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Full text of "Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen"

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I 


Professor  Karl  fieinrid?  Hau 

PRESENTED    TO    THE 
UNIVERSITY     OP     MICHIGAN 

JTlr.  pijilo  porsons 


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ZEITSCHRIFT  .,,^^ 


FÜR 


VERGLEICHENDE 

SPRACHFORSCHUNG 

AUF  DEM  GEBIETE  DES 

DEUTSCHEN,    GRIECHISCHEN    UND  LATEINISCHEN 

UNTER  MITWIRKUNG 

VON 

Dr.  ERNST  W,  A,  KUHN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

Br.  ABAX.BERT  KUHN, 

PROFESSOR    UND  DIRECTOR  DES  KÖLLN1SCHBN  OTIUTASIUMS  ZV  BBRLDf. 


BAND  XXI. 
NEUE  FOLGE  BAND  I. 


BERLIN 

PERD.  DÜMMLER'S  VERLAGSBüCHHAlJDLÜNG 

(HABBWITZ  UND  0088UANN) 

1873. 


Inhalt. 


Seit« 

Etymologische  beitrage.    Von  A.  Fick 1 

Berichtigung.     (Zurv^accentlehre.)     Von  F.  Miste li 16 

Die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tenues.     Von  J.  F.  Kräuter   .     .     80 

Das  deutsche  tsch.     Von  6.  Gerland 67 

Zur    geschichte    des    indogermanischen    vocalismus    von    J.    Schmidt. 

Erste  abtheilung.     Angezeigt  von  B.  Delbrück 73 

A  comparative  Grammar  of  the  Anglo-Saxon  Language.  By  F.  A.  March. 

Angezeigt  von  M.  Heyne 92 

Lit.  kirm^ti.     Von  J.  Schmidt 96 

Umbrische  Studien  von  J.  Savelsberg 97 

Miscellanea:   1}  gfivi,  kuh.     2)  Das  oskische  perfect  auf  -tte.    8)  Zwei 

oskische  worter.     Von  H.  Kern 287 

rdXa   (FriAaxTog),    Lac  (Lactis),    der  graecoitalische  name   der  milch. 

Von  H.  Brunnhofer.     Angezeigt  von  E.  Windisch   ....  248 
Versuch  einer  formenlehre  der  oskischen  spräche.    Von  E.  Enderis. — 
Ueber  einige  grundzüge  der  lateinischen  Wortstellung.    Von  C.  Abel.  — 
Vorlesungen   über  die  vergleichende  lautlehre  des  sanskrit,    des  griechi- 
schen   und   des  lateinischen,   von   G.   J.   As  coli.     Uebersetzt  von 
J.  Bazzigher    und   H.  Schweiz<r-Sidler.     Erster  band.   —    On  the 
Nature    and    Theory     of    the    Greek    Accent.      By    J.    Hadley; 
on   the  Kature   and   Designation    of   the  Accent   in   Sanskrit.     By 
W.  D.  Withney.    (From  the  Transactions  of  the  American  Philo- 
logical  Association,    1869  — 1870).   —   Memoires  de  la  Soci^t^  de 
Lingnistique  de  Paris.    Tome  premier.  -^  Die  deutschen  pronomina 
und   Zahlwörter,    historisch    dargestellt  von    H.  B.  Rumpelt.   — 
Arbeiten  des  prof.  E.  Lattes  in  Mailand:  Osservazioni  sopra  alcune 
iscrizioni  £trusche.-^(Memoria    del  prof.  E.  Lattes,   s.   corresp.  del 
R.  J.  Lombardo;  9.  die.  1869)  n.  s.  w.    Angezeigt  von  H.  Schwei- 

zer-Sidler 266 

Miklosich,   Fr.     Die  slavischen  demente  im  neugriechischen.     Ange- 
zeigt von  A.  Leskien 280 

Gotisch  vopija  ich  rufe.     Von  J.  Schmidt 288 

Zwei  indische  gleichniBse.     Von  E.  Windisch 286 

Literarische  notiz     . 287 

Abhandlungen  über  die  romanischen  mundarten  der  Sttdwestschweiz.  — 
Erste  abtheilung:     Die  mundarten  des  cantons  Neuenbürg.     Erster 

theil:  Lautlehre.     1.    Die  vocale.     Von  Fr.  Häfelin 289 

Ueber   vocalsteigerung,    insbesondere    in    fler  verbalflezion.     Von   Leo 

Meyer 841 

"Enaaroq — ^Uaaioq,     Von  LeoMeyer .     .  850 

Etymologische  beitrüge.     Von  A.  Fick 866 


8«it« 
6.    Gerber,    die    spräche    aU   kirnst.     Erster    band.     Angezeigt   ron 

6.  Gerland 370 

Agglatination  oder  adaptation?    Eine   sprachwissenschaftliche  Streitfrage 

▼on  A.  Ludwig.     Angezeigt  von  B.  Delbrück 381 

Ueber  F  ick 's  Tcrgleichendes  Wörterbuch  der  indogermanischen  sprachen. 

Von  E.  Windisch 385 

Somanische  Sprachwissenschaft.    Ans  Zeitschriften.   Von  H.  Schochardt  434 

Etymologische  beitrage.     Von  A.  Fick 461 

Altdeutsches  hl  und  br  als  gl,  kl  und  gr,  kr  in  personennamen  enthalten. 

Von  K.  6.  Andresen 465 

Znr  etjmologie  von  riaQqaaia-     Von  W.  Burda 470 

*Eam — (^«*»  aus  affäw'     Von  Leo  Hejer 472 

Reliqniamm  dialecti  Creticae  pars  prior.  Glossae  creticae  cum  commen- 
tariolo  de  nniversa  creticae  dialecti  indole.  Scripsit  H.  Klee- 
mann.    Angezeigt  von  G.  Gerland 473 

Die  verwantschaftsverhältnisse  der  indogerm.  sprachen  von  J.  Schmidt. 

Augezeigt  von  E.  Kuhn 475 

Verzeichnis  eingegangener  Schriften 476 

Abbandlongen  Über  die  romanischen  mundarten  der  Sfkdwestschweiz.  — 
Erste  AbtheiluDg:  Die  mundarten  des  cantons  Neuenbui^.  Erster 
theil:  Lautlehre.  IL  Die  consonanteu.  —  Zweiter  theil:  Formen- 
lehre: L  Substantiv.     II.  Adjectir.     III.  Zahlwort.    IV.  Pronomen. 

V.    Verbum.     Von  Fr.  Häfelin 481 

Sach*  und  Wortregister.     Von  Alois  Vanfcek 549 


Etymologische  beitrage, 

1. 

Abd.  ganehaista  funke,  altpreufs.  knaisti-s  brand,  ksl. 
gnetiti  zfinden,  lat.  nitere  glänzen  (scintilla  fcmke). 

Uas  alte  deutsche  wort  gneist  funke,   das  ja  in  dem 
familiennamen  „Gneist^  and  dialectiscb  vielleicbt  attcb  Sonst 
noch  heut  zu  tage  fortlebt,  hat  seines  absonderlichen  lids* 
Sehens  wegen  die  forscher  viel  beschäftigt,  ohne  dafs  mei- 
nes Wissens  die  schlagende  deutung  bis  jetzt  gefunden  wäre. 
Es  findet  sich  im  an.  gneisti  (stamm  gneistan-)   und  im 
ähd.  ganehaista,  gneista,   cneista  st.  f.  gneisto  (stamm  gnei- 
stan  =  an.  gneisti)  schw.  nf.  mit  der  nebenform  ganeistra  f. 
Die    ahd.   formen  zeigen   deutlich,    dafs   ga-  präfigirt  ist, 
welches   ga-  im   an.    ganz  regelrecht  zu   blofsem  g  wird, 
vgl.  an.  gnött  =  ahd.  ginuht  genüge,   an.  gnög-r  =  goth. 
ga-nöh-s,    ahd.  gi-nuog,   nhd.  ge-nug,    an.  gllk-r  =  nhd. 
g-leich   u.  s.  w.     Zur    weitern  herstellung    der   grundform 
verhilft  uns  das  alterthümliche  ahd.  ga-nebaista.     Hier  ist 
das  alte,  sonst  geschwundene  h  noch  erhalteü,  aber  ver«- 
stellt,  wie  das  bei  schwindenden  lauten  ofl  vorkommt;  das 
h  an  seinen  richtigen  platz  gestellt,  erhalten  wir  ga-hnaista 
resp.  ga-hnaistan  als  germanische  grundform.   Seheiden  wir 
das  präfix  ga-  ab,    to   entspsicbt  dem  so  gewonnenen  txi*-» 
germanischen  hnaista  latit  für  laut  das  im  Elbinger  glossar 
uns    erhaltene    prenfsische    knaisti-s    brand,    angebranntes 
scheit.     Das  auslautende  i  wird  fdr  a  stehen,  wie  ^ami-s 
krähe  für  varn-as,  konagi-s  könig  vgl.  Ht.  kuning-a-s,  cur- 
wi-8  ochse  vgl.  im  katechismus  kurwa-n  acc.  u.  s.  w.     Als 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  1.  J 


2  Fick 

stammverb  fQr  germ.  hnaista  =s  preufs.  knaista  =  slavo- 
deutsch  knaista  können  wir  wohl  nur  knait  zünden  an- 
setzen, und  dieses  knait  finden  wir  im  ksl.  gneätq  (= 
gnet-j^)  gnetiti  anzünden.  Die  erweicbung  von  urspröng- 
liebem  anlautenden  kn  zu  gn  im  slaviscben  ist  durchaus 
regelrecht;  ich  erinnere  hier  nur  an  das  slaviscbe  gnida 
nifs  (poln.  gnida,  os.  bnida,  polab.  gnaidäi  pl.  nisse  e.  Scblei- 
cber  polab.  spräche  77,  9),  das  wie  das  griech.  xoviä-  und 
ags.  bnitu  f.  (=  bnita)  niss  beweisen,  auf  eine  grundform 
knida  =  slav.  gnida  =  ags.  bnitu  f.  zurückgeht.  Sonach 
haben  wir  ein  slavodeutsches  verb  knait  zünden,  mit  der 
ableitung  (knait-ta)  knaista  gewonnen.  Dieses  knait  ist 
zunächst  durch  vocalsteigerung  aus  knit  entstanden,  und 
dieses  knit  liegt  im  lat.  nit-6re,  niti-dus,  nit-or  vor,  wie 
man  sieht  für  cnit-iere  mit  regelrechtem  abfall  des  c  vor  n. 
knit  selbst  ist  nun  freilich  noch  lange  keine  reine  wurzel- 
form; zunächst  ist  es  auf  europäischem  boden  durch  Um- 
stellung aus  kint  hervorgegangen,  wie  europ.  knid  =^  xvi^w 
(xvid'jia)  ==  germ.  hnit  stofsen  aus  kand  u.  a.  kint  ist 
präsensthema  aus  kit,  wie  skr.  Mi  kintati  zeigt;  die  volle 
form  ist  skit,  skint,  und  daher  stammt  das  mit  dem  ger- 
manischen ga-hnaista  in  der  bedeutung  sich  deckende  lat. 
scint-illa  funke. 

2. 

Ksl.  (nqta)  nuta  heerde  =  polab.  nöto  heerde. 

In  dem  posthumen  werke  von  Schleicher  über  die  po- 
labiscbe  spräche,  welches  uns  den  grofsen  meister  auf  der 
höhe  seiner  kraft  zeigt,  finden  sich  auf  s.  73  die  polabi- 
sehen  Wörter  nüntung  s=  nötö  aee.  heerde,  vieh,  nungtar, 
nuntär  hirt,  kuhhirt  =  nötar  in  der  systematischen  Schrei- 
bung Schleichers.  Die  ksl.  parallele  zum  polabischen  nota 
f.  heerde  ist  von  Schleicher  nicht  angegeben,  sie  kann 
nur  nqta  lauten  und  scheint  im  altslavischen  zu  fehlen. 
Allein  bedenken  wir,  dafs  ^  vor  consonanten  schon  in  den 
kirchenslavischen  quellen  oft  in  der  Jüngern  form  u  auf- 
tritt,   so  werden  wir   das  polab.  nöta  unfehlbar  richtig  im 


etymologische  beitrüge.  3 

ksl.  nuta  f.  riod,  rinderheerde  erkennen.  Miklosich  scheint 
freilich  das  wort  für  entlehnt  zu  halten,  aus  dem  germa- 
nischen nauta  (nutzvieh)  rindvieh  =»  an.  naut,  ags.  ne4t, 
ahd.  mhd.  noz  n.  stück  vieh,  besonders  rind.  Allein  hierzu 
liegt  kein  grund  vor  und  wir  werden  unbedenklich  ursla- 
visch  nqta  =  ksl.  nuta  =  polab.  nöta  rind,  rinderheerde 
ansetzen.  Die  wurzel  ist  nam,  das  die  bedeutung  „wei- 
den^ besonders  im  griechischen  stark  ausgebildet  hat,  aber 
auch  andere  sprachen  zeigen  uns  nam  in  diesem  sinne, 
vgl.  zend.  nemata  n.  gras,  weide,  lat.  nemus  =  vsfiog  wald- 
trift,  altfränkisch  nimid  weide. 

3. 

Lat.  ad-ol^re  verbrennen  und  german.  aljan  brennen, 

alida  feuer. 

Mit  recht  hat  man  von  alere  nähren,  olescere  wach- 
sen, das  so  schön  durch  das  goth«  alan  öl  wachsen  »s  an. 
ala  öl  nähren  reflectirt  wird,  lat.  ole,  das  in  ab-olere  ver- 
nichten hervortiitt,  geschieden  und  darin  das  griech.  67- 
-^t/jui,  oXi-tToü  erkannt,  und  in  der  that  ist  der  ab-olitor 
vernichter  durchaus  ein  oksrijQ.  Man  mufs  aber  noch 
weiter  gehen  und  auch  in  ad-oleo  olui  ol6vi  ultum  ol^re 
verbrennen  eine  selbständige  wurzel  anerkennen.  Das  wort 
heifst  zunächst  einfach  „verbrennen'^,  wie  z.  b.  bei  Ovid 
Metam.  I,  492  utque  leves  stipulae  demptis  adolentur  ari- 
stis,  sodann  meist  vom  brandopfer:  hostiam,  tura,  viscera, 
wo  das  wort  jedoch  ebenfalls  schlechtweg  verbrennen  be- 
deutet, so  dafs  es  nur  zufällig  durch  den  Sprachgebrauch 
auf  die  Opferverbrennung  mehr  und  mehr  beschränkt  wor- 
den ist.  Sonach  haben  wir  eine  lateinische  wurzel  ol  bren- 
nen durchaus  anzuerkennen,  eine  wurzel,  welche  im  ger- 
manischen die  schönsten  reflexe  zeigt.  Hier  giebt  es  eine 
wurzel  al  brennen,  welche  z.  b.  in  folgenden  bildungen 
vorliegt:  ags.  älan  brennen  trs.  und  intrs.^  äl-geveorc  n. igni- 
arium,  äling  f.  ardor,  flagrantia  (animi)  in-älan,  on-älan 
incendere,  ferner  in  (germ.  alida  =)  an.  eldr  g.  elds  pl. 
eldar  =  as.  eld  =  ags.  äled  m.  feuer,   brand.     Dies  hie- 

1  * 


Fick 


mit  eingeführte  europäische  al  brennen  ist  noch  weiter 
verbreitet,  hier  genüge  es  ihm  seinen  gebührenden  platz 
unter  den  europäisohen  wurzeln  angewiesen  zu  haben. 


4. 

Preufs.  dragios    und   an.^dregg,   engl,  dregs   hefen: 
ksl.  drostija   und   ags.  därste,    ahd.  trestir. 

Das  preufs.  dragios  hefen  kann  nur  nom.  plur.  eines 
weiblichen  ja-stamraes  sein,  wie  brunyos  brünne,  crausios 
binnen  (vgl.  lit.  krausze  =  krauszja-  birne).  Es  entspricht 
diesem  dragja-  auf  deutschem  boden  ganz  genau  das  an. 
dregg  stamm  drag-ja  =  engl,  dregs  nur  plural  hefen.  Nicht 
minder  geht  auf  eine  grundform  dragja  zurück  das  ksl. 
drozdiJQ  hefe,  zunächst  aus  drozda  =  drog-ja  wie  vrazda 
feindschaft  =  vrag-ja  von  vragö  feind.  Dagegen  ist  dro- 
stija n.  pl.  hefe  von  dieser  sippe  zu  trennen  und  andern 
gleichbedeutenden  wortern  auf  germanischem  gebiete  zu- 
zugesellen, droätije  beruht  auf  drost-ja  und  mit  drostja 
deckt  sich  nach  laut  und  sinn  das  ags.  därste  acc.  därstan 
f.  hefe.  Wie  der  umlaut  zeigt  mufs  darstja-  als  basis  an- 
gesetzt werden,  ferner  ist  die  acht  deutsche  grundform 
dras^a  und  därste  nach  ags.  weise  biofs  umgestellt,  wie 
ags.  gärs  gras  neben  grasa-  der  übrigen  deutschen  spra* 
eben.  Dies  kann  noch  stricter  bewiesen  werden  durch 
ahd.  trest-ir  einen  alten  erstarrten  plural,  woraus  nhd.  tre- 
ster,  rtiekstand  bei  der  kelterung,  welches  wort  ebenfalls 
auf  die  urforin  drastja  weist.  Basis  von  dhras-tja  ist  ein 
verb  dbras  niedersinken,  trübe  werden,  wozu  mit  Sicher- 
heit ksl.  dr^h-lö  und  dr^s-elü  trübe,  finster,  mürrisch  ge- 
hört, sowie  das  lit.  drums-ti  trüben,  drums-tas  bodensatz, 
hefe,  su-drums-tas  trübe,  aufgerührt,  s«^drumsti-ma-s  trü- 
bung,  reizbarkeit,  gereiztheit,  das  jedoch  in  seinem  ver- 
bi^toifs  zum  germanischen  drus  niedersinken,  fallen,  ags. 
dry^san  trauern,  wozu  nhd.  trauern,  noch  näherer  untere 
suchung  bedarf;  wie  mir  scheint  sind  zwei  wurzelformen 
dhras  und  dhrus  anzunehmen. 


utyoiologiöche  beitrage. 


5. 


Oiddw  schwellen,   olöoi^  gescbwulst,  geschwür,   ahd.  eiz 
gescb willst,  eiterbeule,   abd.  eitar  gift,  ksl.  jadro  bauscb, 

jadü  gift. 

Die  Wurzel  id  scbwellen,  zu  der  auf  arischem  gebiete 
skr.  indu  tropfen,  funken,  mond,  ind-ra  der  „sobwellende^, 
der  gewaltige  himmelsgott,  vielleicht  auch  ved.  id  f.  trank, 
labung  gehören,  entfaltet  atif  europäischem  gebiete  eine 
reibe  ableitungen,  welchen  die  gesteigerte  form  aid  zu 
gründe  liegt.  Der  Zusammenhang  derselben  soll  hier  dar- 
gethan  werden.  Zunächst  haben  wir  olSdo),  oiddvo)  schwel- 
len und  o?J-/mr  seh  wall  zu  verzeichnen,  letzteres  direct 
von  oiö  gebildet.  Ebenso  geht  direct  auf  olS  oldog  n,  ge- 
schwulst,  von  ärzten  auch  im  sinne  von  oiStjua  von  krank- 
haften anschwellungen  am  menschlichen  körper  gebraucht. 
Während  nun  altlat.  aemidu-s,  tumidus  auf  oid-fAo  weist, 
entspricht  auf  das  schönste  dem  griechischen  o2d-og  dem 
sinne  nach  ahd.  eiz  mhd.  eiz  st.  m.  geschwör,  eiterbeule, 
das  auf  ein  urgermanisches  aita  zurückweist^  welches  selbst 
wieder  auf  europäischer  lautstufe  aida  s=  griechisch  olSo- 
lauten  würde.  Mit  german.  aita  =  abd.  eiz  ist  nun  eng 
verbunden  german.  ait-ra  n.  gift,  das  im  an.  eitr  n.  gift, 
eitr-ormr  giftwurm,  giftschlange,  ags.  ätor  n.,  ahd.  eitar, 
mhd.  eiter  n.  gift,  mhd.  eiter-slange,  giftschlange  vor- 
liegt. Im  neuhochdeutschen  lautet  das  wort  „eiter'',  hat 
aber  andere  bedeutung,  die  freilich,  wie  man  aus  oiäog  ge- 
schwulst,  geschwür,  ahd.  eiz  eiterbeule  scbliefsen  könnte, 
vielleicht  auf  altem  gründe  beruht.  Im  slavischen  gehört 
zum  stamme  aid  ksl.  edro,  jadro  n.  bauscb,  Schwellung 
(vgl.  oiÖdw  schwelle)  und  wie  man  zuversichtlich  behaup- 
ten kann  ^dü,  jadu  m.  gift,  das  Miklosicb  freilich  von  äd, 
jad  essen  herleiten  will.  Allein  diese  herleitung  ist  ge- 
sucht,  und  da  ödü  ^  aida  sein  kann,  und  aid-  im  deut- 
schen aitra  gift  bedeutet,  so  ist  unser  verschlag  jedenfalls 
wahrscheinlicher.  Führen  wir  die  deutschen  und  slavischen 
formen  auf  die  slavodeutsche  sprachstufe  zurück,  so  erhal- 
ten wir  die  beiden  themen  aida  und  aidra,  von  denen  aida 


6  Fick 

im  ahd.  eiz  Schwellung,  im  slav.  £dü  gift  bedeutet,  wäh- 
rend aidra  im  deutschen  aitra  gift^  im  slavischen  edro 
Schwellung,  bausch  heifst.  Wir  dürfen  daraus  schliefsen, 
dafs  in  der  slavodeutsehen  Spracheinheit  die  beiden  themen 
aida  und  aidra  als  wechselformen  bestanden,  welche  in  den 
beiden  bedeutungen  „Schwellung'^  und  „gift**  beliebig  ver- 
wendet wurden.  Auf  grund  dieser  Zusammenstellungen 
darf  man  ein  europäisches  aid  schwellen,  vielleicht  auch 
aidas,  aida  geschwulst^  sowie  die  slavodeutsehen  themen 
aida  und  aidra,  beide  sowohl  Schwellung,  bausch  als  auch 
gift  bedeutend,  aufteilen. 

6. 
Lat.  meta,    an.  meidhr,   lett.  met-a-s. 

Die  ig.  Wurzel  mi  errichten,  bauen  ist  als  verb  nur 
im  sanskr.  und  im  lett.  mg-t  bepfäblen  erhalten.  Daher 
stammen  u.  a.  skr.  mi-t  f.  aufgestellter  pfosten,  säule  und 
me-thi  m.  pfeiler,  pfosten.  Im  lateinischen  gehört  hierher 
me-ta  (grandform  mai-tä)  f.  alles  aufgerichtete,  schober, 
häufe,  meiler  (kohlen),  dieme,  speciell  die  säule  am  end- 
punkt  der  rennbahn,  daher  denn  verallgemeinert  Wende- 
punkt, endpunkt,  Zielpunkt.  Diesem  lat.  m€ta,  sowie  dem 
skr.  methi  pfeiler,  pfosten  entspricht  nun  auf  deutschem 
boden  an.  meidh-r  m.  bäum,  balken,  stange,  auf  baltischem 
gebiete  lett.  m^-ta-s  m.  zaunpfahl,  so  dafs  man  ein  euro- 
päisches maita  (vgl.  skr.  methi)  aufgerichtetes,  säule,  pfo- 
sten ansetzen  darf. 


7. 

Tus  beschwichtigen,    ig.  tusna  still,  ksl.  po-tuch-n§ti 

still  sein. 

In  meinem  wörterbuche  sind  auf  s.  73  in  ganz  ver- 
kehrter weise  die  reflexe  des  europäischen  tak  tacere  und 
einer  indogermanischen  wurzel  tus  stillen  durcheinander 
gewirrt.  Ursache  des  irrthums  war  die  skr.  Schreibung 
tu9  (neben  tus)  die  ich  fälschlich  für  die  organische  hielt. 


etymologische  beitrage.  7 

Das  ig.  verb  beifst  ins  und  sind  die  glieder  der  dazu  ge- 
hörigen Wortsippe  etwa  so  zu  ordnen:  skr.  tuä  tuäjati  (tu^ 
falscbe  Schreibung)  beschwichtigen,  sich  beruhigen,  tüä-nlm 
adv.  stille,  schweigend,  zend.  (tüsna  still,  zufrieden  in) 
tüsnä-maiti  stiller,  zufriedener  sinn.  Auf  europäischem 
bodeu  gehören  hierher  preufs.  k.  tuss-ise  er  schweige, 
tusna-n  acc.  still  (=  zend.  tüsna  cf.  skr.  tüSnlm),  ferner  das 
für  s  beweisende  ksl.  po-tuch-n^ti  quiescere,  exstingere. 
Auch  ksl.  tichü  still  (woraus  lit.  tyka-s  still  entlehnt  ist) 
gehört  hierher;  es  steht  für  tjüchu,  indem  sich  vor  dem 
n  ein  j  entwickelte,  worauf  jü  zu  i  contrahirt  wurde,  wie 
igo  joch  aus  jugo. 

8. 

Skr.  tisras  =  zend.  tiSarö  =  altir.  teoir,  teora  f. 
drei;    skr.  katasras  =  altir.  cetheoir,  cethcora  f. 

vier. 

In  den  arischen  spräche  giebt  es  sonderbare,  wider  alle 
analogie  gebildete  feraininformen  für  die  Zahlwörter  drei 
und  vier,  die  bis  jetzt  als  eine  eigenthömlichkeit  dieses 
Sprachzweiges  galten,  im  folgenden  jedoch  als  der  indo- 
germanischen grundsprache  angehörig  nachgewiesen  wer- 
den sollen.  £s  sind  dies  die  formen:  skr.  tisras  =  zend. 
tisarö  f.  drei  und  skr.  Katasras  f.  vier  (ohne  zendische  pa- 
rallelform). Aus  der  vergleichung  von  skr.  tisras  mit  zend. 
tisarö  darf  man  auf  die  grundform  (tisaras)  schliefsen,  ja 
aus  der  erhaltung  des  s  hinter  i  im  skr.  tisras  könnte  man 
vielleicht  ursprüngliches  (tasaras)  folgern.  Die  reflexe  die- 
ser weiblichen  formen  sind  in  allen  europäischen  sprachen 
mit  ausnähme  des  celtischen  untergegangen;  hier  jedoch 
sind  sie  mit  der  gröfsten  deutlichkeit  erhalten.  Im  altiri- 
schen lautet  das  zahlwort  drei  neben  dem  masc.  ntr.  tri, 
im  feminin  teoir,  teora,  im  britischen  neben  masc.  tri  in 
der  weiblichen  form  teir.  Ebenso  steht  dem  altir.  msc. 
ntr.  cethir  vier  ein  feminines  cetheoir,  cetheora,  dem  bri- 
tischen männlichen  petuar  ein  weibliches  peteir  gegenüber, 
8.  Ebel  gramm.  celt.  s.  302.  303.  316.  317.      Diese   cel- 


8  Fick 

tiflchßQ  femininformen  lassen  sich  nur  als  reflexe  der  ari« 
aohen  tisaras,  Katasras,  als  solche  aber  auch  völlig  erkl&* 
rfo.  Inlautendes  s  zwischen  vocaleu  kann  im  celüscben 
apurlos  ausfallen;  so  im  altir.  siur  Schwester  in  siur^nat 
Schwesterchen,  (aus  siur  sisur  s.  Ebel  52),  cambr.  chwaer 
pL  chwior-yd,  com«  huir  d.  i.  nach  Ebel  hvuir  schwesteür» 
Alle  diese  formen  gehen  auf  das  indogermanische  svasar 
sobwester  zurück  und  haben  inlautendes  s  eingebüfst,  wie 
auch  ^tir«  hiairn  eisen  =  german.  isarna«  eisen ;  vgl.  Ebel 
52.  123*  293*  Sonach  stehen  altir.  teora,  cetheora  für 
te«s-ora,  cethe^s^ora»  oder  gehen  mit  andern  werten  aut 
dieselbe  grundform  zurück,  aus  der  skr.  tisras  =as  zend. 
tiäarö  (d.  i.  tisaras)  und  skr.  katasras  hervorgegangen  sind. 
Da  nun  feststeht^  dafs  das  celtische  zu  dem  arischen  jeden- 
falls in  keinem  näheren  Verhältnisse  steht  als  irgend  eine 
andere  europäische  spräche  unseres  Stammes,  da  ferner 
ebenso  fest  der  satz  steht,  dafs  jede  bildung  von  erkenn- 
barer ursprünglicher  identität,  die  sich  zugleich  auf  euro- 
päischem und  arischem  sprachboden  nachweisen  läfst,  schon 
der  indogermanischen  Ursprache  zuzuweisen  ist,  so  ist  ala 
erwiesen  anzunehmen,  dafs  die  femininalformen  der  Zahl- 
wörter drei  und  vier  ursprachlich  tasaras  (tisaras)  drei  und 
katasaras  vier  gelautet  haben. 

9. 

Lat.  caesius  hell,  helläugig   und  lit.  skaista-s  hell, 
balta-skaisti-s  weifs  glänzend. 

Wollte  man  ohne  rücksicht  auf  die  bedeutung  fär 
caesius  hell  (oculi  caesii  helle  äugen),  helläugig  im  latein 
ein  stamm verb  aufsuchen,  so  würde  man  am  ersten  auf 
caedere  rathen,  denn  wie  caesus  für  caed-tus  steht,  würde 
aua  caed-tius  nothwendig  caesius  werden  müssen,  die  form 
böte  also  gar  keine  Schwierigkeit.  Nun  stammt  caesius 
wirklich  von  caed,  zwar  nicht  in  der  im  latein  gewöhn- 
lichen bedeutung,  sondern  von  caed  im  sinne  von  de-cldere 
entscheiden  und  des  identischen  goth.  skaidan,  litauisch 
sk^  s<^eiden.  Von  der  wurzel  skidh  in  diesem  sinne  ha* 


etymologische  beitrüge.  9 

ben  wir  in  den  nordeuropäischen  sprachen  lit.  skaid-ru-e 
=a  lett.  skaidr-s  hell,  heiter,  ksl.  cistu  rein  =  lit.  skysta-8 
rein,  klar,  hell  und  endlich  lit.  skais-ta-s  für  skaid-ta-s 
hell,  klar,  glänzend  (von  menschen  geehrt,  berühmt),  balta» 
skaisti-s  weifs  glänzend.  Lat.  caes-iu-s  ist  demnach  durch 
das  Suffix  ia,  das  ja  in  allen  sprachen  unseres  Stammes 
immer  zur  hand  ist,  von  (caesu-s)  hell  =  lit.  skaista-s 
hell  abgeleitet,  wie  lit.  skaistja-  in  balta-skaisti-s  hell  glän- 
isend  von  skaista-s.  Dieses  einfache  (caesu-s)  liegt  auch 
in  den  uralten  eigennamen  vor,  die  mit  Wahrscheinlichkeit 
zu  caesius  $;u  stellen  sind:  nämlich  Kaes-ön-  =  Caesön-, 
das  wie  der  name  Caesius  hellauge  bedeuten  wird;  davon 
dann  Gaesön-iu-s,  und  Caesön-inu-s,  sowie  Caesul-la  (für 
Caeson-la,  wie  lenul-la-s  aus  lenon-Iu-s)  und  hiervon  dann 
wieder  Cftesul-enu*s. 

Uebrigens  sind  beide  bildungen  nicht  von  einander 
unabhängig  je  in  ihrer  spräche  entstanden,  sondern  sie  wei- 
sen auf  ein  der  europäischen  einheitssprache  angehöriges 
skaista-8  (aus  skaidh-tas)  hell  zurück. 

10. 

Ved.  katitha  der   wie  vielte  =  noöto-g  =  lat.  quotus 
der  wie  vielte,   skr.  tatitha  der   so  vielte  =  lat.  totus 

dass. 

Das  bereits  im  Veda  erscheinende  adjectiv  katitha  der 
wie  vielte  ist  von  kati  sss  lat.  quot  wie  viele  regelrecht 
durch  das  soffix  tha  abgeleitet.  Dieses  tha  fungirt  hier 
ganz  in  demselben  sinne  wie  in  katur-tha  der  vierte,  panl£a- 
-tha  der  fünfte  u.  s.  w.,  wo  tha  Ordinalzahlen  aus  den  car- 
dinalen  bildet,  denn  katitha  ist  dem  sinne  nach  nichts  an- 
deres als  die  ordinalform  zu  dem  unbestimmten  zahlworte 
kati.  Die  verwandten  sprachen  lehren  uns,  dafs  dieses  ordi* 
nalien  bildende  suffix  tha  durch  eine  erst  auf  indischem  bo- 
den  eingetretene  lautaffection  aus  ursprünglichem  und  ur- 
sprachl.  ta  hervorgegangen  ist  (vgl.  rftga-ro-gj  nifAU-ro-g^ 
lat.  quin-tu-s,  lit.  ketvir-ta-s  u.  s.  w.).  Demnach  kann 
katitha,  falls  dasselbe  bereits  der  Ursprache  angehört  hat, 


10  Fick 

zur  zeit  der  indogermanischen  8pracbeinheit  nur  katita  ge- 
lautet haben.  Dafs  diese  bildung  nun  wirklich  so  alt  ist, 
erweisen  zwei  reflexe  des  Wortes  auf  europäischem  boden, 
die  derselben  grundform  katita  entsprungen  sich  mit  dem 
skr.  katitha  nach  laut  und  inhalt  decken. 

7i6(fTO'g  der  wie  vielte,  schon  bei  Homer  vorkom- 
mend, ist  von  *7toTi  =  lat.  quot  regelrecht  durch  das  or- 
dinalsuflßx  ro  abgeleitet,  genau  so,  wie  eixoa-to-g  der  zwan- 
zigste aus  sixoti'To^  eixoT'To  erwachsen  ist.  Es  steht  also 
noüTo  für  noT'to  und  dieses  für  nori-ro^  welches  laut  für 
laut  dem  skr.  katitha  =:  ursprachlichem  katita  der  wie 
vielte  entspricht. 

Auf  lateinischem  gebiete  dürfen  wir  um  so  eher  einen 
reflex  des  durch  die  gleichung:  skr.  katitha  =  noato-g 
schon  als  ursprachlich  erwiesenen  katita  zu  finden  hoffen, 
da  hier  das  Stammwort  kati  =  skr.  kati  wie  viele  in  quot 
erhalten  vorliegt.  Und  so  ist  es  in  der  that;  unserm  ka- 
tita entspricht  ganz  genau  lat.  quotu-s  der  wie  vielte, 
welche  behauptung  kühner  erscheint  als  sie  ist.  Nach  einer 
weitverbreiteten  eigenart  des  latein  wird,  wenn  durch  Zu- 
sammensetzung, sei  es  mit  afBxen  sei  es  mit  vollen  Wör- 
tern, zwei  gleichanlautende  silben  zusammenstofsen  würden, 
die  erste  einfach  ausgestofsen.  So  steht  inquietüdo  für 
inquieti-tüdo  (inquietus  unruhig -f- tüdo),  calamitösu-9  für  ca- 
lamität-ösus  (von  calamität-),  semestri-ö  halbmonatlich  für 
sömi-mestri-s  u.  s.  w.  Danach  haben  wir  ein  recht,  quotu-s 
für  quoti-tu-8  =  nodTo-g  =  skr.  katitha  zu  nehmen,  ja 
wir  mOssea  dies  sogar  thun,  da  von  quot,  volle  form  quoti, 
ja  nach  lat.  bildungsgesetzen  ein  quot-u-s  gar  nicht  ge- 
bildet werden  kann,  mindestens  ist  mir  eine  derartige  for- 
mation  nicht  bekannt. 

Ganz  dasselbe,  was  von  quotu-s  =  katitha,  gilt  von 
lat.  totu-8  der  so  vielte  (tot  so  viele,  toti-dem  ebenso  viele) 
=  skr.  tatitha  der  so  vielte  (tati  so  viele).  Da  jedoch 
totus  erst  bei  sehr  späten  Schriftstellern  vorkommt,  mag 
das  wort  dem  alten  quotus  nur  nachgebildet  worden  sein. 


etymologische  beitrage.  11 

11. 

Lit.  iza-s  eisscbolle  =  au.  jaki  eisstück,  vgl.  an.  jökull 
gletscher  =  ags.  gicel,  ises  gicel  =  engl,  icicle  eis- 

zapfen. 

Das  lit.  i^a-s  eisscbolle,  pl.  i^ai  grundeis  kann  den 
lautgesetzen  gemäfs  auf  die  grundform  iga  oder  igba  zu- 
rückgeben. Dafs  das  erstere  der  fall,  also  lit.  i:^as  aus 
iga-s  entstanden  ist,  beweist  das  germaniscbe.  Im  altnor- 
discben  beifst  jaki  m.  eisstöck,  besonders  ein  grofses.  Dies 
jaki  würde  im  gotbiscben  ikan-  lauten,  und  deckt  sich, 
bis  auf  den  im  deutseben  so  ungemein  bäufigen  übertritt 
alter  a- stamme  in  die  scbwacbe  declinatiou,  mit  dem  lit. 
iza-s  =  iga  vollständig.  Eine  weitere  ableitung  vom  ger- 
manischen ikan-  ist  an.  jökull  m.,  d.  i.  ikula-  q|rt)erg,  glet- 
scber,  welches  wieder  genau  mit  dem  ags.  gicel  in  ises 
gicel  =  engl,  icicle  eiszapfen  stimmt.  In  gicel  haben  wir 
das  in  allen  sächsischen  dialecten  so  häufige  vorgeschla- 
gene g  abzutrennen,  wir  gewinnen  dann  icel,  das  laut  für 
laut  mit  an.  jökull  sich  deckt.  In  der  bedeutung  mit  gicel, 
in  der  form  dagegen  mit  dem  an.  jaki  stimmt  das  ditmars. 
-jaek  in  is-jaek  eiszapfen.  Das  anlautende  j  ist  hier  nichts 
anderes  als  das  sächsische  vorgeschlagene  g  im  ags.  gicel; 
trennen  wir  es  ab,  so  bleibt  ask,  worin  se  Vertreter  des  aus 
ursprünglichem  i  erwachsenen  e  ist;  die  sächsische  grund- 
form des  ditmarsischen  worts  ist  also  g-ekan-  und  dies  ist 
genau  das  an.  jaki,  beider  grundform  ist  ikan-.  Aus  der 
vergleichung  vom  germanischen  ikan-  mit  lit.  iza-s  gewin- 
nen wir  ein  bereits  in  der  periode  der  slavodeutschen  ein- 
heitssprache  ausgeprägtes:  iga  m.  eisstück,  eisscbolle. 

12. 

'Eyxata  =  lat.  exta  eingeweide  =  lit.  inksta-s  niere 
=  ksl.  isto   hode  plur.  nieren  (vergl.  lit.  iszczo-s  einge- 
weide). 

Nehmen  wir  auf  grund  der  obigen  Zusammenstellung 
ein    der    europäischen  einhcitsspracbe  angehöriges  anksta- 


12  Fick 

eingeweide  au,  so  lassen  sich  die  sämmtlichen  dazu  ge- 
stcllteu  formeo  völlig  erklären.  Lat.  exta  zunächst  steht 
völlig  regelrecht  ftr  enxta  wie  tri-mestris  für  tri-menstris, 
da  n  vor  der  lautgruppe  xt  sich  nicht  behaupten  konnte, 
wie  denn  auch  juxta  fQr  junxta  stehen  wird,  obgleich  man 
in  diesem  falle  auch  die  nasallose  form  jug  zu  gründe  le- 
gen könnte*).  Ferner  ij^xara  ist  erwachsen  aus  iy^ra; 
daraus  wurde  zunächst  iyx-ra^  genau  wie  ix-ro-  der  sechste 
aus  i^'To^g  =  sextus.  iyx-ra  wurde  sodann,  der  leichte- 
ren sprechbarkeit  halber,  durch  vocal  gespalten,  also  fyx- 
-a-ta  wie  xAk-a-fio-g  =  lat  culmus  ss  halm  u.  8.  w.  Das 
lit.  inksta-8  niere  zeigt  die  reine  grundform  bis  auf  die 
Schwächung  des  anlautenden  vocals;  in  einer  etwas  mehr 
entstellten  form  liegt  es  in  iszczo-s  pl.  f.  eingeweide  vor, 
das  wahrscheinlich  [szczo-s  zu  schreiben  ist  und  aus  in- 
kstjo-s  regelrecht  hervorging,  aufserdem  beachtenswerth 
ist,  weil  es  nicht  die  specialisirte  bedeutung  niere  zeigt, 
sondern  im  sinne  ganz  mit  exta  und  iyxaxa  stimmt.  Die 
preufs.  form  des  wertes  inxcze  niere  im  Elbinger  gl  ossär 
entspricht  dem  lit.  inksti-s  m.  f.  Grundform  ist  inkstja-. 
Endlich  ksl.  isto  g.  istese  n.  ist  as-stamm,  stimmt  aber 
sonst  sehr  wohl  zu  inksta-s;  im  Singular  bedeutet  es  hode, 
im  plural  wie  das  lit.  wort  nieren.  Für  den  wandel  von 
inkst-  in  ksl.  ist-  möchte  es  wohl  an  beispielen  fehlen, 
doch  wenn  ein  so  gründlicher  kenner  der  slavischen  laut- 
verhältnisse  wie  Joh.  Schmidt  an  der  Zusammenstellung 
von  isto  mit  lit.  inkstas  keinen  anstofs  nimmt,  so  darf  die- 
selbe wohl  für  unbedenklich  gelten. 

Auf  die  deutung  des  sonach  als  gemeinsam  europäisch 
erwiesenen  anksta-  eingeweide  lasse  ich  mich  hier  nicht 
ein,  möglich  dafs  dasselbe  mit  dem  lat.  inguen  zusammen- 
hängt, wie  Schmidt  (vocalismus  81)  vermuthet. 


*)  An  entstehung  von  exta  aas  ex-secta  von  cx-Becare  ausschneiden  ist 
nicht  wohl  zu  denken,  doch  vergl.  pro-secäre  die  eingeweide  zum  opfer  aus- 
schneiden, pro-secta  n.  pl.  eingeweide  und  die  Verbindung  exta  prosecare. 


etymologische  beitrage.  13 

13. 
Preufs.  usb-ta-  der  sechste  und  lit.  usz-^s  s=s  szesz-^s 

die  sechswochen« 

Aus  dem  preufs.  ush-t-s  der  sechste  ergiebt  sich  eine 
auf  den  ersten  blick  befremdliche  nebenform  des  Zahlworts 
sechs,  die  sich  ebenfalls  im  litauischen  nachweisen  läfst. 
In  manchen  gegenden  Litauens  spricht  man  nämlich  (nach 
Nesselmann  s.  y.  usz^s)  usz^s  f.  pl.  die  sechswochen,  das 
kindbette  statt  des  gewöhnlichen  szesz^.s  f.  pl.  In  diesem 
uszes  =  szeszes  verhält  sich  usz-  sechs  zu  szesz-  sechs,  wie 
preufs.  ush-t-s  der  sechste  zum  lit.  szesz-ta-s  der  sechste. 
Wir  haben  demnach  eine  preufs,  -lit  nebenform  usz-  zu  szesz- 
anzuerkennen.  Die  deutung  dieses  usz-  ist  nicht  schwer, 
wenn  man  die  ächte  grundform  des  Zahlworts  sechs  zu 
gründe  legt.  Diese  ist,  wenigstens  für  den  europäischen 
sprachbezirk  sveks.  Auf  diese  form  weist  jre^  =  ?|,  fer- 
ner mit  höchster  deutlichkeit  das  britische  chwech  (d.  i. 
sves  =  sveks),  in  composition  chwe  neben  dem  altirischen 
se  sechs  (sesca  sechszig)  s.  Ebel  Gramm.  Celt.  303.  318. 
Aus  sveks  wurde  mit  ausstofsung  des  v  (wie  im  lat.  sex, 
deutsch  sechs),  Umwandlung  von  ks  in  sz  (wie  im  lit.  tasz- 
behauen  =  ig.  taks)  und  endlich  assimilirung  des  anlauts 
8  an  den  auslaut  sz  (wie  im  lit.  szeszura-s  schwäher,  skr. 
^ra9ura  dass.  aus  der  grundform  svakura  socer)  das  lit. 
szesz-  sechs.  Indem  jedoch  das  v  bewahrt  blieb,  und  der 
anlaut  sz  abgeworfen  wurde,  oflPenbar  auf  anlafs  des  un- 
mittelbar folgenden  sz  (wie  im  griechischen  Aa|  für  xla^^ 
lat.  calx)  entsprang  aus  szvesz  die  form  vesz.  Diese  ver- 
kürzte sich  zu  usz-  wie  zemait.  unden-  aus  lit.  vanden- 
wasser,  wie  skr.  uK  aus  vaK  sprechen,  ür-nu  umringen  aus 
var-nu  u.  s.  w.  und  dieses  usz-  sechs  ist  die  basis  vom 
lit.  usz-6s  die  sechswochen  =  lit.  szesz  es,  wie  vom  preufs. 
ush-t-s  der  sechste  =  lit.  szesz-ta-s  der  sechste. 

14. 

Ved.  vrka  m.  pflüg  und   svldxa  f.  pflugschar,  vergl. 

avXa^y  äkü^,  wka^^   atX^  f.  ackerfurche. 

Dafs  die  Indogermanen   bereits  in  der  fernen  periode 


14  Fick 

ihrer  ungetbeilten  Volkseinheit  den  anbau  von  kömerfrüch- 
ten  gekannt  and  geflbt,  lä&t  sich  mit  Sicherheit  ans  eini- 
gen sprachlichen  spuren  erweisen.  Vor  allem  spricht  da- 
ftir  das  gemeinsam  indogermanische  wort  java  feidfrucht, 
femer  skr.  lavi,  lavitra,  lavänaka  sicbel,  verglichen  mit 
Xijioy  (=  kofio  das  zu  schneidende)  Saatfeld  und  kaiop 
sichel,  womit  Bugge  sehr  schön  das  an.  le  m.  sichel,  sense 
(grundform  livan-)  zusammenstellt,  endlich  ved.  vrka  m. 
pflüg  und  lakonisch  evkdxa  f.  pflugschaar.  Die  gewöhn- 
liche bedeutung  von  vrka  ist  wolf  und  in  diesem  sinne  ist 
das  wort  in  allen  indogermanischen  sprachen  nachzuwei- 
sen. Nach  ausweis  des  zend.  vehrka  ist  als  arische  form 
v^ka,  gleichlautend  der  ursprachlichen  wortgestalt  anzu- 
setzen; auf  europäischem  boden  dagegen  heifst  der  wolf 
valka,  wie  aus  kvxo-g  =  lat.  lupu-s  =  lit.  vilka-s  =  ksl. 
vlükü  =  goth.  vulfa-  hervorgeht.  Im  lat.  lupu-s  für  vlu- 
pu-s  und  im  goth.  vulfa-  ist  auf  anlafs  des  labialanlauts 
der  ersten  silbe  der  anlaut  der  zweiten  silbe  ebenfalls  zum 
labial  umgewandelt,  natörlich  in  beiden  sprachen  völlig 
unabhängig  von  einander. 

Für  das  ursprünglich  mit  varka*  wolf  gleichlautende 
varka-  pflüg  müssen  wir  eine  ähnliche  lautgeschichte  vor- 
aussetzen, da  das  wort  auch  gleichen  Ursprungs  ist.  varka 
der  wolf  ist  der  zerreifser  von  ig.  vark  =  skr.  vra^,  varka- 
pflug  der  „aufreifsende'*  von  derselben  wurzel  vark.  Wir 
müssen  al?o  den  reflex  von  varka  pflüg  auf  europäischem 
boden  in  einer  gestalt  antreffen,  welche  auf  die  grundform 
valka-  zurückgeht.  Und  ein  solches  wort  treffen  wir  wirk- 
lich im  griechischen  in  dem  lakonischen  avldxa  f.  pflug- 
schar.  Die  kenntnifs  dieses  wortes  danken  wir  einem  zu- 
falle: Thucjdides  berichtet  V,  16,  die  Pythia  habe  den 
Spartanern  geboten,  dies  und  das  zu  thun,  wo  nicht,  wür- 
den sie  aQyvoea  n*kdxcf  €tr/.a|(ir,  mit  silberner  pflugschar 
pflügen,  d.  h.  wie  der  scholiast  schon  richtig  erklärt,  eine 
grofse  hungersnoth  erleiden,  n^laxct  steht  wie  evXr^Qa  = 
lfh]oa  =  lat.  (v)lörum  för  i'jrlaxa  mit  vocal Vorschlag  vor 
j:  wie  so  oft;  der  eigentliche  wortstamm  ist  also  ßXaxa 
und  dies   entspricht   dem   von   uns  als  europäischer  reflex 


etymologische  beitrage.  15 

von  skr.  vrka  verlangten  valka  vollständig.  Zu  diesem 
pXayict  =  skr.  vrka  s=  ig.  varka  pflüg  stellen  sich  noch 
mehrere  formen  eines  alten  wortes  för  „furche,  acker- 
furche**,  die  auf  dieselbe  wurzel  vark  =  europ.  valk  auf- 
reifsen  zurückgehen,  nämlich  hom.  cuA|  =  ct-ßolx^  avka^ 
=  a-jrXax^  aAo|  =  d-jrXox  und  utXa^  =  o-jrXax  f.  furche, 
ackerfurche. 

Man  könnte  noch  einwenden,  Bv}.dy.a  wie  avka^  mit 
seinen  nebenformen  seien  auf  griechischem  boden  ans  j^sXx 
^Ixot)  =  lit.  velk-ti  ziehen,  reifsen,  schleppen  hervorge- 
wachsen. Allein  dies  ist  nicht  der  fall.  Wenn  nämlich 
auch  jreXx  dem  skr.  vrapK:  =  ig.  vark  durchaus  entspricht, 
sa  kann  das  griechische  verb  ^Ixco  doch  nicht  das  Stamm- 
wort von  Bvkdxa  sein,  denn  dann  müfste  es  ja  nach  grie- 
chischen Wortbildungsgesetzen  okxa-  lauten,  da  die  ablei- 
tungen  mit  o-g,  a  =  t]  von  griechischen  verben  mit  in- 
lautendem €  dies  B  nothwendig  in  o  wandeln  müssen,  wie 
(poqO'Q  von  (figca,  doQcc  von  öago)  u.  s.  w.  Sonach  beweist 
uns  die  von  j:bXx  %Xxu)  ganz  abweichende  lautbehandlung 
in  BvX&xa  und  avka^^  dafs  wir  hier  uralte,  vorgriechische 
bildungen  vor  uns  haben,  dafs  speciell  evkccxa  einem  ig. 
varka  =  skr.  vrka,  sowie  einem  europäischen  valka  pflüg 
entspricht. 

15. 
Skr.  viät,  v6ät  umwickeln  und  lit.  vyst-yti  wickeln. 

Das  skr.  veät  vestate  sich  winden,  sich  um  etwas 
schlängeln  hat  in  der  älteren  spräche  auch  formen  von 
vist,  so  im  part.  caus.  ä-vistita  neben  ävestita.  Vom  caus. 
sind  vor  allem  der  aor.  aviv6stat  und  das  part.  veätita  im 
gebrauch  im  sinne  von  überziehen,  umwinden,  umwickeln. 
Nach  laut  und  bedeutung  entspricht  ganz  genau  lit.  vystau, 
vj^sczau  (=s  vyst-jau)  vjfstyti  wickeln,  vysty-kla-s  windel, 
wickelband.  Ob  das  lit.  y  dem  skr.  i  in  viSt  oder  dem  e 
in  veät  entspricht,  ist  hier  nicht  zu  entscheiden;  soviel  ist 
gewifs,  dafs  in  einzelnen  fallen  wirklich  lit.  y  aus  altem 
steigerungslante  ai  entstanden   ist  wie  im  preufs.  lyso  lit. 


16  Misteli 

lyae  ackerfbrche  neben  lat.  llra,  ksl.  16cha,  ahd.  leisa  ge- 
leise.  Die  basis  vom  skr.  viät  v€st  wie  vom  lit.  vysty-ti 
ist  selbstverständlich  vi  (aus  va  weben)  viere,  vgl.  lit^  vy-ti 
winden,  drehen  (einen  strick),  vy-ni-6ti  wickeln,  und  es 
scheint  demnach,  dafs  die  litauischen  bildungen  auf  -stau, 
-styti,  die  man  sonst  fOr  speeiell  litauisches  eigenthum  2u 
halten  geneigt  wäre,  auf  einer  uralten  indogermädischeii 
kategorie  beruhen. 

Göttingen,   den  6.  raärz  1872.  A.  Pick. 


Berichtigung, 

(Zur  accentlehre). 

In  den  Transactions  of  the  American  Philological  As- 
sociation 1869 — 1870  gedenkt  "Whitney  p.  32  seines  auf- 
satzes  on  the  Nature  and  Designation  of  the  Accent  in 
Sanskrit  auch  meiner  arbeit  Ober  den  griechischen  accent, 
die  in  bd.  XVII  und  XIX  d.  zeitschr.  erschien,  in  folgen- 
der stelle: 

We  cannot,  so  it  seems  to  me,  avoid  suspecting  the 
accuracy  of  the  observations  which  underlie  the  whole 
theory  of  the  enclitic  circumflex.  The  Täittirija  Prätipä- 
khja  is  ingenuous  enough  to  inform  us  (XIV.  33)  that 
some  authorities  denied  this  circumflex  in  toto.  If  we  do 
not  carry  our  own  skepticism  so  far  as  that,  we  shall  be 
likely  to  take  refuge  in  the  theory  of  a  „raiddle  tone", 
like  that  assumed  by  Misteli  and  Hadley  (see  the  preee- 
ding  article,  p.  11)  in  explainrng  the  pecnliarities  of  Greek 
and  Latin  accent.  This  would  imply  that  the  enclitic  tone 
which  was  perceived  to  lead  down  from  acute  pitch  t& 
grave  was  in  reality  a  Step  inrtermediate  between  the  twö, 
and  was  hastily  and  inaccurately  apprehended  by  the 
Hindu  grammarians  as  a  oombination  of  fhe  two,  er  a 
slide,  and  so  identified  with  the  independent  circunoflex, 
of  which  the  origin  awd  character  were  too  clear  to  admit 


berichtigiing.  17 

of  any  doubt  or  questioD.  Through  this  modification  of 
the  Hindu  theory,  we  may  win  from  the  Sanskrit  enclitic 
circumflex  a  degree  of  support  for  the  ^middle  tone";  but 
it  is  uecessary  that  we  understand  and  confess  the  faet  of 
the  modification.  Quietly  to  assume,  as  Misteli  does,  that 
the  whole  Sanskrit  circumflex,  in  both  its  independent  and 
its  enclitic  varieties,  is  only  a  middle  tone,  is  wholly  un- 
allowable,  being  opposed  to  the  piain  and  unanimous  Sta- 
tements of  the  Hindu  grammarians,  and,  not  less,  to  the 
teachings  of  a  sound  accentual  theory, 

und  fügt  dazu  eine  anmerkung  folgenden  inhalts: 
It  would  almost  seem  that  Misteli^s  view  was  to  be  looked 
upon  as  the  Italian  one,  since  Ascoli  also,  in  his  lately 
published  lectures  on  comparative  philology  (Corsi  di 
Glottologia  ect.,  first  part,  Comparative  Phonology  of  the 
Sanskrit,  Greek,  and  Latin,  p.  1 5),  expresses  himself  upon 
the  subject  as  follows:  „The  syllable,  finally,  that  follows 
the  acute,  becomes  svarita,  „tonic",  or,  in  other  terms,  as- 
sumes  the  svarita  accent  —  which  some  European  gram- 
marians  (infelicitously,  as  it  appears  to  me)  have  called 
„circumflex"  — ;  that  is  to  say,  it  has  a  tonality  higher 
than  the  ordinary,  but  not  so  high  as  is  that  of  the  syl- 
lable with  acute".  A  scholar  of  Ascoli^s  rank  and  claims 
to  respect  should  not  allow  himself  thus  summarily  to  set 
aside  the  carefully  deduced  results  of  his  predecessors, 
without  bringing  up  a  single  consideration  to  support  the 
view  he  takes. 

Diese  worte  enthalten  theils  thatsächliehe  Unrichtig- 
keiten, theils  ist  der  Standpunkt  der  beurtbeilung  nicht  der- 
jenige, den  ich  eingehalten  wissen  möchte,  weshalb  mir 
der  berühmte  herausgeber  des  Atharvaveda  verzeihen  möge, 
wenn  ich  mich  dagegen  vertheidige. 

Der  anmerkung  gegenüber,  insoweit  sie  mich  mit  As- 
coli in  Verbindung  bringt,  wird  die  Versicherung  genügen, 
dafs  ich  nicht  ein  Italiäner  bin,  wie  Whitney  wahrschein- 
lich wegen  der  namensform  zu  glauben  scheint,  sondern 
ein  deutscher  Schweizer,  auch  kein  schüler  Ascoli's,  son- 
dern  Schweizer^s   in   Zürich   und  Gildemeister^s  in   Bonn, 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.XXI.  1.  2 


18  Mistcli 

mit  Ascoli  aber  nie  in  der  geringsteo  verbinduog  zu  stehen 
die  ehre  hatte.  Des  letzteren  Corsi  di  Glottolc^ia  erschie- 
Den  1870,  der  die  allgemeine  theorie  des  griechischen  ac- 
centes  behandelnde  theil  meiner  arbeit  1868,  womit  ich 
die  TöUige  Unabhängigkeit  fiir  erwiesen  halte.  Natürlich 
gereicht  es  mir  zu  nicht  geringer  genugthuong,  meine  an^ 
nahmen  mit  denen  eines  so  hervorragenden  forscfaers  zu- 
sammentreffen zu  sehen. 

Wenn  mir  zur  last  gelegt  wird,  auch  den  selbständi- 
gen svarita  —  the  whole  Sanskrit  circumflex,  in  both  its 
independent  and  its  enclitic  varieties  —  nur  als  mit- 
telton erklärt  zu  haben,  wundert  mich  das  um  so  mehr, 
als  ich  ihn,  wie  Whitney  von  p.  26  an,  stets  als  zusam- 
mengesetzt betrachtet  und  ausdrucklich  als  dies  be- 
zeichnet habe.  Bd.  XVII  d.  zeitschr.  p.  99  erkeime  ich 
eine  analogie  des  griech.  circumflexes,  der  mir  ab  eine 
Vereinigung  des  haupt-  und  mitteltones  gilt  p.  92  und  flgd., 
in  dem  svarita  von  nadjas  vadhväs  u.  s.  w.  und  sage 
p.  100:  „Es  bilden  hier  ik  und  üä  eine  silbe,  worin  der 
haupt-  und  nachton  mit  einander  verschmdzen,  fireilich 
vom  griechischen  circumflex  darin  unterschieden,  dafs  die- 
ser auf  reinen  diphthongen  oder  reinen  langen  vocaien 
ruht  und  beide  accente  gleichmaisig  mit  einander  verwach- 
sen^ hier  aber  der  erste  theil  zwischen  liquida  und  vocal 
ein  mittelding  ist,  und  deshalb  die  silbe  kurz  bleibt  und 
der  nacht ou  das  übergewicht  erhält^.  Auf  p.  10 i  heilst 
tis  ,« versehe  ich  divi  va  mit  dem  nachton,  habe  ich  ein  ge- 
treues abbild  vom  griechischen  circumflex,  da  die  silbe 
durch  eigentliche  zusammeoziehung  entstanden  und  lang 
ist ... .  Somit  ist  dieser  sc^nannte  selbständige  naebton 
Joch  nicht  selbständig,  indem  er  sich  immo'  an  einen, 
wenn  auch  noch  so  sehr  zurückgedringten  hauptton  an- 
sehlieiVt^.  Bd.  XIX  p.  Ol  wird  ßafftX^m^  und  ähnliche 
lormen  als  genaue  eutsprechung  de«  selbständigen  sva- 
rita von  nadji^  u.  $.  w«  bezeichnete  ,,indem  d»  acut  nof 
ein  fast  zum  halbvocal  «r^kürzte«  t  sich  beschränkt  und 
iler  mittelton  um  so  behaglicher  auf  dem  folgenden  langen 
vooaI  sich   iiusdehnt'*.     Wodurch    sich  diese  ansieht  von 


berichtigung.  19 

der  Whitney's  unterscheide,  der  z.  b.  p.  26  sagt  „the  Single 
syllable  into  which  ibe  higber  and  Iower  tone  are  combi- 
ned  still  retains  the  double  pitcb  belonging  to  its  consti- 
tuent  parts"  oder  p.  27  „tbe  acute  and  grave  tones  of  the 
constituent  Clements  are  both  represented  in  the  circumäex 
giTcn  to  the  syllable  that  results  from  their  combination^, 
vermag  ich  nicht  abzusehen,  auch  nicht,  wie  ich  mich 
verständlicher  hätte  ausdrücken  können.  Wenn  ich  mich 
trotz  der  zusammengesetzten  natur  dieses  tones  des  herge- 
brachten namens  „selbständiger  svarita  oder  selbständiger 
nachton^  bediente,  so  sollte  das  gegenüber  den  stellen, 
die  deutlich  besagen,  was  ich  darunter  verstehe,  zu  keinem 
mifsverständnifs  anlafs  geben  und  läfst  sich  dadurch  ent- 
schuldigen, dafs  in  der  that  der  nachton  meistens  seinen 
haupttheil  ausmacht,  weil  fälle  wie  diviva,  pra^liäta  ge- 
nannt, die  selteneren  sind  und  meistens  die  kääipra-  und 
^ätja-gattung  vorkommt,  d.  b.  mit  j  und  v  als  erstem  theil 
resp.  zwischen  zwei  werten  oder  innerhalb  eines  wertes  (nadf 
+  äsja  =  nadjäsja,  nadiäs  =  nadjäs).  Diese  verschiedenen 
fälle  des  selbständigen  svarita  bespricht  Whitney  ausführ- 
lich mit  interessanten  statistischen  angaben  von  p.  26  bis 
p.  30.  Dafs  ich  also  bezüglich  dieses  svarita  quietly  an- 
genommen habe,  er  sei  only  a  middle  tone,  kann  ich  nicht 
zugeben. 

Mit  diviva  =  divl  4- iva  und  somit  als  zweite  ge- 
naue parallele  zum  griechischen  circumflex  hätte  ich  wohl 
noch  fälle  anführen  dürfen  wie  kö  si  =  käs  +  äsi.  Zwar 
scheint  diefs  der  zusammengesetzten  natur  des  selbstän- 
digen svarita  zu  widersprechen,  weil  nach  elision  des  an- 
fangs-a  der  nachton  ganz  verschwinden  und  lediglich  der 
acut  übrig  bleiben  sollte,  um  so  mehr,  als  sonst  die  sprä- 
che selbst  da  den  acut  setzt,  wo  der  selbständige  svarita 
stehen  dürfte,  wie  in  sÄsti  =  sä  -+-  ästi  (s.  Whitney  p.  27). 
Aber  gerade  dieser  gegensatz  mufs  auf  den  gedanken  füh- 
ren, dafs  man  es  in  kö  si  u.  s.  w.  mit  zwei  zusammefige- 
flossenen  silben  zu  thun  hat,  d.  h.  nicht  elision  anzunehmen 
ist,  mag  diese  auch  dem  äuge  und  der  praxis  genügen. 
Diese  möglichkeit  scheint  auch  Whitney  anzudeuten,  wenn 

2* 


dO  MifUU 

ich  anders  p.  26  die  worte  „a  final  6  or  ö  absorbs  or 
elides  an  initial  ä  of  tbe  word  that  follows^  richtig  ver- 
stehe. Mir  scheint  der  selbständige  svarita  von  ko  si 
eben  so  bestimmt  die  Verschmelzung  zweier  silben  zu  be- 
weisen, als  der  wesensgleiche  circumflex  von  Ocäg  die  aus 
&iä'äg.  Es  harmonirt  das  auch  sehr  wohl  mit  dem,  was 
Weber  in  den  beitragen  III  p.  385  flgd.  über  diese  Um- 
wandlung geschrieben  hat.  Zuerst  bestand  kas  äsi,  dann 
kar  äsi,  ka:  äsi,  hernach  k6(:)  äsi,  endlich  kosi.  Die  con- 
traction  von  ö  +  ä  zu  ö  ist  nicht  blofs  an  sich  naturlich 
in  vergleich  z.  b.  zu  griech.  atSoj  =  ald6(a)a,  wra  =  6{f)aTa 
u.  s.  w.,  sondern  wurde  noch  wesentlich  durch  den  um- 
stand begünstigt,  dafs  die  einheimischen  grammatiker  ftlr 
dieses  physiologische  ö  =  ä(s)  in  ihrem  etymologischen  Sy- 
steme keinen  räum  fanden  und  es  mit  ö  s»  au  zusammen- 
warfen, wie  diefs  allein  ausgereicht  hat,  um  vor  tönenden 
consonanten  ö  =  ä(8)  als  länge  zu  behandeln,  wenn  nicht 
etwa  in  der  vocallänge  die  ursprüngliche  positionslänge 
noch  nachwirkt.  Kein  wunder  daher,  wenn  in  den  veden 
ö  vor  anfangendem  a  oder  consonanten  häufig  kurz  gemes- 
sen wird  nach  Kuhn  beitrage  III  p.  119.  Ein  stricter  be- 
weis für  die  elision  des  a  wäre  nur  geleistet  durch  stellen, 
wo  ö  =  as4-a  wäre,  wie  sie  weder  von  Kuhu  gebracht 
sind,  noch  wohl  überhaupt  existiren  *). 

Wenn  Whitney  p.  26  äul'sert  „the  circumflex  in  Sans- 
krit is  a  rare  and  inconspicuous  phenomenon  as  compared 
with  the  Greek",  aber  als  grund  hievon  p.  27  anführt  »the 
latter  languagc  has  a  predilection  for  it,  and  lets  it  appear 
in  innnmerable  cases  where  it  has  no  etymological  justifi- 
cation;  the  former  has  a  prejudice  against  it,  and  exhibits 
it  only  where  compelied,  as  it  were,  to  do  so'^,  so  kann 
ich  dem  nicht  beistimmen.  Nicht  blofs  beruft  sich  Whit- 
ney auf  etwas^ncommensurables  und  unableitbares,  sondern 


t)  Auch  flUr  t^bruvao  und  ähnliches  halte  ich  zusammenaciehung  vun  4 
und  ä  zu  e  für  das  richtige,  wie  auch  im  griechischen  z.  b.  TvnTrjai  zu 
TunTij  vorschmilzt.  Denn  trotz  etymologischer  Verschiedenheit  liegen  e  und  ij 
jedenfalls  nicht  so  weit  auseinander  nach  phonetischer  seite,  dafs  diese  pa- 
rallele ganz  unzuläftiig  erschiene,  zumal  rj  auch  mit  fi  und  ai  sich  berührt, 
wie  9  mit  ursprünglichem  ai  zusammenfallt. 


beHchtignng.  21 

die  Vorliebe  des  griechischen  für  den  circunaflex,  so  allge- 
mein ausgesprochen,  erscheint  mir  noch  sehr  fraglich.  Zu- 
nächst existiren  ja  eine  menge  wörterj^die  auf  der  langen 
schlufssilbe  nicht  den  circumflex,  der  möglich  wäre,  son- 
dern den  acut  tragen,  wie  ßovkrj  &ed  Zavg  u.  s.  w.,  und 
das  alterthümliche  dorische  betonte  sogar  alle  einsilbigen 
Wörter,  die  aus  einer  länge  bestanden,  so,  wie  umgekehrt 
das  spätere  äolische  sie  ohne  ausnähme  mit  dem  circum- 
flex versah;  denn  Ahrens,  der  in  dieser  allgemeinheit  ver- 
steht, was  die  grammatiker  blofs  von  einzelnen  Wörtern 
ausdrücklich  besagen,  mufs  man  durchaus  beipflichten  (diese 
zeitschr.  XVII  p.  96).  Auch  die  xoivtj  erhielt  den  acut  in 
Wörtern,  die  der  attische  dialekt  perispomenirte,  z.  b.  in 
ai^  knl  Tov  ^(pov  xcti  tovto  ol  !Attixoc  nBQtanaJai,  (Hero- 
dian  nach  Lentz  I  p.  397,  12)  und  in  yXai^^  6  naq  rj^lv 
(.liv  o^vverai^  Tiagd  Si  ^Orjvaioig  xat  tovto  Tiveg  TiegiöTtcoCi 
(ibid.  1.  17).  Vergl.  auch  noch  ibid.  I  p.  399  Anm,  t6  x^(), 
ovöiTBQOV  oTav  7/,  7tQ07ieoia7iäT(xf  kx  yccQ  TOV  xiaQ  avvrj- 
XeinTat'  oTav  öi  &rjXvx6v  ?/,  u^vpstcci.  Ferner  wird  bei 
langer  vorletzter  und  kurzer  letzter  sehr  häufig  die  dritt- 
letzte mit  dem  acut  betont,  nicht  die  zweitletzte  mit  dem 
circumflex,  und  das  ist  eine  eigenthümliche  liebhaberei 
des  griechischen  namentlich  im  gegensatz  zum  latein,  die 
sich  mit  der  behaupteten  Vorliebe  für  den  circumflex  nicht 
wohl  vereinigen  läfst.  So  av&Qionoq^  diSoi^i  u.  s.  w.,  die 
nie  den  circumflex  auf  der  vorletzten  trugen,  während  an- 
dere, die  in  der  älteren  spräche  properispomenirt  waren, 
später  den  ton  zurückzogen  (s.  bd.  XVII  p.  85  oben) ;  als 
hübsche  stelle  hierüber  schreibe  ich  p.  678,  15  in  Bekker's 
anecdota  II  aus,  deren  schlufs  noch  einiges  zum  vorigen 
punkte  nachbringt:  ro  fihv  o^oloq  xaTcc  dvaXoyiav  kx(pkQB'  ' 
raij  diOTi  Tcc  Sid  tov  oiog  anavTa  ngoTiBgiOTiM^^va^  iTS- 
goiog^  yskolog,  dkXoiog,  dicc  tovto  xai  "Ofirigog,  Ty  dvaXo- 
yi(f  ;^p»?(ya|fi€VOg,  wg  dei  (pr3(Ti  tov  Ofxoiov  äyu  ß'Bog  dg  tov 
ofioiov.  ol  3k  !AttixoI  ofioiog  Xkyovai,  ndXiv  rj^sig  pihi^  dva- 
koyoag  TQonaiov  leyofiev  (og  amiXaiov^  ßvXaiov  6  de  Gov- 
xvSiSrig  TQonaJov  'AzTixwg,  xcu  t6  u^^iXXevg  8i  xal  IIr/?,6Vg 
xai  td  OfAOLa  fj^islg  fih  o^vvofisv,  ol  di  AloXelg  ßagvvovatv. 


^  MisteU 

Der  scbeinbare  widersprach  zwischen  oi  Si  !JTTixoi  uuoiog 
Kiyovüi  und  o  St  &ovxv8i3tii  rgonäiov  järrixt!}^  löst  sich 
so,  dafs  der  erst^e  satz  die  jöngeren  Attiker  angeht; 
▼gl.  Herodian  nach  Lentz  II  p.  91,  32  7it{}i  IL  ngoa,  und 
p.  938,  25  nsQi  uov.  A^|.  Unter  solchen  aroständen  kann 
man  kaam  von  einer  predilection  des  griechischen  för  den 
circumflex  —  etwa  des  äolischen  oder  des  älteren  atti- 
schen —  reden;  mit  mehr  recht  liefse  sich  das  vielmehr 
vom  lateinischen  behaupten,  wenn  man  bedenkt,  dafs  es 
bei  langer  penultima  immer  den  ton  auf  dieser  beläfst, 
der  bei  kurzer  letzter  eben  der  circumflex  ist:  declina» 
tionsformen  wie  aurä  auräm  r^gis  regem,  conjugationsfor- 
men  wie  dlcis  dicit  äuget  waren  alle  perispomenirt;  dals 
es  ferner  alle  langen  einsilbigen  Wörter  —  ne  beim  impe- 
rativ ausgenommen  —  circumflectirt.  Nun  ist  es  allerdings 
thatsache,  dafs  im  griechischen  der  circumflex  unverhält> 
nifsmäfsig  häufiger  sich  findet  als  im  altindischen.  Den 
grund  davon  glaube  ich  bereits  bd.  XVII  p.  101  d.  Zeit- 
schrift bezeichnet  zu  haben,  dafs  ftir  das  altindische  die 
silbe,  für  das  griechische  die  more  die  einheit  bei  der  be- 
tonung  ausmacht.  Dort  durfte  jede  silbe,  ob  kurz  oder 
lang,  nur  eine  tonart  besitzen;  im  griechischen  kann  unter 
gegebenen  bedingungen  eine  länge  in  zwei  theile  sich  spal- 
ten und  entweder  mit  dem  aufsteigend  gebrochenen  hoch- 
ton ww  oder  dem  cirumflex  ^  versehen  werden.  Daraus 
ergibt  sich  von  selbst  das  seltenere  vorkommen  desselben 
im  altindiscben ,  weil  er  dadurch  von  der  grofsen  masse 
der  langen  silben,  die  von  jeher  einfach  waren,  ausge- 
schlossen und  nur  auf  den  fall  beschränkt  ist,  wo  zwei 
ursprünglich  getrennte  silben  zusammentreten,  d.  h.  auf  die 
Verschmelzung  der  worte  und  eine  kleine  zahl  vereinzelter. 
Dies  silbenprincip  des  altindischen  ist  auch  der  grund, 
warum  selbst  beim  zusammenfliefseu  zweier  vocale  zweier 
Wörter  als  regelrechte  betonung  der  acut  eintritt  mit  ge- 
ringen ausnahmen,  wo  der  circumflex  zu  erwarten  wäre;  ist 
der  grund,  warum  der  circumflex  des  altindischen  immer 
eine  etymologische  bogrOndung  zuläfst,  im  griechischen  nur 
dann   eine   solche  statthaft  ist,  wo   die  zusammenziehung 


beriehtigang.  23 

entweder  noch  klar  vorliegt,  wie  (ptXeofjLtv  =  (piXovfABv^  oder 
wegen  sonst  unbegründeten  wechseis  der  betonung  vermu- 
thet  werden  mufs  und  meistens  auch  nachgewiesen  werden 
kann,  wie  d^Ecig  neben  thBci  aus  ^ea^äg.  Das  alles  folgt 
mit  nothwendigkeit,  ohne  zu  einer  mystischen  verliebe  oder 
abneigung  die  Zuflucht  zu  nehmen. 

Es  dürfte  sich,  weil  nach  alldem  selbstständiger  sva- 
rita  und  circumflex  dasselbe  ist,  gewifs  nur  empfehlen,  auch 
beide  gleich  zu  bezeichnen  zur  Vermeidung  von  Zweideutig- 
keiten und  sobravit  „der  sprach",  diviva  „wie  im  himmel", 

ja  selbst  kva  „wo",  nadjas  „flüsse"  zu  schreiben,  wobei 
freilich  -^  nicht   mehr  als  längezeichen   verwendet  werden 

müi'ste.  Kua  und  nadias  wäre  nicht  gestattet,  weil  die 
silbe^  doch  kurz  bleibt  oder  dann  in  zwei  auseinanderfallt: 
küä  und  nadiäs.  Daß  zeichen  des  gravis  bliebe  dem  enkli- 
tischen svarita  aufbehalten,  der  dem  mittelton  entspricht 
und  als  einfach  anzusehen  ist.  Doch  eben  wegen  dieses 
Satzes  —  und  das  führt  mich  zu  meinem  eigentlichen 
zwecke  zurück  —  habe  ich  mich  schliefslich  gegen  Whit- 
ney zu  verantworten. 

Zunächst  scheint  diese  annähme  inhaltlich  nicht  ganz 
ungeschickt,  weil  auch  Hadley  in  seinem  aufsatze  on  the 
Nature  and  Theory  of  the  Greek  Accent  von  p.  9  an  zu 
derselben  annähme  gelangt  und  im  allgemeinen  sich  mit 
mir  einverstanden  erklärt:  This  theory  of  a  middle  tone 
Misteli  applies  with  much  ingenuity  to  account  for  the  ge- 
neral  laws  of  Greek  accentuation.  In  showing  how  it  may 
be  made  to  answer  this  purpose,  I  shall  not  confine  my- 
self  to  his  Statements,  but  shall  take  the  liberty  to  depart 
from  them  in  various  particulars,  and  shall  introduce  some 
Views  (especially  those  on  Latin  accent)  which  do  not  ap- 
pear  in  his  exhibition  of  the  subject,  und  dafs  auch  Whit- 
ney ihr  keineswegs  abgeneigt  ist,  geht  aus  der  zu  anfang 
dieses  artikels  citirten  stelle  hervor.  Es  bleibt  also  nur 
noch  der  methodische  Vorwurf,  den  Widerspruch  mit  den 
altindischen  grammatikern  nicht  ausdrücklich  hervorgeho- 
ben zu  haben.  Da  erweist  mir  aber  Whitney  zu  grofse 
ehre,  wenn  er  gegen  das  ende  der  oben  ausgeschriebenen 


24  Miitoli 

anmerkuDg  sich  als  predecessor,  folglich  mich  als  nachfol- 
ger  bezeichnet.  Es  konnte  mir  nie  von  ferne  einfallen, 
mich  als  fachmann  im  Sanskrit  gebaren  und  neben  die  mei- 
ster  des  faches  stellen  zu  wollen.  Vielntehr  glaubte  ich 
über  den  accent  des  altindischen  gar  nichts  eigenthümli- 
ches  zu  äufsern,  sondern  nur  dasjenige  zu  wiederholen, 
was  in  den  landläufigen  lehrbüchern  von  Benfey  und  Bopp 
steht,  nur  dafs  ich  den  selbßtständigen  svarita,  weil  einen 
seine  entstehung  darauf  stöfst,  als  zusammengesetzt  be- 
trachtete und  bezeichnete,  was  jene  nicht  deutlich  besagen. 
Namentlich  schlofs  ich  mich  an  Benfey  an,  den  ich  p.  88 
auch  eigens  als  meinen  gewährsmann  genannt,  und  konnte 
vernünftigerweise  keinen  andern  Standpunkt  einnehmen,  da 
mir  bis  jetzt  die  indischen  grammatiker  selber  unzugäng- 
lich waren;  non  omnia  possumus  omnes!  Damit  überein- 
stimmend war  mir  denn  auch  der  indische  accent  nur  aus- 
ausgangspunkt,  nicht  selbst  gegenständ  der  Untersuchung 
und  sollte  im  verlaufe  nur  der  illustration  des  griechischen 
dienen,  und  in  der  that  glaubte  ich  die  darstellung  so  ge- 
halten, dafs  der  Sachverhalt  jedermann  klar  wäre.  Nun 
deuten  aber  Benfey  und  Bopp  mit  keiner  silbe  an,  dafs 
auch  der  enklitische  svarita  von  den  einheimischen  gram- 
matikern  als  zusamiuengesetzt  aufgefafst  wird,  Benfey  selbst 
in  der  ausführlichen  grammatik  nicht;  er  mufste  mir  also 
als  einfach  gelten,  wofür  ich  nach  meinem  Standpunkt  die 
Verantwortung  ablehnen  kann.  Wenn  nun  Whitney  auf 
Zeugnisse  der  grammatiker  hin  erweist  (p.  30  sq.),  dafs  zwi- 
schen den  beiden  svarita- gattungen  kein  unterschied  ge- 
golten habe,  so  ist  ihm  für  diese  belehrung  natürlich  nie- 
mand zu  gröfserem  dank  verbunden  als  der  Verfasser  dieser 
Zeilen,  wie  denn  die  schrift  ausführlich  über  einzelheiten 
und  Schwierigkeiten  altindischer  accentuation  handelt  in 
einer  auch  demjenigen  verständlichen  weise,  der  die  ein- 
heimischen grammatiker  nicht  zu  seinem  besondern  Studium 
machen  kann.  Freilich  ändert  dies  sachlich  in  meinen 
ansichten  nichts,  und  wenn  Whitney  sagt,  ich  hätte  sie 
gefafst  without  bringing  np  a  single  consideration,  um  sie 
zu  stützen,   so   war  das  weder  für  den  unabhängigen  sva- 


berichtignng.  25 

rita  nötbig,  der  als  zusammeDgesetzt  sich  sofort  durch  seine 
Verwendung  verräth,  noch  für  die  einfache  natur  des  enkli- 
tischen, die  von  Whitney  selbst  anerkannt  wird  gegenüber 
der  ansieht  der  einheimischen  autoritäten  als  das  einzig 
denkbare. 

Wenn  derselbe  gelehrte  p.  42  sagt  „I  cannot  recog- 
nize  a  positive  sinking  of  the  voice  as  a  necessary  or  na- 
tural preparation  for  its  rise  to  the  pitch  of  acute",  so 
kann  ich  ihm  hier  beistimmen,  ohne  eine  nachtheilige  con- 
sequenz  für  meine  ansichten  über  den  griechischen  accent 
zu  befürchten.  Whitney  verwirft  hiemit  die  meinung  Ben- 
fey's,  „dafs  innerhalb  eines  Satzes  eine  unmittelbar  vor- 
hergehende tonlose,  im  anfang  eines  satzes  aber  alle  vor- 
hergehenden tonlosen  so  tief  unter  das  gewöhnliche  sprech- 
niveau  herabsinken,  als  die  stimme,  um  den  accent  her- 
vorzubringen, sich  über  dasselbe  erheben  mufs"  (kurze 
skr.  gramm.  p.  6  oben),  und  damit  den  unterschied  von 
anudätta  und  anudättatara,  worüber  ähnlich  auch  Bopp  skr. 
gramm.  §.  30,  4).  Wie  das  im  altindischen  steht,  mögen 
die  fachgelehrten  untersuchen:  mir  war  für  den  griechi- 
schen accent  nur  von  Wichtigkeit,  für  den  schlufs  des  wortes 
die  reihenfolge:  tiefton,  hochton,  mittelton,  tiefton  festzu- 
halten, woraus  ich  einzig  die  accentgesetze  abgeleitet,  wo- 
bei ich  „tiefton",  um  an  seine  Stellung  zu  erinnern,  auch 
mit  „vorton"  vertauschte,  dabei  aber  es  unentschieden  liefs, 
ob  derselbe  den  gewöhnlichen  stimmton,  „das  allgemeine 
Sprechniveau",  oder  eine  stufe  unter  demselben  bezeichnet, 
wenn  man  nur  zugibt,  dafs  er  schwächer  sei  als  der  dem 
bauptton  unmittelbar  folgende  (vgl.  bd.  XVII  d.  zeitschr. 
p.  88  und  89).  Zu  einer  solchen  Unterscheidung  hatte  ich, 
aufser  ihrer  praktischen  Unfruchtbarkeit,  auch  defs wegen 
keine  veranlassung,  weil  die  alten  grammatiker  hievon  nicht 
das  geringste  andeuten,  ja  selbst  über  den  mittelton  nicht 
mit  der  wünschenswerthen  Weitläufigkeit  sich  auslassen  und 
insgemein  nur  o^uct  und  ßageta^  acutus  und  gravis  unter- 
scheiden. Natürlicher  finde  ich  es  allerdings,  mit  Whit- 
ney, wenn  ich  anders  seine  worte  richtig  auffasse,  unter 
vor-  oder  tiefton  den  gewöhnlichen  stimmton  zu  verstehen. 


26  Miflteli 

Hiemit  breche  ich  die  mir  abgedrungene  erwiederung 
ab  und  scheide  von  Whitney  nicht,  ohne  ihm  fttr  die  reiche 
belehrung,  die  mir  die  lectüre  seiner  schrift  gewährt,  mei- 
nen vollen  dank  auszusprechen,  mit  der  bemerkung,  dafs 
ich  schon  frQher  geantwortet  hätte,  wenn  nicht  Wechsel 
von  Wohnort  und  Stellung  mich  längere  zeit  anderweitig  in 
anspruch  genommen  hätte. 

Die  mir  gewordene  veranlassung  benutze  ich,  um  zur 
begrQndung  und  erläuterung  einzelner  punkte  in  meinen  frQ- 
heren  aufsätzen  folgendes  hinzuzufügen.  Bd.  XVII  p.  1 16  sq. 
zerlegte  ich  rjg  =  äg  im  genet.  der  1.  declination  in  ä-äg 
und  rj-=(^  in  ä-äi  und  konnte  diese  analyse  aus  dem  griechi- 
schen durch  utdg  ui^^  (lag)  Icf  von  /aa  la  stützen  =  fiid-ag 
Lud'CC^  id'dg  Id-^^  weil  sich  so  die  eigenthümliche  circum- 
flectirung  dieser  formen  aufs  befriedigendste  erklärt*).  Frei- 
lich sind  das  die  beiden  einzigen  barytonirten  Wörter  —  von 
dem  etwas  zweifelhaften  jonischen  xaraßi/Saafiog  des  tones 
in  dyvia  u.  s.  w.  abgesehen  — ,  welche  von  jener  zusam- 
menziehung noch  eine  spur  aufweisen.  Bei  den  übrigen  ist 
unmittelbare  Verschmelzung  der  beiden  a  eingetreten,  z.  b. 
Sixä'äg  öixä-ä^  bevor  der  acut  zeit  gewann,  sich  herab- 
zusenken. Bei  den  oxytona  natürlich,  in  denen  das  aus- 
lautende a  von  vornherein  durch  den  hochton  vom  ä  der 
endung  abgetrennt  wurde,  fand  regelmäfsige  zusammenzie- 
hung statt,  die  eben  in  der  perispomenirung  derselben  sich 
noch  errathen  läfst.  Es  scheint  mir  diefs  eben  so  sicher, 
als  dafs  der  genet.  plur.  auf  aiv  =  dorisch  dv  aus  dwv 
entstanden  ist,  und  wenn  dieser  bei  allen  Wörtern  den  cir- 
cumfilex  aufweist,  also  bei  allen  den  acut  auf  den  stamm- 
auslaut  herabzog,  so  ist  der  grund  davon  in  der  verschie- 
denen farbung  des  folgenden  vocales  zu  suchen.  Das  ge- 
netiv-äm   mufs   schon   früh,    schon   in   der  vorgriechischen 


*)  Aufserdem  natürlich,  durch  ä-j-äs  ä-j-äi  S-j-äm  als  altind.  gen.  dat. 
locat.  von  stammen  auf  S.  An  diese  bildung,  nicht  an  a-sjSs  a-sj5i  a-sj5m 
der  pronomina  schliefsen  sich  wohl  auch  tjq  und  ;^  der  pronomina,  so  dafs 
Tf/^  TfJ  =  tS-5s  tS-äi,  nicht  s=  tasjäs  tasjSi,  weil  sj,  wie  yaaoftat  i'ffo/itai 
=  altind.  (a)8J5mi  zeigt,  <tö"  und  a  geworden  wj^re.  So  auch  Leo  Meyer 
„  gothische  spräche**  p.  191  §.  194  „T^<r,  das  kaum  aus  tasjäs  entstanden 
sein  wird.** 


berichtigting.  27 

zeit,  sich  zu  öm  getrübt  haben,  worin  sich  oav  und  lat.  um 
vereinigen,  während  äs  des  gen.  sing,  sich  entweder  rein 
erhielt  oder  mit  vorausgehendem  j  zu  is  zusammenzog,  wie 
letzteres  für  die  lateinische  endimg  ä-l  gilt,  beides  für  die 
endung  äs  (=  ä-äs  oder  ä-ls)  angenommen  werden  kann. 
Für  das  griechische  fällt  die  Schwächung  zu  Is  jedenfalls 
fort,  so  dafs  gleichzeitig  im  genet.  plur.  ungleiche,  im  genet. 
sing,  gleiche  vocale  einander  gegenüberstanden,  dort  erst 
in  verbal tnifsmäfsig  später  zeit  eine  contraction  nach  ge- 
wöhnlichen gesetzen  vor  sich  ging,  hier  sehr  früh  eine 
unmittelbare  Verschmelzung  sich  vollzog. 

Die  richtigkeit  dieser  ansieht,  wie  ich  sie  früher  aus- 
führlicher entwickelt,  kann  ich  nunmehr  durch  zwei  fac- 
tische  belege  aus  den  keilinschriften  bestätigen,  die  mir 
früher  entgangen  waren,  durch  die  beiden  genetivformen 
hamahjäjä  und  ah(i)jäjä,  die  beide  mehrmals  vorkommen 
und  somit  vollkommen  beglaubigt  sind,  die  erste  fast  nur 
in  der  Verbindung  hamahjäjä  tharda  „in  aller  weise'^  nach 
Spiegel,  die  zweite  deutlich  als  genet.,  z.  b.  in  khsäjathija 
ahjäjä  bumijä  vazrakäjä  „könig  dieser  grofsen  crde^  nach 
Spiegel  p  44.  Die  identität  der  einen  mit  altind.  sama- 
sjäs  (Bopp,  sanskr.-gramm.  §.  254)  ist  wohl  eben  so  wenig 
zu  bezweifeln  als  die  der  andern  mit  asjäs.  Man  mufs 
folglich  auch  die  altind.  formen  in  sama-sjä-j-äs  und  a-sjä- 
j-äs  zerlegen,  wie  ich  das  in  der  that  bd.  XIX  p.  103  mit 
ta-sjäs  =s  ta-sjä-äs  gethan,  wobei  ich  jetzt  nur  noch  j  ein- 
setzen würde:  ta-sjä-j-äs.  Denn  natürlich  gilt  dasselbe  von 
allen  anderen  gleich  gebildeten  formen  und  eben  so  auch 
vom  dativ  und  locativ;  also  auch  ta-sjäi  =  ta-sjä-j-äi  und 
ta-sjäm  SS  ta-sjä-j-äm.  Nun  beweist  das  zendische  adverb 
jahmja  „wo",  dem  ahmja  „hier"  entspricht  —  beide  mit 
altind.  jasjäm  und  asjäm  congruent  und  wegen  der  femi- 
ninform zu  adverbiellem  y  und  ravTi}  stimmend  — ,  wie 
schon  Bopp  vergl.  gramm.  I  §.  174  sah  und  an  sich  sehr 
wahrscheinlich  ist,  dafs  sj  des  feminins  der  pronominal- 
declination  eine  Verstümmelung  aus  smj  sei,  d.  h.,  dafs,  wie 
im  masculin-neutrum  der  stamm  sma,  so  im  feminin  der 
stamm  smi  eingeschoben  werde.     Dadurch   wäre  aber  der 


28  Mistdi 

ansieht,  dafs  die  feminina  auf  l  aus  jg  zusammengezogen 
sind,  ein  neuer  interessanter  beweis  verschafft,  aufser  dem« 
jenigen,  was  Leo  Meyer  ^flexion  der  adjectiva  im  deut- 
schen" von  p.  50  an  und  mein  aufsatz  bd.  XVII  p.  162  sq. 
beigebracht.  Denn  während  -8(m)jä8  -s(m)jäi  -8(m)jäm  mit 
z.  b.  devjds  devjai  devjäm  von  devf  stimmen  und  auf  einen 
nouiinativ  -s(m)l  führen,  kann  man  die  aus  dem  altpersi- 
schen erschliefsbaren  volleren  formen  8(m)jäjä8  -s(m)jäjäi 
-8(m)jajäm  nur  vom  nominativ  -s(m)jä  herleiten,  der  somit 
auch  die  vollere  form  von  s(m)l  darstellen  mufs  ^).  Hätte 
ich  ferner  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  uict  und  la  beide 
auf  sami  zurückgeführt  als  ältester  form  von  smi,  so  wäre 
es  ein  sehr  schönes  zusammentreffen  und  könnte  einiger- 
mafsen  für  diese  herleitung  einnehmen,  dafs  derselbe  stamm 
einzig  im  griechischen  durch  seine  eigenthümliche  betonung 
und  einzig  in  der  arischen  Sprachengruppe  durch  die  alt- 
persische fiexion  reste  des  älteren  zustandes  erhalten  hat. 
Jedenfalls  erseheint  ca,  das  aus  zwei  kürzen  besteht,  als 
reine  feminin -endung,  deren  stamm  verloren  gegangen  ist, 
und  nach  obiger  etymologie  erklärt  sich  das  am  besten. 
Denn  m  wäre  schon  in  vorgriechischer  zeit  eingebüfst,  weil 
davon  so  schwache  spuren  im  feminin  Übrig  blieben  —  man 
denke  auch  an  den  ausfall  des  m  in  allen  ersten  personen 
sing,  des  mediums,  der  hier  wegen  der  unbequemen  gruppe 
smj,  dazu  in  einer  blofsen  einschiebung,  noch  begreiflicher 
wird  —  und  das  stehen  gelassene  sjä  konnte  nach  allen 
lautgesetzen  des  griechischen  ta  werden.  Wem  das  nicht 
gefiele,  müfste  kürzung  von  ursprünglichem  lä  zu  i«,  d.  h. 
Vermischung  mit  der  femininendung  -/«  annehmen,  weil  ich 
bewiesen  zu  haben  glaube,  dafs  la  und  dessen  Vertreter 
ursprünglich  nur  die  femininendung  ja  repräsentiren ,  dann 
auch  mit  der  abstractendung  ja  sich  vermischen,  also  nur 


*)  Ich  darf  jetzt  mit  gröfserem  vertrauen  die  bd.  XIX  p.  99  unt.  in  der 
form  einer  frage  geäufserte  vermuthung,  ftjq  II.  rr  208  entspreche  einem  ja-j-äs 
(cf.  auch  Herodian  n.  Lentz  II  p.  173  ob.),  wiederholen,  weil  fTj<;  -  >/?  =  ah- 
jSjä  :  asjSs,  von  e  statt  rj  abgesehen,  worüber  man  homer.  ^og  ijt  ^a  u.  s.  w. 
neben  späterem  Jon.  ^o;  S'i  ia  u.  s.  w.  von  stammen  anf  tu  vergleiche,  und 
perfectformen  TitTioUaTat  =  ninoi^fjarai  =  nenoifivrai.  nach  Herod.  II 
p.  224,   15  und  p.  22$. 


berichtigung.  29 

enduug  sein  könuen.  Dabei  könnte  man  sich  auf  Sen  neben 
älog  berufen  für  Siä^  von  denen  mir  freilich  Sea  =  Sijr-ia 
gilt  mit  tcc  zur  bezeichnung  des  geschlechtes,  aber  Slog 
=  dif-log  mit  log  als  ableitungssilbe ;  Öla  scheint  mir  so 
wenig  feminin  zu  diog^  als  etwa  patnl  zu  pati.  Sollte  ich 
mich  hierin  auch  irren,  so  viel  halte  ich  wegen  der  alt- 
persischea  formen  nun  für  ausgemacht,  dafs  genet.  und 
dat.  sg.  der  1.  griech.  decl.  in  besagter  weise  zusammen- 
gezogen sind  und  ein  bild  dieser  zusammenziehung  im  alt- 
indischen sicher  dieselben  casus  nebst  dem  locativ  der  pro- 
nominaldeclination,  höchst  wahrscheinlich  auch  diese  casus 
sämmtlicher  stamme  auf  l  gewähren. 

Es  erhellt  aus  den  citirten  formen  der  keilinschriften 
auch,  dafs  ich  recht  that,  gothisches  os  des  gen.  sing,  der 
feminina  in  ä-äs  zu  zerlegen,  z.  b.  thizos  =  tha-sjä-äs  (vgl. 
d.  zeitschr.  bd.  XIX  p.  100  u.  103)  oder  tha-sjä-j-äs  und 
gibos  aus  gibä-äs  oder  gibä-j-äs,  und  der  dort  gezogene 
unterschied  von  o  und  e  der  schlufssilbe,  indem  o  aus  ä  +  ä 
und  e  aus  ä-f-a  entstand,  wird  dadurch  fcicht  wenig  ge- 
sichert *).  Einsprache  könnte  nur  noch  der  dat.  fem.  sing, 
auf  ai  =  ä-äi  oder  B-j-äi  erheben,  den  man  kaum  nur 
so  durch  zusammenziehung;  der  beiden  ä  construiren  darf. 
Denn  wenn  das  masculine  äi  (=  a  +  ai)  nach  verlust  des  i 
zu  a  wird  (vulfa  =  vrkäi  ved.),  wie  sollte  dasselbe  I  des 
femininen  äi  (<=  ä  +  äi)  stehen  bleiben  und  das  doppelt  so 
wuchtige  ä  wieder  blofs  a  ergeben?  Vielmehr  wäre  o  zu 
erwarten  gewesen.  Ich  möchte  also  glauben,  dafs  von  ä-j-äi 
auch  i  abfiel,  das  schliefsende  ja  sich  zu  I  zusammenzog, 
wie  im  nominativ  vieler  feminina,  und  so  die  ganze  en- 
dung  sich  zu  äl  verkürzte  (äi  :  a  =  äl :  ai).  Zu  demselben 
ziele  gelangt  man,  wenn  man  zuerst  ja  sich  zu  I  verkür- 
zen und  mit  dem  schlufs-i  sich  vereinigen  läfst.  Steht  ja 
für   ä-j-äs   wegen   des   lateinischen   ä-l(s)    diese  contraction 


*)  Dafs  man  berechtigt  ist,  gothischem  o  und  e  in  ursprünglicher  schlufs. 
Silbe  gröfsere  vocalwerthe  zu  substituiren ,  als  in  der  mitte,  also  e  und  o 
dort  a,ä  und  Sä,  hier  blofs  S  gleich  zu  setzen,  zeigt  deutlich,  wenn  schlufs-a 
als  repräsentant  von  S,  io  die  mitte  gerUokt,  in  e  oder  o  sich  verwandelt; 
z.  b.  ainumme-hun,  hvamme-h,  hvarjamme-h,  aino-hun,  hvano-h  u.  s.  w.,  denn 
auch  h  =  Ita  =3  que  bildet  eigentlich  eine  volle  silbe. 


30  Misteli,  berichtigung. 

fest,  uud  wegen  der  behaudlung  von  schliefsendem  I  erio- 
nere  man  sich  an  das  T  des  optativs  vom  perfect,  das  aus 
ursprünglichem  it  entsprang,  dessen  t  schon  froh  abfiel, 
und  die  vergleichung  tri£Pt  um  so  mehr  zu,  als  auch  l 
des  Optativs  ein  ja  voraussetzt.  So  wird  weibliches  ai  zu 
männlichem  a  in  ein  besseres  verhältnifs  gesetzt  und  gegen 
die  annähme,  o  der  schlufssilbe  komme  ä  +  ä  gleich,  fallt 
ein  beachtenswerther  einwand  weg.  Ich  kann  also  ohne 
furcht  thizai  wie  gibai  aus  tha-sjä-j-äi  und  gibä-j-äi  herlei- 
ten und  mufs  mich  jedenfalls  beim  dativ  für  die  grundform 
mit  j  vor  der  casusendung  entscheiden. 
Solothurn,  im  Januar  1872. 

Franz  Misteli. 


Die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tenues. 

Im  Sanskrit,  im  altgriechischen,  im  gotischen  (zur  zeit 
des  Wulfila  war  jedoch  kh  in  den  gaumenreibelaut  überge- 
gangen), in  den  zahlreichen  mundarten  Vorder-  und  Hinter- 
indiens, im  chinesischen,  armenischen,  ossetischen,  georgi- 
schen und  in  vielen  andern  sprachen  gibt  es  lautverbindun- 
gen,  aspiraten  genannt,  welche  aus  einem  konsonanten  mit 
nachfolgendem  h-laut  bestehen  und  für  welche  gewöhnlich 
eigene  buchstaben  üblich  sind*).  Der  aspirirte  laut  wird  von 
dem  nicht  aspirirten  streng  unterschieden;  es  gälte  für  bar- 
barisch, Tsog  statt  ß-sog  zu  schreiben;  im  indischen  wäre  es 
ebensowenig  zulässig,  kh,  th,  ph  mit  k,  t,  p  zu  verwechseln, 
obgleich  jene  lautgruppen   ohne  etymologische  Wichtigkeit 


*)  Jeder  konsonant  kann  mit  einem  folgenden  h  gesprochen  werden, 
und  zwar  auch  anlautend;  z.  b.  fh,  mh,  ph  (p  =  englisches  hartes  th),  sh 
(s  ^  deutsches  sz),  sä  (s  =  deutsches  seh),  «Ä,  rh,  Ih,  qh  {q  =  deutsches 
ch  in  ich),  ^h  (^  =  deutsches  ch  in  ach),  M  (n  ^  ng  in  singen,  lange) 
wie  in  hofherr,  schamhaft,  engl,  tooth-hole,  Weisheit,  naschhaft, 
steinhart,  bierhalle,  faulheit,  Weichheit,  Schwachheit,  lang- 
haarig. In  lebenden  sprachen  kommen  aufserhalb  der  Zusammensetzung  fol- 
gende aspiraten  am  häufigsten  vor:  hh^  th^  ph;  gh^  dh,  bh;  sA,  zh  (z  =:  fran- 
zösisches j),  sh,  zh  (z  =  französisches  z). 


Kräuter,  die  nenhochdeutschen  aspiraten  und  tenues.  31 

sind  und  blos  unter  dem  einflusse  gewisser  lautgesetze  ent- 
standen sein  sollen.  Was  man  nun  in  fremden  sprachen  nicht 
erlaubt,  darf  man  auch  nicht  in  der  muttersprache  gestatten. 
Auf  den  von  dem  zufall  abhängigen  umstand,  ob  die  spräche 
in  der  schrift  einen  genügenden  ausdruck  gefunden  habe 
oder  nicht,  kann  es  nicht  ankommen ;  hätten  die  Griechen, 
wie  sie  ursprünglich  thaten,  nach  semitischer  weise  die  k,  p 
nicht  anders  bezeichnet  als  die  kh^  ph,  so  würden  ihre 
grammatiker  nicht  verfehlt  haben  festzustellen,  wo  die  x,  n 
aspirirt  seien  und  wo  nicht,  und  diese  angaben  wären  für 
den  Sprachforscher  ebenso  wichtig  wie  die  jetzt  übliche  gra- 
phische Scheidung.  Bedenkt  man  ferner,  dafs  das  verständ- 
nifs  der  lautverhältnisse  fremder  sprachen  durch  die  klare 
einsieht  in  diejenigen  der  eigenen  erleichtert  wird,  so  kann 
man  die  folgende  Untersuchung  nicht  für  überflüssig  halten. 

Rudolf  von  Raumer  (aspiration  und  lautverschiebung 
1837)  und  Heyse  (schulgr.  1859  s.  19)  sprechen  dem  neu- 
hochdeutschen die  aspiraten  aufserhalb  von  Zusammen- 
setzungen ganz  ab;  es  soll  hier  nachgewiesen  werden  mit 
welchem  rechte. 

R.  von  Raumer  selber  (ges.  sprachwissenschaftl.  Schrif- 
ten 1863  s.  24)  behauptet,  h  stelle  sich  nach  jeder  tenuis 
ein,  man  sage  thag;  solle  die  stärkste  tenuis  noch  mehr 
verstärkt  werden,  so  lege  sich  der  druck  auf  das  dieselbe 
stäts  begleitende  h  (s.  30);  h  mit  g  verbunden  gebe  k 
(s.  85);  das  ph  sei  dem  reinen  p  gleich  (s.  98). 

Rapp  (physiologie  der  spräche  1837.  I.  s.  216)  tadelt 
reime,  welche  vor  dem  vokal  denselben  konsonanten  haben, 
und  führt  als  beispiele  neben  Seiten,  zeiten  auch  kalt, 
halt  an;  s.  337  bemerkt  er,  wir  hätten  uns  gewöhnt,  den 
p,  ty  k  nur  im  anlaut  vor  vokalen  ein  h  anzufügen;  s.  359 
warnt  er  die  Deutschen  davor,  die  lateinischen  c  und  q 
wie  kh  zu  lesen. 

Schleicher  (deutsche  spräche  1860.  s.  208)  sagt:  „p,  t,  k 
sprechen  wir  im  anlaute  vor  vokalen  wie  p-h,  t-h,  k-h, 
pein  wie  phein,   tadel  wie  thädel,   kamen   wie  khä- 

men Wenn  man  z.  b.  böhmisch  sprechen  will,  so  hat 

man   die   gröfste   mühe   mit   der   hervorbringung  der  ech- 


32  Kräuter 

ten,  hauciilosen  t,  p,  k  dieser  spräche,  die  uns  völlig  [?] 
abgehn." 

Johannes  Müller  (handbuch  der  physiologie  II,  s.  234  ff.) 
und  Merkel  (anatomie  und  physiologie  des  mensohlicben 
stimm-  und  sprachorgans  s.  853  ff.)  sehen  in  den  tenues 
nichts  anderes  als  medien  mit  angehängtem  h  (sie  kannten 
offenbar  die  echten,  tönenden  medien  nicht  und  nahmen 
als  ersatz  dafür  die  echten  tenues). 

Brücke  (grundzüge  der  physiologie  der  sprachlaute 
8.  58)  sagt:  „Wir  Deutsche  [also  Nord-  und  Süddeut- 
sche, denn  Brücke  ist  ein  Niederdeutscher  und  lebt  in 
Wien]  aspiriren  vor  vokalen  die  tenues  fast  immer,  wenn« 
gleich  nur  schwach  [?],  so  dafs  unser  daran  gewöhntes 
ohr  es  gar  nicht  mehr  bemerkt;  es  wird  uns  aber  sogleich 
auffallig,  wenn  wir  die  reinen  tenues  hören,  welche  die 
Slawen  beim  deutschsprechen  zu  bilden  pflegen.'^ 

Lepsius  (Standard  aiphabet,  London-Berlin  1863.  s.  134) 
beschreibt  die  ausspräche  der  eingebornen  Armenier  folgen- 
dermafsen:  „There  we  find  the  letters  ^  m  «i^  k^  t,  p, 
distinctly  pronounced  without  any  aspiration  as  real  dry 
tenues  like  those  of  the  Hungarian,  of  several  German 
dialects,  of  the  Sanskrit  and  other  languages;  ^  t  B^  gy  d,  b, 
are  our  common  mediac  and  ^  l?-  ^,  kh,  th,  ph,  the  true 
aspirates,  pronounced  as  the  so  called  tenues  of  northem 
Germany,  France  [?],  England  and  others,  with  a  sensible 
breathing  from  the  lungs.^  Hiezu  ist  zu  bemerken,  dafs 
sich  die  aspirirte  ausspräche  von  k,  t,  p  auch  in  Süddeutsch- 
land bei  den  gebildeten  fiudet. 

Schmeller  (die  muudarten  Baierns  1821)  macht  in  be- 
treff der  oberdeutschen  mundarten  folgende  angaben.  §  399 : 
„b  lautet  wie  p  (das  heifst  wie  ein  reines  italisches  p,  nicht 
wie  ein  affektirtes  deutsches,  hinter  welchem  man  noch 
einen  gewissen  hauch  vernimmt)  —  zu  anfang  der  Wörter, 
wo  der  hochdeutsche,  mit  einer  ihm  eigenen  Unsicherheit, 
zwischen  b  und  p  keinen  konsequenten  unterschied  zu  ma- 
chen weifs,  daher  er  denn  in  den  romanischen  sprachen 
b  und  p  z.  b.  beau  und  peau,  boule  und  poule  zu  ver- 
wechseln geneigt  ist.'^ 


die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tenues.  33 

Anm.  **""  dazu:  „Bei  diesem  gebrechen  suchen  sich 
unsre  deldatnatoren  dadurch  zu  helfen,  dafs  sie  das  p  da, 
wo  sie  es  mit  klarer  absieht  als  p  wollen  hören  lassen, 
also  besonders  in  fremden  Wörtern  mit  einem  gewissen 
nachhauch  herauspressen,  so  dafs  man  statt  panzer,  pein, 
Palermo,  Paul  —  p-Aanzer,  p-Aein,  P-Aalermo, 
P-Aaul  zu  hören  bekommt.^ 

§  416:  „ch  am  anfang  der  Wörter  entspricht,  wenn 
man  das  c  mit  seinem  eigenthümlichen  laut  in  den  italiä- 
nischen  oder  französischen  silben  ca,  co,  cu  fQr  sich,  und 
das  h  als  nachhauch  betrachtet,  genau  dem  doppelten  laut, 
welchen  wir  jetzt  sehr  mit  unrecht  durch  das  einfache  k 
bezeichnen  —  vergl.  §  515.  —  Nur  noch  im  worte  chur, 
churfürst  und  in  ein  paar  eigennamen  hat  sich  das  ältre 
richtigere  ch  erhalten  — =-  Cham,  Chiemsee.* 

§  511:  «k  lautet  wie  ein  reines  k  (d.  h.  wie  der  kon- 
sonant  in  den  silben  ca,  co,  cu  nach  der  ausspräche  eines 
Italiäners,  Spaniers  oder  Franzosen)  in  allen  gegenden  aufser 
denen  vor  den  Alpen  und  denen  westlich  des  Lechs,  in 
mitte  der  Wörter:  acfter,  bacAen,  drucAen,  flicAen, 
locken  ^ 

§  515:  „k  lautet  wie  kh  (d.  h.  wie  ein  reines  k  mit 
nachfolgendem  vernehmbarem  hauche)  wohl  in  ganz  Hochr 
deutschland  am  anfang  der  Wörter  vor  einem  vokal:  A-Aalt, 
A-Aind,  A-Aommen,  A-Aurz.^ 

§  668:  „t  zu  anfang  der  Wörter  behält  seinen  gehöri- 
gen laut,  nemlich  den  des  italischen  t  ....^ 

Amu.  **  dazu:  „Da  man  schon  das  anfangs-d  als  ita* 
lisches  t  auszusprechen  gewohnt  ist,  so  sucht  man  in  Wör- 
tern fremder  sprachen  das  anfangs-t  als  solches  dadurch 
bemerklich  zu  machen,  dafs  man  es  wie  das  p  mit  einer 
art  nachhauch,  also  wie  t-h  ausspricht;  z.  b.  T-Aitan, 
r-Aitu8,  T-Aartarei,  *-Aee,  T-Aacitus,  f-Aempel,  ....** 
„....  deklamatoren  «...  sogar  in  echtdeutschen  Wörtern  .... 
f*Aag,  f-Aod,  f-Aeutsch,  f-Aeuer,  f-Aat.^ 

Schmeller  tadelt  wiederholt  diese  einschiebung  des  A 
und  hält  dieselbe  für  eine  süddeutsche  eigenthümlichkeit; 
aber  jedermann,    der  nicht  mundartlich,  sondern  scbrift- 

Zeitschr.  f.  vergl.  sprachf.  XXL  1.  3 


34  Kräat«f 

deutsch  spreche»  will,  aspirirt  die  aulautenden  k,  t,  p  vor 
vokalen.  Lepsius,  Georg  Curtius  (grimd/Qge  1869.  s.  387) 
und  Weiuhold  (alem.  gramm.  1863.  §§148;  169;  bair. 
gramm.  1867.  §§  121;  175)  bezeichnen  umgekehrt  die  aspi» 
rirung  als  eine  nord-  und  mitteldeutsche  eigen thümliehkeit. 

W.  H.  Koscher  (Jahns  jahrbb.  Ib70.  s.  455)  sagt:  ,,Be- 
kanutlich  werden  jetzt  allgemein^  [dies  ist  unrichtig;  die 
überwiegende  mehrzahl  derer,  welche  von  aspiraten  spre- 
chen, versteht  darunter  reibelaute  und  hält  an  dieser  ver- 
kehrten aufTassung  hartnäckig  fest]  „die  griechischen  aspi- 
raten als  doppellaute  angesehn  und  als  solche  mit  kb,  ph, 
th  umschrieben  (vgl.  Curtius  grundzüge^  s.  384  f.).  Hier 
fragt  es  sich  nun:  was  bedeutet  in  diesem  falle  das  zei- 
chen h,  den  reinen  Spiritus  asper  oder  einen  haucblaut, 
welcher  derselben  artikulationss teile  wie  die  vorhergehende 
tenuis  angehört,  also  bei  p  labial,  bei  t  dental,  bei  k  gut- 
tural [d.  h.  palatal]  gefärbt  ist?  Im  erstem  falle  gelangen 
wir  zu  unsern  deutschen  tenues,  die  bekanntlich  gegenüber 
den  reinen,  z.  b.  im  slawischen,  fast  immer  aspirirt  erschei- 
nen und  nach  glaubwürdigen  Zeugnissen  von  ohrenzeugen 
den  jetzigen  indischen  und  ossetischen  aspiraten  gleich  zu 
setzen  sind ^ 

Die  Slawen  werfen  den  Deutschen  vor,  dafs  sie  nicht 
der  Schrift  gemäfs  kalb,  tag,  pein  sprechen,  sondern 
khalb,  thag,  phein  (Rumpelt,  das  natürliche  System  der 
sprachlaute  1869.  s.  136). 

Es  wären  ferner  noch  anzuführen  die  in  Deutschland 
oft  lautgewordenen  klagen  über  die  unbeholfenheit  der 
Verbindungen  M,  th^  ph  und  die  zweifei  an  deren  uiöglich- 
keit;  so  sagt  z.  b.  Steinthal  (Heyse,  System  der  Sprachwis- 
senschaft s.  279  anm.  ^):  „Dafs  p,  t,  k  mit  nachhallendem 
Spiritus  lenis  gesprochen  würden,  begreife  ich  ebenso  wenig, 
wie  dafs  ph  von  p  durch  den  spiritus  asper  unterschieden 
werde...."  Natürlich,  wer  k,  t,  p  schon  wie  &Ä,  th,  ph 
spricht,  dem  wird  es  nicht  leicht,  kh,  th,  ph  von  k,  t,  p 
zu  unterscheiden. 

An  diese  heobachtungen  erlaube  ich  mir  meine  eige- 
nen anzuschliefsen ;  zu  der  Wahrnehmung  sämmtlicber  hier 


die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tenues.  35 

und  im  folgendea  erwähnten  eigenthömlicbkeiten  der  deut- 
schen k,  t,  p  kam  ich  auf  ganz  selbständigem  wege.  Gebil- 
dete und  ungebildete  aus  verschiedenen  gegenden  Deutsch- 
lands haben  dieselben  anerkannt,  wenn  ich  sie  darauf  auf- 
merksam machte,  so  dafs  an  beobachtnogsfehler  so  wenig 
gedacht  werden  kann  als  an  eine  rein  individuelle  oder 
dialektische  erscheinung. 

Jeder  unbefangene  kann  sich  von  der  aspirirung  un- 
srer  k,  t,  p  überzeugen.  Das  k  und  das  kh  in  keckheit 
lauten  auch  im  munde  solcher,  die  durchaus  keine  neigung 
haben,  das  h  nicht  zu  sprechen,  ganz  gleich  *)  (man  spre- 
che das  wort  rasch  und  in  6inem  zuge;  Zusammensetzun- 
gen durch  irgend  welches  absetzen  in  ihre  bestandtheile 
zu  zerlegen,  ist  durchaus  dem  allgemeinen  gebrauch  zuwi- 
der); ebenso  khorn  in  trinkhorn  und  körn,  t  in  tag 
und  th  in  guthaben,  thenne  in  brüthenne  und  tenne, 
p  in  Polen  und  ph  in  alphorn.  In  den  hochdeutschen 
mundarten  lauten  die  d  und  t,  die  b  und  p,  die  g  und  in- 
lautenden  k  genau  gleich,  und  zwar  wie  die  romanischen 
t,  p,  c,  durchaus  nicht  wie  die  schriftdeutschen  t,  p,  k  im 
anlaut  vor  vokalen  (diese  beobachtung  hat  schon  Schmeller 
gemacht;  s.  oben)**).  Die  ehre  lautet  ter  (d'ehr;  '  be- 
zeichnet hier  und  im  folgenden  stäts  die  länge  des  voka- 
les); die  beere  aber  thir  (d'heer)  genau  wie  das  wort 
theer  nach  gutdeutscher  ausspräche.  Bald  lautet  palt; 
behalte  aber  phalt  (behalt)  genau  wie  palet  im  schrift- 
deutschen paletot.  Galt  lautet  kalt;  geh  alt  aber  khalt 
(g'halt)  genau  wie  das  mundartliche  und  schriftdeutsehe 
kalt  (von  den  farbungen  der  vokalklänge  wird  hier  ganz 
abgesehn). 

Der  allgemeinen  anerkennung  dieser  tbatsachen  stellen 
sich  freilich  einige  hindernisse  entgegen,  welche  hier  kurz 
erörtert  werden  müssen. 


*)  Genau  genommen  ist  der  hinter  das  erste  k  eingeschobene  laut  ein 
anderer  als  der  hinter  dem  zweiten  k  stehende ;  näheres  darüber  weiter  unten ; 
hier  kommt  es  nur  darauf  an,  zur  anerkennung  zu  bringen ,  dafs  überhaupt 
eine  einschiebung  stattfindet. 

**)  Was  Brücke  und  Rumpelt  über  diese  lautverhältnisse  sagen,  ist  ganz 
unrichtig. 

3* 


36  Krinter 

Zunächst  ist  nicht  zn  rechten  mit  denjenigen,  welche 
ober  den  bnchstaben  die  laute  vergessen  und  z.  b.  in  ghalt 
(oberdentsch  för  geh  alt)  den  h-Iant  anerkennen,  weil  das 
neuhochdentsche  gehalt  schreibt^  nicht  aber  in  dem  völ- 
lig gleichlantenden  kalt,  weil  ja  hier  von  einem  h-zeichen 
nichts  zu  sehn  ist;  solche  mögen  immerhin  auch  j>,  d,  ^,  ;^ 
fär  aspiraten  halten,  weil  die  entsprechenden  bvehstaben 
im  deutschen  oder  im  englischen  th,  seh  (sh),  ch  sind,  nicht 
aber  das  ganz  ähnlich  gebildete  s  (z.  b.  im  deutschen  baui, 
izenisch,  maike,  im  französischen  lui,  lur,  vatte), 
weil  dessen  bezeichnung  kein  h  enthält. 

Femer  hat  jeder  eine  neigung,  anders  als  gewöhnlich 
zu  sprechen,  wenn  er  auf  thatsachen  aufinerksam  gemacht 
wird,  die  den  herrschenden  lauttheorien  widersprechen. 
Weist  man  jemanden  auf  den  völligen  gleichklang  von 
khorn  in  trinkhorn  und  körn  hin,  so  wird  er  sich  be- 
eilen, zwischen  trink  und  hörn  eine  ihm  sonst  ganz  und 
gar  fremde  pause  hineinzusetzen.  Es  versteht  sich  von 
selbst,  dafs  nicht  irgend  eine  erkünstelte  ausspräche,  sondern 
nur  der  allgemeine  Sprachgebrauch  mafsgebend  sein  kann. 

Endlich  hat  man  sich  beirren  lassen  durch  die  hindu- 
stanischen  aspiraten,  deren  h  so  stark  ist,  dafs  die  leute 
fortwährend  aufser  athem  scheinen  (Rumpelt  s.  137  f.). 
Aber  das  zeugnifs  jenes  Hindu,  welcher  erklärte,  die  deut- 
schen k,  t,  p  seien  weder  echte  aspiraten,  noch  echte  te- 
nues,  ständen  jedoch  jenen  näher  als  diesen,  bestätigt  der 
hauptsache  nach  dasjenige  der  Slawen  und  kann  uns  im 
übrigen  um  so  weniger  stören,  da  man  die  hindustaniscbe 
ausspräche  der  aspirirten  medien  (gh,  dh,  bh  gewöhnlich 
wie  gkhj  dth^  bph)  nicht  für  mafsgebend  hält  (Rumpelt 
s.  139  f.).  Wie  ein  f^  möge  es  mit  aller  anstrengung  der 
lungen  oder  mit  gewöhnlicher  stärke  gebildet  werden,  im- 
mer f  bleibt,  so  ist  auch  unser  h  in  halb,  hag,  bain 
immer  ein  A,  wenn  es  auch  schwächer  sein  mag  als  das 
hindustaniscbe;  dann  sind  aber  auch  die  k,  t,  p  in  kalb, 
tag,  pein  echte  und  wirkliche  aspiraten;  sogar  wenn  ihr 
h-laut  schwächer  wäre  als  in  halb,  hag,  hain,  so  müfste 
derselbe  dennoch  als  h-laut  anerkannt  werden.    Zum  über* 


die  neahoohdeatschen  Aspiraten  und  tenues.  37 

flufs  ist  noch  zu  bemerken,  dafs  nach  der  angäbe  von 
Lepsius,  welcher  die  ausspräche  eines  gebornen  Arme- 
niers beobachtet  hat,  die  armenischen  aspiraten  genau  so 
lauten  wie  die  schriftdeutschen  k,  t,  p  im  anlaut  vor  vo- 
kalen. 

Wenn  die  meisten  leute  von  einem  h-laut  in  kalb, 
tag,  pein  nichts  wissen  und,  darauf  hingewiesen,  davon 
nichts  wissen  wollen,  so  beweist  dies  nicht  etwa,  dafs  der- 
selbe weniger  stark  als  sonst  ist,  sondern  dafs  sie  von  Ju- 
gend auf  gewohnt  wurden,  die  lautfolgen  ftA,  th,  ph^  wenn 
dieselben  mit  den  einfachen  zeichen  k,  t,  p  dargestellt  wer- 
den, für  einfache  laute  zu  halten;  gibt  es  ja  leute  genug, 
welche  aus  demselben  gründe  z  für  ^inen  laut  ansehn,  ohne 
durch  falle  wie  räthsel,  des  betts,  des  rads  aufmerk- 
sam zu  werden.  Ebenso  bestreiten  gewöhnlich  die  musiker 
hartnäckig  das  Vorhandensein  der  obertöne,  weil  sie  ge- 
wohnt sind,  gewisse  akkorde  fbr  einfache  töne  zu  halten 
(vgl.  Helmholtz,  die  lehre  von  den  tonempfindungen  1863. 
8.  96  £).  Gewohnheit  und  herkommen  verleiten  nur  allzu- 
oft männer,  deren  stimme  sonst  mafsgebend  ist,  in  die 
angen  springende  thatsachen  abzuleugnen. 

Nachdem  gezeigt  worden,  dafs  die  schriftdeutsche  sprä- 
che echte  tenuesaspiraten  auch  aufserhalb  von  Zusammen- 
setzungen besitzt,  ist  zu  untersuchen,  ob  und  wo  sie  reine 
echte  tenues  hat.  Ich  zähle  zunächst  die  einzelnen  föUe 
auf,  för  welche  ich  meine  beobachtungen  durch  ausdrück- 
liche Zeugnisse  andrer  bestätigt  gefunden  habe.  Wenn  ich 
auf  ähnliche  erscheinungen  in  einer  fremden  spräche  auf- 
merksam mache,  so  soll  damit  nicht  immer  behauptet  wer- 
den, dafs  sie  durch  dieselben  lautgesetze  wie  im  schrift- 
deutschen hervorgerufen  worden  sind. 

Die  k,  t,  p  werden  als  reine  echte  tenues  gesprochen : 
1)  vor  schlaglauten;  in  einfachen  Wörtern  kommt  ge- 
wöhnlich nur  das  zusammentreffen  von  k  und  p  mit  t  vor; 
z.  b.  wecfct,  wirftt,  walfct,  werftzeug,  rei^kunst, 
locÄpfeife,  mi^  keinem,  MoUke,  gerippt,  zirpt 
u.  s.  w.,  nicht  wecA:At,  wirftAt,  walftAt  u.  s.  w.    Ebenso 


38  KrKntor 

sagt  man  liept,  ]ekt*)  u.  s.  w.,  nicht  liebt,  le^t  oder 
liepAt,  lefcAt.  Es  kommt  natOrlicb  hier  und  im  folgen- 
den immer  nur  darauf  an,  wie  gesprochen  wird,  nicht 
darauf,  wie  gesprochen  teer  den  kann;  dafs  nun  in  unge- 
künstelter spräche  vor  schlaglauten  durchaus  nicht  aspirirt 
wird,  bezeugen  ausdrücklich  Ebel  (zeitschr.  XIII.  8.  267) 
und  Arendt  (beitr.  II.  s.  428),  indem  sie  die  möglichkeit, 
ein  pht  hervorzubringen,  entschieden  leugnen.  Das  h  wird 
oft  sogar  vermieden  in  senftt,  dfinftt,  sinkt,  gelenürt, 
klinftt,  henfct,  verlumpt,  pumpt  u.  s.  w.,  so  dafs  man 
nur  hört  sengt,  düngt,  singt,  gelängt,  klingt,  hängt, 
verlummt,  pummt,  eine  beobachtung,  die  auch  Rode- 
rich Benedix  (der  mündliche  vertrag  1868.  I.  s.  44;  §  77) 
gemacht  hat.  Aber  trotz  dieser  ausgesprochenen  abnei- 
gung  des  deutschen  gegen  die  aspiration  vor  schlaglauten 
können  sich  die  herren  Ebel  und  Arendt  von  ihrem  irr* 
thum  sehr  leicht  überzeugen,  wenn  sie  irgend  einen  gebil- 
deten  oder  ungebildeten  darauf  aufmerksam  machen,  dafs 
nach  der  allgemein  und  ausnahmslos  üblichen  ausspräche 
zirpt  vollkommen  genau  auf  wirbt  reimt  und  dafs  in 
zirpt  das  p  anders  lautet  als  in  pille.  Von  zwanzig  wer- 
den gewifs  neunzehn  die  thatsache  in  abrede  stellen  und 
sogleich,  ganz  gegen  ihre  gewohnheit,  zirpAt  sprechen. 
Seit  sie  haben  lesen  lernen,  hat  sich  bei  ihnen  das  axiom 
festgesetzt:  p  lautet  immer  gleich.  Statt  ihre  verkehrten 
ansichten  den  thatsachen  gemäfs  zu  verbessern,  thun  sie 
ihren  falschen  theorien  zu  lieb  der  spräche  gewalt  an,  ein 
verfahren,  dessen  sich  leider  oft  auch  solche  schuldig  ma- 
chen, die  sich  mit  lautlehre  eingehend  beschäftigen. 

Im  griechischen  werden  kht,  pht  ausnahmslos  zu  kt, 
pt;  im  sanskrit  darf  keine  aspirata  vor  tenues  und  medien 
stehn,  mögen  diese  aspirirt  sein  oder  nicht  (das  altbak- 
trische,  gotische  und  althochdeutsche  setzen  ein  anderes 
verfahren  voraus).  Wo  lautgesetze  die  aspirirung  verhin- 
dern, da  kann  auch  kein  reibelaut  hinter  dem  schlaglaut 
aufkommen  und  diesen  verdrängen.    Darum  behielt  im  sans- 


*)  left  ist  eine  zwar  weitverbreitete,  aber  doch  nur  mundartliche  form. 


die  neuhochdeatschen  aspiraten  und  tennes.  39 

krit  ]t  vor  t  seinen  alten  werth  als  k  und  wurde  nicht  zu  fS; 
ebenso  hat  das  altnordische  nie  ft  wie  das  althochdeutsche, 
sondern  daför  immer  pt  (welches  unmittelbar  aus  den  Ur- 
formen pt,  bt,  pht,  nicht  etwa  aus  dem  spätem  ft  abzulei- 
ten ist);  im  lateinischen  entstand  tra&tum,  ve&tum  aus 
traftAtum,  ve&Ätum  und  erlitt  keine  weitere  Verände- 
rung, während  tra^Ao,  veÄÄo  durch  traho,  veho  er- 
setzt wurde  (nur  eine  grobe  unkenntnifs  des  wesens  der 
laute  kann  tractum  von  trahtum  ableiten). 

2)  vor  stimmlosen  reibelauten  (/*,  j5,  *,  s,  9,  %);  man 
mag  die  laute  beliebig  stark  sprechen,  wenn  man  nicht  ab- 
sichtlich ein  h  einschiebt,  ist  ein  solches  nicht  vorhanden; 
z.  b.  stockfinster,  des  wer&s,  des  gebäc/^s,  heftse 
(hexe),  /^senien  (xenien),  du  wal/^st,  gewäftse  (ge- 
wächse),  des  pfluis  (pflugs),  flic&schuster,  dan* 
schön,  Stückchen,  Weltverbesserer,  ra^felge  (rad- 
feige), ^seigen  (zeigen),  des  rafs  (rads,  raths),  tseit" 
Schrift,  deufsch,  mit  schrecken,  Kä^cben  (Käth- 
chen),  raschen  (rädchen),  apfall  (abfall),  apfel,  opst 
(obst),  mops,  krepse  (krebse),  reps,  apsc heu  (absehen), 
hDpsch  (hübsch),  kälpchen  (kälbchen),  nicht  siockh* 
finster,  werÄÄs  u.  s.  w. 

Brücke  (s.  58)  bestätigt  dies  ausdrücklich :  »Vor  ton- 
losen konsonanten  hören  wir  im  deutschen  keine  aspira- 
tion*^;  der  Verfasser  der  schrift  „über  bestrebungen  auf  dem 
gebiete  deutscher  Orthographie"  (Kassel  1869  s.  59)  schreibt: 
myd  shdain'n,  myd  schdögg'n  (mit  steinen,  mit  stocken); 
offenbar  wurde  er  zu  dieser  darstellung  des  t  in  mit  durch 
den  mangel  des  h  veranlafst;  Ebel  (zeitschr.  XIII.  s.  268) 
erklärt  khs,  phs  für  absolut  unmögliche  lautfolgen  (diesel- 
ben kommen  zwar  im  deutschen  nicht  vor,  sind  aber  leicht 
zu  sprechen).  Eumpelt  (s.  111  f.)  nennt  die  p  und  t  in  pf 
und  z  reduzirt  d.  h.  sehr  verkürzt;  in  Wirklichkeit  fehlt 
den  tenues  vor  stimmlosen  reibelauten  blos  die  aspiration, 
so  dafs  sie  auf  das  gehör  einen  schwächern  eindruck  machen 
als  sonst;  darum  meint  Max  Müller  (Vorlesungen  2.  folge, 
übers,  von  Böttger  1870  s.  155),  im  englischen  ch  und  ita- 


40  Kräuter 

liäniscbeD  ci  werde  blos  ein  versuch  gemacht,  I  zn  sa- 
gen, und  hält  Du  Bois  Reymond  (Eadmus  s.  213)  t&  sogar 
fßr  einen  laut,  den  für  eine  lautfolge  auszugeben  man  sich 
durch  die  schrift  verleiten  lassei  darum  ferner  werden  man- 
che durch  das  einfache  zeichen  um  so  leichter  verfQhrt,  in 
z  nur  ^inen  laut  zu  sehn. 

Im  griechischen  werden  khs,  phs  ausnahmslos  zu  ks,  ps, 
z.  b.  trikhos,  thriks;  trepho,  threpso;  ähnlich  ver- 
fährt das  Sanskrit,  z.  b.  sarvabhutsu  st.  sarvabudhsu; 
ferner  behält  k  vor  s,  ä  seinen  alten  werth  k  und  weicht 
nicht  dem  tä;  endlich  wird  z.  b.  adughsat  zu  adhuköat 
und  erleidet  keine  weitere  Veränderung,  während  sonst  dugh 
zu  duh  wurde;  ebenso  im  lateinischen  tra&si,  veJIrsi, 
stru&si,  aber  traho,  veho,  struo;  im  altnordischen  und 
in  einigen  hochdeutschen  mundarten  hat  s  die  vorherge- 
henden k  vor  der  ersetzung  durch  den  gaumenreibelaut 
geschützt  (aber  der  Schweizer  spricht  o;^s,  fu;|fs,  we;i;8el, 
wi;^se  u.  s.  w.) 

3)  Nach  einem  stimmlosen  reibelaut  sind  die  k,  t,  p 
immer  rein,  wenn  sie  zu  demselben  einfachen  worte  wie 
jener  gehören  (t  und  p  habe  ich  in  diesem  falle  ausnahms- 
los unaspirirt  vernommen,  k  nicht  immer),  z.  b.  Skandi- 
navien, nicht  kh  wie  in  kann;  s/dl,  nicht  tb  wie  in 
thal;  spafs,  nicht  jt>A  wie  in  pafs;  dif^ong,  Erechleum 
u.  s  w.  (aber  herrlichftAeit,  haus^Ayrann,  aufpAas- 
sen  u.  s.  w.).  Da  stiere  kamen  ist,  auch  wenn  st  nicht 
wie  seht  gesprochen  wird,  von  dafs  thierekamen  leicht 
zu  unterscheiden,  da  jenes  dastird^  dieses  aber  dasthir^  hat. 
„Über  bestrebungen^  bestätigt  meine  beobachtung  durch 
die  Schreibungen  shbild'n,  shdain'n,  shdögg'n.  Bin 
weiteres  zeugnifs  gibt  unsere  herkömmliche  Orthographie. 

Die  einfügung  des  buchstabens  h  nach  t  hat  zunächst 
den  zweck  gehabt,  die  länge  des  betonten  vokales  zu  be- 
zeichnen ;  die  rücksicht  auf  die  wirkliche  aspiration  ist  aber 
unverkennbar.  Man  erinnere  sich,  dafs  in  alten  drucken 
viele  kh  für  k  zu  finden  sind,  in  welchen  h  nicht  wie  in 
den   ehemals    beliebten  jh,   mh,   rh   dehnungszeichen   sein 


die  nenhochdentschen  aspiraten  und  tennes.  41 

kann,  was  durch  daneben  vorkommende  kcb  bestätigt  wird ; 
so  im  Theuerdank  khunndtscbafft,  erkhennen,  khein, 
zinckh,  glQckh,  bei  Berthold  Pirstinger  khain,  khünff- 
tig,  stQckh,  volckh,  in  Sebastian  Mönster^s  kosmogra- 
phie  kbein;  vereinzelt  kommt  auch  ph  vor,  z.  b.  lauph 
fiir  laub.  Wie  in  jenem  kh,  welches  sich  nur  in  eigen- 
namen  wie  Pranckh,  Franckh,  Finckh  erhielt,  ist  h 
auch  in  th  lautzeichen  und  nicht  blos  dehnungszeichen« 
Selten  steht  das  h  nach  t^  wenn  es  nicht  auch  gesprochen 
wird  (nur  grundformen  kommen  in  betracht,  weil  die  her- 
kömmliche rechtschreibung  die  durch  Zusammensetzung, 
ableitung  und  beugung  veranlafsten  lautveränderungen  nie 
bezeichnet),  wohl  aber  ist  es  eingeschoben  worden  in  fäl- 
len, wo  eine  vokallänge  entweder  gar  nicht  vorhanden  oder 
schon  auf  andere  weise  bezeichnet  ist.  Die  sogenannten 
doppellauter  gelten  jetzt  in  folge  einer  bedauerlichen  be- 
griffsverwirrung  ohne  allen  grund  für  lange  vokale;  jeden- 
falls war  man  früher  durchaus  nicht  dieser  ansieht,  indem 
man  nach  denselben  nicht  nur  kein  einziges  h  ein- 
führte (rein  etymologische  h  beweisen  hier  nichts),  sondern 
vielmehr  den  folgenden  konsonanten  mit  doppeltem  buch- 
staben  schrieb.  In  abentheuer,  hanthieren,  narre- 
thei,  parthei,  thau,  theer,  theii,  theuer,  thier, 
thurm,  urtheil,  vertheidigen  (früher  waren  solche 
falle  noch  häufiger;  es  kommt  vor  z.  b.  thischthuch, 
thruhe,  thanne,  thamm  ==  dämm,  thunder  as  don- 
ner)  soll  daher  h  offenbar  den  h-laut  bezeichnen.  Nach  s 
steht  aber  niemals  th  (z.  b.  husten,  kloster,  ostern, 
rösten,  stöbern,  schuster,  trost,  wüst,  stören, 
stör,  Strom,  ungestüm,  stube,  stute,  strafen,  Stru- 
del, Steg,  stufe,  Stab,  stät  u.  s.  w.),  sogar  dann  nicht, 
wenn  dem  wort  ein  dehnungs-h  zukommt,  z.  b.  stahl, 
stahr,  stähr,  stehlen,  stehn,  stöhnen^  strahl, 
strähne,  Stroh,  stuhl,  stuhr,  während  dieses  sonst  im- 
mer an  das  t  tritt,  z.  b.  athem,  grath,  koth,  loth, 
meth,  muth,  noth,  pathe,  rath,  roth,  ruthe,  spath, 
wuth,  thal,  thon,  thor,  -thum,  thun,  thüre,  thran, 
thräne,   werth,   blüthe,   drath,   gluth,   nath,  farth 


48  Krtluter 

(nur  trufae  macht  ausnähme,  sowohl  um  der  überlieferten 
Schreibung  treu  zu  bleiben,  als  um  das  graphische  zasam- 
mentreffen  zweier  vokale  zu  vermeiden).  Der  umstand, 
dafs  im  15.  und  16.  Jahrhundert  sth  fiblich  waren,  jetzt 
aber  schon  lange  ganz  verschwunden  sind,  während  alle  th 
sich  lange  unangetastet  erhielten  und  noch  beute  mit  we- 
nigen ausnahmen  gelten,  erlaubt  keinen  zweifel  daran,  dafs 
man  hier  sich  durch  ein  gefOhl  der  lautverhältnisse  hatte 
leiten  lassen.  Zum  beweise,  dafs  auch  leute,  die  sich  sonst 
um  lautfragen  nicht  das  mindeste  kümmern,  durch  die  th 
der  überlieferten  Schreibung  zum  bewufstsein  der  echten 
aspiraten  gelangen  können,  fhhre  ich  folgenden  fall  an. 
Ich  unterhielt  mich  einmal  mit  einem  Oberdeutschen  über 
das,  wie  ich  damals  meinte,  unbegründete  th ;  er  erwiderte, 
th  laute  wirklich  wie  th  und  t  wie  t,  und  fQhrte  als  bei- 
spiel  an:  eine  tasse  thee;  in  den  oberdeutschen  mnnd- 
arten  hat  allerdings  tasse  die  tenuis  und  thee  die  as- 
pirata. 

Dasselbe  lautgesetz  zeigt  sich  im  griechischen,  wenn 
auch  nicht  mit  derselben  regelmäfsigkeit  wie  im  deutschen; 
in  der  bekannten  lokrischen  inschrift  steht  XQV^^^9  iXitrrw^ 
iU6T(xt>  statt  xQV^^^-i  ^AffTi^w,  ilia&ai  (daneben  aber  auch 
(pgiv  für  ngir);  a(p6vSvXog^  öffoyyog^  ceaqdoccfog^  (TxtvSvXij^ 

^X^^^S^  ^X^Q^^f^^-i  if'«ö''^oV,  xia&og  u.  a.  schwanken  zwi- 
schen ffqp,  ax^  ad-  und  (Ttt,  (Tx,  öt;  in  der  neugriechischen 
Umgangssprache  tritt  hinter  a  ausnahmslos  r  statte  ein, 
häufig  X  statt  x^  z«  b.  ^aazakt]^  nctaxct^  axd^ca^  axccoa^  axl^a^ 
(Tx/f«,  axivog  (Mullach,  grammatik  der  griechischen  vulgär- 
sprache,  Berlin  1856  s.  300),  was  auf  eine  abneigung  des 
altgriechischen  zurückweist,  die  auf  a  folgenden  schlaglaute 
zu  aspiriren;  if  und  x  wurden  daher  zu  r  und  x  und  ent- 
zogen sich  dadurch  der  Umwandlung  in  die  neugriechi- 
schen 19-  {=  j5)  und  X  (=  9  ^^^  x)y  f  (^  ^"  ^^f  ^'^  ^^^ 
stimmlosen  konsonanten  und  auslautend ;  y),  sowie  ^  und  x 
haben  auf  &  denselben  einflufs  ausgeübt,  z.  b.  ^qp/Aavri?- 
(Torr,  XQVifTrjxav^  iajuixriixav,  aber  «easi^rr,  iard&rjxa,  nicht 
«i/icT«,  kardtrixa.  Im  keltischen  verhindert  s  ein  folgen- 
des c,  t,  p  in  einen  reibelaut  überzugehn;  in   den   germa- 


die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tennes.  43 

nischen  sprachen  schQtzt  es  die  tenuis  gegen  die  lautver- 
Schiebung  (speien,  stellen,  nicht  spfeien,  stsellen  oder 
sfeien,  ssellen;  vergl.  trespe,  wespe,  mhd.  und  mund- 
artlich lespe  mit  mhd.  trefse,  wefse,  lefse),  und  in 
den  romanischen  sprachen  das  ti  vor  einem  vokal  gegen 
die  assibilation  (sti-  hätte  wie  sc  zu  s  oder  zu  i  werden 
können;  vergl.  franz.  combustion,  mixtion,  chr^tien 
mit  ineptie,  inertie,  proph^tie,  d^mocratie);  im 
lateinischen  lesen  wir  ti  vor  einem  vokal  nicht  wie  ge- 
wöhnlich tsi^  wenn  ein  s  vorhergeht  (ostium,  mixtio; 
aber  sts  in  Szipio,  disziplin);  im  englischen  ist  die  snb- 
stantivendung  t  gewöhnlich  durch  den  interdentalen  reibe- 
laut  ersetzt  worden  (z.  b.  breadth,  warmth,  wealth), 
nach  fund  x  aber  geblieben  (z.  b.  theft,  height  *),  flight, 
weight,  draught;  von  dry:  drought  und  drouth);  im 
hebräischen  hat  jeder  konsonant  den  unmittelbar  folgenden 
der  aspirirung  und  somit  der  auflösung  in  einen  reibelaut 
entzogen  (vergl.  z.  b.  hithqatel  mit  histabel  fQr  hith- 
sabel).**) 

4)  Die  k,  t,  p  sind  nicht  aspirirt,  wenn  sie  innerhalb 
eines  Satzes  oder  einer  Zusammensetzung  den  auslaut  eines 
Wortes  bilden;  auch  in  diesem  falle  ist  es  erkünstelt  und 
durchaus  gegen  den  allgemeinen  gebrauch,  hinter  densel- 
ben irgend  eine  pause  zu  machen;  man  spreche  daher  die 
folgenden  beispiele  rasch  in  ^inem  zug,  ohne  abzusetzen  • 
werkeisen  nicht  werkAeisen,  packesel  nicht  packA- 
esel,  Weltall  nicht  weltAall,  blutader  nicht  blutA- 
ader,  kneipauster  nicht  kneipAauster,  schlappohr 
nicht  schlappAohr,  mit  ihm  nicht  mitA  ihm,  das 
werk  ist  grofs  nicht  das  werkA  ist  grofs,  mit  lan- 


"^  Bekanntlich  lautete  das  englische  gh,  ehe  es  verstummte  oder  den 
werth  /  annahm,  dem  deutschen  ch  gleich,  wie  noch  heute  in  den  entspre- 
chenden schottischen  formen. 

**)  Im  griechischen  und  sanskrit  soll  s  gerade  entgegengesetzt  wirken. 
Aber  angesichts  sowohl  der  physiologischen  räthselbaftigkeit  eines  solchen 
Vorganges,  als  auch  der  zahlreichen  fälle,  in  welchen  s  eine  aspirirung,  die 
sonst  hätte  erfolgen  müssen,  verhindert  hat,  darf  man  an  der  bisherigen  deu- 
tung  der  bezüglichen  erscheinungen  zweifeln. 


44  KrtLnter 

gern  arm  Dicht  mit A  langem  arm,  ein  stQok  wachs 
nicht  ein  stück^^  wachs  u.  s.  w.  Ohne  die  beiden  be> 
standtheile  irgendwie  auseinander  zu  reifsen,  wird  eniar» 
ten,  forteilen  von  enthaarten,  vortheilen  gerade 
so  scharf  unterschieden  wie  wall  dorn  und  waldhorn. 

Diese  thatsache  raubt  denjenigen,  welche  fortheilen 
(dafs  diese  Zusammensetzung  ungebräuchlich  ist,  thut  nichts 
zur  Sache)  mit  einschiebung  einer  pause  oder  mit  unge* 
wöhnlich  starkem  h  sprechen  wollen,  auch  den  letzten 
schein  der  berechtigung,  denn  eine  Verwechslung  mit  fort* 
eilen  ist  ohnehin  unmöglich.  Freilich  ist  das  nach  analogie 
von  brüthenne  zusprechende  fortheilen  mit  vorthei- 
len genau  gleichlautend;  aber  Zweideutigkeiten  dieser  art 
kommen  so  gut  wie  gar  nie  vor.  Ferner  ist  die  Ton  den 
griechen  jedenfalls  in  der  schrift  (vergl.  i/^ai^cJ,  itfatpco) 
nicht  anerkannte  forderung,  die  aspiraten  anders  als  ge- 
wöhnlich zu  sprechen,  wenn  sie  durch  Zusammensetzung 
entstanden  sind,  unberechtigt  und  erinnert  an  diejenigen, 
welche  dem  anlaut  von  voll,  vor  einen  andern  werth  bei- 
legen als  dem  von  füllen,  für;  man  müsste  dann  auch 
verlangen,  dafs  die  ks^  ts^  pf^  ps  in  des  gebäcks,  des 
ritts,  abfall,  schleppst  anders  lauten  sollen  als  in  hexe, 
ritz,  apfel,  psalm.  Es  ist  zwar  ganz  natürlich,  dafs, 
wer  die  kh,  th,  ph  in  körn,  tenne,  Polen  für  tenues 
hält,  glaubt  diejenigen  in  trinkhorn,  brüthenne,  ab- 
holen davon  unterscheiden  zu  müssen,  gerade  wie  auch 
wer  unter  aspiraten  reibelaute  versteht,  die  Schreibungen 
theil,  thun,  thau,  thurm  u.  s.  w.  für  unrichtig  erklärt; 
aber  falsche  lauttheorien  haben  in  der  Wissenschaft  keinen 
werth,  mögen  sie  noch  so  allgemein  verbreitet  sein. 

Hier  haben  wir  wieder  eine  gelegenheit,  die  unglaub- 
liche macht  der  gewohnheit  und  der  einbildung  kennen  zu 
lernen.  Die  Franzosen  gelangen  bekanntlich  nur  mit  grofser 
mühe  dazu,  die  laute  unseres  ch  auszusprechen,  und  ver- 
wechseln unser  q  (in  ich,  sicher,  echt)  beharrlich  mit  ä. 
Aber  jedem  unter  ihnen  ist,  auch  wenn  es  ihm  trotz  aller 
anstrengung  nicht  gelingt,  z.  b.  echt  richtig  nachzuspre. 
eben,  das  9  sehr  geläufig.     Wenn  man  flüstert,  so  ersetzt 


die  neuhochdeutschen  atpiraten  and  tennes.  45 

man  sonst  überall,  wo  man  in  lauter  rede,  wie  z*  b.  bei 
a,  ä^  e,  o,  u^  /,  m,  n,  n^  (?,  d*  («s  weiches  englisches  th  =  neu- 
griechisches J),  2,  z  ebenso  wie  bei  den  echten  medien 
u.  8.  w. ,  die  stimme  tönen  läfst,  diese  durch  ein  heiseres 
kehlkopfgeräusch ;  hingegen  bei  dem  hellen  i,  wie  in  lief, 
bibei  (nicht  bei  dem  nach  e  hinneigenden,  wie  in  wind, 
hirt,  wille,  fisch,  ist;  vergl.  R.  von  Räumer  ges.  spr. 
sehr.  s.  165),  wird  dieses  verfahren,  obgleich  es  möglich 
wäre,  nicht  angewendet,  sondern  man  setzt  geradezu  9; 
schiefst,  vieh,  schief  lauten  beim  flflstern  ä^«^^ /ip^  d^f ; 
ebenso  sagt  der  Franzose,  wenn  er  flüstert,  &^,  fip,  «9,  s^fc 
für  qui,  fit,  si,  chique.  Dieser  ersetzung  eines  vokales 
durch  einen  konsonanten  ist  man  sich  freilich  jenseits  der 
Vogesen  ebensowenig  bewufst  wie  diesseits,  so  dafs  dem 
Franzosen  das  ^  als  vermeintliches  i  wohl  bekannt  und 
ganz  geläufig,  unter  anderm  namen  aber  unmöglich  ist.  So 
kommt  es  auch,  dafs  Deutsche  grofse  mühe  haben,  wenn 
sie  auch  deo)  allgemeinen  gebrauche  gemäfs  das  k  in  pack- 
esel,  Skandinavien,  das  t  in  weitall,  stier,  das  p  in 
Schlappohr,  spafs  ohne  A  hören  lassen,  die  schlaglaute 
im  anlaut  vor  vokalen  ebenso  bilden  zu  lernen  und  dies  in 
sprachen,  wo  es  nöthig  ist,  sehr  beschwerlich  finden.  Süd- 
deutschen, welche  ich  aufforderte,  die  französischen  pa, 
ta,  ca  genau  so  zu  sprechen  wie  ihre  mundartlichen  ba, 
da,  ga,  gelang  dies  immer  nur  mit  bedeutenden  Schwierig- 
keiten; die  ungewohnte  bezeichnung  p,  t,  c  verhinderte  sie 
an  dem  hervorbringen  der  ihnen  vollkommen  geläufigen 
laute!  Wenn  daher  jemand  klagt,  die  reinen  tenues  des 
slawischen  (Schleicher,  deutsche  spräche  s.  208)  oder  des 
ossetischen  (Rumpelt,  System  s.  139)  seien  sehr  schwierig, 
so  hüte  man  sich  wohl  vor  dem  Schlüsse,  dieselben  seien 
seiner  spräche  fremd. 

