700 fallen.
Kiel. Theodor Möbius.
Etymologien.
1. ödog.
Dafs man an zwei gleichbedeutende griechische wur-
zeln ^^, die eine sitzen, die andere geben, glauben soll,
ist eine lästige zumuthung. Da nun an ^ö sitzen niemand
zweifeln kann, so wird jenes andere iS^ das man aus oäog
herausgezogen und ihm eine familie zusammengesucht hat,
um seine berechtigung zu befragen sein. Um des ovdog
und ovSag willen würde niemand auf die bedeutung gehen
gefallen sein, ebenso wenig wegen des lat. solum, und noch
weniger konnte der umstand, dafs skr. ä-sad in die nähe
von etwas kommen, auf etwas stofsen — aber nicht ge-
ben — bedeutet, für ein zweites i8 beweisen. Und Cur-
tius wird bei weiterer Untersuchung dieses ä-sad, das zu
seiner n. 280 gehört, aus der gesellschaft in no. 281 gewifs
wieder herausziehen.
216 Roth
Ist aber odog^ der weg, wirklich der ort oder der theil
des bodens, auf welchem man geht? ist weg nicht viel all-
gemeiner die richtung, welche eingehalten wird, am von
einem punkt zum anderen zu gelangen? Duncan sagt 8»t.
itödf^ zu II. X, 274: atque ibi significatur simpliciter via qut
quis it, sive trita ea jam ab aliis fuerit, sive minus — also
ein weg, der kein weg ist — nam 1. c. ibant speculatores per
campum, nulla via trita; also die richtung, welche einer
einhält, um sein ziel zu erreichen. Daran schliefst sich
nicht nur der gebrauch beim Seefahrer, sondern auch die
bedeutung reise, das vorwärtskommen zum ziel hin, z. b.*
ineiyofievog nsg oöoio. Die wege der zeitcn, aus welchoi
das wort stammt, sind etwas anderes als die heutigen stra*
fsen. Wer nach dem weg fragte, dem wurde die gerade,
kürzeste richtung gewiesen, wie heute auf der beide; das
war sein weg: die richte.
Nehmen wir nun jenes zweite iS = i&^ mit verlust
der adspiration wegen des hauchs im anlaut, einer würzet
sadh entsprechend, so werden wir, glaube ich, auf diesen
begriff gef&hrt. Er liegt im sanskrit selbst nicht ganz auf
der Oberfläche, aber deutlich genug vor. Das adj. sädbn,
in welchem man nur die bedeutung vollkommen, recb^
schaffen, gut u. s. w. gesehen hat, heifst zunächst gerade,
sowohl am kürzesten zum ziel führend als schlicht; sein
gegensatz ist vrgina krumm, gewunden. Z. b. panth& s5r
dhu: gerader pfad Rv. II, 27, 6. X, 14, 10. superl. sädhi-
stha Rv. I, 58, 1. VII, 64, 3; jagnä naja ja^amänäja sft-
dhu, führe das opfer gerade, richtig VI, 15, 16; rgavö
sädhave VS. 37, 10 und so wird es von der richtigen be-
wegung auf dem gewiesenen weg gebraucht: jatha rtava
rtubhir janti sudhu, wie zeiten um zeiten richtig laufen Bt.
X, 18, 5; rtasja panthäm anv emi sädhujä gerade aus 66, 13;
jasja mä haritö rathe tisrö vahanti sädhujä führen mich
gerade aus, richtig zum ziel 33, 5. Daran schliefsen sich
die übrigen bedeutungen, welche hier nicht weiter zu ver^
folgen sind; und im einklang steht der gebrauch des Zeit-
worts sädh. Z. b. rodasi pathjä jäti sädhan, seine pfade
richtig durchlaufend Rv. VI, 66, 7 oder süktäja sädhajfi
etymologten. 217
patha: mach richtig (gerade und schlicht) die pfade dem
lied IX, 9, 8; jasja tvam ürdhyö adhvaraja tidthasi kdajad-
vlra: sa e&dhatö, der gelangt ans ziel, dem gelingt es VIII,
19, 10. I, 94, 2. Die bedeutungen glücklich beendigen,
▼ollenden u. s. w. fbgen sich auf das natürlichste an.
Die Torstellung also, welche die wz. sadh enthält, ist
die bewegung gerade aufs ziel. An sie auch i&v^ zu
knüpfen, dessen mit stldhu zusammenfallende bedeutung
dazu einlädt, wird in der that keinem bedenken unterliegen,
um so weniger, als der Übergang von sädh zu sidh auch
im Sanskrit vorhanden ist und das festbleiben der adspirate
mit dem abfall dos anlautenden hauches in richtiger bezie-
hung steht. Von lit-vi; aber wird ifiT--/«« nicht zu trennen
sein: ai Öi ftccTJjv TQrJQOiat niXeidatv tOiiaif' o^oiai II. V,
778 nicht: im gang den tauben ähnlich, denn, wenn sie
begierig sind den Achäern zu helfen und gefahr auf dem
Verzug ist, so wird der dichter die göttinnen nicht den
schritt der tauben trippeln lausen, sondern er wird sie, wie
die flugart dieses vogcls ist, in geradem strich auf ihr
ziel hinschirfsen lassen. Dafs im hymnus in Ap. Del. 114
diese stelle durch den beisatz noai ins plumpere geändert
ist, kann uns nicht hindern hier au das dahinfliegen zu
denken; ßuniv selbst steht nicht im wcge, wird ja von
Patroklos seele gesagt: i/^r/') d' kx ()e{H(ov ntauivi} /'hdogÖe
fteßrjyM.
2. f)i()i()g.
Ohne die vielfach erörterte frage über die namen von
morgen und morgenröthe und was damit zusammenhängt,
weiter berühren zu wollen, erlaube ich mir darauf hinzu-
weisen, dafs vom Standpunkt des sanskrit aus die wurzel
zu uäas und der ganzen sippe vas, praes. uUhati lautet und
nicht leuchten, noch weniger brennen u. dgl. bedeutet, son-
dern: hell werden vom anbrechenden tag, tagen. Da-
her liest man z. b. auKhat sa rätrl die nacht tagte Uv. V,
!U), M. Von dieser würzet stanmit durch Vermittlung einer
form *vasar, welche früh oder die frühe bedeutete (wozu
man mit M. Müller zeitschr. XIX, 44 usras und usri un-
218 Roth
mittelbar stellen kann), väsara. Dieses wort heilst Dioht,
wie man gewöhnlich annimmt, geradezu tag, sondern ist in
dieser bedeutung nur der späteren spräche bekannt. Im
Veda ist väsara adj. und heifst: früh erscheinend, morgend-
lich, ist also ganz rjegiog und von diesem wohl nur durch
das Suffix verschieden. Man vergleiche: pra na äjlTäi td-
nr ahäniva sürjö väsaräni setze unsere lebenszeit fort wie
die sonne die morgendlichen tage, d. h. die morgen, welche
die aufgehende sonne jedesmal wieder an den vorangehen-
den tag reiht Rv. VIU, 48, 7; gjötid pa^janti väsaram mor-
genglanz VIII, 6, 30. Endlich ganz nach griechischer art,
die wir nicht ebenso nachbilden können : dhenü na väsarlm
ä^ü duhanti man milkt ihn wie die kuh am morgen
I, 137, 3. Das neutr. dieses adj. heifst nun morgen, und
morgen wird in der folge für tag gebraucht.
Zu dieser wz. vas, mit ihrer fest umschriebenen engen
bedeutung, ist es, wie ich glaube, nicht möglich, fernerhin
iaria Vesta zu stellen.
3. oßtXog.
Der deutsche bratspiefs ist kein spiefs, sondern ein
spitz und das veru der Lateiner ist ebenso wenig eine
waffe, wie Corssen nachtr. 85 zeigt, sondern das harmlose
Werkzeug des kochenden. Auch ößsXog macht auf keine
andere Stellung anspruch. Und wenn wir etwaige ver-
wandte beider Wörter, die meines wissens noch nicht zu-
sammengestellt worden sind, so sehr die bedeutungsgleich-
heit darauf weist, aufsuchen wollen, dürfen wir nicht bei
den geren der Germanep, dem gaesum der Gallier oder
gar dem gae^u des iranischen beiden (von welchem übri-
gens niemand weifs, was es bedeutet) nachfragen zeitschr.
XII, 438. Ich versuche ihnen eine weit bescheidenere Stel-
lung nachzuweisen, indem ich sie zu skr. svaru stelle.
Allerdings ist der abfall des anlautenden s vor v Air
das latein in keinem anderen fall sicher erwiesen; die
spräche entledigt sich vielmehr des widerstrebenden anlauts
SV gewöhnlich in anderer weise, wie sonus soror u. a. zei-
gen. Gleichwohl darf, wie ich meine, in einem fall so evi-
etymologien. 219
denter Übereinstimmung der bedeutung, wie veru o/SsXog^
die annähme einer an sich nicht überraschenden unregel-
mäfsigkeit gewagt werden.
Was oßsXog betriffl;, so wird der Übergang ofsXog
ebenso anzunehmen sein, wie aj:eliog für die kretische form
aßehog.
Das altskr. svaru aber bezeichnet einen vom stamm
abgespaltenen span, nicht einen Splitter, sondern ein soli-
deres stück — denn solche svaru werden als pföhle in den
boden gesteckt — einen spelter, pfah], starken span. We-
ber handelt über dieses wort ind. stud. IX, 222, nur dürfen
wir die Specialbedeutung, die es im ritual hat, nicht för
die einzige und eigentliche halten. Ein solches abgespal-
tenes spitzes holzstück ist der natürliche bratspiefs. Nie-
mand wird glauben wollen, dafs die homerischen beiden
überall metallene bratenwender mitgeföhrt und bei ihren
improvisirten mahlzeiten gebraucht haben. Odysseus mit
seinen geführten würde schon eine erkleckliche zahl nöthig
gehabt haben. Sie machten es wohl, wenn auch in klei-
nerem mafsstab, wie bei Euripides der Kyklop (392), als
er sie selbst verspeiste:
er brannte spitze schäfte (oßekovg) vorn im feuer hart,
geglättet mit der hippe, doch aus dornenholz.
Wenn skr. svaru selbst nicht eben denjenigen span bezeich-
net, an welchem man brät — dafür ist ^üla der ausdruck — ,
sondern einen anderen beim thieropfer gebrauchten pfähl
und span, so stört das die vergleichung nicht.
Eine nur durch ausspräche verschiedene nebenform zu
oßeXog ist ößuXog — neben oßelog TTSfiTicißoXov^ neben dcoi-
ßoKov öiwßsXia — das metallene Stäbchen, das als münze
dient. Dafs auch das deutsche swir, seh wir pfähl Ben.-
Müll. s. V., Schmeller III, 547 in diese gesellschaft passen
könnte, möge wenigstens erwähnt sein.
Wenn ich mit dieser Zusammenstellung von svaru oße-
log nicht fehlgreife, wie verhält es sich dann mit svar-ja
(d- i. sürja) aßil-iog'i Die identität von Süija- Helios auf-
zuheben, erscheint mir ebenso bedenklich als Corssen
beitr. 386.
220 Roth
Die übliche vergleichung dieses worts mit skr. vänKh _
befriedigt nicht, sowohl wegen des schliefsenden consonaii- ■ ^
ten als auch weil vänkh ein der ältesten spräche unbekann-
tes wort ist. Es findet sich nur einmal im Rigveda in
einem der späten lieder des zehnten buchs, zweimal im
AV. und ist auch in den Brähmana (einmal im Qfinkh. Br.)
und Sütra nicht heimisch, so viel auch allenthalben ge-
wünscht wird. Es scheint ein abgeleitetes verbum zu sein,
etwa zu van begehren, mit der in silben die einen nasal
enthalten nicht seltenen dehnung (z. b. kram kränta, dhyänta
u. a.), also wie gakh zu gam u. s. w.
Dagegen schlage ich vor, ev^ einer wz. vagh gleichzu-
setzen, von welcher in den veden das bekannte vagh&t m.
herkommt, das die commentatoren unter die bezeichnungen
für weiser oder opferer zählen und von vah — vehere s. v.a.
zu den göttern bringen — abzuleiten pflegen. Genauer
bedeutet es denjenigen, welcher die heilige handlung unter-
nimmt, den gelobenden oder betenden, also evxdf^svog z. b.
hötärä ja väghatö vrnate adhvareSu den Agni, welchen
die anbetenden zum priester für ihr opfer wählen Bv. I,
58, 7.
Dieselbe wz. vagh könnte im lat. voveo für vogv-eo
enthalten sein , welches sich den bei Corssen beitr. 55 fgg.
angeführten fällen anreihen würde.
5. evvTj.
Denselben werth des ev = va, wie in evxofjiai^ sehe
ich in evvtj. Hätten wir den Ursprung dieses worts in evSa
zu suchen, so wäre nicht abzusehen, wefshalb nicht evdvfi
gebildet sein sollte. Regelmäfsig ist die bildung, wenn wir
evPTj einem vas-nä gleichsetzen ; a mufste nach griechischem
lautgesetz ausfallen. Zu derjenigen wz. vas, welche gewöhn-
lich mit wohnen übersetzt wird, aber genauer: sich aufhalten,
verweilen und zwar speciell sich über die nacht aufhalten,
übernachten bedeutet (z. b. vasann aranjänjäm im wald
etymologien. 221
übernachtend Rv. X, 146, 4, oder da^ö 'Sitvä — wo wegen
dieser besonderen bedeutung rätns nachte aasgelassen wer-
den konnte — nach zehnmaligem übernachten TS. III, 4,
10, 2) scheint mir auch evvi] zu gehören und demnach nicht
den ort zu bedeuten, wo man schläft, sondern wo man die
nacht zubringt. Daher besonders passend für das lager
des wildes. So bedeutet vas-ati f. im Veda vorzugsweise
das nest des vogels.
Zu dieser wurzel vas, bei Curtius n. 206, wird man
sich, nach dem oben bei riigiog gesagten, entschliefsen müs*
sen, auch Vesta ictia zu stellen, als die genie der heimath
nicht eine gottin leuchtenden feuers.
6. ov&og^ ov&ag*
Im wettlauf bei Patroklos leichenspiel II. XXIII, 775
geschieht dem kleineren Ajas das widerwärtige, dafs er
aasgleitet — denn Athene macht ihn straucheln — , da wo
der unrath {ov^og) der getödteten rinder lag (xi^^ro), und
den Achäern zum gelächter sich besudelt. Das ist nicht
fimus oder stercus, denn die rinder hatten dort nicht etwa
einen Standplatz, sondern der inhalt der gedärme, der
nach der Schlachtung bei reinigung des eingeweides dorthin
geschüttet war. Und es ist ein ungenauer gebrauch
späterer zeit, wenn z. b. Apollodor II, 5, 5, 2 das wort von
dem berühmt gewordenen mist gebraucht, welchen Herakles
an einem tag fortzuschaffen sich erbietet.
Mit ovi^oq m., später f., trifit nun in der bedeutung
zusammen das im älteren sanskrit häufige üvadhja (im AV.
auch übadhja geschrieben). Wir würden aber aus dem
sanskrit nicht sehen, welche Vorstellung dem üvadhja zu
gründe liegt, während das griechische uns über ov&og auf-
klärt, wenn wir von einer (ov&vlevfievrj Tsvö-ig einem far-
cirten fisch hören, oder die worte des komikers auf einen
gespreizten sicilischen geschichtschreiber lesen: na^vg wv-
ö^vXevfievog areari aixehxif^ breit und wohlgestopft mit si-
cilischem fett (talg, wie ein gemästeter ochse) Flut. Nie. 1 .
Und neben ov&vXevo) findet sich öfters fiov&vlevo) und ab-
222 Both
leituDgen davoD. Wir sehen aus allen diesen wörtera, die
vom ausstopfen, farciren gebraucht sind, vielleicht SEOgleioh
auch von derjenigen manipulation der küche, die man heate
spicken nennt, dais ^ov&'vXog oder *6vO^'vXr] das ftülsel,
welches der koch bereitet, op&og dasjenige fbUsel bedeutet,
womit die gedärme vollgestopft sind.
Die vermuthlich reduplicirte skr. form ü-vadh-ja deutet
auf eine wz. vadh kürzer udh. üp&' aber und fAovd-- mfis*
sen wir wohl aus^ai/i/- erklären; sie würden eine form mit
nasal vandh oder undh voraussetzen. Diese wurzel udli
undh enthielte die Vorstellung des vollgefüllt-, vollgepfropft*
seins.
Von ihr leite ich auch skr. üdhar, ov&ao über und
die anderen her als den vollgestopften, straffgefüllten be-
hälter. Von diesem über euter ein anderes über fruchtbar-
keit zu trennen und auf eine wz. edh zurückzufahren Zeit-
schrift X, 77, halte ich ebenso wenig fQr gerechtfertigt, als
ich für möglich halte durch irgend einen tropus von aber
euter auf die andere bedeutuug zu gelangen. Vielmehr
glaube ich, dafs wir in fertilis ubere campus oder über
glebae u. s. w. ein abstractum zu jenem concretum zu sehen
haben: mastigkeit, strotzende fülle des ackers. Colum. IV,
27, 5: er soll überflüssige triebe, auch angesetzte frflohte
ausbrechen, ut ubere suo gravatam vitem levet, um dem
weinstock, der unter seiner überfülle leidet, zu helfen. Das
adj. über, eris erledigt sich eben damit. In dem vereinzel-
ten ov&ctQ agovQtjg IL IX, 141 darf man wohl eine erinne-
rung an diese bedeutung, auch auf griechischem Sprachge-
biet, erkennen.
7. fiagTiTco.
Eine skr. wurzel vark varkate nehmen steht nur im
Dhätupätha, sonst nirgends eine spur von ihr. Aus wel-
chen nomina die grammatiker sie abstrahirt haben, wissen
wir nicht: sie würde weder vrka, noch varkara zureichend
erklären, da weder der wolf, noch das junge eines thien
nehmer oder empfänger sind; denn so — Sdftnö ^-
etymologien. 223
nicht mit fassen oder greifen sa packen, wird das wort
umschrieben. Darauf läfst sich also eine vergleichung von
fiagTiTb) nicht bauen Curtius n. 626. Warum wählt man
nicht lieber das ohnedies näher liegende marp? Die neben-
form ßgax stimmte ebenfalls. Und marp vereinigt die bei-
den bedeutungen, welche fiagntui einschliefst, das berühren
und das festfassen, packen, vgl. die Verbindungen mit anu
parä pari und die belege des Wörterbuchs. Dafs auch lat.
mnlceo und mulco zu dieser wurzel gehören, scheint allge-
mein angenommen zu sein.
8- fit&eog.
Zu dem viel besprochenen vidhavä wittwe ist von
Benfey im Sanskrit-EnglishDictionary s. v. zweifelnd r^t&eog
aufgeführt Dafs beide wirklich zusammengehören, stand
mir fest, aber das etymon fehlte. Beufey a. a. o. zerlegt
nach herkömmlicher weise in vi-dhavä, eine auffassung,
gegen welche wir schon im sanskrit-wörterbuch s. v. dhava
gesagt hatten, dafs eher dhava von vidhavä herkomme
als umgekehrt. Jetzt läfst sich zeigen, dafs vidh-ava
nicht vi-dhava zu verstehen ist und jenes von wz. vidh,
vindh herkommt, welche leer sein, mangeln einer sache
(instr.) also viduor (abl.) bedeutet; ajä vä vatsö mati-
bhir na vindhat6 mangelt nie der gebete Rv. VIII, 9, 6 ;
ja ukth^bhir na vindhatä Indra, welcher der anrufungen
nie entbehrt Välakh. lU, 3; oder mit einem acc. der be-
ziehung na vindhe asja suätuti ich werde seines lobs nie
leer Rv. I, 7, 7.
Die indischen erklärer, das Nirukta voran, haben die-
ses vindh immer gleich vind gefaüst und damit alles ver-
ständnifs jener stellen zerstört.
Ich glaube im Veda auch ein masc. vidhavä zu fin-
den in juvä vidhanta vidhaväm uruäjatha: Rv. X, 40, 8,
wo ein einfaches vidhantam nicht befriedigt, deshalb die
annähme einer metrischen dehnung -väm für -vam sich
empfiehlt: viduum cultorenu Die dehnung ist gerade in
dieser versstelle besonders motivirt und konnte von den
224 PaiiU
Verfassern des Padaputha um so eher verkannt werden,
weil das masc. des worts in der späteren spräche abge-
kommen ist.
Demnach ist vidh-ava wie vid-uus der — eines zage-
hörigen theils im besondern des gemabls — mangehide,
ytd-'Bog aber ist der ledige und die ledige, enthUt also
dieselbe anschauung des mangelnden correlats. Da die
formen so vollständig zusammenstimmen als sich nur wün-
schen läfst, so ist an der Identität beider Wörter nicht mehr
zu zweifeln.
Nun wird auch ganz deutlich, wie goth. viduvaima
verwaist bedeutet, und vermuthlich wird waise selbst, sammt
mhd. weise d. i: entbehrend, beraubt derselben wurzel sich
anreihen lassen.
Tübingen, im februar 1870. B. Roth.
Welche beweiskraft hat das verbum possum fllrdie entstehang der ver-
balendangen aus hilfsverben? von dr. H. Merguet (programm der
höheren bUrgerschulc zu Gumbinnen 1869). 4. 10 bs.
In obiger abhandlung unterwirft der Verfasser die
von Bopp angestellte, von Corssen vertheidigte be-
hauptung, das lateinische perfectum auf -ui, -vi sei ans
fui herzuleiten, einer eingehenden prQfung, insofern er
den hauptgrund für diese ansieht, dafs nämlich potai
aus p o t f u i entstanden sei , als irrig nachzuweisen
sucht. Zu dem ende giebt er zunächst aus der älteren
latinität, vornehmlich aus dem corpus inscr.; Plautus, Te-
renz, Lucrez und Lucilius, eine sehr reiche Zusammenstel-
lung der stellen, in denen formen, wie potesset, potia-
sum, potis es oder blofses potis, pote mit weggelas-
sener copula die entstehung der praesentischen formen von
possum aus potissum durch spätere contraction unwi-
derleglich darthun. Den aufgeführten 128 praesentischen
formen dieser art steht eine einzige perfectische, pote
fuisset bei Terenz Phorm. 535, gegenüber, sonst beifst
anzeigen. 225
das perfectum durchweg potui. Mit recht schliefst Mer-
guet hieraus, dafs pote fuisset „bei seiner Vereinzelung
und späten zeit^ „nur als äufserliche naehbildung des un-
verbundenen praesens^ anzusehen sei. Ist das der fall, so
ergiebt sich potui als ältere bildung, die schon vorhan-
den war, als das praesens aus potis und sum sich erst
bildete; „dann aber ist es selbstverständlich unrichtig, den
beweis für die entstehung von potui aus pote fui darin
zu sehen, dafs das jüngere praesens aus pote und sum
zusammengesetzt ist^. Gegen diesen schlufs wird sich um
so weniger etwas einwenden lassen, als, wie auch Merguet
anführt, die herleitung von potui aus potfui grofse laut-
liche Schwierigkeiten darbietet, indem aus letzterem doch
nur poffui hätte werden können. Die annähme einer mit-
telstufe, -hui für -fui, wie sie bei Corssen (krit. beitr. 229)
sich findet, wird schwerlich viele anhänger finden, da es
unklar bleibt, wie man sich diesen Übergang denken solle,
ob derselbe stattgefunden haben soll, als man noch ge-
trenntes pote fui, oder, als man schon verschmol-
zenes potefui oder vielleicht gar potfui sprach. Er-
steres hätte die bekannte analogie von fordeum, hor-
deum u. s. w. für sich, ist aber deshalb unwahrscheinlich,
weil die wurzel bhü im lateinischen anlautend stets ihr f
wahrt. Letzteres hätte scheinbar eine stütze an mihi, des-
sen inlautendes h ja allerdings aus altem bh entstanden
sein wird, dann aber, wie skr. mahjam, umbr. mehe be-
weisen, in uralter, voritalischer zeit. Diesen alten Vorgang
aber als beweis geltend zu machen für eine ganz andere,
nämlich schon speciell lateinische periode, da umbrische
formen, wie pihafei, noch das f zeigen^ ist unstatthaft.
Oder soll nun etwa, was freilich Schleicher comp.* 250
annimmt, der Corssenschen hypothese zu liebe, in skr.
mahjam, lat. mihi, umbr. mehe das bh in jeder spräche
gesondert zu h geworden sein? Wunderbares spiel des Zu-
falls das! Es kann daher meines erachtens der negative
beweis, dafs potui nicht aus pote fui verschmolzen sei,
aus lautlichen sowohl, wie chronologischen gründen, als
von Merguet erbracht angesehen werden. Im zweiten theile
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 8. 15
226 Pauli
der arbeit legt nun der verf. seine positive ansieht fiber
die form potui dar. Dieselbe ist kurz folgende: Es giebt
ein altes verbum potio, -ivi und compotio, -ivi „in
die gewalt bringen^, erhalten in acht stellen der älteren
latinität; zu potivi ist potui nebenform, wie sapui zu
sapivi u. ä.; dies alte potio hat auch die bedeutong
„können^, wie das osk. potians, potiad zeige, welche
formen formal = potiant, potiat, der bedeutung nach
= possint, possit seien; potens sei gleichfalls nur von
potio abzuleiten, wie parens von pario, von potis
sum würde es possens heifsen müssen, da es ab-sens,
prae-sens heifse; der unterschied in der conjugation sei
unerheblich, da ein schwanken zwischen dritter und vierter
conjugation bei verben auf -io öfter sich finde. Auch die*
sen positiven aufstellungen Merguets wird man im ganzen
beistimmen müssen, doch scheint es mir sicherer, das ver-
bum der dritten von dem der vierten zu trennen und fol-
gende anordnung der formen aufzustellen:
1) potio, potui, potere „können^, wozu potens
und die oskischen formen gehören und welches gleich skr.
patjate „mächtig sein^ ist; dies ist directes wurzelverb;
2) potio, potivi, potire und compotio, com-
potivi, compotire „theilhaftig machen^ ergeben sieh
durch ihre construction c. acc. pers. gen. rei als ableitan-
gen eines adjecti vischen potis, e und compo(ti)8, e
„theilhaftig^, deren letzteres bekanntlich noch vorhan-
den ist;
3) potior, potitus sum, potiri „sich zum berrn
machen^ könnte als medium zu no. 2 gehören und bedeu-
ten „sich theilhaftig machen^, doch die construction mit
dem abl. rei scheidet es davon, und deshalb halte ich es
für ableitung vom subst. potis „herr^ = skr. pätis u.s. w.,
gebildet wie sortier, partior; wenn jedoch in rerum
potiri der rest einer älteren constructiousweise vorliegen
sollte, dann ist es wohl sicher zu no. 2 zu ziehen; dazu
kommt dann das neugebildete
4) potis sum, esse „mächtig sein, können^.
Zum Schlüsse erörtert Merguet noch die frage, was
anzeigen. 227
das iu possum steckende potis, pote sei. Gegen Cors-
sen, der potius darin finden will, erklärt er, gestütztauf
die nachrichten der alten selbst und auf unzweifelhafte
tbatsaehen, die formen fQr einfach adjectivische , wie le-
vis, -e. Auch diesen beweis halte ich fQr erbracht, doch
scheint mir das verhältnifs von pote zu potis eher das
blofser lautabstufung, wie in amabere u.a., während Mer-
guet eine mischung des masc.-fem. mit dem neutrum an-
nimmt. Der thatbestand ist der, dafs in den vorliegenden
beispielen potis, pote ohne unterschied der geschlechter
durch einander gehn. Doch pflegt sonst bei dergleichen
versteinerten Verbindungen nur eine form obzusiegen, hier
dann das masc.-fem. im singular, wie der fall für den plu-
ral ähnlich in am amini liegt. Der bedeutung gemäfs
„mächtig sein^, von der wir doch ausgehn müssen, wer-
den ohnehin die masc- fem.- formen gegenüber den neutra-
len von vorn herein der zahl nach überwogen haben. Doch
mag das immerhin mehr «ache des persönlichen dafürhal-
tens sein; möglich ist natürlich auch die ansieht Merguets.
So scheide ich denn mit bestem danke von dem Verfasser
für diese, wenn auch kleine, doch werth volle gäbe. Ich
darf es wohl schon hier verratheu, dafs das erscheinen
einer gröfseren arbeit des verf. über „die entwickelung der
lateinischen formenbildung" bevorsteht, der man nach vor-
liegender probe mit den besten hoffiiungen entgegensehen
darf.
Münden, den 31. october 1869. Dr. Carl Pauli.
Versuch einer lautlehrc der oskischen spräche. Von H. Bruppacher.
Zürich, bei S. Höhr 1869. 98 ss.
Diese schrift, eine doctordissertation , stellt sich die
aufgäbe, was bisanhin auf dem gebiete der oskischen laute
geleistet ist, unter sprachwissenschaftlichen gesichtspunkten
zusammenzufassen. Sie kommt damit unzweifelhaft den
wünschen vieler historiker und Sprachforscher entgegen,
15*
228 Schweizer-Sidler
und noch vollkommener werden diese befriedigt sein, wenn
der verf. sieb entschliefst auch die übrigen theile der os-
kischen grammatik in ähnlicher weise zu behandeln und
zuletzt die oskischen denkmale saramt einem glossar bei-
zufügen.
Wir haben alle Ursache mit der vorliegenden arbeit
im ganzen zufrieden zu sein. Herr Br. verräth eine klare
einsieht in das indogermanische spraehleben Überhaupt und
in die italischen sprachen insbesondere; er weifs demnach
die zerstreuten einzelforschungen mit gesundem urtheile zu
verwerthen und methodisch zu ordnen. Dafs noch vei^
vollständigung und hie und da andere fassung und oor-
rectur möglich und wünsehbar ist, ist zumal bei einer erst-
lingsarbeit sehr begreiflich. Mit wenigen bemerkungen
wollen wir zu beweisen suchen, dafs unsre da gethane fta-
fserung nicht grundlos ist und zugleich dem jungen ver*
fasser unser interesse an seiner leistung bekunden. Gleich
im ersten paragraphen hätten als erste bewährtere publi-
catiou der denkmale Lepsius^ inscriptiones Umbrioae et
Oscae quotquot adhuc repertae sunt omnes, Lipsiae 1841
aufgeführt werden sollen, und wiederum wurden dieselben
möglichst vollständig mitgetheilt in Fabret ti 's glossariam
Italicum; Aug. Taurin. 1867. Niemand wird wohl bestrei-
ten, dafs Corssen unter den erklärern dieser denkmale her-
vorrage; aber aufser Mommsen und Corssen haben ft&r die
diesfallige interpretation und für erkenntnifs der spracb-
formen zunächst Kirchhoff, Aufrecht, Bugge, Lange,
Bbel bedeutendes geleistet, wie denn namentlich Kirch-
hoffs abhandlung über die Bantinisehe tafel eine meister»
hafte Untersuchung bietet, sein aufsatz in der allgemeinen
monat^chrift für die eharakteriesirung des oskischen recht
wichtig ist. Neben den aufgeführten sind aber von Deut-
schen noch zu nennen G. Curtius und Stier, wenn
wir die andern, welche in der Zeitschrift für alter-
thumswissenschaft in dieser richtung thätig gewesen
sind, übergehen wollen. Weniger ersprielsliches haben
bisanhin die Italiäner auf dem felde der nichtlateinisohen
italischen dialekte zu tage gefördert; immerhin ver-
anzeigen. 229
dient Fabretti, welchem die deutschen forschungen nicht
unbekannt sind, wenn er sich auch mit ihrer methode erst
allmählich vertraut macht und den phantasien seiner geist-
reichen landsleute noch zu viel rechnung trägt, auch hier
erwähnung; in Ascolis arbeiten spüren wir es wohl, dafs
dieser scharfsinnige und streng wissenschaftliche gelehrte
sieb ebenfalls mit dem oskischen idiome beschäftigt, und
wir werden nächstens in seinen lichtvollen Vorlesungen über
fonologia comparata, welche nicht ohne grofsen einflufs
auf Italien sein können, noch sprechendere beweise dafür
finden. — Ob der Franzose Rabaste, de la langue osque
d'apres les inscriptions. Renne 1865 in die reihe der eben
genannten hineingebort, können wir nicht beurtheilen, da
wir nur den titel der schrift kennen. Nicht ganz zutref-
fend ist es, wenn herr Br. auf derselben seite sagt,
dafs die ältesten inschriften sämmtlich in griechischen
münzlegenden bestehen, es lagen ihm wohl, als er
dieses schrieb, die neuesten hefte dieser Zeitschrift noch
nicht vor. Uebrigens ist eine genauere Chronologie der
denkmale doch auch für die spräche keineswegs un-
wichtig, und wir meinen, darauf habe herr Br. bei einer
anfälligen revision seiner schrift noch schärfer zu ach-
ten. Corssen hat verschiedentlich auf unterschiede in der
schriftlichen darstellung und in den formen selbst auf-
merksam gemacht, die zeitliche und nicht örtliche unter-
schiede sind. In §. 2 mufste mit einem worte das be-
stimmte unter den griechischen alphabeten genannt wer-
den, aus welchem das oskische stammt; durch Kirch-
hoflf ist dieses ja bis zur evidenz erwiesen. In der laut-
tafel sind r und 1 nicht richtig unter die dentale ge-
bracht. S. 10 wird ana des sanskrit ein druckfehler für
ann sein, wie denn überhaupt auch nicht gleichgiltige
druckfehler in der schrift nicht zu den Seltenheiten gehö-
ren (s. 17 dant-am statt danta-m, da dant jedenfalls
im acc. sing, nicht vorkommt; hier scheint aber nach dem
zusammenlv^ange ein wirkliches versehen des Verfassers vorzu-
liegen; testarc für testari p. 15, „vogel" s. 52, die-
culum statt dieculus s. 54, metikatud s. 58, has statt
230 Schweizer-Sidler
pas 8. 61 u. 8. f.). Die formen angit und anget wftren
als solche besser nicht aufgeführt worden : ersteres ist nur
an einer sehr lückenhaften stelle vielleicht zn finden,
letzteres ist sicher mit dem folgenden worte zusammen-
zunehmen (angetuzet). Ob akenei gleich lat. anno
sei, ist sehr zweifelhaft und lautlich kaum überzeugend zu
beweisen; die herleitung Corssens, beitrage 316, ist nach
allen Seiten begründet. Wenn der verf. skr. sa, sam mit
griech. ^w, xvv-j cvv^ lat. com, con vereinigt, so kommt
er. da wieder auf einen sehr bestrittenen fall und kann
sich unter den wissenschaftlichen Sprachforschern wohl nur
auf Savelsberg berufen. Unter den bisherigen dentungea
von |t;r, com ist immerhin diejenige aus säkäm, welche
jüngst wieder W. Scherer anläfslich des deutschen ga als
sicher hingestellt hat, lautlich am ehesten zu begründen;
freilich dürfen wir uns dabei nicht verhehlen, dafs jenes
alte sanskritwort ein compositum zu sein scheint und in
dem falle ä nicht steigerungsvokal, sondern durch mecha-
nische zusammenrückung entstanden ist. Die trübung von
au in ö werden wir in dem worte öla = aula anerken-
nen müssen, nur sind öla und öUa wohl nicht erst aas
aulula entstanden. Dafs in ekak, lat. enim, osk. inim
etc. e, i für altes a stehen sollen, können wir nicht recht
glauben, sehen vielmehr, wie fast alle forscher, darin einen
getrübten, schliefslich auch verkürzten Steigerungsdiphthong,
wie er sich ganz deutlich in den skr. eka, ä§a, ßna etc.
repräsentiert. Die trübung von i zu e ist in einigen f&llen
auch auf italischem Sprachgebiete unläugbare thatsacbe;
aber dieselbe ist eine beschränkte und bedingte, was in
unserer schrift nicht genau genug bestimmt ist. Gerech-
ten Widerspruch wird der verf. finden, wenn er s. 24 be-
hauptet, im altlateinischen bezeichne ei oft den mittellant
zwischen e und i; oder dürfen wir etwa die kürzezeichen
nur als druckfehler ansehen ? Der abschnitt über 1 möchte
noch besonders der revision bedürfen, und wir sähen es
vorzüglich hier gerne, wenn die sämmtlichen f&Ue sei-
nes Vorkommens in geordneter übersieht vorgeführt wür-
den. Stiers ansieht über den laut verdiente dabei prü-
anzeigen. 231
fiing und, wenn Zurückweisung, eine begründete. Sehr
wahr ist (s. 35), dafs das locative i im sanskrit kurz ist,
aber unrichtig, dafs dieses auch für die italischen sprachen
in allen fällen angenommen werden müsse: SicyonI,
li.acedaemoni sind keine ablative, es sind locative, in
denen die i-deklination wie im ablativus unberechtigten
einflufs geübt hat. Nur noch eine einzelheit aus der lehre
über die consonanten sei herausgegriffen. S. 67 durfte der
▼erf. gar nicht daran denken, h aus g entstehen zu lassen;
ist ja gerade das dem oskischen eigenthümlich, dafs es
auch inmitten des wortes die spirans an stelle der alten
af&icata bietet.
Zürich. H. Schweizer-Sidler.
Weih rieh, Fr., de gradibus comparationis linguarum Sanscritae, Graecae,
Latinae, Gothicae. Gissae 1869.
Eine sehr gediegene und mit vollstem rechte gekrönte
preisschrift. Der verf. geht zunächst darauf aus das we-
sen der comparationsformen zu bestimmen, und nachdem er
ihren localen Ursprung gefunden, die weitere entwickelung
ihrer Verwendung zu verfolgen. Er bestimmt schliefslich
die comparatio als eine derivata und declinata, in-
dem er den Übergang von der erstem zur zweiten durch
die comparatio anomala macht. Dann werden gebrauch
und form der comparatio — den ausdruck Steigerung
vermeiden wir flissentlich — einläfslich behandelt. In dem
abschnitt vom gebrauche der comparationsformen kommt
naturgemäfs auch die art und weise zur spräche, wie der
gegenständ, mit dem verglichen wird, in den hier berück-
sichtigten idiomen eingeführt ist. Aber aufser der erklä-
rung aller wesentlichen erscheinungen unter den angeführ- .
ten gesichtspunkten sind auch manche einzelne deutungen
hervorzuheben, die freilich nicht alle gleich schlagend sind,
immer aber von Scharfsinn und methodischem verfahren
zeugen. S. 18 redet W. mit unrecht von einem verbal-
232 Scllweizel^Sidler
stamm id-vv und sohr zweifelhaft ist denn doch die an-
nähme, plenus und plcrusque (nicht nur plerique)
seien durch das suffix (?) aja (?) hindurch von wz. pla
abgeleitet. Nicht so ganz sicher sind auch alle auf s. 19
besprochenen sanskritischen comparativformen von substim-
tiven hergeleitet, z. b. prejas, du:khatara, neben wel-
chem ja ein adject. du:kha existirt. S. 22 ff. sind die
merkwürdigen latein. formen setius und diütius behan-
delt und werden hier nach Vorgang von Lange* als com-
parative von s^t und diüt erklärt. So ansprechend die^e
deutung scheint, so hat sie doch ihre häkchen. Einmal
läfst sich die form sectius für setius kaum ohne weite-
res wegräumen, und zweitens hatte die endung des latei-
nischen ablatives -d. Wenn W. die form sei für älter
denn sed hält, so hat er nicht beachtet, was Kitsohl in
seinem programme über den tit. Alatrinatium p. 1 sq. sagt:
Id tarnen (ADque) ne forte antique scriptum pro atque
putes — , vel illud satis monere potest, quod testibus mo-
numcntis non magis antiquior aetas in coniunctione ADQVE
scripturam, quam contrariam in AT praepositione vel AP VT
SET IIAVT cet. vocibus novit. Ut, qui Bentlei exemplo
has formas libris suadentibus in Plauto atque Terentio
probant, faciant id quidem non sine aliqua ratione, sed
tarnen ipsorum poctarum manum nequaquam redintegrent,
verum grammaticorum discipliuam sequantur liberae
reipublicae temporibus recentiorem. Diütius
setzt ein diutus voraus, setius ist noch nicht bis zur
evidenz erklärt. Recht in&tructiv ist der abschnitt unserer
Schrift, welcher die formen aufführt und erläutert, in denen
die gegenstände, mit welchen verglichen wird, auftreten.
Einiges hier unerklärt gelassene kann wohl doch erklftrt
werden, wie goth. thau und grioch. /;. Dafs letzteres von
Schömann falsch einem // gleichgesetzt werde, zeigt doch
deutlich schon seine griechische nobenform. Gerne hätten
wir hier den verf. auf germanischem gebiete über das go-
thische liinaus^ohon sehen, da schon das althochdeutsche
und dann die volksJialekte hübsches material darreichen.
Der sanskritische g(4ietiv in solehem gebrauche ist jedes-
anzeigen. 233
falls sehr selten und möchte im augefährten falle auf eine
bestimmte analogie, wo ein genetivus partitivus anzuneh-
men ist, zurückzufahren sein. Im griech. genetivus liegt
an und für sich, wie im genetivus überhaupt, nichts sepa-
ratives; wir wollen aber nicht läugnen, dafs seine Verwen-
dung beim comparativus aus dem mischcasus genitiv-abla-
tiv gedeutet werden kann. Uebrigens verdient es gesagt
zu werden, dafs schon Billroth in seiner eigenen
ausgäbe der lateinischen grammatik, welche nachher (um
sie praktischer zu machen?) durch andre bände verschlech-
tert worden ist, (s. 215) den lat. ablativ beim comparativ
auch mit Zuziehung einer hebräischen analogie ebenso er-
klärt hat, wie mit andern der verfassen
Der zweite haupt abschnitt der schrift handelt über die
formation der gradausdrücke. Es nimmt der verf. neben
Suffix l-jas, -jas für den comparativus ein einfacheres
*lja, -ja an und deutet so scharfsinnig und einleuchtend
manche localadjeetiva in den von ihm verglichenen spra-
chen. Auf ein solches -ija, -ja haben auch schon andere
forscher aufmerksam gemacht, was herr W. offenbar über-
sehen hat, so Benfey und besonders Kuhn, beitr. I, 267 ff. ;
es haben aber diese, und wirklich nicht ohne guten grund,
Verstümmelung aus ijas, -jas angenommen. Was die
etymologie dieses letztern Suffixes betrifft, so ist sie aller-
dings, wiewohl Scherer jüngst die von Benfey gegebene
ohne weiteres als die wahre hingestellt hat, nicht evident
nachgewiesen; aber den einwand gegen das bisher vorge-
brachte möchten wir nicht unbedingt gelten lassen, dafs
das lateinische und deutsche r bewiese, es könne jenes s
nicht aus t hervorgegangen sein. Physiologisch liegt doch
da kein hindernis vor, und wir wenigstens sind noch im-
mer überzeugt, dafs die neutra auf -as, die im lateini-
schen als -US, -öris, im deutschen in der form -ir er-
scheinen, aus formen auf -at hervorgegangen seien. Recht
dankenswerth sind die nun folgenden, nach bestimmten
wissenschaftlichen gesichtspunkten geordneten Verzeichnisse
der formen auf -ijas, -/wi^, -ior, -oza, -iza u. s. f., und
es möchte darin nur weniges anders zu bestimmen sein.
234 Schweizcr-Sidler
Warum dem comp, gjftjas der stamm gjä in der bedeu-
tung senescerc zu gründe gelegt wird, sehen wir nicht
ein; ned ist mindestens eine secundäre wurzel; r^ heifst
nicht firm um esse; warum ist dem pata nicht lieber
pat „zerreifsen" zu gründe gelegt? Unrichtig wird 8.67
mindestens das sein, dafs neben dger/jj ars auch ar-beü
als völlig gleichwurzelig hingestellt ist. Dafs p^jor, pes-
simus von wz. pl kommen, ist nicht ausgemacht; vergl.
Pauli zeitschr. XVIII, 35. Ist sequior neben 86tior si-
cher? Geschickt erschlossen ist aus dem verhalten des la-
teinischen ein plov-, plev- (s. 69), aber gesichert ist es
so wenig als öquior für öcior, da oquior und ple-
vior, plovior trotz dem echt lateinischen gepräge nir-
gend vorkommen, und warum sollten nicht auch in dieser
Sprache ältere und jüngere formationen statuiert werden
dürfen? lieber solche zweifei und fragen hinweg, die leicht
sich vermehren liefsen, wenden wir uns zu den zusammen-
gesetzten Steigerungssuffixen. Der verf. will lateinisches
-tum US -timus nur für Superlative gelten lassen, die von
Substantiven und von ortsbestimmenden ausdrücken, welche
ihren comparativus auf -tero gestalten, gebildet sind. Die
von Substantiven herkommenden Wörter der art sind fQr
das lateinische charakteristisch und können, wenn wir wei-
tere ableitungen berücksichtigen, noch vermehrt werden,
oder sollten sich nicht auch verba, wie aestumare, von
hier aus deuten lassen? Auch wir haben an die hier vorge-
brachte erklärung von opitumus, optimus gedacht und
uns nur gefragt, ob nicht auch ein superlativus von api,
ä7it\ ob darin vorliegen könnte. Kühn und nicht annehm-
bar ist die s. 79 gegebene deutung von prope aus pro
mit dem enklitischen -que. Aber, um unsere anzeige
nicht zu ausführlich werden zu lassen, gehen wir schließ-
lich nur noch darauf ein, wie der verf. die endung -samns
-simus, welche er von -timus trennt, erklärt wissen will.
Er sieht darin ein -is-ma auf ähnliche weise aus dem
comparativischen -is mit dem superlativischen -ma com-
ponirt, wie -ista aus -is und superlativischem -ta. Ans
-ismo sei dann einerseits -isumo, -issumo, andrerseits
anzeigen. 235
-sumo geworden, dessen s sich in einigen fällen voraus-
gebendem 1, r assimilirt habe, in plurimus aber in r
übergegangen sei. Diese ansiebt ist, wir läugnen es nicht,
mit grofsem Scharfsinn durchgeführt, aber scheint uns denn
doch nicht unumstöfsHch erwiesen. Die lateinischen for-
men mit einfachem s aus einer zeit, wo überhaupt noch
nicht geminiert ward, haben natürlich für diese frage keine
bedeutung. Das s des comparativs ist offenbar ein wei-
ches s und soll doch in dem einzigen plurimus r ge-
worden sein, im übrigen sich erst geschärft haben, ein
lautlicher Vorgang, der sonst kaum vorkommt, während
umgekehrt erweichung recht häufig ist. Am meisten könnte
für den Verfasser das sprechen, dafs rs und Is zwar nicht
ganz selten in rr, 11 übergehen, nicht aber It und rt.
Doch für das erstere scheint ein beispiel zu bestehen; in
mellis für meltis, kaum für melvis. Sehr schnell geht
herr W. über supremus u.a. hinweg; was die verglei-
chung decerno, decrevi zu deren auf hellung beitrage,
sehen wir nicht ein. Zum Schlüsse sprechen wir übrigens
gerne noch einmal dem herrn verf unsre vollste anerken-
nung aus.
Zürich. H. Schweizer-Sidler.
De linguae latinae vocabulis compositis. Scr. Paulus Uhdolf. Vratisla
viae 1868.
ist der titel einer weitern sehr gelehrten und scharfsinni-
gen doctordissertation , durch welche wir in der erkennt-
nifs der composition überhaupt und der lateinischen ins-
besondere in der that um ein schönes stück weiter kom-
men. Wir bedauern es aufrichtig, dafs es äufsere um-
stände dem tüchtigen Verfasser versagten, den stoff, wel-
chen er im ganzen umfange durch- und ausgearbeitet hat,
auch in seinem ganzen umfange mitzutheilen, meinen aber,
es sollte nicht schwierig für ihn sein einen Verleger zu
finden, der eine so hübsche und nach mehrern Seiten
23G Schwüizor-Sidler
hin werthvolle arbeit übernähme. Bei der veröffentlichuDg
des ganzen, welcher wir mit verlangen entgegen sehen,
würden wir herrn U. rathen, sieh der deutschen spräche
zu bedienen. Wenn auch sein latein durchaus nicht schlecht
ist, so wird er doch nicht läugnen, dafs ihn die fremde
Sprache bei echt deutscher behandlung der sache mehr^
fach hemmen mufste.
Nach einer einleitung, in welcher der verf. uns er-
zählt, was er uns geben könnte und auf den wesentlichen
unterschied des lateinischen vom griechischen und deut-
schen auf diesem gebiete aufmerksam macht, namentlich
der im lateinischen recht seltenen, im deutschen so häu-
figen elliptischen (?) composition gedenkt, spricht er im
ersten capitel von der Wortbildung im allgemeinen.
Läfst sich auch über manches hier vorgebrachte streiten,
manches ist offenbar gegen frühere erklärungen von man-
nern, wie Corsseii und Justi, richtiger dargestellt; so die
inversa compositio pag. 20, so die bildung der adjective
beneficus, malevolus, der substantiva wie benefi-
cium u. s. £ Wir können auch das nicht mit Corssen
gegen Ritschi annehmen, dafs hier die formen mit i die
ursprünglichem gewesen. Was aber die anm. 22 aufge-
führten largifluus, alticinctus anbetrifft, so fällt es
uns schwer alti- aus alte, largi aus largä verkürzt
sein zu lassen, und wir werden hier vielmehr verbale ad-
verbial gebrauchte accusative voraussetzen müssen. Von
verfehltem führen wir nur die anm. 13 auf, wo auch die
Wörter cubare, secare, crepare, sonare, lavare mit
däre und stare zu den wurzelverba gezählt werden und
dergl. Das zweite capitel umfafst nun die nomina com-
posita, welche der verf. in comp, determinativa, in
comp, regiminis und possessiva (oder attributiva
oder relativa) eintheilt. Mit Scharfsinn weist er die an-
nähme von dvandvacompositen im sinne der sanskritischen
dvandva für das griechische, lateinische und deutsche zu-
rück. Auf s. 51 schliefst er diese frage so ab: discrimen,
quo Indorum compositio copulativa discrepat a Graeoa
Latinaque, in ea re positum est, quod verborum copula-
anzeigen. 237
tionibus, quas Graeci ac Romani fingunt, antecedit rerum
ipsarum a natura copulatio — : Sanscrita compositio indi-
cat duas vel plures res separatas ita, ut hominis voluntas
aut iudicium eas aliqua unitate intellectas velit etc. Von
der determiDativcomposition nimmt der verf. die Zusam-
mensetzung von undeclini erbaren partikeln mit nomina aus.
DafOr sind wohl die gründe kaum zureichend. Unbestreit-
bar ist der satz, dafs in den compositis aus adjectiven mit
Substantiven immer das verhältnifs der inhäreuz stattfinde,
und ebenso richtig macht herr U. gegen Justi und Düntzer
geltend, dafs die determinativen composita im lateinischen
verhältnirsmäfsig selten seien. Das lateinische übt häufiger
die nebeneinanderstellung der flectierten Wörter, braucht
oft das sogenannte hendiaduin u. dgl. Ausführlicher sind
dann blos noch die compos. regiminis behandelt, die com-
positio possessiva ist blos eingeleitet, und die verbalcompo-
sition fehlt ganz. Wir schliefsen die kurze anzeige mit
dem wünsche, mit dem wir sie begonnen haben, dafs es
dem verf., der mit echt philosophischem geiste das reiche
material, das ihm hier zu geböte gestanden, durchdrungen
hat und schon zu grofser reife gelangt ist, gelingen möge
seine arbeit vollständig zu veröffentlichen. Solche anmer-
kungen aber, wie 99. In Justii libro scriptum est v. essicA;
hoc ch utrum lapsus typographi genuerit an nova ortho-
graphia, diiudicare non audio dürfen dann wegbleiben,
da sie zwar der behandlung der lateinischen composi-
tion nicht schaden, aber beweisen, dafs der verf. in der
historischen kenntnis der muttersprache nicht eben
sehr weit ist.
Zürich. H. Seh weizer-Sidler.
Illustrazioni filologico-comparative alla grammatica greca del dott. G. Cur-
tius — tradotte del Tedesco e corredate di un proemio etc. — per
cura del dott. F. Gh. Fumi. Napoli 1868. CI und 261 ss.
Fumi gehört zu den nun doch nicht mehr ganz sel-
tenen Italiänern (p. XIX), welche die wissenschaftliche
238 Schweizer-Sidler
Sprachforschung, diese schöne frucht deutschen geistes,
ihren landsleuten zugänglich zu machen aufs eifrigste be-
strebt sind und deren sichern ergebnissen, so weit das im-
mer möglich ist, auch in den schulen Italiens wohnung zn
bereiten trachten. Längst ist die treffliche griech. gram-
matik von Curtius auch ins italiäniscbe übersetzt, und
Fumi fand es nun recht am platze auch die gehaltreicheu
erläuterungen, welche Curtius zur wegleitung für lehrer
und studierende, die sein lehrbuch verstehen wollen, ver-
öffentlicht hat, in seiner schönen muttersprache zu bear-
beiten. Zugleich hat er aber sein werk dadurch theilweise
zu einem eigenen gemacht, dafs er der bearbeitung von
Curtius' erläuterungen ein ausführliches und sehr dankens-
werthes proömium intorno agii studii linguislici, special-
mente greci e comparativi vorausgehen, zusätze (giunte)
ad alcuni luoghi delle Ulustrazioni und einen gar nützlichen
elenco bibliografico folgen liefs. Aufserdem finden wir hier
das bekannte pädagogische gutachten Bonitzens wieder mit
einem zusatze und die rede von Curtius „über philologie
und Sprachwissenschaft'' in romanischem gewande. Wir
haben alles innere recht zu erwarten, dafs Fumis buch
wesentlich dazu beitrage, auch in Italien alte vorurtheile
zu zerstreuen und der nun schon nicht mehr ganz jungen
Wissenschaft höhern und niedern ortes viele neue freunde
zu gewinnen, auch dort das immer mehr zur allgemeinen
erkenntnis zu bringen, dafs die platte empirie uns nicht
zur einsieht ins sprachliche und litterarische schaffen eines
Volkes führt, dafs schon der elementare Unterricht in einer
spräche nicht ein rein mechanischer sein dürfe, sollen wir
nicht eine Sünde am jünger und an der spräche selbst be-
gehen. Was die zugaben betrifft, welche von Fnmi her-
rühren, so lassen wir uns in kürze nur auf diejenigen ein,
die unmittelbar Curtius' erläuterungen zu erweitem be-
stimmt sind. Sehr fraglich ist es, ob s. 154 flu v ins mit
recht als beispiel einer blos lautlichen entwickelung von v
aufgeführt wird. Fluvius wird wohl sicherer als ablei-
tung von der gesteigerten wurzel flov gefafst. S. 155
hätten wir nicht patricius und patritius als analogie
anzeigen. 239
ftkr den Übergang von griechischem x in r aufgeführt. Die
form mit t entstand erst, als ti mit folgendem vokale wie
ci gezischt gesprochen wurde. Wir haben keinen grund
(s. 155) lat. spargo aus sparjo entstehen zu lassen, da
ja g sehr leicht wurzeldeterminativ sein kann und sonst
dieser lautliche Vorgang im lateinischen nicht nachweisbar
ist. Wodurch wir auf die vermuthung kommen sollten,
es liege dem v. fAekdsvv eine wz, ^sXd zu gründe (s. 156),
sehen wir nicht ein. S. 161 ist zu merken, dafs stellan
nicht schon gotisch, sondern erst althochdeutsch ist. Den
labialzetacismus möchten wir nicht so bestreiten, wie es
Curtius und Fumi thun, Ascoli bringt in seiner fonologia
comparata die schönsten analogien für denselben bei.
Kaum wird allseitig der beweis, den Fumi s. 1 62 ff. dafür
zu fähren sucht, dafs metrische Verlängerung namentlich
vor 1, r, m, n immer auf abgestofsenem consouanten be-
ruhe, als durchschlagend angesehen werden, so auffallend
es ist, dafs diese Verlängerung nur für gewisse Wörter gilt.
Keineswegs z. b. kann es wahrscheinlich gemacht werden,
dafs fiayag für fiviyag stehe, und wenn der verf. meint,
eine wurzel mna = man auch in der bedeatung des sinn-
lichen messens, aus welcher fxvB}^ mit determinativ entstan-
den wäre, aus dem münzenamen (Avd erschliefsen zu kön-
nen, so erinnerte er sich wohl nicht daran, dafs (irci nicht
einmal ein ursprünglich griechisches wort ist. Kühn ist
es für veifog^ das in keiner der verwandten sprachen,
auch im sanskrit und deutschen niemals, anlautendes s
zeigt, dasselbe zu statuieren, sehr bedenklich ist es auch
in laß eine Verstümmelung aus yXaß anzunehmen oder
Hfifiad-e für hiav&t durch metathesis hervorgehen zu las-
sen. Die Casusendungen im nomen behandelt der verf.
8. 169 ff. theilweise nach Schleicher und, soweit er dieses
thut, gehen wir nicht darauf ein. Herrn Fumi eigenthüm-
lich ist der gedanke und der versuch, den dualis nicht
aus dem plural, sondern aus dem singularis durch vokal-
verlängerung entstehen zu lassen. Er fühlt aber selbst,
dafs er dabei nicht auf sicherem boden steht und lautpro-
cesse annimmt, die erst zu beweisen sind. Wenigstens
;240 Schweizcr-Sidler, anzeigen.
fAr nominative und accusativc auf fiu hat sein landsmaDn
Ascoli eine lösung gefunden, welche festere unterlagen hat.
Warum uns der verf. s. 175, nachdem er die umbrischen
ablativformen aufgeführt hat, lateinische formen wie seuati
vergleichen heifst, ist uns unklar. Wir sehen darin mit
röcksicht auf die form senatu verstümmelte genetive auf
-uis, andere einen metaplasmus. Kaum wird herr F.
seine ansichten über «^e/rcöi', amoenus (s. 178), über tjaaoi)'
für ijxjoov von derselben wurzel wie xaxog durch eine mit-
telform kvak (s. 179) zu allgemeinerer geltung bringen.
Und so könnten wir noch auf manche mehr oder minder
gelungene oder mifslungene erklärung des verf. in den pro-
nominalendungen, in der gestaltung der verbalstämme, in
den Verbalendungen aufmerksam machen. Ueberall zeigt
sich der eifer des verf. bis auf die letzten ausgangspunkte
zu dringen, fast überall sind ihm anderweitige versuche
der erklärung bekannt, mit feststehenden lautgesetzen ist
er im ganzen vertraut, nirgend verfährt er leichtsinnig.
Müssen wir dennoch manche seiner deutmigen bestreiten
oder bezweifeln, so liegt das daran, dafs mehreres mög-
lich, dem Charakter der betreffenden spräche aber das
eine angemessener ist als das andere, oder dafs lautgesetze
über ihre grenzen hinaus wirksam gemacht werden.
Zürich. H. Seh weizer-Sidler.
Delbrück, über da» got. dauhtar. 241
üeber das gotische dauhtar.
Id einem gegen die Grassmaunsche aspiraten - hy-
pothese gerichteten aufsatz (in d. zcitscbr. XIX, 16 flgd.)
spricht sich Pott 8. 36 so aus:
,,E8 kümmert uns aber vor allem das wort tochter
&vydT7]o und die sanskritwurzel duh (melken), welche Grass-
mann gleichfalls bespricht, allein aus einem geheischten
dhuh oder dhugh erklären will. Kicht blos unnötbiger
weise, sondern selbst — meines erachtens — durchaus falsch.
Za welch verwunderlichen kröcken man aber greifen mufs,
ohne damit gleichwohl die unglückselige theorie von wur-
zeln mit asp. im an- und auslaut aufrecht halten zu kön-
nen: davon liefert Delbrück in Zachers zeitschr. I, s. 8
einen lehrreichen beleg. „Altind. duhitar, griech. x^vyd"
TTiQ^ goth. dauhtar % wird uns versichert, lassen sich nur
[?] aus dhughatar [?!] erklären. Daraus wurde im deut^
sehen zuerst dugapar [neinlj, dann dugadar (wie fadar)
vielleicht dugidar dugdar; und [schöpfen wir ein wenig
athem; zuletzt — man staune!] aus gd entstand ht, wie
in mahta aus magda^. Wenn jemand diesen satz, oder
ähnliche ackern vergliche, auf welchen die Wucherblume
ihre lustige, allein dem landmann nichts weniger als er-
freuliche wirthschaft treibt und neben und unter sich alles
nutzbare gewächs erstickt und tödtet: müssen wir ihm wi-
dersprechen, oder — beistimmen? Sogleich mit dem ht
anzufangen: welch verkennen des wahren Sachverhältnisses!
Als ob ht nur so mir nichts dir nichts aus gd, und über^
dies erfundenem gd, würde?!'' etc.
In einer anmerkung behauptet Pott dann noch, nicht
fadar, sondern nur fad re ins käme vor.
Diese ausführung Potts giebt mir um so mehr gele-
genheit die form des gotischen worts dauhtar noch einmal
zu erörtern, als fragen von principieller Wichtigkeit dabei
zur Sprache kommen müssen.
Die erörterung hat anzuheben bei der mehrdeutigen
gruppe ht. Diese gruppe entspricht
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX, 4. 16
242 Delbrück
1) in solchen Wörtern, die man fCkr vorgermanisch hal-
ten mnfs, einem vorgermanischen kt, so in naht 8 ahtaa
und ähnl. ;
2 ) ist sie im germanischen aus k + 1 geworden z. b.
in sauhts zu dem stamme suk, der in siukan vorliegt;
3) ist sie im germanischen aus einem g + t gewor-
den, so in mahts aus dem stamme mag und dem suffix
-ti mit unverschobenem t, in faurbauhts zu bugjan u.ähnl.
Der gang der entwickelung war sicherlich : gt — kt — bt;
4) ist sie im germanischen aus einem k + d gewor-
den, so in vaurhta ich bereitete aus dem stamme vaurk
und dem suffix -da, ebenso brühta zu brükjan u. ähnl. Der
gang der entwickelung: kd — kt — ht;
5) ist sie im germanischen aus g + d entstanden, in
mahta, aihta, ohta, bauhta zu mag, aig, og, bog.
Dafs mahta wirklich so entstanden sei, kann nicht be-
zweifelt werden, denn mag ist die wurzel und da das
suffix. Ich habe mich in diesem falle des gebräuchlichen
formelausdrucks bedient „mahta ist aus magda entstan-
den'^, der uns allen ja aus der classischen grammatik ganz
geläufig ist, wo niemand — auch Pott nicht — daran an-
stofs nimmt zu sagen, XexTug sei aus keyrog^ as/npog aus
öeßvog hervorgegangen. Der Vorwurf, mein gd in magda
sei „erfunden'', ist also ungerecht. Der gang der entwicke-
lung war nun wohl der, dafs in der so sehr seltenen gmppe
gd das d zu t dissimiliert, und dies gt wie das unter no. 3
erwähnte behandelt wurde.
Also: das gotische ht geht auf kt, kd, gt, gd zurück,
kt aber ist stets die unmittelbare Vorstufe. Woraus ist
nun das ht in dauhtar entstanden? Da das wort imger-
manischen sonst keine anerkannten verwandten hat, so
müssen wir uns von den übrigen sprachen aufschlufs holen.
Das lituslavische, das Pott im folgenden zunächst her-
anzieht, giebt keinen aufschlufs, insofern das altslavische
duäti, was zunächst auf dukti zurückfahrt, sein kt einer
assimilation verdanken kann, ebenso wie das litaoisohe
dukt^' (vergl. Schleicher compendium 303 und 320). Eine
entscheidung können nur das sanskrit, zend und grieohische
über das got. danhtar. 243
geben. Das ghdh des zendisehen dugbdhar ist zwar auch
das produkt einer assimilation, aber der gen. pl. dugedräm
(vergl. Justi s. v.) zeigt als zendform der wurzel deutlicb
dug. Dieses dng nun vereinigt Grassmann bekanntlicb
mit dem griech. ö^vy und indischen duh zu einem indoger-
manischen dbugh (durchaus nicht dbub, wie Pott ihm hier
und da nachsagt). Wie man nun auch Ober die Grass-
mannsche hypothese denken mag, das wird, glaube ich,
jeder zugestehen, dafs die wurzel von duhitar u. s. w. am
ende eine weiche a«pirata hatte, dafs also auf diese, die
im germanischen g werden mufste, das h von dauhtar
schliefslich zurückführt.
Worauf beruht nun das t? Scheinbar ist es das na-
türliche, zu sagen, es sei das unverschobene t des Suffixes
-tar und dauhtar eben einfach durch anfQgung dieses
Suffixes -tar an das eben erschlossene dug entstanden, wie
die Wörter unter no. 3. Allein diese scheinbar so einfache
erklärung wäre unrichtig, denn man mufs annehmen, dafs
die Verwandtschaftswörter auf tar, wozu die für
vater, mutter, bruder, tochter, vielleicht auch
Schwester gehören, schon in der periode der
Spracheinheit als fertige flectierte Wörter vor-
handen gewesen sind.
Der beweis für diese behauptung ergiebt sich aus den-
jenigen sprachen, welche neben den genannten verwandt-
Schaftswörtern auch andere nomina auf -tar besitzen, also
aus dem sanskrit, zend, griechischen, lateinischen. In die-
sen vier sprachen zerfallen die nomina auf -tar hinsicht-
lich ihrer flexion in zwei classen. Die erste hat stets kur-
zes a. Dahin gehören die verwandtschaftsnamen pitar,
mätar, bhrätar, duhitar, im zend patar oder pitar, mätar,
brätar, dugbdhar, im griech. nccTBQ^ f^V^^Q^ ^•vyaTe(j^ im
lat. pater, mater, frater, und aufser ihnen nur ganz ver-
einzelte Wörter, von denen keines in mehr ajs zwei spra-
chen vorliegt. Auf der anderen seite steht die ganze grofse
masse der nom. agentis auf -tar, die das a verlängern kön-
nen oder müssen. Diese gleiche eigenthümlichkeit, die an
den gleichen Wörtern zum Vorschein kommt, kann unmög-
16*
244 Delbrück
lieh spiel des zufalls sein, sondern mufs aus der periode
der einbeit stammen. So urtheilen u. a. Bopp vgl. gramm.
111,812, Schleicher im Compendium, Benfey Orient und
Occident I, 240, Leo Meyer vergl. gramm. II, 337. Eine
Verlängerung des a war vielleicht in dem worte fttr Schwe-
ster schon proethnisch, denn neben skr. svasäram steht so-
rörem, freilich zend qanharem. Doch kommt dies wort
hier nicht in betracht, da man nicht sicher weifs, ob es
mit dem sufQx -tar gebildet ist.
Man mufs also die meinung, als ob dauhtar eine ger-
manische bildung sein könnte, zurückweisen, und nunmehr
die frage aufwerfen, wie denn die indogermanische form
des Wortes gelautet habe. Hinsichtlich der beiden letzten
Silben scheint mir kein zweifei, dafs sie -atar gelautet ha-
ben, denn a entsteht nicht aus i, wohl aber i aus a. Man
könnte zwar a priori auch annehmen, dafs im indogerma-
nischen aufser der form mit dem binnenvokal auch eine
ohne den binnenvokal existiert habe. Aber wenn man über-
legt, dafs gerade die drei sprachen, welche das meiste al-
terthümliche bewahrt haben, nämlich sanskrit, zend, grie-
chisch den fraglichen vokal zeigen, so wird man zu dem
Schlüsse gedrängt, dafs die übrigen sprachen diesen vokal
wie so vieles andre — z. b. das augment — eben einfach
verloren haben. Die indogermanische form des wortes flir
tochter hatte also den ausgang -atar. Dafs die wurzel
dhugh lautete, ist für die anhänger der Grassmannschen
hypothese klar. Das ganze wort war also dhughatar. Pott
freilich erklärt eine form dhugh für „eitel lug und trug^.
Ich glaube aber, dafs er die solide begründete Grassmann-
sche hypothese nicht erschüttert hat und dafs man fort-
fahren mufs mit Curtius, Fick u. a. die form dhughatar
als vollberechtigt zu betrachten.
Den nachweis, dafs Grassmann nach wie vor im rechte
sei, kann ich hier nicht führen, sondern glaube einfach auf
seine frühere darstellung verweisen zu müssen.
Somit haben wir als anfangspunkt der linie dhughatar,
als endpunkt dauhtar. Es fragt sich nun, durch welche
mittelstufen dhughatar zu dauhtar geworden sei. Um meioe
über das got. danhtar. 245
ansieht Ober diese entwickelung am kürzesten und deut-
lichsten auszudrücken, habe ich die mittelfbrmen duga-
par, dugadar, dugdar aufgestellt. Die aufstellung von
mittelformen hat nun ihre besondere chronologische oder
genauer gesprochen synchronistische Schwierigkeit, weil ja
jeder laut eine entwickelung durchmacht, wobei der eine
sich schneller entwickeln kann als der andre, so dafs man
bisweilen nicht wissen kann, ob man nicht in einer mittel-
form demente aus verschiedenen entwickelungsphasen zu-
sammensetzt. Die mittelformen sollen ja aber nichts an-
deres sein, als bequeme formelausdrücke für behauptungen,
welche auch diejenigen Sprachforscher aussprechen, welche
die mittelformen perhorrescieren , nur weitläufiger als es
mit hülfe dieser formein möglich ist. Ich liätte in diesem
falle sagen können: „Das dh der urform dhughapar wurde
im germanischen d, das gh g, das t p. Nun ging wahr-
Bcheinlich das zwischen zwei vokalen stehende p in d
über, und das a fiel aus. Auf diese weise rückten g und
d zusammen, welche in der oben dargestellten weise zu
ht wurden, und vor h ging das u in au über". Statt
dessen habe ich mich der kürzeren und klareren formel be-
dient „dhughatar wurde dugapar dugadar vielleicht dugi-
dar dugdar ''. Einen anderen werth als diesen sollen die
mittelformen nicht haben.
Nach diesen Vorbemerkungen über den werth der mit-
telformen überhaupt darf ich zu der begründung der in
diesem speciellen falle aufgestellten übergehen.
Ich bin an der angeführten stelle in Zachers Zeitschrift
von der annähme ausgegangen, dafs der a»vokal noch mit
in die germanische grundspracbe herübergenommen wor-
den sei, und mit dieser annähme stehen und fallen auch
die mittelformen. Ich mufs gestehen, dafs ich damals die
möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer anderen annähme
nicht hinreichend erwogen habe. Man kann nämlich noch
annehmen, dafs der vokal zwar indogermanisch gewesen,
aber doch schon in einer vorgermanischen periode verloren
gegangen sei. Unter dieser zwischen indogermanisch und
germanisch liegenden periode verstehe ich die sogenannte
246 Delbrück, ttber da» got dauhtar.
slavodeatsche. Es ist in hohem grade wahrscheinlich, dafs
litauisch, slavisch und deutsch eine ganz eng zusammen-
hängende gruppe bilden, die auf eine aus der indogerma-
nischen abgezweigte slavodeutsche grundsprache zurück-
geht. Da nun weder litauisch, noch slavisch, noch deutsch
den binnenvokal besitzen, so liegt es am nächsten zu yer-
muthen, dafs er in der slavodeutschen periode ausgefallen
sei. Und das kommt mir in der that jetzt am wahrschein-
lichsten vor. Aber nothwendig ist diese annähme nicht.
Auch in den sämmtlichen zum persischen zweige gehörigen
neueren sprachen findet sich der vokal nicht (vergl. Justi
s. V.) und ist im zend doch in einer form erhalten. Es
ist also immerhin möglich, dafs er in der slavodeutschen
grundsprache noch fest war, und erst in dem einzelleben
des lituslavischen und deutschen verloren ging. Als ein
vokal, der nicht als bedeutungtragend empfunden werden
konnte, war er ja dem verschwinden ganz besonders aus-
gesetzt.
Gesetzt also den fall, das a sei noch mit in das ger-
manische herübergekommen, so behaupte ich noch jetzt,
dafs die von mir angesetzten mittelformen dugapar, du-
gadar, dugdar, dauhtar den deutschen lautgesetzen in kei-
nem punkte widersprechen. Der Übergang von p in d
ist nichts seltenes (vgl. Zachers zeitschr. I, 155) und un-
zweifelhaft bei fadar anzunehmen, welches trotz Potts Wi-
derspruch Gal. IV, 6 ohne Varianten überliefert ist. Dafs
ht auf gd zurückgehen kann, ist oben gezeigt.
Fassen wir zusammen, so ergiebt sich:
1) Die indogermanische form des wertes für tochter
war dhughatar.
2) Bas wahrscheinlichste ist, dafs das mittlere a in
der slavodeutschen grundsprache verloren ging, wo die form
dann duktar gelautet haben wird.
3) Sollte aber das a mit in das deutsche hinüberge-
nommen sein, so ist die den deutschen lautgesetzen ge-
mäfse entwickelung die oben aufgestellte.
Ich hoffe durch diese nochmalige erörterung gezeigt
zu haben, dafs Pott doch wohl irrte, als er meine nach
Fick, etymologische beitrüge. 247
Schleicherscher methode gebildeten grundformen den dor-
nen verglich, von denen Marcus am vierten sagt^ dafs sie
emporwachsen und erstickten den guten samen, sondern
dafs die grundformen, wenn sie mit kritischer vorsieht er-
schlossen werden, ein treffliches methodisches rüstzeug
sind, das der darstellung kurze präcision und klarheit
verleiht.
Halle, ende deceraber 1869.
B. DelbrOck.
Etymologische beitrage.
I.
ii()af^at, riXvd-ov» uivvQog. kkeki^ia,
1. Wir haben nach Leskien, Studien zur griech.
grammatik, herausgegeben von G. Curtius II, 1, 1 14 fbr 'iQa-
uai zwei stamme anzusetzen, kgaa- und kga-. Auf den er-
stem gehen zurück rjgda'&tjv^ tJQaa-^uai, kgaa-rog; von no-
minalbildungen kgatf-f^iog^ igaa-Trjg und kgcevvo-g^ letzteres
fQr igaa^vog^ alles ableitungen von kqaa-^ das denn auch
im praesensthema kgaouai für iqaa-ofiai nicht zu verken-
nen ist. Neben diesem stamme kqaa erscheint nun ein
zweiter ^ga- in eqa-fjiui^ ^qa-ro-g^ Hgo^g m. liebe. Es be-
darf keines beweises, dafs der stamm kqa der ältere und
bei einer Untersuchung über die etymologie des wertes nur
auf ihn rücksicht zu nehmen ist. Mag man mit Leskien
alle die stamme auf ag einfach als denominative von as-
stämmen betrachten, in unserm falle also kgats^ als derivat
eines alten *kgccg n. = ego-g m. liebe, sicher bleibt, dafs
diese erweiterung durch a auf griechischem boden gewach-
sen ist, und dafs wir nur von iga- in den verwandten
sprachen einen reflex zu finden hoffen dürfen. Fassen wir
nun ^qa- näher ins äuge, so ist zunächst zu bemerken,
dafs spuren von digamma gänzlich fehlen, in kga demnach
248 Fick
uns der volle stamm vorliegt. Dieses iga kann nun ent-
v^eder ein vokalisch erweitertes i()- sein, oder es ist £ ein
blofser vorschlagvokal vor q imd der eigentliche stamnt
lautet (ja. Im erstem falle wäre ^Q-a also parallel etwa
dem stamme ige- aufzufassen, welcher in igi-rtj-g erseheint
und durch skr. ara-, ari- (= ara) iu ara-ti diener vergl.
vn-i^üiTf^-g^ ari-tar treibend, rüderer vergl. kgirtj-gj ari-tra
rüder genau reflectirt wird. Nebenbei bemerkt ist Ha-
treiben, rudern nichts anderes als eben dieses ara, ii,a'tii{t
treiber vom skr. gleichbedeutenden aritar, grundform aratar
eigentlich nicht verschieden. Nehmen wir dem analog als
stamm von iga ^q an, so finden wir in keiner spräche ir-
gend etwas analoges und werden somit als letzten yersuch
dem etymon des worts beizukommen, € als Vorschlag and
Qa als wahre wurzelgestalt annehmen. Dafs die lautge»
setze der griechischen spräche dieses gestatten, ist bekannt,
es genögt hier an ^oevy wz. rüg, igv&iJog = lat« ruber,
grundgestalt rudhra, igsixo) = skr. rip zu erinnern. Nun
haben wir im sanskrit ein weitverzweigtes verb ram ra-
mate, das uns zum ziele führen wird. Der bedentungs-
umfang dieses verbs ist, wie so oft, nur im sanskrit völ-
lig zu erkennen. Die grundbedeutung ist nach dem Pe-
tersburger lexicon anhalten; daraus entspringt nach der
einen seite hin der sinn halt machen, ruhen, nach der an-
dern sich gern verweilen, sich ergötzen an, gefallen finden
an, seine lust haben, lieben. Man hat dies verb in der
bedeutung ruhen längst in den andern sprachen erkannt:
griech. rjoeua ruhig, sacht mit seinen ableitungen, gotb.
rim-is n. ruhe = i)Q6^ue<f' in rjQs^ka'TEQoq^ lit. rim-ti ru-
hen, ram-u-s ruhig, welchen reflexen überall die form ram
= skr. ram zu gründe liegt. Nun ist aber bekannt, dafs
die wurzelformen, welche auf nasal ausgehen, wenn sie
auch bereits indogermanisch sind, doch nicht als primär
gelten dürfen. Man erkennt dieses daraus, dafs einfachere,
vokalisch auslautende wurzelformen neben den nasalirten
liegen. So haben wir neben tan dehnen ta, neben gam
gehen skr. gä, part. gä-ta = ßa-rö-g^ neben dam bändigen
da binden, skr. dita s=s *data gebunden = Sero-g und an-
etymologische beitrage. 249
dere. Von ram, besser hiefse es: von ra lieben, gern ha-
ben entstammen nun im sanskrit ra m. begehr, ra-ta part.
gefallen habend, liebend, geliebt, ra-ti f. liebeslust, bei-
scblaf, liebe, ra-tha m. behagen, ergötzen, lust. Nun sieht
man leicht, dafs mit diesem ra iga lieben identisch ist;
li()0'g m. liebe ist = skr. ra m. liebe, begehr, das zwar
schlecht bezeugt, aber ganz untadelhaflb gebildet ist, iga-
To-g geliebt, lieblich ist identisch mit skr. rata. Dafs 'igwT-
Itebe eine junge und speciell griechische bildnng ist und
zwar höchst wahrscheinlich nach der analogie von IdgcDT-
(von iägo' schweifs) eine secundärbildung von dem bereits
fertigen nomen ^^o- liebe, bedarf kaum der erwähnuog.
Der eigenthümlichen bilduug ^gaTsivo-g liegt ein nomen
igavea- zu gründe, gebildet wie skr. re-tas n. same von rl,
srö-tas n. Strömung von sru , und vielleicht wieder zu er-
kennen im skr. rathas-pati, falls dieser name eines genius
aufzufassen ist als ^herr, pati, des behagens rathas n. ==
ratha m. behagen, ergötzen, lust.
2. ^kvä"- gehen, kommen bietet der etymologie be-
sondere Schwierigkeit, wie die meisten der mehrsilbigen
Verbalstämme im griechischen. Hier kommt noch das aus-
lautende & hinzu. Da mit & = ig. dhä thun so gern
wurzeln weitergebildet werden, könnte man auf den ge-
danken kommen, Ü^vi^ sei eine erweiterung von kX oder
i?yV, das etwa gehen hiefse und mit der grofsen indoger-
manischen Wurzel ar zusammenhinge. Nun bietet das sans-
krit sogar eine auffallend ähnliche bildung in iäudhja an-
flehen, eine bildung, die sich durch das entsprechende
zend. isud als gemeinsam arisch erweisen läfst. Dieses
isudh ist nun wohl sicher auf iS wünschen zurückzufüh-
ren, näher auf ein nomen isu wünsch, woraus dann iäu-
-dh(ä) wünsch thun formirt wurde. Sollte man nach die-
ser analogie ^kvit beurtheilen dürfen? Es stehen zwei be-
denken entgegen. Einmal zeigen die reflexe von ar gehen
im griechisehen durchweg g mit ausnähme vielleicht von
ikcc' treiben, falls man dies mit ige- in igi-Ttjg skr. ara,
ari in ara-ti, ari-tar, ari-tra zusammenstellt. Sodann, und
dies ist entscheidend, wäre es durchaus verwegen, eine.
250 Fick
soviel bis jetzt bekannt, speciell arische bildung ohne wei-
teres in einer europäischen spräche annehmen zu wollen.
Sonach müssen wir andere möglichkeiten erwägen. Es
könnte das t' in ^Ivd-^ wie Schleichers meinung zu sein
scheint, blofser einschub, die wahre wurzelform also kk&
sein, die ja auch in rjk&ov erscheint. Allein mir scheint
es beispiellos, dafs ein blos eingeschobener vokal gestei-
gert würde, wie in kXevaofiai^ eUijlov&a doch geschieht.
So bleibt nur eine dritte annähme, dafs der wahre stamm
kvß- und k Vorschlag sei, wie in hkev&eqo = libero, kkct^v
= skr. laghu = ig. raghu. Dieses Xv& identificire ich
mit skr. ruh steigen. Dafs skr. ruh für ursprüngliches
rudh stehe, wird bekanntlich durch das zend erwiesen,
zend. rud praes. plur. 3 raodhenti wachsen, raodha wuchs,
ansehn. Es bleiben nur noch zwei bedenken zu beseitigen,
eins die form, das andere die bedeutung der zusammen-
gestellten Wörter betreffend. Wenn auch durchweg 1 in
unsern sprachen aus ursprünglichem r entstanden ist, so
darf man doch durchaus nicht jedes 1 einer europäischen
spräche einem arischen r gleichsetzen, viehnehr pflegen
die europäischen sprachen in der Verwendung von r oder
1 unter sich übereinzustimmen, wie darauf Curtius vrieder-
holt und mit recht hingewiesen. Es ist diese Übereinstim-
mung einer der vielen beweise fßr die thatsache, dafs naoh
der ersten grofsen trennung des urvolks in eine arische
und europäische nation, diese letztere noch eine geraume
zeit hindurch zusammengeblieben und den mitgebrachten
Sprachschatz nicht unerheblich weitergebildet und modi-
ficirt hat. So lautet das ig. par füllen auf europäischem
boden durchaus pal , ig. ruk heifst in Europa luk u. s. w«
Wir haben demnach nachzuweisen, dafs ig. rudh steigen,
wachsen europäisch ludh gelautet. Dies sehen wir nmi
am goth. liudan wachsen, sowie an den lit.-slav. Wörtern,
die auf „laudha = got. jugga-lauth-a, unser „leute^ zu-
rückgehen. Es bleibt demnach nur die bedeutungsdifle-
renz. Skr. ruh, aor. aruhat heifst (aufser wachsen = auf-
steigen) steigen, steigend wozu kommen, vgl. ä djäm aruhat
er stieg auf zum himmel, griech. ikv^ dagegen ist ein all-
etymologische beitrage. 251
gemeines verb der bewegung gehen, kommen. Es wäre
allerdings sehr zu wünschen, dais nachklänge der alten
bedeutung „steigen^ auch im gebrauche des griechischen
Wortes sich nachweisen liefsen. Dafs man an sehr vielen
stellen i^Xv&ov durch »stiegt übersetzen kann z. b. knl
xpifpccg rjld-s „ auf stieg das nachtdunkel ^ will nicht viel
besagen, da man selbstverständlich einen allgemeinen be-
griff oft durch einen speciellen ersetzen kann, der im er-
stem mit eingeschlossen liegt. Sollte dagegen nicht ^t/r-
To^g hoch hierhergehören? für Xv&'jo^? sollte nicht rjlvaiov
sas rjXv&'TiO" eigentlich der „aufstiegt sein, ort wohin die
Seelen aufsteigen? Wie leicht übrigens „steigen^ sich zu
gehen abschwächt, davon ist „steigen^ selbst ein schla-
gender beleg. Während stigh im sanskrit nur steigen be-
deutet, heifst areixBiv bei Homer ganz allgemein schrei-
ten, gehen, kommen und während bei uns steigen zu die-
ser Verallgemeinerung mindestens stark hinneigt (vgl. an-
gestiegen kommen) heifst ags. stigan durchaus ganz allge-
mein schreiten, gehen, kommen. Ist ja doch jedes gehen,
schreiten ein steigen, wenn man das erste und hauptmo-
ment des ganges, das aufheben der füfse ins äuge fafst.