5)  Die  k,  t,  p  werden  ohne  h  gesprochen,  wenn  sie 
zwischen  zwei  vokalen  stehen,  deren  erster  kurz  und  be- 
tont ist,  z.  b.  sacke,  stocke,  lockung,  deckung, 
dickicht,  rettung,  sitte,  hatte,  rettig,  kritisch, 
titel,  fittich,  suppe,  schleppe,  läppisch,  schup- 
pig, schnippisch,  struppig,  verkappung. 


46  Kräuter 

Uumpelt  (deutsche  graminatik  I.  8.  41  f.)  sagt  von  den 
deutschen  gg?  dd,  bb:  ^Die  ausspräche  ist  beim  volke  und 
in  Oberdeutschland  selbst  bei  gebildeteren  auch  hier  überall 
geminirte  fortis.''  In  des.  that  haben  in  Süddeutschland 
egge,  widder  u.  s.  w.  reine  tenuis  genau  wie  ecke, 
(ge)witter.  Wenn  nun  Rumpelt  diese  ausspräche  mit 
ck,  tt,  pp  bezeichnet,  so  folgt  daraus,  dafs  er  diese  buch- 
stabengruppen  ohne  h  zu  sprechen  und  zu  hören  gewohnt 
ist.  Merkel  (s.  897  f.)  sagt,  man  finde  t  oder  tt  auch  da, 
wo  man  von  recbtswegeu  dd  setzen  sollte;  in  abba,  rappe, 
hatte,  buddaismus,  hacke,  agger  sollte  überall  der 
explosivlaut  hart  geschrieben  werden  (hart  oder  rein 
heilst  Merkel  die  b,  g,  d  im  gegensatz  zu  den  p,  t,  k,  wel- 
che er  aspirirt  nennt,  s.  s.  898).  Ferner  (8.914)  der 
Zungen-  und  der  lippenexplosivlaut  seien  zwischen  zwei 
vokalen,  .deren  erster  kurz  und  betont  ist,  nie  aspirirt 
(wenn  Merkel  hier  vom  gaumenlaut  das  gegentheil  behaup- 
tet, so  steht  er  mit  sich  selbst  im  Widerspruch).  Schmel- 
1er  (s.  lOö.  §  51 1)  sagt  ausdrücklich,  dafs  die  inlautenden  k, 
z.  b.  in  acker,  backen,  drucken,  rein  sind  im  gegen- 
satz zu  den  anlautenden;  aspirirte  k,  t,  p  kennt  er  nur  im 
anlaut  vor  vokalen.  Die  Augsburger  allgemeine  zeitung 
1870  s.  4362  schreibt:  „sogenannte  wackes^  und  s.  4380: 
„wackes  nennt  die  elsässer  Volkssprache  den  niedern  p5- 
bel.^  Der  gaumenlaut  dieses  wortes  ist  reine  tenuis.  — 
Weitere  Zeugnisse  s.  unter  6). 

Während  sonst  der  schlaglaut  gerade  anlautend  fest 
ist,  im  inlaut  aber  wegfallen  kann  (pf^  t$  sind  zu  anfang 
der  Wörter  nie  in  f,  s  übergegangen,  häufig  aber  in  an- 
drer Stellung),  lassen  die  schweizerischen  mundarten  dem 
gothischen  k  im  anlaut  immer  x  entsprechen,  nach  kurzem 
vokal  aber  regelmäfsig  k;^,  z.  b.  steck;^en,  weck;^en, 
rück;^en,  reck;^en.  Darum  schreiben  die  Schweizer  oft 
guggug?  ^gg^9  brügge,  schnegge  u.  s.  w.,  weil  die 
gewöhnliche  Schreibweise  ihnen  mit  kchuckchuckoh, 
eckche,  brückche,  schneckche  gleichbedeutend  ist. 
Beim  beginn  der  lautverschiebung  mufs  sich  also  die  echte 
tenuis  nach  kurzem  vokal  rein  bewahrt  haben,  während  sie 


die  neahochdeatschen  aspiraten  uod  tcnues.  47 

in  den  andern  fällen  beinahe  immer  ein  h  hinter  sich  an- 
nahm; später  konnte  sie  sich  auch  dort  nicht  mehr  hal- 
ten, blieb  aber  um  eine  stufe  zurück  (erst  kh  statt  &/, 
dann  k;^  statt  x)' 

Man  vergleiche  hiemit,  dafs  tt  im  griechischen  sehr 
häufig  ist,  tth  aber  beinahe  nur  in  einigen  eigennamen 
vorkommt  (k  und  p  werden  im  griechischen  selten  ver- 
doppelt, mag  ein  h  folgen  oder  nicht*)).  Ferner  dafs  wir 
im  lateinischen  ti  vor  einem  vokal  nicht  wie  gewöhnlich 
tsi  lesen,  wenn  ein  t  vorhergeht  (Attius,  Bruttium); 
dafs  im  hebräischen  k,  t,  p,  wenn  sie  verdoppelt  sind,  sich 
nie  in  Xß  py  f  verwandeln  und  der  Verdopplungspunkt  (da- 
gesch)  überhaupt  die  bedeutung  erlangt  hat  bei  jenen 
buchstaben  anzuzeigen,  dafs,  auch  wenn  keine  Verdopplung 
vorhanden  ist,  die  ursprüngliche  ausspräche  beizubehalten 
sei;  dafs  gotisch  tt  neuhochdeutsch  zu  ta  geworden,  wäh- 
rend gotisch  t  nach  vokalen  neuhochdeutsch  in  tonloses  s 
übergeht;  endlich  .dafs  assimilirtem  got.  kj  neuhochdeut- 
sches k,  aber  gotischem  k  nach  vokalen  neuhochdeutsches 
g  und  x  entspricht.  Die  Verdopplung  hat  also  die  lateini- 
schen t  und  die  hebräischen  k,  t,  p  rein  erhalten  und  die 
lautverschiebung  der  altdeutschen  t  und  k  verzögert. 

Auch  hier  hat  im  neuhochdeutschen  die  spräche  auf 
die  Schrift  eingewirkt.  Die  formen  dogge,  egge,  flabbe, 
flagge,  flügge,  knubbe,  labben,  quabbe,  ribbe, 
roggen,  schlabbe,  schlabbern,  schrubben,  schwab- 
beln, schwabbern  u.  s.  w.  sind  höchst  auffallend,  weil 
das  neuhochdeutsche  eine  ganz  entschiedene  abneigung 
dagegen  hat  zwischen  zwei  vokalen,  deren  erster  kurz  und 
betont  ist,  g,  d,  b  zu  schreiben  (knäbe,  knappe;  räbe, 
räppe;  schneiden,  geschnitten;  sieden,  gesötten; 
die  mhd.  kurzen  betonten  vokale  vor  g,  d,  b  mit  folgen- 
dem vokal  sind  im  neuhochdeutschen  sämmtlich  lang  ge- 
worden).    Dieselben    sind  ferner  theils  schwankend,  theils 


*)  Um  mifsverständDisse  zu  vermeiden  bemerke  ich,  dafs  die  acbrift- 
dentschen  Wörter  sticke,  Lotte,  gruppe  a.  8.  w.  Mos  8txk9y  I6t9f  grup9 
lauteD,  nicht  8t{kk9y  I6tt9f  grüpp». 


48  Krinter 

nicht  der  abstammung  entsprechend,  und  stimmen  alle 
nicht  zu  der  üblichen  ausspräche,  nach  welcher  allgemein 
die  gg,  dd,  bb  als  reine  tenues  lauten;  mundarten,  welche 
sonst  auch  nach  kurzen  vokalen  die  alte  media  nicht  mit 
der  tenuis  vermischen,  haben  hier  meistens  die  reine  te- 
nuis;  aus  der  oben  angeführten  stelle  bei  Rumpelt  geht 
hervor,  dafs  nur  solche,  die  glauben  der  scbrift  gerecht 
werden  zu  müssen,  hier  die  media  hören  lassen.  Unter 
solchen  umständen  ist  es  nöthig  za  untersuchen,  wie  man 
zu  jener  Schreibung  gelangen  konnte  und  was  dieselbe  be- 
deuten soll. 

In  einem  grofsen  theile  Deutschlands  werden  die  schrift- 
deutschen g,  d,  b  als  reine  tenues,  die  k,  t,  p  (mit  aus- 
nähme der  erwähnten  falle)  als  aspiraten  gesprochen,  ein 
Sachverhalt,  welcher  von  physiologen  und  sprachforschem 
(Job.  Müller,  Merkel,  ßapp)  richtig  erkannt  worden  ist*); 
also  pham  (pein)  und  pain  (bein),  tkorf  (torf)  und  iorf 
(dorf),  khartn  (karten)  und  hartn  (garten  und  garden) 
u.  s.  w.  Wer  nun  diese  mundartliche  ausspräche  hat,  wird 
die  reine  tenuis  durch  g,  d,  b  darstellen;  so  schreibt  Mer- 
kel (s.  898)  Rabbe,  hadde,  bader,  agger  (rappe,  hatte, 
pater,  acker),  der  Verfasser  von  „über  bestrebungen^  u.s.w. 
(8.59)  shbild'n  myd  shdain'n,  myd  shdögg'n  (spiel- 
ten mit  steinen,  mit  Stöcken),  der  schwäbische  Merkur 
(24.  sept.  1870  s.  1131)  gaffe  um  die  französische  aus- 
spräche von  cafe  darzustellen.  Leute,  welche  in  ihrer 
mundart  alle  g,  k,  d,  t,  b,  p  als  reine  tenues  sprechen, 
glauben  überall  g,  d,  b  statt  k,  t,  p  zu  setzen  (vgl.  Wein- 
hold, bair.  gramm.  s.  144);  man  findet  daher  in  dialekt- 
proben (vgl.  Weinhold,  alem.  gramm.  s.  143)  auch  da,  wo 
die  Schriftsprache  k,  t,  p  hat,  häutig  g,  d,  b  geschrieben, 
z.  b.  guggug,  egge,  brügge,  schnegge,  babbe 
(papa),  brobber  (propre),  babbeljodde  (papillotes), 
vadder  (vater),  hochzidder  (hochzeiter),  muedet 
(mutter),    dabeet  (tapete)  u.  s.  w.,    daneben  freilich  trotz 


*)  Die  ansieht,  k,  t,  p  seien  nichts  als  starke,  durch  festeren  verschlofs 
gebildete  g,  d,  b,  ist  zwar  weit  verbreitet,  aber  grundfalsch;  nie  und  nir- 
gends werden  die  k,  t,  p  auf  diese  weise  von  den  g,  d,  b  unterschieden. 


die  neahochdentschen  aBpiraten  und  tenues.  49 

der  völlig/  gleichen  ausspräche  sogar  in  denselben  Wörtern 
aach  k,  t,  d  ohne  die  mindeste  konsequenz.  Es  wäre  lä- 
cherlich und  der  absieht  des  Schreibers  keineswegs  ent- 
sprechend, wenn  man  diese  g,  d,  b  als  echte  tönende  me- 
dien  und  nicht  als  reine  tenues  lesen  wollte.  0£Penbar 
sind  die  schriftdeutschen  gg,  dd^  bb  unter  dem  einflufs 
jener  weitverbreiteten  mundarten  aufgekommen,  wollen 
demnach  dasselbe  bezeichnen  wie  ck,  tt,  pp,  mit  welchen 
sie  häufig  wechseln  und  sind  ein  thatsächlicher  beweis, 
dafs  diese  letztern  als  reine  tenues  gesprochen  werden, 
selbst  in  gegenden,  wo  der  gegensatz  zwischen  g^  d,  b 
und  k,  t,  p  im  mangel  oder  Vorhandensein  des  h  besteht 
und  wo  daher  mehr  als  anderswo  in  dem  vorliegenden 
falle  die  aspiraten  zu  erwarten  wären.  Freilich  wer  die 
dehnungs-h  im  auslaut  und  vor  konsonanten  (sieh,  Stroh, 
rühm)  ähnlich  spricht  wie  im  anlaut  (holz,  helfen;  dies 
thun  z.  b.  Merkel  s.  777;  Chr.  Wenig,  handwörterbuch  der 
deutschen  spräche,  bearbeitet  von  L.  Kellner,  Köln  1870 
8.  328),  wer  dem  ch  in  christ,  Charakter  denselben 
werth  gibt  wie  in  sicher,  wer  ei  in  der  beide  von  ai 
in  die  haide,  v  in  voll,  vor  von  f  in  füllen,  für  un- 
terscheidet, der  wird  auch  nicht  ermangeln  roggen  von 
rocken,  widder  von  (ge)witter,  schlabbe  von 
schlappe  u.  s.  w.  lautlich  zu  trennen.  Ein  solcher  mag 
auch  getrost  in  Stadt,  todt  das  d  deutlich  neben  dem  t 
hören  lassen. 

6)  Die  k,  t,  p  sind  auch  rein  in  allen  übrigen  fällen 
des  inlautes  nach  einem  betonten  vokal,  z.  b.  welke, 
werke,  schenke,  pauke,  trocknen,  falten,  warten, 
Seiten,  gute,  Lotringen,  Walter,  Günter,  zirpen, 
wappnen  u.  s.  w.  nicht  welk^^e,  werkAe  u.  s.  w. 

Die  meisten,  welche  die  aspiration  des  k,  t,  p  erwähnen, 
sprechen  nur  vom  antaut  vor  vokalen  (s.  s.  31  ff.)*  Schmeller 
kennt  dieselbe  auch  im  schriftdeutschen  blos  an  dieser 
stelle,  worin  er  allerdings  zu  weit  geht;  in  dem  buche 
„über  bestrebungen^  heifst  es  (s.  59),  dafs  zwei  drittheile 
des  hochdeutschen  Volkes  tenues  und  medien   wenigstens 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  1.  4 


50  Kräuter 

im  in-  und  auslaut  nicht  mehr  unterscheiden,  indem  sie 
deu  k,  t,  p  die  ausspräche  Ton  g,  d,  b  geben,  womit  der 
Verfasser  die  reinen  tenues  meint ;  Curtius  (grundzüge  1869 
s.  347)  sagt:  ,, Deutsches  k,  t,  p  kh'ngt  im  norddeutschen 
munde  im  anlaut  vor  vokalen  fast  [I]  wie  aspirata,  nicht 
so  im  inlaut....^;  L.Wolfram  (sind  zur  erlemnng  der 
deutschen  reehtschroibung  besondre  regeln  nöthig?  Leip- 
zig 1858  8.22)  bemerkt:  „Wir  unterscheiden  in  unserer  auS" 
spräche  d  von  t  wenig  oder  gar  nicht  ^  [d.  h.  nach  sQd- 
und  mitteldeutscher  weise  wird  stäts  die  reine  tennis  ge- 
sprochen] „also  kann  das  kind  durch  Verlängerung  bei 
uns  nicht  erfahren  ob  weit,  zeit  mit  t,  und  wald,  wind 
mit  d  zu  schreiben  sei^.  Dr.  Panitz  sagt  in  seiner  scboi* 
grammatik,  ende  und  ente  hätten  genau  denselben  laut. 
Wenn  dieser  völlige  gleichklang  der  oberdeutschen 
g,  d,  b  und  k,  t,  p  im  inlaut  nicht  allgemein  zum  bewufst- 
sein  gekommen  ist,  so  röhrt  es  daher,  dafs  die  meisten  zu 
sehr  vom  buchstaben  abhängen  und  verschiedenes  zu  spre- 
chen wähnen,  weil  sie  verschiedenes  schreiben.  Ebenso 
ist  es  erklärlich,  wenn  nicht  selten  auch  solche,  die  sich 
eines  feinen  obres  rühmen  und  sich  eingehend  mit  laut- 
lehre  beschäftigen,  zwischen  den  an-  und  inlautenden  k,  t,  p 
keinen  unterschied  wahrnehmen  wollen.  Von  einer  Schwie- 
rigkeit, die  tenues  und  aspiraten  von  einander  zu  unter- 
scheiden, kann  sonst  nicht  im  mindesten  die  rede  sein, 
denn  niemanden  fällt  es  ein  die  oberdeutschen  käs9  (gasse), 
iir  (dir),  päs  (bafs)  mit  khäsB  (kasse),  thir  (thier),  phäs 
(pafs)  zu  verwechseln. 

Im  auslaut  vor  einer  pause  gilt  auf  schwäbisch -ale- 
mannischem gebiete  die  aapirata,  was  Johannes  Schmidt 
(zeitschr.  XVI,  s.  231)  für  das  deutsche  im  allgemeinen 
behauptet;  auf  bairisch-östreichischem  hingegen,  wie  aus 
den  angaben  Schmellers  hervorgeht,  entsprechend  dem 
Sanskrit  die  reine  tenuis.  Auch  die  g,  d,  b  in  gleicher 
Stellung  sind  hier  in  betracht  zu  ziehn.  Die  Schweizer 
sprechen  dieselben,  sowohl  wenn  sie  sich  der  mundart  be- 
dienen, als  auch  wenn  sie  gutdeutsch  reden  wollen,  immer 


die  neuhochdeutschen  aspiraten  und  tenues.  51 

als   sehr  schwache  tenues,   unterscheiden  also  g)  d,  b  auf 

das  schärfste  von  k,  t,  p  {z.h.wekx  wecke,  toäk  weg; 
räth  ratb,  rat  rad  u.  s.  w.,  während  die  mundart  im  an- 
und  inlaut  die  t,  p  genau  so  wie  die  d,  b,  nemlich  nicht 
aspirirt  lauten  läfst),  eine  ausspräche,  welche  auch  zu  fol- 
gern ist  aus  der  bemerkung  von  Merkel  («.  886):  »In  ab, 

abt  klingt   das  b    offenbar  hart; dennoch   wäre  es 

falsch  ap  und  apt  zu  schreiben^  (wie  oben  erwähnt  wor- 
den, versteht  er  ph  unter  p),  in  Schwaben  hingegen  wer- 

den  die  aspiraten  beliebt  z.  b.  tsükh  zug,  toäkh  weg, 
rdth  rad,  rith  ritt,  krdph  grab,  öph  ob  u.  s.w.  Die 
oft  zu  lesenden  angaben,  im  deutschen  klängen  die  g,  d,  b 
am  ende  eines  wertes  ähnlich  oder  gleich  wie  die  k,  t,  p, 
lassen  unentschieden,  ob  die  tenues  oder  die  aspiraten  ge- 
meint seien  und  sind  überhaupt  unzuverlässig,  weil  viele 
Sprachforscher  (von  den  laien  ganz  zu  schweigen)  in  be- 
treff der  laute,  die  sie  sprechen,  sehr  im  unklaren  sind 
und  einen  und  denselben  konsonanten  willkürlich  bald  f&r 
eine  tenuis,  bald  für  eine  media  ausgeben*). 

Sollte  sich  herausstellen,  dais  ein  allgemeiner  gebrauch 
nicht  vorhanden  ist,  so  .wäre  der  bairische  zu  empfehlen 
(also  z.  b.  thdi  that,  rät  rath  und  rad;  nicht  thätb^ 
rdth,  auch  nicht  thdth,  rdth  rath,  rdt  rad),  welchen  ab- 
gesehn  von  „über  bestr.^  (s.  59)  auch  Benedix  zu  meinen 
scheint,  wenn  er  sagt  (I,  s.  29),  im  auslaut  werde  d  gern 
zu  hart  und  verliere  t  von  seiner  schärfe. 

Da  hier  auf  die  darlegung  der  geschichtlichen  ent- 
wicklung  der  neuhochdeutschen  aspiraten  verzichtet  werden 
mufs,  weil  dieselbe  ohne  genaueres  eingehn  auf  die  natur 
<i^r  g)  d,  b  nicht  möglich  ist,    schreiten  wir  sogleich  zur 

*)  Von  vielen  beispielen  nur  eines.  Ebel  behauptet  zeitschr.  XIII, 
8.  267  pht  sei  unmöglich,  XIII,  s.  895  die  g,  d,  b  seien  nicht  tönend,  XIV, 
8.  242  gibt,  amt  laute  gipt,  ampt. 

Entweder  spricht  er  dem  allgemeinen  gebrauche  gemäfs  in  den  beiden 
letzten  Wörtern  einen  reinen  und  zwar  sehr  schwachen  labialen  schlaglaut, 
oder,  was  sehr  unwahrscheinlich  ist,  er  aspirirt  denselben.  Im  ersten  £aUe 
nennt  er  entweder  den  reinen  schlaglant  willkürlich  bald  b,  bald  p,  oder  er 
•  bildet  die  g,  d,  b  trotz  seiner  Versicherung  dennoch  mittelst  der  tönenden 
stimme;  im  zweiten  falle  findet  er  eine  lautverbindung  unmöglich,  die  ihm 
ganz  geläufig  ist. 

4' 


52  Krftuter 

beantwortuDg  der  frage,  welches  lautgesetz  die  aspiririmg 
in  den  oben  erwähnten  fällen  verhindert  habe. 

Nach  dem  allgemeinen  gebrauch  wird  in  nicht  susam- 
mengesetzten  deutschen  Wörtern  (mit. ausnähme  von  oheim, 
ahorn,  schuhu,  uhu,  aha,  oho)  der  buohstabe  h  zwi- 
schen zwei  vokalzeichen  niemals  ausgesprochen,  was  dorch 
alle  bestätigt  wird,  welche  sich  durch  eine  schlechte  Schrei- 
bung nicht  verleiten  lassen,  ihre  spräche  zu  schulmeistern; 
von  den  vielen  Zeugnissen  mögen  hier  einige  platz  finden. 

Schmeller  (s.  101):  h  in-  und  auslautend  wie  in  floh, 
gäh,  nah,  rauh,  höher,  truhe,  zähre,  zehe,  zie- 
hen, sahst,  ziehst  bleibt  nach  guthochdeutscher  aus- 
spräche ganz  stumm.  Schleicher  (d.  spr.  8.206):  h  wird 
im  inlaut  zwischen  vokalen  gar  nicht  gesprochen.  Mager 
(deutsches  sprachbuch  II.  1866,  s.  10):  in  der  ausspräche 
ist  h  nur  noch  im  anlaute  lebendig  (vergl.  gehalten  und 
spähen;  in  letzterem  ist  hiatus,  zusammentrefien  zweier 
vokale,  hörbar).  Rapp  (physiologie  der  spräche  II,  s.  207): 
im  neuhochdeutschen  wurde  das  inlautende  h  stumm,  auch 
zwischen  vokalen.  Bucher  (sprachwart  1870,  s.  153 — 155) 
schreibt:  höern  (höhern),  zien  (ziehen),  früer  (früher), 
an  Seen  (ansehen),  ansee  (ansehe).  Wessel  (merseburger 
osterprogramm  1870,  s.  25):  h  zwischen  zwei  vokalen  spre- 
chen wir  nur  mit  einer  gewissen  anstrengung;  kühe,  flie- 
hen lauten  gewöhnlich  kü-e,  fli-en.  Frisch  (deutsch-latei- 
nisches Wörterbuch,  Berlin  1741,  unter  dem  buch^taben  H): 
die  ungeschickten  lehrmeister  wollen  das  dehnungszeichen 
als  hauchlaut  sprechen. 

Da  leider  heute  noch  des  alten  Frisch  bemerkung  zeit- 
gemäfs  ist,  genögt  es  nicht  auf  den  Sprachgebrauch  ein- 
fach hinzuweisen,  um  einem  hauptsächlich  durch  eine 
schlechte  silbentheilung  immer  in  blüthe  erhaltenen  unfug 
ein  ende  zu  machen;  freilich,  so  lange  die  kinder  in  der 
schule  buchstabiren :  be,  all,  ü,  blQ;  ha,  e,  änn,  hänn; 
blü-hänn,  und  das  dehnungszeichen  lächerlicher  weise 
von  der  seite  des  buchstabens,  um  dessentwillen  es  da  ist, 
weggerissen  wird,  mufs  der  kämpf  voraussichtlich  immer 
wieder  erneuert  werden. 


die  neuhochdeutschen  aspiraien  und  tenues.  53 

Die  altfranzösische  Orthographie  zeigt  den  buchstaben 
s  inlautend  hinter  langem  vokale  in  Wörtern  wie  flute, 
mSne,  p&le,  Rhone,  wo  er  gegen  die  abstammung  ver- 
stöfst.  Dafs  auch  die  spräche  den  laut  so  eingeschmug* 
gelt  habe,  ist  unglaublich;  erwägt  man,  dafs  im  heutigen 
französischen  nicht  nur  diese,  sondern  auch  etymologisch 
begründete  s  verstummt  und  auch  aus  der  schrift  verschwun- 
den sind,  so  kommt  man  ganz  natürlich  zu  dem  Schlüsse: 
s  wurde  als  dehnungszeichen  eingeführt  in  fluste,  mesne 
u.  8.  w.,  weil  man  es  dem  herkommen  gemäfs  häufig  schrieb 
an  stellen,  wo  man  es  nicht  mehr  sprach.  Nur  die  abge- 
schmackteste schnlmeisterei  hätte  in  jener  zeit  verlangen 
können,  dafs  man  dem  äuge  zu  lieb  wirklich  chasteau^ 
chrestien,  asne,  mesne,  pasle  hören  lasse. 

Wie  mit  dem  französischen  dehnungs-s  verhält  es  sich 
mit  dem  deutschen  dehnungs-h,  auch  wenn  dieses  vor  einem 
vokalzeichen  steht.  Weil  der  buchstabe  in  der  Orthogra- 
phie stehn  blieb  auch  da,  wo  er  seinen  laut  verloren  hatte, 
meinte  man,  er  bezeichne  die  vokallänge  und  führte  ihn, 
um  diese  anzudeuten,  in  andre  Wörter  ein^).  Dies  wird 
bestätigt  durch  das  schwinden  des  alten  buchstaben  h 
auch  zwischen  zwei  vokalzeichen,  welches  schon  im  alt- 
hochdeutschen beginnt  und  im  13. — 16.  Jahrhundert  immer 
häufiger  wird;  ferner  durch  die  Schwankungen  im  gebrauch 
des  inlautenden  h,  möge  dies  etymologisch  sein  oder  nicht, 
welche  sich  ofl  sogar  bei  einem  und  demselben  Schrift- 
steller finden,  z.  b.  die  Statuten  des  deutschen  ordens  von 
1442:  entpfaen,  schue;  die  sogenannte  vierte  bibelüber- 
setzung:  es  syhe  (es  sei),  syen  und  sien  (seien),  ein 
yegklicher  gee,  zerbleet  und  zerbläet,  verneet; 
die  Hätzlerin:   schewhen  (als  reim  auf  rewen),  müen. 


*)  Die  zahl  derselben  ist  übrigens  gröfser  als  gewohnlich  angenommen 
wird.  Die  ableitungen  des  h  von  j  und  w  sind  meistens  nnr  mttssige  buch- 
stabenspielereien  (kahl  für  kalw,  mehl  für  melw,  auch  uhr  fürhurll), 
welche  unmöglich  gewesen  wären,  wenn  man  sich  an  die  laute  gehalten  und 
über  der  Orthographie  nicht  die  spräche  vergessen  hätte.  Es  ist  ein  wun- 
der, dats  man  nicht  auch  in  klee,  schnee,  see  das  zweite  e  wegen  des 
alten  w  für  »historisch  begründef*  hält,  zumal  ja  sichere  beispiele  des  Über- 
gangs von  w  in  j  und  von  j  in  e  vorhanden  sind. 


54  Kräuttr 

kräen,*  Oeiler  von  Kaisersberg:  sehnen;  Sebastian  Mün- 
ster: glüend,  frOer  und  frQher  und  frQwer,  gespy- 
hen,  spyhet,  gespOwen,  auf  freyhem  feld;  die  ca- 
tbolische  bibell  von  Job.  Dietenberger,  Köln  1571:  er 
sohrye,  sie  schriben;  Aventinus:  kQe;  Opitz:  er 
scbrey,  geschrieben,  biQend,  rauer;  A.  Qrypbius: 
glQend,  rauer;  Bödiker- Frisch,  grundsätze  der  tentschen 
spräche  1723:  schreie,  geschrieben;  endlich  durch  die 
entschiedene  abneigung,  welche  nicht  blos  die  schriftspra* 
che,  sondern  auch  die  mundarten  gegen  den  b-laut  im  in- 
nern  der  Wörter  bekunden  (einzelne  gegenden,  z.  b.  Schle- 
sien, sagen  sogar  dummeit,  weisseit,  weicheit  statt 
dummheit,  Weisheit,  Weichheit;  im  elsässischen  yer- 
einzelt  härtsaft  fldr  herzhaft  u.  s.w.).  Also  verbietet 
nicht  nur  der  Sprachgebrauch,  sondern  genau  besehn  auch 
die  Orthographie  des  neuhochdeutschen  jene  h  höreneu 
lassen.  Im  anlaut,  wo  h  nie  verstummte,  kam  es  auch 
nie  als  dehnungszeichen  auf. 

Wenn  es  zufülig  nicht  beliebt  hätte  in  fee,  klee, 
schnee,  see,  moschee,  allee,  raa  u.  s.  w.  die  länge 
des  Vokals  durch  Verdopplung  seines  buchstabens  zu  be-- 
zeichnen,  in  thun  das  h  hinter  das  t  zu  setzen  statt  wie 
früher  hinter  das  u,  und  säen  anders  als  mähen,  nä- 
hen, krähen,  blähen,  wehen,  drehen  u.  s.  w.  zu  be- 
handeln, so  würden  die  gegner  einer  ausspräche,  welcher 
man  nicht  den  Vorwurf  machen  kann,  weder  sie  sei  zu 
jung,  da  sie  schon  im  althochdeutschen  vorkommt  und  zu 
beginn  des  neuhochdeutschen  durchgedrungen  war,  noch 
sie  sei  wie  manches  andere  eine  besonderheit  der  papier- 
nen  büchersprache,  da  sie  allen  mundarten  gemeinsam  ist, 
so  würden  sie  ohne  zweifei  nicht  gestatten  anders  als  fe- 
Aen,  des  kleAes,  dem  schneAe  u.s.w.,  tuAend,  säAen 
zu  sprechen,  was  allerdings  nicht  lächerlicher  und  abge- 
schmackter wäre  als  das  jetzt  geforderte  reAe,  zeAe, 
eAe,  geAe,  steAe,  bejaAe  u.  s.  w. 

Ergibt  sich  schon  aus  der  vergleichung  von  Allen  des 
lautbaren  h  wie  ahorn,  obeim,  scbubu,  ubu,  oho, 
aha,  haupt,   bof,    haben,  gehabt,  verhindern,   be~ 


die  neahochdeatschen  Aspiraten  und  tennes.  55 

halten,  langhaarig,  anhören  u.  s.  w.  mit  solchen  des 
stummen  wie  zehe,  ziehen,  truhe,  zähe,  rauher, 
schuhe  u.  s.  w.  das  schriftdeutsche  gesetz;  der  h-laut  wird 
nur  vor  einem  starken  (sog.  hoch-  oder  tieftonigen)  vokal 
geduldet,  so  tritt  dasselbe  noch  auffälliger  hervor,  wenn 
der  starke  vokal  hinter  dem  h  geschwächt  wird.  Gegen- 
den, welche  in  Wilhelm,  Bernhard,  Eckhard,  uhu 
das  h  stäts  lauten  lassen,  sprechen  bei  schwachem  vokale 
unhm,  pami  (berndeutsch  für  Bernhard),  ekdrt^  udnfeh 
(ein  eigenname,  den  unzählige  male  aussprechen  zu  hören 
ich  gelegenheit  hatte).  Im  elsässischen  schwindet  das  h 
von  heim,  wenn  das  ai  zu  9  wird:  eklsd  Eckbolsheim, 
au9n9  Auenheim,  hUUb  Schiltigheim,  ptsa  Bisch- 
beim,  hin9  Hönheim,  ma/ndm  Mannheim  (aber  stäts: 
hainhy  thaitn  oder  hdm,  thäm  heim,  daheim)  und  von 
hin,  her:  9rüs  heraus,  9wäk  hinweg  (aber  stäts  har^ 
hin).  Ebenso  im  schwäbischen  das  h  von  heit:  w6r9th 
Wahrheit,  kioön9th  gewohnheit,  krank9th  krankheit 
(aber  stäts /rä^AaifA  Frechheit,  kgähhaitk  keck  heit  und 
andere  mehr)  und  von  her:  umdr  umher  (erste  silbe  be- 
tont; aber  stäts  Aar).  Ebenso  im  schriftdeutscben  noärndr 
Werner,  tDalt9r  Walter,  jtinArar  Junker  (während  sonst 
mit  dem  starken  vokal  sich  immer  das  h  erhalten  hat). 
Schon  im  mittelhochdeutschen  wird  herr  bei  tonlosem  e 
zu  er  (z.  b.  er  Sifrit).  Am  auffallendsten  ist  folgendes 
beispiel  aus  dem  elsässischen:  9h9  (=  ja;  mit  dem  ton 
auf  der  zweiten  silbe;  beide  9  werden  genäselt);  wird  aber 
das  erste  nasalirte  9  betont,  so  fallt  das  h  weg:  99  (= 
nein);  ebenso  qhq  und  qq  (mit  genäseltem  a)  im  schwä- 
bischen, wie  schon  Bapp  (phys.  d.  spräche  I.  s.  166)  be- 
merkt hat. 

Steht  h  gewöhnlich  im  auslaut  oder  vor  einem  schwa- 
chen vokal,  so  kann  es  natürlich  durch  Zusammensetzung 
oder  ableitung  nicht  lautbar  werden,  z.  b.  äüäh  schuh- 
ahle,   b9&üun  beschuhung. 

Das  lautgesetz  verbietet  ebenso  das  eintreten  der  as- 
piraten  vor  schwachem  vokal,  z.  b.  thail  theil,  urthail 
urtheil,    apthai  abtei,    khoufarthai  kauffarthei,  höf- 


56  Kriat«r 

ligkhait  höflichkeit,  ftMfAtim  bistham  u.  t.  w.  aber  stftts 
urt9l  urtel,  dritdl  drittel,  firt9l  yiertel,  äpt9  ftbte, 
faridn  farthen  u.  s.  w.*). 

Alle  vokale  aufser  o,  welche  (vielleicht  mit  aosoahme 
des  i)  immer  stärker  als  dasselbe  sind,  werden,  wenn  sie 
in  Fremdwörtern  vor  der  tonsilbe  auftreten,  als  stark  be- 
handelt, z.  b.  kAarmin,  kAanone,  kAolossal,  kAoral 
(choral),  kAonkAnrs,  kAonkAurriren,  kAatAaster, 
KAaukasus,  kAaukAasisch,  kAatftaleptisch,  tAer- 
min,  tAapAete,  TAitAane,  ItAalien,  itAaliänisch, 
tAeoretiker,  matAematiker,  pAarade,  pAarliren, 
pAapAier,  phapAa,  pAatAent,  pAokAal,  pAarabase, 
apAokAopAiren,  epAisode,  BpAikAur. 

Ein  tönender  mitlauter  (r,  1,  m,  n,  j,  w,  u)  verhindert 
die  aspirirung  in  der  Schriftsprache  nicht  (wohl  aber  in 
den  oberdeutschen  mundarten);  dagegen  hat,  wie  schon 
erwähnt,  ein  stimmloser  reibelaut  sowohl  vor  als  naeh 
einem  k,  t,  p  diese  kraft.  Zuweilen  erfordert  die  deut- 
lichkeit  die  einschiebung  eines  A,  z.  b.  in  sinkAt,  senkAt, 
um  die  Verwechslung  mit  singt,  sengt  zu  vermeiden; 
auch  wohl  in  kt,  pt,  wenn  eine  pause  vorhergeht:  PAtAo- 
lemäer,  EAtAesias;  hingegen  sagt  man  lieber  die  PtAo- 
lemäer,  dem  KtAesias. 

Erwägt  man,  auf  welch  unerhörte  weise  manche  ge- 
genden  im  anlaut  die  wirklich  tönende  media,  die  reine 
tenuis  und  die  aspirata  durcheinanderwerfen,  so  dafs  oft 
ein  und  derselbe  mund  in  äinem  athemzug  blüm9,  pl&m9 
und  phlümdy  phlats  (platz),  plats  und  blats  spricht,  so  mufs 
man  staunen  über  die  regelmäfsige  durcbfflhrung  eines 
lautgesetzes ,  von  welchem  ja  die  wenigsten  eine  ahn'ong 
haben,  und  wird  sich  hüten  müssen  wegen  einzelner  Schwan- 
kungen dasselbe  nicht  anzuerkennen,  um  so  mehr  da  es 
physiologisch  leicht  zu  begründen  ist,,  ein  vortheil,  dessen 
sich  nicht  viele  andere  zu  rühmen  haben. 

A  hat  in  folge  der  eigenthümlichen  art  seiner  bildung 

*)  Ebenso  setzen  die  niederdeutschen  mnndarten  für  hd.  ts  und  pf  vor 
starkem  vokal  th  und  ph  (während  dem  schrift deutschen  p  sogar  im  anlaute 
p  entspricht),  vor  schwachem  aber  t  und  p,  Sie  kennen  also  im  anlaut  tö- 
nendes echtes  6,  sowie  aspirirtes  und  nicht  aspirirtes  p. 


die  neuhochdeutschen  aepiraten  und  tennes.  57 

eine  sehr  geringe  vernehmbarkeit;  nach  O.  Wolf  (spräche 
nnd  ohr,  Braunschweig  1871)  hört  man  a  auf  360  schritte, 
0  auf  350,  e  auf  330,  t  auf  300,  u  auf  280,  6  auf  200, 
9  auf  170,  f  auf  67,  r  auf  47,  A  auf  10.  Um  laut  genug 
zu  sein  erfordert  es  daher  zu  seiner  bildung  einen  star- 
kem luftstroro,  eine  gröfsere  muskelanstrengung  als  die  an- 
dern laute,  was  man  deutlich  empfindet,  besonders  wenn 
man  ha  schnell  hintereinander  wiederholt  und  dann  mit 
füy  la,  ma  u.  s.  w.  ebenso  verfährt;  daher  duldeten  es  die 
Griechen  und  Inder  nicht  in  zwei  aufeinander  folgenden 
silben  (ekho,  nicht  hekho,  aber  hekso;  pephileka 
nicht  phephileka)  und  verloren  es  die  Neugriechen  und 
Romanen  gänzlich.  Es  läfst  sich  höchstens  9,  a,  e^  ly  m, 
/*,  i  u.  s.  w.  hingegen  21  Sekunden  aushalten  und  bewirkt 
auf  die  vor  den  mund  gehaltene  band  einen  kräftigeren 
luftstofs  als  die  übrigen  mundlaute,  versuche,  bei  welchen 
natürlich  jedem  laut  die  stärke  zu  geben  ist,  die  er  in  ge- 
wöhnlicher rede  hat.  Ersetzt  man  die  band  durch  einen 
papierstreifen,  so  kann  man  auch  dem  äuge  bemerklich 
machen,  dafs  die  stärksten  ka,  ta,  pa  minder  wuchtig 
sind  als  mäfsige  kha,  tha,  pha.  Da  nun  die  selbstlauter 
immer  relativ  stärker  gesprochen  werden  sollen  als  die 
mitlauter,  so  würde  durch  ein  h  vor  einem  entschieden 
schwachen  vokal  ein  unangenehmes  mifsverhältnifs  ent- 
stehn. 

Ebenso  ist,  um  ein  reibegeräusch  zu  erzeugen,  ein 
kräftigerer  luftstrom  erforderlich  als  um  die  Stimmbänder 
zum  tönen  zu  bringen,  so  dafs,  wenn  ein  f,  p,  s,  6,  g,  x 
vor  einem  schlaglaut  auftritt,  die  gesteigerte  muskelan- 
strengung dadurch  kompensirt  wird,  dafs  kein  h  folgen 
darf.  Wenn  bei  den  schlaglauten  die  pause  zwischen 
schliefsen  und  öfihen  der  organe  merklich  gedehnt  wird, 
so  erfahren  sie  auch  gewöhnlich  eine  Verstärkung,  daher 
vermeiden  sie  in  diesem  falle  die  aspiration  (s.  oben  s.  47). 
Auf  einer  ähnlichen  kompensation  beruht  es,  dafs  im  fran- 
zösischen und  englischen  die  nachsilben  weit  mehr  ge- 
schwächt sind  als  die  Vorsilben,  ferner  dafs  in  den  ober- 
deutschen  mundarten   die  fy  s,  i,  ^,  x  °^^h   langen  voka- 


58  Kräuter 

leD  gewöhnlich  schwächer  sind,  eine  beobachtung,  welche 
Schmeller  bestätigt,  wenn  er  auch  darin  irrt,  dafs  er  die 
französischen  z,  j  zu  hören  glaubt,  obgleich  diese,  ebenso 
wie  die  romanischen  g,  d,  b  ausnahmslos  tönend  sind  und 
jenen  mundarten  gänzlich  fehlen.  Es  kommt  auch  vor, 
dafs  zum  ersatz  fQr  den  ausfall  eines  lautes  der  folgende 
verstärkt  wird ,  z.  b.  im  berndeutschen  gibt  tür9  mit  dem 
artikel  t  (die)  zusammen  türd  mit  geprefstem  t;  ähn- 
liches erwähnt  Schmeller. 

Es  sind  noch  die  fälle  zu  betrachten,  wo  das  organ 
die  aspirata  entweder  hervorbringen  oder  vermeiden  will, 
wo  aber  in  folge  besondrer  umstände  etwas  anderes  als 
das  beabsichtigte  eintritt. 

Erfordert  der  auf  h  folgende  laut  eine  ähnliche  zun- 
genstellung  wie  diejenige,  von  welcher  der  schlaglaut  aus- 
gehn  mufs,  so  findet  der  zur  bildung  des  h  bestimmte 
luftstrom  keinen  genügend  freien  weg  und  es  entsteht  ein 
reibelaut. 

Vergleicht  man  das  ckchin  in  ein  stück  China- 
rinde (ch  hier  natürlich  nicht  wie  k  zu  sprechen)  mit 
kien,  so  wird  jeder  unbefangene  einsehn,  dafs  letzteres 
immer  kchien  (kgin)  lautet  (ch  wie  in  ich,  sicher); 
kien  mit  echter  tenuis  ist  möglich,  nicht  wohl  aber  kAien 
mit  reinem  A.  In  kind,  kehren,  keller,  kühl,  küste, 
köhler,  köstlich  stellen  sich  ebenfalls  ch  ein,  welche 
um  so  weiter  hinten  in  der  mundhöhle  liegen,  je  dunkler 
der  vokal  ist.  Verschiedene  arten  von  ch  treten  auch  auf 
in  kcAnoten,  kcAmetos,  schalkcA,  werkcA  (wenn 
man  nemlich  das  auslautende  k  vor  einer  pause  aspiriren 
will),  t^ieger,  t^jier,  t^ief,  p^iepen,  p^ietät,  p^ia- 
ster  u.  s.  w.  Die  mit  kch  bezeichnete  lautgruppe  ist  also 
neuhochdeutsch  trotz  gegentheiliger  behauptungen ;  diesel- 
ben sind  dahin  zu  berichtigen,  dafs  ein  kch,  dessen  ch  wie 
in  ach,  sache  klingt,  sich  blos  in  den  schweizermond- 
arten  vorfindet.  Dafs  nicht  nur  die  lautfolgen  kh,  tk,  pA, 
sondern  sogar  kch^  kg,  tg  und  pg,  obgleich  deren  bestadd- 
theile  häufig  getrennt  vorkommen,  dennoch  mit  deo  reinm 


die  neahochdentflchen  Aspiraten  und  tenues.  59 

^f  ^  P  S^^z  gleich  gestellt  werden,  beweist  den  gewalti* 
gen  einfiufs  des  herkommens.  Dieses  von  den  wenigsten 
bemerkte,  von  den  allermeisten,  die  auf  dasselbe  aufmerk- 
sam gemacht  werden  und  sich  der  mühe  einer  gewissen- 
haften prüfong  nicht  unterziehen  wollen,  hartnäckig  ge- 
leugnete einschleichen  der  laute  h,  ch  und  g  mag  einen 
begriff  geben  von  der  art,  wie  sich  lautwandlüngen  im 
laufe  der  zeit  vollziehn.  Ob  in  kästen,  kosen,  künde 
u.  8.  w.  ein  h  oder  ein  ch  gesprochen  werde,  ist  schwer 
zu  unterscheiden.  Zwischen  p  und  u,  .ü  scheint  h  eine 
labiale  farbung  anzunehmen,  so  dafs  phu,  phü  ähnlich  klin- 
gen wie  pfu,  pfQ  mit  undeutlichem  f;  manche  Deutsche 
sprechen  das  französische  puis  geradezu  pfüi  mit  ent- 
schiedenem lippenreibelaut ;  statt  th  (z.  b.  in  tag,  taube 
u.  s.  w.)  habe  ich  bei  einzelnen  personen  regelmäfsig  ts 
oder  tp  mit  schwachem,  unsicherm  s  oder  p  gehört.  Der 
streit  der  sanskritgram matiker,  ob  die  aspiraten  ein  reines 
h  oder  den  gleichortigen  wind  enthalten,  ist  leicht  er- 
klärlich. 

Ellis  (English  Phonetics,  London  1854  §.  47)  sagt,  der 
anlaut  englischer  Wörter  wie  hume,  huge  nähere  sich 
dem  deutschen  ch  in  ich  oder  China.  Das  lateinische 
wort  hie  ms  lautet  bei  uns  oft  ^jems  und  findet  sich  in 
lateinischen  handschriften  oft  giems  geschrieben,  was  al- 
lerdings auch  anders  erklärt  werden  kann  als  durch  säch- 
sische ausspräche  des  g.  Im  sanskrit  wird  statt  k^  (kss 
k  in  schicke,  ^  =  ^  in  sicher)  kh  geschrieben;  die 
Inder  haben  ganz  richtig  bemerkt,  dafs  nach  einem  vor- 
dergaumen-ft  statt  A  sich  g  einstellt;  wäre  die  jetzige  aus- 
spräche k  =:  f 8  und  9  =  d  ursprünglich,  so  wäre  ganz 
unbegreiflich  wie  fäs,  wofür  man  ts  erwarten  müfste,  zu 
iih  (=r  tschh  in  deutschherr,  deutschheit)  werden 
konnte.  Durch  das  eintreten  von  kg  und  tg  für  kh  und  th 
erklärt  sich  der  bekannte  Übergang  von  k  und  t  vor  t  und 
e  in  <d,  ä,  ts,  s. 

In  kl,  tl,  pl  schiebt  sich  ein  ch- artiges  reibegeräuseb 
ein,  das  man  mit  A  bezeichnen  mag,  z. b.  kAlagen,  atAlet, 
pAlagen  (thl,  phl  sind  übrigens  ebenso  leicht  zu  sprechen 


60  Kräuter 

wie  reine  tl,  pl).  Zu  bemerken  ist,  dafs  vor  /  und  A  das 
i  nicht  wie  gewöhnlich  mit  dem  vordem  theil  der  zunge, 
sondern  mit  deren  seitenrändern  gebildet  wird.  Reines  kl 
und  tl  lauten  einander  sehr  ähnlich;  Webster  sagt,  olear, 
glory  klinge  wie  tlear,  dlory;  Schmeller  erwähnt 
tlabm  för  glauben,  tlanz  für  glänz,  tlugh  für  klug; 
Christ.  Schneller  (die  romanischen  volksmundarten  in  Süd- 
tirol, Gera  1870)  grödnerisch  tlam^  aus  clamare,  tl^ 
aus  clavis,  tlines  aus  crines,  tluppa  aus  ahd.  kluppa, 
dlaöa  aus  glacies,  dli&sa  aus  ecclesia,  ondla  aus 
ungula  u.  s.  w.  Ebenso  wird  in  kr,  tr,  pr  ein  geflüster- 
tes r  eingeschoben,  dessen  zeichen  q  sei.  Man  spricht 
stäts  k()ragen,  t()rinken,  p^racht,  was  bei  uvularem 
r  ähnlich  wie  kchragen,  tchrinken,  pchracht  klingt. 
Brücke  (s.  58)  bestätigt  diese  Verwendung  von  k  und  g 
als  ersatz  für  A.  Durch  den  Übergang  des  A  in  >l  und  g 
wird  derjenige  in  den  labialen  und  dentalen  reibelaut  ver- 
hindert; darum  verschiebt  sich  im  hochdeutschen  tr  nicht 
zu  tsr  und  findet  sich  bei  den  Westgoten  tr,  pr  för 
fr,  thr. 

Sollen  vor  den  buchstaben  n,  m  die  k,  t,  p  ohne  h 
gesprochen  werden,  so  tritt  nicht  das  ein,  was  man  ge- 
wöhnlich mit  k,  t,  p  bezeichnet. 

ft,  ^,  p  werden  dadurch  gebildet,  dass  ein  verschluls 
gelöst  oder  hergestellt  wird^)  (z.  b.  in  leckt,  weckt, 
walkt  entsteht  k  nach  der  allgemein  üblichen  ausspräche 
blos  durch  schliefsen,  indem  das  öffnen  mit  der  herstellung 
des  dentalen  verschlusses  zusammenfällt  und  somit  völlig 
unhörbar  ist);  die  benennungen  palatal  (guttural  ist  un- 
richtig; k  wird  nie  in  der  kehle  erzeugt,  sondern  immer 
nur  am  gaumen),  dental  und  labial  bezeichnen  im  allge- 
meinen die  stelle  des  verschlusses.  Dieser  wird  für  p 
durch  die  Unterlippe  mit  der  oberlippe  gebildet  (bilabial); 
der  entsprechende  reibelaut  ist  das  geräusch,  welches  die 


*)  Es  ist  sehr  zn  bedauern,  dafs  Brücke,  der  meister  der  lautphjsio- 
logie,  in  der  behandlang  der  schlaglaute  den  grundsätzen  untreu  geworden 
ist,  welche  er  so  glänzend  zu  ehren  gebracht  hat;  auf  eine  eingehende  Wi- 
derlegung seiner  ansiebt  mufs  ich  hier  verzichten. 


die  neuhochdeutschen  aspiraten   und  tennes.  ,61 

lippen  beim  blasen  erzeugen.  Ein  p  kann  auch  mit  der 
Unterlippe  und  den  oberzähnen  gesprochen  werden  (labio- 
dental), ist  aber  im  deutschen  nicht  üblich;  die  demselben 
entsprechenden  reibelaute  sind  das  deutsch -französisch - 
englische  f  und  das  französisch-englische  v  (z.  b.  in  neuve, 
rive). 

Für  t  sind  vier  hauptorte  möglich:  1)  Zungenspitze 
und  unteres  ende  der  oberzähne  (interdental);  2)  Zungen- 
spitze und  wurzeln  der  oberzähne  (alveolar);  3)  untere 
fläche  der  Zungenspitze  und  harter  gaumen  (kakuminal); 
4)  beide  seitenränder  der  zunge  (oder  auch  nur  einer)  und 
ob^re  backenzähne  (lateral;  das  t  vor  /  und  A).  Die  an- 
nähernd entsprechenden  stimmlosen  und  tönenden  reibe-* 
laute  sind :  1)  hartes  englisches  th  (==  isländisch  p  =  neu- 
griech.  &)  und  weiches  engl,  th  (=  isl.  tf  =  neugriech.  S); 
2)  deutsch-französisches  hartes  s  (as  deutsch  sz  =  franz.  9) 
und  deutsches  weiches  f  (=franz.-engl.-holländ.  z);  3)  deut- 
sches seh  (=ss  franz.  ch)  und  franz.  j ;  4)  der  ch-artige  laut 
(A),  den  man  zwischen  k  und  /  in  klagen  hören  läfst; 
der  entsprechende  tönende  reibelaut  ist  leicht  zu  bilden, 
kommt  aber  im  deutschen  nicht  vor*).  Das  zweite  t  ist 
das  in  Deutschland  gebräuchliche;  manche  verwenden  statt 
dessen  das  erste;  in  Indien  kommt  das  dritte  neben  dem 
ersten  vor  und  hat  jedes  sein  eigenes  zeichen. 

Das  gebiet  des  k  beginnt  dicht  hinter  den  wurzeln  der 
oberzähne  und  reicht  bis  zum  hintersten  rande  des  gau- 
mensegels.  Man  kann  drei  hauptorte  annehmen:  1)  Zun- 
genrücken und  vorderer  theil  des  harten  gaumens  (ante- 
palatal) ;  2)  zungenrücken  und  grenze  zwischen  hartem  und 
weichem  gaumen  (mediopalatal);  3)  hinterer  theil  des  2un- 
genrückens  und  hinterer  theil  des  weichen  gaumens  (post- 
partal). Die  entsprechenden  stimmlosen  reibelaute  sind: 
1)  ch  in  riechen,   ich,  echt;    auch  das  ch  in  fluche. 


*)  Dieser  tönende  laut  wird  dem  1  mouill^  der  Romanen  und  Slawen 
zugeschrieben.  Dies  ist  aber  für  das  französische »  dessen  ill  wie  deutsch  j, 
mundartlich  wie  Ij  gesprochen  wird,  ganz  unrichtig;  in  bezug  auf  die  an- 
dern sprachen  kann  ich  nicht  urtheilen,  da  die  angaben  unklar  und  wider- 
sprechend sind. 


62  Kräuter 

flücbteu,  töcbter  gehört  io  diese  gegeod;  2)  ch  in 
fluch,  flucht  (?);  3)  ch  in  lachen,  spräche.  Das 
dritte  k  ist  in  den  Schweizermundarten,  im  kurdischen,  os- 
setischen, georgischen,  malaischen,  grönländischen,  sowie 
in  den  semitischen  sprachen  üblich,  in  welch  letzteren  es 
durch  ein  eigenes  zeichen,  das  kof,  von  den  andern  k  un- 
terschieden wird.  Das  sanskrit  und  das  altbaktrische  un- 
terschieden ursprünglich  ebenfalls  zwei  k  in  der  schrift; 
das  vordere  ging  jedoch  schon  früh  in  die  dentale  laut- 
folge ts  über.  Im  schriftdeutschen  ist  nur  das  erste  und 
zweite  k  mit  vielen  Zwischenstufen  üblich;  der  scblaglaut 
liegt  um  so  weiter  nach  vorn,  je  heller  der  vokal  ist  ne- 
ben dem  er  steht,-' z.  b.  in  ika  wird  nach  dem  i  der  ante* 
palatale  verschlufs  hergestellt  und  vor  dem  a  der  medio- 
palatale  gelöst. 

Vor  n  und  m  werden  nun  die  k,  t,  p,  wenn  sie  nicht 
aspirirt  sein  sollen,  an  keinem  dieser  orte,  sondern  als 
eigenthümlicher  schlaglaut  gesprochen,  welcher  dadurch 
entsteht,  dafs  ein  durch  das  gaumensegel  und  die  hintere 
sehlundwand  gebildeter  verschlufs  gelöst  wird.  Das  zei- 
chen für  diese  faukale  tenuis  sei  q  (welches  natürlich  mit 
dem  q  der  gewöhnlichen  schrift,  das  immer  kh  lautet,  nicht 
das  mindeste  zu  scha£Pen  hat).  Um  dieselbe  als  ersatz 
bald  für  &,  bald  für  ^,  bald  fär  p  verwenden  zu  können, 
hängt  man  ihr  ein  n  (as  ng  in  fangen,  singen,  junge; 
es  darf  nicht  ng  oder  nk  lauten),  n  oder  m  an*),  z.  b. 
banknote,  schenkmädchen,  zentner,  rentmeister, 
pumpen,  pumpmeister  lauten  immer  banqrmötd,  äö»- 
qnmätgHy  tsänqnr,  ränqnmaistr^  phumqmn,  phumqmaistr, 
Unterläfst  man  es  den  hülfslaut  einzuschieben,  so  meint 
man  bantnote,  schenpmädchen ,  renpmeister, 
pumten  zu  hören;    besonders  aufiGlllig  ist  es,  wenn,  wie 


*)  Allerdings  wird,  wenn  nicht  eine  pause  oder  n,  n,  m  vorhergehn, 
vor  dem  q  der  palatale,  dentale  oder  labiale  verschlufs  hergestellt.  So  lange 
jedoch  q  deutlich  hörbar  ist,  bleibt  der  hUlfsnasal  das  hauptmittel  um  ihm 
eine  palatale,  dentale  oder  labiale  färbung  zu  geben,  welche  selbstverständ- 
lich immer  nur  in  der  Vorstellung  des  hörers  vorhanden  ist,  denn  in  Wirk- 
lichkeit bleibt  q  stftts  ein  und  derselbe  eigenthttmliche  laut,  möge  folgen 
was  da  wolle. 


die  nenhochdeatscben  aspiraten  und  tennes.  6d 

häufig  in  den  oberdeutschen  mundarten,  q  im  anlaut  steht; 
knecht,  knöpf  klingen  dann  wie  tneeht,  tnopf,  was 
schon  Schmeller  bemerkt  (km,  tm,  pn,  welche  ohne  ein- 
geschobene n,  it,  m  den  eindruck  von  pm,  pm,  tn  machen, 
kommen  anlautend  in  mundarten  wobl  nicht  vor).  Belieb- 
ter noch  als  das  ausstofsen  des  n  von  qnn  ist  das  schwin- 
den des  »;  knecht  (Schriftdeutsch  kchnägt)  lautet  ober- 
deutsch gewöhnlich  qnä^t\  gnädig,  genug  gewöhnlich 
qnätik,  qnu9k;  dafs  n  nach  k  und  g  häufig  n  gesprochen 
werde,  erwähnt  schon  Rapp  (phys.  d.  spr.  I,  s.  90).  Im 
Sanskrit  geht  n  nach  K  und  ^  in  n  über;  man  hat  also 
Kn  wie  qn  {n  am  vordergaumen  wie  in  singe)  zu  lesen. 
qna  statt  qnna  ist  ganz  natClrlich,  während  t&r^ja  für  tina 
eine  rein  unerklärliche  lauteinschiebung  enthielte. 

Wenn  die  Stimmbänder  nicht  in  demselben  augenblick 
zu  tönen  beginnen,  wo  sich  das  gaumensegel  von  der 
schlundwand  entfernt,  stellt  sich  entweder  ein  blasen  durch 
die  nase  ein  oder  ein  geflüstertes  n,  n,  m.  Selten  wird 
bei  inlautendem  tn,  pm  der  faukale  verschlufs  geräuschlos 
gelöst;  wenn  dies  überhaupt  zulässig  sein  soll,  darf  kein 
nasal  unmittelbar  vorhergehn. 

Den  allgemeinen  gebrauch  des  q  bestätigen  folgende 
Zeugnisse.  Arendt  (beitr.  II,  s.  300)  bemerkt,  man  erleich- 
tere sich  oft  [doch  nur  wenn  ein  starker  vokal  folgt],  aber 
nicht  nothwendig,  die  lautverbindung  kn,  tm  dadurch,  dafs 
man  khn,  thm  spreche  [sonst  also  qnn^  qnm].  Der  Ver- 
fasser von  „über  bestrebungen '^  sagt  (s.  59)  sh bilden, 
ahdögg'n  (spielten,  stocken)  sei  allgemein  üblich.  Thau- 
sing  (das  natürliche  lautsystem  1863)  s.  113)  will  Brückes 
verfehlte  theorie  der  schlaglaute  dadurch  rechtfertigen,  dafs 
er  behauptet,  in  lumpn,  denkn,  wendn  würden  die  p, 
k,  d  nicht  durch  herstellung  oder  lösung  eines  verschlus- 
ses gebildet  (er  übersieht  die  bewegung  des  gaumensegels). 
Benedix  (I,  s.  23;  30;  31)  klagt  wiederholt,  dafs  man  in 
pn,  tn,  dn  einen  unangenehmen  nasenlaut  zu  bilden  pflege. 
Purkine  (bei  Brücke  s.  108)  betrachtet  gn,  kn,  ghn,  kchn, 
dn,  tn  U.S.W,  als  eigene  laute,  welche  durch  scbliefsen 
und  öflfnen  der  gaumenklappe  hervorgebracht  werden. 


/ 


64  Kitater 

q  ist  daher  als  ein  neuhochdeutscher  laut  anzuerketh^ 
nen,  wenn  auch  die  wenigsten  leute  wissen,  dafs  sie  den- 
selben vor  n,  m  mit  schwachem  vokal  ausnahmslos  ver- 
wenden und  wenn  auch  die  herkömmliche  Orthographie 
kein  zeichen  dafQr  hat.  In  den  Verbindungen  gn,  gm,  dn, 
dm,  bn,  bm,  wo  ja  gar  nie  aspirirt  wird,  ist  er  ohnehin 
unvermeidlich,  denn  die  ausspräche  gonade,  Gomelin 
und  ähnliches  ist  durchaus  nicht  gestattet.  Wenn  man 
denselben  für  unschön  halten  und  deshalb  trotz  des  all* 
gemeinen  gebrauches  nicht  dulden  möchte,  so  mufs  bemerkt 
werden,  dafs  der  begri£P  des  schönen  ein  äulserst  anbe- 
stimmter ist  und  dafs  den  Hellenen,  welchen  niemand 
Schönheitssinn  absprechen  wird,  der  laut  q  sehr  ge- 
läufig war. 

Im  griechischen  sind  die  Verbindungen  kn,  km,  tm, 
pn  üblich;  sollen  hier  die  k,  t,  p  ihren  gewöhnlichen  werth 
haben,  so  müssen  sie  bei  verschlossenem  kehlkopf  gebildet 
werden,  was  ich  hier  mit  '  bezeichnen  will.  Hat  nun  die 
Sprache  eine  abneigung  gegen  eine  solche  einschiebnng,  so 
stellt  sich  in  den  anlautenden  kn,  km,  tm,  pn  nothwendig 
q  ein.  Jene  abneigung  war  im  griechischen  vorhanden; 
darauf  deutet  schon  der  ausnahmslose  wegfall  des  h  in 
kht,  pht;  ferner  werden  vor  m  die  k  und  kh  gewöhnlich 
zu  n  (diesen  laut  bezeichnen  die  Griechen  mit  y)^  die  p 
und  ph  immer  zu  m,  lautwandlungen,  welche  durchaus  das 
q  voraussetzen:  k*m  wurde  qnm^  dann  gm^  zuletzt  nm. 
Endlich  finden  sich  auch  die  Zusammenstellungen  AAfi,  kkm 
(d.  h.  kchn  und  kchm^  s.  oben),  thn^  tkm;  die  Unterschei- 
dung zwischen  fc'fi  und  AAn,  zwischen  k*m  und  khm  u.8.w. 
ist  zwar  möglich,  aber  weder  bequem  noch  deutlich,  wäh- 
rend niemand  qnn  mit  khn  verwechseln  wird. 

Sieht  man  davon  ab,  dafs  die  schlaglaute  sowohl  öff- 
nend als  schliefsend  sein  können  und  dafs  auf  dem  den- 
talen und  palatalen  gebiete  mehrere  orte  zu  unterschei- 
den sind,  so  bezeichnen  also  die  buchstaben  k,  q,  t,  p  im 
schriftdeutschen  folgende  einander  meist  nur  sehr  wenig 
ähnliche  laute  und  lautfolgen 


\ 


die  neuhochdentschen  aspiraten  und  tenues.  65 

k  k  qn          kh             kch  kg  kl  kg 
q                         &Ä(oder*cA?) 

i  i  qn  q     th  tQ  iX  tQ 

p  p  qm  q    ph  pQ  pX  pg. 

Im  allgemeinen  machen  die  lautfolgen  auf  das  gehör 
einen  wuchtigeren  eindruck  als  die  schlaglaute  fQr  sich 
allein  genommen.  Aber  auch  diese  an  und  fQr  sich  zei- 
gen die  mannigfaltigsten  unterschiede  in  der  stärke  je  nach 
den  sie  umgebenden  lauten;  äufserst  schwach  ist  das  k  in 
schickt,  in  dem  kX  von  klagen,  in  dem  ki}  von  kiel; 
das  t  im  tl  von  entlaufen,  im  ts  von  zahl;  das  p  in 
haupt,  im  pf  von  pfeil  u.  s.  w.  Ja  in  fc^,  fä,  ts^  tp,  pf 
wird  man  auch  mit  der  gröfsten  anstrengung  nur  den  reibe- 
laut,  nicht  aber  den  schlaglaut  verstärken  können,  wenn 
man  diesen  nicht  bei  verschlossenem  kehlkopf  spricht  oder 
nicht  ein  h  einschiebt  (von  der  norddeutschen  verketzerung 
«,  f  fQr  ts^  pf  ist  hier  natürlich  nicht  die  rede). 

Diejenigen,  welchen  es  anstöfsig  ist,  dafs  sie  viele 
hergebrachte  anschauungen  als  falsch  verwerfen  sollen,  bitte 
ich  zu  bedenken,  dafs  ich  früher  diese  irrthümlichen  an- 
sichten  ebenfalls  theilte  und  als  selbstverständliche  axiome 
betrachtete,  ferner  dafs  ich  sie  nur  sehr  ungern  und  erst 
nach  wiederholten  versuchen,  sie  mit  den  thatsachen  in 
Übereinstimmung  zu  bringen,  als  völlig  unhaltbar  aufgab. 
Wie  Helmholtz  bei  besprechung  der  sogenannten  Sinnes- 
täuschungen (nicht  unsre  sinne  täuschen  uns,  sondern  un- 
ser verstand,  welcher  die  durch  dieselben  vermittelten  ein- 
drücke unrichtig  auffafst  und  falsch  deutet)  treffend  be- 
merkt, sind  unsre  Wahrnehmungen  in  betreff  der  gegen- 
stände der  aufsenwelt  keineswegs  von  der  Vorstellung,  die 
wir  uns  von  denselben  bilden,  unabhängig  und  sind  wir 
sogar  trefflich  darauf  eingeübt,  dasjenige,  was  uns  in  die- 
ser vorgefafsten  meinung  stören  würde,  nicht  zu  bemer- 
ken. Dafür  nur  ^in  beispiel  von  vielen.  Nur  sehr  wenige 
leute  kommen,  ohne  von  andern  darauf  aufmerksam  ge- 
macht zu  werden,  zu  der  Wahrnehmung,  dafs  wir  in  bei- 
den äugen   einen  blinden  fleck  haben  und  dafs,   wenn  wir 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  1.  5 


66  Kräuter,  die  neuhochdeatschen  aspiraten  und  tenues. 

nur  eines  derselben  brauchen,  wir  innerhall)  des  gesichts- 
feldes  ein  loch  sehn;  ja  die  meisten  werden  die  erste  mit- 
theilung  dieser  thatsache  mit  ungläubigem  lächeln  aufneh- 
men und  sich  des  verdachtes  nicht  erwehren,  man  wolle 
sie  zum  besten  haben  oder  sie  hätten  es  mit  einer  gelehr- 
ten grille  zu  thun.  Wenn  sich  nun  hier  die  Wissenschaft 
durch  die  meinung  der  menge  nicht  beirren  läfst,  so  darf 
sie  es  noch  weniger  in  unserer  frage,  wo  nicht  das  in  sei- 
nen angaben  scheinbar  so  untrügliche  äuge,  sondern  das 
viel  unsicherere  ohr  in  betracht  kommt;  wo  die  thatsachen 
nicht  durch  besonders  anzuste  lende  versuche  ermittelt  zu 
werden  brauchen,  sondern  sich  jedem  unbefangenen  von 
selbst  aufdrängen;  wo  der  wahrzunehmende  gegenständ 
kein  neuer,  sondern  ein  uns  unter  anderm  namen  oder  in 
andern  sprachen  wohlbekannter  ist,  den  wir  dann  nie  mit 
anderm  verwechseln;  endlich  wo  der  irrthum  nicht  ein 
gewissermafsen  in  unserm  Organismus  begründeter,  sondern 
ein  mittelst  falscher  theorien  künstlich  angelernter  ist.  Es 
ist  der  Sprachforschung  unwürdig,  wegen  der  etwa  mög- 
lichen mifsgriffe  (gegen  welche  übrigens  eine  menge  Ober- 
einstimmender und  von  einander  unabhängiger  Zeugnisse 
sowie  ähnliche  erscheinungen  in  andern  sprachen  einiger- 
mafsen  sichern)  auf  die  feststellung  des  thatbestandes  zu 
verzichten  und  sich  mit  irrigen  sätzen  zu  begnügen,  welche 
auch  dadurch,  dafs  sie  noch  so  altherkömmlich  und  noch 
so  allgemein  verbreitet  sein  mögen,  keineswegs  das  recht 
der  unantastbarkeit  und  un Veränderlichkeit  erlangt  haben. 
Was  würde  man  von  irgend  einem  buche  sagen,  das  in 
form  einer  anmerkung  und  als  seltsame  aber  höchst  un- 
wichtige rarität  die  bewegung  der  erde  nur  so  nebenbei 
erwähnte  9  im  texte  aber  deren  stillstand  behauptete  blos 
aus  dem  gründe,  weil  diese  auffassung  uralt  sei  und 
durch  jede  nicht  tiefer  eindringende  beobachtung  bestätigt 
werde? 

Saargemünd,  februar  1872.  J.  F,  Kräuter. 


Gerland,  das  deutsche  tsch.  67 


Das  deutsche  tsch. 

Dafs  die  sogenannten  palatalen  laute  der  arischen  spra- 
chen dem  germanischen  zweig  unseres  grofsen  sprachstam- 
mes  fremd   sind,    ist   eine   bekannte  thatsache.     Man  hat 
nun  zwar  in  formen   wie  rutschen  rutschen  neben  rucken 
rücken   eine  art    von  palatalbildung    sehen   wollen,    allein 
dafs  diese  annähme  eine  falsche  ist,   soll   die  folgende  Zu- 
sammenstellung beweisen.     Diese  bildung   ist   nämlich  gar 
keine  seltene  im  neuhochdeutschen,    wo  sie  hauptsächlich 
mundartlich  auftritt.     So    heifst  es   bei   Hermann  Schmid 
in  der  hübschen  erzählung  „die  brautschau^:  „du  bist  wohl 
angestellt  und   mufst  das  land   durchstreifen  und  die  leut^ 
ausfratscheln^?  (Gartenlaube  1867,  34)    und   Grimm    hat 
aus  Blumauer   und  J.  Paul   fratschlerweib ,    aus  gleichfalls 
bairischen   quellen   fratschlerin    „eine  handelsfrau,  trödel- 
frau,  höckerin  ^,    welches   wort  sich   auch  in  Frommanns 
Zeitschrift    nicht   selten   findet    und   nicht  nur  aus   Baiern 
sondern   auch   aus  Presburg  (VI,  180),    und  aus  Kärnten 
(V,  247,70;   11,343).     Andere    beispiele  sind:    nutschen 
neben  nuckelen,  am  finger  saugen,  wie  man  z.  b.   in   Mag- 
deburg  sagt;    watsclieln    neben   wackeln    und    das   frank- 
furtische  witschen   („da  ich   aller    Versuchung  widerstan- 
den habe  von   hier  weg  zu  witschen  und  euch  zu  überra- 
schen^  schreibt  Göthe  an  seine   mutter,    Rob.  Keil,  frau 
Rath  145)  neben  wicken*),  einer  deminutivbildnng  des  ver- 
bums, von  welchem  die  gleichfalls  deminutive  form  wackeln 
abstammt;   neben  knacken  und  den  zu  diesem  verbum  ge- 
hörigen   lautbildungen  knatschen,    knutschen,     knitschen, 
eigentlich  mit  hellerem  oder  dumpferem  laut  drücken;  bai- 
risch  flotschen  (Frommann  VI,  14)  flattern,   welches  wort 
bei  Wolfram  noch  vlokzen  heifst,  Willeh.  398,  12: 


*)  Zu  diesem  verbum  gehört  wohl  auch  nhd.  wicke,  gegen  dessen  Ur- 
sprung aus  lat.  vicia  mehrere  gründe  zu  sprechen  scheinen.  Die  wicke  wäre 
dann  die  schwankende,  haltlos  hängende,  windende.  Zu  wacken  gehört  mhd. 
watze,  wetzelin  ohrfeige,  nhd.  watsche,  fOr  wak-ze,  in  aktiver  bedeutung. 

5* 


68  Gerland 

der  Heiden  pfellel  blicke 
gein  sunnen  künde  viokzen. 
der  strit  begunde  tokzen. 

Ferner  klatschen,  klitschen  neben  klacken,  klicken;  hutschen 
in  hockender  Stellung  fortrutschen  (bairisch)  die  hfitsche, 
ein  kleiner  schemel,  den  man  wohl  auch  rutscher  (hessisch) 
nennt,  und  hocken,  hucken;  fitschein,  fitschen  (kärntnisch 
und  schweizerisch  Fr.  II,  341;  VI,  402)  steine  flach  Obers 
wasser  werfen,  dafs  sie  aufspringen,  und  ficken;  fötscheln, 
hätscheln,  fätschen  fatschen,  hin-  und  hereilen,  fitschelföt- 
scheln  (bairisch)  neben  fackeln,  facken  (den  ball  werfen) 
und  fickfacken;  quöttsche,  quittsche  in  salzunger  mundart 
hin-  und  herlaufen,  quetschvisite  stofsvisite  (Fromm.  11, 
287,  107),  quetschen  (Tirol,  ebd.  VI,  433)  hin-  und  her- 
laufen, quetsch  (der  hin-  und  herlaufende)  polizeidiener 
und  queck,  quicken;  quacken  seltener  ffir  quaken  und  quat- 
schen, undeutlich,  breit,  unschön  reden,  wie  man  in  Nord- 
hessen die  einwohner  von  Fulda  ihrer  breiten  spräche  we- 
gen ^Fulder  quatsche^  schimpft;  und  ebenfalls  hierher  ge- 
hörig quatschen,  in  zähem,  spritzendem,  klatschendem  kotbe 
gehen,  was  Weigand  (d.  wörterb.  s.  v.)  mit  unrecht  zu  lat. 
quassare  stellt.  Quitschen,  quitschen  neben  quiken  quiken; 
grätsche  krähe,  grätsch  häher  (Tirol,  Fromm.  IV,  53;  493) 
neben  gracksen,  grackeln;  mockele  neben  mutschele  hen- 
nebergische  kindernamen  der  kuh  (Fromm.  IV,  309);  tat- 
schen, tätscheln  und  (Tirol,  Fr.  IV,  444)  tekeln,  teckelen 
klopfen,  schlagen;  mantschen  aus  mangzen  (VTeigand  s.  v.); 
klecken  oder  flecken,  es  kleckt,  fleckt  und  flutschen,  es 
flutscht  d.  h.  es  kleckt  sehr,  kommt  rasch,  gut  vorwärts; 
ratsche  tönendes  instrument  mit  klappernd -rasselndem  ton 
und  rackeln,  einen  anrackeln,  rackelhahn  (Tetrao  me- 
dius)  u.  s.  w. 

Es  wäre  ermüdend,  weitere  beispiele  zu  häufen.  Das 
tsch  aller  dieser  worte  ist  also  entstanden  aus  dem  k  des 
Stammes  und  dem  verbal  ableitenden  -zen,  welchem  sich 
das  k  assimiliert  hat;  quetschen  z.  b.  steht  also  fQr  qui- 
kezen.     Ebenso    ist    aus    blikezen    nhd.   blitzen  geworden^ 


das  deatsche  tseh.  69 

nur  dafs  hier  das  z  nicht  in  seh  flbergieng,  wie  ebenso  in 
schmatzen  für  scbmakzen  (Gr.  gramm.  II,  219),  in  fitzen 
neben  ficken  und  fitscben,  in  gatzen  (Hans  Sachs  bei  Wei- 
gand  s.  V.)  neben  gaksen.  So  steht  rutschen  für  rutzen 
und  dieses  für  rukezen.  Die  aspiration  des  z  zu  seh  fin- 
det sich  übrigens  in  vielen  wo.ten,  wo  das  tsch  aus  t-z, 
nicht  aus  k-z  entstanden  ist,  z.  b.  Betsch  für  Peter  (Fr. 
VI,  456),  Lutsch,  Fritsch  für  Ludwig,  Friedrich,  platzen 
platschen  patschen  plantschen  pluntschen;  quetschen  drük- 
ken  mhd.  quetzen;  zwetsche  (1449  quetzig,  Weigand  s.v.) 
u.  s.  w.  Daneben  freilich  steht  zwitschern  mhd.  zwizzern 
und  salzburgisch  zwiggetzn  (Fromm.  III,  339),  so  dafs  es 
schwierig  ist,  über  den  Ursprung  des  tsch  in  diesem  worte 
zu  entscheiden. 

Im  inlaut  findet  sich  das  seh  för  z  nie  nach  einer 
gutturalis:  man  sagt  juchzen,  ächzen,  gacksen,  gracksen 
(neben  grätsch),  glucksen,  kruksen,  krunksen,  schluchzen, 
mucksen,  boxen,  lechzen,  krächzen  u.  s.  w.  Zu  mucksen 
mugire  fAVxac&ai  gehört  mockele  mutschele  kuh,  wie  sich 
auch  neben  mucksen  mutzen  (Weig.  s.  v.)  findet.  Wir 
haben  hier  natürlich  ein  schallwort,  dessen  grundlaut  in 
„muh^,  der  nachahmung  des  rindergebrülls,  weiter  lebt. 
Auch  nach  einer  labialis  hat  sich,  wiewohl  selten,  das  z 
in  seh  aufgeblasen:  so  in  rapschen,  grapschen,  gripschen, 
Worten,  welche  in  der  hessischen  Volkssprache  nicht  sel- 
ten sind. 

Häufig  stammt  diese  lautgruppe  aus  fremden,  roma- 
nischen oder  slawischen  palatallautcn,  z.  b.  peitsche  (poln. 
bicz,  Weig.  s.  v.),  matschen,  martschen  (ital.  marciare  ebd.), 
peitschen  (lat.  pelecina  ebd.),  petschaft  u.  s.  w.  Und  so 
finden  wir  sie  sehr  häufig  im  anlaut  in  südostdeutschen 
mundarten,  wo  sie  z.  th.  ebenfalls  auf  slawischen  oder  ro- 
manischen Ursprung  zurückgehen  (Zingerle  bei  Fromm. 
II,  8 f.;  Schöpf  ebd.  IV,  451),  wie  tschabattn  schlechte 
schuhe  it.  ciabatta,  tschaffit  käuzchen  it.  civetta,  tschagk 
hut  slaw.  czako,  tschigol  cikade  it.  cicala,  tschogkl  troddel 
it.  ciocca,  tschop  jacke  it.  giubba  (Schöpf  ebd.).  Andere 
Worte  aber  zeigen  tsch  für  deutsches  seh,  z,  so  tschallen 


70  G^rl^nd 

lallen  bair  schallen  plaudern;  tscbaltsch  schale,  tschilln 
schälen;  tschanderen  mfifsig  gehen,  schlendern,  slenderen, 
wie  1  auch  fehlt  in  tschamp  schlampe;  tschangken  ziehen, 
zerren,  abgerissen  läuten,  flachs  schlagen  und  tschangk, 
tschangkerl  (demin.)  teufel,  kobold  zum  selben  wurzelwort 
wie  zange  gehörig,  ags.  getingan  drängen,  tengan  dass. 
ahd.  gizengi  „enge  berührend,  andringend^  (Weigand  s.  v. 
zange),  so  dafs  tschangk  der  teufel  als  bedränger,  be- 
drücker  —  teuflische  wesen  aber  drücken  gern,  wie  der 
alp  —  aufgefafst  ist. 

Weitere  beispiele  geben  Schöpf  und  Zingerle  a.  a.  o., 
unter  anderem  Schöpf  zwei  höchst  merkwürdige  worte: 
tschürl,  tschorl  „entehrtes  mädchen^,  tschürkind  uneheliches 
kind,  sowie  tschüret  kraus,  tschürlkopf  krauskopf.  Hier 
scheinen  wir  allerdings  einen  palatalen  laut  in  dem  anlaut 
zu  haben :  denn  dafs  tschür-l  gleich  hure  ist,  leuchtet  schon 
dem  ersten  blick  ein  und  ebenso  scheint  in  tschüret  ein 
wort  erhalten,  welches  zum  selben  stamm  wie  lat.  curvus 
ahd.  kraus  gehört.  Eine  genauere  prüfung  wird  diese  ver- 
wandschaft  bestätigen.  Da  wir  in  hure  anlautendes  b,  in 
tschürl  seh  im  anlaut  haben,  so  mufs  das  wort  auf  eine 
Wurzel  zurückgehen,  welche  urindogermanisch  sk  anlautete. 
Dies  mag  skar  (Fick  vergl.  wörterb.  204)  sein,  ausschüt- 
ten, und  hierzu  pafst  die  von  Weigand  (s.  v.  hure)  ange- 
nommene gothische  verbale  grundform  haran  so  wie  das 
nhd.  har-n  sehr  gut.  Von  ganz  gleichlautender  urindoger- 
manischer Wurzel  skar  (Fick  203,  1  skar),  in  vollerer  form 
skvar  stammt  denn  auch  wie  lat.  cur-vus  griech.  xvfj-rog 
so  jenes  tirolische  tschüret  und  mhd.  nd.  krü-s,  nhd. 
kraus.  Denn  dafs  anlautendes  urindogerman.  sk,  skv  im 
deutschen  auch  durch  anlautendes  k  vertreten  wird,  das 
habe  ich  durch  eine  reihe  von  beispielen  im  osterprogramm 
(1871)  des  hallischen  Stadtgymnasiums  bewiesen.  Nun 
haben  wir  aber  auch  tschürl-kopf  lockenkopf  und  so  mag 
denn  auch  nhd.  krulle  krolle  locke  zur  gleichen  wurzel 
gehören,  als  eine  Weiterbildung  durch  ein  suffix  mit  I.  So 
ist  denn  weder  in  tschürl  noch  auch  in  tschür-et,  dessen 
ü  eine  folge  jenes  ursprünglichen,  aber  ausgefallenen  v  der 


daa  deutsche  tieh.  71 

Wurzel  ist,  von  einer  palatal-lautbildung  Irgend  die  rede, 
denn  auch  hier  hat  jener  anlaut  nur  das  alte  sk  in  der 
form  von  seh  bewahrt  und  das  t  vor  dem  seh  ist  nur 
mundartliche  lautänderung. 

Dafs  übrigens  jenes  anlautende  tscb  ganz  und  gar  auf 
dem  einflufs  des  rpmanischen  oder  slawischen  beruhe,  ist, 
weil  es  in  so  vielen  deutschen  worten  steht,  denn  doch 
nicht  glaublich.  Wir  sehen  darin  eine  mundartliche  Ver- 
stärkung des  lautes  seh,  wie  ja  das  deutsche  entschieden 
die  lautverbindung  tsch  auch  im  inlaut  liebt;  doch  mag 
auf  dieselbe  romanische  und  slawische  nachbarschaft  aller- 
dings gewirkt  haben. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  jene  lautgruppe  irgend  welche 
geltung  und  bedeutung  habe,  oder  ob  sie  rein  zufällig  ent- 
standen, ob  sie  nur  eine  bequemlichkeit  für  die  sprach- 
werkzeuge  sei.  Jedenfalls  beruht  auf  der  bequemlichkeit 
der  ausspräche  die  so  sehr  häufige  Verbindung  von  tsch, 
während  allerdings  k-sch  sehr  viel  unbequemer  und  wirk- 
lich schwierig  auszusprechen  ist.  Viel  leichter  fügt  sich 
p-sch  zusammen.  Allein  auch  jenes  tsch  hat  seine  bedeu- 
tung und  zwar  eine  onomatopoetische.  Man  höre  nur: 
klitschen,  klatschen,  patschen,  platschen,  ratsche,  knat- 
schen,  knutschen,  knitschen,  matschen,  manischen,  pant- 
schen, pluntschen,  zwitschern,  grätsch,  grätsche,  quatschen, 
quitschen,  tschirpen,  tschirken  neben  zirpen,  zirken  bei 
Stieler,  welche  worte  Weigand  (s.  v.  zirpen)  vielleicht  mit 
unrecht  auf  engl,  chirp  und  chirk  zurückführt.  Allein 
stammen  sie  auch  daher,  so  sind  sie  jedenfalls  aus  onoma- 
topoetischem gleichgefühl  herübergenommen.  Und  ferner 
salzburgisch  tschangken,  tschettern,  tschattern,  tschelpern 
bohl  klirren,  tschallen,  tscherfln  scharren  und  tschitschen 
zischen  sogar  mit  doppeltem  tsch.  Ebenfalls  onomatopoe- 
tisch ist  es  im  sufßx  einiger  vogelnamen  grilitsch,  schmu- 
nitz,  schwuntsch,  siblitsch-vink  (helgoländisch  der  stiglitz), 
das  zitsch-erlein  (Weigand  s.  v.)  und  da  diese  namen  alle 
slawischer  abkunft  sind  (osterprogr.  19),  so  zeigt  sich  hier 
zugleich  wieder  eine  neue  bestätigung  des  slawischen  ein- 
flusses  auf  die  bildung  der  lautgruppe  tsch.    Minder  deut- 


72  Gerland,   das  deutsche  tsch. 

lieh  aber  doch  wohl  noch  immer  vorhanden  zeigt  sich  diese 
lautmalende  geltung  der  lautgruppe  in  hätscheln,  tätscheln, 
fletschen,  ja  auch  in  rutscHen,  hutschen,  flutschen,  wo  we- 
nigstens der  breitgleitende  laut  tsch  eine  gewisse  symbo* 
lische  bedeutung  hat. 

Es  ist  nun  doch  noch  einiges  zu  bemerken.  Die  ver- 
balbildungen,  welche  t-sch  fQr  k-z  zeigen,  haben  fast  alle 
kurzen  vokal;  langer  vokal  zeigt  sich  nur  in  einigen  wenigen 
formen  und  hier  entschieden  als  spätere,  absichtliche,,  wohl 
lautmalende  oder  symbolisierende  längung,  wie  in  quitschen 
neben  quitschen,  in  gäutschen  (von  schlauchen  voll  flOssig- 
keit  gesagt),  knutschen  nd.  neben  hd.  knutschen.  Die  be- 
deutung der  verbalformen  auf  -zen  ist  eine  iterative  und 
zugleich  und  dadurch  öfters  deminutive.  Deshalb  sehen 
wir  diese  bildungen  auf  -tschen  sehr  häufig  aus  intensivis 
erwachsen.  Genauer  haben  wir  hierüber  an  einem  anderen 
orte  gehandelt  (intensiva  und  iterativa  und  ihr  verhältnifs 
zu  einander  36;  32). 

Unser  ergebnis  also  ist^  dafs  dies  tsch,  wo  es  wirk- 
lich deutsches  Ursprungs  ist,  sich  inlautend  und  auslautend 
aus  tz  entwickelt  hat,  dies  tz  selber  aber  häufig  durch 
assimilation  aus  kz  entstanden,  nirgends  aber  aus  der  gut- 
turalis  von  freien  stücken,  ohne  antretendes  sufSx  als 
ächte  palatalis  erwachsen  ist.  Im  anlaut  ist  tsch  wesentlich 
in  Südostdeutschland  (natürlich  Tirol,  Kärnten,  Steiermark 
mit  eingeschlossen)  zu  hause  und  so  weit  es  deutsch  ist  aus 
anlautendem  z,  seh  als  Verstärkung  dieses  lautes  gebildet. 
An-,  in-  und  auslautend  ist  es  fast  immer  absichtlich  laut- 
malend oder  wenigstens  von  lautsymbolischer  geltung,  da 
denn  schon  hierdurch  jeder  gedanke  an  rein  phonetische 
palatalentwickelung  schwindet.  Beachtenswerth  ist,  dafs 
alle  diese  formen  verhältnismäfsig  jung  sind.  In  der  Schrift- 
sprache der  mittelalterlichen  blütezeit  finden  sie  sich  noch 
nicht;  das  älteste  vorkommen  scheint  bei  Jeroschin  213 
die  rutsche  (abhang)  zu  sein,  welche  stelle  Weigand  (s.  v. 
die  rutsche)  anführt.  Mundartlich  mögen  die  bildungen 
weiter  zurückgehen,  indefs  wohl  kaum  und  nur  vereinzelt 
bis  ins  althochdeutsche,  wofür  Weigand  ebd.  ruhesche  aus 


Delbrttck,  anzeigen.  78 

Schmeller  m,  73  angibt.  Letzteres  buch  habe  ich  leider 
nicht  zur  band.  Auch  das  anlautende  tsch  scheint  nicht 
älter.  Unterstützt  diese  spätere  entstehung  der  lautgruppe 
nun  wieder  die  annähme,  dafs  fremder  einfiufs  sich  theil- 
weise  in  ihr  zeigt;  so  beweist  sie  auch  an  einem  neuen 
beispiel,  wie  die  spräche  auch  später,  auch  jetzt  noch  ono- 
matopoetisch schöpferisch  und  thätig  ist,  worüber  man  das 
intens,  und  iterat.  153  f.  und  osterprogr.  20  f.  ausfQhrlicher 
entwickelte  vergleichen  mag. 

Halle  a.  S.,  den  26.  Oktober  1871. 

Georg  Gerland. 


Znr  gescbicbte  des  indogermanischen  vocalismus  von  Johannas  Schmidt. 
Erste  abtheiliing.     Weimar,  Hermann  Bohlau.     1871. 

Bekanntlich  hat  Schleicher  den  vocalreihen  eine  ganz 
besondere  Sorgfalt  zugewendet.  So  viel  nun  auch  sein 
ordnender  sinn  auf  diesem  gebiete  zurechtgerückt  und  auf- 
geklärt hat  —  alles  in  allem  genommen  wird  man  doch 
zugeben  müssen,  dafs  er  die  erscheinungeu  mehr  formulirt 
als  erklärt  hat.  Es  ist  ihm  z.  b.  nicht  gelungen,  zu  er- 
mitteln, warum  in  gewissen  fällen  ein  übertritt  aus  der 
einen  vocalreihe  in  die  andere  stattgefunden  hat,  warum 
—  um  nur  einen  bekannten  fall  zu  erwähnen  —  das  go- 
tische greipan  graip  gripum  gripans  als  grundvocal  ein  i 
zeigt,  während  doch  sein  indisches  gegenbild  grabh  in  die 
a-reihe  gehört.  Dies  problem  des  Übertrittes  aus  der  einen 
in  die  andere  reibe  versucht  nun  Johannes  Schmidt  in  sei- 
ner ganzen  tiefe  zu  erfassen  und  zu  lösen,  und  hat  mit 
der,  wie  mir  scheint,  in  der  hauptsache  glänzend  und  über- 
zeugend gefQhrten  Untersuchung  seinem  verstorbenen  lehrer 
die  d^qinrga  auf  das  würdigste  entrichtet. 

Wie  schon  die  worte  „indogermanischer  vocalismus^ 
besagen,  soll  sich  die  Untersuchung  auf  alle  indogermani- 
schen sprachen   erstrecken.     Dieser  hohen  anforderung  ist 


74  Delbrück 

der  Verfasser  in  einem  maafse  gerecht  geworden,  wie  es 
jedenfalls  nur  sehr  wenige  Sprachforscher  ihm  nachthon 
könnten.  Dafs  er  sich  auf  dem  gebiete  der  lituslavischen 
sprachen  als  specialist  mit  behaglichkeit  bewegt,  ist  be- 
kannt, aber  auch  in  den  übrigen  sprachen,  mit  einziger 
ausnähme  des  keltischen,  hat  er  mehr  oder  minder  ein- 
gehende quellenstudien  gemacht.  Nirgends  vermifst  man 
die  autopsie  der  eigenen  arbeit.  Mit  glücklichem  gri£f 
hat  er  einen  dankbaren  noch  wenig  bearbeiteten  8to£f 
erwählt.  So  ist  ihm  denn  eine  arbeit  entstanden,  aus  der, 
wie  ich  dreist  behaupte,  alle  Sprachforscher,  alt  und  jung, 
etwas  lernen  können. 

Die  einleitung  (bis  s.  j  0)  enthält,  auiser  der  vorläufigen 
formulierung  des  problems,  einige  bemerkungen  methodi- 
schen inbalts,  die  für  mich  nicht  durchaus  überzeugend 
sind.  Die  erste  betrifil  die  indogermanischen  wurzeln. 
Mancher,  der  in  Ficks  Wörterbuch  herumblätterte,  wird 
sich,  wenn  er  z.  b.  auf  die  fünf  wurzeln  von  der  anmuthi- 
gen  form  kak  stiefs,  mit  den  bedeutungen:  lachen,  binden, 
umgürten,  hangen  und  bangen,  leiden  —  mancher  wird 
sich  schon  die  frage  vorgelegt  haben,  wie  sich  denn  unsere 
lieben  vorfahren  mit  solcher  spräche  verständigen  konnten. 
Auch  S.  hat  sich  offenbar  mit  dieser  Schwierigkeit  im 
kämpf  befunden.  Er  meint:  Die  Ursprache  hatte  bei  ihrer 
Spaltung  schon  eine  lange  entwickelung  durchlaufen,  und 
es  wäre  ein  ungeheurer  irrthum  anzunehmen,  dafs  die  in- 
dogermanischen wurzeln  in  der  gestalt,  wie  wir  sie  jetzt 
aufstellen  können,  die  ä  fleur  de  coin  erhaltenen  gepräge 
der  ersten  Sprachbildung  wären.  Ihre  für  uns  erreichbare 
gestalt  ist  schon  das  product  eines  Jahrtausende  langen 
lebens  —  —  wir  müssen  annehmen,  dafs  die  gleichheit  von 
pa  trinken  und  pa  schützen  erst  eingetreten  ist,  als  beide 
in  der  Verbindung  mit  sufSxen  ihre  Selbständigkeit  verloren 
hatten  u.  s.  w.  (s.  7).  Bei  dieser  ausf&hrung  hat  S.,  wie 
mir  scheint,  einen  ungemein  wichtigen  bestandtheil  der 
Wurzel  nicht  mit  in  rechnung  gezogen  —  den  ihr  anhaf- 
tenden ton.  Wir  müssen  uns  doch  von  der  wurzelperiode 
des  indogermanischen   eine  Vorstellung  zu   machen  suchen 


•nseigen.  75 

nach  der  analogie  einsilbiger  sprachen:  welche  rolle  bei 
der  ausprägung  der  bedeutung  nun  der  ton  gerade  in  die- 
sen sprachen  spielt,  ist  bekannt.  Ich  setze  eine  stelle  her 
aus  einem  aufsatze  von  Bastian:  Ueber  die  siamesischen 
laut-  und  tonaccente,  monatsber.  Berl.  acad.  Juli  1867  s.367: 
„In  der  ausspräche  des  siamesischen  finden  sich  vier  Va- 
riationen des  gleichmäfsig  ebenen  tones,  der  in  unseren 
sprachen  vorwiegt,  und  diese  ab  weichungen  dienen  nicht 
dazu  dem  inhalte  der  phrasen  einen  verschiedenen  ausdruck 
zu  geben,  sondern  sie  verändern  die  bedeutung  des  mono- 
syllabischen buchstaben-complexes,  auf  welchen  sie  fallen. 
So  bedeutet  ha:  zu  suchen,  ha  dagegen:  fQnf^.  Ebenso 
wie  die  zwei  ha  im  siamesischen  schieden  sich  nun,  meine 
ich,  die  zwei  pa  im  indogermanischen.  Und  zwar  wird 
pa  trinken  einen  helleren,  pa  schützen  einen  dumpferen 
ton  gehabt  haben.  Natürlich  ist  mit  der  flexionssprache 
ein  vollkommen  anderes  accentprincip  eingetreten.  Die 
spuren  jenes  alten  lassen  sich  vielleicht  nur  noch  in  eini- 
gen vocalförbungen  erkennen. 

Dies  der  eine  punkt  von  methodischer  Wichtigkeit.  Der 
zweite  betrifft  die  frage,  ob  die  wurzeln  noch  in  der  ein- 
zelsprache  Selbständigkeit  haben  oder  nicht.  Ich  stimme 
S.  darin  bei,  dafs  nach  ausprägung  der  flexionssprache  von 
einem  geschlecht  zum  andern  nicht  wurzeln  und  sufSxe, 
sondern  worter  überliefert  werden,  aber  ich  glaube,  dafs 
er  —  um  nur  eins  hervorzuheben,  denn  alle  Seiten  der 
frage  sollen  hier  nicht  berührt  werden  —  sich  die  Ursprache 
zu  arm  denkt.  Ein  beispiel,  das  er  selbst  anführt,  diene 
zur  veranschaulichung.  „Wir  finden  nebeneinander  skr.  ri- 
nakmi  Xsinco  linquo  ahd.  bi-llbu,  lit.  lökü.  Hier  meint  man, 
das  indische  und  lateinische  haben  aus  der  wz.  rik  das 
praesens  mittels  nasalierung,  griechisch  deutsch  und  litauisch 
dagegen  mittels  Steigerung  des  wurzelvocals  gebildet  Aber 
so  sicher  wie  es  überhaupt  eine  indogermanische  Ursprache 
gegeben  hat,  und  so  sicher  in  dieser  die  wz.  rik  vorhan- 
den war,  ebenso  sicher  hat  diese  wurzel  auch  vor  der 
Sprachtrennung  schon  ein  praesens  gebildet^.  Es  heilst 
dann  weiter,   unsere  aufgäbe  sei,  zu   untersuchen,    welche 


76  Delbrück 

praesensbildung  vor  der  sprachtrennung  vorhanden  gewe- 
sen ist.  Dagegen  läfst  sieh  nur  einwenden,  ob  man  nicht 
statt  ^jpraesensbildung^  vielmehr  praesensbildung en  sagen 
müsse.  Ich  meine,  es  sind  in  der  Ursprache  mehrere  bil- 
dungen  vorhanden  gewesen;  manche  sind  auch  in  die  ein- 
zelsprachen (übertragen  worden,  die  eine  aber  hat  diese, 
die  andere  jene  gerettet.  Ich  komme  auf  diese  ansieht,  die 
besonders  durch  das  älteste  indische  verbum  gestützt  wird, 
noch  zurück. 

Wir  folgen  nun  dem  verf.  in  die  Untersuchung  selbst. 
Das  erste  capitel  handelt  von  dem  verhältnüs  der  a-  und 
i-reihe  im  slavischen,  und  gelangt  zu  dem  von  Schleicher 
wesentlich  abweichenden  resultat,  dafs  von  einer  mischung 
beider  reihen  (mit  einer  ausnähme)  nicht  die  rede  sein 
könne,  aus  dem  gründe,  weil  sie  nicht  mehr  deutlich  zu 
trennen  sind.  Die  vocale  T  i  e  sind  gemeingut  beider  rei- 
hen geworden.  Wer  der  darlegung  des  verf.  folgt,  wird 
schwerlich  umhin  können,  ihm  gegen  Schleicher  recht  zu 
geben.  Ich  hebe  hier  nur  einige  punkte  hervor.  Hinsicht- 
lich des  i  ergiebt  sich:  sämmtliche  altbulgarische  i  sind 
einmal  lang  gewesen  und  ein  theil  derselben  ist  aus  vor- 
historischen i  -  diphthongen  hervorgegangen  (z.  b.  2ivü  = 
lit.  g]^vas,  zima  s=  lit.  äemä,  lice  =  got.  leik  u.  a.  m.). 
Diese  beobachtung,  die  übrigens,  wie  ich  aus  Böhtlingk 
beitrage  zur  russischen  grammatik  Mel.  russes  tome  II. ' 
(1851 — 55)  p.  32  ersehe,  Eatkov  schon  1845  in  seiner  in 
Moskau  erschienenen  schrift  o6i>  aaesieHmaxi»  h  «opmax'b 
caaBflHO-pjccKaro  asbiKa  ausgesprochen  hat,  liegt  so  nahe, 
dafs  man  die  frage  aufwerfen  mufs,  wie  es  denn  gekom- 
men sei,  dafs  sie  Schleicher  entgangen  ist,  der  das  i  frü- 
her als  Vertreter  von  ursprünglich  kurzem  und  langem  i 
nahm,  im  compendium  dagegen  als  grundvocal  der  i-reihe, 
d.  h.  als  ursprünglich  kurz  auffafst.  Augenscheinlich  ha- 
ben wir  hier  dieselbe  erscheinung  vor  uns,  wie  Schleichers 
annähme  einer  zweiten  Steigerung  im  griechischen,  goti- 
schen etc.,  die  ihn  in  unentwirrbare  Schwierigkeiten  ver- 
wickelt: die  freude  an  reinlichen  vocalreihen  trübte  bis- 
weilen auch  seinen  scharfen    und  nüchterneu   blick.     Die 


anzeigen.  77 

steigeruDgereiben  übten  auf  Scbleicber  offenbar  denselben 
Zauber  aus,  wie  die  ablautsreiben  auf  Jacob  Grimm.  Nur 
dafs  die  motive  bei  den  beiden  grundverschiedenen  män- 
nern  auch  grundverschieden  waren.  Bei  Jacob  Grimm 
lag,  wie  Soherer  so  geistreich  ausgeführt  hat,  im  hinter- 
grunde  eine  rein  elementare  freude  am  vocalischen  Wohl- 
klang, bei  Schleicher  offenbar  sein  bang  zum  schematisie- 
ren, derselbe,  der  ihn  der  Hegeischen  philosophie  in  die 
arme  getrieben  hat.  —  Interessant  ist  die  behandlung  des 
altbulgarischen  L  Es  entspricht  1)  einem  ursprünglichen  ä 
und  zwar  soll  das  ursprüngliche  ä  da  zu  e  geworden  sein, 
wo  auch  die  verwandten  sprachen  e  eintreten  liefsen.  So 
steht  dati  (lit.  du'ti)  neben  SvSovai  und  dare,  aber  deti 
(lit.  d^'ti)  neben  tid^ivai.  S.  scheint  also  diese  e  aus  einer 
vorslavischen  epoche  herzuleiten.  Aber  gegen  die  annähme, 
dafs  in  den  von  S.  angeführten  Wörtern  das  a  schon  in  der 
europäischen  grundsprache  zu  e  geworden  wäre^  spricht 
nach  meiner  meinung  der  thatbestand  im  deutschen.  Denn 
ahd.  tuom  und  as.  döm  können  doch  schwerlich  auf  eine 
grundform  de  zurückgeführt  werden.  Ebenso  steht  es  mit 
sejati  serere  sem^  lit.  s^'ti  se'mens  lat.  ^6men,  s^vi  und 
v^jati  flare  lit.  ve'jas  wind  a^tjfn^  die  ebenfalls  s.  14  her- 
angezogen werden.  Got.  saian  und  vaian  können,  wie  auch 
Job.  Schmidt  (d.  zeitschr.  XIX,  278)  ausführt,  nur  aus  sä 
und  vä  entstanden  sein  (vgl.  ahd.  säjan  as.  säjan  mit  dem 
praet.  seu  neben  säida  ahd.  wäjan).  Zwar  ist  von  Holtz- 
mann  altdeutsche  grammatik  s.  11  der  versuch  gemacht 
worden,  saian  und  vaian  aus  *se-an  und  *ve-an  zu  deuten, 
aber  dieser  versuch  dürfte  schwerlich  anklang  finden.  Holtz- 
mann  sagt:  „Ein  dritter  sehr  wichtiger  fall  des  ai  ist  ai 
vor  vocalen  statt  des  langen  e.  Die  verba  laia  saia  vaia 
sind  nicht  laia  säia  väia,  welche  lajasaja  vaja  werden 
müfsten.  Diese  verba  redupliciren  wie  teka  taitok,  müfs- 
ten  also  eigentlich  lauten  lea,  lailö;  sda,  saisö;  vea,  vaivö. 
Weil  aber  der  Gothe  langen  vocal  vor  vocal  meidet,  so 
wird  statt  des  langen  e  das  kurze  e,  ai  gesetzt.  Dies  ai 
ist  also  ai,  kurz  e,  nicht  der  diphthong  ai^.  Dagegen  ist 
u.  a.  einzuwenden   1 )  dafs  auch  saijan  geschrieben  wird, 


78  Delbrttck 

z.  b.  Marcus  IV,  14  sa  saijands  vaurd  saijip.  Wie  sollte 
sich  aber  aus  e  ein  j  entwickelt  haben?  2)  dafs,  wie  das 
slavisehe  und  die  deutschen  dialekte  beweisen,  diese  verba 
im  praesensstamme  ja  hatten,  was  bei  Holtzmanns  hypo- 
these  im  gotischen  gänzlich  beseitigt  wird.  Somit  wird  es 
wohl  dabei  bleiben,  dafs  in  diesen  verben  k  anzusetzen  ist. 
Und  dies  aber  sollte  sich  aus  einem  e-vocal  einer  vor-^ 
germanischen  epoche  entwickelt  haben?  Bis  nicht  die 
Wahrscheinlichkeit  eines  solchen  Überganges  nachgewiesen 
ist,  wird  man  die  von  Schmidt  angeführten  Übereinstim- 
mungen in  der  vocalfärbung  für  zufällig  halten  müssen. 
Das  e  entsteht  2)  innerhalb  des  slavischen  durch  debnung 
oder  Steigerung  aus  e  und  I,  mag  dieses  nun  urspr.  i-vocal 
sein,  oder  aus  a  geschwächt.  An  dieser  stelle(  s.  16)  hat  sich 
S.  besonders  gegen  den  schein  zu  wenden,  als  ob  i  auch 
aus  ü  entstehen  könnte.  Durch  Miklosich,  der  im  Wörter* 
buch  durchgehends  im  inlaute  der  Wörter  rü,  lü  schreibt, 
auch  wo  die  besten  handschriften  ri  li  haben,  kann  man 
leicht  zu  dieser  falschen  ansieht  verführt  werden.  So  ist 
nach  M.  kr^siti  excitare  auf  eine  wurzelform  krüs  zurück- 
zuführen, aber  der  cod.  Ostromir.  und  andere  slaviscbe 
sprachen,  z.  b.  das  russische  voskresnnti,  sprechen  für 
kris.  &  ist  also  Steigerung  von  if.  Sehr  sinnreich  ist  der 
ans  weg,  der  für  mlesti  mulgere  gefunden  wird,  bei  dem 
eine  grundform  mluz  deutlich  vorliegt.  S.  nimmt  an:  die 
slaviscbe  grundform  war  *milz  entsprechend  äfAikysiv^  das 
1  wurde  nun  zu  £  gesteigert,  was  in  mlesti  vorliegt,  oder 
durch  1  zu  u  verdumpft,  was  in  mlüzq  vorhanden  ist.  Für 
diesen  einflufs  des  1  liegen  sichere  beispiele  vor  (s.  21). 
Es  ergiebt  sich  also  das  wichtige  resultat:  i  entspringt  nur 
aus  e,  1  durch  Steigerung.  Ich  sehe  zu  meiner  freude, 
dafs  Schmidt's  auffassung  des  slavischen  vocalismus  auch 
Leskiens  volle  Zustimmung  gefunden  hat  (liter.  centralblatt 
1871  no.  49).  Diese  erörterungen  waren  nöthig,  um  zu 
constatieren ,  dafs  von  einem  übertritt  aus  der  a-  in  die 
i-reihe  im  slavischen  nicht  eigentlich  die  rede  sein  könne. 
Unzweifelhaft  ist   diese  erscheinung    in  anderen  sprachen. 


anzeigen.  79 

und  zwar  spielt  der  nasal  dabei  eine  wichtige  rolle.  Es 
wird  daher  im  folgenden  abschnitt  von  der  vocaldehnong 
und  Steigerung  durch  nachfolgende  nasale  gehandelt 
(29  flgd.).  Man  redet  bekanntlich  von  einem  übertritt  des 
nasals  aus  dem  suffix  in  die  wurzel,  z.  b.  in  scindo  neben 
(Txtdvf]fAi^  in  jungo  neben  ^siyvv^i^  manthämi  neben  math- 
nämi  u.  a.  m.  Dafs  mänäsi  in  gleicher  weise  aus  maoas-ni 
entstanden  sei,  ist  sehr  wahrscheinlich  (s.  31).  Ich  möchte 
nur  eine  bemerkung  zu  diesem  capitel  machen.  Man  kann 
doch  nicht  wissen,  ob  alle  angeführten  fälle  auf  gleiche 
weise  erklärt  werden  dürfen,  z.  b.  manthämi  neben  math- 
nämi  könnte  auch  so  aufgefafst  werden,  dafs  man  von  der 
form  manth  ausgdbt,  ^manth-ndmi  wäre  in  der  ersten  silbe 
auf  dieselbe  weise  und  aus  demselben  gründe  erleichtert 
worden,  wie  z.  b.  gatä.  Ein  zweiter  abschnitt  (33  flgd.) 
handelt  von  der  dehnung  von  vocalen  durch  nachfolgende 
nasale.  Schon  aus  den  arischen  sprachen,  obgleich  in  ih- 
nen die  nasale  noch  verhältnifsmäfsig  wenig  Verwandlung 
verursacht  haben,  weifs  S.  eine  ziemliche  anzahl  von  be- 
legen beizubringen,  z.  b.  jätar  aus  *jantar  (vgl.  janitrices) 
bädhat^  zu  fend.ere  (worüber  später).  Sehr  ansprechend 
ist  sädhu  aus  ^sandhu  (obgleich  freilich  im  sanskrit  keine 
spur  eines  einstigen  nasals  vorliegt)  =  deutsch  gesund 
(s.  35).  üeber  die  art,  wie  aus  einem  kurzen  vocal  -f- 
nasal  ein  langer  vocal  werden  kann,  werden  s.  46  flgd.  sehr 
lehrreiche  betrachtungen  angestellt,  in  denen  indische,  alt- 
baktrische,  isländische,  englische  laut  Vorgänge  wirksam 
confrontirt  werden.  Der  wesentlichste  punkt  ist  der,  dafs 
der  kurze  vocal  durch  den  folgenden  nasal  zum  nasal  vocal 
wird  («.  b.  altbactr.  räna  =  skr.  rana),  der  dann  leicht 
verlängert  wird.  So  entsteht  eine  schwer  sprechbare  gruppe 
und  es  ringen  vocallänge,  nasalirung  und  nasal  mit  einan- 
der. Freunde  der  lautphysiologie  seien  auf  diesen  passus 
besonders  hingewiesen.  Mit  dem  abschnitt  „B  deutsch^ 
nähern  wir  uns  einem  höhepunkte  des  buches.  Unter  1 
kommen  dievocaldehnungen  ohne  reihenwechsel  zur  spräche. 
Ein  theil  der  beispiele  ist  gewifs  sicher,  z.  b.  Iwa  arawlz 
kllster  (s.  48).     Zweifel  sind  gestattet  bei  huhrus  und  ge- 


80  Delbrück 

nosseu  (s.  43),  wo  S.  und  Holtzmann  laoges  u  ansetzen. 
Aber  wer  sagt  uns,  dafs  wirklieh  das  u  im  gotischen 
schon  lang  war  und  nicht  erst  nasal?ocal,  was  Heyne's 
meinung  ist  (Ulfilas  5.  aufl.  s.  382).  Für  einige  andere 
falle  ist  die  möglichkeit  zuzugeben.  Es  sind  beita  bilxbu 
veiha  sibu  anord.  mig,  wo  überall  der  diphtbong  oder  sein 
Vertreter  aus  i  +  n  entstanden  sein  soll.  Aber  es  kann 
auch  sein,  dafs  wir  bei  beita,  woneben  bh^dati  (vedisch), 
billbu,  woneben  Asi^rco,  sihu,  woneben  sekata  (Rv.  X,  96, 1); 
mig,  woneben  im  sanskrit  nur  mehati,  doppelformen  anzu- 
nehmen haben,  von  denen  die  eine  erst  im  deutschen  ge- 
schwunden ist.  Dagegen  der  folgende  abschnitt  „2.  über- 
tritt aus  der  a- reihe  iu  die  i-reihe^  dürfte  wohl  auf  fast 
ausnahmslose  billigung  rechnen  können.  Dafs  ein  aus  an 
geschwächtes  in  im  deutschen  zu  I  werden  konnte,  das 
beweist  got.  seiteins  aus  sinteins.  Verhängnifsvoll  wurde 
dieser  lautwandel  bei  verbis.  Dafs  got.  theihan  zu  der 
Wurzel  tak  gehört,  war  schon  längst  bekannt  (Curtius 
grundz.^  207)  und  auch  lit.  tenkü  dazu  gestellt.  Wie  er- 
klärt sich  aber  der  i-vocal  im  gotischen,  neben  dem  im 
alts.  noch  das  alte  a  in  thingan  thang  erscheint.  Darauf 
giebt  S.  die  antwort:  „war  nun  im  deutschen  ursprüng- 
liches a  vor  nasalgruppe  im  praesens  zu  i  geschwächt  und 
trat  dann  dehnung  an  stelle  der  nasalierung,  so  war  der 
erfolg  das  auftauchen  eines  vocales  l  (ei),  welcher  bisher 
nur  bei  i- wurzeln  im  praesens  üblich  war.  Nun  herrscht 
ein  fast  pedantischer  Ordnungssinn  in  der  regelung  der 
deutschen  vocalverhältnisse,  eine  ausbildung  fest  bestimm- 
ter analogien,  wie  sie  in  gleichem  mafse  nirgendwo  ^onst 
auf  indogermanischem  gebiete  zu  beobachten  ist.  Das  re- 
sultat  derselben  sind  die  sogenannten  ablautsreihen,  in  wel- 
chen ein  primäres  verbum  mit  der  vocalisation  seines  prae- 
sens sofort  die  unabweichliche  norm  für  alle  übrigen  for- 
men erhält.  War  also  in  einer  wurzel,  welche  bisher  der 
ablautsreihe  inx  :  anx  :  unx  (x  =  beliebiger  consonant) 
angehörte,  aus  dem  praesentischen  inx  ein  Ix  geworden, 
so  forderte  das  analogisierende  streben  die  weitere  abwand« 
lung:  perf.  aix  pl.  perf.  und  part.  ix,  d.  h.  die  ursprünglieb 


anzeigen.  81 

auf  die  a- reibe  angewiesene   wurzel  ward   in   die  i-reihe 
hinüber  gedrängt"  (s.  50).   Der  eben  beschriebene  Vorgang 
wird    nun    angenommen    bei    den    Wörtern    leihts    theihan 
tbreiban  slicban  stncan  bliean  reibhan  mbd.  knge  usgaisjan 
glizan  altn.  drita  mbd.  spllze  altn.  svida  slidan  glldan  skrl- 
dan  disskreitan  kllban  bivaibjan  nipan  greipan  vraiqs  braids 
garaids.     Nicht   alle    fälle    sind    gleich    überzeugend.     So 
scheint  mir  krlge   nicht  hinreichend  gesichert,    bei  vraiqs 
ist  die  mögKchkeit  nicht  ausgeschlossen,   dafs   es  auf  eine 
grundform  *vragia  zurückgeht,    dagegen   für  die  mehrzahl 
steht    das  hochwichtige  resultat  eines   durch   vocalschwä- 
chung  und   darauf  folgende  (durch  den  nasal  veranlafste) 
Verlängerung   motivirten   Übertrittes   aus  der  a-   in  die  i- 
reihe  fest.     Dagegen   dürfte  laikan  trotz   Bugge   hinzuzu- 
fQgen  sein.     Denn   es   ist   doch  wohl   von  altir.  lingid-sem 
tar  aes  transilit  aetatem   (Z.*  p.  437)    nicht    zu  trennen. 
Als  kehrseite  sind   zu  betrachten  (3)   die  verba,    die  im 
praesens  ein   ursprüngliches  i   hatten  und    aus   ganz   ähn- 
lichen gründen  in  die  a-reihe  gedrängt  wurden,  wie  siggqan 
saggq,    deren  praesens  irrthümlich  für  gleichgebildet  ge- 
halten wurde  mit  praes.  wie  bindan.     Ich  kann  diese  par- 
tie  des  buches  nicht  verlassen  ohne  darauf  aufmerksam  zu 
machen,    wie  wichtige  dienste    für  erkenntnifs    des  deut- 
schen   das  litauische  und  slavische   geleistet  hat.     S.  hat 
diesen    gesichtspunkt    zuletzt    in    der    recension    von   Leo 
Meyers  gotischer  spräche  nachdrücklich  geltend  gemacht, 
und  es  gehört  nicht  viel  prophetengabe  dazu,  um  voraus- 
zusagen, dafs  nun  endlich  die  zeit  gekommen  ist,  wo  die 
wichtige  von  Grimm  und  Schleicher  ausgesprochene  wahr* 
heit  von  der  nahen  Verwandtschaft  des  lituslavischen  und 
deutschen  energisch  im  Interesse  der  deutschen  grammatik 
ausgebeutet  werden   wird.     Die  Germanisten   werden   gut 
thun,    von  den  slavischen   Studien   mehr  als   sie  bis  jetzt 
meist  gethan  haben,  notiz   zu  nehmen.     In  dem  abschnitt 
C  werden  dann  dieselben  Vorgänge  für  das  litauische  er- 
wiesen.    Auch   auf  dem  gebiete  des  litauischen    und  alt- 
slavischen  (67 — 88)  zeigen  sich  S.'s  ansohauungen  frucht- 
bar und  aufklärend  nach   mehreren  Seiten   hin.     Ich  ver- 

Zeitschr.  f.  vgl.  spracbf.  XXI.  1.  6 


82  Dtflbrttck 

sage  es  mir,  um  diese  anzeige  nicht  allzusehr  auszudeh- 
nen, darauf  näher  einzugehen,  um  so  mehr,  da  ich  mich 
doch  meist  nur  referirend  verhalten  möfste,  und  wende  mich 
sofort  zu  s.  88fgd.  Da  das  lituslavische  und  deutsche  öf- 
ter an  denselben  werten  dieselbe  erscheinung  zeigen,  so 
liegt  die  frage  nahe,  ob  vielleicht  in  einem  oder  dem  an- 
deren Worte  der  Vorgang  in  die  zeit  der  slavodeutschen 
Spracheinheit,  welche  S.  nordeuropäisch  nennt,  heraufge- 
rückt werden  könne.  Dies  nimmt  S.  för  drei  worte  an, 
1)  got.  leik,  altb.  lice;  2)  got.  beidan,  altb.  o-bida;  3)  ahd. 
heitar,  lit.  skaidrüs  hell.  För  das  erste  wortpaar  wird  die 
identität  mit  skr.  linga-m  schlagend  erwiesen.  Auch  beidan 
findet  überraschende  und,  was  mehr  sagt,  überzeugende 
anknüpfung.  Als  grundbedeutung  ist  aufzustellen:  ertra- 
gen, über  sich  ergehen  lassen,  welche  herüberführt  zn 
griech.  nsvd'  7ia&  in  nda^co.  Daran  schliefst  sich  indisch, 
bädh  und  lat.  -fendere.  Als  urform  wäre  ^bhandh  anzu- 
setzen, als  Urbedeutung:  drängen,  verdrängen  (skr.  lat.), 
dann  bedrängen,  peinigen  (skr.  slav.),  druck  empfinden, 
etwas  ertragen  (skr.  griech.  deutsch).  Die  formen  sind 
schon  von  Grafsmann  zum  theil  vermittelt,  die  bedeutuii- 
gen  erst  von  S.  Mir  scheint  S.'s  darlegung  so  überzeu- 
gend, dafs,  wie  ich  glaube,  Curtius'  etymologie  von  näcx^f^ 
dagegen  aufzugeben  ist.  Die  identification  von  heitar  und 
skaidrüs  endlich  ist  ebenfalls  ansprechend.  Da  nun  in  den 
erwähnten  Wörtern  nur  das  slavodeutsche  Sprachgebiet  den 
i-YOcal  zeigt,  und  nur  diesen,  so  ist  es  allerdings  möglich, 
dafs  diese  sprachen  ihn  haben  eintreten  lassen,  als  sie  noch 
eine  spräche  bildeten.  Aber  nothwendig  ist  der  schluis 
natürlich  nicht,  denn  es  kann  ja  auch  jede  spräche  f&r 
sich  denselben  weg  gewandelt  sein.  Von  dem  norden  Ea- 
ropa's  wenden  wir  uns  zum  Süden,  zuerst  zu  den  Latei- 
nern, dann  den  Griechen  und  darauf  den  Graecoitalero. 
S.  nimmt  also  eine  graecoitalische  epoche  an,  was  ich  hier 
nur  constatirt  haben  will,  ohne  mich  dafür  oder  dawider 
zu  äufsern,  aus  dem  gründe,  weil  ich  nichts  darüber  su 
sagen  weifs.  Im  lateinischen  wird  zunächst,  meist  im  ge- 
gensatz  und  mit,  wie  mir  scheint,  glücklicher  polemik  ge- 


anzeigen.  $3 

gen  Corssen,  die  existeitz  von  nasal vocalen  nachgewiesen. 
Nur  wenn  wir  solche  annehmen,  erklärt  sich  z.  b.  die  be- 
zeugte länge  von  benignus  und  ähnl.  Augenscheinlich  ist 
im  lateinischen  nicht  selten  die  sogenannte  epenthese  des 
u  eingetreten,  von  der  oben  gesprochen  wurde,  so  dafs 
also  ^beningnus  gesprochen  worden  sein  mufs.  Aus  dem 
in  aber  wurde  langer  nasalvocal  der  in  der  schrift  nur  als 
einfacher  langer  vocal  bezeichnet  wurde.  Schlagend  wird 
die  richtigkeit  dieser  annähme  durch  die  behandlung  auf- 
geklärt, die  dem  n  von  con  und  in  vor  gn  zu  theil  wurde. 
Man  schrieb  bekanntlich  congerere  congredi  etc.,  aber  co- 
gnatus  cognosco?  Warum  das?  War  das  n  in  congerere 
anders  auszusprechen  als  das  in  ^congnoscoP  Gewifs  nicht. 
Bezeugt  doch  Priscian,  dafs  n  vor  g  zum  gutturalen  nasal 
wurde.  Der  grund  ist  einfach  folgender:  Weil  man  das 
was  man  signum  schrieb  «Is  Signum  aussprach,  darum 
schrieb  man  das  cognosco  was  man  cognosco  aussprach. 
Natürlich  aber  congero,  weil  cogero  nur  mit  einfachem  o 
ausgesprochen  worden  wäre.  Das  verschwinden  des  nasals 
übrigens  vor  h  (cohibere)  erinnert  an  huhrus  neben  huggr- 
jan,  juhiza  neben  juggs,  l  eihan  neben  thingan  u.  ähnl. 

Diesen  allgemeineren  erörterungen  über  nasalirung  im 
lateinischen  schliefst  sich  die  aufzählung  der  Wörter  an,  bei 
denen  ein  langer  vocal  aus  vocal  +  nasal  zu  erklären  ist. 
Es  sind  väcillare  (so  ist  nach  ausweis  der  etymologie  zu 
schreiben),  vielleicht  mäcerare  ferner  scröfa,  metior  v€sica 
pisere  flgo  hibernus  obliquus  fligere  mica  praeda  (das  aus 
*praehlda  und  dies  aus  ^praehenda  gedeutet  wird)  scipio 
(vgl.  axifiTKov)^  endlich  das  suffix  -ico,  das  in  sehr  beach- 
tenswerther  weise  mit  deutschen  und  slavischen  suffixen  ver- 
mittelt wird  (vgl.  106  mit  82).  Man  wird  wohl  so  ziem- 
lich alle  diese  fälle  als  richtig  zugeben  müssen,  zweifei 
bleiben  noch  bei  mica  praeda,  und  für  einige  Sprachfor- 
scher, z.  b.  Corssen,  wird  hibernus  nicht  überzeugend  sein. 
Wir  constatiren  noch,  dafs  von  einem  übertritt  aus  der  a- 
in  die  i-reihe  beim  lateinischen  mit  seinem  starren  voca- 
lismus  in  dem  sinne  wie  z.  b.  beim  deutschen  nicht  ge- 
sprochen werden  darf.  Aus  dem  griechischen  sprach- 
en 


84  Delbrück 

gebiet  werden,    nach    einigen    allgemeineren    erörterungeii 
über  nasale  (woraus  s.  113    hervorzuheben  ist,   was  S.  zu 
Curtius'  erklärung   der   asigmatischen  nominative  wie  Sai-- 
ficDP  bemerkt)  von   118   an   die  Wörter   hervorgehoben,   in 
denen  die  länge  aus  vocal  +  nasal  entstanden  sein  soll.  Im 
ganzen  genommen  dürfte  das  griechische   von  der  neuen 
anschauungsweise    am    wenigsten    profitiren.     Die    anknü- 
pfungen   sind  öfter  nur  spärlich  wie  bei  urjäea  (118),  an- 
deres ist  zweifelhaft   so   ktj&o)   neben   Xcivd^avta   und  ^^o- 
fiai  neben  avdcevco.     „Beide  formen  verhalten  sich  zu  ein- 
ander  wie  lit.  m^±h  und  lett.  mifnu  d.  i.  minfnu  (78,  33), 
WZ.  svad   erscheint   noch  nasaliert  in  skr.  sundara  lieblich, 
gefällig    abaktr.  qandrakara  freundlich  (Fick*  328)'^.     Es 
soll    also    die    länge    aus   der  nasalirung  entstanden    sein. 
Aber   das  alter   der  nasalirung  ist  selbst  bei  tjSofxai  nicht 
sicher   erwiesen.     Denn    ob  sundara   und   qandrakara    zur 
Wurzel  svad   gehören,    ist  zweifelhaft,    es  kann  auch  das 
praefix  su  in  diesen  Wörtern  stecken.     Die  länge  aber  ist 
über  das  griechische  hinaus  bezeugt,  z.  b.  in  svädate  Rv. 
IX,  68,  2.     Somit  scheint  mir  die  natürlichere  auffassung, 
dafs  sowohl  der  kurze  als  der  lange  vocal  in  das  griechi- 
sche mit  überliefert  worden  ist,   und   dafs  in  griechischer 
zeit  neben  *}i(Sfadov  das  praesens  ^qfavSdvM  entstand,  wie 
fiav&dv(M)  neben  Hfia&ov  liegt.   Gelungen  erscheint  mir  die 
behandlung  von  ßgiß-M  das  aus  *ßQiv&ü)  gedeutet  und  mit 
lit.  brendau    vermittelt  wird.     Die  ausführung  S.'s  ist   so 
überzeugend,  dafs  ich  meine  erklärung  von  ßqi&o)  Curtius 
Studien  1 ,  2 ,  1 32   zurückziehe.     Ein  übertritt  aus  der   a- 
in  die  i-reibe,  ganz  in  der  art,  wie  wir  es  oben  beim  deut- 
schen beobachtet  haben,  soll  stattgefunden  haben  in  dsidm^ 
woneben  äoiSog^  äoiärj,     Dafs   vad   die   wurzel   sei,    wird 
allgemein  anerkannt.     Daneben  liegt  im  sanskrit  vand  mit 
verwandter  bedeutung.     Der  a- vocal  ist  im   griechischen 
erhalten  in  äi^doiv^    aus  *jrevS  ward   andrerseits  ^^i/^,  und 
schliefslich    äeiSia    wie    aixoai    neben    vi^ati.     So  anspre- 
chend diese  entwickelung  ist,  so  erregt  doch  die  isolirtfaeit 
des   Vorganges    bedenken.     Nicht  anders  ist  es  mit  dem 
wort,   bei   dem   S.   den  lautwandel  in  die   graecoitalisohe 


anzeigen.  85 

epocbe  verlegt,  nämlicb  neid-co  s=  feido.  Der  ausdruck, 
dafs  die  urform  ^bhandh,  auf  die  diese  worte  nach  allge* 
meiner  annähme  zurückgehen,  im  graecoitalischeu  zu  bhidh 
geschwächt  sei,  ist  freilich  nach  S/s  Untersuchungen  nicht 
mehr  haltbar,  aber  S.  zuzustimmen  hindert  mich  der  le- 
bendige vocalwechsel  in  foidos  ninoid-a  Ini&ofjiriv  u.  s.  w. 
Sollte  doch  vielleicht  die  Schwächung  in  die  indogermani- 
sche zeit  zurückreichen? 

In  den  zuletzt  angeführten  werten  war  angenommen, 
dafs  die  Steigerung  aus  der  nasalirung  hervorgegangen 
sei.  Seite  ISOflgd.  soll  nun  nachgewiesen  werden,  in  wel- 
chem umfange  dieser  Vorgang  stattgefunden  hat.  Ist  er 
nämlich  zuerst  bei  den  wirkliehen  i-  und  u- wurzeln  er- 
wiesen, so  kann  er  auch  bei  den  durch  Schwächung  ent- 
standenen i-wurzeln  wie  aEidon  u.  s.  w.  nicht  mehr  befrem- 
den. S.  wendet  sich  zuerst  an  die  reihe,  bei  der  nach 
seiner  meinung  der  Vorgang  am  deutlichsten  sichtbar  ist, 
an  die  u-wurzelo.  Im  Veda  findet  sich  von  jug  neben  na- 
salirten  formen  wie  junakti  auch  jögate.  Dafs  die  bildung 
mittels  nasalirung  die  älteste  sei,  wird  aus  den  verwand- 
ten sprachen  erschlossen.  Von  rudh  hemmen  wird  neben 
dem  vedischen  runaddhi  episch  rödhati  gebildet.  Neben 
9ubh  ^umbbatö  findet  sich  nicht  blofs  wie  S.  sagt  später, 
sondern  schon  im  Rv.  ^öbhate  (z.  b.  IV,  32,  23.  V, 44,  5. 
IX,  25,3.  IX,  69, 3),  von  bhug  bhunakli  und  ved.  bhö^ate. 
In  diesen  und  einigen  anderen  fällen  soll  nun  die  gunirung 
aus  der  nasalirung  entstanden  sein.  Ich  finde  den  beweis 
nicht  erbracht.  Warum  soll  man  nicht  annehmen  dürfen, 
dafs  in  den  genannten  fällen  zwei  von  einander  unabhän- 
gige praesensbildungen  aus  einer  wurzel  vorliegen,  ein  fall, 
der  doch  gerade  im  vedischen  Sanskrit  so  sehr  häufig  ist. 
Der  beweis  würde  nur  dann  geführt  sein,  wenn  gezeigt 
werden  könnte,  dafs  die  praesensbildung  mit  guna  da,  wo 
sie  nicht  allein  das  feld  behauptet,  immer  nur  in  der  ge- 
sellschaft  der  praesensbildung  mittels  nasalirung  auftritt. 
Das  ist  aber  nicht  der  fall.  Neben  guä  guäate  steht  göäati, 
neben  ru9  ru^ati  steht  röäati,  neben  duh  duhanti  :  döhat^, 
neben  judb  judbjati :  jödbate,  auch  diese  vedische  formen. 


b6  DeibffAck 

So  wenig  mso  dud  eio  recht  hmt,  eineD  besonderen  laut- 
lichen zosammenhang  zwischen  jndhjmti  und  jödhmte  anzu- 
nehmen, ebenso  wenig  hat  man  Tom  Standpunkt  der  for- 
menlefare  aus  ein  recht,  dies  zwischen  jungati  und  jOgati 
zu  than,  obgleich  er  Tom  Standpunkt  der  lautlehre  aus 
nicht  unmöglich  ist.  Was  von  den  u- wurzeln  gilt,  gilt 
auch  von  den  i- wurzeln.  Natürlich  darf  man  die  sache 
auch  nicht  einseitig  aus  dem  eben  entwickelten  Standpunkte 
ansehen.  Bei  manchen  deutschen  verben  (auch  solchen, 
wo  kein  fibertritt  aus  einer  reihe  in  die  andere  stattge- 
funden hat)  ist  S.^s  annähme  sehr  wahrscheinlich,  z.  b.  bei 
stauta  (134).  Wie  man  aber  f&r  andere  indogermanische 
sprachen  und  besonders  wie  man  für  das  Sanskrit  diesen 
hergang  irgend  wahrscheinlich  machen  will,  sehe  ich  nicht. 
Von  s.  \^7  an  sucht  S.  nun  zu  erklären,  wie  ans  der  na- 
salsilbe  eine  gunirte  werden  könne.  Als  zYnschenstufe 
setzt  er,  wie  Kuhn  und  Scherer,  die  länge  an;  es  ist  recht 
wahrscheinlich,  dafs  dies  der  lauf  der  entwickelung  gewe- 
sen sei,  nur  sind  doch  die  reste  aus  der  längenperiode 
sehr  sparsam.  Einiges  von  dem,  was  S.  beibringt,  dürfte 
auch  noch  in  abzng  zu  bringen  sein,  so  besonders  babhüva 
und  sasüva.  In  diesen  formen  soll  der  wurzelvocal  nicht 
gunirt,  sondern  verlängert  worden  sein.  Aber  was  wenig- 
stens babhüva  betrifit,  so  scheint  es  mir  keinem  zweifei  zu 
unterliegen,  dafs  diese  form  von  bbü  und  nicht  von  bhu 
herzuleiten  ist,  dafs  eine  Verlängerung  also  nicht  stattge- 
funden hat,  weil  der  voeal  schon  lang  war.  babhüva  wird 
S.  doch  nicht  als  eine  form  ansehen,  die,  so  wie  sie  vor- 
liegt, ans  der  ursprache  stammt  (denn  dort  ist  doch  sicher 
nicht  a  der  reduplicationsvocal  gewesen),  sondern  als  eine 
speciell  indische  bildung.  Keine  einzige  form  aber  von  bhü 
widerstrebt  der  ansetzung  eines  langen  wurzelvocals  im 
Sanskrit,  keine  fordert  die  ansetzung  eines  kurzen.  Dafs 
wirklich  im  Sanskrit  zwischen  wurzeln  auf  lang  l,  ü  und 
solchen  auf  kurz  i,  u,  ein  realer  unterschied  ist,  lehrt  die 
verschiedene  behandlung  in  der  composition.  Man  sagt 
punarbhü  (Rv.)  aber  apsu^it  dlrgha^rut  (ebenda).  Die  wur^ 
zeln  mit  langem  vocal   erhalten  nie  das  t-suffix.     Solche 


anzeigen.  S7 

realitäten  verbieten  die  ausdebnung  der  bekannten  Schlei- 
oherschen  ansiebt  auf  die  einzelsprachen.  Uebrigens  sind 
die  formen  babbüva  und  sasüva  bis  jetzt  noch  nicht  völlig 
aufgeklärt.  Nur  so  viel  ist  klar,  dafs  die  vocalfärbung 
in  den  beiden  silben  zusammenhängt,  und  dafs  der  leitende 
trieb  der  war,  den  ursprüoglichen  wurzelvocal  erkeunbar 
zu  halten.  Diesem  triebe  konnte  eine  form  *bubhäva,  oder 
unser  babbüva  genüge  leisten,  aber  nicht  ein  *babhäva. 
Auch  *bubhava  wäre  gegen  die  analogie  der  perfectbil- 
dung  gewesen.  Welche  silbe  nun  aber  bestimmend  auf 
die  andere  gewirkt  hat,  dürfte  schwer  zu  entscheiden  sein. 
Sehr  auffallig  ist  auch  die  länge  des  u.  Die  gruppe  üv 
ist  im  Sanskrit  im  höchsten  grade  unbeliebt.  Im  gebiet 
der  nominalflexion  dürfte  sie  sich  schwerlich  finden  (vgl. 
bhrü  :  bhrüvam),  in  dem  der  verbalflexion,  von  bhü  und 
sü  abgesehen,  ebensowenig  (vgl.  bru  :  abruvan,  ein  einmal 
aus  der  Maitrajanjupaniäad  überliefertes  abrüvan  halten  BR. 
nicht  für  unzweifelhaft  echt).  Im  inneren  von  nominibus 
tritt  sie  nur  bei  einigen  ganz  seltenen,  gröfstentheils  un- 
belegten Wörtern  auf.  Belegt  ist  tüvaraka  unmännlich,  ca- 
strat  im  Mbh.  (die  ed.  Bomb,  hat  b),  aber  daneben  steht 
tüpara  ungehörnt,  schon  VS.  In  einer  Oxforder  band- 
Schrift  findet  sich  der  eigenname  büva^arman,  daneben 
aber  in  einer  berliner  bübaparman.  Neben  dem  epischen 
küvara  (ed.  Bomb,  kübara)  deichsei  findet  sich  das  ältere 
küban  (^.  B.).  Aus  lexikographen  stammen:  küvära,  wo- 
neben küpära,  güväka  woneben  guväka,  tüvara  woneben 
tuvara  und  tüpara,  rüvuka  woneben  ruvuka.  In  keinem 
dieser  Wörter  ist  nachzuweisen,  dafs  üv  älter  ist,  als  die 
dafür  eintretenden  gruppen  uv,  üb,  üp.  Nur  bei  einem 
wort  ist  dies  der  fall.  Im  Rv.  wird  üvadhja  „inhalt  des 
magens  und  der  gedärme"  geschrieben,  im  Av.  übadhja 
(vgl.  über  dies  wort  Roth  in  d.  zeitschr.  XIX,  221).  Aus 
contraction  ist  das  ü  in  üvus  entstanden  (vä  weben).  Nicht 
in  betracht  kommen  composita  wie  bhü-valaja,  bhü-valla- 
bha,  bhü'Väha,  in  denen  ü  und  v  ursprünglich  verschiede- 
nen silben  angehören.  Unter  diesen  umständen  mufs  es 
auffallen,  dafs  gerade  diese  so  unbeliebte  gruppe,  für  die 


88  I>«lbiflck 

keine  anmlogie  in  die  schranken  tritt,  gew&hlt  werden 
konnte.  Man  glaube  nicht  etwa,  dafs  babhüva  ans  *ba* 
bhuva  zu  erklären  sei,  wie  9n9räva  aus  ^u^rava,  denn  ee 
findet  sich  auch  (und  zwar  in  Bt.  recht  häufig)  abhtlYaa« 
Das  resultat  ist  hier  wie  so  oft:  non  liquet. 

Während  die  bis  jetzt  besprochenen  ein  Wirkungen  von 
nasalen  den  Yocal  in  seiner  quantität  verlängerten,  han- 
delt der  folgende  abschnitt  (Tocalisirung  des  nasalklanges 
147  figd.)  von  der  qualitätsveränderung,  welche  das  a  durch 
die  einwirkung  folgender  nasale  erleiden  kann.  Es  er- 
schlielsen  sich  im  allgemeinen  zwei  wege,  auf  welchen  an- 
wurzeln in  die  u-reihe  gedrängt  werden:  1)  an  wird  durch 
on  un,  oder  durch  ä  ö  hindurch  zu  ü  u  (auf  diesem 
wege  ist  z.  b.  russisch  suti  aus  dem  vorauszusetzenden 
*santi  geworden,  mittelstufe  ist  altb.  s^ti),  2)  a  wird  durch 
ä  hindurch  zu  ao,  au  (z.  b.  altbaktr.  aväon  3.  pl.  conj.  von 
av,  woneben  avän  und  avän  existirt).  Von  diesem  physiolo- 
gischen Standpunkt  aus  werden  nun  150  figd.  die  Vorgänge 
in  den  einzelnen  sprachen  beleuchtet.  Unter  A.  Arische 
sprachen  lieferten  besonders  Kuhns  bekannte  aufsätze  (über 
u  aus  am)  den  Stoff.  Der  Übergang  aus  am,  an  in  Suf- 
fixen wird  angenommen  für  die  endung  der  3.  pl.  us  aus 
*ant,  und  für  tu  aus  tam  (die  letztere  annähme  unterliegt 
doch  noch  bedenken).  Abgewiesen  wird  Kuhn's  annähme 
z.  b.  für  die  behauptete  gleicbung  av  =  u.  Ich  darf  wohl 
hinzufügen,  dafs  ich  Synt.  forsch.  1,89  dieselbe  ansieht 
ausgesprochen  habe.  Dagegen  findet  Kuhn's  erklärung  von 
dadbäu  etc.  aus  'dadbäm  beifall.  Ich  glaube  nicht,  dafs 
sie  sich  halten  läfst.  Warum  sollte  gerade  bei  den  perf. 
der  wurzeln  auf  ä  ein  nachklang  der  alten  personalendung 
sich  finden,  während  sie  überall  sonst  im  sanskrit  spurlos 
verschwunden  ist?  Kuhn  (d.  zeitschr.  XVIII,  326)  glaubt 
zwar  eine  Wirkung  des  einstigen  m  noch  in  den  längen 
bibhajä  Rv.  VIII,  45,  35  und  gagrabhä  X,  18,  14  zu  fin- 
den, aber  dagegen  läfst  sich  doch  einwenden,  dafs  dieselbe 
länge  auch  bei  der  3.  person  erscheint  (äpä  V,  45,  6.  Ka- 
kartä  X,  67,  6.  gagämä  I,  145, 1;  VII,  88,  5.  tatänä  X, 
111,  4.    ^abhärä  X,  5,  5;  X,  181 ,  1.    vavarhä  II,  23,  13. 


anzeigen.  89 

vivjakä  X,  111,  2.  easädä  V,  1,  5;  VI,  1,  6  und  öfter  vedfi). 
Soll  man  nun  annehmen,  dafs  die  länge  dieses  ä  ein  nach- 
klang des  alten  -t  ist?  Dazu  kommt,  dafs  die  Bedingun- 
gen, unter  denen  in  der  Sähitä-recension  langer  vocal 
statt  de^  gewöhnlichen  kurzen  auftritt,  noch  nicht  hinrei- 
chend untersucht  sind,  so  dafs  man,  wie  ich  glaube,  einen 
sprachgeschichtlichen  schlufs  aus  einer  solchen  länge  nicht 
ziehen  darf.  Vermuthlich  ist  das  au  im  perf.  ebenso  zu 
erklären,  wie  das  im  dual  der  a-stämrae,  es  ist  eine  dum- 
pfere ausspräche  des  langen  ä  (lang  ä  im  perf.  ist  noch 
vorhanden  in  paprä  Rv.  I,  69,  2).  Zustimmung  finden  fer- 
ner Kuhn's  annahmen,  dafs  ubhdu  aus  ^ambhäu,  mud  aus 
maud  herzuleiten  seien.  Das  capitel  schliefst  mit  den  wer- 
ten: „die  wurzeln,  welche  in  mehreren  sprachen  u-vocale 
aus  an,  am  entwickelt  haben,  verzeichne  ich  im  folgenden 
unter  den  rubriken:  indogermanische  Ursprache,  europäi- 
sche grundsprache  und  nordeuropäische  grundsprache.  Da- 
bei mufs  ich  freilich  die  möglichkeit  o£Pen  lassen,  dafs  die 
U-Yocale  in  den  verschiedenen  sprachen  unabhängig  von 
einander  entstanden  seien.  Das  hier  eingeschlagene  ver- 
fahren vereinfacht  die  darstellung,  indem  es  die  entwicke- 
lung  jeder  wurzel  an  einem  orte  zusammen  zu  fassen  er- 
laubt, und  wird  schon  dadurch  allein,  selbst  wenn  keine 
anderen  gründe  dafür  sprächen,  genügend  empfohlen^ 
(s.  1 54).  Ich  ergreife*  die  gelegenheit,  mich  über  Schmidt's 
datirungen,  die  ich  bis  jetzt  nur  obenhin  berührt  habe,  in 
der  kürze  auszusprechen.  Ich  glaube  nicht,  dafs  das  ver- 
fahren, welches  S.  einschlägt,  gerechtfertigt  ist.  Gerade 
weil  wir  bei  den  fragen,  die  hier  vorliegen,  erst  im  an- 
fange der  Untersuchung  stehen,  ist  die  äufserste  vorsieht 
in  den  schlufsreihen  geboten.  Lieber  etwas  unbeholfenheit 
der  darstellung,  als  zu  frühe  schematisirung.  Man  wird 
doch  als  methodischen  grundsatz  festhalten  müssen:  wenn 
mehrere  aus  einer  gesammtsprache  hervorgegangene  ein- 
zelspracben  denselben  laütvorgang  aufweisen,  so  hat  man 
erst  dann  ein  recht,  diesen  in  die  gesammtsprache  zu  ver- 
legen, wenn  die  annähme,  dafs  er  in  jeder  einzelsprache 
besonders  eingetreten  sei,  unstatthaft  ist.     Welche  bedin- 


90  Delbrück 

gungen  nun  vorhanden  sein  müssen,   damit  eine  derartige 
annähme  statthaft  erscheine  oder  nicht,  darüber  lassen  sich 
allgemeine  regeln   nicht    aufstellen,    sondern   das   mufs  in 
jedem    einzelnen   falle    erwogen    werden.     Einige   beispiele 
lassen  sich  schon  jetzt  anführen.    Die  höchste  Wahrschein- 
lichkeit spricht   für   die  datirung  in  die  gesammtsprache, 
sobald   ein  lautvorgang  an    derselben    stelle    in    mehreren 
einzelsprachen    erscheint,    obgleich   dieser   lautvorgang   io 
einer  der  einzelsprachen  sonst  nicht  nachgewiesen  ist.    Eio 
solcher  fall  liegt  vor  in  dem  keltischen  mediopassiv  mit  r, 
das  dem  lateinischen  genau  entspricht.   Im  lateinischen  ist 
der  Übergang  eines  s  in  r  häuüg,  im  celtischen  nicht  vor- 
handen,   folglich  mufs   das  celtische  passiv  mit  r  (falls  es 
überhaupt   auf  das  pronomen  sva   zurückgeht,   was  doch 
höchst  wahrscheinlich  ist)   aus   einer  vorceltischen  periode 
stammen  (vgl.  Schleicher   beitr.  I,  444).     Wie   aber  diese 
spräche,    aus   der  das  lateinische  und  celtische  ihr  medio- 
passiv gerettet  haben,  in  die  Schmidtschen  Schemata  ein- 
zufügen sei,    darüber  habe  ich  glücklicherweise  keine  re- 
chenschaft   zu   geben.     Sobald  es   sich   um   einen  lautvor- 
gang handelt,  der  in  den  einzelsprachen  nicht  unerhört  ist, 
so   werden   die  massenverhältnisse   wichtig.     Wer   möchte 
z.  b.  zweifeln,    dafs   die   Verwandlung  von   k   in  9   in   die 
gemein-arische  epoche  zu   setzen  sei,    wenn  er  Fick*  312 
übersieht.     Aehnlich   ist  es   mit  dem   e,    das  Curtius  fbr 
praesentia   wie  (figo)  schon   aus  der  zeit  der  europäischen 
Spracheinheit   datirt.     Mit  gröfster  vorsieht  sind   dagegen 
alle  argumenta  ex  silentio  zu  verwenden,   wie  S.  sie  z.  b. 
für  leik  lice  (s.  oben  s.  82)   geltend  macht.     Die  lücken- 
haftigkeit  unserer  Überlieferung  darf  nicht  übersehen  wer- 
den.   Wie  viel  ganz  einzeln  stehende  formen  hat  z.  b.  das 
gotische,  durch  welche  dem  germanischen  worte  vindicirt 
werden,  die  ihm  sonst  abgesprochen  worden  wären.     Man 
würde  das   indogerm.  wort  amsa  schulter  als   ausschliefs- 
liches  eigenthum  der  arischen  und  der  griech.-latein.  gruppe 
zu   betrachten  haben,    wenn   Luc.  XV,  5   uns  bei   Ulfilas 
nicht  überliefert  wäre.     Aehnlich  steht  es  mit  haihs  und 
manchen  anderen  Worten.    Wenn  man  nach  diesen  grund- 


anzeigen.  91 

Sätzen  die  von  S.  vorgenommenen  datirungen  der  von  ihm 
behandelten  laiitvorgänge  beurtheilt,  so  kommt  mau  zu 
dem  resultat,  dafs  sie  sämmtlich  kein  anderes  praedicat 
beanspruchen  können,  als  „möglich^. 