Doch ich breche hier ab mit dem geständnis, dafs der be-
weis nicht völlig erbracht ist, doch scheint mir in dieser
Zusammenstellung jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit
zu liegen. Dafs bei annähme unserer gleichung skr. aor.
aruhat mit t]kvO^€^ fut. rökäjat^ für röh-sjate mit klevasrai
für älev&(fBTcci sich decken würde, sieht jeder selbst.
3. fiirvgog winselnd stellt G. Curtius zu fiivv- klein,
so dafs es, wie er auch übersetzt, ursprünglich „kleinlaut^
hiefse. Dafs so ohne weiteres aus einem worte für „ klein ^
sich eine bezeichnung flQr winselnde, meinethalben „kleine^
töne sich entwickeln könne, schien mir immer bedenklich,
und glaube ich jetzt fiivvgog an näher verwandtes an-
schliefsen zu können. Im sanskrit heifst nämlich min-
mina, minmina undeutlich durch die nase sprechend,
minminatva n. das undeutliche sprechen. Dafs wir in
minmina, wie so unendlich oft bei schallmalenden Wör-
tern, eine reduplication vor uns haben (wie z. b. in ghar-
252 Fick
-ghara gelächter, ghura>ghuräj knistern, kita-kitäj prasseln
u. 8. w.) liegt auf der hand. min bezeichnet demnach den
näselnden ton; das winseln aber ist nichts anders als mit
geschlossenem munde den ton durch die nase ausstoiseD.
fiivvQ'jMj fAivtfQ'Ouai ist, wie Curtius durch seine Zusam-
menstellung lehrt, = lat. minurio (minurrio?) zwi^chern,
pfeifen u. s. w. Ferner ist unser min zu erkennen im lat.
min-trire, oder min-träre pfeifen, von der maus, mit der
im lateinischen beliebten verbalform träre für lautworte,
Tgl. la-träre bellen, wz« la = lit. lo-ti, = lett. la-t beUen,
gloc-toräre klappern vom storche, bildnngen, welche von
griechischen wie ßco-a-Toea) schreien, rufen, xctha-rgifa ru-
fen, lit. amb-tereti knurren^ krunk-tereti etwas krächzen,
krächzein nicht verschieden sind. Wie weit min onomato-
poetisch sei, ist, wie in den ig. sprachen meistens, schwer
auszumachen, mir scheint es abgeschwächt aus man, er-
halten im skr. mun-man-a m. vertrauliches flüstern; dieses
man aber ist nicht verschieden vom skr. mä mi-mä-ti,
einem ganz allgemeinen tonworte, das man auch im griech.
fii^fiiCo) wiehere wiedererkennt, und dessen primäre wur-
zelform ma ist. Das parallel gebildete xivvgo-q stammt
von xiv s= xccv in xav-a^ij u. s. w. = lat. can-o tönen,
klingen = skr. kan kanati tönen.
4. ^/.sXfXrü erzittern, erbeben machen, med. erzittern,
beben, stamm Ü.e'U)" wie aus aor. ÜJXi^s erhellt, ist zum
skr. reg, regati zu stellen und dazu eine regelrechte inten-
sivbilduug. Skr. reg, regati heifst im act. hüpfen, beben
machen, im med. wie k?^e?J^ouai hüpfen, beben, zittern,
zucken. Auf europäischem boden lautet das verb Hg, laig,
wie hervorgeht aus dem goth. laikan, lailaik springen,
hüpfen, aufhüpfen. Von laikan stammt laik-a- tanz, mhd.
leich tanz und tanzlied. Dafs ksl. lekü tanz aus dem deut-
schen entlehnt sei, lehrt der umstand, dafs im deutschen
das Stammverb vorhanden ist. Zu dem aus laikan erhel-
lenden europäischen lig ist nun ^-XeXiy-jco ein regelrechtes
intensiv, bis auf die nothwendige abweichung in der weise
der reduplication gebildet wie skr. rerih, rSrihja lecken,
züngeln von rih = lih lecken. Wie passend für den
etymologische beitrage. 253
verbalbegriff gerade die Verwendung der intensivform sei,
liegt auf der band; dem X vorgeschlagenes s lernten wir
oben bereits kennen.
II.
Alte participia perf. pass. von verben auf t.
lat. spissus (älsaniö'^ ocrea), crassus, grossus, ksl. vriista,
vrusti.
1. Lat. spissus dicht, gedrängt hat im latein selbst
keine ableitung; dafs es ein part. perf. pass. von einem
verb spid oder spit sei, kann nicht wohl verkannt werden.
Es kommt demnach darauf an, dieses stamm verb in einer
der verwandten sprachen nachzuweisen. Zunächst könnte
man den lauten nach an das griechische otiiS' denken, in
anvd^'fig ausgedehnt, (rni^o) = cniö'jia (spät) ausdehnen.
Nebenbei bemerkt: dieses aniö- liegt auch' in hX^anid- f.
sumpffläche für iXsa-öTiiÖ- und nicht etwa ein p-suffix.
Man sieht jedoch leicht, dafs die Bedeutung von anid- zu
lat. spissus durchaus nicht pafst, ebenso wenig wie das
ahd. spiz spiefs, bratspiefs und unser spitz. Nehmen wir
dagegen spit als Stammform, so treffen wir im litauischen
auf eine nach form wie bedeutung völlig genügende Wur-
zel spit, von der lat. spissus, demnach für spit-tu-s wie
missns für mit-tu-s regelrechtes particip ist. Lit. spit-u
spis-ti heifst drängen^ ap-spis-ti und ap-speis-ti umdrän-
gen, speczu = spöt-ju schwärmen, von den bienen, spö-
cziu-8 S5= sp6t-ju-s ein bienenschwarm. Sonach dürfen wir
ein europäisches verb spit drängen ansetzen, das sich viel-
leicht später noch sonst finden wird. Von welchem ein-
fachem stamme dieses spit herkomme, wissen wir noch
nicht, zunächst ist allen vernünftigen anforderungen an die
etymologie genügt, wenn ein wortstamm in einer andern
spräche nachgewiesen ist. Wir beruhigen uns demnach
bei dem verb spit, wie wir uns zunächst bei einem verb
skat springen beruhigen müssen, das mit Sicherheit aus
lat. scatere vgl. mit lit. skas-tu, skat-au, skas-ti springen,
hüpfen erschlossen wird. Die seltsame Vereinzelung von
spissus im latein darf uns nicht befremden; ist es doch
254 Fick
die weise dieser spräche, beliebige trOmmer eines älteren
sprachstandes festzuhalten und aus diesen mit vieler ratio
sich neu aufzubauen. Ein schlagendes beispiel für solches
festhalten eines vereinzelten derivats, während das Stamm-
wort verloren ging, glaube ich in ocrea beinschiene, ga-
masche zu erkennen. Im latein selbst ist keine ableitung
des Worts möglich; nehmen wir an, dafs ocrea die bein-
schiene, der wadenstrumpf wie xvt^fji-iSsg von xvtjfiog wade
von einem „wade'^ bedeutenden worte derivirt sei, so fin-
den wir lett. ikr-a-s, nur pl. ikri und russ. ikru wade, alt-
preufs. im Elbinger vocabular yttroy pl. waden, im letz-
tern Worte t für k wie altpreufs. tuilis eher neben lit. kui-
lis, turpelis leisten = lit. kurpalius und sonst. Von die-
sem Worte, dessen grundform doch wohl nur akra hat lau-
ten können (von ig. ak biegen?) scheint mir nun lat. ocr-ea
wadenstrumpf abgeleitet zu sein. Nicht ganz so verein*
zeit wie spissus steht im latein
2. crassus, dicht, dick, fest, grob. Dies wort ist
nämlich das regelrechte part. pf. pass. von der ig. wurzel-
form kart flechten, wovon auch im latein wenigstens noch
ein sicheres derivat vorliegt, nämlich cräti- für carti- flecht-
werk, bürde, welches man längst in dem gleichbedeuten-
den goth. haurdi-, ahd. hurti- f. bürde wiedererkannt bat.
Unser crassu- für crattu-, carttu- findet sich nun genau
wieder im ksl. cerüstü, crüstü massiv, solid, das demnach
Miklosich s. v. durchaus mit recht von einer wurzel krüt
ableitet. Uebrigens liegt diese wurzel im slavischen deut-
lich vor in krqtü tortus, kr^-n^ti fQr kr^t-nqti wenden.
Neben crüstü existirt im slavischen noch crüstvü, das sich
zu crüstü verhält wie slav. mrütvü = lat. mortuus gestor-
ben zu dem alten ig. marta = skr. marta, mrta = ßgoro^»
Den bedeutungsübergang, die Verwendung eines part. perf.
pass. eines verbs flechten für geballt, dick finden wir ge-
nau ebenso im lateinischen
3. grossus, geballt, dick. Im sanskrit existirt näm-
lich eine auch sonst in spuren nachzuweisende wurzel grath
flechten , winden , und das part. perf. pass. grath-i-ta heiüst
nicht blos geflochten, sondern auch geballt, knotig, dick;
etjnnologische beitrüge. 255
Mit diesem grathita ist nun bis auf den bindevokal lat.
grossu-s, demnach für grot-tu-s identisch, wie es ja auch
in der bedeutung damit völlig stimmt. Wie man endlich
grossus zur bezeichnung der unreifen feige verwenden
konnte, ist leicht zu erkennen.
4. Dafs ksl. vrusta f. läge, zustand ; speciell alter und
vrusti f. läge, zustand, alter vom slav. vriit vertere = ig.
vart vertere, versari abzuleiten sind, liegt auf der band,
higr intercssirt uns nur die völlig gleiche Verwendung bei-
der Wörter im sanskrit und slavischen. Im sanskrit ist
nämlich vrtta zunächst part. perf. pass. von vart und ent-
spricht dem lat. versu-s fiQr vert-tu-s, als neutrum aber
bedeutet es befinden, benehmen, zustand, läge wie slav.
vrusta. Ebenso halfst skr. vrtti f. befinden, zustand, läge,
€vam-vrtti so gestellt, in solcher läge genau wie slav. vrusti
befinden, zustand, läge bedeutet. Es erhellt hieraus, wie
aus lat. versäri goth. vairthan werden und andern reflexen,
dafs für das indogermanische vart nicht blos die bedeu-
tung vertere sondern auch versari anzusetzen ist, dafs
vartta und vartti f. bereits indogermanische Wörter sind
mit der bedeutung: befinden, läge, zustand.
III.
Lit. ap-jekti erblinden, aklas blind, inkti verschiefsen, ukti
trübe werden; äxaqoq blind, ctyxQctg schwachsichtig, a^hug
dunkel, fhxqog blafs, lat. aquilus dunkel; altpreufs. aglo
regen.
Unter der menge der Wörter, die auf den radicaltheil
ak zurückweisen (behandelt von Joh. Schmidt, die wurzel
ak im indogermanischen), hebt sich deutlich eine gruppe
hervor, zusammengehalten durch ihre ganz ähnliche bedeu-
tung, indem sie nämlich: farblos, dunkel, blind heifsen.
Das verb, wovon diese ableitungen herstammen, ist nur
im litauischen erhalten, weshalb wir bei der Zusammen-
stellung dieser wörtergrnppe mit dieser spräche beginnen.
Lit. ap-jenkü, -j^kti heifst blind werden, erblinden,
verblendet werden, das causale ap-j^k>inti blind machen,
256 Fick
verblenden. Dafs hierin j Vorschlag und die wahre wufcel
ek, noch ursprünglicher ak sei, erhellt aus der ableitung
ak-la-s blind. Eine zweite wurzelform haben wir in ink-
-sta, ink-ti verschiefsen von der färbe, nu-ink»8t%s kroeas
verschossene färbe. Das verschiefsen ist eben ein dunkel,
blind werden, wie wir ja auch von erblindeten fenster-
scheiben u. s. w. sprechen. Eine dritte verbalform dersel-
ben Wurzel liegt in uk-sta, uk-ti es wird trQbes wetter,
es bezieht sieh der himmel mit wölken. Dafs auch dieses
uk aus ursprünglichem ak entstanden (wie ug-ni-s fener
aus ag-ni-s, upi-s flufs aus api = altpers. api wasser u. s.w.),
sehen wir einmal daraus, dafs in den ableitungen keine
Steigerung des u zu au eintritt, sodann aus der älteren
Schreibung ank-sna schatten für unk-sua, endlich aus dem
lettischen e-na schatten, das aus euk-na entstanden und
mit dem lit. unk-sna schatten identisch ist. Aehnlich lautet
lit. aukszta-s hoch im preufs. auckt-a-s, zeigt also nicht
das eingeschobene s. Demnach haben sich lit. anksna,
unksna und lett. ena schatten, beide aus einer gemeinsa»
men grundform ankna entwickelt. Uebrigens kann lit.
uk-ti auch ursprünglich denominativ von uka-s dunst, ne-
bel, trübes wetter sein, für unsere zwecke wird dadurch
nichts geändert. Weitere ableitungen sind: uk-anä f. trü-
bes, regnerisches wetter, uk-ana-s nebelig, trübe, bewölkt
und uz-uk-sme ein vor dem wetter geschützter ort, end-
lich das schon erwähnte anksna, unksna schatten. Sehen
wir uns nun nach reflexen dieser im litauischen so deut-
lich vorliegenden und reich entfalteten wurzel ak blind,
dunkel, trübe, farblos werden um. Ljett. ena schatten =
lit. ank-sna wurde schon erwähnt; dazu kommt lett. akI-a-8
blind = lit. akla-s blind. Ebenfalls mit aklas identisch
ist lett. ikl-a-s finster, ganz dunkel, dessen verschiedene
bedeutung uns nicht befremdet, da ja ak, wie wir sahen,
sowohl blind als dunkel, trübe werden heifst.
Auf griechischem gebiete gehören mehre bisher gans
dunkel gebliebene bildungen unserm ak dunkel, blind wer-
den an. Am reinsten erscheint die wurzel im hesych. cex-
'-aQO'V Tvq)l6v; mit nasalirung und aspiration des aoslants
etymologische beitrage. 257
(wie va^'V = skr. taku u. a.) in ä'/x-pcc-v fAvtana^ ^Jox()üi.
Ebenfalls mit aspirirtem auslaute haben wir die wurzel in
dx'^v-g f. dunkel, finsternis, todesdunkel, das demnach fOr
ax-)^V'g steht. Das sufHx kv ist allerdings äufserst selten,
vielleicht auf unser wort beschränkt; allein bedenken wir,
dafs die l-suffixe aus solchen mit r entstanden sind, so dür-
fen wir Iv ursprünglichem qv gleichsetzen, und dieses ist
nicht so ganz selten, vgl. ddx-qv^ skr. apru, lit. asz-t-ru-s
scharf und anderes. Endlich erkenne ich die wurzel ak in
der bedeutung „verschiefseu , farblos werden ** in (ox'ijo-g.
Dafs (^xQog eigentlich gar keine färbe bezeichnet, sondern
die farblosigkeit, alles was seine frische, natürliche färbe
verloren hat, erhellt aus dem gebrauche des wertes, und
8o abgeschmackt und sprachlich unmöglich auch die ab-
leitung von äxQoog farblos ist, die unsere Lexica verun-
ziert, so ist doch wenigstens die bedeutung des worts da-
mit getroffen. Da wir nun im litauischen der wurzel ak
in der form ink-ti geradezu die bedeutung „verschiefsen,
farblos werden^ anhaften sahen, und wx" iu wx-QO- eine
regelrechte Steigerung aus dx = dx- ist (wie titcux- aus
TtraX'f noiT-dofxai fliegen aus tibt = pat u, s. w.), die form
demnach gar keine Schwierigkeit macht, so stellen wir
üfX'QO' für äk-ra unbedenklich zu unserer wurzel ak und
glauben damit das etymon dieses scheinbar im griechischen
so vereinzelten worts gefunden zu haben. Im lateinischen
findet sich nur eine ableitung unsers ak (wie ja auch z. b.
ak sehen nur durch oc-ulu-s repräsentirt wird) nämlich
aquilu-8 schwärzlich, dunkel nach der erklärung bei Paul.
Diac. aquilus color est subfiiscus et niger, und nach einer
andern glosse aquilum fiikav. In aquilus ist altes k wie
so oft im lateinischen durch qu repräsentirt, wir werden
demnach aqu-ilu-s theilen, und das suffix ilo- ist im gründe
dasselbe wie im lit. ak-Ia-s blind, das, wie wir sahen, in
dem lett. reflex ikla- auch dunkel, finster bedeutet. Von
aquilu-s ist nun unzweifelhaft aquila adler blofse substan-
tivirung, aquila ist der schwarzadler jueXavdsTog und die
beliebte herleitung von ak sehen ist nothwendig aufzuge-
ben. Wenn man gar, wie oft geschehen, aquilus als „ad-
ZeitBchr. f. vgl. sprachf. XIX. 4. 17
258 Fick
Icrfarbig^ von aquila ableitet, so ist das sprachlich einfach
unmöglich. Ebenso ist aquil-ön- nord, nordwind von aqui-
lus dunkel abzuleiten, und steht demnach mit aquila co-
ordinirt, ist nicht -davon abzuleiten, aquil-ön- ist die dunkle
region, ngog ^6q>ov^ aquilön- nordwind der dunkles wetter
bringende. Hierzu vergleiche noch altpreufsiseh v. ag-lo f.
glossirt durch reyn regen. Unbedenklich haben wir zu
lesen ak-lo 3= ak-la und g ist wohl nur schlechte wieder*
gäbe des altpreuls. lauts, wenigstens lesen wir im Blbinger
vocabular unmittelbar daneben agi-ns acc. pl. ocnlos, wäh-
rend der katechismus ackis = lit. akis äuge schreibt
Altpreufs. aklo heifst demnach eigentlich dunkles wetter
und ist das substantivirte feminin zum lit. akla-s blind 3=s
lett. ikla-s trübe, finster.
Stellen wir schliefslich unsere resultate zusammen: Die
europäische grundsprache besafs ein verbum ak blind, dun-
kel, trübe werden, das als solches nur im litauischen er-
halten ist. Von diesem verb bildete eben diese europäi-
sche grundsprache eine ableitung mit dem suffix ra = an
=s la as ala in der bedeutung: dunkel, farblos, blind; wir
gewinnen dieses alte wort, wenn wir äxaqo-g blind, äy^qa-^
schwachsichtig, (ox'Qo-g missfarbig, aquilus dunkel, lit
akla-8 blind =s lett. ikla-s dunkel, altpreufs. agio regen-
wetter zusammenstellen. Im arischen ist von dem bespro-
chenen verb keine spur aufzufinden. Wir haben somit den
als indogermanisch erwiesenen verben ak durchdringen,
sehen und ak biegen, schwellen ein europäisches ak dun-
kel, blind werden hinzuzufügen. Wie es nnn freilich zu
denken sei, dais ein einziger laut wie ak so viele ganz
verschiedene, ja geradezu widersprechende bedeutungen in
sich vereinigen konnte, darüber freut sich der empiriker
keine auskunft geben zu müssen und überläfst das reden
darüber gern dem Sprachphilosophen,
etymologische beitrage. 259
rV. Varia.
aeger.
Aeger steht als Stammwort an der spitze einer gan-
zen reihe von ableituugen, wie aegr-ere, aegr-eseere, aegri-
-monia, aegri-tudo, aegr-or, aegr-ötu-s. Diese bieten, nach
der Schablone formirt, keinerlei etymologisches Interesse,
mit ausnähme vielleicht von aegrötus, worin Corssen sehr
ansprechend das particip zu einem vorauszusetzenden ^^ae»-
gröre'^ erkennen will; desto mehr hat aeger selbst zu ety*
mologischen versuchen aufgefordert, da es im latein völ-
lig vereinzelt dasteht. Was die form anlangt, so kann
aeger nicht wohl anders aufgefaßt werden, als durch vo-
kalsteigerung und sufEx -ro aus einem verb ig entstanden.
Da nun aegro- leiblich und geistig angegriffen, sowohl
krank als geistig unwohl, verdrossen u. s. w. bedeutet, so
mufs das vorauszusetzende Stammwort ganz allgemein die
Schmerzempfindung, leibliche wie seelische bezeichnen. Ein
solches verb ig liegt nun aber im lettischen vor: lett. ig-
-stu, idf-u, ig-t, stamm ig- heifst nach Bielenstein inner-
lich schmerz haben, verdrieTsUch sein, pafst also so treff-
lich, als wäre es eigens für die ableitung von aeger fingirt.
Wie mir scheint, zieht man dieses verb ig, welches wir
als basis zu aeger erkannt, am passendsten zu der ig. Wur-
zel igh, welche im sanskrit ih lautet und begehren bedeu-
tet, so dals die grundbedeutung vom lett. ig- und lat. aeger
die des unbefriedigten sehnens, Verlangens wäre. Doch
bleibe das dahingestellt, hier kam es uns nur darauf an,
zum lat. aeger das stammverb nachzuw^sen.
nec-opinus.
-opinus in nec-oplnus, in -opinus, wovon opln-iön-
und opin-äri regelrechte derivate sind, hat im latein keine
ableitung. Die in unsern lexicis beliebte Zusammenstel-
lung mit dem griechischen stamme 6n- sehen, verdient
kaum der erwähnung, denn on- beruht auf älterem 6x-,
das ja noch in o(Sat für 6x-je äugen und ooGopiai fQr ox-
"joficcv ahnen hervortritt, im latein aber kommt die vertre-
17*
260 Fick
tuDg von ursprünglichem k durch p nicht vor, auiser wo
%$ic durch assimilirende Wirkung des labialanlauts einer vor-
hergehenden oder folgenden silbe motivirt ist, wie in pop-a
opferkoch für poca von ig. pak kochen, in co-quo für
po-quo = ig. pak, in lu-pu-s ftlr vlu-co = Xvxog^ ^Xvxog
u. 8. w. Da in opinus aber kein solcher fall der assimilation
stattfinden kann, ist p als ursprüngliches p zu fassen oder
die etymologie des worts aufzugeben. Die bedeutang des
Worts ist einfach: nec-oplnus heifst nicht vermuthet und
nicht vermuthend, opinus hat demnach den entsprechenden
passiven und activen sinn. Abgeleitet ist opinus durch
das Suffix Ino von einem nomen opo, das vermutbang hei-
fsen mufs. Finden wir nun einen reflex dieses opo = ur-
sprünglichem apa- in einer andern spräche mit der ver-
langten bedeutung, so haben wir gewonnen spie). Nun
heifst im altslavischen za-apu, za-j-apü, zapfi d. i. za +
apü m. die vermuthung. Wir dürfen annehmen, dais auch
ohne die praepositon za einfaches apü dasselbe oder ähn-
liches bedeutet, trennen demnach za ab und haben damit
apü vermuthung gewonnen, womit unsere oben gestellte
aufgäbe gelöst ist. Ja noch mehr, wir finden sogar die
secundärbildung opino- im slavischen wieder, indem nevoz-
-apmü, nez-apTnü, necopinus unvermuthet heifst. Da slav.
inü in tausend fällen mit dem vollem inü, ^nü wechselt,
dürfen wir auch hier apinü, apenü ansetzen nnd haben
somit ein der europäischen Ursprache eigenes apa vermn-
thung, apina vermuthet gewonnen. Dieses apa aber ge-
hört zur ig. Wurzel ap erlangen, welche in dieser ablei-
tung geistig erreichen, conjectura assequi bedeutet. Sla-
visch napü nämlich heifst fiia&iog^ es steht, wie zapü ftr
za-apü, so für na-apü, worin na die bekannte praeposition
s= goth. ana ist; apü aber heifst hier erlangung und stimmt
völlig zum skr. apa erlangung in dur-äpa schwer zu erlan-
gen = zend. du^-äpa dass.
fabe
r.
faber bezeichnet jeden werkmann, der in harten stoflbn
arbeitet, aber die eigentliche bedeutung des worts ist um-
etymologische beitrage. 261
fassender, wie aus fabre geschickt, kuDstvoll, af-fabre
hübsch hervorgeht. Die ableitung und den Ursprung des
verzweifelt isolirten Wortes anlangend, kann man nach den
lautgesetzen des latein auf eine mit ursprunglichem bh
oder dh anlautende wurzel rathen. Bei der erstem an-
nähme scheint sich mir keine raöglichkeit einer befriedi-
genden ableitung zu bieten, dagegen tritt bei annähme
einer grundform dhab-ra eine solche menge verwandter
bildungen, wenn auch nur innerhalb der europäischen spra-
chen hinzu, dafs wir nicht umhin können fab- aus dhab-
entstehen zu lassen. Zunächst begegnet im griechischen
ä-ißQü-g. Dieses seltene wort, wovon auch der eigenname
&{ßQ'Oav stammt, heifst nach Hesych. zierlich, geschmückt,
prächtig, schön und schön machend, was dem lat. fabro-
nicht ferne liegt, auch tapfer, d^Qacvq^ was an unser tapfer
anklingt. Ferner heifst altslavisch dobru schön, gut, tüch-
tig, hübsch u. s. w. Das verb, wovon diese bildungen
stammen, ist im gothischen am reinsten bewahrt, daban,
dob in ga-daban heifst passen, ga-dob-s passend, schick-
lich, an. daf-na tüchtig, stark werden. Dazu stellen sich
weiter lit. dab-inti schmücken, eigentlich causale eines dem
goth. daban entsprechenden *dab-ti, dab-sznu s zierlich,
endlich ksl. dob-a f. gelegenheit, das passen, zutreffen und
dob-l-i stark. Mit letzterm stimmt dem sinne nach abd.
tapb-ar, mhd. tapf-er fest, gewichtig, stramm, tapfer. Dies
weist auf ein deutsches dap = dab zurück, wie solche
Schwankungen vorkommen, vgl. z. b. goth. ga-dik-is ge-
bilde, werk von dik = goth. dig fingere*) u. ä. Ueber-
blicken wir alle die hier zusammengestellten Wörter, so
läfst sich, meine ich, an der existenz eines europäischen
dbab passen, passend machen, ja eines derivats dhabra
passend, schmückend, geschmückt nicht wohl zweifeln.
Zum schlufs bemerke ich, dafs nun auch verständlich wird,
warum faber nur den werkmann in harten Stoffen bezeich-
net, nämlich weil faber der grundbedeutung des Stamm-
worts gemäfs ein solcher ist, welcher „pafst, fügt", was
man von der arbeit in weichen Stoffen nicht sagen kann.
*) DafUr ist jedoch nach Uppström gadigis zxx lesen. Die red.
262 Fick
Zu XQifJLU),
TQifjiu) =^ lat. tremo zittere galt lange fflr ein auf das
griechisch'' italische gebiet beschränktes verb« Doch ge-
n> schon das lit. trimu, trim-ti zittern, wovon trim-ima-s
das zittern, um ein verb tram, tramati als der europäi-
schen grundsprache angehörig nachzuweisen. Weiter aber
findet sich dieses tram auch im deutschen. Altsächsiscb
thrimman, thramm heifst hOpfen, springen, sich bewegen,
und mit völliger Sicherheit hat man von diesem verb gotb.
thram-stei heuschrecke hergeleitet, vom springen benannt,
wie z. b. altslavisch skac-Tkü heuschrecke von skaöati, wur-.
zel skak springen. Es erhebt sich jedoch ein bedenken,
ob wir unser sächsisches thrimman eich bewegen mit rgififa
zittern identificiren dürfen, weil die bedeutung scheinbar
so viel allgemeiner ist. Dieses bedenken beseitigt sieb
völlig, wenn wir den sinn von rge^ in a-rgipiaQ^ d'VQSfAiig
ins äuge fassen. In diesen derivaten heifst rgsfi nicht
„zittern'^, sondern ganz allgemein „sich bewegen^, ^x*
ätgifiag heifst: halt dich ohne bewegung, ruhig, stiU, und
stimmt somit rgef^i sich bewegen aufs schönste mit dem
gleichbedeutenden thrimman. Die bedeutung des sächsi-
schen Worts „springen, hüpfen^ eigentlich mit den ftkisen
zucken, trepidare, reflectirt sich genau im lett. tremo,
trem-t. Dieses heifst rasch auftreten, stampfen und da-
durch hohner u. s. w. schrecken, was man täglich bei un-
serm landvolke sehen kann. Von diesem trem-t ist tram*
-dit durch aufstampfen scheuchen regelrechte causalbildang.
Somit sehen wir, die existenz eines europäischen tram, tra-
mati sich bewegen, zucken, zittern ist völlig gesichert; im
arischen findet sich jedoch keine spur dieses wortes.
I K»
Die grundbedeutung von nsksfii^w, das weiter keine
familie im griechischen hat, ist die der heftigen, ansteten
bewegung. Daraus fliefst f&r das activ der sinn: erzittern
machen, erschüttern, schütteln, fürs medium und pa«aiv
sich heftig bewegen, schüttern. Der stamm des wertes
etymologische beitrttge. 263
lautet TiilBfAty- und glauben wir dieses nekefiiy- unbedenk-
lich als denominativ eines zufällig nicht erhaltenen *7i€kepiiyy'
fassen zu dürfen, wovon nskefii^u) derivirt ist wie caXni^i»)
von üükntyY'^ arf^Qi^co von ort^Qiyy-, öVQOfpaid^oß von ötgo-
(fahyy- u. a. Trennen wir von TiekefA-iyy das suffix lyy^
so bleibt neleu übrig, das sich verschieden betrachten
läfst. Wir könnten darin ein nomen neXefÄO sehen, durch
suf&x fAO von einem stamme nsX gebildet, welchen stamm
wir mit nak in ndk-kw = lat. pello identifieiren könnten.
Im gründe mag diese auffassung richtig sein, zunächst
jedoch haben wir in TtsXefi ein, wenn auch seoundäres ver-
balthema anzuerkennen, dessen grundform palm- lautete
und das, wie die gleich anzuführenden reflexe zeigen w^-
den, schon der europäischen grundsprache eigen war. Im
altnordischen begegnet nämlich ein verbum fölm-a, dessen
bedeutung: incerto motu ferri, trepidare sich völlig mit
nsksui^tö deckt. Im gothischen gehört zu dieser wurzel-
form falm- us-film-an- erschrocken, wie man jetzt sieht
eigentlich erschüttert, us-film-ein- f. schrecken, entsetzen,
staunen, oder vielmehr eigentlich und besser übersetzt: er-
schütterung, animi motus. Fragen wir jetzt nach dem Ur-
sprünge dieses offenbar secundären Stammes palm-, so
müssen wir allerdings auf das oben gesagte zurückkom*
men: der secundärstamm palm- hat sich aus pal =s ;raA-Aco
= lat. pello entwickelt, wie z. b. dorm-io ss ksl. dr^m-1-JQ
schlafe aus dar, das in öaij-Oavo) rein vorliegt und im skr.
dra schlafen mit der bekannten Umstellung rä aus ar auftritt.
Ob dieses m nichts anderes sei, als das bekannte m-suffix
ma, so dafs unser secundärstamm palm- eigentlich mit
TtaXjiiO'g das schwingen, zucken, schüttern identisch wäre,
können wir noch nicht beurtheilen, doch ist die Wahr-
scheinlichkeit dafür.
kgeinu)^ rlpa und ^Qeixw.
Der stamm von igdma^ kq^k^Qmro ist gm-y das £ ist
blofser verschlag wie in k-gBvy-oi)^ i^gv&go u. a. Die be-
deutung umstürzen, cinreifsen, niederwerfen ist Ursprung-
264 Fick, etymologische beitrage.
lieh wohl noch etwas weiter gewesen, wenigstens heifst
hgun-ia nicht blos trümmer, sondern auch z. b. fetzen
eines kleides und i-oin-vi] hei ist absturz, deolivitas. Es
gehört im lateinischen zu diesem stamme rip npa das ufer,
denn was ist das ufer anders, als ein absturz, abfall zum
flusse hin? Doch wird, nachdem so viel geistreiches Ober
rlpa gesagt ist, diese deutung viel zu einfach erscheinen.
Im altnordischen findet sich in form und bedeutung genau
entsprechend ein starkes verb rffa, reif brechen, reifseo,
zerreilsen z. b. in rifu kjöl sie brachen den kiel (durch die
macht des ruderns), rifu klaetThi sin sie zerrissen ihre klei-
der u. s. w. Das neutrale verb rif-na heifst brechen, rei-
fsen, rumpi, dissolvi und mit rip-r m. clivus kann man
lat. rlpa noch näher zusammenstellen. Im althochdeutschen
entspricht rihan, mhd. riben, nhd. reiben, das allerdings
verengte bedeutung hat, vielleicht aber, was ich jetzt nicht
verfolgen kann, einst auch weiter umfassenden sinn hatte.
Aus der gleichung koBinvo = an. rifa folgt ein europäisches
rip raipati brechen, reifsen; dem arischen ist das wort
fremd, da man es schwerlich mit rip =b lip schmieren wird
zusammenbringen wollen. Während k^dma eine auf den
europäischen sprachenkreis beschränkte ,,wurzel^ repräsen-
tirt, ist das ganz gleich formirte i(}eixw ein allgemein in-
dogermanisches Stammwort. Das s ist in kgeixco aor. ijqix^ov
wieder Vorschlag, die wahre wurzelform ist qix und dieses
QL'/. ist identisch mit skr. rip, ripati fut. räkSjati. rip heilst
ausrenken, zerreilsen, besonders am leibe, von den knochen
u. s. w. ri§-ta verrenkt, ausgerenkt, zerrissen, femer rei-
fsen, rupfen soviel als malmen, k^intBaOai. Genau so ist
der gebrauch von ^(/eixoü^ man vergleiche nur hom. i^eiXO"
jM€i/üc; Tteoi öüVQt vom Speere zerrissen und ähnliche Ver-
bindungen, auch zerrupfen, malmen heifst i()e(xui^ und wird
besonders vom schroten der hOlsenfrüchte gesagt. Wei-
terhin ist denn allerdings der sinn von hQtixw ganz allge-
mein zorreifson, zerschneiden, spalten u. s. w. Ob auch
(>ix-i/o-v,', (M)7xo(; krumm und lit. raiszas lahm hierhergehö-
ren, mag dahin gestellt bleiben.
Fick.
Michaelis, zur geschichtc der consonantenverdoppelung. 265
Zur geschichte der consonantenverdoppelung.
Der grundsatz unserer rechtsehreibung, nach kurzem
vokal der Stammsilbe den einfachen consonantischen auslaut
(soweit derselbe ein einfaches alphabetisches zeichen hat)
zu verdoppeln, ist von so grofser Wichtigkeit, dals es sich
wohl der mühe lohnt seinem ersten Ursprünge und seiner
allmählichen entwickelung nachzugehen. Es ist nicht meine
absieht diese aufgäbe jetzt hier im allgemeinen zu lösen,
sondern nur aus der fülle des Stoffes ein paar ganz kurze
be^lerkungen heraus zu heben.
Den ausgangspunkt fQr die Verdoppelung bildet überall
entweder assimilation, oder auch zuweilen der ausfall eines
vokals. Im gotischen, wo es einer besonderen andeutung
der Quantität der vokale am wenigsten bedurfte, weil a
immer, i und u mit wenigen ausnahmen kurz, e und o
immer lang sind, tritt doch schon oft Verdoppelung des
consonanten am Schlüsse der Stammwörter auf, und zwar
— was wohl nicht reiner zufall ist — immer nur bei li-
quiden und dentalen consonanten, wobei meist assimilation
nachweisbar ist. So finden wir // in: all, in den Zusam-
mensetzungen allsverei, allvaldands, fill, spill —
mm in: vamm, svamm — nn in: rann, brann, duganu,
kann, inn (hinein, sich anschliefsend an lat. endo, indu),
inngaggan, innvairpan, inngaleipan etc. ^ ss^
hervorgehend aus dem zusammentritt zweier Zungenlaute,
in: stass, qviss, viss (von standan, quipan, vidan),
tass — und selbst schon die tenuis tt^ statt eines urspr.
einfachen t, in skatt — gg , 'z. b. pugg, vagg gehört
wegen seiner besondern lautbedeutung nicht hierher. (Vgl,
Leo Meyer, die gothische spräche §. 284, 250, 205,
178, 90).
Es ist dabei wohl zu beachten, dafs diese consonanten-
verdoppelung vor einem flexions^ oder ableitungsconsonan-
ten in der regel fest verharrt, also z. b. alls, fills, fulls,
vamms, svamms, Stamms, vunns, skatts; fullnan.
Besonders beliebt ist die Verdoppelung vor j, namentlich
ddj (vgl. Leo Meyer a. a. o. §. 121), so: fulljan, fillja.
266 Michaelis, zur geschichtc der consonantenTerdoppeliuig.
vammjan, dammjaO) rannjan, brannjan, kaonjau,
knussjan, ufarassjan, faurstassja-, tvaddje, iddja,
vaddjus, daddjao, skattja. Die belege wird jedßr
leicht in Ernst Schulzens glossar finden.
Ich lasse die anderen älteren deutschen dialekte bei
Seite ) namentlich auch das altenglische, wo besonders bei
Orm eine eigenthQmliche entwickelung der consonanten-
verdoppehing auftrat (vgl. Mätzner, englische grammatik
I, 179; Mätzner und Goldbeck, altenglische sprachpro-
ben I, 1 f.), da alles dies jetzt zu weit führen würde, und
begnüge mich nur noch mit einigen bemerkungen über da8
erste auftreten der consonantenverdoppelung am Schlüsse
im mittelhochdeutschen. Dafs beim abfall eines endvokals
inlautende Verdoppelung an den schlufs rückt, ist natürlich;
so steht im nibelungenliede (ausgäbe von Bartsch, 2. aufl.
Leipzig, Brockhaus, 1869, der die St. Galler handschrift B
zu gründe liegt) : dann' statt danne 129,2; 947,4; ähn-
lich: wann' 1816,3; denn' 2259, 3; swenn' 135,1;
900, 1 ; 904, 4; 1268, 3; 1406, 1 ; 1916, 2; dick' statt dicke
900, 4. Der apostroph könnte dabei füglich fehlen.
Besonders beachtenswerth ist aber die im mittelhoch-
deutschen auftretende Verdoppelung des schliefsenden s,
allerdings aus ganz anderem anlafs als im gotischen, näm-
lich bedingt durch anlautenden vokal des nachfolgenden
Wortes. Bartsch (zu den nibelungen 210,3) macht be-
reits gelegentlich auf diese für die geschichte unserer recht-
scbreibung äufserst wichtige erscheinung aufmerksam:
„ross: das doppelte s steht sonst nicht im auslaut, wohl
aber öfter vor vokalen". So findet es sich daselbst: 27, 4;
41, 2; 71, 4; 210, 3; 265, 3; 637, 3; 762, 4; 1377, 2;
1474, 2; 1526, 4; 1529, 4; 1559, 3; 1639, 2; 1691, 4;
2007, 4. Nur zweimal 399, 2 und 1282, 4 steht ros vor
nachfolgendem vokal. — 1518, 3 findet sich aber auch
schon nn in kann vor vocalen: daz niemen kann er-
wenden iu recken iuwern muotl
Von diesen unscheinbaren anfangen aus hat sich das
princip stufenmäfsig weiter gebildet und allmählich zu einem
durchgreifenden hilfsmittel geführt, um auch ohne lästige
E. Kuhn, anzeigen. 267
acccnte oder sonstige dehnungszeichen dem immer fühlbarer
werdenden bedOrfnisse nach der Unterscheidung der beton*
ten Stammvokale zu genügen und so in einer ansprechen-
den weise dem grundgebrechen der römischen erbschaft
abzuhelfen. Was war natürlicher, als dafs man der präg-
nanteren Schreibung, nachdem man ihren werth vor voka-
len schätzen gelernt hatte, auch vor consonanten den vor-
zog gab.
Berlin, 21. sept. 1869. 6. Michaelis.
Ueber den Begriff Tochtersprache. Ein Beitrag zur gerechten Beurthei-
lung des Romanischen, namentlich des Französischen von Franz
Scholle. Berlin, W. Weber. 1869. gr. 8. 1 bl. und 85 ss.
Der verf. beabsichtigt in dieser abhandlung im an-
schlufs an die ansieht von Aug. Fuchs den nachweis zu
führen, dafs die eigenthümlichkeiten der romanischen spra-
chen, speciell des französischen, durchaus nicht dazu be-
rechtigen, in deren entstehung aus dem latein einen bruch
der organischen eutwickelung zu constatieren und aus ihnen
im gegensatz zu den „stammsprachen ^ eine besondere classe
der „tochtersprachen^ zu bilden, die jenen an inneren und
äufseren Vorzügen bei weitem nachständen. Der begriff
tochtersprache ist ihm vielmehr so unbestimmt und schwan-
kend, dafs er gar keinen wissenschaftlichen werth besitzt
(p. 74). Man wird dem verf. in einigen punkten bestimmt
entgegentreten müssen, so scheint er uns z. b. auf s. 25 f.
über den ganz unleugbaren unterschied der mots popu-
laires und mots savants (Diez gramm. P, 145 und sonst)
jedenfalls etwas zu rasch hinweggegangen zu sein; im all-
gemeinen wird aber auch der principielle gegner der ge-
schickten erörterung des verf. mit Interesse folgen, die
nicht blos eine - reproduction älterer ansichten, sondern
auch manchen neuen und selbständigen gesichtspunkt dar-
bietet.
£. Kuhn.
2G8 Schmidt
Die gothischo spräche. Ihre laiitgestaltung insbesondere im verhältniK>
zum altindischeu , griechischen und lateinischen, von Leo Meyer.
Berlin 18G9.
Der herr Verfasser hat sieb durch seine untersuchuD-
gen auf dem gebiete des gotischeu schon viele anerkannte
Verdienste erworben und sich als ausgezeichneten kenner
dieser spräche bewährt. Wie er schon früher einzelne laut-
klassen mit erschöpfender Vollständigkeit erörtert, so hat
er in dem vorliegenden buche diese behandln ngsweise allen
lauten des gotischen angedeihen lassen und den ganzen uns
von Wulfila überlieferten Sprachschatz nach mafsgabe der
lautlichen bestandtheile desselben gesammelt und so weit
möglich erklärt. „So weit es sich um die laute und ihr
leben handelt, ist**, wie M. in der vorrede sagt, „unver-
kürzte Vollständigkeit erstrebt worden, so dafs also jedes
gotische wort zum mindesten eben so oft besprochen wor-
den ist, als einzelne laute darin enthalten sind". Wer einen
blick iu das am Schlüsse als index beigefi)gte Wörterbuch
wirft, wird finden, dafs viele worte noch weit öfter bespro-
chen sind, z. b. der stamm tva zwei an dreiundzwanzig
stellen. Selten ist ein wort an gehöriger stelle übersehen
worden. Das am Schlüsse des Werkes angehängte Wörter-
buch weist unter jedem worte die paragraphen .^ach, in
welchen es behandelt und in welchen es etwa nachzutra^
geu ist. Einige worte finden sich nur in diesem wörter-
buche, in dem werke selbst aber gar nicht, z. b. jiuleis,
aurali, neivan, dessen perfect M. mit Uppström Mc.
VI, 19 annimmt. Bei der aufnähme von fremdworten und
namen ist M. nur mit aus wähl vorgegangen. Filippus,
Rufus, Lazarus, Saulaumon, Teimauthaius u.a.
haben eingang gefunden, dagegen fehlen Saurini Pyni-
kiska in text und Wörterbuch, obwohl Meyer (G. G. A.
1858 s. 466) „phönikische Syrerin" übersetzt, d^n also
zwei mit gotischen Suffixen gebildete worte erkennt, welche
ebenso gut aufnähme beanspruchen durften wie pisti-
keins. Aufgenommen sind kavtsjo, spyreida, apau-
staulus, drakma, paurpura, aipistaulei, dagegen
anzeigen. 269
fehlen in text und Wörterbuch z. b. laiktjo, unkja, aik-
klesjo, saban, smyrn.
So ist ein werk entstanden, Welches durch die im
ganzen und grolsen erschöpfende Vollständigkeit seiner
Sammlungen für die einzelnen laute dem nachschlagenden
tre£Pliche dienste leistet, eine vollständige laut- und for-
menlehre im rahmen der lautlehre. Diese anordnung schliefst
eine plastische darstellung der spräche natürlich aus, da
declination und conjugation nicht unter rein lautlichen ge-
sichtspunkten erörtert werden können ohne zusammenge-
höriges zu trennen, disparates zusammen zu stellen.
Der verf. hat hier sein anordnungsprincip zum vortheile
der Abersichtlichkeit selbst durchbrochen, indem er, aufser
der besprecbung der einzelnen flexionselemente unter den
betreffenden lauten, an geeigneter stelle paradigmen der
ubwandelung ganzer nominalstämme und temporalstämme
der verba einflicht. Er gibt z. b. nach Verzeichnung der
a-stämme unter dem vokale a deren vollständige declina-
tion, die der i-stämme unter i u. s. f. Wäre es nicht zweck-
mäfsiger gewesen, diese doch nicht streng in die gewählte
Ordnung passenden paradigmen am Schlüsse der lautlehre
zusammen zu stellen? Die an verschiedenen orten vertheilte
conjugation wOrde dadurch sehr an Übersichtlichkeit ge-
wonnen haben und der umfang des werkes nicht vermehrt
worden sein, da die gewählte Ordnung zu vielen, dann un*
nöthigen, Wiederholungen führt: z. b. werden sämmtliche
unabgeleiteten verba unter .allen vokalen, welche in der
fiexion auftreten, vollständig aufgezählt, und die abwand-
lung der stark flectirten praesentia an fünf vollständig aus-
geführten paradigmen (s. 394. 494. 650. 656. 663) gezeigt.
Doch das sind äufserlichkeiten, welche dem inneren werthe
des Werkes keinen eintrag thun.
Für unnöthig halten wir die vortrefflichkeiten des bu-
ches im einzelnen hervorzuheben, da wir nicht zweifeln, dafs
jeder leser unserer Zeitschrift gelegenheit nehmen wird,
sich von denselben zu überzeugen.
Der Schwerpunkt einer auf vergleichung anderer spra-
chen gegründeten lautlehre liegt in der methode der ety-
270 Schmidt
mologischen forschung, und hier weicht das credo des re-
f ereilten bisweilen stark von dem des Verfassers ab, wel-
ches dabin lautet, dafs ,,ein geübter und richtiger blick
noch immer mehr beschafit hat als das, was man als eine
wirklich bestimmte kritische methode bezeicbnen kann**
(Nachrichten von der Gr. A. Universität und der k5n. ges.
d. wissensch. z. Göttingen 1862 s. 514). Diese „vermeint-
lich sehr strenge kritik sei im gründe gar nichts als eine
unfruchtbare negation^. Zu dieser negation, welche die
grenze des wissens dahin setzt, wo die möglichkeit eines
beweises aufhört, bekennt sich der referent. Es übersteigt
daher seinen glauben, wenn im vorliegenden buche z. b.
smeithan, dishniupan, skathjan, skanda sämmtlich
auf skr. kdan zurückgeführt werden oder vlits, anda-
vleizns, glaggvuba und brahv mit altbulg. gl^dati,
ßlinsiv und skr. laks verbunden werden; oder arbi und
greipan mit skr. labh, lisan mit Xiysiv und skr. grab;
bliggvan und faurhts mit flekan und nhjffasiv;
thius, thävis und theihan mit skr. tu; air mit ijgi;
gasmithön mit xf^r^rog, xdf4V(o; sigljan und Signum
mit a(pQayig\ manags mit multus (s. Schleicher Beitr.
V, 112); sl^pan mit skr. glä-pajati erschöpfen; infei-
nan mit poena (wz. pu); aiths mit dfivvui^ skr. jam;
sv^rs mit guru; afhrisjan mit aeisiv, skr. kdip; va-
kan, lat. vigil mit gägar, während doch die von vigil
nicht zu trennenden vigere, vigor auf skr. r&^-a,
ög-as lebenskraft weisen. Auch hätte wohl weiterer aas-
fQhrung bedurft, wie hiuhma und cumulus möglidier-
weise auf eine reduplicierte bildung von skr. Ki zurück-
zuführen seien (s. 665). Gegenüber so kühnen Zusammen-
stellungen befremden hie und da auftauchende bedenkliob-
keiten gegen anerkannte etymologien; so wird ein Zusam-
menhang von thaurnus mit skr. trna und von svarts
mit sordidus nur „möglicherweise^ zugestanden.
Hier verharren wir allerdings in der negation. Damit
sie aber nicht unfruchtbar bleibe, mufs ich auf eine quelle
verweisen, aus welcher nach dem urtheile und vorgange
von Grimm, Sohafarik, Miklosich, Schleicher u. a. fär die
anzeigen. 271
erkenntnis des gotischen manigfacbe aufklärung geschöpft
werden kann, auf deren benutzung aber der Verfasser
gänzlich verzichtet bat. Ich meine das litauische und die
srawischen sprachen. Dafs sie dem deutschen am nächsten
verwandt sind, bezweifelt heute wohl kein kundiger mehr.
Meyer sagt in der anzeige seines buches (Gott. gel. anz.
1869 s. 1535f): ,,Es ist allerdings wohl behauptet worden,
für das deutsche seien zuerst immer die näher verwandten
litauischen und slawischen sprachen vergleichend zu erwä-
gen, wenn^ von einer wirklich methodischen behandlung die
rede sein solle, dafs diese bebauptung aber eine durchaus
schiefe ist, jene nothwendigkeit keinesweges vorliegt, mufs
jedem klar sein, der fQr die ganze art und aufgäbe der
Sprachvergleichung ein wirkliches Verständnis hat^. Der
Sprachforscher müsse „an der band nur weniger verwand*
ter sprachen und ohne historisch vielleicht viel näher liegen-
des zugleich zu berücksichtigen, doch klare und bestimmte
Verhältnisse zu gewinnen im stände sein^. „Ohne diese
durchaus wissenschaftliche methode müsste uns ja über-
haupt ganz und gar unmöglich sein Sprachgeschichte zu
erforschen, ausser wo sie uns in allen einzelnen zwischen-
liegenden theilchen vorläge, und das letztere ist eben nir-
gends der fall^. Ich habe die vorstehende äusserung des
Verfassers hier wörtlich mitgetheilt, weil mir die in ihr
liegende cntschuldigung nicht klar werden will, denn das
kann sicher Meyers meinung nicht sein, dafs weil wir nur
den bei weitem kleineren theil der indogermanischen Sprach-
geschichte aus den erhaltenen denkmalen direkt zu gewin-
nen vermögen, man berechtigt wäre selbst die vorhandenen
nicht vollständig auszunutzen. Je lückenhafter unsere quel-
len sind, desto sorgfältiger müssen wir sie durchforschen,
and die anerkannt nächstliegenden zuerst. Wenn wir hier
die rücksichtnahme auf das slawische und litauische als
ein unumgängliches erfordernis einer vergleichenden gram-
matik des deutschen bezeichnen, so können wir uns daför
auf eine autorität wie Benfey berufen, welcher (gesch. d.
sprachwissensch. s. 563 ff.) die nothwendigkeit betont, die
zwischen der Ursprache und dem hervortreten der einzel-
272 Schmidt
spräche liegenden sprachperioden zu ermitteln. „Es bedarf
jetzt erforschung einerseits derjenigen erscheinungen, welche
einer der spracbzweige — nicht mit allen, sondern, gerade
im unterschied von der grundsprache — nur mit einem
oder mehreren der übrigen gemeinschaftlich besitzt, und
andrerseits derjenigen, durch welche er sich wiederum
von diesem oder diesen seinen näheren geföhrten unter-
scheidet".
Wie fruchtbar aber die vergleichung der slawoletti-
schen sprachen für die erkenntnis des gotischen ist, das
mögen einige wenige beispiele belegen. Folgende worte,
für welche M. gar keine verwandten aus andern sprachen
aufführt, finden ihre parallele im slawischen oder litauischen:
S. 5: kara, altbulg. gorje weh; kintus entlehnt ans
ab. c^ta (zeitschr. XI, 173); s. 13 ak sb lit. 6gi; s. 66
ga-daban, ab. po-doba decor, lit. da bin ti schmücken;
s. 71 fairnja- alt, lit. p^rnai voriges jähr; s. 74 fug-ls
lit. paük-sztis vogel (M. denkt an Zusammenhang mit
""fliugan); löfa, ab. lapa tatze; s. 109 du = ab. do,
lit. da-; s. 135 thusundja = ab. tysqäta; s. 136 zu
sinths vergl. altir. set (zeitschr. XI, 163), lit. siunczü
sende (beitr. VI, 149 f.); s. 370 vainags, ab. vi na schuld,
beschuldigung; s. 336 hvarjis = lit. kürs.
Dann mögen einige worte aufgeführt werden > welche
im slawisch litauischen jedes falles viel nähere verwandte
haben, als die worte, mit welchen sie Meyer vergleicht (letz-
tere fuge ich in klammern bei):
S. 37: hardüs {ay,iXXE(S&ai^ axXr^gog) =» ab. irödü
firmus. S. 47 biuhts gewohnt (fungi, skr. bhu^), ist
ein compositum bi-uhts, dessen letzter theil mit ab. vy-
kn^ti discere, pri-vykn^ti assuescere, uciti docere wur-
zelverwandt ist. S. 51 nauths (bi-nauhan, neoesee)
ab. n^zda, nuzda necessitas, ved. nädhamäna, nä-
dhita hilfe flehend, in noth befindlich.
Für got. p =s b der verwandten sprachen (s. 55 f.)
hat Meyer nur ein beispiel sliupan = lubricus, das
slawisch-litauische gibt uns noch drei andere an die band,
durch welche ebenso viel bei M. unverschobene p besei-
anzeigen. 273
tigt werden: S. 56 wird hröpjan als causativum von skr.
kar preisen, griech. xalelp erklärt, es entspricht ihm aber
(bis auf die Steigerungsstufe des wurzelvokals) lit. kalbe' ti
reden (got. r gegen lit 1 wie in gredus = ab. gladü);
ferner slepan ("gläpajati erschöpft machen), ab. slabü
debilis; diups {dvnTw^ im-buere, skr. guh) lit. dübti
hohl werden. Ein viertes beispiel von p = b läfst sich
vielleicht gewinnen aus der Verbindung von thaurp, wel-
ches Meyer an terra anschliefsen will, mit osk. tr/®b-
arakaum bauen, kymr. treb vicus. Ein fünftes aus der
vergleichung von -sveipains, as. forswipan vertreiben,
an. svipa schwingen mit lat. subidus aufgeregt (Usener
rh. mus. XX, 148 ff.)-
Sipöneis mit ^nsad'aij sak zu verbinden (s. 57) ist
mindestens bedenklich, da in ahd. bein-segga, pein-
- sei CO pedissequa (Gf. VI, 129. 143) die wurzel regelrecht
verschoben ist; sipöneis hat ein so fremdartiges ausse-
hen, dafs Grimm es wohl mit recht als aus ab. zu p an ü
entlehnt betrachtet (Vorr. zu Wuk Stephanowitsch serb.
gramm. s. II). Ebenso wenig deutsch ist plinsjan, ent-
lehnt aus ab. pl^sati (Grimm a. a. o.): M. s. 167 ver-
gleicht es mit sphur, anaiqBtv^ splendere. Beidan er-
warten, baidjan zwingen stehen dem ab. bediti cogere
jedenfalls näher als dem lat. fidere, griech. nei&siv. S. 76
hiufan (skr. 9uk) lit. kaükti heulen; s. 82 ga-tils pas-
send {tekog skr. tar), lit. dailüs zierlich. S. 86 letan
(latere, kavßavsip) lit. leidmi. Der vergleichung von
ab. gl^dati videre mit got. vlaitön s. 88 ist die bei Mi-
klosich lex. s. v. Von gl^dati mit got. glitinunjan,
mhd. glinzen vorzuziehen. In driugan ist keine spur
der feindschaft, welche berechtigte es mit skr. druh zu-
sammenzustellen (s. 108), vielmehr zeigen ags. dryht und
dryhten, dafs darin der begriff der kameradschaft ob-
walte, daher sind ab. drugü, lit. draügas genösse, freund
zu vergleichen. Wie unrecht weiter driugan mit dulga-
zusammengebracht wird, geht aus ab. dlügü debitum her
vor (s. Mikl. s.v.). Das für vaurd (verbum) geforderte
vardha- (s. 111) tritt in lit. värdas name klar zu tage.
Zeitschr. f. vergl. sprachf. XIX. 4. 13
974 Schmidt
D01U d io jaiu-d dorthin, tha-d-ei wohin, vergleicht M.
(8. 123) zweifelnd die suffixe skr. -tham, -thä, griech. -<T€,
hätte er das ab. -da in tq-da dortbin, kq-da wohin,
weiches lautgefietzlich genau entspricht, berücksichtigt, so
würde er vielmehr auf griech. -da (h'&a\' lat. -de (in-de,
qn-de) geführt worden sein. Den localadverbien hvar,
thar? hgr entsprechen genau die lit. kür ss hvar,
kitur, visur und waren daher s. 293 vor den skr. ta-
-tra? ku-tra 7A\ vergleichent S, 134 thaurban (oTc^^e-
a&ai)j ah. tr^bO necessarius. In sauls ist kein t hinters
ausgefallQO) Wii die yergleichuqg mit arvlog s. 155 ist un-
haltbar. Schon Dietrich (Haupts zeitschr. V, 225) hat es
mit an. svafir gebälk, svoli pfal, ahd. suelli verglichen;
aus den verwandten sprachep gehören dazu lit. sfi'las
bank, lat. solium, griech. (TcA^ara, dessen digamma in
dem ca von kvadaXfioq zu tage tritt> muka- sanft wird
8.262 vom unbelegten skr. mug reiben, tönen hergeleitet,
^ entspricht aber ab. m^kükü moUis, m^knqti molle-
scere (deutsch, ü = ab. ^ wie in füst 33= p^sti, gadü-
h^n premere = tqziti urgere t^gota /9Gf()og, lit. tankus
dicht mit bewahrupg der durch das deutsche geforderten
tenuis), das k ist also un verschoben wie in leik = ab.
lice, sigqan = lit. senkü, an. mörkvi == ab. mraku
caligo, as. rekkian = ab. rekq u. a., die wz. mak, auf
W^he wir so geführt werden, ist auch in fidtSiSoa enthal-
ten (Curt. no. 455). Huts heuchlerisch, lutön betrügen
werden s. 303 mit skr. wz. lud bedecken verglichen, nach
dem p^tersb. wörterb. bedeutet diese aber nur aufrühren,
in bewegung setzen, hingegen entspricht genau ab. ludiii
lu^devati decipere. S. 339 harjis (skr. kula) ab, ksra
r^a, karati s^ pugnare. S. 371 vrikan (urgere) lit
verzti drangei;^.
Dies^ beispiele Hessen sich noch bedeutend vermehren,
schon die wenigen hier gegebenen zeigen, wie nöthig für
deutsche Sprachforschung die rücksichtnahme auf das sla-
wische mild lit^ui^^he i^t.
Prohlematiadii i^t, was s. 306 über anlauteqdes sl bfi-
merkt wird, welchem nie in den verwandten spr&chen die.
anzeigen. 275
gleiche gruppe entspreche. Ein fall der art ist wenig-
stens sicher: slepan, ab. slabu, die übrigen deutschen
sprachen bieten deren mehrere, sibja, unsibjis u. a.
hat Kuhn unzweifelhaft richtig mit skr. sabhä vermittelt
(zeitschr. IV, 373), die herleitung von aißsiv b, 66 ksLtin
dagegen nicht aufkommen, zumal wenn man Cnrtius g. e.*
520 berücksichtigt.
Für manaulja Phil. II, 8 weifs M. auch keinen rath,
Conr. Hofmanns vermuthung (Germania VIII, 2), es sei
verschrieben für manludja, hat sehr viel Wahrscheinlich-
keit, und wenigstens sie erwähnt zu sehen hätten wir ge-
wünscht, skanda stellt M. zu skr. käan verletzen, sollte
es nicht zu s kam an sik gehören, dessen grundbedeutung,
nach ahd. scema larva zu schliessen, „verhüllen^ gewesen
ist*), skan-da also das verhüllte, wie mul-da das zer-
mahlene. Für die assimilation eines m an dentale weifsr
ich allerdings kein beispiel weiter, allein die anbequemung
der nasale an folgende gutturale und labiale (fimf), scheint
trotz andanumts, gaqumths obige annähme nicht un*
möglich zu machen.
Die vergleichung von ahma mit lat. omen, welches
aus ocmen entstanden sein soll (s. 240), verträgt sich
nicht mit Varros osmen (1. 1. VI, 7, 76). sküra wind-
stofs gehört nicht zu skiuban, skr. ksubh (s. 581. 653),
sondern zu lat. caurus, corus nordwestwind, lit. sziau-
r;^8 nordwind, ab. s^verü boreas.
Die gleichung niuklahs == vsoyvog unterliegt doch
lautlichen bedenken. Will man nicht mit Grimm (Haupts
zeitschr. V, 236) niuklahs = an. nyklakinn setzen und
an altnord. kiek ja anlehnen, so mufs man einen stamm
niu-kla-, mit demselben suffix wie aina-kla /uejiwvco'
fiivf] I.Tim. 5, 5 annehmen, aus welchem dann weiter
♦) ska-m eine Weiterbildung der in rTxi/-i'^, axo-roq got. ska-du-s
erscheinenden wz. ska = sku bedecken. Das anlautende s hinderte den
eintritt der lautverschiebnng, fiel es ab, so ransste sie eintreten (vergl. abd.
hüt : ffifVToq^ heitar ; lit. skaidrüs, hinchan : ^rxci^w), und es ent-
stand ha-m in an. ham-r, ahd. hämo, hemidi, got. gahamSn, welches
bei M. s. 41 einer erklämng entbehrt (vgl. DelbrOeh zeitsehr. X¥ilf 98d).
18*
276 Schmidt
niu-kla-ha- gebildet werden konnte wie aina-ba- aus
aina-, bröthra-h-an- aus brötbar-.
Schon oben hatten wir bei sipöneis und pliusjan
die ausscheidung dieser worte als fremdwortc vermisst, auch
aurahjön- oder -ja- sieht M., wie es scheint, als deutsch
an, das innere a habe eich nur zur erleichterung der aus-
spräche eingedrängt (s. 427), doch ist das wort sicher aus
6qx>x^] entlehnt (Wackernagel unideutschung fremder Wör-
ter 2. aufl. 8. 16). Auch bei paida und kelikn (beitr.
II, 108) wäre fremder Ursprung anzudeuten gewesen.
S. 579 £ stellt M. die ausnahmen von dem gesetze,
dafs u vor r, h aü wird, zusammen. Von diesen geben
sich einige sofort als keine wirklichen ausnahmen zu er-
kennen^ indem sie unzweifelhaft langes u haben. Es sind
brühta, dessen länge M. anerkennt, übte dun (nur Mo.
11,32), welches M. jedoch nur möglicherweise als lang
gelten lassen will; da aber an allen übrigen stellen öh-
tödun steht (Matth. 9, 8. 27, 54. Mc. 5, 15. 9, 32.
11, 18* 12, 12. Luc. 2, 9 u.a.), so mufs uhtedun ent*
weder als Schreibfehler gelten, was das wahrscheinlichere
ist, oder als ühtedun gefafst werden. Ferner uhtvo,
uhtiugs, uhteigs, in welchen man nach M. vielleicht ü
annehmen darf. Die Variante öhteigö IL Tim. 4, 2 be-
weist wenig, und die übrigen deutschen sprachen geben
auch keine positiven beweise für länge des vokals, da an.
ötta als zweideutig aus dem spiele bleiben mufs und ahd.
uohta von GraflF I, 138 nur aus Notker belegt wird, Not-
ker setzt aber uo nicht nur für fränkisches ü, sondere
auch für u (s. Weinhold alem. gramm. s. 72 f.). Die übri-
gen Worte verdienen eine nähere Untersuchung, es sind:
huhrus^ juhiza, thuhta nebst zubehör und huhjan,
ferner -üb, paurpura (Mc. 15, 17. 20, paurpauraLuc.
16, 19), fidur, ur-. Die vorletzten drei scheiden sich
von den vorhergehenden dadurch, dafs ihr u in unbetonter
silbe steht, während es in jenen hochtonig ist. Auch ur-
ist, wenn wir es nach hochdeutschem betonungsgesetze
beurtheilen dürfen, unbetont in ur-rinnan, ur-r€dan,
ur-reisan, ur-rümnan, schwach betont in ur riqiza,
anzeigeu. 277
hochtonig nur in ur-rugks. Zu dieser überwiegenden
tieftonigkeit des wertes kam noch das lebendige gefQhl (ür
seinen Ursprung aus us (II. Cor. 6, 11 noch u9-rümnöda
cod. B. neben ur-rümnöda cod. A.) um den eintritt der
brechung zu verhindern.
Sehen wir von dem ganz dunkeln nur an einer stelle
überlieferten huhjan ab, so zeigen die noch übrigen worte
mit ungebrochenem «u in der tonsilbe entschieden langes ü,
was wir hexv^üm müssen, da es Meyer a. ä. o. und s. 652
ausdrücklich bestreitet, huhrus, juhiza, thuhta haben
neben sich die nasalierten formen huggrjan, juggs,
thugkjan. Nun ist ein weitgreifendes gesetz der deut-
schen sprachen, dafs wenn ein nasal in der Wurzelsilbe
vor folgendem consonanten schwindet, die alte quantität
der silbe gewahrt wird, entweder durch Verdoppelung des
folgenden consonanten (an. drekka = got. drigkan,
batt = band) oder durch dehnung des vorhergehenden
vokals. Für das an. alts. ags. ist die letztere erscheinung
bekannt as. fif, küöT, ags. güöT, hüöT, müöT, gös, os,
an. as u. a. Auch dem althochdeutschen ist sie nicht
fremd, denn es wird nicht laune sein, dafs dahta, brahta,
dühta und die zugehörigen part. pass. langen vokal an-
nehmen, während mahta, tohta kurz bleiben, vielmehr
die länge durch die ausgefallenen nasale von bringan,
denchan, dunchan hervorgerufen sein. Sprechen aber
nicht got. brahta, thahta mit ihrem kurzen ^ gegen
diese auffassung? Wir fragen zurück: woher weifs man,
dafs ihr a kurz war? Ebenso wenig wie die unterschieds-
lose bezeichnuog von n und ü im gotischen uns hindern
kann diese beiden laute zu unterscheiden, sichere anzeichen
uns vielmehr dazu nöthigen, ebenso wenig kann der um-
stand, dafs das gotische nur ein zeichen für a hat, be-
weisen, dafs dies a überall dieselbe quantität gehabt hat.
Und wie man die gotischen ü theils aus inneren gründen
(hrükeith, hrükeith, lükan) theils an der band der
übrigen deutschen sprachen gefunden hat, so werden diese
beiden anzeichen uns auch bei der bestimmung der qua
tität des a leiten müssen. Beide aber erweisen »
278 Schmidt
in vaian, saian, laiau und iu hahan, fahan. Der io-
nere grund: es gibt im deutschen sonst kein redupliciereD-
des verbum mit kurzer Wurzelsilbe im praesens. Eine
scheinbare ausnähme macht nur das ahd. erren ierun
giaran, welches offenbar eine ganz unursprüngliche bil-
duDg ist und früher durchweg nach art der abgeleiteten
fleotiert sein wird (got. arjan ist leider nur in einer prae-
sensform belegt) wie cc()6<a^ arare, dann aber ein redupli-
ciertes praeteritum bildete wie mhd. halse, hiels, vr-
eische, vr-iesch. Aufserdem konnte aber auch erren
im althochdeutschen als langsilbig gelten, gerade so gut
wie zellan u. a., dessen perf. zalta nach art der langsil-
bigen gebildet wurde. Von vaian, saian hat Li. Meyer
schon zeitschr. VIII, 245 ff. und s. 695 f. des vorliegenden
Werkes angenommen, dafs sie aus ^ve^jan, *se-jan ent-
standen seien''), mehr sagt uns der Ebelsche ausdmck zu
(zeitschr. V, 56), ihr aia stünde statt äia. Da alle übri-
gen deutschen sprachen in diesen werten k oder dessen
Vertreter haben, da ferner slaw. sej^, vSj^, lit. s^'ja,
v^'jas den langen a- vokal für die zeit der nordeuropfii-
schen grundsprache sichern, so ist, wenn man nicht von
der Voraussetzung ausgeht, dafs got. a nie lang sein kann,
die höchste Wahrscheinlichkeit dafür, dafs diese worte im
gotischen ebenfalls säian, väian gelautet haben, d. h.
dafs das a in dem diphthongen ai länger gewesen sei als
das a des graphisch nicht davon geschiedenen ai in hai-
tan, aivs, welchem ahd. ei, e entspricht. Und nur die
länge des äi erklärt, weshalb nicht *vajan eingetreten ist,
da doch in ajukduths und vajamerjan der hiatus durch
Wandlung des ai in aj gehoben ist, während vaian,
saian ihr ai behalten, höchstens das i leise in einen Spi-
ranten auslaufen lassen, wie die Schreibungen saijith,
saijands beweisen. Dafs der spirant hier nur sehr schwach
*) Weshalb auch faian mit einem pert'. faifö auf gleiche stuft ge-
stellt wird 8. 696 bei M., wie bei Grimm gesch. 867, ist nicht abznMhen,
da die einzige belegte form faian da hierzu durchaus nicht zwingt, der
hinblick auf fijan das verbum vielmehr als abgeleitet erweist: faian ftlr
faijan wie friathva fllr frijathva.
anzeigen. 279
«
gesprochen ward, folgt daraus, dais ihm gewöhnlich gfor
keine graphische bezeichnung zu theil wird. Genaa ent-
sprechend dem Verhältnis von vaiaä : vaja- (merjan) ist
aber, wie Meyer lehrt, das von staulda zutavida. Meyer
(s. 388) nimmt an, dafs alle au vor vokalen für öv stehen;
wenn sich dies gleich nicht für alle einschlägigen werte
erweisen läfst, so wird es doch fiQr afmauiths durch ahd.
kamuait, ftkr staui'da durch ahd. stuota gesichert.
Daher wird auch das au in staulda u. s. w. ein längeres
a als das von taujan, maujös u. s. w. gehabt haben.
Die abneigung des gotischen gegen die lautfolge 6j
verhinderte, wie Meyer bemerkt, in vaian die färbung des
alten ä zu e. Ein grund, weshalb dies ä nur seiner qoa-
lität, nicht auch seiner Quantität nach unversehrt geblieben
sein könne, ist nicht nachgewiesen. Ebenso sichern alt-
bulg. laj^, lajati latrare, contumelia afficere, lit. löju,
16t i latrare die annähme von ä in got. laian. Demnach
blieben hahan und fahan als einzige reduplicierende
verba mit kurzer Wurzelsilbe zurück. Das althochdeutsche
zeigt in ihnen bekanntlich ä hähan, fäban, dessen länge
ebenso wie in dähta, brähta zum ersatz für den ausfall
von n eingetreten ist. Dafs dieser nasal in der deutschen
grundsprache vorhanden war, folgt daraus, dafs er nicht
nur in allen deutschen sprachen aufser dem gotischen er-
halten ist (an. hanga, as. part. bi-hangan, ags. be-
-hongen, ahd. pi-hangan u.a.; an. f^ngum, fenginn
as. fengun, gifangan, ags. feng, befangen, ahd.
fieng, gifangan), sondern für fahan auch durch got.
figgrs bestätigung erhält, für hahan sich sogar als vor-
deutsch erweisen läfst durch lit. kinkyti anspannen (vgl.
lit. kinka hesse mit mhd. hah-se, ags. höh calx), kanka
die folter, känkl^s die bespannte cither. Setzen wir also
dem althochdeutschen entsprechend got. fähan, hähan
an, so ist alles in bester Ordnung und die bei kurzem a
unbegreiflichen perfecta faifah, baihah erhalten ihre
gute begründung. Der nasal inufs ausgefallen sein nach
der periode, in welcher die alten ä zu 6 geworden waren,
deshalb konnte durch ersatzdehnung nur noch ä entstehen;
280 Schmidt
dais der nasal aber im gotischen erst spät geschwunden
sein kann, dafür glaube ich eben genügende Zeugnisse bei-
gebracht zu haben. Hiernach wird man auch got« br&hta,
thähta anzusetzen haben, und damit sind eine reihe von
anscheinend unursprünglichen vokaldehnungen des althoch-
deutschen erklärt und beseitigt.
Wer noch an der existenz eines gotischen zum ersatz
für geschwundenen nasal gedehnten a zweifeln sollte, dem
wird sie vielleicht durch erwägung der ähnlichen aber viel
tiefer in den Organismus der spräche eingreifenden Schick-
sale des gleichgestellten i glaubhafter. Die quantitätsbe-
Zeichnung, welche bei a und u im gotischen fehlt, ist fQr
i auch graphisch durchgeführt: i, ei (d.i. i). Genau ent-
sprechend unserem fang- : fäh- ist das Verhältnis von
as. ags. thringan zu got. threihan (lit. tr^nkti stossen,
lat. torqueo u. a.), ags. thingan zu got. theihan (lit.
tinkü, tikti passen, tenkü, tekti erhalten u. a. Cur-
tius 6. E. no. 2J<>). Hier zog der Schwund des nasale
eine völlige Veränderung der conjugation nach sich: indem
das i durch ersatzdebnung zu ei gelängt wurde, verfiel es
der analogie der übrigen im praesens auftretenden ei,
d. h. die wurzel ward aus der a- reihe in die i-reihe hin-
übergezogen. Dafs sich so der gröfste theil der Übertritte
aus der a- reihe in die i-reihe löst, wird anderwärts aus-
führlich gezeigt werden.
Dem Verhältnisse von fäh : fang von theih : thing
genau entsprechend ist aber weiter das von huhrus :
huggrjan, juhiza : juggs, thuhta : thugkjan, da-
mit, meine ich, ist die länge des u in den nicht nasalier-
ten formen bewiesen, und es folgt der satz, dafs gotisches
ü vor r und h nur in unbetonter silbe stehen kann, in be-
tonter aber stets zu au wird, ü dagegen ungebrochen bleibt
Um die quantität des got. u zu bestimmen, werden
von M. mit recht die übrigen deutschen sprachen herbei-
gezogen s. 653, bei der beurtheilung des ai ihnen aber die
mitwirkung versagt, das ai in vaila, baitrs, jains, lai-
gön trotz ahd. wela, pittar, jener, lecchon nicht als
älteres i betrachtet, überhaupt ai nur vor r und h aner*
anzeigen. 281
kannt, worin wir dem verf. nicht folgen. Für gaurs be-
seitigt das ahd. görag die 8. 585 waltenden zweifei Ober
den werth des diphthongen als aü oder äu.
Auf die auslautsgesetze, den stolz der deutseben gram-
matik, legt der verf. nicht den gebührenden werth; er
setzt z. b. izvis = skr. juämdn (s. 190). Während vul-
fis = skr. vrkasja und fadrs = nctrqog gesetzt wird,
soll sich in bairandis das alte genetivsuffix erhalten ha-
ben und cpigovToq genau entsprechen (s. 186. 473. 532).
In allen dativen, ausser denen der a- und männlichen
i- Stämme, soll das schwere ai' ganz geschwunden sein:
snnau = skr. sünave, ga-mundai = mataje u. a.
(s. 530. 575. 690), bei -fada dagegen wird freigestellt, es
mit Verlust eines i = skr. pätj6 oder mit einbusse von
-jai := skr. pataje zu setzen (s. 470), und agisa soll
auch in der endung dem skr. a hase entsprechen können
(s. 464). „Man konnte darnach also im gotischen neben der
der ungeschlechtigen Wörter auf a, mit der sie äusserlich
allerdings ganz zusammengefallen ist, auch recht wohl eine
besondere declination aufs, also consonantisch ausgehender
ungeschlechtiger Wörter aufstellen" (s. 465). Im einklange
damit heifst es (s. 463 f.) bei sigis- in sigislaun dfirfe
man von der einbusse eines -a entschieden nicht sprechen.
Warum nicht? vergl. laus-qithrs, vein-drugkja neben
lausa-vaurds, veina-triu.
In fön soll ein ursprünglich auslautender nasal erhal-
ten sein, als grund weshalb er nicht wie in hairtö ge-
schwunden sei, wird die einsilbigkeit des wertes angeftkhrt
s. 243. Vielmehr ist fön der nom. eines neutralen a-stam-
mes, welcher, nur mit anderem geschlechte, in panno f.
feuer panu-staclan feuerstahl des deutsch -preufsischen
vocabulars erhalten ist. Schon Grimm gesch. 847 hat auf
das analoge Verhältnis von fön : funin und qens : qinö.
aufmerksam gemacht.
S. 577 wird nach analogie des griechischen und la-
teinischen ein nom. acc. plur. *faihiva erschlossen. Als
bestätigung desselben darf ahd. fihiu jumenta der Rei-
chenauer glossen (Diut. I, 499, a.) angeführt werden, des-
282 Schmidt
sea u doppelte deutuDg zuläist, entweder eDtspricht es
dem gotischen a wie in wer tu und den anderen seltenen
neutralnominativen auf u, welche Dietrich histor« decH-
nation. p. 6 f., Weinhold alem. gramm. s. 423 f. verzeichneD,
dann steht fihiu für fihiwu wie sdes för sSwes, oder
das u ist nach dem Schwunde des urdeutschen a aas ▼
vokalisiert, dann verhält sich fihiu : *faihiva = wort
: vaurda. In beiden fällen weist fihiu aber bestimmt
auf ein got. *faihiva.
Mit befriedigung hat referent bei Meyer eine erkläruog
des in den pronominalaccusativen than-a, that-a u. 6.w.
auslautenden -a gefunden, welche er selbst in einer vor
erscheinen dieses buches schon geschriebenen miscelle zu
geben gedachte. M. sagt s. 175: ,, möglicherweise stimmt
es (dies a) genau überein mit dem rj in den als dorisch
angeführten kyuivri ich, rvvij du^. Dies ist die einzige er-
klärung der fraglichen formen, welche nicht gegen das
auslautsgesetz verstöfst ^ ) und zugleich dem a eine be-
deutsamkeit einräumt. Da M. selbst an anderer stelle von
ihr abweicht, so seien einige bemerkungen zu ihrer be-
gründung und erweiterung gestattet. Dies a findet sich
nämlich auch im deutschen am pron. pers. in ahd. ihha,
ihcha, dies dem gr. hyio gleichzusetzen (Scherer z. gescb.
242) verbietet, wie Kuhn zeitschr. XVIII, 350 bemerkt,
die bedeutung egomet. Mit Gr. III, 12 ih-cha zu thei-
len und dies = 'syia-ye zu setzen, geht auch nicht, da das*
erhaltene a gegen das auslautsgesetz verstiesse (vgl. mih,
dih). Theilt man aber ihh-a, so ist dies im besten ein^
klänge mit ky^vi]. Man hat dann natürlich anzunehm^,
dafs beide werte *agam und ä zu der zeit, als das aus-
lautsgesetz in Wirkung trat, noch unverschmolzen neben
einander standen, denn nur so ist der abfall des am von
*") imam, idam hätten nicht zu Ina, ita werden können (Holtzmum
Germania VIII, 264, Scherer z. gesch. 107 fF., Meyer got. spr. s. 259), son-
dern nur zu *in oder ""im, *it wie varkani zu vulf. Dasselbe gilt gegen
Windischs annähme (Curtius' Studien II, 296), ina thana seien accusative
gleichlautender, übrigens nicht weiter nachgewiesener stamme. Als solche
könnten sie nur *in *than lauten.
anzeigen. 283
*agam begreiflich. Diese annähme hat ja nicht die min-
deste Schwierigkeit, da der eintritt von n flQr min thana,
welcher nur im auslaute möglich war, ebenfalls fhr ein
längeres getrenntsein von tarn und ä zeugt. Das in kraft
tretende auslautsgesetz fand diese beiden aber schon zu
*tanä verschmolzen, — sonst wäre der nasal verloren — ,
Während agam und ä noch jedes für sich den einwirkun-
gen dieses gesetzes stand zu halten hatten. Diese spätere
Verschmelzung ist denn auch der grund, weshalb sich das
a in ihha noch erhielt als den, da5 dasselbe schon ein-
gebüfst hatten*). Ist so das deutsche -a wie im griechi-
schen auch beim personalpronomen gebräuchlich gewesen,
so beschränkt andrerseits das griechische sein -t] nicht auf
letzteres^ vne ri-ij^ 6ri-i?, hTtsi-Tj darthun. Noch ganz frei
und selbständig als wort für sich steht das ä im sanskrit,
durch welches vorhergehende worte hervorgehoben werden
(beispiele bei Böhtl.-Roth s. v. ä 1. c). Dafs es mit un-
serem in rede stehenden a griech. 17 identisch ist, zeigt die
gleichmässige Verwendung aller drei zur hervorhebung des
Wortes, hinter welchem sie stehen. In den deutschen pro-
nominalaccusativen bat a seine nachdrückliche kraft ver-
loren, gerade so wie das k in mi-k, thu-k, dafs es sie
aber auch hier einst gehabt hat und nicht ein rein phone-
tischer Zusatz ist, folgt aus der regelmässigen ausschliessung
der neutra auf -t-a von der praedicativen Verwendung
(Gr. IV, 471). Der vereinzelte accusativ msc. sad: jah
gairnida sad itan (Luc. 15,16. 16,21) in einer dem
praedicativen gebrauche des nom. ntr. analogen Verwen-
dung, deutet darauf hin, dafs auch im acc. msc. ein mal
ein ähnlicher unterschied zwischen sadan-a und sad,
sath bestanden hat wie zwischen sadat-a und sath.