Ich  verzichte  darauf,  in  dem  vorliegenden  passus 
(s.  154flgd.)  die  anwendung  von  dieser  allgemeinen  kritik 
zu  macheu,  und  will  —  ohnebin  zum  ende  eilend  —  nur 
noch  ein  paar  einzelnheiten  hervorheben.  Seite  156 — 157 
wird  nud  (got.  niutan)  mit  skr.  nand  vermittelt,  und  zu- 
gleich die  ansieht  ausgesprochen,  vinödajati  in  der  bedeu- 
tung  „erheitern^  sei  von  nud  stofsen  zu  trennen,  dessen 
grundbedeutung  es  geradezu  entgegengesetzt  sei,  und 
zu  nand  zu  stellen  (wie  mud  mit  mand  vermittelt  wurde). 
Indessen  die  vermittelung  der  bedeutungen  ist  im  petersb. 
Wörterbuch  unter  vinöda  gefunden  (vergl.  schon  Lassen 
zu  Hit.  Prooem.  d.  48).  Es  heifst  Vertreibung,  verscheu- 
chung (z.  b.  ^ramavinöda),  dann  Vertreibung  der  sorgen, 
Unterhaltung,  amusement  (vgl.  Zeitvertreib).  So  heifst  auch 
vinödajati  vertreiben,  dann :  den  gram  oder  die  zeit  vertrei- 
ben und  so:  erheitern.  Die  bedeutungsentwickelung  von 
vinöda  dürfte  dabei  auf  vinödajati  einflufs  geObt  haben. 
Das  Sanskrit  ist  reich  an  bedeutungsentwickelungen,  die 
vom  Standpunkt  der  europäischen  sprachen  aus  wunderlich 
erscheinen.  Wenn  jemand,  mit  Schmidts  buch  im  köpfe, 
im  Rämäjana  liest:  bh^däjasva  tapasvinam,  was  zu  über- 
setzen ist:  „verführe",  so  könnte  er  leicht  auf  den  gedan- 
ken  kommen,  ein  schätzbares  analogon  zu  ndö^oa  gefunden 
zu  haben,  und  doch  ist  es  caus.  von  bbid  spalten,  und 
bhedajati  heifst:  „entzweien  mit  andern  oder  mit  sich, 
jemand  irre  machen,  auf  seine  seite  hinüberziehen"  (pet. 
wb.).  Sehr  hübsch  ist,  was  auf  s.  168  über  die  entste- 
hung  von  au  aus  an  im  deutschen  gesagt  ist.  Neuere 
dialekte  werden  sehr  glücklich  zur  aufhellung  alter  laut- 
wechsel  verwendet. 

Blicken  wir  zum  schlufs  noch  einmal  zurück,  so  wer- 
den wir  zusammenfassend  sagen  können,  dafs  wir  die  mei- 
sten von  S.'s  behauptungen,  welche  sich  auf  lautwechsel 
in  den  einzelsprachen  bezogen,  stichhaltig  gefunden  haben, 


92  Hejrne 

seinen  über  die  einzelspracbe  zurückgehenden  combinatio- 
nen  gegenüber  aber  uns  meist  zweifelnd  verhalten  mufs- 
ten.  Der  hauptwerth  des  buches  aber  liegt  in  der  auf- 
hellung  von  thatsachen  in  den  einzelsprachen. 

Wir  scheiden   von  dem  verf.  mit  dem  wünsche,    dafs 
der  zweite  theil  bald  erscheinen  und  ebenso  viel  glückliche 
funde  und  anregungen  enthalten  möge  wie  der  erste. 
Jena,  märz  1872.  B.  Delbrück. 


A  Comparative  Grammar  of  the  Anglo-Saxon  Language;  in  which  its 
forma  are  illustrated  by  those  of  the  Sanskrit,  Greek,  Latin,  Gothic, 
Old  Saxon,  Old  Friesic,  Old  Norse  and  Old  High-German.  By 
Francis  A.  Marcb,  LL.  D.     New-York  1871. 

Während  in  England  das  Studium  der  angelsächsi- 
schen spräche  auffallend  wenig  betrieben  wird,  blüht  es 
in  Amerika.  „Wir  treiben  hier  angelsächsisch  wie  grie- 
chisch und  latein^  konnte  vor  einigen  jähren  ein  dortiger 
professor  an  Grein  schreiben,  und  in  den  höheren  lehran- 
stalten  der  nordöstlichen  theile  der  vereinigten  Staaten  wird 
es  wohl  durchgängig  gelehrt.  Auch  in  einer  durchaus 
wissenschaftlichen  und  auf  der  höhe  unserer  heutigen  gram- 
matischen erkenntnis  stehenden  art,  wiederum  im  gegen- 
satz  zu  England,  wo  noch  die  im  jähre  1865  erschienene 
angelsächsische  grammatik  von  Thorpe  bewies,  wie  wenig 
geneigtheit  dort  vorhanden  war,  den  neueren  deutschen 
forschungen  einflufs  auf  grammatische  anschauungen  zu 
gestatten.  Der  herr  Verfasser  des  vorliegenden  buches 
trägt  über  angelsächsich  am  Lafayette-coUegium  zu  Easton 
in  Pennsylvanien  vor;  seine  arbeit  ist  hervorgewachsen 
aus  dem  ursprünglichen  plane,  den  Studenten  nur  einen 
leitfaden  für  Vorlesungen  zu  geben.  Der  pädagogische 
zweck  ist  also  der  nächste,  und  es  hätte  für  diesen  ge- 
nügt, wenn  herr  March  die  grammatischen  arbeiten  ihm 
vorgegangener  forscher  gewissenhaft  zu  einem  neuen  werke 
benutzt  und  gefügt  hätte;  doch  geht  der  herr  verf.  in 
dankenswerther  weise   über  das  pädagogische  ziel  hinaus. 


anzeigen.  93 

• 

indem  er  weitreichende  und  von  grofser  belesenheit  in  an- 
gelsächsischen quellen  gestützte  eigene  Forschungen  in  der 
laut-  und  formenlehre,  vornehmlich  aber  in  der  syntax 
vorträgt.  So  fördert  er  über  das  blofse  zusammenfassen 
der  bisher  gewonnenen  resultate  auch  an  seinem  theile  die 
tiefere  kennthis  der  angelsächsischen  und  der  allgemein 
deutschen  grammatik. 

Zwei  arten,  grammatik  eines  einzeldialects  zu  lehren, 
werden  angewendet:  die  eine,  sich  streng  auf  den  bezüg- 
lichen dialect  beschränkend,  von  vergleichungen  mit  an- 
dern nächst  verwandten  nur  spärlichen  gebrauch  machend, 
von  der  vergleichung  mit  den  urverwandten  sprachen  aber 
gänzlich  absehend;  die  andere,  von  vorn  herein  einen  wei- 
ten blick  gebend,  und  gerade  rücksicht  auf  und  Zusam- 
menhang mit  erscheinungen  der  urverwandten  sprachen 
bei  der  vorzutragenden  materie  stets  betonend.  Beide  ar- 
ten haben  ihre  eigenthümlichen  Vorzüge  und  sind  je  nach 
dem  zwecke,  dem  sie  dienen,  berechtigt.  Herr  March  hat 
für  sein  buch  die  zweite  gewählt:  „this  book  is  an  An- 
glo-Saxon  Grammar,  and  uses  forms  of  other  tongues  and 
general  laws  of  language  only  so  far  as  they  illustrate 
the  Anglo-Saxon**;  freilich  möchte  referent  die  frage,  ob 
hier  die  comparative  methode  anzuwenden  sei,  wo  es  sich 
dem  ersten  zwecke  der  arbeit  nach  um  eine  elementar- 
grammatik  für  Studenten  handelt,  die  ohne  die  wünschens- 
werthen  Vorkenntnisse  von  der  weiten  perspective  eher  ge- 
hemmt als  gehoben  werden,  fast  mit  nein  beantworten. 
Wenigstens  soll  von  ihr  ein  mäfsiger  und  vorsichtiger  ge- 
brauch gemacht  werden,  und  wenn  herr  March  nach  mei- 
nem gefühle  sehr  oft  in  der  beschränkung  das  richtige 
triffi;,  so  geht  er  doch  manchmal,  namentlich  in  der  ent- 
wickelung  der  Urformen  und  in  der  sichern  und  darum 
auch  für  schüler  leicht  einen  zu  sichern  eindruck  machen- 
den art  ihrer  aufstellung  zu  weit.  Ich  würde,  um  nur 
ein  beispiel  anzuführen,  die  etymologie  über  die  grund- 
zahlen  von  eins  bis  zehn  (s.  75)  nicht  in  dieser  weise  ge- 
geben haben. 

Die  Marchsche*  grammatik   beschränkt  sich  nicht  auf 


94  Heyne 

die  laut-  und  forpienlehre.  Nach  einer  historischen  ein- 
leitung,  die  über  herkunft,  Verbreitung,  Verwandtschaft  des 
angelsächsischen  kurze  notizen  gibt,  folgt,  in  erwünschter 
kürze,  die  lautlehre,  Phonology,  s.  4  —  32,  darauf  Etymo- 
logy,  formen-  und  wortbildungslehre  begreifend,  s.  33 — 136. 
In  der  ausführung  beider  theile,  wie  sehr  man  sie  im  gan- 
zen billigen  mufs,  möchte  ich  doch  in  bezug  auf  einzel- 
nes einige  ausstellungen  erheben  und  sie  der  berücksich- 
tigung  bei  einer  späteren  aufläge  empfehlen.  Eine  ge- 
wisse öfter  hervortretende  äufserlichkeit  in  der  behandlung 
erinnert  gar  zu  sehr  an  die  grammatiken  älterer  zeiten, 
statt  Sprachgesetze  zu  entwickeln,  werden  regeln  aufge- 
stellt. So  s.  6  der  hauptaccent  liege  auf  der  ersten  silbe 
eines  wortes,  the  primary  accent  in  pronunciation  is  od 
the  first  syllable  of  every  word,  mit  einigen  ausnahmen. 
Warum  nicht  lieber  statt  dessen  das  gesetz  erörtert,  die 
höchste  betonung  des  wortes  erfährt  die  Stammsilbe?  So 
erinnert  ferner  die  geschlechtsregel  auf  s.  37:  Masculine 
are  names  of  males;  of  the  moon;  of  many  weeds,  flowers, 
winds,  an  den  alten  vers: 

die  männer,  berge,  flüsse,  wind 

und  monat  masculina  sind. 
Anstatt  die  thatsache  der  Casusverarmung  für  das  angel- 
sächsische hinzustellen,  wird  neben  dem  vocativ,  selbst  för 
feminina,  ein  Instrumentalis  aufgeführt.  Dafs  ein  instru- 
mentalis  auf  -y  (-i)  am  masc.  und  neutr.  sich  in  wenigen 
spuren  findet,  ist  von  herrn  March  nicht  erwähnt;  dafs 
der  angenodTmene  instrumentalis  auf  -e  thatsächlich  auch 
am  adjectiv  nicht  existiert,  darüber  erlaube  ich  mir  auf 
meine  laut-  und  flexionslehre  2.  aufl.  s.  285  zu  verweisen. 
Wenn  s.  78  three  persons,  first,  second,  and  third  für  das 
verbum  erwähnt  sind,  so  wäre  für  den  plural  der  be- 
schränkende Zusatz  beizufügen  gewesen,  dafs  hier  die  bei- 
den ersten  durch  die  3.  pers.  mit  vertreten  werden;  das, 
was  auf  s.  83  rein  beiläufig  darüber  bemerkt  wird,  genügt 
nicht.  Die  abschnitte  s.  52  irregulär  nouns  und  s.  112 
irregulär  verbs  möchten  nach  der  oben  angedeuteten  all- 
gemeinen ausstellnng  einer  Überarbeitung  bedürfen.     Nicht 


anzeigen.  95 

mehr  in  das  gebiet  der  äufserlicbkeiten  gehört  die  aus- 
führuDg  über  die  lautverschiebung  s.  28  ff. ,  die  nicht  auf 
df^r  höhe  der  forschung  steht,  und  das,  was  s.  56  über 
die  adjectivdeclination  bemerkt  und  nachher  weiter  ausge- 
führt ist:  in  other  Indo-Europeau  languages  the  adjective 
is  declined  like  the  Substantive;  in  the  Teutonic  it  follows 
the  pronominal  declension.  Es  ist  dies  für  das  angelsäch- 
sische bekanntlich  nur  in  sehr  beschränktem  mafse  rich- 
tig, da  reichlich  die  hälfte  der  adjectivformen  denen  der 
Substantive  gleich  sind. 

lieber  die  anordnung  der  ablautsgruppen  beim  star- 
ken verbum  läfst  sich  streiten.  Der  des  herrn  March  ist 
Übersichtlichkeit  bei  einer  weit  durchgeführten  gliederung 
nicht  abzusprechen.  Besonders  erfreulich  ist  eine,  so  viel 
zu  ersehen,  sehr  vollständige  liste  der  starken  (ablauten- 
den und  reduplicierenden)  verben,  innerhalb  welcher  doch 
wohl  die  angeführte  form  scane  shine  mit  bezug  auf  die 
praet.-form  scionon  ßeov.  303  ihres  fragezeichens  zu  ent- 
kleiden sein  möchte. 

Der  abschnitt  über  derivation  s.  118 — 136  ist  kurz 
und  wenn  er  am  wenigsten  befriedigt,  so  hat  auch  wohl 
der  herf  verf.  nicht  eine  annähernd  erschöpfende  darstel- 
lung,  sondern  blos  eine  die  hauptpunkte  berührende  skizze 
beabsichtigt. 

Der  ausführlichste  und  beste  theil  des  buches  ist  die 
Syntax,  von  s.  137 — 221.  Die  syntactischen  erscheinungen 
sind  in  einer  knappen  und  übersichtlichen  form  gegeben 
und  mit  zahlreichen  beispielen  illustriert,  die  zu  einem  gu- 
ten theile  nicht  auf  Grein  und  Koch  zurückgehen,  son- 
dern auf  eigener  lectüre  des  herrn  March  beruhen.  Na- 
mentlich ist  die  angelsächsische  prosa  viel  citiert.  Dafs 
in  diesem  abschnitte  die  comparative  methode  verlassen 
ist,  versteht  sich  und  ist  mit  dem  noch  geringen  anbau 
dieses  feldes  zu  erklären. 

Zum  Schlüsse  folgt,  s.  222  —  228,  Prosody,  die  lehre 
von  der  versbildung.  Auch  hier,  wie  bei  der  derivation, 
nur  andeutungen,  nicht  ausgeführte  darstellung,  begreif- 
lich,   da  es   eine  altdeutsche  metrik  noch  nicht  gibt.     Es 


96  Schmidt,  mitcelle. 

hat  mich  aufrichtig  gefreut,  dafs  herr  March  in  bezug  auf 
den  bau  angelsächsischer  verse  mit  mir  derselben  ansieht 
ist  und  sich  der  gegentheiligen  etwas  rohen  meinung  ver- 
schliefst, als  ob  solche  verse  nur  aus  beliebiger  anzahl 
metrisch  unbetonter  silben  bestünden,  gruppiert  um  zwei 
hebungen  auf  den  halbvers.  Bei  weiteren  forschungen  auf 
dem  gebiete  altdeutscher  metrik  wird  sich  herausstellen, 
dafs  der  altdeutsche  vers  nur  gebildet  wird  von  einer  be- 
stimmten anzahl  aufeinander  folgender  schwer  betonter  Sil- 
ben, denn  derselbe  ist  nichts  als  wuchtige  rede,  und  seine 
vollkommenste  form  ist  die,  wo  jede  silbe  schwer  ins  ehr 
fällt:  kurz,  der  vollkommene  altdeutsche  vers  besteht  nur 
aus  hebungen,  Senkung  ist  in  einem  ganz  bescheidenen 
mafse  erlaubt. 

Basel.  Moritz  Heyne. 


Lit.  kirmyti. 

Nesselmann  lit.  wtb.  201  hat  als  einen  artikel:  „kir- 
miti  Würmer  bekommen,  wurmig  werden,  v.  fleisch; 
auch  faullenzen  ^  und  „^kirmiju  wurmig  werden;  faul 
sein,  schlafen^,  ebenso  Schleicher  gloss.  z.  Donal.:  „kir- 
myti wurmig  werden,  faul  werden,  träge,  faul  sein,  schlum- 
mern". Das  wort  kommt  aber  bei  Donal eitis  nur  in  der 
bedeutung  „schlafen"  vor  Metas  II,  125.  420;  IV,  267,  und 
„schlafen"  als  „wurmig  werden"  zu  bezeichnen  ist  eine 
jedes  falles  nicht  sehr  einleuchtende  metapher.  Daher 
glaube  ich,  dafs  man  zwei  mit  einander  völlig  unverwandte 
kirmyti  aosetzen  mufs  1)  kirmyti  wurmig  werden  von 
dem  im  sing,  ungebräuchlichen  kirmis  wurm  as  skr« 
kfmi-8  u.  s.  w.  2)  kirmj^ti  schlafen  =  mhd.  hirmen 
ruhen,  rasten,  skr.  ^ram  und  klam  müde  werden.  Dem- 
nach sind  in  kirm^^ti  worte  ganz  verschiedenes  Ursprun- 
ges in  derselben  lautform  zusammengetroffen,  wozu  analoga 
von  mir  gegeben  sind  z.  gesch.  d.  indog.  vocalismus  I,  s.8« 
Bonn.  Johannes  Schmidt. 


Savelsbergi  umbriscbe  Stadien.  97 

Umbrische  Studien. 

Das  in  der  linguistik  epochemachende  werk  von  Auf- 
recht und  Kirchhoff  über  die  umbrischen  Sprachdenkmäler 
war  die  erste  sichere  grundlage  zur  deutung  derselben  so 
wie   überhaupt  zu  umbrischen  Sprachstudien   uud  wird  es 
noch  lange  bleiben.    Niemand  verkannte  die  grofse  Schwie- 
rigkeit dieses   Unternehmens,  und   die  hochverdienten  for- 
scher selbst  hofften  und  verlangten  hülfe  gleichzeitiger  und 
künftiger  genossen   zum   weiteren   ausbau  und   zur  ergän- 
zung  ihrer  leistungen  an  manchen  stellen  zu  erfahren.     Es 
sind  auch  wirklich  sowohl   in  der  Sprachlehre,   namentlich 
über   schwierige    probleme    der    conjugation,    als    in    ent- 
zifferung  ganzer   stellen    und    in   einzelnen   wortdeutungen 
schätzenswerthe    beitrage    von    Panzerbieter,    Bugge, 
Ebel,  Zeyfs   und   dem  in  der   auf  hellung  der  italischen 
sprachen    unermüdlich    thätigen   Corssen    in    den    letzten 
zwanzig  jähren   gebracht  worden.     Weniger  ist  die  laut- 
lehre  behandelt  worden;   sie  ist  aber,  obgleich  der  erste 
entwurf  von  Aufrecht  und  Eirchboff  mit  der  gröfsten  Sorg- 
falt angelegt   ist,  lange  nicht  erschöpft.     Ja  verkennung 
von  lautregeln  hatte  unbegründete  zweifei  an  der  echtheit 
der  Überlieferung  oder  gar  zu  rasche  verurtheilung  und  vor- 
eilige emendation  zur  folge.     Hiergegen  nun  die  trag  weite 
vieler  schon  erkannter  lautgesetze  nachzuweisen  und  man- 
che bisher  unbeachtete  lautregeln  zur  rechten  geltung  zu 
bringen,   um  einen  Schlüssel  zu  weiteren   erklärungen   zu 
gewinnen,    das   ist    der   zweck    gegenwärtiger  umbrischer 
Studien. 

1.     Lautwandel  von  n  in  m. 

Ein  sehr  beachtenswerther  lautwandel  im  umbrischen 
ist  die  Verwandlung  von  n  in  m,  welche  wir  auch  im  la- 
teinischen in  einigen  fällen,  wie  in  exim  neben  exin  ')  und 
in   der  gut  beglaubigten  Schreibung  des  nomens  pertnicies 

')   S.  meine  abhandlang:   „Latein.  Partikeln  auf  d  und  m^   im   rhein. 
mu8.  XXVI  8.  872. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  2.  7 


dÖ ,  Savelsberg 

(für  pernicies)  bei  Plautus  Mostell.  3  ed.  Ritschi  wahrneh- 
men.  So  kommt  auf  den  iguvinischeD  tafeln  zweimal  in 
einer  zeile  taf.  Ib  17  numem  fQr  numen  (d.  i.  nomen)  vor. 
Auf  derselben  tafel  Ib  v.  25  lesen  wir  vatuvu  ferime 
fetu,  während  in  dieser  oft  wiederkehrenden  Vorschrift  bei 
mehrfachem  Wechsel  von  formen^)  doch  sonst  immer  fe- 
rine  steht,  welche  regelmäfsige  Schreibung  uns  die  deu- 
tung  ,,tracta  in  farina  facito^  ermöglichte  *),  und  ein  zwei- 
tes mal  begegnet  uns  ferime  auf  taf.  III  v.  16  in  der 
einmaligen  Vorschrift:  Inuk  kazi  ferime  antentu  d.  h. 
Deinde  caseum  in  farina  imponito  '). 

Viel  öfter  erscheint  der  lautwandel  in  den  beiden  ar- 
ten von  locativen.    In  den  sogenannten  richtungslocativen, 
welche  aber  in  Wahrheit  aus  accusativen  mit  angehängtem 
en  bestehen^),  altumbrisch  arvam-en  taf.  III  11  und  vu- 
kum-en  esunum-en  III  20   (d.  h.  in  foculum  divinum) 
wie  im  oskischen  censtom-en  (d.  h.  in  censum)  tab.  Baut. 
V.  20,  also  richtiger  richtungsaccusative  heifsen  sollten,  fin- 
den wir  wieder  auf  taf.  Ib  öfter  die  angehängte  präposition 
en  in  em  verwandelt,  in  Akeruniam-em  v.  16,  ahtim-em 
V.  12,  vapef-em  v.  14,  wo  vapef  acc.  plur,  mit  ausge- 
fallenem r  statt  vaperf  (A.  K.  I,  86)   vom  stamm  vaper 
ist.     Bei  den  ruhelocativen ,   welche  wirklich  einen  locativ 
enthalten,   diesen   aber   mit  dem  angehängten  en  in  eine 
silbe  verschmelzen,  wie  das  ursprüngliche  en  noch  in  dem 
einen   locativ   arven   III  13    (aus  arve-en)   erhalten  ist, 


1)  wie  vatuva  la  4.  13.  22.  Ib  3.  6,  wofür  III  31  vatra  verschrie- 
ben ist,  und  neuumbr.  vatuo  Via  67.  VIb  1.  19.  43.  Vlla  4,  wofür  VIb  45 
vatue  verschrieben  ist,  femer  fei  tu  la  4.  III  31.  gegenüber  feta  an  allen 
andern  stellen. 

3)  Siehe  bd.  XX  s.  441.  442. 

^)  Dafs  der  käse  eine  unterläge  (solum)  von  mehl  haben  soll,  sagt  Cato 
de  r.  r.  c.  75:  Casei  p.  II  bene  disterat  in  mortario.  ubi  bene  distriverit,  fa- 
rinae  siligineae  libram,  aut  si  voles  tenerius  esse,  selibram  similaginis  solum 
eodem  indito  permiscetoque  cum  caseo  bene. —  und  c.  76,  2:  Postea  farinae 
1.  II  conspergito  condepsitoque.  Inde  facito  solum  tenue  casei  ovilli  p.  XIIII. 
Die  form  kazi  steht  für  kazim,  contrahiert  aus  kazium,  wie  schon  Aufrecht 
und  Kirchhoff  II  369  erkannten.  Zu  antentu  vgl.  taf.  III  21  —  22  vnke 
pir  ase  antentu  d.  h.  in  foculo  (incensum)  ignem  in  ara  imponito. 

*)   Schon   Knötel  vermuthete    in    diesen  locativen   accusative  mit   dem 
affix  -en,    eine   erklärung,   welche  Ebel  in  d.  ztschr.  IV  198  näher  begrün-, 
det  hat. 


ambrische  Studien. 


<! 


wurde  die  Verwandlung  von  en  in  em  förmlich  zur  regel, 
z.  b.  ocrem  Via  46  aus  ocre  (loc.  vom  st.  ocri)  und  em. 
Mehr  Beispiele  werden  wir  unten  anführen,  wo  wir  die 
Verschmelzung  von  vocalen  (krasis)  besprechen  werden. 

Aehnlich  ist  die  auf  taf.  VII  a  44  zweimal  vorkom- 
mende conjunction  enem  »und",  welche  Ib  35  zu  ene  ver- 
stümmelt und  Via  10.  11.  eine  geschrieben  ist^),  aus  der 
in  inen-e-k  III  20  enthaltenen  partikel  inen  hervorge- 
gangen. S.  meine  abhandlung  „lat.  partikeln  auf  d  und  m" 
im  rhein.  mus.  XXVI  379. 

Es  kann  nunmehr  von  irrthümern  des  graveurs  (Aufr. 
u.  Kirchh.  I  93)  bei  dieser  häufigen  vertauschung  von  n 
gegen  m  nicht  mehr  die  rede  sein,  vielmehr  ist  dieselbe, 
da  sie  sogar  einen  Übergang  zu  andern  lautveränderungen 
bildet,  ein  nothwendiges  mittelglied  zur  gewinnung  wichti- 
ger  grammatischer  erklärungen. 

2.     Abfall  von  n  und  m. 

Sehr  häufig  ist  der  wegfall  der  nasale  n  und  m. 

A.  N  fallt  nur  im  inlaut  aus:  in  ustetu  la  17  ge- 
genüber ustentu  la  3,  —  ampetu  IIb  10  gegenüber 
ampentu  IIa  20, —  atentu  IIb  28  gegenüber  antentu 
IIa  20, —  astintu  III  18.  19.  gegenüber  anstintu  lU  20, 
—  azeriatu  Ib  8  gegenüber  anzeriatu  Ib  10,  —  dirsas 
Vb  8  gegenüber  dirsans  Vb  11.  16,  —  etaias  VIb  65 
gegenüber  etaians  VIb  64,  —  krikatru  IIb  27.  29.  ge- 
genüber krenkatrum  Ib  11  und  cringatro  VIb  49,  — 
iveka  Ib  40.  42  gegenüber  ivenga  VII a  51. 

Aufrecht  und  Kirchhoff  stellen  umbr.  sprachd.  I  97 
aufser  diesem  ausfall  des  n  im  inlaut  noch  einen  abfall 
von  n  im  auslaut  auf  in  nome  und  pusti.  Jedoch  werden 
wir  nome  sogleich  im  nächsten  abschnitt  nicht  aus  nomen, 
sondern  aus  nomem  abgestumpft  finden;  die  präposition 
pusti  aber  ist  nicht  aus  pustin  apokopiert,  noch  auf  ir> 


1)  £i  ist  hier  und  in  einigen  andern  fHUen  (rhein.  mus.  XXVI  879 
anm.  1)  kein  diphthong,  sondern  ein  eintöniger  zwischen  e  und  i  liegender 
mittellaut. 


100  SaveUberg 

gend  eine  weise  verstümmelt,  sondern  pusti-n  IIa  25  ist 
aus  ihr  durch  ein  neu  zugesetztes  suffix  -ne  erweitert, 
gleichwie  post-ne  VIb  11  aus  der  apokopierten  form  post 
Via  58,  und  demgemäfs  war  ihre  ursprüngliche  gestalt 
^pusti-ne,  die  späterhin  zu  pusti-n  abgestumpft  wurde. 
S.  rhein.  mus.  XXVI  392. 

B.  M  fällt  aus  1)  im  inlaut  in  kupifiatu  Ib  35 
gegenüber  kumpifiatu  Ib  14  und  combißatu  Via  17  — 
apentu  III  27  gegenüber  ampentu  IIa  20. 

2)  im  auslaut,  und  zwar  a)  am  häufigsten  im  accusa- 
tiv  der  einzahl  aller  declinationen:  parfa  desva  VIb  51  ge- 
genüber parfam  tesvam  Ib  13,  —  perca  arsmatiam  Ylh 
49.  50  gegenüber  percam  arsmatia  VIb  53,  —  poplo  VIb  48 
gegenüber  puplum  Ib  10,  —  ocre  Fisi  Via  31  gegenüber 
ocrem  Fisim  Via  51,  —  nome  Via  30  etc.  gegenüber  numem 
Ib  17  ^),  —  tiu  IIa  25  und  Ho  Via  24  gegenüber  tiom  Via 
43  (acc.  sg.  des  pron.  tu),  —  desgleichen  in  den  adverbien, 
welche  eigentlich  accusative  von  neutris  sind,  wie  prumu 
III  3.  23  gegenüber  prumum  III  15,  —  pustru  Ib  34 
und  postro  VII a  43  aus  *postrom  (A.  K.  II,  288),  —  inu-k 
in  4  gegenüber  inum-k  IV  23  und  inum-e-k  III  9,  auch 
enu  Ib  36.  37.  38  und  enu-k  la  30  gegenüber  enum-e-k 
Ib  11.  13. 

b)  in  der  präposition  em  (aus  en,  s.  oben  s.  98),  so- 
wohl a)  wenn  sie  selbständig  dem  locativ  nachgestellt  ist, 
in  rupinie.e  Ib  27*)  und  tafle. e  IIb  12*),  als  auch  be- 
sonders und  weit  öfter,  ß)  wenn  sie  dem  accusativ  oder 


^)  Der  stamm  ist,  wie  aus  dem  genetiv  nomner  VIb  54  und  dativ  nonrne 
Via  24  hervorgeht ,  nomen  und  sollte  als  neutrum  im  nominativ  und  accu* 
sativ  unverändert  so  lauten,  jedoch  kommt  nur  altumbr.  numem  Ib  17  als 
accusativ  vor,  nirgends  ein  nomenj  und  da  auch  sonst  abfall  von  n  im  aus- 
laut gar  nicht  nachgewiesen  ist,  so  ist  es  klar,  dafs  die  Schreibung  numom 
und  nome  sich  gegenseitig  stützen  und  dass  nome  nur  aus  *nomem  abge- 
stumpft sein  kann. 

')  Wir  bemerken  hier  ausdrücklich,  dafs  auf  dem  original  Ib  27  deut- 
lich rupinie.e  steht,  was  die  herausgeber,  sowohl  Lepsius  als  Aufrecht  und 
Kirchhoff,  in  der  transscription  nur  mit  rupinie  wiedergeben. 

')  In  dieser  stelle  tafle.epirfer.tu  IIb  12  ist  nichts  verschrieben 
(A.  K.  II  346),  sondern  nur  die  interpunction  fehlerhaft,  nach  deren  Verbes- 
serung zu  tafle.e.pir.fertu  wir  im  übrigen  der  deutung  von  Aufrecht  und 
Kirchhoff  folgen:  ^auf  einer  platte  soll  man  feuer  bringen.** 


umbriflche  Studien.  101 

locativ  angehängt  wird  und  mit  diesen  casus  zu  einem 
Worte  verschmilzt,  und  zwar  a)  zur  bezeichnung  der  be- 
wegung  mit  dem  accusativ:  Acesoniamre  VIb  52  gegen- 
über Akeruniam-em  Ib  16,  vapef-e  Via  10.  VIb  51 
gegenüber  vapef-em  Ib  14,  yeruf-e  Ib  9  aus  *veruf-em, 
fesnaf-e  (d.  h.  in  templa)  IIb  16  aus  *fesnaf-em,  ß")  zur 
bezeichnung  der  ruhe  mit  dem  locativ:  eikvasäs-e  Va  4.  16, 
dann  mit  Verwandlung  von  schluss-s  in  r  fesner-e  (in 
templis)  IIb  11,  funtler-e  Ib24  oder  neuumbr.  fondlir-e 
Vlla  3^),  tuver-e  kapirus  (in  duabus  capidibus)  von 
Aufr.  u.  Kirchh.  11  387  verbessert  st.  tuve.rekapirus 
IIa  33. 

Um  die  wechselnde  Schreibung  dieser  wortformen  bald 
mit,  bald  ohne  nasalbuchstaben  zu  erklären,  darf  man  wohl 
das  verhältnifs  so  auffassen,  dafs  z.  b.  in  anstintu  III  20 
und  etaians  VIb  64  die  silbe  ans  eine  solche  nasale  aus- 
spräche gehabt  habe,  wie  im  franzosischen  danser  und  wie 
wahrscheinlich  im  griechischen  die  participia  rvipag  und 
(frag  (vom  stamm  rvipavt  und  Crai/r),  ferner  dafs  die  erste 
silbe  von  antentu  wie  die  von  franz.  tante,  die  zweite 
silbe  von  ieenga  wie  die  erste  von  franz.  eaincuy  em  wie 
franz.  faim  und  die  erste  silbe  von  combifiatu  wie  die  erste 
von  franz.  combler  gesprochen  worden  sei,  wobei  kein  deut- 
lich ausgedrücktes  n  oder  m,  sondern  nur  nasalierte  vocale 
a,  e,  o  (oder  u)  ausgesprochen,  deshalb  also  auch  meist 
nur  &stini\x  etaias  atentu  iveka  kupifiatu  geschrieben 
wurde.  Man  kann  nicht  wohl  umhin,  eine  solche  vermit- 
telnde Übergangsstufe  mit  blofs  nasalierten  vocalen  anzu- 
nehmen, weil  die  wirklichen  nasale  meist  gerade  in  den 
spätumbrischen  tafeln  wie  Via  17  combifiatu^  Vlla  51  ivenga 
wieder  zum  Vorschein  kommen.  Jedoch  werden  wir  auch 
wieder  erscheinungen  antreffen,  die  auf  das  gegentheil,  auf 
den  gänzlichen  ausfall  der  nasale,  schliefsen  lassen. 


^)  In  diesen  beispielen  hat  zuerst  Ebel  in  d.  ztschr.  Y  423  eine  wirk- 
liche composition  mit  der  präposition  en  oder  em  erkannt.  Der  vorausge- 
hende casus  auf  -Sr  oder  -ir  ist  urspr.  locativ,  was  weiter  ausgeführt  ist  im 
rhein.  mus.  XXVI  374  anm.  2. 


102  Savelflberg 

3.     Lautwandel  von  n  in  1. 

Von  n  ist  noch  ein  Übergang  in  1  zu  bemerken  in  den 
verbalformen  entelust  und  apelust,  wie  ihn  Aufrecht  und 
Kirchhoff  II  243  richtig  angeben.  Indem  sie  dort  zu  tafel 
Ib  12  die  Vorschrift:  pir  ahtimem  ententu  ^jignem  in — m 
imponito  (wörtlich:  intendito),^  mit  dem  unmittelbar  folgen- 
den Vordersatz:  pune  pir  entelus  ahtimem,  verglichen, 
haben  sie  in  entelus  die  gleiche  handlung  wie  im  impe- 
rativ ententu,  nur  ein  anderes  tempus,  die  Vollendung  in 
der  Zukunft  (fut.  2)  erkannt:  „cum  ignem  imposuerit  in  — m^, 
so  dafs  entelus  oder  vollständiger  entelust^  wie  es  später 
vorkommt  in  VIb  50  pufe  pir  entelust  „ubi  ignem  impo- 
suerit", aus  *entenust  verwandelt  ist. 

Ebenso  findet  sich  die  zweite  verbalform  das  eine  mal 
Va  17  vollständiger  ape  apelust,  das  andere  mal  IIb  27 
in  apokopierter  gestalt  ape  apelus  „postquam  impende- 
rif^,  wo  sie  mit  einem  in  demselben  verse  voraufgehenden 
Vordersatz:  pune  anpene^  „cum  impendet^  gleiche  be- 
deutuDg  hat,  nur  im  tempus  als  futurum  exactum  vom  fu- 
turum simplex  anpenes*)  sich  unterscheidet,  übrigens  in 
lautlicher  hinsieht  die  Verwandlung  von  n  in  1  (wie  eitle- 
lust)  neben  ausfall  von  n  in  der  ersten  silbe  (wie  oben 
atentu  aus  antentu)  erlitten  hat,  so  dafs  demnach  ape- 
lus (t)  auf  ^anpenust  zurückzufahren  ist. 

Wir  müssen  aber  von  den  zwei  hier  besprochenen  ver- 
ben  die  wurzelformen  genauer  bestimmen,  als  bisher  gesche- 
hen ist:  nicht  tend  und  pend  oder  tenn  und  penn,  wie  sie 
Aufrecht  und  Kirchhoff  I  99  in  der  formenlehre  neben  ein- 
ander aufstellen,  sondern  ohne  d,  wie  dieselben  forscher 
U  323  von  ampentu  anpenes  apelust  halb  zugeben, 
müssen  die  wurzeln  einfach  ten  und  pen  heifsen,  da  sie 
so  für  das  umbrische  einerseits  durch  tenitu  Ylb  25  und 
anpenes  IIb  27,  andererseits  grade  durch  die  aus  *ente- 


')  Anch  ist  ein  dem  obigen  ententu  ähnlich  gebildeter  imperativ 
ampentu  vorhanden  in  IIa  20  ampentu  katlu  sakre  „er  bringe  einen 
jungen  hund  als  opfer  dar**,  woraus  wir  die  bedeutung  « darbringen**  entneh- 
men, in  welcher  wir  bei  Amobius  VIIi  10  impendere  gebraucht  finden. 


nmbrische  Studien.  103 

nust  und  ^anpenust  verwandelten  verbalformen  entelust  und 
apelust  sich  jetzt  sicher  constatieren  jassen,  und  nun  wer- 
den wir  mit  der  wurzelform  ten  das  lat.  teneo^  gr.  wz. 
TSV  (im  fut.  TBV-ü  aus  tsv-icjo))  und  goth.  wz.  than  (im 
infin.  than-jan)  viel  passender  als  lat.  tend-o  vergleichen^). 
Einen  ganz  andern  weg  als  Aufrecht  und  Kirchho£F 
hat  Zeyfs  in  der  zeitschr.  XVII  413 — 418  eingeschlagen. 
Obgleich  dort  die  hohe  Wahrscheinlichkeit  nicht  geläugnet 
wird,  dafs  entelus  auf  das  nahe  vorausgehende  ententu, 
und  apelus  ebenso  auf  anpenes  sich  beziehe  und  je  zwei 
gleiche  handlungen  bezeichnet  seien,  so  zieht  Zeyfs  doch 
p.  414.  415  entelus  ^u  einem  verb  telo,  das  im  lateini- 
schen neben  tulo  tetuli  bestanden  haben  soll,  und  will  Ib  12 
pune  pir  entelus  ahtimem  lieber  übersetzen  „cum  ignem 
intuleris  in  foculum",  aber  ein  solches  verb  telo  vermag 
er  ebenso  wenig  im  umbrischen  wie  im  lateinischen  eini- 
germafsen  überzeugend  nachzuweisen.  Die  andere  form 
apelus  will  Zeyfs  p.  418  aus  einer  vorausgesetzten  form 
^arpelus  und  einem  umbrischen  verbum  erklären,  welches 
dem  lateinischen  appellere  entspreche  und  dessen  impera- 
tiv arpeltu  IIb  19  er  später  anführt.  Dabei  wird  still- 
schweigend angenommen,  dafs  r  dem  folgenden  p  sich  assi- 
miliert habe,  ob  aber  in  folge  dieser  assimilation  ein  p 
oder  zwei  p  zu  schreiben  seien,  bleibt  wieder  unerwähnt. 
Jedoch  von  einer  assimilation  der  präposition  ar  ist  im 
umbrischen  kein  auch  nur  halbweg  sicheres  beispiel  be- 
kannt, während  a  statt  an  und  am  häufig  vorkommt;  auch 
die  intransitive  bedeutung  von  arpeltu,  wie  Zeyfs  sie  an- 
gibt =  accedito,  pafst  nicht  zu  der  von  apelus  versuchten 
auffassung  =  appuleris,  wogegen  Zeyfs  selbst  vom  lat.  im- 
pendere  ein  gutes,  bereits  oben  angedeutetes  citat  Huschke's 
aus  Arnobius  VII  10  anführt:  „idcirco  diis  hostias  et  cetera 
impendimus  munera^    welches   eine  erwünschte  paral- 


1)  Es  bedarf  nan  kaum  der  bemerkang,  dafs  en-ten-tu  Ib  12  und 
das  erweichte  en-den-du  VIb  40  nicht  aus  *en-tend-tu  nach  art  von  lat. 
in-tend-i-to  zu  erklären  sind,  ebenso  wenig  am-pen-tu  IIa  20  aus  *am- 
pend-tu  (A.  E.  I,  82),  sondern  dafs  diese  imperative  ihren  vollen  stamm  ten 
und  pen  haben. 


104  Savelsberg 

lele  ist,  um  den  von  anpenes  —  ampentu  —  apelust 
oder  urspr.  ^ampenust  oben  ermittelten  sinn  ^(Opfer)  dar- 
bringen" lateinisch  wiederzugeben. 

Wir  wollen  nun  für  den  umbrischen  lautwandel  von 
n  in  1,  wiewohl  er  in  zwei  sich  gegenseitig  stützenden  bei- 
spielen  hinlänglich  gesichert  ist,  auch  noch  analogien  aus 
dem  lateinischen  bringen.  Dem  umbr.  hon-dra  Yla  15  (alt 
hutra  Ib  42  statt  huntra)  und  hondomu  Yla  9  entspricht 
lat.  ul'tra  und  ul-timo  (Aufr.  u.  Kirchh.  I  80),  nur  ist  im 
umbrischen  die  bedeutung  „jenseits'^  in  „unten,  zu  unterst" 
übergegangen  (A.  K.  II  69),  wie  auch  die  verwandten  grie- 
chischen Wörter  h-sQoi^  üv-sq^&s  „die  untern,  von  unten" 
bedeuten,  und  formell  ist  im  anlaut  ein  unorganisches  h  in 
hon-dra  vorgeschlagen,  wie  im  lat.  humor  für  umor  und  in 
dem  schwächer  verbürgten  humerus  statt  umerus  (Fleck- 
eisen, fünfzig  artikel  s.  31.  G.  Curtius  grundz.*  636).  Dann 
ist  das  von  demselben  pronominalstamm  ana  abgeleitete 
adjectiv  an-ja-s,  wie  es  im  sanskrit  heifst,  welchem  sonst 
noch  im  slawischen  inü  zur  seite  steht,  im  lateinischen  in 
al-iU'S,  wie  im  gothischen  in  al-ja-  verwandelt  und  im  grie- 
chischen ursprüngliches  aX-jo-g  überdiefs  noch  zu  aX-Xo-g 
assimiliert  worden;  auch  ein  zweites  von  ana  abgeleitetes 
pronominal-adjectiv  skr.  an-tara-s,  welches  im  gothischen 
noch  an-thar  und  im  litauischen  an-trä-s  heifst,  ist  im  la- 
teinischen in  gleicher  weise  zu  al-ter  geworden  (ßopp,  vergl. 
gramm.  II  188).  Ferner  sehen  wir  in  einer  zweisprachigen 
inschrift  bei  Ritschi,  Prise.  Lat.  mon.  epigr.  LXXII  D 
(Orelli  n.  5762)  in  der  lateinischen  fassung  die  namensform 
LVMPHIEIS  dem  griechischen  namen  NlMfpJI^  ent- 
sprechen (vgl.  Ritschi  Opusc.  II  491.  772),  beide  namen 
NYMPHIS  LYMPHISQ.  in  einer  inschrift  bei  Orelli 
n.  1637  vereinigt  und  noch  LVMPHEIS  DIANAE  RE- 
DVCIS  SACR.  Orelli  n.  1639.  üeberhaupt  sind  die  ita- 
lischen  sprachen  für  die  Verwandlung  von  n  in  1  wenig- 
stens ebenso  empfanglich  gewesen  wie  das  griechische,  wo 
schon  bei  Herodot  Xirgov  vorkommt  neben  virgov^  das  aus 
dem  hebr.  neter  entlehnt  ist,  und  I,  74  Aaßvvrixoq  statt 
Nabunita  (Spiegel,  altpers.  keilinschr.  p.  205);  recht  häufig 


nmbrische  Studien.  105 

sogar  ist  dieser  lautwandel  im  späteren  italienischen  einge- 
treten, in  Bologna  aus  Bononia,  veleno  aus  venenum,  Pa- 
lermo aus  Panormus,*wie  auch  in  den  übrigen  romanischen 
sprachen  (s.  Diez,  gramm.  der  rom.  spr.  I,  235). 

4.     Verdoppelung  von  n. 

Aufser  den  Verwandlungen  von  n  in  m  und  in  1  bat 
das  n  zwischen  vocalen  seine  regelrechte  ausspräche  be- 
halten, ja  sogar  einigemal  zur  [Verstärkung  die  Verdoppe- 
lung erfahren,  zu  welcher  die  liquiden  laute  ihrer  natar 
nach  von  selbst  hinneigen.  So  findet  sich  für  das  regel- 
mäfsige  enom  an  fönf  stellen  ennom  VIb  51.  VII a  20.  24. 
34.  39  und  einmal  enno  VII  a  38,  wo  das  schlufs-m  fehlt, 
dann  noch  zweimal  ponne  VIb  43.  VII b  2  statt  pone  VIb 
48.  49  (=  lat.  quom)^  alles  in  den  spätesten  tafeln.  Auf- 
recht und  Kirchhofi"  bezeichnen  die  Verdoppelung  bald  als 
verschrieben,  wie  II  p.  205  ennom  und  II  p.  233  auch  ponne^ 
was  für  8  fälle  gewifs  unwahrscheinlich  ist,  bald  legen  sie 
dem  doppelten  n  in  ponne  I  p.  161  und  II  p.  293  solche 
Wichtigkeit  bei,  dafs  sie  darin  eine  assimilation  aus  ^ponde 
sehen  wollen,  so  dafs  altumbr.  pune,  vermittelst  dieser  er- 
klärung  auf  *punde  zurückgeführt,  dem  lat.  unde  oder 
vielmehr  cunde,  wie  es  noch  in  ali-cunde  erhalten  ist,  ent- 
sprechen soll.  Auf  dieselbe  weise  wird  pane  (=  lat.  quam\ 
nur  nicht  mit  nachgewiesener,  sondern  mit  blofs  vorausge- 
setzter mittelform  *panne,  I  p.  161  und  II  p.  293  aus  ^pande 
erklärt. 

Dieser  nur  auf  lateinische  beispiele  der  assimilation  nn 
aus  nd,  auf  dispennite  distennite  grunnire  für  dispandite 
distendite  grundire,  sich  stützende  erklärungsversuch ,  der 
noch  von  Corssen  ausspr.  I^  115.  II*  917  gebilligt  wurde, 
ist  erst  jüngst  von  Zeyfs  in  d.  zeitschr.  XIX  167  einer  ge- 
nauem prüfung  unterzogen  und.  verworfen  worden,  indem 
dieser  forscher  mit  recht  bemerkt,  dafs  pone  —  ponne  — 
oder  alt  pune  niemals  die  bedeutung  von  unde^  sondern 
überall  die  des  temporalen  quum  hat.  Ferner  ist  nicht  nur 
kein  sicheres  beispiel  jener  assimilation  innerhalb  des  uiQt 


106  Saveltbarg 

brischen  als  grundlage  zur  erklärung  von  ponne  gewonnen, 
sondern  auch  ganz  nach  willkür  bald  in  pane  bei  einem  n 
eine  assimilation  angenommen,  bald  in  der  fQnf-  bis  sechs- 
mal vorkommenden  partikel  ennom  eine  verschreibung  vor- 
gezogen. Endlich  —  was  vollends  entscheidet  —  ist  im 
umbrischen  bis  jetzt  nicht  einmal  jener  vorgebliche  bestand- 
theil  de  nachgewiesen  worden,  der  doch  in  pone  spönne 
aus  *ponde  und  pane  =  Spanne  aus  *pande  enthalten  sein 
soll.  So  können  wir  für  diese  erklärung  keine  möglichkeit 
absehen  und  müssen  einen  andern  weg  einschlagen,  der 
auch  sehr  nahe  liegt. 

Wir  gehen  von  der  beobächtung  aus,  dafs  im  umbri- 
schen ursprüngliches  i  am  ende  häutig  in  e  übergeht:  so 
im  ablativ  der  stamme  auf  i,  wo  sevakni  IIa  39  mit  se- 
vakne  IV  23,  ocri-per  Via  23  mit  ocre-per  Via  25  wech- 
selt, und  in  der  conjunction  ute  Ib  24.  27,  welche  im 
oskischen  ganz  normal  auti  (=  lat.  aut)  heifst.  Wirklich 
erscheint  von  der  conjunction  pune,  die  wir  so  in  den 
tafeln  Ib  IIa  IIb  Va  elfmal  finden,  einmal  die  normale 
form  puni  Ib  20,  welche  zum  lat.  quoni  in  quoni-am  (aus 
quoni  erweitert  wie  eti-am  aus  *etiy  der  ursprünglichen  form 
von  et,  wo  i  geschwunden  ist,  s.  Corssen  ausspr.  II*  595) 
und  zum  gr.  7if]vi-xa  bntjvi-xa  TfjVi-'/a  stimmt^).  Wie  wir 
nun  aus  dieser  vergleichung  die  italische  grundform  quoni 
gewinnen,  aus  welcher  umbr.  puni  und  pune,  osk.  pon, 
lat.  mit  Verwandlung  von  n  in  m  quom  hervorgegangen  ist, 
so  dürfen  wir  aus  umbr.  pane  nebst  osk.  pan  und  lat. 
quam  auf  eine  analoge  italische  grundform  ^quani,  umbr. 
^pani,  schliefsen. 

Sehen  wir  jetzt  noch  zu,  ob  sonst  im  umbrischen  eine 
assimilation  nn  aus  nd  anzunehmen  sei.  So  ist  nämlich 
auch  panu-pei  VII  b  1  von  Aufrecht  und  Kirchhoff  I  70.  87 
und  II  304  mittels  vorausgesetzter  grundform  *pandu  (=  lat. 
quando)  durch  quandoque  erklärt  worden.  Aber  wiewohl 
diese  bedcutung  dem  Zusammenhang  der  stelle  (Vllb  1)  an- 
gemessen ist,  so  müfste  man  doch  auch  hier  zuerst  einmal 


*)  Rhein,  mos.  XXVI  12S  mit  der  note. 


umbrische  Studien.  107 

den  bestandtheil  do  (von  quando)  im  umbrischen  nachwei- 
sen, ehe  man  eine  solche  erklärung,  panu  sei  aus  pannu 
und  dieses  aus  pandu  entstanden,  glaublich  machen  könnte. 
Nun  ist  aber  von  do  (in  lat.  quan-do)  oder  von  einer 
abgeleiteten  partikel  dö-ni-cum  dö-ne^c  du-m  im  umbrischen 
keine  spur,  noch  irgend  etwas  lautlich  entsprechendes  be- 
kannt. Man  mufs  also  das  dem  umbrischen  annoch  fremde 
do  ganz  aus  dem  spiel  lassen  und  panu  nach  art  der  ad- 
verbia  eru-k  (A.  K.  I  150)  und  era-k  (II  369)  „dort"  als 
ablativ  erklären.  Panu  ist  ohne  zweifei  ein  Überrest  von 
einem  pron.  *panU'S,  das  wie  x^-vo-g  ^jener**  und  r^'VO'g 
„dieser"  (etym.  magn.  p.  321,  31 — 34)  gebildet,  der  be- 
deutung  nach  aber  interrogativ  und  relativ  zugleich  war*), 
und  hat,  gleichwie  im  lateinischen  der  relativstamm  quo 
und  dessen  ableitungen  durch  anhängung  von  que  zu  ver- 
allgemeinernden indefiniten  wurden,  in  folge  der  anhängung 
von  pei  (oder  pe  =  lat.  que)  den  sinn  erhalten:  „an  wel- 
chem orte  auch  immer"  oder  „auf  welche  weise  auch  im- 
mer", gieng  dann  auch  in  die  bedeutung  der  zeit  über, 
wie  lat.  illico  (=  in  loco)  „auf  der  stelle,  sogleich"  und 
modo  „so  eben,  jetzt  eben",  so  dafs  panu-pei  „wann  auch 
immer"  so  viel  als  quandoque  bedeutet  und  pisi  panupei  . . . 
fust  VII b  1  „qui  quandoque  fuerit"  ganz  analog  ist  dem  aus- 
druck  pisi  pumpe  fust  Va  3  und  10  „quicunque  fuerit". 
Eine  fernere  anwendung  jener  vermeintlichen  assimila- 
tion  von  nd  zu  nn  haben  Aufrecht  und  Kirchhoff  zur  er- 
klärung  von  umbrischen  participien  anferener  pihaner  pel- 
sanu  gemacht,  obwohl  hier  ebensowenig  wie  bei  panupei 
ein  doppeltes  n  aufgezeigt,  sondern  nur  aus  oskischem  üp- 
sannam  für  das  umbrische  gefolgert  wurde  (u.  spr.  I,  70). 
Indem  sie  nun  participia  passiva  wie  pelsanu  (accus.), 
pelsan-s  (nomin.),  anferen-er  (gen.)  auf  lat.  participia  in 
-endo  zurückführen  wollen  und  demgemäfs  pihan-er  (gen.) 
durch  das  entsprechende  lat.  piandi  wiedergeben,  erklären 
sie  I,  147  in  der  2ten  Note  die  umbrische  form  zwar  zur 
genüge,   aber  nicht   mit  Zugrundelegung  eines  lat.  partici- 


1)  Rhein,  mus.  XXVI  133. 


108  Savelflberg 

piums  auf  ^andus,  sondern  vermittelst  eines  sanskr.  parti- 
piums  fut.  pass.  wie  vahanlja-s  (=  vehendus),  das  von 
vahana  (=  vectio)  abgeleitet  ist  und,  wie  man  sieht,  ebenso- 
wenig eine  spur  von  d  bat,  wie  die  umbrischen  participia. 
Nocb  genauer  stimmen  zu  diesen  participien  pihaner,  pel- 
sanu  u.  s.  w.  im  suffix  die  sanskrit.  adjeetive  auf  -an&, 
gval-anä-s  „flammend'^,  kal-anä-s  „wankend*^  und  am 
genauesten,  auch  in  der  passiven  bedeutung,  die  griechi- 
schen adjeetive  arsy-avS-g  „bedeckt",  kä-avo-g  „efsbar**, 
sowie  die  gothischen  participia  it-an-s  „gegessen"  u.  a.,  so 
dafs  die  zurückführung  auf  ein  lateinisches  particip  wie 
veh-endU'S  gar  nicht  nöthig,  vielmehr  ganz  unzuläfsig  ist. 

Es  ist  also  eine  assimilation  nn  aus  nd,  wenn  auch 
im  lateinischen  dispennite  für  dispandite  (A.  K.  I,  87)  un- 
bezweifelt,  doch  in  keinem  falle  für  das  umbrische  erwie- 
sen, und  die  oben  erwähnte  Schreibweise  mit  doppeltem  n 
gegenüber  der  mit  einfachem  n: 

ennom  enom 

enno  eno 

ponne  pone, 

wie  sie  Corssen  ausspr.  I  95  (I*  249)  auch  im  lateinischen 
gegenübergestellt  hat: 


Caecinna 

Caecina 

Caesennius 

Caesenius 

Munnius 

Munius 

Pescennius 

Pescenia 

Vinnius 

Vinius 

Sabinna 

Sabina 

Porsenna 

Porsena, 

bekundet  nur  eine  fester  ausgeprägte  ausspräche  des  n, 
gleichwie  des  s  im  einmaligen  isso-k  VII b  3  und  essu 
Via  43  gegenüber  iso  Via  20  und  dem  häufigen  esu,  und 
in  dem  einmaligen  Fissiu  Via  43  gegenüber  dem  sehr 
häufig  vorkommenden  Fisiu  (A.  K.  I,  70). 


nmbrische  Studien.  109 

5.    Schreibung  einfacher  consonanten  statt  dop- 
pelter. 

In  andern  fällen  ist  eine  wirkliche,  begründete  Verdop- 
pelung eines  consonanten  öfters  nicht  durch  zwei  buchsta- 
ben  bezeichnet:  so  ist  1)  somo  Via  9.  10  das  römische 
summo  aus  *supmo  (A.  K.  I,  70),  da  ja  der  dort  assimilierte 
lippenlaut  p  auch  im  umbrischen  sonst  in  den  adverbien 
sup-ru  (A.  K.  II,  372),  sup-er-ne  (das.  282)  vorhanden  ist; 
2)  der  eigenname  Atijeriur  (frater  Atijeriur  Va  1.  14 
=  fratres  Attidii)  und  Atijeriate(s)  IIb  2  ist  nur  mit 
einem  t  innerhalb  des  Stammes  geschrieben,  bei  den  Rö- 
mern aber  die  bezügliche  umbrische  Stadt  Attidium  und 
deren  ein  wohner  bei  Plinius  III  13  Attidiates  allemal  mit 
zwei  t.  Dafs  3)  ditu  VIb  10.  16.  25.  VII  a  38  und  dann 
auch  altumbrisch  titu  la  33  nebst  tetu  IIa  9.  IIb  21  (i.  e. 
dato)  für  *dittu  geschrieben  sind,  beweisen  die  vollständi- 
ger erhaltenen  formen  desselben  imperativs  dirstu  VIb  17. 
38.  39.  Vlla  5  und  altumbrisch  tertu  IIa  40,  indem  der 
Zungenlaut  r  und  in  den  jungem  tafeln  rs  aus  d  hervorge- 
gangen ist,  das  verbalthema  also  ursprünglich  did  hiefs, 
wie  es  im  oskischen  futur  did-est  auf  der  tafel  von  Bantia 
V.  16  wirklich  erscheint^).  Aehnlich  verhält  es  sich  4)  mit 
dem  imperativ  si-stu  III  8  und  se-stu  IIb  22  (wo  e 
für  i);  (Jenn  dieser  steht  nach  mafsgabe  des  lat.  si-st-i-to 
flir  si-st-tu,  da  das  eine  t  (in  st)  der  wurzel  (urspr.  sta) 
angehört,  wie  das  futur  8e-st-e(s)  IIb  22  ausweist*),  und 
das  andere  t  der  personalendung  -tu  zukommt.    Desgleichen 


*)  Die  Wurzel  war  eigentlich  da,  welche  nur  noch  in  der  Verwandlung 
fa  oder  rsa  erkennbar  ist  im  fut.  exact.  an-de-rsa-fust  VII  b  3  oder  an-di- 
rsa-fust  VII a  46  und  altumbr.  a-te-ya-fust  Ib  40  d  i.  „circum-dederit**. 
Indem  diese  wurzel  mit  der  rednplication  di  verwuchs,  dafür  aber  ihren  eige- 
nen vocal  a  verlor,  entstand  obiger  neuer  präsensstamm  did.  Wir  stellen 
nun  als  dessen  normale  reduplication  nicht  de,  sondern  di  auf  nach  analogie 
von  lat.  bibo  sisto,  gr.  fiifivw  nliixu}  ylyvo/Aai>  iffttj/iAi^  skr.  tiS^hSmi  (Bopp, 
vgl.  gramm.  II  831),  so  dafs  demnach  de  im  conj.  ders-a  VII  a  48  (altumbr. 
conj.  tef-a  Ib  34  und  imper.  tef-tu  IIa  40  und  tet-u  IIb  21)  aus  di 
verwandelt  ist. 

")  Doch  fehlt  das  wurzelhafte  t  im  fut.  2  sesust  Via  6  (=  lat.  stiterit), 
welches  Aufrecht  und  Kirchhoff  I  82  aus  urspr.  "^sest-fwt  so  hervorgehen 
lassen,  dafs  zuerst  das  t,  später  auch  das  f  des  hUlfsverbums  ausgefallen  sei. 


110  Saveliberg 

ist  5)  mku-vertulb9  oder  co-vertu  VIb  47  sowohl  das  t 
der  Wurzel  vert,  welche  wir  im  fut.  exact.  ku-vurt-us 
Ib  11  oder  co-vort-us  VII  a  39  zu  vort  umgelautet  sehen, 
als  auch  das  t  der  personalenduDg  -tu  enthalten,  so  dafs 
man  voll  ausgeschrieben  ko-vert-tu  erwarten  sollte.  Ferner 
müssen  wir  6)  in  upetu  IIb  1.  8.  11.  Va  7  und  upetuta 

111  10  das  p  uns  doppelt  denken,  nämlich  eines  von  der 
Präposition  up  (=  lat.  ob),  das  andere  vom  imperativ  petu^ 
und  dieses  verbum  dann  noch  zu  pentu  vervollständigen, 
wie  ampetu  üb  10  und  ustetu  la  17  vollständiger  am- 
pentu  IIa  20  und  ustentuIaS  geschrieben  sind  (s.  oben 
s.  99).  Alsdann  werden  wir  die  von  upetu  früher  gege- 
bene erklärung  durch  lat.  ob-ito  und  die  Verlegenheit  los, 
was  denn  eigentlich  mit  hostiam  obire  gemeint  sei  (A.  K. 
II,  318),  und  gewinnen  für:  sakreu  perakneu  upetu 
Va  7  bei  voll  ausgeschriebener  form  up  pentu  nunmehr 
den  deutlichen  und  unzweifelhaften  sinn:  sacra  annicula 
(d.  i.  hostias  anniculas)  ^)  impendito,  oder  wir  geben  up- 
pen-tu  mit  Währung  der  präposition  ob  durch  das  alte, 
liturgische  obmoveto  (Festus  p.  202.  Cato  r.  r.  134.  141) 
wieder.  Uebrigens  pafst  upetu  in  dieser  bedeutung  und 
form  (uppentu)  an  allen  stellen,  sei  es  dafs  geboten  wird, 
ein  opferthier  im  allgemeinen  darzubringen,  wie  sakre 
in  22.  Va  7,  oder  bestimmte  einzelne,  wie  uv^m  III  10. 
26  »ein  schaff*,  sim  IIb  1.  7  „ein  schwein**,  kaprum  üb 
1.  10  „einen  bock^.  Endlich  sehen  wir  sogar  zwischen  zwei 
Wörtern,  wenn  sie  zusammenhängend  geschrieben  sind  und 
zwei  8  vom  auslaut  und  anlaut  sich  berühren  würden,  die- 
sen buchstaben  bald  zweimal,  bald  nur  einmal  geschrieben: 
so  ist  in  der  stelle  la  27  Api  habina  purtijus,  surum 
pesuntru  fetu  das  verbum  purtijus  im  Vordersätze  vom 
nomen  surum  im  nachsatze  ganz  getrennt;  dagegen  ist 
in  IIa  9  Ape  purtijusuru,  erus  tetu  dasselbe  verbum 
mit  seinem  object  suru  im  Vordersätze  innig  verbunden  und 
mit  einem  s  statt  mit  zwei  s  zusammenhängend  geschrie- 
ben, und  ähnlich  finden  wir  einmal  fons.sir  VIb  7,  später 

^)   Die  bedeutung  von  perakneu   werden  später  „umbrische  wortdeu- 
tungen**  nachweisen. 


nmbrische  Studien.  111 

VIb  26  in  der  Schreibweise  fonsir  die  2.  pers.  sing.  conj. 
präs.  sir  (=  lat.  sis)  enklitisch  angehängt  (Corssen,  ausspn 
IP  917)  und  mit  fons  bei  Unterdrückung  des  einen  s  zu- 
sammengeschrieben. 

6.     K  r  a  s  i  s. 

Im  umbrischen  werden  wie  im  griechischen  zwei  glei- 
che vocale  im  auslaut  und  anlaut  zweier  neben  einander 
stehender  Wörter  oft  in  einen  langen  vocal  zusammenge- 
zogen. Gleichwie  nämlich  im  griechischen  td  aya&a  zu 
Tccya&d^  rd  dkkd  zu  Td?ykcc^  ä  äv  zu  aV  zusammenschmol- 
zen, so  sind  die  zwei  Wörter  portatu.ulo  VIb  55  schon 
im  altumbrischen  Ib  18  zu  purtatulu  in  einander  geflos- 
sen, und  ehe.esu  VIb  54  wechselt  in  derselben  zeile  mit 
ehesu.  Am  häufigsten  tritt  solche  krasis  bei  der  anhän- 
gung der  Präposition  en  ein.  Während  diese  präposition 
nur  noch  ein  paarmal  als  selbständiges  wort  dem  locativ 
eines  nomens  nachgesetzt  ist,  und  zwar  aus  em  zu  e  ab- 
gestumpft, in  rupinie.e  Ib  27  und  in  tafle.e  IIb  12, 
wie  wir  oben  s.  100  sahen  ^),  bildet  en  sonst  mit  der  loca- 
tivendung  -e  des  vorhergehenden  nomens  immer  eine  kra- 
sis, entweder  a)  bei  unversehrtem  schlufs-n  inarvenIII13 
aus  ^arve-en,  oder  b)  nach  dessen  Verwandlung  in  m,  wo- 
bei dann  em  oft  mit  einer  zweisilbigen  form  eme  abwech- 
selt, welche  aus  einer  altern  gestalt  *ene,  die  der  griechi- 
schen ganz  normalen  präposition  kvi  entspricht,  hervorge- 
gangen ist:  toteme  Jotinem  Via  46  (stamm  tota  Jovina) 
aus  *tote-eme  Jovine-emj  wo  sowohl  das  adjectiv  als  das 
Substantiv  das  ortsverhältnifs  durch  die  präposition  bezeich- 
net enthält,  ähnlich  wie  bei  Homer  oväs  öofÄOvds^  —  ocrem 


')  Ob  dieses  aus  em  abgestumpfte  e  jemals  mit  der  locativendung  -e 
verschmolzen  worden  sei,  ob  z.  b.  rubine  in  der  jungem  neuumbrischen  ab- 
fassung  VII a  6,  welches  dort  dem  alten  ausdruck  rupinie.e  Ib  27  ent- 
spricht, eine  Verschmelzung  aus  rubine.e,  oder  nur  einfach  der  locativ  rth' 
bine  sei,  läfst  sich  schwer  entscheiden.  Blofse  locative  möchten  wir  in 
den  gewöhnlichsten  ausdrücken  des  täglichen  lebens  erblicken,  wie  IIb  28 
manuve  habetu  i.  e.  manu  oder  in  manu  habeto;  VIb  50  a^o  destre  onse 
fertu  i,  e.  aram  in  dextro  umero  ferto. 


112  Savolsberg 

Fisiem  Via  46  (stamm  ocri  Fisio)  aus  ^ocre-em  Fisie-em, — 
rtiseme  VII a  8  (stamm  rus)  aus  ^ruse-eme.  Auch  in  ab- 
ruDU  IIa  12:  Ahtu  Marti  abrunu  perakne  fetu  müs- 
sen wir  jetzt  eine  krasis  aus  abru  unu  anerkennen  und 
jedwede  änderung,  sowohl  die  von  Aufr.  u.  Kirchh.  II  382  in 
abrum,  als  die  von  Bugge  in  d.  zeitschr.  VIII  33  in  abru 
unu  zurückweisen.  Uebrigens  hat  aber  Bugge  das  zahl  wort 
unu  richtig  herausgefunden  und  durch  vergleichung  zweier 
anderer  stellen  derselben  tafel:  IIa  6  Juvie  unu  erietu 
sakre  pelsanu  fetu  und  IIa  8  unu  suru  pesutru  fetu, 
die  Zerlegung  in  abru  unu  gesichert.  Ganz  derselben  art 
ist  VIb  46  die  krasis  in  enoocar^  dessen  bestandtheile 
wir  aus  der  entsprechenden  stelle  in  der  altumbrischen  ab- 
fassung  taf.  Ib  7:  inukukar  d.  i.  inu-k-ukar,  ersehen. 
Der  erste  theil,  hier  inu  mit  hinweisendem  k  verstärkt, 
dort  blofs  enOy  hat  gleicherweise  ein  schlufs-m  eingebüfst; 
denn  es  ist  das  adverb  in  um  oder  enoiUy  welches  wir  bis- 
her ein  paarmal,  bald  vollständig  in  inum-k  inum-e-k 
enum-e-k  enomy  bald  des  m  entäufsert  in  inu-k  enu-k 
enoy  gelegentlich  gesehen  haben. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  wir  neben  eno  voll  ausgeschrie- 
benes ocar^  wie  ukar  in  inu-k-ukar,  finden  wollen,  oder 
ob  wir  in  den  zwei  o  von  enoocar  nur  eine  bezeichnung 
von  langem  o,  wie  oben  ein  langes  u  in  abrünu  (vergl. 
gr.  TaXka)j  als  zusammenziehung  zweier  vocale  annehmen 
sollen.  Wir  glauben,  das  zweifache  o  nur  f&r  einen  lan- 
gen vocal  halten  zu  dürfen,  weil  die  Vorderseite  derselben 
tafel  mehrere  beispiele  solcher  bezeichnung  langer  vocale 
enthält:  ooserclome  Via  12,  meersta  v.  17,  eesona  v.  18, 
auch  tafel  VII  a  41  feetu  und  v.  15  serituu  bietet.  Bezeich- 
net nun  enoocar  nichts  weiter  als  in  heutiger  Schreibweise 
enöcaVy  so  müssen  wir  der  oben  s.  101  unentschieden  ge- 
lassenen frage  gedenken,  ob  bei  der  häufigen  auslassung 
der  nasalbuchstaben  n  und  m  noch  ein  rest  von  nasallaut 
nachgetönt  habe,  oder  nicht,  und  besonders  im  accusativ 
auf  -um  *),  und   da  sprechen  denn  unsere  beiden  jetzigen 

')  Auch  das*adverb  in  um  enom  ist  eigentlich  accusativ  sg.  neutr.  vom 
pronominalstamm  inu  {eno).     S.  oben  s.  100. 


ambrisehe  Stadien.  HS 

fälle,  welche  auf  normale  weise  abrum  unum  und  enom 
ohar  lauten  müfsten,  dafür,  dafs  solches  schlufs-m  als 
ganz  und  gar  geschwunden  zu  betrachten  sei,  weil  sonst 
die  Verschmelzung  zu  a  b  r  u  n  u  und  enookar  nicht  möglich 
gewesen  wäre. 

7.    Die  halbconsonanten  j  und  v  aus  den  vorher- 
gehenden   vocalen    i    und    u    als    bülfslaute    ent- 
wickelt. 

Die  vocale  i  und  u  haben  im  altitalischen  die  halb- 
consonanten j  und  v  als  hülfslaute ,  um  zu  einem  folgen- 
den vocale  hiuüberzuleiten,  zwar  nicht  regelmäfsig,  aber 
doch  ziemlich  oft  aus  sich  entwickelt.     So  leitet 

1 )  j  als  ein  aus  i  entwickelter  hülfslaut  zum  folgen- 
den vocal  hinüber  im  altumbrischen  in  den  nomina: 
Atijeries  III 24,  Kastrupije  Va  3,  Klavernije  IlbS, 
Kluvijer  Val5,  Vehijes  Ia20.  24,  Vupijaper  IIb  26, 
in  trija  IV  2  nebst  trijuper  Ib  21.  22.  IIb  25  und  im 
conjunctiv  herij*ei  IIa  16,  während  dann  doch  beispiele 
von  nicht  entwickeltem  hülfslaut  j  im  pronomen  tiu  IIa  23, 
im  imperativ  azeriatu  Ib  8,  im  futur  heries  Ib  10. 
IIb  21  und  im  suffix  von  Atijer-ie-s  III  24,  abweichend 
von  Veh-ije-s  la  20,  zugleich  nebenher  geben,  bis  spä- 
ter im  neuumbrischen  ein  solcher  hülfslaut  j  wieder  ganz 
verschwindet,  z.  b.  in  Atiersier  VII b  1,  trioper  VIb  55. 
VII  a  51,  heriei  VII  a  3. 

Schon  längst  hatte  Corssen  in  d.  zeitschr.  V  88.  89 
jedes  zweite  i  im  umbrischen  sowie  im  oskischen  und  la* 
teinischen  richtig  als  j  bezeichnet,  nur  aber  dessen  be- 
stimmten zweck  nicht  besprochen.  Fügen  wir  nun  osk. 
und  lat.  analogien  hinzu,  so  leitet  der  hülfslaut  j  nicht 
blofs  vom  vocal  i,  sondern  auch  von  den  diphthongen  ai 
und  ei  oft  zu  einem  folgenden  vocal  hinüber,  also  a)  nach 
dem  i  und  oft  auch  nach  dem  gestrichenen  i,  welches  im 
oskischen  einen  zu  e  hinneigenden  laut  bezeichnet,  wie  in 
der   tafel   von  Agnone  (Enderis^)  inschr.  n.  I)  kerrijüis 


^ )  Die  oskischen  Sprachdenkmäler  hat  jüngst  am  vollständigsten  geord- 
Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  2.  8 


114  SftTelsbarg 

a,  9.  10.  kerrijüi  a,  13.  kerrijin  a,  2.  kerrijais  a,  7. 
kerrijai  a,  4. 6.  22. 23.24.  b,  11 ;  auf  der  bleiplatte  von  Ca- 
pua  (iDSchr.  n.  LI)  Virrfjis  v.  2  neben  Virriis  t.  1  («» 
lat.  Verrius)  und  das  verb  herijad  y.  9;  in  einer  Inschrift 
von  Pompeji  (n.  X)  Meelikijeis  v.  7,  Jüvija  v.  8;  auf 
einer  ziegelinschrift  (n.  XLIV)  KoTT6U]ig  wahrscheinlich  = 
Kottijeis;  auf  einer  münze  (n.  LVI  17)  Tijatium,  wo- 
gegen die  Jüngern  münzen  Tiati  haben  (Mommsen,  un- 
terit.  dial.  s.  201);  b)  nach  diphtbongen:  Pümpaijana 
und  Pümpaijaneis  (n.X  5.9)9  Pümpaijanai  undPüm- 
paijans  (XVI  2.  4— 5),  Mefltaijais  (XXXVIII),  Ve- 
reijai  (XVI  2),  püiju  (XXXII  3). 

Die  wahre  geltung  des  doppelten  i,  wie  im  oski- 
schen,  so  im  lateinischen  hat  zuerst  W.Schmitz  in 
der  programmabhandlung  des  gymn.  von  Düren  1860  und 
im  rhein.  mus.  XVIII  (1863)  144  richtig  so  bestimmt, 
„dafs  das  erste  jener  beiden  i  vocalischen,  das  zweite  coo* 
sonantiscben  klang  gehabt  habe,  dafs  sie  also  lautlich  =k 
ij  gewesen"  und  PACIIO  Inscr.  Neap.  6600  =  Padjo  war. 
In  betreff  des  aus  diphthongen  erzeugten  hülfslautes  j  ge* 
langt  Schmitz  im  programm  von  Düren  p.  8  zum  gleichen 
ergebnifs,  indem  er  den  andeutungen  alter  grammatiker 
folgt,  z.  b.  Velius  Longus  p.  2220  P:  Atque  ipsa  natura 
i  literae  est,  ut  interjecta  vocalibus  latius  enuntietur,  dum 
et  prior  eam  adserit  et  sequens  sibi  vindicat. 
Sein  hauptergebnifs  ist  dieses:  Prior  i  litera  cum  antec^ 
dente  vocali  in  diphthongi  quidem  sonum  coalescebat  unam- 
que  syllabam  formabat,  sed  tamen  per  diaeresim  pronun- 
tiabatur;  altera  vero  i,  consonantis  vice  fungens,  ad  iiiae- 
quentem  vocalem  trahebatur:  Ut  sonus  i  literae  duabus 
vocalibus  interpositae  e  vocali  et  consonante  mixtus  fuerit 
(„vocalisch-consonantisch")  et  hoc  modo  possit  ejus  pro* 

nuntiatio  scribendo  repraesentari:  aljo  Ma¥ja  eltjus  Pompel- 

jus  quoljus  cu'ijus. 


net  Enderis,  versuch  einer  formenlehre  der  oskischen  spräche  (s.  I — LXXTV) 
mit  den  oskischen  inschriflten  (s.  1  —  20)  und  glossar  (s.  21 — 56).  Nach 
dieser  Zusammenstellung  werden  wir  fortan  eitleren. 


umbrische  Stadien.  115 

Diese  für  das  altitalische  sicher  gestellte  beobachtuDg 
gewährt  uns  nun  eine  vollständig  genügende  erklärung  der 
eben  erwähnten  ungewöhnlichen  oonjunctivformen  eines  und 
desselben   verbums,    osk.  herij-ad    und   umbr.  herij-ei. 
Um   mit   dem   normaler  gestalteten  oskischen  zu  begin- 
nen, so  sind  die  sonst  bekannten  osk.  conjunctive  dic-ans 
und  püti-ad  nebst  püti-ans  nicht  mit  dem  optativischen 
suf&x  -ia,  sondern  mit  dem  conjunctivsufHx  -a  gebildet,  also 
auch  herij-ad,  und  dasselbe  gilt  von  den  umbrischen 
conjunctiven  habi-a  pre-habi-a  fa^i-a  (Corssen  ausspr. 
11^731).    Nun  gehört  ebenso  wie  habi-a  zu  der  zweiten 
abgeleiteten  conjngation   der  umbr.  conjnnctiv  heri-e  VIb 
19.  20  und  unterscheidet  sich   von  jenem  nur  durch  den 
aus  a  umgelauteten   schlufsvocal  e,    gleichwie   die  umbri- 
schen nomina  ferine  (loc.)   taf.  Ia4.  13   und  vesklu  Ib 
29.  37   nebst  veskla  IIa  19   hauptsächlich   dadurch  von 
den   entsprechenden  lateinischen   nomina  farinae  und  vas- 
culum  vascula  sich  unterscheiden,   dafs   sie  den  ursprüng- 
lichen vocal  a  der  ersten  silbe  in  e  umgelautet  haben.  Der 
vocal  e  neigt  aber  oft  im  umbrischen  nach  i  hin  und  wird 
dann  durch  ei  bezeichnet,   so  eine  Via  10  für  ene  Ib  35, 
hereüu  Via  37   für  *heretu  eretu  IIa  4,    so   denn  auch 
heri-ei  Vlla  3   für   heri-e  VIb  19.  20.     Und    dieses    hat 
schon  im  altumbrischen  stattgefunden,  da  die  normale,  wenn 
auch  vereinzelte  conjunction  wcp  Via  6  sonst  überall,  nicht 
nur  in  taf.  VI  und  VII,  sondern  auch  in  älteren  tafeln  II  a  4. 
Va  29  stets  neip  heifst,   und  so  auch  für  den  conjunctiv 
heri-e  VIb  19  schon  in  der  alten  tafel  IIa  16  die  Schrei- 
bung herij-ei   mit   ei  gerade  wie   in  der  Jüngern  VII a  3 
heri-ei  erscheint,    im   übrigen   nur  den   aus  i  entwickelten 
hülfslaut  j    zeigt,    welcher    im    neuumbrischen    nicht    üb- 
lich ist. 

2)  Ganz  entsprechend  dieser  ersten  beobachtung  ist 
die  zweite,  dafs  in  gleicher  weise  ein  aus  u  entwickelter 
hülfslaut  V  zu  einem  folgenden  vocal  hinüberleitet,  a)  im 
altoskischen  in  eitiuvam  und  eitiuvad  XVI  1.  3  ge- 
genüber den  spätoskischen  formen  eituam  eituas  tab.  Baut. 
13.  18.  19.  27;    b)  im  altumbrischen  in 

8* 


116  SaveUberg 

vatuva  la  4.  13.  22.   Ib3.5  gegenüber  neuumbr.  eatuo 
Via  57. 

prinuvatus  Ih23  gegenüber  neuumbr. prinuatur VIb 65. 

tuva  IIa  27   gegenüber  neuumbr.  tua  Via  30.  40.  50. 

einmal  tuea  Via.  42. 

tuver-e  IIa  33  gegenüber  neuumbr.  tuer  Via  27. 28. 37. 

kastruvu  V  20.  22  gegenüber  neuumbr.  castruo  Via 
30.  32.  40. 
Einen  gegensatz  hierzu  bildet  die  Übereinstimmung  von 
altumbr.  purtuv-i-tu  IIa  24.  29  mit  ueuumhr.  pur dov^utu 
Via  56,  wo  das  v  dem  verbalstamm  angehört  (worüber  spä- 
ter), während  unsere  obige  beobachtung  nachweist,  wie  zu- 
weilen V  blol's  einer  dem  altumbrischen  eigenthümlichen  laut- 
entwickelung  seinen  Ursprung  verdankt,  indem  es  dann  im 
ueuumbrischen  bis  auf  wenige  reste  geschwunden  ist. 

8.     Vorschlag    eines  i    vor  andern  vocalen, 
hauptsächlich    vor    a    und    u. 

In  vielen  umbrischen  Wörtern  sehen  wir  bald  ein  i 
eintreten,  bald  wieder  verschwinden,  z.  b.  in-  der  endsilbe 
von  combißangiust  und  combißan^tist,  Ueber  dessen  Ur- 
sprung und  zweck  sind  die  forscher  nicht  einig,  indem 
einige  es  auf  etymologische  bestandtheile  zurückfahren, 
audere  es  blofs  als  lautliche  entwickelung  betrachten.  Im 
allgemeinen  erscheint  und  fehlt  solches  i  ohne  unterschied 
auf  den  Jüngern,  wie  auf  den  altern  tafeln.  Ja  auf  einer 
und  derselben  alten  tafel  IIa  sehen  wir  die  form  Spina 
V.  38  nebst  spinam-ar  v.  33  mit  spinia  v.  36  und  spi- 
niam-a  v.  37,  auf  tafel  Ib  rupinam-e  v.  35.  36  mit 
rupinie'e  v.  27  abwechseln,  aber  beide  letzte  wortformen 
in  den  parallelstellen  der  jüngsten  tafel  VII  a  übereinstim- 
mend ohne  i  gebraucht:  rubinam-e  v.  43.  44  und  rubine 
V.  6.  Ebenso  steht  Horse  ohne  i  auf  der  Jüngern  tafel 
VIb  43  gegenüber  Hurie  auf  der  altern  Ib  2,  dagegen 
Punipate  ohne  i  vor  a  auf  der  altern  tafel  Ib  15  gegen- 
über Ponisiater  mit  i  auf  der  Jüngern  VIb  51,  desgleichen 
wechselt    auf  altern    tafeln    hunta-k    III  3.   IV  32   mit 


umbriiche  Studien.  117 

buntia  IIa  15.  17  (Zeyfs  in  d.  zeitschr.  XX  187),  urspr. 
abl.  8g.  fem.,  zuletzt  adv.,  etwa  „dann,  hierauf^,  ferner 
vestipe  IIa  4  mit  vestipia  Ha  27.  IV  14.  19,  gleichwie 
auf  der  jüngsten  tafel  Vlla  vestisa  v.  37  mit  vestisia 
Vlla  38.  Die  zwei  letztgenannten  Wörter  haben  ein  aus 
ursprünglichem  k  verwandeltes  palatales  s  oder  9,  da  Pu- 
ni9ate(s)  von  Punicus  herstammt  (A.  K.  II  247)  und 
vestipa  wahrscheinlich  mit  vestikatu  IIa  24  und  vesti- 
cos  Vlb  25  zusammenhängt  (vgl.  A.  K.  II  220).  Es  ist 
schwer  zu  sagen,  ob  ein  i  auf  die  Verwandlung  von  k  in 
Q  irgend  einen  einflufs  gehabt  habe,  da  es  ja  selbst  bei 
dem  verwandelten  9  bald  erscheint,  bald  wegbleibt.  Das- 
selbe gilt  von  dem  aus  t  hervorgegangenen  s  oder  9  im 
futur  zweier  abgeleiteter  verba,  von  denen  das  eine  mit 
und  ohne  i:  combifians-itist  Vlhb2^  combifiang-iust  Vlb  49, 
combifianQ-ust  Vlla  5  (i.  e.  conspexerit),  das  andere  in 
noch  mannichfaltigern  gestalten  vorkommt:  purtin9-us 
Ib  33,  purdinS'Ust  Vlb  16.  24,  purdinQ-iust  Vlla  43,  pur- 
din^-u8  VI  b  23.  37.  38  (i.  e.  portaverit)  und  sogar  mit  dem 
ursprünglichen  stammauslaut  t  purtit-ius  la  33,  wo  nur 
der  nasal  nicht  bezeichnet  ist  (wie  oben  s.  99  ampetu 
fßr  ampentu),  obwohl  die  zweite  silbe  sicher  mit  nasa- 
lem i  purtitius  gesprochen  worden  ist.  Endlich  kommt 
zu  diesem  vielgestaltigen  futur  II  des  letztern  verbs  noch 
hinzu  dasselbe  tempus  von  einem  kürzern  stamm:  pur- 
tijus  la  27.  30.  IIa  7.  9,  wo  das  dem  u  vorgeschlagene  i 
noch  obendrein  den  hülfslaut  j  aus  sich  entwickelt  hat,  so 
dafs  es  von  der  normalen  tempusendung  -ust,  wie  solche 
in  port'USt  VII b  3  vorliegt,  mehr  als  die  eben  genannten 
gleichbedeutenden  fnturformen  abweicht.  Von  dem  kur- 
zem stamm  port  nun,  welcher  altumbrisch  purt  geschrie- 
ben ist  im  fut.  II  purt-ijus  und  im  particip  perf.  pass. 
purt-itu  Ib  39  =  neuumbr.  purd-itom  Vlla  45,  gelan- 
gen wir  vermittelst  des  oben  genannten  purti(n)t-iu8 
zu  dem  für  alle  fünf  futurformen  geltenden  erweiterten 
stamm  purtint,  und  schliefsen  weiter,  dafs  dessen  aus- 
lautendes t  in  purdinS'USt  in  s  übergegangen  ist,  gleichwie 
das  schlufs-t  in  den  conjunctiven  sins  (=  lat.  sint),  dirsans 


118  *  Savelaberg 

(=  äiSojvTi)  etaians  (=  itent),  endlich  dafs  ftir  8  auch  ^ 
eintrat  in  purtin(}'U&  pur ding-iust  purdinQ-us,  indem,  wie 
Corssen  ausspr.  I^  62  richtig  bemerkt,  die  assibilierteo 
laute  9  und  s  vermengt  wurden.  Auf  ähnliche  weise  ist 
das  fut.  U  combifianS'iust  VIb  52,  combißanQ-itist  VIb  49, 
combißan^'USt  y II  a.  b  gebildet,  nämlich  nach  einem  stamm 
combifiant^  der  Weiterbildung  eines  einfachen  verbalstam* 
mes,  von  welchem  die  formen  com-bifia-tu  Via  17  etc. 
kum-pifia-tu  Ib  14  und  ku-pifia-ia  Ib  35  sich  vor- 
finden. Corssen  aber  hat  für  die  beiden  hauptsächlich  im 
futur  II  gebrauchten  Weiterbildungen  nebst  dem  perf.  conj. 
3.  sg.  combifiang-i  VIb  52  und  osk.  perf.  oonj.  3.  pl.  pa* 
tens-ins  cipp.  Abell.  50.  51  wegen  des  auf  t  oder  s  manch- 
mal folgenden  i-lautes  die  verbalstamme  purtinti  combU 
fianti  und  osk.  patenti  aufgestellt;  dagegen  hielt  Schlei- 
cher comp.^  §.  304  anm.  die  umbrischen  futura  wegen  des 
der  endung  -ust  oft  vorhergehenden  i-lautes  för  dunkel, 
mithin  die  erklärung  Corssen's,  den  er  citierte,  für  anzu- 
reichend, und  diefs  mit  recht.  Denn  fürs  erste  ist  es  un- 
erwiesen, dafs  je  ein  i  im  umbrischen  ausgefallen  sei,  da 
auch  Aufrecht  und  Kirchho£P,  welche  dieses  I,  21  für  einige 
fälle  behaupteten,  den  dortigen  versuch,  neirhabas  ta£ 
IV  33  aus  habias  (för  habeas),  Fisovi  VI  b  5  etc.  aus  blofs 
erdichtetem  ^Fisiovi,  und  mefa  la  16  etc.  aus  osk.  me- 
fiai^  lat.  medius^  skr.  madhja  zu  erklären,  später  II  378» 
195. 175  wieder  aufgegeben  haben  und  II  56  von  tnugatu 
Via  6  die  möglichkeit  einräumen  müssen,  es  „als  impe* 
rativ  eines  verbs  mugare  zu  fassen  ^.  Zweitens  läfst  sich 
hier  i  nirgends  als  ein  etymologischer  bestandtheil,  son- 
dera  lediglich  als  lautlicher  verschlag  vor  vocalen  nach- 
weisen, der  erscheint  und  schwindet  ohne  feste  norm.  Dazu 
kommt  drittens,  dafs  solcher  verschlag  eine  dei^  italischen 
und  vielen  andern  sprachen  gemeinsame  erscheinung  ist) 
so  zunächst  der  oskischen,  für  welche  schon  Mommeen 
1850  unterit.  dial.  213,  indem  er  an  eingeschobenes  i  im 
heutigen  neapolitanischen  volksdialekt  in  lamiento  —  mieno 
—  tiene  etc.  erinnert,  und  jüngst  Corssen  zeitschr.  XVIU 
208,  um  für  osk.  hoxaxur  nunmehr  i  als  lautzuwachs  vor 


nmbriscfa«  itadien.         i  119 

o  zu  b(^ründeD,  folgende  beispiele  anführen:  tiurri  (=s 
lat.  turrif  s.  rhein.  mus.  XXVI  402),  eitiuvam  eitiuvad 
gegenüber  eituas  eituam  der  tafel  von  Bantia^  Niumsieis 
Niumeriis  gegenüber  lat.  Numisius  Numerius,  Dium- 
pais  (Aufrecht  in  d.  zeitschr.  I  89)  gegenüber  Lumpheis^ 
hoxccxeiT^  welches  Corssen  zeitschr.  XVIII  210.  245  mit 
col-locavit  übersetzt,  zu  welchen  beispielen  wir  noch  das 
n.  pr.  Siuttiis  (Enderis  n.  X  1 )  =  lat.  Suttius  und  den 
acc.  des  pron.  3.  pers.  siom  tab.  Bant.  5.  6.  9  =  lat.  se 
hinzufügen;  im  volskischen  sistiatiens  für  ^sistatens 
saa  lat.  statuerunt  (Corssen  zeitschr.  XVIII  209);  im  latei- 
nischen Licinianio  Or.  Henz.  n.  5569,  dividiatur  das.  n. 
7116,  nimphias  Atti  della  pontif.  accad.  XIII  260,  traditio- 
retnFabrett.  II  272  (Schuchardt,  vok.  d.  vulgärlat.  II  330); 
im  gothischen  liuhath  lat.  lux,  tiuha  duco  (Grimm, 
d.  gramm.  löl),  im  althochdeutschen  fiur,  liuhten 
(Grimm  I  107),  wie  auch  heute  im  englischen,  wo  lan- 
ges u  wie  ju  ausgesprochen  wird  in  nature  duke  pure^ 
und  im  slawischen,  wo  ja  je  ju  oder  ia  ie  iu  förmliche 
dipbthongen  sind,  z.  b.  russ.  wjedma  „hexe^,  jadro  „kern^, 
jusnik  neben  uznik  „gefangener^,  kliuka  „ haken  %  poln. 
wiedma,  i^dra,  kluka.  Nachdem  wir  also  den  vocal  i  so- 
wol  in  den  italischen,  als  in  andern  europäischen  sprachen 
al»  Vorschlag  vor  andern  vocalen  zugesetzt  gesehen  haben, 
können  wir  nunmehr  in  purdingiust  purti(n)tius,  wie 
auch  in  combißansiust  nur  ein  solches  vor  u  lautlich  vor- 
geschlagenes i,  aber  durchaus  nichts  atammhaftes  erken- 
nen, «teilen  also  abweichend  von  Corssen  für  diese  Wei- 
terbildungen die  Stämme  purtint  combifiant  im  umbri- 
schen  und  für  osk.  patens-ins  den  stamm  patent  auf, 
müssen  aber  den  zweiten  theil  von  Corssens  behauptung 
zeitschr.  XIII  199,  dafs  die  futurformen  purti(n)tius  pur- 
d%n^u9t  purdin^uity  com-bißansiust  com'bißanQust  ebenso 
gebildet  seien,  wie  port^ust  ^vom  verbalstamine  der  a- 
conjugation  porta^^  für  sehr  wahrscheinlich  halten,  so  dafs 
uns  die  dort  (s.  197)  beigebrachte  lateinische  analogie  pa- 
rent'dire  und  sonst  noch  re-praßsent-a-re  in  formeller  hin- 
sieht als  wohl  zutreffend  erscheint.     - 


120  SaTflibtrg 

Schliefslicb  erklären  wir  sowohl  den  oben  angefthrten 
acc.  des  oski sehen  pron.  3.  pers.  siom,  als  auch  den  aco. 
des  umbrischen  pron.  2.  pers.  tiu(m)  IIa  25  tiom  Via 
43  etc.  aus  den  vorauszusetzenden  grundformen  (*mam) 
*tam  *sani  (vergl.  altbulg.  m^  t^  s^  bei  Schleicher,  comp. 
§.  265)  durch  die  annähme,  dafs  auch  hier  Vorschlag  des 
i  vor  om  stattgefunden  hat. 


9.     Nachtönen    eines    i    nach    u. 

Die  italischen  sprachen  liefsen  nach  dem  voeal  u  früh 
ein  i  nachtönen,  vor  welchem  jener  vocal  dann  selbst  häufig 
in  o  (oskisch  ü)  Qbergieng,  und  der  so  entstandene  diph- 
thong  oi  trübte  sich  dann  zu  oe.  So  bietet  das  oski* 
sehe  auf  dem  cippus  von  Abella  v.  22  müi-nikü  (nom. 
sg.  fem.)  dar,  das  lateinische  im  SC.  de  Bacch.  co-mot- 
-fiem,  im  C.  I.  L.  n.  1230  mot-ro,  das.  n.  617  moe^rum^ 
wogegen  später  die  diesen  Wörtern  gemeinsame  wurzel 
mu,  welche  Corssen,  ausspr.  P  372  ffir  identisch  mit  der 
Sanskritwurzel  mü  „binden,  verbinden*^  erklärt,  wieder  mit 
reinem  u-laut  in  mu-ru-s  mu-ni-re  com-mti-nt-«  auftritt;  auf 
das  oskische  üit-tiuf  Ab.  40.  43  und  lat.  oit-ile  C.  I.  L. 
201,  9  und  oet-antur  ib.  200,  11  folgt  in  spätem  allgemei- 
nem gebrauch  utor  und  utilis,  auf  lat.  couraverunt  C.  1419, 
coiravit  C.  1166,  coeratit  C.  801,  später  stets  cura  und 
curare. 

Ehe  wir  fortfahren,  bemerken  wir  zuerst  beiläufig  in 
betreff  des  griechischen,  dafs  auch  hier  das  nachklingen 
eines  i  hinter  v  nicht  fehlt,  nur  etwas  seltener  zn  finden 
ist.  So  ist  es  schon  im  Etym.  magn.  p.  457,  19  richtig 
aufgefafst:  0vccdeg^  al  ßccx^cci*  na^a  ro  r^vvo  t6  OQfAOJy  xeel 
nXeovacfiip  tov  i  (fvidS^g^  indem  das  i  insofern  pleona- 
stisch  ist,  als  es  weder  auf  die  bedeutung,  noch  auf  die 
flexion  irgend  einen  einflufs  hat.  Ferner  ist  das  äolische 
(fvi(a  nichts  anderes  als  das  gewöhnliche  (fvia^  von  wel- 
chem es  sich  nur  durch  den  rein  lautlichen  zusatz  i  un- 
terscheidet, wie  wir  alsbald  an  italischen  analogien  genauer 
ausführen  werden. 


nmbrische  Studien.  121 

Wir  'schliefsen  hieran  zunächst  das  lateinische  naei-s 
an,  welches  dem  skr.  näu-s  und  griech.  vctv^g  gegenüber 
einen  dem  wurzelhaften  u^)  zugesetzten  beiklang  i  hat, 
wobei  dann  natßriich  u  zum  halbvocal  v  umschlagen 
mufste. 

Aber  nicht  blofs  wurzelhaftes  u,  wie  bisher,  sondern 
auch  das  suffix  u,  welches  viele  verwandte  sprachen  gleich- 
mäfsig  an  nominalthemen  aufweisen,  z.  b.  in  skr.  pur-u 
prth-u  ä9-u,  zend.  pour-u  ä^-u,  griech.  noX-v  nkar-v 
(lox-v,  goth.  fil-u  thaurs-u  („trocken"),  lit.  sald-u  (suavis) 
plat-u  dras-u  (=  t^pacr-i;),  ist  im  lateinischen  allein  „durch 
den  unorganischen  zusatz  eines  i  bereichert",  wie  Bopp 
vergl.  gramm.  III  385  treffend  bemerkt  hat.  Durch  sol- 
chen beiklang  ist  nämlich  das  indische  und  zugleich  ganz 
normale  tanu  {raw  in  rcevif-yloodüoc;)  zu  fenui,  skr.  guru 
för  *garu  (ßagv)  zu  gravi  (umgestellt  aus  *garui),  skr. 
svadu  {i]Sv^  äol.  jradv^))  zu  suaei  (für  ^suadui),  skr. 
laghu  (kkaxv)  zu  leei  (für  *Iegui),  ßqccxv  zu  brevi  (für 
*bregni)  geworden. 

Das  bisher  besprochene  nachtönen  eines  i  ist  ein  rein 
lautlicher  Vorgang  ^);  wir  sehen  darin  einen  ansatz  zu  der 
diphthongieruug,  wie  wir  sie  in  ausgedehnterm  umfange 
in  den  romanischen  sprachen,  namentlich  in  bezug  auf  -ui 
im  französischen,  wiederfinden  (Diez,  gramm«  d.  roman. 
spr.  I  127.  129.  139):  hier  ist  i  nach  u  eingeschlichen  in 
puits  (aus  puteus),  fruit  gegen  fruto  im  spanischen,  wo 
aber  muy  (adv.)  gleichwie  im  portugiesischen  muito  dem 
provenzalischen  molt  und  mout  gegenüber  dieselbe  erschei- 


^)  Denn  das  indogerm.  nSu-s  stammt  von  der  wurzel  sna  „fliefsen*^ 
und  hängt  mit  den  verben  vav-w  (aeol.)  „fliefse"  und  vio>  (f.  *avfß(o)t  aor. 
t-yiv~aa  »schwimme**  zusammen.  ')  Ahrens  de  dial.  Aeol.  p.  82. 

^  )  Corssen  hält  ausspr.  I  ^  86.  385  vi  für  eine  aus  -n  durch  das  sufßx 
-i  erweiterte  suffixform.  Jedoch  das  i  bleibt  hier  nicht  in  den  ableitungen, 
ebenso  wenig  in  lev-are  grav-are  ex-tenu-are  und  ex-tenv-are  bei  Lucrez,  wie 
in  nav-ali-s,  während  doch  sonst  ein  dem  suffix  aogehörendes  i  bleibt,  so- 
wohl in  humi-li-are  von  humi-li-Sj  sta-hili-re  von  sta-bili-s,  in-sig-nl-tu-s  von 
ifi-sig-ni-Sf  wie  in  ci-vi-li-s  von  ci-vi-Sj  hos-U-lis  von  hos-ti'S.  Deshalb  kön- 
nen wi^r^  nur  Bopp  folgen  und  gar  nichts  organisches  in  der  anfttgung  von  i 
sehen^  sondern  erklären  diese  fUr  einen  rein  lautlichen  Vorgang  mit  u,  wel- 
chem, sowohl  wenn  es  wurzelhafiter  vocal,  als  auch  wenn  es  suffix  war,  oft 
ein  i  nachklang. 


122  S«Telabtrg 

nung  zeigt;  fibrigens  heben  wir  zugleich  noch  den  Wechsel 
von  u  und  o  hervor  in  franz.  croix  (aus  lat.  crux)  gegen 
span.  Cruz  und  in  fr.  puis  aus  lat.  post. 

Gehen  wir  jetzt  zum  umbri sehen  über,  so  zeigen 
hier  ein  dem  u  zugesetztes  i  zwei  futurformen.  1)  Von 
der  Wurzel  fu  hat  die  3.  pers.  sg.  fut.,  welche  gewöhnlich 
fu-st  heifst,  zusammengezogen  aus  *fu-est  (wie  prupe- 
ha-st  aus  ""prupeba-est)  einmal  Va  9  bei  vollständig  er- 
haltenem futursufBx  -est  das  nachklingende  i  in  fni^est 
und  zwar  nur  als  beilaut  der  wurzel,  verschieden  von  dem 
der  endung  angehörenden  i  im  conj.  praes.  fu^ia  III  1, 
welcher  dem  osk.  conj.  fu-id  entspricht,  und  in  portal 
VII  b  1  gegenüber  dem  osk.  deiva-idi  2)  bat  das  futur 
purtuvi-es  (3.  pers.  sing,  mit  verlust  des  scbliefsenden  t 
fär  'purtuvi-est)  II  b  28  ein  unorganisches  i  als  blofs  laut- 
lichen nachklang  auch  nach  dem  halbvocal  v,  gleichwie 
die  lateinischen  adjective  gra-vi-s  sua^vi^s,  während  sonst 
der  imperativ  purtuv-e-tu  IIb  17  oder  gewöhnlicher 
purtuv-i-tu  IIa  24.  29  etc.  nur  den  nöthigen  binde- 
vocal  hat. 


10.     i    statt   ui. 

Wie  in  den  eben  genannten  zwei  futurformen  bat  das 
umbrische  noch  oft  nach  u  oder  v  ein  nachtönendee  i 
erzeugt;  aber  dieses  hat  dann  meist  das  urapröngliche  u 
verdrängt.  So  erscheint  im  umbrischen  ein  acc.  sing,  aim 
IIb  1,  si[m]  IIb  7  und  acc.  pl.  sif  la  7.  14  vom  thema 
si  mit  der  bedeutung  ^sau^,  während  aus  den  verwandten 
sprachen,  aus  skr.  sü  (in  sü-kara),  griech.  öv-g^  lat.  su-s 
und  ahd.  sü  als  noi'males  thema  sich  sü  ergibt.  Verglei- 
chen wir  damit  den  obigen  fall  im  lateinischen,  wo  das 
subst.  navi-s  dem  skr.  näu-s  und  griech.  vav-g  gegenüber, 
und  die  adjective  auf  -ui-s  oder  -vi-s  gegenüber  den  in 
vielen  verwandten  sprachen  entsprechenden  adjectiven  auf 
-u-s  im  lateinischen  allein  jenes  nachklingende  i  haben,  so 
vermuthen  wir,  dafs  so  auch  im  umbrischen  das  ursprüng- 
liche thema  su  mit  solchem   beiklang  i   zuerst  zu  sui  ge* 


nmbrische  stndien.  128 

worden,  dann  aber  dieses  sui  oder  svi  zu  ei  geschwächt 
worden  sei.  Letztere  erschlaffung  der  ausspräche  durch 
fallenlassen  eines  v  oder  u  ist  im  lateinischen  öfter  zu  be- 
merken, besonders  nach  s  (Corssen,  ausspr.  P  313.  314): 
in  te^  tibi  neben  tu  und  skr.  tv-am,  in  tis,  gen.  sg.  neben 
tui  (Neue  II  126),  in  se,  sibi  neben  sui  und  skr.  sva-,  in 
sis  (Enn.  Annal.  v.  150  ed.  Vahlen)  für  suis^  in  sos  bei 
Festus  p.  801  für  suos,  in  savium  neben  suavium,  soror 
gegen  skr.  svasar,  sopor  und  somnus  gegen  skr.  svap- 
uas,  socer  gegen  skr.  ^va^uras,  sonus  gegen  skr.  sva- 
nas,  und  auch  in  cani-s  gegen  griech.  xifuiv  und  skr. 
9 van.  Weit  häufiger  noch  ist  im  griechischen  der  ausfall 
von  V  oder  jr  nach  allen  Zungenlauten :  im  accusativ  und 
dativ  des  pronomens  der  2.  person,  tb  toi  oder  ae  (foi 
von  TV  oder  et',  gegen  skr.  tvaji  tväm,  in  'AötLvov  nom. 
pr.  im  Hermes  II,  171  statt  'Aütvivov  von  äcrv  und  böot. 
^aariviog  n.  pr.  im  rhein.  mus.  n.  f.  II  108  v.  13  von^acri;, 
das  in  ^aatv(AEidovri(a  n.  pr.  bei  Ulrichs,  reisen  in  Grie- 
chenland p.  247  enthalten  ist,  gegenüber  dQvCvog^  —  in 
döTiTrjg  st.  a(Szvht]g  gegenüber  öqvtri^g  und  ßorgvtvTjg  — 
in  dcidexa  neben  dvojSexa  bei  Homer,  —  in  öig  gegen  skr. 
dvis,  lat.  fei«,  —  in  Sevdgov  aus  ^öivdgvov^  woher  dsV' 
dQvd^co  bei  Hesych.,  —  in  adkog  aus  *öfdkog  (Curtius, 
grundz.^  347),  —  ^ioog  böot.  in  ^laorekiav  im  philologus 
suppl.  II  587  (*<Tog,  att.  ioog)  aus  ^iajrog  (Curtius  353),  — 
^üvog^  att.  ^ivog^  aus  l^iv^og  (Verf.  de  digammo  p. 
51.  52),  —  und  in  xoqtj  aus  xog^a,  welches  in  einer  in- 
schrift  bei  Oeconomides,  Patto  colonario  de'  Locri  p.  129 
erhalten  ist.  Der  ausfall  des  ^  hat  einige  male  auch  ge- 
rade vor  *  statt  gefunden:  in  Xi-g  „löwe"  aus  *//rc-g  (Cur- 
tius grundz.^  342)  vom  verbum  Xdß(o  oder  wz.  Xv  „ab- 
reifsen"  (Benfey  gr.  wz.  lex.  II  1),  in  gi-g  (st.  qiv)  „nase" 
aus  *pj^i'g  vom  verb.  gifco  oder  wz.  gv  „fliefsen**  (Pictet 
I  136)  und  besonders  klar  in  &iaao-g  „Versammlung  von 
Bakchanten'^  aus  ^Oifiaao'-g^  einer  ableitung  des  schon 
oben  genannten  &vi'dg,  welches  die  „stürmende,  rasende 
Bakchantin^  bezeichnet;  endlich  ist  aiaXog  „mastschwein'^, 
das  mit  sufGx  -«Ao  (L.  Meyer,  vergl.  gramm.  II  197)  von 


124  SftTeliberg 

av  oder  vielmehr  *(ffi  (mit  nacbklingeDdem  i)  abgeleitet 
und  aus  *(fj:i-a?.0'g  geschwächt  ist,  die  vollkommenste  ana- 
logie  zum  umbrischen  nomen  si-m  (accus.)  aus  *8vi-m. 
Ebenso  haben  die  ablative  (sing.)  mani  IIb  32,  trefi 
III  25,  arputrati  Va  12  von  den  themen  manu  trefu 
arputratu^)  (=  römischen  th.  manu  tribu  arbitratu)  ans 
früheren  volleren  formen  *manui  *trefui  *arputratui  ihr  u 
eingebüfst. 

Das  oskische  hat  nicht  blofs  in  Übereinstimmung 
hiermit  einen  ablativ  auf  -id  in  castrid  tab.  Baut.  v.  8  auf- 
zuweisen, vom  thema  castru  nebst  einem  genetiv  castrou-s 
tab.  Baut.  v.  13  mit  vocalsteigerung  ou  aus  ti*),  sondern 
geht  noch  weiter  als  das  umbrische,  wo  doch  trifu  Ib  16 
accusativ  ist  (f.  trifum),  indem  es  auch  den  accusativ  mtp- 
nim  das.  v.  24  vom  thema  manu  gebildet  hat,  offenbar  aus 
*manui'm  verkürzt,  wie  castri-d  aus  '^castrui-d.  Ueberdiefs 
i^t  im  volskischen  ein  accusativ  bi-m,  dem  nmbr. 
bu-m  IIa  5  und  lat.  bov-em  entsprechend,  von  Corssen  de 
Volscor.  ling.  p.  10.  12  und  in  d.  zeitschr.  X  24  entdeckt 
worden,  welcher  gleichwie  die  übrigen  italischen  analogien 
aus  *bui-m  zu  erklären  ist.  Nach  so  vielfach  gewonne- 
ner bestätigung  unserer  obigen  erklärung  von  si-m  schlie- 
fsen  wir  die  reihe  solcher  umbriseher  Wörter  mit  pir, 
indem  wir  es  auf  *puir  zurückführen,  einer  form,  die  nicht 
blofse  hypothese  ist,  sondern  die  wenigstens  fQr  griechi- 
sches 7iv()  uns  Herodian  negl  f,iov,  Ac^.  p.  12,  19  aus  Si- 
monides als  zweisilbiges  wort  7ivi'{)  aufbewahrt  hat,  welche 
also  den  in  7ti()^  der  normalen  form'),  einfach  gebliebe- 
nen wurzelvocal  v  (von  wz.  pu  „reinigen")  durch  ein  nach- 
klingendes t  diphthongiert  zeigt,  wie  &vi'ccq  aus  tJv'dg. 


1)  Beweis  für  das  thema  manu  ist  der  locativ  maDUveIIb2d|  für 
das  thema  trefu    oder  trifu    der  accusativ  trifu (ro)  Ib  16. 

3)  Gleichwie  im  gothischen  gen.  sunau-s  vom  stamme  sunu.  Schlei- 
cher Compend.  3  s.  669  und  genauer  Corssen  ausspr.  I^  690.  69t.  Dafs 
man  für  das  umbrische  ebenfalls  das  thema  kastru  aufstellen  mufs,  beweist 
der  plur.     kastruvu   Va  20.  22    und   castruo   Via  80.  83.  40  etc. 

3  )  WofUr  sonst  noch  ahd.  fiur  und  böhm.  pyr  „glühende  asche**  (Cur- 
tius  grundz.  ^  269)  zeugen. 


ambrische  itttdien.  125 

Im  lateinischen  ist  auf  dieselbe  weise  wie  umbr. 
pir  gebildet  ex-ßr  bei  Festus  p.  79:  Exßr  purgamentum, 
unde  adhuc  manet  sufßtio.  Es  bedeutet  eigentlich ,  wie 
Corssen  ausspr.  II*  719  bemerkt,  „ausräucherung,  dann 
reinigungsmittel".  Dieses  ex-ßr  sammt  suf-ßre  „räuchern*^, 
suf'ßtio  »räucherung*^,  suf-ßmen  „räucherwerk^  und  fi-mus 
„mist*"  als  „dampfender,  dunstender**  (Corssen  beitr.  180) 
nebst  fü-mus  „rauch*^  sind  alle  aus  der  wurzel  fu  (griech. 
&Vj  skr.  dhü)  entstanden,  indem  der  wurzelvocal  sich  meist 
vermittelst  des  nachklingenden  i  zu  ui  diphthongierte,  zu- 
nächst also  *ex-fuir,  *suf-fuire  ^fuimus  (mist)  daraus  her 
vorgieng,  bald  aber  das  u  verdrängt  und  dadurch  ein  mit- 
tel zur  differenzier ung,  besonders  von  fü-mus  und  ft-mus^ 
gewonnen  wurde.  Eine  analoge  bewegung  zeigt  die  ent- 
sprechende griechische  wurzel  &v  auf  das  deutlichste,  wel- 
che nur  nicht  in  der  bedeutung  „rauchen^  oder  „räuchern^, 
sondern  in  dem  an  die  verwandte  sanskritwurzel  dhü 
„schütteln,  heftig  und  schnell  bewegen^  sich  anschliefsen- 
den  intransitiven  sinne:  „daherstOrmen^  brausen,  rasen,  to- 
ben^ gebräuchlich  war.  In  dieser  bedeutung  finden  wir 
auch  die  andere  form  d^vi-o)  bei  Hesychios  verzeichnet: 
i&viev  kvefxaivBTo,  ^tqsxsv  und  im  homerischen  hymnus 
auf  Hermes  V.  560  (ed.  Baumeister)  angewandt:  al  8'  öva 
fxiv  tJviwaiv  (sc.  Thriae  fatidicae);  dann  ist  auch  davon 
benannt  die  „dahers  türmen  de,  rasende  Bakchantin*^  &vi'dq^ 
wie  in  der  oben  s.  120  erwähnten  stelle  des  Etym.  magn. 
richtig  angegeben  ist.  Um  hierzu  nun  die  formale  bewe- 
gung der  Wurzel  zu  vervollständigen,  so  fögen  wir  das 
oben,  unter  vielen  parallelen  lautschwächungen,  aus  *\^j:ia^ 
(fog  erklärte  d^iaaog  „Versammlung  von  Bakchanten^  hinzu, 
und  wir  sehen  nunmehr  die  Stufenfolge  &v  &vt  &t  hier 
einmal  in  deutlich  ausgeprägten  beispielen  constatiert. 

In  keiner  einzelsprache  Italiens  sind  uns  so  alle  drei 
stufen  zusammen  begegnet,  wohl  aber  vermögen  die  ital. 
sprachen,  vereinigt,  sie  sich  ein  paarmal  gegenseitig  zu  er- 
gänzen. So  ist  zu  den  zwei  in  §.  9  (s.  122)  angeführten 
stufen  der  wurzel  fu  im  umbr.  futur  fu-(e)st  und  fui-est 
die  dritte   vorhanden   im  lat.  futur  fi-et  von  /So,    welches 


126  SftTelsbefg 

Corsseu  ausspr.  I^  143  mit  recht  an  das  umbrische  futur 
fui-est  und  das  äolische  (pvi-w  anschliefst.  Die  allmäh- 
liche Verschmelzung  von  ui  zu  langem  i,  welches  die  mes- 
sungen  der  altern  römischen  dichter  io  fi-ere  ff^eret  fi-eri 
inter-ft-eri  con-fi-eri  (das.  IP  680)  zeigen,  wird  noch  ver- 
mittelt durch  eine  Zwischenstufe  fei-ent  in.  der  lex  Julia 
V.  62 ,  so  dafs  wir  hier ,  vom  umbrischen  und  lateiniscben 
futur  zusammengenommen,  vier  stufen  haben:  fu-(e)st 
fui-est  fei'ent  fl-ent.  In  hinsieht  auf  die  intransitive  be- 
deutung  „werden^  macht  Corssen  in  d.  zeitschr.  X  153 
treffend  auf  gr.  'i-tpv^v  und  ni-tpvx^  aufmerksam  und  eben 
diese  bedeutung  macht  auch  die  hinneigung  zu  medio- 
passiven  formen  fi-tur  ß-ebantur  fi-tutn  est  (Corssen  ausspr. 
II  *  739)  und  ß-eri  begreiflich.  Aber  in  bezug  auf  die  for- 
melle erklärung  scheint  Corssen  denn  doch  über  das  i 
noch  nicht  im  klaren  zu  sein,  indem  er  die  früher  I'  143 
wenigstens  besser  angedeutete  Zerlegung  der  bestandtheile 
in  umbr.  fu-i-est  und  lat.  fl-ere  später  II*  739  gegen 
die  annähme  einer  suf&xform  -ie  vertauscht  und  demnach 
umbr.  fu-ie-st  oder  fuie-st  und  lat.  fie-re  fie-bantur  ab- 
theilt. Nun  aber  kann  ßere  weder  eine  suffixform  -ie,  die 
ganz  unbekannt  ist,  noch  auch  das  sogenannte  suffix  -i 
der  vierten  conjugation  enthalten,  weil  alsdann  der  infinitiv 
fi-re  in  der  weise  wie  audt-re  venf-re  lauten  müfste.  Da- 
gegen steht  die  ganze  flexion  des  verbums  im  besten  ein- 
klang  bei  unserer  obigen  erklärung,  nach  welcher  die 
grundform  ^fui-ere,  blofs  durch  diphthongierung  des  n  eu 
ui  aus  älterm  fu-ere  entstanden,  durch  allmähliche  Ver- 
schmelzung des  diphthongen  ui  zu  ei  (in  fei-ent)  und  zu  lan- 
gem I  (in  fi-ent)  als  fi-ere  und  schliefslich  ß-eri  sich  fixierte. 

Ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  lat.  adj.  Itber  oder 
altern  leiber  C.  I.  L.  n.  192.  Wir  vermögen  es  stufen- 
weise bis  auf  seine  grundform  rückwärts  hinaufzufthren 
und  zwar,  da  das  lateinische  keine  genügende  handhabe 
bietet,  durch  ältere  wortformen  italischer  dialecte:  oskisoh 
lüvfreis  ^)  louf{rud)^)    und   faliskisch   loferta^)  =«  (lat. 

1)  Mommsen,  unterit.  dial.  p.  170.  taf.  VII  n.  2.       2)  Xab.  Bant.  ▼.  8. 
3)  Mommsen  in  den  monatsber.  d.  acad.  d.  wiss.  zu  Berlin.  1860  p.  451. 


umbrisehe  Stadien.  127 

liberta),  welche  von  *lufer  als  ihrer  gemeinsamen  quelle 
ausgehen.  Zwischen  dieser  grundform  einerseits  und  lat. 
loebertatem  bei  Festus  p.  121  andererseits  sind  zwei  zwar 
nicht  oberlieferte,  aber  unbedenklich  vorauszusetzende  mit- 
telformen ""luiber  und  ^loiber  die  zum  lat.  adj.  leiber  hin- 
überleitenden Vorstufen  gewesen,  dessen  secundärer  vocal  i 
die  Wandelung  des  urspr.  u  in  o  und  die  weitere  trübung 
des  o  zu  e  schliefslich  in  der  gewöhnlichen  form  Über 
überdauert  hat.  Für  unsern  nächsten  zweck  wäre  mit  der 
darstellung  der  genetischen  entwickelung  des  vocals  u  bis 
zu  i  innerhalb  des  italischen  jetzt  genug  geschehen;  da 
jedoch  die  etymologie  von  Über  und  sein  verhältnifs  zu 
klevt^BQog  zwischen  Curtius  grundz.^  452  und  Corssen 
ausspr.  I*  151  anm.  noch  immer  unerledigte  Streitfragen 
sind,  so  möchten  wir  zu  deren  lösung,  besonders  zur  auf- 
bellung des  vielbestrittenen  adj.  liber  so  viel  als  möglich 
beitragen.  Zu  kühn  behauptet  Curtius  grundz.^  453,  dafs 
ikev^eQog  mit  Über,  loeber  aufser  dem  1  gar  nichts  gemein 
.habe.  Sehen  wir  genauer  zu,  so  hat  iXsv&egog  mit  der 
italischen  grundform  *lufer  (und  loeber)  bei  gleicher  be- 
deutung  aufser  dem  1  noch  den  stamm  vocal  u  und,  was 
nicht  zu  übersehen  ist,  das  suffix  -ero  gemein,  dazu  hat 
es  ein  dem  italischen  f  oder  b  oft  voraufgehendes  dh  oder 
19-  bewahrt  ^ ),  so  dafs  sich  in  den  beiden  adjectiven  alle 
elemente  bis  auf  den  eigenthümlichen  griechischen  anlaut 
B  entsprechen.  Durch  &  aber  und  den  anlaut  c  dürfte 
kkev&sgog  gröfsern  anspruch  auf  priorität  haben  und  die 
auffindung  der  etymologie  erleichtern.  Und  in  der  that 
finden  wir  die  schon  vom  Etym^  magn.  p.  329,  44  gege- 
bene ableitung  des  adj.  klsväagog*  nagci  t6  kXsv&uv  onov 
iQ^^  an  sich  sehr  wahrscheinlich  und  in  dem  ausdruck 
vieler  delphischer  freilassungsnrkunden :  dnotQix^iv  olg  xa 
&6Xy^  worauf  Curtius  a.  a.  o.  hingewiesen  hat,  auch  durch 
den  Sprachgebrauch  gewissermaisen  bestätigt.  Die  vollste 
bestätigung  wird   aber  erfolgen,    wenn    wir   die    italische 


1)  Vgl.  skr.  rudhira-s,  griech.  igv&qo^q,  umbr.  rufru,  lat.  ru^ 
—  skr.  dhllma-s,  griech.  ^t^to-«,  lat.  fümu-Sy  —  skr.  üdhar,  griech. 
ov&oiQy  lat.  ü6er. 


128  Sarelsberg 

grundform  *lufer  mit  klevi'^SQog  uQter  einem  gemeiasamen 
stamm  uud  gleicher  begriffsentwickelung  vereinigen,  wie 
wir  jetzt  ausführen  werden. 

Sowohl  das  italische,  als  das  griechische  adjeotiv  ha- 
ben vorn  eine  aphäresis  erlitten.  Das  griech.  ikeväegog 
hat  mit  xekeväog  gleichen  Ursprung  von  einem  alten  ver- 
balstamm xeXvd',  dessen  ursprünglichen  anlaut  x  es  gleich- 
wie auch  ikevffofiai  rjkv&ov  kk^kv&a  abgestreift  bat,  wie 
diefs  von  Aa|  gegenüber  dem  lat.  calx  Pott  etym.  forsch. 
II  204  erkannt  und  von  mehreru  Wörtern ,  die  gewöhnlich 
mit  einem  vocal  anlauten,  darunter  auch  von  ox-vo-g  aus 
*x6x'P0'g  durch  vergleichung  mit  lat.  cunc-tari  und  nkr. 
gank  Curtius  grundz. ''  6bO  sehr  wahrscheinlich  gemacht 
hat.  Durch  eine  ähnliche  aphäresis  innerhalb  des  italischen, 
wie  z.  b.  im  lat.  lad  (nom.  lac)  aus  yakaxv  (nom.  ydha)^ 
ist  nun  auch  osk.  louf{rud)  und  lat.  llber  verstümmelt  aus 
coluber^  einer  analog  mit  serpens  vom  gehen  oder  kriechen 
entnommenen  bezeichnung  der  schlänge;  colere  aber,  wo- 
von wir  coluber  herleiten,  ist  schon  von  Curtius  grundz.* 
'429,  indem  er  es  in  agrum  colere  als  „begehen^  fafst,  auf 
die  indogerm.  wurzel  kar  „gehen^  zurückgeführt  worden, 
und  im  griechischen  ist  aufser  dem  entsprechenden,  auf 
geistiges  übertragenen  verbalbegriff  in  ö^Bii-xok-O'g  oder 
iteo'XoX'O-g  C.  I.  G.  n.  1607,  6  „deos  colens*^  auch  noch 
die  verbalwurzel  xol  als  solche  mit  der  ursprünglich  sinn- 
lichen bedeutung  „gehen^  bei  Hesychios  hervorzuheben  in 
den  glossen  xoXelv  kk&elv  und  6'|a)  xoXov*  k^^X&ov.  Aus 
der  genannten  indogermanischen  wurzel  icar')  und  eben 


^)  Die  im  griechischen  aJyi-xoQ-dq  eine  spur  hinterlassen  hat  und  in 
des  Hesychios  glosse:  atonogot;'  reutxoQoci,  &iOH6Qoq,  &fQaT¥(VT'^q  &iw. 
Die  Wurzel  heifst  im  skr.  ttar  und  von  ihr  stammt  Karl  »junge  frau**,  wo 
offenbar  die  grundbedeutung  „die  bewegliche'*  ist,  da  diese  bedeutung  in 
mehrem  adjectiven  karatha  kari§QU  kSrin  die  vorherrschende  ist.  Da- 
mit verwandt  ist  xovgti,  urspr.  xoq^a  (auf  einer  inschrift  bei  Oeconomidea, 
Patto  colonario  de*  Locrii  Athen  1869  p.  129),  „mädchen^  und  novf^oq 
{nöqfoqji  eine  ehrende  bezeichnung  rüstiger  jUnglinge,  wie  xovqot  '^/««wf. 
Der  grundbegriff  ist  überall  der  des  „  beweglichen ,  wandernden  ^ ;  bieraua 
entsteht  der  begriff  des  freien  (im  abgeleiteten  (xjfAct'^c^ot;  und  (co)laber) 
durch  den  gegensatz  des  Sklaven,  der  nicht  umherwandem  kann,  sondern 
gebunden  ist,  entweder  als  kriegsgefangener  wirklich  gefesselt  (vgl.  lat*  vUsUu 
verwandt  mit  vinctus)f  oder  fortan  im  zustand  der  gebuudenheit  lebend.  Aus 


umbrische  Studien.  129 

dem  begriffe  ^gehen^  ist  nun  für  das  griechische  und  ita- 
lische eine  gemeinschaftliche  Stammerweiterung  ^kaludh 
(mit  1  fiQr  r)  und  eine  gemeinschaftliche  Weiterbildung  ^ka- 
ludhara  mit  der  bedeutung  „wandernd,  beweglich,  frei^ 
hervorgegangen,  dann  vermittelst  der  den  italischen  spra- 
chen eigenthümlichen  Verwandlung  des  dh  zu  f  und  b  die 
Scheidung  in  *xelev&6Qog  und  coluber(us)  und  nach  ein- 
getretener aphäresis  einerseits  in  kkev&egog  und  anderer- 
seits in  loufur  *luiber  *loiber  leiber  Über  erfolgt. 

Den  nachklang  des  i  nach  u  hat  also  das  umbrische 
mit  dem  oskischen  und  lateinischen  gemein,  nur  sind  die 
Übergangsstufen  entweder  u  ui  vi  i  oder  u  ui  oi  ei  i  in  ein- 
zelnen fällen  gar  nicht  leicht  zu  bestimmen^  noch  weniger 
im  umbrischen  als  im  lateinischen,  wo  die  erstere  über- 
gangsweise durch  ausfall  von  v  bei  kurzen  vocalen,  z.  b. 
sibi  aus  *svibi  (vergl.  oben  s.  123),  die  letztere,  durch  all- 
mähliche Verschmelzung  gebildete,  bei  langem  i  anzuneh- 
men ist,  um  so  mehr,  wenn  Zwischenstufen,  wie  ei  in  fei- 
-enty  oder  auch  nur  eine  nebenstufe,  wie  oe  in  loebertatem^ 
zu  oi  und  ui  zurückführen.  Im  umbrischen  ist  solche  Un- 
terscheidung im  allgemeinen  nicht  möglich,  da  wir  die 
quantität  der  vocale  (wie  die  länge  aus  der  Schreibung  ee 
oder  eh)  selten  ersehen  und  bei  weitem  nicht  immer  er- 
schliefsen  können,  daher  wir  uns  mit  der  erwiesenen  that- 
sache  und  den  hauptergebnissen ,  welche  die  vergleichung 
der  italischen  sprachen  herbeigeführt  hat,  begnügen  müssen. 

tt.     Der  v-laut  durch  f  bezeichnet. 

Im  umbrischen,  wie  auch  im  oskischen  und  lateini- 
schen, ist  der  v-laut  öfters  durch  f  bezeichnet.  Zuvörderst 
ist  im  umbrischen 


diesem  verhältnifs  des  gegensatzes  betrachtet,  enthält  die  erklärung  des  ety* 
mologen:  iXtv^tkv  onov  ig^,  nichts  aas  dem  Stegreif  hinzugesetztes,  wie 
Corssen  ausspr.  I^  151  in  der  note  einwirft,  sondern  eine  genauere  präcisie- 
rnng,  wie  sie  eine  erklärung  des  Sprachgebrauchs  so  oft  nöthig  macht,  wo- 
gegen Corssens  aufstellung,  iUv&igoq  sei  aus  *^Xtvq)egoq  entstanden,  durch 
Curtius  jetzt  grundz.  ^  458  hinreichend  widerlegt  ist. 

Zeitschr.  f.  vergl.  sprachf.  XXI.  2.  9 


130  Savelsberg 

I.  ein  aus  u  entwickelter  v-laut,  welcher  bekanntlich 
zu  einem  folgenden  vocal  hinüberzuleiten  pflegt  (s.  oben 
8.  115,2),  auch  ohne  folgenden  vocal  einem  u  der  end- 
silbe  einigemal  als  dessen  nachklang  gefolgt  und  findet 
sich  dann  öfter  mit  f  als  mit  v  bezeichnet.  So  lautet  der 
plural  vom  neutrum  kastru  „grundstück^  zunächst  ka- 
struY-u  Va  20.  22  ohne  nachklang  der  endung  in  Über- 
einstimmung mit  neuumbr.  castru-o  Via  30.  32  etc.  ^) 
gleichwie  vom  neutrum  vatu  „kräpfelkuchen**  •)  der  plu- 
ral vatuv-u  Ib  25  heifst  in  Übereinstimmung  mit  nea- 
umbr.  eatU'O  Via  57.  VIb  1.  19  etc.,  dann  aber  auch  ka- 
struv-uf  Va  13.  18  mit  einem  dem  casussuffix  a  nach- 
tönenden v>laut,  wie  er  in  suesuv-uv  Ib  45.  IIa  44  sich 
zeigt,  welcher  aber  am  wortende  leicht  in  der  ausspräche 
zu  f  sich  verdichtet  und  in  kastruv-uf  wirklich  mit  f 
bezeichnet  ist  ^). 

Auch  ein  aus  stammhafbem  u  entwickeltes  v  ist  wahr- 
scheinlich mit  f  bezeichnet  in  manf  taf.  IIa  38  oder 
manfe,  wenn  wir  so  mit  Lepsius  Inscr.  Umbr.  et  Ose, 
commentatt.  p.  21  für  manf  easa  lesen:  manfe  a8a(39) 
vutu  asam-a  kuvertu.  Zur  aufhellung  dieser  stelle 
hilft  einigermafsen  eine  vergleichung  mit  VIb  25  eam 
mani    (25)   nertru    tenitu,    arnipo    eestisia   foesticos,    ca- 


^ )  In  der  stäten  rerbindung  pequo  castruoy  in  welcher  beide  nomina 
auch  immer  als  accusative  des  plurals  fungieren,  abhängig  von  einem  imper., 
nämlich  bald  von  pihatu  Via  29.  89.  49.  VIb  31,  bald  von  seritu  Via  83. 
41.  51.  VIb  12.  83.  Vlla  16.  80.  Wie  aber  pequo  (=  \&t.  pecua)  vom 
neutr.  stamm  pecu  ausgeht  (A.  K.  II  159),  gerade  so  castruo  (altumbr.  ka- 
struvu)  vom  neutr.  stamm  castru,  welcher  auch  den  osk.  casusformen  des- 
selben nomens  in  der  tafel  von  Bantia,  dem  gen.  ccutrous  y.  13  und  dem 
abl.  castrid  v.  8,  zu  gründe  liegt  (s.  oben  s.  124). 

2)  S.  zeitschr.  XX  441. 

3)  Von  dem  neuumbrischen  acc.  plur.  neutr.  castru-o  ist  der  altnmbri' 
sehe  accusativ  plur.  kastruv-u  und  kastruv-uf,  welcher  von  der  prilp* 
pusti  abhängt  Va  20.  22.  13.  18,  im  genus  nicht  verschieden,  weil  die  alte 
und  neue  form  zu  den  andern  beiderseitigen  neutra  oben  so  sehr  genau 
stimmen  und  weil  wir  nicht  annehmen  können,  dafs  ein  und  dasselbe  wort 
im  altumbrischen  einem  andern  genus  als  im  neuumbrischen  angehöre;  was 
aber  hauptsächlich  das  schliefsende  f  in  kastruv-uf  betrifft,  so  fällt  zur 
annähme  eines  accusativus  plur.  generis  masculini,  von  welcher  A.  K  IT  159 
ausgehen,  jetzt  jeder  anlafs  weg,  nachdem  f  für  einen  blofsen  lautlichen 
nachklang  des  u  erklärt  ist  gleich  dem  schliefsenden  v  in  svesuy-uv. 


Umbrische  sindien.  läl 

pirso  subotUj  wo  ebenfalls  von  einer  Verrichtung  mit  der 
hand  (mani  abl.)  die  rede  ist,  nämlich:  ^er  soll  die  opfer- 
schale mit  der  linken  hand  halten"  (A.  K.  II  219)  und  wo 
sub'Otu  mit  dem  imper.  vutu  verwandt  und  formell  leicht 
zu  vereinigen  sein  dürfte  dadurch,  dafs  ein  ausfall  von  v 
aus  urspr.  *sub'Votu  anzunehmen  wäre  gleichwie  in  sub- 
-oca-u  Via  22,  welches  im  lateinischen  sicher  *sub't)OCO 
lauten  würde.  Wir  vermuthen  nun,  dafs  manfe  IIa  38 
ein  locativ  ist,  aus  manuve  IIb  23  syncopiert,  wie  berva 
IIa  26.  33  aus  ^berua  (A.  K.  II  384)  oder  vielmehr  aus 
*beruva  vom  stamm  beru  in  beru-s  (abl.  plur.)  IIa  23.  35, 
und  glauben  unsere  stelle:  manfe  asa  vutu,  asam-a 
ku vertu  mit  einiger  Sicherheit  zu  übersetzen:  in  manu 
aram  —  to,  ad  aram  (se)  convertito;  übrigens  können  wir, 
obschon  wir  die  bedeutung  des  verbs  vutu  nicht  kennen, 
doch  einstweilen  daran  erinnern,  dafs  der  opfernde  mit 
der  hand  den  altar  berührte.  Horat.  carm.  III  23,  17. 
Brissonius  de  formulis  p.  40. 

Sehr  klar  stellt  sich  die  sache  bei  tuf  „duo"  Ib  41 
und  neuumbr.  desenduf  „duodecim"  VII  b  2  heraus.  Die 
erste  stelle  Ib41:  prinuvatu  tuf  tusetuta  (42)  hutra^ 
furu,  sehmeniar  hatutu,  erklären  Aufrecht  und  Eirch- 
hoff  II  296  (299):  privati  duas  torrento  (sc.  juvencas);  sie 
halten  also  tuf  für  einen  acc.  plur.,  wobei  sie  selbst  es 
auffallend  finden,  dafs  eben  tuf  die  weibliche  form  sein 
soll,  „während  doch  nicht  abzusehen  ist,  wie  die  männ- 
liche irgend  anders  gelautet  haben  könnte^.  Freilich  wäre, 
wenn  der  sinn  richtig  sein  sollte,  eine  weibliche  form  nö- 
thig  und  diese  müfste  nach  analogie  vom  abl.  plur.  tu- 
ver-e  kapirus  IIa  33  (A.  K.  II  386)  im  acc.  plur.  der 
regel  gemäfs  tuvaf  heifsen.  Aber  aufser  diesem  Wider- 
spruch steht  jener  erklärung  noch  der  umstand  entgegen, 
dafs  sonst  in  prinuatur  dur  an  zwei  stellen  die  zahl  dur 
immer  zu  prinuatur  gehört,  nämlich  VIb  50  eru-com  pri- 
nuatur  dur  etuto  „cum  illo  privati  duo  eunto"  und  Vlla  46 
et  prinuatur  dur  .  .  .  eso  tasetur  persnihimnmo  „et  privati 
duo  ....  hoc  taciti  precantor".  Demzufolge  gelangen  wir 
zu  einer  nunmehr  zweifellosen  erklärung,  dafs  unsere  stelle 

9* 


132  Savelsberg 

Ib  41  prinuvatu  tuf  tusctuta  bedeutet  „privati  doo 
torrento^,  die  zwei  Privatleute  sollen  yerbrennen,  nämlich, 
wie  aus  dem  Zusammenhang  hervorgeht,  jedweder  eine 
junge  kuh,  ebenso  wie  der  auftraggeber,  von  dem  es  vor- 
her heifst:  iveka  perakre  tuseiu  (lies  tusetu)  .  .  ar- 
fertur,  „juveneam  anniculam  torreto  .  .  positor^  ').  Es 
fehlt  also  nur  das  nominativsufBx  s  gleicherweise  in  pri- 
nuvatu und  in  tuf,  und  hier  ist  f  blofs  eine  lautliche 
entwickelung  aus  u  statt  v. 

In  der  zweiten  stelle  VII  b  1  erec  sveso  fratrecate 
portaia  sevacne  fratrom  (2)  Atiersio  desenduf  ist  die  bis- 
herige erklärung  bei  Aufrecht  und  Kirchhofif  II  305  (vgl. 
zeitschr.  VIII  218),  dafs  desenduf  acc.  plur.  und  object  zu 
portaia  sei,  die  Vorschrift  also  heifse:  er  soll  zwölf  der 
attidischen  brüder  tragen,  wie  sie  ja  bei  A.  K.  II  305  und 
308  lautet:  portet  .  .  fratrum  Attidiorum  duodecim,  unmög- 
lich anzunehmen,  auch  die  Unterschiebung  einer  abweichen- 
den bedeutung  „zur  stelle  scha£Pen"  durch  nichts  gerecht- 
fertigt. Dann  auch  hat  die  auf  diese  Vorschrift  verwei- 
sende bezugnahme  im  folgenelen  v.  3  sve  neip  portust  isso-c 
keine  spur  von  einem  acc.  plur.  wie  eos^  sondern  heifst: 
si  nee  portaverit  illud.  Die  construction  ist  einfach  die, 
dafs  sevacne  „sollemne"  *),  hier  substantivisch  so  viel  als 
sollemne  sacrificium,  das  object  zu  portaia  bildet  und  von 
diesem  der  genetiv  fratrom  Atiersio  abhängt,  also  zu  über- 
setzen ist:  portet  sollemne  fratrum  Attidiorum  duodecim. 
Somit  haben  wir  denn  in  desenduf  ein  indeclinables  Zahl- 
wort ohne  casuszeichen  vor  uns  und  erkennen  in  desenduf 
wiederum  wie  oben  in  tuf  ein  aus  u  entwickeltes  v  ^), 
welches  mit  f  bezeichnet  ist. 


^)  Arfertar  darf  man  wohl  lat.  positor  übersetzen  nach  Cicero  de 
nat.  II  3,  9  „cum  auspicia  posnerunt".  Die  bedeutung  von  perakre  «jilh- 
rig,  anniculus**   wird  später  nachgewiesen  werden. 

^)  Den  sinn  von  sevakni  haben  A.  K.  I  164  anm.  2  und  11  401.418 
wirklich  errathen,  wie  wir  später  genauer  angeben  werden.  Substantivisoh 
steht  es  sonst  noch  taf.  IIb  8  sevakne  naratu  „sollemne  (sc.  sacrificium) 
nuncupato**. 

3)  Das  neuumbrische  hat  von  der  im  altumbrischen  häufigen  eigen- 
thttmlichkeit ,   aus  dem  vocal  u  den   v-laut  zu  entwickeln  (s.  oben  8.  116), 


umbrifiche  stndien.  133 

Gleiche  erscheinungen  bietet  das  08 kis che  dar.  Aach 
hier  finden  wir  den  v-laut  am  ende  einer  silbe  vor  conso- 
nanten,  nur  öfter  innerhalb  eines  wertes,  z.  b.  in  Luv- kis 
(Enderis  n.  LI,  7)  =  Lucius,  Nuv-krinum  auf  münzen 
von  Nuceria  (n.  LVI)  =  Nucerinorum,  NiW-lanüs  (n. 
II  38.  47)  =  Nolani,  lüv-freis  (n.  XLVII)  =  liberi 
u.  8.  w.,  was  im  umbrischen  selten  vorkommt,  z.  b. 
klav-laf  IIa33.  klav-les  IIa  36.  IV  11;  hauptsächlich 
aber  stimmen  beide  dialekte  in  der  neigung  überein,  dem 
u  als  wortauslaut  ein  v  nachtönen  zu  lassen,  wie  im  osk. 
adv.  puv  „wo"  cipp.  Abell.  17,  welches  v  dann  im  ans- 
taut sich  leicht  in  der  ausspräche  zu  f  verdichtet  und 
wirklich  meist  durch  f  bezeichnet  ist.  Wie  wir  nun  jenes 
adverb  so  puf  geschrieben  vorfinden  in  zwei  pompejani- 
schen  Inschriften  bei  Mommsen  unterital.  dial.  185,  taf. 
XI  29  a.  b.  puf  faamat  „ubi  habitat",  so  können  wir 
nicht  umhin,  den  nominativ  einiger  abstracten  Substantive 
weiblichen  geschlechts  auf  -tiuf:  üit-tiuf  cipp.  Abell.  40 
„usus",  fructa-tiuf  ib.  21  „fructus",  tribarakkiuf  ib. 
38.  43  aus  *tribarak-tiuf  (Mommsen  stadtr.  v.  Bantia  p.  31) 
„aedificatio"  auf  ein  suffix  -tiu  mit  nachtönendem  v  oder 
f  zurückzuführen  ^);  denn  dafs  f  kein  organischer,  sondern 
ein  wandelbarer  blofs  im  nominativ  nachtönender  laut  war, 
beweist  der  accusativ  daselbst  v.  53:  eh[trad]  [ü]it- 
-tiüm  •  alttram  „extra  usum  alterum".  Wahrscheinlich 
ist  derselbe  auslaut  -uf  aus  -uv  zu  erklären  im  oskischen 


einige  reste  behalten:  aufser  tuva  Via  42  (=  lat.  tua),  wovon  oben  8.  116 
die  rede  war,  dürfte  anch  tover,  welches  VIb  30  zweimal  vorkommt,  statt 
des  gewöhnlichen  tuer  Via  27.  28  etc.  (=  lat.  tuis),  wahrscheinlicher  mit 
A.  K.  I  63  auf  ehemaliges  *tnvus  zurückzuführen  sein  (vergl.  osk.  suveis 
im  cipp.  Abell.  9.  35.  senateis  suvefs  =  senatus  sni),  woraus  später 
tovus  wurde,  als  mit  Corssen  ausspr.  1 2  671  auf  diphthongisierung  *touerj 
weil  im  altumbrischen  die  diphthonge  fehlen.  Sogar  in  der  auflosung  des 
Suffixes  -vo  zu  -uo  (vgl.  Corssen  ausspr.  I*^  818)  und  der  neuen  lautverbin- 
dnng  -uvo  stimmen  neuumbrische  beispiele  saluvom  Via  41  statt  salvom 
Via  51  etc.,  saluva  Via  42  st.  salva  Via  31  etc.  zu  dem  altumbrischen 
aruvia  III  31  st.  arvia  la  3.  9.  26  etc. 

1)  Aus  A.  K.  I  167  ersehe  ich,  dafs  schon  Peter  (im  j.  1842)  den- 
selben weg  der  erklärung  eingeschlagen  hat,  und  bedaure,  die  abhandlung 
nicht  haben  einsehen  zu  können;  doch  nach  den  bemerkungen  der  gegner 
scheinen  der  gang  der  Untersuchung  und  die  beweismittel  von  unserer  aus- 
Führung  verschieden  zu  sein. 


134  Savelsberg 

Deutrum  essuf  oder  esuf^  dessen  bedeutung  nach  Corssen 
in  d.  zeitschr.  XI  408.  415  sowohl  auf  der  altern  tafel  von 
Pietrabbondante  (Enderis  n.  XXVIII),  als  auf  der  jQngem 
von  Bantia  v.  19.  21  „liegendes  gut"  sein  soll'),  welches 
auf  beiden  tafeln  vom  censor  (keenzstur,  censtur)  ab- 
geschätzt wird. 

Wie  bisher  ein  dem  u  im  auslaut  nachtönendes  v 
durch  f  bezeichnet  ist,  so  zeigt  diesen  nachklang  auf  dem 
cippus  von  Abella  v.  10  auch  im  inlaut  das  imperfect  fu- 
fans,  welches  6.  Curtius  schon  in  der  zeitschr.  f.  althsw. 
1847  s.  486  richtig  erklärt  hat:  die  wurzel  fu  hat  hier 
gerade  so,  wie  die  skr.  wurzel  bhü  im  aorist  abhüvam 
—  abhlivan(t)  (s.  Pän.  VII  3,  88),  aus  u  ein  v  entwik- 
kelt,  und  die  grundform  der  3.  pers.  plur.  imperf.  *fovant 
ist  dann  durch  verschärfte  ausspräche  des  v  nebst  Qber- 
gang  von  t  in  s  zu  obigem  fufans  geworden. 

IL  Nachdem  wir  den  gebrauch  von  f  ffir  v  in  den 
unzweifelhaften  belegen  kastruvuf  tuf  desenduf  nachge- 
wiesen haben,  können  wir  die  annähme  einiger  forscher, 
als  folge  aus  umbr.  f  gegenüber  einem  b  in  entsprechen- 
den lateinischen  wortformen  ohne  weiteres  die  urspröng- 
lichkeit  des  aspirierten  labialen  explosivlautes,  wie  nament- 
lich Corssen  ausspr.  I*  167  ff.  die  lateinischen  Wörter 
stabulum  und  tabula  wegen  der  umbrischen  formen  sta- 
flare  und  tafle  auf  ehemalige   italische  formen  *6tafiilo 


^)  Ob  im  umbrischen  esuf  dasselbe  wort  sei,  ist  noch  nicht  erforscht. 
Ein  Substantiv  scheint  es  zu  sein  auf  tafel  IV  16:  esuf  testru  . — m  dex« 
trum",  desgl.  IIa  40:  esuf  pusme  herter  ^rus  kuveitu  teftu  „ — m, 
cui  placet,  deis  (?)  convehito,  dato  **.  An  letztcitierter  stelle  ist  es  wenig- 
stens vom  pronomen  demonstr.  esu  (A.  K.  I  135)  verschieden;  denn  wenn 
es  diesem  angehören  sollte,  so  könnte  es  der  regelmäfsigen  declination  zu- 
folge nichts  anderes  als  dessen  acc.  plur.  sein,  yras  nicht  möglich  ist,  weil 
kurz  vorher  weder  ein  plural,  noch  viel  weniger  ein  masculinnm  vorausgeht, 
worauf  es  allenfalls  hinweisen  würde.  So  bleibt  denn  nichts  übrig,  als 
esuf  für  ein  nomen  generis  neutrius  zu  halten,  welches  das  object  zu  den 
imperativen  kuveitu  te^tu  ist.  Femer  glauben  wir,  dasselbe  nomeB  in 
der  form  esu  wiederzufinden  auf  taf.  IIa  8:  eu  esum  (3)  esu  naratu, 
wo  wir  den  accusativ  des  pron.  demonstr.  esnm  vor  seinem  nomen  (esu) 
voll  ausgeschrieben  sehen  (wie  in  esum-e-k  csunu  Ib  8)  und  dieses  als 
object  zum  imperativ  naratu  „narrato^  oder  »nuncupato '^  erkennen,  aber 
sonst  nicht  sicher  zu  deuten  vermögen.  Vielleicht  sind  andere  glücklicher^ 
das  verhältnifs  des  umbr.  esuf  zum  osk.  esuf  g^nz  aufzuklärei), 


nmbrische  Studien.  135 

und  ^tafula  zurückführt,  nicht  für  begründet  halten.  In- 
dem wir  nun  diese  Untersuchung  wieder  aufnehmen,  gehen 
wir  mit  Corssen  zunächst  von  den  sehr  gebräuchlichen 
suflBxformen  -bero  -bro  -bra  -bri  aus,  folgen  auch  der  wei- 
tern entwickelung,  dafs  diese  suffixformen  sich  nachher 
vielfach  zu  -bulo  -bula  und  noch  zu  -bili  gestaltet  haben, 
indem  sie  alle  offenbar  die  verwandelung  der  liquida  r  in 
1  und  den  Übergang  des  vorletzten  vocals  e  in  o  und  u,  sowie 
auch  des  auslautenden  o  schliefslich  bis  zu  i  durchgemacht 
haben.  Wenn  aber  Corssen  sie  alle  von  der  wurzel  fer 
„tragen"  herleiten  will,  so  dafs  candela^bru-s  candela-hru-m 
candela-ber  nichts  anderes  als  eine  Zusammensetzung  „ker- 
zen-träger"  wäre,  so  verstöfst  solche  annähme  gegen  die 
in  aquili-fer  cisti-fer  spumi-fer  stelli-fer  beobachtete  regel, 
dafs  die  nomina  aquila  cista  spuma  Stella  in  der  wirklichen 
Zusammensetzung  mit  fer  (statt  fem  s)  ihr  a  zu  i  herab- 
sinken lassen,  nie  aber,  wie  candela-bru-m  ihr  a  behalten, 
welches  noch  dazu  vor  -bro  meist  lang  ist,  wie  in  Velä- 
'brum  eolutäbrum  ventiläbrum  (Prudent.  Apoth.  praef.  53), 
vor  'fer  jedoch  niemals.  So  ist  denn  auch  salü-ber  keine 
Zusammensetzung  mit  /"er,  wie  eine  solche  allerdings  in 
saluti'fer  deutlich  vorliegt.  Wir  können  überhaupt  in  den 
nomina  auf  -bero  -bulo  -bili  keine  Zusammensetzung  erken- 
nen, sondern  nur  ableitung  mit  suf&xformen,  die  nahe  mit 
einander  verwandt  sind.  Wir  führen  diese  zunächst  auf 
ein  sanskritsuffix  -vara  zurück,  welches  ihnen  in  jeder 
hinsieht,  unter  anderm  auch  in  dem  wichtigsten  lautwandel 
von  r  in  1  entspricht.  Die  form  -vara  steht  aber  selbst 
wieder  im  Zusammenhang  mit  dem  adjectivsuffix  -van, 
welches  im  masculinum  von  der  starken  form  -vant,  der 
eigentlichen  grundform  (L.  Meyer,  vergl.  gramm.  II  228), 
blofs  n,  nicht  aber  t  gewahrt  hat,  wogegen  das  femini- 
num,  von  der  schwachen  form  -vat  gebildet,  gewöhnlich 
auf -vati,    hier   aber  mit  Verwandlung  von  t  in  r^)  sehr 


')  Der  lautwandel  von  t  in  r  findet  a)  im  sanskrit,  griechischen  und 
lateinischen  gleicherweise  im  gemeinschaftlichen  präfix  ati  statt:  Im  sans- 
krit stehen  den  normalen  adjectiven  ati-^iva  „überaus  lebenskräftig«, 
lati-dar^in  „weitsehen4**  die  verwandelten  ari-gürta  „sehr  geehrt*,  arj- 


136  SavelBberg 

oft  auf -yari  ausgeht,  so:  pat-vau  pat-varl  ^fliegend^, 
vak-van  vak-varl  ^sich  rollend,  volubilis",  ja^-van 
jag-vari  „opfernd**,  abbi-bhü-van  abhi-bhü-varl 
„übermächtig^,  rtä-van  rtä-varl  „gesetzmäfsig**,  in  wel- 
chem adj.  das  verlängerte  a  von  rta  „bestimmt,  recht, 
ratus**  zu  bemerken  ist  (vgl.  velä-brum)  ' ).  Hieran  schliefst 
sieh  am  engsten  das  griechische  an,  so  dafs  zu  pl-van 
pl-varl  „fett,  pinguis"  das  entsprechende  griech.  adj. 
ni'CJv  ni-Biga  fast  wie  entlehnt  erscheint,  besonders  in  der 
unzweifelhaft  vorauszusetzenden  altern  gestalt  ^nl-jrdnv  *ni' 
'jrigi-ai  auf  gleiche  weise  ist  das  fem.  Tigoi-Biga  aus  ^ngcs" 
-jrBQL-a  hervorgegangen,  welches  stets  contrahiert,  als  adj. 
noch  in  vtjvg  ngmgr]  „navis  ad  versa,  nach  vorn  gerichtet" 
Od.  |ti,  230  vorkommt,  als  subst.  aber  schiffsvordertheil 
bedeutet  und  in  alter  normaler  gestalt  ngdeiga^  wie  es 
Herodian  im  Etym.  magn.  p.  692,  35  uns  überliefert  hat, 
von  Merkel  (nach  Bergk)  bei  Apoll.  Khod.  I  372  herge- 
stellt ist,  während  das  masc.  nqoawv  oder  ngr]dv  als  durch- 
aus selbständiges  Substantiv  „eine  vorragende  höhe"  be- 
zeichnet, im  Sanskrit  aber  pra-vant  (nom.  sg.  pra-vän) 
„vorwärts  gerichtet"  reines  adjectiv  ist,  dessen  feminin 
uns  jedoch  unbekannt  ist;  endlich  hat  Hesychios  noch 
'Ildcov  und  Udeiga  verzeichnet.  Dem  femininum  ist  dann 
in  annähme  des  lautwandels  von  t  in  r  bald  das  nentrum 
gefolgt  und  so  auf  -var  als  Substantiv  in  gebrauch  ge- 
kommen,   zwar    nicht   im    sanskrit,    aber    doch    im   zend 


§tuta  „sehr  gepriesen**,  ari-dhäjas  »gern  milchend**  (Kuhn  in  dieser 
zeitschr.  II  144),  im  griech.  älterm  dr-gf^aq  (adv.)  „sehr  ruhig**  (s.  Verf. 
quaest.  lexil.  1861  p.  12)  die  verwandelten  dgiSeUfroq  »ausgezeichnet", 
o^/-Jf/Ao$  „sehr  deutlich**,  fgit^tDog  bei  Hesychios  igi^(oob<Ft'  ndvv  ^oid'if, — 
im  latein.  den  normalen  nomina  at-avus  ad-faber  (Gellius  N.  A.  VII  7) 
die  verwandelten  ar~vorsum  ar-fuisse  ar-vectum  (Corssen,  ausspr.  I'  288) 
gegenüber;  —  sonst  noch  b)  im  sanskrit  in  par-^a  „feder**  aus  *pat-nA 
(vgl.  pat-ra  „feder"  ttt-^-^o,.)  ^  Isit.  penna  aus  pes-na  bei  Festus  p.  209 
für  *pet-na,  und  im  l Atein.  meri-dies  aus  *medi-dies. 

1)  Fernere  beispiele  sind  im  sanskrit  fnä-van  neben  fna-van  ySchnld» 
beladen,  verschuldet**,  im  zend  gaoshS-vare  „ohrschmack**;  ebenso  sehen 
wir  vor  dem  normalem  suffix  -vant,  -vati  den  vocal  verlängert  in  skr. 
a9vä-vant  „rossereich**,  pu§kara-vati  „die  lotusreiche*,  —  im  griech. 
xoTi,-€iq  {xoTTj'^fvr)  von  xoTo?  „groll**,  dtvÖQtj-dq  (dei'S(jfj-^t»r)  von 
dfvdgo-v  „bäum**,  rfXij-fCq  (tfXri'J^fvr)  von  liXo^  „ende**,  xijxo)-eiq  {mijt»-' 
^€vt)  „schlundreich**  von  xriroq  „meerungeheuer,  eig.  Schlund**. 


nmbrische  Stadien.  187 

uruth-ware  ^wachsthum^,  gaoshä-vare  ^ohrschmnck^, 
pnä-vare  „sehne*^,  dap-vare  „gesundheit**  (wo  im  nom. 
und  acc.  das  e  blofs  nachtönt,  daher  instr.  dap-var-a, 
dat.  dap-var-ö);  im  griech»  nl-(j:)aQ  ^das  fett**  und  axi- 
iB'CfBQ  ßoXov  ovo^a'  ^dxojvsg  „zwiebel"  bei  Hesychios 
jpttr  cfxdke-/r6Q^  eig.  getrocknetes  (vgl.  (fxkrj-Qog  ^tjgog  axig* 
()og),  xdgfj'{j:)ag  „haupt**  u.  a.  bei  L.  Meyer  II  230;  —  im 
lat.  papä'Ver  „mohn**,  cad-ä-ver  ^leichnam  nriZtia^^  pul-eis 
pul'Ver-is  „staub'*,  verwandt  mit  pollen  und  nal-vv^co] 
dann  mit  b  für  v*):  ju-bar  „glänz,  licht**  aus  *dju-bar 
wie  JoV'is  aus  Djov-is  nach  Varro  1.  L.  V  6fcl  und  ver- 
wandt mit  skr.  dju-van  „sonne,  himmel",  tu-her  „ge- 
schwulst**.  Nachdem  einmal  vom  suffix  -vat  durch  den 
lautwandel  jene  Feminina  auf  -vari  und  in  vielen  sprachen 
auch  neutra  auf  -var  aufgekommen  waren,  lag  es  nahe, 
auch  masculina  daran  theil  nehmen  zu  lassen,  entweder, 
wie  im  latein,  die  adjectiva  als  communia  zu  brauchen: 
al-e-bri  „nahrhaft",  felle-bri  „saugend",  lugu-bri  „trauernd", 
Septem-bri  „  der  siebente ",  Octo-bri  Novem-bri  Decem-bri^ 
mulie-bH  statt  ^mulier-bri  „weiblich",  oder  zur  bildung 
eines  masculins  auf  -vara  mit  neuem  feminin  -varä  und 
neutrum  -varam  überzugehen,  also  skr.  adj.  pl-vara-s, 
-ä,  -am  „fett",  sthä-vara-s,  -ä,  -am  „feststehend",  — 
im  griech.  m-(^)a()o-g,  -a,  -ov  „fett",  öxsle-cfgo-g^  -cf,  -oi/ 
„trocken"  (Hippocr.)  mit  cp  für  j:  und  synkopiert  aus  ax«- 
?„e'j:ag6'g,  —  im  lat.  cre-6er(-w«),  -6ra,  -brum  „dicht,  häufig** 
von  WZ.  cre  „wachsen",  —  auch  substantiva:  im  sanskrit 
Ip-vara-s  „herrscher",  kar-vara-m  „werk,  that",  im 
zend  than-vara  fem.  „bogen"  (eig.  spannbar),  im  latein 
candela-bru-s  (Caecil.  bei  Non.  p.  137  G)  „leuchter",  late* 
'bra  „  Schlupfwinkel  ",  mem-bru-m  „  glied  ",  eig.  „kleines 
ding"  aus  *min-bru-m  von  wz.  min  minuo  nach  Corssen 
beitr.  352.  Dazu  kam  ein  neuer  lautwandel  von  r  in  1: 
im    sanskrit    kräl-vala-s   „ackerbauer"    von    kräi    ara- 


*  )  Wie  in  bubile  aus  bovile,  ferbui  ans  *fer7ui,  bis  aus  vi-  in  vi-ginti 
(griech.  ^/-x«Tt,  skr.  vin-9ati),  dubius  ans  ♦duvius  (wie  doioq  aus  •Jq/'to?, 
8.  Verf.  de  dig.  p.  20). 


138  Savelsberg 

tio,  nad-vala  adj.  „mit  Schilfrohr  besetzt**,  n.  „röhricht", 
ürgas-vala  adj.  „kräftig",    ku valajä-vall,   name  einer 
fürstin,  eig.  „wasserlilien-reiche",   bahu-stavä-vali,  titel 
einer  Sammlung  von  hymnen,   eig.  „vielhymnen-reiche",  — 
im  griech.  ni-{j:)aXo'g  bei  Hippokrates;  —  im    latein  fri- 
volu'S  „zerbrechlich,  werthlos"  von  fri^are  „reiben",  ta-holß 
C.  I.  L.  196,  26.  208,  später  ta-bula,  „brett,  tafel"  aus  dem 
in  ta-ber-na  „ bretterbude "    enthaltenen  ^ta-bero  („brett" 
von  WZ.  ta,  s.  v.  a.  ten,  also  eig.  „ausdehnung"),  concilia" 
-bole-is  C.  I.  L.  198,31,    terri-bola  im  gloss.  b.  Mai  Cl. 
auct.  VI  548,  a.  VIII  593,  a  und   y^terri-bula  formidolosa" 
im  gloss.  Ampi.  383,  196,    später  terri-bili-s  „schrecklich" 
und  zwar  „schreckenerregend"  mit  activer  bedeutung,  wie 
manchbili'S  adjuta-bili-s  ^  meist  auch  adula-bili-s^  penetra- 
'bili'S  (Däntzer,  lat.  Wortbildung  p.  106),  so  dafs  die  ver- 
gleichung  des  deutschen  Suffixes  -bar  im  passivischen  heil- 
bar^  sichtbar  (Corssen  ausspr.  1*169)  nicht  immer  pafstund 
nicht  gerechtfertigt  ist,  pati-bulu-s  „ausgebreitet",  sta-bili-s 
„feststehend",    mit  skr.  sthä-vara-s   zu  vergleichen,    in 
älterer  gestalt  in-sta-bulis  (s.  Schuchardt,   Vulgärlatein  II 
232).     Zuletzt  ist   auch  das  beachtenswerth ,    dafs  sich  in 
Italien  in   der  Volkssprache   aufser  der  endung  -bilis  noch 
manche  adjective,   die  auf  einem  altern  Standpunkt  stehen 
geblieben  sind,  bis  auf  den  heutigen  tag  behauptet  haben, 
wogegen  die  übrigen  romanischen  sprachen  solche  adjectiva 
nur  aus  der  Schriftsprache  erhielten  oder  ihr  nachbildeten, 
wie  span.  agible^  movible,  voluble,   port.  defensavel,  franz. 
croyable,  vendable^  tenable.     Die  italiänische  spräche  aber 
hat  neben  der  allerdings  gröfsern  zahl  der  aus  der  Schrift- 
sprache entnommenen  adjective,  wie  amabile  stabile  terrt" 
bile,   doch  noch  viele  aus  ältester  periode  des  lateinischen 
herstammende   und  fortgesetzte   bildungen  wie  lagrimevole 
(lacrimabilis),  ßevole  (flebilis)  „schwach",    piaceDole  „ge- 
fällig", agevole  „gelenkig",   cadevole  „hinfällig",   nur  noch 
eine  auf  -abole  cambiabole  (Diez,  gramm.  d.  rom.  spr.  II  268) 
„veränderlich",    sogar   auch   mehrere  aus  nomina  abgelei- 
tete: amorevole  „liebreich",  fratellevole  „brüderlich",  mae- 
Stevole  „majestätisch"^  wie  lat.  mulie-bri-^  ai|s  ^mulier-bri-s^ 


umbrische  Stadien.  139 

fune-bri'S  aus  *funer-bri-8,  salü-bri-s  aus  *salut-bri-s  (Cors- 
sen  beitr.  357.  358);  aber  einen  anklang  an  das  lat.  fero 
bietet  das  italiänische  nirgendwo,  sondern  es  hat  das  alte 
fero  »ich  trage ^  in  wirklichen  Zusammensetzungen  dessel- 
ben unverändert  gelassen,  wie  pomi-fero  „äpfeltragend^, 
frutti'fero  „fruchttragend**  zeigen. 

Nachdem  uns  nun  fOr  das  lateinische  das  sufBx  in  sei- 
ner grundform  -ter  und  seinen  wandelungen  -bero  -bra 
"briy  ferner  -volo  -bolo  -bola,  -bulo  -bula,  -buli  -bili  festge- 
stellt zu  sein  scheint,  kann  auch  die  Schreibung  desselben 
mit  f  in  den  umbrischen  Wörtern  ta-fle  stafl-are  pur- 
ti-fele  (portabilis)  und  im  lat.  Vena-frum  kein  anlafs 
mehr  sein,  die  ableitung  von  fero  anzunehmen,  wozu  Cors- 
sen  sich  hautsächlich  durch  das  f  bestimmen  liefs.  Denn 
der  nahe  liegende  gedanke,  dafs  durch  jenes  f  vielleicht  v 
bezeichnet  sein  könne,  wird  für  das  lateinische  von  zwei 
grammatikern  ausdrücklich  bezeugt.  So  sagt  Priscian  I  12 
(ed.  Hertz):  j:  Aeolicum  digamma,  quod  apud  antiquissi- 
mos  Latinorum  eandem  vim  quam  apud  Aeolis  habuit, 
eum  autem  prope  sonum,  quem  nunc  habet,  significabat 
p  cum  aspiratione.  Noch  bestimmter  spricht  Cornutus 
d.  orthogr.  p.  2282  P. :  Est  quaedam  littera  in  f  litterae 
speciem  figurata,  quae  digamma  nominatur,  quae  duos 
apices  ex  gamma  littera  habere  videtur.  Äd  hujus  simili- 
tudinem  soni  nostri  conjunctas  vocales  * )  digammon  ap- 
pellare  voluerunt,  ut  est  votum  eirgo :  itaque  in  prima  syl- 
laba  et  vocalem  oportuit  ^oni  ^otum  jrirgo^  quod  et  Äeoles 
fecerunt  et  antiqui  nostri,  sicut  scriptura  in  quibusdam 
libellis  declarat.  Wirklich  begegnet  uns  gerade  aus  Cor- 
nutus zeit  in  einer  römischen  inschrift  I.  N.  6769,  191 
vom  j.  70  n.  Chr.  Prifernius  statt  Privemius^  ein  gegen- 
stQck  zu  Venäfrum,  welches  ,jagdrevier'*  heifst  von  vS- 


1 )  Diese  nicht  ganz  deutliche  ausdrncksweise  hat  wohl  den  sinn ,  dafs 
die  Griechen  verbundene  vocale  des  lateinischen  lautes,  nämlich  ovt  wie  sie 
z.  b.  Dionys  von  Halicamafs  Antiq.  Rom.  I  20  in  Ov^Ua  etc.  braucht,  durch 
das  zeichen^  ersetzten  und  dieses  von  der  gestalt  digammos  nannten. 
Corssens  änderung  (ausspr.  P  187)  „sonum  nostrum  conjunctnm  vocali'* 
scheint  etwas  gar  tief  einzuschneiden. 


140  Savelsberg 

nare  „jagen'*  nach  Corssens  deutung  (beitrage  p.  354),  die 
trotz  des  kurzen  e  von  Venafrum  doch  sehr  wahrschein- 
lich ist.  Was  ältere  belege  betrifft,  so  kann  man  nicht 
umhin,  die  Verwandtschaft  des  griech.  gly-og  ^ly-ica  mit 
dem  lat.  frig-us  frig-eo  anzuerkennen  und  für  das  griechi- 
sche den  nicht  seltenen  abfall  des  anlauts/*  aus  xxrs^r,  jrQiy 
anzunehmen  (nicht  etwa  eines  r/^,  das  ja  so  ohne  weiteres 
nicht  abfällt)  ^ ),  für  das  lateinische  aber  Verhärtung  des 
w-lautes  zu  f  zu  folgern.  Ebenso  verhält  es  sich  mit 
frang-o  und  QT^y-vv^i:  da  hier  der  ehemalige  anlaut /* 
von  Tryphon  na&,  AeJ.  §  11  ausdrücklich  bezeugt  ist,  so 
müssen  -^n  jrgay  und  lat.  vrag  als  wurzel  aufstellen  oder 
als  möglichst  ursprüngliche  gestalt  der  wurzel  vielmehr 
/qax  wegen  pi^aaoD  bei  Hippokrates  und  sonst  noch  paxog 
„fetzen,  lumpen",  wie  auch  wegen  der  sanskritwurzel 
vra^k  oder  vrap  (woraus  fut.  vrak-äj  ati  aor.  a-vräk- 
-ält,  desid.  vi-vrak-äati)  „zerreifsen'*,  von  welcher  auch 
skr.  vrka-s  „wolf",  griech.  kvxo-g  (urspr.  *flvxO'g)^  lat. 
lupU'S^  Sabin,  irpus,  nord.  varg-r  stammen,  so  dafs  aus 
den  andeutungen  vieler  sprachen  unzweifelhaft  vrak  als 
grundform  und  vrag  als  deren  erweichung  sich  ergibt. 
Wiederum  steht  f  vor  r  in  nefrendes  „nieren'',  gr,  vecfQoi^ 
sicher  für  v.  Festus  berichtet  über  mehrere  wortformen 
p.  162  M:  Pro  nefrendibus  alii  nefrundines  intelli- 
gunt,  quos  usus  recens  dicit  vel  renes  vel  testiculos,  quos 
Lanuvini  appellant  nebrundines,  Graeci  vscpgoig^  Prae- 
nestini  nefrones.  Wenn  nun  schon  der  Lanuviner  Schrei- 
bung nebrundines  eine  brücke  zu  *nevrundines  oder  *nc- 
vrones  bildet,  so  ist  aus  andern  verwandten  sprachen  das 
althochdeutsche  niero  zu  erwähnen,  noch  wichtiger  aber 
das  nordische  wyra,  welches  auf  *niura^  wie  nyr  „neu"  auf 
*niu  (Grimm,  d.  gramm.  I*  51.  292),  und  somit  auf  eine 
wurzel  nev  oder  nw  zurückweist.  Wir  finden  auch  wirk- 
lich eine  wurzel  niv  im  sanskrit  mit  der  bedeutung  „fett 
werden"  angegeben,  welcher  im  griech.  vecp  wie  im  lat.  nef 


1)  Für  ^^iyf(o  zeugt  xaidfji^riXa  Od.  l  226,  urspr.  xaTofijfyfjXa^  ^(^^ 
yijffoi^  urspr.  f^gCytjffa. 


umbrische  stndiea.  141 

oder  auch  neb  (in  nebrundiDes)  gegenQbereteht,  ähnlich 
wie  der  skr.  würz,  sev  „verehren"  die  griech.  würz,  aeß 
in  aißeC^ai  und  der  skr.  wz.  mlv  „schieben"  das  griech. 
Yerh.  äfjieiha)  nebst  dfieiß-co  „ich  wechsele^  und  lat.  mov-o^) 
entspricht,  und  welche  nicht  minder. in  ihrer  bedeutung 
zur  benennung  der  nieren-  und  mastsch weine  ^)  geeignet 
ist,  wie  auch  zu  nefrenditium  pafst,  was  „eine  jährliche 
in  fleisch,  namentlich  Schweinefleisch,  bestehende  leistung"^) 
war.  In  allen  diesen  fällen  ist  es  sehr  begreiflich,  dafs 
gerade  vor  r  als  einem  consonanten  der  w-laut^  wenn  er 
nicht  zum  vocal  werden^),  sondern  consonantische  geltung 
behalten  sollte,  leicht  entweder  zu  f  sich  verhärten,  oder 
aber,  wie  im  griechischen  so  oft,  sich  ganz  verflüchtigen 
konnte,  daher  einerseits  frigus  frango^  andererseits  piyog 
QYiYWfAi  sich  schliefslich  so  verschieden  gestalteten.  Die 
Griechen  behielten  zwar  den  consonanten  j:  auch  wohl 
vor  Q  bei,  wie  in  der  erztafel  von  Elis  C.  I.  G.  n.  11 
fgdxQa  „vertrag",  jedoch  in  den  handsehriftcn,  in  welchen 
ß  im  ganzen  kaum  ein  paarmal  sich  findet,  erscheint  weit 

^ )  Aus  dem  alten  lat.  mov-o  und  durchgängig  noch  am  besten  aus  den 
griechischen  verben  gewinnen  wir  die  voranssetzlichen  grundformen  vfj^  (TfJ^ 
{a)fii^.  Diese  sind  sicher  aus  urspr.  nu  su  mu  guniert  worden,  was  auch 
von  den  sanskritwurzeln  anzunehmen  ist,  jedoch  ward  das  hier  aus  u  ent- 
standene av  zu  iv  geschwächt  und  dieses  wieder  theils  zu  iv  verläugert, 
theils  zu  ey  guniert,  also  niv  sev  miv  (was  auch  sonst  geschah,  z.  b. 
in  iks  „sehen"  gegen  aks-i  »äuge**).  Denselben  Vorgang  gewahren  wir 
im  griechischen  von  o^fi'-oj  zu  anBiß-w  (vgl.  rlfridun-  und  ({ffirUu,),  wie 
denn  dieses  verbum  in  den  drei  verglichenen  sprachen  am  lehrreichsten  ist: 
von  den  für  vff  afß  [xr^  aufgestellten  grundformen  nu  su  mu  ist  noch 
ein  particip  mü-ta  von  mlv  übrig  in  kSma-müta  „von  liebe  gedrungen** 
und   das   aus  solchem   particip   gebildete   adjectiv   mü-tuib-a   (ganz  wie  mov' 

')  Diese  zweite  bedeutung  folgt  aus  Varro  de  re  rust.  II  4,  17  „(Porci) 
amisso  nomine  lactentis  dicuntur  nefrendeSf  ab  eo  quod  nondum  fabam  fren- 
dere  possunt,  i.  e.  frangere**  und  aus  Fulgentius  Expos,  serm.  antiq.  p.  659,32 
«Coeperunt  efferre  porcum  castratumj  quem  nefrendum  vocabant,  quasi  sine 
renibus**,  deren  beigefügte  etymologien  aber  zu  widerlegen  überflüssig  wäre. 
—  Eine  dritte  bedeutung  „  widder  **  berichtet  Paulus  Diac.  bei  Festus  p. 
163  M.:  Kefrendes  arietes  dixerunt. 

')  Nefreitditium  annuale  tributum,  quod  certo  tempore  rustici  dominis, 
yel  discipuli  doctoribus  afferre  solent,  duntazat  sit  carneum,  ut  porcellus**. 
Gloss.  Isid. 

*)  Wie  in  Qtv-^ia  und  Zfi'-q  ioi  gegensatze  zu  PHOFAJSI  auf  dem 
Amiadas-denkmal  von  Corcyra  und  zu  JIFI  C.  I.  G.  vol.  I  p.  886  und  wie 
im  lat.  gaU'd-eo  und  au-d-ax  im  gegensatze  zu  gav-isus  und  av-idus» 


142  Savelsberg 

öfter  (f^  besonders  vor  gi  in  vecp^goi  QiSLit  vs^-goi  wie  lat. 
nef-rendes^  in  q)Q(ia(S(a  und  (pQccyvvfAi^  das  in  der  form  und 
vollends  in  der  Bedeutung  „  einschliefsen  *^  mit  ^ig/wf^u 
(dessen  anlaut  j:  aus  {figyvv  Od.  x  238  folgt)  überein- 
stimmt (Lobeck  Path.  el.  I  495),  und  in  axels-cfgog  „trok- 
ken"  (Hippocr.),  das  wir  oben  s.  1 37  mit  dem  suffix  -jrego 
gebildet  sahen,  gerade  so  wie  lat.  Vena-frum  für  Vena-vrum. 
Aber  im  italischen  geht  der  gebrauch  des  f  für  v  noch 
weiter:  wir  sehen  vor  r  auch  über  einen  zwischenliegen- 
genden  vocal  hinaus  das  f  für  v  eingetreten  ^ ),  einmal  in 
dem  genannten  Prifernius^  einem  adjectiv  von  Pri-ver-num^ 
welches  nach  Corssen  ausspr.  I*  780  von  pri-ee-rus^  einer 
Weiterbildung  von  pri-vu-s  eig.  „hervorragend"  und  dann 
„gesondert,  einzeln^),  mit  dem  suffix  -no  abgeleitet  ist 
und  wahrscheinlich  einmal  „hervorragender  ort,  vorort" 
hiefs;  dann  im  namen  der  Stadt  Formiae,  über  welchen 
Strabo  V  p.  233  angibt:  i^rig  5h  0og/i4iaL  ylaxoovixov 
XTiöfia  kariv^  ^Oqfiiai,  ksyofisvov  Ttgorsqov  Svcc  xo  evogfiov 
und  Paulus  Diac.  ebenfalls  gute  notizen  hat  p.  83  M.:  For- 
miae  oppidum  appellatur  ex  Graeco,  velut  Hormiae,  quod 
circa  id  crebrae  stationes  tutaeque  erant,  unde  proficisce- 
bantur  navigaturi.  Der  lateinische  anlaut  f  führt,  wie  in 
obigen  analogen  fällen,  so  auch  hier,  auf  urspr.  v  zurück, 
welches  auch  im  griechischen  ursprünglich  anlautete,  wie 
aus  der  glosse  ßvqfAog  <rTai9jLi6g  bei  Hesychios  hervorgeht, 
das  aber  später,  wie  so  sehr  häufig,  zum  Spiritus  asper 
geworden  ist;  ein  anlaut  er  aber,  den  Curtius  grundz.^331 
mit  Christ  lautl.  174  für  eine  grundform  *(tfogfAtm  auf- 
stellt, hat  keine  begründung  ^).  Indem  wir  also,  um  die 
etymologie  von  clg-f^o-g  „rhede,  ankerplatz"  zu  finden,  von 

^)  Aehnlich  ist  in  fundus  gegenüber  skr.  budhna-s  ein  rückwirkender 
einflufs  des  wurzelauslautes  auf  den  anlaut  zu  erkennen,  desgleichen  im  lat. 
fidelia  und  in  qpt^axi?/  gegenüber  ntd-äxnj  u.  a. 

^)  Festus  p.  253  M. :  Priveras  mulieres  privatas  dicebant. 

3)  Die  alte  deutung  des  namens  hat  Bugge  in  d.  zeitschr.  XX  19  ge^ 
gen  die  Verdächtigung  Corssens  ausspr.  I  ^  148  gerechtfertigt  und  die  entste- 
hung  eines  f  aus  v  in  mehreren  lat.  wörtem  nachgewiesen,  besonders  über- 
zeugend in  formica  ^ameise^  XX  15.  16.  24,  welches  er  nebst  griech.  ^i;^- 
/MO?»  fniQuij^^  ßvof4a^,  ßoQ^al  auf  eine  gemeinsame  grundform  varmi  zu- 
rückführt, die  auch  dem  skr.  valroika  „ameisenhaufe**  zu  gründe  liegt|  aber 
selbst  wieder  jünger  ist  als  ved.  vamrä. 


uinbrische  Stadien.  143 

poQ'fio-g  ausgehen,  vergleichen  wir  jetzt  als  stammver- 
wandte die  sanskritnomina  var-man  n.  „ schutzrüstung, 
panzer^,  überhaupt  „schutzwehr,  schirm''  und  var-ana  n. 
„wall,  dämm''  von  der  wurzel  var  „bedecken,  umschlie- 
fsen,  hemmen,  wehren",  so  dafs  wir  demnach  in  oQ-fxo-g 
einen  „bedeckenden,  schirmenden  ort"  bezeichnet  finden. 
Im  griechischen  ist  ein  alter  w-laut  ferner  nach  a  ein  paar- 
mal zur  aspirata  q)  verhärtet  in  ctfo-g  (st.  Ofo-g)  skr.  sva-s 
lat.  suu-s  und  in  acpoyyo-g  goth.  svamm-s  (Curtius  grundz.* 
549)  lat.  fungU'S^  welches,  den  Griechen  entlehnt,  nur  das 
anlautende  s  abgestreift  hat,  und  endlich  dient  ^  einige- 
mal dazu,  j:  als  einen  aus  v  lautlich  entwickelten  und  ihm 
nachtonenden  w-laut  zu  bezeichnen  in  avq)e6g  „Schweine- 
stall" lat.  suile  statt  (fvfsog^  in  elXvcpcc^co  statt  eikvfd^w 
u.  a.  (s.  Verf.  de  digammo  p.  27.  28).  Auf  ganz  ähnliche 
weise  fanden  wir  den  w-laut  durch  f  vertreten  in  der  os- 
kischen  verbalform  fufans  in  dem  vertrag  zwischen 
Nola  und  Abella  v.  10.    (Sieh  oben  s.  134). 

Wir  kommen  endlich  zu  den  formen  ta-fle  sta-fl- 
-are  und  purti-fele  im  umbrischen,  wo  das  kurz 
vorher  besprochene  sufBx  stets  nur  mit  f  geschrieben  vor- 
kommt, während  die  ihnen  muthmafslich  entsprechenden 
lateinischen  Wörter  mit  b  geschrieben  werden:  tabula  sta- 
-bularius  porta-bilis.  Dann  kommt  noch  für  das  offenbar 
verschriebene  fape-fete  IIb  9  die  höchst  wahrscheinliche 
emendation  fape-fele  (A.  K.  II  342)  hinzu,  ein  adjectiv, 
welchem  ein  von  facio  regelrecht  (wenn  auch  nicht  wirklich) 
gebildetes  lat.  adj.  "^facibilis  neben  facilis^)  entsprechen 
würde,  und  welches  sodann  sicher  der  regelmäfsigen  bedeu- 
tung  der  umbr.  verbalwurzel  fak  „opfern"  folgen  mufs,  also 
„zum  opfern  geeignet,  sacrificalis"  bedeutet,  gerade  wie 
skr.  jag-varl  (fem.  vom  adj.  jag- van,  wz.  jag  opfern")'), 
und  so  wirklich  an  seiner  stelle  pafst  IIb? — 9:  si  per- 
akne  sevakne  upetu  .  .  .  arviu  ustetu,  eu  naratu, 
puze  fapefele  sevakne  i.  e.  „suem  anniculam  sollemnem 

1  )  Wie  uti'bilUs  Plaut.  Bacch.  fr.  1  neben  uti-li-s. 
*)  Rig-Veda  I,  3,  1 :    A9Vinfi  jagvarir  isö  .  .  .  Kanasjatam  i.e. 
Asvini!  sacrificales  cibos  .  .  .  gratos  habete. 


144  Savelsberg 

impendito  . . .  —  a  obmoveto,  ea  narrato,  ut  sacrificalem 
sollemnem  (sc.  suem  narravit)'^.  Aebnlicb  ist  die  anwen- 
duDg  von  pur ti feie  in  opfergebräucben  taf.  IIb  24.  25: 
Jupater  Sa^e,  tefe  estu  vitlu  vufru  sestu.  Purti- 
fele  trijuper  teitu,  trijuper  vufru  naratu.  »Jupi- 
ter Sance,  tibi  istum  vitulum  varium')  sisto.  Portabilem  ter 
dicito^  ter  varium  narrato".  Geben  wir  zu  tafle  über,  so 
kennen  wir  seinen  sinn  in  der  einzigen  stelle  IIb  12,  an  wel- 
cher es  vorkommt,  und  deren  fehlerbafte  wortabtbeilung 
wir  oben  s.  100  berichtigt  haben:  taflce*  pir  "fertu  „er 
soll  auf  einer  platte  feuer  bringen'^.  Auch  wird  es  ans 
leicht,  die  grundform  des  wertes  zu  erforschen,  weil  es 
in  mehrern  verwandten  sprachen  in  besser  erhaltener  ge- 
stalt  sich  vorfindet.  Das  umbrische  ta-fla  so  wie  das 
lat.  ta-bula  oder  ältere  ta-bola  (SC.  de  Bacch.  26)  ist  ein 
femininum  von  einem  masculinum  *ta-ber  oder  vielmehr 
*ta'bero,  von  welchem  durch  neue  sufQxe  das  deminutiv 
tabella  „brettchen,  täfeichen"  aus  urspr.  *ta-bero-la,  wie 
libellU'S  aus  *libero-lu-s  und  die  Weiterbildung  tct-ber-na 
„bretterbude",  synkopiert  aus  *ta-bero-na  wie  in-fer-nu-s 
aus  *in-fero-nu-8,  abgeleitet  sind.  Mit  der  lat.  grundform 
^tabero  stimmt  im  sanskrit  sehr  genau  tä-vara  (neutr.) 
„bogensebne",  auch  im  zend  annähernd  than-vara  (fem.) 
„bogen*^  überein,  nur  ist  hier  die  wurzel  aspiriert  und  zu 
than  erweitert,  im  sanskrit  aber  ta  geblieben  und  nur  zu 
tä  verlängert.  Es  unterliegt  nunmehr  keinem  zweifei,  dafs 
leLt.*tabero  und  tabula  sowie  umbr.  tafla  aus  einer  urform 
*ta-vara  hervorgegangen,  also  b  und  f  aus  ehemaligem  v 
verwandelt  sind.  Die  grundbedeutung  ist,  wie  schon  Cors- 
sen  beitr,  359  gut  entwickelt  hat,  „ein  ausgespanntes  ding% 
nur  in  den  von  den  wurzelformen  ta  und  ten  abgeleiteten 
Wörtern  der  einzelnen  sprachen  auf  mannichfaltige  weise 
specialisiert:  skr.  tävara  „bogensehne",  lat.  tabula  „aus* 
gespannte  platte,  brett"  und  taberna  „bretterbude,  zeit", 
zend  thanvara  „bogen",  griech.  r^i^-wv  (wahrscheinlich 
urspr.  TsV'jriov)  „sehne",  ahd.  dona  „schlinge". 


*)  vufru  „varius,  bunt"  nach  Grafsmann  in  d.  zeitschr.  XVI  194. 


limbriBcbe  Stadien.  145 

Ob  stafli  auf  tafel  la  in  der  30.  und  31.  zeile,  wel* 
che  vielfach  übereinstimmen  mit  den  zeilen  37  —  40  der 
tafel  VIb,  ein  anderes  wort  sein  soll,  als  das  in  letzterer 
stelle  dreimal  vorkommende  adj.  staflare^  ist  sehr  zu  be- 
zweifeln oder  vielmehr  entschieden  zu  verneinen,  nachdem 
Aufrecht  und  Kirchhoff  in  den  umbrischen  Sprachdenk- 
mälern II  223  dasselbe  so  wie  es  da  auf  tafel  la  v.  30 
und  31  vertheilt  ist,  STA8-IU-IVCESMIK  (staf.li:iuves- 
mik)  für  verschrieben  aus  STA8-IUADEESMIK  (staf- 
-lare  esmik)  erklärt  und  es  sehr  wahrscheinlich  gemacht 
haben,  dafs  solche  Verwechselung  in  einer  copie  aus  un- 
deutlichen schriflbzeichen  eines  altem  Originals  im  nationa- 
len aiphabet  leicht  habe  entstehen  können:  l'l  statt  A,  V 
statt  D  (==  K),  C  statt  E.  Wir  erhalten  nunmehr  la 
30.  31  staflare .  esmik  .vesti^a'  afiktu  .  .  tutaper* 
Ikuvina*  feitu  nertruku*  peri,  womit  jetzt  die  neuum- 
brische  fassung  VIb  39  vestisiam ,  staflarem.nertruko.persi 
(sc.  fetu^  vgl.  A.  K.  II  226)  flbereinstimmt.  Eine  zweite 
Verbindung,  die  ebenfalls  zweimal  vorkommt,  ist  pesondro 
staflare  VIb  37.  40.  Jedoch  die  bedeutung  können  wir  in 
den  beiden  gröfstentheils  noch  unentzifferten  stellen  la 
30.  31  und  VIb  37—40  nicht  entdecken;  nur  so  viel  dür- 
fen wir  vermuthen,  dafs  staßare  ein  adjectiv  ist,  welches 
gewifs  von  einem  Substantiv,  wie  wenigstens  im  lateini- 
schen die  adjectiva  auf  -ari-s  in  der  regeP),  also  von 
^staflo  abgeleitet  ist.  Dieses  ist  um  so  wahrscheinlicher, 
als  vom  entsprechenden  lateinischen  Substantiv  stabulum 
ein  adjectiv  auf  -arith-s^  das  jedes  falls  den  adjectiven  auf 
-ari'S  nahe  steht,  nämlich  stabul-ariu-s ,  wirklich  vorhan- 
den ist  und  gerade  die  bedeutung  der  Zugehörigkeit  hat^ 
die  sonst  vorzugsweise  den  adjectiven  auf  ^ari-s  eigen- 
thümlich  ist  (Corssen,  beitr.  332),  also  in  dieser  hinsieht 
kein  gegensatz  zwischen  umbr.  staflare  und  lat.  stabülarius 
denkbar  ist,  sondern  für  beide  dieselbe  bedeutung  „zum 
stalle  gehörig^  anzunehmen  ist.   Für  das  dem  umbrischen 


1  )  Corssen  beitr.  882.  Ausspr.  P  222  ^  selten  von  adjectiven  abgeleitet, 
wie  singul-ari^,  coelib-aris  (bei  Festus  p.  62  M.). 

ZeiUcbr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  2.  10 


146  S*v«Ub«rg 

staßare  zu'  gründe  liegende  subst.  *8taflu-m  müssen  wir 
ebenso  wie  für  das  lat.  stabulu-m  die  indogermanische  nr- 
form  ^stavara  voraussetzen,  von  welcher  auch  das  adj.  sia- 
bulis  instiibulis  (s.  oben  s.  138),  später  stabilis^  ausgegan- 
gen ist,  in  der  bedeutung  aber  unterscheidet  sich  dieses 
von  jenem  so,  da^8^das  adj.  stabilis  gleichwie  das  skr.  adj. 
sthävara  „feststehend^  bezeichnet,  das  subst.  stcAulum 
aber  „das  zum  stehen  dienliche,  den  Standort,  stall ^  be- 
deifttet. 

Somit  sind  alle  gestalten  des  in  rede  stehenden  Suf- 
fixes, von  "Ver  und  •bero  an  bis  zu  -bili  auf  die  indoger> 
manischen  grundformen  -var  -vara  zurückgeführt  wor- 
den, auch  das  umbrische  -feie  auf  das  skr.  suffix  -varl, 
wie  wir  es  im  umbr.  adj.  fa 90 -feie  gegenüber  dem  gleich- 
bedeutenden, nur  von  einer  andern  wurzel  gebildeten  skr. 
adj.  jag-varl  (fem.)  „  sacrificalis  ^  gesehen  haben«  Hs 
ist  also  die  bezeichnung  des  v- lautes  durch  das  ähn- 
liche, nur  härtere  f,  die  auch  im  griechischen  nicht  fehlt, 
für  die  italischen  sprachen  in  weiterem  um&nge  erwiesen 
worden:  erstens  durch  die  Zeugnisse  der  grammatikerComn» 
tus  und  Priscianus,  dann  durch  lat.  frigus  frango  nefrendet 
Vmafrum  Prifemius  Formiae,  sogar  durch  oskisches  fu- 
fans  für  *fuvans,  endlich  durch  die  umbrischen  Wörter 
tafle  staflare  fapefele  purtifele. 

12.     Lautwandel   von  v   in  h. 

Das  umbrische  verwandelt  den  v-laut  zwischen  Kwei 
vocalen  oft  in  den  blofsen  hauch  h,  wie  dies  z.  b.  bei  der 
vergleichung  desselben  verbalausgangs  in  den  zwei  prä« 
sensformen  iub-ocavu  und  stahu  sich  zeigt.  Es  ist  der- 
selbe lautwandel,  welcher  bekanntlich  auch  im  griechischen 
oft,  hauptsächlich  am  anfang  der  Wörter  stattfand,  indem 
böotisches  und  zugleich  normales  jrioTogag  (s.  bei  Keil  in 
d.  n.  Jahrb.  suppl.  IV  521  v.  25)  attisch  zu  t<fTOQig^  daaii 
die  digammierten  normalen  Wörter  in  der  lokrischen  an- 
siedelungsurkunde  (Oeconomides,  Patto  colonario  de'  Locri 
p.  54)  V.  9  j:6xa(fTog  —  v.  10  ^£ana()ict)v  —  v.  12  j^iKOVwa^ 


umbfiseh«  itadien.  147 

— *  ▼.  38  /rsfaärixora  attisoh  zu  f^xaatog  —  iünegliav  — 
ixowtag  —  ^aStjxora  wurden,  auch  in  der  mitte  der  Zu- 
sammensetzung PENTAhETHPIAA  auf  den  berakleischen 
tafeln  I  105  das  digamma  von  FETOZ  I  51.53  in  den  bauch 
h  übergieng.  Im  umbriscben  baben  nun  scbon  Aufrecbt 
and  Eirchboff  umbr.  spr.  I  64  das  part.  perf.  pass.  como- 
hata  (abl.  sg.  fem.)  Via  54  aus  *comm6v%ta  und  das  ver- 
balsubstantiv  prqi>lokotatu  (abl.  sing,  masc.)  Vlla  49  aus 
*prepl(witatu  erklärt,  welcbe  letztere  form  wir  nur  genauer 
*freplof)etatu  schreiben  möchten  mit  beibebaltung  des  im 
umbriscben,  wie  auch  im  lat.  Terb  perplovere  („durch- 
tröpfeln^)  bei  Festus  p.  250,  überlieferten  vocals  o.  Der 
bindeTooal  o,  den  beide  umbrische  Wörter  aufweisen,  wie 
auch  das  lateinische  in  tonotm^),  war  nicht  ursprünglich, 
sondern  erst  durch  vorwärtswirkende  vocalassimilation 
(Gorssen  ausspr.  II*  372)  aus  älterem  bindevocal  e  her- 
vorgegangen * ),  welchen  das  umbrische  in  virseio  a-mrseto 
u.  a.  participien  (A.  K.  II  15  t),  das  lateinische  in  geneirix 
und  moletrina  gewahrt  haben  (Gorssen  ausspr.  II*  296). 
Die  den  zwei  nominalbildungen  preplohotatu  und  comohota 
zu  gründe  liegenden  verba  folgten  ganz  wahrscheinlich, 
wie  das  lat.  pl<w^e  perplov-ire  und  noch  jenes  alte  mot?- 
-^e,  welches  in  einem  Überrest,  dem  conjunctiv  semo- 
▼ant{ur],  1.  agr.  G.  198,  49  erkennbar  ist,  der  primitiven 
conjugation  (der  lat.  sog.  dritten)  und  hatten  dieselben 
stamme,  wie  diese  lat.  verba,  plov  und  mov. 

Das  umbrische  hatte  aber  nicht  nur  den  Übergang 
des  V  in  h  mit  dem  griechischen  gemein,  sondern  auch 
dessen  wegfall,  wie  ihn  dort  iaSr^xora  gegenüber  lokr.^6- 
^eeSfjxora  zeigt,  und  die  dann  oft  erfolgende  contraction, 
wie  dort  idXioxa  {iväkwxev  in  Anecd.  Ox.  III  237)  in  att. 
rjlcoxa  übergieng;  denn  auf  entsprechende  weise  wurde 
umbr.  preplohotatu  VII  a  49  nach  dem  ausfall  des  h  in  pre- 
plötatu  VIb  60  contrahiert. 


^)  In  der  Appendix  Probi  p.  198,  82  K.:  «tonitrn,  non  tonotrn",  wel- 
ches letztere  gegen  toniiru  zorttckgesetst  wird,  wohl  als  veraltet 

> }  wie  auch  im  griechischen  das  c  einem  vorhergehenden  o  sich  assimi- 
lierte in  lIjokofjiaTo^  ans  nroAe/noc* 

10* 


148  dArelflberg 

Der  lautwaüdel  vod  v  in  h  bat  ohne  zweifei  aach  in 
den  participien  gihitu  angihitu  VIb  59  (acc.  pl.),  ^At^tr 
angihitir  VII  a  14.  28  (dat.  pl.)  statt  gebabt,  was  wir  be- 
sonders aus  der  contraction  cttir  VII  a  13  folgern  müssen. 
Nehmen  wir  also  ^iv  als  wurzel  an  (lat.  cio  und  cieo)^  so 
können  wir  zur  vergleichung  eines  passenden  sanskritwor- 
tes  übergeben,  nämlich  die  von  Corssen  beitr.  225  sehr 
bestimmt  gefalste  erklärung  des  particips  (aoe.  pl.)  ^hitulf] 
als  ,,die  zur  Versammlung  des  heerbaones  berufenen^  mit 
dem  sanskritnomen  ^iv-ira-m  ^lager,  hoflager^  yereini- 
gen,  welches  der  form  nach  aus  wurzel  piv  und  suffix 
-ira  besteht,  wie  dieses  aus  zahlreichen  mit  sufBx  -ira 
abgeleiteten  nomina  bei  Benfey  vollst,  sanskr«  gramm.  p.  169 
§.419  zu  ersehen  ist,  und  der  bedeutung  nach  gewifs  an- 
gemessen als  „berufungsort^  gelten  kann,  analog  wie  skr. 
ag-ira-m  „hof^,  eigentlich  Versammlungsort,  griech. 
äyoQce,  ist. 

Beide  laute,  v  und  h,  treffen  wir  in  zwei  bereits  oben 
genannten  umbrischen  präsensformen  von  derselben  ver- 
balendung  an,  in  sub-ocavu  „ich  rufe  an^  (lat.  invoco)  und 
stahu  „ich  stehe^  (lat.  sto).  a)  Das  erstere  erscheint  erst 
auf  der  späten  tafel  VII a  20.  (2 mal)  22.  23.  33.  34.  36 
(2 mal);  es  hat  aber  dennoch  vor  der  auf  tafel  Via  und 
VIb  fünfzebnmal  vorkommenden  präsensform  sub-ocO'U 
wegen  normaler  formation  den  vorrang  ebenso  wie  preplo- 
hotatu  VII a  49  vor  preplotatu  VIb  60.  Jene  vollere  form 
sub'OcaV'U  zeigt  uns  neben  der  personalendung  -u,  die 
sonst  noch  in  se-st-u  IIb  24  {\sit.  sisto)  vorliegt,  einen 
aus  wurzel  oc  (urspr.  voc  in  lat.  voc-s  '))  erweiterten  ver- 
balstamm sub^ocav;  die  andere  form  sub-oca-u  hat  gerade 
den  auslaut  des  Stammes  verwischt,  übrigens  keine  vreitere 
Veränderung  erlitten*). 


M  ^g^-  prae-c-o  aas  ♦prae-voc-o  nach  Corasen  aiuspr.  I^  816,  wo- 
bei die  mittelstufe  *prae-oc-o  gewesen  sein  mag;  ebenso  proz  bei  Festns 
p.  253:  Prox,  bona  vox,  velot  quiddam  praesignificare  videtur. 

3)  Sie  hat  nicht  etwa  contraction  von  a  and  tt  za  «ihem  diphthongen 
au  erfahren,  weil  das  umbrische  keinen  diphthongen  an  kennt,  sondern  ist 
nach  wie  vor  mit  gesonderter  personalendung,  wie  ngo-rtudbt  vor  seiner 
contraction,  viersilbig  ausgesprochen  worden. 


ambrifdit  itaditiL  149 

b)  In  staku  auf  dem  steine  zn  Asaisi  ( A.  E.  11  390) 
finden  wir  eine  der  oben  angedeuteten  übergangsstufen  von 
▼  Aber  h  snm  gänzlichen  schwinden  jedes  hauches,  näm- 
lich die  mittelstufe :  eine  Verwandlung  von  urspr.  *8tavu  in 
staku.  und  diese  verbalfonn  ist  nicht  die  einzige  der  art, 
sondern  die  iguvinisehen  tafeln  enthalten  noch  einige  andere 
eben  vom  verbalstamm  stah:  das  futur  stah-e-ren  taf. 
Ib  19^  den  imperativ  sing,  stah-i-tu  Vlb  56  und  pl.  stak" 
-f-lirfo  Vlb  53. 

Schon  diese  wenigen  verbalformen  in  Verbindung  mit 
$ub'Ocav-u  legen  die  vermuthung  nahe,  dafs  die  abgeleitete 
erste  conjngation  im  lateinischen  ehedem  solcher  flexion 
entsprochen  habe,  dafs  also  voco  dereinst  nicht  blos  *i70- 
caOj  was  jeder  einsieht,  sondern  ohne  hiatus  ursprünglich 
Vocavo  gelautet  habe,  und  dafs,  wie  die  erste,  so  auch 
die  zweite  abgeleitete  conjugation  von  moneo  und  die 
dritte  (die  jetzt  sogenannte  vierte)  von  audio  alle  auf  ana- 
loge weise  von  grundformen  auf  -avo  -evo  -ivo  ausgegan- 
gen seien.  Es  sind  auch  der  leitenden  spuren  noch  viele 
in  den  italischen  sprachen  vorhanden,  die  wir  ans  licht 
ziehen  und  nach  möglichkeit  zu  ihrem  ehemaligen  Zusam- 
menhang zurfickftkhren  wollen. 

Die  erste  ahnung  hiervon  hat  Th.  Mommsen  gehabt, 
indem  er  (unterital.  dial.  238.  239)  im  oskischen  aus  dem 
infinitiv  tribarakavum  des  cippus  von  Abella  v.  36  f&r 
die  erste  conjugation  einen  auf  -av  ausgehenden  verbal- 
stamm, eine  grundform  amavo  folgert,  woraus  amao  amo 
geworden  sei,  nur  läfst  er  den  stamm  auch  auf  das  per- 
fectum  und  die  von  demselben  abgeleiteten  tempora  sich 
erstrecken,  worin  er  offenbar  zu  weit  geht.  Zu  jenem 
einzigen  osk.  infinitiv  auf  -avum  hat  Corssen  jüngst  in  d. 
zeitschr.  XVIII  204  aus  der  grabschrift  von  Anzi  einen 
oskischen  auf  -hom  endigenden  infinitiv  C^AA^hQM  hin- 
zugef&gt,  welcher  demnach  die  mittelstufe  zwischen  tri- 
barakavum und  den  jungem  formen  censa-um  molta-um 
zu  sein  scheint.  Ein  viel  zuverlässigeres  beispiel  einer 
solchen  mittelstufe  im  oskischen  verdanken  wir  Aufrecht, 
indem  er  eine  stelle  aus  der  tafel  von  Agnone  A  v.  17 — 19 


150  Sartltbtrg 

saahtüm  tefürüm  .  .  .  sakah-i-ter  bis  auf  das  schwie- 
rige tefürüm  in  d.  zeitschr.  J  90  zuerst  entziffert  hat: 
„sanctum  [sacrificium?]  .  .  .  sancitur'^.  Hier  sehen  wir 
nun,  dafs  sakah-i-ter  mit  seinem  stamm  sakah  sich  zu 
dem  oskischen  infinitiv  tribarakav-um  ebenso  verhält, 
wie  umbr.  stah-i-tu  zu  sub-ocav-u,,  und  können  nicht  um- 
hin, den  lautwandel  von  v  zu  h  gleicherweise  für  das  os- 
kische  anzunehmen.  Hierfür  sprechen  auch  oskische  eigen- 
namen  in  lateinischen  inschriften  aus  Campanien  und  Ober- 
haupt aus  dem  ehemaligen  bereich  der  oskischen  spräche: 
Gaha  Inscr.  Neap.  3437  aus  Gava  C.  I.  L.  I  1097,  Rahius 
I.  N.  5042  aus  Ravius  ib.  3343^),  so  dafs  osk.  sakah- 
-i-ter  sicher'  auf  urspr.  *sakav-i-ter  zurQckschliefsen  läfst. 

Den  vollständigsten  beweis  aber  von  verbalstämmen 
auf  -av  gibt  das  um  bris  che  und  zwar  zuvörderst  der 
oft  vorkommende  imperativ  purtuvitu  nebst  purtuvii9^u 
IV  20  und  purtuvetullbl7,  neuumbr.  purdovitu  Via  56. 
Die  bisher  von  diesem  verbum  gegebene  erklärung  ist  eine 
sehr  kfinstliche.  Purtuvitu  soll  nach  Aufrecht  und Eirch- 
hoff  II  171  aus  einem  präfix  pur  =  lat.  por  {in  porricere 
portendere)  und  aus  dot  (tuv)  =  lat  du  (im  conj.  du-im 
ad-du-as  cre-du-am)^  einer  nebenform  von  da,  zusammen- 
gesetzt sein  und  in  der  bedeutung  einem  röm.  porricito 
entsprechen.  Nun  aber  sind  beide  theile,  sowol  pur,  als 
dov  oder  auch  du  (für  da)  sonst  im  umbrischen  gan;s  un- 
bekannte demente.  Solche  aus  andern,  wenn  auch  ver- 
wandten sprachen  blofs  errathen  zu  wollen,  ist  kein  ßo 
zuverlässiges  auskunftsmittel,  als  wenn  man  aus  derselben 
spräche  sichere  anhaltspunkte  gewinnen  kann.  Diese  fin- 
den wir  erstens  für  die  bedeutung  darin,  da£s  pur- 
tuvitu mit  synonymen  verben  abwechselt,  die  trafen 
und  darbringen  bezeichnen:    fertu  katlu  IIa  17  — 18, 


1 )  Von  Gava  (vergl.  Nama ,  Sulla)  ist  offenbar  abgeleitet  Gavius  I.  N. 
4146.  7264  (Or.  7086.  7084),  osk.  Gaaviis  bei  Mommsen  nnterit.  dial.  taf. 
VIII  n.  15,  wie  von  osk.  Maras  —  Maraijefs  (Corssen  in  d.  leitschr. 
XI  412),  lat.  Mar-iu-s.  Nachdem  v  zu  h  abgeschwächt  war  (in  Gaha),  ver- 
flüchtigte sieh  auch  dieses  in  Ga-itk-s  gleichwie  Raviua  erst  zu  Rahius  und 
zuletzt  zu  Roriv^»  ward  I.  N.  726.  6211.  6844.  6066  und  so  auch  Ravia 
6620  zu  Rata  48.  8981.  6066. 


umbriiehA  •tn4i«ii.  151 

ampenta  katlulla20,  katlu  purtuyitulla29.  Haben 
wir  hier  zuerst  ferto  catulum,  dann  impendito  catulutn  (s. 
oben  8.  102  anm.),  so  dürfen  wir  die  dritte  stelle  mit  catulutn 
portato  übersetzen,  um  so  mehr,  als  zu  purtuvitu  einige 
male  die  richtung  auf  die  frage  wohin  ausgedrückt  ist: 
pefum-e  lU  33,  ere^lum-a  III  35.  IV  3,  asam-ai: 
IV  6  (ad  aram),  und  diese  bedeutung  wird  durch  eine 
zweite,  wesentlich  gleiche  trias  entsprechender  Vorschriften 
bestätigt:  kaprum  upetu  *)  IIb  1,  kapru  —  upetu 
IIb  10— 11,  kabru  purtuvetu  IIb  17,  d.i.  caprum  ob- 
moveta  oder  —  impendito,  caprum  portato. 

Was  nun  zweitens  die  erklärung  der  form  be- 
trifft, so  stellen  wir  purtuvitu  einigen  anerkannter  ma- 
fsen  mit  lat.  portare  verwandten  neuumbrischen  verbalfor- 
men portortu  porta-ia  port^ust  (A.  K.  II  257.  300)  zur 
Seite  und  erblicken  in  dem  hiatus  von  porta-ia  (=:  lat. 
portet),  den  auch  eta-ians  (:s  lat.  itent)  zeigt,  vor  der  con- 
junctivendung  diejenige  offene  stelle,  welche  früher  einmal 
durch  h  z.  b.  in  stah-i-tu^  und  ursprünglich  durch  v,  wie 
in  sub'OcaV'Uj  ausgefüllt  war,  wie  auch  im  oskischen  ge- 
rade die  conjunctive  sta-iet  c(e«ra*«d  mit  ihrem  hiatus 
zuerst  auf  nächst  vorausliegende  themen  *stah  *deivah  und 
höher  aufwärts  auf  *8tav  *deivav  schliefsen  lassen ,  da  ja 
beide  stufen  durch  sakah-i-ter  und  tribarakav-um 
documentiert  sind.  Indem  wir  nun  aus  dem  neuumbri- 
schen purdot'itu  einen  auf  v  auslautenden  stamm  *portat 
folgern,  und  im  altumbrischen  purtuv-itu  einen  stamm 
purtuv  vorliegen  sehen,  fragt  sich  nur  noch,  o6  nicht 
die  vocale  einer  identificierung  von  portav  und  purtuv 
im  wege  stehen.  In  der  ersten  silbe  hindert  nichts,  da 
die  altumbrische  schrift  fQr  o  wie  f&r  u  keine  andere  be- 
zeichnung  als  u  (V)  hat  und  das  im  neuumbrischen  unter- 
schiedene o  von  porta-ia  und  porta^tu  als  normales  gräco- 
italisches  o  durch  lat.  por-tare  por^ta  por-tus  und  griech. 
7i6q»o»s   noQ'iihw    no^&'fAO'q    erwiesen  wird,   und  wenn 


1)  d.  i.  np-pentn,    welehos  wir  oben  t.  110  erklKrt  nad  durch  im- 
pendito  und  ohmoveio  wiedergegeben  haben. 


152  Savelsberg 

das  neuumbrische  doch  auch  öfters  u  in  der  Wurzelsilbe 
zeigt  in  purdovitu  purdinsust  purditom,  so  hat  sich  dann 
der  vocal  vor  r  wieder  verdunkelt,  wie  in  cumaco  Via 
2.  4.  15.  17  und  furo  VII  a  52  gegenüber  lat.  cornicem  und 
forum.  Das  u  aber  in  der  zweiten  silbe  von  purtuvitu 
wird  durch  das  o  der  neuumbrischen  wortform  purdovitu 
Via  56  mit  dem  stammhaften  a  in  porta-ia  und  porta-tu 
vermittelt,  da  sowohl  jenes  u  als  auch  dieses  o  in  vielen 
fällen  aus  urspr.  a  verdunkelt  ist,  theils  in  der  endsilbe 
der  Wörter,  wie  im  nom.  und  acc.  pl.  neutr.  arviu  la  12, 
neuumbr.  arvio  Via  56,  aus  arvia  la  3;  vatuvu  Ib  25, 
neuumbr.  vatuo  Via  57  etc.,  aus  vatuva  Ia4  etc.,  und 
im  nom.  sg.  fem.  mutu  (i.  e.  lat.  tnulta  „geldstrafe^)  Vb  6 
aus  muta  Vb  2.  3,  —  theils  im  innern,  wie  im  imperativ 
kumultu  la  34,  komoltu  VIb  17  aus  kumaitu  lla  9 
nebst  maletu  IIa  18.  So  gehen  denn  nun  purtuvitu 
und  purdovitu  auf  den  ursprünglichen  verbalstamm  portav 
zurück,  der  in  pdrta-ia  nur  sein^v  (und  schlufs-t)  verloren 
hat  und  dessen  1.  pers.  präs.  ind.  demgemäfs  ^portavu  hei- 
fsen  mufste  analog  wie  sub-ocavu.  Wir  müssen  nun  noch 
ausdrücklich  den  binde  vocal  i  im  imperativ  purtuv-i-tu 
von  -ta,  dem  modussuffix  des  conjunctivs  porta-ia,  unter- 
scheiden. Schicken  wir  vorerst  kurz  das  gleiche  verhält- 
nifs  im  oskischen  voraus,  wo  wir  einerseits  im  praes.  ind. 
pass.  sakah-i-ter  und  praes.  ind.  act.  sta-i-t  den  bin- 
devocal  i  und  andererseits  im  praes.  conj.  deiva-id  (sing.) 
und  st^i-iet  (plur.)  ein  dem  modussuffix  des  conjunctivs 
angehörendes  i  finden.  Dafs  das  verbum  sta-iet  im  cip- 
pus  von  Abella  v.  58  conjunctiv  ist,  hat  Corssen  in  d. 
zeitschr.  XIII  248 — 251  aus  den  sechs  vorhergehenden, 
mit  imperativen  und  conjunctiven  ausgedrückten  hauptbe* 
Stimmungen  für  die  zum  schlufs  gegebene  Vorschrift  te- 
remenniü  staiet  :=7„terminalia  Stent"  gewifs  richtig  ge- 
folgert. Nicht  so  überzeugend  ist  Corssens  bemühen  in 
d.  zeitschr.  XIII  251.  252,  in  stait  auf  der  tafel  von 
Agnone  B  v.  23  ebenfalls  -  einen  conjunctiv  nachzuweisen. 
Dafs  wir  hier  in  den  schlufsworten  hürz  dekmanniüis 
stait  das  verb   als  indicativ  — -  lat.  stat  verstehen   sollen, 


nrnbriflch«  Stadien.  158 

„scheint  8ich^,  wie  Bugge  in  d.  zeitschr.  V,  8  richtig  sagt, 
„schon  durch  die  congruenz  der  indicative  sakarater 
und  eestint  zu  empfehlen'^,  um  so  mehr,  als  ein  eigent- 
licher beweis  fCtr  irgend  einen  conjunctiv  auf  der  ganzen 
tafel  von  Agnone  nicht  beigebracht  worden  ist.  Gleich- 
wie man  aber  eestint  Agn.  B  1  mit  dem  vocal  i  unbe-> 
denklich  richtig  für  eine  indicativform  hält,  dagegen  her- 
rins  (cipp.  Abell.  54)  fOr  eine  conjunctivform,  offenbar  weil 
niemand  ein  sicheres  beispiel  einer  auf  -nt  ausgehenden 
3.  pers,  plur.  eines  conjunctivs  aufweisen  kann,  so  bleibt 
aus  demselben  gründe  stait  indicativ  (3.  pers.  sing.),  weil 
kein  sicheres  beispiel  einer  auf  t  ausgehenden  3.  pers.  sg« 
eines  conjunctivs  des  präsens  nachgewiesen  ist.  Als  dritte 
person  des  indicatiys  aber  enthält  sta-i-t  dann  einen 
bildungsvoeal  i,  welcher  den  stamm  mit  der  personalen- 
dnng  verbindet,  und  dasselbe  ist  nun  auch  der  fall  in 
sakah-i-ter  auf  der  tafel  von  Agnone  A  v.  19,  welches 
Aufrecht  sogleich  richtig  als  indicativ  „sancitur^  auf- 
gefafst  hat. 

Aehnlich  wie  der  bindevocal  im  oskischen  als  ein  ge- 
strichenes i  erscheint,  welches  einen  kurzen  zu  e  hinnei- 
genden i-laut  bezeichnet,  kommt  er  im  umbrischen  in  zwie- 
facher gestalte  bald  als  e,  z.  b.  im  futur  stah-e-ren 
Ib  19,  bald  in  der  äufsersten  Schwächung  eines  ursprüng- 
lichen a  durch  e  zu  i  (Corssen  ausspr.  11^  51),  in  dieser 
letzten  gestalt  i  vor  in  imperativen,  wie  im  neunmaligen 
purtuv-i-tu  auf  tafel  IL  III.  IV  nebst  purtuv-i-i^u 
IV  20  und  purdov-i-tu  Via  56,  in  stah^i-tu  VIb  56  und 
stah'i'tuto  VIb  53,  dann  auch  im  particip  purt-i-tu 
I  b  39  und  purd-i-tom  VII  a  45.  Die  priorität  des  e,  wel- 
che der  regelmäfsige  gebrauch  im  griechischen  in  Acy-ä-rw 
Xiy-B'Te  schon  zu  beweisen  vermag,  wird  im  italischen,  da 
lateinische  belege,  wie  com-pon-e-to  bei  Cato  de  re  rust. 
c.  37  extr.  sehr  selten  sind,  vorzüglich  durch  das  umbri- 
sche  bezeugt  mittels  der  imperative  mal-e-tu  IIa  18  (1. 
mol'i-to)  neben  ku-mal-tu  IIa  9.  41  (1.  com-mol-i-to)^ 
kan-etu  IV  29  (1.  can-ito)^    kar-e-tu  (1.  cal-e-to  ^))  ne- 

1 )  welchem  imperativ  Aufrecht  statt  der  frühem  erklärung  calaio  A.  K. 


154  Sarelfberg 

ben  kar-i-tu  III  21,  purtuv-e-tu  IIb  11— 12.  17  und 
durch  das  futur  stah-e-ren  Ib  19«  Auch  im  part.  perfl 
pass.  war  e  als  bindevocal^  der  dem  einfachen  stamm  an- 
gefügt wurde,  offenbar  früher  im  gebrauch  als  i,  wie  das 
im  griechischen  die  adj.  agiSeix-a-rog  a-XctfAn-i-rog  (Lob. 
path.  proll.  144),  Jig^-s-tog  n.  pr.  (=  skr.  darp-a-ta) 
zeigen;  so  auch  im  umbrischen  vaseto,  pesetom^  peretam, 
frosetomy  daetom  Via  27.  28  und  noch  eirseto  amrseto 
Via  28,  welche  gedeutet  sind  visum  invisum  A.  K.  II  152. 
Wie  wir  nun  schon  oben  s.  147  in  einem  part.  perf.  pass. 
cO'tnoh'O'ta  und  in  einem  von  solchem  particip  abgelei- 
teten nomen  pre^ploh-o-ta-tu  den  bindevocal  e  dem  vocal 
der  vorhergehenden  silbe  zu  o  assimiliert  gesehen  haben,  so 
wird  derselbe  in  der  verbalflexion  sehr  oft,  namentlich  in 
der  ersten  abgeleiteten  conjugation  zu  a  assimiliert-,  so  im 
imper.  act.  spah^a-tu  VIb  41  und  imper.  depon.  spah^c^mu 
VII a  39  und  ehe'turstah'a''mu  VIb  55^  dann  noch  in  l.pl. 
ind.  arsmah-a-mo  caterah-a-mo  VIb  56.  Später  aber,  als 
der  hauch  im  stammauslaut  schwand,  hatte  dies  alsbald 
zur  folge,  dafs  der  vocal  der  letzten  Stammsilbe  mit  dem 
bindevocal  in  einen  langen  vocal  contrahiert  wurde:  eAe- 
'iurstah-a-mu  VIb  55  zu  e-turstä-mu  Ib  16')  caiärah" 
-a-mo  VIb  56  zu  katerä-mu  Ib  20.  Dieses  durch  con- 
traction  lang  gewordene  a  ist  als  solches  ein  paarmal  durch 
die  Schreibung  ah  in  spah-mu  VIb  17  und  ^turst(ih*mu 
VIb  53  angedeutet;  denn  in  diesen  und  ähnlichen  fSlUen, 
in  mantrahklu  IIa  19  neben  mantraklu  IIb  16,  in 
kumnahkle  Va  15  neben  kumnakle  III  7.  8  gleichwie 
in  amprehtu  Ib  21,  struh^la  IIa  18  neben  stru^la 
III  34,   podruh-pei  Via  11    u.  a.  ist  b    ein  blolses  deb- 


il 287  später  in  d.  zeitscbr.  I  278  anm.  ein  lat.  caleto  gegenüberstellt,  in- 
dem er  für  das  ehemalige  Vorhandensein  eines  calere  dort  das  parti(^ipial- 
substantiv  calendae  beibringt. 

^)  Aufrecht  und  Kirchhoff  führen  II  266  tupsta  ss  tudsta  (für 
tndsita)  auf  tud,  die  iivurzel  des  lat.  tundo,  zurück  und  folgern  die  be- 
deutnng  « ausweisen,  verbannen*.  Sollte  es  nicht  noch  ntther  mit  dem  umbr. 
tud«r  »gränze*  (A.  K.  II  67)  zusammenhangen  und  der  stamm  ehe-turstah 
ganz  genau  exterminare  bedeuten? 


nmbriiche  atndieii.  155 

nungszeichen  ^).  Nachdem  wir  nun  die  contraction  der 
letzten  Stammsilbe  mit  dem  biodevocal  a  in  e-turstä-mu 
und  katerä-mu  schon  in  einer  der  ältesten  tafeln  la 
16.  20  vorgefunden  und  aus  jQngern  vollem  formen  erwie- 
sen haben,  sehen  wir  in  derselben  tafel  auch  schon  den 
imperativ  activ  purtätu  in  der  krasis  purtatulu  Ib  18 
(«X  portatu.ulo  VIb  55)  auf  dieselbe  weise  aus  urspr. 
*portav-a-tu,  woraus  das  überlieferte  purtuv-i-tu  nur 
mit  Verdunkelung  der  vocale  geworden  ist,  contrahiert, 
deagleichen  hatten  a-zeriä-tu  Ib8,  kum-pifiä-tu  Ib  14, 
pihärtu  Via  29  {—  1.  piato),  pru-sekä-tu  IIa  28  {^  lat. 
prosecato),  ah-trepurä-tu  IIa  24  oder  aha-tripursä-tu^) 
Vlla  23  (=  lat.  tripodato)  alle  ehedem  den  gleichen  wort* 
ausgang  -av-a-tu;  und  endlich  gehen  auch  im  oskischen, 
nach  mafsgabe  von  sakah-i-ter  aus  ^sakav-i-ter  und 
sta-i*t  aus  ^stav-i-t,  ebenso  sakara-ter  auf  der  tafel 
von  Agnone  A  21  auf  ""sakarav-i-ter  und  urspr.  *sakarav* 
-a-ter,  sowie  faamat  auf  zwei  inschriften  von  Pompeji 
bei  Mommsen  unterit.  dial.  p.  185  und  taf.  XI  n.  29  a 
und  b  auf  *faamav-i-t  und  urspr.  *faamav-a*t  zurfick. 

Vom  präsensstamm  wird  auch  das  futur  gebildet.   So 
enthält  purtuvies  IIb  28,    die  3.  pers.  sing,  fut.,  welche 


1)  Aufr.  Kircbh.  I  78.  Von  diesem  blofs  eingeschobenen  dehnnngs- 
zeichen  verschieden  ist  h  mit  gutturalem  laat  in  ahtu  snbahta  rehte 
frehtn  ahtur  (A.  K.  I  78..  Oorssen  ansspr.  I'  97),  wo  es  etymologisoh 
begründet  und  aus  k  vor  t  (vgl.  lat.  actum  subactum  recte  frictum  auctor) 
zu  h  erweicht  ist  wie  im  deutschen  macht  und  recht,  gleichwie  auch  im 
oskischen  ehtrad  von  präp.  ec  (vgl.  lat.  ec-fatus  und  ee-fero  bei  Gorsses 
ausspr.  I^  155),  saahtiim  (lat.  sanctum)^  ü'htavis  (Octavius),  Wie  es 
hier  überall  und  im  umbr.  eh-veltu  eh-velklu  seine  gutturale  ausspräche  be- 
hält, 80  auch  in  ehe-tuntah-a-mu  VIb  56  und  sehe-meniar  VII a  62;  hier  ist 
es  nicht  blofses  dehnungszeichen ,  wie  Aufrecht  und  Kirchhoff  I  78  und 
Corssen  I'  155  behaupten;  denn  auch  hier  in  ehe-  und  sehe-  ist  ja  h  ety- 
mologisch begründet,  weil  aus  ex  oder  ec-  und  sex  entstanden;  überdiefs 
ist  eAe,  wie  es  in  selbständigem  gebrauch  als  zweisilbig  sich  zweimal  in 
einem  und  demselben  verse  VIb  54  bekundet,  zuerst  mit  krasis  ehesu.poplthy 
dann  gesondert  ehe .  esu  ,poplu,  so  auch  in  der  Zusammensetzung  eke-turstah- 
-a-mu  und  gleicher  weise  sehe  in  sehemeniar  zweisilbig  gebraucht. 

^)  Die  Präposition  aha  in  aha-tripursatu  (A.  K.  II  202)  und  aka^vendu 
(das,  288)  ist  gewifs  viel  wahrscheinlicher  mit  der  skr.  präp.  ava  und  der 
lat.  au  in  aur-fero  au-fugio  verwandt,  als  mit  ab,  wie  Aufrecht  und  Kirch- 
hoff annehmen,  da  ja  die  Schwächung  von  v  zu  h  im  umbrischen  jetzt  viel- 
fach bewiesen,  dagegen  die  von  b  zu  v  und  n  in  den  altitalischen  sprachen 
gar  nicht  dargethan  ist. 


156  Savehberg 

dort  ihr  t  am  scblufs  verloren  bat,  aufser  dem  fotursaffix 
oder  hülfe verb  -e8(t)  deutlich  den  präsensstamm  pürtuv 
und  zwar  mit  nachtönendem  vocal  i,  wie  solchen  oben 
s.  122  das  futur  fui-est  Va  9  statt  des  gewöhnlichen 
fu-st  (aus  *fu-est)  aufweist.  Dazu  kommt  als  zweites  bei- 
spiel  eines  futurs  der  ersten  abgeleiteten  conjugation  stah- 
-e-ren  Ib  19  vom  präsensstamm  st  ah,  welches  ebenfalls 
des  auslautenden  t  vom  hülfsverb  sent  entbehrt  und  sonst 
noch  s  in  r  verändert  zeigt.  Wir  müssen  nun  von  den 
normalen  formen  *portav-est *)  und  *stav-e«sent  aus- 
gehen und  werden  dann  vermittelst  derselben  das  dritte 
umbrische  beispiel  eines  futurs  der  ersten  abgeleiteten  con- 
jugation pru-pehast  IV  32  zunächst  aus  *pru-peha- 
-est,  und  weiterhin  aus  urspr.  *pru-pehav-est  erklä- 
ren. Ebenso  gehen  die  oskischen  Aitura  dewa-st  tab. 
Bant.  V.  3  und  censa-^et  das.  v.  19  {-zet  statt  set  =  lat. 
sunt),  da  ein  präsensstamm  auf  -av  das  eine  mal  ganz 
normal  im  inf.  tribarakav-um,  das  andere  mal  zu  -ah 
geschwächt  im  passiv  sahah-i-ter  constatiert  ist^  auf 
urspr.  *deivav-est  und  ^censav-e^zet  zurück. 

Zur  zweiten  abgeleiteten  conjugation  gehört 
eine  nicht  geringere  zahl  von  verben,  zunächst  kukehes 
m  21 ,  welches  schon  Aufrecht  und  Eirchhoff  I  144  we- 
nigstens als  futur  richtig  bezeichnet  haben,  indem  es  aus 
dem  futursuffix  (hülfsverb)  -es  und  einem  aus  würzet  kuk 
erweiterten  stamm  kukeh  besteht  ^).   Die  bezügliche  stelle 

m  20—22  heifst: 

Ap[e] 

21  vuku  kukehes  iepi  persklumar  karitu,  vuke 

pir 

22  ase  antentu. 


1)  Was  oben  s.  162  über  die  im  altumbrischen  verdunkelten  vocale 
von  purtuvitu  gesagt  ist,  gilt  auch  hier  von  portnvies.  Bei  Wieder- 
herstellung der  normalen  vocale  mttssen  wir  das  im  altumbrischen  nach  u 
zuweilen,  aber  durchaus  nicht  'regelmftfsig  nachklingende  i  natürlich  in 
^portav-est  weglassen. 

''')  Nicht  aus  ku  (d.  h.  präpos.  knm)  und  verbalthema  keh,  mit  wel- 
cher theilung  Aufrecht  und  Kirchhoff  II  871  freilich  zu  keiner  deutung  des 
Wortes  gelangen  konnten. 


nmbriscbe  Studien.  157 

Der  sinn  der  anfaDgsworte  scheint  uns  zu  sein:  Postquam 
focum  accenderit,  womit  der  schlofs  übereinstimmt:  in 
foco  ignem  in  ara  imponito.  Dazu  gelangen  wir,  indem 
wir  im  Terhum  kukehes  eine  mit  lat.  coquo  gemeinsame 
Wurzel  KOK  annehmen,  was  kein  bedenken  erleidet,  da 
im  lateinischen  die  wurzel  COC  auch  ohne  labialen  bei« 
klang  sich  geschrieben  findet:  recocunt  in  den  ältesten  hand- 
schriflen  des  Vergil  (Corssen  ausspr.  P  73),  cocus  Inscr. 
Lat«  ed.  Or.  n.  646  und  4166,  cocetum  bei  Festus,  und  da 
andererseits  die  von  uns  gewählte  bedeutung  ^anzünden, 
brennen''  ebenfalls  in  coquo  entspricht  b^i  Cato  de  r.  r« 
38,  4  „lapides  cocti''  und  „de  lignis  carbopes  coquito''. 
Ja  auch  auf  eine  ehemalige  lateinische  flexion  coqueo  oder 
coceo  nach  der  zweiten  conjugation  deutet  jene  bei  Festus 
aufgezeichnete  glosse  y^  cocetum  genus  edulii  ex  melle  et  pa- 
pavere  factum^.  Unter  focus^  umbr.  vukus,  hat  man  ein 
kohlenbecken  zu  verstehen  wie  bei  Cato  de  re  rust.  c.  75 
„in  foco  caldo  sub  testu  coquito  leniter^,  wofQr  gewöhn- 
lich foculus  im  gebrauch  ist,  z.  b.  bei  Plautus  Capt.  IV 
2,  68  „foculis  ferventibus''  und  in  einer  sehr  willkomme- 
nen parallelstelle  bei  Livius  II  12,  13  „accenso  ad  sacri- 
ficium  foculo^.  Demnach  besagt  die  obige  stelle,  in  wel- 
cher uns  nur  noch  iepi  unbekannt  bleibt,  folgendes:  „So- 
bald er  das  kohlenbecken  angezündet  haben  wird,  ....  rufe 
er  zum  gebet;  im  kohlenbecken  stelle  er  das  feuer  auf  den 
altar''.  In  formeller  beziehung  aber  ist  das  futurum  ku- 
keb-es  aus  einem  von  der  wurzel  kuk  (lat.  coc)  erweiter- 
ten präsensstamm  "^kukev  oder  noch  frühern  ^kokev  her- 
vorgegangen, den  wir  in  einer  spätem  verwandelung  ku- 
keh  hier  vor  uns  haben. 

Zu  derselben  conjugation  gehört  das  verbum  seh-emu 
VIb  35,  in  welchem  wir  an  der  endung  -mu  die  dritte 
person  eines  imperativs  von  mediopassiver  form  erkennen. 
Auch  hier  scheint  uns  das  dem  stamm  angehörende  h  ver- 
mittelst des  schon  oft  nachgewiesenen  lautwandels  aus  v 
hervorgegangen  zu  sein;  alsdann  bietet  sich  zur  verglei- 
chung  die  verbal  wurzel  sev  oder  urspr.  *sav  dar,  die 
grundform   der  sanskritwurzel   sev  (eig.  saiv)  „verehren* 


158  SftTelsberg 

und  der  griecb.  wurzel  <re/9  in  aißofAai^  wozu  Or.  Cur- 
tius  grundz.^  538  noch  das  lat.  adjectiv  sev-eru-s  hinzu- 
ibgt,  welches  Vossius  Etym.  p.  469  von  ^(fißsa&ai  i.  e. 
venerari"  erklärt:  „ut  fere  idem  sit  ac  (fefAVog  seu  venera- 
bilis^.  Solches  adjectiv,  nur  einfach  von  der  wurzel  sev 
gebildet,  nämlich  sevoj  ist  auch  noch  im  umbrischen  vor- 
handen in  taf.  Via  18:  esis-co  esoneir  seveir,  wo  es,  von 
opfern  gebraucht,  gewifs  ^verehrungswürdige^  oder  besser 
„in  ehrfurchtsvollem,  frommem  sinne  darzubringende^, 
kurz  „fromme  opfer^  bezeichnet,  so  dafs  die  stelle  heifst 
„mit  diesen  frommen  opfern'^.  Dasselbe  wort  ist  als  ad* 
verb  sevom  verwendet,  welches  ja  im  gründe  nur  das  neu- 
trum  im  accusativ  ist  (wie  prumu[m]  III  3.  15.  23  und 
enom  VIb  38  etc.),  und  bedeutet  dann  recht  eigentlich 
„fromm%  sowohl  in  der  alten  tafel  lad:  sevum  kutef 
pesnimu  „fromm,  behutsam  .bete^,  wie  auch  in  der  Jün- 
gern Via  56:  tases  persnimu  sevom  „still(schweigend)  bete^ 
fromm^.  Aufserdem  ist  dieses  seeo  in  dem  zusammenge- 
setzten adjectiv  sev-akni  enthalten,  welches  oft  als  epi- 
theton  von  Opfergegenständen  vorkommt  in  der  weise  wie 
sakri  „heiligt  in  sacrem  uvem  III  8  (1.  sacrem  avem) 
oder  wie  sakra  in  kapi  sakra  Ib  29.37  {capis  sacra 
„heilige  opferschale^ )  oder  wie  esunu  „göttlich^  in  ri 
esuna  V  5  (^^res  divina^  b.  Cato  r.  r.  83),  vukum-en 
esunum-en  III  20  (in  foculum  divinum),  esunu  puni 
IIa  20  (divino  ture),  esunes-ku  vepurus  Va  11  (cum 
divinis  vaporibus).  Gerade  so,  nur  weit  öfter  ist  seyakni 
beiwort  von  opferthieren ,  wobei  zur  auf  hellung  der  Zu- 
sammensetzung der  umstand  viel  beiträgt,  dafs  zu  sev«- 
akne  ein  paarmal  perakne  sich  hinzugesellt,  wie  IIb  8 
si  perakne  sevakne  upetu.  Dieses  per-akne  ist 
nach  Aufrecht  und  Kirchhoff  II  318  mit  aknu  (lat.  annus) 
zusammengesetzt,  und  wie  griech.  hni-eTtjg  „ffir  das  jähr 
bestimmt,  diefsjährig^  bedeutet,  so  ist  per-akne  so  viel 
als  per  aknu  oder  aknu-per  und  bedeutet  gleichfalls  „f&r 
das  jähr  bestimmt,  diefsjährig  ^,  oder  überhaupt  „jährig, 
anniculus ^^).     Sev-akni    aber   ist    ein    compositum    der 

^)  ygi'Poplu^er  »fUr  das  yolk*'.    Um  unBere  verschieden«  fa«img  der 


umbriich«  Stadien.  159 

art  wie  aeftvo-Tt^ogatTtog  ^mit  ehrwürdiger  oder  feierlicher 
miene  versehen*  oder  wie  itgo-fAY^vio^g  „zu  einem  heiligen 
monate  gehörig^  oder  wie  soll-emnus  nach  Festus  p.  298 
„soUemne,  quod  omnibus  annis  praestari  debet^,  mithin 
„alljährlich'^;  gerade  so  bezeichnet  nun  sev-akni  eigent- 
lich „zum  festlichen  jähr  gehörig^  oder  auch  „zu  einer 
festlichen  zeit  im  jähr  gehörig^,  also  „jahresfestlich",  dann 
überhaupt  „festlich,  feierlich"  gerade  wie  sollemnis^  wie 
diefs  auch  Aufrecht  und  Kirchhoff  I,  154  anm.  2,  p.  401 
s«  y.  akno  und  p.  418  s.  v.  sevo  gut  errathen  haben,  ob- 
gleich darum  doch  noch  nicht  gefolgert  werden  kann,  dafs 
der  erste  theil  sevo  mit  solltts  =  omnis  gleichbedeutend 
sei,  wofür  es  gar  keinen  anhaltspunkt  gibt.  Die  Überein- 
stimmung des  Sprachgebrauchs  aber  zwischen  sevakui 
und  sollemnis  stellt  sich  deutlich  heraus.  Denn  wie  sol» 
lemnis  als  attribut  bei  dona  (Verg.  Aen.  IX  626),  iura 
(Ovid.  epp.  ex  Ponto  IV  8,  29),  epulae  (Cic.  de  or.  III  51), 
arae  (Verg.  Aen.  II  202)  die  bestimmuBg  der  gegenstände 
zum  feierlichen  opfer  ausdrückt,  so  war  sevakni  im  um- 
brischen  ein  solches  ehrendes  epitheton  für  sakre  III  22 
(hostia),  für  uvem  III  8  (ovem),  katlu  IIa  21  —  22  (ca- 
tulum),  besonders  in  der  eben  citierten  stelle  IIb  8  si 
perakne  sevakne  upetu  und  bald  darauf  ▼.  10  kapru 
perakne  sevakne  upetu  ^suem  (caprum)  annioulum 
sollemnem  impendito",  ferner  für  vinu  IIa  39  und  ves- 
kles  .  .  sevaknis  IIa  37.  ly  9.  24  —  25  (yasculis  .  .  sol- 
lemnibus),    dann  auch  in  III  25  ti^lu')   sevakni  teitu 


bedeutung  gegen  die  von  Aufrecht  und  Kirchhoff  angenommene  gleichstellung 
von  perakne  mit  \&t,  per-ennis  vollständig  zu  rechtfertigen,  bedarf  es  einer 
ausführlichem  auseinandersetzung,  welche  später  erfolgen  wird. 

1)  Ti9el  IIa  15  (acc.  ti9lu)  leite  ich  von  der  in  dem  fut.  II  dersicu' 
rent  VIb  62  (1.  dixerint)  enthaltenen,  dem  OBkischen  und  lateinischen  gemein- 
samen Wurzel  die  her,  von  welcher  das  osk.  verbum  dä-dik-atted  und  das 
lat.  dic-aref  de-dic-are  „widmen,  weihen^  herstammt,  wie  schon  Festus  s.  v. 
delicata  p.  70  erklärt:  „dedicare  autem  proprio  est  dicMdo  deferre'^  und 
p.  75  „dicassit  dixerit**»  Auch  von  ad-^e-ere  nach  der  primitiven  conjnga- 
tion   haben   sich  beispiele   der  bedeutung  „weihen,  widmen**  erhalten:    VelL 

Pat.  II  25   „gratis  Dianae solvit;   aquaa  salubritate  medendisqna 

corporibus  nobiles  agrosque  omneis  addizit  deae**,  woFrotscher  eine 
Inschrift  von  Benevent  citiert:  „Deo  aeterno  pro  restituta  valetudine  ex  voto 
aediculam  T.  Antonius  Felicianus  dat;    addicit  et   co^jnsctnm  fundura  tri- 


160  läavelsberg 

^votum  fiollemne  dicito'^  und  III  27  ti^lu  sevakni  na- 
ratu  ^ Votum  sollemne  nuncupato",  wie  bei  Vergil  Buc. 
ecl.  V  74  sollemnia  vota.  Endlieh  bezeiehnete  das  neutrum 
sovakne  für  sich  allein  substantivisch  ein  opfer,  z.  b. 
IV  16  sevakne  sukatu,  —  Vlla  1  portaia  sevacne  fra- 
trom  Atiersio  „portet  sollemne  (sacrificium)  fratrum  Atti- 
diorum",  gerade  so  wie  lat.  sollemne  z.  b.  bei  Livius  IX 
34,  18:  ^antiquissimum  sollemne  et  solum  ab  ipso,  cui  fit, 
institutum^. 

Von  der  nun  hinreichend  constatierten  wurzel  sev 
hat  das  verbum  seh-e-mu  nur  formell  den  auslaut  v  in  h 
verwandelt,  die  bedeutuug  „verehren^  aber  vollständig  be- 
wahrt, indem  diese  an  den  zwei  stellen,  wo  es  vorkommt, 
für  den  Zusammenhang  durchaus  passend  ist:  VIb  36 
Persclu  sehemu  atropusatu  „mit  gebet  verehre,  springe^, 
ebenso  VIb  16,  wo  sehemu  zu  «^mt«  contrahiert  ist:  Pesclu 
semu  eesticatu  atripursatu  „  mit  gebet  verehre,  tanze 
springe^  ^  )*  Unser^  deutung  erhält  schliefslich  eine  ge- 
wisse bestätigung  dadurch,  dafs  für  den  ausdruck  persclu 
sehemu  „mit  gebet  verehre^  in  derselben  Verbindung  eini- 
gemal einfach  persnimu  „bete'^  als  synonymer  ausdruck 
gebraucht  ist:  pesnimu  atrepuratu  IIb  18,  pers- 
nihmu  vestikatu  ahtrepuratu  IIa  31.  37  „bete,  tanze, 
springe". 

Die  contraction,  die  wir  in  s§mu  aus  sehemu  gewahren. 


nnm  et  tricennm  jngerum  cum  oleto'*.  Wahrscheinlich  ist  derselbe  gedanke 
beim  weihen  vollständiger  ausgedrückt  taf.  III  8  sakrem  uvem  ahtur 
teitu  „der  Augur  erkläre  das  schaf  für  heilig".  Demnach  war  tifel  eigent- 
lich „die  Zuweisung,  die  Widmung,  weihe".  Wie  nun  im  lateinischen  der 
gebrauch  nicht  selten  ist,  mit  dem  yerbum  ein  stammverwandtes  Substantiv 
nebst  einer  nähern  bestimmung  zu.  verbinden,  wie  vitam  jucundam  mvere, 
bofMs  preces  precari,  consimilem  ludwn  ludere,  so  stimmt  daza  die  obige 
Verbindung  tiflu  sevakni  teitu,  eig.  „dicationem  soUemnem  dicato**,  so 
wie  das  andere  verbum  in  ti9lu..naratu  an  votum  nuncupato  erinnert. 

1 )  Dafs  wir  von  der  gewöhnlichen  bedeutung  des  ablativs  in  persclu 
„mit  gebet''  abgehen  sollen,  dazu  liegt  nicht  der  geringste  anlafs  vor.  Auch 
nicht  einmal,  wenn  man  absieht  von  dem  früher  noch  nicht  gedeuteten  <e- 
hemUf  kann  persclu  etwa  „während  der  opferhandlung"  oder  „beim  gebet* 
heifsen,  wie  Aufrecht  und  Kirchhoff  11  208.  282  es  auffassen,  noch  auch 
„im  bethause,  im  teropel",  wie  Corssen  in  d.  zeitschr.  XI  366  will,  sondern 
persclu  ist  ablativus  instrumenti  wie  in  der  ähnlichen  stelle  IIa  25  vinn 
nuvis   ahtrepu|rStu   »vino  *  .  tripodato". 


umbrisciie  Studien..  16 1 

ist  Qocb  oft  nach  ausfall  des  Stammerweiterungselements  v 
oder  h  eingetreten,  so  in  habe  tu  IIb  23.  27  etc.  statt 
des  voraussetzlichen  normalen  Imperativs  *habev-etu  oder 
habeh-e-tu  ^ ),  nebst  plur.  babetutu  Ib  15,  eretu  (statt 
*beretu)  IIa  4,  tusetutu  Ib41  und  im  indicativ  habe 
Ib  18.  VIb  54;  nachher  im  neuumbrischen  gieng  das  con- 
trahierte  e  zuerst  in  den  zu  i  hinneigenden  laut  ei  über 
in  hereitu  Via  37,  dann  in  reines  i  (Corssen  ausspr.  IP 
732)  in  habitu  Via  19.  VIb  4,  habituto  VIb  51,  heritu 
Via  27,  tursituto  VII a  51  ^).  Ganz  regelmäfsig  und  früh 
schon  im  altumbrischen  wurde  in  den  fallen,  wo  das  in 
kukehes  noch  bewahrte  h  ausfiel,  aber  die  contraction 
unterblieb,  der  charaktervocal  e  vor  vocalen  in  i  verwan- 
delt, und  zwar  a)  im  futur  heri-e8(t)  Ib  10.  IIb  21, 
heri-est  VII a  52,  habi-est  VIb  50.  VII a  51,  auch  im  osk. 
ha-ßert  tab.  Baut.  v.  8  im  gegensatz  zu  here-st  das.  12. 
18.  24.  26,  b)  im  conj.  präs.,  sowohl  osk.  herij-ad  auf 
der  bleiplatte  von  Capua  v.  9,  als  auch  umbr.  habi-a 
Va  17  nebst  pre-habi-a  Va  5,  in  heri-e  VIb  19.  20 
nebst  heri-ei  Vlla  3  und  herij-ei  IIa  16,  in  welchen 
drei  conjunctivformen  das  suffix  -a  zu  -e  umgelautet  und 
dann  ferner  zu  -ei  verkürzt  ist  (s.  oben  s.  115),  endlich 
auch  im  passiv  in  der  3.  pers.  plur.  conj  tursi-andu  Yllh  2 
(lat.  torreantur). 

Zur  dritten  abgeleiteten  conjugation  (der  vierten  im 
lateinischen)  gehören  einige  imperative,  meist  von  medio- 
passiven verben:  persnih'i-mu  VIb  17  contrahiert  zu  pers- 
nih-mu  auf  taf.  IIa27— 39  (sehr  oft)   oder  persni-mu 


1)  Wie  lat.  mälo  aus  ma[gi]volo  (Corssen  ausspr.  I^  316),  «ew»o,  vemens 
aus  nehemOf  vehemens  (das.  II  ^  7 1 8). 

2)  Andere  imperative,  wie  sersiiu  VIb  41  und  teniUn  Ylb  26,  wage  ich 
nicht  mit  Corssen  ausspr.  II  ^  290  der  zweiten  abgeleiteten  conjugation  zu. 
zuschreiben,  weil  sonstige  anbaltspuncfe  fehlen  und  weil  immer  die  mög- 
lichkeit  offen  bleibt,  dafs  sie  der  primitiven  conjugation  angehören,  in  wel- 
cher die  personalendungen  mit  und  ohne  bindevocal  der  wurzel  angefügt 
werden,  dafs  also,  wie  mal-e-tu  nebst  ku-mal-tif  (s.  oben  s.  153)  von 
der  Wurzel  mal  gebildet  sind,  so  auch  ^en-i-^u  nebst  an-ten-tu  en-ten-tu 
per-ten-tu  von  der  wurzel  ten  (s.  oben  s.  102)  und  ebenso  sers-i-tu^  zu- 
mal wegen  der  ähnlichkeit  -der  bedeutung  mit  sis-tu  Via  6,  welches  dort 
„sitzen,  sich  setzen**  zu  bedeuten  scheint,  von  einer  wurzel  sid  herkomme. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  2.  ]  1 


162  dayeUberg 

Ib7.  21  etc.  und  pesni-mu  la  6.  10  etc.  (häufig),  uebst 
plur.  persnih-i-mumo  VII  a  47  und  contrahiert  persni-mumo 
VIb  57,  dann  noch  anovik-i-mu  Ylb  49  und  endlich  am- 
parih-mu  IIa  42,  neben  welchem  der  einzige  imperativ 
activ  am  pari -tu  III  14  vorkommt.  Und  was  das  oski- 
sehe  betrifft,  so  ist  hier  nur  aus  der  bleiplatte  von  Capua 
die  3.  pers.  sing,  und  plur.  vom  conjunctiv  präs.  püti-ad 
und  put i «ans  zu  erwähnen. 

Nachdem  wir  nun  eine  ansehnliche  zahl  umbrischer 
▼erba  von  den  drei  abgeleiteten  conjugationen  zugleich  mit 
den  weniger  zahlreichen  oskischen  verben  von  gleicher  flexion 
vollständig  aufgeführt  haben,  wollen  wir  diese  verba  sämmt- 
lich  in  einer  Übersicht  zusammenstellen,  müssen  aber  zwei 
weglassen:  1)  spah-atu  spah-a-muy  weil  wir  nicht  blofs 
über  dessen  bedeutung  im  ungewissen  sind,  sondern  auch 
über  die  Formation,  ob  es  ein  wurzelhaftes,  oder  aber,  wie 
stah-i'tu,  ein  abgeleitetes  verbum  sei,  und  dann  2)  seh-e-mu, 
weil  wir  es  für  ein  wurzelhaftes  verbum  halten.  Dafs  wir 
dieses  aber  dennoch  in  der  zweiten  conjugation,  welche 
sonst  nur  abgeleitete  verba  enthält,  aufgeführt  haben,  liegt 
in  der  spräche  begründet,  indem  sie  hier,  der  zufälligen 
lautähnlichkeit  folgend,  in  die  bahn  der  abgeleiteten  verba 
gerathen  ist,  wie  dieses  im  lateinischen  mit  fleo  der  fall 
ist.  Denn  nach  Corssens  treflf lieber  erklärung  (beitr.  191) 
ist  fleo  in  seiner  ursprünglichen  gestalt  ^flevo  nur  eine  aus 
Wurzel  f I  u ,  griech.  (pXv,  gesteigerte  verbalform  mit  der  be- 
deutung „ich  mache  fliefsen^,  nicht  aber  ein  eigentlich 
abgeleitetes  verbum;  doch  wurde  es  ganz  nach  der  zwei- 
ten conjugation  flectiert,  die  sonst  nur  abgeleitete  verba 
enthält. 

Wir  stellen  jetzt  das  ergebnifs  der  ganzen  bisher  ge- 
führten Untersuchung  in  folgender  übersieht  zusammen. 


ttmbrische  studieü.  163 

Stammerweiterung 

a)  mit  V.  b)  Übergang  in  h.  c)  wegfall  von  h.       d)  contraction. 

Oskische    1.  conjugation. 
tribarakav-um     sakah-i-ter       deiva-id  sakara-ter 

2.  conjugation. 

herij-ad 

hafi-ert  here-st 

3.  conjugation. 

püti-ad 

Umbrische    1.  conjugation. 
sub'OcaC'U  8tab-u 

purtuv-e-tu         stah^i-tu      porta-ia  porta-tu 

ehe-  turstah-a-mu  e-tursta-mu 

arsmah-a-mo  arma-mu^) 

caterah-a-mo  katera-mu 

2.  conjugation. 

kukeh-es     habi-est  habi-a     habe-tu 

heri-est  heri-e  (h)ere-tu 

tuse-tutu 

3.  conjugation. 

persnih-i-mu  persni-mu 

anovih'i-mu 
amparih-mu  ampari-tu. 

Vergleichen  wir  hiermit  die  lateinischen  drei  ab- 
geleiteten conjugationen  auf  -o  -as  -at;  -eo,  -to,  welche 
ganz  Obereinstimmend  a  e  i  zu  charaktervocalen  haben 
und  ihre  blutsverwandtschaft  mit  den  drei  abgeleiteten  con- 
jugationen der  beiden  dialekte  zeigen  (Corssen  ausspr.  11' 
733),  so  folgern  wir  aus  der  gemeinsamen  grundanlage  und 
insbesondere  aus  den  noch  nicht  zusammengezogenen  for- 
men moneo   consentio  und  consentiont^),    dafs  die  zusam- 


1)  So   ist   der  auf  der  tafel   Ib  19    verschriebene   imperativ   armanu 
von  A.  K.  II  261  verbessert  worden. 

^)  Corssen  ansspr.  II*  68.  176,  wo  co-senti-ont  aus  dem  tit.  Scip.  Barb. 

11 


» 


164  Savelsberg 

mengezogeneu  personen  wie  monemus  monent  und  consen- 
timus  zunächst  aus  mone-orous  mone-ont  und.  consent!- 
omus^),  desgleichen  amamu«  amant  slvls  ama-omus  ama-ont 
hervorgegangen  sind,  also  auch  amo  aus  ama-o  wie  griech. 
Ti/bia)  aus  Ti^dco^  und  in  gleicher  weise  amas  amat  amatis 
aus  ama-es  ama-et  araa-etis  *)  u.  s.  w.,  was  alles  sofort  ein- 
leuchtet. Dann  aber  wird  man  weiter  aufwärts  den  hia- 
tus  durch  einen  leicht  ausfallenden  consonanten  ehedem 
ausgefüllt  annehmen  müssen.  Nun  hat  man  bisher  den 
biatus  in  allen  drei  conjugationen  durch  Zugrundelegung 
indischer  verba  auf  -ajämi  zu  erklären  gesucht  (L.  Meyer 
vergl.  gramm.  11  3.  5.  21.  40);  aber  diese  theorie  kann  auch 
nicht  den  geringsten  anhaltspnnkt  aufweisen,  ja  auch  für 
das  griechische  ist  eine  nothwendigkeit,  dafs  die  verba  auf 
-dui  vor  dem  w  ein  j  eingebüfst  haben  sollen,  durchaus 
nicht  vorhanden,  wie  Corssen  ausspr.  11^  736  mit  recht 
bemerkt.  Dagegen  wenn  wir  die  dialekte  zu  rathe  ziehen, 
so  bietet  die  obige  Übersicht  uns  jetzt  spuren  genug  dar, 
welche  auf  Stammerweiterungen  mit  v,  wie  stav  portav 
sub'Ocav  zurückführen^).  Auch  im  lateinischen,  wo  Über- 
reste von  stammen  auf  -av  -ev  -iv  in  keinem  präsens  sich 
vorfinden'^),  leiten  doch  einige  spuren  in  den  alten  futurcn 
auf  -asso  und  in  den  conjunctiven  auf  -assit  -essit  zu  sol- 
chen stammen  zurück.  Ueber  die  formation  und  die  be- 
deutung  dieser  future  und  conjunctive  gibt  es  noch  immer 
zwei  entgegenstehende  ansichten:  die  eine  behauptet  in 
der  form  z.  b.  in  peccasso  —  legassit  habessit  eine  synco- 
pierung  aus  -aveso  -avesit  -evesit  und  will  in  betreff  der 

fil.  (C.  32)   und  mehre   andere   inschriftlicbe  beispiele   mit  der  endnng  -ont 
aus  dem  8.  und  2.  jahrh.  vor  Chr.  geb.  aufgeführt  sind. 

1)  Corssen  ausspr.  II  ^  51.  128.  Die  ehemalige  endung  -omus,  welche 
ihr  normales  o  früh  zu  u  verdunkelte  in  vol-u-mus  qtuies-ii-mua  S'-u-fous^ 
kehrt  im  spätlateinischen  wieder  zurück  in  vol-o-mus  quaes-o-imu  t'O-mus, 
S.  Schuchardt,  vocalismus  des  Vulgärlateins  II  166. 

^)  Vergleiche,  was  oben  s.  153  über  die  bindevocale  gesagt  ist 

3)  Sieh   oben  s.  148 — 151.      Das  Stammerweiterungselement  v    ist  das 
selbe   wie   in  volv-o  und  cdlv-or  (Q.  Curtius  grundz.^  514),   auch  in  argu^ 
(vgl.  d^yö-q,  Curtius  das.   163). 

^ )  Schuchardt  voc.  d.  vulgärlat.  II  524  citiert  ans  dem  codex  Fnldensis 
des  n.  test.  Tim.  I  14,  16  audiutmt  a  prima  manu,  jedoch  ist  das  erste  der 
beiden  u  in  der  letzten  silbe  vom  corrector,  bischof  Victor  von  Capua,  im 
jähre  546  durchgestrichen. 


umbriscbe  Studien.  165 

bedeutung  neben  der  zukunft  auch  die  Vergangenheit  aus- 
gedrückt finden  oder  legt  letztere  gar  zu  gründe;  die  an« 
dere  leugnet  alle  syncopierung  und  vermag  in  jenen  for- 
men nur  ausschliefslicb  futurbedeutung  zu  erkennen.  Es 
verlobnt  sich  aber  der  mühe,  die  Untersuchung  von  neuem 
aufzunehmen  und  die  wichtigsten  momente  gegen  einander 
abzuwägen,  besonders  für  den  fall,  dafs  neue  und  durch- 
schlagende gründe  in  der  Streitfrage  eine  entscheidung 
herbeizuführen  vermochten. 

Madvig,  der  koryphäe  in  der  ganzen  schaar  der  be- 
deutenden forscher,  welche  sich  an  der  frage  betheiligt 
haben,  erklärt  in  seinen  Opuseula  acad.  altera  Hauniae 
1842  p.  64.  65  die  alten  futurformen  auf  -so  für  einfache 
von  der  wurzel  gebildete  futura  prima  (eodem  modo  de- 
rivata  a  verbi  radice,  quo  apud  Graecos  futurum  primum; 
itaque  .  .  .  apud  Latinos  quoque  futuri  simplicis,  non  ex- 
acti,  haec  forma  fuit),  so  dafs  axo  dem  griech.  a|a),  2e- 
vasso  dem  griech.  ysldcfco  entspreche  und  doppeltes  s  mit 
einfachem  s  abwechsele  wie  wiederum  im  griechischen  das 
epische  iy^Xaaacc,  Dann  schreibt  er  sowohl  die  conjunctive 
auf  'Sim  wie  faxim  levassim  p.  97,  als  auch  die  Infinitive 
impeirassere  reconciliassere  u.  a.  p.  71  dem  futurum  zu 
und  erwähnt  kurz  die  zwei  passiven  futura  jussitur  und 
turbassitury  leugnet  aber  p.  67  alle  syncopierung  in  irgend 
welchen  dieser  futurformen  und  ist  der  erste  und  entschie- 
denste vertheidiger  der  ausschliefslichen  futurbedeutung. 
Weniger  bestimmt  äufsert  sich  Haase  in  „Reisigs  Vorle- 
sungen über  lat.  Sprachwissenschaft*  s.  231  anm.  274:  er 
nimmt  mit  Reisig  bildungeo  vom  stamm  des  perfects  an 
wie  incepso]  jedoch  unterscheidet  er  davon  „eine  wesent- 
lich verschiedene  bildung*  vom  stamme  des  präsens  z.  b. 
adstassint  (conjectur  Scaliger's  zu  Paulus  Diac.  exe.  ex 
Festo  p.  26),  adaxint,  capso^  rapsit^  habessit  u.  a.  Theil- 
weise,  nämlich  in  betreff  der  futurbedeutung  der  conjunc- 
tive auf  -sim,  sind  mit  Madvig  mehrere  forscher  einver- 
standen, von  denen  wir  zuvörderst  zwei  nennen.  Zumpt 
entscheidet  sich  dafür,  wiewohl  er  die  futura  auf  -so  und 
-asso  von  perfecten  herleitet,  in  den  letzten  noch  von  ihm 


166  Savelsberg 

selbst  besorgten  ausgaben  (wie  der  9ten  und  lOten)  seiner 
lat.  grammatik  §.  161,  ^jdafs  dieser  conjunctiv  auf  -sim 
niemals  die  bedeutung  eines  perfects  im  conjunctiv  bat, 
sondern  seiner  ableitung  gemäfs ' )  in  der  bedeutung  eines 
conjunctivs  futuri  verbleibt**.  Ebenso  urtheiltNeue  in  der 
lat.  formenlehre  11  428,  dafs  die  form  auf  'Sim  „wobl  in  ge- 
beten, wünschen,  aufforderungeo  und  abmahnungen,  in  der 
angäbe  eines  Zweckes  und  einer  besorgnifs,  und  mit  po- 
tentialer bedeutung,  nicht  aber  in  dem  reinen  ausdruck  des 
geschehenen  gebraucht  wird^. 

Ganz  und  gar  entgegengesetzter  ansieht  sind  G.  Cur- 
tius  und  Corssen:  sie  halten  die  futura  auf -«o  und  'Osso^ 
besonders  nach  dem  vorgange  von  G.  Hermann,  für  ur- 
sprüngliche futura  exacta  und  die  conjunctive  auf -«im  fQr 
perfectconjunctive  (Curtius,  tempora  und  modi  s.  343/354. 
Corssen,  ausspr.  11^  554 ff.),  müssen  aber,  um  beiderlei  be- 
dungen aus  perfectformen  zu  erklären,  mehrere  verschie- 
dene hypothesen  ausersinnen,  so  Curtius  (a.  o.  340 — 342), 
dafs  die  formen  auf  -essitj  wie  habessit  licessit^  aus  ehe- 
maligen perfecta  auf  -evi  ^habevi  ^licevi  herstammen  sol- 
len, dafs  faxit  aus  ^fefaxit  (aus  osk.  fefacust  gefolgert) 
durch  abfall  der  reduplication  entstanden  sei,  dafs  rapsit 
noxit  sigmatische  perfecta  seien,  die  vor  oder  neben  rapui 
nocui  bestanden  hätten,  —  wovon  Corssen  nur  darin  ab- 
weicht, dafs  er  fa>xit  wie  auch  faxo  nicht  aus  ^fefaxit, 
sondern  aus  *facsi-sit  ^facsi-so  durch  ausstossung  des  mitt- 
lem vocals  (ausspr.  II  34  —  36)  und  ähnlich  empsim  aus 
*emi-8im  (ausspr.  II*  561)  erklärt. 

Jedwede  ansieht  gieng  von  einer  festen  Überzeugung 
aus :  die  erstere  von  der  futurbedeutung  der  formen  auf  -«o 
-assii  -essit^  die  andere  von  der  syncopierung  der  formen 
auf  -asso  und  -assit  -essit.  Der  gegensatz  der  beiden  par- 
teiansichten,  welcher  hauptsächlich  in  der  frage  gipfelte,  ob 
die  synkopierten  formen  nur  die  zukunft  oder  aber  neb^n 
der  Zukunft  auch    die  Vergangenheit  bezeichnen  könnten, 


1)  Mit   diesem  aasdruck  „seiner  ableitung  gemäfs*'  scheint  Zumpt  wie- 
der zu  Madyig's  ansieht  herüberzuneigen. 


umbrische  Studien.  167 

kam  nicht  zum  austrag  und  blieb  unvermittelt,  bis  jüngst- 
hin  Lübbert  zuerst  über  den  „conjunetiv  perfecti  und  das 
futurum  exactum  im  altern  latein"  (Breslau  1867)  eine 
gründliche  und  auf  fast  alle  vorkommenden  beispiele^)  ein- 
gehende Untersuchung  vorgenommen  hat.  Das  wichtigste 
ergebnifs  derselben  ist  s.  54,  dafs  nach  der  prüfung  des 
überlieferten  thatbestandes  in  den  formen  auf  -assit  -essit 
die  bedeutung  der  Vergangenheit  nirgends  si- 
cher nachweisbar  ist,  also  die  bestimmt  ausgespro- 
chene Versicherung  Madvig's,  welche  auch  Hermann  im 
Programm  von  1843  nicht  leugnen  konnte,  vollkommen 
bestätigt  ist.  Dieses  ergebnifs  ist  um  so  wichtiger  und 
zeugt  von  der  Unbefangenheit  der  von  Lübbert  geführ- 
ten Untersuchung,  weil  er  in  der  formellen  erklärung  ganz 
wie  Corssen  die  conjunctive  auf  'Sit  -assit  -essit  aus  per- 
fecten  herleitet,  dieselben  denn  auch  bei  jeder  gelegenheit, 
in  Überschriften  und  sonst  stets  syncopierte  formen  des 
conjunctiv  perfecti  nennt  und  in  folge  dessen  der  schwe- 
ren aufgäbe  sich  unterzieht,  sie  als  aoriste,  als  historische 
präterita  im  eigentlichen  sinne,  zu  erklären  und  speciell 
dem  conjunctiv  dieses  historischen  Präteritums  die  fähig- 
keit  der  bezeichnung  der  zukunft  zuzusprechen,  was  im- 
mer ein  gewagtes  beginnen  ist,  da  man  doch  nicht  präte- 
rita auf  -m,  wie  s.  72  behauptet  wird,  gleich  denen  auf 
'Si  kurzweg  für  aoriste  ausgeben  kann.  Lübbert's  Unter- 
suchung aber  ist  von  einer  wichtigen  entdeckung  ausge- 
gangen, deren  consequenzen  er  nur  im  anschlufs  an  Cors- 
sen durchführen  zu  können  glaubte:  er  hat  eine  unver- 
kürzte futurform  auf  -aviso,  wie  sie  mehrere  forscher  ge- 
ahnt, Corssen  sogar  mit  aller  bestimmtheit  in  peccaviso 
ausspr.  II  37  aufgestellt  hatte,  in  der  that  nachgewiesen 
und  darauf  seine  ansieht  von  syncopierten  formen  des 
conjunctiv  perfecti  basiert.  Zuerst  vermuthet  er  bei  Plau- 
tus  Mil.  328  (ed.  Ritschi)  zu  observasso  aus  einer  Variante 
obserui  des  Cod.  Bc   mit  übergeschriebenem  ua,  d.  i.  ob- 


1)  Diese   gibt  am  voUständigsten   mit  den  citaten  Corssen  ausspr.  II' 
654—669. 


168  Savelsberg 

servavi^   volleres   obsert>aviso   mit  irrationaler  geltung  der 
Silbe  vi^),  also: 

set  fores  concrepuerunt  nostrae:  at  ^go  illi  observaeisö 
fores. 
Doch  scheint  uns  aus  jener  Variante  zu  viel  durch  combi- 
nation  gefolgert;  weit  sicherer  dagegen  ist  Lübberts  zweite 
emendation  eeallaviso  fQr  evallavito,  was  die  Codices  ha- 
ben, in  einer  stelle  des  Titinius,  eines  Zeitgenossen  des 
Terenz'),  bei  Nonius  102  (v.  76  ed.  Ribbeck): 

quam  ego  hödie  extorrem 

häc  domo  faciam  pilatricem  palli  jam  evalldviso  pulcre. 
wo  die  irrationale  ausspräche  der  silbe  vi  mit  voller  Sicher- 
heit anzunehmen  ist.  Hier  erscheint  Lübberts  entdeckung 
ganz  zuverlässig;  denn  die  erklärung  des  Nonius:  ,,Evai- 
lare  (evallavero  em.  Lübbert)  dictum  excludam  et  quasi 
extra  vallum  mittam^  zeugt  fQr  eine  futurform,  die  man 
aus  dem  überlieferten  evallavito  gewinnt,  indem  dieses  füg- 
lich nicht  anders  als  durch  die  emendation  Lübberts  eval-^ 
laviso  mit  jener  erklärung  in  Übereinstimmung  gebracht 
werden  kann,  eine  futurform,  die  dieser  hinwiederum  dem 
Scharfsinn  eines  Sprachforschers,  wie  Corssen,  verdankt, 
welcher  (ausspr.  II  37)  peccasso  aus  peccaviso  erklärt  hat. 

Diese  emendatio  palmaris  bringt  uns  zuerst  der  ent- 
scheidung  näher,  nur  nicht  auf  der  bisher  betretenen  bahn 
vermittelst  der  ableitung  solcher  futura  auf  -asso,  -esse 
von  perfecten  auf  -avi  -evi.  Denn  eine  erklärung  des  conj, 
prohibessit  aus  einem  erdichteten  perfect  *prohibevi  steht 
immer  im  Widerspruch  mit  dem  conj.  perf.  oder  futur.  II 
prohibuerit^  welches  aus  dem  wirklichen  perfect  prohibui 
abgeleitet  ist,  und  der  einwurf,  den  Madvig  p.  67  gegen 
jede  erklärung  jener  futura  von  einem  perfect  erhebt: 
„Deinde  amav-eso  sive  amav-esso  prorsus  erit  idem  atque 
amavero,  ut  nulla  dijunctionis  ortae  causa  reddi 
possit^,  dieser  einwurf  kehrt  mit  noch  schreienderem  miüi- 


*)  Wie  80  oft  bei  Plautus  in  ovis  brevi  oblivisci  cavillatiOj  ^in  quibus, 
sagt  Kitschi  Plaut,  proll.  CLII,  vivam  sonum  pronuntiantium  non  est  secuta 
scriptio  ut  in  dites  nauta  aetas*^. 

2)  Ritschi  Parerga  p.  194.   196. 


umbriscbe  Stadien.  169 

klang  in  dem  offenen  geständnifs  Lübberts  s.  60  wieder, 
welches  den  bisherigen  stand  der  sacbe  bezeichnet:  „Wäh- 
rend die  volleren  formen  des  conjunctiv  perfecti,  welche  r 
statt  s  haben,  dixerim,  amaverimy  die  gebiete  von  Vergan- 
genheit und  Zukunft  umfassen,  während  in  ihnen  in  der 
grundbedeutung  die  fähigkeit  der  bezeichnung  beider  zeit- 
sphären  liegt,  so  sträubt  sich  die  synkopierte  form  [z.  b. 
curassis  Plaut.  Most.  526]  gegen  die  vergangenheitsbedeu- 
tung^.  Ist  es  wohl  möglich  oder  denkbar,  dafs  curaS' 
sw,  wenn  es  wirklich  von  einem  perfect  abgeleitet  wäre, 
die  Vergangenheitsbedeutung  ganz  und  gar  verleugnen 
würde?  Aus  diesem  noch  immer  bestehenden,  von  den  for- 
schem nicht  aufgehobenen  dilemma  mfissen  wir  doch  hof- 
fen herauszukommen.  Und  es  ist  aussieht  dazu  da.  Ob- 
gleich in  den  altlateinischen  futuren  bei  ihrer  unbestritte- 
nen Zusammensetzung  mit  dem  hülfsverb  esse  noch  die 
einsieht  in  die  art  seiner  anfügung  an  den  verbalstamm 
fehlt,  ja  sogar  über  die  vor  der  synkopierung  vorauszu- 
setzenden normalen  formen  zweifei  bestehen,  so  geben  doch 
•glücklicherweise  die  mit  demselben  hülfsverb  gebildeten 
futura  der  italischen  dialekte  den  gewünschten  auf* 
schlufs.  Wir  werden  also  in  die  stockende  Untersuchung 
jetzt  den  vergleich  der  futurbildung  der  italischen  dialekte 
mit  der  altlateinischen  futurbildung  als  einen  ganz  neuen 
factor  einführen. 

Im  OS ki sehen  heifsen  die  futura  prima  a)  von  pri- 
mitiver conjugation:  pert-em-esi  tab.  Baut.  7  (=  lat.  peri- 
met),  did-est  t.  B.  16  (dabit),  fwst  t.  B.  19.  22.  23.  28.  29 
(erit);  b)  von  abgeleiteten  conjugationen,  und  zwar  von 
der  ersten:  deiva-st  t.  B.  3  (jurabit),  censa-zet  t.  B.  19 
(censebunt),  von  der  zweiten:  hafi-ert  t.  B.  8  für  hafi-est') 
(habebit),  herS-st  t.  B.  12.  18.  24.  26  (volet). 

Im    umbrischen    finden   wir    folgende  futura  prima 


^)  Wahrscheinlich  ist  ein  bindevocal  ansgefallen,  welchen  die  tat,  II 
tr{barakattn8-e-t  angetuz-e-t  haben»  so  dafs  arspr.  "'hafies-e-t  erst  in 
*hafier-e-t  übergegangen  (wie  neben  Ninmsie^s  auch  Ninmeriis  bestand) 
und  dieses  synkopfert  zu  hofiert  geworden  zu  sein  scheint.  Vgl.  Huschke, 
die  osk.  und  sabell.  sprachdenkm.  s.  375. 


170  Savelsberg 

a)  von  primitiver  conjugation:  an-pen-es  IIb  27  (impen- 
det),  men-es  Ib  15  ü\r  ben-e8t(veniet),  8e-8t-e[8t]  IIb  22 
(eistet,  A.  K.  I  144),  fer-est  IIa  26  (feret),  i.er[t] 
VIb  54  für  i-est  (ibit)^),  e-est  Via  2  för  i-est  (ibit),  i-se 
Ib  8  ftlr  i-si  (iturus  sit)  *),  fu-st  Ib  7.  39.  III  6  etc.,  wo- 
für einmal  fu-i-e8t  Va  9  steht,  pl.  fu-renr  Va  22  ver- 
schrieben St.  fu-rent  für  fu-sent  (erunt),  —  pass.  os-ten- 
•sendi  Via  20  für  os-ten-sent-i-r  (ostendentur,  Bugge  in 
d.  zeitschr.  11138)^);  b)  von  abgeleiteten  conjugationen, 
von  der  ersten:  purtuv-i-es  IIb  28  (portabit),  pru- 
peha-st  IV  32  (propiabit),  stah-e-ren  Ib  19  für  stah- 
e-sent  (stabunt),  von  der  zweiten:  kukeh-es  III  21  (in- 
cendet),  heri-es  Ib  10.  IIb  21  (volet,  A.  K.  I  §.  19,  4a 
p.  82),  heri-est  VII  a  52  (volet),  habi-est  VIb  50.  53.  VII a 
46.  51  (habebit). 

Betrachten  wir  nun  die  Übereinstimmung  der  italischen 
futurbildung  mit  der  altlateinischen  im  einzelnen,  so  bietet 
das  oskische  nnr  die  dritte  pers.  sing,  und  plur.  indic.  im 
activ  und  zwar  für  jene  -e«^,  für  diese  -sef  (ans  sei,  z.  b. 
prüft u  set  „probata  sunt"  cipp.  Ab.  16)  an  den  verbal-« 
stamm  angehängt  dar.  Weit  wichtiger  ist  das  umbrische. 
Hier  haben  wir  vorzugsweise  zu  beachten  die  3.  pers.  plur. 
des  indicativs  fut.  I  im  activ  fu-rent  für  fu-sent  und 
im  passiv  os-ten-sendi  für  os-ten-sentir ;  dann  ist  sehr 
beachtenswerth  der  conjunctiv  fut.  I  i-se,  welcher  das 
hülfsverb  si  d.  h.  die  3.  pers.  sing.  conj.  präs.  von  wz.  es 
ziemlich  deutlich  (=  lat.  sit)^  nur  zu  se   verwandelt,    mit 


^)  Ylb  54:   Nosve  ier  ehe  esu  popluj   sopir  habe  i.  e.  nisi   ibit  ex  hoo 

populo,  81  quis  habet  (habitat),  wo  ier  statt  iert  aus  "'lest  (vgl.  eest  Yla  2) 

verwandelt  ist,    wie  osk.  hafiert  tab.  Baut.  8   aas  *hafiest.  Vergl.  Bugge  in 
d.  zeitschr.  VIH  86. 

3)  Ib  8:  svepu  esum-e-k  esunu  anter  vaka^e  ya9etum  ise, 
avif  azeriatu  i.  e.  »si  qui  hoc  sacrum  inter  — m  omissum  iverit  (s=s 
omiserit),  aves  observato*'.  Wie  efusf^Wi  47  in  vasetom  efust  futur  II  ist, 
so  ise  hier  in  va^etum  ise  futur  I,  nur  aber  conjunctiv,  wie  sonst  noch 
ein  conjunctiv  in  der  bedingung  gebraucht  ist  ya24  sve  rehte  kuratn 
si  »si  recte  curatum  sit**. 

*)  Die  volle  endung  -tir  erscheint  nur  im  oskischen  lamor-Ur  t  B.  21, 
im  umbrischen  einmal  -ter  in  her-ter  III,  1,  sonst  her-te  her-H  ker'4*i 
(A.  K.  n  300),  dann  noch  -tur  -tu  -du  im  conj.  plur.  em-antar  Y*  8, 
em-antu  Va  10,  tttrs-iandu  Vllb  2. 


umbrische  Studien.  171 

der  einfachen  wurzel  i  verbunden  zeigt.  Auf  dieselbe  weise 
gebildet  sind  die  lateinischen  conjunctive  fut.  I 
faxim  capsit^  welche  nicht  von  sogenannten,  blofs  erdich- 
teten perfecten  *faxi  *capsi  abgeleitet,  also  auch  nicht  aus 
*fac-8i-8im  *cap-si-sit  synkopiert  sind^),  sondern  ihre  Zu- 
sammensetzung aus  dem  reinen  verbalstamm  fac  cap  und 
dem  hülfsverb  sim  sit  deutlich  bekunden,  denen  wir  jetzt 
auch  oc-cep'Sit  mit  der  Schwächung  e  aus  a  von  cap^) 
und  em-p'Sit  vom  verbalstamm  em  beigesellen  dürfen ;  denn 
die  unmittelbare  anfQgung  von  s  an  m  hat  hier  ebenso  statt 
gehabt  wie  die  von  s  an  n  im  umbr.  indicativ  os-ten-sendi^ 
nur  ist  zur  leichtern  ausspräche  von  em-sim  noch  p  als 
hülfslaut  eingeschoben  worden.  Auch  im  indicativ  der 
alten  lateinischen  futura  seh^  wir  den  verbalstamm  mit 
dem  hülfsverb  zusammengesetzt,  z.  b.  faxo  vom  st.  faCy 
juS'SO  vom  st.  jus  ^)^  und  zwar  ist  hier  das  von  wz.  es  in 
älterer  gestalt  vorauszusetzende  futur  *eso  ^esis  *esit^  aus 
welchem  später  das  gewöhnliche  ero  eris  erit  verwandelt 
ist,  jedoch  mit  verlust  des  anlautes  e,  also  -so  -$%$  -sit 
simus  'Sitis  -sint^)^  an  den  verbalstamm  angehängt,  z.  b. 
sing.  1.  faC'SOy  2.  fac-sis^),   3.  fac-sit  oc-ci(dysit  kga-ssit 

1)  Wie  Corssen  noch  immer  ausspr.  IP  561.  562  behauptet.  Auf  die 
beiden  einwürfe  Madvigs  p.  66  und  69,  dafs  es  weder  perfecta  axi  faxi  iaxi 
occepsij  noch  auch  infinitive  davon  wie  etwa  capse  fctxe  axe  faxe  objexe  je 
gegeben  habe,  ist  unseres  Wissens  nie  eine  entgegnung  erfolgt. 

^)  Was  Corssen  jetzt  ausspr.  IP  561.  412  anerkennt. 

8)  So  nach  Corssen,  welcher  beitr.  421  ju-be-re  von  *jus-hibe-re  durch 
die  mittelstufe  *ju8.be-re  herleitet  und  als  ursprflngliche  bedeutnng  „fllr  recht 
halten **  erklärt,  fUr  jus-si  aber  ein  altes  denominatives  verbum  *jou8-ere  mit 
der  bedeutung  „i'^^^btsverbindlich  machen**  annimmt,  was  noch  immer  die 
wahrscheinlichste  von  allen  erklärungen  (s.  ausspr.  II  ^  1027)  sein  dürfte. 

^)  Der  anlaut  gieng  oft  verloren,  z.  b.  „sum  quod  nunc  dicitur,  olim 
dicebatur  esum^  (Varro  de  ling.  Lat.  IX  100),  und  sumus  =  ia-fxiv^  conj. 
siem  =  i{a)lfiv.  Die  8.  pers.  plur.  endigt  in  den  alten  futuren  nicht  anders 
als  auf  'Sint  und  nicht  blofs  im  conjunctiv,  sondern  auch  im  indicativ,  wie 
auch  die  aus  -sint  hervorgegangene  endung  -rint  des  futurum  exactum  ja 
indicativ  ist.  Diese  nur  in  der  Zusammensetzung  vorkommende  endung 
scheint  uns  nun  entweder  aus  älterem  sunt  wie  Unter  aus  Iwnter  (Bücheier  im 
rhein.  mus.  XI  297)  geschwächt,  etwa  dadurch,  dafs  im  synkopierten  fütnr 
rogdssint  die  letzte  silbe,  in  amdverint  die  zwei  letzten  tieftonig  sind,  oder  sie 
hiefs  urspr.  -sent  wie  im  futur  ad-es-sent  0.  I.  L.  n.  198,  68  nach  ürsinus 
(v.  1.  ad€S8int)j  wet)(Qhes  sich  dann  zu  erunt  verhält  wie  das  lat.  perf.  dede-re 
zu  dede-runt  und  das  umbr.  tat,  II  ben-tt-rent  zu  ben-u-so, 

^)  Plaut.  Capt.  120  Si  faxiSf  te  in  caveam  dabo. 


172  ,  Savelsberg 

juS'Sit^)^  pl.  1.  cap-sitnus^)  2.  fac-sitis  ^),  3.  prohibe-ssint 
roga-ssint  *).  Wie  hier  eine  erklärung  aus  perfectstämmen 
bei  fao-so  fac-sity  cap-simus^  pro-hibe-ssint  u.  s.  w.  anwen- 
dung  finden  könne,  ist  nicht  abzusehen.  Corssen  kann  für 
seine  annähme  einer  synkope,  wie  dafs  f(Zxo  aus  ^fac-sl-so 
(ausspr.  II'  562)  entstanden  sei,  nicht  die  mindeste  leitende 
spur  zur  begründung  anführen  und  sieht  sich  genöthigt, 
für  seine  hypothese  die  auffallendsten  perfectformen ,  von 
denen  oben  die  rede  war,  zu  ersinnen,  die  nie  existiert 
haben.  Man  betrachte  dagegen  die  Übereinstimmung  der 
altlateinischen  futura  im  indicativ  und  conjunctiv  mit  der 
griechischen  futurbildung,  wie  überall  thatsächlich  nur  der 
reine  verbalstamm  (kein  perfectstamm )  mit  dem  hülfsvcrb 
zusammengesetzt  ist  und  wi^  auf  beiden  Seiten  das  futu- 
rum sich  auf  gleiche  weise  zum  präsens  verhält:  faoso  zu 
facto  wie  (fvlccx-öco  zu  (fvkccaao)  (f.  *(fvXdxj(a)^  axit  axim 
zu  ago  wie  ä^u)  ä^ei  ä^oiui  zu  äyco^  spon^sis  zu  spondeo 
wie  cjcfto  ciaBig  zu  (hd'iui^  in-cen-sit  zu  in-cendo  wie  (fnsitfw 
(f.  *aniv(ra))  andau  zu  anivScuy  noxit  (conj.)  zu  noceo  wie 
dd^u)  86^01  zu  doxeo)^  ta>xis  zu  tango  wie  x^i^ofxm  zu  d'ty- 
ydvui.  Diese  ganz  übereinstimmende  Zusammensetzung  ge- 
winnt nun  im  verein  mit  der  entsprechenden  formation  der 
futura  im  umbrischen  vollends  die  rechte  beweiskraft,  dafs 
die  altlateinischen  futura  auf  -so  und  -sim  gleichfalls  vom 
einfachen  verbalstamm  gebildete  futura  prima  sind. 

Dasselbe  gilt  von  den  passiven  formen  der  altlateini- 
schen futura  faxitur  jussitur  turbassitur  mercassitur,  welche 
Corssen  ausspr.  11^  565  für  futura  exacta  erklärt  und  von 


^  )  Macrob.  Sat.  I,  4,  19 :  Si  nox  furtum  faxsitf  si  im  ocdsitj  jure  ca«- 
sus  esto  (Schoell,  leg.  XII  tabb.  p.  144).     Cic.  de  inv.  II,  50,  148:  Uti  le- 

gassit ita  jus   esto,    wo   einige    codd.  legaverit   haben   (SchoeU  a.  o. 

p.  127).     Festus  p.  246:    Si  quis  magistratus  .  .  .  pondera  ....  minora  m&- 
jora^e  faxit  jussitve  fieri,  dolumve  adduit.  Vgl.  Corssen  ausspr.  11^  401.402. 

3 )  Plaut.  Rud.  II  1 ,  15  Nisi  quid  concharum  capsimus ,  incenati  snmns 
profecto. 

3  )  Liv.  XXV  12,  10:  Hoc  si  recte  faxitis,  gaudebitis  semper,  wofEür  Ma- 
crob. Sat.  I  17,  28:  Hoc  si  recte  facietiSf  cet.  gibt. 

^ )  Cic.  de  legg.  III  §.  9 :  plebes  quos  pro  se  conüia  vim  anxilii  ergo 
decem  creassit,  ei  tribuni  ejus  sunto,  quodque  ii  prohibessint,  quodqae  pl«- 
bem  rogassintj  ratum  esto. 


ümbrische  ttudien.  173 

perfecteD  herleitet,  aber  mit  unrecht.  Denn  dafs  sie  ein- 
fache futura  sind,  ist  schon  von  vornherein  deshalb  wahr- 
scheinlich, weil  ein  passives  futurum  exactum  auf  -tur  als 
selbständiges  tempus  im  lateinischen  sonst  gar  nicht  exi- 
stiert, sondern  nur  analog  dem  perfect  und  plusquamper- 
fect  des  passivs  durch  die  Umschreibung  [actus  erit  gebil- 
det ist;  dann  ist  die  schon  Qber  faxit  erfolgte  entschei- 
dung  zugleich  mafsgebend  für  das  passiv  faxitur^),  so 
dafs  dieses  nur  das  einfache  futur  des  passivs  sein  kann, 
um  so  mehr,  als  die  ümbrische  passivform  os-ten-sendi 
(f.  ""os-ten-sentir)  als  einfaches  futur  zu  gunsten  derselben 
geltung  der  formell  ihr  so  genau  entsprechenden  lateini- 
schen tempusbildung  faxitur  jus-situr  spricht^).  Solche 
bedeutung  haben  nun  auch  wirklich  die  genannten  passiv- 
formen, z.  b.  jussitur  bei  Cato  de  re  rust.  c.  14:  „Villam 
aedificandam  si  locabis  novam  ab  solo,  faber  haec  faciat 
oportet:  parietes  omnes,  uti  jussitur^  calce  et  caementis^, 
wo  „uti  jussitur"  bedeutet:  ut  jubebitur.  Auch  in  dem  ge- 
lübde  bei  Livius  XXII  10,  6:  „si  antidea  senatus  popu- 
lusque  jusserit  fieri  ac  faxitur^  eo  populus  solutus  über 
esto"  ist  faxitur  einfaches  futurum:  „dafs  man  früher 
opfere,  als  geopfert  werden  wird".  Uebrigens  ist  aber  schon 
von  JMadvig  (a.  o.  p.  80  note)  auf  den  in  alten  Urkunden 
oft  vorkommenden  beliebigen  Wechsel  von  futur  I  und  fu- 
tur II  aufmerksam  gemacht  worden,  welchen  wir  auch  in 
jenem  gelübde  bei  Livius  XXII  10  finden:  attulerit,  jus- 
serit, faciet,  volet,  faxit^),  oportebit,   rumpet,  occidet,  fa- 


'  )  Wie  griech.  a^a,  für  a^^Tai. 

')  Das  oskische  verb  com-parasc-uster  tab.  Bant.  4  ist  noch  nicht  bis 
zur  vollen  evidenz  erklärt;  aber  wenn  wir  auch  Corssens  deutung  vermittelst 
der  vergleichung  von  umbr.  pers-ni-inu  persk-lum  und  l&t, posc-o  prec-or^ 
sowie  die  erklärung  der  form  als  futur  II  passiv  (in  d.  zeitschr.  XI  364f.) 
gelten  lassen,  so  kann  es  doch  bei  obigen  futuren  nicht  zur  spräche  kom- 
men, weil  es  mit  -"Mt^  einem  rest  von  futt  zusammengesetzt  ist,  wovon  we- 
der in  fac'situr  jw-siturf  noch  im  umbr.  os-ten-tendi  irgend  eine  spur  zu 
finden  ist. 

8  )  Von  alten  futuren  sind  faxit  clepsit  nebst  faxitur  die  einzigen  in  die 
sem   aotenstück   vom  jähre  217   v.Chr.,    während   zugleich /ocie^  und  auch 
occidet  (nicht  occiait  (fut.),  wie   in  den  XII  tafeln)  erscheint.     Vielleicht  ist 
der  sonst  verderbte  text  an  der  stelle  auch  in  den  verben  nicht  genau  Über- 
liefert. 


174  SaveUberg 

xitur.  Ja  auch  ein  präeens  in  einer  bedingung  findet  sich 
hier  ^si  id  moritur'^  und  sonst  häufig  fQr  das  futurum 
(Fabri  zu  Livius  XXI  41,  15),  besonders  in  den  zwölf  ta- 
feln (Mommsen  im  rhein.  mus.  XV  464),  wo  dieselbe  ge- 
setzesurkunde  sonst  wieder  gleichwie  die  spätere  ausgebil- 
dete lateinische  syntax  den  indicativ  fut.  I  oder  ind.  fut.  11 
braucht  (Corssen  ausspr.  11^  400),  so  bei  Schoell  Leg.  XII 
tabb.  rell.  I,  1:  Si  in  jus  vocat^  ito;  16:  Rem  ubi  pacunt^ 

orato;  I  7:  Ni  judicatum  facit secum  ducito  u.s. w. 

Ferner  hat  Festus  p.  166  nancitor  in  XII  „nactus  erit, 
praenderit^.  Item  in  foedere  Latino:  „pecuniam  quis  nan- 
citor, habeto"  und  p.  277  y^renancitur  reprehenderit**  prae- 
sentia  durch  das  futur.  II  erklärt,  indem  bei  solchen  Ur- 
kunden die  spätem  grammatiker,  an  das  futur.  II  gewöhnt, 
nur  eine  Übersetzung  in  der  ausdrucksweise  ihrer  zeit  ga- 
ben. Um  so  weniger  kann  es  uns  befremden,  wenn  das 
futur.  I  öfter  ein  futur.  II  vertritt.  Solchen  Vorgang  kann 
man  am  deutlichsten  im  umbrischen  ersehen.  'Das  umbr 
fu-st  (oder  fui-est)  ist  futur.  I  (Corssen  ausspr.  I^  143) 
und  hat  diese  geltung  oft  bewahrt  taf.  Va  4.  11.  VII  b  1, 
wie  es  hiervon  und  auch  vom  oskischen  fut.  I  fu$t  Cors- 
sen ausspr.  II ^  572  hinreichend  gezeigt  hat;  aber  es  ward 
auch  im  sinne  der  abgeschlossenheit  gebraucht,  besonders 
mit  dem  part.  perf.  pass.  oder  in  einem  zweiten  futur,  wel- 
ches es  durch  Zusammensetzung  bilden  half  in  a-tera- 
-fust  (circumdederit),  sonst  abgestumpft  in  port^ust  (por- 
taverit).  Jedoch  auch  als  solches  wechselt  es  mit  dem 
1.  futur  oft  ohne  wesentlichen  unterschied  ab,  z.  b.  IIb  16 
Pune  fesnaf-e  benus,  kabru  purtuvetu  „quom  in 
templa  venerit,  caprum  portato"  im  gleichen  sinne  wie  Ib  15 
Pune  menes  (statt  menes)  Akeruniam-em,  enumek 
eturstamu  tuta  Tarinate  „quom  Aquiloniam  veniet, 
deinde  exterminato  civitatem  Tadinatem^,  wof&r  die  jün- 
gere fassung  das  fut.  II  hat  Vlb  52.  53:  Ape  Acesonianih 

e  • .  benust,  enom eturstahmu  pis  est  totar  Tarsi- 

nater  „ubi  Aquiloniam  venerit,  deinde exterodinato 

(cum)  qui  est  civitatis  Tadinatis^,  wie  überhaupt  später 
das  fut.  II  immer  geläufiger  wurde,  z.  b.  in  der  weise,  dAA 


ümbrische  Stadien.  175 

eine  bevorstehende  handlang  schon  im  voraus  vollendet 
vorgestellt  wurde,  wie  z.  b.  Vlla  52  pafe  trif  promom 
haburent  „quas  tres  (juvenoas)  primum  habuerint  (für  ha» 
bebunt)^,  und  im  lateinischen  so  oft,  besonders  si  eoluero, 
si  potuero  statt  eolam  und  potero  (F.  Schultz,  lat.  sprachl. 
§.  325  anm.  3).  Wir  sehen  also,  dafs  der  geschichtliche 
hergang  in  den  italischen  sprachen  nicht  sowohl  die  an- 
sieht Corssens  (ausspr.  IP  572.  574),  dafs  das  fut.  II  in 
dem  sinne  des  fut.  I  verwandt  würde,  indem  der  begriff 
der  abgeschlossenheit  verloren  gieng,  bestätigt,  als  er  viel- 
mehr zeigt,  dafs  ein  vorrücken  der  tempora  von  dem  er- 
sten Stadium  des  futurs  in  ein  zweites,  von  einer  blofs 
bevorstehenden  zu  einer  in  der  zukunft  vollen- 
deten handlung  und  sogar  von  einer  gegenwärti- 
gen zu  einer  bevorstehenden  stattgefunden  hat,  so 
dafs  die  öftere  Verwendung  der  einfachen  futura  auf  -so 
-asso  -esso  im  sinne  einer  in  der  zukunft  vollendeten  hand- 
lung darin  ihre  völlig  ausreichende  erklärung  findet. 

Von  abgeleiteten  conjugationen  sind  wichtig  die  fu- 
turformen purtuv-i-es  (portabit),  pru-peha-st  (propia- 
bit),  stah-e-ren  (stabunt),  kukeh-es  (coquet,  incendet), 
heri-es  (volet):  diese  sind  deutlich  aus  verbal-  oder  präsens- 
stämmcn,  nicht  aus  perfectstämmen  gebildet,  da  zu  purtuv- 
i-es  der  imperativ  purtuv-etu  den  stamm  purtuv, 
zu  stah-e-ren  gleichfalls  der  imperativ  stah-i-tu  den 
stamm  st  ah  ergibt,  und  wir  demnach  aus  kukeh-es  al- 
lein dessen  stamm  kukeh  folgern  dürfen.  Mithin  haben 
wir  hier  dasselbe  ergebnifs,  wie  eben  bei  der  primitiven 
conjugation,  zu  constatieren,  so  dafs  die  futura  in  den  ita- 
lischen dialekten  ausschliefslich  nur  von  verbal-  oder  prä- 
sensstämmen  gebildet  erscheinen.  Für  das  lateinische  glau- 
ben wir  nicht  minder,  nachdem  wir  bei  verben  primitiver 
conjugation  die  futura  auf  -so  immer  von  präsensstämmen 
gebildet  gesehen  haben,  auf  eine  gleiche  futurbildung  auch 
in  der  andern  kategorie,  den  verben  von  abgeleiteten  con- 
jugationen, schliefsen  zu  dürfen.  Folgen  wir  einer  solchen 
vermuthung,  so  eröffnet  sich  uns  namentlich  für  die  latei- 
nischen futura  habessit  licessit  die  möglichkeit  einer  b^« 


176  SavelBberg 

friedigeudeD  erklärung,  wie  eine  solche  vom  zusammenge^ 
setzten  perfectstamm  hab-ui  lic-ui  gar  nicht  erwartet  wer- 
den konnte.  So  leiten  wir  denn  die  synkopierten  futura 
habessit  licessit  analog  den  umbrischen  futuren  kukeh-es 
purtuv-i-es  von  präsensstämmen  habev  licet)  her  und 
stimmen  in  der  annähme  der  grundformen  habev-esit 
licev-e-sit  mit  andern  Sprachforschern,  freilich  bei  ganz 
verschiedener  begründung,  überein.  Sogar  den  bisher  mir 
vorausgesetzten  w-laut,  den  wir  im  umbrischen  fut.  pur- 
tuv-i-es  und  imper.  purtuv-e-tu  vom  stamm  purtuv 
(urspr.  portav  s.  oben  s.  156)  vorfanden,  hat  das  von 
Lübbert  entdeckte  futur  evallav-i-so  als  auslaut  des  stam-^ 
mes  aufzuweisen,  und  dais  auch  dieses  futur  der  ersten 
abgeleiteten  conjugation  von  einem  präsensstamm,  für  wel* 
chen  wir  evallae  halten,  gebildet  ist,  ergibt  sich  beson* 
ders  daraus,  dafs  es  deutlich  als  futurum  primum  bei  No- 
nius  erklärt  ist  „excludam  et  quasi  extra  vallum  mittam^. 

Die  abgeleiteten  verba  unterscheiden  sich  von  den 
verben  primitiver  conjugation  in  der  alten  futurbildung 
nur  durch  eiufügung  eines  bildungsvocales : 

evallav-i'SO  im  gegensatz  zu  facso  cap-sOy 
worin  sie  wiederum  mit  dem  umbrischen  sich  im  einklang 
befinden  '): 
stah-e-ren  im  gegensatz  zu  fu-rent  und  os-ten-sendi^); 

' )  Im  oskischen  und  umbrischen  ist  diefs  ein  charakteristisjches  merk- 
mal  der  abgeleiteten  verba  auch  im  präsens,  wo  der  stammaaslaut  v  oder  h 
einen  solchen  bildungsvocal  durchaus  erfordert:  im  oskischen  sakah-{-tar 
und  noch  sta-i-t  mit  hiatus  (s.  oben  s.  152}  gegen  vinc-ter  ac-tud  fac-tudt 
im  umbrischen  purtuv-e-tu  stah-i-iu  gegen  ah-tu  fer-tu  an-ten-tu  u.  a. 
beispiele  in  grofser  zahl  (A.  K.  I  142),  während  von  primitiver  conjugation 
nur  noch  ein  paar  beispiele  den  bildungsvocal  haben,  mal-e-tu  neben  ka- 
mal-tu,  kan-e-tu  =  lat.  can-i-to  und  vielleicht  ten-i-tu  neben  an-ten-tn. 

3)  Aufrecht  und  Kirchhoff  nehmen  an,  im  futur  ferest  sei  e  bindevocal 
und  st  aus  sit  versttlmmelt,  jedoch  ohne  diefs  irgend  wie  im  umbrischen  stt 
begründen.  Dagegen  hat  Bugge  in  d.  zeitschr.  II  884  sämmtliehe  oskische 
und  umbrische  futurformen  mit  recht  aus  dem  wirklich  vorhandenen  indic. 
sing,  est  und  plur.  osk.  -zet  (set),  umbr.  -reut  (aus  sent)  erklftrt.  Wir 
wagen  hier  Über  das  lateinische,  von  den  meisten  forschem  mit  dem  conj. 
präsens  identificierte,  futurum  der  primitiven  conjugation  auf  -am  -es  -et  S-mna 
-etis  -ent  eine  vermutbung  zu  äufsem,  dafs  es  vielmehr,  dem  futur  der  ita- 
lischen dialekte  entsprechend,  eine  Zusammensetzung  mit  dem  hlüfisverb  e$M€ 
enthalte,  so  dafs  z.  b.  in  fer-et  fer-etis  ausfall  des  s  vor  t  in  -et  und  -^tia 
(aus   -est  und  -estis)  wie  in  tre-dectmy  vor  m  in    Smus  (aus  -Ssmus)  wie  in 


umbriBcbe  stildieü.  1?7 

aber  beide  classen  stimmen  in  der  bauptsache,  im  entschie- 
denen festhalten  des  sibilanten,  überein,  und  dieses  hatte 
zur  folge,  dafs  als  bildungsvocal  gerade  i  wegen  seiner 
Wahlverwandtschaft  mit  s  (Corssen  ausspr.  11^  278 — 282) 
gewählt  ward,  woran  wir  die  von  Lübbert  entdeckte  fu- 
turform evallaV'i'So  als  durchaus  normal  und  acht  erken- 
nen. Wenn  nun  schon  bisher  die  alte  futurbildung  bei 
abgeleiteten  verben  für  dieselbe  wie  die  bei  verben  von 
primitiver  conjugation  vorkommende  gehalten  wurde,  sowol 
von  Madvig,  der  sie  in  beiden  fällen  vom  präsens,  als 
von  Curtius  und  Corssen,  welche  beide  vom  perfect  her- 
leiteten, so  dürfen  wir  jetzt  diesen  satz  um  so  mehr  auf- 
recht halten,  als  wir  mit  hülfe  der  italischen  dialekte  ihre 
bildung  von  präsensstämmen  fest  begründet  haben,  und 
dabei  doch  auch  die  unzweifelhafte  synkopierung  der  fu- 
tura  auf  -asso  und  der  conjunctive  auf  -assit  -essit  von 
präsensstämmen  auf  -av  und  -ev  ihre  volle  erklärung  er- 
hält, dafs  z.  b.  ob'Serva-sso  aus  ^ob-servav-i-so,  pecca-itsit 
aus  *peccav-i-sit,  Aa6e-.s«t^  aus  *habev-i-sit  synkopiert  ist  ^). 

re-mua  (urspr.  res^mus)  und  vor  nt  in  -ent  (aus  -es(u)nt)  wie  in  aheneus  ge- 
genüber umbr.  ahesnes,  und  zum  ersatz  dafUr  die  vocalverlängening/er-effi«« 
fer-ent  anzunehmen  sein  würde.  Die  ehemals  auf  -em  endigende  1.  person 
in  dicem  faciem  ( Quintil.  17,  28),  welche  oft  das  m  verlor  in  attinge  dice 
ostende  recipie  bei  Festus  p.  26.  72.  201.  286  (Corssen  ausspr.  I^  267), 
verwandelte  sich  später  in  -anif  was  zwar  schwer  zu  erklären,  aber  der  er- 
sten person  inquam  (gegenilber  8.  pl.  inqui-imt)  ähnlich  ist. 