*) Urdeutsches auslautendes -a wird althochdeutsch regehnässig zu u
oder e oder schwindet ganz; geba =3 got. giba ist keine instanz dagegen,
denn Scherer s. 429 hat sicher recht, das a des ahd. geba auf die analogie
von zunga zurttckzufUhren. Als stütze iUr diese ansieht hätte er die no-
minative auf -unc bei Kero und Isidor wie samanunc, bauhnunc (6r.
IV, 463. Holtzmann z. Isid. 140) sowie den alten nom. puo^ in der formel
mir wirdit puoj (6r. IV, 245) anführen können, welche das urdeutsche a
regelrecht verloren haben, wie das fem. blint, das ntr. pl. wort u. a.
284 Schmidt
Klar zu tage tritt die emphatische Wirkung des a in ihh-a
egomet. Ob die niederdeutschen stark betonten icke,
dette, auf welche Kuhn zeitschr. XVIII, 331 aufmerksam
macht, sowie ez-e, welches Weinhold bair. gramm. 8.370
anführt, ebenfalls unser -a enthalten, lasse ich unentschie-
den, bin aber geneigt, das o in ahd. dirro aus di8(e)r-o
als einen ferneren rest des urspr. ä anzusehen; die erklfi*
rung von Scherer (z. gesch. 365) dirro sei nur. eine form-
übertragung vom gen. dat. sg. , wo die formen diser und
dirro (aus derera) neben einander gelten, sowie die von
Weinhold (alem. gramm. 464), dirro sei unecht nach art
des gen. plur. gebildet, sind doch höchstens nothbehelfe.
GrafiP V, 4 ffibrt auch einen nom. sg. m. der-o aus Not-
ker an, den ich weder an den von Gra£P citierten stellen
noch sonst irgendwo gefunden habe. Sollte dies dero
wirklich existieren, so würde es hier einzureihen sein.
Noch bemerke ich, dafs uns im gotischen eine form
erhalten ist, welche beweist, dafs in alter zeit auch das
neutrum dos demonstrativpronomens noch ohne das ange-
hängte a gebräuchlich war. Ich meine die conjunctioD
thei, welche mit t hat ei gleiche Verwendung erfährt (s.
Gabelentz und Loebe Wörterbuch, und gramm. s. 269).
Wie thatei aus thata-ei, thammei aus thamma-ei
entstanden ist, so ist thei = tha-ei, und tha ist die
ganz gesetzmässige form des urspr. tat, vgl. hva = lat
quod. Diese erklärung scheint mir den Vorzug vor Meyers
auffassung (s. 645 f.) zu verdienen, dafs in thei „das an-
gefügte ei sich unmittelbar mit dem demonstrativstamm
tha vereinigte, oder auch, was auf dasselbe hinauskommen
würde, eine bildung aus d^m zusammengesetzten alten de-
monstrativstamm tjä- (aus taja-), der im altindischen
ziemlich gewöhnlich ist, vorliegt". Denn ei wird doch
sonst nur mit Worten, nicht mit stammen verbunden, und
der stamm tja ist im gotischen nicht gebräuchlich.
Gegen die Holtzmann-Müllenho£Psche erklärung von
iddja =s skr. ijäja erhebt M. (s. 116) bedenken wegen
der weiteren flexion iddjedum u. s. w., iddja scheine
vielmehr eine eigenthümliche alte perfectbildung durch j
anzeigen. 285
ZU sein wie die lit. praeterita auf -iau, welchen M. irr-
thümlich das lit. ^jaü zuzählt. Da e nur einem urspr. a
oder ä entspricht, so ist ^j-aü zu theilen, wie lit. gramm.
s. 240 geschieht, und ej repräsentiert nur die wurzel i in
der Steigerung aj oder äj. Uebrigens sehe ich auch nicht,
wie durch diese erklärung iddjedum im mindesten be-
greiflicher würde als bei der herleitung aus ijäja.
Die praesensformen wie haba, habam u. s. w. wer-
den nach Ebels princip durch ausfall von aj (hab(aj)am)
erklärt (s 485. 683). Ein derartiger ausfall ist aber nir-
gends zu erweisen, Schleicher und Scherer (z. gesch. s. 181
anm.) verwerfen ihn mit recht; aus aja hätte durch con-
traction nur ö entstehen können wie in blindöza, fis-
köth. Daher bleibt die Schleichersche construction (comp.*
8. 801. 365), wie sie Scherer nennt, mir immer noch das
wahrscheinlichste, zumal ein verbum existiert, welches wirk*
lieh, wie Schleichers theorie fordert, nur im nichtpraesens-
stamme ai annimmt: bauith (Rom. 7, 18. 20. 8, 9. Tim.
I, 6, 16. II, 1, 14), bauaida (Tim. II, 1, 5). Es ist kein
grund vorhanden, diese formen auf zwei verba zu verthei-
len, *bauaith bauaida und bauith ''baibau (Grimm
1% 101; Meyer s. 695), da weder bauaith noch baibau
nachgewiesen werden können. Das an. biö hat keine be-
weiskraft für das gotische, da es mehrfach vorkommt, dafs
ein verbum in einer deutschen spräche ein reduplicieren-
des perfect bildet, während es iö einer anderen andere
wege einschlägt, vergl. z. b. an. spio : got. spaiv, ahd.
säta, wäta : got. saisö, va.ivö, an. saltad^a : got.
*8aisalt.
Genau so wie bauith zu bauaida verhält sich ahd.
habu (Tat. 87, 5), habo (oft bei Notker, s. GraflP IV,
724) zu habet a, welches beweist, dafs auch bei haben
das e ^us dem perf. in das praee. gedrungen ist * ). Die
*) Bemerkenswerth und die obige entwickelung stutzend ist die that-
sache, dafs bei Otfrid verba, welche nach Grimms I. und III. schwacher
conjugation flectirt werden, nur im perfectum das 6 der dritten ein-
treten lassen (s. das material bei Kelle Otfr. II, 47. 60): duellu dua-
Idtun, gifreunu gifreuudtin, firlougnu firlougn^ti, das perf. zu
286 Schmidt
2. 3. sg. he bis hebit müssen als zweifelhaft hier bei seite
gelassen werden, denn sie können, wie das perf. hebita,
hapta (belege bei Gra£P und Müllenhoff- Scherer denkm.
8. 278 f.)) nach Grimms erster schwacher conjogation ge-
bildet sein.
Die ffir das slawisch-litauische anerkannte, aooh in den
classischen sprachen oft begegnende Verwendung von ab-
geleiteten Verbalstämmen in den nichtpraesensformen ge-
genüber primären praesentien findet sich im deutschen auch
sonst: gagga, perf. gaggida Luc. 19, 12; das perf.
brahta ist von einem stamme braggja- gebildet wie
thahta von thagkja-^ und ahd. bigonda, bigunsta
Isid. geht von einem stamme bigunna-, d.i. bigunja-,
aus. Es ergänzen sich also die stamme gagga- und
gaggja-, brigga- und braggja-, ginna- und gunnja-,
wie baua- und bauai-, haba- und habai-, vne altbalg.
zidQ ^Tda-ti, ve(d)mi vede-ti, lit. gelbmi gölb6-ti,
gedmi g^do-tr, lat. peto peti-vi, sonit sona-bat
Enn., gr. o^vv/tAi oiwo-o*«, ii9(o B-vaß-MXBv^ &kX(M) d-ekij-aw.
Eine ähnliche mischung von sogenannter starker ond
schwacher coujugation zeigen die von passivparticipien ab-
geleiteten wie dis-taurnan und die nach ihrer analogie
gebildeten wie af-daubnan. Ihr praesens verwendet den
reinen participialstamm als tempusstamm, steht also auf
einer stufe mit saltan, usalthan (s. Schleicher comp.*
370), deren stamm ebenfalls ein reiner nominalstamm ist,
während im perf. das ableitende -ja- (-a-ja = ö) hinzu-
tritt: dis-taurnö-da. Das ö dem praesens fern zu hal-
ten wirkten intransitive stammverba mit, welche ursprüng-
lich das suff. -na nur im praesens annahmen (vergl. das
slawische, Schleicher comp.^ 793), also wie fraihna,
fr ah fiectiert wurden. Ein solches verbum ist z. b. os-
-geis-na, wie das altbulg. u-£as-n^ beweist, gerade
so wie im slawischen das praesenssuffix allmählich auch
in andere tempora drang (Miklosich III, (33), geschah es
hnggn lautet häufiger hogdta als hngita. Hier haben wir also g«UHi
dasselbe Verhältnis wie in altbulg. boli-ti zu bol£-chu, bolö-ti (Sehl«i*
eher comp. > s. S62).
anzeigen. 287
im deutschen, das -na verwuchs mit der wurzel und es
bildete sich aus allen intransitiven, sowohl primären wie
abgeleiteten (distaurnan) eine gemeinsame analogie, so
dafs alle praesentia nach analogie von fraihna, alle per-
fecta nach analogie der abgeleiteten giengen. Vielleicht
flectierten die von participien stammenden vor ausbildung
der gemeinsamen analogie auch im praes. -nö, -nös u.s.f.
und kamen zu -na, -nis erst durch die primären zuzog-
1er; das ist natürlich nicht mehr zu entscheiden. Die bei-
den verschiedenen quellen der flexion -na, -nö-da liegen
jedenfalls klar vor äugen. Meyer geht auch bei diesen
verben vom nichtpraesensstamme aus und behauptet, sie
haben im praesens eine so starke (durch keine analogie zu
stützende) Verkürzung eintreten lassen, dafs ihre flexion
mit der von fraihnan zusammenfiel (s. 486).
Die flexion des unbestimmten adjectivs erklärt M.
(s. 347 f. 450) wie schon früher durch Zusammensetzung
des Stammes mit den casus des pron. ja-s. Hier be-
ruft sich M. in erster linie auf das slawische und litaui-
sche, durch deren „genaue Übereinstimmung '^ (s. 347)
diese auffassung über allen zweifei erhoben werde. Viel-
mehr erheben das slawische und litauische gerade die ge-
wichtigsten einwände dagegen, denn sie bilden durch pro-
Dominalanhängung nicht ihr unbestimmtes, sondern ihr be-
stimmtes adjectiv. Will man eine genaue Übereinstimmung
mit dem deutschen herstellen, so bleibt also nichts weiter
übrig als, wie von andrer seite wirklich geschehen ist, zu
behaupten, das deutsche unbestimmte adjectiv sei ursprüng-
lich bestimmtes, das bestimmte hingegen unbestimmtes ge-
weseB. Woher man beweisgründe dafür nehmen will, sehe
ich nicht, ehe der beweis aber nicht geliefert ist, darf man
doch nicht von genauer Übereinstimmung des slawoletti-
schen mit dem deutschen in diesem punkte sprechen. Ein
fernerer sehr wesentlicher unterschied ist der, dafs im
slawoTlettischen alle casus des best. adj. mit dem prono-
men susammengesetzt sind, während M. zugiebt, da& auch
nach seiner theorie fbr das gotische die Zusammensetzung
nickt »D alleD easus eingetreten sei. Dieser umstand er-
288 Schmidt
schwärt überhaupt schon die ganze fragliche erklärung.
Wenn der nom. liubs, gen. liubis, dat. f. liubai ohne
angehängtes pronomen das unbestimmte adjectivum bezeich-
nen können, weshalb braucht dann der dat. *liuba-jam-
ma, acc. ""liuba-jana u. a. in derselben function das pro-
nomen hinzuzunehmen? Gleiche beziehung erfordert doch
auch gleiche bezeichnung. Nachdem aber Scherer s. 399
mit guten gründen nachgewiesen hat^ dafs das ai in -aiz6,
-aizö, -aizös als ai zu gelten hat, gibt es in der gan-
zen gotischen adjectivflexion keine einzige form mehr,
welche sich nicht aus einfach pronominaler fiexion des ad-
jectivs befriedigend erklärte. Und für diese ansieht kann
man sich wirklich auf die genaue Übereinstimmung des
litauischen berufen, dessen unbestimmtes adjectivum eben-
falls in die pronominaldeclination überschlägt. Auch darin,
dafs nicht alle casus die pronominale flexion angenommen
haben, stimmen deutsch und litauisch überein. Ebel und
Bopp wollen in dem ja, welches die u- stamme in den
casus obliqui zeigen^ z. b. manyjana von manvus, das
pronomen erkennen und damit ihre ansieht von der pro-
nominalzusammensetzung stützen. Früher hatte Meyer
(fiexion der adj. 29 f.) diese ansieht mit recht bekämpft,
im vorliegenden buche (s. 349. 570) pflichtet er ihr selbst
bei. Allein es liegt hier nur, wieder wie im litauischen
(Beitr. IV, 257 flF.), eine mischung der u- und ja-stämme
vor, welche im althochdeutschen bis zur alleinherrschaft
der letzteren gediehen ist; auch im gotischen ist, wenig-
stens in einem worte (suts = svädüs), der ja -stamm
schon bis in den nominativ vorgedrungen. Der bestinmite
acc. laushandjan Marc. 12, 3 (zu einem unbestimmten
nom. ""laushandus, der nach analogie von tvalibvin-
trus zu erschliessen ist) zeigt ebenfalls einen aus einem
u- stamme hervorgegangenen ja- stamm; bei dieser form
kann das pron. j a gewiss nicht in frage kommen.
Die contraction von ""blindajana zu blindana etc.
sucht M. noch immer durch berufung auf die ähnlich an-
genommene entstehung von hab(aj)am, welche eben er-
wähnt wurde, zu rechtfertigen, und übersieht dabei den
anzeigen. 289
höchst beachtcnswerthen einwurf Scberers (z. gescb* 8* 398),
dafs man bei dieser herleitung ein ahd. ^blint^n wie
habem zu erwarten hätte.
Auch in dem iu der 'ahd. nom. sg. fem. und plur. ntr.
blintiu, guotiu ist nicht, wie M. will, der pronominal-
stamm ja versteckt. In den ältesten hochdeutschen denk-
malen ringen hier noch die endungen u und iu miteinan-
der, und zwar seheint u im fränkischen noch die ober band
zu haben, wie dies für die spräche Otfrids aus Keiles Zu-
sammenstellungen (Otfr. II, 271. 273) unzweifelhaft wird*).
Dann gewinnt i u die herrschaft und behauptet sie im mit-
telhochdeutschen. Schon aus diesem einfachen thatbestande,
dafs u durch iu verdrängt wird, folgt, dafs u die ältere
bildung sein muis, und zu demselben resultat führt die
vergleichung der übrigen deutschen sprachen, welche sämmt-
lich -u, keine einzige -iu zeigen: altsächs. fem. sg. blind,
ntr. pl. blind(u); ags. fem. sg. blind (u), ntr. pl. blindu;
anord. fem. sg. und ntr. pl. h v ö t. Wie im dat. sg. fem.
blinteru gegen got. blindai ein weiteres umsichgreife9
der pronominalen analogie im adjectivum zu tage tritt, so
ist auch blintiu durch dieselbe analogie hervorgerufen.
Nur hat der ausdruck „pronominale analogie^ im althoch-
deutschen einen anderen sinn als im gotischen. Im goti-
schen wie im althochdeutschen gibt die flexion des demon-
stativums (artikels) und interrogativums das vorbild, nach
welchem die ursprünglich nominale flexion der adjectiva
umgeformt wird. Aber diese Vorbilder selbst sind in bei-
den sprachen verschieden. Während im gotischen die
Stämme tba und hva herrschen, sind im hochdeutschen
in fast allen casus die stamme di, dia und (h)wi an de-
ren stelle getreten. Also die flexion von der, diu, da5
gab das mafs für alle weiteren Übertritte bisher substan-
tivisch flectierter casus in die pronoininaldeclination. Und
*) Der ältere, einer anderen gegend angehörige Übersetzer des Isidor
hat nur zwei nominative fem. sing, auf u dhesu VIII, a, 11, aerliihhn
XXII, a, 18, sonst aber in beiden casus nur iu: fem. nnchundiu, felliu,
antdhechidiu, dhesiu; ntr. pl.: dhesiu, siniu, biforachichundi-
diu, alliu, elliu (fem. sg. al).
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 4, 19
290 Schmidt
SO Stark wirkte die analogie Ton der, dafs sie selbst einen
casus, welcher schon in der deutschen grundsprache sein
pronominales gepräge erhalten hatte, umgestaltete, denn
nur durch das einwirken von d e m u begreift sich, weshalb
nach aufgeben des alten blin t am u (Kelle vgl. gramm. 46;
Weinhold alem. gramm. 471) blintemu zur berrschaft ge-
kommen ist und nicht *blintumu, wie nach as. blin*-
dumu, ags. an. blindum und dem analog getröbten ta-
gum zu erwarten wäre. So wurden denn auch die alten
blintu nach dem muster von diu zu blintiu umgestaltet
Alle gotischen und althochdeutschen adjectivcasns mit ans*
nähme des als räthsel zurückbleibenden blintSr findra so
ihre genügende erkl&rung. Diese eine form berechtigt aber
nicht zur annähme einer pronominalzusammensetznng, wel^
che gegen die lautgesetze verstöfst und überdies syntak-
tisch nicht begreiflich ist, da sie nur bestimmte, nicht un-
bestimmte adjectiva hätte zu wege bringen können.
Die Optative der verba auf -ön, wie frijö, frijös,
wird man kaum, wie s. 618 geschieht, mit griechischen bil-*
düngen wie vixtpfii vix^g vergleichen dürfen, da so der
Verlust des i in der endsilbe nicht begründet ist. Völlige
gesetzmässigkeit herrscht, wenn man sie mit vixtprjv, vixqiijg^
umbr. portal a gleichsetzt: aus der grundform prija-ja-
-jä-8 musste nach ausfall der beiden letzten j frljös wer-
den. Diese streng gesetzmässige herleitung erhält Wich-
tigkeit dadurch, dafs sie eine neue Übereinstimmung des
griechischen mit dem lateinischen und deutschen ergiebt
im gegensatze zu den arischen sprachen, welchen die vei^
Wendung des optativelementes ja bei praesensstämmen anf
-a völlig fremd ist.
Zu ögs, dem Meyer nichts unmittelbar vergleichen
zu können erklärt, wage ich eine vermuthung. Eine impera-
tivform kann es der personalendung nach nicht sein, denn
fQr Westphals (phil.-hist. gr. 246) gleichsetzung des s mit
dem -g von öo-g fehlt jegliche lautliche begründung. Kann
es nicht ein conjunctiv des perfects sein, grundform äghas,
den homerischen conj. perf. etöo^sv^ siSsre analog gebildet
(Benfey vollst, gramm. §. 837 führt ein vedisches beispiel
anzeigen. 291
des conj. perf. zweifelnd an vävrdhante, Justi handb.
§• 605 altbaktr. äonhät u. s. w. freilich mit langem vo»
kale)? Dann brauchen wir nicht mit Grimm und Scherer
200 eine über die regel hinausgehende kfirzung aus ögeis
anzunehmen, welche neben den gebräuchlichen unverkörz-
ten ögeis Rom. 13,3, ögeith Matth. 10,26.28.31. Luc.
2, 10. Joh. 6, 20 schwer begreiflich ist. Und was die er<>
haltung einer conjunctivform als imperativ angeht, so liegt
sie thatsächlich vor in den 1. pl. imperat. wie afslaham
aTioxTsivwfiev u. a. (Gr. lY, 82), deren -am aus urspr.
-ämasi verkürzt ist wie namö aus näman*).
Digandin nXdaavri Rom. 9, 20 ist die einzige ausser
dem part. pass. digans vorkommende form des verbums
deigan. Meyer verzeichnet sie s. 536 unter den fällen
des graphischen wechseis von i und ei, das i stünde für
erwartetes ei. Ich glaube aber, es läüst sich völlig recht-
fertigen durch das Verhältnis digands : deigands ?s
hndv : X%inwv^ d. h. digands übersetzt nicht nur ein part.
aor., sondern ist selbst ein solches. Zur zeit der nordeu-
ropäischen Spracheinheit war ja der aorist, wie das sla-
wische beweist, noch in vollem leben und eine erhaltung
vereinzelter aoristformen im deutschen darf ebenso wenig
überraschen, wie die von Curtius entdeckten lateinischen
aoriste, Ueberdies läl'st sich noch ein part. aor. belegen
hatands. Die erhaltenen formen des zugehörigen ver-
bums sind hatja Rom. 7, 15, hatjandam Matth. 5,44
^laovvTaq^ hatandane Luc. 1, 71 ix'^Q^^^ hatandans
Luc. 6, 27 ^/ti^(>ot;g. Man hat sie durch annähme zweier
verba, eines hatjan und eines batan perf. hataida, zu
*) Die im as. und ahd. neben den Optativen auf e erscheinenden for-
men mit a sind nur mundartliche i%rbungen und nicht, wie Westpfaal phil.-
hist. giaaun. 223 f. will, conjunctive. Dies beweisen die für den conjunctiv
nicht zu rechtfertigenden secundären personalendungen, z. b. wesa Tat. 85, 4,
bichaaa cognoscat Is. III, 6, 18, bichnaan agnoscant XII, a, 6, setzan
proponant XIII, a, 4 ; a für e ist ja auch sonst eingetreten , z. b. in fir-
monames , sagata u. a. ( Kelle Otfrid II s. 74 f. Weinhold alemann, gramm.
8. 859), alts. hat^as ha^ad neben habes, hab^d. Auch die gotischen Lsg.
wie bairau lassan sich ganz genügend aus grundformen wie bhara-j-am
(woraus skr. bharejam, d. i. bhara-ij-am Schleicher comp. * s. 713) her-
leiten, ohne dafs man genöthigt wäre sie mit Westphal a. a. o. 188. 227 als
conjvnctive aufzufassen.
19*
292 Schmidt
erklären gesucht (so auch Meyer 410). Nun ist nicht zu
übersehen, dafs hatand- an beiden stellen seines Vorkom-
mens das griech. h^O^gog fibersetzt, hatjand- hingegen
uiaMV, Erinnern wir uns hierbei des formell und begriff-
lich ganz gleichen Verhältnisses von lat. parentes oi re-
xovTsg zu pariens 77 rixrovtsa^ so wird es höchst wahr-
scheinlich, dafs in hatands ebenso wie in parens ein
part. aor. vorliegt. Hiernach hätten wir im gotischen ein
verbum hatjan, perf. *höt (nicht *hatida noch *ha^
taida) anzusetzen. Und nichts spricht dagegen. Dafs
von unserer wurzel einmal ein primäres verbum entsprun-
gen ist, zeigt lat. odi (aus ^codi wie uter aus *cuter).
Freilich ist es in keiner anderen deutschen spräche erhal-
ten, vielmehr überall durch abgeleitete ersetzt worden:
ahd. ha53en, ha35Ön, as. hatön, ags. hatian perf. ha-
tode, an. hata hatad*i. Dies spricht aber ebenso wenig
gegen unseren ansatz eines got. *höt, hatjan wie ahd.
scadon, ags. scethan, sced'5'an perf. sced*ede, an.
skedja perf. skadda und ska^a perf. skad*a0i das
got. skathjan sköth (Col. 3, 25) zu erschüttern vermö-
gen. Gerade die verba dieser bildung neigen ja besonders
dazu in die analogie der abgeleiteten überzutreten, wie
ahd. scafön neben scaphan, scephan und die an. prae*
terita skapad*i und skepjad*i neben sköp beweisen.
Ob un-agands acfoßog ein drittes part. aor. oder das
alte, in participialer Verwendung durch ögands verdrängte,
als adjectivum aber erhaltene praesensparticip zu ögan
sei, läfst sich schwer entscheiden.
Die passiven participien will M. s. 218 nicht von den
inidischen auf -na, sondern von denen auf -äna herleiten,
set^t also z. b. bitans = skr. bibhidänds, nicht s»
bhinnäs. Später steigen dem verf. aber selbst bedenken
auf. Weil die reduplicierenden verba nie im part. pass.
die reduplication haben, wird zugestanden, dafs man über-
haupt zweifeln könne, ob die participia wirklich ursprüng-
lich zu den reduplicierenden bildungen mitgehören (8.397 f.)«
Und man sieht in der that nicht, wie sich die diffisrepz
von haihaldum, s^tum, forum und haldans, sitans,
anzeigen. 293
farans mit obiger herleitung verträgt, welche wir daher
nicht annehmen können.
Dafs aus frumadei ein "^frumada erster zu folgern
sei, welches die suffixe des skr. pra-tha-mä in umge-
kehrter reihenfolge enthalte, will mir nicht einleuchten.
Es verhält sich vielmehr frumadei : fruma = ahd. na-
mati benennung : namo, und das in ihnen erscheinende
suffl -dei-n entspricht dem lat. -tia in justi-tia, wel-
ches die beliebte erweiterung durch n erfahren hat (s. u.),
Bei besprechung der adjectiva auf -eina- (s. 220. 639)
hätten die entsprechenden altbulgarischen auf -enü, -inii,
und litauische wie jäutgna rindfleisch berücksichtigt wer-
den müssen, welche den deutschen auf -eina- genauer
entsprechen als skr. -Ina, griech. -ivo-.
In vaurstvan- wird s. 241 direct ein suflp. -tvan
angenommen, welches mit dem gleichlautenden skr. suff. in
krtvan gitvan identificiert wird. Die Übereinstimmung
beider suffixe ist aber nicht so grofs als es scheinen kann,
da vaurstvan- ersichtlich von vaurstva- abgeleitet ist
wie spillan- von spilla-, stauan- von staua.
Bigenthümlich ist Meyers auffassung der durch n er-
weiterten Stämme. Er gibt zu, dafs in den meisten föUen
-n oder -an erst im sonderleben des deutschen auftritt
(s. 246. 42-^ f 431). Trotzdem sei die auffassung, welche
die unursprünglichkeit dieses n behauptet, nur „äufserlich^
richtig, das nebeneinander von formen auf -a- und -an-
habe sich ursprünglich entschieden so entwickelt, dafs die
formen mit dem nasal zu gründe lagen, die ohne ihn erst
in folge der immer weiter greifenden Zerstörung alter vol-
lerer sprachlicher formen aus jenen durch Verstümmelung
entstanden (s. 246). Referent hält sich an die äufserlich
richtige auffassung, da sie allein mit dem thatbestande in
einklang steht. Die feminina auf -ei-n- hatte Meyer frü-
her mit Bopp als durch n erweiterte ja- stamme erklärt.
Jetzt aber (s. 252ff.) setzt er -ein- = an-jä, bairan-
dein- z. b. sei aus dem msc. bairandan- durch anhän-
gung von j ä entstanden. Auslautgesetz und der in den deut-
schen sprachen vorliegende Sachverhalt erheben gleic
294 Schmidt
feig Widerspruch gegen diese ansieht zu gutisten der frühe-
ren. Aus -an-jä hätte im gotischen nur -^ani oder
*-ini, gen. -*anjös, -*injös werden können. Positiv
beweisend fOr die frühere ansieht ist aber das mit indi-
schen femininen participien wie bhäranti genau fiberein-
stimmende frijöndi, d.i. "^frijöndjg, welches dnrch die
ihm zu theil gewordene substantivische Verwendung aus der
analogie der übrigen participien herausgerissen ward and
daher von der nasalen Weiterbildung verschont blieb. Die
spräche selbst zeigt ein bewusstsein davon, dafs das -ein-
der part. auf -jä-n zurückgeht, indem sie althochdeutsch
dazu masculina auf -jan schaffit z. b. nerrendeo, al-
uualdendeo, welche gotisch *nasjandja, *valdandja
zu lauten hätten. Für die von adjectiven aasgehenden
abstracta auf -ein- erhellt aber die entstehung aus -j&-n-
schon durch vergleichung der aussergermanischen sprachen,
welche die entsprechenden formen nur mit -ja bilden, ne-
ben dem die italischen sprachen noch das dem ei-n- völ-
lig gleiche iö-n zur beleuchtung der gotischen formen
liefern (skr. banig-jä, aoff-ia^ audac-ia, un-iö-n-, sab.
ner-io, umbr. tribri^u). Auch was sonst die verwand-
ten sprachen vergleichbares bieten, weist immer darauf
bin, dafs ursprüngliche ja- stamme im gotischen nasale er-
weiterung erfahren haben: so liegt fQr mar ein- der Ur-
sprung!, ja -stamm zu tage in lit. mär^s pl. tant. haff, alt-
bulg. morje, ahd. meri ntr. und im gotischen selbst in
mari-saivs, dessen mari = marja- ist wie das thu-
sundi von thusundi-faths = thusundja-. Dem got.
bvairnein- entspricht xqavio-v^ ahd. hirni ntr. eben-
falls ohne n. Und es liegen nebeneinander agiaitei f.
und aglaiti ntr. wie lat. oblivio, oblivium; obsidio,
obsidium; rebellio, rebellium u. a. Aller zweifei
schwindet durch die thatsache, dafs im as. und ags. gar
kdne den gotischen abstracten entsprechende bildungen
auf -in- existieren, vielmehr einfache ja- stamme entspre-
chen, z. b. as. meginstrengiu Hei. 4356 Mon. (-strengt
Cott.), ags. menigeo, häufiger mit ausfall des e, aber im
nmlaut die spur des einstigen j bewahrend: megin-
anzeigen. 295
streogo, menigo, braedo, fyrhto gegen got. mana*
gei, braidei, faurhtei. Im althochdeutschen sind die
entsprechenden stamme durch einwirkungen verschiedener
analogien aus ihrem alten geleise gebracht worden, worauf
hier nicht näher eingegangen werden kann, es finden sich
noch vereinzelte reste einer den genannten alts. ags. bil-
düngen genau entsprechenden weise in Isidors maneghiu
und den von Kelle vergl. gramm. 299 angeführten slaffiu,
wassiu, giliwiu, während gewöhnlich j a zu t contra-
fairt ward oder sein j einbQfste. Das -iu, ags. -eo dieser
formen weist aber auf urspr. ja wie in ahd. as. siu, ags.
seo = urspr. sjä, ags. heo = grundform *kjä.
Ebenso schwer läfst sich die Benfey-Mey ersehe (s.
248 ff.) identificierung der feminina auf -6n- mit indischen
auf -änl (Brahmänl, mätuläni) rechtfertigen. Die
hier geforderte starke Verkürzung würde man doch nur
dann zugeben können, wenn eine ganze reihe von werten
auf -ön- vorlägen, welche sich nach dieser concession mit
indischen auf -anl deckten. Das ist aber bei keinem ein-
zigen der fall, denn dafs sunnö = sürjänl sei (während
sunna als sürja mit hinzugetretenem n erklärt wird; Or.
und Occ. I, 287 ff.), ist zwar eine geistreiche vermuthung
Benfeys, bleibt aber erheblichen zweifeln unterworfen. Ja
es entspricht sogar, von sunnö abgesehen, nur einem ein-
zigen der in frage stehenden worte in den andern spra-
chen ein wort, welches auch nur den nasal im suffixe zeigt:
rathjö = lat. ratio, und bei diesem ist der verdacht,
dafs es aus dem lateinischen entlehnt sei, wenigstens nicht
unmöglich (die eingetretene lautverschiebung spricht nicht
dagegen, da auch fremdworte ihr bisweilen unterliegen,
z. b. marikreitus = ^a^^'a^^/ri^g, Kreks = Graecus, ja
sogar Make bis Esdra 2, 30 = Maysßig). In allen übri-
gen föUen aber, dafs gotische worte auf -ön- aufserger-
manische abbilder haben, sind diese stets einfache ä- stamme,
ich erinnere an: svaihrö, nithjö (= dvaxlncc)^ qinö,
daurö, tuggö, viduvö, mizdö (ab. mizda), vruggö
ißgoxog); innerhalb des gotischen selbst liegen nebeneinan-
der bandva und bandvö, dauravarda und daura-
296 Schweiser-Sidler
vardö. Und im leben des hochdentseben greifen bekannt-
lieb die femininen n- stamme immer weiter utn sich, was
uns angesichts der eben erwähnten thatsacbe berechtigt,
ein gleiches für die vorhistorische zeit anzonehmen.
Hiermit beschliessen wir die besprechung eines baches,
welches nicht nur selbst die einsieht in den baa des go-
tischen namhaft f5rdert, sondern auch den mitforschenden
durch seine vollständigen Sammlungen weitere arbeit we-
sentlich erleichtert und daher der gebührenden anerkennung
versichert sein darf. Vor allen bisherigen ausfQbrIicberen
grammatiken hat es voraus, dafs es durchweg auf dem
Uppströmschen texte basiert.
Johannes Schmidt.
De radicain qtiarnudani iudogermanicaram variatione quae dicitvr. Scr
L. Kraushaar. Marburg! 1869.
Eine doctordissertation , in welcher die annähme J.
Schmidts, Schleichers und anderer, dafs wurzeln mit an-
lautendem a und jedem beliebigen auslautenden consonan-
ten, also selbst ak, ad u. ä. schon in uralter zeit ganz
willkürlich den vokal hätten umstellen können, erfolgreich
bestritten und statuiert wird^ dafs in scheinbar dahin ge-
hörigen fsLÜen vielmehr aphäresis des auslautenden yo^
kales und thematische Weiterbildung der wurzel
stattgefunden habe, üer verf. sucht dann mit erfreulichem
Scharfsinne und reichem materiale das vorkommen der
aphäresis namentlich auf dem wurzelgebiete der ind<^r-
manischen sprachen noch weiter nachzuweisen und deutet
eine menge von einfach scheinenden wurzeln als ursprüng-
lich reduplicierte formen. Wir sind überzeugt, dafs der
wissenschaftliche Standpunkt des herrn Kraushaar im gan-
zen ein richtiger, oder einfacher, sein Standpunkt ein wis-
senschaftlicher ist, und danken ihm für den gewinn, den
durch diese dissertation die lautlehre und die lehre von
den thematischen bildungen erhalten hat; über einzelne
in der schrift beigebrachte beispiele läfst sich fireilich
anzeigen. 297
sehr oft streiten und gewifs wird manche der frQhern deu-
tungen gegen die neuen, hier vorgebrachten siegreich
bleiben. ,
Zürich. H. Seh weizer-Sidler.
Eine weitere dissertation von Gu.Deecke haüdelt: De rednplicato lati-
nae linguae praeterito, Lipsiae 1869.
Eine genaue und methodisch durchgeführte arbeit,
durch welche aber keine neuen erklecklichen resultate zu
tage gefördert werden, was wir auch der natur des ge-
genständes nach kaum erwarten dörfen. Zunächst spricht
sich der verf. entschieden für die ansieht aus, dafs das
lateinische perfectum ein perfect und nicht ein aorist sei,
dann wendet er sich zur Untersuchung der endungen, welche
er durch einen binde vokal an den tempusstamm angesetzt
sein läfst. Wir dächten über diesen bin de vokal sollten
wir nun hinaus sein. Auch herrn D. ist es nicht gelun-
gen die länge des bindevokals in der ersten und drit-
ten person singularis zu beseitigen, obwohl er s. 15 meint,
minime Corsseni et Fleckeiseni opinionem probandam
esse, terminationem -it omnino olim productam fuisse.
Seine metrischen sehr problematischen entschuldigungen
wiegen die Zeugnisse aus dem altlateinischen und den
übrigen italischen sprachen, welche überhaupt mehr
berücksichtigung verdient hätten, lange nicht auf. Sehr
zweifelhaft ist die annähme eines indogermanischen -asta
als endung der zweiten person singularis in dem sinne,
dafs darin das pronomen der zweiten person doppelt ent-
halten sei, und noch zweifelhafter diejenige, dafs -istis
durch formübertragung zu erklären sei. Vollends aber un-
wahrscheinlich ist die deutung der dritten pers. plur. aus
redupliciertem -antant. Wir haben uns die lautlichen pro-
cesse im lateinischen sorgfältig vergegenwärtigt und finden
keine analogie, die uns -grünt aus -entont, -ensont
erklären liefse. Einige beispiele von ausgeworfenem per-
298 Schweizer-Sidler
fectischen bildungsvokal (8.9) siud entschieden falsch, so co-
messe u. a. Dafs die reduplicationssilbe auch im lateini-
schen ursprünglich immer den vokal e gehabt habe,
ist durchaus nicht zu beweisen und innerlich unb^ründet.
Der perfecta auf -si sind s. 28 und 29 unnöthiger weise
zu viele angenommen; s. 30 durfte doch der verf. gar
nicht daran zweifeln, wie reddibo zu erklären sei. üeber
die bildung von perfecten wie ögi, föci stimmt der verf.
Curtius bei. Falsch ist s. 54 porricis u. s. f. auf pori-
cio zurückgeführt.
Zürich. H. Schweizer-Sidler.
Das natürliche System der sprachlaute und sein Verhältnis zu den wich-
tigsten cultursprachen , mit besonderer rttcksicht auf deutsche gnun-
matik uud Orthographie. Von dr. H. B. Bnoipelt, priratdocent an
der Universität eu Breslau. Hiezu 1 gedruckte und 4 lltbogr. tafeb.
Halle, Verlag der buchhandlung des Waisenhauses 1869.
Hier liegt uns ein buch vor, welches aller beaohtung
werth ist und welches als ein recht bedeutsames von einem
der ersten forscher auf diesem gebiete, R. von Räumer,
bereits öffentlich anerkannt worden ist. Der herr verf.
hat schon im ersten theile seiner deutschen graiQmatik,
welcher wegen einiger versehen nicht gehörig gewürdigt
wurde, für physiologische lautforschung treffliches geleistet
und bietet uns jetzt theils seine eigenen untersnchnngen
in viel weiterem umfange, theils sucht er uns in der an-
muthigsten weise mit den funden der auf diesem felde her-
vorragendsten gelehrten, eines Brücke, R. von Raumer
u. a. bekannt zu machen. Seine im besten sinne populäre
darstellung ist von einer äufserst wohlthuenden w&rme,
von lebendiger fireude über die gefundenen Wahrheiten und
der Hoffnung, dafs dieselben im wirklichen leben die ge-
bührende Wirkung haben werden, erfüllt, und damit paart
sich eine edle bescheidenheit und ein zwar gerechtes aber
mildes urtheil über diesföUige Verkehrtheiten, welche selbst
die gröfsten Sprachforscher begangen haben. Wenn dieses
anzeigen. 299
werk auch besondere rQcksicht auf deutsche grammatik
und Orthographie nimmt, so ist es denn doch för allgemei-
nere sprachliche Untersuchungen ebenfalls sehr wichtig, ist
doch auch hier eine tiefere erkenntnifs der laute so we-
sentlich. Wir machen nur aufmerksam auf den abschnitt
ober die aspiration u. a., um dann noch auf einiges ein-
zelne einzugehen. Was die ausspräche der vokale in den
8. 33 genannten Wörtern betrifft, so spricht man hier zu
lande he'l, wärden, acht, sälig, erlich, und wir mei-
nen in mehrern beziehungen die relativ ältere ausspräche
zu bewahren. Wo nicht folgender consonant einwirkt,
sprechen wir umgelautetes e und ebenso das aus ai her-
vorgegangene (in ehe, ewig, leren u. s. f.) wie e, das
aus i gebrochene (leben, sehen, erschrecken u. s. f.)
wie ä, e; also wirklich lautet gegen s. 37 anm. unser e,
wie J. Grimm voraussetzte, nach seiner etymologischen
berkunft verschieden, und wir unterscheiden wohl ra-
gen pluvia von ufr^gen. Wenn herr R. s. 36 meint, es
fehle dem griechischen das kurze ü gänzlich, so dachte
er dabei nicht an die alte eigenthümlichkeit der böoti-
schen mundart, in welcher, wie Ahrens (dial. aeol. 180)
sich etwas schief ausdrückt: v et breve et longum in ov
mutabatur, quantitate non mutata, ita ut ov, quod
esset pro brevt r, corriperetur. Es hätte sich der mühe
gelohnt bei der darstellung der längebezeichnung im deut-
schen (s. 40) die treffliche analogie der altitalischen Schreib-
weise anzuführen, wie sie jüngst wieder «von Corssen in
der neuen ausgäbe seines vokalismus einläfslich besprochen
worden ist. Das (s. 49) müssen wir denn doch sehr be-
zweifeln, dafs die Gotben keine diphtbönge gekannt und
ihre ai, au, ei nichts anderes bedeutet hätten als e, 6,1.
Dem wenigstens, wenn es so allgemein ausgesprochen
wird, steht, wie es uns scheint, die innere entwickelung
der Sprache und bestimmte Überlieferung entgegen. Vgl.
Dietrich, über die ausspräche des gothischen, Marburg
1862. Ein kleiner irrthum ist herrn R. s. 52 passiert, wenn
er skr. däätra mit lat. dens, griech. o-Joi/r (nicht 6-J.),
got. tanth-u8 zusammenstellt. Was der verf. s. 99 für
300 Schwei2e^Sidler
den oasalierteD vokal vor lateinischem gn gegen CorsseD
vorbringt, ist der beachtung werth. Wir meinen, ein ar-
gument dafür sei auch das, dafs im inlaute vor gn immer
ein von natur langer vokal , d. h. wohl ein nasalierter vo-
kal steht. Hier zu lande wenigstens gilt die s. 113 ver*^
zeichnete ausspräche nicht, wir sprechen deutlich noch
kämpf und tanz; vor f und s, nicht aber vor pf und z
wird der nasalierte vokal leicht diphthongisch: häuf =:
hanf; eus = uns. Doch wir wollen nicht fortfahren bis
zur ermüdung kleine einzelheiten, die eine abweichung
unserer ausspräche von derjenigen, die der verf. als allge-
mein giltig hinstellt, vorzubringen; wir möchten mit dem,
was wir vorgebracht haben, nur für eine allfällige zweite
aufläge seines buches seinen blick noch etwas häujQger und
schärfer auf unser auch in dieser beziehung nicht uninter-
essantes landesgebiet ziehen. Ein sehr wichtiger abschnitt
unseres buches ist, wie schon gesagt, deijenige über aspi-
ration und affrication, woran sich die darlegung von dem
wesen der germanischen lautverschiebung anreiht. Nach
unserer meinung hat herr R. hier im ganzen das richtige
getroffen, im einzelnen wird sich noch manches corrigieren
und relativ oder selbst absolut chronologisch noch schärfer
bestimmen lassen, wozu in den tüchtigen arbeiten von
Schmitz de aspiratarum graecarum latinarumque pronuu-
tiatione, Marcoduri 1863, in Ascoli's dieser Zeitschrift
eingereihten artikeln über die aspiraten, in seinen saggi
ed appunti II und in seiner fonologia comparata und
in Scherer zur geschichte der deutschen spräche, in wel-
chem buche uns gerade der abschnitt über die lautver-
schiebung als der trefflichsten einer erscheint, reiches ma-
terial vorliegt. Geringfßgigere versehen, wie s. 143 das
unmittelbare anreihen von nhd. schlüpfen au gotb. sliu-
pan mangeln auch in diesem abschnitte nicht. Sehr in-
structiv ist die darstellung der geschichte des buchstabens
sz im hochdeutschen, nach welcher sich dann der verf.
mufse zu einem rüekblick und einer Umschau gönnt und
mit der construction eines neuen Schriftsystems auf gnmd
der natürlichen eigenschaften der laute seine schöne arbeit
anzeigen. 301
abschliefst. Wir wiederholen den wünsch, dafs dieses buch
dazu beitragen möge, dafs laut und buchstaben bei der
Sprachforschung in ihrem Verhältnisse untereinander noch
schärfer geprüft und unterschieden werden, dafs unsere
terminologie sich reinige und die deutsche Orthographie
sich mehr und mehr zur echt phonetischen gestalte.
ZQrich. H. Schweizer-Sidler.
M^moires de la soci^t^ de lingaistlqae de Paris. Tome premier 2* fa-
scicole.
Im achtzehnten bände dieser Zeitschrift wurden mit
bestem rechte mehrere arbeiten der Revue de linguistique
et de Philologie compar^e getadelt, weil sie mehr geist-
reiche theorien als gediegene detailforschung bieten; von
einer andern reihe aber von französischen gelehrten gehen
obige Memoires aus, von gelehrten, welche gerade im ge-
gentheile auf gründliche einzelforschung recht eifrig be-
dacht sind und ihre allgemeinen anschauungen nur auf dieser
aufbauen. An die namen von Breal, Baudry, Egger rei-
ben sich eine schöne anzahl anderer von männern, die in
derselben weise verfahren. Das vorliegende heft enthält
eine abhandlung sur les formes du verbe semitique, von
Ernest Renan; observations sur la signification des radi-
caux temporeis en grec, von Ch. Thurot; un mot sur le
rhotacisme dans la langue latine, von L. Gaussin; ^tude
sur le futur auxiliaire en breton armoricain, von d'Arbois
de Jubainville; phonetique provenpale. — o, von P. Meyer,
les doublets latins, von M. Br^al; de la d^formation dans
les noms propres, von R. Mowat; gens, giens, von O. Pa-
ris. Wir fassen hier nur die arbeiten von Oaussin und
Br^al näher ins äuge. Gaussin will zeigen, dafs die latei-
nischen Wörter, welche nach dem abscblusse des rhotacis-
mus ein s zwischen vokalen aufweisen, in der periode des
rh. in Rom noch nicht existierten oder einer solchen ein-
wirkung aus besondern gründen widerstanden. Zuerst führt
302 Schweizer-Sidler
er noch deutlich als solche aufgefafste composita und zu-
sammenschreibungen auf, in denen das anlautende (scharfe)
s des zweiten tbeiles stehen blieb. In der aeweiten abthei-
lung erscheinen Wörter wie piso för pinso, misi, causa
u. s. f. Zunächst mufste der verf. hier fiberall hartes oder
stummes s anerkennen. Auffällig ist, warum er qnaesivi
neben ussi, hausi, haesi u. s. f. aufiührt. Pono d.h.
pos(i)no ist sicher nicht aus post-sino entstanden, son-
dern aus port-, por-sino zusammengesetzt und im per-
fectum pösivi, pösui erst allmählich verkürzt. Das
wirklich noch lang hinaus vorkommende caussa konnte
auch etymologisch begründet werden. Sehr unsicher ist
die unmittelbare entstehung von s aus d, t in res i na,
rosa. In eine dritte dasse stellt 6. die aus dem griechi-
schen entlehnten Wörter, in eine vierte solche, die man als
fremde betrachten könne oder als solche des Vulgärlateins
oder neuschöpfungen, in eine f&nfte ein archaisches. Wir
denken, dafs in gar vielen fällen archaismen und Vulgär-
latein zusammenfallen. Hier ist auch pesestas aa%efUirt.
Endlich wird eine reihe von Wörtern aufgezählt, deren
bleibendes s der verf. nicht erklären kann. In casa wird
das s wieder aus st, ss hervoi^egangen und die zu gründe
liegende wurzel skad decken sein. Das eigenthfimliche.
miser will der verf, so erklären, dafs er s geblieben er*
achtet, weil es als schluls der Stammsilbe gef&hlt wurde.
Doch wird er, denken wir, miser nicht von maereo tren-
nen wollen und hier haben wir r statt s. Pttsas darf
nicht ohne weiteres aus pütus erklärt werden. Könnten
wir auch herrn G. zugeben, dais quasillus, catillus
und vas alle auf eine wurzel führen, was übrigens be-
stimmte gründe gegen sich hat, so wäre damit der Über-
gang von t in s in diesen Wörtern noch gar nicht erwie-
sen. Kurz, wir werden zugeben müssen, os haben sich
einzelne formen mit zwischen zwei vokalen stehendem a
für immer erhalten: ein solches s aber war mindestens zu
der zeit, als sich der rhotacismus entwickelte, noch
harter laut. So sind denn auch die Schlüsse, welche
dem vorkommen des s in gewissen Wörtern ftlr deren qpft»
\
anzeigen« 303
tere einfahrung in den römischen Sprachschatz gemacht
werden, nicht allzu sicher.
Breal stellt in seinem anfsatze les doublets latins drei
Ursachen derselben auf: 1) eine rein phonetische, 2) eine
grammatikalische, 3) lehnwörter. Die deutschen fest und
fast sind ursprünglich grammatikalisch, nicht nur lautlich
verschieden, lautet doch ersteres ahd. fasti und ist ad-
jectivum, letzteres faste und ist adverbium. Auch wer-
den weder Juristen noch philologen zugeben, dafs lat. fa*
st US und fest US nur phonetisch verschieden seien; höch-
stens können sie nach Corssens anschauung auf dieselbe
Wurzel zurückgehen. Vollends wird kaum jemand einräu-
men, dafs infestus das negative fastus sei. In der an-
gefahrten Plautusstelle wird jetzt nicht ohne handschrift-
liche gewähr semol gelesen. Wie der stamm assi mit
aes zusammengebracht werden könne, sehen wir trotz Varro
nicht ein. lieber fulvus, helvus u. s. f. hat Ascoli im
17. bände dieser Zeitschrift einläfslich gehandelt. Dafs
quidque und quippe, namque und nempe nur laut-
lich verschieden seien, ist doch erst zu erweisen. Artus
als aus arctus entstanden anzusehen liegt kein grund vor;
seine deutung aus wz. ar ist offenbar die richtige. In nicht
ganz rechtes verhältnifs sind s. 170 anm. die deutschen
verwendet, verwandt u. s. f. gebracht.
Diese kleinen aussetzungen sollen nur unser interesse
an den Memoires bekunden, denen wir von herzen den
besten fortgang wünschen.
Zürich, H. Schweizer-Sidler.
Die entwickelung der lateinischen fonnenbildung unter beständiger berttck-
sichtignng der vergleichenden Sprachforschung dargestellt von dr.
H. Mergnet. Berlin 1870. XVI. 270 ss. S.
Im vorliegenden buche stellt sich der Verfasser die
aufgäbe, nicht blofs die entwickelung der lateinischen for-
menlehre auf grund des vielfach zerstreut vorliegenden ma-
terials übersichtlich darzustellen, sondern vornehmlich die
304 Pauli
bisher aus diesem material gezogenen schlQsse kritisch zu
beleuchten. Zu rühmen ist dabei, dafs er bei dieser prfi-
fung sich durch keinen noch so glänzenden namen blenden
läfst, sondern frei seinen eigenen weg geht. Freilich will
es referenten dünken, als sei hierin vielleicht manchmal zn
viel geschehen und diese oder jene ältere ansieht der neue-
ren des verf. gegenüber wenigstens gleichberechtigt. Wenn
ich auf einzelne dieser differenzpunkte näher eingehe, so
geschieht das nicht, um dem buche irgendwie za nahe tre-
ten zu wollen, sondern lediglich um der sache selbst willen.
Da ist es zunächst die erklärung der tempussuffixe,
wenn ich so sagen darf, -bam, -bo, -vi (-ui), der ich
nicht glaube beistimmen zu können. Herr dr. M. verwirft
die ansieht, dafs hülfsverben in dergleichen endungen stecken
könnten, ganz und gar, und zwar aus einem theoretischen
gründe, insofern er unflectirte stamme nicht mehr als be-
stehend zur zeit der flexion will gelten lassen. Aber die-
ses aut — aut ist gar nicht nöthig, thatsächlich bestehen
unflectirte stamme ja heute noch, wenn auch nicht selbst-
ständig mehr und nicht mehr als solche gefühlt. Wenn
ich sage rechenheft, so liegt doch in rechen- so ge-
wifs der unflectirte verbalstamm von rechnen, ahd.
rehhanön vor, wie im gr. x^sofiax^c^ der unflectirte no-
minalstamm von d-sog. Wir finden also thatsächlich in
dem ersten theile der composita unflectirte, im letzten flec-
tirte Stämme. Und anders liegt doch das verhältnifs in
am ab am auch nicht; wir haben nur nöthig, die entste-
hung dieser formen in eine zeit zu setzen, wo man den
stamm von amäre noch als solchen fühlte, die einfachen
tempora aber, wahrscheinlich wegen allmählicher confun-
dirung der primären und secundären endungen, durch syn-
thetische neubildungen zu ersetzen gezwungen war. Wenn
rechenheft und S'sofiaxict selbst auch nicht in eine
solche zeit hinaufreichen, sondern lediglich analogiebildon-
gen sind, ihre prototypen müssen ganz unzweifelhaffc einer
zeit angehört haben, wo es noch möglich war, in den
flectirten formen den unflectirten stamm als solchen im
bewufstsein zu halten. Thun doch die ural- altaiseben spnip
anzeigen. 305
eben bis auf den heutigen tag dasselbe (Max Müller, vor-
las. I, 246 und 247). Doch selbst wenn ich diesem nega-
tiven resultate des verf. beistimmen könnte, der positiven
au&tellung desselben kann ich mich nicht anschliefsen. M,
sieht nämlich in allen den fällen, wo zwei endungen, wie
z. b. -culus und -ulus, neben einander hergehen, in dem
anlautenden consonanten der einen neben dem vokal der
andern nur einen rein lautlichen einschub zur Vermeidung
des hiatus. Ganz abgesehen davon, dafs die existenz eines
hiatushindemden einschubes meiner ansieht nach überhaupt
zweifelhaft ist, so dürften doch so schwere consonanten,
wie p, m, t, c, b (s. 201) schwerlich diesem zwecke ge-
dient haben. Ein h, j, v liefse sich allenfalls annehmen.
Das hat auch der verf. gefühlt, und deshalb leitet er auch
jene derberen consonanten alle auf diese drei zurück. Den
einschub der letzteren aber sucht er durch einige beispiele
aus der lateinischen vulgärsprache, wie sie Schuchardt
bringt, zu erweisen, indem er sagt: „Ein solcher Vorgang
darf für eine frühere entwicklungsperiode um so eher an-
genommen werden, als sogar noch in der spätem bekann-
ten spräche zuweilen solche im wort ursprünglich nicht
enthaltene consonanten zwischen zwei vokalen entstehen,
also offenbar nur durch das streben, diese letzteren in der
ausspräche zu trennen, geschaffen sind^. Ich glaube nicht,
dafs aus so vereinzelten fällen einer späteren zeit ein rück-
schlufs auf ganze kategorieen einer früheren zeit gemacht
werden darf. Da M. nun auch das b der verbalsufBxe
-bo, -bam und das f des umbrischen -fust u. ä. ebenso
ableitet, so vermag ich mich dem nicht anzuschliefsen.
Etwas anders wird das latein. perfect. auf -vi neben -i er-
klärt. Hier geht der verf. (s. 221) von indischen formen,
wid dudhäv-a, babhiiv-a aus, indem er annimmt, es
sei der rein lautliche Ursprung dieses v vergessen und -va
als endung gefühlt worden, woraus sich dann lat. -vi,
-ui, griech. *-^a, -a, -xcc entwickelt hätten. Auch diese
annähme scheint mir sehr gewagt. Es ist allerdings zu-
zugeben, dafs die entstehung der griechischen formen auf
'ä und 'Xa sowohl, als die des lateinischen perfects über-
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 4. 20
806 Pauli
haopt bis jetzt nicht hiulänglicb aufgeklärt ist, aber, was
das lateinische anlangt, so werden wir doch kaum des
verbums bhu entrathen können. Das von mir kürzlich in
dieser Zeitschrift besprochene programm desselben ver&s-
sers hat freilich erwiesen, dafs potui nicht aus pote fui
entstanden sei, d. h. aus einer contraction von dem ad«
jectivum potis und fui, allein dadurch ist ftlr die ent-
stehung des lat. -vi, -ui nichts präjudicirt. Diese endung
kann immerhin dennoch, nur eben in einer sehr viel filte-
ren zeit, aus wurzel bhu entstanden sein. Wir brauchen
nur ein voritaliscbes schon fest mit den verbalstämmeo
verwachsenes -bhui anzunehmen, um ohne die geringste
Schwierigkeit zu den oskisch-umbrischen formen mit f, den
lateinischen mit v zu gelangen. Denn lateinisch würde
-bhui dem -bam, -bo analog zu -bui werden, und der
ausfall des b vor u (resp. v) ist nicht schwerer zu verste-
hen, als der der andern medien in gleicher lautlage, z. b»
des d in suävis, des g in vivo, ja, die homorganität
beider laute begünstigt denselben sogar noch.
Aufser diesem hauptpunkte finden sich noch einige
nebensächliche, denen ich nicht beistimmen kann. Statt
ihrer aber führe ich zum Schlüsse lieber noch ein capitel
vor, bei dem der verf. gleichfalls von der herkömmlichen
ansieht abweicht, diesmal aber mit voller berechtig^aiig,
wie ich glaube. Ich meine die erklärung des lateinischen
Superlativs. Zuerst weist er nach, dafs die Superlative
optimus, intimus u. s. w., entweder, wenn in ihnen
-timo- das Superlativsuffix ist, vorlateinische, im latein^
sehen nur traditionell beibehaltene formen seien, oder dalt,
wenn sie einen specifisch-lateinischen Ursprung haben, nicht
-timo-, sondern -mo- das in ihnen zur superlativbildimg
angewandte suffix ist. Sodann wendet er sich zur erklä-
rung von -issimo-, welches er nicht, wie bisher geschab,
in -is-timo-, sondern in -i-sti-mo = skr. -ätha-, gr.
-rTro- + -nia-, -,teo- zerlegt. Er findet darin also die aoeh
sonst so sehr häufige Vereinigung zweier superlativsnffixe.
Beide suffixe erscheinen im latein auch gesondert, ersleres
in fidusta (s. 128), letzteres in minimus u. s. w. Ab-
anzeigen. 307
weichend von anderen, erklärt M. auch oxime direkt au8
öcissime, maximus aus magissimus, proximus mit
Pott aus pröpissimus, medioximus aus mediocris-
simus mit ausfall des r. Ich glaube, dafs alle diese er*
klärungen richtig sind. Nur in bezug auf extr^mus,
supr^mus I (s. 127) und pulcherrimus, facillimus '
(s. 128) bin ich etwas abweichender ansieht, die eich auch
auf die infinitive esse, v«lle, ferre (s. 248) erstreckt.
Doch mag das hier nur beiläufig erwähnt werden, da der
mir nur karg zugemessene räum mich schliefsen beifst.
Ich darf das aber nicht, ohne nochmals darauf hinzuwei-
sen, dafs das buch des neuen und beachtungswerthen man*
cherlei enthält, wenn schon man nicht allem wird zustim»''
men können.
Münden, den 20. märz 1870.
Dr. Carl Pauli.
Erläuterungen zu meiner griechischen Schui^ammatik. Von Georg Cur-
tius. Zweite Auflage. Prag 1870. 8. VIII und 224 ss.
Die erfreulich zunehmende Verbreitung der Curtius'-
schen grammatik hat nunmehr auch, sieben jähre nach ih-
rem ersten erscheinen, eine neue aufläge der erläuterungen
nöthig gemacht. Sorgsame berüeksichtigung der einschlägi-
gen neueren forschungen hat ihr eine grofse zahl verbesse^
rungen und Vermehrungen zugeführt, doch ist auch hin und
wieder aus älteren werken eine werthvolle bemerkung nach-
getragen worden, so s. 164, 165 über die dorischen adver-
bia wie nH) aus Ahrens Dial. Dor. Von gröfseren Zusätzen
heben wir namentlich hervor den auf s. 18 über die aus-
spräche von ^, die anmerkung über Thurot's Opposition
gegen die von Curtius aufgestellten zeitarten s. 181, 182,
welches widerstreben C. wohl mit recht zurückführen will
„anf die abneigung des französischen geistes gegen Unter-
scheidungen, die über logische distinctionen hinausgehen^;
femer die neuen beispiele über den gebrauch des aorists
20*
308 E. Kuhn
8. 184 und den ausführlichen abschnitt über den acc. cum
inf. gegen Schömann und Miklosich s. 197 — 201. Die aus-
einandersetzung über den bindevokal s. 94f. ist natürlich,
Curtius jetzigen ansiebten gemäfs, passend umgestaltet wor-
den; doch wird man auch den gründen gegen eine sofor*
tige einführung der richtigeren anschauung in die schul-
grammatik seine Zustimmung nicht versagen können. Wie
hier, so auch an vielen andern »stellen bezeugt diese neue
aufläge recht deutlich den grofsen und stetig zunehmen-
den fortschritt, der auf dem gebiete der griech. grammatik
in den letzten jähren stattgefunden hat; am wenigsten zeigt
sich vielleicht ein wirklicher gewinn in der lehre von der
(Komposition, welche trotz einer verhältnismäfsig grolsen
anzahl fleifsiger monographien sichere ergebnisse noch viel-
fach vermissen läfst.
Was die feminina auf -eJ s. 53 f. anbetrifft, so hätten die
einwendungen von Windisch in Curtius' Studien 11,228 nicht
unerwähnt bleiben sollen. Curtius hält für sein theil fest
an der erklärung aus ofi; doch läfst die auch in der neuen
aufläge stehen gebliebene bemerkung, dafs sie mit i'-stäm-
men „allerdings mehrfache berührungen aufweisen'^, ver^
bunden mit der thatsacbe, dafs C. s. 68 'AnoXXm^ /loasidw^
xvxeiu) auch jetzt noch nicht zu erklären weifs, räum zu
der annähme, dafs er auch nach dieser seite hin seine
forschungen noch nicht wird abgeschlossen haben. In der
that könnte man unter der Voraussetzung von i' -stammen
die substantiva und eigennamen wie fAogfioi, Sctvß'w^ Kok-
haroj von adjectiven auf -og mit den Substantiven und
eigennamen auf -ojv (Leo Meyer goth. adj. 66, 67) und die
hypocoristica wie 'AQXBfiM^ Abowo) mit den deutschen ma-
sculinen wie Kuono passend vergleichen.
Ueber den aor. ijveyxov wird hier s. 133 nach Orundc.^
288 wiederholt, daCs verwandte dieses Stammes nur in der
lettisch -slawischen sprachfamilie vorlägen, uns scheint,
aufser Benfeys nunmehr von ihm selbst wohl kaum noch
aufrecht erhaltener erklärung, finden alle übrigen ihre be»
friedigende lösung in der annähme einer doppelwurzel *ank
und ^nak (vgl. ambh und nabh Grundz.^ no. 403, angh
anzeigen. 309
und nagh ebendas. no. 447). Aus ersterer form entstand
skr. a9 apnöti für äp (A. Kuhn zeitschr. XV, 450), aus
letzterer skr. nap erreichen und die lettisch -slawischen
Wörter. (Auch die verf. des petersb. wtb. scheinen einen
direkten s^usammenhang von ap und na 9 anzunehmen, der
eben nur in dieser weise zu erklären ist). Danach ist ijv-
'Syx-e ein reduplicierter aorist. secund. (Pott WWB. I, 7),
nämlich gleich vedisch än-at für *än-a9 *än-ank-t
(A. Kuhn beitr. III, 123), worin der nasal der Stammsilbe
verloren gegangen wie in -//i/-€x-i;g ; diese adjectiva be-
wahrten die alte bedeutung des erreichens: noS-tjv-sX'^g
beifst die füfse erreichend, Si-tjv-eX'T^g continuus schliefst
sich auf das engste an ved. vj-än-api, vj-än-a^in durch-
dringend (vgl. M. Müller zeitschr. IV, 272). Die begriffe
„tragen" und „erreichen'' vermitteln sich wohl durch die im
petersb. wtb. s. v. a^ unter no. 3 gegebene bedeutung:
„einer sache mächtig werden, etwas bemeistern, vermögen''.
Ein störender druckfehler ist s. 74 »goth. mius" für mins.
Zum schlufs mufs noch bemerkt werden, dafs die be-
merkungen von Bonitz über den praktischen gebrauch der
Curtius'schen grammatik in der neuen aufläge in einer
form wieder abgedruckt sind, „welche ihrer gegenwärtigen
bestimmung in noch höherem grade entspricht als die
frühere".
Mai 1870. E. Kuhn.
feihoss, Tolxog^ dehas.
Herr prof. Pott hat im ersten hefte dieses bandes d.
zeitschr. s. 1 6 ff. in der ihm eigenthümlichen geistreichen
und ergötzlichen weise meine lehre von indogermanischen
wurzeln mit aspiraten im an- und auslaute (bd. XII, llOff.)
zur Zielscheibe seiner angriffe gemacht. Die waffe, mit der
er kämpft, ist sein glaube an die Unmöglichkeit solcher
wurzeln, und man spürt in dem ganzen aufsatze fast bei
jeder zeile „den geheimen schauder, welcher des verfas-
310 Grarsmauu
sers ädern durchrieselt l)eim a»blick 8o gespenstischer ge-
stalten wie z. b. *bhandh u. s. w.^ Da mir nun keine mit-
tel zu geböte stehen, um den hochverdienten gelehrten von
diesem geheimen schauder zu heilen, so verzichte ich auf
diesen versuch und knüpfe nur an eine frage an, die er
gelegentlich hinwirft (s. 24): „oder soll uns" (d. h. den von
jenem schauder durchrieselten) „das unverstandene feibuss
besonderen kummer machen?'^ Ich glaube, ja. Denn die
erklärung dieses unverstandenen feihoss ist nach der lehre,
gegen die sich hr. prof. Pott sträubt, so einfach imd selbst-
verständlich , dafs allerdings einem bekämpfer jener j, ver-
zweifelten hypothese" aus diesem wortc einiger kummer
erwachsen kann. Doch zur sache. In dem oskischen ver-
trage zwischen Nola und Abella wird bekanntlich eine dop-
pelte umgränzung des laudes, welches den tempel des Her-
kules umgiebt, angegeben; die äufsere begränzung war
durch gränzpfähle (teremennio) bezeichnet, die innere durch
die feihoss. Der acker des ganzen bezirks, welcher aufser-
halb dieser letzteren (ehtrad feihoss) lag, sollte zur beacke-
rang sowohl den Abellanern als No^ancrn frei stehen, aber
was innerhalb derselben (post feihois) lag, sollte unbe*
ackert bleiben. Es lag sehr nahe, bei dieser inneren be-
gränzung an erdaufwörfe oder mauern zu denken, und
schon Bugge (zeitschr. V, 4) setzt daher feiho = griech.
roZ;^o. Allein seine herleitung aus der in rev^w, . rix'^i
u. s. w. hervortretenden wurzel ist, wenn auch osk. feiho
dazu gehören soll, lautlich durchaus nicht zu rechtferti-
gen, und wird von Corssen (zeitschr. XIII, 188) mit recht
verworfen. Dieser geht wieder auf die ältere annähme,
dafs feihoss = ficos sei, zuröck. Allein, abgesehen da-
von, dafs feigenbäumc zu einer festen, nach der absieht
der contrahenten für immer gültigen gränzbestimmung we-
nig geeignet erscheinen, bleibt die lautliche Schwierigkeit
für den Übergang des c zwischen zwei vokalen in h, un-
geachtet der auseinandersetzung Corssen^s, sehr grofs. Nun
glaube ich nachgewiesen zu haben, und Curtius stimmt
mir darin, obwohl nicht mit entschiedenheit, bei (groncl-
züge 2. aufl. s. 167), dafs rof;^o = skr. däha, und also .die
miscellen. 311
Wurzel in skr. dih, lat. fing-o, gotb. deig-a eDthalten sei.
Aus diesen formen wird man, wenn es überhaupt gestattet
sein soll, aus sprachlicben erscheinungen scblüsse zu zie-
hen, mit recht folgern dürfen, dafs es Tor der sprachtren-
nuug eine wurzel etwa von der (für brn. prof. Pott gewifs
haarsträubenden) form dhigh, wie sie auch Curtius (a. a.o.)
ansetzt, gegeben habe. Fragt man nun, welche form an-
ter dieser Voraussetzung das dem griech. roTxo^ skr. deha
entsprechende wort im oskischen gehabt haben müfste, so
ist kaum eine andre antwort möglich als die, dafs es os-
kisch in der that mÜfste feiho gelautet haben; jede andere
form würde lautliche Schwierigkeiten darbieten. Denn das
oskische scheut nicht das gleichzeitige erscheinen der as-
piraten oder ihrer Vertreter im an- und auslaute der wür-
zet, und dh geht nach analogie von lat. fingo (osk. mefio
u. 8. w.) in f über, auch die übrigen laute sind ganz nor-
mal, und so ist an der Identität nicht zu zweifeln.
Grafsmann.
1) Bairische Orthographie. 15. jahrh.
Im cod. germ. Monac. 216 steht eine art Orthographie,
von einem niederbairischen ludimagister H. Ich habe aus
diesem theilweise von Schmeller und von mir (augsb. wb.)
benutzten opus folgendes heraus.
1) b: item zw zeitten schreibt man b für p; z. ex. bin,
ftwrger, frruder u. s. w.
pt item p wird auf teutsch genommen für das p von
pessers vnd lautters thons wegen; z. ex.: pin, purg;
aber nach rechter kunst sol man schreiben: 6in,
6urg.
tr: item das w, das mag in anevang eines wartz
(bair.) gestSn ; in mittel nit, dan in latein, aber aufl
teutsch; ex.: ratremen, wir trarn u. s. w.
V : item das v, das sol in mitten nit sten, nur im an-
vang eines wartz; ex.: üater, «etten, deifs, nlip
u. 8. w.
3 1 2 BiTliDger
u: item das u mag gesten nindert dan in mit des
wartz; ex.: euch, dti, auch u, s. w.
2) d: item das d wird verzuckht in manigen warten,
das sein kraft des dons vergessen wird; ex.: sol/a,
magsfu, aber künstlich; da sol man schreiben: solt
rfw, magst du icht n. s. w.
t : item das t in den tentschen warten nach dem vo-
cal V (u) sol albegen mit einem h geholfen werden,
wiewol das ist, das h kein puechstam ist; ex.:
in thue; doch allzumeisten das h vor dem ▼ von
stund an gee: t, th.
x: item das x nit genannt werden, wenn darfbr stet
gs oder chs u. s. w. in ^«angkch (bair.), fhcki.
man sol auch das x zu keinen teutschen Worten
nit nemen, dan för die zall u. s. w. zehen.
y: item das y ist nach teutsch zwai ii and verlenst
sein' thon und laut auf ay (ey); ex.: zway, yetW-
chem, ^cder u. s. w.
9 : item das z mag zu teusch geschrieben werden, nor
am anfang zuvor, so mag auch das c für z gesezt
werden u. s. w.: «u, cetel, «ily, isilgl u. s. w..
3) kch^ ch, 8ch. das sind die drey unsprechlichen
Silben, die iren tonn (bair.) mit zam hiljBT der an-
dern Silben und der puechstaben gewinnigen sy ein'
volligen ton und sprach
seh: item die silbe seh sol man schreiben vnd nor
am anvang der wart oder mittel: «cAactz, schncz;
in geschri£Pten zu zeitten zu ausgang der wart:
pusch, pseschl (?) u. s. w.
ch: item dieselbe wirt am meisten zu lest der wart
genuzt: soc^, swacA, gsmacA; ist einsilbig, hert,
deuttlig; wan allain sye kain volkomne sprach hat,
sunder mit zusetzung der andern silben oder „puech-
stam^: sacA, gsmac^. — die puechstamn g, s, m, a
sind nicht einsilbig sunder mit dem c, h wirtz ain-
silbig und ain wart.
kch: item die silbe kch wird geschribn im anvang
miscellen. 313
der wart und in mittel und im ende: kchrsLukch,
SLckcher^ eckch^ mkch (augsb. wb. 261 und 150).
2) Handwerker- u. s, w. namen, bairisch.
Derselbe egm. 216 hat auf bl. la folgende, für band- •
werker und bestimmte stände im 15. jahrh. übliche namen:
schloJcAer, «cÄporer, sehaflar*), satlar, salfrurcher, schftert-
veger, spanglar, schirmmaister, ledrar, riemar, tascfanar,
wircher, gurtlar, peitlar, hantschuecher, platter, pinter, po-
tinger (bötticher), tiscblar, kistlar, mezkar, vleischacker,
karer, wurflar, pagner, zolner, pechk, pallier, mewrar, kra-
mar, fragner, messerschmidt, karschnar, naglar, kantlar,
maultner, cholschmid, pirmenter, huetterer, lauttenschlaher
trummetter, obstlar, kuglar, gsingkher, gsel (bilfsgeistlicber,
gasaljo = unter einem dache, consul), techand, brobst,
mesner, guster, abtassin, kantmeister, kucbelmaister, fueter-
maister, grosmaister, zergamer, korfurst.
3) Struot.
Zu MüUenhoffs und Scherer's denkmälern s. 175 und 473 ff.
In der „Marchia ad UUirziburg^ steht: „in die hu-
ruuinün struot, die dar heizzit Giggimäda^. Nach dem
Worte „strüf busch, gebüsch, gesträuch hat Schmeller
m, 690 mit dem ihm eigenen bekannten Scharfsinne das
struot aus unserer gränzbeschreibung aus Eccard. Franc.
Orient I, 675 aufgestellt. Man war auch nach Schmeller
noch da und dort zufrieden mit dem gänzlich verschiede-
nen „strüt^. Schmeller weifs freilich, weil ihm ander-
weitige belege fehlen, nicht recht, was mit struot anzu-
fangen sei: „ob auch hier ein (kothiger) busch oder wald-
platz zu verstehen und dieses wort mit dem vorigen eines
sein könne, weifs ich nicht". Müllenhoff sagt in der an-
*) Dieses -ar entspricht dem heutigen bair. a': muada, väda; ist also
durch r eine änderung eingetreten: r ist vokalisirt, ähnlich dem 1, das am
ende zu j wird, der Vorstufe des burgundisch- alemannischen h (wie franzö-
sisch)*, wand wald, Tau, Teil u. s. w. Weinhold bair. gramm. §. 8: „das a
in dem suffix -ar halte ich in dieser zeit nicht mehr für echt, sondern fUr
unechten und durch -r begünstigsten laut**.
314 Birlinger
inerkuug 26: „die bedeutiing steht nicht fest" — „worauf
sieh J. Gritnm stötzt (heifst es weiter), wenn er R. A. 635
die bedeutung „silva^ angiebt, weifs ich nicht. Aus „un-
struot^, „ linst röt^ wird die bedeutung flufs, bach eini-
germafsen wahrscheinlich, vgl. Förstemann II, 1438". So-
viel MallenhofiP bei der herausgäbe. Jetzt hat sich der
zweifei gänzlich gehoben. Als ich M. meine notizen über
das wort im spätjahr 1868 mündlich mittheilte, war er be-
reits durch die pariser Vergilglossen — neuerdings von prof.
Martin in Freiburg wieder verglichen und von dr. E. Stein-
meyer in Berlin eingehenden Studien unterworfen — un-
terrichtet. In den glossen findet sich folgendes:
Vergil. Georg. I, 363: paludes struot.
Vergil. Aen. VI, 369: paludem struot.
Vergil. Aen. VII,801 : palus struot.
Ich habe folgende belege zu bänden: in der struote
strafsburgischer waldname ad 1 320. Mone zeitschr. VII, 368.
Gansweidt oder Struotweidt ad 1551. Weist.IV,247.
Struot weide, a. a. o. Struot ein ortsname im Can-
ton Hirsingeu, Elsals. Alsatia jahrg. 1856 — 57 s. 291,
wozu der herausgeber Stöber auch noch irrthümlich an-
merkt: „das wort bedeutet gesträuch, gebüsch, ahd. Strotan,
strudan = reuten; würde also auf gereut deutenll^
Auf der topographischen karte Schwabens kommt
Strut, Striet öfters als waldname vor; hätte man die
älteste urkundliche form der betreffenden namen und wfilste
man die örtliche beschaffenheit von einst und jetzt, so
würde leicht entschieden werden können, ob struot oder
strüt gemeint. So z. b. im Strüttlin, auf der Höhen-
strüt, uff die Berlinstrutt ad 1552. Sicher ist Aich*
struot auf dem welzheimer wald hergebörig; ein „zergan-
gener^ ort Igelstruot war bei Mergentheim.
Struot ist wohl den Franken und Alemannen einst
eigen gewesen; heute dürfte der Oberrhein (der fränkisch-
alem.) wohl noch mehr der belege aufweisen können. Wei-
gand für Hessen und Kehrein für Nassau = wald, gebüsob.
Giggi mada = gansmatte = halb pftitze, halb wiese,
wie heute noch.
miscellen. 815
4) In eichelweifs.
Im Grimm'schen wb. 8. v. steht ohne beleg diese for-
mel = ex asöe, obwohl Schmid schwäb. wtb. aus Ulm
s. 158 schon auf der richtigen fährte war. Ich bin in der
tage, aus dem statutarrechte des ehemals gräflich lupfen-
schen, später förstenbergischen , jetzt grofsherz.- badischen
Städtchens Stühlingen an der Wuotach von 1 527 folgende
stellen mitzutheilen, die sich aus andern gegenden vielleicht
vielfach vermehren lassen, „so aber dann der vatter auch
mit tod vergangen und im leben nit mehr ist, so sol das-
selb nur all ander sein verlassen guet ligende und varende
denselben und ob er darnach kinder mit der nachvolgenden
frawen eelich geporen hätte, solch guet gleich gefallen
sein auch unnder ain andren in aicheinweifs gethailt
und der frawen nit mehr dann ain khindsthail davon wer-
den" f. 13b. „Item und so sy auch mit tod vergangen
— so sollen der man und die kinder sovil deren eelich von
jrem leib geboren weren, dasselb jr guot, wie das namen
hat in aichlenweifs thailen und ainem als vil als dem
andern werden" f 14 a. Ebenso in Altenstaiger Stat.
Stöhlingen ist einer jener orte, die heute heinahe
schweizerisches idiom haben, einstens nicht.
5) Fürhäss.
Ich habe in meinem büchlein von ^ter speise (Sitzungs-
berichte der k. b. akad. d. wiss. 1865, II, 3) s. 181 zu für-
hess eine anmerkung geschrieben, die vermuthen läfst, als
ob ich an „fürhase" denke. Ich mufs gestehen, ich
wnfste lange nicht gewifs, ob eine sichere anderweitige er-
klärung zu geben wäre. Dafs unser wort fränkisch-
mitteldeutsch, das ist sicher; es hat sich aus den üp-
pigen küchenrecepten fränkischer Stifter und duodezdyna-
stien in oberdeutsche kochbücher eingeschlichen. Also so-
viel steht fest: alemannisch, baslerisch- oberrheinisch ist
fürhefs nicht, wenn es auch im büchlein von guter speise
sich vorfindet. Im vorletzten hefte des unterfränk, aschaffenb.
bist. Vereins habe ich dieses auch aufgestellt. Ferner sind
31(> Birlinger
die belege, die ich seither gesammelt, alle fränkischei)
Ursprungs. Schmeller II, 244 kennt es aus der nürnberger
küchensprache, Popowitsch kennt es aus Wörzburg. Die
Schreibung fürhess liefse alemannische alte quantität des
Umlautes ä errathen; allein wo soll der umlaut herkommen?
Es ist einfach an für(ge)hähse zudenken; hahse mhd.
die beine. Dazu kommt, was Vilmar idiot. 153 beibringt:
„die fersenflechse und die umliegenden theile des beins
heifsen hahsa, jetzt meist pluralisch die h essen und wird
dieses wort bei den pferden allgemein angewendet, hin und
wieder auch in der küche bei dem braten; auch wird wohl
bei letzterer veranlassung noch die ältere form hasse ge-
braucht, zuweilen sogar hächse^. Reinwald, henneberg.
idiot. I, 57. Journal von und für Deutschland 1786 8. 531.
Ebenfalls hat Vilmar ein zeitwort haesen, einhae-
sen: „so wird mit irrthümlicher ausspräche von den Jä-
gern das durchschneiden der hinterläufe der geschossenen
hasen und fuchse genannt, welches hinter der fiifsflechse
(fersenflechse) vorgenommen wird, um durch den schnitt
den andern hinterlauf durchzustecken und so das wild auf
die Stange hängen zu können. Es ist dies das wort ahd.
hahsinon und wird anderwärts (z. b. in Baiern) richtig
hächsen gesprochen^. Das bairische idiom hat ja die
alten h (hh bei Schmeller), die hochdeutsch längst ver-
schwunden, getreu in der ausspräche bis heute bewahrt
In Balthas. Spiefs's volksthüml. aus dem fränkisch-hen-
nebergischen , Wien 1869 ist s. 14 hasse pl. zu lesen «>
das gelenk an den hinterbeinen der thiere. Stimmt also
alles zu richtigen erklärung aus hahs.
6) Ueber monatnamen.
K. Wein hold hat über die deutschen monatnamen
eine kleine schrift geschrieben (Halle 1869). Ich will fol-
gendes beifügen. In der neuen folge des Lacomblet'schen
archives, fortgesetzt von meinem kundigen freunde Wol-
demar Harlefs, steht ein auszug aus dem ältesten Esse-
ner missale, 9. Jahrhundert vom herausgeben Im neorolo-
miscellen. 317
gium (s. 76) ist die randbemerkung zu Kai. Sept. „apud
Hebraeos Flud. apud Graeoos Thot. apud Egyptios Scor-
picus. apud Latinos September, apud Thiodiscos hä-
leg mänoth^.
Zu Kalend. Nov. gehört die randbemerkung: apud
HebraeoB Marussius. apud Graecos Ättiricus. apud Egypt.
Dios. apud Latinos Nouember. apud Tfaiudiscos blot-
mänoth.
In dem monatnamenverzeichnis Karls M. ist bekannt-
lich heilagmänöth für den christmonat oder december
angesetzt. Ganz dem angelsächsischen gemäfs hat unser
altsächsisches missale ihn ftkr den September. Beda de
temp. rat. c. 13 ebenso: Halegmonath.
Der grund dieser oberdeutschen abweichung von der
nieder- oder altsächsischen weise mufs wohl in der chri-
stianisirung und accommodationszeit gesucht werden. So«
viel zu Weinhold 41.
Auf den wichtigen unterschied zwischen bairischem und
alemannisch -schwäbischem gebrauche, demgemäfs Baiern
das alte genus bei monat (moned, moneid) beibehalten, habe
ich alem. spräche I, 38 aufmerksam gemacht; zu wolfmo-
nat, brächet, äugst, hartmonat erlaube ich mir meine
bemerkungen zu citiren, alem. spräche 35. 36. 37. 38.
wolfsmon: in Sem wolfsmon behüt das haubt vor
keltin cgm. 120 f. 16b. Der cgm. 349 hat: winterma-
nad, heribstmanad, hewmanad (f.8b), brachmanad,
genner (23), kolendermonad (14a). — Die chronik
der Edlibacher (antiq. mittheil. Zürich IV, 4) : uf den drit-
ten tag herpstmant. N. f den dritten herbstmant. —
Forer gebraucht im thierbuch wintermonat, wolfmo-
nat, augstmonat. Brached steht in einem, apenwiler
rodel (Burckhart, hofirödel 152): „tempore quod dicitur ze
Brached aliud in autumpno^.