' )  Indem  wir  präsensstämme  observav  peccav  habev  aufstellen,  mttfsten 
wir  (so  konnte  man  berichtigen  wollen)  ihnen  die  benennung  verbalstamm 
geben,  da  die  Stammerweiterung  mit  v  ursprünglich  wohl  das  ganze  verb 
durchzog,  wie  im  lateinischen  volv-o  volv-i  volu-tum  (wz.  vol  „wäl-ze" ), 
acu-o  acu-i  acit-turrij  desgleichen  im  griechischen  XQ^"^  XQ^^'''^P  (Hom.), 
xoXoif-ta  (von  *xoXq^6~q  =  xoXoßo-q  neben  xoAo-?)  i-xoXoV'(fO^  x<-xoXoi/- 
^(jiivoq^  naiSev-ut  ne-nuldsv-xa  naidtit-roq ,  wahrscheinlich  auch  im  oski- 
schen  aamanaf-fed  (i,  e.  perfecit,  s.  Enderis  osk.  formenl.  p.  10,  inschr. 
n.  XII.  XIII,  p.  11  n.  XVII,  p.  19  n.  LII)  aus  ♦aamanav-fed  (vgl.  trf - 
barakav-um).  Jedoch  ist  gewöhnlich  im  perfectum,  besonders  wenn  es 
redupliciert  oder  mit  -ui  zusammengesetzt  ist,  ein  kürzerer  stamm  oder  die 
Wurzel  der  grundbestandtheil  geworden,  so  im  alten  perfect  tci-sci-di  von 
scind-Of  in  tu-tud-i  von  tund-o,  in  ste-t-i  mit  verstümmelter  wnrzel  von  tto 
urspr.  *8tav'0j  in  sec-ui  von  seco  urspr.  ""secav-o,  in  spo-pond-i  von  sponde-o 
urspr.  ""spondev-o,  in  hab-u-i  von  habe-o  urspr.  '*'habev-o,  auch  im  umbri- 
schen  in  dem  vom  perfect  abgeleiteten  fut.  II  port-iut  vom  normalen  prä- 
sens *portav-Of  imper.  pnrtuv-e-tu.  Deswegen  erscheint  es  nothwendlg, 
im  gegensatz  zu  dem  vielfach  veränderten  perfectstamm  ganz  besonders  den 
präsensstamm  aufzustellen,  welcher  (mit  ausnähme  des  tat,  I  taxo  von  tango) 
in  der  regel  dem  einfachen  futur  zu  gründe  liegt. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  2.  ]  2 


178  Sftvelsberg 

Im  hinblick  auf  die  obige  übersiebt  der  dialektformen  kön- 
nen wir  nunmehr  zugleich  die  Stufenfolge  der  abstumpfung 
und  zusammenziehung  der  alten  futurformen  bestimmen, 
z.  b.  von  obsercasso  und  habesso.  Der  labiale  Spirant  im 
umbr.  purtuv-i-es  und  lat.  *o6*crt?ai?-t-«o  *Äa6c©-f-«o 
ward  zuerst  zum  blofsen  hauch  geschwächt  in  umbr.  stab- 
-e-ren  kukeh-es  und  lat.  ""observah-i-so  *habeh'U$o; 
darauf  schwand  der  hauch  zwischen  den  zwei  vocalen  in 
umbr.  habi-est  st.  *habe-est,  heri-est  st.  *here-est  und  lat. 
^observa-i-so  *habe-uso,  daun  wurden  die  beiden  vocale 
contrahiert,  ae  ai  zu  ä,  ee  ei  zu  e,  in  umbr.  pru*pehä-st, 
o^\i,  deitä-st  herS-st,  lat.  observäso  hab^so,  und  endlich 
trat  durchgehends  eine  verschärfte  ausspräche  des  s  ein, 
die  durch  doppeltes  s  bezeichnet  wurde:  obserca^ifso  ha- 
be-sso"^)  u.  s.w.,  wiewohl  die  3.  pers.  conj.  pl.  in  manchen 
handschriften  sich  noch  oft  mit  einfachem  s  geschrieben 
findet,  wie  servasint  Plaut.  Trin.  384.  Stich.  505,  curasint 
Poen.  prol.  26,  locasint  Cic.  de  leg.  III  4  §.  1 1  u.  a. 

Nachdem  wir  den  präsensstamm  der  alten  futurbildung 
aus  den  italischen  sprachen  constatiert  haben,  wollen  wir 
noch  weitere  andeutungen  davon  im  lateinischen,  als  die, 
welche  in  habessit  licessit  wohl  nachträglich  zugestanden 
werden  mögen,  nachweisen.  Die  bei  Paulus  exe.  ex  Festo 
p.  26,  3  verzeichnete  glosse  astasent  statuerunt  wird  seit 
O.  Moller  allgemein  mit  recht  fQr  einen  conjunctiv  gehal- 
ten, wobei  denn  die  beigesetzte  erklärung  in  statuerint 
geändert  werden  mufs,  die  glosse  selbst  aber,  auch  in  ih- 
rem ausgang  -sent  statt  -sint  gegen  jegliche  änderung  zu 
schützen  sein  wird,  was  uns  zuerst  obliegt.  Denn  die 
häufige  Schwächung  des  i  zu  e  in  auslautender  silbe  ^)  ist 
auch  in  personalendungen  der  verba  gut  bezeugt:  so  ist 
die  3.  pers.  pl.  conj.  präs.  duent  statt  duint  aus  glossarien 

^)  Gleicher  art  ist  die  verschärfte  ausspräche  des  s  im  infinitiv  per- 
fecti,  indem  auch  hier  wie  oben  in  evallav-i-so  der  bildungsvocal  i  und  der 
Sibilant  sich  wegen  ihrer  Wahlverwandtschaft  wechselseitig  vor  umwandelung 
schützten  und  somit  das  infinitivsuffix  -se  sich  fest  erhielt  z.  b.  in  feo-i-Me, 
auch  in  der  synkope  coniourase  S.  0.  de  Bacch.  18  —  coitsuease  —  notte,  "wVhr 
rend  es  sonst  nach  e  in  r  übergieng  im  praes.  ag^e-re  und  fut.  impetrass-e-re. 

')  Saliern  aus  taltim,  torques  feles  canes  aus  torquis  felis  canis  n.  8.W. 
Corssen  ausspr.  II  ^  224—281. 


umbrisobe  Stadien.  179 

durch  Scholl  leg.  XII  tabb.  rell.  p.  87  constatiert,  fuet  und 
dedet    statt   fuit   und    dedit   aus    inscbriften    von   Corssen 
ausspr.  I^  725  naehge wiesen,  welcher  auch  im  ei  des  con- 
junctivs  (fut.)  faxseis   C.  I.  L.  n.  542  (146  v.  Chr.)   eine 
vorübergehende  hioneigung  des  I  nach  e  sieht.    Zu  diesen 
analogien  kommt  denn  nun  die  Übereinstimmung  der  hand- 
Schriften:  so  bei  Plautus  Pseud.  I  5,  84  faxem  (i.  q.  fcuHm^ 
ohne  dafs  aber  so  mit  Madvig  a.  o.  p.  69  zu  ändern  nöthig 
wäre),  Menaechm.  617  tu  ne  clam  me  comesses  prandium 
{comessis  bei  Brix  als  conjunctiv  fut.^),  vgl.  Lübbert  a.  o. 
43.  47),  Amphitr.  69  ambissent^  71  ambisset  {ambissint  und 
ambissit  als  conj.  fut.  vermuthete  schon  Lambrinus,  M.Acc. 
Plautus  1095  p.  7.8),    und   bei   Livius  III  64,  10  in  der 
lex  sacrata  v.  j.  306  a.  u.  „uti  quos  sibi  collegas  cooptas- 
sent^  ut  illi  legitimi  eadem  lege  tribuni  plebei  sint^).  Wir 
können  also  die  schon  von  andern,  besonders  von  Weifsen- 
born  zu  dieser  stelle  und  von  Lübbert  a.  o.  p.  76  verthei- 
digte  endung  -sent  als  gleichgeltend  mit  -sint  durch  obige 
analogien   und   vielfache  handschriftliche  Übereinstimmung 
fQr  ganz   gesichert  halten.     Im  übrigen  enthält  astasent 
vorn  die  präposition  ad  bei  folgendem  s  zu  as  assimiliert, 
aber   doch   nur  einfache   Schreibung  des  s,   wie  astiii  von 
assisto,   und  a-sta  in  einer  sehr  alten  inschrift  bei  Orelli 
n.  48  '.8:   hospes  .  quod  .  deico  .  pauUum  .  est  .  asta  .  ac .  pel- 
lige,   und    was    die    transitive     bedeutung    statuerint    in 
astassent  betrifft,  so  ist  diese  nicht  eben  befremdend,   da 
Status   „festgestellt^,    Stator  (Jupiter)   „ feststeiler ^    und 
praestare  „hinstellen,  leisten^   bedeutet.     Endlich  ist  das 
tempus  kein  anderes,   als  das  bisher  vielbesprochene  ein- 
fache futurum  im  conjunctiv:   „sie  mögen  aufstellen^,  als 
bevorstehend   gedacht  =  statuturi  sint,    nicht  etwa  futu- 


^}  Von  einer  geltung  als  conjunctiv  perfecti  kann  bei  comeates  nicbt 
die  rede  sein;  da  das  perfect  ja  comSdi  beifst;  ebensowenig  h&t  fcueem  mit 
dem  perfect  f6ci  etwas  gemein. 

^)  Ancb  ein  indicativ  des  futurs  auf  -set  findet  sich  in  den  12  tafeln 
(Scholl  a.  0.  p.  188):  Cum  nexum  faciet  mancipinmque ,  nti  lingua  nuncu- 
passety  ita  jus  esto",  wo  sowol  die  Codices  von  Cic.  de  orat.  I  57,  246  mm- 
cupasset  haben,  als  auch  Festus  p.  178  mit  der  erklärung:  „id  est,  uti  no- 
minarit  locutusve  erif*. 

12' 


180  Sayelsberg 

rum  II  oder  conjuootiv  perfecti  (was  CorsseD  ausspr.  II* 
564  unentschieden  läfst),  so  dafs  es  in  jedem  dieser  zwei 
fälle  von  einem  perfect  *stayi  abgeleitet  wäre;  denn  aufser 
steti  auch  ein  perfect  *stam  vorauszusetzen,  scheint  uns 
ein  mehr  als  gewagtes  spiel.  Wohl  aber  halten  wir  asta- 
sent  für  synkopiert  gleichwie  das  futur  habessit  und  die 
futura  auf  ^asso  -^assim,  und  indem  wir  es  mit  obigem 
umbr.  fut.  stah-e-ren  vergleichen,  tragen  wir  kein  be- 
denken es  von  einem  präsensstamm  stav  abzuleiten  und 
erklären  es  als  aus  der  grundform  ^stav-i-sint  oder  *stav- 
-i-sent  synkopiert. 

Dafs  aber  die  glosse  in  folge  der  emendation  statue- 
rint  nun  als  futurum  exactum  erklärt  wird,  wie  noch  man- 
che ähnliche  glossen  bei  Festus,  z.  b.  p.  229,  6  propriassit 
proprium  fecerit,  Paul.  exe.  ex  Festo  p.  28,  11  ad(aeint 
adegerint,  28,  13  amasso  amavero  u.  a.  (gesammelt  bei 
Lübbert  p.  41  )^  das  kann  uns  nicht  irre  machen.  So  er- 
klärt Festus  auch  duis  und  dessen  composita,  welche  meist 
conjunctive  präs.  sind,  durch  das  fut.  II,  wie  p.  66  duis 
.  .  .  .  dederis,  p.  27  addues  addideris  (vgl.  s.  178  anm,2). 
Darum  sind  aber  solche  glossen  noch  keine  futura  exacta. 
Duis  und  duint  wechseln  mit  futuren  ab,  duis  mit  servas^ 
m^),  duint  mit  ambissent^)^  und  sind  dann  zwar  im  sinne 
des  futurs  gebraucht,  aber  nicht  des  fut.  II,  sondern  sie 
dienen  nur  zur  Vertretung  des  fut.  I  im  conjunctiv.  Von 
ihrer  zweifachen  geltung  als  präsens  und  als  futur  haben 
auch  alte  glossarien  bestimmte  erklärungen  gegeben,  welche 
Scholl  a.  o.  p.  87  gesammelt  hat:  y^duint  Soiev  Soitfaxfiv^ 
(conj.  aor.),  y^duit  dohj^  Gloss.  Philox. ,  yyduint  dent,  tri- 
buant"  Gl.  Amplon.,  y^duent  et  duint  dent,  tribuant**  Gl. 
Mai  VII 559,  ,,duent  dent(t)ribuant"  Gl.  Paris,  ed.  Hildebr. 


')  Cato  de  r.  r.  141:   Pastores  pecuaque  salva  servassis  duisque  bonam 
salatem. 

2)  Plaut.  Amph.  69: 

Nam  si  qui  palmam  ambissent  histrionibus 
seu  qui  ipse  ambisset  seu  per  intemuntium 
slve  adeo  aediles  perfidiose  quo!  duint 
sirempse  legem  jussit  esse  Juppiter 
quasi  magistratum  sibi  alterive  ambiverit. 


umbriscbe  Studien.  181 

p.  118  und  y^duent  dabunt^  61os8.  Papiae,  wo  wir  den  sinn 
durch  den  indicativ  fut.  I  wiedergegeben  finden.  Wenn 
aber  praesentia,  zu  denen  wir  hier  auch  das  oben  bespro- 
chene nancitor  hinzufügen,  von  den  grammatikern  öfter 
durch  futura  exacta  erklärt  werden,  so  wundert  es  uns 
weit  weniger,  futura  so  erklärt  zu  sehen,  und  so  darf  uns 
dieses  nicht  abhalten,  astasent  als  das  zu  bezeichnen,  was 
es  den  Sprachgesetzen  gemäfs  allein  sein  kann,  als  das 
einfache  futurum  im  conjuuctiv. 

Nachdem  wir  astasent  nach  jeder  seite  hin  sicher  ge- 
stellt und  durch  vergleichung  mit  dem  umbr.  futur  stah- 
-e-ren  zu  einer  grundform  des  conj.  fut.  I  *a'Sta'C-i  sint 
zurückgeführt  haben,  bietet  sich  eine  zweite  dazu  gehö- 
rige lat.  futurform  vom  compositum  re-stare  dar  bei  Pro- 
perz  II  (b.  Lachm.  III),  el.  34  v.  53: 

Hamm  nuUa  solet  rationem  quaerere  mundi. 

Nee  cur  fraternis  Luna  laboret  equis, 
53  Nee  si  post  Stygias  aliquid  restaverit  undas. 

Nee  si  consulto  fulmina  missa  tonent. 
Den  53sten  vers  gibt  somit  restaverit  der  beste  codex, 
der  Groninganus  ^ ),  wie  auch  die  ältesten  ausgaben,  die  Re- 
giensis  von  1481  und  die  Aldina  von  1515.  Lachmann 
schrieb  in  seiner  ersten  ausgäbe  1816  p.  226  restabit  (nach 
cod.  Neap.)  ad  undas^  weil  er  von  der  Schreibung  des  cod. 
Gron.  restaverit  urtheilte  „bene,  sed  forma  nimis  dubia^^ 
aber  1829  fand  er  kein  bedenken  mehr,  restaverit  undas 
nach  cod.  Groning.  zu  schreiben.  In  der  folge  wird  aller 
anlafs  fehlen,  restaverit  als  forma  barbara  (Madvig  op. 
acad.  altera  p.  110)  oder  als  einen  ganz  absonderlichen 
conjuuctiv  perfecti  zu  bezeichnen,    wenn  man  die  rechte 


')  Hertzberg,  S.  Aul.  Propertii  elegiae.  T.  I  (Qaaestiones)  p.  238.  In- 
dem Hertzberg  dort  p.  235  die  abweichungen  des  codex  Dresdensis  vom 
verwandten  Neapolitanus  erwähnt  und  beispiels  halber  von  den  Varianten 
unserer  stelle  11  34,  53  eine  sehr  wahrscheinliche  erklärung  gibt,  wie  aus 
frtlhester  abschrift  reataberit  wfidas  eine  verschreibung  restabitenmdas  und 
daraus  die  sinnlose  änderung  restabit  aerumnas  des  cod.  Dresd.  habe  ent- 
stehen können ,  nimmt  er  doch  später  tom.  II  (im  text)  p.  83  Jakobs  con- 
jectur  auf:  Nee  si  post  Stygias  aliquis  sedet  arbiter  undas,  —  die  doch 
wahrlich  nicht  palmaris,  wie  im  commentar  t.  III  p.  235,  genannt  werden 
kann. 


182  SftveUberg 

bilduogsweise  erkannt  bat.  Restaverit  ist  sowol  der 
form  nach,  als  dem  sinne  gemäfs  das  einfache  futur  und 
zwar  dessen  conjunctiv,  gefordert  von  der  abhängigen  frage 
(▼.  51  quaerere):  „ob  hinter  den  wellen  des  Styx  (d.  h. 
nach  dem  tode)  noch  irgend  etwas  Qbrig  bleiben  werde^. 
Die  verbalform  ist  nicht  vom  perfect  abgeleitet,  welches 
ja  ganz  verschieden  resHH  lautet,  sondern  ist  ein  von 
einem  präsensstamm  auf  -av,  restav,  gebildetes  unverkürz- 
tes futur  und  stimmt  genau  zu  obiger  grundform  ^stavi- 
-sint,  nur  dafs  bei  verwandelung  des  s  in  r  auch  der 
bildungsvocal  i  in  e  übergehen  mufste  (Corssen  ausspr. 
n»  202). 

und  sie  steht  nicht  vereinzelt  da.  Von  gleicher  art 
ist  ein  conjunctiv  fut.  I,  der  ebenfalls  unsynkopiert  geblie- 
ben ist,  bei  Livius  XXXX  46,  6,  nämlich  implicave- 
rint.  Die  stelle  wird  zwar  allgemein  ftir  verderbt  und 
lückenhaft  gehalten,  ist  aber  nicht  unheilbar.  Geben  wir 
zuerst  den  Zusammenhang  an,  so  bittet  Metellus  im  j.  575 
der  Stadt  die  zwei  eben  gewählten  censoren,  ihrer  feind- 
schaft  ein  ende  zu  machen.  Da  lautet  nun  c.  46,  5  —  7 
der  überlieferte  text  so:  inimicitias  per  annos  multos  vo- 
bis  ipsis  graves  et  atroces  geritis,  quac  periculum  est  ne 
ex  hac  die  nobis  et  rei  publicae  quam  vobis  graviores  fiant. 
De  quibus  causis  hoc  timeamus,  multa  subcurrunt,  quae 
*dicerentur,  *nisi  forte  implacabiles  fueritis,  *impHc ave- 
rint animos  vcstros.  Jüngst  hat  Kühnast  „die  haupt- 
punkte  der  livian.  syntax^  s.  244  über  die  eine  Unebenheit, 
causae  implicant  animos  ohne  ablativ;  durch  die  parallel- 
stellen Liv.  II  21,  4.  Sali.  Jug.  59,  3  hinweggeholfen  und 
hauptsächlich  die  discrepanz  von  quae  dicereniur  und  nisi 
forte  implica'cerint  mit  recht  als  eine  durch  nichts  zu 
deckende  Schwierigkeit  bezeichnet,  aber  implacabiles  fue- 
ritis als  glossem  gestrichen  und  auch  sonst  zu  gewaltsam 
geändert  quae  dicereniur^  nisi  forent  implicaturae.  Besser 
erkannte  den  sitz  der  schaden  ein  gleichfalls  durch  sorg- 
fältige arbeiten  über  Livius  bewährter  kenner  desselben, 
mein  freund  Freudenberg  in  den  mit  asterisken  bezeich- 
neten stellen,  jedoch  nicht  sowohl  in  implicaverint,   als  in 


umbriBche  stndien.  188 

dicerentur  und  nisi  und  brachte  folgenden  heilungsver- 
such:  multa  subcurrunt,  qnae  reticentur,  ne,  si  forte 
itnplaoabiles  fueritis,  [magis]  implicaverint  animos  vestros. 
Die  conjectur  reticentur  für  dicerentur^    welches   vielleicht 

aus  einer  versohreibung  mit  nachbesserung  TIC6NTVR  ent- 
standen ist,  stützt  sich  auf  vielfache  erfahrung  ähnlicher  falle  ^) 
und  ist  wegen  des  tre£Plich  passenden  sinnes  sehr  wahrschein- 
lich ;  die  andere^  ne  si  statt  nisi^  dürfen  wir  vielleicht  noch 
höher  anschlagen  und  für  ganz  unzweifelhaft  halten;  durch 
beide  zusammen  aber  tritt  der  lichtvollste  Zusammenhang 
wieder  ein:  „Sollen  wir  unsere  befürcbtung  begründen,  so 
könnten  wir  viele  erinnerungen  anführen;  wir  verschweigen 
sie  aber,  auf  dais  sie,  wenn  ihr  einer  Versöhnung  etwa  un- 
zugänglich sein  werdet,  eure  gemüther  nicht  noch  mehr  ver- 
wirren mögen^.  Demnach  ist  implicaverint  ein  zu  ne 
gehörender  conjunctiv  und  zwar  eines  mit  dem  fut.  II  fue- 
ritis  in  Verbindung  stehenden  futurs,  aber  nicht  eines 
fut.  II,  welches  weder  dem  sinne  angemessen  wäre,  noch 
der  form  nach  vom  perfect  herstammen  würde,  da  dieses 
regelmäfsig  implicui  heifst^),   das  fut.  II  also  implicuero 

lauten  müfste;  sondern  implicaverint  ist  conjunctiv 
fut.  I^),  wie  snpplicassis  (wo  eine  silbe  durch  synkope 


')  Sehr  ähnlich  ist  die  Umstellung  der  silben,  welche  Hertzberg  bei 
Properz  II  84,  68  vermuthet,  von  restaberit  undeu  zu  restabiterundas,  indem 
er  die  vielleicht  aus  verschreibung  entstandene  Variante  restabit  aerumnas 
durch  jene  Zwischenstufen  von  dem  prototyp  restaverit  undcu  herzuleiten 
sucht  (s.  oben  s.  181  anm.)*  Femer  bei  Cicero  de  orat.  II  1  §.2:  —  „etiam 
iUud  saepe  intelleximus,  cum  essemus  "'ejusmodi,  quod  vel  pueri  sentire  po- 
teramus^  emendiert  Gulielmius  durch  Umstellung  ejus  domi. 

2)  Implicui  bei  Vergil  Aen.  H  662.  724.  XI  109.  682.  762.  Ovid. 
Met  I  762.  III  848.  Am.  II  18,  9.  Seneca  Hipp.  1086.  Seneca  epist. 
22,  2.  76,  9.  benef.  6,  12,  2.  Martial.  VI  16.  Fronto  ad  M.  Caes.  114,  20. 
implicuisse  Tibull.  HI  6,  64.  Propert.  III  6,  20.  implicuisses  Cicero  pro 
domo  40.  Wir  finden  freilich  auch  implicasti  bei  Appulejus  (unter  Marc 
Aurel)  Met.  III  19  (p.  208  ed.  Oudend.);  aber  jener  schriftsteUer  der  africa- 
nischen  latinität  erlaubte  sich  viele  willktliliche  neubildungen  (Bernhardy, 
grundrifs  der  rom.  litt.  s.  182),  und  dafs  diese  perfectbildung  auch  nachher 
selten  war,  bezeugt  noch  im  6.  jahrh.  Priscian  IX  7,  87:  implicw  vel  tf»- 
plicavif  quod  in  raro  usu  est. 

a)  Vgl.  Plaut.   Capt.  128: 

Visäm,  ne  nocte  hac  qufdpiam  tvrbdverintf 

Inde  me'  continuo  r^cipiam  rursüs  domum.    Dazu  vergleiche  noch 


184  Savelsberg 

wegfiel)  bei  Plautus  Asin.  II  4,  61  Yerbo  cave  supplicassis 
und  so  viele  andere  synkopierte  conjunctive  fut.  I  auf 
-assim  -assis.  Die  beiden  verglichenen  formen  dienen  ein- 
ander zu  gegenseitiger  aufklärung:  tm-p/tcar-e-r«n(  enthält 
den  präsensstamm  plicav  unversehrt,  hat  aber  die  endung 
'Sint  in  -rint  verwandelt;  dagegen  haben  die  futura  conj. 
auf  -Chssim  -a-ssit  zwar  das  s  der  endung  verschärft, 
aber  den  präsensstamm  nicht  unverkürzt  gelassen,  sondern 
es  ist  hier  nrspr.  *sup-plicav-i-si8  zu  sup-plica-ssis  syn- 
kopiert. 

Auch  von  der  zweiten  abgeleiteten  conjugation  ist 
noch  ein  solches  synkopiertes  futur  mit  r  (aus  s)  unter 
den  fragmenten  des  Pacuvius  in   zwei  formen  erhalten: 

a)  die  2.  pers.  sg.  ind.  fut.  I  moneris  (aus  ^monev-e-ris ) 
in  der  tragödie  Armorum  Judicium  (fragm.  VII  bei  Rib- 
beck, Tragg.  latt.  rell.  p.  66)  bei  Nonius  p.  507,  25 : 

..die  quid  faciäm:  quod  me  moneris  effectüm  dabo. 

Dieser  indicativ  futiiri  ist  auf  gleiche  weise  gebildet  wie 

licessit  bei  Plautus  Asin.  III  3,  13: 
Nae  iste  h^rcle  ab  ista  non  pedem  disc6dat,  si  licessit^ 
Qui  nunc  festinat  ätque  ab  hac  minätur  sese  abfre. 

b)  die  3.  ps.  pl.  conj,  fut.  I  monerint  (aus  *monev-e-rint) 
in  der  tragödie  Chryses  (fragm.  XXI  b.  Ribbeck  1.  c.  p.  74), 
citiert  von.  Nonius  p.  507,  26  und  74,  22,  von  Varro  de 
L.  L.  VII  §.  102  und  Paulus  exe.  e  Festo  p.  373: 

Di  monerint  meliora  ätque  amentiam  äverruncassint 
tuam! 
Dieser  conjunctiv  fut.  I  monerint,  welcher  zu  den  obi- 
gen beispielen  reslav-e-rit  und  implicav-e-rint  gehört,  inso- 
fern sie  alle  drei  die  Verwandlung  des  urspr.  s  in  r  mit- 
einander gemein  haben,  ist  wegen  der  synkope,  welche  er, 
wie  der  mit  ihm  verbundene  conj.  averrunca'Ssint  aus 
*averruncaV'i'Sint^  so  aus  *monev-e-rint  erfahren  hat,  na- 


Lucret.  II  981 : 

Ipsa  quoque  ex  aliis  debent  coDstare  elementis, 
Inde  alia  ex  aliis,  nusquam  consistere  ut  atuiSj 

i.  e.  ita  at  non  aasarus  da.     Dieses  beispiel  nebst  andern  bespricht  MadTig 

a.  0.  p.  104. 


umbrische  Studien.  185 

türlichor  weise  mit  langem  e  mon^rint  gesprochen  wor- 
den^) nnd  stimmt  übrigens,  um  ein  beispiel  derselben  ab- 
geleiteten zweiten  conjugation  zu  nehmen,  zum  synkopier- 
ten conjunctiv  futuri  prohibässit  bei  Plautus  Pseud.  14: 

Id  te  Jüppiter 
Prohibessit. 
Solche  conjunctive  futuri  auf  -erim  stellen  wir  auf,  ob- 
gleich unsere  grammatiken  nichts  davon  erwähnen,  auf 
grund  eines  berichtes  von  Gellius  N.  A.  XVIII  2,  14,  man 
habe  am  Saturnalienfest  sich  über  gelehrte  probleme  un^ 
terhalten:  „Postrema  quaestionjim  omnium  haec  fuit:  scrU 
pserim  legerim  venerim  cujus  temporis  verba  sint,  praete- 
riti  an  futuri  an  ntriusque^.  Zu  der  zeit  konnte  man,  da 
die  alten  futura  auf  -so  und  -sim  längst  aufser  gebrauch 
gekommen  waren,  freilich  blofs  von  Unterscheidung  eines 
mit  dem  conjunctiv  perfecti  gleichlautenden  conjunctivs 
fut.  II  sprechen.  So  gut  aber,  wie  dieser  bezeugt  ist, 
müssen  wir  auch  die  conjunctive  einfacher  futura  restave* 
rit  implicaverint  monerint  als  nach  bedeutung  und  form 
unzweifelhaft  anerkennen,  da  sie  der  form  nach  ja  nicht 
von  ihren  perfecta  restiti  impUcui  monui^  sondern  von  prä- 
sensstämmen  restav  implicav  monev  gebildet  sind.  Aber 
obgleich  das  einfache  futur  immer  vom  präsensstamm  ge- 
bildet ist,  so  trifft  es  doch  oft  ein,  dafs  es,  namentlich  in 
der  ersten  abgeleiteten  conjugation,  mit  dem  conjunctiv 
perfecti  zufällig  gleichlautet.  Z.  b.  bei  Plautus  Capt.  123: 
Visäm,  ne  nocte  hac  quidpiam  turbäverint, 
Inde  m^  eontinuo  recipiam  rursüs  domum 
kann  turbäverint^  welches,  wie  der  Zusammenhang  lehrt, 
deutlich  ein  conjunctiv  futuri  I,  also  aus  dem  präsensstamm 
turbav  gebildet  ist,  in  derselben  gestalt  zugleich  conjunctiv 


1 )  Der  anfang  des  verses  mufs  nicht  Di  monerint  gelesen  werden ,  wie 
Ribbeck  angibt,  sondern:  J)i  m'nerintf  wie  honen  nnd  senem  bei  Plantos  ein- 
silbig gelesen  wird.  Ritschi  Prolegg.  p.  CXLIV:  In  talibus  igitnr  vocibus 
bisyllabis  eam  fuisse  vim  litterae  liquidae  contendimus,  ut  aliqno  modo 
extrita  breri  quae  praecederet  vocali  nna  tantnm  syllaba  audiretur. 
P.  GL :  Itaqae  nt  hene  et  maltj  sie  etiam  maUficw  et  beneficium  pronuntiata 
sunt:  ut  domif  ita  domicilium  qnattuor  sjUabis  Milit.  II  5|  41:  ut  ienexj  ita 
senectutem  plus  semel. 


186  Sftvelsberg 

perfecti  und  noch  conjunctiv  fut.  II  sein,  welche  beide 
vom  perfect  turba-ei  abgeleitet  sind.  Doch  solches  zu- 
sammentreffen wird  uns  nicht  wundern,  da  noch  sonst  oft 
verschiedene  formen  zufällig  gleichlauten,  z.  b.  servare 
dreierlei  sein  kann,  ebenfalls  servaris  mit  anwendung  der 
Synkope.  Auch  das  alte  futur  I  konnte  in  der  regelmäfsi- 
gen  endung  «assim  des  conjunctivs  frQfa  oder  spät  wohl 
dem  conjunctiv  perfecti  gleichklingen,  da  einerseits  von 
letzterm  conjunctiv  frühe  formen  mit  s  (oder  ss)  vorkom- 
men, wie  devorasset  (f.  devorassit)  '),  certasset  (f.  certas- 
sit)^),  asportassent  (f.  aspoKtassint)  ^ ),  andererseits  uns  ein 
schon  ziemlich  frühes  synkopiertes  futur  I  auf  -rim  er- 
schien in  monerint  bei  Pacuvius.  Aber  solche  ßllle  sind 
in  unbedeutender  zahl  vorhanden.  Gewifs  führte  *das  be- 
dürfnifs  der  Unterscheidung  eine  regel  herbei,  welche  wir 
thatsächlich  darin  erkennen,  dafs  im  alten  futur  der  con- 
junctiv auf  -sim  -assim  die  synkopc  ohne  alle  ausnähme, 
der  indicativ  auf  -so  -asso  nur  mit  ausnähme  von  evallü" 
viso  bei  Titinius,  sonst  stets  dieselbe  erfahren,  übrigens 
beide  modi  das  s  beibehalten,  sogar  zu  ss  verschärft  ha- 
ben; der  conjunctiv  perfecti  aber  selten  synkopiert  ist  und 
bis  auf  die  drei  obigen  ausnahmen  auf  -set  und  -sent  die 
alte  endung  -sim  immer  in  -rim  verwandelt  hat.  Endlich 
ist  die  Unterscheidung  sehr  leicht  in  den  fällen,  wo  der 
perfectstamm  vom  präsensstamm  sehr  abweicht:  a[d]$üt'e' 
-rint  von  a-sta-sent  (aus  *ad-8tav-i-sint),  re-sHt-e-rit  von 
re-siav-e-rii^  im'-plicihe'rint  von  im-plicav-e-rinty  monu-e'rint 


1)  Varro  Sat.  Pnpiapapae  bei  Nonius  p.  26.  39  (Bücheler,  P«troiiii 
satirae.  Adjectae  sant  Varronis  satirae  p.  195  n.  878):  veniam  ad  novum 
magistratum ,  cum  hie  rapo  umbram  qnoque  spei  devorcuset  „da  dieser  rlUi- 
ber  auch  den  blofsen  schatten  von  hoffnnng  verschlangen  hat^.  Ueber  die 
verwandloog  der  ursprunglichen  endung  -sit  in  -set  s.  oben  s.  179. 

^)  Varro  Sat.  raqjtj  Mevinnov  bei  Nonius  p.  248,  14  (Bttchelet  1.  c. 
p.  208  n.  519):  in  charteo  stadio  fTfudtpinv  dymfa  quo  quis  certasset  tadmo, 
bellns  homo  magis  delectatns  Stoicornm  pancratio  quam  athletamm  ^"^ 
gekämpft  hat**. 

> )  Plantns  Amphitr.  11,52: 

Si  s{ne  vi  et  sine  bellö  velint  rapta  ^t  raptores  trddere, 
Si  quae  dsportcisseni  r^ddere,  se  ex^rcitum  extemplö  domum 
Redücturum. 


umbrische  stndien.  187 

von  monS-rint  (aus  *monev-e-rint),  pro^hibu-e-rit  von  prO" 
hibe-ssit  (aus  *pro-hibev-i-8it),  fec-e-rim  von  fac-sim,  spo- 
pond-e^ris  von  spon{d)'Sis,  sur-ripu-e-rit  von  sur-rep-sit. 

Hier  haben  wir  also  im  lateinischen  die  ersten  spuren 
von  ursprünglichen  präsensstämmen  auf  -av  -ev  entdeckt; 
denn  den  eben  angeführten  conjunctiven  fut.  I  liegen  die 
stamme  stav  plicat  monev  habet)  zu  gründe,  wie  im  oben 
besprochenen  indicativ  fut.  I  evallav-i-so  bei  Titinius  der 
stamm  evatlav  und  wie  im  umbrischen  im  ind.  präs.  sub- 
'Ocat'U  und  imper.  präs.  purtuv-e-tu  die  stamme  sub^ 
'Ocav  und  purtuv  (portav)  deutlich  zu  tage  treten  und 
überdiefs  aus  den  futuren  stah-e-ren  kukeb-es  die 
Stämme  stav  kukev  unzweifelhaft  erschlossen  werden. 

Zweitens  sind  von  den  präsensstämmen  auf  -av  -ev 
vermittelst  des  Übergangs  von  v  in  b^)  die  imperfecta  auf 
-ab-am  -eb-am  und  die  futura  auf  -a6-o  -eb-o  abgeleitet. 
Die  bisherige  erklärung,  dafs  die  genannten  endungen  von 
einem  imperfect  *fuam  der  wurzel  fu  und  von  deren  prä- 
sens  *fuio  herstammen  sollen  (Corssen  ausspr.  I^  164. 166), 
ist  gar  schwach  begründet  und  nicht  glaublich.  Denn  wo 
wirklich  ein  Zusammenhang  einiger  tempora  der  wurzel  fu 
mit  perfecten  und  den  von  denselben  abgeleiteten  zeiten 
statt  findet,  wie  am  deutlichsten  im  umbrischen  im  fut.  II 
a-tera-fust  (circ'umdederit),  ambr-e-furent  (amb-i- 
verint),  dann  im  perfect  piha-fi  oder  ptha^fei  (pia-vi) 
und  in  den  oskischen  perfecten  aamanaf-fed  (perfecit) 
aikda-fed  (aedificavit),  zuletzt  mit  wegfall  des  f  in  den 
umbr.  fut.  II  fak-ust  (fecerit),  ben-ust  (venerit),  port-ust 
(porta-verit),  fak-ureut  (fecerint),  haburent  (hab-uerint) 
und  im  lateinischen  in  dom-ui  hab-ui  ama-vi  dele-ei  audi-ti^ 
da  ist  entweder  die  wurzel  fu  oder  f,  oder  aber,  wie  na- 
mentlich im  lateinischen,  u  oder  v  übrig.  Sollten  nun 
die  imperfecta  auf  -abam  -ebam  mit  einem  ehedem  vor- 
handen gewesenen  imperfect  ^fuam   zusammengesetzt  sein, 


>)  Wie  in  buh-ile  ans  bov-iUf  ferhui  aus  *ferffui  (Corssen  ansspr.  I'  126), 
in  dubiu-8  aus  *duviu-s  =  griecb.  Soio^q  aus  *StiFvr~s  (Verf.  de  digammo 
p.  20). 


188  Stvelsberg 

SO  würde  ein  solches  imperfect  nach  analogie  der  in  den 
perfecten  vielgebrauchten  Verkürzung  -tii  aus  /tit,  ebenfalls 
zu  -uaui  oder  -vam  verkürzt  worden  sein  und  dieser  aus- 
gang  wäre  dann  durch  den  lautwandel  v  in  b  zu  -bam 
geworden.  Nuu  müssen  wir  aber  gegen  die  annähme  sol* 
eher  Zusammensetzung  beim  imperfect  ein  paar  erhebliche 
bedenken  äufsern:  erstens  dafs,  während  das  perfect  fui 
uud  die  von  ihm  abgeleiteten  tempora  und  modi  vollstän- 
dig durchflectiert  sind,  kein  indicativ  des  imperfects  und 
des  präsens*)  von  der  wurzel  fu  erhalten  ist,  und  zwei- 
tens, dafs  in  keiner  verwandten  spräche  ein  imperfect  zu 
finden  ist,  welches  mit  einem  der  lat.  wurzel  fu  entspre- 
chenden verbum  zusammengesetzt  wäre.  Dagegen  ist  das 
imperfect  in  den  verwandten  sprachen  stets  vom  präsens- 
stamm gebildet,  im  lateinischen  wenigstens  noch  in  er-^tn 
er-as  er-at  von  der  wurzel  es.  Bleibt  uns  nun  die  wähl, 
die  endungen  -abam  -ebam  entweder  aus  -vam  als  einer 
Verstümmelung  vou  *fuam,  oder  aber  aus  verbalstämmen 
auf  -av  -ev  (in  jedem  fall  durch  den  lautwandel  von  v 
in  b)  hervorgehen  zu  lassen,  so  können  wir  keinen  augen- 
blick  schwanken,  sondern  wir  werden  imperfecta  wie  iia- 
bam  implicabatn  vocabam  portabam  von  präsensstämmen 
stat>  implicav  vocav  portav,  welche  im  lateinischen  und 
umbrischen  nachgewiesen  worden  sind,  entschieden  vermit- 
telst des  lautwandels  von  v  in  b  ^)  ableiten,  ebenso  die 
imperfecta  flebam  monebam  habebam  von  den  präsensstäm- 
men flev  monev  habet,  welche  wir  oben  (s.  162.  187)  anzu- 
nehmen  uns  genöthigt  sahen,  und  überhaupt  nicht  nur  alle 


1)  Dafs  bei  Diomedes  I  p.  875  P.  »fore,  quod  verbam  est  apnd  anti- 
qao8,  quod  dicebant  fao  fbas  fnat**  ein  präsens  foo  blofs  fingiert  ist,  bedarf 
kaum  der  erinnerang,  wie  denn  Diomedes  auch  nur  vom  conjunctiy  fiut 
schriftstellen  citiert,  keine  von  fao. 

^ )  Eine  inschrift  eines  glasgefäfses  von  Arienzo  würde  uns  willkommen 
sein,  wenn  sie  besser  als  von  Pratilli  verbürgt  wäre.  Dieser  veröffentlichte 
sie  im  jähre  1745  (s.  Bullet.  Nap.  N.  Ser.  I.  1858  p.  186)  folgendermafsen : 

BAIAEME NTACCVSIAVANT.     Zwar   konnte  vorgeschlagenes  i   im 

verb  acctuiavant  einen  campanischen  provincialismus  bilden,  wie  es  im  osk. 
e{tiavam  (volsk.  siatiatiens)  und  sogar  in  einer  lateinischen  inschrift  ^ecertmt 
aus  Campanien  I.  N.  n.  1650  (Corssen  ausspr.  11^  610)  der  fall  ist  (vgl. 
oben  s.  119),  und  Garucci  hält  die  echtheit  jener  inschrift  fest.  Jedoch  wir 
benutzes  sie  nicht,  so  lange  nicht  andere  autoritäten  sie  stutzen. 


ttmbrische  Stadien.  189 

« 

imperfecta  der  ersten  und  zweiten,  sondern  auch  der  drit- 
ten abgeleiteten  conjugation  (der  jetzt  sogenannten  vierten) 
auf  solche  in  v  ausgehende  stamme,  also  auch  audibam 
audibat  ( Ovid.  Fast.  III  507 )  mit  der  in  der  ältesten  zeit 
üblichen  endung  -ibam^)  auf  den  präsensstamm  audiv  zu- 
rQckführen.  Die  überhand  nehmenden  abgeleiteten  conju- 
gationen  erhielten  immer  mehr  Zuwachs  von  primitiven 
verben:  lavere  und  sonire,  die  der  alten  spräche  angehör- 
ten (Neue  n  322),  traten  in  die  erste  abgeleitete  conjuga- 
tion über,  wurden  also  später  lavo  lavas  lavabam  —  sono 
sonas  sonabam  flectiert;  viel  öfter  noch  giengen  die  primi- 
tiven verba  in  die  zweite  über:  so  wurden  die  meist  nur 
bei  altern  Schriftstellern  gebrauchten  verba  ferto  fulgo  olo 
scato  strido  tergo  tuor  u.  a.  (Neue  II  p.  324 — 329)  später 
weit  mehr  vom  präsens  ferveo  fulgeo  oleo  scuteo  sirideo 
tergeo  tueor  flectiert.  Wahrscheinlich  wurde  solche  wan- 
delung  hauptsächlich  durch  das  imperfect  herbeigeführt, 
für  welches  sie  nöthig  wurde,  da  nach  dem  schwinden  des 
augments  das  alte  imperfect  vom  conjunctiv  des  präsens, 
z.  b.  legam^  nicht  mehr  zu  unterscheiden  war.  Nur  eram 
blieb  als  rest  des  alten  imperfects  deutlich  geschieden  vom 
urspr.  Optativ  siem  odei*  «tm;  im  übrigen  trat  allgemein 
die  von  der  zweiten  abgeleiteten  conjugation  entnommene 
Vertretung  ein:  legebam  folgte  der  analogie  von  tnonebam, 
audiebam  für  audibam  der  von  legebam^). 

Gehen  wir  zum  futurum  auf  -bo  über,  so  finden  wir 
hier,  gleichwie  im  umbr.  fut.  purtuv-i-es,  den  ursprüng- 
lichen laut  V  auch  im  lateinischen  noch  ein  parmal  unverän- 
dert vor:  a)  in  triumphavit  in  der  lex  Julia  bei  Kitschi 

XXXin  V.  63,  C.  I.  L.  n.  206  »quibus  diebus flami- 

nes  plostreis  in  urbe  sacrorum  publicorum  p(opuli)  R(omani) 


^  )  Z.  b.  exaudibamf  praesagibatf  servibaSy  scibam  (sehr  häufig)  bei  Plan- 
tas;  viele  andere  beispiele,  darunter  öfters  audibat  und  moUibatf  citiert  aus 
Prosaikern  sowol  als  aus  dichtem  Artther  und  später  seit  Neue,  lat.  formen!. 
IT  p.  346.  847. 

*)  Herzog,  Untersuchungen  ttber  die  bildungsgeschichte  der  lateinischen 
und  griechischen  spräche  s.  62.  Doch  haben  sich  ibam  und  nequibam  von 
i-re  und  ne-qui-re  immer  unverändert  erhalten 


190  Saveltberg 

oaussa   [v.  63]   vehi  oportebit,    quaeque  plostra  triumphi 
caussa,  quo  die  quisque  triumphavit,  ducei  oportebit^. 

b)  in  venundavit  im  Codex  Vatieanus  der  fragmente 
Ulpians  (Ulpiani  fragm.  ed.  Böcking,  Bonnae  1831  p.  16) 
in  fragm.  X,  1:  „Si  pater  filium  ter  veDundavit)  filius 
a  patre  liber  esto^,  wozu  Laehmano  in  der  Zeitschrift  f. 
gescbichtl.  recbtswissenschaft,  bd.  IX  p.  198  bemerkt:  ^Da 
die  Worte  der  zwölf  tafeln  nur  hier  vollständig  überliefert 
sind,  so  haben  wir  gewifs  kein  recht,  das  uenundauit 
der  handschrift,  das  ist  venum  dabit,  zu  verwerfen^.  Der 
versuch  Schöll's  p.  84 — 89,  die  conjectur  von  Cujacius 
„venum  duuit^  zu  vertheidigen  und  als  ein  aus  einem 
perfect  dui  gebildetes  fut.  II  duo  (jinon  duero^  p.  85)  zu 
erklären,  ist  zwar  weit  ausgeholt,  aber  durchaus  nicht 
überzeugend  und  schon  von  Corssen  ausspr.  IP  403  wi- 
derlegt. So  dienen  denn  uuser  futur  der  12  tafeln  ve- 
nundavit und  jenes  futur  der  lex  Julia  triumphavit 
einander  zu  gegenseitiger  bestätigung.  Ob  nun  aber  ein 
futur  triumphavo  oder  auch  die  gewöhnliche  Schreibung 
triumphabo  noch  eine  Zusammensetzung  mit  einem  prä- 
sens  ^fuo  sein  kann,  bleibt  nach  dem  oben  s.  188  beim 
imperfect  auf  -bam  gesagten  sehr  zweifelhaft,  besonders 
da  im  latein  ein  präsens  *fuo  oder  gar  *fuio,  was  Corssen 
ausspr.  1^166  aufstellt,  nicht  existiert  ^ ).    Wir  halten  da- 


* }  Dem  lat.  fatnrum  auf  -bo  -bis  -bit  steht  aus  den  verwandten  spra- 
cheu  nur  eine  ähnliche  futurbildung  im  keltischen  gegenüber,  nämlich  die 
altirische. 

Activ,  Deponens» 

verbunden :  isoliert : 

Sg.  1.  -car-ub  (amabo)      ain-fa  (manebo)  gaimig-fer  (hiemabo) 

2.  car-fe  icc-fe  (servabis) 

3.  'Car-fa  söir-fed  (salvabit)  nerUfidir  (fortificabitur) 

PL   1.  -car-fam  Uic-fimme  (rellnquemns)    labra-fammar  (loqnemur) 

2.    car-fid 
8.  'Car-fat  creiUfet  (credent). 

Ebel,   gram.  celt.  p.  452.  45S — 460. 

Diese  futurbildung  hat  als  charakteristisches  kennzeichen  regelmäfsig  das  f 
(selten  b);  aber  darum  lassen  sich  die  endungen  nicht,  wie  Schleicher  im 
compendium  §.  804,  3  lehauptet,  mit  der  urspr.  wurzel  bhn  identificieren, 
schon  aus  dem  gründe  nicht,  weil  die  unursprüngliche  lautbeschaffonheit  des 
irischen  sowie  die  öftere  elision  der  vocale  keinen  sichern  schlofs  auf  di« 
altkeltische  grundform  dieses  futurs  und  aufserdem  noch  eines  oonditionalis 


umbriBche  Studien.  191 

her  die  erklärung  nicht  für  richtig  und  glauben,  daJb  die 
Sache  sich  ganz  anders  verhält.  Wir  sehen  in  amabo  oder 
amavo  das  alte  urspr.  präsens  amav-o,  welche  zur  futur- 
bedeutung  gelangt  ist,  wie  sie  sich  in  dem  suffix  der  ab- 
geleiteten verba  auf  -av  -ev  -iv  oft  entwickelt  hat.  Na- 
mentlich gibt  sich  die  neigung  zu  einer  handlung  und  so- 
mit das  bevorstehen  derselben  in  den  zahlreichen  von  ver- 
ben  der  ersten  conjugation  abgeleiteten  adjectiven  auf 
-abundus,  wie  erräbundus  (Lucr.  IV,  692)  miräbundus  co- 
missäbundus  und  in  einigen  von  den  zwei  andern  conjuga- 
tionen  wie  ridibundus  (Plaut.)  und  lasdvibundus  (Plaut.) 
—  gesammelt  von  L.  Meyer  in  d.  zeitschr.  VI  377—380  — 
oft  kund:  „zum  irren,  staunen,  lustigen  umziehen,  lachen, 
schäkern  geneigt^.  Besonders  deutlich  ist  das  erst  noch 
bevorstehende  bezeichnet  in  cassabundu$  (sc.  ebrius)  von 
Naevius  bei  Varro  L.  L.  VII  §.  53,  »der  jeden  augenblick 
fallen  will^  ^ )  und  in  moribundus  „  der  im  begrifF  ist  zu 
sterben,  allmählich  hinsterbend^  von  einem  verbum  der 
primitiven  conjugation,  wie  auch  von  dieser  mehrere  ad- 
jective  vermittelst  des  sufBxes  der  zweiten  conjugation  ge- 
bildet wurden  z.  b.  fremebundus  (Attius),  tremebundus 
(Lucr.),  die  nicht  blofs  das  e  verkürzten,  sondern  auch  in 
i  verwandelten,  so  ludibundus^  gleichwie  ridibundus.  Ver- 
nehmen wir  über  die  bedeutung  die  alten  grammatiker. 
Terentius  Scaurus  zur  zeit  Hadrians  föbrt  nach  Gellius^ 
XI  1 5, 3  unter  den  irrthümern  des  Caesellius  auch  den  an, 
„quod  idem  esse  putaverit  ludens^  et  ludibunda,   ridens  et 


(Ebel  p.  460)  gestattet,  dann  aber,  weil  f  nach  den  lautregeln  nicht  zu  bhn 
und  ebenso  wenig  zum  irischen  verb  biu  «ich  bin**  und  wz.  bu  in  buith 
(ss  ^i'aiq)  stimmt.  Denn  f  ist  weder  im  irischen,  noch  im  britannischen 
für  eine  urspr.  aspirata  (=><p)  zu  halten  (Ebel  p.  79  [Zeuss  p.  98]),  son- 
dern stets  der  Status  durus  von  v  (Ebel  p.  58  [Zeus  p.  66]).  Also  weist 
das  f  des  futurs  wie  auch  das  seltnere  b  (welches  auch  sonst  oft  Air  v  steht, 
Ebel  p.  54)  durchaus  auf  ursprüngliches  v  hin.  Da  wir  dasselbe  ergebnifs 
flXt  das  lat.  futurum  auf  -bo  finden,  so  mufs  diese  bildung,  wie  Schleicher 
Übrigens  richtig  bemerkt  hat,  der  italokeltischen  grundsprache  entstammen. 

*)  Festns  erklärt  p.  48  ,, cast abundus :  crebro  cadens**,  noch  besser  aber 
der  zu  jenem  worte  von  O.  Mttller  citierte  Placidus  in  s.  glossen  p  447: 
„Crastabvndum  —  lies  ccusabvndum  —  dubitantem,  titubantem  und  p. 450 
„Crastabundo   —  lies  coitabtmdo  —  titnbanti. 


192  Savelsberg 

ridibundsi,  errans  et  errabunda.  Nam  ludibunda,  inquit, 
et  ridibunda  et  errabunda  ea  dicitur,  quae  ludentem  vel 
ridentem  vel  errantem  agit  aiit  simulat^.  Die  gegenbe- 
merkuQg  des  Gellius,  dafs  populabundas  bedeute  „cum 
agros  popularetur^j  nicht  y^cum  populantem  agerei  vel  cum 
itnitaretur^^  ist  zwar  hierbei  und  gewifs  auch  sonst  oft  rich- 
tig, aber  die  meinung  eines  gewissen  Apollinaris,  den  er 
lobt,  dafs  laeiabundus  derjenige  heifse,  „qui  abunde  laetu9 
sit^,  und  errabundus  der,  „qui  longo  atque  abundanti  er- 
rore  sit^,  beruht  nur  auf  einer  ableitung  der  adjective  auf 
•abundus  von  abunde,  welche  falsch  ist,  da  ja  schon  in 
tremebundus  und  ridibundus  ein  abunde  auf  keine  weise 
mehr  pafst.  Von  participien  (auf  -ans  und  -ens)  will,  wie 
Scaurus,  so  auch  Diomedes  die  adjective  auf  -bundus  un- 
terschieden wissen  p.  397  P.:  „Errant  longe  qui  opinantur 
moribundus  vitabundus  furibundus  esse  partieipia;  sunt  enim 
appellationes  ....  moribundus^  licet  mortem  non  sit  subi- 
turus,  nihilo  minus  similis  morituro.  tale  est  et /urt- 
bundus^  similis  furenti,  sed  sine  furore.  item  cum  legimus 
apud  Sallustium  y^vitabundus^  inquit,  per  saltuosa  loca  re- 
cedebat'',  non  „utique  vitans,  sed  vitare  similans^.  In  diesem 
citat  (bell.  Jugurth.  c.  38)  fehlt  „quasi**  vor  „vitabundus**, 
so  dafs  erst  beides  zusammen  den  sinn  ergibt  „vitare  si- 
mulans**  oder  noch  besser  „quasi  vitaturus**.  Ein  anderes 
'mal  aber,  wo  Sallust  (bei  Nonius  p.  183)  histor.  fragm. 
III  20  (ed.  Eritz)  erzählt,  wie  ein  soldat  kühn  nach  Cy- 
zicus  hinübergeschwomn>en  sei:  „ea  inter  molem  atque  in- 
sulam  mari  vitabundus  classem  hostium  ad  oppidum 
pervenit**,  bedeutet  dieses  adjectiv  nicht  wirklich  vermei- 
dend, da  bei  Frontin  III  13,  6  und  Florus  III  5,  16  in 
derselben  erzählung  die  rede  ist  von  „procul  videntibus, 
qui  in  statione  erant**  und  Florus  sogar  sagt  „per  medias 
hostium  naves**,  sondern  „vitabundus**  bedeutet  dort  offen- 
bar y^vitare  studens^  oder  y^mtare  simulans^.  Aehnlich  Pris- 
cian  IV  §.  35:  In  bundus  vero  desinentia  similitudinem 
habere  significant,  ut  vitabnndus  similis  vitanti  cet.  Aus 
der  befragung  der  grammatiker  erhalten  wir  also  die  zu- 
verlässige angäbe,   dafs  die  adjectiva  auf  -bundus  im  all- 


nmbrische  Studien.  193 

gemeinen  eine  nachahmung  der  im  verbum  bezeichneten 
tbätigkeit  bedeuten,  und  einigemal  fanden  wir  das  bevor- 
steben  einer  tbätigkeit,  im  ganzen  also  eine  gewisse  ricb- 
tung  auf  die  zukunft  ausgedrückt ' ). 

Das  bier  an  die  verbalstämme  auf  -av  -ev  -iv  getre- 
tene sufBx  -undus  ist  dasselbe  wie  in  sec-undus  ori-^undus 
rot'Undus  und  wie  die  altitalische  form  -endus  (Corssen, 
ausspr.  II*  180  ff.)?  welche  zuletzt  im  lateinischen  die  herr- 
schende geworden  ist:  leg-endu-s  capi-endus  u.  s.  w.  Es 
ist  eigentlich  ein  doppelsufßx,  was  Corssen  beitr.  126  ff. 
erkannt  hat,  nur  nicht  aus  -en  und  -do,  sondern  aus  -eno 
und  -do  zusammengesetzt*),  wie  es  das  umbr.  ^dyan-fer-ener 
taf.  Via  19,  genetiv  vom  stamm  an-fer-eno,  mit  einfachem 
Suffix  -eno^)  und  übrigens  gleicher  bedeutung  bestätigt, 
andererseits  die  griechischen  spielnamen  fiy-tv-da^  (fvy-iv-Sa^ 
XQVTiT'iV'Scc  neben  xqißSa^  ferner  ccgiar-iv-driv  ( 'AgKSrlvog)^ 
nXovT-iV'drjV  und  noch  xgvcp-av-dov  arox-ccv-dov  ava^tpav^ 
dov  {q)av6g)  als  verwandte  bildungen  zu  bezeugen  ver* 
mögen. 

Die  verbalnomina  sind  nun  tbeils  substantivisch  ge- 
braucht im  gerundium  auf  -di  -do  -dum,  z.  b.  exemplorum 
eligendi  potestas  (Cic.  Inv.  II  2,  5),  disserendo  par,  ad  vi- 
vendum  satis,  tbeils  adjectivisch,  z.  b.  quinqueviri  legibus 
scribendis,  haben  aber  aus  der  ursprünglich  activischen 
und  präsentischen  bedeutung,  welche  sec-undus  und  ori- 
'Undus  noch  bewahrt  haben,  neue  nebenbeziehungen ,  so 
namentlich  den  passiven  sinn  ^),  die  Vorstellung  der  noth- 
wendigkeit  und   die   beziehung   auf  die  zukunft  ^ )  entwik- 

*)  Vergl.  die  griecbiscben  desiderativa  d^avardw  (&dvaToq)  ;,ich  wün- 
sche zu  sterben  **,  xXavfftdo)  {xXavaic:)  » icb  wiU  weinen^  (Pollax  II  64 
xAai/0'(äi'  To  nkavaat,  &ikfi>v)^  wi'rjTtäo)  (wri/iii?)   »ich  will  kaufen". 

^)  Wie  man-suetus  caUfacio  al-ter  aus  manu  und  suetus,  cale  und 
facio,  ali  und  ter(us)  —  ähnlich  einem  ehemaligen  griech.  adj.  *dXX6-TfQo-q^ 
woraus  dXXo-Ty-iO't;  —  zusammengesetzt  sind,  so  -en-do  aus  -eno-do. 

3)  S.  oben  s.  108. 

^)  Dieselbe  wandelung  von  activer  bedeutung  in  passive  haben  wir 
oben  s.  139  in  den  adjectiven  auf  -bili-s  gefunden. 

*)  Priscian  XI  §.  28  .  . .  .  futuri  unura  activum  in  rtis  desinens,  ut  crü 
minaturtts,  et  unum  passivum  in  dtiSj  ut  criminandus.  §.  29  omnia  tamen  in 
dus  desinentia  participia  eadem  etiam  nomina  esse  possunt,  cum  amittunt 
tempus,  ut  amandtts  o  ffiXrif^tjffOf^tvoq  xal  6  (piXrjT^oq,  docendtis  6  dida^O-fi- 
annfvnq  unl  6   SifiaxTfoq  cet. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  3.  13 


194  Savelsberg 

kelt  und  zu  vorberrschender  geltung  gebracht,  wie  diefs 
alles  Corsseo  beitr.  131 — 137  tre£Plich  ausgeführt  hat.  In 
deo  abgeleiteten  eonjugationen  ist  nach  mafsgabe  von  audi- 
-en-du-s  sicher  ama-n-du-s  aus  *ama-en-du-s,  mone'n'du-s 
aus  *mone-en-du-s  (Düntzer,  lat.  Wortbildung  p.  103)  durch 
contraction  entstanden.  Haben  wir  aber  einmal  '^ama-en- 
-du-s  *mone-en-du-s  erschlossen,  so  müssen  wir  den  hiatus 
im  innern  beider  nomina  erklären  und  zwar  durch  den 
ausfall  eines  sonst  leicht  entschwindenden  lautes,  welcher 
für  das  lateinische  kein  anderer  als  der  oft  schwindende 
w-laut  sein  kann,  wie  in  ama-runt  aus  amave-runt^  ama- 
-rim  aus  amave^rim,  so  dafs  wir  auch  die  contrahierten 
adjectiva  auf  die  frühere  gestalt  amav-endus  monev-endus*) 
und  damit  auf  präsensstämme  amay  monev  zurückfähren 
müssen.  Beide  arten  von  verbaladjectiven,  sowol  die  obi- 
gen auf  -abundus  -ebundus,  als  die  synkopierten  auf  -andus 
-endus  sind  offenbar  von  einer  und  derselben  grundform 
ausgegangen  und  haben  sich  durch  die  lautänderungen, 
wie  von  y  in  b,  e  in  u,  und  durch  synkopierung  in  diffe- 
renzierten bedeutungen  von  einander  getrennt  und  conso- 
lidiert.  So  hat  z.  b.  die  grundform  *d6ploray-an-da-8  sich 
einerseits  in  de-plorab-undus ,  welches  actiy  geblieben  ist: 
„ganz  weinerlich^,  andererseits  in  de-plora-ndus  gespalten, 
welches  passiven  sinn  „  beweinenswerth  ^,  überdiefs  noch 
die  bedeutung  der  nothwendigkeit  „der  beweint  werden 
mufs^  und  die  der  zukunft  ;,der  beweint  werden  wird^ 
angenommen  hat.  Hinwiederum  hat  sich  die  grundform 
des  verbums  *amav-o  *money-o  in  ein  durch  langen  ge- 
brauch abgeschliffenes  präsens  am{ayo  mone-o  und  in  ein 
kräftiger  gesprochenes,  verdichtetes  präsens  amab-o  moneb'O 
mit  futurbedeutung  gespalten.  Dafs  überhaupt  das  präsens 
in  futurbedeutung  gebraucht  wird,  sehen  wir  im  griechi- 
schen an  eljui,  'iSouac  zu  hfSß-lw^  nio^cti  zu  nivo)^  und 
zeigt  J.  Schmidt  an  mehrern  beispielen  im  gothischen  und 
slawischen  in   der  Revue  de  linguistique  1870  p.  31— 33. 


1 )  So  ist  im  oskiscben  das  in  den  infinitiven  cenaa-um  tab.  Bant.  20 
nnd  molta-um  t.  B.  12.  18.  18.  26.  27  aasgefallene  v  einmal  wirklich  erhal- 
ten in  tribarakavum  cipp.  Abell.  36. 


nmbrxsche  Studien.  195 

Schleicher  in  d.  zeitschr.  IV  187—197.  Im  lateinischen 
ist  sonst  noch  in  der  primitiven  conjugation  auf  analoge 
weise  zu  dem  im  gebrauch  etwas  abgenutzten  und  veränder- 
ten präsens  s-u-m  es  es-t  s-u-mus  es-tis  s-unt^  welcheis  bei 
seiner  bedeutung  blieb,  eine  neue  mit  mehr  emphase  ge- 
sprochene und  regelmäfsiger  flectierte  präsensbildung  er-o 
er-is  er^it  er-imus  er^itis  er-unt  hinzugekommen*),  welche 
futurbedeutung  angenommen  hat.  Genau  entsprechend  hat 
also  das  futur.  amab-o,  -i^,  -if,  -imus^  -itis^  -tiitf,  desglei- 
chen moneb'Oy  dieselben  personalendungen  der  primitiven 
conjugation  erhalten  und  ist,  obwol  formell  präsensbildung. 


1 )  Wie  sie  Bagge  in  d.  zeitschr.  II  384  richtig  erkannt  hat.  Dagegen 
hält  Corssen  zeitschr.  XIII  255  noch  an  Bopps  ansieht  fest,  ero  eris  erit 
sei  aus  *e-sio,  skr.  (a)8-jfi-mi  (a)s-ja-si  (a)s-ja-ti  entstanden,  zieht 
aber  den  skr.  potentialis  sjst  mit  herein,  welchen  Bopp  vgl.  gramm.  §.  648. 
649  vom  fut.  sjati  mit  vorsieht  unterscheidet,  ja  später  ausspr.  11^  495 
identificiert  er  geradezu  die  alten  conjunctivformen  von  esse,  s-ie-s  s-ie-mus 
S'ie-tiSf  die  er  weiter  ausholt  *e8-ie-s  *es-ie-mus  *es-ie-tis,  mit  den  suffix- 
formen des  fut.  II  -ris  -rimus  -ritis,  wogegen  er  eine  dann  auch  mit  conse- 
quenz  geforderte  gleichsetzung  von  siem  und  sient  mit  ero  und  erunt  frei- 
lich nicht  wagt,  da  hieran  jene  annähme  scheitert.  Bestimmter  als  Bopp 
fafst  Schleicher  comp.  §.  298  die  erklärung  der  form,  dafs  (a)sj5mi  eine 
präsensform  der  IV.  sanskr.  conjugation  ist,  wohin  man  auch  im  griechischen 
dorisch  l<j-aovftni>  und  episch  i(j-afiTai>  vermittelst  *ia-(jinftai>  *fa-ajofAui 
und  *^a-ahiai  *ia-ajfiai>  zurückführen  kann.  Dagegen  ist  allerdings  „die 
form  fff'jai,  ihrem  Ursprünge  nach  nichts  anderes  als  das  med.  von  ^axi 
und  auch  ia~f-TaL  erscheint  vom  griech.  Standpunkte  aus  wie  ein  praes.,  mit 
dem  Charakter  der  skr.  ersten  klasse:  qB{)-e-iai  =  bhär-a-te'.  Bopp 
vgl.  gramm.  §.  655.  Sollte  aber  im  lateinischen  für  obige  aufstellung,  dafs 
die  Suffixe  -ris  -rit  und  das  fut.  I  er-is  er-it  aus  *e8-ie-s  *es-ie-t  entstanden 
seien,  ein  nachweis  sei  es  von  einer  conjugationssilbe  ja,  oder  von  der  silbe 
des  Optativs  j5  gefordert  werden,  so  fehlt  ein  solcher  ganz  und  gar;  denn 
von  keiner  von  beiden  silben  (ja  oder  ja)  ist,  weder  im  futur.  auf  so  in  fac-so 
cap-80  u.  s.  w. ,  noch  im  fut.  II  auf  -ro  vrie  fece-ro  trans-ie-ro  y  geschweige 
von  ero  eris  .  .  .  erunt,  irgend  eine  spur  zu  finden.  Was  etwa  die  un- 
gleiche messung  von  -ris  -rimus  -ritis,  auch  im  fut.  exact.,  betrifft,  so  zeugt 
die  bedeutende  mehrzahl  der  beispiele  bei  Neue  II  396.  397  dafür,  dafs 
einerseits  im  fut.  exact.  das  i  meist  kurz,  andererseits  im  conj.  perf.  meist 
lang  gebraucht  wurde,  und  die  3.  pers.  plur.  auf  -rint  pafst  als  indicativ 
eben  so  wenig  zum  conjunctiv  sient  oder  sint^  wie  die  1.  pers.  sing,  auf  -ro 
zu  siem  oder  sim.  Deshalb  bleibt  uns  zur  erklärung  der  3.  pers.  plur.  auf 
•rint  oder  -sint  nur  die  vermuthung  zu  äufsem  übrig,  dafs  sie,  wie  aus  al- 
tem lunter  das  gewöhnliche  Unter  (Bücheier  im  rhein.  mus.  XI  297),  so  aus 
(e)runt  oder  urspr.  (e)sunt  zu  -rint  oder  'Sint  geschwächt  sei,  oder  aber  dals 
sie  urspr.  -sent  gelautet,  wie  sie  noch  im  futur  ad-es-s&nt  C.  I.  L.  n.  198,  68 
erhalten  ist  (s.  oben  s.  171  anm.  4),  und  ihr  e  vor  -nt  zu  i  umgelautet 
habe.     Vgl.  Corssen  ausspr.  11^  271. 

13* 


196  Savelsberg 

vermöge  der  differenzierten  Bedeutung  zum  futurum  ge- 
worden. 

In  audiendus  läfst  der  im  Innern  des  wortes  zu  tage 
tretende  biatus  von  i-e  nicht  mit  der  gewi/sbeit  auf  einen 
ausgefallenen  consonanten  schliefsen,  wie  der  in  den  vor- 
aussetzlichen  formen  *ama'endus  und  ^mon—endus  (den  con- 
trahierten  ama-ndus  mone-ndus)  so  eben  gefolgerte  biatus 
von  a-e  und  e-e.  Aber  das  alte  imperfect  auf  -ibam^  wel- 
ches wir  oben  s.  189  besprachen,  und  das  bei  alten  Schrift- 
stellern ebenso  häufige  futurum  auf  -ibo  * ),  welches  trotz 
seiner  spätem  allgemeinen  Umgestaltung  nach  art  der  soge- 
nannten dritten  (primitiven)  conjugation  zu  -am  -es  -et 
(z.  b.  audiam,  -es,  -et)  doch  wenigstens  noch  in  ibo^)  und 
quibo  nequibo  geblieben  ist,  enthüllen  uns  in  dieser  altern 
flexion  der  abgeleiteten  verba  auf  -ire  eine  solche  Oberein- 
stimmung mit  den  zwei  andern  abgeleiteten  conjugationen, 
dafs  wir  auch  hier  nicht  umbin  können,  vom  verbalstamm 
audiv  auszugehen,  mithin  auch  fQr  das  adjectiv  (partic. 
fut.  pass.)  die  frühere  form  ^audivendus  vorauszusetzen, 
welche  also  eine  dem  adj.  lascivib-undus  entsprechende 
grundform  hat. 

Indem  wir  nun  unsere  wichtigsten  ergebnisse  über  die 
verba  der  abgeleiteten  conjugationen  feststellen,  bemerken 
wir  hier,  dafs  in  betreff  der  verba  auf  -are  jüngsthin  Cors- 
sen  ausspr.  IP  732  die  bisherige  erklärung  derselben  aus 
der  10.  skr.  conjugation,  nämlich  des  Stammauslauts -a  aus 
skr.  -aja,  als  unbegründet  verworfen  hat,  weil  weder  in  der 


* )  Bei  Plautus  aperibo  audibis  dormibo  mentibitur  reperibitür  conve- 
nibo  Bubvenibo,  —  bei  Plautus  und  Terenz  opperibor  scibo  scibis  scibit 
servibo,  —  bei  Ennius  audibo  audibis  expedibo,  —  bei  Cato  dormibit  in- 
largibo,  —  bei  Properz  lenibunt  und  sonst  nocb  viele  andere.  S.  Neue  II 
341.   342.  ^ 

3)  In  der  abwandlung  des  verbums  i-re  werden  zwei  stamme  verwen- 
det: a)  der  primitive  stamm  oder  die  wurzel  i  im  indicativ  und  conjODctiiv 
des  präsens  e-o  (st.  i-o)  i-s  i-t  i-mus  und  e-am  e-as  (st.  i-am  i^as),  so  wie 
auch  im  conjunctiv  des  imperfects  i-rem,  b)  der  erweiterte  stamm  iv  im  in- 
dicativ des  imperfects  ib-am  und  des  futurs  ib-o^  wahrscheinlich  auch  im 
conjunctiv  des  alten  futurs  amb-i-ssent  amb-i-sset  bei  Plautus  Amph.  69.  70, 
welcher  nicht  sowol  aus  der  wurzel  i  und  -set  als  einziges  beispiel  solcher 
altitalischen  bildung  zu  bestehen,  sondern  vielmehr  aus  amb-^ivi-ssent  und  amb- 
-ivi-sset  synkopiert  zu  sein  scheint. 


umbriecbe  Stadien.  197 

altern  und  klassischen  lateinischen  spräche,  noch  im  oski- 
sehen  das  i  oder  j  zwischen  zwei  a  jemals  spurlos  ausge- 
fallen und  dann  a-a  zu  ä  verschmolzen  ist.  Wir  aber  hal- 
ten nicht  nur  die  verba  der  ersten,  sondern  auch  die  der 
zweiten  und  dritten  (der  sog.  4ten)  abgeleiteten  conjnga- 
tion  für  unvereinbar  mit  der  10.  sanskr.  conjugation  auf 
-aja  und  nehmen  in  jenen  allen,  unserer  obigen  ausein- 
andersetzung  gemäfs,  nach  jedem  der  drei  charaktervocale 
a,  e,  i  ausfall  des  Spiranten  v  an,  dessen  ausstofsung  auch 
sonst  bekannt  ist,  theils  mit  keinen  andern  folgen,  wie 
audiiy  ieram^  theils  mit  synkope  verbunden,  wie  amasH  aus 
amamsfiy  amaram  aus  amaveram,  deleram  aus  deleveram, 
audisset  aus  audivisset.  Die  dialekte  haben  den  Spiranten 
V  wirklich  noch  in  den  präsensstämmen  aufzuweisen:  so 
hat  ihn  das  umbrische  noch  in  sub-ocav^u  und  purtuv- 
-etu  (aus  *portav-e-tu)  bewahrt  und  ihn  in  stah-u  nur 
in  h  geändert,  während  die  lateinische  spräche  den  stamm- 
auslaut  so  allgemein  verwischt  hat,  dafs  man  für  subf)oco 
portato  sto  mit  möhe  ursprünglichere  formen  *sub-voca-o 
*porta-eto  *sta-o  vennuthet;  dann  bietetf  auch  das  oskische 
den  Spiranten  v,  welcher  meist  geschwunden  ist,  wie  in 
den  infinitiveil  censa-um  molta-um^  doch  noch  wenigstens 
in  dem  einen  infinitiv  tribarakavum  dar.  Nach  dem  Cha- 
rakter e  sahen  wir  im  umbr.  kukeh-es  und  nach  dem 
wurzelvocal  i  in  Qih-i-tir  wieder  h  an  die  stelle  von  v  ge- 
treten, mufsten  also  den  Spiranten  v  als  normal  und  ur- 
sprünglich voraussetzen,  so  dafs  wir  dreierlei  stamme  auf 
-av  -ev  -iv  ermittelt  und  dann  durch  die  im  lateinischen 
aufgedeckten  spuren  bestätigt  gefunden  haben. 

Auch  im  griechischen  kann  die  hypothese,  welche 
dort  die  verba  auf  -a&>,  -äö),  -oo)  aus  dem  sufQx  -aja  der 
10.  conjugation  sanskritischer  verba  entstanden  sein  läfst, 
nicht  als  irgendwie  begründet  gelten.  Schon  Oikonomides 
hat  in  seiner  verdienstvollen  veröflFentlichung  der  lokrischen 
inschrift  von  Naupaktos  in  der  schrift  y^Enoixia  ^ox^juiv 
YQa^^iaTa^  kv  'Adrtvaig  1869  p.  115  im  anschlufs  an  Schlei- 
cher und  G.  Curtius  aus  zoXovlo  und  xokoM  {xoXovmJai 
bei  Hesych.)  auf  xoXufoj^  aus  fAox^Bvw  und  ^ox^^f^i  H.  M  259 


198  Savelsberg 

auf  iiaylifM^  aus  fAoltvoa  und  fioXovfa  (b.  Hesych)  auf  ao- 
Xifta  und  uolq/w^  aus  oq&ooh  und  OQ&ivca  auf  ö^t9^q/'a> 
und  OQd^ejra)  geschlossen  und  sie  mit  den  zu  gründe  lie- 
genden nomina  durch  vorausgesetzte  ableitungen  slxi{ -a/og 
'BfoQ  'Ofog  vermittelt,  wie  xokojro)  durch  *xolo^6g  {xoXo- 
ßog)  mit  xoAog,  von  andern  abgeleiteten  verben  noch  ffcijrco 
für  (fccfog  angenommen.  Wir  werden  jetzt  eine  gröfsere 
anzahl  abgeleiteter  verba  von  den  drei  arten  auf  -dut  '-icD 
'00)  zusammenstellen,  die  noch  spuren  von  ausgefallenem 
j:  darbieten.  Für  (pdco  {q:de  Od.  ^  502)  nebst  dessen  Wei- 
terbildungen (faiß(ü  und  (faeivio  ergibt  sich  ein  verbal- 
stamm (pof  aus  dem  n.  pr.  Ari^ocfofiav  bei  Priscian  I  p.  17 
(ed.  Hertz),  aus  q:av(Tif4ßgoTog  bei  Pindar  (daher  (fa{^)eGi' 
'fjißQOTog  bei  Homer),  aus  nufavcxa),  vnO'Cpav-Gig  und  aus 
(fofog^  welches  aus  cfavocpogoi  bei  Hesych.  und  aus  pam- 
phylischem  (f  et  ßog  längst  gefolgert  ist;  übrigens  haben  die 
derivata  an  wurzel  oder  stamm,  wenn  sie  auf  einen  vocal 
auslauten,  wie  hier  die  wurzel  ^cr,  blofs  ^  als  suffix  an- 
gefügt und  nur  nach  consonantischem  auslaut  einer  wurzel 
die  Silben  -af  -g/r,  -oj:  hinzugesetzt*);  —  so  führen  wir 
l'tSvd'Ui  (latq.  Herod.  IV  103)  auf  den  stamm  oTa/  zurück, 
den  wir  in  arav-Qog  ^pfahl",  im  lat.  re-stau-rare  „wieder- 
herstellen** vorfinden  und  den  wir  im  umbrischen  für  stah-u 
stah-e-ren  (aus  *8tav-u  *stav-e-ren)  voraussetzen  müssen; 
—  für  ;^()a«  „ritze,  streife,  greife  an"  (wz.  x^q  in  xdg^ 
'%ccQ'0'g  „scharf")  ergibt  sich  der  stamm  XQ^J^  *"S  XQ^^^V 
II.  £  138,  welche  beide  Eustathios  zu  IL  //  352  durch  den 
begriff  „berührung  der  haut"  (xQojTog  xal  X9^^S  noidv 
hnacfriv)  ohne  zweifei  richtig  mit  einander  verbindet,  — 
für  kXdu)  „treibe"  ein  stamm  kXaj:  aus  klavvb)  und  höher 
hinauf  aus  ^kla-jrdv-o)  *),  —  für  dUo)  „mahle"  ein  stamm 


^)  Oikonomides  a.  o.  p.  115  bemerkt  sehr  gut  von  den  nomina  auf 
-afoqy  ^f^oq  nnd  -rxfoq:  h  oiq  to  VTifQxdfifvov  %ov  f  qpcof^ci'  6t^  iihf 
nvfjxft  fiq  T'ijv  xaxaXij^iv,  ot^  dh  eiq  Tiyr  gtl^ni'  ij  ro  &ifia  toi/  OfO^uccTO^. 
Wo  die  vocale  a,  f,  o  nicht  zu  einer  wurzel  oder  einem  stamm  gehören, 
sollten  sie  eigentlich  bindevocale  heifsen;    sie   sind    aber  mit  dem  folgenden 

^  gewissermafsen   zu   endungen   oder  vielmehr  sufGxen   -o^f  -tß oß  oder 

-an  (in  Xiinv-(Ti])  -fv  {rraidfv-ft))  -ov  {xnXnv-o))  verwachsen. 

*)  wie  in  Ta/-i''-w  aus  ehemaligem  *iay.-fav  =  skr.  tak-van  „dft- 
hinschiefsend,  rasch**. 


umbrisohe  Studien.  199 

aXsj:  aus  aksv^gov  „mebl"  und  ^AXen-dg  n.  pr.,  —  fllr  igicß 
„frage,  suche**  (wz.  *f€Q)  ein  stamm  kgsjr  aus  Hgsv-va  „for- 
schung"  nebst  kgev-vcco)  „spüre  aus",  —  fftr  rsA^o»  „vol- 
lende" ein  stamm  tsIbj:  aus  Tslev-rij  „ende",  —  für  agow 
„ackere"  ein  stamm  ago/  aus  ägov-ga  „ackerland",  —  in 
xoloifM  „ich  verstümmele"  ist  das  ableitungssuffix  -o/r,  wel- 
ches aus  xoloßog  d.  i.  xoXojro-g  „verstümmelt"  folgt,  zu  ov 
diphthongisiert,  —  zu  6gov(o  „ich  stürze  los"  hat  uns  He- 
raklides  bei  Eustathios  p.  1654,  26  von  den  Paraphyliern 
sogar  ogovßot)  d.  h.  oQovfO)  bezeugt,  welches  letztere  dann 
auch  sicher  zu  gunsten  des  sufBxes  -c/r  im  imperf.  o^^ovro 
„sie  eilten"  II.  jB  398.  ^212,  also  für  ogf/ovro  spricht; 
—  für  axovva  folgern  wir  älteres  dxofO)  aus  dem  perfect 
axrjxoa  und  besonders  aus  dem  attischen  Substantiv  axoi^^ 
weil  hier  t]  auf  einen  vorhergehenden  consonanten  und 
zwar  auf /"  schliefsen  läfst,  also  einen  stamm  axoj:^  der 
aus  der  wurzel  ^K  hervorgegangen  ist  * ),  —  endlich  ver- 
muthen  wir,  dafs  rgißia  von  der  wurzel  Ttg  (lat.  ter^o)  ver- 
mittelst eines  suffixes  -</  abgeleitet  ist. 

Nachdem  wir  nun  im  griechischen  je  vier  auf  -cr/r  -«/r 
'Of  endigende  verbalstämme  und  einen  auf  -if  mit  hin- 
länglicher Sicherheit   den  lateinischen   auf  -av  -ev  -iv   ge- 


'  )  Die  wurzel  AK  mit  dem  begriff  der  schärfe  ist  nicht  blofs  zur  be- 
zeichnung  des  gesichtsinnes  im  griech.  0£,  oxxoi'  6(pß^aX/.tcv  bei  Hesychios 
(gewöhnlich  Ofl  nno}/ta),  lat.  ac-ies  „Sehkraft**,  oc-ulus  „äuge**  und  zu  der 
des  schraeckens  in  o5o<;  „Weinessig",  lat.  ac-or  „säure",  ac-ere  „sauer  sein* 
angewandt  worden  (Joh.  Schmidt,  die  wurzel  AK  b,  22),  sondern  vermöge 
ihrer  einst  umfassendem  bezeichnung  aller  sinnlichen  Wahrnehmung,  wonach 
im  skr.  ak-sa-m  (neutr.)  im  allgemeinen  „ Sinnesorgan **  bedeutet  und  das 
lat.  ac-er  als  bei  wort  jedem  der  fünf  sinne  beigelegt  wird  und  überhaupt 
„scharfsinnig"  heifst,  so  auch  im  griechischen  im  weitem  umfange,  beson- 
ders vom  gehör  gebraucht  worden,  gerade  in  dxovw*  Diefs  zeigt  deutlich 
ein  später  entstandenes,  formeU  verwandtes  synonymum  ax^oao^at,  welches 
vom  adj.  ax-(jo-q  „scharf",  ac-er  (tä  noXe'fiva  axgot;  Herod.  VII  111,  xpii/ili' 
ovx  axQoq  V  124,  axpa/oAog  „ jähzornig **  Ar.  Eq.  41)  oder  genauer  von 
dessen  Weiterbildung  *ax^go-ß  n-q  (deren  J^  aus  Hesychs  glosse  dx-Qoßaa&'tu 
vnaxoiffn'  hervorgeht)  ebenso  abgeleitet  ist,  wie  xoiwdo)  »ich  mache  lärm" 
von  xnAomq  „lärm",  und  eigentlich  als  „scharf  machen**  im  sinne  von  „scharf 
acht  geben,  scharf  auffassen"  zu  verstehen  ist.  Dieses  verbum  denominati- 
vum  bietet  in  seiner  deutlich  ausgeprägten  form  bei  gleicher  bedeutung  mit 
dxnvü)  uns  einen  sichern  anhält  daitlr,  dafs  wir  den  begriff  der  schärfe  aufs 
gehör  angewandt  erkennen  und  dadurch  dann  dxovo»  sowol  auf  die  unbe- 
streitbare wurzel  AK  zurückführen,  als  auch  in  seine  bestandtheile  dx-ov-ot 
nach  analogie  von  oq-ov-ia  fioX-ov-to  xoil-ni'/-o)  zerlegen. 


200  Savelsberg 

genüber  gestellt  haben,  wird  gewifs  die  bisherige  theorie, 
welche  alle  solche  in  beiden  sprachen  abgeleitete  verba 
auf  -aw  -60)  -00)  und  -(a)o  -eo  -io  mit  den  indischen  durch 
das  Suffix  -aja  abgeleiteten  verben  der  10.  classe  verglich, 
den  neuen  ergebnissen  weichen  müssen.  Man  behauptete 
überall,  als  wenn  es  sich  von  selbst  verstünde,  den  ausfall 
eines  j,  setzte  also  im  griechischen  für  da^dto  aQxeo)  ogi^oio 
ehemaliges  *daiAdj(a  *dgxeja)  *6Q&6ja)  und  im  lateinischen 
für  domo  aus  ""domao,  dann  für  arceo  und  mollio  ehema- 
liges *domajo  *arcejo  *molHjo  voraus  (L.  Meyer,  vergl. 
gramm.  II  8.  5— 35),  ohne  dafs  ein  eigentlicher  beweis  ge- 
führt ward.  Oder  sollten  etwa  formen  wie  nakaico  (Cur- 
tius  grundz.^  447),  dyaio^ui  neben  &ydofAav  (das.  163), 
veixsio)  neben  veixeu),  dyvotjjai  la  218  neben  ayvoita  als 
wirkliche  beweise  gelten?  Gewifs  konnten  sie  das  nicht. 
Denn  die  diphtbonge  ac  ei  oi  giengen  hier  und  in  vielen 
andern  fällen  den  vocalen  a  b  u  nicht  voraus,  sondern  ha- 
ben sich  eist  aus  diesen  entwickelt:  sie  dienten  zur  deh- 
nung  von  a  s  o,  wie  es  Thiersch  gr.  gramm.  §.  166,  5.  7. 
8.  12  längst  gelehrt  hat,  und  zwar  zu  einer  gelegentlichen, 
namentlich  metrischen  Verlängerung  (im  gegensatz  zur  nor- 
malen debnuDg  a  ?;  o)),  wie  in  Ta/.ai'n(tiQog  gegenüber 
xaka-neigiog^  aifsrog  {alßsrog  bei  Hesych.)  gegenüber  d^e- 
Tog,  dnonveiwv  II.  J  524  gegen  nvsvfAa^  &ei6iv  (&eijr6iv) 
II.  K  437  gegen  äol.  i9eva)  {Ahrens  d.  Aeol.  p.  36),  etwasv 
dniojGBv  bei  Hesych.  und  eiooda  gegen  dw&a  IL  0  408.  422, 
siaQivog  II.  ß  89  gegen  iag  {urspr. ^eoag),  dXoidu)  II.  /568 
gegen  dkodw^  dyvoiyöi  Od.  w  218  gegen  ayvokia^).  Diese 
Verlängerung  oder  diphthongierung  vermittelst  i  durchzieht 
die  griechische  spräche,  wie  im  n.  pr.  KXvTaiuvt]6Tgce  (eig. 
xXvTT^  ^vfjtyrga)  und  im  perf.  etoj&a  in  der  prosa,  zu  viel- 
fach, als  dafs  man  sie  einzig  und  allein  vom  epischen  be- 
dOrfnifs  oder  gar  von  einer  Schreibweise  von  grammati- 
kern,     wie    G.    Curtius    grundzüge  ^  526    will,     herleiten 


1 )  Die  Verlängerung  eines  o  ist  im  Homer  noch  einigemal  ohne  beson- 
dere bezeichnung  geblieben,  z.  b.  das  mittlere  n  von  oüooc;  H.  ^-^  842,  X  5 
und  von  nydoo(i  Od.  ;j  261,  ^  287  (vgl.  octävus)^  welches  lang  gelesen  wer- 
den mufs. 


nmbrische  itadien.  201 

könnte^):  wir  müssen  also  darin  eine  besondere  art  von 
Verlängerung  anerkennen,  welche  hauptsächlich,  wenn  auch 
nicht  ausschliefslich,  vor  digamma  eintrat. 

Eine  zweite  art,  den  charaktervocal  a  s  o  der  verba 
auf  'djrot)  -ifo)  -ofo)  zu  verlängern,  war  die  Verdoppelung 
des  w-lautes,  jedoch  so,  dafs  von  den  zwei  lauten^  (v) 
alsbald  einer  sich  in  v  (u)  auflöste,  also  oo-q/r^o)  zu  6g- 
-oijrci)  wurde  ^),   woher   denn   auch  die  bei  Homer  befind- 


*  )  Anch  die  behanptung  von  Cartins  das.  527,  dafs  diese  verläDgerung 
durch  das  schwinden  des  digamma  bewirkt  worden  sei,  wird  durch  obiges 
a'J^fTof;  sowie  durch  Curtius'  eigene  annähme  eines  epenthetischen 
I.  in  xoij:^iko'q  grandz.  3  150,  wo  ^  nach  dem  diphthong  jedesmal  noch 
vorhanden  ist,  widerlegt  Ferner  ist  die  diphtbongierung  zwar  sehr  häufig 
vor  ß  eingetreten,  da  dieses  vorzugsweise  die  vorhergehende  silbe  gern  lang 
macht,  aber  auch  vor  den  labialen  überhaupt  in  talaUiiwQri<i  futöaC-TioJiiq 
xaiat-z^aii^g  und  sogar  vor  vocalen  wie  ^«»w  für  O-iw  (conj.  aor.)  II.  [J  83, 
i^QfM  für  fQfn  (urspr.  f(\if(To)  IL  A  611,  ^tiaqivoq  II.  B  89  von^iafj  (urspr. 
J^i<rn(j)  n.  Z  148.  Und  so  dürfte  denn  auch  die  diphthon^erung  in  amißw 
wie  in  ö^ttdb>f  anstatt  unmittelbar  aus  den  sanskritwurzeln  miv  und  vad, 
vielmehr  gleicherweise  aas  dem  griechischen  selbst  zu  erklären  sein,  so  dafs 
wir  von  wz.  afjif^  {afxfvofjiat.  bei  Pindar)  und  oj^iö  (woher  aßtjdova  drjdoi'a 
bei  Hesych.)  ausgehen  müssen. 

^ )  Auf  diese  weise  erklärt  sich  1)  die  überlieferte  Schreibung  der  wort- 
formen avi()i>iTni'  fvatii  avCft/nq  bei  Homer  und  xai'oc^ai?  bei  Hesiod.  "E^ya 
666.  693;  denn  da  sie  in  voraussetzlicher  normaler  gestalt  o(i'-^^(ii'<rai- (Dö- 
derlein  Hom.  gloss.  n.  2290),  ¥a^a(h  (Curtius  grundz.  ^  216),  nT-^(faxoq 
(vgl.  ar-Q^fia  b.  Verf.  de  dig  p.  19  und /'//'a/o(j  p.  24),  >ear-;Ad$OK  (Cur- 
tius grundz.  3  515)  lauteten  und  die  erste  silbe  dem  jT  assimilierten,  so  er- 
folgten zunächst  ÖLf^iqvaav  ff^aöf  otT^Z/Ta/o?  xo,^aSa*?,  die  dann  das 
eine  ^,  wie  in  der  regel  vor  einem  consonanten,  so  auch  vor  einem  zweiten 
ß  vocalisierten :  arßiyvaav  tiPaSf  atJ^Cfa^oq  navßd^aiq^  bis  endlich 
nach  auslassnng  des  später  veralteten  schriftzeichens  ^  die  obige  gewöhn- 
liche Schreibung  avr^vaav  (varh  avia/nq  xavd^rnq  haften  blieb;  dazu 
kommt  als  bestätigung  eine  glosse  von  Hesychios:  evq:akov  im&aluaaiov 
ßijft'/v&aldnaiov  (gleichbedeutend  mit  Iqalov  daselbst),  offenbar  aus  ^tt- 
-/aXnv  herzuleiten,  zu  l'ßßnXov  assimiliert  und  dann  ("ßalnv  gesprochen, 
aber  statt  des  veralteten  ^  mit  g.  fiu/ai'))' geschrieben,  Dafs  aber  der  w-laut 
dem  vocal  u  sehr  nahe  kam,  sehen  wir  aus  der  Umschreibung  jenes  lautes 
bei  den  Griechen,  wie  wenn  Dionys  von  Halikamafs  Antiq.  Rom.  I  c.  20 
OriXta  schreibt  und  den  anlaut  als  %i]v  oT  (rvX/.aßriv  ht  aioi/fiot  y(^a(/o- 
fdifl*-  bezeichnet  und  Strabo  IV  190  die  gallischen  namen  Vellavii  Arvemi 
Lemovices  u.  s.  w.  (JrfXXriini  'j4oni'fQioi  Afftonvixeq  schreibt;  2)  wie  den 
skr.  Wörtern  gavala-s  „büffel"  und  gavini  „schamdrüsengegend'*  die  grie- 
chischen ßovßaXne  und  ßovßwv  entsprechen  können,  indem  nämlich  ßn»[fa- 
Xnq  ßnifdiv  aus  ßqffaXnq  ß'ßßwv  hervorgegangen  sind;  dagegen  8)  wie 
ßn^ßiav  fUr  ßot  ßon-  b.  Etym.  magn.  206,  56.  Hesych.  s.  v.  Moeris  p.  94  auf 
die  wirkliche  consonantische  ausspräche  beider^  von  ßnf^o)f  hinweist,  aber 
mit  Übergang  von  /"  in  ^r,  wie  in  zwei  andern  fUllen,  nämlich  im  aor.  2. 
pass.  ^>9dfi  ßrj  ^^f-nXdyti  f&n/tßij&r]  bei  Hesychios,  welcher,  da  eine  etwaige 
nasalierung  im  aor.  2  nie  eintritt,  nur  auf  eine  solche  Verdoppelung  von^,  zu 


202  Savelsberg 

lieben  gleichbedeutenden  doppelformen  axinD  und  a;^6t;«, 
aUouai  und  alevojuai  sowie  die  äoliscben  und  homerischen 
wortformen  kv-Sevt]  (inscr.  Lesb.  C.  I.  G.  n.  2166,  32  ai 
de  'A  Ti  ^vdsijTj)^  kdevriaav  (Od.  t  540),  Ssvojucct^  axovrj  (Od. 
ß  308)  gegenüber  den  gewöhnlichen  formen  dsco  Seofxai 
cc'Aori  und  noch  sonstige  äolische  Überreste  ;^€i;(ü  ß^^via  vsvo) 
kgavo)  (Ahrens  d.  Aeol.  p.  36.  37)  gegenüber  x^(o  &bco  veco 
^Qeo)  aus  gemeinschaftlichen  Urformen  Scyk^M  aXifouat  Sefoo 
axof}]  xkfM  d-Bjro)  vkfia  kgefio  ihre  erklänmg  finden. 

Die  bisher  besprochenen  abgeleiteten  verba,  sowol  die 
griechischen  auf  -dw  -eio  -6o)^  als  die  lateinischen  auf-(a)o 
-eo-  -10  stehen  nunmehr,  nachdem  ihre  lautliche  herleitung 
aus  dem  verbalsuffix  -aja  als  unstatthaft  erwiesen  ist,  mit 
der  10.  skr.  conjugation  allerdings  in  keiner  beziehung,  ge- 
winnen aber  auf  der  andern  seite  viel  mehr  berührungs- 
punkte,  als  sie  verloren  zu  haben  scheinen,  indem  sie  ihre 
bildungsweise  mit  v  (^  in  qpa-^^w  etc.)  zwar  in  weit  ge- 
ringerm  mafse  mit  dem  sanskrit,  wie  in  turv  „obsiegen" 
(wz.  tur),  dhürv  „zu  fall  bringen"  (wz.  dbvar),  gürv 
„versengen''  (wz.  gvar  „fiebern"),  aber  doch  mit  mehrern 
europäischen  sprachen  vielfach  gemein  haben,  zunächst  mit 
den  lettischen  und  slawischen,  und  zwar  mit  den  litaui- 
schen Verbalstämmen  auf  -av,  und  den  slawischen  auf  -ov 
und  -ev,  welche  verbalbildung  vorlängst  nach  Schleichers 
Vorgang  G.  Curtius  in  d.  zeitschr.  III  77  mit  den  griechi- 
schen Verben  auf  -ovod  -«vw  verglichen  hat.  Wir  sehen 
den  oben  constatierten  italischen  verbalstamm  stav,  wel- 
chen wir  im  conj.  fut.  re-stav-e-rit  bei  Properz  II  34,  f)3 
und  im  imperf.  stab-am  nebst  fut.  stab-o  erkannt,  im  um- 
brischen  im  präs.  stah-u  und  fut.  stah-e-ren  in  st  ab 
verwandelt  gefunden,  zuletzt  auch  für  das  gr.  £-(yrcf(jr)-a) 
aus  (STav'Qog  gefolgert  haben,    dem  litauischen   verb  stov- 


*iBäp^Y\  (wz.  fi^OiP  in  &av-ijLfx)  zurückgeführt  werden  kann,  wie  demgemäfs 
also  auch  &äfAßo(i  auf  *&-(iffoqj  und  zweitens  a/Kp^v  ai'/i/»»  bei  Hesych. 
aus  *aj^iptir^  welche  voraussetzliche  form*)  aus  *(x^;^»/i' (gew.  ai';fiy»),  einem 
derivatum  der  wurzel  ^f/,  durch  labialismus  verwandelt  ist. 

*)  Wozu  wir  jetzt  in  der  lokrischen  inschrift  von  NaupaktoB  v.  40 
NAFnAKTION  (TVt^rraxr/on)  neben  N/iY FI  AKTION  v.  14  eine  ana- 
logie  haben. 


ambriflche  Stadien.  20$ 

'ü'ti  »stehen"  und  slawischen  stav-i-ti  „stellen'^  gegenüber- 
stehen; —  der  lateinische  verbalstamm  dav  mit  dab-am 
und  dab'O  sowie  griech.  Si'Sü{^)'0}  mit  Sov-vai  (=  skr. 
dävanö  nach  Delbrück  in  d.  zeitschr.  XVIII  82)  stehen 
dem  lit.  du-H  mit  praet.  dav-iau  und  subst.  dov-anä  „gäbe", 
wie  auch  dem  ^slaw.  dav-a-ti  gegenüber.  Zahlreich  sind 
denominativa  der  art,  wie  im  litauischen:  kelidu-ti^  praet. 
keliav-aü  „reisen"  von  kilies  „weg",  —  bältu-ti^  praet. 
bäliav-au  „weifs  aussehen"  von  bdlta-s  „weifs"  —  aszaru-ti 
lacrimare,  praet.  äszarav-au  lacrimab-am;  —  im  slawi- 
schen: f^ojev-a-ti  »krieg  führen",  milov-a-ti  „liebkosen, 
schmeicheln",  trebov-a-ti  „bedürfen",  cerov-a-ti  „glauben" 
(an  etwas),  nocev-a-ti  wx^v-eiv^  zimov-a-ti  praet.  zimov-M-li 
(eig.  partic.)  hiemab-ant. 

Auch  in  den  germanischen  sprachen  waren  auf  v  aus- 
lautende, aus  der  wurzel  erweiterte  stamme  vorlianden,  so 
im  gothischen:  ga-malv-jan  „zermalmen^  (von  mal-an  „mah- 
len"), valvjan  „wälzen"  (mit  valt-jan  „wälzen"  von  wz. 
*val^  L.  Meyer  die  goth.  spr.  p.  409),  us-fratv-jan  „klug 
machen"  von  frath-jan  „verständig  sein"^);  im  althoch- 
deutschen nduyen  „nähen",  (er)  ndwit  assoit,  GraflP  11  997, 
molaw-en  ta!bere  GraflP  II  713,  das  intransitive  verbum  zu 
mal-an  meiere  conterere;  —  im  angelsächsischen:  cndv-en 
(praet.  cneöc)  „kennen",  zu  vergleichen  mit  griech.  tloky 
-vo/ra-g*),  also  aucha-/ro/"-6w,  wie  auch  mit  russ.u-isnar-a-ti 
„erkennen";  thrdt>-en  (praet.  threöv)  „drehen",  womit  L. 
Meyer  in  d.  zeitschr.  VIII  259  ahd.  drdjan,  mhd.  draejen 
und  „die  genau  entsprechende  form  im  lat.  ter-ere^  das  im 
perf.  trtvi  und  partic.  iritus  dieselbe  lautumstellung  zeigt", 
nebst  terebra  tbqbtqov  toqvoq  verglichen  hat,  und  wozu 
noch  genauer  das  griech.  Tgißbt)  d.  h.  rgi^oa  pafst,  indem 
es  aufser  der  methathesis,    die   nur  in  I  gegen  ags.  ä    va- 


^)  vielleicht  saggqv-jan  „senken"  and  noch  viele  ähnliche,  deren  wur- 
zeln auf  einen  gutturalen  auslauten;  doch  ist  es  dann  nicht  immer  klar,  ob 
V  blofs  lautlich  aus  dem  gutturalen  entwickelt  oder  aber  suflfiz  ist.  S.  Leo 
Meyer,  die  goth.  spr.  p.  377. 

')  S.  Verf.   de  dig.    p.    62   und    taf.  I  18    inscr.  Gore,  f/zl  jvfiwi  JJom 


204  Savelsberg 

riiert,  auch  dasselbe  suffix  v  angenommen  hat,  —  mdv-en 
(praet.  meöv)  ,5mähen'^,  womit  man  griech.  äudco  verglei- 
chen und  zu  urspr.  a-f,ta^oj  (mit  «  prostheticum)  zurück- 
führen kann.  Schliefslich  führen  wir,  indem  wir  für  die 
vollständige  erforschung  dieser  verba  und  ihrer  wurzeln 
auf  L.  Meyer  in  d.  zeitschr.  VIII  246  —  286  verweisen, 
noch  sdv-en^  praet.  seöv  „säen"  an,  ahd.  säw-an  neben 
säjan  (GraflP  VI  54),  keltisch  und  zwar  bis  jetzt  nur  kym- 
risch  heu  serere,  yd  kewyt  satum  est  bei  Ebel-Zeuss  graram. 
celt.  ed.  2  p.  1 23 ,  welches  lautlich  ganz  entsprechend  ist, 
da  im  neuen  kymrisehen  oft  h  aus  altem  s*),  also  hewyt 
aus  sewyt  {=  sewit)  hervorgegangen  ist. 

Das  letztgenannte  verb  hilft  uns  das  noch  unerklärte 
umbrische  wort  sahaia  deuten.  Die  bedeutung  „saat** 
wird  uns  keine  Schwierigkeit  bereiten,  daher  suchen  wir 
zuerst  die  form  möglichst  zu  sichern  und  setzen  als  ältere 
gestalt  von  sahata^  da  wir  so  oft  h  für  v  fanden,  *savata 
voraus,  wozu  dann  einerseits  das  dem  umbrischen  nahe 
stehende  keltische  mit  hewyt,  auf  der  andern  seite  der 
name  für  den  saatengott  in  Latium  Sä-turnu-s  stimmt,  in- 
sofern als  dessen  erste  silbe  mit  langem  a  gegenüber  dem 
kurzen  von  sä-tus  jetzt  aus  einer  alten  gefäfsinschrift  Sae- 
turnus  deutlich  als  contrahiert  erscheint  und  ohne  zweifei 
von  ^sav-e-re  (einer  ableitung  der  wz.  sa  serere*))  ausge- 
gangen ist,  wie  dies  schon  Schwenck  aufstellte  (s.  Schweit- 
zer in  d.  zeitschr.  IV  65),  ohne  noch  die  obigen  analogien 
verwandter  sprachen  zu  kennen.  Sahata,  hier  Substantiv, 
eigentlich  feminin  des  particips,  hat  den  frühern  bindevocal 
e  dem  vorhergehenden  vocal  assimiliert,  wie  oben  s.  154 
das  partieip  co-moho-ta^  die  imperative  depon.  spah-a-mu, 


^ )  kymrisch  he-lahar  gegen  altirisch  su-lbir  „wohlredend,  beredt",  hint 
gegen  altir.  sei,  goth.  sinths  »weg*^,  hen  gegen  altir.  «en,  1.  senex.  Ebel-Zeuss 
gr.  celt.  p.  122.  123. 

2)  Das  gewohnliche  verbum  sero  ist  ein  redupliciertes  präsens,  eigent- 
lich *8i'80,  wie  gi-gno  si-sto  bi~bo  (L.  Meyer  in  d.  zeitschr.  VIII  249),  hat 
sich  aber  mit  der  reduplication  ganz  verschmolzen  und  dabei  den  vocal  der 
Wurzel  sa  (in  sa-tus)  verloren  (wie  sist-o  aus  wz  sta)  und  bei  der  verwan- 
delung  von  s  in  r  zugleich  die  von  i  in  e  angenommen  —  se-r-o.  S,  oben 
8.  182. 


nmbrische  Studien.  205 

ehe-iursiah-a-mu  u.  a.  Gehen  wir  nun  zur  genauem  be- 
Stimmung  des  sinnes  über,  so  gehört  sahata  in  den  um- 
brischen  tafeln  zu  vier  örtlichkeiten  bei  Iguvium,  an  denen 
geopfert  werden  soll,  von  denen  zwei,  funtler-e  Ib  24 
und  Akerunie  Ib  43  jhre  erklärung  „an  den  quellen, 
ad  fontulos"  und  „in  Aquilonia"  von  Aufrecht  und  Kirch- 
hoff II  278.  298  erhalten  haben,  rupinie.e  Ib  27  (oder 
ruhine  Vlla  6)  aber  und  säte  Ib  31  (oder  sahate  VIIa41) 
sie  noch  erwarten.  Wir  deuten  diese  zwei  als  locative 
von  rupina  „rübenfeld,  lat.  rapina^  und  von  sahata  „Saat- 
feld, ]sit,  seges^,  und  zwar  hauptsächlich  „getreidefeld"  '  )• 
Rupinie.e  (mit  vorgeschlagenem  i  vor  e,  s.  oben  s.  116) 
wird  noch  von  der  präp.  em  begleitet,  welche  aber  zu  e 
abgestumpft  ist^)  und  so  auch  bei  bezeichnung  der  richtung 
dem  accusativ  unmittelbar  angehängt  wird  in  rupinam-e 
Ib  35.  36  (rubinam-e  Vlla  43.  44)  und  sätam-e  Ib  38, 
wogegen  die  präposition  trahaf  oder  trä  dem  locativ  sa- 
hate Vlla  41.  Ib  31  und  acc.  sahata{m)  Vlla  5.  39.  44.  45 
voraufgeht.  An  den  einzelnen  stellen  wird  nun  vorge- 
schrieben, dafs  der  opfernde  erstens  „an  den  quellen,  ad 
fontulos"  funtler-e  Ib  24  (fondlir-e  Vlla  3)  drei  eher, 
zweitens  „auf  dem  rübenfeld"  rupinie.e  Ib  27  {rubine 
Vlla  6)  drei  säue  opfere,  dann  (was  die  vollständigere  ta- 
fel  VII  V.  39  allein  enthält)  bis  hinter  das  Saatfeld  gehe 
{traf  sahatam  etu)  und  drittens  „hinter  dem  Saatfeld" 
tra  säte  Ib  31  {trahaf  sahate  Vlla  41)  drei  kuhkälber 
opfere,  darauf  dort,  wo  sie  die  eher  werden  geopfert  ha- 
ben (pufe  apruf  fakurent  Ib  33.  34.  Vlla  43),  also  an  den 
quellen  (Aufrecht  und  Kirchhoff  II  290),  nach  dem  rüben- 
felde  rückwärts  schaue  und  über  das  Saatfeld  hinüber 
(Ib  35.  Vlla  44),  dann  nach  dem  rübenfeld  rückwärts 
wende  und  nach  dem  saatfelde  hinwende  (Ib  36.  38.  Vlla 


1)  Varro  de  re  rust.  148:  In  segetibus  antem  frumentum,  quod  cul- 
mus  extulit.  Ovid.  Met.  X  655.  Et  segetis  canae  stantes  percurrere  ari- 
stas.  Verg.  Aen.  VII  808.  —  Auch  zum  rübenfeld  war  nicht  jeder  boden 
geeignet;  denn  Cato  verlangt  c.  35,  dafs  man  rUben  in  einen  gut  gedüngten 
oder  fetten  boden  säen  soll, 

2)  S.  oben  s.  100. 


206  Savelsberg 

44.  45),  zaietzt  viertens  „in  Aquilonia"  Akerunielb43 
{Acersoniem  VII  a  52)  drei  junge  köhe  opfere. 

So  schliefseu  wir  denn  unsere  beobachtungen  in  diesem 
abschnitt  mit  dem  umbrischen,  von  wo  wir  ausgegangen  sind. 
Dort  haben  wir  alterthOmliche  Oberreste  einiger  auf  v 
auslautender  verbalstämme  gefunden,  dann  noch  besonders 
durch  die  nachweisung  des  lautwandels  von  v  in  h  drei 
arten  solcher  verbalstämme  auf  -av  -ev  -iv  ermittelt,  welche 
dann  weiter  zu  bisher  unbeachteten  spuren  abgeleiteter 
lateinischer  stamme  auf  -av  -ev  -iv  in  den  drei  bekann- 
ten conjugationen  führten,  bis  wir  zuletzt  solche  verbal- 
stämme auf  -av  -ev  -iv  -ov  durch  viele  verwandte 
sprachen  verbreitet  gesehen  haben. 

13.     Lautwandel    von    1    in    r  (rs). 

Das  umbrische  hat  einen  unter  den  italischen  sprachen 
ihm  ganz  eigenthümlichen  laut,  nämlich  ein  zischendes  r, 
welches  altumbrisch  in  nationaler  schrift  durch  S  ,  neuum- 
brisch  durch  rs  bezeichnet  wird  (Aufrecht-KirchhoflP  I  84), 
welches  in  der  ausspräche  wohl  dem  polnischen  rz  ver- 
gleichbar ist,  selten  aber  wie  dieses  aus  r,  sondern  meist 
aus  d  hervorgegangen  ist.  Auch  aus  1  ist  ein  solches  r 
entstanden,  doch  wahrscheinlich  erst  über  die  mittelstufe 
d  hinüber^).  Folgende  beispiele  können  als  hinlänglich 
sicher  gelten: 

Akerunie  Ib43  Acersoniem  VII a  52  ist  lat.  Aquiloniae 

(in  Aquilonia), 

famerias  IIb  2  familiae^  {pater')familiaSy 

Pumperias  IIb  2  Pompiliae^ 

karetu  Ib33  cam^w  Via  17.    calato^xaksiTco.  A,K.lIi05. 


1 )  Wir  vermuthen  diefs,  weil  der  Übergang  von  1  in  j:  (rs)  verhältnifs- 
mäfsig  selten,  der  von  d  in  f  aber  zwischen  zwei  vocalen  regelmäfsig  statt 
findet  mit  ausnähme  von  nur  vier  formen  (A.  K.  I  84).  Es  besteht  wirklich 
zwischen  Akepunie  und  Acersoniem  eine  solche  mittelform  Akudunniad 
(abl.)  auf  oskiscben  münzen  (A.  K.  I  84)  und  sonst  ist  auch  im  lateinischen 
zuweilen  1  in  d  Übergegangen,  so  calamitas  Capitolium  volebam  in  cadflmitas 
Capitodium  vodela,  neben  Gudulius  kam  Gududia  vor  und  dem  griech.  aXiKpa 
steht  lat.  adeps  gegenüber.     Corssen  ausspr.  I  ^  224. 


nmbrische  Stadien.  207 

Auch  zeref  la  25.33.34  und  serse  VIb  17.  22.41  glauben 
wir  vermittelst  annähme  des  lautwandels  von  1  in  r  (rs) 
erklären  zu  können.  Wir  sehen  in  la  34  kumultu  zeref, 
kumat(e)s  persnimu  (vgl.  VIb  17.  41)  aus  kumultu 
„commolito'^,  dafs  zere  eine  mahlbare  frucht  ist,  wahr- 
scheinlich das  lat.  sili-go  „winterweizen",  welches  eine  Wei- 
terbildung von  sili  ist*).  Im  umbrischen  gehört  zere 
oder  sersßy  von  welchem  nur  der  acc.  pl.  zeref  la  2f).  33, 
oder  serse  mit  abfall  des  f  VIb  17  und  41  serse  pisher 
komoltu^  und  der  dat.-abl.  plur.  la  34,  jedoch  verschrieben, 
zeref  kumats  anstatt  zeres^)  kumates  und  serse  mit 
abfall  des  s  VIb  41  serse{s)  komatir  vorkommen,  zu  den 
nomina  auf  i  nach  der  3.  declination  ( Aufr.-Kirchh.  I  123) 
und  auch  für  das  e  der  ersten  silbe  dürfen  wir  älteres  i, 
also  den  stamm  ziri  voraussetzen.  Das  z  von  zere  se- 
hen  wir  wie  das  in  kazi  und  anzeriatu  schon  im  neu- 
umbrischen  zu  s  geworden  in  serse  und  anseriato^  desglei- 
chen im  lateinischen  in  sili  wie  in  caseus  und  ob-servato. 
Es  ist  aber  jenes  umbrische  z  sehr  beachtenswerth,  weil 
es  nicht  nur,  wie  Aufrecht  und  KirchhoflP  I  108  bemerkt 
haben,  im  auslaut  z.  b.  in  tapez  y^tacitus^^  sondern  auch 
im  inlaut  und  anlaut  aus  t  und  s  verschmolzen,  oder  viel- 
mehr an  beiden  letztern  stellen  durch  zetacismus  aus  t 
entstanden  ist  und  jedesmal  zur  aufßndung  der  grundform 
und  etymologie  besser  als  das  spätere  s  den  weg  bahnt. 
So  leitet  uns  kazi  auf  skr.  katvara  n.  „molken,  mit  was- 
ser  vermischte  buttermilch**,  das  auch  katura  und  kad- 
vara  lautete  und  kadara  n.  „geronnene  milch'^  neben  sich 
hatte;  —  an-zeria-tu  y^ob-serva-io^  bekundet  seinen  Zu- 
sammenhang mit  griech.  r//^€-a>  „wahrnehmen,  beobachten, 

^ )  Wie  lenti-go  „  linsenförmige  flecken ,  Sommersprossen  **  vom  alten 
lenti  8  „linse"  (Priscian.  VII  64),  vergl.  citrä-go  „citronenkraut**  von  citru-Sf 
lappä-go  „eine  klettenäbnliche  pflanze*  von  lappa  „klette**.  Ob  aber  das 
Stammwort  sili  im  compositum  sili-cemium  „leichenschmaus**  und  in  der  bei 
Festus  p.  847  und  Paulus  p.  846  von  silatum  gegebenen  erklärung  „vinum 
sili  conditum*^  enthalten  sei  und  mit  der  von  Corssen  ausspr.  I^  448  gefol- 
gerten deutung  „wQrzkraut  (mit  wUrzkraut  gemichter  wein)*  sich  vereinigen 
lasse,  ist  schwer  zu  ergründen. 

2^  Da  es  im  nationalen  aiphabet  geschrieben  ist  SjCf^j:,  so  lafst  sich 
die  Verwechselung  leicht  erklären  durch  die  ähnlichkeit  von  8  mit    2  * 


208  Savelsberg 

bewahren^;  —  meDzaru  IIa  16  y^mensarum^  müssen  wir 
mit  hülfe  des  lat.  subst.  mensa  erklären:  dieses  ist  femini- 
num  des  particips  mensu-s  „gemessen^,  welches  von  einem 
stamm  ment^  wie  sen-su-s  von  senUio^  gebildet  ist,  nur  mit 
der  eigenheit,  dafs  das  particip  allein,  nicht  der  verbal- 
stamm in  tnet'ior^  nasaliert  ist,  während  umgekehrt  vom 
stamme  fend  neben  in-fen-su-s  ein  zweites  particip  in-fes- 
'tU'S  besteht,  das  den  nasal  verloren  hat;  aber  besser  als 
die  aus  urspr.  *8ent-tu-s  *ment-tu-8  verwandelten  participia 
sensus  mensus  hat  das  umbrische  menza  vom  t-laut  in 
seiner  voraussetzlichen  grundform  *ment-ta  *menta  wenig- 
stens noch  eine  andeutung  in  dem  z  bewahrt;  —  zere 
deutet  auf  älteres  *tili  und  leitet  uns  auf  skr.  tila  „die 
sesampilanze'^,  deren  körner  gegessen  wurden.  Mit  diesem 
Worte  sind  ohne  zweifei  tirima  und  tirija  verwandt,  die 
eine  art  reis  bedeuten  und  das  ältere  r  bewahrt  haben;  ja 
selbst  für  das  von  tila  gebildete  adj.  tilja  ist  wahrschein- 
lich noch  das  ältere  tirja  vorhanden  im  Atharvaveda  4,7,3 
karambha  tirja  „grütze  aus  sesamkörnern^.  Somit  ge- 
langen wir  zur  urform  tiri,  die  wir  an  der  band  von 
umbr.  zere  auch  für  lat.  sili  folgern  dürfen,  und  zur  Wur- 
zel tar  mit  der  bedeutung  „reiben'^,  aus  welcher  das  skr. 
adj.  taruna  „zart''  hervorgegangen  ist  (Curtius  grundz.^ 
209)  und  lat.  triticum  („quod  tritum  e  spicis"  Varro  1. 
L.  V  106)  nebst  seiner  unterart  «i/e-^o  benannt  ist,  wie 
auch  gränum  „körn"  aus  demselben  begriflp  „reiben"  einer 
andern  wurzel  gar  (Curtius  grundz.^  167)  abgeleitet  ist. 

14.     Lautwandel   von   s  in  r. 

Aufrecht  und  Kirchhoff  haben  I  103  den  lautwandel 
von  s  in  r  zwar  genügend  festgestellt  und  im  inlaut  fbr 
die  älteste  periode  anerkannt,  aber  im  auslaut  ihn  auf  die 
drei  tafeln  der  zweiten  periode,  taf  V  VI  VII,  beschränkt, 
oder  aber  nur  ein  Vorspiel  des  Überganges  in  tafel  III  und 
IV  aus  der  ersten  periode  finden  wollen.  Wir  müssen 
jedoch  den  rhotacistnus  entschieden  den  ältesten  tafeln  vin- 
dicieren  und  zu  den  beispielen  vom  auslaut  (A.  K.   I  104) 


umbriioh«  Stadien.  209 

sowohl  ariper  la  27  und  areper  Ib  30.  33  wegen  ihres 
wechseis  mit  aripes  Ib  7  und  arepes  la  6.  19.  23.  Ib  4 
und  mit  arepe  Ib  26.  44.  IIa  7  mitzählen,  in  welchem 
formenwechsel  wir  eine  merkwürdige  Übereinstimmung  mit 
dem  dat.-abl.  plur.  Atijerier  Va  4.  16.  Atiersier  Vllb  1 
und  Atijeries  III  24  nebst  Atijerie  IIa  2.  III  '29  ge- 
wahren, als  auch  die  beachtenswerthe  form  sebmeniar 
Ib  42  hinzufügen,  welche  Aufrecht  und  Kirchho£P  I  104 
anm.  **  und  II  297  für  ein  verstümmeltes  neutrum  eines 
adjectivs  auf  -aris  erklären.  Jedoch  gleichwie  die  be- 
bauptung,  dafs  die  tafeln  |der  altern  periode  den  ein  Wir- 
kungen des  rhotacismus  nicht  unterlägen,  unhaltbar  ist,  so 
fallen  auch  alle  daran  geknüpfte  folgerungen  und  annah- 
men. In  unserer  stelle  Ia42:  iveka  perakre  tusetu^) 
(41)  super  kumne  arfertur,  prinuvatu  tuf  tuse- 
tutu,  (42)  hutra  furu  sebmeniar  hatutu,  mit  wel- 
cher wir  die  jüngere  fassung  Vlla  52:  ivenga  peracrio 
(ursiiuio  .  ...  et  (52)  prinuvatur  hondra  furo  sehemeniar 
hatuto  vergleichen  > müssen,  ist  sebmeniar  unzweifelhaft 
objectsaccusativ  zum  verb.  hatutu  (hatuto)^  da  derselbe 
imperativ  im  singular  deutlich  sowohl  in  Ib  11  krenka- 
trum  hatu,  als  in  IIa  22  sufafiaf  supaf  hahtu  mit 
dem  accusativ  construiert  ist,  und  so  stimmt  denn  seb- 
meniar la  42  als  attribut  zu  tuf  und  zu  einem  im  ge- 
danken  supplierten  acc.  ivekaf,  dessen  singular  iveka 
perakre  vorhergeht:  „juvencam  anniculam^)  torreto  su- 
per arce^)  adfertor,  privati  duas  torrento,  infra  forum  ^) 
semestres  (juvencas)  — nto",  und  ähnlich  bildet  sehemeniar 
VII  a  52  mit  hinzugedachtem  ivengaf  zum  vorhergehenden 
V.  51  ivenga  peracrio  tursituto  einen  gegensatz:  „juven- 
cam  annicularum  (i.  e.  ex  anniculis)  torrento  ....  et  pri- 
vati infra  forum  semestres  (juvencas)  — nto'^.  Als  accu- 
sativ aber  ist  sebmeniar  aus  *sehmenias  entstanden  und 
würde  schon  fQr  sich  allein  genügen,  um  das  dasein  eines 


1)  Die  tafel  hat  TVSEIV,    da    der  graveoir  den  querstrich  durch   |    zn 
ziehen  vergessen  hat. 

3 )  Die  begriindung  dieser  deutung  folgt  im  zweiten  theil. 
3)  Näheres  über  knmne  und  furn  folgt  im  zweiten  theil. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  8.         '  14 


210  fiAvelsberg 

acc.  pl.  fem.  auf  -as  in  übereinstimmuDg  mit  dem  lateini- 
schen und  oskischen  und  vielen  andern  verwandten  spra- 
chen auch  fbr  das  umbrische  statt  der  abweichenden  en- 
dung  -af  zu  bezeugen;  es  kommt  aber  noch  dazu,  dafs 
die  ältere  endung  auf  -s  im  acc.  pl.  sich  wirklich  einige- 
mal erhalten  hat.  So  finden  wir  IIa  vinu  pune  tertu 
(41)  struhplas  fiklas  sufafias,  kumaitu:  „vinum  tus 
dato  strues  fercta^)  — ,  commolito*^  den  normalen  acc.  pl. 
auf  -as  in  drei  nomina,  welche  objecte  zu  tertu  sind, 
nicht  etwa  zu  kumaltu,  da  dieses  gewöhnlich  ohne  object 
steht  (A.K.  II  206)  IIa9.41.  IV 28,  wie  maletu  IIa  18  und 
comoltu  Vlla  39.  44.  45,  seltener  mit  object  zeref  ku- 
multu  la  33  und  serse  comoltu  VIb  17.41.  Das  zu  den 
objecten  struhplas  fiklas  sufafias  gehörende  verb 
tertu  (dato)  wechselt  hier,  wie  sonst  noch  einmal  ferta 
(ferto)  IIa  17:  Huntia  fertu  (18)  katlu,  arvia,  struh- 
pla,  fikla,  pune,  vinu,  salu  mit  dem  verb.  arveitu 
(advehito)  ab,  welches  als  das  durchaus  übliche  erscheint 
in  strupla  arveitu  III  34,  fikla  arveitu  IIa  29  oder 
ficla  arsveitu  Via  56.  59.  VIb  2.  5.  20.  23.  44.46.  Vlla 
4.8.  54  und  einmal  ficlam  arsveitu  Vlla  42.  Ferner  ist 
von  der  o-declination  noch  ein  accusativ  auf  -ns  übrig  in 
Vlla  43  abrons  facurent^  während  die  alte  parallelstelle 
Ib33  apruf  und  auch  dieselbe  tafel  Vlla  v.  3  abrofhai. 
Dieser  jetzt  constatierte  ausgang  des  acc.  pl.  abro-ns  wird 
nun  aufserdem  durch  analogien  aus  den  verwandten  sprachen, 
wie  kret.  TtgeiyevTavg  C.  I.  G.  II  n.  3058, 4  (ChishuU)  und 
goth.  vulfa-ns  sunu-ns  als  ganz  normale  endung  bestätigt. 
S.  Bopp,  vergl.  gramm.  I^466ff.  Nachdem  also  sehme- 
niar  als  zweiter  beleg  für  den  rhotacismus  im  auslaut  auf 
tafel  I  nachgewiesen  ist,  fügen  wir  zu  den  beispielen  vom 
inlaut  (A.  K.  I  103),  wie  3.  pl.  fut.  ind.  stah-e-ren  Ib  19 
(stabunt)  aus  *stah-e-sen(t),  worauf  die  vergleichung  mit 
osk.  censa-zet  (censebunt)  zurückfahrt,  und  infinitiv  er-u 
Va  26  oder  er-om  VII b  2  (esse)  von  wz.  es  „sein^,  gan« 
besonders    das    häufig    vorkommende   nomen  erus   hinzu. 


^ )  Sieh  ^d.  ZZ  1.  444. 


umbrische  stttdien.  211 

Dieses   wort  erklären   wir   fiir   einen  dativ  plural  von  esu 
^gott^;    denn    dazu    stimmt    1)   die   endung  s   in   eru-s, 
2)  seine  regelmäfsige  Verbindung  mit  einem  verbum,    das 
geben  bedeutet:  tertu  tetu  titu  dirstu  diiu  (dato),  tera 
dersa  (dei)^  kuveitu  (convehito  oder  conferto);  3)  bahnen 
uns  die  vorgeschriebenen   gaben   den  weg   zur  feststell ung 
der  bedeutung  von  erus,    vor  allen  die  in  VIb  16  prose- 
seto  erus  diiu  und  VIb  38  proseseto  erus  dirstu  erwähnten 
proseseto,   lat.  prosecia  „zur echtgeschnittene  opferstöcke", 
welche   nur  gaben   für  die  götter  sind*),   wie  auch,   wenn 
opferthiere  genannt  werden,  deren  exta  {jecur^  cor^  pulmo 
bei  Cicero   de  div.  1112,29),    gehörig  zugeschnitten,    als 
der   für  die  götter  bestimmte  antheil  zu  verstehen  sind*); 
4)  bietet  sich   uns  jetzt  das  umbrisch -keltische  wort  esu 
„gott^  dar,   welches  uns  um  so  willkommener  ist,   weil  in 
den  zahlreichen  Vorschriften  über  Opfer  in  den  sieben  um- 
brischen   tafeln   zwar  das  von  esu  abgeleitete  adj.  esunu 
„divinus**  z.  b.  in  ri  esune  Va  4  „rei  divinae"  (dat.)  und 
subst.  esunum  „opfer"  erkannt  worden  ist,  noch  niemand 
aber  eine   bezeiehnung  für  gott  gefunden  hat,    doch  wohl 
nur   wegen  verkennung    des   rhotacismus    in    den   ältesten 
tafeln^);  endlich  5)  pafst  in   der  that  für  erus  die  bedeu- 
tung „den  göttern"  an  allen  stellen,   deren  sinn  wir  über- 
haupt verstehen,   wie  die  Übersetzung  im  einzelnen  zeigen 
wird.     Auf  die  Vorschrift  IIb  21   Enu   erus  tetu  vitlu 
vufru  „Deinde  diis  dato  vitulum  varium"  folgt  das  wirk- 
liche opfer  IIb  24  Jupater  Sape,  tefe  estu  vitlu  vu- 
fru   sestu    „Jupiter   Sance,     tibi   istum    vitulum    varium 
sisto".     Eine    gröfsere  stelle,    die   nunmehr   ihre  vollstän- 


^)  Paulus  ans  Festus  p.  78  M.:  Exta  dicta,  quod  ea  diis  prosecen- 
tur,  qnae  maxime  exstant  eminentque.  —  Lucilius  ed.  Gerlach  p.  38  n.  9: 
Coenam,  inquit,  nullam,  ueque  dlvo  prosectjam  uUam.  —  Statius  Theb. 
V  641  dederat  prosecta  tonanti. 

>)  Cato  de  re  rust.  c.  184:  Ubi  exta  prosecta  erunt,  Jano  struem 
commoveto.  Eine  sehr  gewöhnliche  formel  ist  „  exta  diis  dare  "^  x.  b.  bei 
Varro  de  re  rust.  I  29  Exta  deis  cum  dabant.  Ovid.  Fast.  161  Nara  simul 
exta  deo  data  sunt  u.  s.  w.     Sieh  Brissonius  de  formul.  I  25. 

*)  Später  sahen  wir,  dafs  Panzerbieter  im  programm  von  Meiningen 
1851  p.  12  von  erus  den  sinn  diis  erkannt  hat,  aber  die  form  verfehlt,  da 
er  urspr.  eru  ansetzt  statt  esn. 

14- 


S12  Savelsberg 

dige  deutimg  erhält,  ist  folgende  in  älterer  und  jüngerer 
fassung  : 

Ib  33    Pune   purtinpus  Vlla  42  \4j9e  (43)  purdin- 

karetu,  pufe  apruf(34)  Qiust    carsiiu    pufe    abrons 

fakurent,     puze     erus  facurent,  puse  erus  dersa; 

tera;    ape  erus  teruet,  ape    erus    dirsust,    postro 

pustru   (35)   kupifiatu  combißatu    rubiname^    erus 

rupiname,    erus    tera;  (44)  dersa;  enem  traha  so- 

ene  tra  sahta  kupifi-  hatam  combißatu, erus  dersa. 
aia,  (36)  erus  tera. 

„Quom  portaverit,  calato,  ubi  apros  fecerint,  ut  diis  det*); 
postquam  diis  dederit,  retro  conspicito  in  rapinam,  diis  det^); 
deinde  Irans  segetem  conspiciat,  diis  det^). 

Die  oben  erwähnte  stelle  VI  b  38  proseseto  erus  dirstu, 
welche  mit  VIb  16  proseseto  erus  ditu  gleichbedeutend 
ist  „prosecta  diis  dato'^,  benutzen  wir  nun  noch  zur  er- 
kläning  der  ihr  speciell  entsprechenden  altumbrischen  Vor- 
schrift, die  wir  ihr  hier  gegenüber  stellen: 

Ia33  Api  surufpurti-  VIb  37  Ape  pesondro  purdin- 
tius,  euuk  hapinaru  gus,  (38)  proseseto  erus  dirstu. 
erus  titu. 

Hier  mufs  zu  hapinaru,  dem  gen.  plur.  von  hapina, 
welches  nach  Aufrecht  und  Kirchho£P  II  234  so  viel  wie 
Ovis  oder  eine  besondere  art  von  schafen  bedeutet  haben 
mag,  das  object,  von  dem  der  genetiv  abhängt,  nämlich 
nach  analogie  von  IIb  12  kapres  prusepetu  ife  ar- 
veitu  „capri  prosecta  ibi  advehito"  sicher  prusepetu 
suppliert  werden,  wie  auch  dem  genetiv  hapinaru  gegen- 
über die  parallele  neuumbrische  stelle  VIb  38  wirklich 
proseseto  hat,  die  aber  das  opferthier  nicht  nennt,  indem 

*)  sc.  exta  trium  aprorum.  Ib  24  Fnntler-e  trif  apruf  rufra  ute 
peiu  feitu.  Vgl.  VIIa3.  lieber  funtler-e  „an  den  quellchen*  8.  oben 
s.   205. 

2)  sc.  exta  trium  porcarum.  Ib  27  Rupinie.e  tre  purka  rafra 
Ute  peia  fetu.     Vgl.  VII a  6.     üeber  rupina  „rübenfeld"  s.  oben  a.  206. 

3)  sc.  exta  trium  vitnlarum.  Ib  81  Tra  säte  traf  vitlaf  feita. 
Vgl.  VII  a  41.     Ueber  sata  oder  sahata  „Saatfeld*  s.  oben  s.  205. 


nmbriflche  Btndien.  213 

die  vor  dem  gebet  v.  25  —  37  kurz  vorher  v.  23  und  24 
angegebene  habina  im  gedanken  festgehalten  wird.  Aehn- 
lioh  verhält  es  sich  mit  VIb  16  ape  eam  purdinsust^  pro- 
seseto  erus  ditu  „postquam  eam  portaverit,  prosecta  diis 
dato**,  wo  indefs  mit  dem  pronomen  eam  klar  genug  auf 
die  V.  9  vor  dem  gebet  genannte,  uns  freilieh  unbekannte 
mefa  spefa  hingedeutet  wird.  Von  den  andern  für  die  göt- 
ter  (erus)  bestimmten  gaben,  die  noch  nicht  gedeutet 
sind,  haben  wir  nur  über  iepru  die  vermuthung,  dafs  es 
„jerwr"  bedeute  IIa  32:  iepru  erus  mani  kuveitu 
„jecur  diis  manu  convehito  (conferto)",  dafs  also  hier  der 
öftere  lautwandel  von  k  in  p  eingetreten  sei  wie  in  pune 
=  quom,  svepis  =  siquis,  peturpursus  =  quadrupedibus 
(A.  K.  I  88),  gr.  rjnaQ^  dann  solches  *iepur  in  die  vocalische 
declination  übergegangen  und  zum  heterokliton  mit  dem 
stamm  iepru  geworden  sei,  wie  lat.  elephas  zu  elephantus, 
delphin  zu  delphinus,  craler  zu  cratera.  Obgleich  wir  aber 
die  andern  opfer  nicht  kennen,  so  unterliegt  es  doch  nicht 
dem  geringsten  zweifei,  dafs,  wie  an  der  letzterwähnten 
stelle,  so  auch  IIa  40  erus  kuveitu  bedeutet  „diis  con- 
vehito (conferto)'*,  dann  IIa28  erus  prusekatu  „diis  pro- 
secato",  femer  IV  27  erus  ta^ez  (28)  tertu  „diis  taci- 
tus  dato**  und  t\berhaupt  beim  verbum  „geben"  die  noch 
übrigen  stellen  IIa  9  erus  tetu,  VIb  25.  Vlla  38  erus 
ditu,  VIb  16—17.  38.  39  erus  dirsiu  alle  „diis  dato«  be- 
deuten, endlich  IV  14  putrespe  erus  „utrisque  diis, 
beiden  göttern",  welche  kurz  vorher  genannt  sind,  Pue- 
munus  und  Vesuna.     A.  K.  II  375. 

15.     Lautwandel   von   s  in  r  oder  rs. 

Das  umbrische  ist  bei  dem  lautwandel  von  s  in  r 
nicht  stehen  geblieben,  sondern  hat  das  8  noch  eine  stufe 
weiter,  als  andere  sprachen,  zu  dem  ihm  eigenthümlichen 
zischenden  zitterlaut  r  oder  rs  verschoben.  Für  diesen 
bisher  noch  nicht  aufgestellten  Übergang  wollen  wir  jetzt, 
von  jeder  Stufenfolge  einstweilen  absehend,  zuerst  den 
thatsächlichen  beweis  führen. 


2 14  Savelsberg 

I)  Die  relative  pir-i  pirs-i  und  pur-e  pors-i  und  das 

demonstrativ  er-e-k  ers-e. 
Wälirend  Aufrecht  und  Kirchhoff  II  244  das  umbri- 
sehe  demonstrativ  ere-c  VII  b  1  dem  entsprechenden  oski- 
schcn  pronomen  iz-i-c  von  genau  derselben  herkunft  ge- 
genüberstellen und  beide  zur  normalen  form  is  zurück- 
führen, ferner  II  317  pur-e  und  pur-i  als  relativ,  und 
zwar  als  nom.  plur.,  wenigstens  für  die  meisten  fälle  Ya 
25.  28.  Vb  4  und  Vb  10.  15  richtig,  mit  hinweisung  auf 
den  oskischen  nom.  plur.  püs,  aus  *pu8-i,  also  wiederum 
vermittelst  des  rhotacismus  erklären,  halten  sie  pur-e  und 
pors'i  bd.  I  137  für  ein  von  pur-e  und  pur-i  verschiede- 
nes „zweites  relativpronomen'^,  welches  sie  vermittelst  jenes 
andern  lautwandels  von  1  in  r  oder  rs  (s.  oben  s.  206) 
dem  lat.  qualis  entsprechend  finden.  Wieder  anders  er- 
klären sie  I  138  die  Wandlungen  des  fragepronomens  pis 
oder  vielmehr  pis-i,  da  es  in  der  regel  das  pronominale  i 
angehängt  zeigt  und  dann  die  bedeutung  eines  verallge- 
meinernden relativs  erhallt.  Die  davon  vorkommenden 
formen  mit  r  oder  r«,  pir-e  per-e  pir«-t,  suchen  sie  bd. 
II  55  mit  hülfe  des  I  84  nachgewiesenen  lautwandels  von 
d  in  r  oder  rs  als  neutrum  =  lat.  quod^  sowie  das  de- 
monstrativ er-e-k  ebendaselbst  als  übereinstimmend  mit 
dem  oskischen  neutrum  id-i-k  =  lat.  id  darzustellen.  Nun 
aber  gerathen  sie  einigemal  (II  259.  377),  besonders  gerade 
II  55  bei  der  erklärung  von  tafel  Via 5  sersi  pirs-i  sesu$t 
mit  der  bedeutung  in  Verlegenheit,  versuchen  auch  gar 
nicht,  hier  das  sogenannte  neutrum  pirs-i  als  solches  an- 
zupassen, etwa:  „was  sich  auf  den  sitz  gesetzt  haben 
wird",  sondern  glauben  einen  ausweg  in  der  aufstellung 
zu  finden,  dafs  die  neutra  der  pronomina  auch  als  zeit- 
partikeln  oder  conjunctionen  dienen  könnten,  das  relativ 
pirS'i  im  sinne  von  ubiy  quando^  das  demonstrativ  ers-e 
als  tum.  Jedoch  werden  wir  die  wahre  geltung  der  bei- 
den pronomina  aus  folgender  beobachtung  erkennen.  Wir 
sehen  dem  verallgemeinernden  relativpronomen  pis-i  eines 
Vordersatzes  regelmäfsig  das  demonstrativ  er*e  oder  er* 
e-k  im  nachsatze  entsprechen,  z.  b. 


umbrisch«  Studien.  215 

Va  (3)  pis-i  . .  (4)  .  .  .  er-e 

Va  (10)  pi8-i..(ll).er-e.k 

VII  b  (1)  jptVi er-e-o. 

Schon  diese  parallelstellen  legen  die  vermuthung  nahe,  dafs 
in  der  eben  angeführten  stelle 

VI  a  V.  5  zersi  pirs-i  sesust  und  v.  6  ers-e  ueip  mugaiu 
gleichfalls  ein  relativpronomen  und  demonstrativpronomen 
sich  gegenseitig  entsprechen,  dsih  pirs-i  mit  pis-i  in  form 
und  bedeutung  gleiche  geltung  habe,  ja  durch  den  laut- 
wandel  von  s  in  r  oder  rs  aus  pis-i  entstanden  sei,  und 
dann  auch  ers-e  ähnlich  wie  er-e  aus  urspr.  ^is-i.  Die 
vermuthung  wird  vollends  zur  gewilsheit  gesteigert  durch 
die  bald  darauf  Via  7.  8  folgende  abwechselung  des  nor- 
mal lautenden  relativs  pis-i  mit  dem  verwandelten  demon- 
strativ ers-e^ 

V.  7  piS'i  arsir  ander  sesust  .  .  (8) ers-e  .  .  tude" 

rato  est, 
wo  nun  piS'%  klar  genug  ausweist,  dafs  nicht  blofs  das 
ihm  speciell  entsprechende  ers-e^  sondern  auch  kurz  vor- 
her Via  5.  6  sowohl  pirs-i  als  ers-e  pronomina  und  zwar 
nominative  sing.  masc.  gen.  sind.  So  bleibt  denn  nichts 
anderes  übrig,  als  dafs  pirs-i  aus  pis-i,  und  ers-e  aus  der 
grundform  ^is-i  hervorgegangen  ist.  Nachdem  aber  die 
Verwandlung  von  s  in  neuumbrisches  rs  nachgewiesen  ist, 
so  folgt  hieraus  zugleich  fQr  das  altumbriscbe  die  Ver- 
wandlung von  s  in  r,  zunächst  in  demselben  par  corre- 
spondierender  pronomina  pir-i  und  er-e-k,  wie  tafel 
IV  32  sie  darbietet,  dann  auch  in  pur-e  III  5  und  pors-i 
Via  6  aus  urspr,  *pu8  *pos^  welches  im  oskischen  in  so 
unveränderter  gestalt  püs  erhalten  geblieben  ist,  wiewohl 
nur  als  pluraP),  wogegen  im  umbrischen  die  gleiche  form 
sowohl  für  den  singular^)  als  für  den  plural")  dient.   Das 

1)  Pus  set  «qni  sunt*  taf.  v.  Agnone  v.  1,  —  ptis  ....  fnfans 
«qni  erant**  cipp.  AbeU.  v.  8 — 10,  —  püs..  amfret  ^qui  ambiunt**  das. 
V.  46. 

')  Puf-e  .  .  ferest  ,qui  feret**  taf.  Ha  26,  pora-i . .  iwt  „qui . .  iverit* 
Via  6. 

')  Puf-e  .  .  emantnr  »qui  .  .  sumantnr",  Va  7  port-i  .  .  .  oatmamdi 
,,qai  ostendentur*  Via  19. 


216  Sftvelsberg 

stets  mit  hinweisendem  i  versehene  relativ  hatte  nun  im 
nom.  sing,  dereinst  die  normale  gestalt  *pos-i,  welche 
schon  Aufrecht  und  Kirchhoff  I  137  erkannt  haben,  hiefs 
also  für  sich  allein  auch  im  umbrischen  urspr.  *pos  und 
war  aus  älterem  *kos  verwandelt,  wie  dies  die  sprachen- 
vergleichung  durch  das  indische  kas,  das  griechisch-ioni- 
sche xog  und  goth.  hvas  erweist.  Es  erscheint  aber  im 
umbrischen  nie  mit  rein  erhaltenem  nominativzeichen  s, 
sondern  entweder  a)  mit  verlust  desselben  pu  po  und  zwar 
enklitisch  an  sve  angehängt  als  indefinitum  svepu  Ib8 
und  svepo  VIb  47  =  lat.  si  qui  „wenn  jemand",  aufser- 
dem  aber  immer  mit  hinweisendem  i  versehen  als  eigent- 
liches relativ  po-i  Via  5,  po-ei  Via  1,  po-e  VIb  50,  ähn- 
lich wie  das  lat.  qui  oder  älteres  quei  aus  *que-i  (vgl.  ille 
ipse  iste)  und  weiter  aufwärts  *quo-i  (nach  verlust  des  no- 
minativzeichens  aus  urspr.  *quos-i)  aus  dem  pronominal- 
stamm  quo  und  hinweisendem  i  zusammengesetzt  ist  (Cors- 
sen  ausspr.  I*  784.  IP  672),  oder  aber  b)  mit  Verwand- 
lung des  s  bald  in  r  als  pur-e  Va  25  oder  pur-i  Vb  10, 
bald  in  r  oder  rs  in  den  formen  pur-e  IIa  26.  III  5. 
Va7,  pors-i  Via  6.  19,  pors-ei  Via  9.  15,  pors-e  VIb 
40.  63. 

Nachdem  wir  alle  phasen  des  relativs  in  ihrer  ent- 
wickelung  dargestellt  haben,  werden  wir  jetzt  die  eben 
citierten  parallelstellen  in  kürzester  fassung  etwas  näher 
besprechen,  insofern  berichtigungen  für  die  bisherigen  con- 
structionsversuche  und  zweifelhaften  deutungen  nötfaig  ge- 
worden sind. 

1)  IV  32  Hunta-k  pir-i  prupehast,  er-e-k 
33   ures  punes  neirhabas. 

„Hac  (ratione)  quisquis  propiabit,  is-ce  — is  — is  — abit**. 
Hier  kann  das  schliefsende  verbum  neirhabas,  da  es 
er-e-k  d.  h.  is-ce  zum  subject  hat,  nicht  im  plural  stehen 
(A.  K.  II  378),  sondern  ist  3.  pers.  sing,  wahrscheinlich 
von  einem  futur  der  ersten  abgeleiteten  conjugation. 
2)  Va  3  Arfertur  pis-i  pumpe 

4  fust  eikvases-e  Atijerier,  er-e    ri    esune 

5  kuraia  prehabia. 


nmbrisohe  Btudien.  217 

„Adfertor^)  qaiscunque  erit*)  in  sodaliciis^)  Attidiis,  is  rei 
divinae*)  curet  (eamque)  praehibeat". 

3)  Va  5  P^r*®  ura-ku    ri    esiina 

6  si  herte  et  pur-e  eeune  sis^sakreu 

7  perakneu  upetu,  revestu  pur-e  terte 

8  eru  emantnr  herte. 

Zunächst  ist  durch  Ebels  erklärung  von  herte,  der  3.  ps. 
siug.  präs.  ind.,  die  vollständiif  herter  lautet  IIa  40.  III  1 
mit  der  bedeutung  „es  wird  gewollt  =  placet,  libef^  (Zeit- 
schrift V  407),  nunmehr  die  abhängigkeit  des  conjunctivs 
si  von  diesem  unpersönlichen  verbum  klar:  „Quisquis  (ut) 
ulla  (?)  cum  re  divina  sit  placet"  oder  „Quemcunque  ulli 
rei  divinae  praepositum  esse  placet**.  Bei  diesem  jetzi- 
gen ergebnifs  kann  die  für  die  unmittelbar  folgenden  worte 
et  pure  esune  sis  von  Aufrecht  und  KirchhoflP  II  317 
gegebene  Übersetzung  „et  qui  rei  divinae  sint"  nicht  be- 
stehen bleiben,  da  sie  eine  reine  tautologie  hinzufügen 
würde.  Das  relativ  pure  glauben  diese  forscher  für  einen 
nominativ  des  plurals  halten  zu  müssen,  weil  in  dem  Zwi- 
schensatze das  verbum  (?)  si(n)s  im  plural  stehe  und 
weil  das  in  pur-e  enthaltene  relativ  pur  genau  dem  oski- 
schen  püs,  einem  nominativ  pluralis,  entspreche.  Jedoch 
fürs  erste  haben  wir  anstatt  der  vergleichung  mit  dem  os- 
kischen  nom.  plur.  püs  eine  bessere  analogie  an  dem  um- 
brischen  relativ  pur-e,  welches  wir  oben  s.  215  in  glei- 
cher form  für  singular  und  plural  dienen  sahen,  ebenso  wie 
neuumbrisches  pors-i*^  demgemäfs  kann  pur-e,  welches 
mit  pur-e  auf  dieselbe  grundform  *pu8-i  zurückgeht,  auch 
singular  sein.  Zweitens  stimmt  sis  formell  besser  zu  sir 
VIb  7  „du  seiest",  freilich  mit  widerstrebender  bedeutung, 

' )  Wir  können  adfertor  von  A.  K.  II  89  beibehalten ,  nachdem  Pott 
et.  forsch.  II  ^  3,  470  an  die  spätlateiniscben  bildungen  offertor  inferior  er- 
innert hat. 

^)  Dafs  fast  nicht  futurum  exactum  ist  ^  fuerit,  wie  es  s.  107  über- 
setzt worden  ist,  sondern  einfaches  futurum  =  erit,  ist  schon  s.  174  nach 
Corssen  berichtigt  worden. 

^)  Dieser  erklärnngsversuch  von  einem  subst.  eikvasa  mit  der  bedeu- 
tung sodalicium  „Verbindung,  Verbrüderung'*  wird  später  seine  begrilndung 
erhalten  im  zweiten  theil:  umbrische  wortdeutungen. 

*)  Dativ. 


218  SsTelsberg 

aber  in  keiner  hinsieht  befriedigt  die  gleichstellang  von 
sis  mit  der  3.  pers.  plur.  conj.  sins  VII b  4  (=  lat.  sint). 
Dann  ist  es  sehr  auffallend,  dafs  hier  dem  relativ  pir-e 
kein  demonstrativ  entspricht,  während  wir  doch  sonst  dem 
verallgemeinernden  relativ  pis-i  pirs'i  immer  ein  demon- 
strativ gegenüberstehen  sehen.  Kurz,  wir  können  nicht 
umhin,  die  stelle  fQr  verderbt  zu  halten  und  zwar  durch 
verkehrte  interpunction  odev^  vielmehr  worttrennung,  die 
wir  übrigens  ja  schon  oft  fehlerhaft  gefunden  haben ' ). 
Wir  theilen  dann  nun  die  zwei  Wörter  esune  sis  mit  bei- 
behaltung  aller  buchstaben  in  esunes,  is  ab,  wodurch 
wir  einen  ablativ  plur.  des  subst.  esunu  „opfer^  und  das 
erforderliche  demonstrativ  is  erhalten,  also:  et  pur-e 
esunes,  issakreu  perakneu  upetu  „et  qui  (cum)  sa- 
crificiis,  is  hostias  anniculas  impendito^.  Das  demonstra- 
tiv in  der  normalen  gestalt  is,  welche  wir  noch  nicht  hat- 
ten, findet  sich  in  Zusammensetzungen  wieder,  in  is-unt 

III  16.  17  (s=s  lat.  iS'dem)  und  is-e-k  IV  4  (=  lat.  isce)^ 
welches  letztere  wort  öfter  mit  Verwandlung  von  s  in  r 
und  von  i  in  e  in  der  gestalt  er-e-k  erscheint  III  33.  35. 

IV  3.  21.  32,  die  auch  als  sichere  emendation  (von  A.  K. 
II 222)  für  erel  Ia30  wieder  hergestellt  werden  mufs* 

An  upetu  schliefst  sich  ein  zweiter  imperativ  re- 
vestu  an  (=  lat.  revisito  nach  A.  K.  II  319)  nebst  einem 
davon  abhängigen  relativsatz:  pure  terte  eru  emantur 
herte.  Zu  der  bereits  von  andern  theil weise  angebahnten 
erklärung  „qui .  .  (ut)  sumantur  placet^  (vgl.  A.E.  II  319. 
Ebel  in  d.  zeitschr.  V  407)  fügen  wir  die  noch  rückstän- 
dige deutung  von  terte  eru  hinzu:  „dati  esse^.  Da  ist 
nun  für  das  umbrische  die  syntactische  eigenthümlichkeit 
zu  bemerken,  dafs  zum  verbum  eru  „sein^  das  prädicats- 
nomen  in  die  adverbialform  terte')  tritt,  wie  sonst  noch 

'}  So  tafle  .epirfer.  tu  IIb  12  anstatt  tafle .«.  pir. fertn  oben 
8.  lOOanm.  3  —  tnve  .  rekapifus  IlaSS  anstatt  tuver-e  .  kapifas  8.101. 

—  stafli  .invesmik  la  81  anstatt  staflare  .  esmik  s.  145 sonst 

noch  etrep  .  ejeriate  IIb  4  anstatt  etre.pejejriate,  —  npetne  .  veietn 
IIb  8  anstatt  upetn .  eveietu,  —  tri  .  inperteitu  IIb  25  anstatt  tri- 
jnper .  teitu. 

^)  Particip  ein^r  redaplicierten  worzel  fa  (da),    also  tepa,    die  aber 


nmbrisohe  Stadien.  219 

Va  27  er-e-k  prüfe  si  ^is-ce  probe  sit**,  ähnlich  wie 
auch  im  oskischen  in  der  tafel  von  Bantia  v.  30  das  ad- 
verb  gebraucht  ist:  i^-Uc  amprufid  facus  estud  „is-ce  im- 
probe  factus  esto^,  woffir  jedesmal  der  lateinische  Sprach- 
gebrauch das  adjectiv  probus  und  improbus  verlangen 
würde.  Unsere  stelle  heifst  also  vollständig:  „er  sehe 
nach,  welche,  um  gegeben  zu  werden,  genommen  werden 
sollen^.  Es  ist  noch  übrig  anzugeben,  auf  welches  nomen 
das  relativ  pur- e,  welches  im  nominativ  plur.  masc.  steht, 
sich  zurückbeziehe.  Es  kann  nur  der  plural  sakreu' 
perakneu  gemeint  sein,  obgleich  mit  dessen  neutralem 
gescblecht  der  männliche  nominativ  pur-e  nicht  überein- 
stimmt. Und  wirklich  sehen  wir  für  die  neutrale  endung 
im  plural  mehre  male  die  masculine  endung  eintreten:  so 
hat  das  neutrale  Substantiv  tuder  „finis,  terminus^  nicht 
blofs  tuder 0  Via  15  im  plural,  sondern  auch  tuder or 
Via  12;  ebenso  besteht  neben  easo  VIb  40  mit  neutraler 
endung  (=  lat.  easa)  dasselbe  wort  mit  masculiner  plural- 
endung  easor  Via  19.  Ja  beim  relativ  scheint  die  neu- 
trale endung  des  plurals  ganz  verdrängt  zu  sein,  da  nur 
dessen  masculine  nominativendung  sich  findet,  auch  wenn 
sie  sich  auf  neutra  bezieht,  wie  Via  15  Hondra  isto  tu- 
dero^  pors-ei  subra  screihtor  sent,  „Infra  istos  fines,  qui 
supra  scripti  sunt^,  dann  wieder  einige  zeilen  später 
Via  19  easor  eeris-co  Treblanir^  pors-i  ocrer  pehaner  paca 
ostensendi^  eo  is-o  ostendu  „vasa  ad  portas  Trebulanas, 
quae  ocris  piandi  causa  ostendentur,  eaidem^)  ostendito% 
wo  das  relativ  und  sein  nomen  beide  in  der  masculinen 
endung  übereinkommen,  aber  das  normale  neutrale  ge- 
schlecht des  nomens  doch  zuletzt  wieder  hervorbricht  im 
pronomen  eo  (a=  lat.  ea).  Nach  solchen  beweisen  von  ver- 
tauschung  der  neutralen   endung   des   nominativs   pluralis 


mit  der  redaplication  zu  einem  neuen  präsensstamm  tef  (fttr  did)  verwachs 
(s.  oben  s.  109  anm.  1}  und  dai  particip  tejrta  bildete  wie  skr.  datta 
aus  dad  +  ta. 

1}  Is-o  ist  versttlmmelt  aus  *is-ont  (at  altambr.  is-ant  III  16.  17), 
ebenso  es-o  Via  2.  16.  VIb  63  aas  *esont,  woraus  wiederum  verwandelt  ist 
€r-ont  VIb  24  und  mit  susatz  des  hinweisenden  i  er-i-hont  VIb  60. 


220  Savelsberg 

gegen  dessen  masculine  endung  kann  nicht  der  geringste 
zweifei  mehr  stattfinden,  dafs  derselbe  Wechsel  aneh  an 
unserer  stelle  Va  7  für  pur-e  anzunehmen  ist,  so  dafs 
dessen  beziehung  auf  den  neutralen  plural  sakreu  per- 
akneu  sicher  gestellt  ist.  Schliefslich  fassen  wir  die  Über- 
setzung der  ganzen  stelle  v,  5 — 8  zusammen: 

^Quemcunque  ulli  rei  divinae  praepositum  esse  placet 
et  quem  sacrificiis,  is  hostias  anniculas  impendito,  re- 
visito,  quas  (ut)  dari  (possint)  sumi  placet.'' 

4)  Va  10  arfertur  pis-i  pumpe 

11  fust,  er-e-k  esunes-ku  vepurus  felsva 

12  arputrati  fratru  Atijeriu  prehubia. 
„Adfertor  quiscunque  erit,  is-ce  divinis  cum  vaporibus*) 
—  arbitratu  fratrum  Attidiorum  praehibeat." 

5)  VI  a  5  sersi  pirs-i  sesu$t,  poi  angla 

6  aseriato  est,  ers-e  neip  mugatu,  nep  arsir  ander 

sistu  nersa  courtust^  pors-i  angla  anseriato 

7  iust, 

„In  sede  quisquis  sederit,  qui  — as  observatum  ibit,  is 
neque  murmurato,  neque  inter  alios*)  sedeto,  donec  ®) 
reverterit  qui  — as  observatum  iverit. 

')  Die  begründung  dieser  bedeutung  von  vepurus  erfolgt  alsbald  in 
diesem  abschnitte. 

2)  Von  arsir  hat  Panzerbieter  im  programm  von  Meiningen  1851  p.  6 
die  bedeutung  alius  glücklich  vermuthet,  auch  die  form  richtig  mit  altlat. 
alis  (Catull.  66,  28)  alid  (Lucr.  I  263)  identificiert,  jedoch  den  casus  ver- 
fehlt, da  arsir  nicht  zugleich  mit  ers-e  (s=  lat.  is)  nom.  sing,  sein  kann» 
sondern  nur  abl.  plur.,  (welcher  zufällig  mit  dem  nom.  sing,  gleichlautet); 
denn  die  präposition  ander j  mit  welcher  arsir  zusammengehört,  wird  stets 
mit  dem  ablativ  verbunden,  so  anter  vakaze  Ib8  (nom.  vakaz),  ander 
vacose  VIb47,  ander  voniu  VIb  41,  wahrscheinlich  auch  sume  ustite 
anter  IIa  16  —  16  (für  sumes  ustites  anter),  wo  die  präposition  ihrem  ca- 
sus nachgesetzt  ist,  wie  an  obiger  stelle  und  zuweilen  im  latein  z.  b.  Lucr. 
ly  415  qui  lapides  inter  sistit  per  strata  viarum. 

8)  Dafs  nersa  so  viel  als  „bis*  oder  eigentlich  „bis  nicht«  bedeute, 
haben  Aufrecht  und  Kirchhoff  II  61  scharfsinnig  und,  wie  wir  nicht  zwei- 
feln, richtig  errathen ;  die  erklärung  der  form  aber  verdanken  wir  Panzer- 
bieter im  Programm  von  Meiningen  p.  8  adn.5:  „[Nersa]  Compositum  vocabulum 
videtur  esse  ex  ne  (i.  e.  nep)  et  rsa  i.  e.  da.  Da,  sive  plenius  dam  vel 
dane  (cf.  prepa,  antequam)  fortasse  ümbri  dixerunt  pro  dum,  ut  existeret 
nondum,  sed  ita,  ut  latine  dicendum  esset  dum  non**.  Uebrigens  weisen 
wir  noch  auf  den  Zusammenhang  der  lat.  an  hänge -partikel  dam  (in  qui-dam 
und  quon-dam)  mit  dum  hin,  wie  wir  ihn  in  der  abhandlung  „lateinische 
Partikeln  auf  d  und  m«  im  rhein.  mus.  XXVI  s.  145  (vergl.  1S6)  erörtert 
haben. 


timbrische  stndien.  221 

6)  VI  a  7  ote  pis-i  arsir  ander  sesus{t)y  disleralinsust^ 

8  erS'ß  stahmito  eso  tuderato  est, 

„Aut  quisquis  inter  alios  sederit,  — erit*),  is  locum  hunc 
finitum  ibit**. 

7)  VII  a  1  PiS'i  pantp-pei  fratrexs  fratrus  Atiersier  fust^ 

er-e-c . .  portaia  sevacne  fratrom  (2)  Atiersio  desenduf. 
„Quisquis  quoque  (tempore  *))  magister  fratribus  Attidiis 
erit,  is-ce  .  .  portet  sollemne  fratrum  Attidiorum  duo- 
decim". 

II)  Dersva. 

Nachdem  also  der  lautwandel  von  s  in  r  oder  r$  an 
den  relativen  pir-i  pirs-i  nnd  pur-e  pors-i  sowie  am  de- 
monstrativ er-e-k  ers-e  nachgewiesen  ist,  wird  nun  auch 
das  lautliche  verhältnifs  von  parfa  tesva  Ib  13  zu  parfa 
dersva  Via  1.  2.  4.  15.  17  klar.  Das  neuumbrische  adj. 
dersva  enthält  durchaus  kein  stammhaftes  r  (A.  K.  II  27), 
sondern  den  aus  s  verwandelten  zischenden  zitterlaut  r«, 
so  dafs  Grotefend  das  wort  ganz  treffend  mit  dem  goth. 
adj.  taihsva  „dexter^  verglichen  hat.  Es  stimmt  mit 
seinem  suffix  -va  nicht  blofs  zum  gothischen,  sondern 
auch  zum  cornisch- keltischen  adj.  dyghow  (Ebel,  gramm. 
Celt.  p.  107).  Vom  ausfall  des  gutturals  vor  s  gibt  es 
analoge  beispiele  theils  im  lateinischen,  wie  Sestius  aus 
SexHus^  mistus  aus  mixtus^  illustris  statt  *in-lux-tris  (Bugge 
in  d.  zeitschr.  XX  14),  theils  im  umbrischen  selbst  wie 
sestentasiaru  taf.  III  2  gegenüber  dem  lat.  sextaniarms^ 
und  im  althochdeutschen  steht  gerade  das  entsprechende 
wort  zesawa^  zestoa  „dextra**  (Graff  V  709),  ebenso  des 
gutturals  beraubt,  dem  gothischen  taihsva  gegenüber,  wie 
das  umbrische  tesva  dersva. 

Was  den  gebrauch  des  adjectivs  betrifft,  so  bezeich- 
nen die  iguvinischen  tafeln   damit  ganz  speciell  rechts  er- 


* )  Ein  Vordersatz  mit  zwei  asjrndetisch  verbundenen  futnra  exacta  ge- 
rade wie  VIb  56:  ape  ambrefurent ,  (67)  termnom-e  benurent,  termnit-co  com 
prinuatir  eso  persnimumo  tcuetur  „postqnam  ambiverint,  ad  terminuin  vene- 
rint,  apud  terminum  cum  privatis  hoc  precantor  taciti**. 

3)  S.  oben  s.  107. 


222  Sayehberg 

scheinende,  als  günstiges  omen  geltende  vögel,  so  Via 
2.  4:  Farfa  dersea^  curnaco  dersva  „parram  dexteram, 
cornicem  dexteram^.  Beide  vögel  flQhrt  auch  Plautus  ne- 
ben andern  auf,  Asin.  II  1,  12: 

Picus,  cornix  est  ab  laeva,  corvos,  parra  a  dextera. 

consuadent. 
aber  er  rechnet  die  krähe  zu  den  vögeln  der  linken  seite, 
wie  auch  Cicero  de  divin.  I  39 :  quid  (habet)  augur,  cur 
a  dextra  corvus,  a  sinistra  cornix  faciat  ratum?  und  Ver* 
gil  Ecl.  IX  1 5.  Dafs  dagegen  Prudentius  jene  beiden  vö- 
gel als  im  fluge  gleichbedeutend  erwähnt  (404  n.  Chr.) 
Hb.  II  contra  Symmachum  571: 

Cur  Cremerae  in  campis,  cornice  vel  oscine  parra, 
Nemo  deum  novit,  perituros  Marte  sinistro 
Ter  centum  Fabios,  vix  stirpe  superstite  in  uno? 
darauf  legen   wir  bei   einem  so   späten  spanischen  dichter 
kein    gewicht.     Wir  nehmen   vielmehr    die  thatsache    an, 
dafs  solche  Verschiedenheit,    wie  sie   nun   einmal   klar  be- 
zeichnet ist,  ganz  einfach  bestanden  hat;    überhaupt  aber 
dürfen  wir  hoffen,    dafs   eine   dereinstige  volle  ausdeutung 
der  iguvinischen  tafeln  für  die  verwickelte  römische  augu* 
raltheorie  und   das  italische  sacralwesen  vielfache  aufbel* 
lung  bringen  werde. 

in)  Farsio. 

Dem  lat.  far  „getreide,  spelt^  stehen  im  umbrischen 
drei  formen  mit  wechselndem  auslaut  gegenüber:  1)  far 
im  Stammwort  far  Vb  10.  15  nebst  seinem  genetiv  far^er 
Vb9.  14*),  2)fas  und  3)  fars  in  dem  abgeleiteten  no- 
men  fas-iu  IIa  12  und  fars-io  VIb  2  =  lat.  farr-eurm 
„mehlkuchen^  (A.  K.  II  186).  Wir  erkennen  aus  ihnen 
sogleich  die  grundform  fas  heraus,  welche  jin  fas-iu  auf 
der  altern  tafel  IIa  12  ganz  normal  vorliegt,  dann  bemer- 
ken wir  den  längst  bekannten  Übergang  von  s  zu  r  in  far 


*)  Farer  opeter  p.  Uli  (VI)  »farris  impensi  pondo  IUI  (VI)*,  wo  ope- 
ier  für  ^op^en-ter  (vergl.  oben  8.  110)  genetiv  des  particips  ist.  A.  K. 
U  865. 


ttmbrisohe  Stadien.  323 

und  eben  so  sicher  den  jetzt  eDtdeckten  lautwandel  von  s 
zu  rs  in  fars-io.     Da  nun  r  in  fars-io  nicht  stammhaft 
ist,  sondern  nur  mit  s  vereint  dazu  dient,   den  eigenthfim- 
lich  umbrischen,  aus  s  entstandenen,  gezischten  zitterlaut 
rs  zu  bezeichnen,    so  können   die  bisherigen  etymologien, 
welche  r  für  einen  ursprünglichen  laut  der  wurzel  hielten, 
nicht  mehr  in   betracht  kommen,    weder  Potts   deutung 
von  der  sanskritwurzel  bhar  „/Jer-rc"  in  den  etyiü.  forsch. 
IP  3,  491,  weil  sie  auf  die  wichtige  umbrische  form  fasiu 
keine  rücksicht  nimmt,  noch  auch  Aufrechts  und  Kirch- 
hof fs  herleitung  von   der  sanskritwurzel  ghariS  „reiben^ 
(umbr.  spracbdenkm.  I  91),    weil  sie  r  als  stammhaft  vor- 
aussetzt.    Die  Verdoppelung  des  r  im  lat.  genetiv  farr-is 
und  adjectiv  farr-eu-s  hat,   wie  fär-ina  zeigt,  keinen  ety- 
mologischen grund,   sondern   nur  einen  lautlichen,    da  sie 
wegen  stärkerer   ausspräche  erfolgt  ist,    wie  in  curr-o  = 
skr.  Kar  „gehen^  sammt  curr-u-s,  curr-uli-s  neben  cur-uli'S 
und  in  su-surr-u-s  =  skr.  svar-a-s.     Zu   den  italischen 
mit  lat.  far-ina  „inehl^   verwandten  Wörtern  gehört  aufser 
dem   umbr.  fas-iu   ^mehlkuchen^    noch    das    von   Velius 
Longus  p.  2230.  2238  P.  überlieferte  sabinische  wort  fas- 
ena  „sand^,   welches  auch  im  lateinischen  einst  gerade  so 
gelautet  haben  mufs;   denn  von  arena  war  die  ältere  form 
asena  nach  Varro  de  1.  Lat.  VII  27  und  eine  noch  ältere 
ist  von  Placidus  in  glossis:   „Hasen am  antiqui  dicebant, 
ut  asas,  quas  nos  aras^  überliefert  (von  O.  Müller  zu  Fe» 
stus  8.  V.  arbosem  p.  15  citiert),  ferner  weist  h  in  hasena 
und  harena  (mit  harenaio  C.  I.  L.  I  577,  2,  18),    wie  so 
oft  (Corssen  ausspräche  I^  102),    auf  f  zurück,    so  dafs 
auch  hier  sicher  'fasena  die  grundform   war.     Mit  hülfe 
der  sprachenvergleichung   im   weitern  sinne  gelangen  wir 
zu  einer  gar  ansehnlichen  reihe  verwandter  bildungen,  so- 
wie zur  Wurzel  und  begriffsentwickelung.     Da  finden  wir 
im  Sanskrit  das  sinnverwandte  neutrum  bhas-man  „asche^ 
und   dessen  vielfach,   namentlich  im  Rigveda,   gebrauchte 
Wurzel  bhas   mit  der  speciellen  bedeutung  „kauen^  oder 
der  allgemeinern  „zermalmen^,   welche  offenbar  allen  bis- 
her citierten  verwandten  Wörtern  zu  gründe  liegt,   da  sie 


224  Savelsberg 

ja  sämmtlicb  „eine  zu  puIver  zerriebene  masse^  bezeich- 
nen. Hierzu  fügßn  wir  eine  merkwürdige  glosse  ans  He- 
sychios  (pdfifirj  äXcpixa  „gerstengraupen"  nebst  einer  ab- 
leitung  cpafifiafStQia  va  xpaidxä  xai  iogri]  vig^  welche 
gerstenmehl  und,  als  ifjaiard^  gewifs  besonders  opferkuchen 
bedeutete;  bemerkenswerth  ist  aber  vorzüglich  die  form, 
indem  (fdu-fit]  ohne  zweifei  aus  *(fd(t'firj  assimiliert  ist  wie 
(fiXou^BiSrjg  aus  * (fiXo^öfindrig  (Curtius  grundz.^  307), 
äolisch  iuuL  aus  *hö-fAi^  'if^fAevai  C.  I.  Gr.  n.  3524,  51  (v. 
Cyme)  und  n.  2166,  41  (Lesb.)  aus  *'ia-^Bvcti^  ^ifxfxa  und 
yifAuata  d.  i.  jriu^ara  bei  Hesychios  aus  *^kö'fia  =  BlfAU 
(Ahrens  diah  Aeol.  p.  51).  Neben  der  sanskritwurzel  bhas, 
die  oft  Synkope  erlitt,  (z.  b.  in  ba-ps-ati  „sie  kauen  % 
ba-ps-at  „kauend'')  kam  später  eine  erweiterung  psä  auf, 
welche  aus  *bha8ä  synkopiert  war  (Benfey  in  or.  und  occid. 
III  29).  An  diese  secundäre  wurzelgestalt  schliefst  sich  das 
gr, yjcc'fxaS-o-g  an  und  xpdfjtfxog^)  „sand**,  auch  xfjdfijLif]  äXcfixa 
(„geschrotene  gerste'')  bei  Hesychios;  dann  das  verbum 
xpav'co  „streife,  berühre",  später  xpd-co  {xfjyg  xfjri)  „streiche^ 
reibe,  glätte'^  und  mit  zusatz  eines  i  (wie  (pai  aus  (fa  in 
(fai'XO'q  und  cpat-dqo-q  „glänzend'')  ipai-co  „zerreibe,  zer- 
malme'*, wovon  xfjai'OTüV^  gew.  plur.  yjac-ard  „gerstenmehl, 
opferkuchen"  stammt.  So  haben  wir  nun  den  innigsten 
Zusammenhang  zwischen  dem  sanskrit  und  zahlreichen 
griechischen  Überresten  von  beiden  wurzelformen  gesehen, 
aber  die  alte  wurzel  bhas  oder  fas,  welche  wir  im  grie- 
chischen blofs  in  (pdfA/At]  erschlossen,  am  reinsten  erhalten 
gefunden  im  skr.  bhas-man,  sabin.  fas- e na  und  umbr. 
fas-iu. 

IV)  Qersnatur. 

Ferner  erhält  jetzt  auch  ^ersnatur  Va  22,  das  par- 
ticip  eines  vom  subst.  gesna  Vb  9.  13.  15.  18  abgeleiteten 
verbums,  seine  erklärung.  Dafs  der  vor  dem  sufßx  -na 
gewahrte  wurzelauslaut  s  normal  ist,    ergibt  sich  aus  der 

1 )  Die  anffaUende  Verdoppelung  in  xpdfAftoq  und  ipafifiij  scheint  wohl 
ans  der  im  alten  (fn/Lt-firj  ganz  gerechtfertigten,  assimilation  von  ungefUhr 
übertragen  zu  sein. 


nmbrische  stndien.  225 

für  das  lat.  cena  ermittelten  grundform.  Diese  ist  in  glos- 
sen  erhalten  geblieben  bei  Festus  p.  205,  15  (vgl.  209, 10): 
Pesnis  pennis  ut  Casmenas  dicebant  pro  Camenis  et  caesnas 
pro  caenis.  Besser  als  caena  ist  freilieb  die  Schreibweise 
cena  durch  inschriften  und  gute  handschriften  verbürgt 
(Fleckeisen,  fünfz.  art.  s.  11),  gleichwohl  finden  sich  cae- 
nent  bei  Orelli  n.  4132  und  coenacula  n.  4323  und  4324. 
Aufserdem  berichtet 'Festus  eine  sabinische  form  p.  339: 
y^Scensas  Sabini  dicebant,  quas  nunc  cenas,  quae  autem 
nunc  prandia,  cenas  habebant^,  wo  man  gern  mit  Dacier 
scesnas  emendieren  möchte.  Wenn  nun  schon  des  Festus 
glosse  caesna  in  Verbindung  mit  der  classischen  Schreib- 
weise cena  auf  die  grundform  ^cesna  zurückweist,  so  kommt 
noch  ein  altes  compositum  sili-cernium  mit  der  von  Festus 
p.  294  und  Varro  bei  Nonius  p.  33  Gerl.  angegebenen  be- 
deutung  TtsQiÖBinvov  „leichenschmaus'^  hinzu,  welches  schon 
Scaliger  sogleich  richtig  ableitete:  y^cesna  —  unde  silices* 
nium,  postea  silicernium^^  in  neuerer  zeit  aber  Aufrecht 
in  d.  zeitschr.  VIII  211 — 213  am  besten  erörtert  und  vom 
alten  cesna  nnd  einem  erschlossenen  adj.  sili-s  „schwei- 
gend^ als  ein  „stillschweigend  eingenommenes  mahl^  er- 
klärt hat,  wogegen  Corssen  ausspr.  I^  443  es  durch  eine 
schwach  basierte  combination  als  „würzkrautgemengsel^ 
deutet  und  es  wenig  wahrscheinlich  von  einer  wurzel  *cer 
„vermengen^  (?)  herleitet,  die  im  lateinischen  nicht  consta- 
tiert  ist. 

Um  die  etymologie  und  wurzel  der  lateinischen  grund- 
form cesna  zu  ermitteln,  giengen  die  zwei  letztgenannten 
forscher  sowie  auch  andere  (G.  Curtius  grundz.'  228  und 
Goetze  in  den  Studien  zur  griech.  und  lat.  gramm.  I  2, 168) 
vom  umbrischen  ^ersnatur  aus  und  glaubten  für  dasselbe 
den  im  umbrischen  allerdings  häufigen  Übergang  von  d  in 
rs  annehmen  zu  müssen ,  so  dafs  sie  auf  eine  skr.  wurzel 
khäd  „essen,  fressen^  geriethen,  welche  aber  selbst  beim 
bisherigen  stand  der  dinge  wenig  geeignet  war  und  zumal 
im  anlaut  nicht  recht  pafste.  Jetzt,  wo  nunmehr  der  laut- 
wandel  von  s  in  rs  im  umbrischen  erwiesen  ist  und  wir 
füglich  keine   andere  wurzelform  für  das  italische  als  ces 

Zeitschr.  f.  vergl.  aprachf.  XXI.  8.  |5 


926  Savel8b«rg 

au&tellen  können,  finden  wir  auch  schon  bei  Pott  etynu 
forsch.  II*  4,  388,  welcher  zuerst  zweifei  aussprach  gegen 
umbn  rs  als  Vertreter  von  d  in  ^ersnatnr  (das.  389),  aus 
der  sprachenvergleichung  ein  <}hne  zweifei  verwandtes  wort 
nebst  Wurzel  hergeholt:  es  ist  neupersisches  käätah,  des- 
sen bedeutung  ^frühstück^  (jentaculum)  mit  der  notiz  des 
Festus  von  den  Sabinem  ,,quae  autem  nunc  prandia,  cenas 
habebant^  merkwürdig  übereinstimmt,  und  dessen  wurzel 
kaä,  wie  sie  sich  im  verbum  kaäldan  „gustare,  libare^ 
(Pott  a.  o.  vergl.  356)  deutlich  zeigt,  der  italischen  wurzel 
von  ges-na  hinreichend  entspricht,  so  dafs  die  wurzel  ces 
von  allen  seiten  bestätigt  ist. 

Das  wort  ^ersnatur  fänden  wir  in  tafel  V,  einer  von 
den  noch  in  umbrischer  scbrift  geschriebenen  tafeln,  welche 
freilich  sonst  den  gezischten  zitterlaut  in  der  regel  durch 
r  (<|),  nicht  durch  rs,  wie  die  lateinisch  geschriebenen,  be- 
zeichnen; jedoch  ist  ^ersnatur  nicht  das  einzige  beispiel 
solcher  Schreibung  rs  mittelst  umbrischer  schrift;  sondern 
es  gehört,  um  zweifelhaftes  hier  nicht  zu  besprechen^), 
wenigstens  ein  zweites  beispiel  aus  einer  der  ältesten  täf* 
fein  hierher,  nämlich 

V)  Venpersuntra, 

welches  eine  fünfte  gruppe  der  unter  den  lautwandel  vod 
s  in  r  zu  rechnenden  Wörter  um  sich  bildet*).  Das  Sub- 
stantiv venpersuntra  von  tafel  II a  30  erscheint  ein  zwei-* 
tes  mal  mit  dem  nasal  in  der  Wurzelsilbe  vempesuntres 
in  tafel  lY  7,  zweimal  dagegen  ohne  allen  nasal  vepe-» 
sutra  IIb  15.  18.  Das  Stammwort  desselben  finden  wir 
in  vepurus  Va  11  und  hinwiederum  ein  von  diesem  ab-« 
geleitetes  terbum  in  vepuratu  IIa  41.  In  dieser  Wörter* 
gruppe  sehen   wir  den  in  rede  stehenden  lautwandel  alle 


1)  Zweifelhaft  bleibt  nns  z.  b.,  wie  sich  persuntra  IV  17  und  pers^ 
onttrv  Vlb  81  zu  pesnntra  la  27  xmdpesondro  TTb  24  'Erhalte,  ferner 6b 
nicht  fUr  pesnima  la  6  etc.  und  persnimu  Ib  7  eine  wurzel  pos,  ahn-: 
lieh  wie  lat.  pos  in  pos-tulo,  anzunehmen  sei. 

3}  Dafs  eenpersuntra  verschrieben  ist  statt  venpersuntra,  bedkff 
kaum  der  erwähnung. 


umbriscbe  stndien.  227 

stufeD  durchlaufen  Tom  normalen  s  an  über  r  zu  r  und  rs 
hinunter:  vepes-utra  vepur-us  vepur-atu  venpers- 
untra.  Zur  deutung  des  sinnes  beginnen  wir  mit  dem  in 
tafel  IIa  41  kapire  punes  vepuratu  enthaltenen  ver- 
bum:  es  ist  das  lat.  vaporare^  welches  wir,  wie  hier  ve- 
puratu mit  puni  „Weihrauch",  ebenso  vom  räuchern  mit 
Weihrauch  gebraucht  finden  bei  Vergil  Aen.  XI  481  tem- 
plum  ture  vaporant.  Somit  ist  die  deutung  unserer  stelle 
sicher:  „in  capide  turibus  vaporato",  um  so  mehr,  als  wir 
Weihrauch  auf  opferschalen  dargebracht  sehen  IIa  33:  tu- 
ver-e  kapirus  puue  fertu  „in  duabus  capidibus  tus 
ferto".  Das  schon  eben  erwähnte  umbrische  Stammwort 
vepur,  welches  mit  r  als  Vertreter  von  s  dem  gewöhn- 
lichen lat.  capor  entspricht,  begegnet  uns  Va  11:  er-e-k 
ö8unes-ku  vepurus  felsva  (12)  arputrati  fratru 
Atijeriu  prehubia  „is-ce  divinis  cum  vaporibus  — am  (?) 
ärbitratu  fratrum  Attidiorum  praehibeaf.  Im  lateinischen 
ist  das  Stammwort  vapos  noch  mit  normalem  s  in  ältester 
gestalt  vorhanden,  wie  sie  Lucrez  VI  952  gebraucht  und 
Quintilian  I  4,  13  und  Nonius  487,  10  aus  älterer  zeit  ci- 
tiefen.  Von  solcher  Stammform  *vepus  oder  einer  viel- 
leicht noch  altern  *vep.es  ist  im  umbrischen  vermittelst  des 
Suffixes  -tra  und  eines  bildungsvocals,  der  obendrein  noch 
nasaliert  wird,  das  subst.  vepes-u-tra  IIb  15.  18  oder 
vempes-un-tres  IV  7  und  venpers-un-tra  IIa  30  ab- 
geleitet, ähnlich  wie  umbr.  krema-tra  IIa  23  „weihrauch- 
käßtchen,  acerra"  ^),  lat.  mulc-tra  „melkfafs'^,  griech.  ^ax» 
TQcc  „backtrog**,  xprix-rga  „  pferdestriegel ",  xhiQ^ats-xQa 
„Schmiedeofen",  xQBfjid'&Qa  „ hängematte ",  und,  was  den 
bildungsvocal  betriflFt,  wie  porc-e-tra  „sau'*,  fer-e-trum 
^tragbahre".  Da  also  das  suffix  zur  bezeichnung  von 
Werkzeugen  dient,  so  ist  vepes-u-tra  das  „rauchfafs", 
griöch.  &vfita'rr^QLO'V  j  in  welcher  bedeutung  es  überall 
pafst,  sowohl  IIb  15  vepesutra  fertu  „er  soll  das  rauch- 
fafs   bringen",    als  auch,  wenn  der  abl.  sing,  vepesutra 


^)  Krematra  aplenia  IIa  28  sx  acerra  pleno,  Horat.  Carm.  III  8,  2. 
Märtial.  Epigr.  IV  45. 

15* 


228  Savelsberg 

IIb  18,  venpersuntra  IIa  30  oder  plur.  veinpesunt res 
IV  7  mit  persnimu  verbunden  ist  „er  soll  mit  dem  raucb- 
fafs  (den  rauchfassern)  beten",  gleichwie  puni  pesnimu 
IIb  20  „er  soll  mit  weibrauch  beten",  wo  „beten"  offenbar 
80  viel  heifst  als  „seine  Verehrung  erweisen"  oder  „seine 
andacht  verrichten". 

Einige  von  den  in  diesem  abschnitt  behandelten  wort- 
gruppen  haben  beide  Verwandlungen,  sowohl  in  r  als  in  r, 
aufzuweisen,  wie  pure  und  pur-e,  vepur-us  und  ve- 
pur-atu,  far  und  fars-io.  Der  Übergang  von  s  in  r  ist 
wahrscheinlich ,  wie  wir  oben  vermutheten ,  die  erste  stufe 
gewesen,  weil  auch  die  lateinische,  die  indische  und  meh- 
rere germanische  sprachen,  sowie  von  der  griechischen  der 
lakonische  dialekt  das  s  in  r  verwandelt  haben  (s.  Bopp 
vergl.  gramm.  §.  22 )  und  im  umbrischen  selbst  das  s  viel 
öfter  in  r  (s.  oben  s.  209)  als  in  r  (rs)  Obergegangen  ist. 
Eine  genaue  Scheidung  zwischen  r  und  r  scheint  in  den 
alten  tafeln  noch  nicht  so  allgemein  durchgeführt  gewesen 
zu  sein,  wie  in  den  jüngsten.  In  jenen  sahen  wir  in 
^ersnatur  und  venpersuntra  das  aus  s  hervorgegan* 
gene  r  nicht  mit  seinem  eigenthümlichen  zeichen  (q),  son- 
dern mit  den  zwei  buchstaben  rs  wie  im  neuumbrischen 
geschrieben;  ferner  bei  dem  umbrischen  lautwandel  von  d 
in  r  oder  rs  steht  noch  einigemal  statt  des  gezischten  r  der 
reine  zitterlaut  r  in  tertu  IV  28  gegen  tertu  IIa  40, 
armanu  Ib  19  (zu  armamu  verbessert  von  A.  K.  II  261) 
gegen  arsmahamo  VIb  56,  arveitu  Ib  6  gegen  arveitu 
IIa  12.  29.  III  34.  IV  5,  auch  neuumbriscb  einmal  areeitu 
VI  b  23  gegen  das  gewöhnliche  arsveitu.  Es  sind  allerdings 
wenige  falle,  aber  sie  für  Schreibfehler  zu  halten  möchte 
man  doch  bedenken  tragen,  indem  ja  der  lautwandel  von 
d  in  r  wieder  der  lateinischen  spräche  und  mehrern  deut» 
sehen  dialekten  gemeinsam  ist  (s.  Kuhn  in  dies,  zeitscbr. 
II  144.  Corssen  ausspr.  I^  238.239;  vgl.  oben  s.  135  anm.). 
Zur  entscheidung  der  frage  über  die  priorität  des  r  vor  r 
müfste  der  Übergang  von  ursprünglichem  etymologischem 
r  in  r  oder  rs  sich  nachweisen  lassen.  Obgleich  aber  im 
umbrischen  solche   Übergangsstufe  uns  unbekannt  ist,    so 


nrabrische  Studien.  229 

hat  sich  doch  in  andern  sprachen  aus  r  ein  zischender 
zitterlaut  entwickelt,  so  im  böhmischen  das  f,  im  polni- 
schen das  rz  z.  b.  im  adv.  dobrze  „bene"  (aus  dobre)^  wo 
die  heutige  ausspräche  des  rz  das  zischende  element  fast 
bis  zur  Verdrängung  des  r  übertreibt,  und  im  sanskrit 
gieng  etymologisches  r  in  der  Zusammensetzung  in  s  (seh) 
über:  so  Katur  „vier"  in  Katuä-karna  „vierohrig"  und 
katuä-pada  „ vierfüfsig '',  bhrätur  „des  bruders"  in 
bhrätus-putra  „bruderssohn"  (vgl.  Benfey,  vollst,  gramm. 
d.  skr.  spr.  §.  104  ausn.  2). 

Von  den  beiden  r  ist  das  eine  ein  dentales,  welches 
die  zunge  dadurch  hervorbringt,  dafs  sie  die  luft  zwischen 
sich  und  der  mundhöhle  oberhalb  der  zahne  in  zitternde 
bewegung  versetzt,  das  andere  ein  gutturales,  dessen  gleiche 
hervorbringung  nur  dichter  am  gaumen  bewirkt  wird.  Ob 
das  lateinische  ähnlich  wie  das  umbrische  ein  zweifaches 
r  gehabt  habe,  darüber  ist  uns  nichts  berichtet;  aber  Varro 
erwähnt  de  ling.  Lat.  VII  27  „janitos  janitor**  und  das- 
selbe suffix  -tor  erscheint  wieder,  ähnlich  wie  skr.  bhrä- 
tur in  bhratus-,  so  in  -tos  verwandelt  in  einer  inschrift 
bei  Orelli  n.  4957: 

Hercules  invicte  sancte  Silvane,  notos 
hie  advenisti,  ne  quid  hie  fiat  mali.  GPRF. 
Im  umbrischen  mufs  wohl  ebenfalls,  wie  im  sanskrit,  der 
gezischte  zitterlaut  manchmal  mehr  dem  zischlaut  als  dem 
zitterlaut  sich  genähert  haben,  da  wir  für  rs  einigemal  ein 
blofses  s  geschrieben  finden:  so  hat  dieselbe  tafel  VI,  die 
auf  der  Vorderseite  und  rückseite  ein  zusammenhangendes 
gan:zes  bildet,  anfangs  stets  dersva  Via  1. 2.  2.  /'.  4. 15. 15. 
17. 17,  gegen  ende  aber  wiederholt  desva  VIb  51.  52.  52 
und  auf  derselben  seite  VIb  einmal  farsio  v,  2,  das  an- 
dere mal  V.  44  fasio.  Man  kann  nicht  wohl  annehmen, 
das  s  sei  im  neuumbrischen  zum  altumbrischen  s  zurück- 
gekehrt, oder  desva  stehe  noch  auf  derselben  stufe  wie 
tesva,  fasio  wie  fasiu,  da  auch  das  aus  d  entstandene 
r  (rs)  in  ahtrepuratu  IIa  24  —  ahatripursatu  VII a  23 
sowie  das  aus  1  hervorgegangene  r  {rs)  in  Akerunie 
Ib  43  —  Acersoniem  Vlla  52  und  in  arsier  Via  24  (== 


230  Sayel^^erg 

aliis?)  gleichmäfslg  zu  blofnecn  8  geworden  sind  in  atra-'' 
pusatu  VIb  36  —  Acesoniame  VIb  52  —  asier  VIb  S. 
Daher  können  wir  von  jener  wie  von  dieser  gruppe  nur 
vermuthen,  dafs  der  gezischte  zitterlaut,  in  welchem  diese 
arten  von  verwandelungen  zusammentrafen,  meist  rsch  ge- 
lautet habe  und  in  ihnen,  ähnlich  wie  bei  uns  die  Wörter 
erster  anders  u.  s.  w.  am  Mitteirnein  erschter  andersch  und 
nachlässiger  eschter  andesch  gesprochen  werden,  zuweilen 
blofs  seh  mit  der  bezeichnung  s  übrig  geblieben  sei. 

16.     Aphäresis   des  s 

1 )  in  (an)-tentu. 

Die  in  mehrern  lateinischen  Wörtern  anerkannte  aphä- 
resis eines  s,  wie  in  taurus  gegenüber  ved.  sthüra-s  und 
goth.  stiur^  in  teg-o  gegenüber  cxiyoc;  und  skr.  stag-ä-mi, 
in  tundo  gegenüber  goth.  staut-a  (ahd.  stoz-u),  in  toru-s 
neben  stor-ea  (Curtius  grundz.^  646.  647),  in  Tin-r-w  ne- 
ben 6TV7i'ä^'(o  und  skr.  pra-stump-a-ti  (Verf.  in  d. 
zeitschr.  XVI  56.  57),  läfst  sich  auch  bei  TEN,  der  Wur- 
zel von  ten-ere  und  ten-d-ere^  nachweisen.  Wir  begrün- 
den diefs  zuerst  durch  folgende  lateinische  Wörter:  Prae- 
-stinare  apud  Plautum^)  praeemere  est,  id  est  emendo 
teuere,  wie  Paulus  exe.  ex  Festo  p.  223  M.  erklärt;  de- 
-stina  ist  eine  stütze,  die  etwas  festhält,  und  de-stinare 
bedeutet  eigentlich  etwas  „fest  machen,  befestigen*^  wie 
bei  Caesar  B.  6.  III  14,  6  antemnas  ad  malos.  Zu  die- 
sen beispielen  gehört  als  drittes  ob-stinare,  das  wir  nun 
auf  dieselbe  weise  abtheilen  und  vermittelst  des  Stammes 
von  teuere  mit  Festus  p.  193  ableiten:  ob-stinato,  ob- 
firmato,  perseveranti,  ut  teuere  possit;  desgleichen  femer 
ob-stinere  bei  Festus  p.  197:  ob-stinet  dicebant  anti- 
qui,  quod  nunc  ostendit,  ut  in  veteribus  carminibus.  Sed 
jam  de  coclo  candens  aurora  obstinet  suum  patrem. 

Dafs  gleichwie  in  prae-stinare  und  de-stinare^  so  in 
ob'Stinare   ob-stinere   und   auch    in   o-stendere   das  8    zur 


1 )  Capt.  IV  2,  69. 


nmbiifolke  ftitdUii«  281 

Wurzel  gehört,  lälst  sich  wenigistens  mit  höchster  wahr- 
scheinlicbkeit  aus  dem  umbrischen  schliefsen.  Dort  hat 
keine  der  im  lateiDischen  mit  zugefügtem  s  versehenen 
Präpositionen  abs  ex  subs  (in  stAs^cus  subs^cud-is  „am- 
bofs^  von  cudo)  oder  stis-  in  sus^dpio  sus^pendo  u.  a.  ein 
solches  angehängtes  s,  sondern  dem  lat.  ex  und  griech.  k^ 
steht  nur  eh  oder  ehe  vor  vocalen  in  ehe.esu.poplu  und 
zusammengezogen  ehesu  paplu  VI  b  54  und  vor  consonan- 
ten  in  eh-velklu  Va23  gegenüber,  und  die  präp.  sub 
(von  sub-ahtu  IIa  42)  hat  im  compositum  su-tentu 
IIa  23  ihr  b  verloren^  wie  im  lateinischen  in  sus-cipio 
su^spicio  sU'Spirare  oder  vielleicht  assimiliert,  vde  lat.  suC' 
'CedOy  ohne  dafs  jedoch  doppeltes  t  bezeichnet  ist  (s.  oben 
8.  109);  aber  keine  spur  von  zugef&gtero  s.  Nur  in  dem 
alten,  auf  tafel  la  und  Ib  häufigen  imperativ  ustentu 
und  ostendu  Via  20  kann  zugleich  mit  dem  lat.  osiendo 
das  s  in  frage  kommen,  ob  es  zur  präposition  oder  zum 
verbum  gehöre.  Aber  auch  sogar  im  lateinischen  scheint 
der  sonst  bekannte  zusatz  s  an  die  präposition  ob  und 
deren  abkürzung  o-  (in  o-mitto)  nirgendwo  angetreten  zu 
sein.  Ob'SCü-rus  „dunkel^  stammt  von  einer  wurzel  scu 
„bedecken^  (Corssen  ausspr.  I^  353),  ob-scae'tms  „unglück- 
verkündend^  ^)  ist  gleicher  abkunft  mit  ob-scaetare  „böse 
anzeichen  geben^  Plaut.  Asin.  II 1,  18,*  os-cen  „weissage- 
vogel^  ist  aus  os  (g.  oris)  und  can^Oj  nicht  mit  o(b)8  zu- 
sammengesetzt^); überhaupt  ist  kein  sicheres  beispiel  von 
einer  form  obs-  oder  von  deren  Verstümmelung  os-  auf- 
zuweisen. Es  hat  also  solche  annähme  für  obstineo  und 
ostendo  keine  gewähr  fQr  sich:  mithin  müssen  wir  in  die- 
sen lateinischen  verben  und  den  umbr.  imperativ  o-sten-du 
Via  20  u-sten-tu  la  3  etc.  das  s  der  wurzel  zutheiien, 
zugleich  dürfen  wir  dann  auch  su-stineo  und  su-stendo 
weit  consequenter  an  obstineo  und  ostendo  anschliefsen. 


^)  FestuB  p.  201:  quom  apnd  antiqnos  omnes  fere  obtcena  dicta  sint, 
qaae  mali  ominis  habebantnr. 

3)  Serv.  ad  Verg.  Aen.  III  861:  Aves  aut  otcinet  sunt  aut  praeptttii 
oscinesj  qnae  ore  fbtnra  praedicnnt,  praepetei,  qnae  yolatu  aaguriiun  signi- 
ficant. 


232  Sayelsberg 

als  UDs  durch  etwaige  analogie  von  sus-tuli  auf  die  andre 
Seite  ziehen  lassen. 

Aufser  den  genannten  umbrischen  verbalformen  kom- 
men noch  vor:  tenitu  VIb  25,  pertentu  d.i.  protendito 
(Zeyfs  in  d.  zeitschr.  XIV  419),  entendu  (entendu)  nod 
entelus(t)  in  taf  Ib  12  pir  ahtimem  ententu,  pune 
pir  ahtimem  entelus  d.  i.  ignem  in  focum  imponito, 
cum  ignem  in  focum  imposuerit.  Von  ententu  ist  nicht 
wesentlich  verschieden  antentu;  denn  wir  lesen  III  21 — 22 
vuke  pir  ase  antentu  d.  i.  in  foculo  (incensum)  ignem 
in  ara  imponito.  Kurz  vorher  III  16.  17  soll  man  drei 
dinge  auflegen: 

16.    Inuk  kazi  ferime  antentu,   „Deinde  caseum  in 

farinam  imponito% 
Is-unt  ferehtru  (17)  antentu,  „idem  — um  im- 
ponito*, 
Is-unt    suferaklu     antentu,    »idem   — um    im- 
ponito". 
Dafs  kazi  für  ^kazim  steht  und  dieses  aus  ''kaziura  con- 
trahiert  ist,    sahen   schon  Aufrecht  und  Kirchhoff  II  369; 
die  bedeutung  caseus^)  zugleich  mit  der  von  ferime  (wo 
n  in  m  verwandelt  ist)  „in  farinam"  haben  wir  oben  8.98 
angegeben   und   werden   wir  im    verfolge  bestätigt   finden. 
In  V.  18.  19  nämlich  soll  man  dieselben  gegenstände,  von 
denen   uns  ferehtru  und  suferaklu  unbekannt  sind,  in 
kessel  legen,    in   welcher  Vorschrift  dasselbe  verbum  an- 
tentu,   welches  IIb  28  auch  atentu^)  geschrieben  ist, 
nur    in    älterer    gestalt    mit    noc\k    erhaltenem    anlaut    s, 
astintu  und  anstintu  gebraucht  ist: 

Seples  (18)  ahesnes  tris  kazi  astintu,  „In  singnia 

aena  tria  caseum  imponito  % 

Ferehtru  etres  tris  (19)  ahesnes  astintu  „ — am 

in  alia  tria  aöna  imponito*^, 


1)  Vergl.  skr.  ka^vara  o.  molken,  mit  wasser  vermischte  battermU«h| 
mit  den  nebenformen  ka(ura  und  kadvara.     Sieh  oben  s.  207. 

^)  In  betreff  des  hier  und  in  ofterm  u-stetu  fehlenden  n  vergl,  oben 
8.  99. 


umbrische  Studien.  233 

Suferaklu  tuves  abesnes  (20)  anstintu,  „ — um  in 

duo  aena  imponito^. 
Diese  erklärung  verdanken  wir  Cato  de  re  ru8t.  I  76, 
wo  er  für  die  bereitung  von  kucben  §.  1  angibt,  welcbe 
verscbiedene  Sorten  mebles  man  für  die  unterläge  nebmen 
soll,  und  dann  fortfabrt  §.2:  „Inde  facito  solum  tenue 
casei  ovilli  p.  XIIII.  Ne  acidum  siet  et  bene  recens,  in 
aquam  indito.  ibi  macerato,  aquam  ter  mutato.  In  de  exi- 
mito,  siccatoque  bene  paulatim  manibus,  siccum  bene  in 
mortarium  imponito.  Ubi  omne  caseum  bene  sicca- 
veris,  in  mortarium  purum  manibus  condepsito  com- 
minuitoque  quam  maxime.  Deinde  cribriim  farinarium  pu- 
rum sumito  easeumque  per  cribrum  facito  transeat  in 
mortarium^.  Wie  hier  der  käse  aus  dem  ersten  mör- 
ser  in  einen  zweiten  und  dritten  reinen  mörser  gebracht 
werden  soll,  so  werden  in  der  umbriscben  tafel  III  18.  19 
unter  abesnes  ähnliche  eherne  gefäfse  oder  kessel  ver- 
standen und  soll  es  wahrscheinlich  ebenso  mit  dem  käse 
gehalten  werden,  dafs  man  ihn  aus  einem  kessel  oder 
mörser  in  einen  zweiten  und  dritten  reinen  kessel  hinein- 
bringe, also  seples  abesnes  tris  kazi  astintu  „in 
singula  a^na  tria  caseum  imponito^. 

Wie  im  umbr.  o-sten-tu  und  an-stin-tu  vermögen 
wir  die  volle  normale  wurzel  auch  in  mehrern  verwandten 
sprachen  nachzuweisen.  Zunächst  schliefsen  wir  an  an- 
-stin-tu  wegen  des  vocals  i,  den  G.  Curtius  grundz.'664 
in  lat.  und  griech.  Wörtern,  in  quinque  gegen  nivTs^  in 
tingo  gegen  riyyo)^  in  xlg-vf^-fit  neben  xegd-u)  etc.  und  in 
nivo)  neben  äol.  timvcü  (Ahrens  d.  Aeol.  p.  131)  durchaus 
wahrscheinlich  dem  einflufs  des  folgenden  n  zuschreibt,  ein 
bisher  unerklärtes  homerisches  adjectiv  an:  äyx^-örlvog 
„nahe  beieinander,  eigentl.  nahe  zusammenhangend,  conti- 
nuus,  uno  tenore  pertinens",  also  synonym  mit  kn-riB-ravog^ 
welches  von  derselben  nur  verstümmelten  wurzel  rav 
stammt  (Verf.  Quaest.  lexilogg.  1861  p.  11.  12)  und  von 
den  alten  ebenso  wie  ay^i^GTlvog  oft  mit  (fvvsxijg  erklärt 
wird*).   Ferner  gehören  hierher  die  glossen  des  Hesychios 

^ )  Ob  und  wie  das  homerische  ftdj.  noof^^vfifftivoq  mit  a^j^t^crxri'oc  in 


284  Savelsberg 

arriviov  trtij&og  und  artivBc  ttivttai  avfAßißvarai, 
(strotzt),  im  skr.  stana-s  „die  strotzende  frauenbrust"  (Cur- 
tius  grundz.^  110)  und  im  zend  fra-^tanvaäti  3.  plar. 
praes.  von  fr a-pt an  „fortkommen'^  ( Justi  p.  1 3 1  a).  Durch 
die  normale  wurzelform  stau  in  den  verwandten  sprachen 
ist  also  die  grundform  sten  der  italischen  sprachen  vol- 
lends ganz  gesichert. 

2)  in  avieklu. 

Die  Bedeutung  des  adjectivs  avieklu  ermitteln  wir 
am  füglichsten  aus  VIb  52:  Sururont  combifiatu  vapef^ 
aeiciu  {ameclu  emend.  Lepsius)  neip  (52)  amboltu  prepa  desva 
combißangi,  ape  desva  combifiansiust^  eia  aviecla  esonom^e 
etuto.  Wo  einmal  von  „rechts  schauen*  die  rede  ist,  wie 
hier  „priusquam  dextram  spectaverit"  *),  da  ist  man  leicht 
versucht,  auf  den  gegensatz  „links*  zu  rathen  und  also 
hier  ma  aviecla  für  via  laeva  anzunehmen.  Dieser  ge- 
danke  erhält  schon  sogleich  einen  hohen  grad  von  Wahr- 
scheinlichkeit deshalb,  weil  Aufrecht  und  Kirchhoff  II 102 
die  theils  im  acc.  plur.  vapef-em  aviekluf-e  Ib  14, 
eapef-e  ameclu  Via  10.  VIb  51,  theils  im  abl.  pl.  eapersui 
ameclir  Via  9.  12.  13  näher  bestimmten  steine  in  der  dor- 
tigen Zeichnung  des  beobachtungskreises,  wo  die  vordere 
hälfke  (antica  pars)  nach  Süden  liegt,  unter  dem  namen 
lapides  avieculi  in  die  linke  oder  östliche  seite  verlegt 
haben.  Vollends  entscheidet  für  die  form  die  sprachen- 
vergleichung.  Zunächst  ist  das  adjectiv  avieclu  durch  das 
deminutivsuffix  -culu  abgeleitet,  wie  die  lateinischen  ad- 
jective  duld-culu-s  bei  Plautus  und  Cicero,  mediocri'CulU'S 
von  Cato  bei  Festus  p.  154,  acri-culu^s  bei  Cic.  Tuso.  IIX 
17,  38  und  in  turpicuUs  Cic.  de  or.  11  61,  248.  Dem  ab- 
geleiteten   avie-clu  liegt  mithin  ein   einfaches  adj.  aviu  so 

zasammenhang  stehe,  rermag  ich  nicht  zu  bestimmen.  Vielleicht  kmm  im 
anderer  helfen. 

^ )  Den  begriff  des  verbnms  combifiatu  (und  combificmgi)  haben  Auf- 
recht und  Kirchhoff  II  87  als  „sehen,  schauen <*  gedeutet.  Es  wird  bald  mit 
einem  object,  wie  ape  angla  combißangiust  VIb  49,  bald  mit  der  angehftngt«! 
Präposition  -em  construiert,  wie  Ib  14  vapef-em  aviekluf-e(m).  Di« 
form  combißary^i   erklärt  Oorssen  in  d.  zeitschr.  ala  3.  ps.  sg.  conj.  perf.  act. 


nmbritcbe  Stadien.  98§ 

gründe  und  mit  diesem  stimmt  das  skr.  adj.  savja  ),link^ 
überein  bis  auf  die  aphäresis  des  s,  welche  wir  so  eben 
im  umbrischen  an-tentu  aus  ^an-stentu  nachgewiesen  ha- 
ben. Durch  diese  nun  vollständig  gesicherte  deutung  von 
aoieclu  nebst  der  kurz  vorher  entdeckten  von  desva  wird 
jetzt  die  Übersetzung  der  obigen  stelle  wesentlich  ergänzt: 
—  „spectato  ad  lapides  laevos,  neque  ambulato,  priusquam 
dextram  spectaverit.  Postquam  dextram  spectaverit,  via 
laeva  in  sacrificium  eunto^.  Die  entsprechende,  kürzer  ge- 
fafste  stelle  der  altern  tafel  Ib  14  vapef-em  avieklaf-e 
kumpifiatu,  vea  aviekla  esunum-e  etu  heifat  also: 
ad  lapides  laevos  spectato,  via  laeva  ad  sacrificium  ito. 
Noch  ein  drittes  mal  finden  wir  vapef-e  aciehclu  Via  10 
„ad  lapides  laevos^  dann  den  ablativ  nach  dem  adv.  fie- 
simei  Via  9:  nesimei  vapersus  aviehcleir  „proxime  a  lapi- 
dibus  laevis^  (A.  K.  II  72)  und  mit  dem  angefügten  suftix 
'to  verbunden  Via  12.  13  vapersus-io  aviecHr  „a  lapidibus 
laevis".  * 

Wir  konnten  hier  einmal  das  umbrische  adj.  acie-clu 
unmittelbar  mit  dem  indischen  savjä  und  wegen  des  ge- 
schwächten anlauts  s  noch  genauer  mit  zend  havja  ver- 
gleichen mit  übergehung  der  dem  umbrischen  näher  ver- 
wandten sprachen,  der  lateinischen  und  griechischen,  nicht 
als  ob  diese  das  betreffende  wort  eingebüfst  hätten,  son- 
dern weil  sie  mehrere  wandelungen  damit  vorgenommen 
haben.  Im  lateinischen  ist  ein  adj.  soaevus  mit  der  bedeu- 
tung  „link^,  sowohl  in  gutem  als  in  bösem  sinn,  uns  be- 
zeugt^); im  griechischen  ist  das  entsprechende  adj.  (Txa^ci^, 
alt  *0xaiß:6q^  ebenfalls  mit  der  bedeutung  „link^  gebräuch- 
lich, weit  mehr  aber  in  der  abgeleiteten  „böse,  feindlich, 
ungerecht,    ungeschickt,    roh^^).     Beide,    sowohl  «oaetni« 


^)  Festus  p.  825:  Scaevam  volgus  quidefu  et  in  bona  et  in  mala  r^ 
▼ocat:  cum  aiant  et  bonam  et  malam  scaevam.  at  scriptores  in  mala  po- 
nere  consuevenmt .  ..  .  Pro  sinistro  scaevum  usnrpavit  Hostius  in  belli  Hi- 
strici  libro.  Demgemäfs  bedeutet  das  daher  stammende  verbnm  oh-tcaev-are 
^b94e  i^nze^e  bringen"  bei  Plautus  Asin.  II  1,  18: 

Me^uo  quod  illic  obscaevayit  meae  falsae  faUacia,e. 

')  Hesychios:  (rxato«;*  dvanoXo^,  tioi'ij^o^i  xaxo?.  lAOt^oq^  aTraidevToq^ 
afAa&ijq'   aTidt'&Qoinoqi    ddtKO<;t    T^a;|<('?,    axXfigoqf   ixax&'^<if   T0(^a/(ü<f9/?* 


386  Savelsberg 

oder  ursprünglich  ^scaivos,  als  auch  axcei{^)6g  haben  den 
offenbar  suffixalen  halbvocal  j  von  skr.  8avj4  mittels  einer 
bekannten  lautumstellung  dem  vorhergehenden  v  vorge- 
schoben und  zugleich  vocalisiert  ^),  den  wurzelhaften  an- 
laut  s  aber  in  sc  verwandelt,  worin  wir  für  diese  wie  flQr 
viele  andere,  hauptsächlich  griechische  beispiele  die  be« 
Zeichnung  eines  sch-lautes  in  d.  zeitschr.  XVI  61  ff.  erwie- 
sen zu  haben  glauben.  Diesen  sch-laut  haben  in  dem  ent- 
sprechenden Worte  sonst  nur  das  slawische  und  germa- 
nische: russisch  sui  „link^,  slaw.  de  vi  und  poäevi 
„schrägt,  nhd.  schiefe  ndd.  scheef^);  dagegen  stimmen  im 
normalen  s  mit  skr.  savja  überein  zend  hatja^  indem  h 
regelmäfsiger  Vertreter  von  s  ist,  und  altirisch  sdib  „fal- 
sus^  ^).  Ferner  sehen  wir  den  normalen  anlaut  erhalten 
in  der  von  Hesychios  bewahrten  form  actioi'  noXi^iot^ 
welche,  da  sie  der  Überlieferung  nach  dreisilbig  ist,  noch 
an  *aaj:ioi  erinnert,  übrigens  nur  die  abgeleitete  bedeutung 
hat,  desgleichen  im  lateinischen  adj.  saetus,  welches  ge- 
wifs,  ebenso  wie  scaccus^  von  der  bedeutung  „link^  einst 
ausgegangen  ist  und  dann,  insofern  das  linke  in  der  regel 
von  böser  Vorbedeutung  war,  zur  bezeichnung  des  unheil- 
vollen, schrecklichen,  furchtbaren  diente  und  weiter  auch 
grausame  und  wüthende  Sinnesart  daher  benannte. 

So  haben  wir  denn  die  lat.  adjectiva  saevus  und  scae- 
vus,  von  denen  das  eine  mehr  in  der  bedeutung,  das  an- 
dere mehr  in  der  form  verdunkelt  war,  zu  ihrer  stamm- 
verwandtschaft  mit  skr.  savja  zurückgeführt,  indem  ein 
italischer  dialekt  die  brücke  dazu  bildete.  Das  umbrische 
hat  schon  oft  im  laufe  der  Untersuchungen  die  hülfe  d^ 
sprachenvergleichung  nicht  blofs  empfangen,  sondern  auch 
erwiedert  und,  indem  es  allmählich  entziffert  und  weiter 
erforscht  wurde,  zugleich  über  die  schwestersprachen  auf- 
klärung   gegeben.     Wie   sehr   uns    der   gewinn    der   reio 


' )  Wie  dtvus  aus  *dii^ni  statt  *divJQS  nach  Ascoli  in  d.  zeitschr.  XVli 
148,  dattvw  ans  nrspr.  ^dateivns  gegenüber  skr.  dStavjas,  s.  L.  Meyw 
vergl.  gramm.  I  272,   —  fugiteivos  C.  I.  L.  661   aus  *ftigitevjo8. 

3 )  Kuhn  in  d.  zeitschr.  IV  22. 

s)  Pictet  in  d.zeitechr.  V  886. 


nmbrische  Studien.  237 

sprachlichen,  formellen  seile  bei  den  umbrischen  Studien 
lohnend  erscheint,  so  ist  wieder  für  andere  die  materielle, 
rein  sachliche  ausbeute  von  höherer  Wichtigkeit,  und  ge- 
wifs  gibt  es  zur  aufhellung  des  italischen  sacralwesens  we- 
der in  der  lateinischen  litteratur,  noch  auf  irgend  welchen 
italischen  denkmälern  so  ausgedehnte,  zusammenhängende 
quellenberichte,  als  eben  in  den  iguvinischen  tafeln.  Doch 
auch  für  diesen  zweck  ist  die  sprachliche  erforschung  das 
unentbehrliche  mittel.  Wenn  es  uns  nun  gelungen  ist. 
einen  theil  der  erklärung  weiter  gefördert  zu  haben,  so 
werden  wir  uns  der  Zustimmung  freuen,  noch  mehr  aber, 
wenn  wir  durch  neue  anregung  den  wünsch  erreichen  soll- 
ten, dafs  zahlreich  vorhandene,  bedeutende  kräfte  auf  der 
vor  zwanzig  jähren  mit  grofser  sorgfatt  und  Sicherheit  von 
Aufrecht  und  Kirchhoff  geschaffenen  grundlage  nun  weiter 
fortbauen 

viribus  unitis. 

Aachen.  J.  Savelsberg. 


Miscellanea. 

1)  gävl,   kuh. 

Das  ahd.  chuoa,  chua  oder  chuo  (ku),  pl.  chuoe 
(für  chuoi),  chöi  (wo  o  mundartlich  =  uo,  ua),  stimmt 
ganz  zum  nhd.  kuh,  pl.  kühe,  und  noch  deutlicher  zum 
nnl.  koe  (im  volksmunde  auch  koei),  pl.  koeien  (statt 
koeie).  Im  as.  ist  der  pl.  köii,  kogii,  während  in  den 
altniederfränkischen  psalmen  der  dat.pl.  cuon,  wohl  für 
cuojen,  lautet.  Die  hochd.  und  niederl.,  wahrscheinlich 
überhaupt  niederd.  form,  weicht  ab  vom  skr.  gäus,  griech. 
ßovg  u.  s.  w.,  und,  wie  mir  scheint,  vom  ags.  cü,  gen.  pl. 
cüna,  dat.  cum;  engl,  cow;  dagegen  stimmt  der|  ags. 
nom.  und  acc.  pl.  cy,  eye  zu  der  hd.  declination;  vergl. 
ags.  gos,  ges  mit  ahd.  kans,  kensi.  Das  an.  kü,  pl. 
kyr,  ist  wohl,  wie  das  hd.  und  ndl.  wort,  ein  weiblicher 


288  Kern 

i- stamm,  wie  äst;  nur  ist  k;^r  im  gründe  regelmäßiger 
als  das  unumgelautete  ästir  und  dergl.  Von  skr.  gäüs 
U.S.W,  unterscheidet  sich  kuh  nicht  nur  der  form,  Sdü- 
dern  auch  dem  begriffe  nach,  da  gäus  communis  genefis 
ist  und  kuh  nur  das  weibliche  rind  bezeichnet.  Das  hd. 
und  nl.  kuh,  koe  würde  im  sanskrit  lauten  gfivi.  Dafs 
ein  w  zwischen  vokalen  und  am  wortende  in  den  deut- 
schen sprachen  ausfallen  kann,  ist  bekannt,  so  dafs  ein 
paar  beispiele  hier  genügen  dürften.  Aus  saivs  ist  ent* 
standen  nhd.  see,  nnl.  zee,  engl,  sea,  schon  ags.  sae;  als 
nebenform  mit  erhaltenem  w  begegnet  uns  im  nnl.  das 
abgeleitete  zeeuw  (dem  ein  got.  saivja  entsprechen 
würde)  „bewohner  Seelands*^.  Im  nhd.  schnee,  schneien 
ist  das  w  ebenfalls  verschwunden;  das  nnl.  hat  freilich  nur 
sneeuw,  sneeuwen.  Für  das  nhd.  nahe  und  nach 
hat  das  nnl.  sowohl  na  als  naauw  (spr.  näu).  Aus  däi- 
vala  ist  entstanden  seele.  Vergl.  für  das  ahd.  übrigens 
Grimm  d.  gramra.  I,  88.  90.  93.  97  (2.  aufl). 

Es  ist  nicht  bekannt,  ob  derselbe  stamm  kuh  im  go- 
tischen gebräuchlich  war;  wenn  er  bestände,  würde  er 
ko(v)i  zu  lauten  haben:  nom.  sg.  ko(u)s,  plur.  koveis; 
vgl.  Grimm  d.  gramm.  1,619.  Der  dem  an.  kü  zu  gründe 
liegende  stamm  küi  verhält  sich  zu  jenem  kovi  wie  guna 
zu  vrddhi,  denn  dafs  ü  so  gut  wie  iu  aus  dem  guna  des 
u  sich  entwickeln  kann,  zeigt  sich  in  lükan  verglichen 
mit  liugan;  auch  hüs  scheint  mir  =  skr.  köiSa  zu  sein. 

Aus  dem  altindischen  —  um  nicht  zu  sagen  aus  dem 
sanskrit  —  ist  uns  eine  form  gävl  erhalten,  und  zwar  tn 
dem  commentar  des  Qabara-svämin  zu  den  6'äiminlja- 
sütra,  und  ferner  bei  den  späteren  erklärern  und  apologe^ 
ten  der  Karma-mimäsä.  Ich  meine  die  stelle  im  commen- 
tar zu  sütra  I,  3.  24 — 28,  womit  übereinstimmt  Njäja-m&l&- 
vistara  I,  3,  str.  28 fg.;  vgl.  auch Colebrooke,  Essays  1, 315. 
In  der  discussion  über  die  frage,  ob  man  neben  gäus 
synonyme  Wörter  wie  gävl,  gönl,  göpötalikä  verwe'ii-« 
den  dürfe,  \^ird  eingeräumt,  gävl  sei  ein  althergebi'achted 
iftrort,  aber  dargethan,  dafs  man  es  termeiden  sollte,  da  es 
gegen  die  regel  ist,  ^hr  als  ein  woj^V  für  demselben  Be^ 


miscellanea.  239 

griff  zu  verwenden*),  und  dafs  gävl  entstanden  sei  aus 
der  unjfähigkeit  irgend  einer  person,  gö  auszusprechen; 
von  einer  solchen  person  haben  andere  das  mundgerech- 
tere gävl  gehört,  und  so  habe  dieses  sich  von  geschlecht 
auf  geschleeht  fortgepflanzt,  so  dafs  man  es  ganz  gut  ver- 
steht, obschon  es  nicht  säskrta  ist.  Wenn  wir  mit  diesen 
äufserungen  vergleichen,  was  Qabara-svämin  über  nema 
und  pika  sagt,  die  er  für  fremdwörter  hält,  so  kommen 
wir  zu  der  Überzeugung,  dafs  er  die  v^dischen  *  säbitä 
ebenso  wenig  studirt  hatte  als  den  Pänini,  wenigstens  was 
nema  betrifft.  Solch  eine  Unwissenheit  thut  dem  werth 
seiner  äufserung  keinen  eintrag,  erhöht  denselben  vielmehr. 
In  der  oben  citirten  stelle  des  Njäja-mälä-vistara  wird 
gävl  als  ein  provincialismus  betrachtet.  Ob  man  die  au- 
torität  dieses  Werkes  hoch  anschlägt  oder  nicht,  ist  gleich- 
gültig, da  gävl  sich  selbst  rechtfertigt  als  eine  form,  die 
auf  altindischer  lautstufe  steht  und  nicht  etwa  präkrit  ist, 
oder  wenn  es  auch  präkrit  wäre,  würde  die  ältere  form 
doch  nicht  anders  lauten  können.  Wenn  also  gävl  nicht 
zur  „gebildeten^  spräche  gehörte,  nicht  säskrita  war  in 
indischem  sinn,  so  ist  es  doch  altindisch  nach  unserer  auf- 
fassung. 

Diesem  gävl  entspricht  kuh  begrifflich  ganz;  laut- 
lich aber  geht  kuh  auf  ein  gävi  zurück,  das  zu  gäus  in 
demselben  verhältnifs  steht  als  das  lat.  na  vis  zu  näus, 
vipjQ  vavg^  und  die  adjective  tenuis,  suavis,  levis  zu 
tanu,  '^dvg  u.  s.  w.  Die  frage  ist  nun,  ob  dies  i  überall 
eine  neubildung  der  westlichen  indogermanischen  sprachen 
ist.  Es  scheint  so  zu  sein  im  partic.  praes.  der  germani- 
schen und  slawischen  sprachen,  und  im  plur.  neutr.  des 
part.  praes.  im  lateinischen**).     Und  doch  hält  es  schwer 


*)  Der  schroffe  ausspraoh  des  sfltrayerfoflsers :  onjSjS^  ]^SnSka9abdatvam 

ist    in   betreff    einer  von  synonymen    strotzenden '  spräche  wie   das   sanskrit 

höchst  sonderbar y    und  sollte  gar  nicht  auf  gö  und  gSvI  angewendet   sein» 
da  beide  begriffe  sich  nicht  decken. 

**)  Auch  der  plur.  des  partic.  praes.  masc.  und  fem.  zeigt  einen  i-stamm, 
wie  allerdings  auch  Substantive.  Würde  aber  v  o  c  e  s  u.  s.  w.  nicht  eben  zu 
erklären  sein  als  entstanden  nach  analogie  der  participial-declination?  Oder 
würde  Qa  nur  entstanden  sein  aus  dem  i  im  dativ  nnd  ablativ? 


240  Kern 

dies  zu  glauben,  wenn  man  beobachtet,  wie  gerade  bei 
u-stäminen  in  der  vediscben  spräche^  vorkommen  urujä 
(geschrieben  urvijä)  und.  dgl.,  welche  sich  kaum  alle  als 
Feminina  erklären  lassen.  Gewifs  ist  das  im  Värttika  zu 
Pänini  VII,  1.  39  erwähnte  därvijä  (d.  h.  därujä)  = 
därunä  gar  nicht  als  ein  fem.  zu  erklären;  leider  fehlen 
die  belege  fOr  diese  form.  Im  baktrischen  lassen  sich 
nachweisen  ahuje  (m.),  tanuje  (f);  äpujä,  vohujä, 
welche  Justi  als  neutra  fafst,  könnten  adverbiale  instr.  fem. 
sein,  so  dafs  wir  sie  hier  aufser  acht  lassen  wollen;  vergl. 
übrigens  Justi  hb.  §.  540—46. 

Vorausgesetzt,  dafs  erweiterung  der  u- stamme  durch 
i  in  bestimmten  fällen  schon  vor  der  trennung  der  indo- 
germanischen Völker  stattfand,  so  würden  gävi  und  gävl 
als  zwitterformen  zu  betrachten  sein,  denn  die  stamme  auf 
i  und  I  im  sanskrit  berühren  sich  so  nahe,  dafs  ein  dativ 
wie  matjäi,  ein  abl.  gen.  wie  matjas  eigentlich  gar  keine 
casus  sind  aus  mati,  sondern  gebildet  als  ob  der  stamm 
hier,  wie  in  manchen  andern  fallen,  mati  (d.  h.  -tia) 
wäre. 

2)  Das  oskische  perfect  auf  -tte. 

Die  oskischen  perfecta  prufatted  =  lat.  probavit, 
prufattens  =  probaverunt  und  dgl.,  verzeichnet  in  der 
formenlehre  der  oskischen  spräche  von  dr.  Enderis,  s.  XLI, 
sind  nach  Corssen  (ausspr.  I,  553;  U,  911)  entstanden  aus 
einem  denominativstamm  prufata,  verkürzt  prufat,  und 
dem  perf.  fed  =  fuit.  Aus  prufatafed  also  entstehe 
prufat fed  und  hieraus  prufatted.  Dagegen  vermuthet 
Schleicher  eine  Zusammensetzung  des  part.  praes.  act.  mit 
dem  perfectstamm  der  wz.  fu;  prufatted  stände  also  für 
prufatfed,  prufantfed.  Dieser  erklärung  schliefst  sich 
Enderis  an.  Nach  beiden  erklärungen  müfste  man  dem 
oskischen  eine  bildung  zuweisen,  welche  vereinzelt  dasteht. 
Das  hat  doch  immer  seine  bedenken  und  rechtfertigt  den 
versuch  einer  andern  erklärung. 

Die  älteste  gestalt  der  wz.  dhä  mag  dhä  oder  thä 
gewesen   sein,  jedenfalls  steht  im  latein  im  anlaut  dafür 


miscellaoea.  241 

der  harte  laut,  während  im  inlaut  gewöhnlich,  wenn  auch 
nicht  ausnahmslos,  der  weiche  steht.  So  entspricht  dem 
skr.  bhü  lat.  und  osk.  fu;  dagegen  hat  das  lat.  ama-bam, 
ama-bo;  sogar  condo,  sacerdos,  wo  dot  =  *dhät 
ist,  wiewohl  defui  und  dgl.  Dem  skr.  dhrti  entspricht, 
formell,  das  lat.  fortis;  dagegen  dem  kQvägog  lat.  ruber; 
so  auch  dem  skr.  madhja  das  lat.  medius.  Es  giebt 
mehrere  ausnahmen;  denn  neben  ruber  steht  rüfus  = 
got.  rauds  und  rutilus  =  skr.  rudhira.  Im  oskischen 
ist  im  inlaut  die  aspirirte  tenuis  noch  häufiger  als  im  la- 
tein;  so  mefio  =  lat.  medius;  fufans,  wo  das  lateini- 
sche nichts  anders  als  ein  fubant  zulassen  würde.  Daraus 
läfst  sich  nicht  mit  Sicherheit  abnehmen,  wie  das  perfect 
der  WZ.  dhä  im  oskischen  gelautet  hat;  einestheils  kann 
sich  ein  fefa  (fafa,  fefe)  entwickelt  haben;  anderntheils 
ein  tete  (tata)  oder  tede,  wenn  wir  annehmen,  dafs  im 
inlaut  zwar  das  harte  f  blieb,  aber  für  th  ein  d  auftreten 
konnte.  Jedenfalls  hat  das  oskische  ebenso  wenig  als  das 
lateinische  das  indische  und  griechische  gesetz,  wonach 
dadhämi,  ti&rjfxL  steht;  das  wissen  wir  aus  fefac-,  fu- 
fans u.  m.  Es  kommt  also  darauf  an,  ob  wir  die  gestalt 
von  WZ.  dhä  im  oskischen  bestimmen  können,  abgesehen 
davon,  dafs  die  wurzel  schon  andere  sprossen  getrieben 
hat,  nämlich  famelo,  lat.  familia,  vgl.  skr.  dhäman 
faamat  „wohnt^;    vgl.  dasselbe  skr.  dhäman. 

In  der  Tabula  Bantina  (10)  steht:  factud,  pous 
touto  deivatus  tanginom  deicans,  siom  dat  ei- 
zaisc  idic  tangineis  deicum,  pod  valaemom  tou- 
ticomtadait  ezum.  Enderis  übersetzt:  facito,  ut  po- 
pulus  iurati  sententiam  dicant,  se  de  illis  id  sententiae  di- 
cere,  quod  salutem  publicam  censeat?  esse.  —  Der  sinn 
des  Wortes  tadait  wird  als  fraglich  bezeichnet  und  es  ist 
in  der  that  bedenklich,  tadait  so  aufzufassen,  als  hätte 
es  mit  dem  plural  deicans  das  subject  gemein.  Eher 
liefse  sich  eine  bedeutung  videtur  erklären,  am  natür- 
lichsten aber  stände  hier  ein  ausdruck  für  „befördern^. 
Fassen  wir  tadait  auf  als  3.  sg.  opt.  imp.,  so  läfst  sich 
tadait   ezum   erklären   als  ein   umschreibender   ausdruck 

ZeitBchr.  f.  vgl.  sprachf.  SXI.  8.  IQ 


2  Kern,  iniscellanea. 

des  causativs  von  ezum;  im  sanskrit  ist  bbävajati  ge- 
radezu eben  das  wort  fOr  „befördern"  (s.  petersb.  wörterb. 
s.  V.  bhü). 

Wenn  tadait  ein  imp.  opt.  ist,  kann  das  perf.  ind. 
gelautet  haben  tede;  vergl.  fefacid.  Da  Wörter,  die  zu 
Suffixen  herabgesunken,  der  Verstümmelung  ausgesetzt  sind, 
ist  es  erklärlich,  dafs  aus  tede  erst  ein  tde,  daraus  tte 
wird,  und  auch  te,  wie  bisweilen  geschrieben  wird. 

Es  ist  kaum  nöthig  zu  sagen,  dafs  wenn  unsere  er- 
klärung  richtig  ist,  osk.  prufa-tte  in  seiner  bildung  iden- 
tisch ist  mit  got.  fiskoda;  prufattens  mit  fiskode- 
dun.  Nur  sei  noch  bemerkt,  dafs  as.  deda,  dede,  alt- 
uiederfr.  dedi,  ags.  dide,  dyde,  mnl.  dede  der  oski- 
schen  form  näher  steht  als  das  got.  dedun  =  hd.  tha- 
ten.  Doch  als  bildungselement  tritt  es  in  allen  deutschen 
sprachen,  mit  ausnähme  des  gotischen,  in  schwächster  ge- 
stalt  auf. 

3)  Zwei   oskische   Wörter. 

In  der  Tabula  Bantina  steht  der  folgende  satz  (5  fg. 
nach  Enderis): 

deivatud  —   perum   dolom   mallom,   siom  ioc  comono 

mais  egm[as  toutijcas  amnud  pan  pieisum  brateis  auti 

cadeis  amnud  -  pertumum. 
Die  Übersetzung  von  Enderis  hat:  „iurato,  —  sine  do- 
malo,  se  ea  comitia  magis  rei  publicae  causa  quam  ali- 
cuius  voti  aut  petiti  causa  —  perimere'*.  Es  ist  einfa- 
cher, scheint  mir,  brateis  auti  cadeis  amnud  zu  ver- 
stehen als  grati  (oder  gratiae)  aut  odii  causa.  Bra- 
lom  ist  lat.  gratum;  es  kommt  auch  vor  in  inscr.  XXXV 
bei  Enderis,  und  dürfte  auch  da  „dank"  bedeuten.  Ca- 
deis ist  gen.  sg.  m.  oder  n.  ^  got.  hatis,  auch  gen.  sg. 
m.  oder  n.;  das  ahd.  haz  ist  m.,  das  an.  hatr  n.;  letz- 
leres und  ags.  bete  haben  also  andere  endung,  wie  auch 
got.  nom.  hatis. 

Leiden,  10.  febr.  1872.  H.  Kern. 


Windisch,  anzeigen.  243 

rdXa  (raXaxToq)y  Lac  (Lactis),  der  graeco italische  name  der  milch.  Ein 
monographischer  Beitrag  zur  ältesten  empfindangsgeschichte  der  in- 
dogermanischen Völker.  Von  dr.  [Hermann  Brunnhofer.  Aarau 
1871.     gr.  8.     44  8. 

Die  hauptgedanken,  welche  in  vorliegender  schrift  zur 
durchführung  kommen,  sind:  der  nom.  und  slcc.  ydka  sei 
buchstäblich  identisch  mit  skr.  galam  (wasser),  und  beide 
Wörter  seien  auf  die  wurzel  gal  „essen,  trinken"  zurück- 
zuführen. 

Erstere  behauptung,  dafs  ydla  für  urspr.  galam 
stände,  ist  völlig  haltlos.  Man  begreift  nicht,  wie  Brunn- 
hofer eine  „ans  wunderbare"  grenzende  bestätigung  seiner 
auffassung  in  einer  von  Kind  aus  dem  modernen  trapezun- 
tischen  dialecte  ^zeitschr.  XI,  126)  aufgeführten  form  ydkav 
finden  kann.  Die  von  ihm  allerdings  nicht  berücksichtig- 
ten formen  al(xav  für  al^a  und  xa/V  für  xai  sprechen 
dßutlich  über  die  natur  dieses  v.  Die  form  yccla  bat  of- 
fenbar dasselbe  Schicksal  gehabt,  wie  der  voc.  äva  vom 
stamme  dvaxt. 

Eine  annehmbarere  position  ist  an  und  für  sich,  dafs 
es  „ein  indogermanisches  Substantiv  gala  getränk,  wasser, 
milch"  gegeben  habe  (s.  28):  in  skr.  gala  hätte  sich  das- 
selbe rein  erhalten,  in  griech. /^aAaxr  läge  eine  Weiterbil- 
dung vor.  Die  argumente  für  die  wirkliche  existenz  die- 
ses Substantivs  sind  aber  meiner  ansieht  nach  auch  unge- 
nügend. 

Zunächst  wird  skr.  gala  vorgebracht.  Dies  wort 
mufste  nach  B.  die  ältere  form  fQr  gala  sein.  In  der  be- 
deutung  „milch,  wasser^  ist  es  in  Wirklichkeit  nicht  nach- 
gewiesen, sie  wird  ihm  aber  s.  21  durch  folgenden  fabel- 
haften dchlufs  aufgenöthigt:  „Unser  gala  mufs  aber  auch 
die  bedeutung:  milch  gehabt  haben.  Wie  wäre  es  sonst 
möglich  (sie),  dafs  das  harz  der  Shorea  Robusta,  welches 
nach  B.-R.  (II,  710)  gala  heifst,  auch  mit  dadhi,  saure 
milch,  hätte  bezeichnet  werden  können?"  —  Im  pet.  wtb. 
wird  gala  harz  sehr  einfach  zur  wurzel  gal  „herabträu- 
feln" gestellt,  wie  ja  auch  im  griechischen  ra  axaxxa 
„harze,  gummi"  zu  <fTd^Bip  „träufeln^  gehört. 

16* 


244  Windisch 

Für  das  griechische,  lateinische  und  slawische  werden 
für  die  einstige  existenz  von  indogerm.  ^gala  milch"  ya^ 
kocog^  glös  und  altböhm.  zelva  geltend  gemacht  (s.26 — 28): 
Brunnhofer  bezeichnet  >,nur  (sie)  das  nomen  gala  milch 
als  zur  etymologie  der  aufgeführten  wortreihe  verwend- 
bar". Die  factische  bedeutung  jener  Wörter  ist  viri  soror 
und  fratris  uxor.  Ursprünglich  sollen  sie  aber  nach  B. 
bedeutet  haben  „die  mit  derselben  milch  begabte",  ,,die 
Schwester,  welche  mit  dem  bruder  von  derselben  mutier 
milch  getrunken,  die  milchsch wester".  Dagegen  scheine 
die  bedeutung  fratris  uxor  zu  sprechen,  allein  man  kann 
„heutzutage  mit  dem  besten  willen  moralischer  entrüstungs- 
fähigkeit  nicht  länger  leugnen,  dafs  der  bruder  in  der  in- 
dogermanischen urzeit  der  regel  nach  seine  Schwester  zur 
frau  hatte".  Allein  durch  diese  etymologie  ist  dies  nicht 
bewiesen,  und  ebensowenig  durch  die  andern  von  Brunn- 
hofer berührten  argumente.  Rv.  X,  10*)  soll  nach  B. 
einer  zeit  entstammen,  in  welcher  man  begann,  das  bis- 
her übliche  gattenverhältnifs  von  bruder  tibd  Schwester 
für  unsittlich  zu  halten.  Wie  stimmt  dazu  vers  10:  ä  ghä 
tä  gal£khän  üttarä  jugäni  j^tra  gämäja:  krnävann  ägämi 
(heran  werden  kommen  die  zukünftigen  zeiten,  wann 
geschwister  geschwistern  nicht  ziemendes  thun  werden)? 
Skr.  bhartä  (st.  bhartar)  gatte,  bhärjä  gattin  und 
bhrätä  (st.  bhrätar)  bruder  sind  allerdings  wurzelver- 
wandt: der  gatte  erscheint  also  etymologisch  als  erbalter 
der  gattin,  der  bruder  als  erhalter  der  Schwester.  Wie 
darf  maö  aber  hieraus  auf  ein  gattenverhältnifs  zwischen 
bruder  und  Schwester  schliefsen?'  Mir  scheint  schon  die 
blofse  existenz  von  bestimmten  Wörtern  für  viri  soror  und 
fratris  uxoi^  darauf  hinzuweisen,  dafs  die  Schwester  in  der 
regel  nicht  zugleich  das  weib  des  bruders  war.  Völlig 
unwahrscheinlich  endlich  ist,  dafs  „die  milchsch wester*' 
{yakoajg)  so  sehr  in  der  regel  des  bruders  frau  gewesen  sei, 


* )  In  Aufrecht's   textausgabq^  sind  in  den  mittheilungen  aus  der  Ana- 
kramaijiikS  (s.  475)  die  rollen  von  Jama  und  Jami  vertauscht. 


•  -^i 


anzeigen.  245 

dafs  ersterer  Dame  geradezu  zur  bezeicbnung  dieses  ver- 

wandtschaftsverhältnis'ses  üblich  wurde. 

Auch    das   irische   soll  sein   scherflein    zur   erhaltung 

des  indogermanischen  „gala  milch"  beitragen  (s.  28). 

Hier  stützt    sich   herr  B.  auf  folgende  anmerkung  bei 
Pertz,  Mon.  Germ.  p.  5:  Usque  ad  medium  saeculi  octavi 

numquam  Gallus,   sed  Gallon,  Gallun,  Gilian,  et  mona- 

sterium  S.  Galli  Gallonis,   Galluni,   Giliani  vocabatur.     II- 

lud  alii  a  callehc  (sie)  derivabant,  quod  idiomate  Hyber- 

norum   lac   denotat.     Hinc  Vocabularium  Biblicum  saeculi 

IX  haec  habet:  Gallo  i.  e.  lac.    Et  Ermanricus  (saec.  VIII) 

S.  Gallum  bis  verbis  invocat: 

Galle,  pater,  pulchro  qui  lactis  nomine  fulges, 

Lacta  me  sancto  lacte,  beate,  tuo. 
Alle  diese  angaben  beruhen  auf  einer  jener  mittelalter- 
lichen etymologien,  an  denen  die  alte  wie  die  neue  irische 
lexicographie  überreich  ist*).  Sie  werden  berichtigt  und 
ns  rechte  licht  gestellt  durch  den  artikel  Gall  in  Cormac's 
Glossary  (Three  Irish  Glossaries,  ed.  Wh.  Stokes,  p.  23) 
.  .  .  Gaill  din  ainm  do  saerchlannaib  Frange  .i.  tribus  Gal- 
liae  7  (is)  candore  corporis  rohainmniged.  gall  [lies  ydka] 
enim   graece  lac  latine  dicitur   unde  Galli   .L  indasta[i] 

gall   din   ainm   do  chailech  .i.  gallus  .i.  dinni  is 

galea  capitis  nominatur  (disuidiu).  „Gaill  ist  (zweitens) 
ein  name  für  die  edlen  geschlechter  Frankreichs,  die  tri- 
bus Galliae,  und  es  ist  von  der  weifsheit  des  leibes,  dafs 
sie  genannt   wurden.     ydXa  nämlich   heifst    es  griechisch, 

lac  lateinisch,  und  daher  Galli,  nämlich  von  der  milch 

endlich  ist  gall  ein  name  für  den  hahn,  gallus,  und  zwar 
ist  es  von  galea  capitis,  dafs  er  so  genannt  ist".  Stokes 
macht  in  der  Übersetzung  (Corm.  GL,  transl.  by  J.  O'Do- 
novan,  ed.  by  Wh.  Stokes,  Calcutta  1868,  p.  84)  folgende 
anmerkung  dazu:  „The  etymology  of  Gall  from  yäka  is 
taken  from  Isidore,  par.  104.  „Galli  a  corporis  candore 
nuncupati  sunt:   yd}.a   enim   graece  lac  dicitur"".     Jeden- 


*)  Eine  der  prächtigsten  mittelalterlichen  etymologien  ist  jedenfalls 
die  von  ir.  brathair,  lat.  frater  in  Corm.  Gl.  p.  6:  frater  quasi  fVauter 
eo  quod  fraudat  ter  .i.  patrem  et  matrem  et  fratrem. 


246  Windisch 

falls  sehen  wir  klar  und  deutlich,  dafs  ir.  „gall  milch^ 
eine  auf  mifsverständnifs  beruhende  fiction  ist.  Auch 
„call ehe  (sie)  lac%  das  in  der  anmerkung  bei  Pertz  er- 
wähnt wird,  ist  wahrscheinlich  eine  arge  entstellung.  Naoh 
der  oben  aus  Cornaac^s  Glossary  mitgeth eilten  stelle  liegt 
es  nahe  zu  vermuthen,  dafs  cailech  gallus  gemeint  ist; 
vgl.  O'Reilly's  Dict.  caileaeh  s.  m.  a  cock. 

Wenn  auch  somit  ein  wort  »gala  milch,  wasser**  för 
die  Urzeit  meiner  meinung  nach  nicht  erwiesen  ist,  so  wür- 
den skr.  gala  und  griech.  ydla  trotzdem  nahe  zusammen- 
gehören, wenn  Brunnhofer  beide  Wörter  mit  recht  von  der 
Wurzel  gal  „essen,  trinken'*  ableitet. 

Es  kann  dies  manchem  ein  glücklicher  gedanke  schei- 
nen. Wenn  ich  ihn  trotzdem  bekämpfe,  so  hat  dies  sei- 
nen grund  darin,  dafs  herr  B.  allzu  zuversichtlich  ist,  dafs 
er  fast  ausschliefslich  nur  die  ihm  günstigen  argumenta 
sieht  oder  erwähnt,  und  dafs  auch  diese  argumenta  bei 
genauerer  prüfung  nicht  stichhaltig  sind. 

Es  liegt  hier  nicht  in  meiner  absieht  die  Verzweigung 
der  Wurzel  gar,  gal  weiter  zu  verfolgen,  obwohl  herr  B. 
ansätze  dazu  gemacht  hat.  Er  erhebt  (s.  12)  gegen  Hugo 
Weber  den  Vorwurf,  dafs  er  die  Wörter  in  den  etymologi- 
schen flammentod  treibe,  verfällt  aber  seinerseits  in  einen 
ähnliehen  fehler,  nämlich  allzuoft  in  den  Wörtern  ein  ures- 
sen  oder  einen  urtrank  zu  sehen.  So  soll  ßccXavog^  glaos, 
ksl.  zel^dT,  lit.  gile',  d.  i.  die  eiehel  „die  eigentliche  spei- 
sefrucht  der  urzeit"  gewesen  sein  (s.  19).  Dafs  dies  wort 
in  den  asiatischen  sprachen  in  dieser  bedeutung  fehlt,  wird 
dabei  übersehen.  Als  sufBx  von  lat.  glans  wird  anja 
angenommen  und  dann  die  entwicklungsreihe  galanja 
glanjä  glandjä  glandl  glandi  aufgestellt.  Die  bedeutung 
des  sufSxes  anja  verlange  aber  eine  wurzel  mit  transiti- 
ver bedeutung,  und  da  stehe  nur  die  wurzel  gal  „essen^ 
zur  verfugung.  Ich  bleibe  bei  der  herleitung  jener  Wörter 
von  der  wurzel  gal  „fallen",  die  u.  a.  von  Curtius  und 
Fick  vertreten  ist.  Di«  eiehel  ist  gleichsam  die  herabfal- 
lende oder  herabgefallene  frueht  xcit  ^^nj^riv.  Auch  Ovid 
weifs  nichts  charaeteristischeres  von  den  eichein  zu  sagen. 


anzeigen.  247 

als  et  quae  deciderant  patula  Jovis  arbore  glandes. 
Mit  ßaltxvoi^  wäre  dann,  abgesehen  vom  geschlechte,  skr. 
galanam  „das  träufeln,  rinnen^  identisch. 

Beiläufig  sei  nachgetragen,  dafs  die  wurzel  gar  „schlin- 
gen" als  verb  nicht  blofs  in  skr.  girati,  gilati,  lit.  ge- 
riü  (ich  trinke)  vertreten  ist,  sondern  auch  in  altir.  gelid 
consumit  (Z.^  431),  ro-gelt  depastus  est  (Stokes  Goid. 
p.  46). 

Brunnhofer  sucht  seine  etymologie  von  skr.  gala  und 
griech.  ydla  dadurch  zu  stützen,  dafs  er  behauptet,  auch 
sonst  gingen  Wörter  für  wasser  und  milch  auf  wurzeln  zu- 
rück, die  „trinken"  bedeuten. 

Im  allgemeinen  ist  dieses  princip  für  die  bedeutungs- 
lehre  von  der  gröfsten  Wichtigkeit.  Auch  eine  eigentliche 
bedeutungslehre  ist  nur  auf  comparativem  wege  möglich. 
Sie  hat  zunächst  die  praktische  aufgäbe,  den  procefs  der 
ideenassociation  nachzuweisen,  dessen  resultat  die  bedeu- 
tung  des  einzelnen  wertes  ist,  und  zwar  mufs  sie  dasselbe 
für  alle  synonyme  thun,  mögen  sie  derselben  einzelsprache 
oder  den  verwandten  sprachen  angehören.  Dann  ist  zu 
sichten  und  zu  ordnen,  denn  es  werden  sich  gruppen  von 
entwickelungsreihen  ergeben.  So  können  wir  einen  blick 
in  die  entwickelung  des  menschlichen  denkens  im  allgemei- 
nen thun,  vielleicht  aber  auch  die  eigenart  der  einzelnen 
Völker  in  einer  unmittelbareren  weise  kennen  lernen,  als 
auf  irgend  welchem  anderen  wege  möglich  wäre.  Nicht 
alle  begriffe  sind  hierfür  von  gleicher  Wichtigkeit,  zu  den 
wichtigsten  zählen  die  philosophischen. 

jßruunhofer  hat  dieses  princip  in  sehr  mangelhafter 
weise  angewendet.  Was  zunächst  den  begriff  „  wasser " 
anlangt,  so  erwähnt  er  nicht,  dafs  gerade  ein  unzweifelhaft 
indogermanisches  wort  auf  eine  wurzel  zurückgeht,  die 
nicht  „trinken"  bedeutet:  skr.  udan,  udakam,  gv,  vSwq^ 
lat.  unda^  lit.  vandö,  got.  vato  stammen  von  der  wurzel 
ud,  vad  „quellen,  benetzen".  Wie  nahe  läge  es  von  hier 
aus  für  skr.  gala  an  die  wz.  gal  „träufeln"  zu  denken^ 
zu  der  ja  sicherlich  unser  „quell,  quellen"  gehört.  B. 
macht  für  seine  etymologie  skr.  galasamudra  „das  meer 


248  Windisch 

mit  süfsem  wasser"  (B.  R.)  geltend.  Abgesehen  davon, 
dafs  dieses  wort  nur  aus  dem  nachtrag  zum  Amarakoja 
belegt  ist,  spricht  es  weder  för  noch  gegen  eine  der  bei- 
den wurzeln  gal,  denn  auch  mit  quell wasser  oder  fliefsen- 
dem  wasser  pflegt  man  die  Vorstellung  des  süfsen  zu  ver- 
binden. Als  parallelen  zu  seiner  etymologie  ftthrt  B.  an: 
„skr.  päna  trunk,  trank,  wasser^  und  „pitha  n.  wasser, 
geklärte  butter**,  indem  er  beide  Wörter  zur  würze!  pg 
„trinken"  stellt.  Allein  im  pet.  wörterb.  fehlt  die  bedeu- 
tung  „wasser"  für  päna  gänzlich,  und  pitha  ist  in  jenen 
bedeutungen  nur  durch  drei  vereinzelte  stellen  aus  der  spä- 
ten gelehrten  litteratur  belegt,  so  dafs  man  Ober  seine 
eigentliche  Verwendung  kein  rechtes  urtheil  hat.  Trunk, 
trank  und  wasser  sind  allerdings  nahe  liegende  begriflFe, 
in  allen  sprachen  wird  man  in  vielen  Sätzen  den  einen 
durch  den  andern  ersetzen  können  Aber  andrerseits  sind 
sie  sehr  verschieden:  man  kann  beispielsweise  nur  sagen 
„ich  springe  in's  wasser".  Deshalb  ist  es  nicht  unwich- 
tig, dafs  skr.  gala  nirgends  in  der  bedeutung  „trunk" 
aufgeführt  wird,  sondern  dafs  es  stets  das  wasser  als  ele- 
ment  im  flu^se,  im  teiche,  im  meere,  im  gofäfse  bezeich- 
net. Umgekehrt  hat  B.  wenigstens  kein  wort  beigebracht, 
das  unbestreitbar  von  der  grundbedeutung  „trunk**  aus 
dann  das  wasser  im  allgemeinen  bedeutete.  Trotz  der  oft 
wunderbaren  bedeutungsentwickelung  behalten  die  Wörter 
doch  immer  einen  gewissen  rest  ihrer  ursprünglichen  an- 
läge bei,  und  der  ist  sorgsam  zu  beachten.  Endlich  mache 
ich  noch  geltend,  dafs  gar,  gal  ursprönglicb  gar  nicht 
„essen,  trinken",  sondern  „schlingen,  schlucken"  bedeutet. 
Es  ist  sehr  unwahrscheinlich,  dafs  man  das  wasser  je  das 
verschluckte  oder  das  zu  verschlingende  genannt  habe. 
Zu  der  grundbedeutung  „schlingen,  schlucken"  stimmt  vor- 
trefflich, dafs  derivata  dieser  wurzel  wohl  die  kehle  oder 
den  hals,  also  das  schlingorgan,  aber  nicht  den  mund,  das 
trinkorgan  bezeichnen.  Dagegen  darf  nicht  verschwiegen 
werden,  dafs  dafs  lit.  verb  gerti  geradezu  „trinken*,  dafs 
ßQcoua  die  speise,  dafs  skr.  gar a  an  einer  stelle  (pat.  Br.) 


anzeigen.  349 

trank,    in   der  spätem   spräche  häufiger  speciell   den  gift- 
trank bedeutet. 

Auch  bei  den  von  B.  herangezogenen  milchwörtern 
führt  mich  genauere  Untersuchung  zu  anderen  resultaten. 
Zunächst  kommen  in  betracht  skr.  pajas,  zend.  pajanh 
und  paeman,  lii  penas  Letzteres  wort  hat  als  grund- 
form  paina-8,  und  darf  nicht,  wie  B.  thut,  penas  ge- 
schrieben und  mit  skr.  päna-m  identificirt  werden.  Fer- 
ner giebt  B.  unrichtig  an,  pajas  bedeute  „trunk,  milch, 
Wasser**.  „Trunk"  fehlt  im  pet.  Wörterbuch  gänzlich,  als 
grundbedeutung  wird  daselbst  angesetzt  „saft,  flüssigkeit, 
lebenssaft,  kraft",  als  daraus  abgeleitete  bedeutungen  er- 
scheinen^'^wasser  (fluthen,  regen),  milch,  männlicher  same". 
Sieht  dies  so  aus,  als  ob  pajas  ursprünglich  „trunk"  be- 
deutet hätte?  Ich  bin  tiberzeugt,  dafs  alle  jene  Wörter  zur 
Wurzel  pl  (pi,  pjä,  pjäi)  „schwellen,  strotzen,  voll  sein, 
überfliel'sen"  gehören  (so  auch  B.  R.).  Beachtenswerth  ist 
die  figura  etymologica  Rv.  11,  13,  1  tad  ähanä  abhavat 
pipjüöi  paja:  „da  wurde  sie  schwellend,  strotzend  von 
milch".  Zu  dem  skr.  part.  perf.  pipjusi  stimmt  schön 
die  zendform  pipjüälm  (vergl.  apipjüälm  und  apipjü- 
äinäm)  „eine  frau,  welche  milch  hat"  (Justi).  Das  active 
participium  hat,  wenn  adjectivisch  gebraucht,  dieselbe  be- 
deutung  wie  das  mediale  pipjänä  in  pipjäneva  jÖSä 
„wie  ein  weih  mit  voller  brüst"  (Rv.  III,  33,  10).  —  Zu 
derselben  sippe  gehören  ferner  pijüäa  und  pejüda  „die 
erste  milch  der  kuh  nach  dem  kalben,  biestmilch;  rahm, 
seim,  saft  überhaupt"  (P.  W).  Nach  B.  sollen  natürlich 
auch  diese  Wörter  ursprünglich  „trunk"  bedeuten,  denn 
er  leitet  vermittels  des  sufBxes  „ijüsa"  (öic)  das  erste 
aus  der  wurzel  „pi  „trinken",  das  zweite  aus  der  wurzel 
pä  ab.  Warum  diese  trennung  nöthig  sei-,  wird  nicht  an- 
gegeben, üebrigens  ist  pijüsa  die  ältere  form,  pe- 
jüsa  nur  in  der  gelehrten  litteratur  nachgewiesen.  Das 
suflfix  ijüäa  ist  eine  reitie  erfindung,  wir  haben  vielmehr 
plj-üsa  abzutheilen,  und  dies  suffix  ist  eine  Weiterbildung 
des   Suffixes    väs   (vergl.   Aufrecht,  Unädisütra,   Äppend. 


250  Windisch 

p.  274).  Somit  würde  sich  pijüäa  zu  dem  epischen  ad- 
jectiv  piväs,  einer  nebenform  von  pivan  fett,  stellen 
(vergl.  pivas  n.  fett).  Andere  beispiele  desselben  sufHxes 
üsa  finden  sich  ünädis.  IV,  73 — 78. 

Mit  den  wurzeln  pä  pl  ^trinken^  haben  meines  er- 
achtens  die  angeführten  milchwörter  unmittelbar  nichts  zu 
thun,  höchstens  mittelbar,  wenn  man  pä  pl  ^trinken^  und 
pl  „strotzen'^  als  ursprünglich  identisch  auffafst.  Jeden- 
falls sind  sie  aber  im  sanskrit  in  der  wirklichen  spräche 
differenzirt,  wie  ein  flüchtiger  blick  auf  die  conjugations- 
formen  lehrt. 

üeber  die  etymologie  von  nvog  „ biestmilch  **  (vergl. 
nvQiaxi]  und  nvria)  weifs  ich  nichts  sicheres  zu  sagen, 
auch  nicht  über  ahd.  biost,  ags.  beost.  Nur  habe  ich 
meine  bedenken  gegen  die  Sicherheit,  mit  der  B.  alle  diese 
Wörter  von  der  wz.  pQ  „trinken**  ableitet  (s.  23),  weichein 
dem  durch  zwei  stellen  belegten  compositum  agr6pü 
„voran,  zuerst  trinkend^  vertreten  ist.  Das  anlautende 
b  in  den  germanischen  Wörtern  empfiehlt  diese  etymologie 
nicht. 

Weiter  stützt  B.  seine  ansieht  über  die  herkunft  von 
yaka  auf  skr.  dadhi  „saure  milch,  wasser^,  dhenä^milch^, 
griech.  ifTjviov  (s.  23).  Allein  auch  dieses  beispiel  will 
nicht  recht  passen.  Die  wurzel  fttr  die  angeführten  Wör- 
ter erscheint  im  sanskrit  in  doppelter  gestalt:  dhä  (dha- 
jati)  „saugen  an  etwas  oder  etwas  trinken  (caus.  säugen, 
ernähren)^,  und  dhi  (dhinöti)  „sättigen,  ergötzen,  er- 
freuen**  (P.  W.)  Man  wird  zugestehen  müssen,  dafs  hier 
in  der  speciellen  beziehung,  welche  schon  die  wurzel  zur 
mutterbrust,  dem  reichen  derselben  oder  dem  saugen  an 
derselben  hat,  ferner  in  der  abweichenden  tendenz  der  bc- 
deutungsentwickelung  ein  wesentlicher  unterschied  von  der 
Wurzel  gar  gal  „verschlingen,  verschlucken**  vorhanden 
ist.  Was  die  einzelnen  Wörter  anlangt,  so  fehlt  im  pet. 
wörterb.  die  bedeutung  „wasser**,  welche  B.  anführt;  dhönä 
heifst  in  erster  linie  „milchende  kuh**  (auch  stute),  im  plu- 
ral  „milehtrank**.  Auch  im  keltischen  sind  jene  wurzeln 
vertreten,  nur  hat  B.  gerade  die  rechten  Wörter  nicht  ge- 


anzeigen.  251 

kannt  Er  führt  an  (8.  23)  „daif  trank,  gäl.  dibhe,  dibh 
(genetiv  und  dativ  von  de  och,  trank)  **.  Ir.  daif  wird  al- 
lerdings, aufser  bei  O'Reilly,  auch  in  den  Additional  Ar- 
ticles  zu  Cormac's  Gl.  aufgeführt  (Stokes,  Corm.  Gl. 
Transl.  p.  61),  aber  das  wort  ist  auffallend  wegen  seines 
im  inlaut  und  auslaut  irischer  Wörter  sonst  nicht  vorkom- 
menden f  (vgl.  Zeufs*  p.  53).  Dafs  dibhe,  dibh  genetiv 
und  dativ  zu  deoch  sei,  bezweifle  ich  sehr,  im  irischen 
hat  dcoch  im  genetiv  dige.  Sicherer  als  die  genannten 
Wörter  gehören  eine  reihe  von  alten  Wörtern  hierher:  so 
findet  sich  in  Broccdn's  hymn.  (Stokes  Goidilica  p.  85) 
lia-mathair  dith  ind-löig  „an  seiner  mutter  sog  das  lamm^; 
di-th  ist  ein  sog.  t-praeteritum  (Zeufs*  p.  456),  und  wird 
durch  di-ne-s-tar  erklärt.  Letztere  form  ist  ein  depo- 
nentiales  s-praeteritum  (Zeufs^  p.  465)  und  erinnert  in 
der  Stammgestaltung  an  skr.  dhi-nö-ti  (der  vocal  des 
stammbildenden  suffixes  ist  ein  anderer).  Das  ursprüng- 
liche participium  praesentis  dieses  erweiterten  Stammes  ist, 
wie  so  oft  diese  form  im  irischen,  Substantiv  geworden: 
dinu  mutterschaf  (Stokes,  Goid.  p.  90),  dat.  sing,  dinit 
(Zeufs*  p.  257).  Ferner  sei  erwähnt  del  (modern  deal) 
=  ^iqXri^  ahd.  tila,  delech  milchkuh  =  ksl.  doilica 
nutrix  (vgl.  Stokes,  Corm.  Gl.  Transl.  p.  54),  dedel  kalb 
(ibid.  p.  (il). 

Endlich  führt  B.  noch  skr.  kälra  n.  „milch,  wasser^ 
für  seine  etymologie  an.  Er  stellt  dasselbe,  gestützt  auf 
Unädisü.  IV,  34  zu  der  wurzel  ghas  „verzehren,  verschlin- 
gen, fressen,  essen"  (pet.  wb.).  Die  alte  vedische  bedeu- 
tung  von  kälra  ist  „milch";  die  bedeutung  „wasser"  stützt 
sich  nur  auf  die  angäbe  der  lexicographen.  Obwohl  es  laut- 
lich möglich  wäre,  dafs  ksira  von  ghas  gebildet  ist,  so 
halte  ich  es  doch  der  bedeutung  nach  für  sehr  unwahr- 
scheinlich; denn  ghas  heifst  nie  „trinken":  wie  die  im 
pet.  wörterb.  angefahrten  beispiele  zeigen,  steht  es  sogar 
in  einem  gewissen  gegensatze  zu  pä  „trinken",  z.  b.  Rv. 
I,  162,  14  jäkka  papäü  jakka  ghäsf  gaghdsa  was  es  trank 
und  was  es  an  futter  frafs.  Das  einmal  belegte  zend. 
khäuis   n.  milch,  und   die  autorität  des  Unädisütra  köa- 


252  Windisch 

neD  hier  nicht  den  ausschlag  geben.  Brunnhofer  stellt 
nämlich  mit  Justi  jenes  khSuis  zu  skr.  ksu  n.  speise,  und 
letzteres  mag  allerdings  zur  wurzel  ghas  gehören.  Es 
liegt  aber  nicht  die  geringste  Schwierigkeit  vor,  kdira  von 
der  wnrzel  ksar  ,jfliefsen,  strömen"  abzuleiten,  was  auch 
im  pet.  wörterb.  für  wahrscheinlicher  gehalten  wird.  Vor 
allem  aber  kommt  hier  die  transitive  bedeutung  „etwas 
strömen,  ausströmen,  giefsen"  in  betracht,  in  welcher  diese 
Wurzel  im  veda  und  im  epos  öfter  mit  milchwörtern  ver- 
bunden ist.  Pigura  etymologica  hätten  wir  in  tathä  kSirä 
käarantj  6tä:  (sc.  gäva:,  MBh.),  ferner  ist  von  interesse 
käaramänä  pajö  'mrtam  (sc.  dhenu:,  MBh.).  Freilich 
behauptet  Brunnhofer  (s.  23),  es  scheiterte  diese  etymolo- 
gie  „an  der  sonst  unbekannten  iibergangsfahigkeit  eines  ä 
in  I,  denn  die  nebenform  ksir  ist  unnachweisbar**.  Ge- 
hört etwa  tira  n.  ufer,  gestade  nicht  zur  wurzel  tar, 
sldati  zur  wz.  sad,  dhira  fest,  beständig  zurwz.  dhar, 
ferner  dirgha  lang  (comp,  dräghljäs)  zu  griech.  So- 
h^og  u.  s.  w.? 

Auch  unser  deutsches  wort  „milch",  got.  miluks, 
das  von  B.  nicht  weiter  besprochen  wird,  trägt  nicht  dazu 
bei,  um  die  behauptung  aufrecht  zu  erhalten,  dafs  die 
milch  nach  dem  trinken  genannt  zu  werden  pflege.  Die 
Verwandtschaft  von  got.  miluks  ist  ja  bekannt  genug. 
Wo  die  Wurzel  marg,  wie  im  sanskrit,  noch  nicht  die 
bedeutung  des  melkens  hat,  da  bedeutet  sie  reiben,  wi- 
schen, streicheln,  und  zeigt  somit  deutlich  den  weg,  auf 
welchem  hier  die  begriflpe  „milch"  und  „melken"  ihren 
ausdruck  gefunden  haben.  Es  sei  mir  hier  gestattet,  auf 
die  zur  wurzel  malg  gehörigen  irischen  formen  aufmerk- 
sam zu  machen.  Unzweifelhaft  sind  solche  melg  milch 
(Three  Irish  Gloss.  ed.  Stokes  pp.  28.  33.  105.  107)  und 
die  perfectform  do-o-malgg  mulxi  (Z.  61).  Ferner  ist 
hierher  zu  rechnen  ml  acht  milch,  das  bei  Cormac  (Three 
Ir.  Gl.  p.  7)  in  dem  auffallenden  compositum  bo-mlacht 
(„cow  and  milk")  enthalten  ist.  Das  irische  glossem  dazu 
lautet  bo  ocus  lacht.  Ob  diese  form  lacht  lateinisches 
lehn  wort  oder  aus  jenem  ml  acht  entstanden  ist,  soll  nach- 


anzeigen.  25^3 

her  besprochen  werden.  Ein  gewöhnliches  wort  für  milch 
ist  aber  blicht,  und  mit  diesem  stimmt  das  verbum  bleg- 
„  melken"  im  anlaute  genau  überein:  blegar  mulgetur 
(Three  Ir.  Gl.  p.  33  unter  6i).  Es  wird  wohl  einem  jeden 
die  vermuthung  kommen,  dafs  blicht  und  blegar  mit 
melg  und  do-o-raalgg  wurzelverwandt  sind,  und  dafs 
den  ersteren  Wörtern  eine  zu  mlag,  mleg  umgestellte 
wurzelform  zu  gründe  liegt,  wie  dies  unverkennbar  in  dem 
vereinzelten  ml  acht  der  fall  ist.  Mr  und  ml  sind  aber 
lautgruppen,  an  denen  auch  andere  sprachen  anstofs  ge- 
nommen haben:  ich  erinnere  an  griech.  ßgorog  und  a^c- 
ßgoTog  neben  skr.  martä-s,  an  griech. /^AwVx«  neben  &o- 
küv.  Einige  beispiele,  in  denen  sich  auch  im  celtischen 
derselbe  lautwandel  zeigt,  verdanke  ich  Mr.  Whitley  Sto- 
kes:  das  von  mrecht,  varius,  abgeleitete  mrechtrad, 
varietas  (Z.  856)  lautet  in  späteren  quellen  brechtrad 
(modern  breachtradh,  s.  O'Reilly's  Dict.);  bleith  „a 
grinding"  (Senchas  Mor  I,  162)  steht,  wie  Mr.  Stokes  mit 
recht  vermuthet,  für  mleith,  und  gehört  zu  altir.  melim 
molo,  zu  dem  es  sich  verhält,  wie  blicht  (milch)  zu 
melg  (milch).  Da  im  cymrischen  jenes  adjectiv  mrecht 
als  brith,  breith  (modern  braith)  auftritt,  so  werden 
wir  uns  nicht  wundern  für  blicht  auch  hier  blith  zu 
finden. 

Was  aber  das  irische  lacht  anlangt,  so  ist  von  Wich- 
tigkeit, dafs  auch  die  andern  celtischen  sprachen  entspre- 
chende Wörter  besitzen,  das  alte  cornisch  in  lait  (später 
leyth  und  letb,  s.  Williams,  Lex.  Cornu-Brit.  pp.  229. 
236),  das  cymrische  in  llaeth,  das  armorische  in  leaz, 
lez:  diese  britannischen  Wörter  verhalten  sich  in  bezug 
auf  den  geschwundenen  guttural  zu  ir.  lacht,  wie  oben 
cymr.  brith  und  breith  zu  ir.  mrecht.  Es  ist  mir  sehr 
unwahrscheinlich,  dafs  wir  es  hier  mit  lehnwörtern  zu 
thun  haben:  jede  einzelne  celtische  spräche  müfste  sich 
dann  für  ein  so  zum  einfachsten  leben  gehöriges  product 
den  namen  aus  dem  lateinischen  geholt  haben.  Wenn  aber 
die  celtischen  sprachen  das  wort  als  ererbtes  eigenthum 
besitzen,  so  mufs  man  aufhören  lat.  lac  lactis  zu  griech. 


254  WiDdisch 

ycika  y(i?MXTog  zu  ziehen,  denn  zu  trennen  ist  das  lateini- 
sche wort  von  ir.  lacht  auf  keinen  fall. 

Souüt  wäre  nach  unserer  Untersuchung  ydka  isolirter 
und  räthselbafter  denn  je.  Denn  mit  lac  soll  es  nichts 
zu  thun  haben  und  ebenso  wenig  mit  der  wurzel  gal 
„verschlingen,  verschlucken",  der  es  Brunnhofer,  allzu  sie- 
gesgewifs,  vindicirt  zu  haben  glaubt.  Auch  ich  vermag 
nichts  neues  und  stichhaltiges  über  den  Ursprung  von  ydka 
beizubringen,  ich  müfste  denn  in  die  fufsstapfen  von  Hugo 
Weber  und  Brunnhofer  treten  und  meine  wurzel  gal 
„träufeln"  auch  in  diesem  worte  sehen  wollen. 

Es  findet  sich  in  vorliegender  schrift  noch  manches, 
was  zur  kritik  herausfordert.  Ich  erwähne  nur  noch  den 
^auf  s  34  stehenden  satz:  „Und  so  ist  uns  denn  *yaXaxT: 
der  liebe  liebe  trank  (sie)".  Wahrscheinlich  beruht 
auf  dieser  anschauung  die  angäbe  auf  dem  titel  der  schrift 
„Ein  monographischer  beitrag  zur  ältesten  empfindungs- 
geschichte  der  indogermanischen  Völker".  Jenes  Qber- 
raafs  von  Zärtlichkeit  (der  liebe  liebe  trank)  ist  nach  B. 
in  dem  suffixe  von  ydka  ydkaxvog  enthalten.  Er  ist  s.  29 
und  ff.  bemüht  nachzuweisen,  dafs  die  suffixe  9,xo-^,  tc^ 
und  n,  rto,  r  deminutiven  sinn  haben.  Ohne  weiter  an 
den  beigebrachten  beispielen  mäkeln  zu  wollen,  bemerke 
ich  nur,  dafs  keins  ein  genaues  analogen  zu  ydla  ist,  und 
dafs  jene  suffixe  viel  öfter  nicht  deminutive  bedeutung  ha- 
ben. Wir  haben  daher  nicht  den  geringsten  anhält  für 
die  Sicherheit  oder  Wahrscheinlichkeit  jener  auffassung  von 
ydka.  Hinter  die  eigentliche  bedeutung  der  wortbildenden 
Suffixe  kann  man  nur  durch  umfassende  und  sehr  compli- 
cirte  Studien  kommen  und  an  Wörtern  wie  ydka  „milch^ 
wird  man  wohl  zu  allerletzt  ihre  ursprüngliche  function 
bestimmen  können. 

Ernst  Windisch. 


anzeigen.  255 

Versuch  einer  formenlehre  der  oskischen  spräche,  mit  den  oskischen  in- 
schriften  und  glossar.  Von  Ernst  Enderis,  dr.  ph.  Zürich  bei 
S.  Höhr.      1871. 

Dem  wünsche,  den  wir  seiner  zeit  bei  der  anzeige  der 
säubern  Bruppacherschen  schrift  über  die  oskischen  laute 
äufserten,  dafs  dieser  wackere  junge  gelehrte  auch  die  os- 
kische  Wortbildung  und  flexion  behandeln  und  endlich  mit 
Zusammenstellung  der  oskischen  inschriflen  und  mit  beifü- 
gung  eines  glossars  dem  werkchen  einen  gewissen  ab- 
schlufs  geben  möchte,  —  einem  solchen  wünsche  konnte 
leider  herr  dr.  Bruppacher  selbst  seiner  angegriffenen  ge- 
sundheit  wegen  nicht  nachkommen  und  Qberliefs  die  arbeit 
seinem  freunde  und  studiengenossen  herrn  Enderis.  Herr 
Enderis  hat  seine  aufgäbe  in  lobenswerther  weise  durch- 
geführt. Mit  unverkennbarem  fleifse  hat  er  das  inschrift- 
liche material,  so  viel  dessen  bis  zu  seiner  bearbeitung 
publiciert  war,  gesammelt  und  den  originalen  eine  lateini- 
sche Übersetzung  beigegeben;  seine  darstellung  und  erklä- 
rung  der  oskischen  formen  und  sein  oskisches  wörterver- 
zeichnifs  verrathen  einen  mann,  welcher  sich  überall,  wo 
etwas  für  aufhellung  des  bezüglichen  Stoffes  zu  finden  war, 
gewissenhaft  umgesehen  und  sich  mit  der  wissenschaft- 
lichen behandlungsweise  des  gegenständes  vertraut  gemacht 
hat;  namentlich  wufste  er  sich  die  zerstreuten  arbeiten  des 
auf  diesem  felde  grundlegenden  Corssen  und  Schleichers 
compendium  trefflich  zu  nutze  zu  machen.  Wir  haben 
demnach  eine  wohl  vorbereitete  und  durchgeführte  arbeit 
vor  uns,  welcher  wir  als  einer  erstlingsarbeit  nicht  das 
zum  vorwürfe  machen  möchten,  dafs  sie  denn  doch  weni- 
ger selbständig  sei,  als  sie  es  unter  der  band  eines  mei- 
sters  hätte  werden  müssen,  ja  weniger  selbständig,  als  es 
Bruppachers  oskische  lautlehre  ist. 

Wenn  sehr  häufig  gotische  formen  zur  vergleichung 
gezogen  werden,  so  ist  das  zumal  bei  diesem  italischen 
dialekte  ganz  am  platze;  nur  will  es  uns  scheinen,  als  ob 
der  Verfasser  keine  volle  kenntnifs  der  gotischen  auslauts- 
gesetze  habe,  welche  für  die  erkenn tnifs  der  gotischen 
^exionsformen  von  der  höchsten  Wichtigkeit  sind.   Gewisse 


256  Schw«izer-Sidler 

oskische  bildimgen  sind  eben  darum  nicht  völlig  aufge- 
klart worden,  weil  der  verf.  sich  möglichst  überall  bei 
den  deutungen  Corssens,  die  ja  im  ganzen  und  groDsen 
gewifs  die  richtigen  sind,  beruhigte,  so,  wenn  auch  er  an- 
nimmt, pieis  in  pieisum  sei  der  genetiv  vom  stamme 
pi-,  während  die  form  selbst  und  das  verwandte  lateini- 
sche auf  einein  erweiterten  stamm  pio-  führen  mufsten, 
wie  das  denn  auch  Joh.  Schmidt  schon  nachgewiesen 
hatte. 

Zörich.  H.  Schweizer-Sidler. 


lieber    einige  grundzüge  der  lateinischen  Wortstellung^  von  Carl  Abel 
ph.  dr.     Berlin,  Dümralersche  Verlagshandlung.   1871. 

Ein  recht  durchdachtes  und  auf  reicher  und  feiner 
beobachtung  basierendes  schriftchen,  welches  uns  freilich 
nur  einige  auf  einem  bestimmten  beschränkten  gebiete  ge- 
wonnene grundzüge  der  lateinischen  Wortstellung  bietet, 
schon  damit  aber  zur  erkenntnifs  mancher  psychologischen 
(üicht  logischen)  gesetze  führt,  also  auch  für  ein  wahrhaft 
genaues  verständnifs  einer  anzahl  von  sprachlichen  erschei- 
nungen  auf  dem  gebiete  des  lateinischen  von  bedeutung 
ist.  Nachdem  der  verf.  von  dem  wesen  der  Wortstellung 
im  allgemeinen  gesprochen  und  dem  lateinischen  innerhalb 
der  allgemeinen  Verschiedenheiten  seine  bestimmte  Stellung 
angewiesen  hat,  geht  er  zu  seinem  mit  besonnener  wähl 
ausgehobenen  specialobject  über.  „Nimmt  man  einzeln 
das  verhalten  verschiedener  begriffsarten  heraus,  so  wer- 
den die  trotz  verschiedener  Verbindung,  trotz  verschiede- 
nem klang  und  fall  gleichmäfsig  oder  überwiegend  wieder- 
kehrenden erscheinungen  sich  als  die  einfachsten  logischen 
gesetze  der  lateinischen  Wortstellung  darstellen.  In  dieser 
art  einige  punkte  zu  betfachten,  wollte 'd^i^  vorliegende 
versuch  unternehmen.''  Auf  empirischem  ^gründe  wird 
dann  ein  logisches  gesetz  gewonnen,  nach 'welchem,  jedes 
urtheil  für  sich  betrachtet,  das  adjectivum,  pronomen  and 
participium,  wenn  es  mit  seinem  substantivum  eine  einheit 


anzeigen.  257 

bildet,  vor  demselben^  und  ebenso  abhängige  casus  vor 
ihrem  regierenden  substantivum  oder  adjectivum,  und  2)  im 
verhältnifs  zu  andern  betrachtet,  wenn  einer  der  beiden 
theile  von  einem  gegensatz  getroffen  wird,  dieser  voraus- 
steht. Die  Präpositionen  gehen  meistens  voraus.  Es  wer- 
den nun  diese  gesetze  im  einzelnen  in  ihrer  anwendung 
dargelegt,  und,  wo  sie  durchbrochen  scheinen,  wird  ein 
innerer  grund  nachgewiesen.  Natürlich  haben  wir  uns  da- 
mit zufrieden  zu  geben,  dafs  der  verf.  überall  rein  auf  dem 
boden  des  lateinischen  bleibt,  dafs  aber  auch  hier  durch 
anwendung  der  sprachvergleichenden  methode  die  betrach- 
tung  sich  hätte  vertiefen  können,  und  das  innerste  leben 
der  einzelnen  spräche  so  schärfer  hervorgetreten  wäre,  läfst 
sich  nicht  läugnen.  Wie  fruchtbar  hätte  gerade  auf  die- 
sem felde  die  herbeiziehung  der  composition,  die  so  nahe 
lag,  werden  müssen.  Die  darstellung  ist  meistens  klar, 
imd  wo  sie  es  nicht  ist,  wissen  wir  oft  nicht,  ob  das  auf 
druckfehlern  beruht,  welche  leider  in  dieser  kleinen  schrift 
nicht  selten  nachweisbar  sich  vorfinden. 
Zürich,   im  december  1871. 

H.  Schweizer-Sidler. 


Vorlesungen  über  die  vergleichende  lautlehre  des  sanskrit,  des  griechi- 
schen und  des  lateinischen ,  gehalten  in  der  mailänder  wissenschaft- 
lich-litterarischen akademie  von  G.  I.  Ascoli.  Uebersetzt  von  prof. 
J.  Bazzigher  und  prof.  dr.  H.  Schweizer-Sidler.  Erster  band.  Halle, 
Waisenhaus.    1872. 

In  der  vollen  Überzeugung,  dafs  vorliegendes  werk, 
dessen  fortsetzung  und  abschlufs  hoffentlich  durch  andere 
umfassende  arbeiten  des  berühmten  Verfassers  nicht  allzu 
weit  hinausgeschoben  wird,  zu  den  bedeutendsten  erschei- 
nungen  gehöre,  welche  in  den  letzten  jähren  auf  dem  wohl 
gepflegten  gebiete  der  historischen  Sprachforschung  her- 
vorgetreten sind,  dafs  es  sich  demnach  den  trefflichsten 
arbeiten  deutscher  Wissenschaft,  was  nicht  wenig  heifst, 
würdig  anreihe,  wirkte  referent  schon  lange,  ehe  dasselbe 

Zeitschr.  f*  vgl.  spraelif.  XXI.  3.  17 


258  dchweizer-Sidler 

von  der  französischen  akademie  mit  dem  Volneypreise  be- 
ehrt wurde,  mit  allen  ihm  zustehenden  kräften  dahin,  dafs 
es  auch  in  deutschem  gewande  erscheine.  Er  übernahm 
denn  auch  selbst  eine  nicht  gerade  mühelose  genaue  revi- 
sion  einer  von  seinem  ehemaligen  wackern  schöler,  dem 
nunmehrigen  churer  professor  Bazzigher,  rasch  angefer- 
tigten Übersetzung,  welche,  denkt  er,  billigen  ansprüchen 
genügen  soll.  Wir  wagen  zu  hoffen,  dafs  uns  unsere  deut- 
schen fachgenossen,  dafs  uns  sonderlich  auch  jüngere  män- 
ner,  welche  auf  diesem  reichen  und  lohnenden  Wissensge- 
biete heimisch  werden  wollen,  dafür  einigen  dank  wissen 
werden.  Das  vorliegende  werk  bietet  einen  aufserordent- 
lichen  umfang  von  wohl  gewähltem  materiale,  da  der  verf. 
sich  keineswegs  auf  die  im  titel  genannten  idiome  be- 
schränkt, sondern  neben  dem  altindischen  auch  die  neuen 
dialekte  Indiens,  neben  dem  altgriechischen  das  moderne 
griechisch,  neben  dem  lateinischen  die  übrigen  dialekte  des 
alten  Italiens  und  in  vollem  mafse  die  hier  so  wichtisren 
romanischen  sprachen  und  mundarten  herbeizieht,  über- 
haupt jede  indogermanische  Spracherscheinung,  die  irgend 
eine  dunkelheit  in  dem  ihm  zunächst  liegenden  Stoffe  auf- 
hellen, irgend  einen  zweifei  lösen  dürfte,  mit  eigentbüm- 
licher  Virtuosität  herauszugreifen  weifs.  Dabei  macht  es 
einen  sehr  wohlthuenden  eindruck,  dafs  Ascoli  offenbar  die 
grofsen  Sprachgebiete,  welche  er  rede  stehen  läfst,  in  ih- 
rem umfange  und  in  ihrer  Wesenheit  genau  kennt  und 
seine  wähl  nirgend  eine  zufällige  ist.  Wir  macheu  in  die- 
ser beziehung  namentlich  auf  seine  oflb  sehr  einläfslichen 
anmerkungen  über  sanskritformen,  in  denen  er  mehrfach 
die  kenntnifs  der  sanskritgrammatik  geradezu  bereichert 
und  genauer  bestimmt,  auf  seine  gründliche  behandluog 
der  litauisch -slavischen  analogien  und  auf  die  grofse  frei- 
heit  aufmerksam,  mit  welcher  er  über  entlegene  romani- 
sche mundarten  verfügt.  Aber  des  Verfassers  mit  steigen- 
dem fleifse  gewonnene,  gelehrsamkeit  erstreckt  sich  auch* 
über  alle  auf  diesem  felde  schon  angestellten  und  sonder- 
lich auf  die  von  Deutschen  angestellten  Forschungen,  von 
denen  er  wiederum  eine  nicht  blofs  oberflächliche  kenntnilli 


anzeigen.  259 

besitzt,  die  er  vielmehr  in  ihrem  ganzen  gewichte  za  wür- 
digen weifs  und  in  manchen  fallen  freudig  anerkennt,  ohne 
dafs  er  sich  jedoch  scheut  im  dienste  der  Wahrheit  offen, 
wenn  auch  in  anständigster  weise,  allfällige  blöfsen  dersel- 
ben aufzudecken.  Hervorheben  wollen  wir,  dafs  A.  na- 
mentlich auch  mit  den  neuern  Untersuchungen  der  physio- 
logen  genau  bekannt-  ist  und  in  glücklichster  weise  deren 
resultate,  welche  er  übrigens  wiederum  nur  nach  gewissen- 
hafter prüfung  annimmt,  zur  aufklärung  der  geschicht- 
lichen entfaltung  der  laute  verwendet. 

In  dem  gesagten  liegt  wohl  klar  genug,  dafs  der  verf. 
mit  grofser  umsieht,  nicht  nur  mit  etwelchem,  sondern  mit 
ungewöhnlichem  Scharfsinne  und  echt  methodisch  gearbei- 
tet hat,  dafs  er  sich  in  diesen  beziehungen  vor  manchen 
übrigens  mit  recht  hoch  angesehenen  männern  selbst  Deutsch- 
lands, welche  dieses  oder  ein  ähnliches  Wissensgebiet  an- 
gebaut haben,  vortheilhaft  auszeichnet. 

Es  dürfte  anmafsend  erscheinen,  dafs  wir  das  buch 
Äscolis,  welches  Vorlesungen  bietet,  die  vor  uneingeweih- 
ten gehalten  wurden,  auch  eingeweihten  zur  kenntnifsnahme 
aufs  wärmste  anzuempfehlen  wagen.  Dieses  unterfangen 
geht  aber  aus  unserer  Überzeugung  hervor,  dafs  auch  ein- 
geweihte der  darstellung  mit  steigendem  interesse  folgen 
werden.  Der  verf.  hat  einen  glücklichen  griff  gethan,  dafs 
er  seinen  zuhörern  nicht  nur  die  resultate  seiner  Untersu- 
chungen vorlegte,  sondern  deren  gesammten  verlauf,  frei 
und  ungehemmt  sich  ergehend,  vor  ihnen  ausbreitete.  So 
mufsten  intelligente  zuhörer,  wenn  ihnen  auch  das  gebiet 
noch  fremd  war,  eine  viel  lebendigere  anschauung  von 
derartigem  schaffen  gewinnen,  so  wird  aber  auch  der  auf 
diesem  felde  heimische  bei  der  lectüre  dieser  vortrage  seine 
rechnung  finden.  Ueberdies  ist  gewifs  mancher  baustein, 
ist  manche  untersuchende  anmerkung  bei  der  Veröffent- 
lichung der  Vorlesungen  hinzugekommen,  und  in  diesen 
selbst  sind  nicht  ganz  selten  neue  oder  fester  bestimmte 
resultate  gewonnen;  aufserordentlich  häufig  aber  ist  Stoff 
mit  verwendet  und  verarbeitet,  welcher  sonst  nur  wenigen 
zugänglich  sein  möchte. 

17* 


^60  Schweizer-Sidler 

Diesem  allgemeinen  urtheile  reihen  wir  eine  karze 
angäbe  des  inhaltes  der  Vorlesungen  an  und  fügen  ibr 
einige  wenige  Bemerkungen  bei.  In  der  ersten  Vorlesung 
spricht  sich  A.  nach  einigen  einleitenden  werten  ausführ- 
licher über  die  von  ihm  befolgte  methode  aus  und  geht 
dann  zu  einer  recht  anschaulichen  allgemeinen  physiolo- 
gisch-historischen darstellung  des  sanskritischen,  griechi- 
schen, lateinischen  und  italienischen  consonantensystems 
weiter.  Anläfslich  des  italienischen  consonantensystems 
berührt  er  auch  gewisse  lautliche  elemente,  welche  ver- 
schiedenen italienischen  mundarten  oder  andern  romani- 
schen Idiomen  eigenthümlich  sind,  wobei  er  sich  zugleich 
über  die  gpltung  mancher  schriftzeichen  erklärt,  deren  er 
sich  bei  seinen  transscriptionen  bedienen  will  und  die  vor- 
her nicht  vorgekommen  sind.  Den  schlufs  machen  tech- 
nische anweisungen. 

Nachdem  der  verf.  in  der  zweiten  Vorlesung  Ober 
die  beiden  theile  der  1  au tle h re,  .  denjenigen,  welcher 
von  den  etymologischen  fortsetzern,  und  denjenigen, 
welcher  von  den  pathologischen  erdcheinungen  in 
der  lautweit  handelt,  geredet  hat,  macht  er  sich,  die 
Ordnung  des  sanskritalphabets  wählend,  an  die  betrach- 
tung  der  fortsetzer  des  ursprünglichen  k.  In  einer  an- 
merkung  zu  der  Zusammenstellung  von  skr.  kart,  lat. 
erat  es,  äufsert  der  Verfasser  die  vermuthung,  dafs  die  in 
kart  liegende  primäre  wurzel  im  gründe  nicht  verschie- 
den sein  dürfte  von  skr.  kar,  ausgiefsen,  überschütten, 
zudecken.  Wenn  auch  das  blofs  wahrscheinlich  ist,  so 
ist  gewifs  der  hier  gelegentlich  angebrachte  Widerspruch 
gegen  Curtius,  welcher  mit  diesem  selben  kar  griechisches 
XQivoo^  lat.  cerno  zusammengehalten  hat,  richtig.  Anläfs- 
lich des  Überganges  von  ursprünglichem  k  in  9  kommt 
auch  nip,  nipä  neben  nak  u.  s.  f.,  nacht,  zur  spräche, 
und  A.  thut  unseres  bedünkens  recht  daran,  wenn  er 
nach  gründlicher  und  scharfsinniger  prüfung  die  ausdrücke 
nip,  nipä,  nipltha^  nipitä  alle  auf  die  grundlage  nak 
zurückführt  und  den  Zusammenhang  mit  wz.  91,  liegen, 
bestreitet,  wie  denn  auch  Fick  mindestens  die  ersten  bei« 


anzeigen.  261 

den  unter  nak  eingereiht  hat.  Volle  beachtung  verdienen 
die  auseinaudersetzungen  darüber,  wie  ursprüngliches  k 
in  9  und  K  übergehen  konnte,  und  über  das  relative  alter 
der  asiatischen  alterierung  des  ursprünglichen  k.  Das 
aber  ist  uns  immer  noch  nicht  klar,  wie  es  gekommen^ 
dafs  die  slavisch- litauischen  Idiome  besonders  die  alterie- 
rung des  k  fortsetzen,  die  sich  schliefslich  in  einem  be- 
stimmten Sibilanten  verkörpert,  das  griechische,  italische 
und  germanische  aber  die  zweite,  welche  endlich  mit  dem 
übergange  in  eine  palatalis  endigte,  wenn  wir  auch  mit 
A.  darüber,  dafs  es  so  sei,  völlig  einverstanden  sind  und 
es  namentlich  als  durch  ihn  für  immer  festgestellt  anse- 
hen, dafs  die  so  genauen  litauisch -slavischen  entsprechun- 
gen  nicht  zufällig  sind.  Eine  sehr  bedeutende  Schwie- 
rigkeit bei  dieser  frage  hat  A,  nicht  berührt:  es  ist  dieses 
der  von  Schleicher  und  seinen  talentvollsten  und  gründ- 
lichsten Schülern  behauptete  innigere  Zusammenhang  des 
litauisch -slavischen  mit  dem  germanischen,  über  welchen 
auch  wir  nicht  wegzukommen  vermögen. 

In  der  dritten  Vorlesung  wird  die  behandlung  der  gut- 
turalen tenuis  fortgesetzt,  und  es  kommen  hier  das  latei- 
nische qu,  das  italische  und  griechische  tt,  t  u.  s  f.  als 
etymologische  fortsetzer  des  ursprünglichen  k  zur  spräche. 
Eine  anmerkung  zu  s.  50  handelt  sehr  geschickt  und  klar 
über  die  lateinische  Verwendung  des  überlieferten  schrift- 
zeichens  q.  Wir  wissen,  dafs  sonderlich  von  den  Latei- 
nern ein  lautzeichen  nicht  leicht  aufgegeben  ward,  wenn 
dessen  Verwendung  irgendwie  möglich  schien,  dafs  aber 
q  gegen  k  und,  das  spätere  zeichen  für  die  tenuis,  c  nicht 
als  eigenartiger  guttural  sich  hielt,  sondern  nach  dem  vor- 
gange und  der  anordnung  von  sprach  meistern  nur  vor  ge- 
wissen lauten  statt  des  k  (c)  eintrat.  Seine  wesentliche 
Stellung  war  bekanntlich  immer  diejenige  vor  dem  halb- 
vokalischen u,  während  seine  Stellung  vor  vokalischem 
u,  wie  sie  ihm  Attius  angewiesen  hatte,  sich  nicht  zu 
halten  vermochte.  Darin  hat  Ascoli  ohne  zweifei  recht, 
wenn  er  die  annähme,  q  enthalte  in  sich  allein  schon 
kv,  zurQckweist  und  nur  eine  eitele  klügele!  späterer  gram- 


262  Schweizer-Sidler 

matiker  darin  sieht.  So  iDteressant  es  nun  sein  dQrfte, 
auf  die  einzelnen  beispiele  und  deren  umsichtige  bebend- 
hing  einzugehen,  wir  müssen  es  uns  versagen  und  wollen 
nur  anführen,  dafs  die  streng  methodische  Untersuchung 
uns  manches  wort  auch  im  lateinischen  und  griechischen 
etwas  anders  ansehen  lehrt,  als  es  bis  dahin  geschehen, 
dafs  hier  z.  b.  auch  eine  form  oquulus  für  oculus  ihre 
begründung  findet  und  dergl.;  wir  wollen  die  genaue  aus- 
einandersetzung  über  lat.  qu  und  c  in  denselben  wortfor- 
men hervorheben,  endlich  die  begründung  der  ansieht,  dafs 
m  Sanskrit  und  lateinischen  kein  ganz  sicheres  beispiel 
von  p  für  qu,  k  existiere,  dafs  sich  also  hierin  die  itali- 
schen dialekte  schärfer  von  einander  unterscheiden  als  die 
griechischen.  Dafs  da  und  dort  ein  kleiner  irrthum  unter- 
läuft, welcher  aber  der  gesammten  beweisführung  nichts 
schadet,  verschlägt  in  der  that  sehr  wenig.  So  ist  viel- 
leicht s.  78  das  got.  uh,  wie  es  übrigens  von  den  meisten 
geschieht,  nicht  richtig  als  einfache  partikel  gefafst  und 
die  ansieht,  welche  hier  eine  Zusammensetzung  aus  u  +  h 
statuiert,  die  richtige. 

Der  gegenständ  der  vierten  Vorlesung  sind  die  guttu- 
rale media  und  deren  etymologische  fortsetzer.  Auch  aus 
diesem  aufserordentlich  reichen  und  für  die  gesammtent- 
Wickelung  des  lautes  wie  für  die  einzelnen  hier  behandel- 
ten sprachen  höchst  wichtigen  abschnitte  berühren  wir 
von  den  innig  unter  sich  zusammenhangenden  einzelheiten 
einiges.  Von  allgemeinerer  bedeutung  ist  der  schlagende 
nach  weis,  dafs  auch  auf  dem  gebiete  der  media  (wie  das 
ähnlich  später  für  die  aspirata  aufgestellt  wird)  im  Sans- 
krit eine  alteration  nach  dem  Sibilanten  hin  wohl  spürbar 
sei,  und  auch  hier  wird  Ascolis  ansieht  durch  iranische 
und  litauisch -slavische  analogieen  aufs  schönste  bestätigt. 
Ein  allgemeineres  resultat  ist  ferner  die  allerdings  auffal- 
lende erscheinung^  dafs  im  lateinischen,  während  da  ein  p 
an  der  stelle  eines  ursprünglichen  k  mindestens  sehr  zwei- 
felhaft ist,  ganz  klar  einzelne  b  an  der  stelle  von  ursprüng- 
lichem g  eintreten.  Vom  allgemeineren  in  diesem  ab- 
schnitte wollen  wir  noch  hervorheben,    dafs  wohl   selbst 


anzeigen.  263 

Curtins  nach  den  gründlichen  und  instructiven  auseinan- 
dersetzungen  Ascolis  nicht  mehr  anstehen  wird,  griechi- 
sches L^  nicht  blofs  als  aus  öj  und  yj\  sondern  auch  als 
aus  ly  hervorgegangen  gelten  zu  lassen.  Daran  reihen  wir 
einige  einzelheiten  an.  S.  82  anm.  wird  mit  bestem  rechte 
—  und  A.  trifft  darin  mit  dem  tüchtigen  logiker  Prantl 
(sitzungsber.  der  bair.  k.  akademie  1869.  IL)  zusammen  — 
behauptet  und  mit  analogien  erwiesen,  dafs  ignosco 
nicht,  wie-  Pott  und  wir  selbst  in  unserer  lateinischen  laut- 
und  formenlehre  meinten,  mit  negativem  in  gebildet  sein 
könne.  Durchschlagend  scheint  uns  s.  97  die  Widerlegung 
M.  Möllers,  welcher  ßiog  mit  skr.  vayas  zusammenbrin- 
gen will.  Gegen  Pott  und  Curtius  vertheidigt  A.  s.  99 
die  gleichung  skr.  ragas,  got.  riquis,  'igeßag^  welche  auch 
uns  immer  aufs  beste  zusagte.  Es  kommt  uns  denn  doch 
vor,  dafs  uns  diese  Zusammenstellung  bedenklich  machen 
sollte  auch  gegen  die  herleitung  von  i^Qsßog  aus  dem  se- 
mitischen Worte  für  „abend,  dunkel",  welche  MöIIenhofi^ 
im  ersten  bände  seiner  über  unser  lob  erhaberfen  deut- 
schen alterthumskunde  s.  119  gut  gebeifsen  hat. 
S.  100  anm.  6  wird  A.  wieder  mit  recht  gegen  Kuhn  und 
Corssen  behaupten,  dafs  in  den  beiden  lateinischen  Wörtern 
torvus  und  protervus  das  v  nicht  suffixal,  sondern  rest 
von  gu  sei.  S.  106  anm.  handelt  er  von  lat.  vivere  und 
seinen  verwandten.  Auch  hier  sucht  A.  Corssens  deutung 
zu  widerlegen,  und  nicht  leicht  wird  seine  darstellung, 
nach  welcher  ein  gi,  vi  zu  gründe  läge,  welchem  theils 
determinatives  v,  theils  determinatives  c  sich  angeschlos- 
sen hätten,  umgestofsen  werden.  Ein  starkes  zeichen  für 
die  ursprünglichkeit  des  lateinischen  v  ist  doch  entschie- 
den sanskritisches  und  litauisches  v. 

In  der  fünften  Vorlesung  führt  Ascoli  seine  schon  be- 
kannten ansichten  über  aspirate,  affrikate  und  fri- 
kative  aus  und  begründet  dieselben  allseitig  durch  genaue 
prüfung  der  tradition  der  nationalgrammatiker,  wie  durch 
wahrhaftig  nicht  „blofs  mit  einigem  Scharfsinne**  aus  den 
thatsachen  gezogenen  folgerungen.  Scharf  wird  der  be- 
weis erstellt,  dafs  der  im  indogermanischen  weitest  erreich- 


264  Schweizer-Sidler 

bare  gehauchte  laut  eine  aspirierte,  d.  h.  mit  vernebaiba- 
rem  h  gepaarte  media,  nicht  eine  aspirierte  tenuis,  nicht 
eine  afFricata,  nicht  eine  fricativa  sei.  Mit  meisterschaft 
entwickelt  dann  der  verf.  die  allmähliche  umwandelung 
dieser  laute  auf  dem  gebiete  des  indischen  selbst,  des 
griechischen  und  lateinischen.  Des  germanischen,  resp.  des 
gotischen  gedenkt  der  verf.  nur  gelegentlich  in  anm.  10 
(s.  127)  und  meint  da,  dafs  die  gotische  media  unmittelbar 
auf  die  ursprüngliche  aspirierte  media  zurückzuführen  sei, 
eine  hypothese,  die,  erwägt  man  das  ganze  der  germani- 
schen lautverschiebung,  ihre  grofsen  bedenken  hat.  Eben- 
falls nur  beiläufig,  um  für  das  proto-i talische  die  existenz 
von  tenues  aspiratae  zu  erweisen,  erwähnt  A.  des  etruski- 
schen  als  „sicherlich  auch  eines  arischen  idiomes,  wenn 
auch  nicht  hinreichend  erforscht,  um  in  die  gegenwärtige 
betrachtung  hineingezogen  werden  zu  können".  Seit  dem 
erscheinen  der  glottologie  von  Aseoli  hat  dessen  College, 
herr  Elias  Lattes,  offenbar  ein  mann  von  umfassendeoQ 
wissen  und  ungewöhnlichem  Scharfsinne,  eine  reihe  von 
streng  methodisch  geführten  Untersuchungen  über  etruski- 
sehe  inschriften  veröffentlicht,  durch  welche  uns  der  aus- 
spruch  Ascolis  vollständig  begründet  scheint.  Wir  wer- 
den auf  diese  abhandlungen,  welche  wir  unsern  mitarbei- 
tern  zur  notiznahme  bestens  empfehlen,  zurückkommen. 
Kehren  wir  jetzt  zu  Aseoli  zurück,  so  meinen  wir  bemer- 
ken zu  dürfen,  dafs  die  s.  144  flP.  ausgeführte  darstellung 
der  sanskritmedia  h  und  ihrer  entsprechungen  zu  den  fein- 
sten partien  des  buches  gehört  Von  einzelheiten  heben 
wir  heraus  die  erklärung  des  Wortes  duh-itar  (s.  156 
anm.  13)  als  „säugendes  weib**.  Der  verf.  trifft  in  dieser 
erklärung  zusammen  mit  Benfey,  welcher  in  seinem  Vor- 
worte zu  Ficks  erster  ausgäbe  des  Wörterbuches  der  indo- 
germanischen grundsprache  VII.  anm.  ebenfalls  die  t ech- 
ter als  „milchgebende,  ein  kind  zu  nähren  bestimmte*, 
il.»n  söhn  als  „zeuger"  gedeutet  hat.  Dann  erlauben  wir 
uns  auf  die  wiederlegung  von  Corssens  und  M.  Müllers 
ansichten  über  die  lateinischen  und  griechischen  formen 
für  die  anschauung  von  ^schnee**    und  „schneien''  (s,  158) 


anzeigen.  265 

und  (ebenda)  auf  die  erklärung  von  ocfig  neben  ü^^g  auf- 
naerksam  zu  machen.  Am  Schlüsse  dieser  Vorlesung  be- 
spricht A.  noch  die  wenigen  beispiele,  in  denen  griechi- 
sches und  lateinisches  h  (nach  nasalen  g)  einer  skr.  asp. 
tenuis  zu  entsprechen  scheint  und  fügt  einen  fall  hinzu, 
in  welchem  schon  im  sanskrit  h  statt  und  neben  kh 
sich  zeigt. 