Zu Schnittmonat (juli) steht ein beleg in den Ur-
kunden des Schwab, städtebundes 11,436 ad 1501: „zwi-
schen hie und St. Jacobstag des heiligen zwelfpotentag im
snit schirst künftig^. Es scheint überhaupt, der gebrauch
dieses namens sei bairischen (österreichischen) und frän-
318 • Birlinger
kisch-bairischen Urkunden eigen. Ich kann mich seiner in
alemannisch-rechts- und linksrheinischen Schriftstücken nicht
erinnern. Ein beweis dafür sind auch die stellen in den
vielgelesenen festtagspredigten des B. Wagner.
Bartbol. Wagner, apostelpred. 1593, Ingolstatt; am
St. Jacobstag des gröfsern: ,,zu diser zeit des schnits bei
der unraüssigen und grofsen arbeit erfrewt den Schnitter
nichts mehrers als die kohlen brunnen" s. 120. „die glau-
bigen Christen, so hie auff erden seyn inn der grofsen ar-
beit des geistlichen Schnitts und emde^ s. 121. „bei
welchem Jacobsbrumen die gz. Christenheit in dem geistli-
chen schnitt den durst kann löschen^ s. 122.
Der alte „hinkende und stolpernde, doch eilfertig flie-
gend und laufende reichsbot (Offenbach bei Frankfurt) 1774
hat die monatnamen: jenner, hornung, merz, april, may,
brachmonat, heumonat, erndmonat, September, oc-
tober, november, christmonat. Das festtagsverzeichnis
des bisthums Basel von 1784: jänner, hornung, märz, brach-
monat, augstmonat, herbstmonat, christmonat, heumonat,
weinmonat. (Blätter für Wissenschaft und kunst, Luzern 1869,
8. 79).
7) Digge, Dickhe, Tigew,
die und das = herrschaftsbezirk ; ein altes mit mhd. gedi-
gene (wb. I, 310a. Schmid 126) (degen) gleichbedeutendes,
überliefertes wort, das nur noch im östlich - alem. gebiete
sich bis in's vorige Jahrhundert herein erhielt, vom volke
schon frühe mifs verstanden, daher der Wechsel ded genus
(die digge) und wenn richtig gelesen sogar anlehnung an
Gau: Tigew (Tigen). Es ist unter Gedigen Oedigene
hier eine freie bürger- und bauerschaft zu verstehen geget^
über dem alem. genossami, das eine leibeigenheit aus-
drückt.
„Digge namen für umfang der alten herrschaft Zeil;
Diepoltshofen, Gospoltshofen , Hauerz, Reichenhofen, SeU
branz gehörten dazu**. Leutkirch, Ob. a. beschreib« s. 198
anmerk. Im zoll vertrag, den a. 1515 die freie Stadt Laut-
kirch mit dem truchsäfs Georg abschlofs, geschieht der
miscellen. 319
Digge ervrähnung: „Alle die, so in begrei£Puog oder
Digge der berrdchaft Zeil gesessen sind^.
In einer Urkunde von 1614: „und damit des alten be-
grifs oder digge der herrsehaft Zeil weiter kein irrung
oder misverstand entstehen u. s. w.".
Im vertrag von 1681: „was die burger von Leutkircb
aulserbalb der Dick be einkaufen u. s. w.^.
Die rettenbergiscbe landesordnung von 1538 (Kempt.
1842) bat Tigew: „nachdem unsre undertban^n unsers
Tigews Rötemberg langber — nit genügsamen beriebt
gehabt u. s. w.^ s. 11. „dem allem nachsetzen, ordnen und
wollen wir, das es hinfüro in vnnserm Tigew Retemberg
nachfolgender gestalt — gebalten werden soll^ s. 12. „All
dörren vnnd badstuben allenthalb in unserm Tigew u. s. w.^
8. 28. „So aber ein Tigews mann über landt ze raisen
verordnet wirt u. s. w.^ s. 34. „Item welicbs freymentsch
sich in beurat oder ergebsweis sich hinter unserm stifil vnd
Tigew Röttenberg zeucht vnd frei gelegne güetter mitt-
bringt u. 8. w." 8. 34. „Weitter soll den frey ergebnen
personnen vnd ferrer nit wa sey sich aufserbalb vnsers
Tigews Röttenberg gen Kempten, Eisni und weitter für*
auTsziehen u. s. w.^. „Unsers stiffts und Tigews leut
u. 8. w.". Vergl. weistb. VI, 294. — »Wir schicken auch
E. F. G. hiemit der bauern zu Oberdorf beschwerungsarti-
kel zu, darauf in Tigen sie iren grund stellen^. Stern
(bauernkrieg) 8. 52. Fuchssteiner 12. A. [Dr. Beruh.
Zör, urkunden-regesten zur geschiebte des adelsgescblechtes
von Heimenbofen; ein fünfzehnter und sechszehnter com-
binirter beriebt des historischen kreis Vereins im re-
gierungsbezirke von Schwaben und Neuburg für die jähre
1849 und 1850. Augsburg 1851. 4: p. 104 amtmann des
Getigensjlötenberg, p. 111 ammann des Tigen s Röten-
berg (111). Ders., einige notizen über die in dem k. b.
landgerichte Immenstadt befindlichen bürgen und burgställe;
ein Wochenblatt der stadt Kempten 1846: no. 7, p. 37:
yyAlle im landgerichte Immenstadt gelegene St. Ulricaniscbe
besitzungen gehörten zu dem kemnater Tygen oder Gety-
gen (! Advocatia, aus diesem entstand Vogetige, Getigen
320 Birlinger, miscellen.
Tigen, wie aus Advocatus Voget, vogt)**, Ders., einige
notizen über die in dem k. landgeriehte Sonthofen betind-
liehen bürgen und burgställen im nämlichen Wochenblatt:
no. 18, p. 91 : 9, Die sämmtlichen besitzungen dieses klosters
(St. Ulrich zu Augsburg) waren in zwei genossenschaften
oder landschaften Getigen — Tigen abgetheilt, von denen
ein Getige das greggenhofener, das andere dais kemnater
Getigen heifst'^. Kaiser, wappen der städte und markte
im Oberdonaukreis d. k. Baiern 1834. Augsburg: p. 103:
19) Oberdorf; dieser markt führt das wappen des ehema-
ligen sog. Tigen- oder malefizgerichtes (von ^ding** oder
^jgeding"! = gericht).] Gefällige mittheil. prof. dr. M. J.
Müllers in München. — gedigene, städterchn 8, 122.
Closener.
Ob folgende gleichlautende namen dazu gehören?
„a. 1410 vendidit Nobilis de Erolzhaimb sylvam die Dyke
genannt^. Ein wald bei der bürg Alteberstein heilst noch
jetzt ,,des grafen Dick^. Eine Dicke ist bei Calw;
dabei die Dickemer ebene, ein wald; „ein alt burgstal —
oben bei dem dickinger hof gelegen^. Lagerb. Die wald-
namen Dickenreis, an der kcmptisch-memminger strafse
(lustort schon 1472) und die Böhringer Dicke wald, rev.
Altenstadt (Kirchheim). In d. stuttg. glossen Diut. II, 43a:
silvam, dichc; dichi 46a. Ich bezweifle es.
Ich mufs nun noch auf das alte tie oder dige, in nie-
derdeutschen westphäl. Urkunden aufmerksam machen. In
der Soester alten stadtordnung kommt es vor. Es ist eine
untcrzunft mit einem magister, vogt. Der alte Qaupp
erinnerte an Decanie.
Bonn. A. Birlinger,
Nachtrag zu s. 208 ff.
Man vergleiche jetzt noch S. Bugge's neuesten (dritten)
„Bidrag til tydning af de aeldste runeindskrifter ^ in der
Tidskr. f. Philol. og P«dag. VIII, 1 63—204.
Gradl, der 08tfrttnki»chu dialekt in Böhmen. 321
Der ostfränkische dialekt in Böhmen,
Vokalismus.
1.
Grcnzeu. Der ostfränkische dialekt, zu den mittet-
dcutscben gehörig, umfafst die gegenden vom Fichtelge-
birge bis hinab zum Regen und zur unteren Altmühl, von
der Pcgnitz bis zur Beraun und unteren Eger. Am rein-
sten ist sein Charakter an der Nab-Vilz, Ober -Eger und
Mics-Radbusa; Pegnitz zeigt bereits westfränkische, Mit-
telregen bairische und Mitteleger obersächsische elemento,
jedoch neben ausgesprochenem ostfränkischen Charakter.
Nach Böhmen fallen Mies-Radbusa und Mitteleger ganz,
Obereger und Regen nur mit den östlichen theilen. Die
bestimmtere abgräuzung in Böhmen gibt eine linie, die
bei Kirchberg (an der landesgränze zwischen Schönbach
und Grasslitz) beginnend zwischen Heinrichsgrün : Schön-
lind, Neudeck : Bärringen, Schlackenwerth : Joachimsthal
bis Wotsch und Wartha läuft, hier die Eger überschreitet
und sich zwischen Saar : Radonitz , Duppau : Maschau,
über Pomeisl, Rudig, Kriegern und Horosedl zur tsche-
chischen sprachgränze wendet; im Süden begrenzt das oet-
fränkische gebiet eine linie, die oberhalb Eisenberg gegen
die slawische sprachgränze nördlich von Schüttenhofen
läuft.
Innerhalb dieses gebietes werden in den vier gruppen
weitere untermundarten entschieden. Die gränzen zunächst
der gruppen sind linien, 1) zwischen Schönbach : Grafslite
beginnend, weiter Gossengrün : Bleistadt, Kulm : Zieditz,
Königsberg : Kirchenbirk über Perlesberg gegen den Wolfs-
stein und von hier in fast gerader richtung zum Tillen-
berge; 2) bei Perlesberg bcginuend zwischen Lauterbach :
Sangerberg, Petschau : Einsiedel, Theusing : Tschebon
gegen Manetin; 3) Tscherchowberg gegen Klentsch.
Mundarten. Die mundarten der Mitteleger (ME.) und
Oberangel (OA.; osttheil der Regenmundart) trennen sich
Zeitschr. f. vergl. sprachf. XIX. 5. 21
322 Grttill
von üeii bciilen aiulorii ihircli aufnähme von clcmenien des
obcrsachsisclien und bairisc^licD. So zeigt MB. das p, pp
für in- oder aiidlautendes pf der andern mundarten und
den kreisclilaut ä (für mhd. er, er, ir, Qr), der östliche
theil untersebeidet sieb vom ganzen gebiete besonders dureli
u = mhd. ei, (ostfrank, sonst ^i, oi, ui) u. s.w.; OA. hin-
gegen bringt neben sonstigem ou, eü (= mbd. uo, üe) und
ei (mhd. ie) schon bairische ua, öa und ia, weiter die me-
tathesis ui (mhd. in) und hat aufserdem cbaraktoristiscbe
kennzeichen im 6 fQr ü, ou (sammt entsprechenden um-
lauten), im e für i, im hr für mbd. r (abd. br oiid r).
Merkmale der Mies-Kadbusagruppe (MR.), die wieder in
östliche, nördliche und westliche mundarten geschieden
werden kann, sind besonders die krcischlaute ü (wie oben)
und ä (= mhd. a, o vor r). Die Obereger (OE.) ist die-
sen gegenüber das gebiet der dumpfen, kräftigvollen laute
(ea, ia, üa =? anderweitigem ä, dann oa, äa = ander-
weitigem d).
Deutlich lassen sich noch folgende untennundarten
herausheben: in OE. die von Ascb(A.)*), Scbönbach
(Sb.), Gossengrün (G.), Egerland (El.) und Stadt (Es.),
Königswart (K.); in ME. und zwar im östlichen theile:
Duppau (D.) und Jechnitz (J.), im westlichen: Lauterbacb
(L.), Petschau (P.), Buchau (B.), Scblaggenwald (Sw.),
Neudeck (N.); in MU. und zwar im nördlichen theile:
Weseritz (We.), Tepl (Te.), Tachau (Ta.), im östlichen:
Mies Stadt (Ms.) und land (Ml.),* Chotieschau (Cb.), im
südlichen: Haid (H.), Pfraumbcrg (Pf.) und der strich
längs des Böhmerwaldes (Bw.); in OA.: Neumark (Nm.)^
Kauther borrschaft (K.), Eisenstein (E.).
2.
Allgemeines. Das neuhochdeutsche gesetz, den vo-
kal der Stammsilbe vor einfacher konsouanz zu dehnen^
bat im ostfränkischen eine bei weitem gröfsere ausdehnung
*) Die charakteristischen lautwandelungcn der einzelnen mundarten Bind
aus dem texte und der «chlnfttabrUe zu ersehen.
der ostfrUiikiscIie ilialekt in nöLmeii. 323
erlangt; es ist nHmlicb aufscr den neuhochcicutscheu fällen
auch noch jeder vokal einer Stammsilbe gedehnt, auf die
(nhd.) harte konsonanz folgt, sofern nur keine weitere silbe
folgt oder abfaii eines vokales (einer silbe mit tonlosem e\
vorliegt; selbst einige doppelkonsonantische laut Verbindun-
gen, besonders solche mit liquiden, erleiden diese milde-
rung. Es heifst somit (die gränzgehieto ausgenommen)
allgemein z. b.: nöpf, fofs, doch, schüdk, fisch, schmolz
= napf, fafs, dach, schock, fisch, schmalz; ist dagegen
eine silbe elidirt und mag das wort dann immer einsilbig
lauten, so wird der vokal geschärft gesprochen, wie in:
napf', fassa, dächa, fisch*, schmälz'n = näpfe, fasser, da-
eher, fische, schmalzen. Ich bezeichne dieses Verhältnis
im nachfolgenden kurzweg mit „gemilderte konsonanz^.
Damit hängt ein zweiter fall zusammen. Vor r (ge-
miniert oder auch mit andern konsonanton verbunden) ist
der vokal in einsilbigen werten meist lang oder wenigstens
schwankend. Dieses r bewirkt aber (oft mit gleichzeitigem
Schwunde seiner selbst) einen nachschlag a an den vokal
der Stammsilbe. In den gedehnt gesprochenen silben lautet
der vokal dann rein diphthongisch als äa, eä, oä, iä, oä,
uä, üä, mit festerer ausspräche des r (ans schriftdeutsche
anschliefsend ) aber aar, eär, eär u. s. f. oder rein är, er,
er u. s. w. Diese notiz voraussendend bezeichne ich nur
vor gemilderter oder einfacher konsonanz den laut diph-
thongisch, im andern falle einfach (z. b. hfad = hirt,
hirt*n =s hirten).
Die umlaute ö und ü werden im ost fränkischen, wie
in andern mitteldeutschen und oberdeutschen dialekten,
verdünnt und als e und i gesprochen. Dagegen werden
vor 1 die vokale: e, i, ü wie wirkliche trüblaute (ö, fi)
gehört. Ich schreibe jedoch aus theoretischen gründen
diese umlaute überall, wo sie grammatisch hingehören, ein
für allemal wegen ihrer ausspräche hiehor verweisend.
Lautzeichen. Den hellen, hohen ton jedes vokales
bezeichne ich mit ', dessen länge mit'; den reinen ton
als kürze nicht weiter, als länge mit ' ; den tiefen, dum-
pfen ton mit ', lang '\ Das a ist (ein gegen ö hin schwe-
21*
324 GradI a
hcndo.r) unilaut zu a, ä, wälircnü ä ilcn hellen, schon wie-
der zu a geneigten ton (= engl, a in cal, pan n. s. w.)
ausdrückt, ä ist ein tonloser, nach E. BrQckeV benennung
unvollkommen ausgesprochener a-laut (Schmellers a). Die
anlautenden b, g, d schreiben andere p, k, t, da sie sehr
hart gesprochen werden; abgesehen von der seltsamen
form, die manche worte dadurch erhalten (man denke an:
teä', tau = der, da) fällt damit auch die möglicbkeit, das
geschärfte g (= slaw. k) und das wirkliche k (ausgespro*
chen kh) zu scheiden, wenn für beide das zeichen k ge-
braucht wird. Ich zeichne also auch im anlaute b, g, d
mit der für die ausspräche genügenden notiz aa dieser
stelle.
Jeder konsonant, der in kleineren typen oberhalb der
Schreiblinie steht, bezeichnet einen kaum hörbaren laut;
diese lautschwäche bei n und r bezeichnen ^ (ausdrnck
der nasalierung) und ' ; mangelnde konsonanten sind mit ',
mangelnde vokale (wo sie allein die silben trügen) mit *
angedeutet.
3.
a = 1) fremdem a: klass*, kassa, blamiä'n, äfätaos (itl.
abbondanza), karwätsch'n, paless (tschech. paleska,
Schlagholz in einem knabenspiele), kapöras (zu gründe
gerichtet, aus dem hebräischen), traktiä*n, stantap^i
(staute pede) u. s. f.
Schmeller bair. mundarten §. 102, Nassel laute der
Teplcr mundart 4, Födisch aus dem nordwestlichen Böh-
men s. 5, Weinh. bair. gramm. §. 5.
Vgl. noch: Lcxer VIII, Schleicher 5.
2) a — e (mhd. a oder e daneben, oder umlaut für den
dialekt zu supponieren) : Andres (älter Enders, Bn-
dres), liacka-häl (hal = mhd. halp, helbe, axtstiel))
hanti (streitsüchtig, mhd. handec), zäm (J., zahm),
hamm'l, tagh (tage, pl.), zh' (zähre, mhd. zäher ),
handschkä (handschuh, vergl. hent s=s band), bä^n
(nützen, helfen, pld. hatten), das da da (dafs), warz'O
(warze).
a ücr OätirUukiscliv diolukt in Böhmen. 325
l\) luhd. c (aufhcliung aus ü, kauui als ^uDtcrblicbencr^ 3
umlaut anzunehmeD): haks'D (fu(s), hach'I, flaks'
(flechsc), raitigb (rettig), wassä'n (wässern), g'nack
(genäcko = nacken), äz*n (ätzen), mann*! (männlein),
mant'rl (mäntelchen), ang*rl, katz'l, fafsä' (fösser),
bach' (bäehe), banga (bänger), wachtä', gartna
(gärtner) u. s. f.
Scbm. §. 104. 124— 1 HO. Weinhold bair. gramm. §. 5.
Naäsel 4. Födiscb 5.
Vgl. noch: Lexer VIII. Schleicher 4. 6 (a, ä). Schöpf
in Fromm. 3, 17. Petters ebenda 6, 171) u. a.
4) mhd. e: dastä (desto), bal-n (bellen), zwarg'l (zwerg). 4
Häufiger in L. und N.: naw*l (nebel), nast (nest) 5
u. a. Vor 1 in OA. (K.): galt, galt'n, walt, sald 6
(selber), half'm (helfen), fald u. s. w.
Schm. §. 183. Weinh. bair. gr. §. 6. Nasscl 4.
Vgl. noch: Fromm. 2, 322. (i, 176. 1Ü2, III. Weinh.
dial. 23, 4. Schleicher 5. 6 (a, ä). Lexer IX und 62 u. a.
5) mhd. ö (durch alte Verwechslung mit e; vergl. auch 7
a = ö), z. b. kannt* (könnte).
6) mhd. a (wo für ostfränkisch wohl meist, wie oben 2, 8
ein umlaut zu supponieren ist; vgl. auch nhd.); z. b.
grät* (gräte), wäwa (fremd wort; mhd. bäbe; grofs-
mutter, altes weib).
Häutiger in J.: mal (fleck), mas* (mase).
7) mhd. ä (wie a = e); bes. OE., Ta., Bw., OA., in 9
einzelnen mundarten der MU. und östl. ME. schon
eingeschränkter, vgl. aü = ä; z. b. la (leer), etat (still),
schwa (schwer), hal (glatt), käs (käse), mä^n mä^na
(mähen), nä'n uä^nä (nähen), drä^n, wä'n, krama (krä-
mer), zwi-gäri' (zweijährig), drl-häri' (dreihärig), mäß*l
(kl. mafs), brä'-l (kl. braten), fpä^ (epäne), schläfst
(du schl.), bläst (du bl.), wa (wäre), tat (thäte; da-
neben andere formen) u. s. w.
Schm. §. 121 Weinh. bair. gr. §. 34. Nasscl 4. Fö-
disch 5 u. 8. w.
Vergl. noch Lexer X Schleicher 5. Schöpf Fromm.
3 , 8{) und häufig.
32G Grudl a
10 S) iiilxl. 6 (misohung mit h, ilurcli roiulaut äu = ä uud
6 vermittelt): kränl (krönlein), ftaßt (stölst).
11 9) mbd. i, Verengung aus ai (s. ausdehnung bei diesem)
vor ] und vereinzelt vor nasalen und auslautend, z.b.
fäl'n (feilen), iuk\ (meile), kal, zäl, AI, pfäl, wäl (weil;
weile); miV da'^ säT (mein, dein, sein), siT (esse);
tläbfi (dabei; ebenso in: ba-lä**l = beilade, neben-
lade, bä-bäU = beifufs).
Schm. §. 236. 237. Weinh. bair. gr. §. 7. Nasael 4.
Brtvaria 2,201. Fromm. Grübel 3,231.
Vergl. noch: Wurth Fromn». G, 252. No6 ebeud. 5,
205, 2 u, a.
12 Olme rücksiebt auf den folgenden konsouanten in stri-
chen des Bw., z. b. zät (zeit), schä^*m (scbeibe), drä (drei).
13 10) mbd. ü, allgemein (aufser OA.) vor 1, m, den labialen
und in einigen andern fallen; (dial. au häufiger als
Ti ==: mbd. ü); z. b. fal (faul), mal, säl (säule, mbd.
8Ül), gal, käl (kugel, mbd. käle); räma (mbd. rümen),
fa-sämä (mbd.versümen), pflam (flaum), kämm (kaum),
dauia, scbam; liaSu (baube), klä'*'m (klauben),
sclirä'''m, säwa (sauber)^ schäfl, saff*m, äf; &ß (aus),
lattä (lauter), tak^n (scbilf, EL, Kuhn XIX, 6i).
Schm. §. 158. Weinb. bair. gr. §, 7. 40. Bavaria 2,199.
Fromm. Gröbel 3, 230. Nassel 4. 5. Födisch o.
Vgl. noch: Schm. §. 159. Wurth Fromm. ({,252 u.a.
14 Ohne rOcksicht auf konsouanten in strichen von Bw.,
einzeln schon in H.; z. b. brät (braut, Bw. H.), krät (Bw.
H.), träa (trauen), hkii (bauer) u. s. f.
Sibm. §. 157.
15 11) mbd. iu, vor 1 und vereinzelt, allgemein (aufser OA.):
mala (mäuler), näli' (neulich), äl*, äb8cb&li% bäl',
käl'n, wä ^mhd. zc wiu; EL), drä (3, neutr., mbd.
driu), -rät (iu Ortsnamen, = reut; El.).
16 Häufiger Bw. : lad (leuto).
Schm. §. 24(). Weinh. bair. gr. §. 39.
Vgl. noch : Wurth Fromm, (i, 252 u. «.
17 12) mbd ei und zwar vereinzelt überall: häli' (heilig),
alfä (11, El.), fäm, nä", fräs* (n., die fraisen).
^ a ^^^ osUräukiächc dialckt in BöhtnoD. 327
Nassel 4.
Vor nasalen in L.: äna (einer), käna , stanmi(8teiue).
Ohne rüeksicbt auf konsonanten hat Ms. (neben eben- 18
soviel fallen mit äi, äa): äma (eimer), hämli\ bä% f;tä%
klä% zwä, kläd, wäz (weizen), bäß*n, säf'n (seife), räs'n,
ftrach*'^n; allgemein herrseht a an der östl. ME. (1). J.):
äma, g*mä% kä^, nas'n (necken, mhd. neisen), ach*, ä'^n
(eidam) jll s. w.
Sehm. §. 140. Weinh. bair. gr. §. 39. Fromm. Grübel
3, 230. Födisch 5.
Vergl. noch: Noe Fromm. 5, 203, 2. 205,2; Fromm.
2, 189, 1 ; Weinh. dial. 28, 7. Lexer XI. Vonbun Fromm.
4, 326. Stertziug ebend. 6, 470, 7a u.a.
13) mhd. ou (ä häufiger als au = mhd. ou; vgl. das ver- 19
hältnils bei ä = mhd. ü); allg. (aufser OA.): bäm,
säm, träm, zam, glä''*m, lab, lä'^'m (laube), urläb,
täb, happ- (haupt-), frä, ä^ (auch), haff'm (häufen),
laff*m, kaff-m, raff'ui, taffm.
Schm. §. 171. Weinh. bair. gr. §. 7. 41. Bav. 2, 19!>.
Fromm. Grübel 3, 229. Nassel 5. Födisch 5.
Vgl. noch: Lexer XI. Höfer 60. Maister 10. Schöpf
Fromm. 3, 17, 9. 89, 5. Noe ebend. 5, 205, 2. Weinh. dial.
28, 8. Schleicher 6 u. s. w.
14) mhd. öu; wie vorhin, nur ist die ausdehnung des a 20
für den umhmt geringer, vergl. aQ = öu; z. b. ha,
strä, fräl'u frala (fräulein), kräl (harke, mhd. krcwel,
kröuwel), bämä (sich bäumen), zäinä, träma.
Vergleichungen wie oben,
a = 1) mhd. a vor r (in MK., wo auch die wciloren 21
fälle des a); z. b. gär' (garbe), fär' (färbe), narr,
karr'n, knarr'n, scharr*n, gärn, hart, gart'ii, w^rt ii,
schwarz, arg, mark (markt) u. s. w.
Schm. §. 105.
2) mhd. c: iarch'n (larix, sonst lerch'n), ärwäs (erbsen, 22
sonst ärwas, mhd arwei5, erwei3).
3) mhd. c (vereinzelt auch P. und D.): här (her), gär'n 23
(gährcu, T.), harr, garm (hefe), gärn, fä' färust(von
fern), ärnst, larna, schär*''m (scherbe), bärgh (D.)»
328 Grudl ^ {^
gixr^t gärst'ü (prcrstc), kärsch'n karfi'n (kirschc),
harz u. 8. w.
Schm. §. 183. Nassel 4.
24 4) mild, o: gftar'''m (gestorben), in&rg'^n, bÄrg'^n, sArg-^D,
barft'n (börste) u. a.
Schm. §. 332. Weinh. bair. gr. §. 6. Bav. 2, 202.
Vgl. noch : Höfer 9 1 . Weinh. dial 24, 6. Petters Fromm.
6, 176. Stertzing ebend. 4, 235, 26. u. a.
25 5) mhd. ö, seltener: äichharl (eichhömchen).
26 a = 1 ) mhd. a und zwar vor doppelkonsonanz oder
scharf gesprochener: schlacht'n, hächt (babicht), äff,
äilü- (hinter-), aks'l, daks, schnälz'n, f älfn, dämpfro
däinp'm, strämpf'ln (strampeln), längä (langen, reichen),
schwänga, schwamma(der schwamm), iarz'n, schwärza
(schwarzer), wärt*n, tasch'n, fläsch*n, fäst'n, hä^p'ln,
kätz', näpp (J.), schätz (J.); selten vor gemilderter
oder einfacher: nacht, käl (kalb), bäl (bald), häl
(halb), schwäl (schwalbe), ^tät (pracht, Staat),
aghalästa (El., elster; ahd. ägalastara).
27 Vor nasalen (wo sonst äa") auch in OA. und Bw.,
sowie östl. ME.: dämpf dämp, krämpf kramp, kränz, läng,
zän'ln, kä", mä^ u.a. Schui. §. 108. Weinh. bair. gr. §. 5.
Bav. 2, 197. Fromm. Grübel 3, 237. Nassel 5. Födisch 5.
Vgl. noch: Schm. §. 107. Höfer 59. Lexer VIlI, Schöpf
Fromm. 3, 15. Noe ebend. 5, 202, 1. Schleicher 3. u.a.
28 2) fremdem a: päppia, kärwatsehn, nättüa, kälmas,
u. s. w., besonders in taufnamen: Märghät (Margarcth),
Anu'l (Anna), Käspä u. a.
Häufig in A. (wo andere mundarten a haben): Emma,
äktiwitet, käffe, äkt*n (akten) u. s. f.
21) 10 inhd. c (unterbliebener umlaut): schwämmä (schwäm-
me), häna (hähne).
30 Besonders To. J.: äcka (äcker) gärt'u (gärtpu) häuna
(hähne), wäschst (wäschst), wäckst, bäckt.
Nassel 5. Födisch 5.
3L 4) mhd. a; in fremd Worten gewöhnlich; allg.: gränät,
dukä'u , pröllät ( i)rälat ) , soliit , kwäda ( quadcr ) ;
1^ II der ostfränkischc dialckt in Böhmen. 329
immer vor 1 in deutschen worten: mal, mäl'n, kwäl,
fträl.
Sonst vereinzelt: jämmä', hat (ML), kränawitt (wach-
holder, J.) ja gbä, chä, ha (ja).
Nassel 5.
5) mhd. ei: in unflektierten (aufser vor nasalen) regel- 32
mäfsig in Es.: ä (das ei), zwä, lab, räf, lad, kläd,
brät, äßt (mhd. ci5), schwäO, last (leisten des schu-
sters), tag tägh (teig; teigig), wach u. a.
Vor 1 allgemein : säl, eäla (seiler), häl, häl'n, täl, täl*n, 33
föl, wulfal.
: Schm. §. 143.
ä = 1) mhd. e; vor r in J, (wo anderswo a oder e): 34
bärz'n (sich vorstrecken; El.: barz'n), fpärk (sperling,
El. sperk), wärma* (wärmer).
Ohne rücksicht auf konsonanz häufig in A.: hä'^'m 35
(heben), bätt (bett) u. s. w.
2) mhd. e, vor r z. b.: däV (der, Karlsbad), ha (her, 36
ebend.), ärtigh ( dienstag, sonst erta ertigh ; J.), färt'n
( J., im vorigen jähre).
Födisch 5.
Kegelmäfsig = mhd, e in A.: lä''*m, gä^'m, nä** m, 37
8chwäf*l, läda (leder), bä^^'n (beten), wägh (der weg) u.a. f.
3) mhd. i vor r, in MR. und öötl. ME., z. b.: ärr (irre), 38
wärrn, kwärl (quirl), kärwä (kirchweih), ärdä (irden),
hart', wärt(wirth; wird), harsch, bärk'^n, kärch'^n u.a«
Nassel G. Födisch 5.
Vgl. noch: Stertziug Fromm. 4, 235, 26. Weinh. dial.
31, 4 u. a.
4) mhd. ö, in Te. J., vor r: härna (börner), kärb* (körbe), 39
därfa.', ärta (örter), wärta u. a.
Födisch 5. Nassel 6.
Vgl. noch: Schm. §. 349.
5) mhd. ü vor r (ebend., är = ir); z. b. mär' (mürbe), 40
darr, wärma, ftärmä, zärua^ därf'm (dürf^^n), gärt'l,
härz'n (hürzeu, stofsca), schärz'u, g*wärz, stärz'n,
warft* ( Würste), bärft'n, färst, wärg-^u, wärk'^n, tär-
kisch, farcht'n.
330 Oradl &, a, C
Nasscl (i. Födisch 5.
Vgl. noch Stcrtziiig Fromm. 4, 235, 2(». Weinh. dial.
32, 5.
41 6) mhd. c, vor r io J.: bärl (netz, mhd. berc), ärst.
Födisch 8.
42 7) mhd. ie, vor r, in W.: färzi' (40), fiirzeä (14).
43 a = 1 ) mhd. ö, vcrmischuDg mit e, z. b. ballära ( polier,
El.)
44 2) mhd. ä, vor I; unorg. umlaut zu ä, (vgl. ä = ä), z. b.
pfall (der pfähl, El.).
45 3) mhd. c vor 1: sali (seele).
46 4) mhd. ö vor I, n: kall (kohl, mhd. kol, köle), to'-lanä'
(taglöhuer), schaDna schanst* (schöner, schönste).
47 (3 = 1) mhd. a, unorg. uml., entw. aus dem (alten) ge-
nitiv oder pl. eingedrungen; z. b. : hent, went, benk
(band, wand, bank, vgl. mhd. diu hant, der hcude etc.),
kemmä (kämm).
Weinh. bair. gr. §. 12. Fromm. Gröbel 3, 233. Nassel 6.
Födisch 5.
48 2) mhd. c (dial. e seltener als e = mhd. e); z. b. ^r'^'m
(erben), seft* (safte), scheff, lech'ln, mechti' (mächtig),
prechti*, heks* (hexe); stäts vor nasalen: heni (hemd),
fromm (fremd), stemmä, kennä, nennä, reunä, zwengä,
mensch u. s. f.
41) An der östl. ME. steht öfter e, wo sonst a sich findet,
wie in: helwl (= häckä-häl, s. 2), renffl (sonst raufll,
brotrand). Ebenda auch einzelne e, e = mhd. ä.
Nasse! 6.
50 3) mhd. e (gewöhnlicher laut, vor scharf gesprochener
konsonanz immer ; z. b. gell (gelb), weit, gelt'n,
selt*n, helfm, fecht'n, flecht'n, schlechta, schneck*,
zw6ck, Scheck* (pfcrd), weks'ln, eß*n, fa'-geß*n, ineß'n,
metzn, fetzn, fett, lefz'n (lippe), weps* (wespe), rest,
fest (feier), Iiesch'u (tief athnien ), heffm ( liefe) u. 8. w. .
auch in der floxion oder ableitung hervortretend, wie:
g-lcbbt (gelebt, s. le^-m), fleck* (flecke, sing, flßk)
u. s. w.
Schm. §. 186. Nassel G.
e ■ dor OBtflränkiäcbo dialokt in Böhmen. 331
4) nhd. i (lubd. meist &): pens'l (pinsel), Rieft (OE., 51
Stift), senn (sind W. MI., sonst sann).
5) mhd. ö (vermengung mit e): henigh (houig; mhd. 52
nebenf. honee), mächt* (möchte).
()) mhd. i (kennzeichen der OA-muodart): wo* (weib), 53
gle' (gleich), wä^ (wein), schrea (schreien), schä^'m
(scheibe), trö^m, ble'^'m, nßdd' (neidisch), schne'-n, wet,
w^ (albns), fleßo (fleifsig), es, rech u. s. w.
Schm. §. 240. Weinh. bair, gr. §. 44. Kuhn XVII, 8. 9.
Pctters bemerkungen Ober deutsche dialektforschung in
Böhmen („Lesehalle« Prag 1862) 71.
Vgl. noch: Weinh. a.a.O., dial.32,7. 36, 11, 38, 7 u.a.
7) mhd. ei (vgl. vor.): hedaks* (eidechse), flusch, ledö' 54
(leidig).
(Vgl. ai = äi).
Kuhn XVII, 9.
Vor n durch Verengung (und umlaut): kl^nna (comp. 55
kleiner).
Schm. §.141. Fromm. Gröbel 3, 230.
8) mhd. ic vor nasalen ( Verengung aus äi, s. d., mit dem 5G
es wechselt); z. b. remä (riemeu), emmäts (jemand),
n^mmäts (niemand).
Weinh. bair.gr. §. 13. Kuhn XVIII, 281.
9) mhd. iu (umlaut zu 6 = mhd. ü, s. d.) au der OA.: 57
he;?ä' (häuser), hes'l (häuslein), ^tä'^'l (stäudelein),
be^'l (beutel), mos* (mause), beren (bäuerin), ne, detsch,
krez, streßlä (kleiner straufs), led* (leute).
Schm. §. 252. Weinh. bair. gr. §. 44. Kuhn XVII, 9.
Pctters bemerk. 71.
Vgl. noch: Weinh. dial. 33, 9. 35, 4 u. a.
10) mhd. öu (uml. zu 6 = mhd. ou) OA.: frgd* (freude), 58
he, §trö (streu).
Schm. §.181. Kuhn XVII, 9.
Vgl. noch Weinh. dial. 33, 11. 34,3.
11) mhd. Qc vor nasalen ( aus eü , mit dem es wechselt, 51)
verengt); z. b. blcmm'l (neben blcünrl, blümlein )^
henä' (neben heü^ä', hühner).
Kuhn XVIII, 281.
332 Gradl C, i
no (> = ] ) uilid. a (unorg. uiulaut.): cpf'l (apfcl; uml. aus
dem plur.), togh* (tage), mechst mecbt (machst,
macht).
Weinh. bair. gr. §. 12. Fromm.Grfibcl :^,233. NasselC.
r>l 2) mhd. e, gewöhnliche ausspräche des umlauts (nie vor
nasalen und 1): mera (mähre), he^'-m (neben hia'"ii],
heben), leflp-l, schepf-m, leg'^n, treggst (trägst), heck'^n,
steck^'n (act.), schmeck'^n, weck'^n, bett, fetta' (vet-
ter), setz'n, wetz*n, hetz'u, beßa, kelM keßt'I, fest,
wesch* (wasche) u. s. w.
()2 In J. und Te. auch, wo sonst, z. b. in OE., ein a
steht; wie: welda (Te.), hels (halse, Te.), kelwa (Te.),
(vergl. ö); newa (bohrer, J. ; in EL: äw'ri, anderswo
uawrl) u. a. Einigemal auch für ä, vgl. 49.
Schm. § 194. 200. Nassel 6.
(»3 3) mhd. (3, allgemein (aufser A., s. ä s= e) vor einfa-
cher oder gemilderter konsonanz (vgl. nur ö); z. b.
le'*m, ge"'m, ne'^-m, lewan (leber), nowl, schwef'I,
Icda, weda (wetter), tre'^'n, be' lu (betteln), les'n,
weg (adv.), wegh (subst.), flek, spek, pech u. s. w.
Nassel 7.
(U 1) mhd. i (e) in einzelnen Worten, z, b. teg'l (tiegel),
deß (das, dieses), schef (ahd. sccf), eß (ihr), neks
nichts), steft (stift, Te.).
Schm. §. 2G4 2G5. Weinh. bair.gr. §.11. Bav.2,202.
05 ö) mhd. e, vereinzelt vor r: lerä' (lehrer, neben laiä^ =
()G lehre); häufiger an der ost- und südgränzc des dia-
lektes, z. b. rer*n (sickern J.), auch 6 (vorher J.).
(17 (j) mhd. ei (umlaut zu ää, äi, ä unter Verengung):
brettä' (breiter, comp,, El.).
Schm. §. 141.
(;8 i = 1) mhd. i, regelmäfsig aufser vor 1 und in den oben-
bezcichneten gegenden (vgl. ä) vor r; z. b. glimma,
himiirl, g'winnä, zi% kirwä kirda (kirchweihe), birk*''n,
hirsch, grif (der grifi"), sidä' (mhd. sider), schtt^'n
(Schlitten), schliz (schlitz), wisn u. a.
Auch in fällen, wo nhd. c setzt, z. b. bi*" mä (beben,
mhd. bibencn) und regelmäfsig in der 1. sg. pracs. der ab-
] Q der osifrUukische dialckt in BShmen. 333
lautenden a-klasso, z, b. ich (i*) gJ' (gel)e), trft* (trete),
iß* (esse), nimm (nehme), triflf* (treffe), brich* (breche),
drisch* (dresche), fa'-rdirb* (verderbe), fitirb* (sterbe), wirf*
(werfe) u. s. w.
2) mhd. e vor r, besonders häufig MR. und P.^ auch G9
OA., seltener OE. und ME.; z. b. ir'^m (erben), irl*
(erle), wirm* (wärme), mirk'n, hirbst hirst (herbst),
wir*n (wian) (wehren), hirt (hart) u. a.
Schm. §. 206. Weinh. bair. gr. §. 18. Bav. 2, 200.
Fromm. Grübcl 3, 236. Födisch 5.
Vgl. noch : Noe Fromm. 5, 204.
3) mhd. e und zwar vereinzelt: 8chwig*ln (auf der schwe- 70
gel pfeifen); vor r (wie vorhin): fa'-dir^'m (verder-
ben) n. 8. w.
4) mhd. i (alte kArzung), vereinzelt: riwais'n (rcibeisen), 71
ertrich (erdreich), -li' (nachs. -lieh).
5) mhd. ie (alte Verengung): immä' (immer), nimmä', 72
firzeä (14), firzi' (40), zirli' (zierlich), lid (neben leid),
sptß (mhd. spie3, wafie).
Weinh. bair. gramm. §. 19.
6=1) mhd. a, vor nasalen, wo sonst äa^ steht; Pf. 73
Bw. OA., z. b : ö" (an), mö" (mann), kö", drö* (dran),
sö^d (sand).
Petters andeutungen 46.
2) mhd. o, vor r, an der östl. ME. (wo in andern ge- 74
genden a, s. d., steht); z. b. g*ftör'''m, dorf, sort*«,
morg-^n, sorg'^n u. s. w.
3) mhd. u, vor r, Te. und östliche ME., z. b. forch 75
(furche), gort, wörm, wor^'I, k6rz; vereinzelt auch
anderwärts, wie: börsch (bursch), mörz (ganz und gar).
Weinh. bair. gr. §. 21. Fromm. Grübel 3^237. Bav.
2, 203. Nassel 7. Födisch 6.
Vgl. noch: Schm. §. 366. Kuhn VI, 224. Weinh. dial.
49, 2. Schleicher 13. Petters Fromm. 6, 177 u. 8. w.
4) mhd. ü, charakteristisch für OA.: zö* (zäun), hö*'*m 76
(haube), kröt, bröt, hös, mos, ößö (hinaus) u. a.
Weinh. bair. gr. §. 54. Schm. §. 161. Kuhn XVII, 9.
Petters bem. 71.
XM Oradl 6, O, 5
V'gl. noch: Woiiih. dial. 53, 1.
77 f)) inlid. ei vor nasalen, in Pf.; löui (lehm), stö*, bo'.
Schm. §. 143.
78 ()) mild. DU (wie oben ö = ü): ö (die au), ö* (aucb)^
tög'^n (taugen), hrö' (rauch), zöwra' (zaubercr), hröwa
(rauher), scliöt (er schaut) u. a.
Kuhn VII, 9.
Vgl. noch : Weinh. dial. 53, 5. Vonbun Fromm. 6, 220.
71) o = 1 ) mhd. a, vor einfacher und gemilderter konso-
nanz, z. b. h6*''m, grob, höfm (topf), lo'^'n, födä* (va-
ter), schöz, nöß, nös'n (nase), trötsch (tratsch), nog'^n,
tögh (tag), doch (dach) u. s. w.; auch öfter vor li-
quidaler: old (alt), köld, wold, hölm, böig, sölz,
schmolz, mölz, höls, kölch, kölich (kalk); vor schar-
fer konsonanz nur in vereinzelten fällen, z. b. holt
(halt, El.), borsch (barsch, H.), kopp (kapaun, El.),
toll (thal, Ml.), ßchopfm (wirthshauszeichen).
Schm. §. 111. Weinh. bair. gr. §. 22. 56. Fromm.
Grubel 3, 237. Bav. 2, 197. Nassel 8. Födisch 6. Petters
andeutungen 45.
Vgl. noch Schm. §.112. Bav. 1, 357. Lexer VIII.
Maister 8. Schöpf Fromm. 3, 90.
80 2) mhd. o (vgl. 6a, oa, u, ua, a, ö = o); z. b.: tochtü',
lock'^n, rock'^n, gott.
Sl Vor einfacher konsonanz nur im sftden u. osten (OA.,
J.): bö^^'n, ö'''m u. s. w.; vor harter (wo andere gegenden
sie mildern): topf topp (OA., J.), köpf u. a.
82 3) mhd. uo, vor 1 aus ou verengt, an der Mitt«ltepl. (P.):
spöl'u (spule; spulen), schol*, ftol.
Schm. §. 376.
o =s a) mit der ausspräche e.
83 1) mhd. ö; uml. zu o (s. vorh.): töchtä* , hörna'; uml.
zu üä: (s.d.): köpf, topf, löcha', frösch-, ^töck, böck'l;
uml. zu u (s. d.) nur vor 1, wo dann unten hinge-
hörig; (ö somit häufiger = mhd. ö, als o = mhd. o).
84 2) mhd. ü, vereinzelt: dör'^'m (dürfen); als umlaut zu 6
(s. 75): körzä*, wörmä*.
Fromm. Grübel 3, 239. Födisch 6.
5, u Jer ostfränkischc dialekt in Böhmen. 335
ß) mit der ausspräche als wirklicher trüblaut* (Schmcl-
lers o) vor 1.
3) inhd. c: költ* (kälte), föllt (er fällt), öltä' (älter), 85
wolz'In (wälzen), fölsch'n (fälschen) u. s. w.
4) mhd. ö (nur vor gemilderter konsonanz, d. h. wo SO
die ausspräche des mhd. e dial. e zeigen würde; 6
bleibt ungetrübt vor 1); z. b.: möll (mehl), föU (feil),
köll (kehle), stöl-n (stehlen), föld (feld), gold,
schmölz'n, föls'n u. a.
5) mhd. ö: scholl (soll; unorg. uml. aus andern formen), 87
hölzl (hölzchen), wolf-, folka, föUä, föUi' (fast;
immer) u. a.
G) mhd. e: soll (seele; El.) 88
7 ) mhd. ie (aus ei vor und durch 1 verengt) : tröll'rl (zu 89
mhd. triel);
8) mhd. uo (unorg. uml.): scholl' (schule), stöll (stuhl), 90
spöll'n (spule; spulen), molta (ahd. muoltra);
9) "mhd. üe (aus eü durch 1 verengt): köll (kühl), fröl- 91
ling (frühling), fpöll'u (spülen), wölln (wühlen),
schoUä' (schüler), stöllrl (stühlchen).
Schm. §. 194.202.383. 393. Kuhn XVIII, 281. Nas-
sel 12. Vgl. noch: Wurth Fromm. 6,252.
u= 1) mhd. o, allgemein vor harter m- und n-kon- 92
sonanz; z. b.: kummä (kommen), gnumma (genom-
men), gTunnä, g'fipunnä, gwunnä, [g*wunk*n (ge-
winkt), g'hunk'n (gehinkt)] u. s. w., auch in fremd-
worten: kummöd (kommode), muntur (montur), all-
gemein vor 1 (wol aus üa, s. d., verengt): fbl (voll),
hül, hülä' (hollunder), bülz, fiilk, wülf, g'^tül-n ; dann
vereinzelt vor andern konsonanten: krufp'l (mhd. cros-
tel), ku£Pä' (koffer), düs'n (dose), häufiger vor r: fürt,
hurnaüß*! (hornisse) hurch'^n, Dürl (Dorothea), furm,
urgl, Güwä (Jakob, Ml.)
Schm. §. 26. Fromm. GrObel 3, 241. Weinh. bair. gr.
§. 28. Nassel 8. Födisch 6.
Ausgedehnt ist u für o vor r (merkwürdigerweise in 93
jenem striche, wo andere falle a = mhd. o zeigen) in MR.
(in einzelnen gegenden), aufserdem in J. D.undP«; z.b.:
■m Gradl U, Ü, ää
iiirn), xiirii, dum, kurii, liuru, flur (flor), g*ftur^*in, fa'-dnr^'m,
durf, surt'n, dursckn (mhd. torschc), inurg*'^n, 8nrg*''D.
Vgl. noch: Wcinh. dial. 56, 8. 59, 7.
i)4 2) mhd. u, allg., z. b.: süd, flüß, sch&fi, büsch, lüst,
brüst, g'rüch, brüoh, flucht, frucht, foks u. s. w., (auch
wo nhd. o setzt — vor m, n — ): stC (sehn), sunn*
(sonne), sunntä' suntigh, nunn*, frumm, summa': und
in den fällen: muck' (mQcke), brück' (brücke), mutz-n
(mutze), nutz'n (nützen), hutz-n (Kahn XVII, 1).
i)i> 3) mhd. Ä: bunnä (bohne; H. We. G.).
% 4) mhd. ü (nach alter kürzung): grüs'ln, rupp (aalraupe)
u. a.
^7 0) mhd. uo in warten, die dem dialekte nicht eigen
scheinen: hür'n; häufiger städtisch: Iftdä', mutta'.
98 ü = 1 ) mhd. ö, unil. zu obigem u = o; z. b. dils'l (kleine
dose), küffa' (die koffcr), hüUä'n (aushöhlen); vor r:
dürnä' (dörner, dornen).
•>•) 2) mhd. ü: büsch', glück, stützen, schütz-, brüchi'
(brüchig), stüwl (stübchen), uwä', dwl, sprüD'l
(leitersprosse), g'Sündä' (comp.); auch as nhd. ö (o):
mug'^n (mögen), künnä (können), wüllä (wollen), s&n'l
(söhnlein) u. s. f. (Siehe unten).
Als wirklicher trüblaut wird ü vor 1 gehört u. zw.
10() 3) mhd. e: zul*n (zählen).
101 4) mhd. e: räud-küllell (rothkchlchen).
102 5) mhd. i: ful (viel), zul'n, fpül'n, wäld, gült (gilt),
fülz, mülz, hülf*, mülch u. s. f.
103 6) mhd. ü: mul (mühle), knül-n (knüllen), hdl-n (hülle),
hülzä (hölzern) u. s. f.
Schm. §. 272. Weinh. bair. gr. §. 33. Nasse! 9.
Vgl. noch: Wurth Fromm. 6, 252.
lOi hi\ = 1) mhd. a vor nasalen, allg. (ausgenommen wo
üa\ ä", ö^ stehen, s. d.): däa^pf, krää^pf, äana näSnä
(grofsvater), bäa^d, säa^d, zää^, äa", räa^ft ( brotranft),
häa^f, gäa^z, zaan'ln (mhd. zäunen), sohwäa^z u. 8. w.
Vor r, allg. (ausgenommen, wo ar=ar): f&a' (färbe), &S*m,
gc'^a'u, w&ä' (war; die waare), bäa'd (hart), schwäa^s ii. a.
iL g der ostfr&nkische dialekt in Böhmen. 337
Vor h (ch), OE., seltener MR.: fläas (flachs), schäät 105
(gebfölz; '^Schacht = bair. schachen).
Schm. §. 115 — 117. Kuhn XVII, 4. 5. Petters
bemerk. 71.
Vgl. noch: Schleicher 14.
2) mhd. ä; vor n und h (ch) io: bläa^ (wagendecke; 106
mhd. blähe, bläche), mäa' (mohn), täa (thon, mhd.
d&he); vor r allg. in: pää' (paar), klää' (neben kläua ), 107
häufiger an der ostgränze: jää^ (j&hr), wää% hää* ( J.)
Kuhn XVII, 4. 5. Födisch 6.
3) mhd. ei; in OE. und westl. ME., dann MR. (hier mit 108
ausnähme der fälle vor nasalen) regelmäfsig in „un-
flektierten^ (s. Schm.): äa (das ei), zwää (neutr., 2),
läam (lehm), stäa% kää% lääb (brotlaib), sträaf, kläad,
bräad (breit), schwääß (sohweifs), tääg, wääch, mäast
(mßist): häufiger (diese ausdehnung aus dem bairischen 109
eingedrungen) in OA.: 8täa% wäaß, häam, schwäaf u.a.
Schm. §. 146. Nassel 12. Petters bemerk. 71.
Vgl. noch: Weinh bair. gr. §. 97. Bav. 1, 346. Höfer 68.
Schöpf 96. Maister 9. LexerXI. Cimbr. wb.78. Schm. §. 147.
ea = 1) mhd. e; vor nasalen (ausg. OA. und die striche 110
mit iä" as mhd. en), z. b.: d^anä (dehnen), fl^änä
(flennen), leäm (schaden, lähmung), meän m^änä
(mhd. menen); vor r (selten, meist Sä): gä^ (erbe).
Kuhn XVn, 5. Weinh. bair. gr. 48.
2) mhd. e (bedingungen und striche wie unter 1)), z. b: 111
breämä (bremse), dsän (den), seän seänä (sehnen) u. a.;
beä (bär), w^ä^n (werden), eä^n (erde) u. a.; kneät
(knecht), röat (recht), schlsät (schlecht).
Schm. §. 205. 191. Weinh. bair. gr. §. 48. 75. Kuhn
xvn, 5. 6.
Fromm. Grübel 3, 234. Nassel 10. Födisch 6.
Vgl. noch: Lexer IX. Schöpf Fromm. 3, 90.
3) mhd. e vor r: bea' (männl. schwein), bläa'n (mhd. 112
blSren).
Kuhn XVII, 6.
4) mittelhd. i, vor m, n: feam*rl (Kuhn XIX, 63), 113
w^amä^n die wimmer; wimmern), n^^t (Mies und
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX, 5. 22
33S Gradi ^§, ea, ia
UntertcpL; nichts; n unorganisch eingeschoben),
heä"g-beir (himbeere; hind-beere).
Kuhn XVII, 6.
Vergl. noch: Schm. §. 279. Weinh. bair. gr. §. 75.
Lexer X u. a.
114 5) mhd. u in leama' (aclisuagel), n^a" (nur).
Kuhn XVII, ().
115 6) mhd. ie vor nasalen, nur in den südlichsten strichen:
^md (jemand), ream(ricmen),dean'''l(dirnlein)9 (fbria).
Schm. §. 304. Weinh. §. 74.
Vgl. noch : Lexer XI. Schopf in Fromm. 3, 95 u. a.
116 ea = 1) mhd. e vor r (ausg. die striche, wo ia daf&r steht):
beä* (beere), mea' (meer), nea^n (nähren), schw^n
(schwören) u. s. w.
Kuhn XVII, 6.
117 2) mhd. e vor r (wie vorhin, aber seltener, weil mei-
stens ea): schwea^n (schwären).
Kuhn XVn, 6.
118 3) mhd. e vor r: learä' (lehrer), sea' (El. saia* ss= sehr).
Kuhn XVII, 6. Nassel 10. 11. Födisch 6.
119 iä = mhd. e; vor nasalen in Te. We.: diän dläna (deh-
nen), iä^Ie (ähnlich), gia^s (gänse), ziä" (zahne) u.s.w.
Nassel 12. 13. Weinh. bair. gr. §.88. lOü.
(Anm. Nassel schreibt in den fällen, wo der rein-
laut ua in unumgelanteten entspricht, üa; aus grün-
den, die leicht erkennbar sind, setze ich durch-
wegs ia an.)
120 Vor r (allenthalben, wo i = e, s. d.) bei milder kon-
sonanz: hiä^-wogMi (heerwagen, sternb. d. grofsen baren,
El.), bia (beere; W. H.), kiä^n (aus -kehren; P. Ta. H.
Te.), wia n (wehren, H. Ta. We. Te. P.) u. a.
Schm. §. 137.
121 Allgemein (aufser ost- und südgränze, wo wieder rei-
nes c steht) vor milder konsonanz in (regellosen) fällen
wie: hia'^'m (heben), griäwa' (die gräber), nta'*lm&a^ (EL,
edelmaun), ria'^'n, riada^ (räder), griada* (mehr gerade,
unorg. uml.), kia'^'n (kette), diäz (ihr, am Regen dSs, bair.
iä, oä, Oa ^^^ ostMnkische dialekt in Böhmen. 339
Sß), gliasa (gläser), tas*!, in-giag**^!! (entgegen), ntag*l (nä-
gel), biagba' (heger), fliag'l (flegel).
NaÄsel 12. Vgl. noch: Schm. §. 207. Weinh. dial.49,1.
3) mbd. e (wie vorhin): siänä (sehnen), gianä (gähnen); 122
— kia da' (mhd. querder) — iä'''m (eben; dagegen
immer ne^'-m, newäl), miäsnä' (mefsner), ntäst.
Kuhn XVII, 6. Nassel 12.
Vgl. noch : Weinh. dial. 49, 2.
4) mhd. i; vor r bei milder konsonanz allgemein: biä'n 123
(birne), gtiä'n (stirne), biä'n, zwiä'n, miä' dtä' iä'
(mir, dir, ihr), wiä* d (wird ; wirth), hiä' d (hirte) u. s. w.
Schm. §. 275. Kuhn XVII, 7. Petters bemerk. 71.
Vor h (ch): niäd (nicht), siä (sehe), g'scbiät (ge-
schieht).
Ohne bedingende konsonanz: g'niag'lt (füll s= über-
voll), lää^g-wiäd (langwied, beim pflüge).
Schm. §. 277. 280.
5) mhd. ie; allgemein in den lehn werten auf-ier, -ieren 124
( — Oberpfalz hat in diesem falle ei — ): kwärtia'
(quartier), reghiä'n (regieren), mäschiä'n (marschie-
ren), runiä^n (ruinieren) u. s. f.
An der Oberangel (K.) neben ei; z. b. lia' (lieb), liad 135
(vgl. bair. ia).
6ä = 1 ) mhd. o vor nasalen bei milder konsonanz (bei 126
scharfer steht u, s. d.), überall, wo ää^ = an; z. b.
döan döänä (denen, strotzen, Löämä (Lohma, Orts-
name), g'wöänät (gewohnheit), g'wöän g'wöänä (ge-
wöhnen).
Kuhn XVn, 7.
2) mhd. u, selten, vor n: höa" (hunger, OE.). 127
Kuhn XVII, 7.
3 ) mhd. ü vor r an der OA.: böä* (bauer), tröärö (traurig). 128
Petters bemerk. 71.
o ä = 1 ) mhd. o vor r (einscfaränkungen in a und u = o 129
vor r), z. b. : köä* (korb), foä' (vor), hoa^n (hörn),
köa n (körn), oä'd (ort), woä't u. s. f.
Schm. §. 334. Kuhn XVII, 7. Petters bemerk. 71.
22*
340 Gradl uä, Ca
Vgl. noch: Weinli. bair. gr. §. 97. CastelU wb. 14.
Lexer IX. Schöpf Fromm. 3, 96, 3 u. a.
130 uä = 1) mhd. a vor nasalen (abend., wo iä s&s mhd. en,
Sn), z. b. müä^ (mann), küa~, zftä~, zftän-ln (mhd.
zannen), schwüä^z, güä^s, müän müänä (mahnen),
rürft (brotranft), krüa^z; lüäm (lahm), krüa^pf
(krampf) u. a.
Nassel 13.
Vgl. noch: Schm. §. 121.
131 2) mhd. o; vor nasalen wie vorhin: da-ftkaT (davon),
düan düana (strotzen) u. a.
132 Vor einfacher oder gemilderter konsonanz allgemein
(aufser in den östl. und sOdl. gränzstrichen, wo o bleibt);
z. b. süa (so), grüa (grob), üa'^-m (oben), klfta'^'m, sohüawa ,
knüawla' knüawli* (knoblauch), hüaf, tüäpf, kftäpf, knfiäpf,
schüapf, g*süa''*n (gesotten), knüa'n (knoten), tüat (tot^
pathe), rüaz, hüas'n, früasch, g'lüag'^n, ba-trüag'*n, blüak,
güach (Joch) u. s. w.
Schm. §. ;i24. Nassel 13. Petters bemerk. 70.
Vgl. noch: Bav. 1,358. Lexer IX. Schöpf Fromm.
3, 96.
133 3) mhd. u, vor r, allgemein: tüa^n (thurm), düa'gt
(durst), wüa'ft, schüa'z (schürz) u. 8. w.
Kuhn XVII, 8.
Vgl. noch : Schm. §. 370. Schöpf Fromm. 3, 96.
134 4 ) mhd. ei, in unflektierten vor nasalen, in : Ch. Ml. Te.
Pf. G.; z. b.: hüam (heim), lüam (lehm), üa% büä*
küä", f!tüä% klüäT u. s. f.
Nassel 13. Weinh. bair. gr. §. 106.
Vgl. noch: Schöpf Fromm. 3, 97.
135 5) mhd. uo; (neben ou) in Nm. K., aus dem bair. dia-
lekte eingedrungen: büa (hübe), g*nüa (genug), zfta,
müada, güad, blüad, tüat (thut) u. s. f.
Petters bemerk. 71.
Vgl. noch: Schm. §. 382. Weinh. bair. gr. 105. Hö-
fer 96 u. a.
136 üa ^ 1) mhd. o (unorg. uml.): dawä* (obere), kndä''n
(die knoten).
Qa, ai d^^ ostfränkische dialekt in Bdhmen. 341
2) mhd. ö (uml. zu üa = mhd. o; nur vor einfacher 137
konsonanz; die fölle, wo die unflektierte form gemil-
derte hat, zeigen in der flektierten bei verhärteter
konsonanz ein ö, wie: topf*, frösch*, block* u. s. f.);
z. b. hüaf* (höfe), fuag-l, gruäwä' (gröber), bda^^'n
(böden), knuä**-] (knödel)^ hüasla (höslein) u. s. w.
Schm. §. 328.
Vgl. noch: Weinh. dial. 49, 4.
3) mhd. tt: buag-ln (bügeln), knüaw-1 (knöchel, mhd. 138
knübel). Vor r (uml. zu üä* = ur): fiia (fflr), 139
füa da n (fördern), tua (thüre), dua (dürr) u. 8. f.
4) mhd. üe (uml. zu üa = uo): hrua'n (rühren), müad, 140
huadal (hütlein), buawal (bübchen) u. 8. f. (neben
fällen in eü).
ai SS 1) mhd. e (brechung), vereinzelt: ai^li (ähnlich, P.). 141
Kuhn XVII, 1.
Vgl. noch: Weinh. bair. gr. §. 65, dial. 45, 6 u. a.
2) mhd. g (8. vor.): sai^s (eense, El.). 142
Kuhn XVII, 1.
Vgl. noch: Weinh. dial. 45, 7.
3 ) mhd. e, auf hellung aus sonstigem ai, in Ta. Bw. z. b. : 143
gar (gehen), schnai, rai, kaia^n (kehren), maia^ (mehr);
seltener J.: gaist, gait (gehst, geht).
Schm. §. 184. Födisch 6.
4) mhd. i, allgemein und regelmäfsig ( beschränkungen 144
unter a, e, i, äi): laim, wai", grain graina (weinen),
schraia, wai' (weib), blai'^'m, schnai^'n, rait'n, pfaifi*'m,
gaiz, raiß'n, wais'n, gaig^*n, raich u. s. w.
Schm. §. 238. Nassel 9. Petters bemerk. 70.
Allgemein bajoarisch, auch im fränkischen, scfalesi-
schen, pfälzischen u. s. w.
5) mhd. ei, in einzelnen fällen, die auch anderswo den 145
einem zu supponierenden i entsprechenden laut ha-
ben, z. b. ai**n (egge, mhd. egde, eide), aideks, rain
(fÜUwort), flaisch, gaist, kaisa% nachsylben -hait und
-kait (seltener in -at gekürzt).
Schm. §. 142. Nassel 9.
342 Gradl ai, äi, ai, ei, ei
U6 6) mhd, ie (aufhellung aus ei), Bw. z. b. wai (wie), aitza
(jetzt) u. a.
147 äi == 1) mhd. a vor nasalen, durch Vermischung von äaT
= an mit aa" = ein in (flektiertem) äina% äini
(anher, anbin = heran, hinan, zu einfachem äa* = an).
148 2) mhd. 1, verdumpfung aus ai; Te.: äis'n (brenneisen),
räist'l (flacbsbündel ; EL raist*! == mhd. rtste).
Nassel 9.
Vgl. Schöpf Fromm. 3, 97. Lexer X.
149 3) mhd. ei, allgemein, in flektierten, Seltener unflektiert
ten (beschränkungen in a,, ä, e, o, ua, ai, ei, ui);
z. b. mäi' (magd, maid), äia^ (^i^r), räi^ (rain),
^ häimat, wäin waina, säifm, schläipfm (schleifen, zie-
hen), kläi'^'l (kleidchen), säit*n, wäiz (weizen), häißn,
räis'n, äisch'n (heischen), mäista^ (meister), ^^äiß (ich,
er weifs), räigha* (fischreiher), wäit'^n (einweichen),
bläich'n" (bleichen) u. s. f.
Schm. §. 144. Weinh. bair. gr. §. 98- Nassel 9. Po-
disch 6.
Vgl. noch: Schm. §. 145. Höfer 68. Tschischka 258.
150 ai SS 1) mhd. e, vereinzelt: aia^ (ähre, K.).
151 2) mhd. e, vereinzelt: brunn-kraiss (brunnkresse, EL).
Vgl. Petters Fromm. 6, 1 78.
152 3) mhd. e, allgemein (beschränkungen in ä, a, e, 5, ea,
ea, ai); z. b. : ai (ehe; die ehe), wai, sai, klai, schnai,
zäiä (zehe), schläiä, gäiä^n (zwickelbeet, mhd. gere),
käiä'n, läiä' (lehre), aia (ehre), gäi' (gehn), staf,
äia'st (erste) u. s. f.
Schm. §. 189. Weinh. bair. gr. §.81. Bav. 2, 195. 200.
Fromm. Gröbel 3, 235. Nassel 11. Födisch 6.
VgL noch: Schm. §. 199.
153 ei = 1) mhd. ie, vor nasalen, aus ei aufgehellt: eimats
(jemand), neimäi (niemals), reima (riemen), ker (kien),
lei^-houd (Kuhn XVII, 14; rauchfang), dein deina
(dienen), dei'^st (dienst).
Kuhn XVIII, 267. .
154 ei = 1) mhd. e, durch brechung, vereinzelt: beia* (beere,
ei* oi. ui ^^^ ostfrUnkischc dialekt in Böhmen. • 343
Karlsbad), rodweiä' (radber, P.), g'seiä^ (binsicht,
Kuhn XVIII, 16).
Kuhn XVII, 2.
Vgl. noch : Schleicher 1 1 . Weinh. dial. 48, 4.
2) mhd. e (s. vor.): leirich (lerche, mhd. lerche aus 155
lerahha), wap-reiwl (= weinrebe, EI.).
Kuhn XVII, 2. XVin, 270.
Vgl. noch: Schleicher 11. Weinh. dial. 48, 7.
3 ) mhd. ie, allgemein und regelmäCsig (vgl. beschränkun- 156
gen) z. b.: lei' (lieb), 8chei**'m, teif, bei'^-n, scheiß-n,
beig'^n, kreigh (krieg), reich'^n u. s. w.; dann in: dei
(die), wei (wie); in lehnworteb: breif, feiwä* (fieber),
speig'l; auch in: fleigst, kreigst, reicht, zeit zeigt
(zieht) (nach assimilation des sing, an den plur., aus-
genommen P., wo in diesem falle aü steht); allge-*
mein auch in den (aus der i-klasse in die ie-klasse
übergetretenen) verben: gleiß-n (gleifsen), greiffm
greifen), kreig'^n (bekommen, mhd. krigen und krie-
gen); und nach alter brechung in: feich (vieh), leisch'u
liesche).
Schm. §. 301. Weinh. bair. gr. §. 81. Kuhn XVIII,
266. 267. Fromm. Grübel 3, 239. Bav. 2, 195. 202. Nas-
sel 11. Födisch 6. Petters bemerk. 70. 72.
Vgl. noch: Kuhn XVIII, 269. 270.
oi = 1) mhd. o, vereinzelt: droiß'ln (drosseln, EL), moi- 157
sala (haarschöpfchen, EL).
2) mhd. ei, vereinzelte verdumpfung : mois (meise, vogel, 158
EL), oi (interj., neben ui), schloiä' (mhd. sloyer,
Schleier, EL Nm.).
Anm. oi in Pf. G. lautet (vorn n, einzeln auch vor
andern konsonanten) wie oi (worin ö mittellaut zwi-
schen o und u) und ui, s. letzteres.
ui = 1) mhd. ei, vor nasalen in flektierten dort, wo in 159
unflektierten üa (s. d.) steht; z. b. uima^ (eimer),
huimli*; uina* (einer; Ciä^ = ein), buina (pL zu büaT),
rui'' (rain), muin muinä, wuin wuina, luina, alui^z
(EL : aläi^z = allein) u. a. ; vereinzelt auch vor an-
344 Grftdl
ui, au
dern konsonanten: wuik'^n (einweicEeD, Pf.), mui''I
mädchen, Pf. G.).
Weinh. bair* gramm. §. 112. Nassel 13.
Vgl. noch: Schm. §. 154.
160 2) mhd. ie (mischuug mit oder rAckgang auf altes in),
aus dem bajoariscben eingedrungeu, gleich dem fol-
genden nur an der südgränze des dialektes zu finden
(Nm.) z. b. tuif, fa'-luis'n (verlieren), fa*-druiiJ'n (ver-
driefsen), buig'^nt, fluig'^nt (sie biegen, fliegen)
u. s. w. und
161 3) mhd. iu (dieser fall vereinzelt auch, nördlicher, in
Bw., Pf.): buit, ftuigt (er fliegt), luigt (er lügt), nui,
ruiß'n (plorare, abd. riu3an) u. s. w.
Scbm. §. 260. 313. Weinh. bair. gr. §. 111. Bav. 1, 360.
Kuhn XVIII, 276. Petters andeut. 46, bemerk. 71.
Vgl. noch: Schm. §. 313. Schöpf Fromm. 3, 97, 1. 2.
Maister 1 1. 12. LexerXI. Germania VI,490. Rapp Fromm.
2, 106 u. a.
162 au = 1) mhd. ä (auf hellung aus sonstigem äu, s. d.) in
Ta., Ew., OA.; z. b. lau* (lasse) u.a.
Petters andeut. 45.
Vgl. noch: Weinh. dial. 61, 4.
163 2) mhd. ö, gleichfalls aus äu (s. d.) aufgehellt, ebenda:
hauzat (hochzeit), naud, taud, braud, kaua^ (cbor),
grauB, bauß*n (stofsen, schlagen), frau fraucb
(froh) u. s. w.
Schm. §. 330. Petters bemerk. 70. 71.
Vgl. noch: Weinh. dial. Gl, 4.
164 3) mhd. uo, aufgehellt aus ou, striche wie oben; z. b.
aufa^ (ufer), bau' (bube), kau', kauch*'*n, tau (thue) u.a.
Kuhn XVm, 271.
Vgl. noch: Wöste Fromm. 3, 560, 2. HofFmann ebend.
5, 45, 29. 30 u. a.
165 4) mhd. ü, allgemein und regelmäfsig (wenigstens viel
häufiger als a = ü, s. vorn) (beschränkt durch ö, u,
öa); z. b. sau, brau% lau^ (laune), zau"*, traua^n,
maua'n (mauer; mauern), laua n, daua'n, baua', saua ,
trau'^'m, raup'm, braud, kraud, haud, stan^'n^ laut,
au, ä'U ^®f ostfHbikische dialekt in Böhmen. 345
inaut, schnau'z'D (schnauze), strauß'n, laus, haus, maus,
saus*D, taus'nd, grausli', lausch'n, rausch'u, faust,
saug'''n, pauk*'*'n, bauch, brauch'^n u. a.
Schm. §. 160. Nassel 10. Petters bemerk. 70.
Allgemein bajoar. und in den meisten mitteldeutschen
dialekten.
5) mhd. ou (ofrk. a für ou häufiger, als au fQr ou), all- 166
gemein (beschränkung in ö); z. b. au (die au), tau,
Irau, g'nau*" (genau), schaua, haua, schau (neben
schab = schaub), augh*, gauf'm (band voll), rauch,
taug''"n.
Schm. §. 172. Nassel 10. Petters bemerk. 70.
äu = 1) mhd. a (Verlängerung, bewirkt durch gewisse 167
konsonanz? vgl. äu=mhd. ä), vereinzelt, z.b. näumma
(name), käu'^-hös (kaninchen), späü^-farg'I (Spanfer-
kel), käu^z'n (brotrand, mhd. kanz), bäua* (baar),
gäuä* (g^O? sp^uz (spatz), meist in OE.
2) mhd. o (s. vor.), z.b. Wäu^dra (Wondreb, flufs), 168
täuä^ (das thor), g'fräuä'^n (gefroren), fä'-Iäuä*n (ver-
loren).
Nassel 10.
Vgl. noch Weinh. dial. 61, 5. 7.
3) mhd. ä, allgemein (beschränkungen in a, ä, a, äa, au); 169
z. b. däu, näu' (nach), äummaß (ameise), kräum, 'tau'*
(gethan), wäua^ (wahr), gäua^ (j^l^O? aw**'rod, schläuf,
äu'^'n (athem), mäuß, bläus*n, näucht (nahe), ' braucht
(gebracht); (= nhd. 6): bräumabea^ bräumazbia*
(brombeere), mäu~(mond), äuna(ohne), schläut, däucht
(docht); (= nhd. au): bläu, grau (grau; in El. mit
unorg. uml.: grab), pfau (pfau) u. a.
Schm. §. 113. Weinh. bair. gr. §, 71. Fromm. GrQbel
3, 233. Bav. 2, 194. 198. Petters beitrage 72. bemerk. 70.
Nassel 10. Födisch 6.
4) mhd. 6, allgemein (beschränkungen nur in u, au), z. b. 170
sträu, schäun schäuna, äuä" (ohr), fläuch flau',
hauch, täud, räud, läud (loth), nänd, bäußn (schla-
gen, stofsen), ftäuß'n, räus'u, laus, räust (feuerrost),
äustä' n (ostern) u. s. w.
346 Gradl äu^ Oll^ ^Q
Sohm, §. 335. Weinb. bair. gr. §.71. Fromm. Grub.
3,234. Nassel 10. Födisoh 6. Petters bemerk. 70.
Vgl. nocb: ScbiD. §. 336. 337. Weinh. dial. 62, 2.
171 5) inhd. uo, vor nasalen aufgehellt aus ou; z. b. mäum*
(wuhme), blänmän (blume), gräumät, gräuu gräuDu
(mhd. gruonen), tau'" (thun; dagegen si tou'n = sie
thuen).
Kuhn XVni, 271.
172 ou = 1) mhd. o, vereinzelt: schmärouz'n (schmarotzen,
EL), outschät (ortseheit, beim wagen; D. J.).
Kuhn XVII, 3.
173 2) mhd. u, vereinzelt: flough (flug, EL), mouschl (EL).
Kuhn XVII, 3.
174 3) mhd. uo, regelmäfsig ( beschränkungen in o, ö, n, ua,
au, au); z. b. zou, rou (ruhe), bou (bube), rou^'^m
(rübe), houf, louda% bloud, mou mouß (ich, er mufs),
houst'n, ousch (kanal; zu mhd. nuosch), loug'ln (lu-
gen), bouch, souch'^n, g'nough (genug), roua
(rühr) u. s. w.
Schm. §. 378. Weinh. bair. gr. §. 103. Kuhn XVIII,
271 fg. Bav. 2, 203. Fromm. Grub. 3, 240. Nassel 12. Fö-
disch 6. Petters bem. 70. 72.
Vgl. noch Grimm gr. 1, 482 u. a.
175 aü = 1) mhd. ä (uml. von au = ä), z. b. baüg'n
(schreien; unorg., mhd. bägen) u. s. v\r.
17G 2) mhd. 6 (s. au = ö): naüdi' naüdö (nöthig i. e. eilig),
raüda' (röther) u. a.
Schm. §. 346.
177 3) mhd. uo (s, au = uo): baüwl (büblein), kauch*l
(küchlein), kaü' (kühe) u. s. f.
Kuhn XVIII, 274. 275.
178 4) mhd. iu (uml zu au = ü, und diphthong iu), hau*
figer als au = ü, insofern aü auch in fällen steht,
die unflektiert u. s. vr. a haben); z. b. maÜTl (kl.
mauer), trauwl, haut', haüsä", faüst'; haüwl; faüä*
(feuer), haüa , nati, trau, taüä". (In P. auch im sg.
praes. der ie-verba, z. b. flaügst, baügt u. a.).
Schm. §. 164. Nassel 9. Födisch 6.
aÜ^ari^äÜ^eü ^^' ostfränkische dialekt in Böhmen. 347
5) mhd. öu (dial. aO häufiger als a = mhd. ou); z. b. 179
aüg'l, raükä*n (räuchern); — baüma, owä'- gl aü wisch,
haüpp*l (kopfsalat), haüffl, kaüfiST (s. a).
Nassel 9. Födisch 6 u. a.
aü = 1 ) mhd. e, uml. zu äu = a; z. b. naümma (die 180
namen; unorg. uml.), spaöz'l (kl. spatz), kaü^z'l (kl.
brotrand).
2) mhd. 5, uml. zu äu = o; z. b. braQsTl (diai. zu mhd. 181
broseme), rausch (rosch, hart gebacken), staüa* (stör,
arbeitsaushilfe).
Nassel 11.
3) mhd. ä, uml. zu äu =: ä; an der Tepl auch in fäl- 182
len, wo anderwärts a steht; z. b. allg.: naücht* (nähe),
draöt* (dräthe), bläüwli' (bläulich) u. a.; Te. noch:
raüts'l, zäü* (zähe), späfit (spät), traugh (träge) u.a.
Schm. §. 133. Weinh. bair. gr. §. 81. Fromm. Grob.
3, 234. Bav. 2, 198.
4) mhd. 6, uml. zu äu = 6; z. b. schau" (schön), bäüs', 183
blaöd', haüa^n, aüd*, naüss'l (nösel), häücha* (höher),
läüsn, raü'rl (kl. röhre) u. s. w,
Schm. §. 353. 354. Weinh. bair. gr. §.81. Fromm-
Grub. 3, 234. Bav. 2, 195. 202. Födisch 6. Petters be-
merkungen 70.
äü = 1) mhd. iu, strichweise verdumpfung aus aü, in 184
Te. : räüt'n (pflugreute), bäüch'n (wasche einweichen),
säüfza' (seufzer).
Nassel 9.
eü = 1) mhd. ü, uml. zu ou = u: meöschrl (kleine 185
muschel).
2) mhd. üe, uml. zu ou = uo; z. b. bleu' (blüthe), freu 186
(früh; daneben frou = mhd. vruo), meu' (mühe),
treu' (trüb), breüä (brühen; brüten), feüä'n (führen)^
beüw-1 (büblein), beüch-1 (büchlein), pfleüg'n, seüg'^o
(D., suchen, ahd. suohjan), meüd, seOß, weüst, metf d
meüß'n (müssen) u. s. w.
Schm. §. 388. Weinh. bair. gr. §. 81. Fromm. Grub.
3, 240. Bav. 2, 203. Kuhn XVIII, 274. Nassel 12. Petters
and. 5, bcm. 70. 72.
348 Gradl ^ff^ ä
Vgl. noch : Kuhn a. a. o.
187 cQ = 1) lubd. üe, vor nasalen aufgebellt, unnl. zu äu =
uo; z. b. greQ* (grün), heQ^a* (bQhner), bleQm-1
(blümlcin).
Kubn XVIII, 274.
Neben diesen vollkommenen oder in Verbindung mit
vollkommenen stehenden lauten existieren im ostfränkischeii
dialekte noch mehrere unvollkommen gesprochene, deren
. ein und der andere noch charakteristisch fQr einzelne ge-
biete ist. Sie finden sich in den substantivischen und ad-
jektivischen fiexiouen, in ableitungen, in compositen, deren
zweiter theil eine nachsilbe ist oder den ton ganz verloren
hat, ja auch in tonlosen redet heilen als silbenträger. Sehr
otib sind sie bloise einschiebsei oder auch euphonische laute.
Es sind:
188 a = charakteristisch för den nördlichen, besonders ihr
den westlichen theil (das Egerland) (Schmellers a), als
1) mhd. a: äa^wat (mhd. anewant), fosnat (fasnacht),
mä (man), besonders in den comp, mit -tag und
(den Ortsnamen) mit -bach: sunnta' mäu^ta' erta
etc. (montag, dienstag) Schempa' Mülwa* (Schön-
bach, Mühlbach) u. s. f.
2) mhd. e: -a infinitiv-endung nach stammen, die mit
nasalen schliefsen, dann ableitung -er, -em, Vorsil-
ben ba- und ga- (wo sie nicht gekürzt werden)
U.S.W., z.b. nemmä, g'winna, fanga; moudsT öltan;
ba*fell'n, gä-töl (*getal = ze tale); da (der), za
(mhd. ze); fa*-, da*- (vorsilben ver- er-) u. a.
3) mhd. i: a (ich; in gewissen Wendungen), ma (mir,
wir), da* (dir).
4) mhd. o: fa (von), mitwa (mittwoche), braüggam
(bräutigam) u. a.
5) mhd. u: a (und; in gew. rede Wendungen).
6) mhd. a: mänat, gräummat (gruonmäd), laimoiät
(linwät), hairät.
7) mhd. ä: 61 wä (alwaere).
8) mhd. i: häuchzät, kirwa (OA.: kirda) kirchweihe
(kirchtag), frälä (fräulein), bä (bei).
ä, a, e, Ö, 1 ^^^ ostfVttnkische dialekt in Böhmen. 349
9) mhd. 6: waisat (Kuhn XIX, 68), ämbäß (aneböz),
sa (so) u.a.
10) mhd. 6: d'^'inat (ebenoete).
11) mhd. ü: näuchba (nachbar).
12) mhd. iu: gouda räuda (fem. gute rothe), desta
dästa (desto).
13) mhd. ei: ritschat outschät (richtscheit, ortscheit),
a (ein), wäurat bäussat kränkat (wahrheit, bosheit,
krankheit), äummäß ärwaß (ameise, araweiz), büaf-
rät (hofreite) u. a.
14) mhd. ou, öu: Hösla Linda (Haslau, Lindau u. s.w.),
fra, knüawla (knoblauch).
15) mhd. uo, üe: ärmät, häimät; bärfaO; händschkä
(handschuh) u. a.
16) einschiebsei (oft auch schon älter): hdrwast (ahd.
herbist), pollaz (beliiz), hemmad (hemidi); extarä
besonders, extra) u.a.
17) euphonisch: nän (ihn; nan = «n-'n; daneben 'n);
jesäwit (Jesuit).
a = kennzeichen der mundart an der Ober-Angel; fin- 189
det sich besonders im diminutiv (OA. al = sonst *1,
verstärkt -eil); z. b. hüadal böawal (hQtlein, bfib-
lein); denka (denken) u. a. Petters bem. 71.
e = nach Nasseis Schreibung an der Tepl in der adj. 190
ableitung -ig (mhd. -ec) (Nassel a. v. c), anderswo
seltener:
1) mhd. a: S^perte (neben S^pertä, El.,KuhnXVn,17).
2) mhd. e: glaüwe (gläubig), ia^le (ähnlich) u. s. w.
3) mhd. iu: im fem. des adj. starker dekl.; OA.;
Schm. §. 226.
6 = in der verstärkten diminutivendung -eil (die mit 191
-•rl wechselt; vgl. Schm. §.885), allg. (aufser OA.)
z. b.: beQchell, hundell, tischeil (büchlein, hünd-
chen, tischlein) u. s. w.
i = allg. in einzelnen fällen; flir die östlichen mund- 192
arten charakteristisch an der stelle von sonstigem
-a' in den comp, mit -tag u. a.
1) mhd. e: g*nä-wrik (ge-naeh-werk, El.), -wrik (-berg
350 Qradl
in Ortsnamen 2. b. Sai-wrik Hsu-wrik (Seeberg,
Ilohberg; EI. Te).
2) mhd. a: simutTgh ertigh fraitigh u.s. w. (Te. Je.).
3) verseil.: leirich (lerche, P.), mitwich (mittwoche,
Tc. Je), hantschich knüawlich (ebend.), ich (euch,
suffigiert), sinnmint (sonuabend) u. a.
4) einschiebsei in der Stellung -gen, -hen, -eben, -ken,
woraus zunächst -g''^n, -ch*'^n, -k~n, dann '"ng, "nk,
schlielslich -ing werden; z. b. büading (bottich),
n^i^aring (mhd. niergen), waiding (mhd. wStac),
häling (heilig-er), gäling (gählings), föring (vorhin).
5) allgemein in der nachsilbe -ung z.b. hofFming (hoff-
nung), hälting, ordning.
193 ö = i im auslaut gewisser flexionen u. s. w. in (OA.):
tröärö (traurig), nädö (neidisch), ößö (hinaus);
auch: mö (mich), dö (dich). Pettcrs bem. 71.
4.
Den mittelhochdeutschen lauten stehen nach dem vor-
ausgehenden gegenüber und zwar dem
mhd. a: a, ö, aa — a, a, ö, e, o, ua, äi, äu;
mhd. e: e, e, a, ea — a, ä, ä, e, e, i, ö, fi, öa, eä, ia,
ai, ei, aü ;
mhd. e: e, c — a, a, ä, i, ö, Q, äa, eä, ia, ai, ai, ei;
mhd. i: i — ä, c, e, ü, ^ä, iä;
mhd. o: o, 6, u — a, 6a, oa, uä, üä, oi, äu, ou;
mhd. ö: ö, ü — a, a, ä, a, ö, üa, aü;
mhd. u: u — 6, ea, 6ä, ua, ou;
mhd. ü: ü — ä, ö, ü, üa, eü;
mhd. a: äu — a, ä, a, äa, au;
mhd. ä: a, aü — aü;
mhd. e: ai — ä, a, e, ö, ea, ea, ai;
mhd. i: ai — a, e, i, äi;
mhd. o: äu — u, au;
mhd. 6: aü — a, ä, aü;
mhd. ü: au, a — o, u, 6a;
mhd. iu: «lü, a — 6, ui, äü;
der ostfrKnkischo dialekt in Böhmen. ' 351
mbd. ei: äi, äa — &) ä, e, 6, ua, ai, oi, ui;
mbd. ie: ei — ä, ö, i, ö, 6a, ia, ai, ^i, ai;
mhd. ou: a, au — 6;
mbd. öu: aQ, a — 4;
mbd. uo: ou — o, ö, u, ua, au, äu;
mbd. Qe: eQ — 6, 5, üa, aü.
Die (regelmäfsigen) laute der drei vokalreihen sind
darnach leicht zusammengestellt:
ui — äo — äu — ou
i — ai — äi (ai)
M • au a /« \
u — aü: ei; — (au).
' ' a au ^ ^
Bedeutsam und merkwürdig ist der einflufs der kon-
sonanten auf die vorausgehenden vokale; bedeutsam, weil
seine Wirkung sich konsequent äuisert, merkwürdig, weil
derselbe die entgegengesetzten folgen hervorbringt, hier
verdumpfung (und Verdichtung), diphthongisierung (durch
brechung), dort aufbellung, Verengerung.
Die liquide 1 zeigt ihre vokalische natur durch auf-
saugung des zweiten theiles vorausstehender diphthonge;
sie wirkt a aus ai, au, aü; ä aus äu, äi, äa; a aus aü, o
aus ou (vgl. 11. 13. 15. 20. 31. 33. 82. 92); helle laute
werden verdumpfb, so dialektisches c zu ö, dial. i zu i\
(vgl. 85 — 91. 100 — 103); oft tritt zunächst Verengung ein
und dann trübung (88 — 91). Die i -natur des 1 bewirkt
auch umlautung, wie in 44, wo a =3 aü== äu, und 90,
wo ö = e = eü = Oll ist.
Der r-laut bricht (bei mildgesprochener konsonanz)
den vor ihm stehenden vokal durchwegs zu einem (pho-
nischen, uneigentlichen) diphthong und entstehen dadurch
die äa, 6ä, ia, 6a, oä, uä, üa. Ausgeprägt ist sein schaf-
fen von kreisch- oder quetschlauteu in gewissen gebieten
(a, ä), wie er auch sonst den vokal aufhellt (74. 75).
Dem gegenüber verdichtet r wieder in den fallen 69. 70.
120. 122 und verdumpft in 93. 98.
Die nasale m, n (ri^) schaflfen zunächst, wie r, pho-
nische diphthonge (beispiele oben). Andererseits veren-
gern sie, wie in: 13. 19. 20. 55. 56. 73. 77. Aufhellung
352 Gradl, der ostfr&nkische dialekt in BShmen.
bewirken sie häufig, wie in: 48. 55. 56. 59 115. 153. 171.
187; dagegen eben so oft Verdichtung oder Verdampfung
(119. 122. — 92. 130. 131. 134. 159. (Anm. Bei diph-
thongen nasalieren m und n beide laute).
Die Spirans h wirkt phonische brechung, indem sie
vor sich (unter eigenem ausfall) ein a nimmt, wie in: 105.
106. 111. 123.
Ohne bestimmte regel wirken die erwähnten laute und
neben ihnen noch s, seh, z, ß, gh (= eh) wirkliche bre-
chungslaute (diphthonge) ; so in: 141. 142. 150. 151. 154.
155. 180. 181. Ist die lautwandlung in 150. 151. 167. 168
brechung oder Verlängerung?
Ueber den einiluis von labialen s. 13. 19.
Durch vokalisation entstehen in mehreren f&llen diph-
thonge; 1 wird gewöhnlich zu i; z. b. kaiw'I (ftlr kalw*l)
kälbchen, s^i-mäl (fOr sei« mal = selbiges mal, damals),
Poit'l (aus n. pr. Leo-pold) u. a.
Das verhältnifs zwischen reinlaut und umlaut im est*
fränkischen gegenüber dem im mittelhochdeutschen (und
neuhochdeutschen) ergibt sich aus den einzelnen vom an-
geführten belegen.
Eger in Böhmen, april 1870.
Heinrich Oradl.
Föratemanu, ulinordiscli und litauisch. 353
Altnordisch und litauisch.
Ehe ich mich darüber ausspreche, worauf ich eigent-
lich mit dieser jedenfalls etwas auffallenden Überschrift
hinaus will, erlaube ich mir einfach einige punkte zusam-
menzustellen, in welchen die beiden genannten sprachen
einen hohem grad von Übereinstimmung zeigen, als man
ihn sonst zwischen germanischem und lituslavischem zu
sehen gewohnt ist.
In bezug auf die vocale ist es dem altnordischen
unter den deutschen sprachen eigenthümlich, dafs sich das
alte i massenhaft zu einem ia bricht, ohne dafs diese er-
scheinung auf irgend eine einzige Ursache zurückgeführt
werden kann; bald scheinen vocale der folgenden silbe,
bald benachbarte consonanten, bald die häufigkeit des Wor-
tes auf eintritt oder Unterlassung dieser entartung einflufs
zu haben; genug man hat es hier wohl nicht mit einem
abhängigen, sondern mit einem selbständigen iaut-
wechsel zu thun; Grimm gr. I^ (1840) s. 450 liefert bei-
spiele und nähere besprechung. — Das litauische bat dem
entsprechend ein dem altslavischen unbekanntes gebroche*
nes e (gewöhnlich e geschrieben), welches ungefähr als i
mit kurz nachgeschlagenem a gehört wird; Schleicher lit.
gramm. s. 9.
Im bereiche der consonanten hat der nordische
zweig unseres Sprachstammes eine stark hervortretende
eigenthümlichkeit in einer gewissen Feindschaft gegen das
n, gewissermafsen einer verschnupften ausspräche der worte.
Diese bekannte erscheinung zeigt sich erstens im auslaute,
und zwar sowohl in wortstämmen (siö Septem, niu novem,
tiu decem; goth. -hun, ana, in, un- = altn. -gi, ä, t, 6
oder Ü-) als auch in Suffixen (schwache declination, Infini-
tive, 3. pers. plun), zweitens aber in den dem altnordi-
schen ganz eigenthümlichen assimilationen nt : tt, nk : kk,
mp : pp, filr die ja hunderte von beispielen zu geböte
stehn« — In beiden fällen bietet das litauische überra-
schende parallelen. Im auslaute duldet es gar kein u,
höchstens nasal vocale; so entspricht die praeposition | dem
Zeitflchr. f. vgl. spraclif. XIX. 5. 23
354 Föratemann
altn. i, aus der praep. sam, san wird su u. 8. w. Was
aber jene altnordisclieo assimilationen aubetriffi:, so lasse
ich hier Schleicher in seiner lit. grammatik reden; der-
selbe sagt s. 74 f.: ^die <ere spräche stöfst vor k, g, t
nicht selten das n aus, wo es jetzt stehn mufs^, femer
^vor endungen mit t wird n ausgestofsen und der vocal
gedehnt % endlich ^vor dem k des imperativs bleibt in der
gewöhnlichen spräche das n fort^.
Die sogenannte erweichung der consonanten durch
folgendes j im litauischen erinnert sehr an die schwedische
palatalisirung und läfst dieselbe, wenn sie auch nicht in
der Schrift ausgedrückt ist, fast schon im altnordischen
vermuthen Vgl. Schleicher lit. gramm. 16 f., 66.
Das altnordische weicht von den andern germanischen
sprachen durch eine gewisse Unsicherheit des anlautenden
j und V ab; dafs diese laute oft, wo sie organisch sind,
abfallen , ist eine allbekannte thatsache und bedarf keiner
beispiele; aber auch unorganisch vorgeschlagen begegnen
sie, vgl. jurt (herba) fQr das aus vnrt entstandene nrt,
jastr (ramus), jalda (unda) neben alda, jörfa (sagitta-
rum) neben örva; von unorganischem v ist das bekann-
teste beispiel värr, vorr (noster). Ganz ähnliche anor-
ganische vorschlage kennt das litauische, z. b. jeszkoti
suchen (= ahd. eiscon), wargonas orgel; vgl. Schleicher
lit. gramm. s. 66. Diese eigenheit theilt übrigens auch das
altslavische mit dem litauischen, worüber Schleicher com-
pendium s. 132 manches beibringt; über vorgeschlagenes j
handelt weitläufiger Schmidt in den Beiträgen VI, 129 ffi
Ganz auffallend sind im altnordischen einige ßkUe von
metathesis des r; man vergl. ahd. arc (timidus), ars (po-
dex), ferzan (pedere) zu altn. ragr, ras, freta. Man
erwäge dagegen das lit. rabata zum deutschen arbeit,
lit. rakinu (verschliefsen) zum lat. arceo, lit. ranka
(band, arm) zu goth. arms (also ranka aus ^arm-ka?); lit
redas (Ordnung) kann das deutsche art, rikas irrig mit
dem deutschen worte verwandt sein. Altsl. beispiele sind
ihrer menge wegen unnöthig.
In bezug auf den Sprachschatz theile ich hier eine
altnordisch und litauisch. 355
anzahl von ausdröcken mit, die unter den germanischen
sprachen dem nordischen eigenthümlich zu sein scheinen,
indem ich die betreffenden litauischen (oder altpreufs.) Wör-
ter beifüge, wo möglich auch die altslavischen. Die zahl-
reichen fälle, in denen sich blofs altsl. parallelen darbie-
ten, übergehe ich.
Altn. Sil, sild (bering); lit. silke (altpreufs. sylecke,
altsl. seid!); das lit. wort steht wohl für sild-ke.
Altn. kollr (köpf); lit. galwa, altsl. glava.
Altn. hauss (schädel); lit. kiauszia.
Altn. istra (schmer, fett); dieselbe bedeutung hat das
altpreufs. instran; verwandt damit scheint lit. inkstas niere
(altpr. inxsze).
Altn. sigg (schorf, dicke haut); ich weifs nicht, ob
ich lit. szaszas (ausschlag, grind) oder sausis (räude) oder
altsl. öuga (kratze) damit verbinden soll.
Altn. hrufi, hryfi (aussatz), lit. karpa (warze).
Altn. meidr (bäum), lit. m^dis (bäum, holz).
Altn. dregg (fermentum), lit. dragios.
Altn. thofi (wollenzeug, filz), lit. tuba.
Altn. serkr (kleid, hemd), lit. szarkas (tuchrock), altsl.
sraka (kleid).
Altn. kofri (mutze, kapuze), lit. kepurre (hut).
Altn. motr (weibliche kopfbedeckung), lit. muturis
(kopftuch).
Altn. torg (markt), lit. turgus (altsl. triigu).
Altn. klefi (Speisekammer), lit. kalupa (hütte), altsl.
koliba (desgl.).
Altn. stölpi/ ( Säule), lit. stulpas (desgl.), altsl. stlubü,
stlüpü (desgl.), stluba (treppe). Zeitschr. XI, 174 wird das
altn. wort als slavisches lehnwort angesehn, die von mir
mitgetheilten formen mit inlautender media dürften diese
ansieht etwas erschüttern.
Altn. vor, vörr (meer, hafen, spur im fahrwasser);
altpr. wurs (teich), altsl. virü (strudel).
Altn. hänki (riemen, seil), lit. anka (schlinge), altsl.
^2e, ^za (strick).
23*
350 KürBtfintiiin
Aliu. virr(dralit), lit. wirwas (aeil), alipr. wirbe (tlc8gl.),
altöl. vrubT (desßl.)«
Altn. vadr (aiigolselinur), lit. iidas (aalsclinur), altsl.
;j«ln (angd).
Altn. kadall (tau, kabel), lit. kard61us (starkes tau).
Altn. brcdda (grofscs messer), lit. britwa (rasirmesser),
altsl. britva (desgl.).
Altn. skalp (rede), lit. kalba (dosgl.).
Altn. thula (rcdo, gedieht); dazu mit ahleitung altsl.
tlnku (erklärung, Übersetzung); vgl. lit. tulkas, altn. iulkr
(dolmetscher).
Altn. miukr (weich, sanft, öfters, an den begriff des
fliefsenden streifend); vergl. lit. niiuksztas (weich, mürbe),
altsl. m^kuku weich, auch altsl. mokrü (feucht).
Unter den verben finde ich keine so nahen beziehuDgen.
In der Wortbildung, und zwar zunächst der Zusam-
mensetzung unterscheidet sich das altnordische von den
andern deutschen sprachen durch seine liebe zu postposi-
tionen und Suffixen, bei einer deutlichen abneigung gegen
praefixe; ebenso treten z. b. im litauischen die eigenthüm-
licheu bildungen auf -pi und -na entgegen. Vgl. Schlei-
cher lit. gramm. s. 293.
Merkwürdig sind im altnordischen die compositionen
mit ser- (sibi), das in diesem falle etwa in ähnlicher weise
hervorhebt wie das ahd. suntar- (seorsim); vergl. serbverr
(jeder), sergödr, serlyndr, serradr; mehr beispiele bei
Grimm gramm. III, 42 anm. Ganz ähnlich wird im litaui-
schen mit dem pronomen sav (gen. savo, dat. sav) compo-
nirt, z. b. savvale (eigen wille), savrc^dyste (eigensinn); vgl.
Schleicher lit. gramm. 135, 267.
In hinsieht der ab 1 ei tun g zeichnet sich das altnor-
dische durch die aufserordentliche lebendigkeit der demi-
nutiva auf -ing aus, die sogar den mangel anderer bildun-
gen dieser art ersetzen, wie mit manchen beispielen Grimm
gramm. III, 683 darthut. Der ursprüngliche sino dieser
bildungen ist aber gewifs, wie sich auch sonst zeigen IftTst,
kein deminutiver, sondern ein besitzanzeigender, und in
der that sind die besitzanzeigenden adjectiva auf -ingas
allnordisch und litauisch. 357
im litauischen ganz gebräuchlich; ein merkwürdiger ge-
brauch sind hier auch formen wie verszinga, parszinga
(eigentlich kalb -habend, ferkel- habend) für trächtige kuh,
trächtige sau; vgl. Schleicher lit. gramm. 128.
Auffallend ist auf den ersten blick das altnordisch ver-
neinende -gi : svägi (so nicht), thägi (da nicht), eingi (kei-
ner), mangi (niemand) u. s. w. ; Grimm gramm. III, 33 ff.,
739. Mag es dem goth. -hun gleich sein oder nicht, jeden-
falls ist nicht eine negative, sondern eine unbestimmt ma-
chende bedeutung die älteste, und nun tritt diesem -gi das
litauische, meistens fragende -gi oder -gu in fiappautester
weise zur seite (kasgi welcher? aszgu ich? argi, baugi,
besgi u. s. w.). Vgl. Schleicher lit. gramm. 322, 338 ; Bopp
vergl. gramm. 11% 222.
Im altnordischen begegnen merkwürdige pronominal-
adverbia auf -na, z. b. herna (hier), tharua (da), nüna
(jetzt), svana, sona (so), eylifligana (auf ewig); Grimm
gramm. III, 226. Hiebei erinnere ich an lit. tenai, ten, t^
(dort, dorthin, da), szenai, szen, szc^ (hieher), czonai, czon
(hier), sziczonai, sziczon (hier); Schleicher lit. gramm.
23, 221.
Bei der durchsieht eines altnordischen, namentlich poe-
tischen lexicons fällt fast nichts so auf, als die ungemeine
häufigkeit der nomina agentis auf -ir (goth. -eis aus -jas)
und dazu stimmen merkwürdig die litauischen gleichbe-
deutenden auf -ys, die bei einfachen Wörtern zwar nicht
häutig (regys seher, girdys hörer, vedys brautführcr), aber
bei compositionen bis zum übermafs oft erscheinen.
Wir kommen zur flexi on. Hier ist es namentlich
bekannt, dafs das nordische durch sein reflexivpassiv (-mc
für mik, -z für sik, sc) von den andern germanischen spra-
chen abweicht; hauptstelle darüber ist Grimm gramm. IV,
39 ff. Das lit. medium zeigt eine aus dieser weise schon
erstorbene bildung, indem es das reflexiv si zur formation
aller personen benutzt; Schleicher lit. gramm. 222.
Eine sehr auffallende einzelnheit liegt darin, dafs die
lit. 3. pers. von esmi ich bin zwar esti beifst, daneben
aber auch die von aller litauischen analogie abweiebendeo
358 FönUinann
nebenformeD yra und yr bat, bei denen man sich des ge-
dankens an altn. er doch kaum erwehren kann.
In der altnordischen bedeutungslehre ist zu er-
wähnen, dafs der dat. phir. sökum (rebus) völlig zur prae-
position mit der bedeutung wegen geworden ist; vom lit
daiktas (sache) wird sowohl der instrumental als auch
der nominativ ebenso gebraucht; Schleicher lit. gramm.
258, 269.
Im isländischen wird reisa (wie im schwed. und dän.
gang) zur bildung multiplicativer Zahlwörter verwandt
Im litauischen gilt für das bei diesen formen gewöhnliche
kartas auch reisas (ant reiso auf einmal), im lett.
reisi; ebenso heifst altpreufs. ainan reisan einmal, ai-
nontin reisan jemals. Das deutsche wort gehört zu einer
sehr lebendigen familie, das litauische steht wohl ganz
ohne Verwandtschaft da.
Weiter wird nachzuforschen sein, ob sich nicht auch
specielle Übereinstimmungen in bezug auf das genus nact
weisen lassen. Ich erwähne hier für jetzt nur, dals altn.
tonn, schwed. und dän. tand dens feminina sind, ebenso
wie das lit. dantis, während das wort sonst wohl überall
als masculinum gilt. Das altn. masc. nagl, lit, nagas
unguis hat neben sich noch ein femininum^ altn. nögl, lit.
naga.
Schon Grimm gramm. IV, 438 macht auf eine syn-
taktische Übereinstimmung beider sprachen aufmerksam.
Wie nämlich das altnordische seinen Substantiven sein ar-
tikelsufHx (inn, in, itt) anhängt, so thut es das litauische
bei seinen adjectiven mit dem pronominalstamme ja. Beide
sprachen hängen dieses element aber nicht als suf&x an
den stamm, sondern an das schon flectirte wort, also altn.
im sing, dagrinn, dagsins, deginum, daginn, lit
sing, gerasis, geröjo, gerämjäm, gSr^ji. Die son-
stige starke adjectivdeclination im deutschen beruht zwar
auch auf der auhängung dieses letzteren pronomens, doch
ohne dafs von der flexion des adjectivums vor diesem pro*
nomen eine spur mehr übrig ist.
Ebenso deutet Grimm gramm. III, 764 darauf hin,
altnordisch und litauisch. 359
dai's das altnordische mehr als die andern deutschen spra-
chen die Bejahung durch die Wiederholung des in der frage
liegenden verbums ausdrückt (mundo maela? mun ek). Die-
selbe eigenschaft bemerkt Schleicher lit. gramm. 323 vom
litauischen. Freilich kommt dieselbe form der bejahung
ja auch sonst vielfach in den sprachen vor. — Dafs alt-
nordisch sowohl als litauisch öfters postpositionen statt
praepositionen gebrauchen, wurde schon oben angedeutet.
Unter den erwähnten Übereinstimmungen sind manche
auffallender und schlagender, manche schwächer und zu-
fälliger. Einige werden sich in zukunft als solche kund-
thun, die das nicht beweisen, was sie beweisen sollten, an-
dere solcher punkte werden sich dafür bei genauerer be-
trachtuug beider sprachen noch zu dem hier gegebenen
materiale hinzufügen lassen. Die thatsache, dafs eine be-
merkenswerthe beziehung beider zu einander besteht, halte
ich für unumstöfslich.
Wie ist nun aber diese thatsache aufzufassen? Fern
ist es natürlich von mir, das enge band, welches das litauische
mit dem lituslavischen, das altnordische mit den germani-
schen sprachen verknüpft, auch nur im geringsten lockern
zu wollen. Ebenso fern liegt es mir ereignisse wie die
berrschaft der Waräger in Rufsland während des 9. und
10. Jahrhunderts oder die flüchtigen eroberungen der Dänen
im anfange des 13. Jahrhunderts als gründe dieser erschei-
nungen anzusehen; noch weit weniger gehe ich vom han-
delsverkehr jener Völker aus, der nur einzelne klassen von
Worten, kaum flexionen, gewifs nicht lautverhältnisse von
einer spräche auf die andere übertragen kann.
Sind aber alle diese momente hier als einflufslos aufser
betracht zu lassen, so bleibt nur noch eins als gültig übrig,
welches in der Sprachwissenschaft bisher kaum beachtet
in Zukunft gewifs sich als sehr bedeutend erweisen wird.
Ich meine das wohnen eines volkes nach dem an-
dern in demselben lande. Der kräftigere Sieger über-
trug seine spräche auf die besiegten; aber die letzteren
bildeten in der regel die mehrzahl und inficirten diese
Sprache merklich durch die ihrige (auch so z. b., dafs die
MM) Formte inuiiii
Worte der siegenden spniclie durch das Vorhandensein ver-
wandter iiiisdrücke in dem idiome der besiegten vor dem
Untergänge geschützt wurden). Gelten nicht noch jetzt
unter den deutschen niundarten Altpreufsens altpreursische
vocal Verhältnisse? ist nicht noch jetzt der Deutsche eines
vollen ö, ü, eu unfähig in denjenigen gegendeu, in wel-
chen einst siavische bevölkerung geherrscht bat, die diese
laute nicht kannte? Wird sich nicht einst in der ausspräche
sowie im wertschätze und der Wortfügung der sAddent-
schen niundarten beincrklicher kelticismus erkennen lassen?
Wir ersehen also aus den oben angefahrten sprach-
lichen thatsachen die bestätigung eines schon sonst aufge-
stellten und angenommenen satzes, dafs nämlich auf
dem gebiete des späteren preufsisch-litauischen
früher eine germanische bevölkerung gewohnt
hat. Versuchen wir nun von den mit diesem satzc in
näherer Verbindung stehenden ereignissen uns ein unge-
fähres bild zu machen, so wird bei der außerordentlichen
dijrftigkeit der historischen Überlieferung hauptsächlich die
leuchte der Sprachwissenschaft benutzt werden dürfen und
müssen.
Bereits zu drei verschiedenen malen habe ich ¥«>-
sucht, eine ansieht über die älteste geschichte der Germa-
nen in Europa aufzustellen, nämlich 1860 in meinem auf-
satze über die wur/el SRU in flufsnamcn (zeitschr. bd. IX;
vgl. namentlich s. 284), 1863 in meinen deutschen Ortsna-
men (besonders s. 8 und s. 256), endlich 1869 in meiner
abhandlung über „alt-, mittel-, neuurdeutscb^ (zeitschr,
bd. XVIII, s. 161 ff.). Die in jenen stellen angefahrten
hypothesen sind meines wissens bisher weder angegriffen
noch widerlegt worden; ich wage deshalb sie hier weiter
auszuführen und auf ihnen weiter fortzubauen.
Nach diesen ansichten wohnten germanische Völker
etwa tausend jähre vor unserer Zeitrechnung am nordufer
des Pontus von der Donaumündung an bis zum Kaukasus
(Ict/.tcrci zu goth. hauhs altus mit neutralsuflix -as? vgl.
auch lit. kaukaras collis). Zu Herodots zeiten sind sie
dort schon ausgewandert, verdrängt durch Lituslaven, de-
allnonlisch und litauisch. 361
ncn clatm wieder eranische Skythen nacbdraiigten ; eine
Völkerfolge, die beiläufig auch einige höchst atifTallende
Beziehungen zwischen slavischem und eranischemr erklärt.
Die Germanen aber zogen mit zuröcklassung eines theils
von ihnen, aus dem sich durch nördlichen zuzug verstärkt
später die südlichen Gothen entwickelten, weiter westwärts,
dem Duiestr und dem äufseren Karpathenrande folgend,
bis der grofse Westflufs (Vistula), auf den sie nun stie-
fseu, ihr weiterer führer und ihr schütz gegen westen wurde.
So erreichten diese Völker das nördliche meer, wahrschein-
lich schon mehr als 400 jähre vor unserer Zeitrechnung;
sie nannten sich selbst höchst wahrscheinlich Gutäs oder
Gutanas, einen ihrer hauptörter vielleicht Gutanja; die bil-
düng des letzteren wortes würde etwa den skr. formen auf
-äni, griech. -aipccy -cova, lat. önia, lit. £ne, altsl. *ynja ent-
sprechen; im althochdeutschen erscheint das sufQx als
-inna, im altnordischen aber begegnet noch unassimilirtcs
-ynja, z. b. vargynja.
Nun breiteten sich diese Germanen an der küstc des
meeres aus, besonders nach dem milderen westen zu, wo
sie keltische stamme unterjochten oder vertrieben und da-
durch eine bewegung unter die Kelten brachten, die selbst
für Italien verhängnifsvoU, für Rom verderblich wurde, aber
auch nach osten, wo ihr östlichster stamm von den an-
dern etwa Austjäs genannt sein mag, ein wort, das dann
später auf östlichere und undeutsche stamme weiterrückte,
in seiner form aber zu Aistjäs, Aistjös (Aestii) entartete;
die Siariaiüi des Pytheas bei Strabo freilich sind sehr
zweifelhaft, Zeufs s. 267 ff. Unter den westlich gerückten
scheinen den Gothen zunächst geblieben zu sein die Thiu-
thanas (Teutones), die Pytheas nach Plinius noch 320 v.Chr.
dort fand. Aber der name verschwand später in diesen
gegenden, um weit westlicher wieder aufzutauchen. An
dere solche westliche uamen scheinen dagegen in dem ost-
lande noch ihre spur zurückgelassen zu haben; mir ist es
immer auffallend gewesen, dafs im südlichen Ostpreufsen
schon beim ersten eindringen der deutschen Ordensritter
die länder Barten und Sassen neben einander vorkommen,
362 FörHteinaiiii
wie »päter Langobarden und Sachsen an der Unterelbe;
jenes ostpreulsisehe Barten lebt noch heute in zahlreichen
Ortsnamen fort. War einmal die Eibmündung erreicht, so
war der weitere weg nach norden bis Jütland und über
die inseln hin in das südliche Scandinavien gewiesen. Auf
diesem wege, so nehme ich jetzt an, der zwar weit, aber
am wenigsten beschwerlich war, empfing die scandinavi-
sche halbinsel ihre ersten germanischen bewobner; wir
wollen diese einwanderung mit einem allerdings erst spftter
vorkommenden namen die dänische nennen; ich möchte sie
etwa um 300 v. Chr. setzen.
Sprachliche spuren dieser ersten südwestlichen einwan-
derung nach Scandinavien liegen im gegensatze der Rugii
und der nordischen Holmrygir (Ulmerugi), die auf den im
Vidsidesliede genannten holmreichen wohnen, vgl. auch die
Ethelrugi in Scandia bei Jörn. 4. Dann in den Harudes
der cimbrischen halbinsel und in den Hördar Norwegens;
ferner in den Heruli, die auf den dänischen inseln, viel-
leicht aber auch auf dem nordischen festlande ansässig
waren (Procop. b. G. II, 14 01). Die Heisinge des Vtd-
sidesliedes sind in Seeland zu suchen, Helsingialand im
nördlichen Schweden. Auch der Friesenname scheint sich
in den scandischen 0ioalaoi des Ptolemaeus zu wieder-
holen, ebenso wie das schleswigsche Angeln im Angul des
norwegischen Halogaland wiederkehrt. Der erste könig
der Ostdänen (also in Scandinavien) heifst in ags. liedem
Ing, die Dänen selbst Ingvine; von jenem Ing rühmten
sich auch die schwedischen Ynglingar abzustammen; deu-
tet das nicht alles auf die lugaevonen des nordwestlichen
Deutschlands und ihren Stammvater Inguio hin? Beste der
Teutonen kommen nach Pomponius Mela (sec. 1) noch in
Scandinavien vor, Jörn. c. 3 kennt daselbst wenigstens
Theutes. Nur durch die annähme einer solchen Wande-
rung erklärt sich mir endlich genügend die unleugbare
nahe beziehung des altnordischen zum angelsächsischen.
In der scandinavischen Völkermischung ist entschieden ein
friesisch - sächsisches dement; es ist das erste, was dort
mit den finnischen urbewohnern zusammentraf.
altnordiucli und litauisch. 363
Im zweiten Jahrhundert v. Chr. kamen nun (ich lasse
die selbstverständliche hypothetische ausdrucksweise fallen)
von ganz anderer seite her andere germanische einwanderer
nach Seandinavien ; und damit kehren wir zu dem eigent-
lichen thema unserer abhandlung zurück. Lituslavische
Völker hatten einst die Deutschen von den ufern des Dniepr
fortgetrieben, waren dann aber auf den erweiterten Wohn-
sitzen in zwei zweige, einen lettischen und einen slavischen
zerfallen. Der lettische rückte dem alten germanischen
zuge nach, vielleicht etwas östlicher sich haltend als jener.
Im späteren Preufsen traf er auf jene gothischen stamme;
selbständig konnten sich diese nur noch westlich von der
Weichsel behaupten^ wo sie noch Plinius und Ptolemaeus
kennen, unter dem namen der Gepiden noch Jornandes im
Weiehseldelta selbst. Das loos der östlicheren dagegen
war unteijocbung oder auswanderung und die Weichsel
wurde ein grenzflufs verschiedener Völker, als welchen sie
Mela und Ptolemaeus ausdrücklich bezeichnen.
Nun zu den sprachlichen spuren sowohl von der Un-
terjochung als der auswanderung.
Bekannt ist die stelle des Tac. Germ. c. 45, wo er
sagt: Dextro Suevici maris litore Aestiorum gentes adlu-
untur, quibus ritus habitusque Suevorum, liugua Britan-
nicae propior. Das übersetze ich in die spräche unserer
heutigen Wissenschaft so: am südöstlichen ufer der Ostsee
wohnen Völker, die noch immer wie früher von ihren nach-
barn Aestier genannt werden ; die masse des Volkes gehört
auch unzweifelhaft, wie sitten und äufsercs zeigen, dem
alten germanischen grundstamme an, doch herrscht die
spräche der lettischen sieger unter ihnen, welche durch
ihren klang dem eindrucke nahe kommt, den das brittische
macht. Und mit letzterer behauptung wird Tacitus gewifs
eben so recht gehabt haben, wie wenn neuere reisende den
malaiischen sprachen der Südsee italienischen klang zu-
schreiben; wer wird denn jenes propior (noch dazu im
munde eines Römers) auf genealogische Sprachverwandt-
schaft deuten! Ich denke bei jener ähnlichkeit des klanges
z. b. an den altkeltischen laut ea oder ia (Zeufs gramm.
.';()| Fürätoinuiiu
(^elt. eiste im^g. a, 10 und 21), der deuiselbou litauischen
voealc entspricht, dein Körner über höchst anflfalleud und
wohl widerlich sein iiiiirste, desgleichen au das c mit nach-
ge8chhi<^cnein kurzem i (Zeui's s. 2i!); auch dals die laut-
verschiehung im keltischen wie im lituslavischen uur die
alten aspi raten trifft und dadurch vom geruianischeD ab-
weicht, fiel gewifs den Körnern ins ohr (z. b. altbrit. daot,
lit. duutis gegen goth. tunpus; brit. petuar, lit. keturas ge-
gen goth. fidvor und so in unzähligen fallen). Fehlt doch
auch dem altirischen wie dem litauischen das h, das der
Könier im gormanischen sicher rauh genug vernahui.
Auf den abgelegenen Nehrungen, diesem letzten zu
fluchtsorte, werden sich trümmer der germanischen bevöl-
kerung noch am längsten und freiosten erhalten haben; so
sagt Jornandes von den wahrscheinlich auf der frischen
Nehrung hausenden noch immer deutsch benannten Vidi- *
variern: ex diversis nationibus quasi in unum asilum col-
lecti, und an einer andern stelle nennt er sie ex diversis
nationibus aggregati.
Diese Unterjochung giebt also nach meiner ansieht
dorn litauischen jene altnordische tinctur, von der ich oben
ausging, meistens wohl in der richtung, dafs die Litauer
die empfangenden waren, zuweilen vielleicht auch so, dafs
germanische stamme, die eine zeit lang das lettische Joch
und die lettische spräche erduldet hatten, sich erst dann
zur auswanderung entschlossen. Im litauischen scheint mau
aber immer noch den unterworfenen den Gothennamen ge-
geben zu haben; ja noch jetzt, da die Litauer sich Qber
niemand mehr als herren fühlen, ist ihnen Guddas eine
verächtliche bezeichnung eines fremden Volkes, die sie jetzt
auf Polen oder Küssen anwenden, lieber dies Guddas
und was damit zusammenhängt bringt Pierson in seinem
Elektron (18üi)) s. 23 manches nützliche bei, obgleich ich
nicht alle dort aus den angaben gezogene folgerungen ao-
erkenniMi kann.
Als diese Unterdrückung nahte oder schon eingetreten
war, entstand damit das verlangen nach neuen Wohnsitzen.
Vjü mochte die kuudo von einem fernen Nordlande, das
altnordiäcli uuil litauUch. 305
zahlreiche anih're Germanen schon auf tlem weiten land-
wege erreicht hatten, auch in das preufsische land gekom-
men sein; und von der nördlichsten spitze des westpreu-
fsischen gebiets, dem Vorgebirge Rixhöft, kann, wie mir
versichert ist, ein scharfes äuge bei hellem wetter die hö-
hen von ßornholm erkennen, das jenem Nordlandc schon
nicht mehr fern liegt; mein äuge freilich reichte an jener
stelle nicht so weit.
So zogen denn zahlreiche stamme über das meer hin-
aus nach norden. Der grofse gewanderte (Wodan; vergl.
Paulus Diac), der wegemüde (Vegtamr; vgl. auch die bei-
namen Gängrädr und Gängleri) war ihr weiterer herr und
fQhrer, wie er es einst von den ufern des Pontus zur Ost-
see hin gewesen war. Sein cultus wurde im norden der
siegende und die göttlichen Stammhelden, welche die erste
einwanderung mitgebracht hatten, wie Finn und Billung,
sanken zu zwergen herab.
Diese zweite germanische einwanderung in Scandina-
vien, die ich zum unterschiede von der dänischen die go-
thische nennen möchte, erkennt man wiederum besonders
an sprachlichen spuren. Unter diesen sind die diesseits
und zugleich jenseits des meeres erschallenden völkerna-
men die wichtigsten und festesten. Und von ihnen hatte
der Gothenname noch immer den vollsten klang; schon
vor dem neuen lande selbst setzte er sich auf der insel
Gothland fest, die schon in Ohtheres reise und gewifs auch
viel früher so heifst, dann aber in dem heutigen gebiete
von Ost- und Westgothland. Das merkwürdige aber ist
hiebei die Umwandlung der form dieses völkernamens durch
eine vocalsteigerung in Gautös, ags. Geätas. Das ist das-
selbe vrddhi, durch welches im sanskrit die abstammung
bezeichnet wird (z. b. Draupadi von Drupada, Kaunteja
von Kunti, dauhitri von duhitr), und wenn hier wirklich
noch dadurch Gothensöhne, abkömmlinge der alten süd-
lichen Gothen ausgedrückt werden sollen, in allen erhal-
tenen sprachen aber diese function dieses lautwechsels un-
terg^angen ist (das verhältnifs von huhn zu hahn er-
innert entfernt daran), so spricht auch das für ein sehr
3ü7 Körstemaiin
hohes alter jenes Gothenzuges nach Scandinavien. Jörn. 3
verbindet in seinem Gautigoth (volk in Scandinavien) beide
hiutstufen; vgl. Grimm GDS* s. 309.
Grimm GDS^ s. 507 setzt auseinander, wie die erin-
nerung an das einstige südliche Gothenland noch in den
nordischen sagen rege blieb und Godlhiod* ein ausdmck
von der unbestimmtesten allgemeinsten bedeutung war. Ne-
ben diesem allgemeinen namen begegnen aber besondere,
zunächst das Eygotaland, das land der Inselgotben, dann
aber das Reidgotaland , wo die auch im angelsächsischen
mehrfach vorkommenden Hredgotan (auch Hraedas, mit
einem hreöTcyning an der spitze) ansässig sind. Der aus-
druck ist schwierig sprachlich, leichter geographisch zu
deuten, da die deutlichsten anzeicben auf die Weichselge-
gend hinweisen; vgl. Grimm GDS^ s. 514f., auch Germa-
nia IV, 401. Die sprachliche deutung hat mehrfach her-
umgeirrt zwischen anknüpfung an die Reudingi (6DS* 515),
die gewifs zu verwerfen ist, und der erklärung durch Wa-
gengothen (nordalbingische Studien I, 166), die höchstens
volksetymologische geltuug haben kann, da sie sonst un-
serer volksnamenbildung ganz widerstrebt. Ob die Über-
setzung durch „berühmte Gothen^ die rechte ist? In ags.
auffassung gewifs; vgl. Haupt zeitschr. XII, 259 ff. An-
dere mögen vielleicht schon an altn. hreidr (dän. rede) ni-
dus gedacht haben und darunter die im neste, d. h. zu
hause gebliebenen Gothen verstehn. Ich weifs nicht, ob
jemand schon auf die Rheda, den nördlichsten etwa sechs
meilen langen flufs Westpreufsens gekommen ist, der durch
ein schönes thal fliefsend sich in das Putziger Wiek er-
giefst; solche Rhedagothen könnten füglich die im weeten
der Weichsel bis auf den äufsersten norden zusammenge-
drängten Gothenreste sein. Sie würden zu den Eygotar,
Holmrygir u. s. w. in der art der Zusammensetzung gut
stimmen; die ags. Hraedas aber beruhten dann nur auf
einem misverständnisse des namens.
Mit dem namen der Gothen wanderten noch andere
Völker und völkernamen hinüber. So setzte sich s. b. der
Burgunderuame schon auf dem meere im Burgundarholm
altnordisch und litauisch. 36G
(Bornholm) fest. Auch die ^'dovaiMveg des Ptolemaeus
(bei Tac. verderbt Helveconae, Helvetonae etc.) erinnern
an die nördlichen Hilleviones des Plinius in Scandinavien.
Ebenso ist das scandinavische Veroialand (Adam von Bre-
men nennt auch das volk Wermelani) gewifs ein von jen-
seits des meeres mitgenommener ausdruck; das bisthum
Ermland am ufer des frischen HafFs bewahrt noch bis heute
im lateinischen seinen alten namen Warmia, der schon
a. 1246 begegnet. In der um 1190 verfa&ten geneal. regg.
Danor. bei Langeb. scr. rer. Dan. II, 157 wird das hier
wohnende volk Hermini, in den Fornmanna sögur das land
schon Ermland geheifsen; das v kann also (s. oben) ein
blols vorgeschlagenes sein.
Als eine eigenthümliche erinnerung der Scandinaven
an die alte südliche heimat fafste Uhland (zur geschiebte
der dichtung und sage bd. VI, 1868, s. 161) auch das be-
rühmte Brisingamen der Freyja auf, indem er es als preu-
fsischen bernsteinschmuck ansah; vergl. Göttinger gel. anz.
von 1868, s. 1568.
Es mag blofser Sirenenklang sein, verdient aber doch
auf alle fälle er wähnung, dafs der letzte nebenflufs der
Weichsel, die Mottlau, sehr nahe anklingt an die Motala,
den ersten gröfseren flufs, den ein von der insel Gothland
her in Schweden einwanderndes volk hier fand.
Wenn dieser Gothenzug, wie wir eben sahen, manche
namen mit über das meer genommen hat, so liegt es nahe
danach zu fragen, ob sich nicht deutsche namen aus jener
alten zeit in den späteren preufsisch-litauischen ländern als
reste erhalten haben. Man hat ihnen bisher kaum nach-
gespürt oder wo sich wirklich ein anklang fand, solchen
als trügerisch verworfen, indem man alle solche reste als
längst vertilgt ansah. Zunächst hat man diese reste be-
sonders im Westen der Weichsel zu suchen, wo sich die
herrschafl der Gothen am längsten hielt; in bezugaufden
Osten gebe ich zwar zu, dafs diese spuren nicht sehr zahl-
reich sein können, da nach meiner hypothe^e die herrschafl
der Germanen zwischen Weichsel und Niemen nur etwa
zweihundert jähre gedauert hat, indessen wäre es ein vor-
:tG.'j Füratcmaim
gang, ilcr gegen alle l>ei orlsnainon gemachten erfabmngon
stritte, wenn wir selbst der tanscndjährigen herrschaft let-
tischer stamme die gcwalt zuschrieben, alle jene spuren
zu vernichten. Schwer wird es allerdings sein sie aufzu-
finden, namentlich da die urkundlichen Überlieferungen
eigentlich erst mit dem 13. Jahrhundert beginnen nnd die
Schreibung der Ortsnamen in ihnen oft aufs äufserstc ver-
derbt ist. Jedoch versuchen wir das mögliche.
In die lange iQcke zwischen den Vidivarii des Jor-
nandes und der ankunft des deutschen ordens fällt sec. 9
Wnlfstäns angelsächsischer reisebericht an Alfred den
grofsen. Dieser führt uns aus diesen gegenden mehrere
Ortsnamen an, denen er zwar entschieden angelsächsi-
sche färbung giebt, die uns aber im übrigen als kostbare
Zeugnisse germanischer namen geltung haben. Sein Wisle-
müOTa entspricht zu genau dem noch existirenden orte
Weichselmünde, als dafs wir das recht hätten hierin ein
blofses appellativum zu sehn; sein Witland, das die frische
Nehrung bezeichnet (vgl. namentlich Pierson s. 56) wirft
erst volles licht auf die läge der Vidivarii bei Jornandes,
sein Estmere ist das frische Haff (a. 1328, 1358 etc. mare
rccens) und weist noch den alten namen der Aestii auf,
wie es denn litauisch bis auf den heutigen tag Aismares
(fem. plur.) heifst; in seinem Ilfing (der Elbingflufs) wer-
den wir altn. clfr, ags. elf fluvius nicht verkennen, um so
mehr, da das altpreufsische und litauische kein f besitzt.
Bei seinem Truso und dem heutigen Drausensee werden
wir freilich mit Pierson s. 113 zunächst an lit. truazas röhr
denken.
Sehen wir uns nach sonstigen deutschen namen am,
die aus jener Gothenzeit stammen könnten, und bleiben
wir zunächst in denjenigen gegenden stehn, au8 denen uns
Wulfstän solche namen überliefert hat, so treten uns zu-
nächst drei ausdrücke von fast nordischem aussefan entge-
gen; ich meine Wiek, Haff, Holm. Die verschiedene»
arme der Weichsel münden in das Putziger Wiek und das
frische Haff, die letzte flufsinsel der Weichsel heifst der
Holm; Haff und Wiek begegnen auch westlicher an den
altnordisch und litauisch. 369
Odermlindungen und auf Rügen, wahrscheinlich auch holm.
Nun sind aber alle drei Wörter als appellative meines Wis-
sens in den mundarten der umwohner jetzt ganz unbekannt
(flufsinseln in der Weichsel werden stets kämpen genannt);
überhaupt scheinen sie in den jetzigen niederdeutschen
mundarten ziemlich untergegangen zu sein, worüber uns
das ja nun endlich in aussieht stehende niederdeutsche
Wörterbuch belehren mufs; in Frommanns deutschen mund-
arten finde ich keins von ihnen. Sogar im altsächsischen
ist bisher weder wiek noch haff belegt, holm nur in der
bedeutung von hügel. Ebenso wenig ist wiek und holm
hochdeutsch, auch haff ist, und zwar theils als neutr. hap,
theils als fem. habe, erst im mittelhochdeutschen nachzu-
weisen; die deutschen ritter aber haben in diese gegenden
zunächst überwiegend hochdeutsche mundarten gebracht,
das plattdeutsche hat sich meines wissens (doch hier kann
ich irren) hier erst im 15. Jahrhundert eingefunden. Ganz
lebendig sind alle drei wörter nur im altnordischen und
angelsächsiöch(^n, altn. vik (fem.) sinus maris, mare, ags.
vic (masc) recessus, portus, altn. haf (neutr.), ags. heaf
(neutr.) portus, niare, altn. holmr (masc), ags. holm (masc.)
insula, parva insula. Das sind Verhältnisse, die uns ver-
anlassen müssen, diesen drei Wörtern noch weitere auf-
merksamkeit zuzuwenden.
An der Weichselmtindung erschallt kurz vor dem jähre
1000 bei gelegenheit von Adalbert's missionsreise zum er-
sten niale (ich lasse das Gothiscandza des Jemandes ganz
bei Seite) der name des dortigen ortes, verderbt genug ent-
weder Gidanie oder mit einem erweiternden suffix Gyd-
danizc geschrieben; slavischer oder lettischer deutung hat
das wort (poln. Gdanzk, lat. Gedanum) stets widerstrebt;
das von mir oben gemuthmafste Gutanjä würde sich besser
deuten und fügen.
Von der Weichselmündung aus sieht ein scharfes äuge
bei hellem wetter die kaum aus den wogen auftauchende
spitze der halbinsel Heia; der name wird sec. 15 Heyla
geschrieben, im volksmunde wird die halbinsel und die
Stadt daselbst stets die II el genannt. Der ausdruck steht
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 5. 24
370 Förstemann
nicht vereinzelt da, sondern scheint für inseln vielfach ver-
wandt worden zu sein. Bekannt ist das schon bei Plinius
an der Maasmünduug begegnende Helium. Bei Kemble
chart. anglos. II, 342 finden wir eine insel in England Hel-ig
im jähre 9r)7. Eine von der südlichen Ouse gebildete in-
sel erscheint als Holi in den gesta regis Cnutonis (Mon.
Germ. XIX, 523) sec. 11, jetzt Ely, nördlich von Cam-
bridge; ebenso lleli lautet das dorf Hehlen an der Weser
im herzogthum Braunschweig schon sec. 9; vgl. mein na-
menbuch 11,721, wo sich vielleicht noch mehrere dazu
gehörige formen finden. Die Snorraedda endlich kennt
eine insel Htel, wahrscheinlich in Norwegen gelegen.
Sollen wir uns diesen namen aus einem älteren
*HaIja die (durch fluth oder nebel) verhüllte deuten oder
ihn gar mit dem sprachlich damit ganz gleichen todten-
reiche in noch nähere Verbindung bringen? Leo in seinen
rectitudines singularum personarum (1842) übersetzt das
ags. Hel-ig s. 5 (s. 7 der englischen ausgäbe von 1852)
gradezu durch Hela's werder; ebenso bringt Grimm myth.'
(1854) s. 292 das Helium an der Maas mit der mythischen
Hei in Verbindung und erinnert sich s. 792 f. wieder mit
interesse daran, wo er von der überfahrt der todten auf
eine insel spricht. Man behalte also das preufsische Heia
auch in dieser hinsieht im äuge.
Vielleicht gelingt es uns sogar unser Heia schon aus
dem alterthume nachzuweisen. Jörn, c. 23 sagt vom Go-
thenkönige Ermanarich: Aestorum quoque similiter natio-
nem, qui lougissimam ripam Oceani Germanici insident,
idem ipse prudentia ac virtute subegit. Keine handschrifl
nennt neben den Aesti, unter denen also die litauisch-
preufsischeu stamme gemeint sind, ein anderes volk. Da-^
gegen schreibt der den Jörn, ausziehende Aeneas Sylvias
in seiner hiat. Gothorum (bei Duellius biga libr. rar. Fran-
cof. et Lips. 1730 foL, anhang s. 7): ad Aastios quoque
Hylaricos transivit, qui longissimam Oceani Germa-
nici ripam incohierunt. Desgleichen lesen wir gleichfalls
nach Jörn, bei Bonfiuius rerum Huui^aricarum decades
(Francof. 1581 fol s. 38) Hestis et Halaridis, qui Ger-
altnordisch and litauiscb. 571
maniae productum litus Oceani accolebant, bellum indictum.
Die späteren ausgaben (Colon. 1690 s. 28 und Viennae
1744 8. 30) schreiben hier Hallaridis. Klingt hier noch
ein ehemaliges Haljareiki nach wie z. b. in den scandina-
vischen Ragnaricii des Jörn, ein Ragnariki? Heia ist vor
alters gröfser gewesen und soll lange die erinnerung an
die alte gröfse bewahrt haben; die Hela-Esthen aber könn-
ten als die entferntesten des volkes recht gut erwähnt
sein, um die grenze und gröfse von Ermanarichs erobe-
rungen anzuzeigen.
Noch eine notiz, ehe ich den namen Heia verlasse.
Jörn. c. 3 erzählt, dafs die wölfe, wenn sie über das ge-
frorene meer auf die scandinavischen Ostseeinseln gingen,
erblindeten; in bezug auf Heia habe ich in meiner kind-
heit von einem alten manne gehört, wölfe beträten nie die
halbinsel Heia, aber freilich mit zufügung des sehr reali-
stischen grundes, dafs sie fürchteten, das meer möge hin-
ter ihnen an der schmälsten stelle der halbinsel über das
land hinwegschlagen und sie abschneiden. Liegt beiden
nachrichton ein gemeinsamer mythischer zug zu gründe?
Zu beiden Seiten der halbinsel Heia hat das festland
zwei Vorgebirge, das südliche jetzt Oxhöft, das nördliche
Rixhöft genannt. Ich* halte beide formen, die sich gegen-
seitig gut stützen, für echt und gebe nichts auf die alten
unsicheren, überdies nur ganz vereinzelt vorkommenden
Schreibungen Oxiva und Roosheine (man sehe die register
der scriptores rerum Prussicarum nach). Auf der alten
Hennebergerschen landtafel Preufsens (a. 1576) ist Oxhöft
unbezeichnet , Rixhöft durch Resehoevet wiedergegeben.
Man könnte jenes durch ein gothisches Auhsu- oder Auh-
sinahaubith übersetzen, dieses durch ein sehr passendes
Reikjishaubith, das dem englischen cap Landsend sachlich
gleichstände und etwa die spitze jenes oben gemuthmafsten
Haljareiki bezeichnete. Das grundwort aber, haupt, ist
wieder in den mundarten jener gegend, so viel ich weifs,
ganz unbekannt, während die form -höft dem altnordischen
höfuO besonders nahe kommt. Es wäre dafür zu sammeln,
in welchen gegenden sich sonst das wort als ausgang von
24*
372 Förstemann
vorgebirgenamen findet; im scandinavischen gebiete endet
die melirzahl von diesen auf -nes, doch finde ich z. b.
ein Ingolfs UöfO'i sogar auf Island.
Die beiden grofsen halbin^ehi Preufsens werden Neh-
rungen genannt. Dies wort, welches man früher fälschUch
als uiederung deutete, lautet urkundlich Neria, Nergia,
Nerga. Will man es aus dem deutschen erklären, so bietet
sich zunächst ags. nearu, alts. naru angustus und damit
der passende sinn von landenge dar. Im altnordischen
weifs ich das wort noch nicht nachzuweisen, doch heilst
wenigstens eine norwegische insel altn. Nörva, jetzt Nörvöe,
Nörve. Ich weifs nicht, ob nicht der name Norwegens
selbst, altn. Noregr (bei Plinius Nerigon) damit wesentlich
identisch ist und das schmale kflstenland bezeichnet; weg
via möchte ich darin nicht mit solcher bestimmtheit su-
chen wie GDS^r)2l.
Bei solchen anklängen wird man begierig auf alte
deutsche flufsnamen in diesen gebieten. Die Vistula (wer
hat wohl das falsch verliochdeutscEite Weichsel zuerst auf-
gebracht?) und der Ilfiiig sind schon erwähnt. Ueber die
Nogat vergl. neue preui's. provinzialblätter 1854 (andere
folge bd. VI) s. 411 ff.; die deutschheit des wortes (goth.
niujagatvö?) niag sehr zweifelhaft sein, aber der dort aus-
gesprochenen deutung aus dem lettisch -slavischen vermag
ich nicht beizupflichten.
Ein anderer flufs desselben gebiets ist die Kladau,
die in die Mottlau und mit dieser bei Danzig in die Weich-
sel flieist; ich finde sie zuerst sec. 14 als Clodava genannt,
was doch sehr an die mit ahd. hlütar purus beginnenden
zahlreichen flufsnamen erinnert. Der schon bei Plinius
vorkommende Guttalus wird durch den Pregel gedeutet;
er enthält so genau wie möglich die wurzel von goth. giuta
giefse, das mit praesensablaut z. b. ahd. giozo (fretum, ri-
vulus), mit wurzelvocal den flufisnamen Wisgoz (bei Lorsch)
bildet. Den Guttalus an den Gothennamen anzukufipfen,
wie es Pierson s. 16 thut und ich es frfiher selbst gethan
habe, scheint mir jetzt weniger rathsau]. Wer den namen
altnordisch und litauisch. 373
der Passarge, des gröfsten flusses zwischen Weichsel und
Pregel deuten könnte, erwürbe sich verdienst.
unter den landschaften des alten Preufsens habe ich
schon oben Barten und Sassen wegen ihres deutschen klan-
ges erwähnt. Weit bedeutender waren die von den rit-
tern in Ostpreufsen vorgefundenen länder Nadrauen und
Sudauen (Nadrovia, Sudovia; JSovÖrivoi oder ^ovdivoi
bei Ptol.). Die läge stimmt nicht übel zu einer herleitung
aus deutschem Nord und Süd; ob auch die sprachliche
form, da's ist bei solchen lange Jahrhunderte durch in
preufsisch- litauischem munde gebräuchlichen und wahr-
scheinlich auch mit undeutschem sufSxe versehenen namen
kaum mehr zu entscheiden.
Zvnschen Weichsel und Nogat wird eine insula Zan-
tir Marienburg gegenüber schon im 13. Jahrhundert oft
erwähnt. Man kommt dabei wie von selbst auf das altn.
sandr sand, ufer; dafs ich die entstehung des nominativen
-r aus altem -s in sehr frühe zeiten setze, weifs man aus
zeitschr. XVIII , 174; das z wird wie im litauischen ein
weiches s bedeuten sollen, wie für Sudauen und Samland
auch die Schreibungen Zudua und Zambia vorkommen.
Ferner wird der blick zu richten sein auf deutsch
klingende namen bewohnter orte, die bereits in den ersten
Zeiten nach ankunft der ritter erwähnt werden, ohne dafs
einer gründung durch Deutsche meidung gethan wird. Da
ist mir vor allem stets merkwürdig gewesen jenes von den
Deutschen an der Nogat schon vorgefundene Alyem, an
dessen stelle später die stolze Marienburg sich erhob.
Klingt das nicht ganz nach einem gothischen ^Aljahaims,
das die wohnung auf der andern seite des flusses etwa
ebenso bezeichnet haben mag wie Alisatia Elsafs? Das
altnordische kennt wenigstens in seinem ella (alias) das
erste wort der composition. Ich erwähne femer Capo-
stete, dann das schon a. 1249 begegnende Brusebergue
in Ermland (vielleicht, doch nicht sicher, das spätere Brauns-
berg), endlich das später Wohnsdorf genannte Unsatra-
pis, in welchem der letzte theil der composition die ge-
wöhnliche lituslavische metathesis aufzuweisen scheint, der
374 Föntemann
erste die altnordische aphaerese des v. Vergl. Ober die
letztgenannten drei örter Toppen, historisch -comparätive
geographie von Preiifsen (18ö8) s. 17 und 23.
Sollte nicht Romowe, der mittelpunkt des preufei-
schen gottesdionstes , dessen name aus den lettischen
sprachen durchaus noch nicht genügend gedeutet ist, be-
reits ein heiligthum der Germanen gewesen sein? Wer
wagt eine deutung? Sollen wir die altnordischen Raumar
und die norwegische landschaft Raumarlki (Raumariciae
Jörn. 3) herbeiziehn, die an das schwedische Vermeland
austöfst, während das preufsische Romowe dem Ermlande
(Varmia) jodenfalls nicht fern lag? Ueber die ähnlichkeit
zwischen diesem heiligthum e und dem scandinavischen zu
Ubsola, wie es Adam von Bremen beschreibt, vgl. Pierson
s. 94. Wer diese forschnngen weiterführen will, wird in
der Schrift dieses gelehrten eine reiche Fundgrube fruchte
barer einzeluheiten finden.
Wir haben im anfange dieser abhandlung zu zeigen
versucht, dafs die sprachlichen beziehungen eine solche
Gothenwanderung aus Preufsen nach Scandinavien anzu-
nehmen zwingen und sind jetzt dahin gekommen den spu-
ren von mitgenommenem und von zurückgelassenem sprach-
eigenthum nachzugehn. Fand diese Wanderung, welche
wesentlich zu einer ansiedlung südlich vom Mälarsee füh-
ren mufste, im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrech-
nung statt, wie wir oben angenommen haben, so mufste
dadurch naturgemäfs ein südwärts gerichteter druck auf
die frühere germanische ein Wanderung in Schonen u. s. w.
ausgeübt werden und ein stofs nach Süden sich über die
inseln hin den bewohnern der cimbrischen halbinsel mit-
theilen. In meinen deutschen Ortsnamen (1863) habe ich
s. 270 ff. nachzuweisen versucht, wie aus Holstein südlich
eine reihe von ortsnamenhildungen fast strahlenförmig her-
vorschiefst, als wären es ablagerungen mächtig dahin brau-
sender Völkerströme. Sind die keltischen Belgier damals
westwärts über den Rhein gedrängt, von welchem über^ '
gange sie noch dem Caesar berichten? Haben wir die er-
eignisse, welche die Römer den Cimbernkrieg nennen, als
altnordisch und litauisch. 375
das endliche verrinnen dieser ströme anzusebn? Oder ist
die Verbreitung jener ortsnamenbildungen erst das resultat
der zweiten unten zu erwähnenden Südwanderung?
Hatte sich die deutsche bevölkerung schon seit Jahr-
hunderten vom Weichselthaie aus nach osten und westen
mächtig ausgebreitet, als dieses breite aber wenig tiefe alte
Ostseedeutschland durch den andrang lettischer stamme
zerrissen wurde, so mufste der rechte und kleinere germa-
nische flügel etwa zwischen dem rigaischen und finnischen
meerbusen gleichfalls bald nur die wähl zwischen Unter-
jochung und auswanderung haben. Es liegt aufserhalb
meiner gegenwärtigen aufgäbe sowohl als meiner jetzigen
kenntnisse, die sprachliehen spuren germanischer herrschaft
auch in diesen ländern zu verfolgen. Doch mag ich nicht
unerwähnt lassen, dafs der einzige mächtige ström jener
gegenden, die Du na, doch auffallend an das altn. pyn
amnis erinnert, ebenso wie die Waldaihöhe an ein ahd.
waldahi, ferner dafs die von alters her bekannte insel Osi-
lia (Oesel) vor dem rigaischen meerbusen in nordischen
quellen Eysysla (glerchsam inselgau) genannt wird (s. Svein-
björn Egilsson lexicon poeticum), als wäre es ein allbe-
kanntes altnordisches wort; sollte das blofse Volksetymo-
logie sein?
Auch der cultus dieser Völker wird schon ein anderer
geworden sein als es der der Gothen gewesen war. Statt
des Wodan und der Asalehre, oder neben ihnen scheinen
sie die Vanen, namentlich den Njörör, Freyr und die Freyja
mit nach Scandinavien gebracht zu haben, bei denen viel-
leicht einst slavischer oder finnischer einflufs wird aufge-
spürt werden. Auf Oesel wurde nach Heinrich dem Let-
ten (scr. rer. Livon. s. 252, 308) eine gottheit Tarapitha
von den Esthen verehrt, welche dieselbe leicht von frühe-
ren Germanen können angenommen haben. Tarapitha sieht
aus, als wäre es zu unserm darf egeo gehörig, welchem
Grimm GDS^ 626 nicht ohne grund zunächst den sinn des
opferns beilegen möchte.
Die auswanderung aber aus diesen nördlichen gegen-
den nach Scandinavien, die mir die dritte, andern die
376 Forstemann
zweite oder erste ist, hat noch uiemand bezweifelt. Wir
müssen sie die schwedische iieniieD, gegenüber der däni-
schen und gothischeu, und auf sie hier noch mit einigen
Worten eingehn, da sie zu dem bisher besprocheneo ge-
genstände eine noth wendige ergäuzung bildet.
Der druck fremder Völker hat bei dieser auswande-
rung als abstofsendes moment gewirkt, die nachricht von
drüben in Scandinavien angesessenen stammverwandten, so
wie von dem (wie die isothermen lehren) dort herrschen-
den milderen klima hat ihre anzieh ungskrafb nicht ver-
leugnet. Auch dieser völkerzug nahm grofse erinnerungen
mit an eine einst verlorene südöstliche heimath; die Svipioff
hin mikia, welche die Ynglingasaga bis zum Don hin aus-
dehnt, ist eine schwache Überlieferung aus solchen erinne-
rungen. Die theilnehmer dieses zuges heifsen in den alt-
nordischen quellen Sviar, in den ags. schwach Sveon, bei
Jörn. c. 3 Suehans (das ich der lesart Suethans vorziehen
möchte). Als ländername scheint sich hieraus (in deut-
schem munde) mit der in altsächsischen namen gewöhn-
lichen endung -thi (namenbuch II, 1366) ein Suethi gebil-
det zu haben, wovon dann weiter sich das heutige Schwe-
den ableitete. Wenn Jörn, daneben auch als volksname
Suethidi anführt, so sieht das wie eine doppelte anhänguug
jenes altsächsischen Suffixes aus (dieselbe endung findet
sich auch in dem scandinavischen volksnamen Liothida bei
Jörn. 3). Grimm GDS^ 517 hält dagegen den dental von
Suethans u. s. w. für ursprünglich und nimmt in Suiones,
Sviar ausfall an, worin ich ihm nicht beistimmen kann.
Um den MäJarsee liegt (s. das unten erwähnte werk von
Hildebrand s. 39) das eigentliche Svealand; von dort aus
werden zuerst die namen Södermanland und Westmanland
gegeben worden sein; liegt in dem ersteren zugleich eine
erinnerung an die einwanderung des gothischen Stammes
aus Süden?
Nach meiner auffassung erscheint der Schwedenzug
gewissermafsen als eine consequenz des Gothenzuges und
es wird deshalb ein nicht allzulanger Zeitraum zwischen
beiden anzunehmen sein. Schon Tac. Germ. c. 43 sieht
altnordisch and litauisch. 377
die SuioDum civitates als die wesentlichsten Scandinaviens
an; sie müssen schon damals wo nicht die herrschaft, doch
wenigstens das übergewicht über die südlicheren Germanen
der halbinsel erlangt haben; ihre einwanderung wird des-
halb um den beginn unserer Zeitrechnung zu setzen sein.
Wir dürfen vermuthen, dafs die abgelegenen Dalekarlier
am reinsten und unvermischtesten den typus der alten
Sviar bewahrt haben. Ihre eigenthümlichkeiten sind so
grofs, dafs könig Oskar von Schweden einmal mündlich
die ansieht verfocht, sie seien keltischen Stammes; der, an
den diese worte gerichtet waren, ein anderer hochgebil-
deter könig, bestritt freilich sofort, und mit vollem rechte,
diese ansieht.
Während wir von kämpfen zwischen scandinavischen
Gothen und Dänen des hohen alterthums wegen nichts
mehr erfahren, klingen die zwischen den Sviar und Gautar
noch deutlich nach, vor allem in den liedern des Beovulf.
Hier sehen wir den gothischen und den dänischen stamm
(der letztere wird grofsentheils schon auf den inseln, zum
geringeren theile in Schonen sitzend gedacht werden müs-
sen) in friede und bündnifs gegen den nordischen eindring-
ling. Ja der name der Halfdanen scheint sogar auf eine
mischung beider stamme deutlich hinzuweisen (vergl. Ger-
mania IV, 410). Hygelac wird im Beovulf ein Geate, in
den fränkischen quellen rex Danorum genannt.
Nach einem, wie es scheint, auf unserem erdtheile
herrschenden gesetze, wonach den nördlicheren Völkern der
kampfpreis zufällt, sie müfsten denn ganz verkümmert oder
zu schwach an zahl sein, war aber schliefslich (Hildebrand
8. 81 meint um das jähr 500) den Schweden der sieg über
die Gothen beschieden. Suecia, quae olim Gothia est dicta
klingt es noch sec. 15 nach (nordalbingische Studien 1, 187).
Der sieg war aber ein äiifseror der gewalt, verbunden wie
gewöhnlich mit innerer besiegung; die Vanengötter wur-
den nach langem kämpfe unter die Äsen aufgenommen;
die landschaft üppland und Upsala ist nach Hildebrand
s. 145 in den Ortsnamen besonders voll von erinnerungen
an die Vanen.
378 Föntemann
Wie schon einst die gothische einwanderoDg, so muTs
jetzt die schwedische ein langsames und wohl erst spät
zum Stillstande kommendes sfidwärtsrücken scandinavischer
und damit auch niederdeutscher stamme zur folge gehabt ha-
ben, wodurch das scandinavische dement bis nach Schleswig
vordrang und der anschein entstand, als sei Scandinavien
wirklich jene vagina gentium; in der that gebührt ihm
dieser name, aber nur in bezug auf die röckwanderung,
nicht auf die alte einwanderung. Befördert aber ist diese
rückwanderung wesentlich durch die westzöge der Angeln
und Sachsen im vierten und fünften Jahrhundert; erst da-
mals scheinen die Heruler, wie Jörn. c. 3 erzählt, durch
die Dänen aus ihren inselreichen verdrängt, erst damals
Jütland nach der eroberung durch Rolf Krake völlig scan-
dinavisirt zu sein; erst damals scheint der Sachsenname
sich südwärts über die Elbe verbreitet zu haben.
Ist aber Scandinavien wirklich im wesentlichen auf
drei wegen und zwar zu ganz verschiedenen zeiten durch
Germanen bevölkert worden, so wird man in der ursprüng-
lichen nordischen spräche, ich meine die mutter unseres
erhaltenen altnordischen, eine mischung dreier mundarten
annehmen müssen, und es fragt sich, ob es gelingen wird,
hierin noch eine chemische Zerlegung vorzunehmen. Dafs
namentlich der Sprachschatz eine grofse ähnlicbkeit mit
dem Angelsächsischen und damit spuren der ältesten dä-
nischen einwanderung aufweist, habe ich oben angedeutet;
eine anzahl anderer punkte, in welchen mir die zweite
(gothische) schiebt nachzuklingen scheint, suchte ich oben
einzehi aufzuzählen. Als eine spur alter dialektischer Ver-
schiedenheit ist mir immer die zwiefache art erschienen,
wonach das alte n& assimilation erfahrt, nämlich bald za tf
(d. h. dOT), bald zu nn. So steht ja sannr, svinnr, kunnr,
unnr, munnr, sunnr neben saö^r, sviör, kuÖTr, uör, mntfr,
8utfr u, s. w. Die eine form aus der andern sprachlich
herleiten zu wollen, ist ja ganz unmöglich, beide müssen
aus ursprünglichem utf unmittelbar hervorgehn; ich mnfs
es andern überlassen, über diesen punkt nähere untersa-
chungen anzustellen. Auch das verhältnifs des au zu ej
altnordisch und litauisch. 379
(welches ja durchaus nicht blos umlaut ist) sowie das ne-
ben letzterem zuweilen vorkommende fast angelsächsisch
aussehende ä (Grimm gramm. I^, 480) empfehle ich zu wei-
teren Untersuchungen.
. Solche uralten dialectmischungen aufzuspüren ist aber
in diesem falle um so schwieriger, als im laufe der zeit
der nordische zweig des Germanischen eine ganz andere
dialektscheidung ausgebildet hat, zu welcher nicht histori-
sche Vorgänge, sondern ein geographisches moment, die
lange ausdehnung und die unwegsame beschaffenheit des
Kjölengebirges die hauptveranlassung gegeben hat. Hie-
durch spaltete sich das Urnordische in ein Westnordisch,
von dem wir das Altnordische und das Norwegische ken-
nen, und in ein Ostnordisch, das die gemeinsame mutter
des Schwedischen und Dänischen geworden ist und viel-
leicht sogar für die ältere Schwester des Westnordischen
zu halten sein wird.
Auf dieselben fragen nach den germanischen einwan-
derungen in Scandinavien kommt auch Grimm in seiner
gesch. d. d. spräche. Namentlich s. 506 der zweiten aus-
gäbe spricht er seine ansichten darüber aus; sie unter-
scheiden sich von den meinigen wesentlich dadurch, dafs
er nur zwei haupteinwanderungen, eine dänisch -gothische
und eine schwedische meinen dreien gegenübersetzt, dafs
er eine weit frühere und südlichere Scheidung der beiden
Volksstämme (schon am schwarzen meer) annimmt (wie
auch Hildebrand s. 88) und dafs er den schwedischen volks-
zug vielleicht schon vor dem andern nach Scandinavien
gelangen läfst.
Ganz anders gestaltet sich eine hypothese, die we-
sentlich darauf auszugehn scheint, die oben erwähnte Schei-
dung zwischen Ostnordisch und Westnordisch zu erklä-
ren. Sie rührt von Munch her und wird von meinem
freunde Möbius (die nordische philologie im scandinavi-
schen norden 1864, s. 29) mitgetheilt. Danach hätten sich
die Nordgermanen in den steppen des nordwestlichen Rufs-
lands getrennt, die einen seien über die finnische (?) bucht
nach dem schwedischen tieflande gezogen, hätten sich um
380 Furatemann, altnordisch und litauisch.
die iifer des Mälarsees niedergelassen und sich von hier
nord-, west- und südwärts weiter verbreitet. Die andern
seien, sei es zur see auf dem eismeer oder zu lande durch
Lappniiirken , in die norwer^ische landschaft Hälogaland
hoch oben im norden eingezogen und hätten hier von den
utcrn der Drontheimer bucht aus südwärts das übrige Nor-
wegen bevölkert. Beide nordgermanischen Völker seien in
ihren neuen Wohnsitzen lange zeit durch die undurchdring-
lichen waldstrecken auseinander gehalten worden.
Ich überlasse es meinen lesern, sowohl in bezug auf
geschichtliche als auf sprachliche thatsachen diese ansieb-
ten gegen die meinige abzuwägen.
Am gründlichsten ist auf die hier einschlagenden fra-
gen eingegangen der schon mehrfach erwähnte Hildebrand
in seinem werke Sveuska folket under hednatiden Stock-
holm 1866. 8. Da er die schwedische dialektforschung
für noch nicht reif genug hält, um sichere Schlüsse darauf
zu bauen und diese letzteren hauptsächlich auf die in Scan-
dinavien gefundenen alterthümer gründet, so ist hier nicht
der ort, näher auf seine höchst belehrenden erörterungen
einzugehn. Nur so viel sei erwähnt, dafs er wie Grimm
zwischen einer dänischen und gothischen einwanderung
nicht genauer scheidet, obwohl ihm die s. 28 f. besprochene
grofso äbnlichkeit zwischen den scandinavischen und eng-
lischen alterthümern (besonders denen von Ostangelo, we-
niger denen von Wessex) schon diesen weg hätte weisen
können. Dagegen ist seine schritt voll von schönen forschun-
gen über das verhältnils der Gautar zu denSviar, die auch er
freilich wie Grimm schon an der Wolga auseinandergehn
läfst. Aber darin stimme ich ganz zu ihm und zu sei-
nem Vorgänger Geijer, dafs uns die Gautar die frühere,
die Sviar die spätere bevölkerung sind (vgl. z. b. seile 44
über das verhältnifs der broncesachen, die von beiden stam-
men herrühren, sowie s. 15 über die auf der insel Goth-
land gefundenen Schmucksachen); auch ihm sind die Gau-
tar wesentlich von Süden, die Sviar wesentlich von norden
über Scandinavien verbreitet (s. 114). Gegen Munchs an-
sieht s})richt er sich z. b. s. 68 aus, namentlich will er
Schmidt, ein ttbersehenes comparativsnffix. 381
6. 121 nicht die Alandsinseln als brücke der schwediecfaen
einwanderuDg gelten lassen. Interessant ist auch seine an-
sieht 8. 71, dafs sich in einigen runeninschriften noch spu-
ren der gothischen bevölkern ng und spräche finden lassen.
Dresden, april 1870. E. Förstemann.
Ein übersehenes comparativsuffix.
Es ist eine bekannte thatsache, dafs in den indoger-
manischen sprachen als gradatioussuffixe nebeneinander lie-
gen für den comparativ ra und ta-ra, für den Superlativ
oia und ta-ina, ta und ta-ta, seltener ma-ta und
naa-ma (s. Schleicher comp. §. 233f.). Diese erscheinung
ist im wesen der Steigerungsformen begründet. Da wir
nirgends eine eigenschaft an sich wahrnehmen können, sie
uns vielmehr immer nur an einer bestimmten einzelsub-
stanz entgegentritt, so ist ein mefsen und steigern der
eigenschaft nur dadurch möglich, dafs wir diese jeweilig
vorliegende einzelsubstanz mit anderen trägern der gleichen
eigenschaft in beziehung setzen. Durch den comparativ
resp. Superlativ wird unter zweien resp. mehreren, welche
eine gleiche eigenschaft besitzen, derjenige hervorgehoben,
welchem sie in besonders hohem grade zukommt: der
gröfste, resp. gröfsere ist unter einer gegebenen anzahl der
hervorragende träger der eigenschaft „grofs", er ist der
grofse xar ^^oxrjv. Der ganze nachdruck fällt also auf
den suffigierten pronominalstamm, welcher den träger der
durch die wurzel bezeichneten eigenschaft bedeutet. Ge-
nügten nun, um diesen letzteren vor anderen hervorzuhe-
ben, die Suffixe -ra, -ta, -ma, so lag es doch (ursprüng-
lich vielleicht nur, wenn der abstand desselben von den
mit ihm verglichenen sehr bedeutend war) nahe, das pro-
nominalelement emphatisch zu verdoppeln, was aufser im
altirischen nur durch hinzufügung von ta zu den einfachen
elementen ta, ma, ra geschieht, und so entstanden die
obigen aus zwei pronominalstämmen zusammengesetzten
Suffixe; vgl. z. b. skr. apa-ma der letzte mit got. af*1
382 Schmidt
-man-, osk. ma-imo- mit lat. mac-si-mo-. Dafs ta io
ta-iua-, ta-ta, ta-ra ursprfinglich diese bedeutung ge-
habt bat, scheint mir das gotische zu bestätigen, welches
alle mit iirspr. jans gebildeten comparative, sowie die al-
ten Superlative fruma, auhuma, aftuma, innuma,
iftumn, hleiduma zu n-stämmeu erweitert hat und nur
in dieser erweiterung kennt. Diese erweiterung der ad-
jectivstämme hat aber syntaktisch dieselbe function wie im
slawisch-litauischen die hinzufügung des demonstrativ-pro-
nomens urspr. ja, bewirkt also in anderer weise dasselbe,
was eine frühere zeit mit hinzufügung des demonstrativen
ta leistete.
Ist nun das bisher noch nicht erwähnte comparativ-
sufBx jans von dieser Verstärkung durch vorgesetztes ta
ausgeschlossen gewesen? Ich glaube sie in einigen lateini-
schen und griechischen bildungen zu bemerken, welche das
Suffix 'TLOV'^ lat. -tius = ta+jans haben. Zunächst
ß^X-T-icDv^ dessen r mir durch die bisherigen erklärungs-
versuche nicht aufgehellt zu sein scheint. Tobler betrach-
tet (zeitschr. IX, 262) dasselbe als erweiterung des m ßkX-
'Veuo^ rein vorliegenden Stammes. Man vermisst analoga.
Corssen und Benfey (zeitschr. III, 286; VII, 116) gehen
von ßelTO' aus, welches B. als altes particip von ß^k =
skr. var erklärt. Allerdings wird vrtam Naigh. II, 10
als dhananäma erklärt, und ihm könnte ein griech. *ßeXto-
entsprechen. Allein ßtX-reQog^ ßiX-Tatog lafsen sich nicht
aus diesem ßskTw herleiten, und man wird nach einer er-
klärung suchen müfsen, welche alle diese drei formen aus
einem positivstamme herleitet. ßiXxBQoq^ ßskratog weisen
aber auf ßeXo' wie (piXTe(jüg^ cfikTaTog auf (fiXo"^ cpadvTa-'
Tog r, 93, assimiliert aus *(paevTaTog^ auf (paswo-. Und
dies ßelo' ist identisch mit skr. vara, got. vaila. Legen
wir den so legitimierten stamm ße?yO' för ßsl-^ricDV zu
gründe, so ergibt sich das fragliche suffix, welches eine
stütze durch zwei oft besprochene lateinische comparative
erhält.
Es findet sich nämlich erstens in sec-tius (Gell.
XVIII, 9,4. Plaut. Men. V, 7, 57 und von Ritschi aus
ein ttbersehenes comparatiysufifix. 383
dem secutus der handschrift hergestellt Trin. 130) neben
setius, sequius, secus. Fleckeisen (rhein. mus. VIII,
221 fi.) und neuerdings Götze in Curtius' Studien zur griech.
undlat. gramm. I, 2, 176f. hat zur vermittelüng dieser for-
men ein von secus abgeleitetes adv. *secitus angenom-
men, dessen comparativ in sec(i)tius setius vorläge.
Allein secus ist selbst schon ein comparativ, welcher des
i vor US verlustig ist wie minus, primores für *pri-
miores, mittels des sufBxes -itus hätte also nur *8ecor-
-itus, nicht aber *sec-itus daraus hervorgehen können,
und für die möglichkeit, dafs in *sec-itus das suff. -itus
an die nackte wurzel angetreten wäre, fehlt es, wie Cors-
sen bemerkt, an beispielen. Ueberdies wäre ein solches
adverbium nicht gradationsfUhig gewesen*). Schweizers
herleitung des sectius, setius aus sequentius (zeitschr.
VIII, 303) setzt allzu starke Verkürzung voraus. Corssen
(krit. beitr. 5ff., krit. nachtr. 47f.) verbindet sectius, se-
tius mit segnis, indem er drei stellen citiert, an welchen
setius mit „langsamer" übersetzt werden kann. Gegen
diese etymologie spricht aber auf das entschiedenste die
ganz gleiche bedeutung von setius und secus, haud
setius und haud secus, wofür reichliche belegstellen in
jedem wörterbuche zu finden sind, sectius, setius ent-
hält also ein comparativsuffix -tius= ta-i-ja(n)s, wäh-
rend sec-us**) mittels des einfachen ja(n)s gebildet ist.
Die identificierung von secius mit ^'(T(y(öi/ (Döderlein, To-
bler, L. Meyer, H. Weber) ion. 'iööoav wird richtig, wenn
wir statt dieser nicht zu recht existierenden Schreibung
*) Dem von Götze a. a. o. hiergegeu angeftihrten penitius (Celsus
ed. van der Linden V, 26, 7. 28, 11) kann ich keine beweiskraft für das
altlateinische beimefsen, denn erstens findet sich an den beiden stellen die
handschriftliche Variante penitus, welche andere editoren (Targa, Darem-
berg) in den text setzen, zweitens aber ist penitus schon früh nach fal-
scher analogie als adjectivum behandelt und flectiert worden, z. b. penitis
faucibus Plaut. Asin. I, 1, 28 (mehr beispiele bei Neue lat. formenl. U,
517), so dafs CatuU ein neues adverb penite daraus bilden konnte, wel-
chem sich obiges penitius, wenn es gesichert ist, als comparativ gesellen
würde.
**) Und sequ-iu3 falls Fleckeisen recht hat das S kurz zu mefsen (vgl.
Corssen krit. beitr. 7).
384 Schmidt
von sOtius (FIo(tkeison a. a. o. und 50 artikel s. 28) sub-
stituieren: secus oder scquius, falls diese mefsung die
richtige sein sollte. Corsscn zeitschr. HI, 266 und Cur-
tius griech. et. ^ 404 verbinden secus mit sequi, woftr
die praepositionale Verwendung des secus = secundum
spricht. Sollten hier zwei ursprünglich verschiedene wur-
zehi einerlei gestalt angenommen haben, wie z. b. in -Cel-
le re zwei wurzeln ganz verschiedener bedeutung stecken,
die als verba iui litauischen deutlich geschieden sind: lat.
per-cello gehört zu lit. kül-ti schlagen, dreschen, kal-ti
schmieden, dagegen ex-cello, cel-sus zu lit, kel-ti er-
heben; man vergleiche auch das zusammenfallen von urspr.
da und dha im lateinischen, vagh und sagh (skr. vah,
sah) ini griechischen. Doch dies ist für unseren zweck
gleichgiltig, da durch die gleichbedeutenden formen sec-
tius, setius, secus die Suffixverbindung taH-ja(n)8
zur bihhing des comparativs gesichert ist.