Die  sechste  Vorlesung  eröffnet  der  verf.  mit  einem 
einläfslichen  phonetischen  raisonnement  über  die  sogenann- 
ten palatalen  des  sanskrit,  in  welchem  übrigens,  wie  es 
nicht  anders  sein  kann,  vielfach  von  der  lautlichen  ent- 
wickelung  dieser  laute  die  rede  ist,  von  der  entwicke- 
lung  eines  k,  g  u.  s.  f.  bis  zum  Sibilanten.  Der  verf.  hat 
hier  oft  anlafs  bisher  besonders  in  Deutschland  gepflegten 
ansichten  entgegenzutreten.  Nach  diesem  phonetischen  rai- 
sonnement wendet  sich  A.  zur  sanskrit-palatalis  kh,  da  k 
und  g  bereits  früher  behandelt  sind;  und  da  dieser  sanskrit- 
laut immer  mittelbar  aus  ursprünglichem  sk  hervorgegan- 
gen ist,  so  führt  das  mit  einer  art  nothwendigkeit  darauf, 
die  Wandlungen  des  ursprünglichen  sk  überhaupt  zunächst 
in  den  hier  besonders  behandelten  indogermanischen  spra- 
"  chen  ins  äuge  zu  fassen.  Wir  überlassen  es  dem  leser 
selbst  diese  hübschen  Untersuchungen  zu  verfolgen  und 
machen  nur  auf  wenige  punkte  aufmerksam.  Einmal  be- 
merkt auch  in  dieser  partie  der  verf.,  wie  gar  nicht  sel- 
ten im  nomen  der  alte  oder  ältere  laut  erhalten  sei,  wäh- 
rend er  im  verbum  afficiert  erscheine.  Dann  erklärt  A. 
die  art  der  einwirkung  eines  Sibilanten  auf  folgende  tenuis 
anders,  als  es  wohl  bis  dahin  immer  geschehen  ist.  Wo 
z.  b.  skh  statt  des  ursprünglichen  sk  sich  einstellt,  nimmt 
der  verf.  eine  engere  Verbindung  von  s  und  k  an  der  art, 
dafs  dann  zwischen  k  und  dem  folgenden  vokal  ein  hauch 
sich  entwickeln  könne,  in  fallen  wie  kh  statuiert  er  den 
im  präkrit  klar  erkennbaren  prozefs,  dafs  aus  sk,  9k 
s,  9  als  bauch  sich  ansetzte  und  hinter  die  tenuis  trat. 
Ursprüngliches  sk  konnte,  wie  schon  in  dem  angeführten 
liegt,  verschiedene  wege  einschlagen.  Es  konnte  der  erste 
oder  der  zweite  laut  ganz  fallen,  s  konnte  durch  Versetzung 


266  Schweiser-Sidler 

das  k  in  kh  umgestalten  oder  es  bestand  neben  kh  und 
gieng  dann  unter,  es  konnte  als  kä  auftreten  und  auch 
da  den  ersten  laut  aufgeben.  Wir  denken,  dafs  der  verf. 
später  noch  weitere  wandclungen  bebandeln  wird,  da  es 
doch  kaum  zweifelhaft  ist,  dafs  sk  auch  die  gestalten  sp 
und  st  annehmen  kann.  Von  den  vielen  interessanten  ein- 
zolnheiten,  welche  A.  unter  seinen  belägen  aufTöhrt,  grei- 
fen wir  nur  eine  heraus,  seine  schöne  darlegung  von  form 
und  bedeutung  des  verbums  scire  s.  173.  Schon  J.  Grimm 
hat  scire  auf  ein  secire  zurückführen  wollen,  Curtius 
hat  ebenfalls  richtig  in  scire  ein  entscheiden  gesehen, 
Ascoli  hat  sciunt  trefflich  an  skr.  khyanti  flßr  skyanti 
gehalten  von  wz.  skä  (khä),  welche  zu  wz.  sec  in  sec- 
-are  im  selben  Verhältnisse  stehe,  wie  prä  zu  par,  lat. 
strä-  und  ster-  u.  s.  f.  Den  schlufs  dieser  abtbeilung 
des  buches  bildet  eine  ausführliche  einleitung  zur  behand- 
lung  der  sanskritischen  linguales,  über  deren  historische 
und  physiologische  herkunft.  A.  vertheidigt  mit  kräftigen 
beweisgründen  ihre  herkunft  aus  den  eingeborenen  indi- 
schen idiomen. 

Die  ausstattung  des  buches  ist  sehr  hübsch;  eine  kleine 
anzahl  leicht  bemerkbarer  druckfehler  meinten  wir  nicht 
besonders  verzeichnen  zu  müssen. 

Zürich,  im  juni  1872.         H.  Schweizer-Sidler. 


On  tbe  Natare  and  Theory  of  the  Greek  Accent.  6y  James  Hadley, 
Prof.  of  Greek  in  Tale  College  (From  the  Transactions  of  the  Ame- 
rican Philological  Association,  1869 — 1870). 

Es  ist  schon  längere  zeit,  dafs  ich  durch  die  gute  des 
von  mir  hochverehrten  prof.  dr.  W.  D.  Whitney  eine  reibe 
von  sehr  werth vollen  abhandlungen  erhalten  habe,  deren 
anzeige  und  theilweise  besprechung  ich  nicht  muthwillig 
aufgeschoben  habe,  sondern  unfreiwillig  aufschieben  mnfste. 
In  dieser  Zeitschrift  erlaube  ich  mir  zunächst  auf  zwei  ar- 
beiten^ über  den  griechischen  und  über  den  sanskritacoent, 


anzeigen.  267 

erstere  von  Hadley,  letztere  von  Whitney  aufmerksam 
zu  machen.  Auch  herr  H.  nimmt  als  ursprüngliches  Vlie- 
sen des  indogermanischen  und  des  griechischen  accentes 
ton  höhe,  nicht  tonstärke  —  diese  mindestens  nur  sehr 
untergeordnet  —  an.  Beweise  liegen  ihm  im  namen  der 
accente,  in  der  ausdrücklichen  Überlieferung  der  alten^  in 
der  gestaltung  der  spräche  selbst,  im  baue  der  verse. 
Diese  anschauung  möchte  heute  in  Deutschland  ziemlich 
die  herrschende  sein:  klar  und  schön  ist  sie  neulich  wie- 
der durch  W.  Scherer  in  seinem  reichen  buche,  zur  ge- 
schichte  der  deutschen  spräche,  auseinander  gelegt  wor- 
den. Eine  solche  accentuation  hat  bei  den  einzelnen  in- 
dogermanischen Stämmen  mehr  oder  minder  lang  nachge- 
halten, ist  froher  oder  später  der  andern  gewichen  oder 
hat  ihr  wenigstens  mehr  räum  neben  sich  gegönnt.  Für 
das  germanische  hat  das  Scherer  trefflich  nachgewiesen, 
für  das  lateinische  hat  es  Langen  im  Philol.  31,  s.  99  ff. 
wohl  schlagend  genug  gezeigt  und  fQr  die  einsieht  in  den 
scenischen  vers  fruchtbar  gemacht.  Eine  frage  ist  von 
diesem  gesichtspunkte  aus  noch  nicht  gehörig  betrachtet, 
woher  der  sogenannte  ablaut  herrühre,  wenn  die  betonung 
eine  blofs  oder  wesentlich  hohe  und  tiefe  gewesen  sei. 
Hadley  fragt  sich,  ob  etwa  das  zeichen  des  gravis  auf 
einem  im  satze  stehenden  oxytonierten  worte  ausdrücken 
solle,  dafs  in  diesem  falle  schon  die  andere  betonung  be- 
gonnen habe,  möchte  das  aber  eher  verneinen  und  darin 
vielmehr  das  zeichen  eines  mitteltones,  d.  h.  eines  mittel- 
hohen tones  sehen.  Er  kommt  also  damit  auf  eine  dritte 
betonungsstufe,  auf  welche  zuletzt  Misteli  im  17.  bände  d. 
Zeitschrift  genauer  eingegangen  ist.  Der  verf.  verfolgt  die 
Sache  auf  seinem  eigenen  wege  und  zieht  auch  die  latei- 
nische accentuation  bei.  In  höchst  instructiver  weise  er- 
klärt er  die  bekannten  griechischen  accentgesetze  daraus, 
dafs  die  alten  Griechen  den  indogermanischen  wortaccent, 
der  ungebunden  gewaltet,  dahin  geändert  hätten,  dafs  nicht 
am  wortende  mehrere  unbetonte  sich  folgten,  sondern  der 
ihnen  angenehme  tonfall  hochton,  mittelton,  tief- 
ton auf  kurzer  silbe  herauskäme;   diese  änderung  hätten 


268  Schweizer- Sidler 

sie  aber  nur  in  dem  umfange  vorgenommen,  dafs  der  ur- 
sprüngliche ton  im  allgemeinen  nie  auf  eine  frühere  silbe 
zurückversetzt  wurde,  also  ein  /akenoi;^  x^Xenaig  bleiben 
mufste.  Die  Aeolier  gingen  darin  weiter,  dafs  sie,  um 
den  beliebten  tonfall  herzustellen,  auch  die  zurückver- 
setzung des  toues  vom  ende  ausführten.  Das  leitet  den 
verf,  zum  lateinischen  accente  über.  Er  begründet  auch 
für  diesen  die  annähme  eines  circumfiexes  in  viel  rationel- 
lerer weise  als  es  bis  dahin  geschehen,  indem  er  eben 
auch  für  das  lateinische  einen  mittelton  statuiert.  Darin 
aber  weicht  das  lateinische  vom  griechischen  wesentlich 
ab,  dafs  dieses  keine  unbetonte  länge  am  ende  gestattet, 
jenes  keine  mit  blofsem  mitteltone  bezeichnete  länge.  H. 
setzt  eine  gräco- italische  periode  voraus,  in  welcher  der 
oben  bezeichnete  tonfall  in  keiner  beziehung  zur  quantität 
der  Silben  gestanden  habe,  diese  beziehung  sei  dann  eine 
besondere  Schöpfung  der  beiden  einzelsprachen ;  der  mittelton 
sei  nun  aber  im  griechischen  auch  den  im  satze  stehenden 
oxytonen  zugetheilt  und  endlich  mit  dem  zeichen  des  gravis 
bezeichnet  worden.  Wir  erlauben  uns  hier  mit  bezug  auf  das 
lateinische  nur  zwei  bemerkungen.  Sollte  auch  die  meinung, 
dafs  formen  wie  conficio  u.  a.  auf  eine  zeit  des  lateini- 
schen hindeuten,  wo  der  accent  noch  nicht  an  die  drei 
letzten  silben  gebunden  war,  umgestofsen  werden  können, 
so  dürften  denn  doch  die  plautinischen  similumus  u.s.f. 
unbestritten  bleiben  und  immer  noch  für  ein  einstiges,  min- 
destens nicht  völlig  vernichtetes  princip  innerhalb  des  la- 
teinischen zeugen.  Aber  auch  abgesehen  davon  dürfte  das 
ähnliche  accentuationssystem  des  griechischen  und  lateini- 
schen kein  zwingendes  zeugnifs  für  eine  gräco -italische 
periode  sein.  Dafs  übrigens  die  betonung  der  andern  ita- 
lischen dialekte  mit  derjenigen  des  lateinischen  im  wesent- 
lichen übereinstimmte,  das  beweist  uns,  meine  ich,  beson- 
ders die  behandlung  der  auslautenden  silben.  Schliefslich 
weist  der  verf.  denjenigen  gegenüber,  welche  eine  musikalische 
betonung  des  griechischen  unwahrscheinlich  finden,  auf  das 
chinesische  und  die  mit  ihm  verwandten  sprachen  hin. 
Zürich,  im  juni  1872.  H.  Schweizer-Sidler, 


anzeigen.  269 

On  the  Natura  and  Designation  of  the  Accent  in  Sanskrit.  By  W.  D. 
Whitney,  Professor  of  Sanskrit  and  Comparative  Philology  in  Tale 
College.     (From   the    Transactions    of  the   American   Philological  Ai- 

sociation,   1869—1870.) 

Herr  prof.  Whitney  ist  allen,  die  sich  mit  sanskrit 
und  vergleichender  Sprachforschung  beschäftigen,  längst  so 
vortheilhaft  bekannt,  dafs  wir  jedesmal,  wenn  er  eine  grö- 
fsere  oder  kleinere  arbeit  veröffentlicht,  zum  voraus  ver- 
sichert sein  können,  sie  enthalte  die  ergebnisse  gediegener 
und  scharfsinniger  Untersuchungen  oder  treffende  urtheile. 
Vorliegender  aufsatz  ist  eine  frucht  von  Whitneys  umfassen» 
den  Studien  Qber  den  sanskrit-accent;  er  behandelt  im  an- 
schlusse  an  herrn  prof.  Hadleys  abhandlung  über  den  griech. 
accent  das  allgemeine  wesen  des  sanskrit -accentes,  dessen 
bezeichnungsweise  und  das  verhältnifs  der  theorie  der  na- 
tionalgrammatiker  zu  derselben.  Es  möchte  manchem  leser 
dieser  Zeitschrift  schon  angenehm  sein  eine  schrift  kennen 
zu  lernen,  welche  in  klarer  spräche  die  bisherigen  resul- 
tate  der  forschungen  über  wesen  und  bezeichnung  des 
sanskrit-accentes  darlegt;  der  kurze  aufsatz  bietet  aber 
viel  mehr:  er  läfst  uns  klarer  in  den  Zusammenhang  des 
sanskritischen  Systems  mit  dem  griechischen  hineinsehen 
und  deckt  in  schneidender  kritik  eine  blöfse  in  der  theorie 
der  indischen  nationalgrammatiker  auf.  Nach  dem  jetzigen 
zwecke  läfst  sich  allerdings  der  verf.  nicht  ein  auf  die 
entsprechungen  und  Verschiedenheiten  des  sanskrit  und 
griechischen  mit  bezug  auf  die  accentuation  der  einzelnen 
wortformen  und  verweist  dafür  auf  Bopps  accentua- 
tionssystem,  ein  werk,  welches,  obgleich  oft  verkehrt 
in  Sachen  der  theorie,  doch  höchst  empfehlenswerth  sei 
als  klare  und  zusammenfassende  darstellung  des  faktischen, 
worüber  es  handle.  —  Das  sanskritwort  für  accent  (svara) 
heifst  nichts  anderes  als  ton,  wird  demnach  häufiger  für 
vocal  gebraucht  und  bezeichnet  auch  die  musikali- 
schen töne  der  tonleiter.  Der  umstand,  dafs  in  die- 
sem ausdrucke  keinerlei  beziehung  auf  stärke  des  tones 
liegt  und  dafs  er  auch  von  der  musikalischen  tonstufe  ge- 
braucht wird,  spricht  sehr  für  einen  musikalischen  ac- 


270  SchweiMr-Sidler 

Cent.  DafQr  sprechen  ferner  die  namen  udätta(ft&r  acu- 
tus), gehoben,  und  anudätta  (für  gravis),  nicht  geho- 
ben. Dem  widerspricht  jedenfalls  nicht  der  name  svarita 
(der  selbständige  svarita  eine  art  circumflez,  bedeute 
er  nun  ,,nut  beiden  tönen  versehen^  oder  >)ganz  besonders 
mit  ton  versehen^).  Herr  Wh.  betrachtet  nach  Aen  allge- 
meinen bestimmungen  die  fölle,  in  welchen  der  unabhän- 
gige circumflex  (svarita)  im  sanskrit  steht  oder  erzeugt 
wird;  die  fälle  sind  den  griechischen  insofern  gleich,  als 
auch  hier  ein  hochbetonter  vocaltheil  mit  einem  minder 
betonten  zusammentrifft,  insofern  nur  ähnlich,  als  mit  dem 
svarita  hier  vorzüglich  unechte  diphthonge  (ya,  va)  be- 
tont werden.  Im  verhältnifs  zum  griechischen  ist  der  cir- 
cumflex ( svarita j  im  sanskrit  um  vieles  seltener.  Um  so 
auffallender  ist  es  nun,  dafs  daneben  ein  sehr  häufiger 
enklitischer  svarita  nach  der  hochbetonten  silbe  be- 
stehen soll,  und  das  führt  herrn  Wh.  auf  den  gedanken, 
dafs  hier  ein  zeichen  mit  doppelter  bedeutung  vorliege, 
dafs  der  enklitische  svarita  den  mittelton  oder  mittel- 
hohen ton  anzudeuten  habe;  er  rügt  es  aber  an  Misteli 
und  Ascoli  mit  recht,  dafs  sie  die  beiden  svarita  ihrer- 
seits nicht  auseinander  gehalten  haben,  wie  die  indischen 
grammatiker  in  anderer  weise  sie  zusammenwarfen*).  Nach* 
dem  der  verf.  die  hauptzüge  des  sanskritischen  accentsy- 
Sterns  zusammengestellt  hat,  behandelt  er  in  sehr  instmcti- 
ver  weise  die  offenbar  symbolische  accentbezeichnung 
des  sanskrit  und  belegt  dieselbe  mit  passenden  beispielen. 
Es  ergibt  sich,  dafs  zwei  classen  von  silben  in  den  ac- 
centuierten  texten  unbezeichnet  bleiben:  1)  diejenigen, 
welche  eigentlich  hochbetonte  oder  udätta  sind;  2)  solche, 
die  eigentlich  tieftonig  oder  anudätta  sind,  welche  aber 
weder,  indem  sie  einem  acute  folgen,  einen  enklitischen 
svarita  erhalten,  noch  mit  dem  zeichen  des  gravis  (anud- 
ätta) versehen  sind,  weil  sie  einem  acute  (udätta)  oder 
svarita  (circumflexe)  vorausgehen.  Es  existiert  nun 
ein  auffallender  und  verwirrender  zusatz  zu  der  indischen 


*)  Vgl.  dazu  die  bemerkang«n  Misteiis  oben  s.  16  ff.     Anm.  d.  red. 


anzeigen.  271 

accenttheorie,  welcher  diese  zwei  classen  der  nicht  bezeich- 
neten silben  rficksicbtiich  des  tones  identificiert,  ein  Zu- 
satz, der  consequent  auch  zu  einer  ganz  schiefen  aufTas- 
8ung  des  circumflexes  fähren  mufste.  Diesen  zusatz,  nach 
welchem  eine  reihe  eigentlich  unbetonter  silben  (ein  pra- 
kaya)  den  prakayasvara,  d.  i.  häufungston,  reihenweise 
vorkommenden  udätta  erhalten  sollen,  sucht  Wh.  als 
reine  grammatikerklögelei  nachzuweisen,  eine  klögelei,  wel- 
che aus  der  sucht  nach  gleichmacherei  entsprungen  ist, 
die  aber  in  der  heutigen  Schulpraxis  so  grofsen  erfolg  er- 
rungen hat,  dafs  sie  die  kraft  des  alten  hauptaccentes,  des 
udätta,  völlig  aufhebt.  Aber  wie  kamen  die  indischen 
grammatiker  zu  dieser  eigenthömlichen  theorie?  Sie  setzt, 
so  meint  Wh.  gegen  M.  Muller,  die  accentuierten  texte 
voraus,  ist  also  erst  nach  ihnen  entstanden  und  hat,  was 
ungeschickte  bequemlichkeit  war,  das  nichtsetzen  von  zei- 
chen innerhalb  von  Sätzen  mifsdeutetl  Wir  hätten  dem- 
nach die  Sache  so  zu  fassen,  dafs  die  Überlieferung  der- 
jenigen theorie,  auf  welche  sich  die  sanskritbezeichnung 
des  accentes  stützt,  für  uns  verloren  gegangen  und  uns 
nur  eine  secundäre,  welcher  umgekehrt  die  zeichen  zu 
gründe  liegen,  erhalten  sei.  Jedesfalls,  wenn  von  einem 
etwaigen  mitteltone  des  praKaya  die  rede  sein  sollte,  wo- 
gegen die  silbe  unmittelbar  vor  dem  udätta  zur  völligen 
tonlosigkeit  herabsinken  mufste,  eine  anschauung,  welche, 
denken  wir,  sprachlich  begründet  werden  könnte,  wäre 
einmal  auffallend,  dafs  die  einen  satz  beginnenden  nicht 
mit  udätta  gehobenen  silben,  so  viele  ihrer  sind,  mit  dem 
zeichen  der  tonlosigkeit  versehen  wurden;  es  wäre  auffal- 
lend, dafs  die  scrupulosen  grammatiker  diesen  mittelton 
nicht  scharf  vom  udätta  unterschieden  hätten,  im  gegen- 
theile  sich  sogar  getrieben  fanden  die  erste  hälfte  des  sva- 
rita  über  den  udätta  zu  erheben  und  die  zweite  nicht  un- 
ter den  udätta  herabsinken  zu  lassen;  es  wäre  endlich  die 
heutige  recitation  gar  nicht  zu  erklären. 

Zum    Schlüsse   erwähnt    Wh.    noch    des    sogenannten 
kampa. 

Zusatz.   In  der  Zeitschrift  der  American  Oriental  So- 


272  Scbweizer-Sidler 

ciety  (Proceedinge  at  Boston,  May  17*^,  1871)  finden  wir 
von  herrn  prof.  Whitney  eine  besprecbung  (examination) 
von  prof.  Haugs  ansichten  über  den  sanskrit-accent,  welcher 
in  einer  vor  der  Münchener  akademie  gehaltenen  Vorle- 
sung*) zu  der  unseligen  ansieht  gekommen  ist,  dafs  wir 
vom  Sanskrit -accente  nichts  rechtes  wissen,  eine  ansieht, 
die  natürlich  Wh.  aufs  eindringlichste  bekämpft. 
Zürich,  im  juni  1872.  H.  Schweizer-Sidler. 


M^moires  de  la  Soci^te  de  Linguistique  de  Paris.   Tome  premieri  4*  fayci- 
cule.     Paris  1871. 

Mit  diesem  hefte,  dessen  Inhalt  wir  kurz  zu  bespre- 
chen gedenken,  ist  der  erste  band  einer  von  echt  wissen- 
schaftlichem geiste  getragenen  neuen  Zeitschrift  der  Societe 
de  Linguistique  abgeschlossen.  Wir  hoffen,  dafs  dieser 
band  nicht  der  letzte  zugle^ich  sein  werde,  vielmehr  recht 
bald  ein  neues  lieft  öffentlich  von  der  thätigkeit  der  wackern 
gesellschaft  weitere  beweise  bieten  werde. 

Im  vorliegenden  hefte  ^finden  sich  zwei  gröfsere  ar- 
beiten, die  eine  von  Mowat  „Les  noms  familiers  chez  les 
Romains",  die  andere  von  Gaston  Paris  „Le  Petit  Poncet* 
(Däumling).  Der  erstere  aufsatz  bietet  uns  eine  grammatik 
der  römischen  eigennamen,  in  welcher  zuerst  die  sufSxe 
(dimiuutivsuffixe),  dann  die  wurzeln  einläfslicb  behandelt 
werden.  Wenn  auch  im  einzelnen,  wie  der  verf.  selbst 
ausspricht,  manches  als  falsch,  vieles  als  zweifelhaft  erwie- 
sen werden  sollte,  so  hat  jedesfalls  diese  Studie  das  ver- 
dienst, etwas  recht  charakteristisches  in  der  römischen  na- 
menbildung  herausgehoben  und  vielfach  begründet  zu  ha- 
ben. Wir  gestatten  uns  nur  auf  einiges  wenige  einzu- 
treten.    Ueber  die  suffixe  mit  -1-  besitzen  wir  eine  beson- 

*)  „Ueber  das  wesen  und  den  werth  des  wedischen  accents*',  damsli 
nur  in  einem  auszuge  vorliegend  ^Trilbner's  American  and  Oriental  Lito- 
rary  Record,  Vol.  VI,  p.  93  sqq.),  jetzt  gedruckt  in  den  sitzungsber.  der 
philosoph.-pbilologischen  und  historischen  classe  der  k.  bayerischen  akademie 
der  wiss.  zu  München  1871,  8.  239  ff.      Anm.  d.  red. 


anzeigen.  273 

dere  abhandlung  von  Curtius  vom  jähre  1870,  welche  mit 
der  diesem  forscher  eigenthQmlichen  Sauberkeit  ausgeführt 
ist.  Für  das  etruskische  aber  hätte  der  verf.  besonders 
auf  eine  abhandlung  von  prof.  Elia  Lattes  in  Mailand 
hinweisen  können.  Wir  erwähnen  diese  arbeit,  der  seit- 
dem mehrere  andere  aufsätze  desselben  verf.  über  densel- 
ben gegenständ  folgten,  wiederholt  und  absichtlich,  weil 
es  die  gerech tigkeit  fordert,  dafs  wir  das  verdienst  des 
scharfsinnigen  jungen  gelehrten,  der  unsers  wissens  zuerst 
methodisch  nachgewiesen  hat,  dafs  das  etruskische  eine 
indogern^anische  italische  spräche  sei,  öffentlich  aner- 
kennen. Gewifs  kann  das  sufßx  -ins  diminutiven  sinn 
haben;  dafs  dieser  aber  incontestablement  in  den  Wörtern 
vlog  und  filius  liege,  wird  schwer  zu  erweisen  sein.  Die 
deutung  der  namen  auf  -edius,  -idius  etc.  ist  allerdings 
nicht  leicht,  aber  gerade  darum  hätte  es  sich  der  mühe 
gelohnt  sich  genau  umzusehen,  was  für  deren  erklärung 
seit  Hübners  gediegener  erstlingsschrift  von  deutschen  for- 
schem geschehen  ist.  Es  mufs  nach  dem  charakter  der 
übrigen  arbeiten  in  dieser  Zeitschrift  auffallen,  dafs  die 
begründer  eines  tiefern  Verständnisses  des  umbrischen,  Auf- 
recht und  Eirchhoff,  dann  Corssen,  Curtius  u.  a.  hier  gar 
nicht  genannt  werden.  Ein  bemerkenswerther  zufall  ist 
es,  dafs  schliefslich  des  verf.  ansieht  dieselbe  ist  als  die 
von  Curtius,  nur  dafs  er  auf  einem  viel  weniger  methodi- 
schen wege  als  dieser  dazu  gelangt  ist.  Etwas  verwun- 
derlich ist's,  wenn  der  verf.  unter  die  diminutivsuf&xe 
auch  -erco-  rechnet  und  Lupercus  als  ebenso  von  lupo- 
abgeleitet  hinstellt,  wie  noverca  von  nova.  Vergleicht 
man  vitricus  und  bedenkt  man  den  begriff  von  novus 
(skr.  navijas,  navjas,  navja,  gotb.  niujis),  so  wird 
man  in  noverca  einen  comparativbegriff  kaum  verkennen 
können;  in  Lupercus  aber  die  alte  ableitung  zurückzu- 
weisen, sehen  wir  keinen  grund.  S.  316  werden  unsere 
diminutivsuf&xe  wieder  um  ein  -c-nus  vermehrt,  welches 
auch  in  benignus,  malignus,  privignus  wirksam  sein 
soll.  Dieses  nur  sehr  weniges  von  dem,  was  hier  zu  sa- 
gen wäre.     Der  zweite  genannte  gröfsere  aufsatz  enthält 

Zeitschr.  f.  rgl.  spraohf.  ZZI.  8.  lg 


274  Schweizer- Sidler 

eine    gründlich   und   fein  geführte  Untersuchung    über    die 
däumlingssagen,  das  verhältnifs  des  däumlings  zu  dem  Sie- 
bengestirne und  seine  analogien  mit  dem  griechischen  Her- 
mes.    Unter  den  kleinern  arbeiten  ist  die  erste  von  Baa- 
dry,  der  Kuhns  Zusammenstellung  von  Ugofifj&svg  mit  dem 
skr.  pramantha    von    Seiten  der  spräche   weiter  zu  be- 
gründen  versucht.     Die  geringste  Schwierigkeit  bietet  das 
1]  in  TJQOfir^&Evg.     J.  Schmidt  hat  solche  länge  in  seinem 
buche   ^zur  geschichte  des  indogermanischen  vokalismus^ 
hinreichend  begründet.     Bailly  erklärt  das  ei-  von  etlrjfpa 
u.  s.  f.  aus  eX'Xticpa  ^  Mlrjcpa  u.  s.  f.  ^),  die  ei  von  sifiag^ 
lAai  und  von   eigfjxa   aus   f^fifi    fQr  itffis.  und  k^p,  für  k^g. 
Wir  werden  uns  mit  dieser  ansieht  einverstanden  erklären 
können,    ohne  deswegen    die   hier   gebilligte   theorie    yon 
Meunier,  £  ^  in  cp&HQw  u.  a.  sei  ebenfalls  aus  6  mit  qq^  Xk 
u.  s.  f.  hervorgegangen,  gutzuheifsen.     Vergl.  Curtius,  gr. 
etym.^  s.  634.   Jubainville  spricht  über  den  stamm  VECHA 
in    der   fränkischen    spräche    der   Merowinger.     Der  verf. 
kommt   schliefslich    durch   eine  recht  gründliche  Untersu- 
chung   zu    keinem    sichern    resultat    darüber,    ob    dieser 
stamm  mit  wie,  wig  „kämpf"  oder  mit  veih(a)  „heiligt 
zusammenfalle.     Das  hat  er   nicht  erwiesen,    dafs  CH  in 
VECHA   der  lautverschiebung  entgangen  sei  und  auf  ein 
skr.  gh  leite,    also   auch   nicht,    dafs  hier  die  wurzel  vah 
mit   Übergang  in   die  i-conjugation  zu  gründe  liege.     Mit 
diesem  Übergang  hat  es  überhaupt  eine  eigene  bewandtnifs, 
wie  J.  Schmidt  gezeigt  hat.     Wir  setzen  für  got.  veihan 
ein   indogerm.  vik  voraus.     Nach    einer   abhandlung   von 
Brächet  „verzeichnifs  der  doppelformen  des  französischen^, 
einem  Supplemente    zu  dessen   Dictionnaire    des  Doublets, 
folgen  unter  dem  titel  Varietes  kürzere  artikel  von  Bröal, 
Meunier,  Baudry,  Siegfried  Goldschmidt,  Jubainville,  Brä- 
chet, Fournier  und  endlich  ein  genauer  index  zum  ersten 


"')  So  im  wesentlichen  schon  Pott  et.  forsch.  U^,  888  f.  und  nach  flini 
Brugmann  in  Curtius  stud.  lY,  102.  124;  Siegismund  ebend.  V,  211.  DI« 
gleiche  erklärung  wird  mit  diesen  dreien  auch  für  itfia^fia^  sa  *fftuaQiMUt 
*fiifiaQfAai.  vorzuziehen  sein,  da  abfall  von  a  nicht  sicher  erwiesen  igt. 
Anm.  d.  red. 


anzeigen.  ^75 

bände  dieser  denkschriften.  Breal  weist  das  vorkommen 
eines  schon  von  Fick  erschlossenen  adv.  ani  aus  dem 
skr.  subst.  anlka  „antlitz"  u.  s.  f.  nach.  Derselbe  verf.  be- 
spricht dann  das  verbiim  claudo,  welches  er  als  aus 
clavi  videre  „mit  dem  Schlüssel  abscheiden**  erklärt.  Das 
hier  erscheinende  videre  setzt  er  gleich  mit  videre  in 
di-videre,  dem  vedischen  vidh  (vindhdte,  leer  werden), 
wofür  auch  das  perfectum  auf  -si  entscheide.  Das  deut- 
sche sliuzu  sei  ein  fremd  wort,  d.  h.  es  sei  aus  exclu- 
dere,  scludere  entstanden;  ein  grund  dagegen  liege  in 
der  starken  conjugation  ebenso  wenig  vor  als  in  schri- 
ben  u.a.  Beginnen  wir  mit  dem  letzten,  so  steht  aller- 
dings der  scharfsinnigen  annähme  des  verf.  die  starke  con- 
jugation nicht  absolut  entgegen ;  der  umstand,  dafa  im  got. 
lükan,  im  ahd.  piliuhhu  denselben  begriff  anders  aus- 
drücken, scheint  sie  zu  begünstigen,  und  doch  ist  ein  häk- 
chen  da,  nämlich  die  volle  laut  Verschiebung,  die  nach 
Wackernagel  (umdeutschung  s.  10)  in  einem  fremd worte 
als  unmöglich  erscheint.  Was  claudo  betrifft,  so  dürfte 
man  etwa  sagen,  dafs  „schlufs  machen"  ein  recht  geeig- 
neter ausdruck  für  „schliefsen  ist,  dafs  das  aus  dha  ent- 
standene wurzeldeterminativ  i9",  d  oder  neue  verbalstämme 
bildendes  &{co)^  ^i^)  i^icht  bestritten  werden  kann,  dafs 
wohl  vidh  und  di-videre  im  lateinischen  selbst  nichts 
anderes  als  Zusammensetzungen  mit  wz.  dha,  da  sind.  — 
Meunier  erklärt  lat.  caballus  aus  xaßdk^rjg  und  deutet 
dieses  selbst  als '  Zusammensetzung  aus  xa-ßcclh^g  =  xa- 
raßdlXfjg  „kurzbeinig**.  In  der  erklärung  von  perperam 
stimmt  M.  im  wesentlichen  mit  Curtius  überein.  Daran 
ist  wohl  nicht  zu  zweifeln,  dafs  perperam  wie  cor  am 
ein  acc.  sing.  fem.  ist.  Viel  problematischer  ist  Meuniers 
erklärung  von  pejor,  pessimus  aus  demselben  stamme 
para  „der  andere**.  Ganz  in  derselben  weise  wie  Corssen 
in  den  kritischen  nachtragen  s.  136  f.  deutet  M.  das  ad- 
jeetivum  reciprocus  aus  reco-proco-;  er  läfst  dann 
aber  mit  gutem  rechte  auch  recuperare  aus  reco-pa- 
rare  entstehen.  Und  man  kann  herrn  M.  das  recht  nicht 
bestreiten,   auch  proximus  auf  proco-  zurückzuführen. 

18* 


276  Schweizer-Sidler 

Baudry  fafst  sin  in  eingultus  ^Is  sam  (wie  in  eincerus 
u.  s.  f.)  und  galt  US  als  Substantivbildung  von  wz.  gar, 
gal  „verschlingen,  schlucken^.  Goldschmidt  hat  die  gleicb- 
heit  von  altbulg.  chroniü,  claudus,  mit  skr.  sräma  er- 
wiesen und  dadurch  die  beispiele,  in  denen  slaw.  eh  indo- 
german.  s  entspricht,  um  eines  vermehrt.  Das  vedische 
juväku  erklärt  G.  sehr  scharfsinnig  und,  wie  es  scheint, 
durchaus  richtig  als  aus  einem  gen.  du.  juvakam  entstan- 
den; es  sei  dann  später  dieses  als  neutrum  eines  u-stam- 
mes  angesehen  und  als  solches  flectiert  worden*).  —  Ju- 
bainville  weist  die  behauptung  Corssens,  dafs  die  romani- 
schen sprachen  einem  lat.  au,  ö,  ü  gegenüber  niemals  a 
zeigen,  als  zu  ausschliefslich  zurück.  Er  führt  das  italie- 
nische, spanische,  portugiesische  agosto,  das  franz.  aoüt 
(armor.  eost,  eostik),  das  ital.  malagurio,  das  spap. 
aguero^  das  portugies.  agouro,  das  provenpal.  aür^  das 
franz.  (alt  maleur)  malheur,  endlich  das  ital.  ascoU 
tare,  altspan.  ascuchar,  das  firanz.  öcouter  dagegen  auf. 
Nach  zwei  kleinern  aufsätzen  von  Jubainville  und  Brächet 
über  consonantisches  i  und  j  im  französischen  und  über 
die  frage,  unter  welchen  bedingungen  die  lateinischen  vo- 
kale e,  i  in  den  romanischen  sprachen  zu  a  werdeo,  schliefst 
Fournier  mit  einer  Untersuchung  über  die  etymologie  des 
Wortes  orange  das  hefb  ab.  Er  erklärt  orange  als  nfi- 
garanga,  dieses  als  rouge  comme  du  minium  (?). 

H.  Schweizer-Sidler. 


Die   deutschen  pronomina  und  zahlwdrter,   historiscb  dargestellt  von  dr. 
H.  B.  Rumpelt.     Leipzig  1870. 

Diese  arbeit  des  namentlich  um  die  Verbreitung  und 
erläuterung  der  so  wichtigen  neuem  lautphysiologischen 
forschungen  verdienten  Verfassers  soll  nach  dem  Vorworte 
eine  möglichst  klare  darstellung  von  der  historischen  emt^ 

*)  Vergl.  die  deutsche  ttbersetzung  dieser  beiden  miecellen  in  den  Bei- 
trägen z.  vergl.  sprachf.  VII,  s.  262  f.    Anm.  d.  red. 


«nzeigvn.  277 

Wickelung  und  Verwandtschaft  der  deutschen  pronomina 
und  Zahlwörter  geben.  Das  büchlein  ist  f&r  die  zahlrei- 
chen freunde  der  Sprachwissenschaft  überhaupt  bestimmt, 
denen  es  nicht  immer  möglich  ist^das  gesammte  material 
der  hier  einschlägigen  forschungen  zu  benutzen  und  die 
gleichwohl  an  den  ergebnissen  dieser  arbeiten  ein  lebhaf- 
tes interesse  nehmen. 

Ob  gerade  zu  diesem  zwecke  der  gegenständ  passend 
gewählt  sei  und  nicht  z.  b.  die  conjugation  mit  mehr  recht 
daflQr  erkoren  worden  wäre,  wollen  wir  hier  nicht  genauer 
untersuchen.  Die  darstellung  ist,  wie  wir  es  von  herm 
Rumpelt  gewohnt  sind,  übersichtlich  und  klar,  zuweilen 
nur  zu  sehr  in  die  breite  gehend.  Fragen  wir  nach  dem 
Standpunkte  des  Verfassers,  so  ist  er  wesentlich  der  von 
Bopp  und  J.  Grimm.  Wie  irgend  einer,  verehren  auch 
wir  diese  bahnbrechenden  männer  und  unsre  grofsen  leh- 
rer;  aber  was  seit  ihren  umfassenden  Schöpfungen  im  ein- 
zelnen  richtigeres  gefunden  worden  ist,  dürfen  wir  nicht  un- 
beachtet lassen,  was  sich  aber  durch  neuere  forschung  als 
unwahrscheinliche  hypothese  erwiesen  hat,  nicht  mehr  als 
sichere  erklärung  aufitkhren.  Es  sind  in  unserer  schrift 
Ascolis,  Corssens,  Curtius%  Kuhns,  Scherers,  Schleichers 
und  anderer  männer  forschungen  viel  zu  wenig  berücksich- 
tigt worden.  Es  durfte  herr  R.  kaum  noch  ohne  weitere 
bemerkung  S.4  got. -nsa-,  -zva-,  -gka-,  -gqa-, -mma-, 
-s-,  sämmtlich  als  aus  sma  entstanden,  hinstellen.  Und 
wie  konnte  er,  der  doch  gewifs  die  gotischen  auslautsge- 
setze  und  die  wandelung  der  gotischen  vocale  kennt,  s.  6 
meina  (mer)  als  durch  Schwächung  aus  skr.  mama  ent- 
standen erklären?  Schleicher  und  Scherer  können  den 
richtigen  weg  weisen.  So  hätte  Schleicher  auch  über  prä- 
kritisches s6  und  über  zendisches  h6(s.  12),  Corssen  über 
lateinisches  sie  den  rechten  aufschlufs  gegeben;  und  ipse 
durfte  heute  wahrhaftig  nicht  mehr  als  aus  ispe  entstan- 
den hingestellt  werden.  Das  gotische  svalauds  ist  so 
dunkel  nicht  mehr,  und  in  svaleiks,  das  jüngst  J.  Schmidt 
trefflich  erklärt  hat,  mag  ein  noch  etwas  allgemeinerer 
begriff  liegen.    Für  den  stamm  j  a  konnte  wohl  der  verf. 


278  Schweizer-Sidler 

die  treffliche  arbeit  von  Windiscb  noch  nicht  benutzen, 
aber  daran,  dafs  lat.  eum  einfach  einem  sanskritischen 
jam  gleichzusetzen  sei,  hätten  ihn  Corssens  Untersuchun- 
gen zweifeln  machen  sollen.  Der  wegfall  von  Sexion  im 
pron.  poss.  (s.  27)  hat  doch  wohl  in  diesem  keinen  andern 
grund  als  bei  den  adjectiven  überhaupt,  d.  h.  im  auslauts- 
gesetze  und  nachheriger  Übertragung.  Dafs  dasskr.  kva, 
wo,  wirklich  in  ku  +  a  zu  zerlegen  sei,  zeigt  uns  schon 
der  accent  kvä  d.  h.  kü-ä.  Der  leser  wird  ohne  eine 
kurze  Weisung  kaum  verstehen,  wie  xo  in  no-^  ki  (ki)  in 
Ti^g  übergehen  konnte  (s.  32).  Von  einem  unorgani- 
schen n  durfte  bei  griechischem  ri^g  kaum  gesprochen 
werden;  im  zendischen  ki-ne-m  scheint  der  vollere  pro- 
nominalstamm enthalten,  der  hier  mit  n-  in  Zusammen- 
setzung getreten  ist.  Und  ist  denn  wirklich  der  Übergang 
von  qu,  c  in  p  in  quispiam  so  vollständig  erwiesen, 
dafs  er  in  einem  buche  mit  solchem  zweck  ohne .  weiteres 
aufgestellt  werden  durfte?  Entschieden  falsch  ist  die  hier 
mitgetheilte  ansieht  über  die  bildung  von  quoius  and 
cui,  alt  quoiei.  Unrichtig  ist  auch  die  vergleichung 
oder  gleichsetzung  des  lateinischen  suf&xes  -quam  mit 
skr.  ka-na;  unrichtig  ist  die  meinung,  dafs  lat.  qui  ao8 
quis  nur  mit  abwerfung  von  s  entstanden  sei.  Aber 
wir  halten  ein;  mufsten  wir  doch  nur  unsern  satz  erwei- 
sen ,  dafs  der  Standpunkt  des  herrn  verf.  auf  diesem  ge- 
biete nicht  der  seit  Bopp  und  Grimm  im  einzelnen  viel- 
fach fortgeschrittenen  Sprachwissenschaft  entspreche,  und 
wollten  nicht  überhaupt  eine  arbeit  schlecht  machen,  welche 
mit  unverkennbarem  fleifse  angefertigt  ist  und  eine  gute 
Zusammenstellung  des  Stoffes  enthält. 

Zürich,  im  juli  1872.  H.  Schweizer-Sidler. 


Wir   erlauben  uns  die  leser  auf  folgende  arbeiten  des 
prof.  Elia  Lattes  in  Mailand  aufmerksam  zu  machen: 

1)  Osservazioni   sopra  alcune   iscrizioni  Etrasche  (Memoria  d^lpr^f 
Elia  Lattes,    s.  corresp.  del  R.  I.  Lombardo ;  9.  die.  1Q09);     %)\ 


anzeigen.  279 

oet.,  lette  nell'  adonanza  del  9.  noTembre  1871  del  R.  I.  Lomb.  di  scienze 
e  lettere;  8)  Oss.  intorno  alle  epigrafi  Etrusche  Fiorentine  del  tipo  dell' 
nndecima  bilingue,  lette  nell'  ad.  del  28.  die.  1871;  4)  Intorno  alle 
ep.  E.  (Fabr.  884  —  897)  del  t  dell  nndec.  b.,  e  intorno  ad  altre  uni- 
lingni,  comprese  fra'  ntuneri  (Fabr.  78  —  281);  oss.,  lette  neir  adunanza 
del  25.  gennajo  1872;  5)  Intorno  ai  tipi  delle  epigrafi  Latine  dell 
Etnuria,  confrontati  con  quelli  delle  epigrafi  Etnuche;  osserv.  presentate 
nell  ad.  del  21.  marzo  1872;  6)  Intorno  alle  unilingui  Etmsche  Fabretti 
402 — 462  ter  del  tipo  dell'  nndecima  bil.  ed  intorno  alle  varietk  di  quel 
tipo;  088.  pres.  n.  a.  del  21.  m.  1872. 

Wir  begnügen  uns  hier  mit  einem  allgemeinen  urtheile 
über  diese  aufsätze,  ohne  in  die  einzelergebnisse,  welche 
wir  dem  weitaus  gröfsern  theile  nach  für  durchaus  sicher 
halten,  einzutreten.  Das  allgemeine  auch  uns  unzweifel- 
hafte resultat  dieser  Untersuchungen  ist,  dafs  das  etruski- 
sche  ein  indogermanisches  und  zwar  ein  italisches  idiom 
sei,  und  dafs  diese  inschriften  wesentlich  eigennamen  und 
sehr  viele  weibliche  eigennamen  enthalten.  Dieselben  wer- 
fen eine  reiche  ernte  fdr  italische  Wortbildung  und  decli- 
nation,  für  namengebung  und  namenordnung  ab  und  sind 
för  italische  lautgeschichte  und  palaeographie  von  der 
höchsten  bedeutung.  Wir  erfahren,  dafs  unser  rüstiger 
Corssen  ähnliche  ergebnisse  erzielt  habe  und  dieselben 
nächstens  in  ausführlichster  weise  entwickeln  werde.  Aber 
einmal  ist  es  überhaupt  von  der  gerechtigkeit  gefordert, 
dafs  Lattes  frühere  publicationen  ihre  Würdigung  finden, 
und  wir  wundern  uns,  dafs  gerade  die  Italiener  ihrem 
landsmanne  nicht  die  ihm  voll  gebührende  ehre  ertheilen; 
andrerseits  werden  Lattes  forschungeu  durch  ihre  methode 
einen  bleibenden  werth  behalten.  In  ähnlicher  weise,  wie 
sein  berühmter  College  Ascoli,  beginnt  Lattes  mit  scharfer 
analjse  einzelner  inschriften  und  schreitet  dann  zur  ana- 
lyse  von  einzelnen  arten  derselben  vor.  Schritt  für  schritt 
können  wir  sein  finden  verfolgen.  Da  und  dort  sind  in 
den  anmerkungen  grammatische  und  historische  fragen  zu- 
sammenfassend behandelt.  Mit  solcher  Sicherheit  konnte 
nur  der  forscher  vorgehen,  dem  das  material  in  der  gan- 
zen fülle  vorlag,  dem,  wie  unserm  Verfasser,  ein  von  ihm 
selbst  genau  zusammengestelltes   und  kritisch   gesichtetes 


280  Leakien 

etmskiscbes  onomasticon  xn  geböte  stand.  Wir  dfirfen 
uns  nicht  wundern,  wenn  ein  solcher  gelehrter,  der  seinen 
gegenständ  mit  voller  klarheit  umfafste,  von  den  mancher- 
lei grillen  und  verstöfsen  der  auf  demselben  gebiete  thäti- 
gen  männer  eigenthümlich  berührt  wurde  und  dann  und 
wann  seinen  Unwillen  durchblicken  läfst;  nie  isi  aber  seine 
HQig  ins  gemeine  verfallen,  und  überall  spricht  er  treuer 
arbeit  und  gelungenem  daneben  seine  volle  anerken- 
nung  aus. 

Zürich,  im  august  1872.      H.  Schweizer-Sidler. 


Miklosich,  Fr.  Die  slavischen  elemente  im  neugriecbiscben.  Wien 
1870.  8.  38  8.  (Besonderer  abdraok  aas  den  Sitzungsberichten  der 
pbil.-hist.  cl.  der  kaiserl.  akad.  der  wissenscbaften.  Jahrg.  1869.  Dec, 
LXIII  bd.    3.  529). 

^Die  vorliegende  abhandlung  soll  die  frage  beantwor^ 
ten:  welche  anhaltspunkte  gewährt  die  neugriechische 
Sprache  für  die  behauptung  vom  slavischen  Ursprünge  der 
heutigen  Griechen?^  Die  antwort  lautet,  auch  in  Miklosichs 
eigenen  werten:  „dafs  aus  der  neugriechischen  spräche  al- 
lein, also  abgesehen  von  den  historischen  Zeugnissen  und 
den  Ortsnamen,  die  slavische  nationalität  der  heutigen  Grie- 
chen sich  nicht  beweisen  läfst  ^.  Das  verzeichnifs  enthAlt 
129  Worte,  eine  verhältnifsmäfsig  kleine  zahl,  deren  bedea- 
tung  noch  dadurch  vermindert  wird,  dafs  ihrer  viele  auch 
durch  vermittelung  des  albanesisehen  und  türkischen  erst 
ins  neugriechische  eingedrungen  sein  können.  Der  slavi- 
sche einfiufs  auf  diese  spräche  steht  nach  Miklodcb  (s.  5) 
erst  an  vierter  stelle,  während  der  des  albaBeeischeii  die 
erste,  des  romanischen  und  türkischen  die  zweite  und  dritte 
stelle  einnehmen.  Auf  die  flexion  des  n^i^^riechischea  lud 
das  slavische  gar  keinen  einflnfs  gehabt;  von  syntakti- 
schen erscheinungen  hat  Falhnerayer  den  ii»atige{  dee  in* 
finitivs  auf  slavische  einwirkung  zurückzuftlhrei»  venhichi. 
Miklosich  nimmst  dagegen  ao,  dafs  sowohl  das  sldtiJBober 
(d.  h.  zunächst  das  balgariscbe,    das   deo  infiaithr  meiii 


mehr  braucht)  wie  dae  griechische  die  otnschreibang  der 
iofinitivcoDStructioneD  (griech.  mit  i/a,  slav.  mit  da  und 
dem  verb.  fin.)  und  den  verlast  der  alten  infinitivformen 
dem  albanesischen  verdanken,  das  diese  form  nicht  kennt. 
So  sehr  das  auch  möglich  ist,  würde  es  mir  doch  als  er- 
wiesen nur  erscheinen,  wenn  eine  geschichte  des  allmäh- 
lichen Verlustes  der  infinitivform  in  beiden  sprachen  eine 
einwirkung  des  albanesischen  deutlich  ergäbe.  Es  dürfte 
kaum  möglich  sein,  eine  solche  zu  geben,  und  es  bleibt 
daher  immer  die  vermuthung  offen,  dafs  die  betreffenden 
sprachen  in  dieser  erscheinung  nicht  von  einander  abhän- 
gig seien.  Miklosich  führt  selbst  ein  griechisches  beispiel 
der  Umschreibung  aus  dem  13.  Jahrhundert  an,  und  mufs 
daher  annehmen,  „dafs  schon  vor  der  Überschwemmung 
Morea's  durch  albanische  ansiedier  ein  einflufs  des  albani- 
schen auf  das  griechische  stattgefunden  hat,  da  die  ent- 
sprechende construction  älter  ist  als  die  ein  Wanderung  der 
Albanesen  in  Morea'^.  Miklosich  führt  zur  stütze  seiner 
ansieht,  dafs  auch  das  bulgarische  die  Umschreibung  des 
infinitivs  dem  albanesischen  entlehnt  habe,  die  andre  Über- 
einstimmung dieser  beiden  sprachen,  die  sufBgierung  des 
artikels,  an.  Allein  in  einer  späteren  abhandlung  (Tro- 
janska  pri^a.  Agram  1871)  s.  6  erklärt  derselbe,  dafs  der 
Verlust  der  casusformen  im  neubulgarischen  sich  aus  den 
auslautsgesetzen  dieser  spräche  vollkommen  begreifen  lasse, 
ohne  die  annähme  albanesischen  emflusses.  Ferner  ist  es 
bekannt,  dafs  die  neigung  zur  anfügung  des  bestimmten 
artikels  hinter  das  nomen  auch  andere  slavische  volksdia- 
lekte  theilen.  Indessen,  wie  dem  auch  sei,  insofern  behält 
Miklosich  recht,  dafs  wenn  der  verlust  des  infinitivs  im 
griechischen  durch  fremde  einwirkung  herbeigeführt  ist, 
dabei  viel  wahrscheinlicher  an  das  »Ibanesiscbe  als  an  das 
slavische  zu  denken  ist.  In  der  stammbildang  endHeb 
leitet  das  häufige  deminutivsufSx  -irCct  zur  annähme  slavr- 
schen  Ursprunges.  Allein  auch  hier  bleibt  die  möglichkeit 
der  entstehung  aus  griech.  -/(Txy;,  dafßr  spricht  wenigstens 
sehr,  dafs  das  von  slavischen  dementen  unbeeinflufste  grie- 
chisch  in  Italien  formen   wie  yacpigir^i  (ponticulus),    Ttogi- 


282  Leskien,  anxeigen. 

T^iov  (parvus  bortus)  hat,  wo  unverkennbar  -laxiov  zu 
gründe  liegt.  Miklosicb  zweifelt,  ob  man  den  Übergang 
von  ax  in  r^  zu  denken  bat  als  ax  —  x<X  —  tot  (rf)  oder 
ax  —  Cr  —  T<s  (r0.  Da  es  sieb  bier  um  die  Stellung  vor 
palatalem  vocal  (i)  bandelt,  vermutbe  ich,  daüs  aus  axi 
zunächst  arat  wurde  (wie  x  sonst  vor  i  zu  rcr,  tC  wird), 
diese  lautgruppe  aber  erleichtert  wurde  durch  abwerfen 
des  ersten  a.  Es  wäre  das  der  umgekehrte  fall  wie  im 
sla vischen,  wo  bekanntlich  mit  sc  vor  i,  £  auch  st  wech- 
selt (ölovßöisce  und  cloveciste  loc.  sing,  von  61ov8- 
cisku  menschlich);  sc  ist  =  sts,  von  welcher  lautgruppe 
das  letzte  s  abgeworfen  wird. 

Man  mufs  gesteben,  dafs  der  einflufs  des  sla vischen 
auf  das  neugriechische  nach  dem  von  Miklosicb  angef&hr^ 
ten  sehr  gering  gewesen  ist.  Wollte  man  sich  berufen  auf 
den  mannigfachen  secundären  lautwandel  im  neugriechi- 
schen (Übergang  der  gutturale  in  dentale  oder  palatale 
doppellaute  u.  a.),  die  slavischen  vergangen  analog  sind,  so 
ist  zu  bemerken,  dafs  sich  hier  slavischer  einflufs  wenig- 
stens nicht  nachweisen  läfst  und  die  bier  waltenden  ge- 
setze  vielen  sprachen  gemeinsam  sind. 

Das  verzeichnifs  der  betreffenden  werte  wird  noch 
werth voller  durch  die  angäbe,  ob  und  in  welcher  form 
dieselben  im  albanesischen  und  türkischen  vorkommen.  Es 
gewinnt  dabei  auch  zuweilen  die  erklärung  albanesischer 
werte;  es  sei  hier  nur  eins  angefahrt:  im  alban.  verbum 
nsQTÖax  (bespringen)  hat  man  die  praep.  neg  gesucht,  ver- 
gleicht man  aber  bulg.  pure  (caper),  serb.  pro  (caper), 
pröiti  se  (coitum  appetere),  so  fSlUt  diese  vermuthung 
weg.  Die  von  Miklosicb  mit  angeführten  früheren  etymo- 
logisierungen der  slavischen  fremdworte  des  griechischen 
geben  zum  theil  ergötzliche  beispiele  etymologischen  nn- 
sinns.  Ableitungen  der  art,  wie  Qaya^iov  (das  slav.  rogos 
binse,  röhr)  vom  ital.  ragazzo  (knabe)  finden  sich  häufig. 

A.  Leskien. 


Schmidt,  got.  Top^ja.  283 

Gotisch  vopija  ich  rufe. 

Scherer  zur  gescb.  d.  deutschen  spr.  179  f.  hat,  um  die 
imperative  der  verba  auf  -ja-n  mit  dem  auslautsgesetze  in 
einklang  zu  bringen,  angenommen,  ehe  das  gesetz  in  Wirk- 
samkeit getreten,  haben  die  imperative  ^sandija,  *na- 
sija  gelautet,  dann  regelrecht  ihr  a  verloren  und  ij,  d.  h. 
ii,  in  I,  d.h.  graphisch  ei,  zusammengezogen:  nasei*). 
Diese  annähme  wird  zur  gewifsheit  erhoben  durch  das 
dem  got.  vopjan  entlehnte  abulg.  vupiti  ßoäv^  x^d^eiv. 
Nach  dem  infinit! ve  hätte  man  im  praesens  zu  erwarten 
1.8g.  *vuplj^,  2.  *vüpiSi  u.  s.  f.  wie  von  kropiti  be- 
sprengen kroplj^,  kropiäi,  und  so  heifst  es  im  russi- 
schen wirklich  1.  voplju,  2.  vopisi  u.  s.w.,  im  altbulga- 
rischen aber  flectiert  es  vijpij^,  vüpijeäi,  d.  h.  wie  ein 
primäres  verbum  nach  der  indischen  IV.  cl.  z.  b.  bi-j^, 
bi-je-Si  u.  8.  f.  Diese  flexion  ist  aber  aus  der  slawischen 
grammatik  heraus  schlechterdings  uuerklärbar,  denn  es  ist 
erstens  nicht  sehr  wahrscheinlich,  dafs  ein  lehnwort  wie 
ein  primäres  verbum  flectiert  worden  sei,  wäre  dies  aber 
geschehen,  was  ja  immerhin  möglich  ist  (vergl.  deutsch 
schreibe,  schrib),  so  ist  zweitens  nicht  zu  erklären,  wie 
das  flexivische  dement  der  fremden  spräche  zur  wurzel 
geschlagen,  und  so  eine  zweisilbige  wurzel  vüpi,  wie  Mi- 
klosich  vergl.  gr.  III,  s.  124  annimmt,  die  einzige  in  der 
ganzen  spräche,  gebildet  werden  konnte.  Ich  sehe  nur 
einen  weg  diese  Schwierigkeiten  befriedigend  zu  lösen, 
nämlich  die  annähme,  dafs  der  Slawe  auch  die  flexion  des 
verbums  aus  dem  gotischen  hertlbergenommen  hat.  Er 
hörte  got.  1.  vopija  oder  vopijäm  und  gestaltete  dies 
zu  vijpij§,  was  um  so  leichter  geschehen  konnte,  als  die 
personalendungen  im  praes.  sing.  plur.  beider  sprachen  ein- 

*)  Scherer  118  f.  erklärt  die  Doroinative  der  ja- stamme  hairdeis, 
harjis  obigem  analog  aus  voraufgehenden  hairdij(a)8;  harij(a)8,  dies 
i^ird  zur  gewifsheit  erhoben  durch  das  von  Scherer  vergessene  fr  eis,  dessen 
entstehung  aus  *frijas  durch  die  casus  obliqui,  z.  b.  frijana,  erwiesen 
wird.  Die  angesetzten  nominative  wie  ^hairdijas  finden  ein  strictes  ana- 
logen in  litauisch  galv^jis  hanpt  vieh  (zu  galvä  wie  *hairdijas  zu 
hairda). 


284  Schmidt 

ander  noch  so  ähnlich  waren.  Zur  Übersicht  setze  ich  hier 
neben  einander  in  erster  columne  die  gotischen  formen  vor 
Wirkung  des  auslautsgesetzes,  in  zweiter  dieselben  nach 
Wirkung  desselben,  aber  vor  Vereinfachung  des  ij  zn  j, 
resp.  iji  zu  I  (ei),  welche  nach  ausweis  der  imperative 
nasei  u.  s.  f.  erst  nach  Wirkung  des  auslautsgesetzes  ein- 
getreten ist,  in  dritter  die  altbulgarischen: 

vopijäm  vopija  vüpij^ 

vopijesi  vopijis  vüpijeäi 

vopijeti  vopijith  vüpijeti 

vopijamas*)        vopijam  vüpijemü 

vopijete  vopijith  vüpijete 

vopijanti  vopijand  vupij^ti 

Zur  rechtfertigung  des  vor  den  endungen  der  2.  3.  sing., 
2.  pl.  angesetzten  e  als  Vorläufer  des  gotischen  i  verweise 
ich  auf  das  im  slawischen  und  griechischen  in  denselben 
personen  erscheinende,  also  für  die  europäische  grund- 
sprache  anzunehmende  e.  Fand  die  entlehnung  statt  vor 
Wirkung  des  auslautsgesetzes,  so  konnten  die  gotischen 
formen,  da  wir  für  eine  so  alte  zeit  auch  im  slawischen 
noch  vollere  personalendungen  annehmen  müssen,  fast  un- 
verändert bleiben  um  als  slawische  zu  gelten,  aber  auch 
auf  zweiter  stufe  nach  wirkung  des  auslautsgesetzes  be- 
durfte es  keiner  erbeblichen  Umgestaltungen,  um  ihnen  sla- 
wisches gewand  zu  geben.  War  dies  aber  geschehen,  so 
konnte  das  slawische  Sprachgefühl  nach  allen  ihm  zu  ge- 
böte stehenden  analogien  aus  vüpij§  mehr  eine  zweisil- 
bige ut  ita  dicam  wurzel  abstrahieren  und  der  bildung  der 
übrigen  tempora,  inf. ,  participien  u.  s.  f.,  für  welche  das 
gotische  keinen  anhält  geben  konnte,  zu  gründe  legen. 

Es  bleibt  noch  das  i  in  vupij§  zu  erklären.  loh 
habe  nachgewiesen,  dafs  sämmtliche  altbulgarische  i  (h) 
einmal  lang  gewesen  sind  (zur  gesch.  d.  indog.  vocalismus 
I,  12  f.),  kurzem  i  aber  im  altbulgarischen  durch  i  vertreten 
wird.    Da  nun  das  i  in  got.  vopija-  zweifellos  kurz  war. 


*)  Daraus   entstand   vopjam    wie  aus  ^vulfa-mas  ss  abulg.  ylü- 
ko-mü   got.  vulfam. 


got  vopya.  285 

kann  ihm  nur  ein  abulg.  vupTja-  direct  entsprechen  und 
dies  ist  belegt  durch  vupijetü  glag.  Cloz.  349.  687,  vu- 
pijade  cod.  Supr.  363,  20.  Nun  spaltet  sich  j  hinter  ü,  i 
mit  Vorliebe  in  ij,  d.  h.  der  ihm  inwohnende  stimmten 
wird  zum  selbständigen  vocal  und  fliefst  dann  mit  dem 
vorhergehenden  ü ,  i  zusammen,  so  wird  z.  b.  im  nom.  sg. 
der  zusammengesetzten  adj.-decl.  aus  bla^enü+ji  zu- 
nächst bla^enüji  (BAAaseN'Lii);  solche  formen  sind  zahlreich 
belegt  s.  Mikl.  vgl.  gr.  III,  8.79,  Jagid  Assem.  ev.  uvod  str. 
XXXI.  Indem  sich  das  j  in  ij  spaltete,  entstand  bla- 
zenüiji,  d.  i.  blazenyji  (BXAaseNiJH)  und  gerade  so  aus 
doblji-ji  (aobalh)  —  nom.  auf  lh  a.  a.  o.  belegt  —  *do- 
bljiiji  und  durch  contraction  von  ii  in  i  (h)  dobljiji 
(AOBrhh).  Selbst  zwischen  zwei  eng  verbundenen  Wörtern 
tritt  diese  wandelung  ein,  z.  b.  aus  predami  jT  (npiLpiih  n) 
tradam  eum  wird  npi^aiiHT  glag.  Cloz.  172,  d.  i.  preda- 
miji.  Vergl.  die  ganz  analoge  entstehung  des  skr.  na- 
vljäs  aus  ^navijäs,  navjäs.  Gerade  so  wird  aus  vü- 
pijeti  vupijeti;  aus  vüpijaäe  vüpijach^  Supr.  2,  22. 
37,  13;  im  cod.  Ostr.  erscheinen  nur  die  formen  mit  i, 
vupijeti,  vüzüpijeti  u.  a.  s.  Vostokovs  index. 

Sonach  können  wir  mit  vollstem  rechte  den  gotischen 
praesensstamm  vopija-  als  historisch  überliefert  ansehen. 

Dafs  es  in  der  nordeuropäischen  grundsprache  prae- 
sensstämme  auf  -ija-  gab,  wird  weiter  durch  das  litaui- 
sche erwiesen.  Vor  der  praesensendung  -iu  =  urspr. 
-jä-mi  werden  diphthonge  nicht  aufgelöst:  szlä'-ju 
szlav-iaü,  szl&'-ti  fegen,  spi4u-ju,  spiöv-iau, 
spi4u-ti  speien,  ebenso  wenig  bei  abgeleiteten  verben  auf 
-u-ti,  -au-ti  :  bältüju,  b&ltuvau,  bält&ti  weifs  aus- 
sehen, presztarauju,  presztaravau,  presztarauti 
widersprechen. 

Ganz  anders  ist  es  vor  der  endung  *iu,  wenn  der 
zweite  stamm  6  ansetzt:  sraviü,  sravejau,  srav^'ti 
rieseln,  aviü,  av^jau,  av^'ti  an  den  füfsen  als  beklei- 
düng  tragen,  stöviu,  stovejau,  stove'ti  stehen.  Schlei- 
cher lit.  gramm.  s.  245  rechnet  diese  und  ähnliche  zu  den 
stamm  verben,   aber  mit  unrecht,   denn  die  auflösung  der 


286  Windiscb 

dipbthonge  srau  zu  srav  u.  s.  w.  wird,  wie  die  zuerst 
genannten  verba  zeigen,  durch  folgendes  i  =  urspr.  j  nicht 
veranlafst,  weil  dies  i  zu  der  zeit,  als  ein  hiatus  durch 
diphthongauflösung  beseitigt  werden  mufste,  noch  spirant 
war.  In  sraviü  bestand  aber  augenscheinlich,  trotz  des 
noch  spirantischen  j,  ein  hiatus,  sein  i  war  also  nicht  ein- 
faches j,  d.  h.  es  kann  zu  jener  zeit  gar  nicht  anders  ge- 
lautet haben  als  ^sraviju  oder  mit  älterer  endung  *sra- 
vijam,  und  ^sraviju,  inf.  srave'ti  nebst  allen  ähnlich 
flectierten  entspricht  ganz  genau  den  slawischen  abgeleite- 
ten Verben  wie  bolj§,  3.  sg.  boliti,  inf.  bolSti;  sraviü 
ist  also  aus  sravajämi,  ^sravijam,  ^sraviju  ent- 
standen. 

Johannes  Schmidt. 


Zwei  indische  gleichüisse. 

Den  wenigen  indischen  beispielen,  welche  fQr  den  ge- 
brauch des  Potential  im  gleichnifs  bei  Delbrück,  gebrauch 
des  conj.  und  opt.  s.  231,  angeführt  werden,  föge  ich  fol- 
gende zwei  aus  der  EäuSltaki-brähmana-upaniäad  hinzu: 

I,  4  tad  jathä  rathena  dbävajan  rathal£akr6  parja- 
vgkseta,  evam  ah5rätr6  parjavgkä6t&ivä  sukrtaduikrte 
sarväni  Ka  dvandväni  „wie  man  auf  einem  wagen  fahrend 
auf  die  beiden  Wagenräder  blickt,  so  blickt  er  auf  tag  und 
nacht,  so  auf  die  guten  und  die  bösen  thaten  und  alle  ge- 
gensätze^. 

II,  1  ja  evä  vgda  tasjöpaniäan  na  jäKed  iti,  tad  jathä 
grämä  bhikäitvä  'labdhvöpavi^en  näham  atö  dattam  a^nl- 
jäm  iti,  ta  eväinam  upamantrajante  jg  purastät  pratjäKa- 
kälran  „wer  dies  weifs,  der  ist  im  besitz  der  geheimen 
Weisheit  ^nicht  möge  man  bitten^;  wie  wenn  einer,  der 
in  einem  dorfe  gebettelt  und  nichts  bekommen  hat,  sieb 
hinsetzt  (mit  dem  entschlusse)  „nicht  mag  ich  hier  dar- 
gereichtes essen^,  die  aber  laden  ihn  ein,  die  ihn  zuvor 
abgewiesen  hatten^.    In  diesem  letztern  beispiele  ist  na- 


zwei  indische  gleichniise.  287 

mentlich  der  Wechsel  der  modi  (opayi^gt  ....  upamantra- 
jante  .  .  .  pratjäkakälran  •  .  .  .)  höchst  beacbtenswertfa:  es 
sind  zwei  hauptverba,  das  erste  im  potential  und  das  zweite 
im  indicativ,  dann  folgt  wieder  ein  potential  im  relativ- 
satze.  Ein  genau  entsprechendes  homerisches  beispiel  ist 
mir  nicht  zur  band,  es  sind  folgende  zwei  formen  (mit 
conjunctiv)  in  eine  vereinigt:  (og  5'  ore  nvg  atSrjlov  iv 
ä^vkq)  ifATtifff}  vkrj*  ndvTfj  r'  eilvcpocov  avsfjiog  (piQei  ,  . 
(-//,  155)  und  (bg  8*  or  ävrjg  Soqnoio  liXalsrai^  ^  re 
nav^fiag  vsiov   av    f^lxfjtov  ßoe   otvonz   ntjxrov  ägorgov 

(r,  31 ). 

Leipzig.  Windisch. 


Literarische  notiz. 

Folgende  werke  zur  lexikographie  der  germanischen 
sprachen  sind  der  redaction  zugegangen: 

Mittelhochdeutsches  handwörterbuch  von  Matthias  Lexer. 

Zugleich    als    Supplement    und    alphabetischer  index 

zum  mittelhochdeutschen  wörterbuche  von  Benecke- 

Müller-Zarncke.   Erster  band.   A— M.  (1869—1872). 

Leipzig  (S.  Hirzel)  1872.     XXIX  ss.  2262  sp.    8. 

An  dem  von  allen  Seiten  bereits .  anerkannten  werke 

sei  von  unserm  Standpunkt  aus  nur  die  sorgfältige  berück- 

sichtigung  der  etymologie  rühmend  hervorgehoben. 

Wörterbuch  zu  dr.  Martin  Luthers  deutschen  Schriften 
von  Ph.  Dietz.  Zweiter  band.  Erste  lieferung.  G — 
Hals.    Leipzig  (F.  C.  W.  Vogel)  1872.  208  ss.  8. 

Vergl.  d.  zeitschr.  XVIII,  236.  XIX,  386. 

Mittelniederdeutsches  Wörterbuch  von  Karl  Schiller  und 

August   Lübben.     Erstes   heft.     A  —  arnt.     Bremen 

(J.  Kühtmann)  1872.    XVI.     128  ss.     8. 

Mit  bedauern  sehen  wir  aus  dem  umschlage,  dafs  die 

weiterführung  dieses  vortrefflichen  Wörterbuchs  noch  im« 


288  Literarische  notis. 

mer  nicht  ganz  gesichert  ist;  nur  eine  weitere  zahlreiche 
subscription,  zu  der  auch  wir  hiermit  unsere  leser  auffor- 
dern, vermag  die  fortsetzung  zu  garantieren. 

Norsk  Ordbog  af  Ivar  Aasen.    Anden  foregede  üdgave 
af  Ordbog   over  det  norske  Folkesprog.   Heft  1 — 4. 
A— muna.     Christiania  (P.  T.  Mailing)  ,1871  — 1872. 
512  SS.     8. 
Die  zweite  aufläge  dieses  trefflichen  Wörterbuchs  der 
alterthßmlichen,   norwegischen   Volkssprache  zeigt  eine  be- 
deutende Vermehrung  sowohl  an  neuen  Wörtern  als  bedeu- 
tungen  und  ist  mit  derselben  Sorgfalt  und  genauigkeit  wie 
die    frohere    gearbeitet.     Die    geschichte    der    nordischen 
sprachen,  sowie  die  der  sitten  und  des  glaubens  haben  an 
dem  werke  eine  reiche  fundgrube,    zu   deren  umfassenden 
ausbeutung    wir    alle    forscher    hinlenken    möchten.     Das 
ganze  werk  wird  in  8  heften  ca.  64  bogen  umfassen. 

Altdeutsches  namenbuch  von  Ernst  Förstemann.     Zwei- 
ter  band:    Ortsnamen.     Zweite,   völlig  neue  bearbei- 
tung.     Nordhausen  (Ferd.  Förstemann)  1872.    Till. 
1739  sp.     4. 
Die   neue  aufläge  ist  mit  grofsem  fleifs  vermehrt  und 
verbessert;  hoffentlich  wird  sie  der  ausgangspunkt  f&r  eine 
energischere  verwerthung    des    in   den    Ortsnamen   nieder- 
gelegten   etymologisch -grammatischen    materials,     in  wel- 
cher der  herr  verf.  bisher  fast  gar  keinen  nachfolger  ge- 
funden hat. 


Häfelin,  abbandltuigen  über  die  rolnata.  tnundarten  der  läüdwestscbweiz.     389 

Abhandlungen  über  die  romanischen  mund- 
arten  der  Südwestschweiz. 

Ein  auf  dem  gebiet  der  linguistik  ausgezeichneter  ge- 
lehrter, Lorenz  Diefenbach,  hat  bereits  vor  drei  Jahrzehn- 
ten in  seinen  Celt.  I,  anhang  C  auf  die  Wichtigkeit  des 
Studiums  der  schweizerischen  mundarten,  sowohl  der  deut- 
schen als  der  romanischen,  aufmerksam  gemacht  und  das- 
selbe mit  eindringlichen  werten  empfohlen.  Während  die 
dialekte  der  deutschen  Schweiz,  die  schon  vorher  durch 
Stalders  treffliches  werk  bekannt  geworden  waren,^seither 
gegenständ  einer  ungetheilten  aufmerksamkeit  geworden 
sind,  liegt  das  franzosische  Sprachgebiet,  das  eine  eben  so 
reiche  ernte  dem  dialektforscher  in  aussieht  stellt,  hin- 
sichtlich wissenschaftlicher  und  philologischer  Untersuchung 
brach  und  unberührt.  Bridel,  dem  das  verdienst  bleibt, 
zuerst  die  nothwendigkeit  einer  lexikalischen  arbeit  em- 
pfunden und  dieselbe  nach  seinen  besten  kräften  ausgeführt 
zu  haben,  brachte  es,  wie  sehr  er  es  auch  wünschte,  nicht 
zu  einer  grammatikalischen  bearbeitung  der  dialekte  der 
französischen  Schweiz,  wie  sie  sein  deutscher  landsmann 
Stalder  für  die  schweizerdeutschen  mundarten  ausgeführt 
hat  in  seinem  buch:  Die  landessprachen  der  Schweiz  oder 
schweizerische  dialektologie.  Aarau  1819.  Er  fand  sein 
vorhaben,  wie  er  sich  in  einem  brief  an  Stalder  äufserte, 
unausführbar,  worüber  man  sich  nicht  wundern  darf,  wenn 
man  bedenkt,  welch  geringe  hülfsmittel  in  jener  zeit  dem 
Sprachforscher  zu  geböte  standen.  Wenn  es  auch  unstrei- 
tig ist,  dafs  Bridels  arbeit,  veröffentlicht  zu  Lausanne  im 
jähre  1866  durch  die  geschichtforschende  gesellschaft  der 
französischen  Schweiz  unter  dem  titel:  Glossaire  du  patois 
de  la  Suisse  romande,  viel  dazu  beigetragen  hat,  die  kennt- 
nifs  jener  mundarten  und  eine  hellere  ansieht  darüber  zu 
verbreiten,  so  kann  man  sich  bei  strengerer  prüfung  doch 
nicht  verhehlen,  dafs  sie,  so  unentbehrlich  sie  auch  sein 
mag,  der  ernstern  forschung  eine  eben  so  schwache  als 
unwissenschaftliche  grundlage  darbietet.    Bridels  Glossaire 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  4.  19 


•  •      ••  • 


290  Häfelin 

ist  ZU  eiuer  zeit  entstanden,    wo  man  die  sonderbarsten 
Vorstellungen   von   der  herkunft    unserer  mundarten  hatte 
und  wo  von  einer  wissenschaftlichen  behandlung  noch  gar 
keine    rede  war.     Abgesehen  von  seiner  unvollständigkeit, 
der  Vernachlässigung   des   wortaccents,    der  ungeregelten, 
auf  den  principien  der  französischen  ausspräche  aufgebau- 
ten,   daher  ungenauen   und  für  die  verschiedenen  nuanceo 
der  muudarten  unzureichenden  rechtschreibung  hat  Bridels 
Wörterbuch   den  bedeutenden  mangel,    dafs  nur  selten  der 
fundort   einer   wortform  angegeben   wird.     Man  kann  sich 
unmöglich  eine  klare,  wissenschaftliche  ansieht  bilden  über 
die  mundarten  eines  landes  aus  einem  buch,   das  eine  an- 
zahl  abweichend    klingender  aber    aus    demselben  lateini- 
schen  Vorbild  entwickelter  wortformen    willkürlich    neben 
einander  stellt,  ohne  angäbe  des  ortes  oder  der  landschaft, 
wo    die    eine    und    die    andere    sich    vorfindet.     Was  das 
handschriftlich  vorhandene,  aber  noch  im  Privatbesitz  be- 
findliche   Wörterbuch   von  J.  L.  Moratel  anbetri£Pt,    muTs 
man   sich   einstweilen  mit  der  hoffnung  trösten,    es  seien 
darin  die   bei  Bridels  arbeit  gerügten  mängel   vermieden, 
bis  es  gestattet  wird,  dasselbe  zu  prüfen  und  sich  so  eine 
bestimmte  ansieht  über  seinen  werth  zu  bilden.   Sehen  wir 
uns  nach  der  eigentlichen  mundartlichen  literatur,   sofern 
mir  dieser  ausdruck  erlaubt  ist,  um,  so  finden  wir  für  den 
zweck   grammatikalischer    Studien    nur   lückenhafte,    niobt 
gehörig  gesichtete  materialien.     Noch   besitzen   wir  keine 
vollständige  Sammlung  der  zahlreichen  lieder  und  was  bis 
jetzt  gedruckt  an  solchen  vorliegt,   ist  orthographisch  un- 
zuverlässig.    Manche  lieder,  namentlich  aus  den  alpentfaft- 
lern  des  Unterwallis,  sind  noch  gar  nicht  gesammelt  wor- 
den; was  wir  in  dieser  hinsieht  bis  jetzt  überhaupt  bestes 
aus  jenen  gegenden  kennen,  verdanken  wir  Julius  Fröbel, 
der  in  seinem  buch:   Reise  in  die  weniger  bekannten  thi- 
1er  auf  der  nordseite  der  penninischen  alpen.   Berlin  1840» 
einzelnen    walliser    mundarten    seine    aufinerksamkeit    ge* 
schenkt  hat. 

unter   diesen   umständen   bleibt   nichts  anders   Übrige 
als   das  Sprachgebiet  selbst  zu  bereisen   und  an  ort  und 


abhandlungen  über  die  romaii.  mundarten  der  Sudwestflcbweiz.       ^91 

stelle  die  von  der  französischen  Schriftsprache,  welche  durch 
die  mehr  und  mehr  in  das  leben  hineingreifende  volks- 
schulbildung  begünstigt  und  verbreitet  wird,  zurückgedräng- 
ten und  ihrem  unvermeidlichen  Untergang  geweihten  Volks- 
sprachen zu  untersuchen,  wenn  dieselben  für  die  Wissen- 
schaft nicht  verloren  gehen  sollen.  Einigen  derselben,  wie 
z.  b.  denen  des  cantons  Neuenburg,  steht  ein  nahes  gänz- 
liches aussterben  bevor.  Schon  ist  es  hier  nothwendig, 
betagte  personen  aufzusuchen,  um  den  dialekt  aus  unge- 
trübter quelle  zu  schöpfen,  der  noch  im  anfang  unsers 
Jahrhunderts  in  manchen  Ortschaften  gewöhnliche  Umgangs- 
sprache war.  Es  ist  hohe  zeit,  an's  werk  zu  gehen  und 
den  letzten  pulsschlägen  und  athemzügen  einer  spräche  zu 
lauschen,  die,  mag  sie  wollen  oder  nicht,  das  gebiet,  wo 
sie  Jahrhunderte  geschaltet  und  gewaltet,  einer  glücklichem 
Schwester  abtreten  und,  im  kämpf  ums  dasein,  der  auch 
das  leben  der  sprachen  ergreift,  besiegt,  mit  ihren  letzten 
greisen  freunden  ins  grab  sinken  mufs. 

Durch  alle  diese  umstände  zur  arbeit  aufgefordert,  habe 
ich  piich  entschlossen,  bei  allerdings  beschränkter  zeit  mein 
möglichstes  zur  förderung  des  Studiums  jener  mundarten 
beizutragen,  in  der  hofihung  und  mit  dem  wünsch,  dafs 
später  vereinte  kräfle  zu  demselben  zweck  zusammenwir- 
ken und  die  mühsam  begonnene  arbeit  zu  einem  glückli- 
chen ende  führen  mögen.  Da  ein  auf  einander  folgendes 
erscheinen  einzelner  artikel  über  diesen  gegenständ  den 
vortheil  hat,  dafs  ich  späterhin  einsichtigen  rath  und  wohl- 
meinende winke  anderer  zum  frommen  der  Wissenschaft 
verwenden  kann,  wählte  ich  diese  art  der  Veröffentlichung. 
Zu  überlegen  war,  auf  welche  weise  der  inhalt  der  einzel- 
nen artikel  zu  begrenzen  sei.  Das  zweckmäfsigste  schien 
mir,  die  mundarten  je  eines  einzelnen  cantons  zusammen- 
zufassen und  zum  gegenständ  einer  besondern  abhandlung 
zu  machen.  Sind  hinsichtlich  ihrer  mundarten  die  gebiete 
innerhalb  der  staatlichen  grenzen  einmal  untersucht,  so 
wird  es  ein  leichtes  sein,  für  die  einzelnen  dialektgruppen 
wissenschaftlich  begründete  grenzen  aufzufinden.  Schon 
war,  um  der  vorliegenden  arbeit  eine  art  einfaeit  zu  geben, 

19* 


29^  Häfelin 

es  Dotbwendig,  die  mundarten  des  Berner  Jura  auszaschlie- 
fsen,  da  ihre  Bildung  durchaus  andern  principien  folgt,  als 
diejenigen  der  übrigen  französischen  Schweiz.  Während 
diese,  um  nur  einen,  allerdings  wichtigen  zug  anzufahren, 
das  lateinische  a  möglichst  zu  bewahren  suchen,  zeigen 
jene  eine  entschiedene  neigung,  es  zu  trüben.  Schon  im 
canton  Neuenburg  lassen  sich  einige  spuren  jener  trfibung 
wahrnehmen :  im  Yal-de-Travers,  auf  den  höhen  um  Loele 
und  La  Chaux-de-fonds  und  zu  Ligni^res,  wo  der  Über- 
gang durch  einen  eigenthümlichen,  im  folgenden  mit  &  be« 
zeichneten  laut  gebildet  wird,  der  seiner  natur  nach  zwi- 
schen der  ausspräche  des  a  und  ä  (ä  =s  engl,  a  in  hat) 
schwebt. 

.  Bevor  ich  zur  arbeit  selbst,  die  ich  mit  einer  abband- 
lung  über  die  mundarten  des  cantons  Neuenburg  beginne, 
übergehe,  gedenke  ich  voll  dankbarkeit  aller  derjenigen, 
die  mir  bis  jetzt  bei  meinem  unternehmen  behülflich  ge- 
wesen sind. 

Klingnau,  im  januar  1872. 

Fr.  Haefelin,  cand.  phil. 


Erste  abtheilung. 

Die  mundarten  des  cantons  Neuenbürg. 

Literatur.  I.  Lexikalische  arbeiten.  1)  Mer^ 
veilleux,  Etimologies  touchant  l'idiome  de  nostre  pays (Samm- 
lung von  ungefähr  fünfhundert  vocabeln,  wahrscheinlich 
aus  der  zweiten  hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts,  zusammen- 
geheftet mit  histor.  notizen  von  dems.)  handschriftlich  auf 
der  Stadtbibliothek  zu  Neuenburg.  2)  P.  F.  Droz  FAm^ 
ricain ,  Liste  de  plusieurs  mots  fran^ais  expliqu^  en'  pa- 
tois,  handschr.  Sammlung  geringern  umfangs  ohne  eigent- 
lich wissenschaftlichen  zweck  vom  jähre  1779.  3)  Zwei 
heftchen  mit  etymologien  einer  reihe  von  Wörtern  der 
mundart  von  dem  für  die  geschichte  seiner  heimat  zu  firtlh 
verstorbenen  F.  A.  M.  Jeanneret,  Verfasser  der  Biograpluiee 


abhandlnngen  über  die  roman.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.       293 

neuchäteloises.  Manchmal  wird  geschickt  das  altfranzösi- 
sehe  zur  vergleichung  herbeigezogen.  Beide  kleinen  Samm- 
lungen im  besitz  des  hrn.  Ulysse  Mathey-Henri  in  Locle. 
4)  Quinche,  George,  Glossaire  der  mundart  von  Val-de- 
Ruz,  handsöhr.  im  besitz  der  historischen  gesellschaft  in 
Neuenburg.  Beigegeben  sind  vier  prosastücke  geschicht- 
lichen inhalts,  eine  gereimte  erzählung,  Sprichwörter,  eine 
anekdote  und  die  Übersetzung  des  gleichnisses  vom  ver- 
lornen söhn  im  dialekt  von  Valangin.  Die  beiden  letztern 
sind  bereits  gedruckt  in  Bridels  Glossaire;  die  parabel 
findet  sich  auch  in:  F.  A.  M.  Jeanneret,  Etrennes  neuchä- 
teloises,  I^w  annee,  Locle  1862,  s.  109.  5)  Bridel,  Glos- 
saire du  patois  de  la  Suisse  romande.  Lausanne  1866. 
Bietet  sehr  wenig  für  die  kenntnifs  der  mundarten  des 
cantons  Neuenburg. 

II.  Texte.  Solche  finden  sich  zerstreut  in  folgenden 
büchern  und  Journalen:  1)  Stalder,  Fr.  J.,  die  landesspra- 
chen  der  Schweiz  oder  schweizerische  dialektologie.  Aarau 
1819.  2)  Recueil  de  raorceaux  choisis  en  vers  et  en  prose 
en  patois  suivant  les  divers  dialectes  de  la  Suisse  fran- 
^aise  et  termine  par  nn  vocabulaire  de  mots  patois  avec 
la  traduction  fran^aise.  Recueillis  par  un  amateur.  Lau- 
sanne. Au  depot  bibliographique  de  B.  Corbaz.  1842. 
3)  Bridel,  Glossaire.  4)  Kramer,  Jules  Henri,  Chants  Va- 
langinois  accompagnös  de  textes  historiques.  Neuchätel, 
imprimerie  James  Attinger,  1848.  5)  Chabloz,  Fritz,  La 
Berotse.  Recherches  historiques  sur  la  paroisse  de  St. 
Aubin.  Neuchätel,  Samuel  Delachaux,  1867.  6)  Mus^e 
historique  de  Neuch&tel  et  Valangin  publik  par  George- 
Auguste  Matile.  3  voll.  Neuchätel  1841,  1843,  1845. 
7)  Mus^e  neuchätelois.  Recueil  d'histoire  nationale  et  d^ar- 
ch^ologie.  Neuchätel,  imprimerie  de  Fritz  Marolf,  4diteur. 
1864.  Dasselbe.  Neuchätel  chez  H.  Wolfrath  et  Metzner, 
editeurs  imprimeurs.  1866.  8)  Feuille  d'  avis  des  mon- 
tagnes.  Locle,  imprimerie  Courvoisier,  aus  dem  besonders 
abgedruckt  sind :  9)  La  saboul^e  d^  Borgognons  ^  1&  fand 
du  CrSte-Vaillant  en   1476.     Locle,  imprim.  Courvoisier, 


294  HäfeUn 


186  t  und  10)  Le  tin  d'on  viedge  da  noi.tre  pays;  let  met- 
chan  guignon  du  boueb  tchi  Esa'le,  ibid.  1862.  11)  Le 
Val-de-Ruz,  feuille  d'avis  agricole,  industrielle  et  commer^ 
ciale  ä  Fontaines :  correspondenzen  in  der  mundart.  12)  Eine 
anzahl  noch  nicht  heransgegebener  lieder. 


Sprach  Verhältnisse.  Dialektgruppen.  Nach 
Max  Wirth,  allgemeine  beschreibung  und  Statistik  der 
Schweiz.  Zürich  1870.  S.  336,  337,  343  zählt  der  can- 
ton  Neuenburg,  der  einen  flächenraum  von  35o6  quadrat- 
stunden  hat  mit  einer  bevölkerung  von  87,369  seelen  in 
74  gemeinden  und  18,608  haushaltungen,  16,234  haushal- 
tungen,  die  französisch,  2,327  haushaltungen,  die  deutsch, 
44  haushaltungen,  die  italienisch,  3  haushaltungen,  die  ro- 
manisch sprechen,  so  dafs  auf  je  1000  haushaltungen  873 
französisch,  1 25  deutsch  und  2  italienisch  sprechende  kom- 
men. Nur  ein  ganz  verschwindend  kleiner  theil  der  fran- 
zösischen bevölkerung  ist  der  mundart  kundig.  Doch  er- 
scheinen in  der  dortigen  französischen  Umgangssprache 
trotz  aller  anstrengung  der  Volksschule,  dieselben  auszu- 
rotten, hin  und  wieder  Wörter  und  ausdrücke  der  mund- 
art und  jene  giebt  sich  wohl  verlorne  mühe,  diese  nnge- 
rufenen  gaste  aus  ihrem  vertrauten  Umgang  mit  den  lan- 
desbewohnern  verbannen  zu  wollen. 

Auf  einem  so  eigenthümlich  gestalteten  gebiet,  wie 
das  des  cantons  Neuenburg  ist,  bei  der  grofsen  Verschie- 
denheit im  leben  seiner  bewohner  mufste  sich  nothw^idig 
eine  mannigfaltig  nuancirte  spräche  entwickeln.  Sehen  wir 
ab  von  jenen  abweichungen  der  ausspräche,  worin  eine 
Ortschaft  schon  von  der  ihr  zunächst  liegenden  sich  ans-^ 
zeichnet  und  die  im  allgemeinen  (einzelnes  mufs  sich  schon 
der  Übergänge  wegen  ändern)  mehr  auf  einer  besondern 
Intonation  des  wertes ,  einer  besondern  hebüng  und  -seb^ 
kung  der  stimme,  einer  besondern  klangfarbe,  als  auf  einem 
von  der  grammatik  anerkannten  lautunterschied  bemhen, 
und  fassen  wir  die  wirklichen  Verschiedenheiten  in  den 
dialekten  des  cantons  in's  äuge,  so  bestimmen  uns  die  ein- 


abhandlaDgen  über  die  romaa.  mundarteo  der  Südwestschweiz.       295 

zelnen  hervorragenden  hauptmerkmale  derselben,  wenn 
auch  ein  gemeinsames  band  sie  alle  unter  einander  ver- 
knfipfl,  folgende  dialektgruppen  aufzustellen:  T.  gr.:  von 
Neuveville  an  längs  den  abhängen  des  Chaumont  gegen 
Neuenburg  (patois  de  Ligni^res;  patois  du  vignoble  du 
nord-est);  II.  gr.:  patois  du  Val-de-Kuz;  III.gr.:  patois 
des  montagnes  (um  Locle,  La  Chaux-de-Fonds,  la  Sagne, 
la  Brevine  etc.);  IV.  gr.:  patois  du  Val-de-Travers;  V.  gr.: 
von  Neuenburg  an  gegen  den  canton  Waat  zu  (patois  du 
vignoble  du  sud-ouest;  {)atois  de  la  Paroisse).  Zur  erleich« 
terung  der  übersieht  und  der  behandlung  des  sto£fes  habe 
ich  im  folgenden  diese  eintheilung  und  reihenfolge  beibe- 
halten. 


Erklärung  der  orthographischen  zeichen.  Da 
zu  einer  möglichst  genauen  wiedergäbe  der  mundartlichen 
laute  durch  die  schrift  die  französischen  lautzeichen  un- 
zureichend sind,  so  war  es  notb wendig,  zeichen  einzuföh- 
ren,  die  soweit  als  möglich  die  etymologische  form  des 
Wortes  erkennen  lassen,  ohne  deshalb  der  darstellung  der 
ausspräche  eintrag  zu  thun.  Jeder  durch  die  schrift  be- 
zeichnete laut  wird  gesprochen;  dieser  grundsatz  findet 
nur  dort  eine  ausnähme,  wo  ich  genöthigt  war,  aus  einer 
schon  vorhandenen  schriftlichen  quelle  etwas  aufzunehmen, 
was  z.  b.  mit  triolet  geschehen  ist,  wo  t  am  ende  nicht 
ausgesprochen  werden  soll,  oder  bei  angefahrten  stellen. 
Die  zeichen,  die  einer  besondern  erklärung  bedürfen,  sind 
nun  folgende: 

a)  fQr  die  einfachen  vocale:  a,  bezeichnet  den  kurzen 
und  reinen  a-laut,  ä  den  langen;  ä  im  patois  von  Ligni^- 
res  (gr.  I)  einen  eigenthümlichen  laut,  der  zwischen  der 
natur  des  reinen  a- lautes  und  des  breiten  ä  in  der  mitte 
schwebt;  um  ihn  am  sichersten  hervorzubringen,  bringe 
man  die  organe  in  die  Stellung,  die  sie  bei  der  ausspräche 
jenes  ä  einnehmen  sollen,  strenge  sich  aber  an,  gleichwohl 
a  zu  sprechen;  ä  klingt  dumpf  und  lang,  wie  engl,  a  in 
wall,  fall;  ä  recht  breit,  nicht  wie  im  hochdeutschen,  son- 


296  Httfelin 

dorn  ungefähr  wie  engl,  a  in  hat,  oder  wie  man  ä  in  eini- 
gen theilen  des  cantons  Aargau  und  Bern  spricht,  inlau- 
tendes an  läfst  den  nasal  sehr  schwach  hören;  e  kurz,  mit 
dem  klang  von  ä  in  p^re;    ä  ders.  laut  lang;    e  lang  und 
hell,  wie  ee  in  see;   e  ders.  laut  kurz;    ^  lang,   liegt  der 
ausspräche  nach  in  der  mitte  zwischen  ö  und  e;    e  ders. 
laut  kurz;    e  sehr  kurz,    mit  dem  klang,    den  das  franz. 
e-muet  im  gesangesvortrag  bekommt;    e  in  kleiner  schrift 
am  ende  des  wertes  =  gewöhnl.  franz.  e-muet  an  gleicher 
stelle;  en  =  franz.  ein  in  sein;    en  in  der  2.  gruppe  deu- 
tet an,  dafs  sich  e  dem  laut  nähert,   den  das  franz.  in  in 
fin  hat,  ohne  dafs  der  nasal  hörbar  wäre,  in  der  4.  gruppe 
ist  der  nasal,    in  derselben  weise   ausgedrückt,   ebenfalls 
kaum   anders  bemerkbar,   als   in   der  natur  des  vorherge- 
henden e-lautes,  der  fast  wie  ä  klingt;  i  kurzes  i,  I  lang; 
o  dumpf  wie  o  in  köpf  und  kurz,  ö  ders.  laut  lang;  6  hell 
und  lang,  wie  deutsches  o  in  thron,  6  ders.  laut  kurz;  en 
wie  deutsches  ö  in  köpfe  und  kurz;  eu  ders.  laut  lang;  eü 
hell  wie  ö  in  schön  und  lang;    eu  ders.  laut  kurz;  on  = 
deutsches  u  in  huhn  und  lang,  oü  ders.  laut  kurz;    u  = 
franz.  u  und  kurz,  ü  ders.  laut  lang;  b)  für  die  diphthonge: 
ae,  ae^,  der  a-laut  wiegt  vor,  e  tont  wie  e,  e^  wie  e,  aber 
beide  äufserst  schwach  und  kurz;    ai,   beide  laute  gleich 
stark  und  jeder  deutlich  für  sich  zu  sprechen ;    ebenso  in 
ei;    in  ai  wiegt  der  a-laut,  in  ei  der  e-laut  vor,  i  tönt  in 
beiden  schwach  nach;    fe,  der  i-laut  ist  lang  und  hervor- 
gehoben, e  ist  etwas  kürzer,  als  gewöhnlich ;  in  ie,  i6  und  le 
tritt  der  e-laut  hervor,  i  ist  äufserst  schwach  und  kurz;  au^ 
deutsch  au;  oü  tönt,  wie  man  deutsches  ou  sprechen  würde. 
Die  vocale  in  kleiner  schrift  sind  äufserst  kurz  zu  sprechen; 
'  zwischen  zwei  consonanten  bezeichnet  den  verlust  eines 
vocals,    '  rechts  von  einem  vocal   den  auf  ihm  liegenden 
wortaccent:.fa'mena  und  lagrema  sind  also  proparoxytona; 
y  ist  halbvocal   und  wie  deutsches  j  zu  sprechen;     c)  i&r 
die  consonanten:  ly  ist  1  mouille;    n  vor  consonanten  wie 
deutsches  n,  z.  b.  vor  dentalen,  zu  sprechen ;  steht  nach  n  im 
inlaut  ein  .,  so  klingt  es  wie  franz.  n  in  bon,  fin  u.  8.  w.^ 
so  in  der  Verbindung  n.m,  n.n,  während  m  und  n  nach  dem 


abhandluDgen  über  die  roman.  mnndarten  der  Sttdwestschweiz.       297 

punkt  wie  deutsches  m  und  n  in  bäum,  bein,  zu  sprechen 
sind.  Auslaut,  m  und  n,  sowie  inlaut.  vor  conss.  sind,  wo 
nichts  bemerkt  ist,  wie  im  franz.  zu  sprechen;  n  in  klei- 
ner Schrift  nach  einem  andern  vocal,  als  e,  das  dadurch 
fast  zu  ä  wird,  bezeichnet  einen  äufserst  schwachen  na- 
salen beiklang;  n,  wie  gn  und  ny,  bezeichnet  den  glei- 
chen laut,  wie  span.  n  oder  franz.  und  ital.  gn;  r  in  klei- 
ner Schrift  wird  nicht  gesprochen,  sondern  deutet  an,  dafs 
der  vorhergehende  vocal  so  zu  articulipen  sei,  als  ob  die 
Organe  gleichzeitig  r  sprechen  sollten ;  ä  breiter  zischlaut,  wie 
deutsches  seh  oder  engl,  sh ;  2  =:  deutsches  z  mit  etwas  säu- 
selndem geräusch  begleitet;  z  =  fr.  z;  z  mittellaut  zwi- 
schen ±  und  g;  c  vor  e-  und  i- lauten,  sowie  vor  y  als 
gutturales  c  zu  sprechen;  c  vor  e  und  i  =  franz.  c  vor 
dens.  lauten;  9  vor  a-,  0-  und  u- lauten  =  fr.  9  in  glei- 
cher Stellung;  d  =  ital.  ci  in  ciarlare;  6  wie  lat.  c  vor 
i  in  concio;  ch  as  fi:.  ch;  g  (auch  durch  dj  ausgedrückt) 
=  ital.  gl  in  giovare. 

Erster  theil. 

Lautlehre.  ' 

L     Die   vocale: 
1)   in   der  tonsilbe. 

A.  a.  Der  laut  des  lateinischen  a  in  betonter  silbe 
wird  von  den  mundarten  des  cantons  Neuenburg  möglichst 
rein  bewahrt.  Betrachten  wir  nun  die  einzelnen  dialekt- 
gruppen:  Gruppe  I.  a)  ä:  a)  byä,  ble  (von  ablätum  nach 
Diez  wtb.);  tyär  (elärus);  gran  (gränum);  gran.Ue  (gräna); 
lan.ne  (läna);  levam,  levain  (levämen);  deman  (de-mäne); 
nä  (näsus);  pan  (pänis);  pyan.ue,  plaine  (plana);  prä  (prä- 
tum);  ram,  noeud  d^un  bois,  d'une  planche  (rämus);  s'nan.ne 
(septimäna);  ß)  bontä  (bonitatem);  libertä  (libertätem); 
;")  in  endungen  derjenigen  verben  der  ersten  conjugation, 
deren  stammauslaut  nicht  die  unter  den  „abweichun- 
gen^  besprochenen  ausnahmen  von  der  allgemeinen  regel 
herbeiführte,    nämlich:     aa)  in   der  infinit! vendung  -äre: 


298  Hftfelin 

canta  (cantäre) ;  eträ  (inträre) ;  ßß)  im  mascol.  des  partic. 
perf. :  adorä  (adorätus) ;  dantfi  (cantätus) ;  yy)  in  der  2.  pers. 
pl.  des  indic.  imperf.  praes.:  vo  dants  (eantätis);  SS)  in  der 
2.  pers.  pl.  imperat.:  apportä  (apportäte);  66)  in  der  1.2.3* 
ps.  sing,  und  der  3.  ps.  plur.  ind.  imperf.  praet.:  i  portäve 
(portäbam);  te  portäve  (portäbas);  e  portäve  (portabat); 
e  portäve  (portäbant).  b)  a  in  lat.  und  roman.  position: 
fyan.me  (flamma);  läce,  lache  (laxus);  vade  (vacca);  van 
(vannus);  dambre  (cämVa);  c&^e  (cavea);  palye  (pälea); 
ra^e  (räbies).  c)ä:  y'an.me  (amo);  cäve  (cäva);  föve  (föba); 
fam  (fämes);  man  (mänus);  trä  (träbem). 

Anmerkung.  Der  dialekt  von  Ligni^res  behauptet 
hinsichtlich  der  bildung  des  a  eine  besondere  Stellung. 
Hier  schwankt  der  laut,  der  aus  lat.  a  sich  entwickelt, 
zwischen  der  reinen  natur  des  a  und  der  trübnng  zu  &, 
namentlich  in  der  regel  vor  einem  nasal  (n  oder  m  im 
auslaut,  n.n  oder  n.m  im  inlaut).  Es  entsteht  ein  eigen- 
thömlich  klingender,  scheinbar  nachlässig  gesprochener 
laut,  den  ich  mit  ä  bezeichne:  grän;  grän.Ue;  län.ne;  de- 
män;  pän;  räm;  fyän.me;  y'än.me;  fäm  u.  s.  w. 

Gr.  II.  a)  ä:  a)  ägre  in  v'n-ägre,  vinaigre  (vinum 
äcre);  tyär;  grä  in  mögrä,  malgre  (grätum);  lan.ne;  pyan.ne; 
prä;  ram;  san  m.  san.Ue  f.  (sänus,  a);  ß)  enfirmitä  (infirmi- 
tätem);  santä  (sanitätem);  ;")  in  denselben  verbalformen, 
wie  oben,  b)  a  in  lat.  und  roman.  pos. :  läce;  vace;  öam- 
bre;  ca^e;  lyace  (gläcies);  palye.  c)  a:  fllve;  fam;  magre, 
maigre  (mäcer);  man. 

Im  ganzen  stimmen  die  beiden  ersten  dialektgruppen 
in  der  behandlung  des  a  überein.  Wie  aber  in  der  ersten 
gruppe  die  mundart  von  Ligni^res  eine  Sonderstellung  ein- 
nahm, weicht  in  der  eben  behandelten  der  dialekt  von 
Fenin  von  den  übrigen  ab;  an  stelle  des  reinen  a  tritt 
hier  nämlich  das  dumpf  tönende  ä:  byä;  voIont&  (volmi- 
tätem);  öantä;  eträ;  pyor&  (ploräre);  portä  (portäre);  Äv«; 
man  u.  s.  w.  In  den  höher  gelegenen  dörfem  (Chteard, 
Haut-Oeneveys)  zeigen  sich  spuren  des  Übergangs  zu  den 
bergdialekten ;    es    gestaltet   sich    dort   nämlich  dasft   in 


abhandhnigeii  Aber  die  roman.  nrandarteo  der  Sttdwestschweiz.       299 

Wörtern    anf   ursprfingliches    -äticum    bereits  zu  e;    z.  b« 
mariege,  mariage  (gleichsam  maritäticum). 

Gr.  III.  In  dieser  grnppe  findet  die  trObong  des  ur- 
sprönglicben  a  bereits  anklang,  doch  noch  nicht  so  viel, 
wie  in  der  folgenden. 

a)  ä:  a)  Neben  rein  gebildeten  formen,  wie  ägre  in 
yftn-agre,  vinaigre,  nnd  äcre,  herb  (beide  von  äcer,  äcris); 
grä  in  mögrfi;  gran;  gran.na;  Ian.na;  levam;  deman;  nä; 
pan;  plyan,  plan  (planum);  prä;  ram;  räva  (räpa);  rä 
(rärus);  san;  s'nan.na  finden  sich  solche  mit  getrübtem  a: 
tye  (clarus);  tye  (clävis).  ß)  Rein  behielt  das  a  die  ganze 
classe  von  Substantiven  auf  -tas,  -tätis:  bonta;  proprietä 
(proprietätem) ;  santä;  vanitä  (Tanitätem)  und  ;^)  alle  bereits 
aufgezählten  formen  der  ersten  conjugation  in  denjenigen 
verben,  die  das  betonte  a  der  infinitivendung  rein  bewah- 
ren. Hier  erhielt  sich  auch  betontes  ä  in  der  1.  pers.  pl. 
indic.  imperf.  praet. :  no  öantavam  (cantabämus).  b)  a  in  lat. 
und  rom.  pos.  Auch  bei  der  die  reinheit  des  vocals  sonst 
gewöhnlich  schützenden  position  tritt  hier  trfibung  ein; 
neben  reinen  formen,  wie  fyan.ma;  vaöe;  cambra;  ca^e; 
lyace;  palye;  rage  u.  s.w.  erscheinen  solche  mit  getrübtem 
voeal:  i^rme  pl.  (arma);  lede  m.  I^ca  f.  (laxus,  a).  c)  a: 
y'an.mo;  cäva;  f^Ta;  fam;  magre;  man;  trä. 

Gr.  IV.  Hier  hat  die  trübung. entschieden  am  weite- 
sten um  sich  gegriffen,  a)  ä:  a)  Neben  rein  erhaltenem 
a,  wie  es  vorkommt  in  byä;  tyär;  tyä  (clävis);  gran; 
gran.na;  Ian.na;  levam;  deman;  päla  (päla);  pyan;  pyan.na; 
ram;  san  m.  san. na  f.;  s'nan.na,  kommt  dessen  trübong 
vor  in:  ela  (äla);  gre  in  magre,  ma1gr6  (grätum);  n6  (na- 
sus);  pr4  (prätum);  reva  (räpa);  ri  (rärus);  v6,  cercueil 
(vas).  Aufser  solchen  vereinzelten  erscheinungen  ergreift 
die  trübung  ß)  die  ganze  classe  der  substantiva  mit  dem 
Suffix  -tas,  -tätis  :  bonte;  liberte;  propriete;  sante;  vo- 
lonte; y)  ferner  ist  die  Wandlung  des  a  in  e  vollständig 
durchgedrungen  in  der  flexion  derjenigen  verben  der  ersten 
conjugation,  welche  im  infinitiv  ihr  betontes  a  nicht  in  i 
übergehen  lassen,  üeberall,  wo  in  den  andern  dialekt- 
gruppen   betontes   a    sich    erhielt,    erscheint    es  in  dieser 


300  Häfelin 

gruppe  als  e,  nämlich:  aa)  in  der  infiuitivendung:  an.me; 
öante;  porte  ii.  s.  w.;  fiß)  im  part.  perf.:  an.me;  app'l^ 
(appellätus) ;  condan.ne  (condemnätus);  non.me  (nomin&tas); 
yy)  in  der  2.  pers.  pl.  indic.  imperf.  praes.:  vo  öante;  Sd)in 
der  2.  pers.  plur.  imperat.:  an.m^;  es)  im  indieat.  imperf. 
praeter.:  y'an.m^vo;    t'an.m6ve;    el   an.m^ve;    el  an.meve. 

b)  a  in  lat.  und  rom.  pos.  Neben  reinem  a  in  arma;  car 
(caro,  carnis);  dar  (carrus);  fyan.ma;  vade;  dambra;  cage; 
lyace;  palye;  pyace  (plätea);  rage,  erscheint  auch  die  trQ- 
bung:  gre  m.  gressa  f.  (crassus,  a);  ledo  m.I^Ce  f.  (laxus,  a). 

c)  ä:  y'  an.mo;  fam;  man;  säva  (säpa);  getrObt  erscheint 
ä  in  ceva  (cäva);  fgva  (faba);  trä  (trabs,  träbis). 

Anmerkung  zu  gr.  III  und  IV.  Vergleichen  wir  die 
dritte  und  vierte  dialektgruppe  mit  den  beiden  ersten  und 
der  nachfolgenden  fünften,  so  bemerken  wir  den  wesent- 
lichen unterschied,  dafs,  während  dies€^  latein.  betontes  a 
möglichst  rein  zu  bewahren  suchen,  jene  der  trübung  einen 
bedeutenden  Spielraum  irewähren  und  so  den  Übergang 
von  den  schweLrmundaften  zu  den  benachbarten  fr!nz^ 
sischen  vermitteln.  Beide  haben  daher  gröfsere  Verwandt- 
schaft zu  einander,  als  zu  den  übrigen,  sind  aber  hinsicht- 
lich des  grades  der  trübung  doch  wieder  sehr  von  einander 
verschieden.  Die  vierte  dialektgruppe  ist  weit  mehr  von 
derselben  ergriffen  worden,  als  die  dritte.  Abgesehen  von 
einigen  zufälligen  einzelheiten,  wie  v^,  cercueil  (vas),  giebt 
es  nur  eine  gröfsere  wortclasse,  wo  beide  in  der  behand- 
lung  des  a  vollständig  übereinstimmen.  Es  sind  dies  die- 
jenigen Substantive,  welche  auf  einen  lateinischen  typua 
mit  dem  suffix  -äticum  (ät'cum)  zurückzuführen  sind.  Im 
patois  des  montagnes  gestaltet  sich  jenes  sufHx  zu  ^e,  in 
der  mundart  von  Val-de-Travers  zu  i^o  (ezoü  zu  Ver- 
ri^res).  Folgende  tabelle  mag  das  verhältnifs  veranscbao- 
lichen. 


abhandloDgen  über  die  roman.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.       301 


a  in  -aticam  bleibt  i 

rein  in: 

wird  getrübt  in: 

Gr.  I  und  IL 

Gr.V.  Vignoble. 

Paroisse 

Gr.  III. 

Gr.  IV. 

ä^e 

ä±B 

äio 

^ge 

^ki 

orage 

orä^e 

orä^o 

oröge 

orig6 

dammäge 

daininä^.e 

dammäzo 

dammäge 

dammego 

fermage 

feriiiä^.e 

fremäio 

frem^ge 

from^^o 

herbäge 

herbäze 

herbä^o 

herbege 

harb^go 

legage 

legäze 

lengaio 

laguege 

lägu^go 

mariäge 

mariäge 

mariäzo 

mariäge 

mariögd 

v'Ua^e 

Tellaze 

Tclläzo 

v'lle^e 

v'116^6 

v'säge 

vesa^e 

vesäzo 

v'se^e 

v'sögo 

Wörter,  die  auf  folgende  vorausgesetzte  typen  zurückzufüh- 
ren sind:  aet-äticum;  aur-äticuin;  damn-äticum;  form- 
-aticum;  herb-äticum ;  lingu-äticum;  marit-äticum ;  vill- 
-äticum;  Tis-äticum.  Aus  imago  werden  ähnliche  formen 
erzeugt:  Gr.  I  und  II:  imäge;  gr.  V:  em&^e  und  imäio; 
aber  gr.  lU:  ime^e  und  gr.  IV:  imö^o. 

Gr.  y.  In  dieser  gruppe  ist  a  wieder  durchweg  sei» 
nem  reinen  laute  treu,  a)  ä:  a)  äla  (äla) ;  byä;  tyär  (im 
Vignoble),  tyä  (in  der  Paroisse) ;  tyä  (clävis);  gran;  gran:na; 
grainmögrä;  lan.na;  levam;  deman;  nä;  päla;  pan;  pyan; 
pyan.na;  prä;  ram;  räva;  san  m.  san.na  f.;  s^nan.na; 
ß)  bonta;  libertä;  proprietS.;  santä;  volontä;  y):  aa)  armä 
(armäre);  eträ  (V.),  enträ  (P.);  eprovft  (gleichsam  expro- 
bäre);  s'nä  (sonäre) ;  ßß)  adorä;  an.mä;  cantä;  occupa  (oc- 
cupätus);  ebenso  im  fem.  des  partic.  perf.:  an.mä-y-e 
(amäta);  destinä-y-e  (destinata);  ;'y)vocanta;  55)  ecotä  (V.), 
acuitä  (P.))  (auscultäte) ;  bb)  y'an.mävo  (P.);  t'an.mäve;  el 
an.mäve;  el  an.mävan  (P.);  b)  a  in  lat.  und  roman.  pos«: 
fyan.ma;  gra  m.  grassa  f.;  lade  m.  läca  f.  (V.),  lä6o  m. 
laöa  f.  (P.),  lache;  voace  (V.),  vace(P.);  cambra;  caÄe  (cä- 
vea);  lyace;  palye;  pyace;  raze.  c)  ä:  y'an.me  (V.),  y'an.mo 
(P.);   c&ya;  fava;  fam;  man;  trä. 

Abweichungen  von  der  hauptregel,  die  sich  auf 
gröfsere  gebiete  erstrecken,  a)  Folgt  auf  a  ein  1  oder  11, 
so  geht  jenes  in  6  über;  es  wird  nur  bewahrt  im  dialekt 
von  Val-de-Travers.     Weder  in  dem  einen  noch  in  dem 


302  Häfelin 

aDdern  fall  wlrJ  1,  wenn  es  nach  abfall  der  lateinischen 
endung  in  den  auslaut  zu  stehen  kommt,  gehört,  es  sei 
denn,  dafs  ein  vocal  darauf  folgte,  mit  dem  ein  nachste- 
hendes wort  beginnt.  Steht  nach  1  ein  vocal  und  wäre  es 
nur  ein  stummes  e,  so  bewahrt  auch  die  dialektgruppe  des 
Vignoble  du  sud-ouest  und  der  Paroisse  (gr.  V)  den  vor  I 
stehenden  vocal  a  in  seiner  reinheit.  Beispiele:  avö,  en 
bas  (ad  vallem);  ego,  egal  (aequalis);  animö  (animal);  dVö, 
cev6  (caballus);  d'nö,  c'nö  (canälis);  mö  (mälum);  p6, 
pieu  (pälus);  so  f.  (sal);  on  to  (tälis);  aber  im  Val-de- 
Travers:/animä;  (5Vä;  denä;  mä;  sä;  on  tä.  Man  könnte 
geneigt  sein,  jenes  6  als  eine  Verbindung  des  a  mit  dem 
zu  u  vocalisirten  1  anzunehmen,  wenn  nicht  fäUe,  wie  der 
folgende:  mä  tota  sta  rotta,  kma  de  kisolu  et  d6  maul- 
-apprets,  ne  s'a  baillira  ra  du  to  k  vouaide^)  u.  s.  w. 
uns  nöthigten,  6  (au)  als  eine  auf  lautphysiologischen 
gründen  beruhende  anlehnung  des  a- lautes  an  die  liquide 
1  zu  betrachten.  Diese  annähme  scheinen  fälle  wie:  öle 
pl.  (gr.  II)  (ala);  pole  (gr.  I  und  XI),  pöla  (gr.  III),  pelle 
(pltla)  zu  bestätigen.  In  Wörtern  der  letztern  gattung  ver- 
wandelt freilich  die  5.  gruppe  eben  so  wenig  als  die  vierte 
jenes  a  in  6:  6la  (gr.  IV),  ale  pl.  (gr,  V);  päla  (gr.  IV 
und  V). 

b)  Verwandelt  sich  ein  vor  a  stehendes  (gutturales) 
c  in  d  (gr.  I — IV)  oder  c  (gr.  V),  so  findet  gern  die  trü- 
bung  des  a  statt.  Gr.  I:  da  (canis);  cer  (caro,  carnis);  der 
(carrus);  gr.  II:  de;  der;  der;  gr.  III:  da;  de;  d6;  gr,  IV: 
da;  aber  dar;  dar;  gr.  V:  a)  Vign.:  cai  (mit  schwach  ge- 
sprochenem i);  der;  cer;  ß)  Par.:  den;  ce;  ce.  In  eini- 
gen fällen  erscheint  le  oder  I;  in  der  Verbindung  le  tritt 
die  ausspräche  und  betonung  des  lautes  i  gegenüber  der 
von  e  stark  hervor.  Gr.  I:  i  cjfeze  (cädo);  dfevre  (cäpra); 
dfer  (cärus);  dfe,  chez  (cäsa);  ecfe-r-le,  dchelle  (sclda); 
gr.II:  ebenso;    gr.  III:  i  dlzo;  dl;  aber  devra;  der;  ed6la; 


*}  mais  toute  cette  soci^t^,  comme  des  ricaneurs  et  des  mal-appriB, 
ti*y  prirent  nullement  garde.  On  villiotet  du  tin  d'on  viaidj.  Mns^  nea- 
ohfttelois.     8*  ann^e.     S.  141. 


abhandlnngen  über  die  romati.  mnndarten  der  Sttdwestschweiz.      30B 

gr.  IV:  i  6lz6;  divra;  dfer;  dl;  edlla;  gr.  V:  i  cize  (V.), 
i  ölzo  (P.);  clvra;  cl;  e6l-r-la;  aber  cer  (V.),  6eü 
(P.),  eher, 

c)  Begelmäfsig  findet  der  Übergang  des  betonten  a  in 
i  statt  bei  denjenigen  verben  der  ersten  conjugation,  deren 
Stämme  auf  d,  c,  g,  auf  ly  (mouillirtes  1)  oder  n  (ny,  gn), 
auf  7  (namentlich  bei  vorangehendem  vocal),  r  (jedoch 
selten),  s,  z  und  z  oder  9  ausgehen,  weshalb  die  1.  con- 
jugation  in  der  mundart  in  zwei  conjugationen  sich  spaltet. 
Beispiele:  coudi,  coecl  (collocare);  alle^l,  all^gcr  (gleich- 
sam alleviare);  balyl,  donner  (bajulare);  bani  oder  bagnl, 
banyl  (gleichsam  balneare  von  balneum);  appoyl,  appuyer 
(von  einem  aus  podium  abgeleiteten  ad-,  appodiare);  fyerl, 
puer  (aus  flagrare  für  fragrare);  bassl,  baisser  (von  einem 
aus  bassus  abgeleiteten  bassare);  men^l,  manger  (mandu- 
cäre);  av^zl,  accoutumer  (ital.  avvezzare,  abgeleitet  vom 
lat.  Vitium);  danci,  danser  (ahd.  dansön,  goth.  thinsan). 
Da,  wo  die  verben,  deren  stamme  nicht  auf  die  eben 
genannten  laute  ausgehen,  das  die  l.conjugation  charak- 
terisirende  a  in  den  endungen  bewahren,  zeigen  jene  an 
seiner  stelle  I,  z.  b.  megl  (manduc&re),  i  m^glv6  (man- 
ducäbam). 

d )  Das  ä  des  part.  perf.  behandelt,  wie  schon  gezeigt 
worden,  die  5.  dialektgruppe  durchweg  regelmäfsig;  die 
übrigen  trüben  es  im  fem.:  Gr.  I:  an.m6-y-e  (amäta);  de- 
stin^-y-e  (destinäta);  gr.  II:  ame-y-e  u.  s.  w.;  gr.  III: 
got6-ye  (gustata);  prive-y-e  (priväta);  gr.  IV:  an.m^-y-e 
u.  8.  w. 

e)  Die  Wörter,  denen  ein  lateinischer  typus  auf  -ärius, 
-ärium,  -äria  zu  gründe  liegt,  gestalten  dieses  suffix  ge- 
wöhnlich zu  ie  oder  I  und  fere:  gr.  I:  etran^e,  etranger 
(gleichsam  extrane-arius);  gr.  U:  ebenso;  gr.  III  und  IV: 
etran^I;  gr.  V:  etrani^l;  ferner:  arenfere(gr.  II  und  V),  Sand- 
grube (von  arena);  favfere  (gr.  V),  bohnenfeld  (von  fäba). 
I  und  ie  sind  in  diesen  beispielen  durch  anziehung  und 
Umstellung  des  in  der  folgenden  silbe  im  hiatusverhältnifs 
stehenden  i  entstanden.  Siehe:  Vocale  im  verhältnifs  des 
hiatus. 


304  Häfelin 

B.  e.  Im  allgemeinen  herrscht  das  streben,  e  mög- 
lichst seinem  laut  getreu  zu  bewahren.  In  einigen  dia- 
lektgruppen  findet  sich  hie  und  da  ä  dafür  ein,  welchen 
klang  es  auch  gewöhnlich  vor  noch  vorhandenem  oder 
verstummtem  nasal  bekommt.  In  den  am  see  gelegenen 
Ortschaften  des  gebiets  der  ersten  dialektgruppe  sowie  in 
der  fünften  entwickelt  sich  daraus  häufig  ei,  ai  und  zwar 
ist  dieser  Vorgang  nicht  etwa  auf  6  beschränkt,  sondern 
auf  positionslanges  und  kurzes  e  (hier  freilich  seltener)  aus- 
gedehnt. Das  einzelne  und  besondere  mag  die  prQfung 
der  verschiedenen  dialektgruppen  aufklären. 

Gr.  I.  a)  e.  Neben  rein  erhaltenem  e  in  i  cräye 
(crädo);  greye  (creta);  fenue  (femina);  me,  moi  (me); 
moü^n^ye  (monäta);  seye  (seta)  u.  a.  m.  findet  sich  a)  im 
dialekt  der  Ortschaft  Ligni^res  und  Umgebung  ä  zu  &  ge- 
trübt: aväue  (ävena);  dändäle  (candela);  mä,  mois  (m^sis 
statt  mensis);  eträn^  (stränas);  täle  (tela);  ß)  in  den  see- 
gegenden  zu  ei  umgestaltet:  avei  (habere);  mei,  mois;  po- 
vei,  pouvoir  (ital.  potere);  savei  (aus  sapere  statt  sapere); 
trei  (tres)  u.  s.  w.  Zu  Landeron,  dessen  ausspräche  als 
sehr  schwerflllig  verspottet  wird,  erscheint  statt  ei  das 
breiter  klingende  äi:  e  cräi  (credit);  päi,  poids,  it.  peso 
(pesum  statt  pensum);  träi  (tr^s)  u.  s.  w.  b)  e  in  lat.  und 
rom.  pos.  ist  gewöhnlich  erhalten:  ar^^  (argentum);  mäbre 
fmembrum);  methe(mentha);  tedre  (tenVum);  i  tene  (tSneo). 
Der  dialekt  von  Lignieres  zeigt  bisweilen  an  seiner  stelle 
ä:  tädre,  tendre  adj.  u.  a.  m.  In  der  mundart  des  seege* 
ländes  kommt,  wie  oben,  ei  zum  Vorschein:  contei  (con- 
tentus);  presei,  present,  cadeau  (praesens,  -tis),  wofür  der 
dialekt  von  Landeron  formen  mit  ai  aufweist:  tai  (tem- 
pus)  u.  a.  Eine  ausnähme  von  der  bis  jetzt  bekannten  bil- 
dung  macht  das  in  position  befindliche  e  vor  11,  wenn 
letzteres,  nach  abwerfung  der  lateinischen  endung  von  kei- 
nem vocal  geschützt,  das  wort  schliefsen  sollte,  ebenso 
vor  st  und  sp,  indem  es  zu  I  wird,  also:  a)  anl  (agnelFos); 
bl  m.  balle  f.  (bellus,  a);  dati  (castellum);  marti  (raartellas 
für  martulus);  novl  m.  novalle  f.  (novellus,  a);  la  pl  (pellis); 
ß)  bite  (bestia);  vos  Ite  (estis);   f 'nitre  (fenestra);  flt^,  ffite 


abhandlnngen  Über  die  roman.  miindarten  der  Sttdwwtaehw^iz.       305 

(fesU);  terrltre.  lierre  (terrestris  seil,  hedera);  tite  (testa); 
vipre,  soir  (vesper).  c)  e  vor  ursprflnglichen  nasalen,  die 
jetzt  yerstummt  sind,  erscheint  als  ä :  bä  (bene) ;  t&  (tenet); 
▼ä  (venit),  wofQr  allerdings  auch  bin,  tin  u.  s.  w.  gesehrie- 
ben wird,  ohne  dafs  jedoch  ein  nasaler  klang  irgendwie 
deutlich  vernehmbar  wäre.  Die  mundart  der  seegegend 
liebt  auch  hier  den  laut  ei:  bei;  tei  u.  s.  w.,  die  von  Lan* 
deron  ai:  bai;  tai;  vai.  Häufiger  ist  die  breehung  des  e 
zu  le  mit  stark  betontem  und  hervorgehobenem  I:  die  (de- 
cem);  e  fier  (ferit);  ffer  (ferus);  jter  (heri);  mfe  (mel); 
pie  (pedem). 

Gr.  IL  a)  e:  areoe  (arßna);  av^Ue;  candde;  grey«; 
me,  mois;  moneye;  p6,  poids;  pyä  m.  pyene  f.  (pI^U8,a); 
rapä  (racämus);  seye;  etrene;  tele;  tese,  toise  (t£sa  f&r 
tensa);  tre;  vene  (vgnas);  v'nä  (ven^num);  av€;  dVö  (de- 
bere).  Die  mundart  von  Ch^zard  gibt  dem. 6  gern  den 
laut  eu:  teule  (t^a);  teuse,  toise  (tesa);  treu  (trös).  b)  e 
in  lat.  und  rom.  pos.:  argg;  attedre  (attendere);  conte  m. 
contete  f.  (eontentus,  a);  mebre;  methe;  gedre  (genVum); 
tedre;  trebye,  tremble  (trem'lus);  e  convene  (conveniunt); 
i  tene.  Die  Wörter,  die  von  lateinischen  auf  -ellus,  -ellis 
hergeleitet  sind,  machen  aus  ihrem  betonten  e  hochtoni« 
ges  e:  ane;  be  m.  balle  f.;  dat^;  mart6;  nove  m.  novalle  f.; 
pö;  bei  Wörtern  mit  betontem  e  vor  st  steht  der  aus 
e  entwickelte  laut  in  der  mitte  zwischen  4  und  e  (^),  nur 
die  mundart  von  Chezard  zeigt  neigung  ftkr  i;  also:  ar- 
rete  (gleichsam  ad-resta);  b^te;  vos  ^te;  Tn^tre;  föte;  töte; 
ebenso  in  vepre;  aber  im  dialekt  von  Chezard:  bite;  Tnltre; 
fite;  tite  (doch  daneben  auch  t^te).  c)  e.  Ffir  ^  gilt  hier, 
was  in  der  1.  gruppe;  doch  findet  sich  neben  dem  aus  e 
entwickelten  ie  auch  einfaches  I.  Der  e-Iaut  erhielt  sich 
in:  be;  el  el6ve  (elevant);  i  nevoue  (nego);  e  te:  e  ve;  ie 
hat  sich  entwickelt  in :  ffevre  (febris);  ffel(fel);  Wer(ferus); 
hier  (heri);  pfe  (pedem);  daneben  ftr;  pl. 

Gr.  III.  a)  ß:  öandela;  creyo;  gr^ya;  me,  moi;  me, 
mois;  moün^ya;  pe,  poids;  seya;  tela;  tesa;  tre;  ave; 
deve;  save.  Der  &-laut  erscheint  vor  nasalen:  4r&na(arena); 
aväna;   pyä  m.  pyäna  f.;    rä  (rönes);   sVS  (ser€nus);    väne 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  4.  20 


306  Hifelin 

(vönas) ;  v^nä  (venSnum).  b)  e  in  lat.  und  rom.  po8. :  dre  m. 
dretta  f.  (directus,  a);  herba(herba);  terme  (terminns);  terra 
(terra) ;  convenan  (conveniunt) ;  i  me  B\eh6  (subvenio).  Die- 
jenigen Wörter,  bei  denen  nach  abfall  der  lateinischen  en- 
dung  r  in  den  auslant  zu  stehen  gekommen  wäre,  lassen 
r  sammt  dem  darauffolgenden  consonanten  verstummen^ 
wandeln  e  in  ^  und  gehen  ihm  ein  flüchtig  gesprochenes 
i  als  Vorschlag:  f^e  (Ferrum);  af^e,  enfer  (infernum);  n^e 
(nervus);  Vcfe  (vermis).  Betontes  e  in  Wörtern,  die  von  la- 
teinischen auf  -ellus,  -ellis  herkommen,  wird  hpchtoniges 
6  :  be  ra.  balla  f.;  catö;  marte;  nove  m.  novalla  f.;  pe;  e 
vor  st  und  sp  wird  ^:  arrete;  b6te;  vos  6te;  Tn^tra;  föta; 
tarrMre,  lierre;  teta;  vepre.  Wörter  mit  ursprünglichem 
nasal  nach  e  lassen  den  nasal  stumm  werden  und  e  in  ä 
übergehen:  i  päs^  (penso);  tä  (tempus);  gädre  (gen^rum); 
träbye,  tremble.  Sonst  wird  e  in  diesem  fall  regelmäfsig  zu 
a:  ar^a;  attadre;  y'attadd  (attendo);  conchace(conscientia); 
conta  m.  contata  f.  (contentus,  a);  des^adre  (descendere); 
mabre;  matha;  pachace  (patientia) ;  sarpa  (serpens, -tis) ;  va« 
dre  (vendere);  vatre  (venter);  tadre  (ten'rum)  u.  s.  w,  c)  e. 
Vor  nasalen  wird  es  ä:  bä  (bene);  i  tä  (tenet);  i  vä  (ve- 
nit).  In  den  meisten  andern  föUen,  namentlich  wenn  68^ 
nachdem  der  endconsonant  stumm  geworden,  in  den  aas- 
laut zu  stehen  kommt,  geht  es  in  i  (aus  ie)  über;  oft  hat 
sich  ie  erhalten:  dl  (decem);  il  eHvan  (elevant);  i  Ilv«  (1&» 
vat);  ml  (mel);  pl  (pedem);  diejenigen  Wörter,  in  denen  ie 
aus  e  sich  erhalten,  legen  den  hauptaccent  nicht,  wie  in 
den  vorhergehenden  gruppcn  geschah,  auf  i  sondern  auf  e, 
wobei  i  sehr  kurz  klingt,  also:  fievra;  fiel;  ffö  (ferit);  f^k 
m.  fiera  f.  (förus,  a);  hie  (heri). 

Gr.  IV.  a)  e.  Neben  bildungen  mit  ä:  aräna;  av&na; 
candäla;  tala;  avä;  devä  finden  sich  zahlreiche  beispiele 
mit  reinem  e-laut:  compye  (completus);  i  crBy6  (crödo); 
fenna;  greya;  me,  moi;  me,  mois;  pe,  poids;  pre  (prösos 
statt  prehensus);  se,  soir  (serum);  etren.ne  (str^nas);  tre; 
ven.na  (v6na);  v'nen  (ven6num)  mit  kaum  hörbarem  nasal 
und  etwas  zu  ä  hinneigendem  e-laut;  bisweilen  steht  an 
stelle  des  einfachen  e  ei:    i  peis^  (peso  statt  penso);  y'es- 


abhandluDgen  über  die  roman.  mundarten  der  SOdwestschweiz.       S07 


peiro  (spero);  tcisa,  toise.  b)  e  in  lat.  und  rom.  poa.  Es 
finden  sich  beispiele,  wo  e  den  laut  ä  annicumt:  drä  m. 
drätta  f.  (directus,  a);  mäbr6  (membrum);  i  päs6  (penso); 
gädro(gcu'rum);  tadr6  (ten'rum);  träby6(trem'lus);  d'vädro 
(dies  Ven'ris).  In  den  meisten  fällen  aber  ist  e  erhalten: 
arge;  attedre;  conchece;  conte  m.  conteta  f.;  descedre; 
mctha;  pachece;  vedre;  vetrd.  In  denjenigen  Wörtern,  wo  e 
vor  11  steht,  das  nach  verlust  der  lat.  endung  in  den  auslaut 
zu  stehen  käme,  oder  vor  st,  sp,  entwickelt  sich  daraus 
Ci  mit  schwach  nachkliugendem  i-laut:  a)  enej;  bei  (vor 
vocalen  bcil)  m«  balla  f.;  datei;  martei;  novei  m.  no« 
valla  f.;  pei;  ß)  arreite;  bcite;  vos  eite;  feneitra;  feita; 
teita;  vejpro.  Folgt  auf  e  ein  r,  so  erscheint  an  seiner 
stelle  der  laut  a:  far(ferrum);  harba  (herba);  par^6  (perdo); 
tarmd  (terminus);  tarra  (terra);  nar  (nervus);  var  (vermis). 
Diese  regel  erstreckt  sich  aber  auch  auf  das  aufserhalb 
der  tonsilbe  stehende  e:  harbegd  u.  a.  Schon  in  der 
3.  gruppe  finden  sich  vereinzelte  spuren  dieser  eigenthüm- 
lichen  Wandlung.  Steht  e  in  rom.  pos,  vor  n  +  i  oder 
n-f-e  mit  nachfolgendem  vocal,  so  geht  es  vor  dem  er- 
weichten n  (n,  ny  oder  gn)  in  I  über:  e  convine  (conve- 
niunt);  i  m'  s'vlnd  (subvenio);  i  iln6  (teneo);  i  vind  (ve- 
nio).  c)  e  vor  einem  nasal  nimmt  den  ä-Iaut  an,  wobei 
der  nasal  äufserst  schwach  nachklingt:  bä;  e  tä;  e  vä;  in 
einigen  andern  vereinzelten  fällen  bleibt  es;  sonst  wird  es 
in  der  regel  zu  ei:  fcjvra;  e  IciV«;  mei(rael);  neivd(nego); 
prciyö  (precor);  bisweilen  gestaltet  es  sich  zu  I;  nament- 
lich, wenn  es  in  den  auslaut  zu  stehen  kommt  und  vor  r: 
di;    e  flr   (ferit);    fir  (ferus);    hylr  (heri);   pl. 

Gr.  V:  Vignoble.  a)  e:  Neben  rein  erhaltenem  e 
in:  i  cede  (cedo);  i  crey«;  fenna;  entye  m.  entyeta  f.  (in- 
quietus,  a);  nadeneye;  i  pes«  (p6so  statt  penso);  sey«; 
y'espere  u.  a«  finden  wir  in  den  meisten  fällen  an  seiner 
stelle  ei:  areina;  aveina;  candeila;  pyei  m.  pyeina  f.  oder 
ai,  was  noch  häufiger  ist:  mai,  mois;  paf,  poids;  prai  ro. 
praisa  f.  (presus,  a  statt  prehensus,  a);  repai  (racgmus); 
rai  (renes);  serai  (seränus);  etaila  (stela  statt  Stella);  etraina 
(strena);    taila;   taisa;  trai;    vaiue;  venai  (venenum);    avai; 

20V 


308  Häfelin 

d^vai;  savai.  b)  e  in  lat.  und  rom.  pos.  In  den  meisten 
f&ilen  findet  sich  der  e-laut  erbalten:  arze  (argentum);  at* 
tedr«;  conte  m.  conteta  f.;  descedr«;  metha;  i  per^e (perdo); 
vedr« ;  vetr«  u.  s.  w. ;  daneben  bildungen  in  kleinerer  zahl 
mit  ei  und  ai:  meibre  (membrum);  tei  (tempus);  conchoaiCe; 
pachoaiCe;  i  pai8e(penso);  teidr«  m.  teidra  f.,  tendre;  treiby«) 
tremble;  deveidr«,  vendredi.  Die  Wörter,  die  von  latei- 
nischen auf -ellus,  -ellis  hergeleitet  sind,  verwandeln  ihr 
e  in  e:  ane;  be  m.  balla  f.;  catö;  mart^;  nov^  m.  novalia 
f.;  pe;  folgt  auf  e  st  oder  sp,  so  wird  es  zu  langem  e  (6): 
arret«;  beta;  vos  et^;  feuetra;  feta;  teta;  v^pr«.  Befindet 
sich  e  vor  n-f-e  oder  n-f-i  mit  folgendem  vocal,  so  er- 
scheint an  seiner  stelle  I:  e  convine  (conveniunt);  i  me 
sovliie  (subvenio);  i  tln«  (teneo);  i  vln«  (venio);  das  gleiche 
geschieht  vor  ri  mit  folgendem  vocal:  matlr«  (mäteries); 
meti  (ministerium).  c)  e.  Der  e-laut  bleibt  nur  in  eini- 
gen wenigen  beispielen,  z.  b.  als  wurzelvocal  einiger  ver- 
ben,  wie  e  lev«  (levat),  sonst  zeigt  sich,  namentlich  im 
auslaut  und  vor  r,  Übergang  in  i:  di  (decem);  ftvr«;  fir 
(ferus);    ylr  (heri);  i  nl«  (nego);   pl. 

Paroisse.  a)  6.  Der  reine  e-laut  ist  auf  diesem  ge- 
biet mehr  bewahrt,  als  auf  dem  eben  behandelten:  ardna; 
avena;  i  creyo;  me,  moi;  me,  mois;  moneya;  i  peso,  je 
pese;  pyen  m.  pyena  f.;  recem  (rac^mus);  ren;  seren; 
seya;  y'espero;  etrene;  vena;  venen;  an  stelle  des  reinen  * 
e  steht  bisweilen  ai  inlautend,  a^  mit  sehr  schwach  nach- 
tönendem e  im  auslaut:  candaila;  praisa  (pr^sa  statt  pre- 
hensa);  tajla;  taisa;  dagegen:  pa«,  poids;  pra«  (prösns  8t. 
prehensus);  tra«  (tres);  ava©  (habere);  deva«  (debere) ;  sava« 
(sap^re  statt  sapere).  b)  e  in  lat.  und  rom.  pos.  In  den 
meisten  fällen  wird  e  bewahrt:  arzen;  attendr«;  conchenc«- 
con^en  m.  contenta  f.;  descendr«;  membro;  mentha;  i 
penso  (penso);  termo;  vendr«;  ventro;  :^endro,  gendre^ 
tendro,  tendre;  devendro,  vendredi;  selten  ist  der  laut  ei: 
fromein  (frumentum);  zein  (gens,  gentis);  pacheinc«;  ser- 
pein  u.  s.  w.  Die  Wörter,  die  ursprünglich  auf  -elliis, 
-ellis  ausgehen,  sowie  diejenigen,  wo  e  vor  st  oder  sp 
steht,    wandeln  ihr  e  in  l:    a)  anl;    bl  m.  balla  f.;    öaü; 


abhandlungen  ttber  die  roman.  mundarteii  der  Sttdwestschweiz.       309 

martl;  novl  m.  novalla  f.;  pi;  ß)  arrlte;  bita;  vos  lU\ 
f'nitra;  fita;  terntro;  tita;  vipro.  Vor  einer  liquida  mit 
nachfolgendem  e  oder  i  und  nachstehendem  vocal,  erscheint 
an  stelle  des  e  wie  vorher  l:  e  devlnen  (deveniunt);  i  tino 
(teneo);  meti  (ministerium)  u.  s.  w.  c)  e.  Der  e-laut  wird 
bewahrt  bei  nachfolgendem  nasal  und  im  verbalstamm,  so- 
fern er  von  einem  consonanten  geschützt  ist:  ben;  el  eleven 
(elevant);  e  ten  (tenet);  e  ven  (venit).  Sonst  findet  sich, 
neben  fällen  der  brechung,  wie  in:  fjeu  m.  fira  f.  (ferus,  a); 
hied  (heri)  u.  a. ,  oft  als  entwicklung  daraus  ein  blofses  I: 
i  niyo  (nego);  pl  (pes,  pedis)  u.  a.  Wegen  seiner  be- 
sbndern  behandiung  des  e  ist  fajvra  aus  febris  beach- 
tenswerth. 

Als  eine  allgemeine  abweichung  von  den  regeln, 
die  wir  über  die  gestaltung  des  betonten  e  bisher  kennen 
gelernt  haben,  mufs  die  Wandlung  desselben  zu  a  angese- 
hen werden  in  der  femininen  form  der  adjectiven  auf -eil us, 
a,  um:  ball©  (gr.  L  II),  balla  (gr.  III.  IV.  V)  von  bella; 
novalle  (gr.  I.  II),  novalla  (gr.  III.  IV.  V)  von  novella  und 
in  den  Substantiven  escoballa  (gr.  III),  escabeau,  das  zu- 
rückgeht auf  den  plur.  von  scabellum;  ecöalla,  ecuelle  aus 
süutella  (gr.  IV)  und  salla  (gr.  III.  IV.  V)  von  sella,  wo- 
für gr.  I  und  II  ein  noch  sonderbareres  sulle  aufweisen. 
C.  I.  I  neigt  sich  im  ganzen  in  seiner  mundartlichen 
gestaltung  dem  e-laut  zu,  nur  als  l  wird  es  in  den  meisten 
fällen  rein  bewahrt.  Ueber  das  einzelne  und  nähere  mag 
die   prüfung   der  dialektgruppen   aufschlufs  geben. 

Gr.  I.  a)  I  bleibt  in  einer  grofsen  zahl  von  Wörtern  seinem 
laute  treu:  ami  (amicus);  crlbye  ( crlbrum ) ;  figu«  (fica 
statt  ficus);  fl  (fllum);  ^etl,  gentil  (gentllis);  llvr«  (llbra); 
ni  (nidus);  y'  ecriv«  (scribo);  tig«  (tibia);  vo  v'ni  (venitis); 
i  vive  (vivo).  Ist  ein  auslautender  nasal  verstummt,  so 
nimmt  I  den  ä-laut  an:  crä  (crlnis);  fä  (finis);  lyä,  yä 
zu  Lignieres  (llnum);  v'9ä  (vicinum);  vä(vlnum);  ebenso 
wenn  sich  vor  einem  durch  vocal  geschützten  und  rein 
gesprochenen  nasal  ein  secundärer  entwickelt  hat:  lyän.m«) 
yän.nie  (lima).  In  der  mundart  von  Lignites  erscheint 
an  stelle  des  ä   bisweilen   das   ihm   nahekommende  ä:   fä 


310  Häfelm 

(flnis)  u.  a.  u.     Wie  in  den  am  see  gelegenen  Ortschaf- 
ten ei   und  zu  Landeron   äi    an   die  stelle  von   ursprQng- 
lichem  e  trat,    so  zeigt  es  sich  hier  för  I:    coesei,  cousin 
(consobrinus) ;   fäi  (flnis);  reima,  rime  (nma);    yei  (vmum) 
u.  a.     Folgt  auf  X  ein  durch  nachfolgenden  vocal  vor  dem 
verstummen  geschütztes  n,  so  liebt  l  den  Übergang  in  eu, 
wobei  der  nasal  wie  verdoppelt  lautet :  fameunn«  (gleichsam 
famina);  fareunn»  (farina);  raceunn«  (gls.  radicina);  epeunoe 
(spina);    veceunn«  (vicina).     b)  i   in   lat.  und  roman.  pos. 
wird  mit  wenigen  ausnahmen  e  oder,  namentlich  wenn  der 
erste  der  position  bildenden  consonanten  n  oder  m  war,  ä: 
d'vetr«  (capistrum);    cret«  (crista);    fedr«  (ändere);    ed  vor 
vocalen,   franz.  en  (inde);    etr©  (inter);    legu«  (lingua);    i 
pede  (piscor);  se  m.  sed«  f.  (siccus,  a);  verg«  (virga);   neg© 
(nivea);  päly«  f.  (cingülum);  sovä  (subinde);  pädr«  (pingere). 
Statt  ä  verwendet  die   mundart  von  Ligni^res  oft  ä:   pä* 
dr«;   ch^ädre,  cendres  (cin'res);  e  resäbye  (resTmMant).    In 
diesen    fällen  erscheint  oft  in  der  mundart  von  Landeron 
ai:   e  saiby«  (simMat),  in  derjenigen   der  am  see  liegenden 
Ortschaften   ei.     I   in  roman.  pos.   vor  ti  oder  li   und  fol- 
gendem vocal  bleibt  seinem  laute  treu:    djustice  (justitia); 
familye  (familia).     c)  i  wird  gewöhnlich  e:   fe  (fidem);    y' 
epyey.,  j'emploie  (implTco);    peg«  (picem);  se  (sitis);    in 
andern  fällen   entwickelt  sich  ä,    namentlich   bei  Wörtern, 
wo   auf  1  ein   m  oder  n  folgt:  te  m§ne  (minas  statt  nii« 
näris);  sä  (sine);  die  mundart  von  Ligni^res  braucht  dafür 
manchmal  ä:   pä  (pilus).     In   den   bereits  oben  genannten 
örtlichkeiten  erscheint  auch  an  der  stelle  des  i  ai  und  ei« 
fei  (f idem) ;  sei  (sine)  u.  s,  w. 

Gr.  II.  a)  I:  ami;  y'eclin«  (inclTno);  crlby«;  figUe; 
fl;  geti;  Ilvre;  ni;  riv©  (rlpa);  y'  ecriv«;  i  viv«  u.  8.  w. 
Wie  in  der  ersten  gruppe  linden  sich  auch  hier  beispiele 
von  in  eu  übergegangenem  I:  fameunn«;  fareunn«  zu  Pon- 
taines,  sonst  far'n«;  raceunn«;  epeunue;  v^ceunUe«  Unter 
der  gleichen  bedingung  wie  oben  erscheint  auch  hier  ein 
allerdings  weniger  breiter  ä-Iaut,  der  hier  mit  e  bezeichnet, 
aber  zur  Unterscheidung  mit  n  versehen  ist,  das  nicht  ge- 
sprochen   werden    darf:    crcu;    fcn;    lycn.nie;    lyön;   v'oe«; 


abhandlungen  über  die  roman.  mundarten  der  Sfldurestscbweiz.       Sil 

ven;  auch  sonst  erscheint  bisweilen  e:  p^,  pois  (pisum);  i 
^aieje  (castigo).  b)  i  in  lat.  und  roman.  pos.:  c'vetre;  crete; 
fedr«;  ferm«  (firmus);  ed;  legUe;  mettr«  (mittere);  i  pö<5e; 
sc  m.  sece  f.;  sove;  verge;  chiifedre;  e  seby«;  mervely©  (mi- 
rabilia);  neg«;  i  erhält  sich  nur  in  wenigen  fallen,  immer 
in  pos.  vor  ti  und  folgendem  vocal,  bisweilen  vor  li  in 
derselben  Stellung:  avarie«  (avaritia);  djustice;  servic«  (ser- 
vTtium);  family«  (familia).  c)  i  erscheint  in  seiner  mund- 
artlichen gestaltung  gewöhnlich  als  e:  i  depyey©,  je  de- 
ploie  (displTco) ;  fe,  foi;  pe,  poil,  cheveux;  peg«,  poix;  se, 
soif;  scu  (sine);  scn  (sinus)  u.  a.  Die  mundart  von  Chezard 
zeigt  neigung  für  den  laut  eu  an  stelle  von  e:  leuvr«,  livre 
(liber);  peu,  poil;  peuvr«,  poivre  (pTper);  doch  zeigen  sich 
spuren  dieser  bildung  auch  in  andern  localitäten,  freilich 
nur  in  vereinzelten  fällen,  wie  peur  m.,  poire  (pirum),  wäh- 
rend hier  die  mundart  von  Chezard  wieder  eigenthümlicher 
weise  por  hat. 

Gr.  III.  a)  I.  Auch  hier  bleibt  l  in  der  gröfsten 
zahl  von  fällen:  ami;  criby«;  figa;  fl;  gati;  livra;  ni;  riva; 
yecriyo  u.  a.  Uebergang  zu  ä  findet  statt,  wo  nach  ab- 
fall  der  lateinischen  endung  ein  nach  i  stehendes  m  oder 
n  in  den  auslaut  kam,  wobei  diese  laute  dann  später  ver- 
stummten, oder  wo  vor  einem  in  der  ausspräche  geschützten 
m  oder  n  ein  secundärer  nasal  sich  entwickelt  hatte:  crä; 
fa;  läu.ma;  lä;  pä  (pinus);  vepä  (vicinus);  vä  u.  s.  w., 
wofür  sich  auch  crin,  fin,  lin.ma  u.  s.  w.  geschrieben  fin- 
det, ohne  dafs  jedoch  ein  deutlicher  nasal  vernehmbar 
wäre.  In  vereinzelten  föllen  zeigt  sich  auch  e  aus  l:  pe, 
pois;  i  dateyo  (castigo).  Ein  eigenes  loos  traf  in  dieser 
gruppe  diejenigen  Wörter  mit  betontem  I,  die  in  den  bei- 
den vorhergehenden  dasselbe  in  eu  übergehen  liefsen,  d.  h. 
diejenigen,  deren  nach  i  folgendes  n  durch  vocal  geschützt 
und  der  alten  ausspräche  erhalten  blieb;  hier  rückt  der 
wortaccent  auf  die  antepaenultima,  was  kurzweg  die  Un- 
terdrückung des  I  zur  folge  hat:  fam'na;  far^na;  ep'na, 
trotzdem  e  hier  nur  secundäre  zuthat  ist;  ra9^na;  ve9^na. 
b)  i  in  lat.  und  roman.  pos. :  cVetr«;  creta;  ferm«;  mettre; 
i  pedo;  se  m.  sedef.;  mervely«;  neg«.  Abgesehen  von  ein- 


812  Hftfelin 

zelf&llen  yerbleibt  i  regelmäfsig  vor  ti  und  nachfolgendem 
vocal:  ayarice;  djustic«;  servic«.  Stand  positionslanges  i 
vor  n  oder  m,  so  ging  es  in  a  über,  wie  unter  gleicher 
bedingung  e,  und  der  nasale  laut  verstummte:  fadr«  (än- 
dere); atr«  (inter);  laga  (lingua);  chadre  pl.,  cendres  (cin^- 
res);  i  saby«  (simlat).  Auch  vor  r  ging  es  in  a  Aber  in 
dem  Worte:  var^e  (virga).  c)  i  wird  meisten theils  zu  e: 
i  depyeyö,  je  deploie;  fe,  foi;  te  mgoe;  pe,  poil;  pe,  poix; 
se,  soif.  Zu  ä  umgewandelt  findet  es  sieb,  wenn  ursprüng- 
lich ein  nasal  darauf  folgte:  sä  (sine);  sä  (sinus). 