Zweitens glaube ich das in rede stehende comparativ-
suffix in diu-tius zu sehen. Was zunächst diu anlangt,
so hat Corssen (ausspr. I^ 235 anm.) gesucht, es als ne-
benform von dius zu erweisen, indem er sich auf die prae-
nestinis(;hen formen maio, mino für maios, minos
stützt. Nun hat aber Kitschi (Neue plautinische excurse
s. i'o) in Poen. V, 4, 29 aus der Schreibung DIVID des
Ambrosianus in überzeugender weise diud hergestellt,
durch dessen d jeglicher zwcifel an der ablativischen na-
tur von diu gehoben wird. Doch auch abgesehen hiervon
läi'st sie h die annähme, diu sei aus dius entstanden, nicht
halten. Corssen leitet nämlich von feinem diu(8) weiter
ein adjectivum diu-to-, welches in diu-t-ius und diu-
-t-ur-nus zu gründe liege. Wäre nun wirklich diu ver-
stümmeltes dius, so müsste das s vor t bewahrt geblie-
ben sein, denn trotz maio, mino ist es in majestas^
majusculus, raagister, minusculus, minister nicht
verloren gegangen. Diu, diüd ist also ablativ. Um nun
zu diutius zu gelangen, müfsen wir eine annähme, welche
vielleicht auftauchen könnte, von vornherein abschneiden,
nämlich die, dafs das t von diutius das alte ablativische
ein übersehenes comparativsuffix. 385
t sei, denn keine, der italiscIieD spraehen zeigt dies mehr
als tenuis*). Vielmehr würde, wenn das comparativsuffix
direct an den ablativ getreten wäre, *diud-ius entstan-
den sein, wie aus prod prod-ius(Varro bei Non. p.47, 13
Merc). Da nun neben diu der neutrale aceusativ dius
gebräuchlich blieb und den alten s- stamm im sprachbe-
wusstsein erhielt, so mussten weitere ableitungen eben aus
diesem s-stamme hervorgehen, wie wir es in diur-nu-s,
dius-cule (Augustin) thatsächlich wahrnehmen. Hätte
also ein adjectivum mittels des Suffixes -to- abgeleitet wer-
den sollen, so wäre *dius-to- entstanden wie onus-to-,
fa(v)us-to-, robus-to-, augus-to- u. a., mittels des
Suffixes -tino- *dius-tino- wie cras-tino-, pris-tino-,
mittels -turno' *dius-turno- wie hes-terno-. Die
statt dessen erscheinenden diutius, diutinus, diutur-
nus können kein s vor dem anlautenden t der suffixc ein-
gebüfst haben, da ein derartiger Schwund von inlautendem
s vor t beispiellos ist, sind vielmehr aus dem ablativ diu
entsprungen: diutinus aus diu wie primö-tinus, serö-
-tinus aus den ablat. primö, serö. Als beispiele der
gradation von ablativen nenne ich das schon erwähnte
prodius und supremus, postremus, extremus, falls
sie mit Corssen (zeitschr. III, 244) als suprä, *posträ,
extra -i- -imu-s zu erklären sind, diu-tius verhält sich
zu dem in diu-tur-nu-s steckenden diu-tero- wie /^«A-
-r/cöv zu ßiX-Te^o-g; da wir so in *diu-tero- eine
durch gradation unmittelbar aus diu hervorgegangene form
haben, so ist kein grund für diutius erst die vermitte-
lung eines adjectivs *diu-to- zu suchen, welches alles
thatsächlichen anhaltes entbehrt, da das erst späte diu-
tule (Gell. V, 10, 7. XI, 16, 6. Macrob. Sat. VII, 11, 3, 18
Eyssenh.) sein diu-to- aus den misverstandenen diu-
tius, diuturnus, diutinus abstrahiert haben kann, jeden-
falls ftkr die existenz eines *diu-tu-s im älteren latein
nichts beweist. Johannes Schmidt.
*) Die Schreibung set tindet sich erst seit dem achten Jahrhundert d.
St., früher stets sed (Ritschi Mon. epigr. tr. p. IV).
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 5. 25
38(i Kuhn
Wörterbuch zu Dr. Martin Luthers deutschen Schriften von Ph. Dietz.
Erster Uaiul. (A — F). Nebst einem ausführlichen, die Eigenheit der
Sprache Lth*8 behandelnden Vorworte und einem Yerzeichnifse der
benutzten zahlreiclicn Originaldrucke Lutherscher Schriften und Hand-
schriften. Leipzig 1870. 8. LXXXVIU und 772 es.
Rüstig gefördert liegt nun von diesem trefi liehen werke
der erste stattliche band vollendet vor, und es steht zq
erwarten, dafs er vielen nicht nur ein schätz reicher be-
lehrung, sondern auch ein ausgangspunkt weiterer for-
schungen sein werde. Dies gilt namentlich auch von der
sorgfältigen einleitung über die spräche Luther^s, in wel-
cher die arbeiten von Mönckeberg, Fronmiann, Opitz u. a.
durch zurückgehen auf die originale manche berichtigung
und ergänzung erfahren haben. Der hauptschatz gram-
matischer beobachtungen ist freilich in das Wörterbuch selbst
verarbeitet worden, und verweisen wir beispielsweise hin-
sichtlich der lautlehre auf die unter den einzelnen buch-
Stäben gegebenen Zusammenstellungen.
Hoffentlich werden die übrigen bände eben so rasch
dem ersten folgen.
E. Kuhn.
Ausfahrliche grammatik der griechischen spräche von dr. Baphael Küh-
ner. Zweite aufläge in durchaus neuer bearbeitung. Erster theiL
Erste abtheilung. Hannover 1869. gr. 8. XXII und 762 pp.
Mit vollem rechte konnte der herr Verfasser auf das
titelblatt der zweiten aufläge des seiner zeit mit recht ge-
rühmten Werkes setzen: „in durchaus neuer bearbeitung'.
Denn nicht nur ist die Seitenzahl ungefähr auf das dop-
pelte angewachsen, sondern auch die ganze anordnung
des Stoffes wie die bestimmuug des werkes ist eine an-
dere geworden. In der Überzeugung von der Unmöglich-
keit für schule imd Wissenschaft gleich tüchtiges in einem
würfe zu leisten, wie er es in der ersten aufläge ange-
strebt, hat herr K. jetzt nur den wissenschaftlichen zweck
für sein buch ins äuge gefafst. —
anzeigen. 387
Der verf. ist einer der ersten gewesen, der die resul-
täte der vergleichenden Sprachforschung för die griechi-
sche grammatik verwerthet hat. Nun sind seit dem er-
scheinen der ersten aufläge seines Werkes mehr als 30 jähre
vergangen. Wenn irgendwo, so hat in dieser zeit auf dem
gebiete der vergleichenden Sprachwissenschaft ein reges
leben geherrscht. Hier ist nicht nur eine Vermehrung des
positiven wissens durch gewinnung neuer resultate einge-
treten, sondern auch die leitenden principien der forschung
haben sich geändert, die ganze anschauungsweise, die auf-
fassung der sprachlichen erscheinungen, mit denen die
grammatik zu thun hat, ist nicht dieselbe geblieben. Hatte
der Verfasser einmal die Sprachwissenschaft berücksichtigt,
so erwuchs ihm bei der erneuten Bearbeitung seines Wer-
kes die aufgäbe auch dem heutigen Standpunkte derselben
gerecht zu werden. Dazu gehörte erstlich, dafs er zu-
setzte was neu gefunden, besserte was überholt und ver-
altet war; aber ferner galt es die alten formen, in denen
der Stoff bisher gegeben war, aufzugeben und das ganze
aus der veränderten anschauungsweise heraus neu aufzu-
bauen. Es verdient das gröfste lob und unsere höchste
anerkennung, wie der greise herr Verfasser mit rastlosem
eifer und unermüdlichem fleifse an seinem werke geschafft
hat, um den massenhaft zufliefsenden stofi' zu bewältigen
und zu verarbeiten. Aber niemanden wird wunder neh-
men, wenn trotzdem die anbequemung an das neue nicht
überall vollständig gelungen ist, wenn an so mancher stelle
die betrachtungsweise der altphilologischen grammatik in
form und erklärungen sich störend geltend macht. Wie
sonderbar nehmen sich die p. 76 aufgestellten grundformen
<^VfQ') t^X^VfSj ^tJ^S (dafür p. 342 anm. 1: yJjg) aus, ferner
Xfvai^ (p. 355) und stamme wie yovf^ doQjrl Wird es er-
laubt sein, wie resp. in §. 26. 27. 29. 34 geschieht, so ohne
jede nähere erklärung von Wechsel zwischen ai und ä, ev
und I, € und «v, v und c, y und t, v und a zu reden,
ganz abgesehen noch von den Unrichtigkeiten, die mit un-
terlaufen? Ist in (faivü) (wurzel (fav), (f&siQO) (wurzel
q)&eQ) u. s. w., wie herr K. p. 135 will, an „formations-
25*
388 Rödiger
dehniing", in avdQSKpovTfjg (p. 138) an dehnung von o zu si
zu denken? Darf in ßoQQag (p. 301 antn. 2) das doppelte q
als „zufällig" gelten? u. ä. m.
Bei dem grofsen umfang der arbeit aber und der Schwie-
rigkeit, sie vollständig zu übersehen, haben sich auch man-
cherlei ungenauigkeiten und Widersprüche eingeschlichen,
welche neben den nicht seltenen druckfehlern {r^flf-a statt
rj^ß'ia (p. 77), pätim st. patim, täd st. tad (beide p. 225),
samp-udra (p. 329) st. sam-udra, skr. i-emi (p. 569) st. ßmi,
Zeilenverwirrung auf p. 581 u. a.) beim gebrauche des bu-
ches mitunter zur vorsieht mahnen dürften. So ist p. 77
in der note 3 Curtins' ansieht über den (scheinbaren) Ober-
gang von ß \n L durchaus unrichtig wiedergegeben. Die
angeblichen stamme asm und jusm (p. 456), wie das gar
nicht vorhandene got. verbum „leikjan, videre, similem
esse" entnahm der verf. aus Max Scl^midt's schrift de
pron. graeco et lat. Leicht wäre auch zu vermeiden ge-
wesen, dafs in längeren beispielreihen dieselben Wörter zwei-
mal aufgeführt werden, wie p. 147 ararfig und aöracpi^
und p. 716 yviaarog u. s. w.
OflPener Widerspruch findet statt z. b. zwischen p. 1 46, 4
und p. 147, indem dort ve^&sv als aus heq&ev^ wz. kv^
skr. an-tar etc. durch apokope entstanden dargestellt wird,
hier dagegen von euphonischer prothesis in €ve(j&sv die
rede ist. Die dativendung saai ist §. 65, 1 neben IleloTtöv-
vijöog^ fjQox6vvi](rog eins der beispiele für die eigentlich
so zu nennende consonanten Verdoppelung, in der „sich ein
consonant einen gleichen zugesellt hat, ohne dafs dieser
Stellvertreter eines anderen ist" ; dagegen geht nach p. 290
ai> aus aöi hervor, dessen ursprüngliche form Ofi gewesen
zu sein scheint. &cifi-ßog soll auf s. 205 aus rdtf-ßog ent-
standen sein dadurch, dafs p-laut vor p-laut in ^ fiber-
ging ; dasselbe ^ aber ist nach p. 222 als stütze des ß ein-
geschoben. Tloda steht nach p. 546, 4 statt noSv^ wie
noSag statt nodvg^ beispiele dafür, dafs ausgestofsenes v
durch auxiliares a ersetzt wird; dagegen ist dasselbe p. 567
(vgl. 289, 5) durch abwerfung des v aus noSav hervorge-
gangen. Ebenso finden sich p. 577 und p. 633 anm. 2 von
auzeigen. 38i)
der entstehuDg der form {itiihjxa zwei sich widerspre-
cheode erklärungen. Welches ist hier die wahre meiuuug
des herrn Verfassers, der an keiner stelle auf die wider-
sprechende andere hingewiesen hat?
Ernsterer art dürfte folgendes sein: P. 97 steht ohne
weitere erklärung bei '^xw und ixveou(xt „wahrscheinlich
WZ. jik". Allerdings setzt Curtius grundz.^ p. 538 eine
WZ. ix neben der p. 569 aufgestellten wz. i an für ijxo),
zieht aber ixvko(,iaL zu skr. vi^. P. 670 ist rj^ai gleich-
zeitig mit den wurzeln äs und sad verglichen. Sollte hrn.
K. die blofse bedeutungsgleichheit dazu vermocht haben,
wie ähnliches wohl auch der grund ist, dafs er p. 467 ot,,
7]^ 6 aus 6, 7), t6 wie skr. jas, ja, jat aus sa, sä, tat her-
vorgehen lälst, obgleich der aus Bopp vgl. gramm. citierte
§. 382 ausdrücklich davor warnt, das griech. demonstrati-
vum 6, Yj^ t6 mit dem relativum zu identificieren ? Eine
theilung kßovleiftrdu-rjv^ i(f6()6/Li'7]Vj als. ob hierin die form
der ersten person derselben tempora des activum enthalten
wäre (p. 225), werden nur wenige noch vertheidigen. P. 640
anm. 3 (cf. 641) werden als stamme von cävvpiai und
xaivvficci angesetzt „^/P(vergl. aiQ-oo^ äQ-vv^iai)^ und
„ K/JI/J aus K/IJ^^ in welchen der Verfasser von n zu
ai annimmt. Alles dieses und was sonst derartiges vor-
kommt hätten wir gern vermieden gesehen, aber der
herr Verfasser hat, wie es scheint, stellenweise die ge-
naue Übersicht über die masse des weitverstreuten mate-
rials verloren und war wohl während des druckes nicht
immer in der läge, die richtigkeit der zahllosen einzeln-
beiten einer nochmaligen prüfung zu unterziehen. Ist dem-
nach auch nicht zu läugnen, dafs, soweit die Sprachver-
gleichung in betracht kommt, beim gebrauche des buches
vorsieht und prüfende behutsamkeit mitunter am platze
sein wird, so würden wir uns andrerseits des schwersten
Undanks gegen den würdigen verf. schuldig machen, wenn
wir die staunenswerthe reichhaltigkeit des zusammengetra-
genen materials auch nur einen äugen blick aufser acht
liefsen. Die bequeme ausnutzung der schätze wird freilich
erst das für die nächste zeit versprochene sach- und wort-
390 Leo Meyer
registcr ermöglichen und hier bietet sich vielleicht anch
gelegenfaeit dies und jenes nachträglieh zn verbessern.
Binnen Jahresfrist schon hat der rüstige herr verf. auch
den zweiten band der grammatik, die syntax enthaltend,
in aussieht gestellt. Wollte man nach dem umfange des
entsprechenden bandes der ersten aufläge urtheilen, so
wäre damit noch die gröfsere hälfte des werkes zn vollen-
den, doch wird wohl bei diesem theile die mühe eine ge-
ringere sein, da die syntax nicht eine so vollständige Um-
gestaltung erfahren hat als die formenlehre. Wir dürfen
also wohl dem rest des buches in nicht allzu langer zeit
entgegensehen.
Richard Rödiger.
Spange.
Da die Sitzungsberichte der gelehrten estnischen ge-
sellschaft zu Dorpat ohne zweifei in Deutschland nur von
wenigen gelesen werden, so darf ich eine kleine etymolo-
gische mittheilung aus ihnen, zumal mit einigen nachbes-
serungen und er Weiterungen, wohl an dieser stelle wieder-
holen.
Das estnische prees (bei Wiedemann pröz, werro-
estnisch pret's) „spange, schnalle % das in der form
brees, breese oder breeze auch in das baltische deutsch
sich eingang zu verschaffen wufste, erweist sich, da echt
estnische Wörter nur mit einfachen consonanten anlauten,
durch sein anlautendes pr deutlich als entlehntes wort.
Die quelle aber, aus der es eindrang, bietet sieh in näcln
ster nähe. Im russischen heifst „die schnalle^ prjaika,
das, da das russische j a in der regel auf altslav. ^ zu-
rückweist, im altslavischen würde pr^^ka gelautet haben.
Auch das böhmische gab in der entsprechenden wortform
den nasal ganz auf und bietet dieselbe als pfeska
(prezka) oder auch praska (prazka). Anders das
polnische, in dem imsor wort als przi^^cka oder przQCsska
misccUen. 391
oder prz^ozka oder auch als 8prZ(|Czka entgegentritt.
Die letztere form ist für die frage nach der älteren ge-
schichte des wertes besonders wichtig, da sie uns belehrt^
dafs alle im vorausgehenden genannten wortgestalten mit
anlautendem pr eines alten anlautenden Zischlauts, dessen
sich die indogermanischen sprachen, wo er zu anfang von
Wörtern neben anderen consonanten seine stelle hatte,
überhaupt öfters als eines unbequemen lautes entledig-
ten, müssen beraubt worden sein. Wie das polnische
sprz^czka, so hat auch das entsprechende lettische
sprädfe „schnalle, heftel, spange'^ jenen alten zischlaut
noch bewahrt und ebenso auch das dem estnischen nuchst-
verwandte livische, in das das wort wohl aus dem letti-
schen eindrang, in seinem sprödz oder sprädz „schnalle^.
Nach dem allen dürfen wir als zu gründe liegende älteste
slavische wortform mit bestimmtheit ein spr^zka oder
spr^zka vermuthen, das uns so auch noch belehrung
schaffi; für das dem slavischen so nah verwandte deutsche.
Unser deutsches spange gilt in dem ausgezeichneten,
leider noch nicht ganz vollendeten wörterbuche von Wei-
gand noch „dunkeln Ursprungs". Es ist aber gar nicht
daran zu zweifeln, dafs es sich ganz eng an die angeführ-
ten slavischen wortformen, in denen das ka ein besonde-
res slavisches suffix sein wird, das z aber wie fast überall
aus altem kehllaut hervorging, anschliefst. Die unbequeme
consonantenverbindung spr, die allerdings sonst im deut-
schen noch häufig auftritt, wurde in spange ebenso wie
z. b. im Worte spiefs, das im angelsächsischen noch
spreot lautet, oder wie im engl, speak neben unserem
sprechen, ihres r beraubt. Wir haben somit im deut-
schen spange neben dem estnischen prees ein beispiel
von der entwicklung ein und derselben zu gründe lie-
genden wortform zu so verschiedenen gestaltungen , dafs
nur noch ein einziger laut, hier das p, in beiden überein-
stimmend blieb, ja im estnischen des gebietes von Fellin,
wo anlautendes p neben folgendem r regelmäfsig aufgege-
ben zu werden pflegt, also jenes prees noch weiter zu
reo 8 umgebildet wurde, schwand auch noch dieses letzte
392 Spiegel
deutliche zeichen des zusammenhaDgeB jener beiden in
frage stehenden Wörter. Im slavischen, darf noch zum
schlufs bemerkt werden, steht unsere wortform etymolch
gisch gar nicht so ganz vereinzelt, sie schlierst sich un-
mittelbar an das altslavische nur noch in Verbindung mit
präfixen, zum beispiel in sü-pr^äti ^ verbinden ^, sü-
"P^^gQ 9i^^^ verbinde^ vorkommende pr^dti (in erster
person: pr^gi|), das wahrscheinlich auch in seinem einfa-
chen zustande „verbinden^ bedeutete. Ob weiterhin etwa
noch das griechische weibliche acpQäyiS' „Siegel^ sich ao-
schliefst, mag im vorübergehen nur noch gefragt sein.
Dorpat, den 6. mai (24. april) 1870.
Leo Meyer.
iiap napat nafo uabhi.
Sowohl Curtius (s. v. viifoq) als auch Grafsmann (zeitschr.
XVI, 167) haben sich gegen die zeitschr. XIII, 371 von
mir aufgestellte wurzel nap, feucht sein, erklärt, und ge-
wifs, soweit altb. napta feucht, napti feuchtigkeit, Verwandt-
schaft in betracht kommen, ist die annähme einer solchen
wurzel ebenso wenig nöthig als für das tat. Neptunus ; alle
diese Wörter erklären sich mit vollkommener leichtigkeit
aus der belegten wurzel nabh, hervorbrechen. Anders ist
dies aber bei den altbaktrischen formen uäfb verwandt
Schaft, näfja verwandt, nafaena abstammend; hier mQssen
wir eine wurzel naf annehmen, die nur aus einem ursprQng^
liehen nap entstanden sein kann, und es ist miislich diese
Wörter von napti Verwandtschaft, abzutrennen. Fragt man
nun aber, wie der begriff der feuchtigkeit und der Ver-
wandtschaft zusammen kommen, so scheint mir, dafs man
die vermittelnde idee in nüblii nabel suchen mufs, wie
dies schon Windischmann dargethan hat. Näbhi, nabel
heifst wohl ursprünglich nichts anderes als: der befeuch-
ter, auch dieses wort geht im sanskrit wie in den ver-
wandten sprachen auf die wurzel nabh zurück, aber auch
miscellen. 393
hier machen die eränischeD sprachen eine ausnähme; zwar
kennen wir die alte form des wortes nicht, da aber noch
das neupersische näf festhält, so kann sie im alt^ränisehen
kaum anders als näfi gelautet haben. — Eine ganz genaue
parallele zu dieser wurzel nap, naf giebt das schon früher
(Beitr. I, 315) von mir behandelte väp, vaf, uf. Aüchhier
steht das altb. ufjä und neup. bäfem, ich webe, dem skr.
vabh und griech. vcpaivo) gegenüber.
So wären wir also wohl jedenfalls berechtigt, wenig-
stens eränische nebenformen wie naf, vaf oder nap, vap
neben den gewohnlichen nabh, vabh anzunehmen. Indes-
sen hat schon A. Weber (Väjas. Specimen II, 97) ganz
unabhängig von den obigen erwägnngen ausgesprochen, dafs
eine nebenform nap für nabh anzunehmen und damit napät
zu verbinden sei.
Fr. Spiegel.
1) ar, arja, arja.
Die Wurzel ar bedeutet allgemein gehen (Westerg. 57),
sich erheben (Pet. wb. I, 399), sich zu etwas hin bewegen
(Curtius grundz. 318), und damit vorläufig noch so viel wie
alles. — arja hat Bopp nicht besonders angeführt, aber
die vriddhierte form (gloss. s.v.): arja (ut videtur, a r. ar, r,
vel simpl. vel cum praep, ä comp. s. ja, nisi corruptum est
ex ärkja a r. ark q. v.) venerandus, nobilis, generosus (cf.
germ. vet. öra, nostrum ehre). — Man sieht, die bildung
des Wortes zu erklären machte unserm altmeister Schwie-
rigkeit; nur die bedeutung scheint ihm festzustehen. Im
wesentlichen gleich erklären die Verfasser des petersburger
Wörterbuchs: 1. arjä 1) adj. anhänglich, treu ergeben, zu-
gethan, der beste; 2) m. herr, gebieter. 2. arja m. arjä f.
gleichbedeutend mit ärja, Arier, ein mann der berechtigten
nation, mitglied der kästen (I, 447). Die entsprechende
bedeutung ist endlich auch durch Spiegels bekannte er-
klärung in den beitragen (I, 130 f.) aus dem parallelismus
304 Lufinaun
einer stelle des Vendidad (I, 71 ) erhärtet worden. Dort
steht arathwja mit anairja zusammen, und wird letzteres
als unarisch, unrecht, ungesetzlich erklärt. Demnach heifst
airja, die assimilierte altbaktrische form ft)r skr. aija, altp.
arija (vergl. altpers. keilinschr. s.v.) eränisch, „zu ehreD,
richtig'^ — und diese bedeutung scheint sicher gestellt.
Wie wenig diese Sicherheit aber noch etymologisch
begründet, beweist der neueste band von Potts etymologi-
schen forschungen, darin unter wurzel ar auch arja zur
spräche kommt. Die bedeutung angehend scheint es dem
Verfasser „keinem zweifei unterworfen, dafs die arischen
Völker jenseit und diesseit des Indus mit dem gemein-
schaftlichen namen der Arier den religiösen sinn recht-
gläubiger verbanden" (s. 71 ). Dann würde die bedeu-
tung etwa Ol dixaioi^ justi sein, „die den rechten glauben
haben, die gläubigen, orthodoxen im gegensatz gegen un-
gläubige, ketzer, beiden u. s. w. — Doch für die etymolo-
gie des wortes (s. 73) machte schon gleich die Vorfrage
sorge, ob das ableitende suffix ja für das verbale (krit-)
oder nominale (taddhita-) suffix zu halten. Gegen aija als
part. fut. pass. spreche vielleicht schon die accentuierung,
noch mehr aber, wie Pott meint, der mangel der vriddhi,
welche die wurzeln mit finalem r, wie bhar, bhärja, erfor-
dern. — firja mit Lassen als compos. mit praef. ä im sinne
von adcundus, „der zu besuchende '^ anzunehmen, hilft ein-
mal nichts für arja, weil solche Verkürzung nicht vor-
kommt, und ohnehin ist das verhältnifs umgekehrt, und
firja mit dem pet. wörterb. als abgeleitet von arja mit suffix
a zu betrachten. Weil aber ferner für die vorausgesetzte
appellativbedeutung von arja — anhänglich, treu ergeben —
ein passiver sinn nicht zutreffe, glaubt Pott auf einen acti-
ven rathen zu müssen, als „gehend, strebend nach etwas*,
daraus mit der „richtung des strebens auf das in religiö-
ser und ethischer beziehung für recht und wahr gehal-
tene" leicht die anwendung auf rechtgläubige personen
fliefse. — Ferner wäre arja als adjectiv mit taddhitabiU
düng anzusehen, darin ja keine vriddhi erfordert. Adv.
ara-m, wird hinzugefügt, bezeichne nicht nur 1) zur band,
miscellen. 395
praesto, sondern auch 2) zu recht, recht, passend. Der
begriff „treuer ergebenheit ** und der „hingebung** an
den rechten glauben hätte sich aus dem des beiderhand-
seins wohl entwickeln können. Endlich, bemerkt Pott,
komme man freilich einfacher und ohne widerstreit zum
ziele, wenn man in der wurzel ar den begriff „sich erhe-
ben^ sucht, und davon ausgehend „damit nicht nur agsrij
(wie ßcoTi]\ sondern auch unsere deutsche ehre verbin-
det, der art, dafs arja eigentlich „verehnmgs würdig, reve-
rendus^, also wirklich passiv zu nehmen wäre, wie Spiegel
beitr. I, 130 sich die sache denkt''. Also sind wir so weit,
als wir waren. Das unsichere und schwankende der er-
klärung springt in die äugen. Und dies ist es auch, was
mich bei einer besprechung des Pottschen werkes (Heid.
jahrbb. no. 8 f.) veranlafst hat, wiederholt eine erklärung
zu versuchen. Dabei schien mir entgegen den bisherigen
versuchen die Schwierigkeit weniger in der etymologischen
erklärung als in dem nachweis der entsprechenden bedeu-
tung zu liegen, welche die wurzel ar in arja erhalten. Und
in dieser hinsieht mögen meine bemerkungen vielleicht einige
beachtung verdienen.
Das wort ärja ist nach allgemeiner Übereinstimmung
die secundäre form, wie in unzähligen andern mit vriddhi
gebildet, und bedeutet patronymisch die abköromlinge oder
angehörigen der arja, der Arier, arja aber ist wohl gewifs
nach jener „einfachen" und ursprünglichen form eines part.
fut. pass. auf j a von der wurzel ar gebildet. Denn eine
secundäre bildung, etwa mit suff. a von ari (aufstrebend,
worauf das pet. wörterb. hinweist) oder gar ari (feind) würde
immer nur ärjä mit vriddhi ergeben, der sinn aber ein ge-
zwungener sein. Nicht minder gezwungen, wenn auch
möglich — wie rathja von ratha, mükhja von mukha,
divja von div — würde die ableitung etwa von ara (schnell)
mit taddhita-suffix ja sein. Was aber den accent betrifft,
wodurch arja und arja als adjectiv und nom. pr. unter-
schieden erscheinen, so ist hieraus nach den bekannten
grammatischen angaben kaum ein einwand für die ange-
nommene bildung zu entnehmen. Der haupteinwand da-
39() Lct'mann
gegen , dals part. tut. pasd. auf j a die vriddhierung des a
vor einiacheu eonsonanten erfordert, wird schon dadurch
hinfällig, dafs es formen, wie päkja von pak, badhja von
badh, labhja von labh, auch ohne vriddhi gibt. Und was
speciell die wurzeln auf ar angeht, so kann die rege),
welche in karja, bhärjä, värja zur anwendung kommt, er-
fahrungsmäfsig wohl nur von wurzeln mit mittlerem, nicht
initialem a gelten. Wurzel ad (edere) z. b. hat der Ober-
lieferung nach (Pai'ikat. IV, v. 79) adja, ohne vriddhi. Hier-
mit und wenn man hinzunimmt, wie weit diese bildungs-
weise den begrifflich engern kreis eines part. fat. pass.
überschreitet, ist, wie mir scheint, die grammatische fomi
des Wortes wohl aufser zweifei gesetzt.
Was nun aber die bedeutung betriffi:, so liefse sich
der verwandten wortformen wegen wohl einzig und zu-
nächst auf skr. rta (ratus) verweisen, das nach dem pet.
wb. „in derselben richtung der bedeutung wie aram^ zu
einer wurzel ar gehört imd als adj. „gehörig, ordentlich,
recht; tüchtig, rechtschaflPen (rta^Ka satja9K:a Vg^as. S.
17,82), wahr, endlich geehrt (pügita)" bedeutet. Dürfen
wir die letzte bedeutung, obzwar unbelegt, als gesichert
annehmen, so liefse sich daran auch für arja fest halten.
Unser altdeutsches eran, eron und eren (honorare) ist schon
oft hier herangezogen, ebenso griech. aQ^ti) (tüchtigkeit) —
aber auch lat. virtus? Dieses soll wie vir zu skr. var ge-
hören, wozu nach Bopp, Pott, Benfey auch griech. dgiiwVy
cintaTOi}^ welche Curtius unter ar aufstellt, und dazu be-
merkt (grundz. s. 318), dafs sich bei jenen keine spur von
jr näher erkennen lasse. Ob diese nicht in dem spiritus
selbst — vergl. sv^ wozu Benfey skr. vasu zieht — lassen
wir zunächst dahin gestellt. Bekanntlich aber sind im
sanskrit eine anzahl von wurzelformen, die einen vocalisch
mit a, die andern zum einzigen unterschiede mit der Spi-
rans V beginnend und letztere dadurch, wie es scheint, in
ihrer bedeutung schärfer distingiert. So z. b. aK, auk
(undeutlich sprechen, murmeln) — vaK (sprechen), a^ (trei-
ben, agere) — vag (kräftig treiben, stark sein, vegere),
iip (skr. apas, opus, operare) — vap (säen, erzeugen, gi-
miacellen. 397
gnere Westerg. 212), ardh (gedeihen, glücklich sein) —
vardh (wachsen, werden), arä (fliefsen, giefsen, r§i) — varfi
(regnen, varsa), ap (erreichen, erlangen) — vap (exoptare,
desiderare, zu erreichen streben), as (sein, da sein) — vas
(wohnen). Ihre anzahl liefse sich vermehren, wollte man
eine vagere ähnlichkeit der bedeutung zulassen. Umge-
kehrt läfst sich auch nicht in abrede stellen, dafs lautlich
ebenso unterschiedene wurzelpaare auch selbstständig und
von einander unabhängig erscheinen. Jedenfalls aber ist
die erscheinung keine zufällige, und die Verwandtschaft der
wurzeln — wobei wir noch gar nicht an die viel verpönte
präfixtheorie denken, also etwa an präfigiertes vi - aufser
zweifei, wie von einigen auch im pet. wb. zugegeben. Für
den wandel der bedeutung aber und ihre differenzierung ist
hier und in ähnlichen erscheinungen ein gewisser anhält
gegeben.
Dürfen wir nun mit ar als ebenfalls verwandt erschei-
nend var vergleichen, so stellen sich in beiden und ebenso
in ihren gleichmäfsig verschiedenen präsensstanunformen (be-
sonders cl. IX, V, I) entsprechende begriflFsreihen heraus,"
die zwar je unter sich, wie das nicht anders möglich,
schwankend in einander übergehen. Heifst nämlich ar: ge-
hen, zu etwas streben, sich hin bewegen; auf etwas stofsen,
treflFen, (einen schleuderstein oder seine gedanken) richten;
geben, aufsetzen, auflegen, auftragen u. s. w., so heifst var:
sich etwas erwählen, wünschen, wollen; ergreifen, schützen
und schützend abwehren; bedecken, zudecken, verhüllen
u. s. w. Auf der einen seite allgemeine richtung der thä-
tigkeit, bewegung zu etwas hin, auf der andern mit rück-
sicht auf ein bestimmt ausgesuchtes objekt. Ohne dies
hier weiter auszuführen kommen wir auf arja zurück, um
dessen bedeutung nun nach dem verwandten, für unsere
spräche fafslicheren begriff von var för ar zu versuchen.
Allerdings kann nun auch arja, als part. fnt. pass. noch die
zu achtenden, ehrenden (honorandi, venerandi) bedeuten,
ebenfalls auch mit beziehung auf die religiöse anschannng
wohl die „rechtgläubigen^ ; aber hiernach wird wohl kaum
jemals ein volksname gemacht. Wohl waren früher väi^ja
3D8 Lefmann
die Qiitglicdcr der familien, der tribus (vip) im volke ge-
nanDt. Nach eroberung des landes und ausbildung der
kästen heifsen ärja überhaupt deren berechtigte mitglieder.
Denn im gegensatze zu den unterworfenen^ geringern, sind
sie, wie nun ihr name besagt, soviel als vara oder vira,
das heilst die besseren, edlen, herren des landes.
Heidelberg, märz 1870. Lefmann.
2) Dvär dvai'a dur.
Diese wortformen haben bereits viel von sich reden
gemacht. Schon dadurch, dafs sie durch alle zweige der
indogermanischen sprachen verbreitet und bis auf den heu-
tigen tag bei aller wandelung erhalten sind, mögen sie das
verdienen. Und anderes, namentlich die aspiration in griech.
&e6g gegenüber lat. deus, skr. deva-s, womit allein ein
ähnliches verhältnifs bei unserm worte zu vergleichen war,
hat ebenfalls zu öfterer bsprechung derselben anlafs ge-
geben.
In seinem Glossarium comparativum bemerkt Bopp
zu dieser wortform: fortasse e tvär, cf. törana, und hierzu:
„ab intrando dictum, r. tur s. ana, nach ihm aus tvar
verkürzt und properare bedeutend. Das ist also blofse
vermuthung. Nur gibt es zu denken, wie alles was uns
von unserm altmeister überkommen. Wiederum im letzt-
erschieneneu bände seiner etymologischen forschungen hat
Pott die form dvär unter wurzel ar zu erklären versucht
Er ist da (s. 21) bei seiner früheren erklärung stehen ge-
blieben, wonach dvär als composition aus dva (dvi)-ar so-
viel als „zweigängig, des ein- und ausgehens, wenn nicht
der getheiltheit wegen" bedeutet. Es wird dabei des zwei-
köpfigen thürgottes gedacht. Dagegen glaubt Curtios
(grundz. 3. aufl. s. 242 f.): „griechisch, lateinisch, deutsch
weisen auf anlautendes dh, slawisch-litauisch widersprechen
nicht". Er schliefst daraus „auf die urform dhur, dhvar
und ausfall des hauches im sanskrit", mit Verweisung aof
Grafsmann (zeitschr. XII, 95), der hier einen Übergang der
miscellen. 399
weichen aspirate in die media annimmt. »Die wurzel, be-
merkt Curtius a. a. o., ist dunkel. Denn für skr. dhvar
steht noch die bedeutung beugen, zu fall bringen fest.
Die von mir und andern früher vorausgesetzte krümmen,
sich drehen, müfste aus hvar curvum esse, curvare, dessen
h aus dh entstanden sein kann, erst erschlossen werden^.
Diesen beiden einander widersprechenden vermuthungen
glaubte ich eine neue hinzufügen zu dürfen, indem ich
(Heidelb. Jahrb. 1870 no. 9 s. 133 f.) mit rücksicht auf ein
ähnliches verhältnifs zwischen hebr. dal (arm, dürftig, dünn)
und deleth (thür, vielleicht das dünne brett) auf skr. dara
(höhle, Öffnung) und dar in dem reduplioierten daridrä (arm
sein) hinwies. Wie dies gemeint und in wiefern dies als
eine art ergänzung zu dem erscheinen kann, was ich über
arja, ärja bemerkt, mag näher aus folgendem erhellen.
Wie oben hervorgehoben gibt es eine anzahl von wurzeln
mit anlautendem a, von denen sich andere lautlich nur durch
voraufgehende initiale spirans v unterscheiden, während
die bedeutung von je einem paar solcher wurzeln nahe ver-
wandt erscheint. Ebenso scheint es mir sich mit eini-
gen andern mit mittlerem a zu verhalten, als kan — kvan
(sonare), dhan — dhvan (sonare), gar (gebrechlich,
morsch werden, altern) und gvar (gebeugt, gedrückt
sein), tar (hinübergehen, ans ende gelangen) und tvar (eilen,
fortzukommen suchen), dhar (tragen, ertragen) und dhvar
(beugen, gebeugt sein, dulden), takä (behauen, schnitzen,
zu^echt machen) und tvakä (schaffen, wirken, brechen,
haut abziehen), also wurzeln namentlich mit gutturalem
oder dentalem anlaut. Auf den ersten anblick scheint die-
ses verhältnifs einige analogie mit dem bekannten vorgange
in romanischen sprachen zu haben, besonders mit ital.
homo — huomo, buono, nuovo, tuono, duomo etc.; doch
ist die Sache hier offenbar anders. Denn abgesehen da-
von, ob wir hier von diphthongierung auch nur reden dür-
fen, stehen die beiden formen auf gleicher sprachstufe ein-
ander gegenüber, mit gleicher oder vielmehr differenzierter
bedeutung. Soviel indessen scheint mir gewifs, dafs sich
400 Lcfmann, miacellen.
aus dem angeführten vcrhältnifs die fragliche woriform
zunächst und anders als dies bisher geschehen, erklären
liifst.
In derselben weise nämlich, wie tvar einem tar, tvaks
einem taks, dhvar einem dhar entspricht, mufs auch dvära,
dvOr auf dara, wiirzel dar bezogen werden. Die länge des
mittleren a würde dann wie in den formen kära von kar,
käma von kam, lublia von labh mittelst suff. a zu erklären
sein. Und ganz anders als im sinne der indischen grammati-
ker geschieht es nun, wenn wir für dvär, dvära eine wz. dvar
ansetzen, die allerdings in jenem worte steckt, übrigens aber
in der spräche nur in der form imd in der gleichen bedea-
tung von dar (df) lebt. Wurzel dar (df) bedeutet bekanntlich
findere, dirumpere (spalten, bersten, öffnen vgl. Westerg.
p. 7() und pet. wb. s. v.), daher dvära, dvär (ähnlich wie
dara) speciell die Öffnung, was ohne zwang auf den begriff
thür, thor pafst. Diese erklärung seheint mir zu einfach
und einleuchtend, als dafs das Vorhandensein einer aspi*
rate in verwandten sprachformen derselben eintrag thun
könnte. Ursprüngliches dhar für dar anzunehmen ist nicht
wohl zulässig. Im gegentheil ist und bleibt dvära neben
deva (lat. deus griech. t}eüg) und skr. duhitar gegenüber
gr. üvyccTi]o ein beweis mehr für die annähme auch jünge-
rer individueller bildung von aspiraten (dh) an stelle älterer
und einfacher media (d). Namentlich dürften die versuche,
griech. ß-eog von skr. deva^s zu trennen und anders zu er-
klären, bisher nur auf das eine, freilich in keinem fall zn
unterschätzende gute anspruch machen können, überall
zuerst ein streng gesetzmäfsiges verfahren einzuschärfen.
Heidelberg, april 1870. Lefmann.
BuggO; zur etymologischen Wortforschung. 401
Zur etymologischen Wortforschung*).
lat. antae, altn. önd.
Lat. antae fem. plur. helfet: die pfeiler vorn am ge-
bäude zu beiden selten der thQr; die alten glossarlen er-
klären es TiagaardÖBg^ Paul. exe. Festi p. 16 Müll, latera
ostiorum. Die nämliche grundform antä setzt altn.
önd fem. Vorzimmer voraus; verwandt ist oflFenbar lat.
ante, altn. and- gegen, gegenüber, unmittelbar vor. L^t.
antae, altn. önd deuten, wie mehrere andere Wörter, auf
eine den verschiedenen japbetischen Völkern gemeinsame
einrichtung des hauses zurück.
lat. ansa, isl. aes.
Lat. ansa ist dasselbe wort wie lit. asä fem. griff,
handhabe an einem geschirr, heft am degen, öhse an einem
handtuch oder an der leinewand, um sie auf der bleiche
festzustecken, eine schleife, öhr in der nadel (Ness.), lett.
ofa; verwandt ist skr. äsa in äsadhrl ein gefäfs mit hen-
keln; 8. Diefenbach got. wtb. 1,43, Fick wtb. d. indogerm.
grundsprache s. 7 f. Diefenbach nennt deutsche hieher ge-
hörende Wörter. Noch mufs hieher gezogen werden isl.
aes fem., gen. sg. aesar, nom. pl. assar loch im rande (z. b.
der schuhe) gestochen, um einen faden, ein band u. dergl.
durchzustecken; die bedeutung entspricht also dem lat.
ansa crepidae. aes setzt eine grundform ansjä voraus.
skr. rghäjati, altn. ergi.
Skr. rghäjati, rghäjate beben, vor leidenschaft
beben, rasen wird im petersb. wtb. als eine ableitung von
einem verlorenen rgha erklärt und damit werden altbaktr.
ereghant arg, böse und deutsch arg zusammengestellt.
*) Die grundzüge der griechischen etymologie von Georg Curtius sind
hier immer nach der zweiten aufläge citiert; die dritte aufläge habe ich
nicht benutzen können.
Vom „Wurzelwörterbuch der indogermanischen sprachen" von Pott habe
ich leider nur den ersten band, erste und zweite abtheilung gesehen.
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 6. 26
402 ßugge
Dazu fugt Fick noch oo/eouai und ägyi^aEV (pgivag =
ijoti'has^ Ixivt^as, Dem indischen worte liegt in der bedeu-
tung am nächsten das vom adj. argr abgeleitete altn. ergi
fem. wollüstige zügellosigkeit.
skr. ardajfimi, altn. elti.
Skr. ardajfimi, das causativum von ardati, bedeu-
tet: in unstätigkeit, in unruhe versetzen, aufregen, erschüt-
tern, später: beunruhigen, bedrängen. Diesem entspricht
völlig altn. elti (es würde in gotischer form altja lauten)
treibe hervor, treibe in die flucht: elti bedeutet auch:
rühre um (lehm), knete (den teig); diese bedeutung des
causativums ardajämi läfst sich mit der vedischeu bedeu-
tung des stamm verbums ard „in bewegung (der theile) ge-
rathen, zerstieben, sich auflösen" leicht vermitteln.
ardhva aufrecht, steil, schlimm, altn. ÖrÖTugr.
Aus der grundform ardhva sind folgende Wörter her-
vorgegangen: altbaktr. eredhva hoch, erhaben, altpers.
arda- als erstes glied einer Zusammensetzung, lat. arduus,
altir. ardd (beitrage z. vgl. sprachf. II, 15t)) vgl. gall. Ar-
duenna. Dasselbe wort ist gewifs auch, wie Pick meint,
der abweichenden bedeutung ungeachtet, lit. erdvas
ardvas l)reit, weit, geräumig. Das scheint aber bisher
nicht bemerkt worden zu sein, dafs wir im altn. örÖTugr,
örö'igr eine ableitung von demselben worte haben. öröTugr
ist die ältere form; öröTigr verhält sich dazu, wie graöTigr
zu graöugr. örö'ugr setzt eine ältere form ard u gas
voraus, und diese ist wieder aus ardvaga-s hervorge-
gangen, wie got. ajuk in ajukdup aus aivaka. ard-
vaga-s ist mittelst des Suffixes ga oder ha = lat. co
aus dem adjectivstamme ardva gebildet, wie got. juggs,
lat. juvencus aus juvan, altn. heilagr aus heill, kunn-
igr aus kunnr. Altn. örd'ugr schliefst sich in der be-
deutung dem lat. arduus besonders nahe an. öröfugr
ist, wie es Fritzner übersetzt, nach oben gerichtet, in eine
läge gehoben, die sich der aufrechten annähert, z. b. riss
hestrinn öröigr undir honum; liggr biskup nökk-
zur etymologischen wortforschimg. 403
ut örd^igr vitfr hoegindit i ssenginni; hier ist es von
arduus in Verbindungen, wie: equus sese arduus in-
fert, ardua supercilia nicht wesentlich verschieden.
In übertragener bedeutung ist öröTugr ^was einer person
oder Sache zuwider ist, sowohl von der person, der Sache,
die zu etwas unwillig ist, gegen etwas zum angriff' oder
widerstand gekehrt ist, als auch von der sacbe, wozu man
unwillig ist, die man unangenehm findet^; auf ähnliche
weise wird arduus von Sachen gesagt mit der bedeutung :
arva hurtig, rasch, ags. earu, altn. örr.
Altn. örr bedeutet „hurtig, rasch", auch „heftig, feu-
rig"; aus der bedeutung „rasch" entwickelt sich „bereit,
promptus", wo gern eine nähere bestimmung dabei steht;
speciell wird das wort von demjenigen gebraucht, der zum
geben bereit, freigebig ist, der reichlich schenkt. Das
nämliche wort ist ags. earu hurtig s. Grein Sprachschatz.
Sowohl örr, accus, örvan, superl. örvastr als auch ags.
earu setzen mit noth wendigkeit eine grundform arva
voraus. Identisch ist altbaktr. aurva „behende, schnell,
reisig, trefflich", griech. avgog == ra^vg aus dofo-g (Kuhn
in d. zeitschr. IV, 42); nahe verwandt ist altbaktr. aur-
vant schnell, als subst. pferd, skr. arvant und arvan.
Die Wurzel ist offenbar ar. Diefenbach got, wtb. I, s. 21f.
stellt mit örr Wörter zusammen, die nicht hieher gehören:
altn. oerr rasend ist ganz verschieden.
yij 'Ama, altn. ey.
Den alten namen des Peloponnes y-^ !Ania haben Pott
u. a. richtig aus skr. äp wasser, lat. aqua, got. ahva
erklärt, so dafs es „das wasserumflossene land" heifst,
wie die Slawen die halbinsel Morea, von more meer,
nannten; ebenso mufs MeaoaTitoi das volk bezeichnen, das
zwischen zwei gewässern wohnt. Ganz und gar das näm-
liche wort wie !Ama ist altn. ey, gen. eyjar, das über-
haupt einen vom wasser (zum theil oder völlig) umflosse-
nen landstrich bezeichnet, nicht nur sss deutsch, insel;
26*
404 Bngge
diesem ey entspricht ags. ig, 6g, nhd. aue, ahd. ouwa.
Im gotischen mufs das wort avi gen. aujös gelautet ha-
ben; diefs statt au ja, ahv-ja aus ahva wasser durch
das suftix ja fem. ja gebildet; in derselben weise steht
naus für nahus, mavi für magyi, siuns für saihubs,
pius für paihus, pehvas (cfr. altn. pegn). ey kommt
oft als Ortsname vor. In Skaney, ags. Scedenig, got.
Skandinavi ist das wort von einer grofsen balbinsel ge-
braucht, die ins meer hineinläuft.
avina, auna lamm.
Der Ursprung des griech. a/j^vog lamm ist von Benfey
griech. wurzellex. I, 116 und Curtius grnndzüge 521 rich-
tig erkannt: auvoi^ steht für ofvog^ ofi-vo-g von o^', skr.
avi-s; lit. uvina-s hammel ist das nämliche wort. Eine
glänzende bestätigung dieser deutung finde ich in den ger-
manischen sprachen. „lammen^ heifst gotländiscb äina,
in vielen anderen schwedischen, zumal gotischen, dialecten
öna (prät. önde), ags. eänian, engl, to ean, yean, wozu
noch neuniederländ. oonen junge werfen gehört. Diese
formen setzen noth wendig aunjan voraus; ags. eäcnian
concipere, gravidare ist ganz verschieden, aunjan ist de-
nominativum von einem substantivstamme auna lamm statt
avna (vgl. altn. kaunn stamm kauna statt kavna, 8.
unten), der mit dem lit. avina, griech, dfAvo identisch ist.
Entsprechende keltische Wörter verzeichnet Diefenbach got
wtb. I, 82; ir. üan lamm ist regelrecht aus einer grund-
form aunas entstanden.
fi ist nach Curtius' bemerkung in ccfivog aus ^, wie
in ae^irog aus ß^ unter einwirkung des nachfolgenden v
entstanden. Dieser Übergang des vn in mn ist in den
meisten norwegischen volksdialecten constant, z. h. sömn
= altn. svefn, lat. somnus. Da die lateinische spräche
bn und pn in mn ändert (Samnium, scamnnm, som-
nus), ist kein grund vorhanden ihr mn aus ursprüngli-
chem vn abzusprechen: amni-s masc, vorklass. fem. ist,
wie Pictet beitrage I, 97 zweifelnd angedeutet hat, mit
zur etymologischen Wortforschung. 405
dem ved. avani-s fem. lauf, bett eines flusses, ström iden-
tisch, also zunächst aus avnis entstanden.
ästa m., ästja n. mündung.
Man identificiert altn. öss masc. die mündung eines
flusses geradezu mit lat. ös neutr., skr. äs, altbaktr. äonh.
Dies ist aber meiner meinung nach nicht richtig: oss weicht
in der Stammform ab, denn da es im gen. sg. öss heifst, im
nom. pl. ösar, ist die Stammform 6s a; es weicht ebenso
im geschlecht ab (jetzt ist jedoch in Norwegen 6 s auch
neutr.), und es wäre zu erwarten, dafs ein dem lat. ös
entsprechendes wort im altn. s in r ändere. Lit. osta-s
masc, auch osta fem., heifst „die mündung eines flusses,
besonders eines gröfseren, ins haff oder in die see" (Ness.),
lett. osta (Bielenstein) hafen. Die nämliche bedeutung
wie lit. ostas hat altn. 6ss, das auch dasselbe wort ist.
Aus äs wurde ästa-s gebildet, was im germanischen
östa-s wurde; diefs änderte sich durch assimilation in
össa-s, wie vista in vissa, sess masc. sitz aus einer
grundform sesta-s = altbaktr. ha^ta in pa^yiSapta
vieh bürde; nach langem vocal mufste aber aus ss s wer-
den; weil s hier aus ss entstanden ist, geht es nicht in r
über, wie lat. laesus, aus laessus, laestus entstanden,
nicht zu laerus wird. Von 6s s ist durch das suffix ja
abgeleitet norweg. dial. ese neutr. Öffnung, mündung, der
oberste theil einer mühlenrinne, das eine altn. form oesi
und eine grundform ästja-m voraussetzt. Dieses ese
entspricht der form nach dem lat. ostium genau.
Die wurzelformen kan, skan; kanb, kamb, skamb;
kangh, skangh stark klingen.
Den griech. Wörtern xovaßog klang, lärm, xovaßsw
und xovaßi^w tönen, klingen, rasseln (von metallenen ge-
genständen), in welchen Wörtern das a eingeschoben ist
(Walter zeitschr. XII, 380), entspricht offenbar lit. skambü
skamb^'ti klingen, tönen (vom gelde, glocken, einer durch-
dringenden stimme u. s. w.). Die wurzel ist xov, xai/, wozu
xava^if u. s. w. s. Walter und Curtius grundzOge s. 130;
406 BQgge
sie tritt als skau im lett. skan^t klingen, skand^t klin-
gen lassen hervor. In -Aovaßoi^^ skambü ist diese wurzel
ihirch b erweitert, ebenso wie durch p in xounog^ was
Walter mit recht vergleicht, skambü zeigt, dafs Curtius
unrecht hat, ßo in xovaßog mit dem altindiscben suffix va
zu identificieren. An xava^tj, xava^ico schliefsen sieh an
schwed. dial. skanga, skonga, skunga fskangra,
skungra) dumpf dröhnen, stark wiederhallen, dänisch
skingre einen durchdringenden laut geben, schwed. dial.
skingra.
noivrj^ poena, altbaktr. kaäna.
iloivrj bufse, lat. poena bufse, strafe, ist, wie mir
scheint, das nämliche wort wie altbaktr. kagna fem. strafe
von ki büfsen, impf. 3. ps. plur. kikaen, rivo}. In bezug
auf n im anlaute des griechischen wortes vergleiche man
7T0 (in no&i u. s.w.) = skr. und altbaktr. ka; n in noivt^
verhält sich zu t in tivw wie ti in no&i zu r in vig. Ge-
gen Potts meinung (wurz.-wtb. 1 107), dafs poena ein lehn-
wort aus dem griechischen sei, sprechen entscheidend die
damit zusammengehörenden Wörter, namentlich paenitet.
poena mufs ein echtital. wort sein; aber noi.v^^ poena
als ausschliefslich „graeco-italischer begriff" verschwindet,
wenn altbakt. kaeua dazu kommt. Lat. p ist, namentlich
im anlaut, freilich nicht oft durch die mittelstufe qu, kv
aus urspröngl. k entstanden, aber es giebt doch sichere
beispiele; vgl. Corssen krit. nachtrage s. 29. Ich nenne
hier zwei lateinische Wörter, in denen man diesen lautQber-
gang bisher nicht erkannt hat, nämlich erstens
lat. pius.
Ueber die versuche, pius (osk. dat. piihioi) 1) ans
skr. prija, 2) aus griech. rjmoi;^ 3) aus skr. plj zu erklA-
ren s. Corssen krit. beitrage s. 391 f., wo er sie alle mit
recht verwirft. Der eigenen erklärung Corssens: pius
eigentlich „rein" für pov-in-s aus der wz. pü kann ich
ebenso wenig beitreten, da sie meiner meinung nach den fllr
die italischen sprachen geltenden lautregeln widerstreitet. — -
znr etymologisohen Wortforschung. 407
Erstens giebt es im oskischen kein beispiel, daf's ov in
einer Stammsilbe mit i, das dem Suffixe io gehört, zum
diphthongen oi werden kann. Freilich erklärt Corssen aus-
spräche 2.ausg. 1,372 osk. moiniko aus moviniko; dafs
aber diese erklärung unrichtig ist, wird durch das mit lat.
communis offenbar zusammengehörende got. gamains
dargethan; denn dies aus gamavins zu erklären, würde
den lautregeln der .gotischen spräche ganz zuwider sein *).
Osk. ov (uv) vor einem vocal scheint im gegentheil stets
V zu behalten. Zweitens ist der Übergang von oi zu i im
oskischen bedenklich, da er nur durch ein einziges beispiel
gestützt ist: Viinikiis= Vinicius aus vinu m = oii^og.
Drittens lautet die oskische form nicht piiho, sondern
piihio; diese oskische form scheint mir mit der erklärung
Corssens unvereinbar; denn man müfste bei ihr entweder
annehmen, dafs ovi erst zu of und dies wieder zu ifhi
geworden wäre, was ganz unbeweisbar ist, oder es mÜfste
piihio aus einer grundform pov-io-io erklärt werden,
was kaum jemand wahrscheinlich finden wird.
Auch die von Pictet (origines Indo-Eur, II, 698) geäu-
fserte vermuthung kann ich nicht annehmbar finden.
pius ist, meiner meinung nach, aus einer wurzel ent-
sprungen, die „ehren" bedeutet und sich wiederfindet in skr.
käjati „scheu haben, besorgnifs hegen vor" (mit acc),
med: „sich scheu, ehrfurchtsvoll benehmen"; apa-l-Kiketi
„rucksicht nehmen auf, respectieren ", ap aKita „geehrt,
geachtet"; griech. r/w, rifÄij^ ri/j^dw; wahrscheinlich auch
got. in fein an gerührt werden, pius steht demnach für
quius wie poena für quoena. Auf welche weise pius
ans der wurzel gebildet ist, dürfte zweifelhaft scheinen.
Man könnte geneigt sein eine ältere form qui-io-s vor-
auszusetzen, so dafs das wort aus qui, pi = skr. Ki, ge-
dehnt qui, pl durch das suffix io gebildet wäre. Da aber
der Rigveda Käjü „scheu, ehrfurcht bezeugend" hat, dür-
*) Auf die gleiche erwägung führt altir. möin in möin-d^nmidetu
„beneficentia**, wenn Stokes (Beitr. V, 114) es richtig mit lat. munus iden-
tificiert hat; vgl. altir. öin = got. ains. Anm. d. red.
408 Bugge
fen wir wohl eher eine grundf'orm käja, kv&ja anneh-
inen, die in skr. form Icäja lauten wörde; dies verhält sich
zu ünju wie altbaktr. vaja luft, lit. vö'jas wind zum
fijleichbodeutenden altbaktr. vaju, skr. väjü, wie gr. iög
zu skr. isu. kväja wurde zu lat. *peio, ebenso wie rög
= skr. rüg; *peio wurde zu *plio, wie filio aus *f€lio
entstanden ist; *plio wurde zu pio gekürzt vgl. flo : f le-
rem. Bei der hier gegebenen deutung erklärt sich leicht
die alte Schreibung piius s. Mommsen unterital. diall. 287.
Der vorausgesetzten älteren lateinischen form peio
entspricht genau osk. piihio; denn wo das latein 6 hat,
zeigt oskisch regelrecht i, z. b. ligato = l^gato, rim
= lat. rem, likitud = lat. liceto; i vor i in piihio
ist eingeschoben wie in liimit = lat. limit. h in piihio
wie im umbr. pibo, peho, volsk. piho kann mit h im
lat. aheno, umbr. ahesno und mit h im ahd. wähan
wehen verglichen werden. Da der vocal in der Stamm-
silbe, wie oben gezeigt, ursprünglich lang ist, erklärt sich
daraus die umbrische Schreibung peihaner = piandi.
Wenn also pius von einem verbum abgeleitet ist, das
dem skr. Ih'ijate, griech. r/o) entspricht, versteht es sieb
von selbst, dafs das wort von demjenigen gebraucht wird,
der göttern, altern, dem vaterlande u. s. w. gegenüber
fromme ehrfurcht fühlt und bezeugt. Namentlich schliefst
sich pius in der bedeutung dem von Ti-firj abgeleiteten
nuci(ü nahe an, das mit der bedeutung: göttern, altem
und anderen, zu denen ein pflichtverhältnifs stattfindet,
Verehrung bezeugen gebraucht wird. Wer den göttern
tiomme ehrfurcht bezeugt, wird pius genannt; davon (über-
tragen wird das adjectivum von gegenständen gebraucht,
durch welche der opfernde seine ehrfurcht gegen die göt-
ter bezeugt, also „rein^ (far pium, sal pium, sabell.
pio bie ^ pio bove Corssen). Auch wo pius als epi-
tlieton göttlicher wcsen gebraucht wird, scheint es mög-
lich es activisch zu verstehen: pius ist nicht nur, wer
fromme ehrfurcht bezeugt, sondern auch wer auf einen an-
deren liebevolle rücksicht nimmt (ebenso wie rifAäo) von
den altern im Verhältnisse zu den kindern gebraucht wird),
zur etymologipchen Wortforschung. 409
und es kann also wohl von den göttern gesagt werden als
denjenigen, die auf die menschen liebevolle rücksicht neh-
men und die guten ehren; bei den Griechen wird tico
und Tiuddo auch von den göttern im Verhältnisse zu den
menschen gesagt.
Ein zweites lateinisches wort, in dem p im anlaut für
ursprüngliches qu steht, ist
pellis,
das natürlich mit griech. nella^ got. fill u. s. w. zusam-
mengehört, siehe u. a. Diefenbach got. wtb. I, s. 377 f.,
Curtius grundzttge s. 377. Diese Wörter hat Benfey griech.
wurzellex. II, 83 mit skr. K arm an neutr. haut, leder zu-
sammengestellt und an dieser Zusammenstellung halte ich
trotz der vielen abweichenden versuche fest, s. Bopp glos-
sar; Pott etym. forsch. 1. ausg. I, 264; Corssen krit. beitr.
s. 319; Fick wtb. s. 11?; Curtius grundzüge s. 244 f. Denn
zwischen skr. k arm an, altbaktr. kareman, thrak. ^aXuog
= So()ci (das mit lit. szalmas beim, Sturmhaube nichts
zu thun hat) einerseits und ags. film masc. cutis, engl,
film, ags. filmen membrana, altfries. filmene fem. cutis
(vgl. jüt. flims die haut auf milch) anderseits besteht eine
offenbare Verwandtschaft. Das suffix man in karman
verhält sich zu ma in film, wie man in skr. agman
neutr. zu ma in agmä masc, (lisv in nvd'f,irjv zu ma in
ahd. bodam. Ags. film kann aber nicht von feil, lat.
pellis U.S.W, getrennt werden. Jedoch mufs in diesen
Wörtern p für ursprünglicheren guttural gewifs schon auf
einem gemeineuropäischen Stadium eingetreten sein. Ben-
fey meint a. a. o. skr. Klfra neutr. „streifen, ein schmales
und langes stück baumrinde; zeug, fetzen, läppen" gehöre
zu der nämlichen wurzel, wie Kar man. Das wort würde
demnach wie tfra aus wz. tar gebildet sein, und \»^egen
der bedeutung könnte man altn. filla aus einer grundform
felljö vergleichen, das von fjall oder feil = got. fill
abgeleitet ist und lederfetzen, dann fetzen überhaupt be-
deutet. Aber diese erklärung von kira wird durch das
wahrscheinlich verwandte klvara bettlertracht zweifelhaft
410 Billige
(denn dies aus kirvara zu erklären ist wohl zu gewagt)
und sie ist auch in Bcnfoys Sanskrit - English Dictionary
aufgegehen. Ob 11 im lat. pellis, griech. niXla, got. fill
durch assimilation von In entstanden ist, wage ich nicht
zu entscheiden.
lat. quaero.
Benfey zeitschr. II, 221 und Sanskrit -Engl. Dict. hat
quaeso, quaero mit skr. <^i6 zusammengestellt, und ihm
folgt Corssen ausspräche 2. ausg. I, 877, aber diese Zusam-
menstellung muis verworfen werden, weil die genannten
verba in ihrer bedeutung fast nichts gemein haben: ^ii
bedeutet nämlich zurücklassen (am meisten in pass.) und
in Zusammensetzung mit vi auszeichnen. Bopp vgl. gr. 12
veru^lcicht quaerere mit skr. it^ät sich anstrengen, aber
auch dies verbum, das eigentlich die glieder stark bewe-
gen heifst, steht der bedeutung von quaerere ziemlich
fern und kest mufs wegen des t eine spätere abgeleitete
wurzelform sein. Ebel beitrage 11, 157 stellt zweifelnd
quaerere mit kymr. k e i s s a w zusammen vgl. Diefenbach
got. wtb. II, 459. 493; wenn aber das keltische wort aus
kassiau entstanden ist, weicht es im vocale ab.
Lat. qu entspricht regelrecht skr. k, skr. ki wird im
lat. qui lauten; nun bedeutet ki, praes. kiköti und tti-
nöti wahrnehmen, das augenmerk auf etwas richten; auf-
suchen; nach etwas suchen, forschen; durchsuchen, und
es stimmt also in bedeutung mit lat. quaerere sehr wohl
überein. ki wird schon in der vedasprache häufig ge-
braucht und findet sich mit der bedeutung „suchen^ im
altbaktrischen wieder. Da wurzeln sehr oft durch zusatz
von s, das ursprünglich vielleicht desiderative bedeutung
hat, erweitert werden z. b. altbaktr. ^ruä aus ^ru, könnte
ki zu kis erweitert werden, was in lateinischer form quis
lauten würde, gunirt keS, in lateinischer form quaes.
Die wurzelform kes findet sich wirklich im altbaktr. subst.
kaesman, das als zweites glied zusammengesetzter na-
mcn vorkommt, deren erstes glied raökanh glänz, hvare
sonne ist; Justi vermuthet, dal's ka6äman die bedeutung
zur etymologischen Wortforschung. 411
„suchen, aufmerken^ hat. quaero verhält sich zu skr.
Ki völlig wie lit. klaüsiu, klaüsti fragen (d.h. zu hören
wfinschen) zu skr. pru. Lat. disquirere untersuchen
kann mit dem gleichbedeutenden vi-Ki zusammengestellt
werden.
noulv^ altn. heyja.
Einleuchtend oder nur wahrscheinlich ist meiner mei-
nuug nach keiner von den in neuerer zeit gemachten ver-
suchen noiivD^ attisch zum theil noho) mit entsprechenden
Wörtern verwandter sprachen zusammenzustellen und da-
durch den Ursprung des wertes nachzuweisen: = apas-
jämi Benfey und Aufrecht, s. dagegen Curtius grundzöge
s. 66 f; aus ursprünglichem pajämi von der wurzel pa
vermögen, lat. potis, patrare Walter zeitschr. XII, 406 ;
aus der wurzel tu = lat. qui in queo Froehde beitrage
zur latein. etym.; = skr. pavajämi von pü reinigen, auch
dichten Fick; aus einer wurzel pu zeugen, hervorbringen,
wovon u. a. skr. puträ söhn Curtius grundzüge s. 259;
kaum aus nolog Pott wurzeln einleitung s. 470; mehrere
andere versuche lasse ich unerwähnt.
Ich hoffe hier ein entsprechendes wort in den germa-
nischen sprachen nachweisen und dadurch tzoisco auf eine
ursprünglichere form zurückführen zu können. Dafs die
ursprüngliche Stammform n()f im anlaute hat, wie sowohl
Fick als Curtius annehmen, wird durch vergleichung meh-
rerer anderer griechischer Wörter, die den diphthong oi in
ähnlicher lautlage haben, höchst wahrscheinlich: so nvorj^
ep. nvoirj^ dor. nvoid aus wz. nvv; nroa oder nroia^ TiToeio
oder TtTotkia^ nroidco aus wz. nrv^ s. unten; nXolov für
nXojriov =s altn. fley aus wz. nXv u. s. w. Dagegen mag
die erklärung des i in nouu) zweifelhafter sein; Curtius
grundzüge s. 259 meint, noiioD sei denominativ von einem
noto (vgl, TtaiSo-Tioiog) und dies stehe für nojrto. Ich halte
es al)er für wahrscheinlich, dafs mnico^ wie Fick meint,
aus nojrioi entstanden ist: so steht nvoirj^ nvotä für nvoß/]^
t,ud für fe/"«; nroiico für nrofkio ist geradezu causativ zu
skr. köu niesen (eigentlich: plötzlich in zitternde bewe-
412 Bnfirge
gung kommen); TTToia steht wahrscheinlich f&r nrofa und
ist, das geschleoht ausgenommen, das nämliche wort wie
skr. ksava masc. niesen; oUrrj^ för 6j:^tj]q, Dafs noiiiA
für 7T(ift(ü steht, wird durch das entsprechende verbum der
germanischen sprachen bestätigt. Ich finde nämlich noUta
in altn. heyja, praet. had'i, pcp. häiäfr, ags. geh^gan,
praet. gehe de, bisweilen hegan wieder. Die bedeutang
dieser verba stimmt mit Ttoieaa sehr wohl überein. Egils-
son übersetzt heyja: facere, efficere, gerere, comparare,
adquirere. Besonders kommt der ausdruck sehr oft vor:
heyja ping, ags. ping geh^gan, altn. heyja leid* Ver-
sammlung halten, wie ^xxkfjaiav noisip', hieran schliefst
sich ags. m OB (Tel, spraece ge hegan eine rede halten;
man sagte altn. heyja leik wie Ilv&ca noisiv^ a&VQfiara
TTotfjacci; heyja orrostu wie noieiv Ttoksfiov rivt^ xhqgav
TTotelv; bei einem dichter heifst es heyja rendr i blod'i
machen, dafs die schilde blutig werden, womit man knl
rov |/;(>üv 7-«^: vavg noiüv vergleichen kann; in den aus-
drücken heyja sannkenningar mest oriVafjölda i
skaldskapnum und heyja ser or<^fjölda meiV fornum
hei tum bedeutet heyja zu stände bringen, zu wege
bringen, ungefähr wie noiBiv mit (foßov, yk^oava^ &Vfji6v
als ohject. — heyja, häd^a, häid'r müfste im gotischen
nothwendig haujan, ha vi da, havips lauten, aufweiche
formen auch ags. hegan, he de hinweist. Wenn ich recht
habe, dafs heyja und noieiv dasselbe verbum ist, mufs n
in TiüiEiv durch xf aus k entstanden sein; noiio) setzt also
eine vorgriech. form xfofico voraus. Zwar haben die germa-
nischen sprachen öfter hv oder f, wo das griechische n
hat, das durch vermittelung von x^ aus k entstanden ist;
bisweilen jedoch h, besonders (aber nicht ausschliefslioh)
im inlaut, z. b. ahd. wahan, griech, jtbtt, und auf dieselbe
weise haben die germanischen sprachen öfter, auch im an-
laut, k, wo das griechische ein aus g durch x/^ entstan-
denes ß hat. Der nominalstamm noio in TiaiSonoiog fQr
7T()fo^ xjrojro verhält sich formell zu nodo) fftr nofim,
x^ofiu)^ wie das subst. ha fem. im altn. pingha aus havft
sich zu heyja aus haujan verhält.
zur etymologischen wortforachmig. 413
Hiemit ist freilich nicht die ursprüngliche bedeutung
von noulv gefunden, denn es ist der abstractere und darum
offenbar mehr abgeleitete gebrauch von noulv ^ der mit
dem gebrauch von heyja stimmt; da aber dies uns dazu
geholfen hat eine ursprünglichere form des noulv zu be-,
stimmen, können wir leichter die wurzel finden, aus der es
entsprungen ist, und somit seine ursprüngliche bedeutung
ausfindig machen.
Wurzel ku = pu schlagen, klopfen, hauen, schneiden
mit Verzweigungen.
Es gibt in den indoeuropäischen sprachen eine grofse
menge von bildungen aus zwei wurzeln ku, gesteigert
kü, kau und pu, gesteigert pü, pau, die beide „schla-
gen , klopfen , hauen , schneiden ^ bezeichnen. Die erstere
ist von Pott wurzelwtb. 666 — 668 sorgfältig behandelt, vgl.
Pictet origines Indo-Europ. II, 140; über die letztere kann
auf Fick wtb. s. 117, Corssen ausspräche 2. ausg. 1,358 f.
verwiesen werden. Ich will hier darauf aufmerksam ma-
chen, wie gleichartig die bedeutungs- und formentwicke-
lung bei diesen beiden wurzeln und ihren Verzweigungen
ist, freilich nicht so sehr in jeder spräche für sieh genom-
men, als in den verschiedenen indoeuropäischen sprachen
untereinander verglichen. Diese beiden wurzeln sind daher
in ihrem Ursprung gewifs eine und dieselbe, und man mufs
dann wohl der gutturalen form das höhere alter zuerken-
nen. Wir sehen die beiden Verzweigungen, jede mit ihrer
bedeutung, einander gegenüberstehen im littauischen : kauj u,
köviau, käuti kämpfen, streiten und piäuju (für päuju)
veraltet piaunu, pöviau, piauti schneiden, mähen, bei-
fsen, (kalb, schaf, federvieh) schlachten und im lett. käuju,
käwu (kawu?), käut schlagen, schlachten Bielenstein
1,363 und plauju (für pjauju, pauju) oder piaunu,
pläwu, plant mähen I, 355. Wir sehen, dafs die beiden
verba in der flexion wenigstens im wesentlichen überein-
stimmen, und schon die vergleichung zwischen littauisch
und lettisch zeigt, wie sie sich in bedeutung einander an-
nähern, indem sowohl litt, piäuju als auch lett. käuju
414 Bugge
schlachten bedeuten; doch wird das erstere gebraucht, wo
von kleineren thieren die rede ist, die durch schneiden ge-
schlachtet werden, das letztere von gröfseren, die durch
schlagen oder hauen getödtet werden. Die wurzelform
kau finden wir im deutschen hauen, ags. heawan, altn.
höggva wieder, das sich in bedeutung an das lett lit
kauju nahe anächlielst; es bezeichnet nämlich im kämpfe
hauen, fechten, tödten, enthaupten, grofses vieh uieder-
schlachten. Allein hauen, höggva umfalst auch eine
bedeutung, die im litauischen durch piauju, im lettischeD
durch ptauju ausgedrückt wird; es bezeichnet nämlich
sowohl im deutschen als auch im nordischen gras nieder*
schlagen oder niedermähen, z. b. altn. höggva hey, und
Pott s. ()G6 führt mehrere ausdrücke aus der Volkssprache
in der Schweiz an, in welchen hauen für schneiden ge-
sagt wird, demnach in der nämlichen bedeutung, wie lit
piauju; hauen wird in der bedeutung „beifsen^ vom
eber gebraucht, lit. piauju vom hunde. Aus hauen in
der bedeutung „abmähen^ ist got. havi, altn. hey, deutsch
heu gebildet, ursprünglich haujan, haujam und ebenso
altn. ha oder ho fem. nachgras, das gras, das, nachdem
die wiese einmal abgemäht ist, wieder auf dieser hervor-
wächst, ha, ho weisen mit noth wendigkeit auf eine äl-
tere form havä hin, und diese mufs (wenn wir die ur-
sprüngliche identität der wurzelformen kau und pau vor-
aussetzen) mit lett. ptawa fem. wiese für pjawa, pawa
unmittelbar zusammengestellt werden. Auch lit pe va fem.
wiese aus älterem paiva mufs hieher gehören, ob ich gleich
den vocal e nicht recht verstehe; vielleicht haben wir hier
eine mischung der a- und der i -reihe (vergl. Schleicher
compendium s. 143), die möglicherweise durch umstellong
(peva für pavja?)*) hervorgerufen ist. Mit lett. plawa
ist identisch griech. nohi^ ^^^ gras för nofi} (kaum fÖr
Tioßni)^ das in der bedeutung dem meiner meinung nach
ursprünglich identischen altn. ha für havä noch näher
*) Eine gleiche Umstellung für got. äi ^ älterem a statuiert Scherer
zur gesch. d. d. spräche 472. Anm. d. red.
zur etymologischen Wortforschung. 415
liegt; Ttoitj für no/rrj verhält sich zu ha aus havä ganz
wie TtoievD iür nofew zum altn. h e y j a aus haujan. Schon
Leo Meyer goth. spr. s. 38 hat mit got. ha vi, griech. noii]
zusammengestellt. Das griechische giebt auch ein anderes
zeugnifs, dafs die beiden wurzelformen kau und pau in
einander Obergehen; denn während noit] für nofi] sich
dem lett. ptauju anschliefst, hat naiw für najrtco wesent-
lich dieselbe bedeutung, wie lett. kauju schlagen, den to-
desstofs geben, die beiden verba werden zugleich in über-
tragener bedeutung gebraucht (lett. kautees sich plagen);
auch mit dem deutschen hauen stimmt 7iat(a zum theil
in der bedeutung überein, so z. b. in ausdrücken wje ^a-
Xf^iQci naluv. Dem griech. naiia für naftca schliefist sich
lat. pavire, veraltet puvire, depuvere, obpuviare
nahe an. Während eine anwendung des verbums vom
schlagen, stampfen um etwas dicht und eben zu machen
dem deutschen hauen fremd ist, zeigt obpuviat= ver-
berat mit hauen in Verbindungen wie ein kind mit
der ruthe hauen nahe bedeutungsverwandtschaft.
Ich will hier eine merkwürdige Übereinstimmung in
übertragenem gebrauch zwischen ableitungen von der wur-
zelform mit labial im lateinischen und ableitungen von der
wurzelform mit guttural in den germanischen und balti-
schen sprachen nachweisen. Aus der wurzel pu in pa-
vire haben Pott und Corssen mit recht repudium ver-
stof8ung,*pudet macht niedergeschlagen, beschämt erklärt/
pudet setzt also voraus, dafs das stammverbum in Ver-
bindungen wie namv rivd kg tfjv yrjv gebraucht wor-
den ist.
Auf dieselbe weise erkläre ich got. hauns, ags. he an
aus einer vorgermanischen form kaunas als praet. partic.
pass. von einem dem lett. kauju, lat. pavio, puvio, gr.
naiw entsprechenden verbum; die ursprüngliche bedeutung
ist zu boden geschlagen, niedergeschlagen; anders Leo
Meyer got. spr. 36. Vulfila überträgt mit hauns zaTtei'
vog; in anderen germanischen spracharten ist es humilis,
depressus, abjectus, contemptus, ignominiosus , miser, an-
gelsächsisch auch pauper; die bedeutungsentwickelung ist
416 Bagge
die nämliche wie z. b. im span. abatido. Besonders nenne
ich hier dän. dial. (bei Molbech dial. lex.) hän blöde, flau,
verschämt, wovon hau es ved sich schämen, sich scheuen
vor (wahrscheinlich lehn wort aus dem niederdeutschen);
man sieht hier, wie die bedeutung sich gerade so wie im
lat. [)udet entwickelt. Dabei schimmert aber die ältere,
sinnlichere bedeutung deutlich durch in ausdrücken wie
ags. heow and hynöTe ByrhtnoÖT 324 er versetzte seinen
feinden hiebe und streckte sie zur erde. Im lettischen ge-
hört hieher kauns masc. schaam, schände, höhn, kaune-
tees sich schämen.
Es giebt auch im lateinischen spuren der wurzel pu
mit der bedeutung „schneiden^ ebenso wie im litauischen.
Au skr. pü reinigen schliefst sich, wie bekannt, im latein
pürus und pütus; von pütus wird putare reinigen ge-
bildet z. b. aurum putatum = expurgatum, von der
reinigung der wolle: quo minus vel infici recte pos-
sit vellus, vel lavari ac putari Titin.; putäre vi-
tes die weinstöcke beschneiden wird dann natürlich so
erklö^rt, dafs es eigentlich die weinstöcke reinigen heifst,
nämlich durch abschneiden der unnützen spröfslinge; hier-
aus kann sich dann leicht die bedeutung von schneiden
überhaupt, wie in amputare, entwickelt haben, s. na-
mentlich Pott wurzelwtb. 1105. Von ausschlieislich latei-
nischem Standpunkt aus würde man daher gewifs nicht
darauf fallen, eine lateinische wurzel pu schneiden ver-
schieden von pu reinigen anzunehmen; nun zeigt aber der
gebrauch des litauischen verbums piäuju (wz. pu) und
seiner ableitungen eine so merkwürdige Übereinstimmung
mit lat. putare und seinen verwandten, dafs wir nicht
umhin können Zusammenhang anzunehmen; da aber das
litauische verbum von anfang an nicht „reinigen'^ bedeutet
haben kann, sind wir, wie mir scheint, zu der annähme
genöthigt, dafs im lateinischen zwei ursprünglich verschie-
dene wurzeln pu, die eine mit der bedeutung ^reinigen*,
die andere mit der bedeutung „schneiden^ zusammenge-
flossen sind^ so dafs das sprachbewufstsein der Bömer
nur spröfslinge von einem und demselben stanmie erkanntet
ssar etymologischen wortforschimg. 417
Litauisch piäuju uod das daraus abgeleitete piaustau,
piaustyti mit ihren compositis werden völlig ebenso
gebraucht wie putare mit vitem, arborem als object,
z. b. med^iüs appiäustyti die bäume beschneiden,
amputare oder der form nach am nächsten op pu-
tare kann mit appiäuti beschneiden zusammengestellt
werden, exputare mit iszpiäuti ausschneiden. Li-
tauisch appiauklas, apipiauklas bedeutet abschnittsei,
abgängsel, also dasselbe wie lat. putamen. appiauklas
bedeutet auch praoputiuni und in derselben bedeutung
führt Nesselmann atpiuvis an; die vorbaut beschneiden
wird absolut apipiäustyti genannt. Diese Wörter er-
klären prae-putiu-m, das eigentlich „was vorn abge-
schnitten wird^ bedeuten mufs (eine andere erklärung giebt
Curtius grundzüge s. 259). Dies substantivum setzt vor-
aus, dafs auch der verbalstamm pu (nicht nur der abge-
leitete puta) im lateinischen in der bedeutung „schneiden^
gebraucht worden ist; dasselbe mufs aus Puta =dea
quae putationibus arborum praeest Arnob. gefol-
gert werden.
Das latein hat zugleich die wurzelform mit guttural
im anlaut, nämlich in cüdo, das sich zum gleichbedeu-
tenden kirchenslaw. kuj^ verhält, wie tendo zu griech.
Tsivo)^ got. panja, fendo zu griech. ß-Bivoa^ claudo zu
griech. xleicxj^ pendo zu altn. spen, infin. spenja aus-
spannen, ausstrecken, laudes laudare zu xXsm, Auf
den Ursprung des d in diesen verben kann ich hier nicht
näher eingehen; ich will nur bemerken, dafs ich es mit
Curtius grundzöge s. 590 für wahrscheinlich halte, dafs d
hier aus j durch die mittelstufe dj entstanden ist. ü in
cüdo ist gewifs aus ou, au entstanden. Die grundbedeu-
tung in cudere ist wesentlich dieselbe wie in pavire
schlagen, pochen; Columella sagt cudere frumenta das
körn abdreschen, und dafs man eiust in wesentlich dersel-
ben bedeutung pavire frumenta gesagthat, darf vielleicht
aus paveri frumenta dicebant antiqui, quae de
vagina non bene exibant Festus p. 250. 253 Müll, ge-
schlossen werden. Aber wie aus einer wurzel ku schon in
Zeitschr. f. vergl. sprachf. XIX. 6. 27
418 Bugge
vorgeschichtlicher zeit zwei verba cudo und pavio sich
entwickelt haben, so haben sich ihre bedeutangen getrennt,
indem jedes verbum seinen besonderen weg gegangen ist:
cudo bezeichnet somit besonders metalle durch hammer-
schläge bearbeiten, schmieden, ganz wie slaw. kuj^. Der
stamm ist in dieser bedeutung in den slawischen, zum
theil auch in den baltischen sprachen weit verbreitet, s.
Pott s. 667f.
Aber auch bei dieser bedeutung ^schmieden ** ist die
wurzelform mit labial im anlaut nicht ausgeschlossen; denn
hieher gehört offenbar aus der vedasprache pavi masc.
beschlag, besonders schiene des rades, metallener beschlag
des Speers oder pfeils, wovon wieder pavira n. waffe mit
metallener spitze, lanze, speer (was kaum, wie M. MoUer
beitrage 111,449 meint, auf einem mifsverständnifs beruht).
Nach dieser entwickelung wird es von der seile der form
nahe liegen, noiiw^ das, wie ich nachzuweisen suchte, ans
yLfoßhoa entstanden ist, mit kirchenslaw. kuj^ (cudo) in Ver-
bindung zu setzen, noiioa bedeutet also eigentlich machen,
dafs etwas geschlagen wird, durch schlagen ausarbeiten,
zurechtmachen, besonders schmieden, und diese bedeutung
ist noch in der griechischen litteratur erkennbar: noidjfia
kommt erst bei Herodot vor und wird von ihm nur von
metallarbeiten gebraucht; bei Homer und Hesiod wird
noUu) am häufigsten davon gebraucht, eine arbeit zu stände
zu bringen, zu deren ausführung eine gewisse kunstfertig-
keit oder handwerkstüchtigkeit gefordert wird, demnach
ebenso wie ahn. smid'a, fabricari häufig vom metallarbei-
ter, aber auch vom Zimmermann und mehreren handwer-
kern, die in hartem material arbeiten und ihre arbeit dnrch
schlagen ausführen. Ebenso bedeutet das mit noiiu iden-
tische kirchenslaw. k u j q nicht nur xakxEvo)^ sondern auch
TsxTccivu). Davon übertragen bezeichnet das verbum heiv
vorbringen, produciren überhaupt. Wie noiiw von den
hervorbringungen des dichters gebraucht wird, ebenso
altn. smi 'a; dieselbe ausdrucksweise wird man bei den
verschiedensten nationen finden : Horaz gebraucht das nSm-
liche gleichnifs male tornatos incudi reddere ver-
2ttr etymologischen Wortforschung. 419
SU 8. Das verbum wird vom erzeugen der kinder ge-
braucht, so in naidonoiog; es ist hier eine bildüche aus-
drueksweise, die mit der des Lucrez procudere saecla
(V, 847), pro lern (V, 853) ganz gleichartig ist. In noch
niehr abgeleiteter bedeutung gebraucht Lucrez dies verbum
III, 10 und 79: nee nova vivendo procuditur ulla
voluptas. Auch in kirchensl. sükovati geht die bedeu-
tung von der speciellen xcckxevsiv in die allgemeine xaraGxeva'
^eiv über. Von „producere", „hervorbringen'^ aus gelangen
wir bei tiüUm leicht zu der bedeutung: zu wege bringen,
veranstalten; und hier ist es, wo notio) im gebrauch mit
ahn. heyja, ags. gehegan zusammenstöfst. Auch diese
müssen also eigentlich „schmieden" bedeutet haben; aber
diese sinnliche bedeutung ist in den german. sprachen völ-
lig verloren gegangen; wir müssen hier eine lange, zurück-
gelegte bedeutungsentwickelung voraussetzen, die im grie-
chischen noch ziemlich deutlich wahrgenommen werden
kann, haujan altn. heyja verhält sich formell zu hau an,
altn. höggva wie kirchenslaw. kuj^ kovati zu kov^
kuti.
griech. xqo/livov, lit. kermuszis, nord. rams,
ir. creamh.
Schlagend richtig ist Pictets Zusammenstellung (Les
origines Indo-europ. I, 297) von griech. xqofivov zwiebel
mit lit. kermusze fem. kermuszis masc. wilder knoblauch
(Ness.); xqouvov setzt xqoiivöov voraus, sz im litauischen
wort mufs hier wie in kiauszas hirnschädel = altn. hauss,
maiszas = skr. meäa-s aus s entstanden sein.
Was Pictets vermuthung vom Ursprünge der Wörter
betriflft, weise ich auf Kuhns bemerkungen beitrage II, 380
hin. An xQOfxvov^ kermuszis, kermusze schliefst sich
deutlich rams masc. an, das sowohl in Dänemark als auch
in Schweden und Norwegen name des allium ursinum ist,
in Schonen auch ramsk, Dorset dial. ramsons (Barnes
a grammar and gloss. of the Dorset dial.), schott. ramsh,
deutsch, dial. (z. b. baier.) ramsei, ramsenwurz, ram-
schenwurz. rams setzt eine ältere form hrams voraus,
27*
420 Bagge
Hicmit stiuimt auch das von Pictet angefahrte irische
creamh knoblauch, wo 8, wie im keltischen so oft, ge-
schwimdeu ist.
Wurzel kru, krau zusammeuhäufen, altn. hraukr,
hrüga, hraun.
Diese wurzel tritt aiu deutlichsten im lit. krauju,
krauti in häufen zusammenlegen, kruvä häufe hervor.
Mit letzterem worte hat F. Möller (beitrage V, 256)
armen, khurn häufe, menge zusammengestellt. Hieher ge-
hört gewifs, wie Pott etym. forsch. 1. ausg. 11, 169; wur-
zelwtb. 8.682 gesehen hat, lat. grumus = terrae col-
lectio minor tum ulo Fest., walach. grumu der häufen,
das angehäufelt, it. span. grumo ein kleiner klumpen,
grümus steht dann fQr croumos, kraumas; das sufiBx
ist dasselbe wie im lit. sukrövimas Zusammenhäufung.
Pott hat auch grieeh. xoojaix^^ yMoua^ Steinhaufen richtig
verglichen; o) ist also hier wie in mehreren Wörtern, die
Curtius grundzüge s. 508. 5o3 erwähnt, aus (w entstanden.
Dagegen ist bis jetzt noch nicht hervorgehoben worden,
dafs spröfslinge dieser wurzel auch in den germanischen
sprachen vorliegen.
Altn. hraukr masc, ags. hreäc, engl, rick schober,
häufen von heu, körn, torf oder dergl., das zusammenge-
legt wird; es setzt eine grunJform krauga-s voraus und
schliefst sich der bedeutung des verbums im liiauiscben
genau an; vgl. namentlich szenüs \ küg[ krauti heu in
einen hauten zusammenbringen; pcdüs i bertain^ kr&uti
garben in das scheunenfacli ordnungsmäfsig einfleihen Nes-
selmann. Ferner gehört hieher altn. hrüga fem. ein hän-
fen zusammengetragener dinge, auch ein klumpen, beson-
ders von unrath (vgl. das bedeutungsverhältnifs zwischen
ital. grumo und lat. grumus). Grieeh. xQviua^ ist ein
Steinhaufen, davon wird auch lit. kruva gebraucht; der-
selben wurzel kru, verstärkt krau, ist dann zugleich altn.
hraun neutr. ein Steinhaufen sammt den synonymen Wör-
tern hreyss fem., hreysi neutr., schwed. rör und meh-
reren anderen in nordischen und englischen dialekten ent-
zur etymologischen wortforschiing. 421
sprangen; es würde aber zu weitläufig sein, hier die bil-
düng dieser Wörter mehr im einzelnen zu bestimmen.
Dagegen ist es ein schlimmer fehler, wenn Fick und
Pott ags. hlo tf schaar, altfries. hloth in unmittelbare Ver-
bindung mit kru, krau statt mit hladan, got: hlapan
aufhäufen, zusammenhäufen setzen wollen.
Etwas anderes ist es, dafs hlapan ebenso wie das
synonyme kirchenslaw. klad^ klasti mit kru in mittel-
barer Verbindung steht, denn diese wurzel ist offenbar eine
nebenform zu skr. kar, kirati ausgiefsen, ausstreuen;
griech. ^eo) vereinigt beide bedeutungen. Von kar aber
ist slaw. kl ad eine erweiterung.
lat. clarus, gloria.
Lat. glöria pflegt man aus der wurzel clu abzulei-
ten und nach Kuhns Vorschlag mit skr. ^ravasjd zu iden-
tificiren. FtSr dies wäre aber im lateinischen eher die
form elueria aus älterem clovesia zu erwarten, vergl.
substantiva neutr. auf us, gen. eris und verba auf uere
(z. b. fluere), wo uere durch die mittelstufe ovese aus
avasai entstanden ist. Eine andere erkläruug liegt näher,
glöria ist eine Veränderung aus cläria, das von clärus
abgeleitet ist: c ist vor 1 zu g geschwächt wie in glocio
für clocio vgl. xlco^oo^ neglego für nec-lego. glöria
verhält sich, was den stamm vocal betriffl;, zu einem ur-
sprünglicheren cläria, wie ignörare zu ignarus, lö-
rum zu einem ursprünglicheren vlärom =s griech. siiXr]-
gov, avXjjQov^ plörare zu einem älteren plärare, vergl.
deutsch flarren (Grimm deutsch, wtb. III, 1725), ifeodQog
zu dor. &eäQ6g.
cläria, glöria ist von clärus durch dasselbe suffix
abgeleitet wie insania, miseria, vicinia und so viele
andere substantiva; im griechischen haben wir eine ent-
sprechende bildung in rjvoQer]^ ccvoqia^ wo s zu o verän-
dert worden, wie ä zu ö in glöria. Die hier gegebene
erklärung ist schon von anderen angedeutet worden, so
von Benfey griech. wurzellex. II, 124. 179; wenn Pott wur-
zelwtb. 49 sie als »ganz unwahrscheinlich'* bezeichnet, ist
482 Boggo
dies unberechtigt, da sie uicht nur, wie naohgewiesen, mit
don lautregeln gut stimmt, sondern auch von der seite der
bedeutung ganz nahe liegt, was ich nicht näher nachzu-
weisen brauche.
Pictet origines Indo-Europ. 11, 204 erwähnt keltische
Wörter, die in laut und bedeutung ähnlich sind.
öüXf>i6g, övvafACci, didvfivog. deöTtOTt^g. diegog. Siaivw,
SdnTbü. devQO.
(loxf^og und So^fAiog^ die schon in der Ilias vorkom-
men, bedeuten: schief, schräg, wer seitwärts oder quer
geht, do/jnou) seitwärts biegen. öo/fAog ist mit dem schon
in Rigveda vorkommenden gihmä, das vollständig gleiche
bedeutung hat, identisch, gihma steht fQr älteres gahma
wie skr. pitd für patd, sthita für sthata; das griechi-
sche kennt hier nicht die Schwächung von a zu i, die im
Sanskrit unter mitwirkung des auf der endsilbe ruhenden
accents eingetreten ist. ö in dox/aog steht, wie so oft im
griechischen, für ursprüngliches y; dieser Übergang ist
wahrscheinlich so aufzufassen, dafs sich ein j nach g ent-
wickelte; dies j verwandelte dann g zu d und endlich
wurde j verdrängt. In ähnlicher weise ist im sanskrit g
aus ursprünglichem g durch die mittelstufe gj entstanden,
und griech. <$, das aus y entstanden ist, entspricht gewöhn-
lich dem skr. und altbaktr. g. In völlig gleicher weise ist
griech. r oft aus ursprüngl. k durch die mittelstufe kj ent-
standen und es entspricht dann regelrecht dem skr. k.
Von griech. d aus ursprüngl. y handelt Curtius grund-
züge 431 — 433. Zu einzelnen der von Curtius angefahr-
ten beispiele will ich hier einige bemerkungen hinzufügen.
Siana steht wohl für Siaria und ist geradezu mit altbaktr.
gjäiti fem. leben zu verbinden, wie Benfey (zeitschr. II,
309) vorgeschlagen hat. Gegen Curtius betrachte ich Wal-
ters scharfsinnige erklärung ( zeitschr. XII, 405 f.) von äv-
vcK^ai und ÖiÖv(,iog im wesentlichen als evident richtig.
övvavrca scheint mir mit skr. gänate aus älterem ^ft-
nantai vollständig identisch (altbaktr. nur zänenti mit
activischer endung). v in dvvajiiai hat sich durch die
zur etTmologischen wortforechnng. 428
mittelstufe o aus a entwickelt, welcher lautübergang na-
mentlich vor nasal häufig ist, z. b. ^vvoq für \vvj6q =s
^oivo^ 8. Curtius grundzöge 644 AT. Wie wir in öivafiat
kurzen vocal haben, so auch im altbaktr. impf. conj. 3. ps.
sing, paiti-zanät, 3. ps. pl. ava-zanän. Auf der an-
deren Seite gebraucht Homer v in dvpafiivoio Od. I, 276.
XI, 414 lang, wie im skr. gänämi das ä der ersten silbe
lang ist. In bezug auf die bedeutung schliefst sich Svva-
/um, wie Walter bemerkt, namentlich an got. kunnan an.
Der präsensstamm hat im griechischen seine bedeutung so
erweitert, dafs er der fQr alle tempora geltende stamm des
verbums geworden ist, was ja eine sehr häufige erschei-
nung und auch im entsprechenden germanischen worte
der fall ist. 3i in Siäv^og ist, wie TQiÖvfiog, rerQccSvfjiog
u. s. w. zeigen, aus öi' = lat. bi- zu erklären. Die ur-
sprünglichere form ist öiSvfivog; v mufs hier mit v in vw-
vvuvog, nQVfjLva^ ngvfxvog^ ngod'iXvfivog^ cciav^vi^Trjg (Cur-
tius s. 645 f ) zusammengestellt werden, ist demnach hier
aus ursprünglichem a entstanden, öiövfiog verhält sich zu
ÖiSvuvog wie vdvvfiog zu voivvfAVog, öiSvfÄog, diSvjuvog steht
also für Sfiyauvog und entspricht vollständig einem lat.
*bi-geminus, wie TQi-dvuog dem lat. trigeminus; lat.
min entspricht hier, wie in nominis, cognominis vd-
vvuvog gegenüber, griechischem ^v. Da wir, wo das gr.
ö aus y hat, im sanskrit und altbaktrischen in der reget ^
(oder im altbaktr. z) finden, wäre es zu erwarten, dafs ein
lat. geminus, griech. öidvfxog entsprechendes wort im
sanskrit mit g anfange und gamana oder ähnlich laute;
ein solches wort findet sich aber nicht. Dagegen bedeutet
jamä von geburt doppelt, gepaart, zwilling = altbaktr.
jema zwilling, skr. jamala, das erst in der späteren
spräche auftritt, verzwillingt, gepaart, doppelt, zwilling
und der flufsname jamünä, jamunä bezeichnet wohl
„gemina^*); jamä der söhn Vivasvants, der den namen
„zwilling** führt, heifst im altbaktr. jima. Dafs diese wör-
*) Weder das petersb. Wörterbuch noch Benfey kennen das von Pott
etym. forsch. 1. ausg. T, 262 genannte jämana geminus, noch das von Grafi-
mann zeitschr. XI, 14 aufgeführte jamana-s dual, die Zwillinge.
244 Bagge
ter mit ge minus, äiSvfivo^ in Verbindung stehen, scheint
mir unzweifelhaft, zweifelhaft dagegen, wie die Verbindung
aufzufassen ist. Ich wage es nicht mit Grafsmann jama,
gern in US aus der wurzel jam (zusammenhalten, im zäume
halten), die mit dam identificirt wird, zu erklären. Ich
glaube vielmehr, dafs jama, di-dt\ui'og^ geminus mit skr.
gämi verschwistert, verbrüdert, verwandt, subst. geschwi-
ster,neutr. geschwisterschaft, Verwandtschaft, gämä Schwie-
gertochter, gimätar tochtermann, altbaktr. g&ma Ver-
wandtschaft, zämi geburt, ni-zämaj zum gebähren brin-
gen, lit. gemü, gimti geboren werden (vgl. Fick s. 60)
aus demselben stamme entsprungen sind. Die lautverhält-
nisse machen bei geminus, öiävuvog in dieser rücksicht
keine Schwierigkeiten; hingegen wohl bei skr. jama, denn
die Übereinstimmung mit altbaktr. j^ma, jima zeigt hier,
dafs j im anlaut uralt ist. Es scheint aber wohl möglieb,
dafs j schon in uralter zeit zuweilen wie später in skr.
jami = gämi, jämätar = gäraätar aus ^, gentstan-
den ist. Demnach kann auch ganz wohl möglich sein,
dafs schon in der indoeuropäischen Ursprache in dem worte,
das sich in skr. jatar, griech. {irarc^ei;, lat. janitrices,
kirchenslaw. j Qtrüvi (Curtius s. 276f.) wiederfindet, gsich
in j verwandelt hat.
Ich will hier noch mehrere griechische Wörter nennen,
in denen ö aus g entstanden ist und sanskritischem ^ ent-
spricht. deöTTÖTtjg hat schon Benfey mit gäspati hans-
vater im Kigveda verglichen; ich fasse aber das verb&Itnils
anders als er. SeG:T6Ttf^ steht ftlr yaanoTfjg und dies f&r
;t,(fnoni^. gas in gäspati wird im pet. wörterb. gewifs
richtig als ein veralteter gen. von gä nachkomme, stamm
erklärt. Der vooal des ersten gliedes ist in äBrpnoTf^^ vor
dor oonsonantonverhindung gekürzt; eine Shnliche kflrsung
haben wir in Hoa-TooG^^ wenn die alte erkläning des nar
uions riohtig ist« für Hooctrrooo^: so scheint auch der name
K^>fO'tlorrr^ aus /v\>>;<t-.^oit/.v, Aoj.t-^^ojtiiV entstanden
/u sein. Torr, verhalt sich zu skr. pati, lat. poti wie das
griooh. sut^ix iir>. i\\n\ lat. ati iCorssen krit. nachtr. 249).
Auch in ^^^(,>lS. ^^inti» ist i> aus y entstanden und
zur etymologischen Wortforschung. 425
entspricht skr. g. Leo Meyer vergl. gramm. 208 hat schon
vermuthct, dafs öieoog sich an skr. glv leben anschliefse;
ich glaube eher, duQog habe sich wie öiaivoa aus der Wur-
zel gi entwickelt, wovon giv eine erweiterung ist. Diese
Wurzel gl tritt im altbaktrischen am deutlichsten hervor:
da bedeutet gigiäenti (andern) das leben zu erhalten
wünschen, imperf. gaöm stärkte das leben, giti leben;
von gi ist skr. ginv (praes. ginvati und pra-ginösi)
wie inv, dhinv, pinv gebildet, ginv bedeutet sich re-
gen, frisch, lebendig sein, in rasche bewegung setzen,
erquicken, beleben, erfrischen, duooc; kommt Od. VI, 201
vor: ov'A lla&* ovvog avrifj Suqoq ßooTog, wo Aristarch es
mit ^MP erklärt, und ich sehe keinen grund diese erklä-
rung mit der von Ameis und mehreren neueren auslegern
beigebrachten „flüchtig", die sich hier nur mit zwang ge-
brauchen läfst, zu vertauschen, dteoog lebendig, lebens-
frisch mufs mit skr. girä rasch, lebhaft, thätig, altbaktr.
gira eifrig zusammengestellt werden; Stsoog scheint nur
darin von girä verschieden, dafs es durch das sufBx ara,
sooj nicht ra, gebildet ist. Für öieQog pafst die bedeu-
tung „rasch, rege" Od. IX, 43 duQcß noÖi^ ebenso bei Ari-
stoph. Ne(p, 337, wo es als epitheton der vögel gebraucht
ist. Aber lexikographen und grammatiker erklären das
wort auch durch vyqog^ Ix/Aadog fistexoov und in der be-
deutung „feucht" kommt es bei den attischen dichtem und
späteren Verfassern vor. Die bedeutungsentwickelung er-
sehen wir aus ^Ira; denn dies wird von den rasch flie-
fsenden somatropfen gebraucht, giradänu, das mit dänu
tropfen zusammengesetzt ist, bedeutet „träufelnd, rieselnd,
sprühend", giri masc. oder neutr. lebendiges, fliefsendes
wasser. öisgog mufs also gewifs von J/w, dio/iiat> getrennt
werden. Nahe verwandt ist dagegen öiaivo) benetze, z. b.
Sicave da ^iiv ^ilav vöwq II. XXI, 202. Dafs die Zusam-
menstellung mit skr. dih bestreichen fehlerhaft ist, sieht
man schon daraus, dafs ß-iyyavia^ reixog^ Toi^og zu dih
gehören (Curti US s. 166f). ömivw hat sich wie skr. ginv
aus der wurzel gi, gi entwickelt; die ursprüngliche be-
deutung ist erquicken, beleben, erfrischen; so wird ginv
426 Bugga
vom regen gebraucht, der die erde erfrischt: bhümim
parganjri giiivanti Rigv. I, 164,51. Eine gleichartige
bedoutungsentwickeUing kann bei einem anderen wortstamme
nachgewiesen werden: ags. weccean kann ,,mit wasser
be8[)rengen, übergiefsen (und dadurch erfrischen)^ bedeu*
ten, so: wehte hyne waetere Beowulf 2854, se6(eorö'e)
wnes waeterum weaht Caedmon Gen. 1922 und gehört
dann mit altn. vokvi masc. oder vekva, vckva fem«
(accus, vekku) nässe, erfrischende feuchtigkeit, vekva
(praeter., vekvadi) benetzen, mit wasser übergiefsen, la-
ben, lat. uveo für ugveo, griech. vyQog zusammen, auf
der anderen seite ist aber ags. weccean das nämliche wort
wie weccean, das erwecken bedeutet; der begriff, der die
beiden bedeutungen vermittelt, ist ,) erquicken^. Und wie
dieoug sowohl rasch als feucht bedeutet, so ist griech.
v/Qo^ das nämliche wort wie altn. vakr rasch, wachsam.
ilieoog und Öictivw sind also mit öiaira nahe verwandt;
s. über dieses oben p. 422.
dd^icto gattinn wird gewöhnlich von daf^äu) erklärt,
was durch ccdujjg un vermählt gestützt wird; es ist aber
möglich, dafs es für yaua{) steht und zu ya^iio gehört,
was gewifs mit altbaktr. zämajeiti gebären machen za-
sammengestellt werden mufs. Vgl. die bemerkungen über
Siövuvog und Ascoli zeitschr. XVI, 197. Uebergang von
y in ö finde ich ferner in öcinro). Man stellt dies gewöhn-
lich mit skr. däpajämi caus. von da zusammen und meint,
die ursprüngliche bedeutung sei ,)theile^, davon „zerreiTse^
so Pott wurzelwtb. 129, Curtius grundzüge 210. Dafs aber
die ursprüngliche bedeutung von Santa) „theilen^ gewesen
sei, wird dadurch unwahrscheinlich, dafs es öfters vom feuer
gebraucht wird: lixToga S' ovti Swoca flifiafjiidtjv nvgl
öami^EV II. XXIII, 183; nvQi öäxpars navTotfdytp Sifiog
Anthol. VIII, 213, noTccfiioi nvqoq ödnTOVTsg ^ixBliag Aev-
Qceg yvag Aesch. Prom. 368 ; dawider spricht auch IL XIII9
831: SoQv iiax{)6vy 6 toi> XQOct keigioevTa Sdtpei, Ich glaube,
dafs der stamm in 8dnT(o Sacp statt yacp ist, und vergleiche
skr. gabhate, gambhatg caus. gambhajati. Die ur-
sprüngliche bedeutung ist den rächen aufsperren um etwas
zur etymologischen wortfonchtmg. 427
ZU schnappen, die scharfen zahne in etwas hauen (von wil-
den thieren), mit dem Schnabel in etwas hacken (von raub-
vögeln), auch übertragen vom feuer, das (wie gewöhnlich
in nordischer dichtung) als ein hund oder wolf gedacht
wird, der die zahne in die gegenstände schlägt, die es
verzehrt; ebenso von den scharfen, schneidenden waffeu, von
denen in nordischer dichtung gesagt wird, dafs sie beifsen.
Das indische und das griechische verbum stimmen im ge-
brauch nahe überein. danro} wird II. XXIII, 183 von den
hunden gesagt, ebenso xaradanra) II. XXIII, 339, Od. III,
259; und ähnlich heifst es im Rigv. X, 86,4: ^vä nv
asja gambhiäad api karne ihn soll nun der hund beim
obre packen (Kuhn zeitschr. I, 124). Wenn gambhajati
übertragen ^zermalmen, vernichten^ bedeutet, läfst sich
damit xelvog xcci Telafiwvog ödipsv viov Pind, Nem. VIII,
23, und ddntQia verzehrend (von einer krankheit) ver-
gleichen.
Unter den ableitungen hebe ich skr. gabhja ein ge-
wisses, dem körne schädliches thier, griech. Sanrai blut-
saugende insekten hervor. Intensiv ist skr. gangabhjat^,
gah^abhlti, griech. Sagöcenrco, Öccnro) steht gewifs für
ddffjo)^ ;^aV/;ya7 = gambhajämi. Wenn die hier gegebene
etymologie richtig ist, mufs ddnra) von Sandm] getrennt
werden, während es dagegen mit yce^icfrj^ yf^'u(f^]^Vi yö^-
(pog, youcfiog verwandt ist; s. über diese Wörter nament-
lich Kuhn zeitschr. I, 123 ff.
Endlich will ich hier einen versuch wagen, die schwie-,
rigen Wörter öei^u und öevre zu erklären. Dafs sie Im-
perativformen sind, scheint daraus deutlich hervorzugehen,
dafs öevTs in aufforderungen an mehrere gebraucht wird;
dadurch werden die von Benfey wurzellex. II, 232, Meyer
zeitschr. VI, 291 , Sonne zeitschr. XII, 282 vorgebrachten
erklärungen widerlegt.
Wie mir scheint, können devoo als Imperativform im
sing, und devTS als Imperativform im plur. nicht anders
als durch die annähme, dafs öevQO aus ÖBvg-ao und öbvts
aus devQ'te entstanden ist, vereinigt werden. Freilich
wäre wie im sing, so auch im plur. mediale endung zu
428 Bngge *
erwarten; aber thvTB kann nicht au8 deifO'fT&B entstanden
sein. Der hier vorkommende verbalstamm kann nach grie-
chischen lautregoh) aus ihuf^ yef)^ entstanden sein. Nim
findet sich im Kigveda gar, garatg sich in bewegung
setzen, sich nähern, hinzukommen^ imper. ^arasva komm
her, devüo^ dual, garethäm nähert euch. Ich vermutbe
daher, dais (if^nj durch v von der wiirzel, die im skr. gar
lautet, in derselben weise, wie skr. gurv von gvar, turv,
altbaktr. taurv von tar u. s. w., erweitert ist.
Uebcrraschend ähnlich, wenn auch vielleicht auf etwas
verschiedener lautentwicklung beruhend, ist pers. d ss skr. g,
z. b. neupers. dämäd = skr. gämätar, altpers. dau8tar =
8kr. göätar, altpers. daraja = skr. grajas; doch hat das
pers. d auch skr. h gegenüber, was im griech nicht der fall ist.
Je mehr die älteste entwickelung der indischen, per-
sischen und griechischen spräche aufgehellt wird, desto
deutlicher tritt die tliatsache hervor, dafs das griechische
unter allen europäischen sprachen von japhetischem stamme
mit den verwandten sprachen in Asien und namentlich mit
den iranischen die nächsten und die umfassendsten berOh-
rungspunkte darbietet. Weit deutlicher würde dies sich zei-
gen, wenn uns die iranischen sprachen, welche im alterthume
in Klein- Asien gesprochen wurden, näher bekannt wären.
skr. gatu, altn. kvada, lat. bitumen.
Ahn. kvad^a fem. bedeutet harz, das aus den bäu-
men fliefst; verwandt hiemit ist kvaed'i neutr. , das in
schwedischen dialekten als kvaee und in mehreren andern
formen vorkommt s. Kietz s. 373 f. und von Rietz erklärt
wird: ,,ett slags kitt, utgörande en kädaktig massa, som
vid näfvers bränning afskrapas i vatten , tuggas och bliiVer
ett spänstigt ämnc, hvilket äter värmas vid eld och an-
vändas att hopfästa sönderslagna lerkärl^. Das entspre-
chende wort in norwegischen dialekten heifst kv»e und
bedeutet biestmilch, die erste milch einer kuh nach dem
kalben ; an anderen orten soll es saft oder gummi von rinde
bedeuten, was jedoch zweifelhaft ist (I. Aasen). Das wort
bezeichnet also überhaupt eine zähe, fette, klebrige masse
zur etymologiechen Wortforschung. 429
oder fiössigkcit. kväd*a, ursprönglich kv&pö, stamm
kväpöD, weist den lautverscbiebungsgesetzen gemäfs auf
eine form, die mit gät beginnt, zurück. loh glaube da-
her, dafs das wort mit skr. gätu neutr. lack, gummi, vgl.
gät US a aus lack, gummi oder damit überstrichen nahe
verwandt ist. kväd*a aus kväpö setzt daher wohl ein
noch älteres kväpvö voraus; das zweite v mufste in sol-
cher lautlage im altnordischen nothwendig wegfallen. Auch
im lateinischen findet sich ein wort, das möglicherweise
mit skr. gatu zusammengehört, nämlich bitümen erdpech.
Dafs dies ein lehn wort von einem griechischen, wie es
scheint, nicht vorkommenden niTTWfia sei, kann kaum er-
wiesen werden; eher könnte bitümen mit pltülta ver-
' wandt sein; vergl. die hiemit bei Pictet origines Indo-Eur.
1,231 zusammengestellten Wörter. Ich ziehe aberfolgende
erklärung vor. bitümen setzt einen wortstamm bitü
voraus, und dieser entspricht nach meiner vermuthung skr.
gatu. b ist durch die mittelstufe gv (was in germani-
schen sprachen zu kv wurde) aus g, wie in bos, bitere
u. a., entstanden; das ursprüngliche ä wurde zuerst e und
dann i wie z. b. in stiti.
Woraus gatu gebildet ist, wage ich nicht mit Sicher-
heit zu sagen. Der form nach möchte man glauben, es
sei aus gan gebildet (vgl. mati aus man), denn gan-
tukä wird in derselben bedeutung wie das von gatu ab-
geleitete gatukä angeführt, und eine wohlriechende pflanze,
die gatukä genannt wird, führt zugleich den namen gani.
Auch andere ableitungen der wurzel, welche im sanskrit
gan lautet, haben im germanischen anlautendes kv z. b.
altn. kvän gattinn. gatu würde dann ursprünglich ein
natürliches erzeugnifs (z. b. von bäumen oder von der erde)
bezeichnen; ein solcher name scheint aber freilich für harz
sehr wenig charakteristisch.
griech, ßaardCBiv; lat. gerere, gestus, gestare,
altn. kös, köstr, kasta.
Fick s. 60 stellt ßaard^uv richtig mit gestare zu-
sammen ; rücksichtlich des vocalverhältnisses mag z. b. auf
430 Bugg«
ßairio ^ venio, Sdt^rvXog vgl. digitus, ursprünglich de-
getos verwiesen werden. Auch hat er gewifs recht, dafs
fia^^ ges mit der wiirzel gas kommen, die im altbaktri-
8chcn in der form gab (praes. gahaiti), ganh (ganh-
aiti) auftritt, identisch ist; diese wurzel hat in den euro-
päischen sprachen causalbedeutung erhalten, wie griech.
li«), nach seiner gewöhnlichen bedeutung als causativ des
skr. gal fallen aufzufassen ist und wie ßa, arcc aufser ihrer
intransitiven bedeutung eine entsprechende causalbedeutung
haben. Noch kann erwähnt werden, dafs gas sich formell
zu gfi verhält, wie das, altbaktr. danh belehren zu da
wissen.
Von der wurzel gas (mit causalbedeutung) werden
auch in den germanischen sprachen viele Wörter gebildet.
Dem lautverschiebungsgesetze gemäfs entspricht dem
lat. gestare, griech. ßaaTctCBiv regelrecht altn. ka8ta(ka-
staäTa), dem partic. gestum das altn. subst. käst, dem
subst. gestus altn. köstr, ursprünglich kastus. Der
wurzelvocal in kasta verhält sich zu dem in gestare
wie a im got. vasti zum e im lat. vestis.
Die bedeutung „werfen** mag freilich kasta von /?«-
atci'C^Hv^ gestare weit zu entfernen scheinen; bei näherer
Untersuchung wird aber diese bedenklichkeit hinfällig, köstr
und das nahe verwandte kos bedeuten congeries; nor-
weg. kasta ihop ist congerere; mit altn. kasta hang
läfst sich congerere aram vergleichen; an maledicta
in aliquem congerere schliefst kasta onTum, reitlfi
a mann sich an; spem omnem in aliquem conge-
rere läi'st sich im dänischen geradezu „käste alt sit haab
paa en^, caussas vastati agri in aliquem conge-
rere „käste skylden paa en" übersetzen.
Nun mufs erinnert werden, dafs die vorsilbe ga im
nordischen regelrecht wegfallt, so altn. sinni = got. ga-
sinpja, beöTja = alts. gibeddio, rüni = ags. ge-
rüna, halaiban auf dem Tunestein = got. gahlaibin.
Ich glaube daher, dafs köstr häufe, Stapel f&r gakastus
steht, was dem lat. congestus völlig entspricht (vgl. kostr,
got. kustus = lat. gustus); ebenso ist kös häufe aus
zur etymologischen Wortforschung. 431
ursprünglichem gakasä entstanden. Das stammverbum
mufs die fiexion gakasan (== congerere), gakös gehabt
haben; davon ist kös wie gröf von grafa und köstr
wie gröftr abgeleitet. Wie lat. gestus von gero, gessi,
gestum gebildet ist, setzt gustus ein guro, gussi, gu-
stum voraus, das sich zu yEvco wie uro, ussi, ustum
zu BV(o (vgl. jedoch degunere =ä degustare Fest, apud
Paul. Diac. 71 und gloss. Labb.) verhält. Ebenso nun wie
gustare dem altn. kosta entspricht, so gestare dem
altn. kasta; aber viele von den bedeutungen dieses ver-
bums haben nach dem oben angeführten ursprünglich einem
zusammengesetzten gakastön angehört. Es ist deutlich,
dafs kasta allmählich die Sphäre seiner bedeutung erwei-
tert hat, jemehr verpa im gebrauch beschränkt worden
ist. Wahrscheinlich dünkt mir jedoch, dafs kasta nicht
nur bedeutungen umfafst, die ursprünglich durch das zu-
sammengesetzte gakastön ausgedrückt wurden, sondern
auch begriffssphären, die von anfang an dem nicht zusam-
mengesetzten kastön angehörten. Schliefslich will ich
darauf aufmerksam machen, dafs kasta seg jetzt in der
norwegischen Volkssprache heifsen kann: luftsprünge thun,
aufspringen und sich in der luft drehen ; den köpf und den
Oberkörper rasch hin und her drehen; käst n. sprung, luft-
sprung, rasche Umdrehung des kopfes und des Oberkör-
pers; dies erinnert merkwürdig an gestire, gestus.
skr. gavini, griech. ßovßwv^ altn. kann.
Fick wörterb.*s. 60 hat den Zusammenhang nachgewie-
sen zwischen skr. gavini oder gavinf fem. dual. „bez.
eines theils des Unterleibes in der gegend der geschlechts-
theile, etwa die leisten^ und griech. ßovßwv masc. drüsen
neben der schaam, besonders dieselben in krankhaft ge-
schwollenem zustande, ßovßdv steht für ßovfdv aus einer
gtundform gavän, wie ßovßalog = skr. gavala. Skr.
gavini ist aus gaväni entstanden wie skr. putrin aus
putransB altbaktr. puthran(Fick zeitschr, X VIII, 453) *).
«
*} Dies -in aas an, &n führt znr richtigen erklärang der eigenthtlm-
liehen päliform gahapatäni = skr. gfhapatni; dieselbe läfst ftir das
432 Bugge
Mit ga Villi, ßovßiiv stelle ich altu. kaun neutr. , jetzt
masc. geschwür mit starkem schwulst zusammen. Die be-
deutuug dieses wertes wird mit der bedeutuog jener durch
den begriff des krankhaft geschwollenen leicht vermittelt;
deutsch drüse bedeutet auch geschwür; ßovßdiv heifst
„die leisten'*, aber „leiste" ist auch bezeicbnung einer ge-
schwulst an den füi'sen ^er pferde dicht oberhalb des hufs.
In kaun ist der stamm kauna; dies verhält sich zum
stamme gavän, der dem indischen und griechischen worte
zu gründe liegt, wie altn. nafn, namn, stamm nafna,
n a m n a zum skr. n ä m a n , altn. g u m n a r menschen, stamm
gumna zu gumar, stamm guman.
Die von Zacher (das got. aiphabet Vulfilas s. 5f.) vor-
gebrachten vermuthungen über die ursprüngliche bedeutung
des altnord. kaun haben keine feste grundlage.
skr. grävan, griech. A«ag, altn. kle.
Dafs Xäa^ masc. stein aus \äj:a<; entstanden ist, wird
durch die nebenfbrm Aeig erwiesen; diese, die Sylburg
Paus. III, 2?, 1 statt Z^v^ einsetzte, mufs aus 'k^voa steini-
gen für Ktvjüü (vgl. ßaüiuvia statt ßaai?.eij(o) gefolgert wer-
den. ?.c(jra<:; ist von Bopp und Benfey mit skr. grävan
masc. stein zum auspressen des soma, in der späteren
spräche stein überhaupt, zusammengestellt worden, käai^
steht somit für y/.ofag^ wie ?.ijfiäv neben yXa^av gebraucht
wurde.
Diese Zusammenstellung wird gestützt durch altn. kle
masc. stein, der in ein gewebe gehängt wird, um es aus-
gespannt zu halten; man mufs das wort auch von steinen,
die in ein netz gehängt werden, gebraucht haben, da das
davon abgeleitete kljä in der norwegischen Volkssprache
„ein netz mit lothen behängen'* heifsen kann. Der stamm
des substantivums ist klean: nom. kle für klei, acc. dat.
gen. klja für klea, nom. pl. kljär für klear. Die fofm
kljär im nom. sing, ist spät nach kljä, kljär, kljäm in
den übrigen casus gebildet. Die Stammform klean ist
masc. pati die Vorstufen *patan, *patin voraussetzen, welche natürlich
auch in patnl, no ivia zu gründe liegen. Anm. der red.
zur etymologischen wortfolrschung. 433
aus kl e van entstanden, ebenso wie hie aus bleva in
der goldhorninschrift, per (in namen wie Eggp6r, Sig-
per) aus pevar, das in einer dänischen mit den runen
der längeren reihe geschriebenen inschrift vorkommt, kl^
würde in gotischer form kliva lauten. Die Stammform
klevan, got. ^klivan weist regelmäfsig auf grävan zu-
rück, das sich nur durch seinen kurzen stammvocal vom
skr. grävan unterscheidet; ebenso ist der vocal im griech.
kevg gekürzt. Der Ursprung des wortes grävan ist un-
sicher; man möchte mit Schweizer-Sidler zeitschr. XII, 303
meinen, es sei von derselben wurzel wie gurü schwer, ur-
sprünglich garu, und diese wurzel bezeichne fallen, dann
gewichtig sein; aber der umstand, dafs grävan stein sich
in den europäischen sprachen völlig von garu schwer ent-
fernt hat, erweckt bedenken, obgleich freilich die wurzel,
von der garu ausgegangen ist, in den europäischen spra-
chen mit 1 vorkommt.
glaisa-s lispelnd, eigentlich klebrig, lat. blaesus,
altn. kl ei SS.
Lat. blaesus stimmt in der bedeutung mit altn. kleiss
lispelnd überein und entspricht im laut diesem genau, vgl.
lat. bos = altn. kj^r u. s. w. b im lateinischen worte
mufs demnach aus g entstanden sein. Die ursprüngliche
bedeutung des wortes ersieht man wohl aus dem nordi-
schen Worte; denn norweg. dial. kl eisen und das davon
im vocal verschiedene kl essen bedeutet nicht nur lispelnd
in der rede, sondern auch sehr weich und klebrig, klessa
klass an etwas kleben. Verwandt sind viele Wörter, die,
was klebrig ist, bezeichnen und die gl, im german. kl im
anlaut haben; einige derselben sind bei Curtius no. 544
zusammengestellt.
ghri, ghra.
Grrieoh. XQ^^ bestreichen, schmieren, lat. friare zer-
reiben, fricare setzen gewifs eine grundform ghri, ghra
voraus. Eine erweiterung derselben haben wir im altschwed.
vriffa, altnorw. riöTa (praet. reiöT) reiben, schmieren. We-
Zeitschr. f. vgl. sprachf XIX. 6. 28
434 lingge
gen dos v im aulaut vergleiche man got. varms == lat
formus, skr. gharma, got. vintrus ftir virntrus zu
8kr. him kälte, frost, bima winter; v ist wahrscheinlich
ans gv entstanden, dies aus ghv, worauf auch lat. f hier
zurückweist, und dieses wieder aus gh. In vrid'a ist die
Wurzel durch den nämlichen zusatz erweitert, den wir z. b.
in lid^a, got. leipan finden. ;^()/(o heifst auch die haut
leicht verwunden, ritzen, streifen, und demnach gehört hie-
hor altsächs. writan verwunden, ritzen, dann auch ein-
ritzen, altn. rita schreiben, got. vrits punkt. vritan ver-
hält sich zu XQ^ ^^^ ^'^°- fljota zu nXv. Anders Leo
Meyer got. spr. 371; was Pott wurzelwtb. 98 aus germa-
nischen sprachen anfßhrt, gehört mit XQ^^ kaum nahe zu-
sammen. — ghri ist gewifs nebenform von ghar, wovon
das mit lat. frico gleichbedeutende altindische gharäänni
erweitert ist. Eine andere nebenform ist skr. ghrg an
etwas riechen, schnüffeln, mit dem munde berühren, kfis-
son, wovon ghräna masc. neutr. nase, ghönä fem. nase,
maul (des pferdes), Schnabel (einer eule), ghräti fem. nase.
Dem skr. ghrfi entspricht regelrecht german. vrö, und
eine erweiterung dieser wurzel finde ich im ags. wrötan,
altn. rota wühlen (namentlich wie ein schwein mit dem
rüssol)^ ags. wrot schnauze, rüssel des elephanten, nhd.
rüssel. Da die letztgenannten Wörter begrifflich mit dem
lat. rostrum stimmen, scheint rödere mit wrötan zu-
sammengestellt werden zu müssen. — Altn. rani masc.
schnauze, stamm ran an, erkläre ich ebenfalls aus ursprüng-
lichem wrana, was dem skr. ghräna nahe steht.
lat. dolare, altn. telgja.
Gleichbedeutend mit lat. dolare ist altn. telgja schnei-
den, hauen (fliesen, späne) von holz oder stein, zuschnei-
den, zuhauen (holz oder stein), durch wegschneiden der
äufäeren theile einem hölzernen oder steinernen gegenstände
die bezweckte form geben; dazu talga, später tdlga
fem Ti) telgja, talguex = dolabra. Auch in der form
gehören telgja und dolare zusammen; g in telgja I&Tst
sich mit g in belgr, got. balgs dem lat. follis gegen-
zur etymologischen Wortforschung. 435
über vergleichen. Dafs dolare zur wz. dar die haut oder
rinde abreifsen, spalten gehört, ist schon von anderen be^
merkt; siehe z. b. Curtius grundzüge s. 209, Fick unter
däru 2.
dargha lang, altn. tjälga, tjälg.
Aus einem gemeinjaphetischen dargha-s haben sich
skr. dirgha-s, altbaktr. daregha-s, griech. doXixo-g (vgl.
hvÖ^Xtpi^)^ kirchensl. dlügu, lit. ilga-s entwickelt. Die-
ser wortstamm findet sich auch in den germanischen spra-
chen: mhd. zeige ast, niederdeutsch telge, ags. telga
masc. Von diesen Wörtern haben schon Pott et. forsch.
1. ausg. I, 251 und Kuhn zeitschr-. VII, 63 ausgesprochen,
dafs sie dem skr. drh regelrecht entsprechen. Dafs sie
wirklich zu den oben angeführten Wörtern, die ^lang" be-
deuten, gehören, wird durch altn. tjalga fem. ein langer,
dünner ast, tjalgur lange arme zur gewifsheit. Hieher
auch altn. tj41g, telg fem. farrnkraut. Rücksichtlich des
vocals schliefsen die germanischen wörter sich am näch-
sten an das lit. ilgas an. Völlig gleichartig ist das ver-
hältnifs zwischen skr. darh dihati, altbaktr. darez fest
machen, derezra superl. darezista fest und got. tulgus
fest, altsächs. tulgo viel.
skr. dvära-m, lat. forum, umbr. osk. vero.
Lat. forum heifst eigentlich vorhof, wie man aus
demjenigen ersieht, was Cic. de legg. II, 24, 61 aus den
gesetzen der zwölf tafeln anführt: Quod autem forum
id est vestibulum sepulcri bustumve usucapi vetat,
tuatur ius sepulcrorum. Haec habemus in XII.
Das wort bezeichnet dann den marktplatz als den von ge-
bäuden eingeschlossenen freien platz. Dies ist von Corssen
krit. beitrage s. 173 hervorgehoben, dai's aber die von ihm
gegebene etymologische erklärung nicht die richtige ist,
wird, wie ich glaube, aus folgender Zusammenstellung her-
vorgehen. Es ist bekannt, dafs lat. fores, foris, foras
mit skr. dvär fem. thüre, ved. nom. acc.pl. düras, griech.
ö'Vfja, slaw. dveri, lit. dürys f. pl., altn. dyrr f. pl. zu-
28*
436 Bugg^
sammongeliöii'ii. In ^anz derselben weise finden wir lat.
forum wieder in skr. dv^ra-m thor, altbaktr. dvare-m
thor, palast, kirchenslaw. dvoru aula, lit. dvara-s der
hofraum, das gehöft an den gebäuden, ein adliges gut,
got. daur neutr. thor, gall. doro = ostio, dori =
ostii, woraus der noin. doron gefolgert werden mul's
(beitr. VI, 231). Im slawischen und im litauischen, wo das
wort masc. ist (im lit. ist das neutrum überhaupt aufgege-
ben), ist die bedeutung fast ganz dieselbe wie im ältesten
lateiu : „vorhof^. Es zeigt sich demnach^ dafs ältere lati-
nisten bei forum mit recht nahe Verwandtschaft mit fo-
res annahmen. Die europäische grundform ist dbTära-m.
Was fores betriffi;, bemerke ich noch, dafs die beden-
tungseutwickelung, die wir bei foris, foras, griech. dv-
l)(((ri^ ßv()cc^6^ {fvqafihv^ ßr^ccJo^^ d'vgdi.ai = i^o} rfjg i^v-
()a^ i)iaToißBtv wahrnehmen, auch in norweg. dialekten er-
seheint: dyra (döre ausgesprochen) heifst: ans dem hause
hiuausbringen, dyra seg sich hinaus verfßgen.
Auf den iguvinischen tafeln kommt vero masc. phir.
vor in der bedeutung thor, wie Aufrecht und Kirchhoff
u;ich«>:ewiesen haben. Demnach habe ich veru sarinu in
einer oskischen inschrift aus Pompeii (Mommsen s. 185
taf XI no 29 b: Fabretti 2796) durch „Samerthor« erklärt,
welcrlie erklärung von Corssen gebilligt worden ist. vero
hat man mit skr. dvära identificiert ; da sich aber dies,
wie ich nachgewiesen habe, im lat. forum, was sieb von
vero weit entfernt, wiederfindet, ist diese vergleichung
höchst unwahrscheinlich. Ich leite umbr. osk. vero von
skr. WZ. var arcere ab, das in Zusammensetzung mit apa,
a p ü , vi, V j ä aperire heifst und z. b. in Zusammensetzung
mit ä tegere, operire, occulere, obstruere, praecludere; Ht
voriü verti öffnen, schliefsen, kirchenslaw. vrSti scblie-
fseu. Ob skr. vära thor, das in der ältesten litteratur
nicht nachgewiesen werden kann, gleichfalls von wz. var
abgeleitet ist (vergl. Pictet origines Indo-Enrop. II, 249)
oder ob wir darin eine spätere form für dvära haben,
wage ich nicht zu entscheiden.
zur etymologischen Wortforschung. 437
dhäv, griech. -ß-av^ altn. da.
Die griechische wurzel &/4F ffav^ die in &ccvfta am
deutlichsten hervortritt, wird mit recht im kirchenslaw. di-
viti 8q &revuci^6tv^ lit. dj^vitis wiedergefundon, s. Curtius
grnndzüge s. 228 no. 308. Was den vocalübergang be-
trifft, so läfst sich vergleichen lit. yla = ahd. ala, skr.
ärä; lit. sj^vas saft = skr. sava, ahd. sou, ags. seaw.
Aus derselben wurzel ist abgeleitet altn. da, gevtröhnlich
dast, praet. dad*ist sich wundern, bewundern, däsamligr
bewundernswürdig, da in Zusammensetzungen überaus, sehr,
z. b. davaenn. Das verbum da würde in gotischer form
da van, praet. davaida lauten, vgl. altn. fair == got. fa-
vai. Besonders zeigt sich begriffliche Übereinstimmung
mit dem litauischen: Nesselmann erklärt dyvas „ein wun-
der, (?in wunderbares ereignifs, Überhaupt alles was befrem-
det, unerwartet kommt und plötzlich die aufmerksam keit
auf sich zieht, z. b. ein plötzlicher Unglücksfall **. Und so
wird altn. dar adj. von demjenigen gesagt, was auf die
gemüther der menschen einen starken eindruck macht, die
gefühle des herzens in starke bewegung setzt; es bezeich-
net sowohl unangenehm, unerträglich als lieb, angenehm;
norweg. dial. dätt adj. neutr. „hastig, plötzlich; auch hef-
tig"; eg vart so dätt mae ich ward so überrascht, an-
gegriffen (von schrecken oder erstaunen). Eine abwei-
chende erklärung von da, die Gislason in „ärböger for nor-
disk oldkyndighed " 1869 s. 115 vorbringt, mufs aufgege-
ben werden.
lat. pandus, altn. fattr.
Altn. fattr heifst zurückgebeugt; fattr ist aus fantr,
wie brattr aus brantr, entstanden. Dies fattr ent-
spricht dem lat. pandus gekrümmt so genau wie möglich.
Der begriff des lateinischen wertes ist weniger beschränkt,
es kann aber ganz die speeiellere bedeutung des altn. fattr
haben; wenn z. b. Paul. Diac. exe. Fest, sagt: pandicu-
lari dicuntur, qui toto corpore oscitantes exten-
duntur, eo quod pandi fiunt, können die zwei letz-
438 Buffge
teil Wörter jreradezu durch veröa fattir Obersetzt wer-
den. Lat. pandus hat nicht die b^.'deutuug „ausgebreitet^,
die Corssen krit. nachtr. 1 1 1 dem worte beilegt.
skr. prpni, griech. TisQxvog^ alto. freknur.
Schlagend ist die Zusammenstellung von skr. pr^ni
gesprenkelt, bunt (besonders von kühen) und griech. ;r€o-
xi'o^', Tjtnxog gesprenkelt, schwärzlich, s. Pick Orient und
occident III, 104, wth. s. 111, Curtius grundzQge s. 247.
Aus den germanischen sprachen sind folgende Wörter zu ver-
gleichen: altn. freknur fem. pl. sommersproeisen , scbwed.
fräknar masc. pl., dänisch fregner, engl, freckles, alt-
engl. freckens, vgl. engl, to freak sprenkeln. Die ger-
manischen Wörter schliefsen sich in bedeutung genau an
die griechischen an, namentlich an nsQxdfiara' ra hm tov
TiQoawnov noixiXuaTa lies.; formell stehen sie denjenigen
griechischen Wörtern, welche das q unmittelbar nach n
haben, am nächsten: ttüccxvov' uekava^ tiqbxvov* nohxiko-
XQoov elctifov. k in" den germanischen Wörtern entspricht
nicht regelrecht x im griech., 9 im skr.; ich fasse das
verhältuirs folgendermafsen auf: wie die Römer oft Pro-
gne für Procne sagten, müssen wir uns eine vorgerma-
nisclie form pregua-s aus prekna-s, prakna-s ent-
standen denken, pregna-s wurde nach den lautverschie-
bungsgesetzen im germanischen regelrecht zu frekna-s.
Das stammverbum ist skr. sparp sprpati tangere,
conspergere. An dieses schliefst lat. spar go sich an, wo
g durch lautschwächung aus c entstanden scheint; das
ursprüngliche s ist wie in spurcus erhalten. Auch die
germanischen sprachen haben viele verwandte Wörter mit
sp im anlaut; ich beschränke mich hier darauf diejenigen
zu nennen, die in der bedeutung am nächsten liegen und
welche die grundform sprek, sprenk (den lautverschie-
bungsgesetzen gemäfs aus vorgerman. spreg, spreng
entstanden) zeigen; abd. sprehha hautfleckeu, nhd. spren-
keln^ sprenklein, sprenkiich, engl, to sprinkle,
isl. sprekla kleiner flecken, schwed. dial. spräkla, nor^
zur etymologischen Wortforschung. 439
weg. dial. spreklur fem. plur. kleine zerstreute flecken,
spreklutt, dän. spraglet.
Im litauischen gehört hieher preszas m. ein maal,
ein flecken auf der haut, im gesiebte (Ness.), dessen stamm-
vocal jedoch näherer etymologischer bestimm ung bedarf.
Dagegen lasse ich hier das deutsche fleck, flecken
wogen der verschiedenartigen anwendung des wortes bei
Seite; s. Grimm deutsch, wörterb.
skr. bäla, griech. Tiwkog.
Mit Fick nehme ich an, dafs griech. nojkoi^j lat. pul-
lus, got. fula, ahd. folo, altn. foli auf eine grundform
päla hinweisen. puUus ist aus pülus, wie querella
aus querela (Corssen ausspr. 2. ausg. I, 226f), entstan-
den; der labiale vokal ist unter einflufs des vorhergehen-
den p eingetreten. Das entsprechende sanskritische wort
ist bisher nicht gefunden. Fick vergleicht skr. pälaka;
allein die bedeutung ,,pferd" ist für dies wort, das sonst
hüter, Pferdeknecht heifst, nur vom wörterbuche Hemar
Kandra's bezeugt und darf daher nicht als sicher angese-
hen werden. Ich identificiere skr. bäla m. Die bedeu-
tung stimmt trefflich: bäla als adj. heifst: jung, kind-
lich, unausgewachsen; als subst. kind, knabe, thor; aber
auch junges thier, füllen, fünfjähriger elephant. Auch das
europäische wort bezeichnet junges thier überhaupt, so
z. b. im griechischen auch von elephanten und kameelen,
im lateinischen von eseln, im altnordischen von kameelen
und eseln; nicht nur im sanskrit, sondern auch im grie-
chischen und lateinischen wird das wort zugleich von men-
schen angewendet. Dem* skr. bäla und dem lat. pullus
ist die anwendung zur bezeichnung junger pflanzenspröfs-
linge gemeinsam; ja zuweilen wird lat. pullus, wie skr.
bäla adjectivisch gebraucht: mens pullus passer Plaut.
Das griech. adjectiv 7TO)hx6g findet sich im skr. bälaka,
fem. bälikä wieder.
bäla ist hiernach aus älterem päla entstanden. Schon
im sanskrit kommt die Schwächung einer tenuis zu der
entsprechenden media auch im anlaut häufig vor: z. h
440 Bugge
<rarta= karta, danda stock, prOgel von tad scUageD,
haiiila verstümmelt neben panda euDUcb; vgl. Benfey in
d. zoitschr. VIII, 11.
prus, lat. pruina, pruna.
Froehde zeitschr. XIV, 454 f. hat schlagend richtig
lat. pruina reif, gefrorner schnee, frost mit dem germani-
sciu'n tri u San und skr. prus zusammengestellt. Dies wird
dadurch gestützt, dai's im skr. von pruä pruävä gebildet
ist, welches tropfen, gefrorner tropfen, reif bedeutet. DaCs
pruina eigentlich kalte bospritzung, kalte feuchtigkeit be-
deutet, wird auch dadurch bestätigt, dai's es in der fran-
zösischen form bruine „feiner, kalter regen** bedeutet
pruina ist nicht aus einer primären wurzel pro entstan-
den, sondern prusina wurde zu prurina und dies durch
dissiinilation zu pruina, ebenso wie v6r aus vcrer, ve-
scr entstanden ist und wie prora im pro ven malischen zu
proa wird. Pott hat mit friusan skr. pruä brennen
richtig zusammengestellt, da frigus urit gesagt wird, wie
wir in Norwegen „svide" (sengen) sowohl von der kälte
als von der hitze gebrauchen und die stärkste kälte „brsend-
kulde^ (brennkälte) nennen, weil sie eine brennende em-
pfindung verursacht. Altn. hrim bedeutet sowohl reif als
rufs. Freilich findet sich die bedeutung „brennen^ ftr
skr prus nur bei grammatikern, diese bedeutung der Wur-
zel setzten aber auch die von Froehde verglichenen Wörter
prurio und pruna voraus; das letztere wort darf nicht
mit Froehde von einer kürzeren wurzel pru abgeleitet wer-
den, sondern steht für prus na (vgl. venum für vesnum
u. s. w.j. Im Sanskrit kommt pruä in der litteratur in
der bedeutung spritzen vor; das verhältnifs zwischen die-
ser bedeutung und der nur von den grammatikern ange-
führten läfst sich mit dem verhältnifs zwischen gbarma
warm und ghar besprengen vergleichen. Die wurzel prus
ist wahrscheinlich theils von eiskalter feuchtigkeit, wodurch
die goironstände benetzt werden, theils von sprühenden
feuerfunken gebraucht worden.
zur etymologischen Wortforschung. 441
Wurzel budh, got. biudan.
Wie die form deutlieh zeigt, ist die wurzel des ger-
manischen biudan, bjö;5'a, bieten mit skr. budh, alt-
baktr. lit. slaw. bud, griech. nvd- identisch; das bedeu-
tungsverhältnifs verdient aber genauer nachgewiesen zu
werden, obgleich Ebel beitrage 11,1^4, Leo Meyer got.
spräche s. 61 u. a. das richtige angedeutet haben. Das ger-
manische wort mufs in causaler bedeutung dem skr. bu-
dhje, nvv&ccpouai gegenüber aufgefafst werden; wir ha-
ben viele beispiele, dafs in den germanischen sprachen wie
in den europäischen sprachen japhetischen Stammes über-
haupt der sanskritasprache und dem altbaktrischen gegen-
über das activische stamm verbum die bedeutung des da-
von abgeleiteten causativunis vertritt, so entspricht altn.
rjoiSra, ags. reo d an, griech. kqBv&Biv roth färben begriflf-
lich dem skr. röhaj, das im participium röhita roth be
wahrt ist. Altn. bjoiSra manni eitthvat heilst eigent-
lich: jemand etwas zum bewufstsein, zur erkenntnifs kom-
men lassen. Diese ursprüngliche bedeutung tritt deutlich
hervor in ausdrücken wie altn. m^r b^öTr (impers.) pekt
ich fühle behagen; m6r bydr eitthvat fyrir etwas fällt
mir ein; mer byöTr viöT einhverju ich fühle Widerwillen
bei etwas.
Die Wurzel budh hat in mehreren sprachen die be-
deutung „erwachen **, und so ist bjöÖTa öfter mit vekja
in übertragener bedeutung synonym: bjöiöTa manni "vig
= vekja manni vig; bjö;5'a til manns um eitthvat
jemand um etwas angehen ungefähr dasselbe als vekja
mal vid* mann; ags. beodan, altn. bj6;5'a kann »ver-
künden^ heifsen, ebenso wie das altbaktr. causativum:
neraö baodhajeiti verkündet preis.
lat. fors, fortuna, altn. atburiöTr.
Curtius grundzOge 270 und Corssen krit. beitr. 195
halten mit recht daran fest, dafs fors, fortuna, fortui-
tus von ferre abgeleitet sind, so dafs fors eigentlich
„das was sich zuträgt '^ bedeutet und formell mit dem in
442 Bug^e
der bcdeutuDg verschiedenen skr. bhrti fem. identisch ist.
Ich will hier auf eine gleichartige bedeutnngsentwickelung
in den nordischen sprachen aufmerksam machen. Im alt-
norwegischen kann sowohl bera als berast in der be-
deutung ^vorgehen, eintre£fen^ gebraucht werden; pat
berr at, berst at und berr til „es ereignet sich, es
trifft ein". Davon wird atburöTr masc. , plur. atburäTir
begebenheit, aben teuer, ereignifs, zufall gebildet, pat vArtS
af atburäf giebt das lateinische forte acoidit wieder,
burd'r ist vom stamme burtfi für borpi, und dieser ent-
spricht (das geschlecht ausgenommen) vollständig dem lat.
forti. Dafs das masc. im nordischen worte erst später
fnr das femin. eingetreten ist, kann daraus erschlosseD wer-
den, dafs wir im got. gabaurps fem. geburt dem altn
buröTr masc. geburt gegenüber finden.
(fvado)^ altn. bysja, lat. fistula.
Im griechischen ist (furta das blasen, blasebalg, blase,
(pvadiü blase, (fvaiciu) schnaube, noKpvaaM blase, keuche;
mehrere griechische Wörter von demselben stamme sind
bei Curtius grundzüge s. 447 zusammengestellt. Mit (pv-
aciv vergleiche ich altn. bjsja, vgl. sprikja ^ fitpmyäv^
temja == (^ct^dv^ reyna = kqevväv, bysja heifst aus-
strömen; von diesem worte, das nur der dichtersprache
gehört, sind zwei formen belegt: praes. 3. ps. sing, byss,
Olafs saga helga in Heimskringla cap. 193: byss m^r
blosöT 6r pessu beni das blut strömt aus dieser meiner
wunde, und praeterit. busti, Helgakvida Hund. II, 10:
busti blöd* a brimis eggjar; von den thränen Edda
ed. Arna-Magn. II, 502. Die bedeutungen „ausströmen,
aussprudeln" und „blasen" berühren sich oft, und jene be-
deutung ist dem griechischen wortstamme nicht fremd:
f,ulccvüg aifiarog (fVörj/Liccra Eur. Iph. Aul. 1114. Die näm-
liche bedeutnngsentwickelung läfst sich bei kxq>XaivM her^
vors^rudeln dem lat. fläre, ahd. bläan gegenüber und
beim homerischen I^TiQrjasv blähte, liefs strömen wahrneh-
men; ebenso bezeichnet norweg. fr^sa, seh wed. fräs a so-
wohl hervorsprudeln, ausströmen als auch stark sqhnaii-
zur etymologischen Wortforschung. 443
ben. Die bedeutung „blasen" ist bei dem hier besproche-
nen wortstamm auch im nordischen nicht unbekannt: nach
Rietz wird in schwedischen dialekten busa mit der be-
deutung „gewaltsam blasen ** gebraucht. Ich unterlasse hier
auf die vielen damit zusammengehörenden Wörter in neue-
ren germanischen volksdialecten genauer einzugehen; vgl.
Grimm deutsch, wtb. bausen. Die griechischen und nor-
dischen Wörter weisen auf eine grundform bhus hin. Doch
ist ursprünglicher Zusammenhang mit der von Curtius s. 447
angenommenen grundform spus möglich; das verhältnifs
wird das nämliche sein wie zwischen norweg. braka und
spraka u. s. w. Auch im lateinischen ist eine ableitung
von der wurzel bhus (fva blasen möglicherweise in fi-
stula erhalten. Dies wort pflegt man von findo abzu-
leiten, so dafs es das röhr als das gespaltene bezeichne.
Gegen diese etymologie ist von seiten der form nichts einzu-
wenden, von Seiten der bedeutung aber dünkt sie mir sehr
bedenklich. Eine röhre mag schicklich als das hohle, durch-
bohrte, aber nicht als das gespaltene bezeichnet werden;
findere ist in der bedeutung von per fo rare wesentlich
verschieden. Auch weifs ich kein durch das suffix tulo,
fem. tula gebildetes wort, in dem das suf&x mit solcher
bedeutung angewandt wäre. Nach meiner vermuthung ist
fistula aus fustula, wie capitalis aus caputalis,
libet aus lubet, linter aus lunt er entstanden, fistula
(von Wurzel fus) enthält dasselbe suf&x wie Lautulae,
griech. ix^rh]^ got. nepla und bezeichnet eigentlich etwas,
wodurch geblasen wird, deshalb jeden ausgehöhlten kör-
^ per, der einer pfeife ähnlich ist; gleichartig ist die bedeu-
tungsentwickelung z. b. bei avQiyi,^ pfeife.
(pvatjTi^o^ (pvaari'iQiov ^ (fvaakig schliefsen sich in der
bedeutung an fistula nahe an, was sich auch in besonderer
Übereinstimmung zeigt, wie dafs das blaseloch, woraus der
wallfisch wasser ausspritzt, im griech. (fV(^rirriQ^ im latein
fistula genannt wird. Dagegen kann ich mir nicht recht
erklären, wie fistula als name des schustermessers, der
pfrieme (fistula sutoria) und einer art handmühlen (fi-
stula farraria, fistula serrata) gebraucht wird; viel-
444 Bupge
leicht jedoch deutet das wort auch hier einen hohlen ge-
genständ an. Wenn meine vermuthung über fistula stich
hält, kann es mit festuca nicht verwandt sein.
managha, lat. multus, promulgare.
Während TtuXXoL oflfenbar mit nXiovBi^ und niücroi,
und lat. plures, plurimi zusammengehört, hat die latei-
nische spräche hiezu den positiv multi von einem ganz
anderen stamme, der bisher nicht genugsam erläutert ist
(vgl. Corssen beitrage s. 383 f.)« Comparativ und Superla-
tiv sind im altnord. fleiri, flestir von dem nämlichen
stamme als im lateinischen und griechischen, und da nun
der positiv margir, wie im lateinischen, mit m anfangt,
liegt es nahe mit Leo Meyer got. spräche s. 203, 264 einen
Zusammenhang zwischen margir und multi zu vermu-
then. Diese vermuthung wird sich bei näherer Untersu-
chung als wohl begründet erweisen. Altn. margr, got. .
manags (multus) ist mit kirchenslaw. münogü, später
mnogü, altir. menicc, menic, kymr. mynyeb, com.
nienoiigh (frequens) identisch; die grundform scheint ma-
nagha-s zu sein; s. Ebel beitrage II, 171, Schleicher
ebendaselbst V, 112. Wir müssen uns diese in altitalischer
form als monogos denken; dies wurde durch Übergang
von n in 1, worüber unten, zu mologos, was zu mol-
gos, mulgus zusammengezogen wurde, vgl. oulmus =
y.c</Mu<)^, Von *mulgus mancher wurde *mulglre ver-
mehren, vervielfältigen, wie ignavire von ignavus, ar-
tire von artus, das späte unire von unus u. s. w. ge-
bildet, s. Leo Meyer vergl. gramm. 11, 37 f.; *mulglre
entspricht vollständig dem got. managjan Trlt^&ureiv,
n/.eorci^etr^ kirchensl. mnoziti rthidivEiv, Das part. perf*
pass. von *mulgire lautete ursprünglich *mulglto8, aber
dies ward zu multus zusammengezogen wie fulcitus zu
i'ultus; multus bedeutet demnach ursprünglich multi-
plicatus. Eine stütze für die richtigkeit dieser erkl&mng
iinde ich in promulgare bekannt machen. Dies ist nach
meiner vermuthung von ^mulgo = got. managa gebil-
det und bedeutet eigentlich etwas vor viele oder Yor die
2Ur etymologischen wortforscHung. 445
menge bringen; provulgare ist in derselben weise ge-
bildet, ist aber nicht das nämliche wort. Die Zusam-
menstellung Corssens von pro mulgare mit promulcum
(ausspr. 2. ausg. I, 77, 11, 1 52 ) seheint sich von Seiten der
bedeutung weniger zu empfehlen. Corssen hat krit. beitr.
294ff., krit. nachtr. 27 7 f. behauptet, es gebe in lateinischen
Wörtern kein 1, das aus n entstanden sei; diese behaup-
tung ist aber nach meiner meinung nicht stichhaltig. Bin
beispiel, das Corssen ohne gründe abfertigt, halte ich für
unzweifelhaft: gleichbedeutend sind lat. lendes, lit. glin-
das oder glinda (vergl. lit. l^ndrö röhr = nendre),
lett. gnides, poln. russ. gnida, norweg. dial. knit, gnit
fem. u. 8. w., griech. xovideg, kymr. n^dd mit anderen kel-
tischen formen bei Pictet origines Indo-Eur. I, 415, und
man kann es demnach nicht bezweifeln, dafs lendes aus
glendes entstanden ist, wie lactis aus glactis, und
glendes wieder aus gnendes. Es ist offenbar das be-
dürfnifs einer dissimilation , das hier, wie in so vielen ro-
manischen Wörtern, welche Diez nennt, diesen lautüber-
gang bewirkt hat; so altportug. Lormanos (Normanni),
Span. Barcelona (Barcino), calonge (canonicus)
u. s. w. Ein anderes sicheres beispiel ist vespertilio
stamm vespertilion für vespertlnion, aus vesper-
tlno durch das suffix ion gebildet, vgl. z. b. stellion,
ludion, rubellion; auch hier wirkt das bedürfnifs einer
dissimilation deutlich zu der änderung des n in 1 mit. Die
beiden genannten beispiele eines Übergangs von n zu 1 im
lateinischen sind schon von Pott etym. forsch. 1. ausg. II,
100 f. angeführt. In den nordischen sprachen geht n beson-
ders da in 1 über, wo m entweder unmittelbar oder durch
einen unbetonten vocal von n getrennt vorausgeht: altdän.
gammel (z. b. Danmarks gamle Folkeviser udg. af Sv.
Grundtvig no. 126 A v. 1) = gammen, altn. gaman,
altdän. sammel = altn. saman, altdän. igemmel für
igemraen = altn. igegnum, dän. himmel = altn. him-
inn, altn. permlast, pramlast, perflast = parf-
nast; auch hier mufs man dissimilation anerkennen, in-
dem n näher als 1 mit m verwandt ist. In derselben weise
446 Bugge
ist wahrscheinlich der Übergang von n in 1 in ^mulgus,
*mologo8 aus *monogo8 aufzufassen. In vollständig
gleicher lautlage ist im span. comulgar ss communi-
care n in 1 übergegangen; noch mehr wird meine vermu-
thung dadurch gestützt, dafs mehrere slawische sprachen
das hier besprochene wort fQr ^multus^ in der form
miogi, also mit 1 für n, aufzeigen, und dafs wir im altn.
uiargr = got. manags den gleichartigen Übergang von
n in r finden, welcher sonst im altnordischen selten ist
Corsseu stützt seine behauptung dadurch, dafs inlau-
tendes V auch im griechischen nicht in l übergehe; dies
werde ich aber in meinen bemerkungen über (fikog wider-
legen. Vielmehr müssen wir von vornherein sporadischen
Wechsel von n mit 1 im lateinischen erwarten, da dieser
lautübergang in den meisten verwandten sprachen, so im
romanischen, germanischen, baltischen, slawischen, griechi-
schen nicht eben selten ist.
Wurzel mar gerinnen, skr. mürta^ müra, altbaktr.
mrüra, griech. ßoovog, ßgirag^ lat. brutus.
ßooTog m. geronnenes blut steht für fAgorog und ent-
spricht deutlich dem sanskr. mürta zusammengeronnen.
mürta ist nicht mit dem petersburger wtb. geradezu als
partic. praet. pass. von mürkh gerinnen zu betrachten,
sondern ist partic. von einem verlorenen verbum, wovon
mürkh durch anfügung von kh erweitert ist. mürta,
mürkh setzen die grundformen marta, marsk voraus.
£ine andere form dieser wurzel mar(mür) ist mrü, das
im altbaktr. mrüra hart, dick (vom schnee) erscheint. Wie
skr. mürkha stumpfsinnig, dumm, unverständig, got. mal-
ska in untilamalsks unbesonnen von mürkh, grund-
form marsk gebildet ist, ebenso ist ved. mürä stumpf-
sinnig, blöde, dumm, griech. ^oaqog^ f^MQog von dem uner-
weiterten mar, mur, wovon mürta partic. ist, gebildet
(anders das petersb. wörterb.). Es ist von Seiten der form
wie der bedeutung wohl möglich, dafs lat. brütus f&r
mrütus steht und von demselben stamme wie altbaktr.
mrüra, skr. mürta gebildet ist; die bedeutung würde
zur etymologischen Wortforschung. 447
Sich mit skr. mürKh gerinnen, erstarren, betäubt werden^
fest werden, sich verdichten, intensiver \fr erden, mürkha
stumpfsinnig, dumm sehr leicht vereinigen lassen. Aber
auf der anderen seite haben lett. grüts schwer, skr, gurü,
griech. ßagvg^ lat. gravis auf Verwandtschaft mit brütus
anspruch. Ich wage nicht zn entscheiden, auf welcher
Seite das recht ist, neige mich aber zu der ersteren mei-
nung, weil das lateinische gravis g erhalten, und weil
sich die bedeutung dieses wertes in einer anderen richtung
entwickelt hat. Lettisch grüts scheint nicht mit guru
gravis, sondern mit lit. griüti stürzen, lat. con-, in-
-gruere zusammenzugehören (Pott wz. wtb. 744f.). Eine
erweiternng der wurzel mar, wovon mürta, mürtth, ha-
ben wir, wie im petersb. wtb. unter mürkh bemerkt wird,
im kirohensl. mrazü gelu, mraziti s^ congelari (dagegen
wird unrichtig (nyog^ frigus verglichen); viele andere
verwandte Wörter in den slawischen und germanischen
sprachen lasse ich hier unerwähnt.
Da mürta zusammengeronnen in die bedeutung fest-
geworden, gestaltet, körperhaft, verkörpert übergeht, wie
mtirti fem. ein fester körper, feste, materielle gestalt,
form, erscheinungsform (besonders einer gottheit) bedeutet,
darf ich vielleicht griech. ßoerug n. (hölzernes) götterbild,
für Ligi-tag^ zu derselben wurzel stellen; in beziehung auf
das Suffix vgl. skr. prö-tas ohr, sr6-tas flufs, altbaktr.
pars-tanh bekämpfung, kampfwaffe. Das nämliche laut-
verhältnifs zwischen griechisch und sanskrit vermuthe ich
in ßqexuog m., ßgiyfjia n. vorderkopf, oberschädel; dies
steht vielleicht för ^gexf^og und ist dann mit dem gleich-
bedeutenden indischen mürdhän (aus mardhan) masc.
verwandt; griech.;^ entspricht auch in Si^a^ Si^f] s=s skr.
dvidhä sanskritischem dh.
Sophus Bugge.
448 Schmidt
Iiisclirift von Ostuiii.
Eine /u Ostiini gcfuudene kurze messapische inschrift
lautet nach der abschrift Catald^s
>TTIMPHIAB.
Sie ist von MommseD herausgegeben in den Ann. dell
Inst. arch. XX p. 156 (1848) und unterital. dial. s. 65;
wiederholt von Ariodante Fabretti Gloss. Ital. p.CCLXXXII
110. 29o4. Ein versuch sie zu erklären oder zu corrigiren
ist noch nicht gemacht. Da das P feststeht, ist an eine
er^änzung zu -ABAS, wie in n. 2999 Fabr. nicht zu den-
ken, folglich mit AH das zweite wort zu beginnen. Mit
Al> anfangende eigenuamen im messapischen sind z. b.
Artoria^ Ardannoa. Demnach wird im voraufgehenden
Worte die genetivenduug -hi zu suchen sein. Hieraus folgt
wieder mit evidenz, dafs P von Cataldi verlesen ist und I
hergestellt werden mufs. Die unzuverlässigkeit der Catal-'
dischen copie zeigt sich ja schon im zweiten buchstaben,
der kein digamma gewesen sein kann, sondern als E zu
fassen ist, ganz handgreiflich. Haben wir auf diese weise
die Worte:
7ETIMIHI : ^R . . .
gewonnen, so hält es nicht mehr schwer, die bedeutang
des ersten vollständig erhaltenen zu erkennen. Sein nomi-
nativ mufs 7ETIMA7 gelautet haben, d. i. Septimius, in
dor auch sonst vorkommenden form Setimius (Murat.
8>^2, 1) von setimuö = septimus (Renier inscr. rom. de
FAIgerie u. 3721^). Den ausfall des P theilt das messapi-
sche also mit dem etruskischen, wo derselbe eigenname
HttlV'T 3'2/ (sperc. ossuar. clus. n. 534 ^g) heifst, sein fe-
mininuin imvf^Z^ Septimia, n. 1180. 1520. 1777, wo-
von u. 821 / 3 H m V^'3^ und 819 JA M ttl V/13 2 j^^ der
familie der Septimier (geborne Septimia) und söhn einer
Septimia. Ob AK überhaupt rest eines eigennamen, und
in diesem falle eines männlichen oder weiblichen sei, mufs
unentschieden bleiben. Ein männlicher wäre z. b. APTAS,
von den Griechen auch 'l4QTog geschrieben. Vgl. L. Prel-
mi8celle.
449
1er zum Polem. perieg. p. 144. 145 und jetzt noch Otto
Schneiders exe. zu CalHm. h. Del. 41 p. 264. Auch die
frage bleibt unerledigt, ob dies AF ... im nom. oder gen.
stand; das messapische inschriftenmaterial bietet für beide
fälle beispiele, so dafs eine ergänzung unsres inschriften-
fragments zu ZETIMIHI : AF(TI^I) ebenso möglich ist, wie
zu 7ETIMIHI : AR(TAS) oder durch irgend einen andern
eigennamen in einer dieser fallformen.
Jena, dec. 1870. Dr. Moriz Schmidt.
L Sachregister.
Accentuation. Zur accentuation des
griech. 81 — 124: accentuation der
genitivendungen-«oj? -«o?, -eMv-f'otv
von A- und i «-stammen 83 ff. — aus-
nahmen zum betonungsgesetz der
ein silbler dritter declination und ihre
erklftrung 9 2 ff, — circumflectierung
langer endsilbe bei wörtem auf-a
erster declination und ihre gründe
99. — acut langer silben ist auf-
steigend gebrochener ton und als
solcher bereits von den griech. gram-
matikepi erkannt 104. — nothwen-
diger Übergang des acuts contrahier-
ter oder durch krasis vereinter Sil-
ben in den circumflex 104. 105. —
accentuation der nomina auf -^f 05,
-öovq 106 f. — accentuation der
adverbia auf -nl 107, auf -«T, -eC^
'l 107. 108. — proparoxytonierte
adverbia und verbalformen auf «t
109. 110. — accentuation der ad-
verbia auf -a^f 111. 112. — ac-
centuation der encliticae nach einem
paroxytonon 112. — dualformen
mit scheinbar gesenktem accent
114. formen auf fia mit zurückge-
tretenem acut 114. — Vgl. Sva-
rita. Vocale.
Adjectiva. Feminina auf -na von
adj. auf 'V durch vocalsteigerung
zu erklären 89. — praedicatives
adj. im gotischen 283. — flexion
des unbestimmten adjectivs im goti-
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XIX. 6.
sehen und althochdeutschen 287 ff. —
mischnng der adjectivischen u-
Stämme mit ja-stämmen im got.
(wie im lit.) führt im althochdeut-
schen zur alleinherrschaft der letzte-
ren 288.
Adverbia. Das skr. adverbialsuffix
-nä 168 f.; seine verwandten im
griech. 164, in den italischen spra-
chen 164 ff. — griech. adverbia auf
-xa, -ixa 174 f. — adverbia auf
-o)<; von adjectiven dritter declina-
tion 95. — got. adv. auf -d =
altbulg. auf -da, griech. auf -6>^a,
lat. auf -de; got. und lit. localad-
verbia auf -r 274. — Vgl. Ac-
centuation.
Alemannisch. Kleinigkeiten zur
alemannisch-schwäb. lautlehre 145.
Altnordisch. Specielle Überein-
stimmungen des altnordischen und
litauischen 853 — 359. grund dieser
Übereinstimmung ist, dafs im gebiete
des späteren preufsisch-litauischen
früher germanische bevölkerung ge-
wohnt hat 359 f. — Ausbreitung
germanischer vöIker im gebiete des
späteren preufsisch-litauischen und
nach Skandinavien 360 — 380: erste
germanische (dänische) einwandcrung
nach Skandinavien geschah von Sü-
den über Jütland 362. Zweite
(gotische) einwanderung aus dem
Weichselthale über das meer 3 6 3 ff. —
29
450
Sachregister.
Spuff I) ulfjf-.rtjiaii.l-' ! < r •<itMjaiii(:n
iriiPrvujstLlajjd'.3€0 — 374. — dritte
^«chwfrdischey einwAiid«:ruDg aa<f den
ucrf^endirn zwi6ch<;n dem rigaiscben
und tiniiiüchffn ineerbufen über dafr
uiftrr 375 f. ■spatere •^taInale8UDter-
frchiede in Skandinavien 379. —
andere livpother^en über den verlauf
der ^rnnani^dien ei »Wanderung nach
Skandinavien 371^ f.
Aphaerebis. Apbaeresis im slawi-
schen 4.
Aspiraten. Aspiraten des griech. j
und ihr Verhältnis zu den tenues
136 — 139. — l'niütellung des hau- '
ches oder wurzeln mit doppelter
aspirataV Pott contra Grafsniann
16 — 41 (cf. 138 f. 183, 244,
3Ö9flr.). — aspirierender einftufs von
V ini ^ri'ich. und lat. 86. — se-
cundiire aspirution der media d zu
O im i^riech. 400.
AsHiniilation. AMsiinilation des aus-
lauls an den anlaut des folgenden
Wortes im osk. 170. — assimilation
von It zu 11 im lat. 285. — assi- :
rnilation von nasalen an folgende
consonanten im ^ot. 275.
B airischer dialekt 311 f.
Casus. Vgl. Declination. Com-
paration.
C a u s al b e d c u t u n g europäischer wur-
zeln im gegensatz zu ihren arischen
verwandten 430. 441.
Comparation. Comparativsuff. -jas,
-ijas 233. — genitiv beim compa-
rativ im skr. und griech. 282. 283. —
zusammengesetzte comparationssuf-
fixe und ihre ursprüngliche bedeu-
tung.'}8l f. — comparativsuflßx ta+
Jans, griech. -liiuv^ lat. -tius 882 —
385. — Vgl. Suffix a. Vocal-
Steigerung.
C m p s i t a. Composita des griech.
mit verbalstämmen im ersten gliede
70 fl". ■ - composita des lat. 236 f. —
dvaixlvacomposition im vollen sinne
der sanskritischen für griech., lat.,
deutsch nicht anzunehmen 236 f.
C o n j u g a t i n . Lat. verbalform -trare
(= griech. -i(>elfi lat. -tereti) für
laut Worte 252. — dritte schwache
conjugation der gormanischen spra-
chen, besonders des got. und ahd.
285 f. — abgeleitete verbalstämme
in den nichtpneBcnsfonn«! gcga-
über primiren praeaeDtien 266. —
got. verba aaf -nan 286 f. — fiber-
tritt germanisclier starker reibt,
die im praesens -ja annehmexL iz:
die schwache conjngation 292. —
altn. verba auf -ja =s griech. auf
-df 442. — laL denorainatäva au
-ire 4 4 4 . — Tempora : nnterschei dnn^
der 1. and 3. pen. 8g. des schwaches
praeteritams im altn. und im dia-
lekt der ältesten runeninschriften
2 1 2 f.; participia aoristi im got. 29 1 f. :
perf. des laL 297 f., 806 f. (cf. 224);
terapusbildang des lat. nach Mer-
goets ansieht 304 ff. — Modi: Op-
tativ der got. verba auf -on 290;
wirkliche and angebliche conjnne-
tivformen im deutschen 290 f.
Consonanten. Consonanten-
grappen. üebei^ang von «r in «
und seine analoga in den verwand-
ten sprachen 14 f. (cf. 3). — ein-
scbub von r illjrisch 29, franzS-
sisch 29. — bohm. c aus kt 87. —
q. ans ursprünglichem y 42. — a<f
in homerischen aorist- and ftitur-
formen 71. — entstehnng von lat.
anlaut. sp aus sk öfters ohne noth
angenommen 78. — skr. ph weist
auf ursprüngliches sp 78. — ksl.
anlaut. p für sp 78. — deutsch f
(ohne lautverschiebnng p) fttr altes
sp 79. — Vorschlag von w im alt-
preufsischen 80. — auafall von r
im inlaut 82. — aphaeresis von y
nicht gesichert 116. — einschnb
von 1 hinter f im deutschen 126. •—
umbr. r für f 178. — ausspräche
des lat. f nach den Zeugnissen der
grammatiker 190 ff. — Übergang
von c in h im lat. und osk. 204
(cf. 310) b aus p im lat. 204.—
abfall von anlautendem s vor y im
lat. 218. — anlaut ^ aus je 222.—
die gotische consonantengruppe ht
und ihre verschiedene entstehung
242. — Übergang von p in d im
gotischen 246. — altpreufe. t «=
lit. k 254. — Vorschlag von j vor
e im lit. 256. — eingeschobenes s
des litauischen fehlt im lett. und
altpreufs. 256. — altpreufs. g für
k geschrieben 268. — Tertrstang
von ursprünglichem k durch p
Sachregister.
451
kommt im lat. nur da vor, wo sie
durch assimilierende Wirkung des la-
bialanlauts zunächst stehender silben
motiviert ist 260 (vgl. jedoch 406 flF.).
— nachweisbare fillle von got. p = b
der verwandten sprachen 272. 278. —
anlaut. got. sl 274. 275. — aus-
fall von j zwischen vocalen im got.
278. — ausspräche von lat. gn
800. — lat. s zwischen vocalen
301 f. — erleichterung der gruppe
spr zu sp im hochdeutschen und
engl. 391. — Übergang von vn in
mn im griech., in norweg. dialekten
und im lat. 404. — lat. anlauten-
des p ^ urspr. k durch die . mittel-
stuf e kv 406 ff. — einschub von h
zwischen vocalen in denital. sprachen
408. — germ. h, namentlich im In-
laut, = griech. aus k durch kv ent-
standenen 71, wie germ. k = griech.
aus g durch gv entstandenen ß
412. — lit. sz aus 8 entstanden
419. — Schwächung von anl. c zu
g vor 1 im lat. 421. — gr. rT =
skr. g aus g durch die mittelstufe
gj entstanden (wie gr. t ^ skr. k
aus k durch kj) 422 — 428. — j
möglicherweise schon in uralter zeit
aus g entstanden, wie später im skr.
aus ^ 424. — pers. d = skr. g
und h 428. — ausfall von gr. y
vor l 432. — erweichung anlauten-
der tenuis zu media im skr. 439.
440. — audfall von r der dissimi-
lation halber im lat. und proven9.
440. — abfall von anl. g vor 1 im
lat. 445. — altn. r aus n 444.
446. — 1 aus n im lat., den roman.,
nord. und slaw. sprachen 446 f. —
gr. ;f = skr. dh 447.
Consonantenverdoppelung.. Zur
geschichte der consonantenverdoppe-
lung im deutschen 265 ff.
Declination. Ablativformen des
zend auf Saf 97. — Übergänge von
der ersten declination in die dritte
im griech. 118. — -w ist wie -i^
echter dativ, nicht locativ 114. —
neuionischer gen. pl. der 2. und 3.
declination auf -iotv 95. — gen.
pl. der dritten auf -«»» 96. — ve-
dische gen. pl. auf -aam 96 f. —
älteste gestalt der indogerm. geni-
tivendungen 102 f. — nom. pl. neu-
traler u- Stämme im got. und ahd.
281 f. — schwache declination des
got.-deutschen, besonders der fem.
293—296. — Vgl. Pronomina.
Yocalsteigerung.
Dehnung. Ersatzdehnung für ausge-
fallenen nasal im lat. 80 ; im deut-
schen, namentlich gotischen 277.
279 f. — dehnung des vocals in
Silben, die einen nasal enthalten, im
skr. 220. — metrische dehnung von
-am zu -am im skr. 223.
Dual. Dualbildung 289. 240. —
Vgl. Accentuation.
Erweichung von tenuis zu media
im altbulg. 274.
Feminina. Vgl. Adjectiva. Suf-
fixa.
Hiatus in Zusammensetzung mit a
privativum weist nirgend auf ur-
sprtlngl. j 2.
Jahreszeiten. Aelteste namen der-
selben im griech. 6.
Lautverschiebung, ünverschobe-
nes k im deutschen 274. — an-
lautendes s hindert lautverschiebung
des folgenden consonanten 275. —
lautverschiebung im got. bei fremd-
Wörtern 295.
Litauisch. Siehe Altnordisch.
Metathesis. Metathesis von r wa-
lachisch 29, kurdisch 29. — '{ifif'
durch metathesie aus -a^^- 98. —
'^i- 1 -QV' durch metathesis und
dehnung aus altem -ar- 132, cf.
111. 184.
Monatsnamen, deutsche 317 f.
Orionmythen 10.
Ost fränkisch. Der ostMnkische
dialekt in Böhmen: seine grenzen
und seine untermundarten 821 f.
vocalismus im allgemeinen und einige
consonantische Iautverhältni8se828 f.
die einzelnen vocale 824 — 350. Über-
sicht des gesammten vocalismus
850 f. einflufs der consonanten auf
den vocalismus 351 f.
Praepositionen. Ablativ neben
"«wrwiegendem accusativ hinter lat.
praepositionen 133.
Pronomina. Pronominaldecli-
nation. Stämme der geschlech*
tigen italischen pronomina 197 ff.
ihr gen. und dat. sg. 200 ff.; loca-
tivformen für den dat. in der
29*
452
Sachregister.
italifichcn pronoininaldoclinat. ll)9lV.
— foriiiiu der prünominaldocliiia-
tion mit doppelter casusendung 203
(of. 1 03). — tliana, thata und gleich-
artige ncc. der gotischen pronomi-
naldeclinatioii 282 ff.
Quantität. A ngaben der griech . gram-
matiker über natürliche vocallUnge
z. th. sehr unzuverlässig 1 1 f. —
Vgl. Accentuation. Dehnung.
Raeter 153. 154.
Kedupli cation. Reduplicationsvo-
cal des gotischen 32. 33. redupli-
cation bei schallnachahmenden Wör-
tern 261. 252. — reduplicierende
vcrba des deutschen haben nie kurze
wiu'zelsilbe im praesens 278.
Romanische sprachen 267.
Runen. Sprachgoschichtliche Stellung
des dialekts der ältesten runenin-
schriften 209 — 215. — epentheti-
sche und parugogische hilfsvocale
dieses dialukts 213 f. — Vgl. auch
Conjugation.
Schwäbisch. S. Alemannisch.
Sternbilder bei Homer 10,
Suffixa. Stämme. Griech. -^mv
8. 13. — lat. -mor 48. — o- in
der nominalbildung als einschub
zwischen wurzel und suffix 71. —
griech. fem. auf -a>, ihr Ursprung
und ihre accentuation 81 ff. (cf.
308). feminina auf -taaoi von ad-
jectiven auf -tzo,- abgeleitet 116. —
feminina auf ursprungliches ja im
griechischen und ihre verschiedene
gestaltung 115 — 118. — abstract-
suffix ursprüngl. -la und seine ver-
schiedene gestaltung 118 — 121. —
verbal- und nominalstärame auf -it-
neben -»' 119. — feminina auf-yj;
mit vorhergehendem langen vocal
und ihr Ursprung 122 f. — patrony-
mica auf -/wi 122. — lat. -monia
und sein analogen im griech. 123. —
lat. -tivus 123. — patronymica auf
-A^;;,-, -i.ci<U/^- 134 f. — alemann, -is
146, alemann. -Schwab, -ede, -et
146. — lat. -pa 180 ff., lat. -mulus
(daraus weiter -millus) = skr. mala,
mara 187. — die beiden gruppen
der nomina auf -tar, besonders die
Verwandtschaftswörter 243 f. — skr.
neutralsufQx -tas 249. — skr. -ru,
-^1-, -Iv 257. — lat. -ilo 257. — |
lat. ino, ksl. önü, inu, mii 260. —
-/; ;' 268. — got. -kla 275, got. -ha
276. — got. -dein, ahd. -ti = lat
-tia -h n 298. — got. -eina a= alt-
bulg. -enu, inii, lit. -Cna 293. —
antreten von suffixen , namentlich
comparationssuffixen an ablativfor-
men im lat. 885. — suftix -nia
neben -man 409. — abstractsuffix
lat. -ia, gr. .^17, -/« 421. — sufBx
-in aus -an, -an entstanden 481. —
lat. -tula, gr. -lAiy, got. -pla 448. -
lat. -ion 445. — gr. -raq = skr.
-tas, altbaktr. -tanh 447.
Superlativ. Superlativbildung des
lat. 284 f. 806 f.
Svarita. Analogon desselben im
griech. 91.
Synizese für die älteren griech. epi-
ker zu verwerfen 113.
Thema. Wechsel zwischen starkem
und schwachem thema im griech.
83 (cf. 87).
Vocale. Die vocalgruppen ««i nnd
r[n in ihrem gegenseitigen Verhält-
nis 84 ff. — got. e und o in end-
silben nach ihrer verschiedenen ent-
stehung 100 ff. — Wechsel von 1%
und i in einigen städtenamen aaf
iioLi mit accentwechsel verbunden
116. — ausfall von u vor verbalem
*-ja- im lat. 120. — kürzung von 1;
zu £ 124. — einbuTse von % des
diphthongen a. 124. — hinter v
im lat., wo die verwandten sprachen
e eintreten lassen 200. — lit. au ss
ursprünglichem a 204. — «als
Vorschlag vor anlautendem o 248.
268. 264, vor anlautendem ), 250.
253. — lit. u = altem a (vor k,
g, p) 256. — deutsch ü sss idtbulg.
e 274. — got. u vor r und h 276 f.
280. — got. ü 276 f. 280. — uo
beiNotkerfUr fränk. ü und u276.—
got. 5 277 ff. — got. au vor voca-
Icn 279. — got. ai ala brechungs-
vocal vor anderen consonanten als
r und h 280. — behandlung von
urdeutschem auslautenden a im ahd.
283. — ausspräche des e im schwei-
zer dialekt nach seiner etymologi-
schen herkunft verschieden 299.
osk. i =: lat. e 408. — einschub
von i vor 1 im osk. 408. —» oti i»
aus oFy fP 411 f. (cf. 415) gr. «
Sachregister.
453
aus ov 420. — Schwächung von
a zu i im skr. unter mitwirkung
des auf der endsilbe ruhenden ac'
Cents 422. — gr. i; namentlich vor
nasal häufig aus a durch die mit-
telstufe 422. 423. ~ lit. y aus
altem a 437. — lat. i aus u 443.
Vocalisierung von 1 im ostfränki-
schen 354, cf. 49; von r im bai-
rischen, 1 im alemannischen 313.
Vocalreihen. Gründe des Übergan-
ges von der a-reihe in die i-reihe
im gotischen 280. — Übergang von
der a-reihe in die i-reihe im lit.
und got. durch Umstellung zu er-
klären 414.
y ocalsteigerung. Zweite Steige-
rung des sufßxes in der declination
der männlichen und weiblichen *-
und n-stämme des griech. und ihre
arischen analoga 88 ff. (cf. 85). —
Steigerung des stammvocals vor dem
comparativsufßx -t>o)r 90. — Mos
eingeschobener vocal kaum je ge-
steigert 250. — Vgl. Adjectiva.
Wurzeln. Wurzel Variation 26. 33
Wurzelerweiterung durch bh 42, durch
1 181, durch c 181, durch b und p
406, durch s 410f. 480. d als schein-
bare Wurzelerweiterung lat. verba
aus j durch die mittelstufe dj ent-
standen 41 7. Wurzelerweiterung durch
V 425. 428, durch p im got. =
altn. fS 434, durch t im germ. 434,
durch s im skr. 434, durch z im
slaw. 447. — parallelformen von
wurzeln auf s und t im skr. 44.
45. — wurzelformen auf nasal nicht
primär, setzen vocalisch auslautende
voraus 248. — aspiration des wur-
zelauslauts im griech. 257. —
schwanken des wurzelauslauts zwi-
schen media und tenuis im deut^
sehen 261. — m secundäre wurzeln
bildend 263. — Umstellung des vo-
cals in wurzeln von der form a -+-
consonant oder aphaeresis und the-
matische Weiterbildung?
doppelwurzeln von der form a
nasal -4- consonant und n -4- a
consonant 308. 309; von der form
a -{- consonant und va -+- consonant
396 f.; von der form consonant -+-
a -\- consonant und consonant +
va ■+- consonant 399 f.
296. —
IL Wortregister.
A. Germanische sprachen.
1) Äeltestes deutsch.
barditus 157. 158.
2) Gotisch.
afmauiths 279.
ahma 275.
ainaha- 276.
ainakla- 275.
aiv 108.
ajukduths 278. 402.
ak 272.
andanumts 275.
! arjan 278.
arms 354.
aurahjon- 276.
bagms 29.
baidjan 273.
baitrs 280.
balgs 434.
bauaida 285.
bauith 285.
beida273.
bidja 29.
binda 29.
biuda 29. 441.
biuhts 272.
brahta 277. 280.
brothar 36.
brothrahan- 276.
bruhta 276.
brukeith 277.
dagü 40.
dauhtar 36 ff. 241 ff.
deigan 291. 311.
digandin 291.
diups 278.
driugan 273.
du 272.
dulga- 273.
fkdar 36. 241. 246.
fadieins 36. 241.
454
Wortregister.
fahan 278. 279.
faian 278.
faimja- 272.
fairzna 75.
tldur- 276.
tijan 278.
figf:n*8 279.
filhan 180.
fiU 409 f.
fimf 276.
foD 101. 281.
fraihnan 286. 287.
friathva 278.
frijondi 294.
friusan 440.
frumadei 293.
fugls 272.
ga- 230.
gabaurfs 442.
gadaban 261. 272.
gadigis, gadikis 261.
gadobs 261.
gahamon 275.
gamains 407.
gaqumths 275.
gatils 278.
gaurs 281.
glitmunjan 273.
gods 33.
graba 33.
gredus 33. 273.
greipan 184.
gridö 33.
guth 32.
haban 24. 204.
hahan 278. 279.
hardus 272.
harjis 274.
hatands 291 f.
hatjan 291 f.
hauhs 360.
haiins 415.
haurdi- 264.
havi 414 f.
her 274.
stamm hi- 203.
hiufan 273.
hiuhma 270.
hlapau 421.
hropjan 273
hriikeith 277.
huggrjan 277. 280.
huhjan 270. 277.
huhrus 276 f. 280.
bvairnein- 294.
'hvar 274.
hvarjis 272.
hvathro 100.
hve 100.
. iddja 284 f.
ina 282.
infeinan 407.
ita 282.
jaind 274.
jains 280.
I jer 1. 4.
' juggalauths 250.
juggs 277. 280. 402.
■jnhiza 277. 280.
kara 272.
kelikn 276.
I kintiLS 272.
iKreks 295.
knnnan 423.
ilaian 278. 279.
laiba 148.
llaigon 280.
laikan 252.
, laushandjan 288.
;icik 274.
, leil)an 434.
;ietan 273.
'liudan 250.
liuts 274.
lofa 272.
lukan 277.
luton 274.
JMakebis 295.
i managjan 444.
' manags 270. 444. 446.
I manaulja 275.
I marein- 294.
marikreitus 295.
mavi 404.
! marlsaivs 294.
! muka- 274.
{ mulda 275.
' naus 404.
! nauths 272.
niuklahs 275.
i ogands 292.
; ogeis, ogeith 291.
|ogs 290.
! ohtedun 276.
I ohteigo 276.
Ipaida 276.
paurpaura, paiirpura 276.
■ plinsjan 273.
rathjo 295.
' rimis 248.
saian 278.
saijands 278.
saijith 278.
saizlep 26.
sauls 274.
sibja 276.
sigqan 274.
sinteino 100.
sinths 273.
siponeis 373*
siuns 404.
Bkadus 275.
skaman sik 27 5.
skanda 275.
skathjan 292.
skora 275.
slepan 278. 275.
sliupan 272.
Bnaivs 42.
Stauida 279.
sunna 295.
sunno 295.
suts 288.
sve 100.
-sveipains 273.
tiuhan 89.
tnlguB 435.
thadei 274.
thahta 277. 280.
thana 282. 288.
thar 274.
thata 282.
' thau 282.
thaurban 274.
thaurp 278.
the 100.
thei 284.
theihan 280.
thius 404.
thramstei 262.
threihan 280.
thngkjan 277. 280.
thnhta 276. 277. 280.
thasundja 272.
-uh 276.
uhtedun 276.
uhteigs 276.
uhtiugs 276.
uhtvo 276.
unagands 292.
QDSibjis 275.
ur- 276. 277.
US 277.
usfilman- 268.
usfilmein- 268.
Wortregister.
455
usgeisna 286.
vaian 278. 279.
vaila 280. 882.
vainags 272.
vairthan 265.
vajamerjan 278.
vatan- 101.
vaurd 278.
vaurstvan- 293.
viduvairna 224.
vrikan '274.
vrits 484.
vulfs 177.
3) Althochdeutsch.
ala 437.
aluualdendeo 294.
beinsegga, peinseico 273.
bibar 30.
pipen, piben 29.
pittar 280.
buoc 29.
brahta 277. 279.
taht, däht 40.
däbta 277. 279.
taphar 261.
daz 283.
den 283.
dero 284.
dichi, diche 320.
dinstar 80.
dirro 284.
trukan 27.
dühta 277.
eran, eron 396.
erren 278.
fäban 279.
feim 79.
ficchan 125.
fihiu 281 f.
vlogarön 130.
mst 274.
gadühan 274.
kamuait 279.
gebal 83.
ger 218.
gersta 184.
görag 281.
grifan 184.
haba, habo 285.
h&han 279.
hahsa 816.
bahsindn 816.
hämo 275.
hasila, hasela 57.
hazzen, hazzdn 292.
hebita, hapta 286.
heitar 275.
hemidi 275.
binchan 275.
hirni 294.
bliumunt 47.
hnel 51.
hnol 51.
bönon 50.
hnoh 50.
hurti- 254.
hüt 275.
bwenan, wen 203.
ibba, ihcha 282. 284.
inan, in 208.
jär 1. 4.
jener 280.
leccbon 280.
ISrabha 61.
lagella 52.
lun, hmi, lon& 52.
luog 53.
meri 294.
molta 182.
multuurf 182.
namat! 298.
nerrendeo 294.
niotön 54.
osjan 54.
ouwa 404.
quenula, chonela 60.
questa 52.
riban 264. •
ruoba 176.
Bin- 170.
siu 295.
Bkadön 292.
skafön 292.
scaphan, scephau 292.
scema 275.
seum 78.
sou 437.
spiz 253.
sprehha 488.
stuota 279.
struot 313 f.
suelli 274.
uohta 276.
wafsa, wefsa 177.
waban 412.
wela 280.
wibil 62.
wisön 69.
4) Mittelhochdeutsch.
bäbe, bebe 69.
biber 30.
biuze 22.
blsen 204.
Wunder, plunder 65.
dähe 40.
eze 284.
gedigene 318. 320.
gespil, gespile 68.
glinzen 273.
goufe 49.
gonse 49.
habse 279. 316.
hap, habe 869.
hatele 56.
heliczen 49.
hesel, hasel 57.
bcenen, hUenen 50.
huoch 50.
lägel 52.
leich 252.
litkouf 67.
lan, lune u.s. w. 52.
luoc, laoch 58.
nieten, genieten 54.
prünseln 48.
quenel, qaendel, chonel
60.
queste, koste 52.
fiben 264.
spiln 68.
swir 219.
täht, däht40.
tapfer 261.
triel 55.
tüche, tüchel 61.
f eggen 126.
vliz 129.
flockezen, flaehezen ISO.
weise 224.
wisen 69.
wlsöt, wisfit 69.
zeige 435.
5) Neuhochdeutsch
und heutige ober- und
mitteldeutsche dialekte.
NB. Wörter des ostfrftnk
dialektes stehen in al'
456
Wortregistar.
]>liabt'tiHr)it'r orduung
s. IS — 7ü.
uiikt'^i^i! 14 7.
aiikriiino^ifer 147.
ansoliut/. \f>\.
arbeit 354.
urj^ 401.
art 354.
aue 404.
autlthaui.'!) 40.
bachis 140.
bausrn 44Ii.
hrtUi.s 146.
baigh-r InO.
beile. bi*ilon 150.
boot 147.
bit'ssli, biicHsli 148.
bodeii 28. 29.
broffci, brt'cse 390.
br«'e/,o 31H).
brcnzoln 48.
bul)»'nseit<* 151.
burschf 187.
Uci, (lai 14G.
(lei('lu>l, (leil 150.
(lij,'^?t', (j.fe)tigeii, tigew
8 1 8 n*.
Dk'lmarm'hen 157.
drüse 432.
dru80 61.
dUchel 150
düster 80.
ehre 395.
eichelweis , aichelmveifö
315.
eigenbrötler, oagabreitler
150.
einhüscn 316.
fadjeu 126.
fächor 126.
fhrhiaii 126.
facliHcn 126.
faekeln 126.
föckeii, flickten 126.
fdckli 126.
fatschelii 126.
falzen 126.
fätzen 126.
faukeln 130.
faxen 126.
feam-rl 6 3 f.
feil 409.
felleihsen 66.
feucken, fekeu 130.
feuer 101.
fetelirn. feeht» m . leggeii
146.
ticke 125.
ticken 125.
tickül 125.
tickfackeu 127.
lltzen 125.
lix 126.
flaekcn 180.
tlackern 130.
ilarren 421.
llärrla 147.
fleck 439.
flicken 129.
flit.schen 129.
flilzbogen 129.
flot.schen 130.
fück-"n 128.
fütz-ln 128.
fuchtel 127.
fuchten 127.
fuchtig 127.
fucker, fuckercr 127.
fuckern, fuckcln 127.
fngeln 127.
fukisen 128.
funibl, fumbla 64.
fuminel 63.
fUrhäss, fUrhess 815 f.
futsch 128.
futschen 128.
gans 113.
gcnossami 318.
gerste 183. 184.
gilunen 146.
haff 868 f.
halin 365.
hainauchen 149.
haanQ , hessen , hasse ,
hächRc 816.
hiiscn, hächsen 816.
hauen 148. 4 14 f.
heu 414.
holm 368 f.
huhn 365.
isel 54.
knochon 52.
knock, knocke 51.
krossaier 148.
kulniizcr 58.
kufe 176.
leiste 432.
lenz 5.
leute 250.
Hbat, Hbet 148.
loibede, loippede 148.
lUnse 58.
mädlisseite 161.
inffterdellig, marterdellig
146.
manch 149.
mäuchelen 149.
nmuchert 149.
inauchlet 149.
mäuchtclD,mUechteln 149.
maul warf 182.
niockon 151.
inoUen 161.
morcliel 61.
mouchlin 149.
niuchahaim 149.
I mücheimen 149.
; Müchenfurt 149.
I Müchenweg 149.
Muchenthal 149.
Müchcnhart 149.
Müchenland 149.
inusel 151.
nidelbrot 161.
nidelsträublein 151.
iiock 51.
nUb'bache, nubbache 146*
ock 51.
pfiUcn 125. 128.
pfutzen 128.
pfutsch-n 128.
plunder 66.
quaste, quast 62.
ramsei, ramsenwura 419.
raunen 48.
i reiben 264.
I rübe 176.
I rubele 15 1.
rUssel 484.
saft 176.
Schachtelhalm 62.
schainichen 68.
schale 149.
scheere 161.
I schreiten 83.
I schUbel 148.
I schuld 176.
i schwir 219.
spalt, spalte 181.
i Spange 890 f.
spitz 258.
sprechen 891.
sprenkeln 488.
steigen 251.
Wortregister.
4Ö7
strüt 313.
Strut, Striet 314.
stud, stüden 149.
tag 40.
tapfer 261.
tochter 36. 40. 241. 246.
vochezenbrot 147.
vales, vällas 66.
Vochezer, Voggezer 147.
waise 224.
wajen 146.
wasser 101.
wiebel, wibel 62.
wiek 368 f.
Wurzel 28.
6) Altsächsisch.
bodm 27.
femea 64.
forswipan 273.
haton 292.
holm 369.
naru 372.
rekkian 274.
siu 295.
tulgo 436.
thrimman 263.
thringan 280.
writan 4il4.
7) Mittelnieder-
deutsch.
tie, dige 320.
8) Neuniederdeutsch.
dette 284.
focher 128.
focke 128.
focker 128.
fuck 127.
fucken 127.
icke 284.
telge 435.
9) Mittelniederlän-
disch.
adel 54.
10) Neuniederlän-
disch.
driesch 61.
fommelen 68.
lens, luns 53.
oonen 404.
11) Altfriesisch.
bodem, boden 27. 28.
famne 64.
filmene 409.
hloth 421.
12) Angelsächsisch.
adul, adele 54.
beadu 29.
beödan 441.
biQan 29.
botm 27.
drigan, dröogan 27.
drygge 27.
dryht, dryhten 273.
eäcnian 404.
eanian 404.
earu 403.
elf 368.
faemne 64.
ficol 125.
film, filmen 409.
fiiccerian 130.
hatian 292.
heaf 369.
hean 415.
heäwan 414.
h^gan, geh^gan 412. 419.
heo 295.
hlöö 421.
höh 279.
holm 369.
hreäc 420.
{g, 4g 404.
nearu 372.
reödan 441.
scethan, sce^tSan 292.
seaw 437.
seo 295.
spreöt 391.
stigan 251.
telga 435.
thingan 280.
thringan 280.
weccean 426.
vibba, vibbil 62.
vic 369.
wröt, wrötan 434.
13) Englisch.
bottom 27. 28.
brother 36.
day 40.
daughter 40.
to ean, yean 404.
feague 126.
fiekle 125.
fidge 125.
film 409.
fletcher 129.
flicker 130.
to freak 438.
freckles, altengl.
freckens 438.
fuck 127.
fudge 127.
fumble 63.
liuch-pin 53.
dors. ramsons , schott.
ramsh 419.
rick 420.
shears 161.
speak 391.
to sprinkle 438.
weevil 62.
14) Altnordisch,
ländisch.
and- 401.
är 4.
argr 40i.
ses 401.
atburör 442.
belgr 434.
bera, berast 442.
bio 285.
bjöSa 441.
bogr 29.
botn 27.
bredda 356.
burör 442.
bysja 442.
da, däst 437.
dafna 261.
Is-
458
WortregiPter.
dar 487.
dregg 866.
elfr 368.
ella 378.
elti 402.
er 868.
ergi 402.
ey 408 f.
f&lma 268.
fattr 487 f.
feima 64.
fela 180.
filla 409.
flaks 180.
fley 411.
fljöta 484.
freknnr 488.
frete 864.
fycka 127.
-gi 867.
g^mnar 482.
hä, h<5 414.
haf 369.
hamr 275.
hänki 866.
hata 292.
hauss 366. 419.
heilagr 402.
hcma 867.
hey 414.
heyja 412. 416. 419.
hl^ 483.
run. hleva 433.
höfuö 871.
höggva 414. 419.
holmr 369.
hraukr 420.
hraun 420.
hreigr 367.
hreyss, hreysi 420.
hrfm 440.
hrufi, hryfi 366.
hriiga 420.
istra 366.
kaSall 866.
käst, kasta 430 f.
kaun, kaunn 404. 432.
kl^, kljar 432 f.
klefi 366.
kleiss 483.
klekja 276.
kofri 366.
kollr 366.
kos 430. 431.
köstr 430 f.
kumigr 402.
kyät$s 428 f.
kv«t$i 428.
Ifga 434.
margr 444. 446.
meiCr 866.
miukr 366.
morkvi 274.
motr 866.
nafn, Damn 482.
nagl, nogl 368.
DÜna 367.
n^klakinn 276.
önd 401.
orr 408.
oerr 408.
ort$agr, or^igr 402 f.
<$S8 406.
otta 276.
quistr 62.
ragr 864.
rani 434.
ras 364.
reisa 868.
reyna 442.
r{Ka 483.
rifa 264.
rifha 264.
ripr 264.
rfta 434.
rjö^a 441.
röta 434.
ser- 866.
serkr 366.
sess 406.
sigg 366.
sü, Süd 366.
skaga 292.
skalp 366.
8kapa!$i, skepjat$i 292.
skeBja 292.
skdp 292.
BmQSa. 418.
sokum 368.
spenja 417.
sprekla 438.
sprfkja 442.
stölpi 366.
syfina, sona 867.
svalir 274.
svipa 273.
svoli 274.
telgja 434.
temja 442.
tjälg, telg 436.
tjflga, -ur 485.
tSnn 858.
torg 855.
tulkr 856.
parna 857.
pegn 404.
-p^r 488.
pennlost, perflaat 445.
nin. pevar 488.
pinghi 412.
pöfi 865.
pnla 856.
pyn 875.
vat$r 856.
vakr 426.
vAr 2. 4. 44.
vargr 177.
yekja 441.
vekva 426.
vik 869.
vlrr 856.
vekva 486.
vekvi 426.
vor, vörr 855.
15)Iorwegi8c]i.
braka 448.
braendknlde 440.
dätt 487.
dyra 486.
fresa 443.
kasta, kaaU eeg 480. 481.
kleisen 488.
klessa 488.
klessen 488.
klja 482.
knity gnit 445.
kvsBO 428.
<$s 405.
ese 405.
rams 419.
somn 404.
spraka 448.
svide 440.
16) Dfaitaoh.
barsei 68.
botn 87.
Iband 27.
flkke 135.
fok 128.
WortregiBter.
459
jttt. flims 409.
gang 868.
hän 416.
hänes 416.
altdän. igemmel 445.
käste 430.
kogle 58.
lund-, luntstikke 53.
rams, schon, ramsk 419.
rede 867.
skingre 406.
tand 358.
17) Schwedisch.
gotl. äina 404.
busa 448.
ficka 125.
fika 125.
fixa 126.
fjäcka 126.
fläkta 180.
flicka 129.
fock, focka 128.
fräsa 442.
gang 858.
kotte 58.
kvflse 428.
öna 404.
rams 419.
rör 420.
skanga, skangra 406.
skingra 406.
skunga, skungra 406.
tand 358.
inselschwed. uar 4.
altschwed. vrfVa438f.
aßiUnq 219.
dya&6<: 38.
'Äyäfifjtficiy'jiyäfdfdri 1 24.
ayvoq 2.
oy/^a»' 257.
* AöqriüTivifi 122.
dil 107. 108.
dflSo) 2.
dfQffav 2.
d&ngr} 131.
ata 114.
aiy~, aiyäv 96. 118.
j4iyri 118.
AiytiQovaa 117.
Alyoq nora/Lioq 118.
d(dg%fi:oq 1.
AiriTCvfi 122.
AXe^ovaa 118.
aX&ovaaa 118.
Al^i'OTiKTffa 116.
AtS 118.
dxagov 256.
axiiQfy.ouaq 76.
fixegütxofiijq 75. 76.
^ AxgiübOiVTi 122.
akal, dXl 80.
dlytal&viAoq 78.
dXf\q, dXiq 120.
"AXxfiaiiq 71.
aAAwc;, aXXwq 95. 96. 98.
dXota 142.
äfjiaXXa 119.
ce^a^a 120.
dfiilvüjv 240.
ct^aAAa 119.
tifivoq 404.
"AfiVfjiwv'tj 122.
(tf.ivva 119. 128.
B . Oriechisch.
ttficpi 16.
dfiq>i4Xiaüa 115.
dfKflqßcura 115.
äfiq.o)j dfi{f>olv 114.
dvayvoq 2.
dvaaca 115.
'Av&iftovaa 117.
"Av&vXka 115.
'Av^ixvga 116.
dvi'ffleQyoq 74.
avwyfo»»' 87.
aonxo; 1.
dofffioq 1.
'./<;i^a 408.
l^noAAw 82.
a;it>^oa? 14.
'Agdßtaaa 116.
*Aqyivvov<ra 117.
"Agytaaa 121.
"Agyovga 121.
cLütlifiv 896.
a(;«T^ 396. 896.
a^KTTo? 896.
^AgiatvXXa 116.
*Aqin)v 12.
'AgxdSiaaa 116.
dgftorujai 101.
a^oco 278.
WZ. a^n; 177.
a^TTOcf 177.
a(r7faAa| 179. 181,
acTTCcu? 84. 89.
aT^aöc; 92.
aT^^/i«^ 262.
digffifiq 262.
'Atqvtwi'tj 122.
arAi/^o»' 421.
5
au
w^o? 408.
a/'T«! 107.
avTixa 174.
auT^i; 92.
aiWog 208.
a(jpactf 16.
a;tav? 257.
ao/^a? 2. 14.
acuooc 1* 2* ^« 1^*
/9a^o? 28.
i^a^t'/? 28.
ßaaCXii^a, ßaaCXri 124.
ßaatXivva 116.
ßaalXiaaa 116.
ßaaToCf^v 429 f.
/?(J^;iAa 121.
BiXXtgoifmv 48.
ßkXtaxoq 382.
ßiXregoq 882.
ßfXxtwv 382.
/9/»^oe 28.
ßXaaravot 181.
ßXoavgoq 181.
/9o^^o? 22.
ßo&vt'oq 22.
Boanogoq 424.
/9oi;j9wi' 481 f.
/9oi}? 88.
WZ. /?^ax 228.
ßgiyfia 447.
ßgifittv 48.
ßgf/ffoq 447.
/9<>iias 447.
/i^^t^iit; 182.
/9()^^(u 132.
ro? 446.
Ol
ßgvxnoftat 182.
'^ jfoi 182,
460
Wortrefifister.
ßvOi.^i 28.
ßutn(t\tO'i 8 ff. 7, 13 f.
tiuixuüoi; 3.
^'Jii)(T I ljii(i) 262.
vcciot 87. 88. 114.
yaittui 426.
ydnrikioq 188.
yiduiv 124.
^fAoi'ojiTft; 142.
2'«Ä(()»i'ic; 142.
ytj'ia 119.
;;/ 124.
yia(}Ki 8. 4.
^Aa/mi' 432.
y{}aq(ii 83.
y^>i(/.os 184.
y()vß6q 4.
yi'i'otx- 118.
;'jii'«txai' 96.
yiiratxiiüf 96.
lo; 92.
dayfO^vitoii 73.
()re'rav 442.
I
(>ä/(a^ 426.
r^finoivi/ 427.
()a/ri(i> 426 f.
()a()^aia> 263.
da^idänioi 427.
(Va? 92.
JuKfvovaa 117.
d>t(ra 121.
^«xfAcfra 116.
/ItxfXidf J(xf),in&€v 116.
<)p^i;j 131.
deanöitiq 424.
^€ r ()0, d« vif 427 f.
//i^öi 43.
<ha(roi 425 f.
dUtnct 422. 426.
.^Lda(f<itv 8.
«)r'(Vi'/(0,-, dtdvfiroq 422 f.
J<f4)(>S 425 f.
dti^r€x»/<; 809.
.4/xii»ra 115. 119.
()^;f«, d</^ 447.
«J/o), d(nuat 426.
diwßiXid 219.
dKüßokov 219.
//froji'»/ 122. 123.
<)/»(!>£; 93.
rfoAir/ös" 435.
JbSa 120.
doXftoqy öoxftioq 422.
A{}vovaa 117.
r)i'i«Ma* 422 f.
()i'o, «Trotf 114.
()o> 184.
(V(»i/rt; 122.
la{t 1 ff . 6. 14.
rotrior, tarnii 208.
Eyfffia 121.
/y/*/a 119.
fyantj 282.
WZ. ^(^ 216. 216.
Köftraa 117.
f()o>x(( u. 8. w. 14. 142.
f/;0(j 89.
^V 99.
/<>ci(>r( 116. 121.
\&rina 142.
fl 107.
« 107.
«Wo|M*i', «M«T« 290.
tlXiiXnv&a 260.
c/i'oci«^;? 424.
fXyfxa, 176.
«\- 107.
(fI'<; 107.
(Via, (iifv 175.
(xaif(jo( 174.
hfl 107.
txkvov 143.
ixifXaCt'ui 442.
8t. ^Aa- 248. 249.
/Aai?)^ 248.
iXuxfta 114.
iXtyxela 119.
^A«A/Cw 262.
*Af(TTi^(y- 268.
iXivaofiai, 260.
8t. iAi.^- 249 ff.
^^io? 203.
ffiovq, fjUfvq 208.
^^o^ 107.
"£■« Trovcca 118.
^i'dtXfxrjq 486.
Ev8vf.ilwv 80.
^'i'«xa 175.
Vi'cxei', flVcxe»' 176.
hiavToq 45.
rr^a 274.
?)'»'*xa 175.
fTinri 283.
^TiftTUy fniiTiv 176.
Vn^ff^a* 278.
^77/ 284.
^ntnAfw? 87.
IVi«r(Ta 117.
^Vi^iyo"*!' 442.
f^d, fj^ot^c 118.
f^afiüu 247.
/()avi'o? 247.
t(jdo/{ou 247.
tgätTfiioq 24 7.
^(iourri;; 247.
/^aKifo? 249.
^()aTO? 247. 249.
i{ttfxia 264.
i()r£Tria 264.
/(>e/7ro) 268 f.
i{^CTi7(; 248. 249.
"Etteva 121.
f{)ni&-(iv 441.
igevvdv 442.
iQinrfi 264.
"Egxvvra 115.
/'(jo; 247. 249.
f^(riy 2.
stamm ^^i*-, fi'^i'cray rt-
ijv/nni u. 8. w. 148.
iQVffiTtcnJiis 74.
f(ioii- 849.
WZ. Ig, fi'i-iyu 180.
Paaoi^ 119.
^Woif 883.
j(n/a 218. 221.
lartyfiai 187.
Jtos 44.
cv, ^v, ri/ 106. 106.
Eva 121.
«r^tf 220.
tvB-vva 119.
tv&vveiv 119.
<^^i'C 119.
«i;A.if^oy 421,
c^v^ 220. 221.
fmaelfAoq 274.
tiyofia^ 220.
/a;xea 142.
Inca 142.
yea 142.
Et^a 115.
T/vU 122.
5 87.
.,. E«o(, ZfiXUi 116.
109. 282.
109.
109.
109.
8.
loq 218.
iioXi
itagyt
Zevq
ZriXet
228. 224.
142.
rCO-foq
rjxa 14
'HA«xi^(>«0i-i2 122.
Wortregister.
461
^X&av 260.
TjUxoq 174.
^Xioq 219.
yjXvaifOy 261.
ijvsytte 309.
-rji'txrjq 309.
ijvfxa 174.
^/»'ojj^iy, ai'0(>ioe 421.
170?, floqy fw? 88. 142.
i|(> 2. 44.
?y^f)ua, fjQffiiaifQoq 248.
tj()ü)lvr} 122.
//fTO-wi' 240. 883.
Hqiai^ffJOq 42.
&aXtia 114.
x9aaaojVi &aaaov 111.
(^ai'fjia 437.
&av<TCxQtov 77.
^««(»o?, i^;&i^o<; 421.
i^*ö? 400.
i9f{)fAa(Taa 121.
i9fQfio(; 161,
&f'()0(i 6.
.9^»/i()oq 261.
0Cß(j(üv 261.
.9^e 108.
©^(^»(Tda 116.
{^(jtöaxlvrj 122.
^()ti// 132.
&vydTf}(^ 23. 36. 38. 41.
241. 400.
,;^r/cu 121.
&v/uaXy'i]q 73.
S-v/iinöaxijq 78.
0-vQa 36.
^i'^;aio? 436.
«9»'//ä$a/ 436.
t9ii(ja(rt u. 8. w. 436.
^üic- 93.
l' 164.
l'a, /a?, i^i 99.
^<T4>^i'i7 122.
/()oi/ 108.
fcV)9WT- 349.
isfjeiot 1 19.
iV« 142.
'A^^ta 217.
ii9-i''i'TaTa 119.
i/>i';,- 217.
IxayiwvTj 122.
IVa 164.
TontLct^ Ion(a 116.
^o? 408.
«Ol; 108.
toi; 114.
/w 114.
Xaafii 131.
^raAo? 46.
xa/^aAtacToe 116.
KadfiiXac; 186.
Ka(i,qa 116.
xaxoq 61. 240.
xaAa|((0(; 444.
xa^KT 1^/(0 262.
KaXufi 124.
KaXvfiva 118.
xävnffTQOv 180.
xava/fi 262. 406 f. .
xäi'foi' 180.
xcei'i^ 180.
Kannadoxiaaa 116.
Kaqmi^a 124.
xaaäXßfjy -ßou; 188.
xGtcrai^'^a, -^^c, -^«? 188.
xac^yrT/Tos 188.
xd(ri>? 188.
xoE0'(7a 188.
xa(r(rt? 187.
xaff(rü>()(q, xaaoifjfq 188.
xf/9Aiy 33.
xciro?, ^xcti'oi; 174.
xe^^bi 131.
xfXägvt^a 116.
xeartiQ 188.
xfüd-ü) 41.
xfcpaXfi 33.
K^vo? 174.
x»i9-o>i', xißTOiv 22. 188.
/C^xi/m 121.
K/Xtaaa 116.
x^fu^o? 262.
x/? 108.
KXiat'Sonq 73.
KA^rt^;fos 73.
KXeyd'fjq^ KXHyat'iq 78.
KXt&ef4iq^ KXfC&t^uq 78.
xAf(cü 417.
KAfooT^otro?, KX4aiQft-
TOq 78.
X^07l«l'W 14.
xAcu^co 421.
xXo)7revo) 14. ,
xilca 117.
Ki'i'/C« 120.
xi'i'Cfi 120.
xn&fjun 188.
KorAo? 106.
xoUa 121.
XOfJLTlOq 406.
xorojSo? 406 f.
xoi'/d'c? 446.
XO^IJ, xÖ^Qfl^ XOVQfJ 131.
xo^i/^ce 98. 115.
xoriXov 188.
xovgtaaa 116.
xovo/nify xoQfjia 186.
Ko'/Xiovaa 117.
K(>aaT-, xa^;;T> 93.
xQOLviov 294.
Kgiovaa 118.
K^facpovTfiq 424.
x^r 184.
x^ti^i; 132. 183. 184.
xqlfAoi 47.
xgivw 184.
KQOflVOV 419.
x^oacra 121.
x^c^^ocl, xA(U|Ua£ 420.
xv/9^a 176.
Ki'^JAa 116.
xi/xfw 82.
xvffßrj 176.
xvfAßoq 176.
xui- 121. 280.
Ki'ivva 116.
/Cf'/i'oi'^a 121.
xt/ncAAGc 176.
xi';r^ 176.
xrj/oq 176.
xvtpiXf} 176.
Acta? u. 8. w. 92. 4 82.
WZ. ;.a/9 182. 289.
Xaxigvt^a 116.
Adfua 204.
X.axofila 92.
Ana 128.
A^K^ava 80.
Aci'/? 92. 432 f.
Aet'fii/ 92. 432.
XtvaTTiQ 92.
Xfifiav 432.
^i/Tw 82.
Aißvaaa 116.
Xtytia 114.
Af»' 108.
A/?| AI? sahst. 108.
A^c adj. 108,
Auxos 177. 260.
Avxöaovqa 121.
Xvaaa 121. ,
Ai/TTo? 251.
Mdxeatra 116.
MaAfm, itfaA^a 124.
124.
462
Wortregister.
fia{t:itu 228.
fiäaau 274.
Mt6ovaa 118.
Mtaadnioi 408.
fu la^t lll.
ftnaffffai 117.
fttronw^or 6.
Mfi&vfAva 118.
/i/a, ^ta?, jMt^t 99. 100.
fiifAi^m 262.
fuvvQOfÄOu 252.
^»rv^ot; 25 U
/cfffA^i^r 76.
fiiaYayxita 77.
i/i>a 289.
MoXvx(}iaaa 116.
^lOfi^-i'Afrai 221.
^n'i'i/ 128.
/!n'$a 120.
Mvga 116.
^(('pan'a 115.
ilft'^iUa 115.
fti()ia6(af 94.
/((li^io?, fiiai^ioq 446.
rarrij 180.
}'«o;^vo^ 275.
reo^a, i'<o^// 119. 128.
vtifjoq 289.
i'//?a 42.
Ntoßri 43.
it^a 42.
«'»(^a? 42.
rtiftvoi; 42.
i'C(/;oct? 42.
ritpo) 42.
viüüa 116.
yi/j^o? 4.
Ntavvfxva 118.
Si*:f(tiv 8.
Irr 280.
^t'i'oc; 428.
*Oa(j(wv 7. 11 ff.
cj^flo?, o^^oAo? 218. 219.
odo^ 215. 216.
0* 107.
olhriq 412.
orx«i 107.
oxa 174.
ofiiXia 120.
oy&vXei'ia 221.
oi'^o? 221. 222.
onijf'^xcc 174.
on€;q 176.
üTKu^ri 6.
OriTfi/>l'^>f; 75.
o^iffoi^^cwva, -a/i'i/c 75.
d^(';^i7 276.
0|i/fO/i/a» 402.
oacra 119.
oiiij 288.
Ol) 108.
oi'dos' 215.
oiSoi 215.
oif^ay 222.
oi/i'fxa 175.
'OifCovaa 118.
;ratJ(ur 98.
n«^!-!/ 22.
;ra^(; 92.
Ttalüi 415.
TiaAAa 115.
na^ctf 268.
naXfioq 268.
riaXfiVija 115.
7iavaa)(>io; 4. 5.
rrai'f^oxtO'O'a 116.
navcac; 96.
natfo/ioi, 7rour<ra/<ei'o(
22.
n«; 107.
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Tivr/i^ 122.
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^a;ro? 176.
Qafpoq 176.
^2/0( 447.
^»xros 264.
^ivoq 182.
^fr^TlJ 111.
^intw 111. 182.
^/? 108.
QoXxoq 264.
QVfioq 148.
(T/j^nv 275.
aic;» (T^TC? n. 8. w. 94.
124.
ail/iara 874.
SißvXXa 116.
alyvva 121.
^xrc^oii 276.
(TxaJloi// 181.
(TXffi'ij 276.
axövvtia 120.
(TxOTo? 276.
463
ffxvTOC 275.
ao( 107.
andlal 181.
atioi 181.
anijXator 181.
a7f^).vy^ 181.
<r:TM)i^> 253.
a:Til^u 253.
a liix^yv 251.
(Fif'gytt 20.
ffTiyttri 187.
<rc(>(u^cuM 14.
aivrtij, ari-.irrij 176.
Givftia 176.
at'ce^fc 10.
a/r 15. 230.
JSvQcixovffffcu 118.
ai'^t/^ 448.
aq^aiga 115.
«■«fiy* 177.
atf(jayiS- 892.
atffjiyäv 442.
iTifvga 115.
Tayi/cr/nif^o^ 74.
lagaTTur 20.
Tar-a 121.
la/i'? 267.
TtX/ad).a 115.
TtlffToCyafjio:; 71.
TfAfcrcTi^wKi^a 71.
TfT'^ 208.
TtV^M 310.
t//i'i/ 810.
Ti;xw 40.
Ti;A^K05 174.
Tiji'el 107,
Tijr/xa 178 ff.
i^io? 174.
T^Os, if^?> liw^ 88.
142.
t/i7 288.
XI/U9/, Ti/jiaiw 407 f.
lii'Wf 94.
ttfuiv 94.
ii'<; 108.
r^w 407 f.
foi/ö- 310. Sil.
rosa 174.
To<ro 174.
Tot'rjca 175.
; TOI'Ift 107.
. ^f*iu** 262.
: T^/flura 115.
I T^'^icUcu 109.
• T|^fTO/^«ia 132.
' 7\*/ri^ 132.
j T^/rt OMX 119.
: T^tT'f* 27.
I T^t'rraM 132.
I T^Mrraw 14.
! 7e«K 93.
I Tvrdaf^fmrr^ 122.
Ti'-rij 282.
'Yaijtfi 9. 10.
t7^oc 426.
i'/rij^frij; 248.
'YQui'i 12.
vff/tfrrj 122.
Vif-cUrm 893.
^aarrarn; 382.
4Pal<ra 121.
^oxorcra 117.
^^arayogttat -Of^fj 124.
)Pao;, qp«;, «powg 93.
<f.dirfj 22.
(ifßfnicu 29. 30. 34.
^ii^ovaa 118.
^ij^^ 148.
*! &ivoni0{(or 6.
«^^irt/Ala 115.
ff^SaKvri 22. 183.
4>iili'^a 115.
q.olßo(i 84.
4ßo^r«r<ra 116.
qgtf4r<if 48.
(p(^vytt 182.
<lpW4» 120.
ffiVa 120.
(^i'<rali? 448.
9i;(raw 120. 442.
I tfjvffijfia 442.
I f i'tfipiy^ 443.
! ^t'O'iaM 120.
J ift'ff^T'ra^o^ 121.
i 7mJ«; 93.
j^MT- 93.
jr«/««;« 111.
jfa^iar 96.
/fr/ia 6.
/f«^ 113.
l/»^^r 96.
i/ilrra 11.9.
/<li»? 119.
/»iwny 119.
jf#t» 421.
j^ü.tadvr 94.
Xiftcuga 43.
xlficuQo, 43.
Xiort^ 43.
/iTiur 22. 183.
W» ZP^' '/^«f»- ^07.
/oda 483 f.
/^i'<r6c 132.
^rlla 115.
; iPi/V 115.
I (/»«»^a 121.
I J. #;; 108.
I *Ilaglwp 7. 14.
! '/2irear/ri7 122.
I eil/x^roy, oAfx^ia'-fM 80.
I «^^ 1 ff. 12 ff.
igaloq 5. 7.
w^i; 7.
; 'ftqififtv 8.
I M^to? 5 ff.
l'/Z^/wF 7 ff. 11 ff.
j72^*/«r 12 ff.
I «u^o^^a^o^, w(>o/^'v«//n5.
; AMO? 4 ff. 18 ff.
' w^r«* 48.
(tf^jjfi7<rf I' 402.
u; 109.
ftfxa 93.
iaXijOf; 257.
C. Albanesisch.
fiboilt 22.
464
Wortregister.
D. Italische sprachen.
1) Lateinisch.
adeo 133.
jioj?er 259.
m'grotus 259.
aus 308.
acstumarc 234.
aevum 108.
aflabre 261.
nlioquin 169.
ainnis 404.
amoeuufl 123. 240.
nniputare 416. 417.
annus 280.
ansa 401.
antae 401.
ante 401.
antea 183.
antidhac 138.
aqua 154.
a(}uila, -lu8 257 f.
a(iuilo 258.
arare 278.
arceo 354.
arduus 402 f.
artus 303.
assi- 303.
at 169.
at([ui, atquin 169.
aula 230.
Bellona 123.
bibo 204.
bimus 44.
bispello, bispellio 179.
bi turnen 429.
blaeRus 483.
brutus 446 f.
cachinnus 51.
caesaries 15.
catnillus, -a 186. 187.
canipa 180.
canistruni 180.
canna 180.
cano 252.
carpentum 189.
carpere 189.
casa 302.
oasmillus, -a 186 f.
catillus 302.
caurus, corus 275.
cellere 176. 384.
cclsus 384.
Cerealia 203.
cerno 184.
. ccteroquin 169.
; eis 203.
j citra 203.
! clamor 118.
'■ elarus 421.
' claudo 417.
com-, con- 121. 230.
communis 40 7
compos 226.
compotio 226.
congestus 480.
copa 176.
coquo 260.
crassus 254.
crati- 254.
crimen 46. 47.
criminari 47.
criminosus 47.
cudo 417 f-
cuium 200.
culnius 444. ,
culpa 176.
cum 1 5 .
cumulus 270.
cupa 176.
curmen 185.
de 171.
dcgunere 481.
denique 170. 171. 178.
175.
depuvere 415.
deus 400.
Diana 123. 124.
discrimen 46.
disquirere 411.
diu 384.
diurnus 385.
dius 385.
diuscule 885.
diutinus 385.
diutius 282. 884 f.
diutule 885.
diuturnus 884 f.
DIVID 384.
dolare 484 f.
donec 171. 172.
donicum 171 ff. 175.
doneque, donique 171.
175.
dormio 263.
ducere 89.
dum 172.
eidem 199.
eiei, ei 201. 205.
eieis 199.
eis, eisdem 198. 199.
eins 203. 205.
em, emem 198.
enim 280.
eopse, eapse 206.
eopte 205. 207.
Epona 123.
eum 199. 200.
enmpse, eampse 206. 208.
ezcello 884.
extremus 807. 885.
faber, fahre 261.
facetiae 126.
far 185.
fastus 803.
-fendo 28.
Feronia 128.
festuca 444.
festus 308.
über 29. 80.
fidelia 22. 188.
fido 188.
fidasta 806.
fingo 811.
fio 120. 121.
fistola 443.
flare 442.
fodere 22. 28.
foUis 484.
forceps 161 ff.
fordeum 183. 186.
fores, foras 36. 435 f.
forfex 161 ff.
formucapis 161.
formus 161.
fornax 161.
fomusy ftimus 161.
forpex 162 f.
fors 441 f.
forum 485 f.
forvus 161.
fVemere 48.
friare 488.
fricare 488 f.
frigus 447.
fundns 27. 28.
geminus 428 f.
gestare 429 f.
gestire 481.
gestus 480. 481.
Wortregister. *
465
glocio 421.
gloctorare 252.
gloria 421.
gradior 33.
granum 186.
grossus 254. 255.
-gruere 447.
grumus 420.
habere 204.
haperae 204.
hibus 204.
hoice 203 f.
hoiusce 203 f.
hordeum 183 ff.
hornus 4.
horreo 186.
ibi 198.
ibus 198. 204.
id 198.
idcirco 133.
idem, eidem 198. 205.
ideiKjue 199.
idus 79 f.
ici, ieis 199.
ille 208.
illic 201.
illius, illi 205.
im 198.
inde 274.
inferne 164. 167.
infernus 168.
infestus 303.
inopinus 259.
instigo 187.
interea 133.
interne 164. 167.
internus 168.
ipse 205 ff.
ipsos 207.
ipsud 207.
ipsus 205. 206.
ipsum 206.
irpex 177
is, isdem 198. 199.
iste 208.
istius, isti 205.
janitrices 424.
juvencus 402.
lacertus 80.
lagena, lagella 52.
lappa 182.
Latona 82. 123. 124.
latrare 252.
latum 182.
landare 417.
Zeitschr. f. vgl. sprachf.
lantamiae 92.
lendes 445.
über 120.
lomm 421.
lubricns 272.
lapus 177. 260.
maereo 802.
mappa 182.
matrona 128.
maximus 307.
medioximus 307.
mejere 189.
mel, mellis 235.
mensis 113.
mentula 188 f.
mentum 189.
meopte 206.
mepte 206.
mihi 225.
mihipte 206.
mintrare, -ire 252.
minurio 252.
miser 302.
mnlceo 223.
mulco 223.
multu? 444 f.
munus 407.
namque 308.
ne 164.
necopinus 259. 260.
nei 164.
nempe 205. 303.
Neptunus 892.
nesi 165. 205.
nevis, nevalt 188.
nix, nivis 42.
nolo, noUe 133.
nostrum 200.
ob 284.
obpuviare 415.
ocrea 254.
odi 292.
ola, oUa 230.
stamm oUo- 206.
omen, osmen 275.
opinari 259.
opinio 259.
optimus 284.
08 405.
ostium 405.
oxime 807.
paenitet 406.
panduB 487 f.
parens 226. 292.
patrare 411.
XIX. 6.
I patronus 128.
paveri 417.
pavire, puvire 415. 417.
418.
pejor, pessimns 284.
peUis 409. 410.
pello 268.
pendo 417.
penite 888.
penitius 888.
penitus 888.
percello 884.
pesestas 802.
piius 408.
pituita 429.
pius 406 ff.
plorare 421.
poena 406. 407.
Pomona 128.
pone 164. 167.
pono, posui 802.
popa 176. 260.
possum 224. 227.
posthac 188.
postilla 183.
postremus 886.
potens 226.
potesBet 224.
potio 226.
potior 226.
potis, pote 207 f. 224
411.
potissum 824.
potui 224 ff. 806.
praeputium 417.
praeterhac 183.
primores 888.
primotinus 886.
prodins 885.
I profandus 28.
promulgare 444 f.
! prone 164. 167
' pronis 168.
pronus 168.
prope 284.
proximus 807.
pruina 440.
prana 440.
prorio 440.
-pse, -pte 206 f.
pudet 416. 416.
puer 92.
pullus 489.
ptdpa 176.
puni8 416.
30
466
Wortregister.
pU8U8 802.
Pata 417.
putamen 417.
putare 416. 417.
putus 416.
quaero 41.0.
(luamde, quande 167.
quandone 164. 167. 168.
quapropter 138.
qnasillus 802.
que, quei 201. 203.
queo 411.
quidque 808.
quin, qui 169. 170.
quine 169.
qaippe 808.
qnirquir 196.
qaocirca 183.
quüius, -a, -um 200.
quoium 200.
quoius, quoiei, quoi200ff.
rapa, rapum 176.
ratio 296.
ratus 396.
regina 123.
repudium 415.
resina 308.
ripa 180. 181. 264.
rivus 180. 181.
rodere 484.
rosa 302.
rostrum 434.
rumor 48.
sapa 176.
saperc 204.
sapsa 205. 206.
sas 205.
scaber 204.
ficalpere 181. 182.
Bcatere 258.
scecidi 26.
scelus 176.
scirpus 184.
scopa 176.
scribo 33.
se, sed, se- 164 ff. 180.
sectius 882 ff.
secundum 884.
secus 383 f.
seditio 164.
segnis 383.
seine 164. 205.
sepelire 179. 180.
sequi 384.
Bequior 284.
' sequius 888 f.
' scrotinns 885.
set 288. 885.
setins 232. 883.
si 169.
Bibus 204.
sie, seic 165. 205.
sin 169.
sine 164 ff.
solium 274.
solum 215.
soror 155. 244.
spargo 239. 488.
specus 181. 182.
spelaeam 181.
spelunca 181.
spirare 120.
spissus 253.
spopondi 26.
spurcus 488.
spuma 78. 79.
Stimulus 187.
stipo 176.
stupa, stuppa 176.
subidus 278.
Saculae 10.
soffire 120. 121.
snm, sam 205.
suopte 206.
supeme 164. 167.
supemus 168.
i supremus 307. 885.
suus 155.
taedet 80.
taeter, teter 80.
talpa 181. 182.
tollere 188.
torqueo 280.
totus 174.
traho 204.
tremo 262.
triticum 186.
tuopte 206.
über 222.
unde 167. 274.
nspiam 205.
uveo 426.
vapor 182.
vappa 182.
vafi 802.
-ve 164.
ve- 179.
ver 2 ff. 44. 203.
verbum 278.
versari 255.
veru 218. 219.
▼espa 177 ff.
yespertilio 445.
yespillo 178. 179.
vespula 179.
Veste 218. 221.
vestis 180.
veter 196. 197.
▼iduua 224.
▼igere 270.
vigU 270.
vig9r 270.
vir 896.
virtos 896.
vi8piliatorl79.
vitnlus 4. 45.
vopte 806 ff.
voveo 220.
2) ■itteUatelmlsch.
bajularius 150.
bajnlator 150.
bajulus 150.
'ficacium 125.
legola 52.
3) Romaiische
spracheiL
span. abatido 416.
wal. breba 89.
bruine 440.
ciseaux 161.
span. comnlgar 446.
span. flecha 129.
flache 129.
fondement 28.
it. frecoia 129.
it. span. gmmo 420.
wal. gpnunn 420.
it. nocca 129.
perdrix 29.
pi^ce 148.
prov. proa 440.
4)DnlTiMh.
amipo 178.
ar, ar- 178.
eaf 199.
eam 199.
Wortregister.
467
efurfatu 162.
enno 167.
ennom 166. 167.
eno 167.
enom 167.
eo 199.
erek, ej-ek 198.
euront 199.
furfat, furfant 162.
-i, -e 197. 202.
idik, idic 198.
ife 170. 198.
isidum 198.
izic 198.
mehe 225.
pane 166. 167. 170.
peihaner 408.
peiu 204.
pernaio- 168.
perne 166. 168.
pihafei 225.
piho, peho 408.
; pisi 197.
I poe, poei, poi 201.
jpone, ponne 166. 167.
170.
postne 166. 168.
pufe 170.
pune, pani 166. 167.
pustnaio- 168.
sei 164.
Buperne 166.
vero 436.
5 ) Oskisch. Sabellisch.
akenei 280.
angit, anget 280.
angetuzet 230.
ekak 230.
feihüss 24. 204. 310 f.
hafiert 23.
Hampano 204.
hipid, hipust 24. 204.
hirpus, irpus 177.
iafc 199.
infm 230.
ioc 199.
ionc 199.
c
iüssu 199.
ip 170. 198.
lovfrefs 120.
Marahieis, Marhiea 204.
mofnfko 407.
pan, pam 170.
Pemaf 168.
piei 199. 200.
pieis 199. 202.
piihio 407 f.
pon 170.
potiad, potians 226.
puf 170.
sipus 204.
tribarakaum 273.
veru 436.
Vifnikirs 407.
E. Arische sprachen.
1) Sanskrit.
äsadhri 401.
adhunä 164.
anadväh, aDa4uh 8 9 f.
ap 154.
apakita 407.
api 234.
WZ. ar 249. 393, 397.
ara 395.
arati 248. 249.
aram 394. 396.
ari 395.
aritar 248. 249.
aritra 248. 249.
ardajSmi 402.
ardati 402.
arja 393 ff.
arvan, arvant 403.
aväni 405.
WZ. a9, a^nöti 309.
ahan 40.
avätsam 44.
ä 283.
ät 97.
änaf 309.
Sju 108.
Srä 437.
ärja 398 ff.
idam 282.
indu 79.
indamati 79.
imam 282.
WZ. is 249.
üu 408.
isudhja- 849.
WZ. ih 259.
usas 217.
usma, usman 14.
usras, usri 44. 217.
üdhar 222.
üvadhja, übadhja 221.
222.
fghäjati, fghäjate 401.
rta 396.
eka 230.
ekatara 174.
WZ. edh 222.
ena 230.
esa 230.
ö^as 270.
kalüüiapa 180.
WZ. ka^ 262.
kapäla 38.
WZ. kar 176.
WZ. kar, kirati 421.
WZ. kalp 176.
kaja 200. 204.
pron. st. ki 200.
kutra 274.
kumbha 176.
I ke9ara, kesara 15.
'. ksäva 412.
WZ. ksu 42. 411.
WZ. ksubh 42.
garta 440.
WZ. gardh 185.
gardha 33.
garbha 184.
gavinf 43 1 f.
WZ. gäh 28.
guni 433. 447.
WZ. guh 41.
gfha 41.
gSurava 160.
gäus 87.
WZ. grath 254.
grathita 254
30*
468
Wortregister.
WZ. prabb, grab 41. 184.
^rivan 9*2. 432 f.
gha 205.
WZ. ^bnr ( besprengen)
440.
gbarma 440.
WZ. gbars 185. 434.
gbönS 434.
WZ. gbra 434.
gbräti 434.
gbräna 434.
kandramas 160.
Kandrikä 160.
Karman 409.
Käjati, Käjate 407. 408.
ItS^u 407 f.
WZ. Ki, Kiketi, ttinöti 407.
410.
Kira 409.
ttivara 409.
WZ. K§8( 410.
^ätu 429.
latukS 4 29.
gani 429.
|antukS 429.
WZ. ^abh 426 f.
^abhSra 41.
WZ. ^ar, ^aratS 428.
^fftusa 429.
länSmi 422. 423.
|äm5 424.
^ämätar 424.
Ismi 424.
I^spati 424.
WZ. ^inv 425 f.
^ibmd 422.
^ra 425.
iirf 426.
WZ. ^iv 426.
taku 257.
tat 103.
tatra 274.
tandate 80.
WZ. tarn 80.
tävat 88.
trajSuäm 200.
trinäm 200.
tvas^r 156.
danda 440.
WZ. dam 424.
WZ. dar, df 399 f. 435.
dara 399.
daridrä 399.
WZ. darb, dfbati 435.
WZ. dab 40.
dSpajämi 426.
WZ. das 15.
dfffSra, dS»eral5.
dipsati 41.
WZ. dih 311. 425.
dirgba 435.
durSpa 260.
: WZ. duh 36. 39. 241.
dubitar 23. 36 ff. 155.
241. 243. 400.
dSva 400.
dSba 310. 811.
djävS 43.
WZ. 4ju, div 43.
djSuB 87.
WZ. drS 263.
WZ. dräkb, dbrSkh 27.
WZ. drub 273.
dvär, dur 398 ff. 485.
dvära 36. 398 ff. 436.
dvidhÄ 447.
dbava 223.
WZ. dbü 120.
napSt 155. 393.
naptar, napti 155.
WZ. na9 (erreicbcn) 809.
nädhamSiia 272.
nSdbita 272.
näbbi 392 f.
pati 226.
patni 432.
patjate 226.
' parut 45.
pavana 101.
pavi 418.
pavira 418.
pär»9i 75.
pSlaka 439.
pävaka 101.
pSvana 101.
pitar 38.
WZ. pi 234.
puträ 411.
puspa 180.
WZ. pü 416.
pürnimS 79.
pjlsasu 108.
Pf9ni 438.
pratbamä 293.
prfivjrs 44.
WZ. prus 440.
prusvä 440.
pbena, pbenSja- 78.
bai^4a 440.
WZ. badb, bSdh 28. 29.
WZ. bandh 29.
bandbu 41.
babhm 80.
WZ. barh 182.
WZ. bah) vah 29.
bSla 439.
bSlaka, balikS 439.
bäbus 29.
bibbSmi 80.
WZ. budh 29. 441.
bndbna 27. 28.
, bradbna, vradhna 28.
i WZ. bbar 157.
bbara 157. 158.
bbartar 155.
WZ. bbarbb, bharv 162.
bhavant 98.
WZ. bbs 84.
bbäpajSmi 80.
bbSrjä 155.
bbSs 98.
bhjrtr 442.
bbo8) bho 98.
WZ. bbram 48.
bhrStar 86. 155.
manmana 252.
WZ. mar9 228.
mahjam 225.
WZ. mä, mimäti 252.
mStar 155.
mSsa 113.
minmina, mi^mi^a 25 t.
musala, musala, ma9ala
15.
mürd 446.
mürkhä 446 f.
WZ. mfirKh 446 f.
mürU 44 6 f.
mtirti 447.
mürdbän 447.
mesa 419.
WZ. ja^ 2.
WZ. jam 424.
jama, jam! 156. 4281.
jamala 423.
jamunS 423.
javis^ba 42.
WZ. jS 2.
jätar 424.
jSmStar 424.
järoi 424.
jSvat 88.
ra 249.
rata 249.
rati 249.
Wortregister.
469
ratha 249.
rathaspati 249.
WZ. ri9, ri9ati 264.
rara, ramatS 248.
rista 264.
WZ. ri 180. 181.
WZ. ruh 250 f.
WZ. reg, regati 262.
repajati 181.
röhaj, röhita 441.
WZ. lip 264.
WZ. lud 274.
vatsa 44 ff.
vatsara 44.
vatsjämi 44.
WZ. van 220.
WZ. vabh 42. 893.
WZ. var 882. 396. 397.
436.
vara 382. 398.
WZ. vardh, bardh 28. 185.
varkara 222.
WZ. varK, varkate 222.
varsa 44.
WZ. vas (verweilen) 220.
221.
WZ. vab (bekleiden) 180.
WZ. vas, uKhati 3. 44.
217 f.
vasati 221.
vasanta 14.
va'tar 44.
WZ. vah 220.
WZ. vä 42.
vä 164.
väghat 220.
vä^a 270.
WZ. vänkh 220.
väjü 408.
vära 436.
väri 8.
vävrdhante 291.
väsara 3. 44 818.
vi 164.
WZ. vidh, vindhate 223.
vidhavä 223.
vinä 163. 164.
vira 398.
vfka 177. 222.
vf^ina 216.
vj-tam 382.
vrtta 255.
vrtti 255.
vjäna9i, -in 309.
WZ. vra9K 177.
WZ. 9as 188.
9akrt 15.
9arad 44.
9iras 93.
WZ. 918 410.
9üla 219.
9rava8j^ 421.
9roinata 47.
9va9ura 15.
WZ. 9vi (9u), 9U9ava, a9Ü-
9avam 106.
sa- 230.
sävat, sävatsara 44. 46.
sakhSjas, sakhsjam 90.
WZ. saK 273.
S + sad 215.
sanS 164. 170.
saparjSmi 180.
sabhS 275.
sam 15. 230.
sava 437.
sas 103.
sSkam 230.
WZ. 85dh, Bidh 216. 217.
BSdhu 216. 217.
8u 157.
sünu 155.
sürja 219. 295.
eürjSaX 295.
WZ. sku 275.
WZ. skhal 176.
WZ. stigh 251.
WZ. stu 42.
WZ. stubh 42.
WZ. snu 42.
WZ. 8par9, 8pi'9ati 438.
WZ. sjü, siv 43.
i wz.^ru 181.
i WZ. srju, sriv 43.
svaru 218. 219.
BvasSram 244.
svSdii 288.
ha 205.
häsa 113.
WZ. han 28.
WZ. hars 186.
liima 44.
2) Pali. Prakrit
gahapatSni 431.
lUndimS 160.
tisssja 203.
tSsSnä 208.
ipä, i^amä 208.
gSrava 160.
ghara 41.
ghettü 41.
3) Altpersisch.
api 256.
arija 394.
arda 402.
KaispSis 90.
thuravähara 3
jats 88.
jSvS 88.
4) Zend.
airja 394.
aurva, aarvant 403.
azan 40.
avazanän 423.
äat 97.
SonhSt 291.
isud 249.
uljS 393.
urup5i8 90.
ereghant 401.
eredhva 402.
kaSna 406.
qanharem 244.
gae9u 218.
Kaesman 410.
Kareman 409.
WZ. Ki, Kikaen 406.
^aem 425.
WZ. ^ah, ganh 430.
^Sma 424.
li^isenti 425.
|ira 425.
^ti 425.
gjäiti 422.
zänenti 422.
zämi, zSmaj 424. 426.
täthra 80.
WZ. thrak 204.
WZ. danh 430.
danhävo 90.
WZ. da 430.
dughdhar 37. 40. 248.
duzSpa 260.
napta 392.
napti 392.
nafaena 392.
nlfa 392.
narja 392.
paitizonät 42S.
pirelaih 447
pafDshsfU iOb.
pere^CDtn SD.
baodhijeiti 441.
bona 26.
bDn*vs 26.
mrära 446.
jsT*! B8.
jire 1. 2.
Jims 428 f.
nioplii 90.
WZ. rud (wachMo) 2bO. I biftm 893.
vaähnra, vanhra 2f. 14. ; babar 80.
vaj», viyu 408. I babr 80.
vehtka 177. i bibar 80.
9Branh 93. [ bSr 30.
6) PmL
I...
bDn, boii S8.
bahlr 8. 14.
dukhUr, dokht 87.
•d 44.
ntt SSI.
10)
khur'n 420.
F. Lettisch -slawische sprachen.
1) Thrakiicli.
alkon* 80.
ambtertti 26 2
galwa 836.
gvmil, glmti 434.
ia),,6i 409.
anka 856.
-gl, -ffli B67.
apjenkü, apjfekti 266.
glindan 44fi.
2) AltprenfslicL
apspisti, -8p,i8
asä 401.
I 253.
gridti 447.
^la 487.
■okJB 2&8.
ädnas 404.
llgag 486.
agine 268.
bndyti 22.
inksla, inkti S»6. SB7
aglo 258.
blUuJQ 204.
iokataa S66.
aurktas 256.
britwa 856.
yta, yr BBS.
dukti 87.
ozonai u. s. w.
857.
kalb. IBS.
instran 364.
da- 272.
kalb*« 278.
iDxse 866.
dabinti 361. 372.
kUti 884.
dabBznna 261.
kalnpa 8BB.
poducre B7.
daikUa 368.
klüika S7S.
reiiflD 868.
dailiui 278.
kknklM 179.
eyleoke 366.
danüfl B58.
kardiloa 356.
dragioa BB6.
karpa 355.
tnilis 264.
draügas 273.
karUf 8B8.
turpeliB 264.
diibti 278.
kiqju, kiuti 41Sff.
wirbe 866.
dukr^g 37.
kankaraa 880.
woalti», wollis 80.
dukte 37. 88.
24S.
kadkti 278.
wo« 856.
d^^aa 436.
kflti 384.
yttroy 254.
dyva» 437.
kepum 856.
dyyitia 487.
3} Utonlsch.
-ijaü 285.
■tkuDsa 80.
kUoMaa 419.
UauBiia S56.
aklu 266.
erdraa, ardTU
403.
Unk», kink^ 17».
WortregiBtar.
471
k\tur 274.
klaüsin, klaiisti 411.
krinjn, krauti 420.
kriauna 204.
krunktereti 252.
kruv^ 420.
kuilis 254.
külti 884.
kür 274.
kurpaliuB 254.
kürs 272.
Läame 204.
l^idmi 273.
l^ndre 445.
löju, löti 252. 279.
mdiszas 419.
märes 294.
medis 355.
raiuksztas 356.
muturis 865.
naga, nagas 858.
n^ndre 445.
ogi 272.
olektis 80.
osta 405.
ostas 405.
pkts 207.
paiiksztiB 272.
paväsaris 5.
p^rnai 272.
pe'va 414.
piäaju, piänti 418 ff. 417.
piäustau, piaust^ti 417.
preszas 439.
rabata 854.
raiszas 264.
rakinu 854.
ramus 248.
ranka 354.
reisas 358.
redas 854.
rikus 854.
rimti 248.
rdpe 176.
Bausis 855.
ßav- 856.
B6'ju 278.
senkü 274.
Silke 855.
siunczü 272.
ßjvas 437.
skaidrüs 275.
skambü, skambeti 405 f.
skastu, skasti 258.
spScziuB 253.
Bp^czu 253.
spitn, spisti 258.
spumöti 79.
Btulpas 355.
snkrövimas 420.
BÄ'las 274.
szalmas 409.
szarkas 855.
szaszas 855.
Bzenai n s.. w. 857.
Bziaurys 275.
Bziczonai n. s. w. 857.
Bzis 203.
Utnkus 274.
telas 4.
tenai u. s. w. 357.
tenkü, tökti 280.
tinkü 280.
träukti 204.
trönkti 280.
trimimas 262.
trimu, trimti 262.
truszas 368.
tuba 355.
tulkas 356.
tnrguB 355.
udas 356.
ugnis 256.
ukanas, ukank 256.
ukas 256.
uksta, ukti 256.
unksna, anksna 256.
upis 256.
vabalas 62.
vapsk 177.
vkrdas 278.
vasarä 2 ff. 14.
vejas 278. 408.
veriü, v^rti 486.
vferzti 274.
vklkas 177.
wirwas 856.
vUur 274.
4) Lettisch.
akls 256.
beddiht 22.
bedre 22.
6na 256.
gnfdes 445.
grfits 447.
ikls 256 ff.
igsta, igt 269.
: ikri 264.
känja, kaut 418 ff.
kaons, kaunetees 416.
kautees 415.
lat 252.
iofa 401.
Ssta 406.
plauju, plaut 418 ff.
plawa 414.
reisi 358.
skan^t 406.
skand^t 406.
sprädfe 891.
'tramdft 262.
I tremui tremt 262.
5) Kirchenslawisch
^da 856.
fze, §za 855.
b^diti 278.
blejati 204.
britva 856.
bobr 29.
ceta 272.
cisogo 208.
ör^du 272.
örenü 204.
örüstUi cerustü 254.
6rÜ8tTÜ 254.
diviti 8^ 487.
dlügii 278.
do 272.
doba 261.
dobli 261.
dobru 261.
dremlj§ 268.
drugu 278.
dn§ti 87. 242.
dvorö 486.
gladil 278.
glava 355.
gl^dati 278.
gorje 272.
im^ 4.
j^triivi 424.
kara 274.
karati s^ 274.
k^da 274.
klad^, klaati 421.
koliba 355.
kr§tu 254.
kr^n^ti 254.
ki^f, kovati 4171.
472
Wortregister.
kovf^, kuti 419.
luJQ. lajati 279.
laküti 80.
lapa 272.
leto 5.
Kku 252.
lice 274.
luditi 274.
luzdevati 274.
meknati 274.
mekiiku 274. 850.
mnoziti 444.
mokrii 356.
murje 294.
nirakü 274.
nirazü 447.
inniiogü, miiogu 444.
Dapü 260.
i):^zi.la, niizda 272.
nevuzapiuu,nezapmii 260.
pi'iia 78. 79.
jienji^, poniti 78.
ppsti 274.
plesati 273.
podüba 272.
prfsti, pregQ 892.
rek;^ 274.
Bejj^ 278.
seldi 355.
severü 275.
sT 203.
skarati 262.
Bkac'ikü 262.
slabü 273. 275.
sraka 355.
stlubil, süüba S55.
stlüpu 855.
sükovati 419.
suprpSti, 8upr^g9 892.
suga 855.
t^da 274.
t^.iti 274.
tegota 274.
tlüku 856.
trebü 274.
trugu 855.
tysQsta 272.
uciti 272.
uzafln^ 286.
vejij 278.
vina 272.
viril 355.
vlukü 177.
vreti 436.
vriibi 356.
vriista, vrusti 255.
vykn^ti 272.
zaapii, zajapü, zapu 360
zapanü 273.
6) Serbisch. lUyriscb.
Kroatisch.
bodem, bosti 22.
brebir 29.
dabar 29.
ktji 87.
lyniek 58.
mlogi 446.
7) Rassisch.
d6h" 87.
gnida 444.
ikru 254.
jaro 4.
pijazka 890.
8) Öechlsch.
bodn, büsti 22-
dcera 87.
jaro 1. 4.
lan 58.
praska, prazka 890.
pfeska, p^eska 890.
siska 62.
tele 4.
9) Polnisch.
cora, corka 87.
gnida 444.
prz^czka 891.
prz^czka 890.
rzepa 176.
sprz^czka 891.
O. Keltische sprachen.
1 ) Altkeltisch.
Arducnna 402.
celia 184.
ceria 184.
cervisia 184.
Dannvins 154.
doro, dori 436.
gaesum 218.
Renus 154.
2) Irisch. Gaelisch.
ardd 402.
creamh 420.
möinddnmidetu 407.
ß^t 272.
Bpeach 177.
üaD 404.
3) KymrUch
nddd 446.
keiesaw 410.
treb 278.
Wortregister.
473
Anhang.
Geographische namen des nordgermanischen und altpreufsischen gebiets
nebst einigen andern eigennamen.
Aestii 361. 363.
^iXovaiojve^f Helveconae
u. 8. w. 366.
Aismares 368.
Alyem 373.
Angeln, Angul 362.
Barten 361 f. 373.
Bmsebergue 373.
Burgundarholm 367.
Drausensee 368.
Düna 375.
Ely 370.
Ermland 366.
Estmere 368.
Ethelrugi 362.
Eygotaland 367.
Eysysla 876.
0i(jai(TOi 362.
Friesen 362.
Gambrivii 157.
G&ngraSr, Gängleri 365.
Gautar, Geätas 865. 877.
380.
Gautigoth 367.
Gepiden 363.
Gidanie 369.
Goöthioö 367.
Gothiscandza 869.
Gothland 365.
Guddas 365.
Guttalus 872.
Gyddanizc, Gdanzk 369.
Halfdanen 877.
Halaridis, Hallaridis 371.
Harudes, Hörgar 362.
Hehlen 870.
H»l 370.
Heia 369 f.
Heli, Heiig, Helium 370.
Hermini 866.
Heruli 362.
Helsingialand 862.
Heyla 369.
Hilleviones 866.
Holmrygir, Ulmerugi 862.
867.
Hrsedas 367.
Hredgotan 367.
Hylaricos 871.
Häng 368. 372.
Ing u. B. w. 862.
Capostete 873.
Kaukasus 360.
Clodava, Kladau 872.
Liothida 376.
Marsi 157.
Motala 366.
Mottlau 866.
Nadrauen 373.
Nehrung 372.
Neria u. s. w. 372.
Nogat 372.
Noregr, Nerigon 372.
Nörva, Nörvöe 372.
Osilia, Oesel 875.
Ilavidioi 361.
Oxhöft, Oxiva 371.
Ragnaricii 871.
Raumar, Ranmariciae ?,7i.
Reiggotaland 367.
Reudingi 867.
Rheda 867.
Rixhöft, Roosheine 371.
Romowe 874.
Rugii 862.
Sachsen 378.
Sassen 861. 873.
Sigambri, Sugambri 157.
Sk^ney, Scedenfg, Scan-
dinavia 404.
Sudauen, Sovdtivol 373.
Sviar, Suiones, Schweden
u. s. w. 376. 880.
Tarapitha 375.
Teutones 861. 862.
Theutes 362.
Truso 368.
Tuisto 166.
Unsatrapis 378.
Waldai 875.
Warmia 866. 374.
Vegtamr 865.
Wermelani , Verraaland
866. 874.
Vidivarii 364. 868.
Wislemüga 868.
Vistula, Weichsel 861.
372.
Witiand 868.
Wodan 865.
Ynglingar 362.
Zambia 378.
Zantir 878.
Zudua 378.
A.W. Schade's Bnchdmckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47
Verbesserungen.
B. 89, z. 2 V. u. lis: ana4uh.
8. 40, z. 19 lig: )-tha.
8. 66, z. 15 lis: anlautende.
8. 66, z. 15 V. u. lis: egrischen Urkunden.
s. 88, z. 4 lis: ursprüngliche.
8. 88, z. 6 lis: ^o?.
8. 88, z. 17 lis: tj^oq.
8. 106, z. 18 lis: xoiloq.
8. 116, z. 8 lis: KllKFaa'
8. 116, z. 10 lis: AlO-iomaan'
8. 124, z. 6 V. u. lis: "OfttiQoq'
8. 129, letzte z. lis: flache.
s. 131, z. 2 V. u. lis: ßXaffidvai'
8. 133, z. 20 lis: adeö.
8. 158, z. 25 lis: Dieterich.
8. 166, z. 9 V. u. lis: "wir.
B. 168, z. 21 lis: aio.
8. 168, z. 22 lis: mufste.
8. 177, z. 16 lis: Juvenalis.
8. 214, z. 20 lis: altnordischen.
s. 229, z. 12 lis: Rennes.
8. 242, z. 4 V. u. lis: düsti.
8. 252, z. 16 V. u. lis: kau kanati.
8. 259, z. 7 V. u. lis: in-opinus.
8. 272, z. 21 lis: s^t.
s. 276, z. 6 V. u. lis: fidur-.
8. 296, z. 14 V. u. lis: anlautenden.
Die Seitenzahlen 366 und 367 sind mit einander vertauscht worden, doch sind
der einfachheit halber die citate im register nach der irrigen paginie-
rung gegeben.
s. 389, z. 17 V. u. ist vor: »von" das wort: „Steigerung" ausgefallen.
8.405, z. 19 lis: pa9U8-ha9ta.
8. 424 ist fälschlich 244 paginiert.
ü lo Ooiao 416b