Gr.  IV.  a)  I:  ami;  crlbyd;  e  dlze  (dicunt);  figa;  fi; 
geti;  livra;  y'ecriy6;  vi  in.  viv«  f.  (vivus,  a)  u.  a.  m.  Un- 
ter derselben  Bedingung,  wie  vorbin,  kommt  ä  zum  Vor- 
schein: crä;  (ä;  län«ma;  lä;  pä;  v^^ä;  vä  mit  kaum  wahr- 
nehmbarem nasalem  klang.  Die  laute  ä  und  e  erscheinen 
auch  in  einzelnen  andern  fällen:  i  öat^yo;  pä,  pois;  I 
verschwindet,  indem  der  accent  auf  die  antepaenultima 
rückt,  in  denselben  Wörtern,  wie  in  der  3.  gruppe:  fam'na; 
far^na;  ra9'na;  ep'na.  b)  i  in  lat.  und  roman.  pos.  geht  in 
der  regel  entweder  in  e  oder  in  ä  über:  a)  fedr«;  ed  vor 
vocalen,  en;  etr«;  nege;  /^)  pädr«  (ciugere);  päly«,  sangle; 
läga;  cboädr^  pl.,  cendres;  e  säby«  (sTm'lat).  Folgt  darauf 
ein  r,  so  gebt  es,  wie  e,  in  a  über:  farmo  (firmus);  ars» 
(irpex);  varge  (virga);  var  m.  varda  f.  (vir'dis).  Befindet 
sich  i  in  roman.  pos.  vor  ti-H  vocal,  so  bleibt  es  rein:  avar 
rice;  djustice;  sarvi^o;  ebenso  in:  family«.  c)  i  bleibt  sel- 
ten rein;  gewöhnlich  geht  es  in  e  oder  ä  über:  a)  i  de- 
pySy^;  te  m^n«,  tu  m^nes;  ß)  fö,  foi;  pä,  poil;  pä,  poix; 
sä  (sine);  sä  ( sinus j;  sä,  soif.  Bemerkenswerthe  formen 
mit  ei  sind:  leivrÖ,  livre  (liber);  peivrö,  poivre  (piper). 

Gr.  V:  Vignoble.  a)  i:  ami;  i  dlz©  (dico);  y^enclin«; 
fi;  livr«;  lim«.  Kam  nach  abfall  der  lateinischen  endong 
ein  auf  l  folgender  nasal  in  den  auslaut,  so  verstummte 
der  letztere  und  es  bildete  sich  aus  jenem  der  breittönende 
laut  ai:  crai  (crlnis);  faj  (finis);  lai  (llnum);  pai  (pinus); 
ve9ai  (vielnus);  vaj  (vinum).  Bemerkenswerth  ist  auch  pa 
aus  pisum.  Es  wird  unierdrückt,  nachdem  der  accent  auf 
die  antepaenultima  gerückt  ist,  in  Wörtern,  wie  wir  sie  in 


abhandlnngen  über  die  roman.  mandarten  der  Sttdwestechweiz.       313 

der  3.  und  4.  gruppe  in  gleichem  verhältDifs  kennen  ge- 
lernt haben:  far'na;.  ra9'na;  doch  bildet  sich  aus  spIna, 
wie  in  der  1.  und  2.  gruppe:  epeuDn«.  b)  i  in  latein.  und 
roman.  pos.  wird  gewöhnlich  e:  cVetr«;  detycdr«  (de-ex- 
tinguere);  fedr«;  ed  vor  vocalen,  en;  etr«;  löga;  se  m. 
sece  f.  (siccus,  a);  6pe  m.  epesSe  f.  (spissus,  a);  VoerÄe(virga); 
e  sebye  (sim'lat);  ver  m.  verta  f.  (vir'dis);  ne^^e^  neige. 
Doch  tritt  gern  statt  e  ei  und  ai,  seltener  blofses  a  nach 
verstummen  des  auch  sonst  nur  sehr  schwach  gesproche- 
nen i  ein,  namentlich  wenn  der  erste  der  position  bilden- 
den consonanten  ein  nasal  war:  a)  pcidr«  (pingere);  choCi- 
dre  plur.,  cendres;  ß)  el  etrai  (stringit);  vaicr«  (vincere); 
demaiCe  f.  (domin'ca),  dimanche.  p')  9a  statt  ^ai,  cinq  (quin- 
que).  Keines  i  bleibt  in  wenigen  fällen;  regelmäfsig  nur 
in  roman.  pos.  vor  ti-f-vocal:  zustice  (justitia);  serviCe; 
ihnen  reihen  sich  noch  an:  family«;  prodiz«  (prödigium). 
c)  1.  Neben  bildungen  mite:  i  depyeye;  se,  soif;  se  (sine) 
u.  a.  finden  sich  solche  mit  ai,  wobei  i  sehr  schwach 
nachklingt,  weshalb  letzteres  nicht  selten  verstummt  und 
blofses  a  erscheint,  fai,  foi;  pai,  poix;  pa,  poil;  sa  (sinus). 
In  sehr  wenig  föUen  ist  i  bewahrt. 

Paroisse.  a)  I:  ami;  y'encllno;  crlbyo;  figa;  livra; 
y'ecrivo;  vi  m.  viva  f.  u.  s.  w.  Vor  nasalen,  die  hier  be- 
reits wieder  mittönen,  klingt  das  zu  e  umgewandelte  i  fast 
wie  ä:  cren;  fen;  len.ma;  len;  pen;  vecen;  ven.  Beson- 
ders bemerkenswerth  sind:  pai,  pois;  nu  (nidus);  ru  (nvus). 
In  folge  der  verrückung  des  accents  auf  die  antepaenul- 
tima  gestaltet  sich  I  zu  e  in:  fa'mena;  fa'rena;  ra'cena; 
e'pena.  b)  i  in  lat.  und  roman.  pos.  wird  gewöhnlich  zu 
e:  cendre  (cingere);  ceuly«,  sangle;  etyendr«  (extinguere); 
fendr«;  entr«;  lenvoiia,  langue;  epe  m.  epess«  f.  (spissus,  a); 
vencr©,  vaincre;  verÄ©,  verge;  chendra,  cendre;  e  semby«» 
Nur  in  dieser  mundart  kommt  es  vor,  dafs  positionslanges 
i  in  einer  gröfsern  anzahl  von  Wörtern  den  laut  des  e 
(oder  eines  sehr  kurz  gesprochenen  ö  oder  eu)  annimmt: 
creta  (crista);  messa  (missa);  i  peco  (piscor);  seCe  (sicca); 
vella  (villa);  nez«  (oivea);  rein  bleibt  positionslanges  i  re- 
gelmäfsig   nur  vor   ti-f-vocal:    avaric«;    zustic«;    servipo; 


314  Iläfelin 

ebenso  in:  familye;  prodizo.  c)  i  hat  sich  selten  rein  er- 
halten; gewöhnlich  ging  es  in  e,  manchmal  in  ai,  a«  mit 
sehr  schwach  nachklingendem  i  und  «  über:  a)  i  depyeyo; 
sen  (sine);  ß)  pai  (picem);   ;)  fa«,  foi;  pa«,  poil;  sa«,  soif. 

Als  benierkenswerthe  formen  mit  ai  sind  ferner  zu 
erwähnen:  bair«  (bifbere);  laivro,  livre  (Über);  paivro  (pi- 
per);  re^aigr«,  recevoir  (recTpere);  doch  sind  beispiele  die- 
ser bildung  auf  diesem  gebiet  weit  seltener,  als  auf  deai 
vorigen. 

D.  O.  Die  mundart  räumt  diesem  laut  einen  weiten 
Spielraum  für  seine  gestaltung  ein;  doch  bewegt  sich  die 
weitaus  umfassendste  bildung  desselben  innerhalb  der  gren- 
zen der  laute  eu  und  o.  Letzteres  ist  gewöhnlich  die  eni- 
wicklung  von  latein.  ö  und  ö  vor  nasalen,  die  in  diesem 
falle  nicht  wie  nach  e  und  i  verstummen  und  von  o  in 
Position,  ersteres  von  ö  und  ö  im  allgemeinen.  Einzelnes 
und  genaueres  mag  die  prüfung  der  einzelnen  dialekte 
aufklären. 

Gr.  I.  a)  ö:  a)  fyeür  (flörem);  heüre  (höra);  meübye^ 
meuble  (möbilis  seil,  res);  meür«  (vom  plur.  von  mörum); 
n'veü~r  (nepötem);  eü  (övum);  i  pyeür«  (plöro);  epeü  (spö- 
8U8  statt  sponsus);  epeüs«  (spösa  statt  spousa);  veü  (vö- 
tum);  ß)  in  den  Wörtern  mit  dem  sufüx  -tor,  -töris:  ama- 
teür  (amatörem);  pateür,  hirt  (pastörem);  y)  in  den  Sub- 
stantiven auf  -or,  -öris,  wo  jedoch  der  tiefer  klingende 
laut  eu  vorkommt;  daleür  (calörem);  couleür  (colörem); 
honeür  (honorem);  S)  in  den  zahlreichen  adjectiven  auf 
-ösus,  a,  um:  goyeü,  joyeux  (gis.  gaudiösus);  merdeü  (gls. 
merdösus);  galeü,  jaloux  (gls.  zelösus);  e)  in  dem  proD. 
poss.  lyeü,  zu  Lignieres:  yeü  (illörum).  Folgt  ein  nasal 
darauf,  so  bekommt  das  lat.  ö  den  laut  o:  darbon  (carbö- 
nem);  coüronn«  ( Corona);  don  (dönum);  nom  (nömen); 
pön.me  (v.  pl.  von  pömum);  t^mon  (temönem);  ebenso  in 
den  zahlreichen  Substantiven  auf  -io,  -iönis,  und  -tio, 
-tiönis:  rason  (ratiönem)  u.  s.  w.  Fällt  nach  ö  ein  conso- 
nant  aus  und  müssen  die  beiden  zusammentreffenden  to- 
cale  in  der  mundart  im  hiatusverhältnifs  stehen,  so  liebt 
ö   den  Übergang  in  ou:    y'   avoue  (gls.  advöto);    e  dou« 


abhandlungen  Über  die  roman.  mandarten  der  Sttdwestscliweiz.      .M5 

(dötat).  Eigenthümliche  bildungen  sind:  nyu  (nödus);  pu- 
bye,  peuplier  (pöp'lus),  wo  u  sich  wahrscheinlich  aus  einem 
vorangegangenen  eu  entwickelt  hat.  b)  o  in  lat.  und  ro- 
man. pos. :  i  conte  (comp'to);  cor  (corpus);  i  dörnie  (dor- 
mio);  Ion  m.  long«  f.  (longus,  a);  i  nioly«)  zu  Ligni^res: 
i  moye  (moilio);  sonn«  (soinnus),-  homme  (höm'nem).  An 
stelle  von  o  erscheint  bisweilen  6,  namentlich  gern  bei 
nachfolgendem  r:  el  app6rte  (apportant);  cörue  (cornu); 
pör  (porcus);  pörte  (porta);  s6r  (sortem);  tör  (tortum). 
Stand  oder  steht  nach  o  ein  st  oder  ss,  so  ging  o  in  ou 
über:  cout«,  cote,  rippe  (costa);  noutr«  ni.  f.  (noster,  no- 
stra);  poüi,  puls  (post);  la  poust«,  la  poste;  a  propou 
(propös'tum) ;  voutr«  m.  f.  (voster,  vostra  statt  vester,  ra); 
fousSe  (fossa).  Das  in  rom.  pos.  vor  einer  liquida  -f-  i  und 
nachfolgendem  vocal  befindliche  o  geht  ebenfalls  in  ou 
über,  sei  es,  dafs  jenes  i  in  die  betonte  silbe  attrahirt 
wurde  oder  nicht:  couer  (cörium);  fouly«,  zu  Ligni^res: 
foüeye  (aus  d.  pl.  von  fölium)  u.  s.  w.  c)  ö  wird  gewöhn- 
lich zu  eü:  beü  (bövem);  ceür  (cor);  e  d'meür©  (dömörat-ur); 
neu  m.  neüve  f.  (növus,  a);  neu  (növera);  preüve  (pröba); 
reüye  (röta);  e  teün«  (tönat).  Vor  unmittelbar  nachklin- 
gendem vocal  wird  es  ou:  e  coue  (cöquit);  fou«  (föcus); 
djoue  (jöcus);  e  djou«  (jöcat-ur).  Doch  auch  in  andern 
einzelnen  fällen  kommt  ou  bisweilen  vor:  rous«  (rosa); 
ecoule  (schöla).  Vor  nasalen  bleibt  der  o-laut:  son  (sönus); 
ton  (tönus). 

6r.  II  befolgt  im  ganzen  in  der  behandlung  des  o 
dieselben  grundsätze,  wie  die  erste:  a)  ö:  a)  fyeür;  meü- 
by«;  meüre;  n'veü,  auch  n'veü-r;  nyeü,  noeud,  in  Paquier, 
nyu  in  Dombresson,  nu  in  Ch^zard;  eü;  i  pyeür«;  epeü; 
epeüSe;  ß)  amateür;  serviteür  (servitörem);  daneben  auch 
patefir;  y)  ardeür  (ardörem);  couleür;  daneben:  doüleür 
(dolorem);  faveür  (favörem);  honeür;  vigueür  (vigörem); 
c^)  amoüreü  m.  amoüreüs«  f«  (gls.  amorösus,  a);  e)  lyeü. 
Tieftonig  wird  es  in:  heür«;  seul  m.  seuU  f.  (söhis,  a).  Als 
dumpfes  o  klingt  es  vor  nasalen:  derbon;  coüronne;  den; 
nom;  pön.m«;  t'mon;  rason  u.  s.  w.  Unter  denselben  um- 
ständen,  wie  oben,   gestaltet  sich   ö  zu  ou:    y'  avou«;    e 


316  Häfelin 

dou«;  e  nyou«  (nodal);  ebenso  in  don,  dos  (dösum  fOr  dor- 
sum);  noubye  (nöb'lis);  zu  u  in  nyu,  nu  neben  nyeü;  pu- 
hje.  b)  o  in  lat.  und  roman.  pos.:  i  conte;  cor;  cörn«; 
för  m.  fbrte  f.  (fortis);  Ion  m.  lon^«  f.;  i  moly«;  mör  (mor- 
tem); pör;  pört«;  e  pörte  (portant);  houinie;  hochtoniges  ö 
haben  sör;  tör;  o  vor  s  in  pos.:  cout«;  fouss«;  hout«, 
böte  (hostis);  poüi;  poust«;  a  propou;  noutr«;  voutr«.  O 
in  rom.  pos.  vor  einer  liquida  +  i  nüt  darauf  folgendem 
vocal  wird  ebenfalls  ou:  fouly«;  depouly«  (gls.  despölia). 
Diesen  ist  noch  anzureiben  proud«,  procbe  (pröpius).  c)  ö 
wird  eü,  seltener  eu:  beü;  ^eür;  neu  m.  neüv«  f.;  neu; 
preüve;  e  demeüre;  meül«  (möla);  e  teun«;  unter  denselben 
umständen,  wie  in  der  ersten  gruppe  entwickelt  sich  ö  zu 
ou:  foue,  doch  auch  fou;  djoue;  e  djoue;  lyoue  (locus); 
ou  trifft  sich  auch  in  andern  einzelnen  fallen:  ou  (ös); 
rouse;  ecoule.  ö  vor  nasalen  wie  in  der  ersten  und  den 
folgenden  gruppen. 

Gr.  III.  a)  ö  gestaltet  sich  hier  zu  eü,  eu  und  sogar 
zu  u:  a)  meübye;  cü;  fyeu;  meur«;  i  pyeürÖ;  seul  m.  seula 
f.;  hura  (höra);  nu  (nödus);  ß)  amateür;  doch  auch  setu, 
faucheur  (sectörem);  y)  ardeür;  öaleür;  coüleür;  douieür; 
vigueür;  daneben  aber  auch:  dalu  (calörem);  calu  (colö- 
rem);  hanu  (honorem);  ö)  amoureü;  doüloüreü  (dolorö- 
sus);  daneben:  goyu,  joyeux;  galu  m.  galusa  f.,  jaloux,  se; 
e)  leü.  Vor  nasalen  bleibt  der  o-laut:  öarbon;  coüröna; 
don;  nom;  poma;  Tmon  (temönem);  rason  u.  s.  w.;  Über- 
gang von  ö  in  ou:  y'avoüci;  i  dou«;  einzelfölle  mit  ou: 
dou,  dos;  nevou,  neveu;  nonby«,  noble,  b)  o  in  lat.  und 
rom.  pos.:  i  contÖ;  Ion  m.  lon^ef;  sonn«;  sör;  homDi«. 
Folgte  auf  o  ein  r,  so  wird  jenes  gern  zu  ö  und  nimmt 
gewöhnlich  einen  vocalischen  verschlag:  Couö  (corpus); 
Coiiöna  (cornu);  foü6  m.  fouöta  f.  (fortis);  mouö  (mortem); 
ponö  (porcus) ;  i  poöötan  (portant).  O  vor  s  in  position  wie 
in  den  beiden  vorhergehenden  gruppen:  coute  pl.;  foussa; 
poüi;  a  propou;  noutr«  m.  noutra  f.;  voutr«  m.  voutra  f. 
O  in  rom.  pos.  vor  1  +  i  und  nachfolgendem  vocal  scheint 
hier  den  Übergang  in  eü  zu  lieben:  feüly«;  seüly«,  schwelle 
(sölca).     c)  ö  geht  gern  in  eü  über;  folgt  ihm  ein  r,    so 


abhandlungen  über  die  roman.  mnndarten  tler  Sttdwestschweiz.       317 

erhält  das  daraus  hervorgegangene  eü  gewöhnlich  einen 
vocalischen  Vorschlag:  beü;  ci{eü(cör);  fyeü  (föcus);  meüla; 
moueü  (mörit-ur);  ned  m.  neüva  f.;  preüva;  reüva;  seü 
(söror);  i  teün«  (tönat);  i  veül«  (völat);  bisweilen  erscheint 
der  laut  eu:  i  demeüre;  neu  (növem).  Uebergang  zu  ou 
unter  derselben  bedingung,  wie  oben :  i  djoue  u.  a. ,  sowie 
in  einzelfällen:  boün  m.  (vor  voc),  boüna  f.  (bönus,  a), 
aber  bon  vor  cons.;  rousa;  ecoula;  u  zeigt  sich  in  djui 
(jöcus);   o  in:  son;  ton. 

Gr.  IV.  a)  ö:  a)  heüra;  meüby(5;  eü;  i  pyeür^; 
epeüsa;  mit  eu:  fyeur;  neveu-r;  seul  m.  seuU  f.;  epen; 
ß)  amateür;  y)  coüleür;  doüieür;  honeür;  pateu,  hirt; 
S)  amoureü;  göyeü;  mardeü;  ^alei\  m.  galeüsa  f.;  c)  leu. 
Der  o-laut  bleibt  bei  nachfolgendem  nasal:  darbon;  cou- 
rön«;  don;  nom;  pon.ma;  lemon  (temönem);  rason  u.  a., 
sowie  in  andern  einzelnen  fallen.  Der  laut  ou  an  stelle 
von  ö  erscheint  unter  derselben  bedingung,  wie  oben,  so- 
wie in  einzelfällen,  wie  dou,  dos;  noubyci,  noble,  b)  o  in 
lat.  und  roman.  pos.:  i  conto;  i  dörm6;  Ion  m.  lon^«  f*; 
1  molyo;  pörta;  e  pörte  (portant);  sonnö;  sör;  neben  o  er- 
scheint auch  der  hellere  laut  6,  namentlich  gern  vor  r: 
cor  (corpus);  c6rne  pl.  (cornu);  for  m.  fort«  f.  (fortis);  por 
(porcus);  tor  (tortum).  Vor  st  und  ss  geht  o  in  ou  über: 
asstou  oder  astou,  aussitöt  (aliud  sie  tostum);  coute  pl.; 
foussa;  poüi;  pousta,  poste;  a  propou;  noutr^  m.  noutra  f. ; 
voutr({  m.  voutra  f.  O  in  rom.  pos.,  die  gebildet  wird 
durch  einen  consonanten  und  ein  vor  nachfolgendem  vocal 
zu  j  verdichtetes  i,  wird  ou:  foulye;  proud6;  o  bleibt  in: 
depoly«.  c)  ö  wird  gewöhnlich  zu  eü:  beü;  Qeür;  meüla; 
neu  m.  neüva  f.;  preüva;  seür;  e  veüU;  seltener  zu  eu: 
e  demeüre;  neu  (növem).  Es  wird  ou  daraus  in  folgenden 
beispielen:  e  cou  (cöquit);  fou  (föcus);  e  mour«  (murit-ur); 
ou  (ös);  rousa  (rosa);  ecoula  (schöla).  U  hat  sich  ent- 
wickelt in:  dju  (jöcus);  lyu  (locus).  Gesellt  sich  ihm  der 
nasale  laut  bei,  so  bewahrt  ö  seinen  eigenen  laut:  bon, 
aber  boüen  vor  vocalen ;  son;  ton;  e  ton.n«  (tönat);  ebenso 
in  andern  einzelnen  fällen. 


318  IIILfelia 

Gr.  V.  a)  ö:  a)  fyeür  (Vignoble);  heiir«  (V.),  heüra 
(Paroisse);  meübye  (V.);  neveü-r  (V^.),  neveü  (P.);  eü;  i 
pyeüfe  (V.),  i  pyeüro  (P.);  epeü;  epeüs«  (V.),  epeüsa  (P.)» 
eu  erscheint  in:  seiil  (V^.),  seulo  (P.);  (^)  amateür;  y)  ar- 
deür;  caleür;  coüleiir;  doüleür;  honeiir;  d)  in  der  be- 
handlung  des  ö  bei  adjectiven  auf  -ösus,  a,  um  geben  die 
mundarten  des  Vignoble  und  der  Paroisse  bedeutend  aus- 
einander: die  erstere  wandelt  es  in  eü,  die  letztere  in  a^, 
also:  Vignoble:  zoyeü,  joyeux;  zaleü,  jaloux;  aber  in  der 
Paroisse:  zoyae ;  merda^;  zaW ;  auch  bei  den  Substan- 
tiven auf  -tor,  -töris  kommt  in  der  mundart  der  Paroisse 
neben  der  gestaltung  des  ö  zu  ed  die  eben  erwähnte  Wand- 
lung desselben  zu  ae  vor:  cacha^,  cbasseur  (gls.  captiatö- 
rem);  saitae,  faucbeur  (sectörem);  diesen  reihen  sich  noch 
an  die  Substantive:  fyae,  fleur;  nya^,  noeud,  sowie  das  pron. 
poss.  lae  (lyeü  im  Vignoble),  bildungen,  wo  der  a-Iaut 
so  stark  vorwiegt,  dafs  nicht  selten  der  nachklingende 
e-vocal  kaum  mehr  hörbar  ist,  wie  er  denn  auch  oft  weg* 
gelassen  wird,  wie  z.  b.  in  fya  neben  fyarf.  Der  o-laut 
bleibt  bei  nachfolgendem  nasal:  cerbon;  coüronn«;  don; 
nom;  personn«  (V.),  personna(P.);  pon.ma  (V.),  poma(P.); 
t^mon;  rason  (V.),  reson  (P.),  sowie  in  einigen  vereinzelten 
fallen  wie  nö  (nös);  to  (tötus)  u.a.  Folgt  auf  ö  ein  vooal 
(oder  halbvocal  wie  y),  so  findet  Übergang  in  ou  statt: 
y'avoUe(V.),  y'avouo(P.);  i  douy«  (V.),  i  douo  (P.)  (döto); 
desgleichen  in  einigen  vereinzelten  fällen:  noubyo  (P.), 
während  im  Vign.  noby«;  bemerkenswerth  ist  auch  poui- 
bye  aus  pöp'lus  (V.),  während  die  mundart  der  P.  puhyo 
aufweist,  b)  o  in  lat.  und  romau.  pos.  wird  gewöhnlich  o, 
selten  6:  cord«  (V.),  corda  (P.)  (chorda);  i  cont«  (V.), 
i  conto  (P.);  cörna;  i  dorm«  (V.),  i  dormo  (P.);  f6r  (V.), 
fö  (P.),  fort;  Ion  m.  lonze  f.;  i  moly«  (V.),  i  molyo(P.); 
sonue  (V.),  sonno  (P.);  homm«  (V.),  hommo  (P.).  O  in 
Position  vor  st  oder  ss  gestaltet  sich  zu  ou:  cout^  pl.; 
fousse  (V.),  foussa  (P.);  poöi  (V.),  poüu  (P.);  a  propon; 
noutre  m.  noutra  f.  (V.),  noutro  m.  noutra  f.  (P.);  voutr«  m^ 
voutra  f.  (V.),  voutro  m.  voutra  f.  (P.).  Befand  sich  o  iii 
pos.  vor  einem  consonanten  und  einem  vor  nachfolgendem 


abhandlungen  über  die  roman.  mnndarten  der  Südwestschweiz.       319 

vocal  ZU  j  verdiehteteo  i,  so  ging  es  in  ou  ilber:  fouly«  (V.), 
foüulye  (P.)5  prouce  (V.),  prouco  (P.);  o  bleibt  in  depoly©. 
c)  ö  wird  meist  zu  eü,  seltener  zu  eu:  beü;  ceür  (V.), 
ceü  (F.);  e  demeür«;  lyeü  (V.),  aber  in  der  F.:  lyu  (locus); 
meüle  (V.),  meüla  (F.) ;  neu  m.  neuve  f.  (V.),  neu  m.  neiiva 
f.  (F.) ;  neu  (növem) ;  preüv«  (V.),  preüva  (F.).  Der  o-laut 
geht  in  ou  ober,  wenn  unmittelbar  ein  vocal  darauf  folgt 
(oder  ein  balbvocal  wie  y),  sowie  in  einzelfällen,  wie  diese: 
ou  (ös);  rousa  (F.);  ecouU  (V.),  ecoula  (F.);  u  an  stelle 
von  ou  findet  sieb  in  djui  (V.)  aus  jöcus,  aus  dem  in  der 
mundart  der  Faroisse  dji  sieb  entwickelt  mit  Unterdrückung 
des  u-lautes.  Der  o-laut  bleibt  besteben  unter  der  glei- 
chen bedingung,  wie  oben,  sowie  in  ein  paar  einzelföllen. 

E.  U.  Langes  sowie  kurzes  u  lieben  im  allgemeinen 
den  Übergang  in  den  französischen  u^laut;  u  in  pos.  wird 
in  der  regel  zu  o.  Die  prüfung  der  einzelnen  dialekt- 
gruppen  mag  das  nähere  ergeben. 

Gr.  I.  a)  ü:  cadue,  zu  Lignieres:  cäduc  (cadücus); 
commune,  gemeinde  (communis) ;  cru  m.  cru«  f.  (crüdus,  a); 
cu  (cülus);  Cure,  pfarrhaus  (cüra) ;  dür  (dürus);  lun«  (lüna); 
nature  (natura);  nyu  m.  nyut«  f.  (nüdus,  a);  pätür«  (pa- 
stura);  pur  m.  pur«  f.  (pürus^  a);  i  remuy«  (gls.  remüto); 
salu  (salütem);  ecritur«  (scriptüra) ;  ecu  (scütum);  vertu  (vir- 
tutem).  Den  laut  ou  hat  es  nur  in  wenig  fallen:  coüv«, 
kufe  (cüpa);  i  djoüre  (jüro);  i  äou©  (südo);  natour«  findet 
sich  neben  natur«.  Zu  kurzem  eu  wird  ü  vor  nasalen,  die 
der  alten  ausspräche  treu  blieben:  forteuue  oder  forteunn«; 
leuue  oder  leunn«  neben  lun«.  Vor  nach  franz.  weise  gespro- 
chenem, die  silbe  schliefsendem  m  oder  n,  wenn  sie  sich  vor 
scharf  gesprochenen  nasalen  auch  nur  secundär  entwickelt 
haben,  gestaltet  sich  ü  zu  o:  pyon.m«  (plüma);  pron.m«  (aus 
dem  plur.  von  prümum  statt  prünum) ;  on  (ünus)  aber  en  vor 
vocal.  b)  u  in  lat.  und  roman.  pos.  wird  gewöhnlich  o: 
colombe  (columba);  forde  (furca);  görg«,  bouche  (gurges); 
gotte  (gutta);  mode(musca);  mot«  (vom  pl.  von  mustum); 
prevon  m.  prevondo  f.  (profundus,  a);  rotr«  (rumpere);  äor 
m.  sorde  f.  (surdus,  a);  tor  (turris);  to  (tussis);  ombr«  (um- 
bra);    ouly«,  zu  Lignieres:  on.y«  (ungula);    or  (ursus);    i 


320  Häfelin 

dotte  (diibHo);  nombre  (nümVus).  Der  laut  ou  ist  selten: 
coüpe  (cuppa);  coüer  m.  coüerte  f.  (curtus,  a);  ebenso  u: 
djuste  (justus);  i  purg«  (purgo).  U  in  roman.  pos.  vor 
einem  cous.  +e  oder  i  mit  nachfolgendem  vocal  wird  u 
oder  eü:  delug«  (dilüvium);  rüge  m.  f.  (rubeus,  a);  pyeü^« 
(piüvia).  c)  ü  wird  gewöhnlich  u:  dju  (jügiim);  lu  (lü- 
pus);  luVe  (löpa);  rud«  (rudis);  ou  in  djou'veUe,  djouv'n- 
homm«  (jüvenis);  eü  in:  ereü  (crux,  criicis);  e  ceüv«  (cü- 
bat);  ceüvre  (eüprum). 

Gr.  II.  a)  ü:  brut«  m.  f.  (brütus,  a);  cadue;  cu;  cur«; 
cru  m.  crute  f.;  du  m.  dar«  f.;  dju^e  (judex);  natur«;  nya 
m.nyussef.;  pätur«;  pur  m.  pur«  f.;  i  r^mü«;  salu;  ecu(8Cü- 
tum);  suc  (sücus);  vertu,  ü  bleibt  als  ou  in:  i  djoüer« 
roou  (mürus);  i  sou«.  Es  wird  eu  daraus  in:  forteun« 
leun«;  o  unter  derselben  bedinguug,  wie  oben:  pyon.m 
pron.m«;  ou.  b)  u  in  lat.  und  roman.  pos.:  colomb«;  cor 
m.  Corte  f.  (curtus,  a);  djor  (diurnum);  ford«;  for  (furnus); 
görge;  gotte;  moc«;  mot«;  prevon  m.  prevond«  f.;  rotr«; 
sor  m.  sordi,  f.;  tor;  to;  ombr«;  only«;  or;  comby«  (cum'- 
lus);  homby«  (hüm'lis);  nombr«;  der  laut  ou  ist  sehr  sel- 
ten: coüpe  (cuppa);  häufiger  findet  sich  u:  djuste ;  lutt« 
(lutta,  lueta);  i  purg«;  ebenso  in  fällen  der  durch  Verdich- 
tung von  e  oder  i  zu  j  entstandenen  roman.  pos.:  delu^«; 
rüg«;  aber:  pyeüge.  c)  ü  wird  u:  dju;  lu;  luv«;  rud«; 
ou  in  djou'vene,  djouv'n-homm«;  eü  in:  creü;  e  peüv«;  ceü- 
vre; gueüle  (güla). 

Gr.  III.  a)  ü:  brüte  m.  bruta  f.;  caduc;  cu;  cur«; 
cru  m.  cruta  f.;  du  m.  dure  f.;  i  djuro;  dju,  brfihe  (jus); 
natur«;  nu  m.  nua  f.;  pur  m.  pur«  f.;  salu;  ecu;  i  8u^ 
(südo);  vertu;  ou  erscheint  in:  coüva  (cüpa);  i  r'moöä; 
o  unter  der  bekannten  bedingung  in:  c'mon  pl.,  prairies 
appartenant  ä  une  commune,  oü  Ton  garde  les  vaches 
pendant  Tete  (communis);  pron.ma.  Eine  eigenthümliche 
bildung  ist  hier  pyeüma  aus  plüma.  Ausgestofsen  ist  u 
in  fort'na  (fortüna),  indem  der  wortaccent  auf  die  ursprQng- 
liche  antepaenultima  trat.  Eine  noch  sonderbarere  bildang 
ähnlicher  art  ist  Pna,  lune,  aus  lüua.  b)  u  in  lat.  und 
roman.  pos.  wird   in   der  regel  o;    folgte  ein  r  darauf ,  so 


mbhandlnngen  über  die  romab.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.       3^1 

hat  das  aus  u  entwickelte  o  bisweilen  einen  vocaliscben  Vor- 
schlag: Coüo  m.  CouOta  f.  (curtus,  a);  gorg«;  forde;  gotta; 
mod«;  möta;  prevon  m.  prevondaf. ;  to(tussis);  ormaf.,  ulme 
(ulmus,  mit  endungswechsel,  wohl  dem  fem.  gescblecht  von 
ulmus  zu  lieb);  ombr«;  only«;  vargogn«  (verecundia) ;  com- 
by«;  nombr«;  u  findet  sich  selten:  djust«  m.  djusta  f.;  lutta; 
i  purgö;  ebenso  in:  delu^«;  rüg«;  aber:  pyeü^e*  Der  laut 
eu  aus  u  tritt  aufserdem  noch  etlichemal  auf:  djeur  (diur- 
num);  seurdj«  oder  seu,g»  m.  seu,da  f.  (surdus,  a);  teur 
(turris);  eu,  (ursus);  heumbye  m.  heumbya  f.  (hum'lis). 
c)  ü  gestaltet  sich  meist  zu  u:  dju;  lu;  luva;  rud«  m. 
ruda  f.;  zu  ou  in:  djou'veun«,  djouv'n-homme;  couvr«  (cü- 
prum);  eü  wird  daraus  in:  i  ^eüve  (cübat) ;  gueüla  (güla). 

Gr.  IV.  a)  ü:  caduc;  cu;  cuva;  cur«;  cru  m.  crutaf.; 
du  m.  dura  f.;  djug^;  i  djür6;  mu  (mürus);  natur«;  num. 
nuve  f.;  pätur«;  pu  m.  pur«  f.;  ecritur«;  ecu;  suc;  vartu; 
ou  findet  sich  selten:  i  remoä6;  i  doü6;  o  unter  der  glei- 
chen bedingung,  wie  oben:  pyon.ma;  pron.ma;  on  (vor 
vocalen  en).  Ausgefallen  ist  u  in:  fort'na;  Pna.  b)  u  in  lat. 
und  roman.  pos.:  colomb«;  ford«;  gör^«;  gotta;  mod«;  pre- 
fon  m.  prefonda  £;  rontr«;  sordo  m.  sorda  f.;  to  (tussis); 
only«;  vargogn«;  comby6;  bisweilen  erscheint  u:  djust<$; 
i  purgo;  ebenso  in:  rugo  m.  rüg«  f.;  manchmal  eu  und 
eü:  djeur;  leutta;  teur;  eur;  pyeüge.  c)  u  wird  meist  eu 
und  eü,  seltener  u:  creu,  croix;  ceüvro,  cuivre;  djeu,  joug; 
leu,  loup;   leüva,  louve;  aber:  rudo  (rüdis). 

Gr.  V.  a)  ü:  brut«  m.  f.;  caduc;  cu;  cuv«  (Vignoble), 
cuva(Paroisse);  cur«  (V.),  cura(P.);  cru;  dur(V.),  du(P.); 
±\i±e  (V.),  zuzo(P.),  juge;  i  Äur«  (V.),  i  züro  (P.),  je  jure; 
natur«;  nyu  m  nyut«  f.  (V.),  nu  m.  nu«  f.  (P.)5  pätur«; 
pur  (V.),  puro  (P.);  salu;  ecriture;  ecu;  vertu;  es  er- 
scheint eu  in:  forteun«  oder  forteunn«;  leuna  (P.),  wäh- 
rend in  der  mundart  des  Vignoble  das  wort  mit  unter- 
drücktem u-Iaut  erscheint:  Pna.  ~  Vollständiges  verschwin- 
den des  u  findet  auch  statt  in  co'm'na,  commune,  indem 
der  acoent  auf  die  ursprüngliche  antepaenultima  trat.  Zu 
o  wird  u  nach  der  bekannten  regel  in:  pyon.ma;  pron.ma; 
ou,    vor  vocalen:   en.     b)  u   in   latein.   und    roman.  pos.: 

ZeiUchr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  4.  21 


322  HKfelin 

colomb^  pL  (V.);  4or  (V.)^  4o  (P.)>  jwr;  forö»;  gori«; 
gotta;  moc«;  mot«  (V.)?  m6ta  (P.);  preyon  m.  prevond«  f. 
(V.),  prevon.  m.  prevonda  f.  (P.);  rotr«  (V.),  rontr»  (F.); 
8or  m.  sord«  f.  (V.)?  sprdo  m.  sorda  f.  (P.);  tor,  tour;  to, 
toux;  ooly«;  or;  combyo  (P.);  nombr«  (V.),  nömbro  (F.); 
der  laut  ou  zeigt  sich  selten:  coup«;  coüer  m«  cou6rte  f. 
(V.),  coüer  m.  cou^rta  f.  (P.),  wo  ou  sich  entwickelt  bat 
wegen  des  darauf  folgenden  e-lautes,  wie  es  auch  in  botii 
aus  buxus  aus  ähnlichem  gründe  erscheint  Häufiger  fin- 
det sich,  u:  äuste  (V.),  zusto  (P.),  juste;  lutt«  (V»)^  lutta 
(P.);  i  purÄe  (V.),  i  purio  (P.);  deluie  (V,),  ddnio  (P.); 
ruie  (V.),  ru:^o  (P.);  auch  eu  und  eü  kommt  zum  morschem: 
seufiro  (P.)  (suf^ro);  heuoiby«  (V.),  heumbyo  (P.);  pyeüi«. 
c)  u.  Neben  formen  mit  u:  tu  (V.),  joug;  lu  (V.),  loup, 
dagegen  louva  ebendaselbst;  rud«  (V.))  nido  (P.)  finden  sich 
solche  mit  eü:  creü  (V.),  croix;  e  ^eüv«  (cubat);  ^eüvr« 
(V.),  ^Qüvro  (P);  gueiile.  Ou  zeigt  sich  in  ^uv^n«  (V.), 
zouv^De  (P.)  aus  juvenis;  oü  in:  zoü  (P.).,  joug;  loöva 
(P.),  louve,  mit  stark  hervortretendem  o-laut.  Das  maseal'. 
zu  loüva  lautQt  lo,  das«  einstige  beispiel,  wo  ü  zu  o  wird. 
Eine  sonderbai^e  form  ist  cra^>  (P.)  aus  cruz,  cruois. 

Allen  regeln,  die  wir  über  die  geetaltung  di^n-laute» 
kennen  gelernt,  zum  trotz  sind  die  formen  en«  (gr.,  I.  ü), 
ena  (gr.  III — V),  auch  quo« 9  enna  geschrieben,  aus.  üna 
gebildet,  sowie  das  vor  vocalen  stehende  en  statt  on^  wa 
der  e-laut  sich  wahrscheinlich  aus  einem  vorangegangenen 
eu  entwickelt  hat. 

F.  Y.  Eb-  gestaltet  sich  dieser  griech.  laut  a)  zu  i  in: 
gl,  zi  (gr.  V)  au^  yvxpog;  ß)yza  o  in  wörterut,  wo  y  ^»); 
im  mund  der  Romanen  wie  u  lastete:  gr.  I:  borSb  (buraa, 
ßvqaa);  tomb^  (ttJfi^og);  boäte  (nv^iSa);  gr^  II:.  börs^; 
tombe;  boet;«;  gr.  III:  booäa;  tomba;  boeta^  gr^  IV:  bors«; 
boäte;  gr.  V:  bors«  (V.),  borsa(P.);  tombe  (V.),  tomba  (F.); 
bda^te.  Wiewohl  auf  a  betopt,  fQge  ich  nodi  bei  das  in« 
der  5..  gruppe.  bereits  d^cb  das  französische  wort  etmUkim 
mostaöe  {jüvCta^)» 

G.  Die  diphthonge:  a).  ae;  oe.  Aus  caelum  (ecirittsi). 
entwickelt  sich  das  auf  i  stark  betonte  cfel;  im  patoia  von 


abhandlungen  Über  die  roman.  mandarten  der  SüdweBtachweiz.       32S 

Val-de-Traver8  lautet  das  wort  eil,  zu  La  Sagne  findet 
sich  neben  ciel  auch  che.  Aus  faenum,  fo^num  geht  her- 
vor: fä  in  gr.  I— IV;  gr.  V:  fit  (V.),  fen  (P.);  aus  paeiiÄ, 
poena:  gr.  LH:  pän«;  gr.  III.  IV:  päna;  gr.  V:  paine(V.), 
pena  (P.). 

b)  au.  Aus  diesem  diphthong  entsteht  mit  grofser 
regelmäfsigkeit  langes  ou.  Gr.  I:  y'du^«  oder  y'oudje 
(audio);  Toure,  vent  (aura);  ou  (aut);  dou  (caulis); 
douse  (causa);  tyour«  (claudere);  e  frony«  (fraudat); 
^ouye  (pl.  von  gaudiura);  i  lou«  (laudo);  pou  (paucum); 
pouvre  (pauper);  rouc«  (raucus);  i  rout« ,  j'ote  (gls.  re- 
hausto). 

Gr.  II:  y'ouge;  our«;  ou;  cou;  tyour«;  ^ouy«;  pou- 
pouvre  als  praedicat,  pour  als  adjectiv;  i  m'  r'pous«  (gls. 
repauso);   rou4$e;  i  rout«. 

Gr.  III:  ou-v-ra;  ou;  dou;  tjour«;  gouy«;  i  lony^; 
pou;  pour  m.  poura  f.;   im'  repous^;  roud«;  i  routo. 

Gr.  IV:  y'  ou^o;  dou;  tyour«;  e  lou«  (laudat);  pou; 
pour6  ro.  poura  f.;  i  m'  r'pouso;  i  routo. 

Gr.  V:  y'  oui«  (V.),  y'  ou4o  (P.);  ou-v-ra;  ou  (V.), 
6  (P.);  cou;  tyoure;  iouy«  (V.),  zouyo  (P.);  i  louo  (P.); 
pou;  pouvre  (V.),  pouro  (P.);  i  m'  repouso  (P.);  rouce  (V.), 
rouco  (P.);  i  routo  (P.).  Von  cauda  bildet  nur  die  3.  dia- 
lektgruppe  eine  der  obstehenden  regel  folgende  form  mit 
allerdings  kurzem  ou:  coüa.  Sonst  entsteht  daraus  in 
der  V.  gruppe:  cave,  in  der  2.:  cuv«,  in  der  4.  und  5.: 
cuva. 

2)  Aufserhalb  der  tonsilbe.  Da  der  accent  der 
belebend«  athem  des  Wortes  ist,  so  geht  daraus  hervor,  dafii 
die  accentlosen  vocale  einer  gröfsern  wandelbarkeit  ausge* 
setzt  sind,  indem  seine  hauptsächlichste  lebensthätigkeit 
ihren  sitz  in  der  tonsilbe  hat.  Oft  bilden  sich  die  unbe- 
tonten vocale  in  neue  laute  um,  gewöhnlich  im  Widerspruch 
mit  den'  gesetzen,  die  für  die  neügestaltung  der  betonten 
vocale  gefunden  worden  sind',  häufig  fallen  sie  sogar  aus 
und  namentlich  zeigen  die  mundarten  des  cantons  Neuen- 
burg eine  ganz  besonders  ausgesprochene  neigung,  sie,  so 
viel  als  möglich  ist,  zu  beseitigen. 

21* 


324  litfelin 

A.  Unbetonte  vocale  aufserhalb  des  hiatus: 
a)  vor  der  tonsilbe.  Ausfall  des  tonlosen  vocals  findet  ge- 
wöhnlich statt,  wenn  zwei  oder  mehr  unbetonte  silben  vor 
der  tonsilbe  stehen  und  zwar  trifft  er  denjenigen  vocal  am 
leichtesten,  der  unmittelbar  der  betonten  silbe  vorangeht; 
so  fällt  a)  a  aus:  mervely«  (2)*),  merveille;  /3)  e:  byamä 
(1.  2.  3.  5),  byame  (4),  (blasph(e)mare)s  desirä  (1.  2.  3.5)9 
desir^(4),  (desid(e)rare);  ovräg«  (1.  2),  oyrfi^«  {^^)y  (glB. 
op(e)rat'cum)  und  in  neuern  bildungen:  appMfi  (1.  2.  3.  5), 
app'l^  (4),  (app(e)llatus);  öatMan  (2),  (castellanus)  u.  s.  w.; 
y)  i  in  sehr  vielen  fällen:  od  (1),  oc^  (2),  oiseau  (mit.  au- 
cellus  aus  avicellus) ;  com^nötä  (2.  3),  commune  (gleicbaam 
communal(i)tatem) ;  forgl  ( I — 4),  for^I  (5),  (fabr(i)oare); 
dju^  (1—4),  iuil  (5),  (jud(i)care) ;  mädl(1.2),  medl(3), 
macl  (5),  (mast(i)care);  prögl  (1 — 4),  preil  (5),  parier 
(praed(i)care);  satl  (3),  seti  (4.  5a),  (semitarius);  sudS 
(3),  sudö  (4),  soudä  (5  b),  souder  (sol(i)dare)  u.  s.  w.;  in 
neuern  bildungen:  abst'nl  (3),  (abstinere);  arr\fi  (2),  (gls« 
ad-r(i)pare,  arr(i)pare);  avarcheü  (2),  (gls.  avar(i)t]08U8); 
badi  (1—4),  bacl  (5),  (bapt(i)zare);  dev'nfi  (2),  (div(i)- 
nare);  efMä  (2),  enfiler  (gls.  inf(i)lare  von  filum);  ep'nad« 
(1  —  4),  ep'nace  (5a),  epinards  (gls.  sp(i)nacea);  sot'nl 
(1 — 5),  (sust(i)nere);  vänHä  (5  a),  anderswo  vanitä  (vaD(i)- 
tatem);  ver'tä  (2),  var'ti  (4),  (ver(i)tatem);  d)  o  in:  coiiöl 
(2.  3),  cuci  (4),  coecX  (5b),  coucher  (coll(o)care);  orloi^ 
(5a),  (hor(o)logium)  und  in  neuem  bildungen:  douPreü  (2), 
(dolorosus);  fos*nä(2),  foisonner  (gls.  fusi(o)nare  von  fusio); 
6)  u  in:  edx  (2.  3),  eidx  (4),  6dl  (5b),  aider  (adj(u)tare) ; 
balyl  (1.  2.  3),  bailler,  donner  (baj(u)lare) ;  combyft  (2.3)9 
(cum(u)lare) ;  sebyä  (1.2),  sabyä  (3),  sebyä  (4),  sembyft 
(5  b),    sembler  (sim(u)lare). 

Bisweilen  erleidet,  wen^  der  betonten  silbe  zwei  an- 


*)  Die  in  (  )  stehende  zahl  2  zeigt  an,  dafs  die  Toraog^ende  wort" 
form  sich  auf  dem  gebiet  der  2.  dialektgruppe  vorfindet;  zn  demselben 
zweck  sind  im  folgenden  die  übrigen  vorkommenden  zahlen  verwendet.  Die 
zahl  5  allein  deutet  an ,  dafs  die  betreffende  wortform  sowohl  im  "Tignoble, 
wie  in  der  Paroisse;  5a,  dafs  sie  nur  im  Vignoble;  5b,  dafs  sie  nur  in  der 
Paroisse  vorkommt.  Wo  es  erforderlich  war,  ist  der  zahl  auch  noch  der 
name  der  Ortschaft  beigegeben. 


abbandlnngen  ttber  die  roman.  mundarton  der  Sttdwestschweiz.       325 

betonte  vorangehen,  nicht  der  vocal  der  unmittelbar  vor 
der  tonsilbe  stehenden,  sondern  derjenige  der  zweitvorher- 
gehenden  unbetonten  silbe  die  synkope.  So  föUt,  nament- 
lich wenn  der  vocal  der  folgenden  silbe  ein  dumpferer  ist, 
e  ans:  m'seurä  (5a),  (mesurare  statt  mensurare);  r'tyamft 
(2),  (reclamare);  s'  r'gol  (2),  se  rijouir  (gls.  re-gaudere); 
ebenso  o,  namentlich  vor  liquiden:  vMontä  (1),  (volunta- 
tem).  In  c'maci  (3),  c^mäcl  (4),  c^maicl  (5a),  (aber  co- 
menci  5  b),  (zsgs.  aus  com  und  initiare)  fand,  nachdem  der 
erste  den  roman.  sprachen  gemeinsame  ausfall  des  i  vor  t 
geschehen,  auch  die  der  mundart  eigene  synkope  von  o 
vor  der  gebliebenen  unbetonten  silbe  statt.  Einem  ähn- 
lichen Vorgang  verdankt  r^log«  (2)  aus  horologium  seine 
entstehung;  ebenso:  m'^  (2),  (manducare);  s^nan.n«  (1.2), 
s'nan.na  (3.  4.  5),  (septimana).  Eine  bedeutende  Unter- 
drückung von  unbetonten  silben  zeigt  auch:  bSnchon 
(3,  4,  5a),  die  kirchweih  (benedictionem),  während  das 
wort  in  der  Paroisse  noch  lautet  benechon.  Wie  in  r^lo^« 
verschwand  die  ganze  erste  silbe  in  dem  worte  rondall« 
(1.  2),  rondalla  (3.  4.  5  a),  (dim.  von  hirundo),  während  die 
mundart  der  Paroisse  eine  form  riondalla  aufweist,  welche 
durch  die  Umstellung  von  ir  zu  ri  entstand. 

Geht  der  tonsilbe  nur  eine  unbetonte  voran,  so  ist 
der  ausfall  ihres  vocals  seltener,  als  im  vorigen  fall,  tritt 
aber  doch  häufig  genug  ein;  die  mundart  der  5.  gruppe, 
ganz  besonders  die  der  Paroisse,  zieht  es  häufig  vor, 
ihn  als  e  wenigstens  noch  zu  bewahren ,  seltener  thut 
dies  die  mundart  von  Travers  Es  fällt  a)  a  aus,  nach- 
dem es  vorerst  in  e  tkbergegangen ,  wie  es  sich  noch 
in  devreü  (1.  2),  cevr6  (3),  <$evreuil  (4),  6evreuil  (5  a), 
(capreolus)  u.  a.  erhalten  hat,  in:  6\6  (1.  2.  3),  <5Vä(4), 
cheval  (caballus),  während  das  wort  in  der  5.  gruppe  6Sv6 
lautet;  d'nev«  (1.2),  6'n6Ve(5a),  chanvre  (cannäbis,  xdwaßig) 
mit  verrückung  des  accents  auf  die  paenultima,  aber  mit 
beibehaltung  der  alten  betonung:  SSneyS  (4),  und  d^nevo 
(5b);  öVetre  (1.  2.  3),  dVetr.  (5  a),  chevÄtre;  PcMa  (3), 
r^arda  (4),  (lacerta),  aber  la-n-cerda  (5  b)  mit  eingeschobe- 
nem nasal;  ß)  em:  Tmall«  (1.2),  Tmalla  (3.4.5),  (femella); 


326  Häfttlin 

Toltr.  ( 1 ),  f 'n^tre  (2),  fn^tra  (3),  f'nitra  (5b>,  fendtre,  aber 
feueitra  (4)  und  fenetra  (5a);  ^'nu  (2),  ^"nu  (5a),  aber  ±emMi 
(5  b),  (genu);  m'to  (3.5a),  (metallum);  nVeü-r  (1),  n'veü  (2), 
dagegen  nevou  (3),  neveu-r  (4),  neveü-r  (5a),  Deveü  (5  b), 
neveu;  sVä  (1.2),  sr&  (3),  sVen  (4),  aber  aerai  (5a),  seren 
(5b),  (serenus);  t'mon  (1.  2),  Tmon  (3),  lemon  (4),  t^mop  (5), 
timon;  v'nä  (t.  2),  v'nä  (3),  v'ncn  (4),  aber  venai  (5a), 
venen  (5b),  venio;  ;^)  i  in  altern  bildungen,  wie  drä  m. 
drättef.  (1),  dre  m.  drett«  f.  (2),  dre  m.  dretta  f.  (3),  drft  m. 
drätta  f.  (4),  drai  m.  draita  f.  (5),  droit,  e  (directus,  a), 
sowie  in  jungem:  f'lä  (2),  filer;  Tel  (2.  3),  Lecl  (5b),  loisir 
(Ikere);  m'nace  (5a),  (minaciae);  m'nä  (2),  mener  (minari); 
m'nistr«  (2),  (minister);  mVaty«  (1.  2),  ineretyo(4),  meraty« 
(5a),  meratyo  (5b),  miracle  (miraculum);  v'Ultge  (1,  2), 
yillage;  v'säge  (1),  visage;  S)  o  in:  c^moud«  (3),  c'moudo 
(4),  aber  ^emmoudo  (5  b),  commode  (commodus,  mit  ver- 
rückqng  des  accente  auf  die  paenultima) ;  e^mon  pl.  (3), 
prairies  communes  d'un  village;  d^mäd«  ( 1 ),  d'med«  (2), 
d'niaiCe  (4),  aber  demäd«  (3),  demaic«  (5a),  dement«  (5b)  f., 
dimanche  (dominica  seil,  dies);  s'nä  (1.  2.  3.  5),  sonnä  (4), 
(sonare);  t'nfere  (1.2),  indefs  auch  t'nä(2),  t'när«  (3),  t^Dör« 
(5a),  aber  tonar«  (4),  tonerro  (5  b),  tonerre  (tonitru);  «)  u 
in  Tmä  (1.2.3.  5a),  f  me  (4),  (Aimare);  djWc«  (3.4),  i&'nec« 
(5a),  (junicem);    zWivr«  (5a),    (juniperus). 

Anmerl^ung.  Rückt  durch  die  fle^^jpp  der  aocent 
auf  die  silbe  mit  unterdrücktem  vocal,  so  gelangt  der  letz- 
tere wieder  zu  seiner  vollen  geltung:  i  fon.mo  (fümo),  ob- 
gleich im  infinitiv  f'mä.  Eine  ähnliche  Wirkung  bat  aaob 
der  nebenacceot,  d.  b.  derjenige,  welcher  sich  an  zw^it- 
vorhergehepder  stelle  von  der  tonsilbe  entwickele«  So  ha- 
ben wir  ip  der  2.  gruppe  einen  infinitiv.  depVl,  wo  9  wie 
schärf  gß^procheDes  s  lautet,  döchirery  ^£t  imperf.  i  i^ 
gVlYfi   u.  S.W- 9  sA>ex:  i  decerera  im  conditions^is. 

Qleiben  die  uobetontei)  vocale  stehen,  so  finden  oft 
4|>ergänge  demselben  ii^  andere  st^'tt  uj;id  zwar  geht:  n  Dimr 
m  e:  erret«  (1),  (gls.  afiresta,  arrestß,);  egnet  od^r  eD6i(4), 
(^gni^ljuß);  eifläbye  (3),  jBp;i6byp  (4),  (amabilis);  ereiwi.  (?), 
8098t  ^r^n«  (aranea);    €rä  (2.  5a),  ^rä  (3),  labourfr  (araiw); 


abhandlnngen  über  die  rotnafa  mnndarten  der  Sttdwestschweiz.       327 

Iräna  (3),  (arena);  eiiigre  f.  (3),  schrank  (toiq  pl.  von  ar- 
mariuna);  err'vä  (1),  (gls.  arripare);  erte  (2),  orteil,  (arti- 
culus);  sertyä  (2),  (sarculare);  serme  (1),  (sarmentum). 
E  aus  a  in:  cel^de  (2),  <5elede  (4),  Weihnachten  (calendae); 
derbon  (2),  c^rbon  (5)  neben  carbon  (1.3.4),  charbon; 
derdon  (1.2),  6erdon  (5),  chardon  (ableitung  von  Car- 
duus); der^  (1.  2),  cerä[  (5)  neben  dargl  (3.  4)  mag  seiner 
entstehung  nach  zu  vergleichen  sein  mit  e  aus  a  in  cer,  cer 
und  ähnlichen.  Siehe:  Betonte  vocale:  A.  Abweichungen 
b);  a  in  o:  öppeti  (3),  (appetitus);  don^  (2),  danger  (mit. 
damnarium  von  damnum);  e8cöballa(3),  (vom  pl  von  scabel- 
lum);  zu  dem  mit  o  verwandten  ä  in:  vänHa(5a);  e — a:  galä 
und  sein  compos.  damals,  (1.  2.  3),  ^alä,  de^alä  (5),  geler 
(gelare);  mäl^c«  (2),  mel^ze  (aus  mel+larix,  -eis  nach  Dies 
wtb.);  mardi  (2),  marchä  (mercatus);  galeü  und  galoü  (2), 
galu  m.  galusa  f.  (3),  galeü  (4),  äaleü  (5a),  £ala^  m.  za- 
laisa  f.  (5b),  jaloux,  se  (ital.  geloso,  gls.  zelosus,  a).  In  der 
4.  gruppe  geht  unbetontes  e  wie  betontes,  wie  wir  schon 
früher  gesehen,  vor  r  in  a  über,  was  auch  in  einzelnen  fällen 
bei  der  3.  gruppe  vorkommt:  poatu  (3),  partu  (4),  pertuis 
(gleichsam  pertusium);  mardeü  (4),  merdeux;  tarribyo  (4), 
(terribilis);  sarpa  (3),  sarpca  (4),  (serpens);  sarvip^  (4), 
Service;  i  —  a  in  beispielen,  die  auch  in  den  classischen 
roman.  sprachen  es  aufweisen:  parec«  (1.  2.  3),  parejC«  (4), 
paresse  (pigritia);  dacon  (1.3),  öacon  (5),  chacun  (quis- 
que-unuS;  ital.  ciascuno);  i — eu:  hetivgr  (1),  heuvoe  (3), 
heiivär  (4),  hiver  (hibernum);  o — a:  calu  (3),  couleur; 
hanu  (3),  honneur;  o  —  e:  epH6  (2),  höpital  (im  ältesten 
mit.  hospitale),  während  hotö,  maison,  sein  o  rein  behielt; 
prevon,  d«  (1.  2),  prevön,  da  (3),  prefon,  da  (4),  prevon, 
de  (5a),  prevon,  da  (5b),  (profundus,  a);  u  in  unbetonter 
silbe  mit  nachfolgendem  r  nimmt  gern  dnen  e-laut  nach 
sich:  djo&erä  (2),  jurer  (jurare);  moüeraly«  (1),  muraille 
(muralia);  recoüerfi  (2),  r^curer  (recurare)  u.  a.  m. 
Dasselbe  thut  auch  bisweilen  o  vor  der  tonsilbe:  coüerti 
(1.  2),  coüarti  (3),  coerti  (4.  5  b),  jardin  (von  einem  vor- 
auszusetzenden chortile,  ital.  cortile,  afr.  courtil,  hof,  ge- 
böft)',    moiieri  (2),    (möri);    au  — a:   acuta  (2),    acutd  (4), 


328  Häfdin' 

acuitä  (5b),  (auscultare) ;  au — e:  ecoütä  (1.  3),  ecotft  (5a), 
^couter;  au  —  o:  ötonn«  (auctumnns)  in  allen  gruppen; 
oyl  (2)9  (audire);  ogmatä  (3),  ogmentä  (5b),  (augmen- 
tare);  orä^e  (1.  2),  oräÄ«  (5a),  orage;  orely«  (1.  2),  orelje 
(3),  or'lye  pl.  (4.  5a),  orelye  (5b),  (auricula);  gÄyeü  (1.2.4), 
^oyu  (3),    ioyeü  (5a),    zoyatf  (5b),  joyeux. 

b)  Nach  der  tonsilbe.  Obgleich  die  meisten  erschei- 
nungen,  die  hier  erwähnt  werden  müssen,  mit  gleicheai 
oder  noch  mehr  recht  in  das  gebiet  der  formenlehre  hin- 
eingehören, da  das  in  der  flexion  sich  geltend  machende 
bedürfuifs  der  Unterscheidung  unter  gleichen  Verhältnis- 
sen verschiedene  lautgestaltungen  hervorrief,  habe  ich 
mich  dessen  ungeachtet  entschlossen,  hier  gleich  das  wich» 
tigste  wenigstens  zu  berühren,  um  mich  später  kürzer  fas« 
sen  zu  können.  Untersuchen  wir  nun  die  einzelnen  vo 
cale  der  reihe  nach,  so  gelangen  wir  zu  folgenden  ergeb- 
nissen. 

a)  Ä:  cca).  A  in  der  endung  der  ersten  declination 
und  in  der  endung  gewisser  neutra  pluralia  der  zweiten 
und  dritten,  welche  dann  wie  substantiva  der  ersten  decli- 
nation behandelt  und  betrachtet  werden  und  wieder  einen 
neuen  romanischen  plural  bilden,  wird  1)  im  singularis  auf 
dem  gebiet  der  beiden  ersten  dialektgruppen  stummes  «, 
wiewohl  auch  hier  sich  a  schon  vielfach  zeigt,  in  der  3. 
4.  und  5.  ein  schwächer  klingendes  a;  bisweilen  hat  auch 
die  mundart  des  Vignoble  stummes  •  da,  wo  die  mund- 
art  der  Paroisse  und  die  der  3.  und  4.  grnppe  a  haben, 
also:  barbe  (1.  2),  barba  (3.  4.  5),  (barba);  6imbre  (1.  2), 
dambra  (3.  4),  dambra  (5),  chambre;  fyan.me(l.  2),  fyaD.aia 
(3.  4.  5),  flamme;  gran.n«  (1*  2),  gran.na  (3.4.  5),  graiae; 
lan.Ue  (1.  2),  lan.na  (3.  4.  5),  laine;  livr.  (1.  2),  livra  (3.4), 
livre  (5a),  livra  (5b),  livre  (llbra);  poU  (1.  2),  p6la  (3), 
päla  (4.  5),  pelle;  pyan.n«  (1.  2),  pyan.na  (3.  4.  5),  plaine; 
preüve  (1.  2),  preüva  (3.  4),  preüv«  (5a),  preüva  (5b), 
preuve;  pron.m«  (1.  2),  pron.ma  (3.4.5),  prune;  rftv«(l.  2), 
r&va  (3),  r^va  (4),  räva  (5),  rave;  sWn.n«  (1.2),  s'nan.na 
(3.  4.  5),  semaine;  tlt«  (1),  t^t«  (2),  töta  (3),  tejta  (4),  töU 
(5a),    tita  (5b),    tSte.     Diejenigen  substantiva  der  ersten 


abhandlangen  über  die  roman.  mnndarten  der  SttdwesUchweiz.       329 

lateiDischen  decIiDation  und  die  neutra  plur.  der  zweiten 
lind  dritten,  deren  stamme  in  der  mundart  auslauten  mes- 
sen auf:  ly;  n;  <$,  c;  9;  g,  i;  y  (selten);  r  unter  der  Be- 
dingung, dafs  darnach  e  oder  i  im  hiatusverhältnifs  stand, 
sowie  diejenigen  substantiva,  die  auf  lat.  femin.  typen  in 
-ia  zurückgehen,  lassen  in  allen  gruppen  ihr  unbetontes  a 
in  stummes  e  übergehen.  Beispiele:  fouly«  (1.  2),  feüly« 
(3),  foulye  (4.  5a),  foüulye  (5b),  feuille;  paly«  (! — 5),  paille; 
araiie  (1.  2.  4.  5),  ereuiie  (3),  araignöe;  mo<?e  (1  —  4), 
moce  (5),  mouche;  pyac«  (1 — 5),  place;  pyeüge  (1  —  4), 
pyeüie  (5),  pluie;  gouy.  (1  —  4),  iouy«  (5a),  joie;  favfer« 
(1),  charop  plante  de  ftves  (gls.  fabaria);  arenfer«  (2), 
sabliere  (arenaria);  parrlr«  (3),  carriere  (gls.  petraria),  f^ir« 
(4),  foire  (feria). 

Anmerkung.  Als  besonders  merkwürdige  formen 
sind  zu  erwähnen:  ombr^  (4),  ombro  (5b),  ombre;  zouyo 
(5b),  joie. 

Weniger  präcis  sind  voranstehende  regeln  bei  dem 
fem.  sing,  der  adjectiva  durchgeführt.  Oft  greifen  beide 
einander  gegenseitig  in  die  ihnen  zugehörenden  gebiete 
.ein;  bisweilen  erscheint  stummes  «?  wo  a  stehen  sollte  und 
umgekehrt.  Regelrechte  bildungen  sind  mit  «  und  a: 
y6te  (1),  böte  (2),  höta  (3),  hata  (4),  h6ta  (5),  falta); 
coüerte  (1),  Corte  (2),  Coäota  (3),  c^erta  (4),  coüörte  (5a), 
coäörta  (5b),  (curta);  mit  «:  rüg«  (1 — 4),  niÄ«  (5),  (rubea). 
Abweichende  .bildungen:  «  erscheint  an  stelle  von  regel- 
rechtem a:  fräde  (1),  fröd.  (2),  freda  (3),  fräd.  (4), 
frside  (5),  (frigida);  räd.  (1),  rede  (2),  reda  (3),  räda  (4), 
raide  (5),  (rigida);  a  an  stelle  von  regelrechtem  stummen 
e:  large  (1.2),  ler^a  (3),  lar^e  (4),  lari.  (5),  (larga);  läö« 
(1.2),  leda  (3),  U6e  (4),  läda  (5a),  laca  (5b),  (laxa).  2)  Die 
mehrzahl  der  substantiva,  die  ihrem  Ursprung  nach  der 
ersten  lat.  declination  angehören  sowie  derjenigen  neutra 
pluralia,  die  nunmehr  wie  feminina  der  ersten  declination 
angesehen  werden,  unterscheidet  sich  von  der  einzahl  da- 
durch, dafs  das  a  der  endung  -as  zu  verschiedenen  laut 
tönenden  aber  kurzen  e- lauten  sich  entwickelt  hat  und 
zwar  in   der   1.  gruppe  zu  -e:   colombe;    in  der  2.  zu  -e: 


330  Haft^lin 

rondalle;  ebenso  in  der  3.:  ^ä^ve,  gencives  (gingivas);  in 
der  4.  und  5.  zu  -e:  delede  (4);  m^nac^  (5a);  fenne  (5b), 
(feminas).  ßß)  Was  das  unbetonte  a  in  den  conjugations- 
endungen  anbetrifft,  so  zeigen  die  gemacbten  beobachtun- 
gen  folgendes :  1 )  in  der  2.  pers.  sing,  indic.  imperf.  praes. 
der  1.  conjugation  wird  aus  dem  a  der  endung  -S  in  der 
1.,  -e  in  der  2.  und  3.,  stummes  -«  in  der  4.  und  5.  groppe, 
in  der  3.  ps.  durchweg  stummes  -«;  a  in  der  3.  ps.  pl.  bleibt 
a  in  der  3.  gruppe,  sonst  wird  daraus  in  der  1.,  2.  und 
4.  -e,  in  der  mundart  des  Vignoble  -e,  in  deijenigen  der 
Paroisse  -e  mit  schwach  mittönendem  nasal;  2)  das  aas- 
lautende unbetonte  a  der  2.  ps.  sing,  imperat.  der  1.  con- 
jugation wird  durchweg  stummes  -e;  3)  das  unbetonte  a 
in  den  endungen  der  1.,  2.  und  3.  ps.  sing,  und  der  3.  ps. 
plur.  des  indic.  imperf.  praet.,  soweit  dieselben  in  ihrer 
alterthümlichen  zweisilbigkeit  erhalten  sind,  wird  auf  dem 
gebiete  der  1.  und  2.  dialektgruppe  in  der  1.  und  3.  ps. 
sing,  stummes  -e,  in  der  2.  sing,  und  in  der  3.  pinr.  -e; 
die  3.  dialektgruppe  hat  an  seiner  stelle  in  der  1.  ps.  ^6, 
die  4.  und  die  mundart  der  Paroisse  -o,  währeiid  der 
dialekt  des  Vignoble  hier,  wie  die  beiden  ersten,  stum- 
mes -e  zeigt.  Das  endungs-a  der  2.  pers.  sing,  wandelt 
die  [^,  dialektgruppe,  wie  die  beiden  ersten,  in  -e,  die  bei- 
den folgenden  in  stummes  -e«  In  der  endung  der  3.p8.8ing. 
haben  die  3.,  4.  und  5.  stummes  -«  mit  den  beiden  erstem  ge- 
mein. Was  das  unbetonte  a  der  endung  der  3.  ps.  pinr. 
anbetrifft,  so  haben  es  nur  die  3.  dialektgruppe  tind  die 
mundart  der  Paroisse  bewahrt,  die  4.  gruppe  und  das  pa- 
tois  des  Vignoble  haben,  wie  die  zwei  er^en  gruppen,  an 
seiner  stelle  -e;  4)  was  das  unbetonte  a  in  den  endungen 
der  1.,  2.  und  3.  ps.  sing,  und  der  3.  pl.  im  conjunctiv 
imperf  praes.  der  2.^  3.  und  4.  conjugation  anbelangt,  so 
zeigen  sich  folgende  mit  den  vorhergehenden  engverwandte 
Umbildungen:  Die  1.  und  2.  dialektgmppe  lassen  das  un- 
betonte a  der  enduüg  in  der  1.  und  3.  ps.  sing,  in  stum- 
mes -e,  in  der  2.  sing,  und  in  der  3.  plur.  dagegen  in  -e 
übergehen.  Die  3.  und  4.  gruppe  sowie  die  mundart  der 
Paroisse   haben   in  der  1.  pers.  sing,  in  der  endung  eioetl 


abhandlangen  über  die  roman.  mundarten  der  Stldwestschweix.       331 

0-Iaut,  in  der  2.  pa.  entwickelt  sieb  aus  dem  unbetonten 
endungs-a  -e  für  die  3.  gruppe,  -6  für  den  dialekt  des 
Vignoble,  dagegen  stummes  -e  für  die  4.  gruppe  und  die 
mundart  der  Paroisse;  in  der  3.  ps.  sing,  erscheint  stum- 
mes -e  an  stelle  des  tonlosen  a  der  endung  in  allen  grup- 
pen  und  in  der  3.  ps.  plur.  -a  auf  dem  gebiet  der  3.  dia- 
lektgruppe  und  in  der  mundart  der  Paroisse,  dagegen  -e 
in  dier  4.  dialektgruppe  und  -e  in  der  mundart  des  Vigno- 
ble; f))  unbetontes  a  im  femiu.  des  partic.  perf.  der  ersten 
conjugation  mit  erhaltenem  charaktervocal  wird  zu  stummem 
-e*  Beispiele  für  das  aus  der  verbalflexion  bieher  gezogene 
siebe  im  „zweiten  theil"  sowohl  hier  wie  im  folgenden. 

.  ß)  E  nach  der  tonsilbe  fällt  aus:  aa)  in  allen  fäl- 
len, wo  es  in  der  ursprünglich  vorletzten  silbe  stand; 
so  ergaben  sich  substantiva  und  adjectiva,  wie  dambr«  (1); 
gedre  (2),  gendre;  tadr©  (3),  tädro  (4),  teidre  (5a),  tendre; 
devendro  (5b),  vendredi  u.  a.  m.,  sowie  infinitive  von  ver- 
ben  der  3.  conjugation  wie  r'cevr«  (2),  recevoir  (recipere), 
und  solcher  der  2. ,  die  erst  auf  romanischem  boden  in 
die  3.  übergetreten  sind,  wie  folgende:  pjer«  (1.  2),  (aus 
placere  statt  placöre);  se  repetre  (2),  se  repatr«  (3),  re- 
petr«  (4),  repetr«  (5a),  repentr«  (5b),  (aus  repoenitere  statt 
repoenitöre),  denen  sich  noch  ein  verbum  der  4.  conjuga- 
tion anschliefst:  setr«  (2),  satr«  (3),  sentr«  (5b)  aus  sentire 
mit  zurückgezogenem  accent,  wodurch  es  in  die  3.  conj. 
übertrat;  ßß)  in  der  endsilbe,  wenn  durch  den  verlust 
desselben  die  ausspräche  der  vollen  und  noth wendigen 
form  des  betreffenden  wertes  nicht  allzusehr  erschwert 
oder  einer  weitern  einbufse  an  durchaus  nothwendigen  be- 
standtheilen  entgegengefahrt  wird.  Während  also  die  mei- 
sten substantiva  und  adjectiva,  die  der  3.  lat.  declination 
angehören  und  deren  jetzige  romanische  geetalt  wir  im 
allgemeinen  auf  den  lateinischen  accusativ  zurückführen, 
das  e  der  endung  der  regel  nach  abwerfen,  so  finden  sich 
andere,  namentlich  solche,  deren  jetziger  stammauslaut  aus 
mehrern  coasonanten  besteht,  die  auf  einen  bald  mehr 
bald  weniger  vernehmbaren  vocal  enden.  Die  gleichen 
Wörter,  die  im  französischen  auf  stummes  e  ausgehen,  ha- 


332  Häfelin 

ben  in  ihrer  muDdartlichen  gestalt  einen  vooal  als  endnng 
bewahrt  und  zwar  in  den  drei  ersten  grnppen  und  in  der 
mundart  des  Vignoble  gewöhnlich  stummes  -«,  in  der 
4.  gruppe  -6  und  im  dialekt  der  Paroisse  -o,  wof&r  im 
äufsersten  theil  des  Val-de-Travers,  zu  Verriires,  ein  hell*' 
tönender  oü-laut  auftritt.  Beispiele:  ägr«  (2.3),  6gr^  (4), 
aigre  (acrem);  homm«  (1. 2.  3),  homm^  (4,  hommoö  in 
Yerri^res),  homme  (5a),  hommo  (5b),  homme  (hom'neai). 
Der  plural  dieser  Wörter  lautet  in  der  endung  nicht  ver- 
schieden vom  Singular. 

Etliche  substantiva  weiblichen  geschlechts,  die  ur- 
sprünglich der  dritten  declination  und  der  eben  erwähnten 
classe  angehören,  haben ^  wohl  dem  geschlecht  zu  lieb, 
nicht  stummes  -«)  o  und  -o  in  die  endung  aufgenommen, 
sondern,  wie  substantiva  der  ersten  declination,  stummes 
-e  in  der  1.  und  2.  gruppe  und  gewöhnlich  auch  in  der 
mundart  des  Vignoble,  dagegen  a  in  der  3.  und  4.  so- 
wie im  dialekt  der  Paroisse;  auch  im  plural  werden  sie 
wie  substantiva  der  ersten  declination  behandelt:  etyeunn« 
( 1 .  2),  ech'na  (3),  ecyenna  (4),  e^yeunn«  (5a),  entyenna  (5b), 
enclume  (incus,  incudis),-  Weyr«  (1),  levr»  (2),  liövra  (3), 
leivra  (4),  llvre  (5a),  laivra  (5b),  li^vre  (lepus,  -oris); 
und  im  plural:  ch^ädre  (1),  ch^edre  (2),  chadre  (3),  ch«&- 
dre  (4),  choCidre  (5a),  chendre  (5b),  cendres  (cineres).  Auch 
das  Femininum  der  adjectiva,  die  ursprünglich  der  3.  de- 
clination angehören,  wird  so  gebildet,  als  ob  es  zu  einem 
adjectivum  auf  -us,  a,  um  gehörte;  es  nimmt  nämlich  in 
denselben  gruppen  und  unter  denselben  umständen  stum- 
mes -e  und  a  als  endung  an,  wie  die  substantiva  der 
1.  declination,  wiewohl  auch  hier  dieselbe  inconsequens 
gilt,  die  ich  bereits  früher  ftir  die  bildung  des  femioinnms 
der  adjectiven  auf  -us,  a,  um  hervorgehoben  habe.  So 
haben  wir  zu  dem  mascul.  trist«  (1.  2.  3.  5  a),  tristo,  -o 
(4.  5b)  das  fem.  triste  (1.  2),  trista  (3.  4),  trist«  (5a),  trieta 
(5b),  (tristis).  yy)  Betrachten  wir  tonloses  e  in  der  ver- 
balflexion,  so  führen  die  gemachten  beobachtnngen  zu  fol- 
gendem ergebnifs:  es  verschwindet  1)  in  der  letzten  silbe 
der  endungen   der  infinitive  der  1.  2.  und  4.  conjugation ; 


abhandlungen  ttber  die  roman.  mundarten  der  SttdweB^chweiz.       333 

in  infinitiven  der  3.,  wo  bereits  ein  e  in  der  paenultima 
ausgefallen  ist,  wird  es  euphonischer  gründe  wegen  ge- 
wöhnlich als  stummes  -«  bewahrt;  2)  e  fällt  ferner  ab  in 
der  endung  der  2.  ps.  plur.  des  imper.  der  1.  und  gewöhn- 
lich auch» der  drei  übrigen  conjugationen;  doch  scheint  es 
sich  in  gewissen  fällen  erhalten  zu  haben  in  verben  der 
2.,  3.  und  4.  conjugation,  wenn  bei  ausfall  des  vocals  der 
paenultima  seine  Unterdrückung  unmöglich  ^urde;  3)  in 
der  2.  ps.  sing,  des  imper.  der  2.  und  3.  conjugation  wird 
es  ebenfalls  abgeworfen,  sowie  4)  in  den  endungen  der  2. 
und  3.  ps.  sing,  des  indic.  imperf,  praes.  der  2.  conjugation. 
Die  endung  der  3.  ps.  plur.  ist  ganz  dieselbe  in  der  2. 
wie  in  der  1.  und  überhaupt  den  übrigen  conjugationen; 
5)  im  passe  defini  (dem  ursprünglichen  lat.  perfectum  prae- 
sens), soweit  es  noch  vorhanden,  trat  eine  verrückung  des 
wortaccentes  von  der  paenultima  auf  die  antepaenultima 
ein,  insofern  ihr  vocal  nicht  ausgeworfen  wurde  wie  in 
d'siran  (3),  (dixerunt).  So  erklären  sich  formen  wie;  fouran 
(aus  füeruut  statt  fuerunt);  souran  (aus  säpuerunt  statt  sa- 
puerunt) ;  6)  was  die  gestaltung  des  unbetonten  e  im  con- 
junctiv  imperf.  praes.  in  der  1.  conjugation  anbetriiBt,  so 
zeigen  die  beobachtungen,  dafs  es  sonderbare  Schicksale 
erfahren  hat.  So  wird  es  in  dem  wohl  am  besten  bewahr- 
ten patois  von  Ligni^res  (1.  gr.)  betont  und  lautet  für  die 
1.  und  3.  ps.  sg.  -ey«,  ebenso  für  die  3.  pl.,  für  die  2.  sg. 
-eye;  in  der  2.  gr.  wird  daraus  für  die  1.  ps.  sing.  -«9  für 
die  2.  und  3.  sg.  und  die  3.  pl.  -e;  die  3.  zeigt  an  seiner 
stelle  einen  sonderbaren  oü-laut  in  der  1.  und  2.,  -e  in 
der  3.  ps.  sing.;  die  4.  gr.  in  der  1.  ps.  -6,  in  der  2.  -e, 
in  der  3.  -•;  die  mundart  des  Vignoble  in  der  1.  und 
3.  ps.  sg.  -«9  in  der  2.  -e;  die  mundart  der  Paroisse  -o  in 
der  1.,  -e  in  der  2.  und  -a«  in  der  3.  ps.  sing.  Für  die 
3.  ps.  plur.  haben  die  3.,  4.  und  5.  dialektgrnppe  die  en- 
dung -an.  Diese  und  die  übrigen  eigenthümlichen  bildun- 
gen  führen  zur  vermuthung,  dafs  es  keine  eigentlichen 
entwicklungen  aus  dem  unbetonten  lat.  e,  sondern  vielmehr 
conventionell  an  dessen  stelle  gebrachte  ersatzmittel  sind. 
Zudem   mufs  bemerkt  werden,   dafs  der  eigentliche  con- 


334  Häfelin 

junctiv  praes.  sehr  selten  in  anwendung  kommt  und  mei- 
sten;« durch  den  geläufigeren  conj.  imperf.  praet.  (den  lat, 
conj.  plusquamperf.)  ersetzt  oder  durch  gewisse  redewen- 
düngen  vermieden  wird.  Was  den  conj.  imperf.  praet.  an- 
betrifft, so  stimmen  die  an  stelle  des  latein.  unbetooten  e 
gekommenen  vocale  mit  denen  überein,  die  sich  au9  dem 
unbetonten  a  der  endungen  des  indic.  imperf.  praet.  ent- 
wickelt haben. 

;)  1:   aa)  i  in  paenuitima   nach   der  tonsilbe  schwin- 
det: admiräbjTe  (1.2),  (admirab(i)li8);  am«  (1.2),  fima(3--5), 
(an(i)ma);   an«  (1 — 3),   6no  (4),  äno  (5b),  (as(i)nu6);   i  där^« 
(1),   dörge  (2),   dergd  (3),  där^^  (4),  cerÄe  (5a),  öerio  (5b), 
(carr(i)co);   ceüt-r«  (1.  2),  cout«  (3),  ceüdo  (4),  ^eüd«  (5a), 
ceudo  (5b),  (cub(i)tus);  fenn«  (1.  2),  fanna  (3),  fenna  (4.  5a), 
fcnna  (5b),    (fem(i)na)  u.  s.  w.     Hieher  gehören  auch  die 
zahlreichen  substantiva,    die  auf  lateinische  typen  mit  d«r 
ableitungssilbe  -at(i)cum  zurückgehen,    wie  mariS^«  (1.  2)^ 
mariege  (3),  mari^go  (4),   mariä^«  (5a),  maris^o  (5b),    (gls. 
maritat(i)cum);   ßß)  befindet  sich  unbetontes  i  in  der  end* 
ilbe  eines  wertes,   so  schwindet  es  in  der  regel  ebenfalfe; 
aber  unter  denselben  bedingungen,  unter  denen  ein  stummes 
e  oder  o  und  o  an  die  stelle  von  e  trat,  treten  dieselben- 
laute  an   die  stelle  des  unbetonten   i,   in   Wörtern,    deren 
ranzösische  form  ebenfalls  auf  stummes  e  ausgeht.  Darum : 
dVädce  (1),    devädre  (2),  devädr«  (3),  dVädr^  (4),  deveidr« 
(5a),  devendro  (5b)  aus  dies  Veneris;     yy)  betrachten  wir 
unbetontes  i  auf  dem  gebiet  der  verbalflexion ,  so  schwin- 
det dasselbe:    1)  in   den  endungen  der  2.  und  3.  ps.  sing, 
indic.  imperf.  praes.  der  3.  und  4.  conjugation;     2)  in-  der 
endung  der  2.  ps.  sing,  imperat.  der  4.;    3)  ebenso  in  der 
endung  der  2.  ps.  plur.  aller  tempora  und  modi  in  sftmmt* 
liehen  conjugationen,    wenn   nicht   durch   den   aurfall   de9 
vocals  in   der  paenuitima,    welcher  bei   der  2.,  3«  nnd  4^ 
conjugation  bisweilen  eintritt,  es  nothwendig  wird,  dafa  iti' 
der  letzten  silbe   ein   hörbarer   vocal  verbleibe,    was  z.  b; 
auch  in  den  vom  lateinischen  estis  herstammenden«  forni«0: 
Ite  (1),  ete  (2.  3),  Cite  (4),  ete  (5a)  geschehen  mn&te,   wo* 


abhandluDgen  ttber  die  roman.  mundarten  der  SUdwestschweiz.       336 

nur  die  mumdadrt  der  Paroisse  die  form  It«  zeigt.  Bei^- 
spiele  hiezu  im  „zweiten  tbeil"^. 

3)  O:  aa)  unbetontes  o  in  der  paenultima  schwindet 
ebenfalls:  dyabyo  (5b),  neben  dy^b«  (3)  und  dyäb^  (4), 
(diab(o)lu8);  Mevr«  (1),  levr«  (2)  u.  s.  w.,  (lep(o)rem); 
ß/3)  auf  dem  gebiet  der  verbalflexion  zeigt  sich  o  als  en- 
dung  in  der  ersten  person  des  imperf.  praes.;  an  seine 
stelle  tritt  -«  in  den  mundarten  der  1.  und  2.  gruppe, 
ebenso  in  derjenigen  des  Vignoble,  während  die  3.  wie 
die  4.  gruppe  -6,  die  mundart  der  Paroisse  -o  aufweist. 
Nur  selten  kommt  es  vor,  dafs  diese  endungen  verloren 
gegangen  sind. 

e)  U:  aa)  in  der  paenultima  nach  der  tonsilbe  wird 
es  wie  die  bis  jetzt  behandelten  laute  ausgestofsen:  certy« 
(1),  (circ(u)lus) ;  comby«  (2),  (cum(u)lu8);  merle  (3),  marlo 
(4),  (mer(u)lus);  m'raty«  (1.2),  miracle;  eulye(3),  (oc(u)lu8); 
et-r-äbye(1.2),  et-r-äbyo  (5b),  (stab(u)lum);  träbye(3),  träbyo 
(4),  treibye  (5a),  tremb-r-yo  (5b),  tremble  (trem(u)lus); 
ßß)  findet  sich  u  in  der  endsilbe,  so  schwindet  es  eben- 
falls in  den  meisten  fällen;  aber  zu  demselben  zweck,  zu 
welchem  an  stelle  von  e  und  i  stummes  -e?  6  und  o  erscheint, 
werden  hier  dieselben  laute  verwendet  und  zwar  -«  in  den 
drei  ersten  gruppen  und  im  dialekt  des  Vignoble  (doch 
zeigt  sich  in  letzterm  in  seltenen  fällen  ebenfalls  o), 
schwach  gesprochenes  o  in  der  mundart  der  Paroisse  und 
in  der  4.  dialektgruppe  ö,  zu  Verri^res  oü,  wie  der  dialekt 
des  letztern  überhaupt  diesen  laut  entwickelt  hat,  da  wo 
sonst  o  erscheint.  Das  eben  gesagte  geschieht  in  all  den- 
jenigen Wörtern,  Substantiven  und  adjectiven,  deren  fran- 
zösische formen  entsprechend  auf  stummes  e  au&lauten. 
Beispiele:  an«  (1.  2.  3),  ^no  (4),  an«  (5a),  äno  (5b),  äne; 
gädre  (1),  gedre  (2),  ^ädr«  (3),  gädr6  (4),  ^eidr«  (5a), 
zendro  (5b),  gendre;  large  (k  2),  l^r^e  (3),  lar^({  (4), 
larze  (5a),  larzo  (5b),  large  (largum);  mS^«  (1),  mag«  (2), 
mi^e  (3),  mejgo  (4),  m^decip  charlatan,  quacksalber 
(med(i)cum);  yy)  noch  wäre  zu  untersuchen,  was  aus 
dem  u  der  endung  der  3.  ps.  plur.  des  indic.  imperf.  praes. 


336  Häfelin 

bei  verben  der  3.  und  4.  latein.  conjugation  und  des  perf. 
praes.  aller  conjugationen  geworden  sei.  Doch  kommt  hier 
keine  besondere  bildung  in  betracht,  sondern  die  endun- 
gen  lauten  gleich  mit  denjenigen,  welche  wir  im  imperf. 
praes.  der    1.  conjugation   kennen   gelernt  haben. 

B.  Unbetonte  vocale  im  hiatusverhältnifs. 
a)  Ist  der  hiatus  bereits  in  der  quellensprache  yorbanden, 
so  wird  er  gewöhnlich  beseitigt  theils  durch  einscbiebung 
eines  lautes,  mit  Vorliebe  eines  halbvocals,  wie  es  in  py- 
eüvr«  (1)  aus  pluere  geschehen  ist,  theils  durch  Verdich- 
tung eines  vocals  zu  einem  halbvocal,  wie  es  in  Dyeü 
(Dens);  dyöbe  (2),  dyeb«  (3),  dyabyo  (5b)  aus  diabolus 
vorkommt.  In  folge  dieser  Verdichtung  entstehen  in  Ver- 
bindung mit  gewissen  consonanten  eigenthümliche  neue 
laute  und  zwar  in  folgender  weise.     Steht 

a)  i  (e)  nach  den  liquiden  im  hiatus  mit  folgendem  vo- 
cal,  so  geht  es,  verdichtet  zu  j  (y),  aa)  nach  1  mit  dieeem 
zu  jenem  laut  über,  den  wir  1  mouill^  nennen,  wofern  das 
betreffende  wort  derart  beschaffen  ist,  dals  nach  jenem  ly 
ein  schützender  vocal  zu  stehen  kam,  was  nicht  der  ÜA\ 
war  in  deü  (2)  aus  dolium  (in  cordolium)  und  in  li  aus 
lilium;  bisweilen  scheint  es,  als  habe  der  nach  1  stehende 
vocal  in  der  betonten  silbe  einen  neuen  laut  hervorgerufen.  So 
entstehen:  consely«  (2.3),  (consilium);  fouly«(1.2),  feüly« 
(3),  fouly«  (4. 5a),  feuille;  melyeür(5a),  (meliorem);  mervely« 
(2.  3),  merveille;  paly«  (1 — 5).  Der  dialekt  von  Ligniö- 
res  verschmäht  die  Verbindung  ly  und  begnügt  sich,  indem 
er  1  vor  y  ausstöfst,  mit  blofsem  y:  cons^y«,  conseil; 
fouey«,  feuille;  dasselbe  thut  auch  die  mundart  von  Lande- 
ron :  fouy«,  feuille  u.s.w.  Eine  sonderbare  bildung  mit  unter- 
bliebener erweichung  des  1  ist  el«  (1.  2.  3),  älo  (4),  eU(5a), 
elo  (5b)  aus  dem  plur.  von  oleum,  wo  das  im  hiatus  ste- 
hende e  attrahirt  wurde,  ohne  dafs  es  sich  zu  j  (y)  ver- 
dichtet und  die  vorhergehende  liquida  afficirt  hatte;  ßß)i(e) 
nach  m  verdichtet  sich  zu  g  (dj)  in  gr.I — IV,  zu  ±  in  der 
5.  gr. ;  m  bleibt  davor  entweder  nasal  stehen  oder  fällt  unter 
gewissen  umständen,  die  später  werden  bekannt  werden,  aus, 
80  dafs  nur  g  oder  i  übrig  bleibt :  con:&l  (5a),  (commeatus) ; 


abhandlimgeii  über  die  roman.  mnndarten  der  Sttdirestschweic.         337 

sä^e  (1),  se^e  (2),  Säge  (3),  8ä^6  (4),  SEiie  (5a),  (simia); 
veoaiZe  (5a),  (vindemia);  yy)  i  (e)  nach  n  verdichtet  sich 
und  bildet  mit  ihm  die  lautgruppen  Dg,  (ndj)  (gruppe 
I  —  IV)  und  ni  (gruppe  V),  wobei  jedoch  unter  ge- 
wissen bedingungen  der  nasal  oft  eingebüfst  wird.  Bei- 
spiele: etrange  (1.2),  etrange  (extraneus);  gran^e  (3), 
grange  (granea);  lange  (4),  lange  (lanea);  laiZe  (5a),  linge 
(vom  adj.  lineus);  son^e  (5a),  son^o  (5b),  songe  (somnium). 
In  einer  weitaus  geringern  anzahl  von  fallen  verbindet  sich 
i  (e)  als  j  (y)  mit  n  zu  n  (ny,  gn):  aran«  (1.  2),  ereun« 
(3),  arafie  (4.  5),  araignee;  dataöe  (1  —  4),  catan«  (5), 
(castanea);  i  tenie  (1.  2),  ten6  (3),  tino  (4),  tlüe  (5a),  tino 
(5b),  (teneo);  ivene(1.2),  veno  (3),  vin6(4),  vlfie  (5a),  vino 
(5b),  (venio).  Selten  wird  der  im  hiatus  stehende  vocal 
in  die  betonte  silbe  attrahirt:  coen  (ob),  (cuneus);  Sö)i(e) 
nach  r  im  verhältnifs  des  hiatus  wird  attrahirt.  Endet  das 
betreffende  wort  nicht  auf  einen  aus  dem  lateinischen  en- 
dungs-a  entwickelten  vocal  -e^  so  mufs  r  in  den  meisten  fällen 
verstummen.  Selten  verbindet  sich  ein  a  der  vorhergehenden 
silbe  mit  dem  attrahirten  vocal  zu  e  oder  einem  ähnlichen 
laut:  emere  (3),  armoire;  meistens  entsteht,  wohl  mit  Um- 
stellung der  beiden  zusammenfiiefsenden  voeale,  ie  oder  I: 
arenfer«  (2.  5),  sabli^re;  etrangfe  (2),  (gls.  extranearius); 
favfere  (1.  5),  champ  de  föves;  le-r-gfe  (2),  le^l  m.  le^r« 
f.  (3.  4),  le-r-zl  ra.  le-r-Älr«  f.  (5b),  l^ger,  lögfere  (gls.  levia- 
rius,  a);  rosfe(1.2),  rosX  (3.  4.  5a),  roüsl  (5b),  rosier;  sati 
(3),  seti  (4.  5  a),  sentier  (semitarius);  tyollre  (3),  doch 
auch  ohne  Umstellung:  tyol^ire  (4),  tyolair«  (5),  tuilerie 
(gls.  tegularia);  ebenso  perraire  (5b),  Steinbruch  (gls.  pe- 
traria).  Ebenso  verhält  es  sich  mit  Wörtern,  wo  e  in  der 
vor  r  stehenden  silbe  sich  befindet:  matfer«  (1.  2),  matlr« 
(3),  matire  (4),  matlre(5a),  matfere(5b),  (materies);  metfe 
(1.  2),.  meti  (3.  4.  5),  (ministerium);  doch  findet  sich  ohne 
Umstellung  aus  feria:  f^ire  (4),  fair«  (5b);  couer  (1.  2) 
und  coüe  (5b),  (corium),  doch  mit  ausgeworfenem  attra- 
hirtem  vocal  cour  (4.  5a),  mit  Umstellung  tyeü  (3)  aus 
cieü  und  dies  aus  ceüi,  ceüir,  coir.  In  moure  aus  muria 
ist   das  attrahirte  i  ebenfalls  ausgefallen,     ß)  I  (e)  nach 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  4.  22 


d88  HifeliB 

den   Sibilanten:    are)  nach   s;    auch  hier  pflegt  attractiim 
stattzufinden:    besl  (1.  2),  (basiare);   cerfea*  (1),  9^rfe8«(2), 
^'rlSe  (3.  4),    cerlSe  (.>),  (gls.  cerasea);     S/i^  nach  t  wird 
i  (e)  mit  diesem  zu   einem  Sibilanten  laut:   danson  (1—4), 
<^anson  (5),  (cantio,  -ionis);  dassl  (1—4),  cassl  (5a),  chas- 
ser  (gls.  captiare);    pjac«  (1 — 5),  place;    raaon  (1 — 5a), 
r^son  (5b),    (rationem).     Ein   breiterer  zischlaut  hat  sieb 
entwickelt  in:    anchan  m.,  ancien  d^eglise,    anchan.o«  und 
ancban.na  f.,  femme  de  Taneien  d'eglise  (gls.  anteanus,  a); 
avarcbeü  (1.  2.  4),  avare,  avaricieux  (avaritiosus);  pacht/ic» 
(1),  pachd-'ece  (2),  pachae«  (S),  pacbec«  (4),  paduaiC«  (5a), 
pacbeinCe  (5b),  (patientia);   ;-/)  i  (e)  nach  c  (ch)  wird  mit 
diesem  ebenfalls  zum  Zischlaut:  doss«  oder  doCef-CO?  ^^^lo^ 
(aus  calceus);  fac«  (5a),  (facies);  lyac«  (1 — 5),  yac«  zuLig- 
ni^res,  (glacies);  fremdartig  ist  die  gestaltung  zu  6  (gr.I — IV) 
und  c  (gr.  V)  in:  ep'nad«  (3),  ep^nad^  pl.  (4),  epenad«  (5b), 
(gls.  spinacea).     Breiter  ist  der  zischlaut  in:  odached  (1), 
(gls.  audaciosus);  bracba  sing.,  bracht  pl.  (4),  brasse  (bn* 
chia).     Befindet  sich  vor  c  noch  ein  s,   so  wird  der  bm* 
tere   laut  ebenfalls  vorgezogen:    conch^äc«  (1),    conch^ec« 
(2),  conchaCe  (3),   conchec«  (4),  conchoaiCe  (5a),  concbeoCe 
(5b),    (conscientia);    choüec«  (2),    cboac«  (3),  (scientia). 
y)  I  (e)   nach  den   mediae  und  nach  v:    aa)  nach  d;   es 
vereinigt  sich  mit  diesem  zu  g  (dj)  in  gr.  I — IV,    zu  i  in 
der  5.  gruppe:    assiez«  (5b),    Stützmauer  (gls.  assediom); 
djouqu'a  (1   Landeron),   jusqu^ä  (de-usque  ad);    gor  oder 
djor(1.2),  djeur(3),  djeur(4),  zor  (5a),  zo  (5b),  jour;  hör^t 
oder  hördje  (3),   hordjrf  (4),    hörz«  (5a),    b6rzo  (5b),   orge 
(hordeum);     mege  oder  medj«  in  medje-lan.n«  (2),  mi-laine 
(media-Iana) ;    mezo  (5b),   mi,  milieu  (medium);  gag«  oder 
gadj.  (3),  gagö,  gadj6  (4),  gaz«  (5a),  gaio  (5b),  gage  (mit 
vadium).     Doch  wird  d  bisweilen  auch  synkopirt  upd  der 
darauf  folgende  vocal  verbleibt  als  y;  so  entstanden:  ^oyt 
(1 — 4),  Äouy«  (5a),    zouyo  (5b),  joie,    sowie  das  dazu  ge- 
hörige adjectiv  ^6yeü  (1.  2),    ^oyu  (3),    göyeü  (4),  iojtü 
(5a),     zoyae"^    (5b);      Savouy,  (3),     Savoie    (Sabaudia) 
u.  a.;    /9/i)  nach  g;    in  Verbindung  mit  diesem  wird  ee  ^ 
in    gruppe   I— IV,     ±    in    der    5.  gruppe:    elo^«  (2.  3)» 


«bhandlimgen  ttber  die  roman.  mimdarten  der  SttdwestBchweis.      S89 

cloie  (5a),  6loge  (elogium);  prodig«  (1—3),  prodii«  (5a), 
prodizo  (5b),  prodige  (prodigium).  In  andern  fällen  wird 
g  synkopirt  und  es  bleibt  der  nachstehende  vocal  als  j 
übrig:  qu'i  fouye  (5a),  (fugiam);  yy)  nach  b;  aus  dieser 
Verbindung  entsteht  ebenfalls  g  (gr.  I  —  IV),  ±  (gr.  V): 
<$angl(l — 4),  canzi  (5a),  changer  (cambiare);  rag«  (1 — 4), 
raze  (5),  (rabies);  rüg«  m.  f.  (1 — 3),  rug6  m.  rüg«  f  (4),  rui« 
m.f.(5a),  ruÄo  m.  ruze  f  (5b),  (rubeus,  a);  öä)  nach  v:  allö^ 
(2),  allegi  (3),  alleigi  (4),  alll^l  (5b),  alleger  (gls.  alleviare); 
oze  (5a),  (alveus);  cag«  (1),  ca^«  (2 — 4),  caiie  (5),  cage; 
deluge  (1  —  3),  deluze  (5a),  deluio  (5  b),  d^luge;  ne^« 
(1 — 4),  neze  (5a),  nez«  (5b),  neige;  pyeü^e  (1 — 4), 
pyeüze  (5),  pluie;  söze  (5a),  (salvia);  ö)  I  (e)  nach  p 
geht  mit  diesem  über  in  6  (gruppe  I — IV),  in  6  in  der 
5.  gruppe:  ad«  (1),  ache  (apium);  approdi  (1.  2),  ap- 
procher  (gls.  ad-propiare);  proud«  (2.  3),  proud6  (4), 
prouca  (5a),  prouco  (5  b),  (propius);  reprocl  (5b),  re- 
procher  (gls.  repropiare).  Wie  im  französischen  pigeon, 
zeigt  sich  auch  in  pci^on  (5a),  (pipionem)  eine  unorgani- 
sche erweichung. 

U  im  verhältnifs  des  hiatus  stehend  in  viduus,  a  ward 
in  seiner  zum  Substantiv  gewordenen  ableitung  zu  y  ver- 
dichtet und  d  davor  ausgeworfen:  vev«  m.  vev«  f.  (1),  vev« 
m.  veve  f.  (2),  v^Ve  m.  v^va  f.  (3),  vevÖ  m.  veva  f.  (4), 
veve  m.  veva  f.  (5a),  vevo  m.  veva  f.  (5b),  veuf,  veuve, 
witwer,  witwe,  während  es  in  dem  von  demselben  lateini- 
schen Vorbild  abgeleiteten  adjectivum  attrahirt  wurde  in 
die  tonsilbe:  voüide  m.  f.  (5a),  vuido  m.  vuida  f.  (5b),  vide, 
leer,  wo  es  mit  i  seine  stelle  wechselte;  ebenso  in  dem 
dazu  gehörigen  verbum:  voüedl  mit  dem  compos.  devoüedl 
(2),  voüdl,  vudi  (4)  mit  ausgeworfenem  i,  vÖedl  (5),  (vi- 
duare).  Zwar  wird  der  hiatus  auch  oft  geduldet,  wenn  u 
einer  der  ihn  bildenden  vocale  ist;  so  haben  wir:  detruir« 
(2),  (destruere);  roüe'nn«  (1),  roüi'nue  (2),  rui'nna(5a), 
rui  na  (5b),  doch  mit  Zurückziehung  des  accents  auch  runa 
(3),   (ruina). 

b)  Ist  der  hiatus  durch  Zusammensetzung  entstanden, 
so  wird  in  der  regel   der  erste  der  beiden  zusammentref- 

22* 


340   Häfelin,  «bhandlnng^n  ttber  die  romaa.  mandarttn  der  SfidwMtsdiweix. 

fenden  vocale  durch  elision  beseitigt:  doD  (de-unde);  Ver- 
bindung inniger  art  fand  statt  in  dem  schon  erwähnten 
djouqu'a  (de-usque  ad).  In  abgeleiteten  Wörtern  wird,  wie 
im  französischen,  der  hiatus  durch  einschiebung  eines  t 
getilgt;  so  in:  fo-t-I  (1),  buche,  aus  fo,  fou  =  prov.  fau 
(fagus)  und  dem  ableitungssuffix  -I=-arius  zusammengesetzt. 

c)  Der  durch  consonantenausfall  entstandene  hiatus 
wird  oft  geduldet:  boe  (2),  boyau  (botellus);  mouft  (2), 
muer  (mutare);  nyo  (2),  nestei  (gls.  nidale  seil.  OTam); 
nyuä  (3),  nyue  (4),  nyoä  (5a),  (nodare);  saliä  (2),  (sa- 
lutare);  eterniä  (5b),  (sternutare);  triol,  dim.  triolet  (2), 
trefle  (trifolium),  manchmal  jedoch  wieder  durch  einen 
eingeschobenen  laut,  in  der  regel  einen  halbvocal,  besei- 
tigt: o-y-l(2,  5a),  ouir,  entendre  (audire);  ne-von-&(2),  nier 
(negare);  po-v-ei  (1),  pouvoir  (aus  potere,  poere  statt  posse). 

Unorganische  lauterscheinungen  auf  dem  ge- 
biet des  vocalismus.  Als  solche  sind  zu  betrachten: 
das  eindringen  eines  i-lautes  nach  den  liquiden  1  und  n, 
wodurch  diese  mouillirt  werden,  sowie  der  laute  o?  i  und 
ou  nach  ch,  hervorgegangen  aus  einfachem  c,  sei  und  ti, 
wie  in:  choädre  (1),  ch^edre  (2),  choädr^  (4),  choCidr^  (5a), 
cendres;  conch6äCe  (1),  conchj(eCe  (2),  conchoaiC«  (5a),  con- 
science;  choüece  (2),  chuac,  (3),  science;  pachefäc«  (1),  pa- 
ch^ece  (2),  pachodiCe  (^&)^  patience,  während  das  entstehen 
von  nebenvocalen  vor  r  unter  gewissen  bedingungen  von 
der  natur  des  r- lautes  abhängig  ist;  vor  allem  aber  das 
ansetzen  von  neuen  vocalen  vor  dem  wortkörper  selber, 
wie  es  stattgefunden  hat  in  folgenden  beispielen:  e-forCe 
(2),  ciseaux  (ital.  forbici,  forpex,  -icis);  a-lyan,  a-yto  zu 
Ligni^res,  a-yan  zu  Landeron  (1),  a-lyan  (2,  3,  4),  aber 
lyan  (5b),  gland  (glans,  -dis);  et'nely«  (3),  et'nöly«  (4), 
etenalye  (5b),  tenaille  (vom  plur.  von  tenaculum),  sowie  in 
dem  deutschem  Ursprung  angehörigen  e-louy«  (2),  galerie 
(mit.  laubja,  ahd.  lauba). 

Der  grammatik  können  die  im  mund  des  volkes  vor* 
kommenden  Verdrehungen  von  fremdartigen  Wörtern,  wie 
z.  b.  parfiamä  oder  parfyamä  für  parfumer,  nicht  zugewie* 
sen  werden.  Häfelin. 


Leo  Meyer,  über  Tocalsteigemiig.  341 

Ueber  vocalsteigerung, 

insbesondere  in   der  verbalflexion. 

Herrn  Doctor  Arthur  Amelungs  kleine  schrift  ober 
^die  bildung  der  tempusstämme  durch  vocalsteigerung  im 
deutschen^  (Berlin  1871)  gehört  zu  einer  kleinen  anzahl 
sprachwissenschaftlicher  arbeiten,  die,  von  Germanisten 
ausgehend,  doch  weit  über  das  gebiet  der  geschichte  deut- 
scher spräche  hinausgreifen  wollen,  die  aber  von  seilen 
der  vergleichenden  Sprachforschung  nur  geringen  beifall 
finden  können,  einmal  weil  sie  deren  resultate  nicht  in  hin- 
reichend weitem  umfang  kennen,  vor  allem  aber,  weil  ihre 
methode  und  art  der  beweisfQhrung  auf  allzuwenig  sicherem 
boden  sich  bewegt,  in  bezug  auf  die  nun  doch  schon  man- 
ches gewonnen  worden  ist.  Darauf  hier  weiter  einzuge- 
hen, ist'indefs  gegenwärtig  meine  absieht  nicht,  vielmehr 
möchte  ich  nur  einen  einzigen  punkt  aus  der  oben  ange- 
führten kleinen  schrift  zu  weiterer  betrachtung  heraushe- 
ben, aber  einen  punkt,  der  für  das  ganze  von  besonderer 
bedeutung  ist,  auf  dem  eigentlich  alles  weitere  aufgebaut 
worden  ist. 

Seite  7  ist  aus  Schleichers  compendium  (s.  11)  das 
folgende  System  der  vocalsteigerungen  gleichwie  etwas  ganz 
fertiges  und  gutes  aufgenommen: 

Grondyocal:       1.  Steigerung:  2.  steigemng: 

a-reihe         a        aH-as:aa         a-4-aassäa 
i-reihe         i         a-+-i    =i  ai  aH-ai    ss  ai 

u-reihe  u  a  -H  u  =  au  a  H-  au  ss  au 
und  in  einzelnen  Wörtern  nun  sogar  so  weit  durchzufahren 
gesucht,  dafs  in  ihnen  ä  (für  aa)  von  &  (für  äa)  in  der 
schrift  unterschieden  wird,  als  ob  sich  wirklich  in  irgend 
einem  indogermanischen  worte  ein  solches  monstrum  von 
vocalbildung,  wie  das  hier  gesetzte  ft=äa,  also  =  aH-a+a, 
beweisen  liefse. 

Ohne  allen  zweifei  gehört  das  oben  angefahrte  System 
zu  dem  mifsrathensten,  was  Schleicher  in  seinem  compen- 
dium überhaupt  vorgebracht  hat  und  man  kann  hinzufü- 


84S  LMMtyv 

gen,  dafs  bei  seiner  ganzen  art  es  gar  nicht  schwer  m 
verstehen  ist,  wie  er  zu  solchem  mifsgriff  gekommen.  Es 
geschah  durch  seine  verliebe  für  Systeme  Qberhaapt  und 
die  damit  eng  zusammenhangende  abneigung  gegen  die 
ausnahmen  in  der  spräche,  gegen  die  mehr  vereinzelt  ste- 
henden sprachlichen  erscheinungen,  und  daneben,  kann  man 
hinzufügen,  durch  ein  auch  sonst  vielfach  durchzuffthlen- 
des  zu  geringes  interesse  ftir  eine  tiefer  gehende  kenntnifs 
des  Sanskrit.  Friedrich  Möller,  der  in  seinen  zahlreichen 
kleineren  sprachwissenschaftlichen  abhandlungen  immer  so 
vortrefflich  die  wichtigen  punkte  hervorzuheben  und  in 
helles  licht  zu  stellen  weifs,  betont  in  der  abhandlung  Ober 
„die  vocalsteigerung  der  indogermanischen  sprachen^  (Wien 
1871),  s.  8,  dafs  in  der  indogermanischen  Ursprache  nur 
eine  einzige  vocalsteigerung  vorhanden  war;  die  zweite 
Steigerung  (d.  i.  äi  und  au)  in  ihrer  consequenten  entwick- 
lung  als  vrddhi  sei  ein  specifisch  indisches  prodnct,  und 
einige  zeilen  später  hebt  er  noch  hervor,  dafs  selbst  das 
altbaktrische,  das  doch  sonst  mit  dem  altindischen  in  voll- 
stem einklange  sich  befinde,  in  betreff  der  vocalsteigerung 
mit  demselben  nicht  übereinstimme,  indem  es  nur  eine  Stei- 
gerung (die  erste,  den  sogenannten  gunas)  kenne,  von  der 
zweiten  Steigerung  dagegen  (der  vrddhis),  die  im  indischen 
bei  gewissen  bildungen  regelmäfsig  zur  anwendung  komme, 
nur  ganz  geringe  spuren  aufweise. 

In  sehr  charakteristisch  der  Schleicherschen  ganz  ent-  . 
gegen  stehender  weise  spricht  Bopp,  einfach  den  thatsachen 
gerecht  werdend  und  ohne  ein  ausführlicheres  System  auf- 
zustellen, in  seiuer  vergleichenden  grammatik  §.29  fiber 
den  in  frage  stehenden  gegenständ.  Nachdem  er  das 
äufsere  der  vrddhibildung  (äi  und  äu)  einfach  angeführt, 
fährt  er  fort:  „diese  Steigerung  ist,  abgesehn  von  gewissen 
klassen  abgeleiteter  substantiva  und  adjectiva,  welche  den 
vocal  der  anfangssilbe  des  Stammwortes  vriddhiren  — -  x.  b. 
jäuvanä-m  „Jugend"  von  jüvan  „jung**  (thema),  hfti- 
ma-s  „golden"  von  h^mk-m  —  auf  vocalisch  endigende 
wurzeln  beschränkt.  Diese  steigern,  unter  andern  im  cau- 
sale,   den   wurzelvocal   durch   vrddhi,    daher  z.  b.  ^rftv- 


*ttber  Toei&ttigtmng.  34S 

-ä]ä-mi  (euphonisch  fär  präu-djä-nii)  „ich  mache  hö- 
ren" von  ^ru,  näj-ajä-mi  „ich  mache  führen**  von  nl. 
Die  europäischen  schwestersprachen  nehmen  an  dieser  art 
von  Steigerung  sehr  wenig  antheil**.  Was  in  dieser  letz- 
ten Beziehung  nun  Bopp  an  beispielen  noch  glaubt  anfiih- 
ren  zu  dürfen,  beschränkt  sich  ganz  auf  jene  „vocalisch 
endigenden  wurzeln**.  Die  wurzeln  nun  aber,  die  als  solche 
vocalisch  endigende  hier  in  frage  kommen  können,  sind 
einzig  die  auf  u  (oder  ü)  und  i  (oder  I),  da  die  wenigen 
auf  ö  von  den  indischen  grammatikern  aufgestellten  ebenso 
wie  die  auf  e  und  äi  bekanntlich  ohne  irgend  ausreichen- 
den  grund   als   solche   bezeichnet  sind,    weiter   aber  auch 

niemand    mehr   von   wirklichen  wurzeln    auf  vocalisches  r 

• 

und  r  wird  sprechen  wollen,  da  es  klar  genug  ist,  dafs, 
wo  die  indischen  grammatiker  von  gunirung  dieser  letzt- 
genannten beiden  vocale  sprechen,  die  nach  ihnen  ar  lau- 
tet, vielmehr  dieses  ar  die  ältere  und  zu  gründe  liegende 
lautform  bildet,  und  wo  sie  das  är  als  vrddhis  von  r  oder 
f  bezeichnen,  wir  darin  nichts  anderes  sehen  können,  als 
jenes  alte  ar,  in  dem  aus  irgend  welchem  gründe  das  a 
gedehnt  wurde. 

Es  ist  schon  an  anderen  orten  ausführlicher  davon 
die  rede  gewesen,  dals,  wo  sichs  um  wurzeln,  also  wirk- 
lich uralterthömliche  sprachformen  handelt,  wir  gar  kein 
sicheres  recht  haben,  formen  auf  u  (ü)  oder  i  (l)  als  solche 
anzusetzen,  wenn  wir  formen  mit  av  (au)  oder  aj  (ai) 
daneben  finden,  also  z.  b.  sravämi  „ich  fliefse**  neben  sei- 
nem particip  sruta-  oder  najämi  „ich  fähre**  neben  dem 
partieip  nlt4-  „geführt**,  vielmehr  dem  allgemeinen  gange 
der  geschichte  der  spräche  nach  es  durchaus  wahrschein- 
licher ist,  dafs,  um  uns  an  die  gewählten  nächsten  bei- 
spiele  zu  halten,  das  srav-  und  naj-  älter  ist,  als  die 
daneben  liegenden  sru-  und  nl-,  fQr  welche  letzteren  es 
vielmehr  nahe  liegt,  an  bildungen  mittels  lautlicher  Ver- 
stümmlungen zu  denken,  wie  wir  ganz  ähnlich  in  dhrt4- 
„gehalten**  neben  dharämi  ^icb  halte**  nicht  mehr  mit 
den  indischen  grammatikern  das  dhr-  für  alterthümlicher . 


844  Leo  Meyer 

und  eher  als   wurzelform  zu   bezeichnendes  ansehen    kön- 
nen, als  das  dhar-. 

Wenn  wir  nun  aber  von  diesem  gesichtspunkt  ans 
die  vriddbirung  in  der  altindischen  verbalflexion  betrach- 
ten, so  finden  wir,  dafs  sie  in  Wirklichkeit  auf  eine  ganz 
aufserordentlich  kleine  anzahl  von  formen  beschränkt 
ist,  und  dafs  sie  namentlich  ^bei  den  formen,  die  bei  spe- 
cieller  vergleichung  der  deutschen  verbalflexion  besonders 
in  betracht  kommen,  also  bei  allen  präseutischen  und 
perfectischen ,  Oberhaupt  gar  nicht  vorkömmt.  Im  prIU 
sens  haben  nach  den  altindischen  grammatikern  die  vrddhi- 
Steigerung  nur  einige  verba  der  zweiten  elasse,  also 
solche,  die  ihre'personalsuffixe  unmittelbar  an  die  warzel 
treten  lassen,  und  zwar  die,  deren  wurzelform  als  auf  u 
ausgehend  angegeben  wird  (Benfeys  vollständige  gramma- 
tik  §.  800,  III),  so  ru  „brüllen^,  tu  „wachsen^  und  stu 
„  loben  ^,  deren  erste  personen  der  reihe  nach  heifsen 
räumi  „ich  brülle^,  täumi  „ich  wachse^  und  st4umi 
„ich  lobe'^  oder  aber  auch  rävinii,  tavimi  und  8t&- 
vlmi,  wie  nach  besonderer  regel  (Benfey  §.819.  11,3.2) 
erlaubt  ist.  Wir  bezeichnen  deshalb  ihre  verbalgrundfor- 
men  oder  wurzeln  der  reihe  nach  als  rav,  tav  und  stav, 
aus  denen  die  erstaufgeführten  präsentischen  formen  ein- 
fach durch  dehnung  des  inneren  a  (räumi  fQr  rftv-mi 
und  so  fort)  gebildet  wurden.  Die  Qbrigen  der  angefahr- 
ten regel  bezüglich  der  angeblichen  vriddhirung  unterlie- 
genden Verben  sind  kav  (ku)  „schreien**  :  kiumi  „ich 
schreie**,  käav  (käu)  „niesen"  :  kädumi  „ich  niese*', 
ksnav  (ksnu)  „schärfen**  :  känäumi  „ich  schärfe*^,  djav 
(dju)  „glänzen**,  nach  Bohtlingk-Roth :  „losfahren,  angrei- 
fen** :  djäumi  „ich  glänze**,  nav  (nu)  „loben*^  :  niami 
„ich  lobe**,  jav  (ju)  „verbinden**  :  jaumi  „ich  verbinde", 
sav  (su)  „herrschen**  :  säumi  „ich  herrsche**  und  snav 
(snu)  „fliefsen**  :  sndumi  „ich  fliefse**,  denen  die  san- 
skritgrammatik  dann  auch  noch  glaubt  zufügen  zu  dürfen 
ürnu  „bedecken**  mit  der  ersten  person  ürnäumi  oder 
ürnömi,  in  dessen  -näu-  oder  -nö-  aber  nichts  anderes 
enthalten   sein   kann,    als   das  (allerdings   etwas   aulserge- 


ttber  Tocalsteigemiig.  845 

wohnlich  behandelte)  präsenszeichen  der  fünften  klasse. 
In  den  angeführten  präsentischen  formen  ist  die  verbal- 
grundform  ganz  auf  die  nämliche  weise  behandelt  wie  in 
khäundti  „er  springt  hervor"  (Benfey  §.  805,  IV),  zu  dem 
auch  die  indischen  grammatiker  die  wurzel  als  auf  av 
(khav)  ausgehend  angeben. 

Was  die  perfectflexion  anbetrifit,  so  tritt  eine  unzwei* 
feihafte  —  das  heifst  im  innern  der  verbalgrundform  vor 
wurzelhaftem  consonanten  sich  findende  —  vrddhis  in  ihr 
auch  ebenso  wenig  irgendwo  auf,  als  in  der  präsentischen 
flexion.  Wo  wir  nach  der  angäbe  der  sanskritgrammati- 
ken  vrddhis  im  perfect  finden,  betrifft  sie,  ganz  wie  in 
den  oben  aufgeführten  präsentischen  formen,  ausschliefslich 
den  auslaut  nach  der  gewöhnlichen  auffassung  vocalisch 
ausgehender  wurzelformen.  Die  vocalverstärkung  tritt  aber 
nur  ein  in  der  dritten  singularperson  des  perfects,  wo 
wir  dann  also  nur  von  dehnung  eines  inneren  a  sprechen, 
und  willkührlich  auch  in  der  ersten  person,  wo  nach  der 
angäbe  der  grammatik  auch  gunas  eintreten  —  oder  nach 
unserer  auffassung  altes  wurzelhaftes  a  unversehrt  —  blei- 
ben kann.  Als  beispiele  kann  hier  genügen  anzufahren 
dudräva  „er  lief"  und  dudrdva  oder  dudrava  „ich 
lief"  von  der  wurzelform,  die  die  indischen  grammatiker 
dru,  wir  aber  lieber  drav  „laufen"  nennen,  und  nindja 
„er  führte"  nebst  nindja  oder  ninaja^„ich  führte",  zu 
denen  wir  die  wurzelform  als  naj  „führen"  aufführen  wür- 
den, die  indischen  grammatiker  aber  dieselbe  als  nl  be- 
zeichnen. 

Unter  sämmtlichen  verschiedenen  tempusbil düngen  des 
altindischen  ist  nur  eine  einzige,  bei  der  wirklich  von 
vrddhisteigerung  die  rede  sein  kann,  nämlich  diejenige 
aoristbildung,  deren  hauptkennzeichen  ein  einfaches  s  ist, 
oder  nach  Benfey  die  vierte.  In  den  paragraphen  856 
bis  859  giebt  Benfey  in  seiner  vollständigen  grammatik 
die  nicht  ganz  einfachen  und  vielfach  sich  durchkreuzen- 
den regeln  über  den  gebrauchsumfang  des  in  frage  stehen- 
den aorists,  für  den  die  vriddhirung  übrigens  nur  in  den 
activformen  (Parasmäipadam,  Benfey  §.847, 1,  1)  gebrauch- 


346  L«o  Meyer 

lieh  ist.  Ad  hier  in  betracht  kommendeD  Terben,  d.  h. 
solehen  mit  innerem  u  oder  i,  die  den  fraglichen  aorist 
bilden,  ergeben  sich  aus  den  von  Benf'ey  zusammengestell- 
ten bestimmungen  übrigens  nur  die  folgenden  achtzehn  auf 
k  und  g,  d  und  dh,  und  p,  neben  denen  wir  die  frag- 
liche aoristhildung  beispielsweise  in  der  indicativen  ersten 
singularperson  mit  aufYOhren:  rik  ^platz  machen^  :  är&ik- 
äam  ^ich  machte  platz^,  vik^trennen^  :4v&iköani  ^ich 
trennte^;  nig  „reinigen^  :  anäiksam  ^ich  reinigte^,  bhu^ 
„geniefsen^  :  äbhäukäani  „ich  genofs^,  jug  ^ verbinden ^ : 
4jäukäam  „irh  verband^,  ru^  „zerbrechen^  :  ar&uk- 
äam  „ich  zerbrach^,  vig  „zittern^  :  &väikäam  y,ich  zit* 
terte^;  k§ud  „zerreiben^  :  akääutsam  „ich  zerrieb ^^^ 
khid  „ betrüben '^  :  akhäitsam  „ich  betrübte^  khid 
„spalten^  :  akhäitsam  „ich  spaltete^,  tud  „stofsen^  : 
4täutsam  „ich  stiefs^,  nud  „stol'sen^  :  änftutsam  „ich 
stiefs^  bhid  „spalten^  :  äbhäitsam  „ich  spaltete**;  rudh 
„zurückhalten^  :  aräutsam  „ich  hielt  zurück^,  sidh  „leh- 
ren^ :  äsäitsam  ^ich  lehrte^;  käip  „werfen^  :  akäftip- 
sam  „ich  warf^,  khup  „berühren^  :  akhäupsam  «ich 
berührte^  und  gup  „schützen^  :  agaupsam  „ich  schützte^. 
Mehrere  der  aufgefährten  verba  bilden  übrigens  neben  den 
in  frage  stehenden  auch  noch  eine  andere  aoristform,  die 
meisten  den  zweiten  aorist  nach  der  gewöhnlichen  z&hlung, 
nämlich  rik  :  arikam,  vik  :  avikam,  nig  :  4ni^am, 
jug  :  ajugam,  vig  :  4vigam,  käud  :  äkäudam,  khid: 
akhidam,  bhid  :  äbhidam,  rudh  :  drudham  und 
aufserdem  sidh  „lehren^  aufser  dem  aufgeführten  äsäit- 
sam auch  äsedhisam  „ich  lehrte^  und  gup  „schützen^ 
auliser  dem  aufgeführten  agaupsam  auch  noch  ag^pi- 
§am  und  in  den  veden  auch  gugupam,  wie  Benfey 
§.  857  bemerkt. 

Da  für  zehn  der  oben  aufgezählten  achtzehn  verba 
weder  bei  Westergaard  noch  in  dem  grofson  Petersburger 
Wörterbuch  eine  der  aoristformen  mit  innerer  vrddhis  wirk- 
lich belegt  worden  ist^  so  mag  es  nicht  überflüssig  er- 
scheinen, für  die  acht  noch  übrigen  verben  aus  den  bei- 
den angeführten  Wörterbüchern  die  wirklich  beigebrachten, 


ttber  TMilttoigtnii^  itt 

im  ganzen  doch  nur  sehr  wenigen,  betreffenden  aoristfor«* 
men  hier  nochmals  zasammenzustellen ,  da  es  ja  f&r  die 
Sanskritgrammatiken  Oberhaupt  noch  yiel  «n  wenig  mode 
ist,  die  in  falle  und  überfalle  gehäuften  regeln  mit  bele- 
genden beispielen  etwas  zu  beleben.  Aus  den  veden  finde 
ich  nur  eine  einzige  der  fraglichen  aoristformen  beige- 
bracht, nämlich  von  ni^  ,, reinigen,  abwaschen'',  in  der 
stelle  ipas  m&lam  iva  pränäikölt  ffir  pr4-anäikdlt) 
sarvän  m&KKhap&thän  Ädhi  Atharvav^as  II,  7,  1. 
Die  übrigen  belegten  formen  gehören  zu  käu d  „zerrei- 
ben^, khid  „spalten^,  tud  „stofsen^  bhid  „spalten^ 
käip  „werfen^,  gup  „schützen^  und  die  meisten  zu  rudh 
„zurückhalten^.  Wir  geben  sie  in  der  angeführten  Ord- 
nung, also  zunächst  zu  kind  :  tß  tam  akiiäutsus  pä- 
däis  „sie  zerstampften  ihn  mit  den  fafsen^  Bhattikävjam 
XV,43;  zu  Khid:asja  upasadjfim  mä  Khfiitsit  pra- 
^ajä  papubhis  Ka  Qatapathabrähmanam  XIV,  9,  4,  23 
und  tam  tu  tvä  mä  giräu  santam  ndakam  antaf- 
-khäitslt  Qatapathabi^hmanam  1,8, 1,  6;  zq  tud  :  atäut- 
slt  „er  stiefs^  Bhattikäyjam  XV,  37  und  atäutsus  pfl- 
läis  „sie  stiefsen  mit  Speeren*  Bhattik&vjam  XV,  4;  zu 
bhid  :  padäbhj&m  kämäm  iva  abhäitslt  „mit  beiden 
füfsen  spaltete  er  gleichsam  die  erde''  Bhattikävjam  XV,  22, 
abhäitslt  tam  ^aräis  „er  spaltete  ihn  mit  pfeilen'' Bhat» 
tikävjam  XV,117  und  pratjabhäitsus  avadan  tjd  öva 
tam  aprubindubhis  Raghuvan^^as  XIX,  22;  zu  kSip  : 
päiiän  ud-akäaipsus  „lierge  werfen  sie  in  die  hdhe'^ 
Bhattikävjam  XV,  34;  zu  gup  :  agöpiäthäm  purim 
lankäm  agöptäm  (statt  dessen  Westergaard  agftuptftm 
schreibt,  wie  aber  auch  Böhtlingk  und  Roth  gelesen  wia^ 
sen  wollen)  raköasäm  balam  Bhattikävjam  XV,  1 13.  Am 
meisten  belege  hi  ehergehöriger  aoristischer  formen  haben  die 
Petersburger  sowohl  als  VV.estergaard  zu  rudh,  neben  denen 
als  vedische  formen  auch  aräut  und  aräntsi  angefahrt 
werden: 'aräutsit  „er  hielt  zurück''  Mahäbhäratam  VIII, 
244;  (kdiptän)  girln  aräutsit  faräis  Bhattikävjam 
XV,  80;  nadlm  puktimatim  giris  aräutsit,  „den  mo- 
schelreichen  flufs  hielt  der  berg  auf^  Mahftbbäratam  1^2367  j 


848  Leo  Meyer 

tava  adhj&Tasantam  m&m  m&  rftutsia  hrdajam 
Bbattikävjam  VIII,80;  viveätu  kämam  oj-arftutsit  im 
verzeichnirs  der  Oxforder  handschriften  259,  a,  20;  atlr- 
thena  nväi  ajam  adhvarjus  ähutls  prär&utslt  Qa- 
tapathabrähnianam  XI,  4,  2,  14;  bhr&taram  pürva^am 
hi  jas  apmabhis  pratjaräutsit  —  bilö  RfimSjanam 
IV,  55,  3;  tarn  jas  pratirnndbet  japas  8a  pratirun- 
dhet  tasmät  na  pratjaräutsi  Aitaröja  bi^hmanam  VI, 
34  und  das  mit  fragezeichen  von  Westergaard  angef&hrte 
mä  mä  uparötsis  (was  doch  wohl  sein  muls  uparfiat- 
sis)  Kathaka-UpaniSad  I,  1,  19. 

Es  ist  also  eine  verbäitnifsmärsig  nur  geringe  anzahl 
von  verben,  die  ihren  aorist  mit  unleugbarer  vrddhistei- 
gerung  des  inneren  vocales  bildet,  und  die  so  gebildeten 
aoriste  scheinen  zudem  gar  keine  besonders  häufig  ge- 
brauchte formen  zu  sein.  Das  ist  aber  denn  auch  alles, 
was  sich  an  vriddhirung  in  indischen  verbalformen  Ober- 
haupt anführen  läfst.  Diejenigen  griechischen  aoriste,  die 
den  in  frage  stehenden  altindisehen  zunächst  stehen,  die 
sogenannten  ersten  wie  eÖei^a^  si^ce,  rjfAU'ipa^  ü^ev^a^  itfnevaa^ 
zeigen  nie  eine  mehr  gesteigerte  vocalform  als  ihr  pr&- 
sentischer  oder  auch  futurstamm  und  können  schon  des- 
halb mit  jenen  sanskritischen  die  vrddhis  aufweisenden 
aoristformen  nicht  ohne  weiteres  zusammengeworfen  wer- 
den. So  ist  es  nach  allen  richtungen  deutlich,  dafs  im 
griechischen  wie  im  deutschen  überhaupt  gar  keine  ver- 
balformen mit  der  in  diesen  sprachen  eigenthümlich  aus- 
gebildeten sogenannten  zweiten  Steigerung  mit  altindisehen 
die  vrddhisteigerung  enthaltenden  als  genau  entsprechend 
zusammengestellt  werden  können. 

Aber  auch  innerhalb  des  Sanskrits  selbst,  ist  noch  her- 
vorzuheben, besteht  gar  kein  so  bestimmter  Zusammenhang 
zwischen  gunas  und  vrddhis  oder  der  sogenannten  ersten 
und  zweiten  vocalsteigerung ,  dafs  man  etwa  einen  regel- 
mäfsigen  stufengang  vom  grundvocal  durch  gunas '  zur  Trd- 
dhis  anzunehmen  hätte,  wie  das  oben  angeführte  Schlei- 
chersche  System  es  glaublich  zu  machen  scheint.  Die  Trd- 
dhisteigerung  entspringt  ganz  selbstständig  aus  dem  je  zu 


über  yocalsteigenmg.  549 

gründe  liegenden  voeal,  ohne  sich  erst  auf  einen  gunavo- 
cal  zu  stützen,  ja  sie  scheint  auf  einem  ganz  anderen  prin* 
cip  zu  beruhen. 

Darauf  deutet  auch  schon  Benfey  (vollständige  gram- 
niatik  §.  9,  bemerkung  2),  dessen  bezügliche  worte  wir  in 
ihrem  ganzen  Zusammenhang  hersetzen,  einiges  uns  hier 
wichtigere  darin  besonders  betonend:  „Vielfach  fällt  die 
gunirung  eines  vocals  mit  seiner  accentuirung  zusammen, 
während  umgekehrt  der  einfache  vocal  gewöhnlich  bewahrt 
wird,  wo  er  nicht  den  accent  hat.  Diefs  macht  nicht  un- 
wahrscheinlich, dafs  die  erweiterung  durch  a  ursprünglich 
blofs  folge  des  accents,  rein  phonetisch  war.  In  an- 
dern fallen,  wo  zwar  in  dem  vorliegenden  sanskrit  die  gu- 
nirte  silbe  den  accent  nicht  hat,  läfst  sich  nachweisen, 
dafs  sie  ihn  einst  hatte.  Doch  bleiben  auch  viele  übrig, 
wo  dieses  nicht  geschehen  kann,  selbst  solche,  wo  sich 
nachweisen  läfst,  dafs  sie  ihn  früher  nicht  haben  konnte. 
Es  drängt  daher  vieles  zu  der  vermutbung,  dafs  die  guni- 
rung ursprünglich  zwar  nur  folge  phonetischer  einflüsse 
war,  aber  durch  reihen  von  analogien,  welche  sie  durch- 
drungen hatte,  in  dem  sprachbewufstsein  nach  und  nach 
eine  begriffliche  (dynamische)  geltung  sich  erwarb.  Ob 
dasselbe  auch  von  der  vrddhi  angenommen  werden  könne, 
ist  um  vieles  zweifelhafter,  da  diese  viel  später 
entstanden  und  eine  eigenthümlichkeit  des  ari- 
schen Sprachzweiges  ist.  Obgleich  auch  hier  einige 
fälle  mit  dem  accent  zusammentreffen,  so  scheint  doch  die 
gröfste  mehrzahl  rein  dynamisch^. 

Zu  gründlicheren  forschungen  über  die  vrddhisteige- 
rung  würde  vor  allen  dingen  unumgänglich  nöthig  sein, 
sich  über  den  umfang  ihrer  Verwendung  innerhalb  des  alt- 
indischen nach  allen  richtungen  zu  orientiren. 

Vom  Specialstandpunkt  deutscher  grammatik  aus  läfst 
sich   über  die  vrddhisteigerung,  also  über  die  vocalgebilde 
äi  und  äu,  keinerlei  nützliche  belehrung  bieten. 
Dorpat,  den  15.  [3.]  februar  1872. 

Leo  Meyer. 


860  Leo  Mejer 

^'ExaOTog  —  Fäxaavog. 

Was  ich  im  achten  bände  dieser  Zeitschrift  (s.  171) 
mit  kräftiger  entschiedenheit  ausgesprochen:  „es  steht  un- 
zweifelhaft fest,  dafs  die  ursprünglichen  formen  fbr  9xa- 
üTog,  ixarsfjogj  ixccTSQite  im  griechischen  ^äxa<rrog,  ^cxcr- 
TBQog^  jrsyMTBgd's  lauten,  die  ihnen  zu  gründe  liegende  ein- 
fache form  also  ßBna^^  das  mufste  trotz  des  zum  theil  sehr 
heftigen  Widerspruchs,  den  es  gefunden,  alle  zeit  bestehen 
bleiben,  weil  es  auf  sorgfältigster  abwägung  der  maafsge- 
benden  Verhältnisse  beruhte. 

Benfey  glaubte  in  einem  besonderen  aufsatze,  der  auch 
noch  dem  achten  bände  (s.  321  bis  328)  dieser  Zeitschrift 
einverleibt  ist,  in  einer  von  dem  von  mir  aufgestellten  ganz 
abweichenden  weise  eine  völlig  neue  und  in  gewisser  be* 
ziehuDg  auch  wohl  ansprechende  etymologie  der  in  frage 
stehenden  griechischen  Wörter  aufstellen  zu  dürfen,  nach 
der  sie  ein  altes  anlautendes  j  sollten  enthalten  nnd  so 
also  Ixaöxoq  früher  sollte  jixaöTog  gelautet  haben. 

Ahrens,  der  den  Wörtern  ixdrsgog  und  ^xa(nog  auch 
einen  besonderen  aufsatz,  der  im  zehnten  bände  (s.  59  bis 
68  und  s.  81  bis  üö)  dieser  Zeitschrift  abgedruckt  steht, 
gewidmet  hat,  behauptet  für  die  behandelten  Wörter  den 
anlaut  eines  ursprünglichen  (7,  so  dafs  also  bcaatog  sollte 
aus  einem  älteren  aexacfrog  entstanden  sein. 

Beide  gelehrte  haben  ihre  aufstellungen  nicht  im  ent- 
ferntesten bewiesen.  Benfey  drückt  sich  (s.  322)  zur 
vertheidigung  seines  j  doch  gar  zu  unsicher  aus,  wenn  er 
sagt :  „gerade  in  bezug  auf  ;  glaube  ich  —  um  dies  hier 
beiläufig  zu  bemerken  —  viele  spuren  einer  verhältnifs- 
mäfsig  noch  langen  geltung  auf  griechischem  boden  xa 
finden  und  werde  vielleicht  später  gelegenheit  erhalten,  sie 
zusammenzustellen^  und  was  Ahrens  (s.  65  und  66)  zur 
vertheidigung  eines  homerisch  noch  anlautenden  er,  wo  wir 
es  sonst  im  griechischen  nicht  mehr  finden,  glaubt  anfuh- 
ren zu  können,  ist  kümmerlich  wenig  und  ganz  und  gar 
unsicher  dazu. 

Beweise  führen  lassen  sich  auf  Sprachwissenschaft- 


"Exaaroq  —  ^ixaaxoq,  951 

liebem  gebiet  nur  durch  frappant  einleuchtende  und  durch 
zahlreiche  beispiele.  Was  aber  im  einzelnen  fall  für  frap- 
pant einleuchtend  gelten  darf  und  wie  viele  begründende 
beispiele  zur  wirklichen  beweisführung  als  nothwendig  gel- 
ten dürfen,  das  läfst  sich  nicht  mathematisch  abgränzeo, 
sondern  beruht  auf  gesundem  wissenschaftlichem  urtheil. 
Was  in  der  vorliegenden  etymologischen  frage  nun  aber 
(und  es  handelt  sich  zunächst  nur  um  den  alten  anlaut 
von  'ixaöTdi;  und  ixccrsQug)  zur  vertheidigung  ihrer  ansich- 
ten  von  den  beiden  genannten  gelehrten  an  begründenden 
beispielen  beigebracht  ist,  wird  eben  niemand  frappant 
einleuchtend  oder  zahlreich  nennen  wollen,  wird  niemand, 
wie  man  auch  sagen  könnte,  für  qualitativ  oder  quantitiv 
ausreichend  halten. 

Wenn  nun  aber  in  dem  angezogenen  aufsatz  von  Ben- 
fey  auch  gar  nichts  bestimmtes  beigebracht  ist,  um  das 
wirkliche  Vorhandensein  eines  /  in  der  homerischen  spräche 
zu  beweisen,  so  darf  doch  angeführt  werden,  dafs  derar- 
tiges von  andern  schon  versucht  worden  ist,  so  insbeson- 
dere von  Georg  Curtius,  der  in  seinen  grundzügen  (s.  551 
bis  553)  den  „spuren  des  erhaltenen  jod**  einen  besonde- 
ren abschnitt  geglaubt  hat  widmen  zu  müssen. 

Prüfen  wir  die  beweisführung!  Curtius  sagt:  „ja  wir 
finden  selbst  bei  Homer  einzelne  spuren  der  existenz  die- 
ses consonanten.  Namentlich  gilt  das  von  den  beiden 
Wörtern  (hg  und  leaifai^.  Da  aufser  den  genannten  bei- 
den Wörtern  sonst  gar  nichts  zur  begründung  eines  anlau- 
tenden j  in  der  homerischen  spräche  beigebracht  worden 
i&t,  so  wollen  wir  zur  Widerlegung  der  aufgestellten  be- 
hauptung  hier  auch  nicht  weiter  greifen.  Curtius  stellt, 
wie  auch  andere  es  gethan  haben,  das  griechische  (ag  dem 
altindischen  jät,  das  unverkennbar  ein  alter  ablativ  des 
relativstammes  ja-  ist,  gleich.  Da  von  der  bedeutung  des 
altindischen  jät  dabei  überhaupt  nicht  weiter  die  rede  ist, 
so  wollen  wir  hier  hervorheben,  dafs  das  jät  im  grofsen 
Petersburger  Wörterbuch  aufser  in  zwei  ganz  vereinzelt 
vorkommenden  Zusammensetzungen  (jäl£l£hr6äth4-  [f&r 
jät-presth4-]  „bestmöglich^   und  jädrädhja-  „so  weit 


852  L«o  Mejer 

es  sich  thun  läfst,  so  gut^  oder  „so  schnell  als  möglich^) 
nur  rpit,  fOnf  vedischeD  stellen  belegt  ist  in  der  bedeutong 
„in  soweit  als,  so  viel  als;  so  lange  als,  seit%  was  von 
dem  homerischen  (og^  auf  das  es  hier  allein  ankommen 
kann,  ziemlich  weit  abliegt.  In  formeller  beziehung  wird 
zu  weiterer  begründung  der  fraglichen  gleichstellung  an- 
gefahrt, dafs  schon  im  philolögus  (III,  8)  darauf  hinge* 
wiesen  sei,  „dafs  die  Verlängerung  kurzer  silben  vor  dem 
in  der  anastrophe  stehenden  (og  {i*te6g  wg^  OQVi&sg  äg^  €pv^ 
TOP  dig,  TiiXexvg  dig)  auf  diese  weise  zu  erklären  sei,  wo» 
mit  jetzt  Christ  154  übereinstimmt^.  In  der  angezogenen 
philologusstelle  findet  sich  nun  aber  keine  spur  von  be- 
weis eines  alten  j  in  jenem  wg;  es  wird  dort  einfach  be- 
hauptet: „spuren  eines  anlautenden  j  .  .  .  kommen  auch 
sonst  vor,  am  deutlichsten  vor  oog  =s  jät^.  Weiter  aber 
ist  an  begründung  des  in  frage  stehenden  punktes  am  an- 
gezogenen orte  der  grundzüge  ganz  und  gar  nichts  beige» 
bracht,  man  müfste  sonst  die  werte  (s.  552) :  „dafs  aber  der 
Spiritus  asper  des  relativpronomens  und  seines  adverbs  atg 
aus  jod  entstanden  sei,  behaupteten  wir  unter  no.  606  trotz 
einiger  dagegen  erhobener  bedenken '^  dafür  halten.  Se- 
hen wir  an  der  bezeichneten  stelle  nach,  so  finden  wir 
auch  da  wieder  nicht  das  allermindeste  beweisende  für  ein 
im  homerischen  ojg  noch  anlautendes  j:  alles  was  die  ho- 
merische spräche,  auf  die  Curtius  (s.  55t)  immerhin  ge- 
wicht legt,  für  jenes  anastophische,  wie  wir  es  kurz  nennen 
können,  wg  beweist,  ist,  dafs  es  einen  anlautenden  conso* 
nanten  enthielt:  dafs  dieser  aber  ein j  sein  konnte,  das  zo 
beweisen,  weifs  Curtius  nicht  das  mindeste  beizubringen. 

Was  den  griechischen  relativstamm  o-  im  allgemeinen 
betriffi;,  so  kann  kein  urtbeilsfähiger  daran  zweifeln,  dafs 
der  mit  dem  altindischen  ja-  genau  übereinstimmt.  Er 
begegnet  in  der  homerischen  spräche  häufig  genug,  um 
aufs  bestimmteste  behaupten  zu  können,  dafs  er  in  ihr 
keinen  consonantischen  anlaut  mehr  hat,  was  nach  der 
geschichte  des  jod  im  griechischen,  so  weit  wir  sie  ken- 
nen, nicht  allein  nichts  auffälliges  hat,  sondern  dem  genau 
entspricht,   was  wir  von  vornherein  auch  erwarten  konn- 


ten.  Sehr  auffällig  und  sehi'  beachtenswerth  aber  ist  dem 
gegenüber,  dafs  das  anastrophiscbe  cig  in  der  homeriscben 
spracbe  deutlicb  consonantiseben  anlaut  bat.  Immanuel 
Bekker  bat  in  seinen  homeriscben  blättern  (s.  204)  die  be- 
weisenden stellen  vollständig  zusammengetragen:  13 mal 
findet  sieb  biatus  vor  dem  nachgesetzten  wg^  34  mal  macht 
sein  anlaut  position,  6  mal  steht  es  metrisch  gleicbgöltig 
und  nur  an  17  stellen  scheint  es  vocalischen  anlaut  -zu 
haben.  Daraus  folgt  ganz  einleuchtend,  dafs  das  nachge- 
setzte cog  gar  nicht  zum  relativstamm  gehören  kann.  Bek- 
ker nennt  es,  wenn  er  es  auch  so  in  seiner  Homerausgabe 
(Bonn  1858)  noch  nicht  bezeichnet  hat,  mit  recht  digam* 
mirt  und  erklärt  es,  worin  wir  ihm  ganz  beistimmen,  für 
verwandt  mit  dem  pronomen  der  dritten  person  [^,  home- 
risch ^fi,  aus  sva-],  zu  dem  man  auch  cpi]  „wie**  gestellt 
bat.  Da  stellt  sich  also  das  gotbische  svd  „wie^  zunächst 
zum  vergleich. 

Noch  bedenklicher  aber  als  für  jenes  nachgesetzte  Sg 
siebt  es  mit  der  Curtiusschen  beweisföhrung  aus,  dafs  das 
bomerische  'utsd^ai  sich  ein  anlautendes  altes  j  erhalten 
habe.  Zunächst  wird  wieder  auf  den  pbilologus  (III,  5) 
verwiesen.  Da  führt  Curtius,  wie  es  auch  viele  andere 
thun,  das  griechische  triui  auf  das  altindische  j  ä  zurück 
und  sagt  dann  weiter  (s.  8):  „aus  derselben  wurzel  ja  ging 
nun,  glaube  ich,  auch  das  medium,  aber  auf  eine  völlig 
selbständige  [P]  weise  hervor.  Die  reduplication  hat  im 
allgemeinen  intensive  kraft,  die  nicht  selten  eine  desidera- 
tive  bedeutung  erzeugt,  z.  b.  in  riTvaxofiai^  XiXaiofxai.  Die 
begrifie  wünschen,  streben  lehnen  sich  gern  an  den  sinnliche- 
ren geben  an  .  .  .  Im  griechischen  wirkte  also  die  redupli- 
cation (jije^ai)  im  bunde  mit  den  medialen  endungen,  um 
aus  j  ä  gehen  ein  streben  zu  machen,  während  sie  im  activ 
eine  causative  geltung  bekam.  Daher  bedeuten  die  nicht 
reduplicirten  formen  z.  b.  ^a&ai  niemals  wünschen.  Der 
vocal  der  reduplicationssilbe  wurde  gedehnt  [?  wo  wird 
sonst  ein  reduplicationsvocal  £,  der  in  jtjefAcci  doch  aus  a 
geschwächt  sein  mufs,  gedehnt?],  wie  in  den  sanskritischen 
intensiven  und   z.  b.  im  griechischen  vr^vico.     Hier  im  me- 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  4.  23 


854  Lm  Meyer 

dium  hatte  die  Verdoppelung  noch  eine  ftkhlbarere  kraft 
als  im  activ,  deshalb  hielt  sich  hier  die  länge  und  der 
consonantische  anlaut  im  homerischen  dialekt^.  Dagegen 
würde  zu  bemerken  sein,  dafs  wir  von  einer  anlautende 
consonanten  schützenden  y,fühlbareren  kraft  der  Verdoppe- 
lung^, wo  sonst  jener  consonantische  anlaut  eingebOlst  zu 
werden  pflegt,  absolut  nichts  wissen.  Zu  jener  ausf&hrung 
im  philologus  aber  ist  in  den  grundzfigen  gar  nichts  hin- 
zugekommen, das  das  anlautende  j  für  tsfAai  noch  weiter 
zu  begründen  im  stände  wäre.  Es  heifst  (s.  552)  „in  den 
medialen  formen  uro,  Uusvog^  u^ivuiv  u,  6.  w.,  die  sieh 
auch  durch  die  bedeutung  streben,  sehnen  etwas  [!]  vom 
activ  entfernen,  finden  wir  vor  dem  anlaut  in  22  stellen 
der  homerischen  gedichte  auffallenden  hiatus.  Bekker 
schreibt  dort  und  wo  sich  sonst  ^  durchführen  lälst^rero, 
^lifASPog,  Aber  auch  nach  jenem  aufsatz  im  philologus  hat 
niemand  aus  griechischen  mundarten  oder  verwandten  spra- 
chen das  ^  zu  begründen  vermocht.  So  ist  es  mir  immer 
noch  wahrscheinlich  [!],  dafs  wir  hier  den  hiatus  nicht 
dem  labialen,  sondern  dem  palatalen  Spiranten  verdanken^. 
Damit  ist  aber  natürlich  wieder  ganz  und  gar  nichts  be- 
wiesen und  noch  viel  weniger  kann  man,  wo  es  sich  um 
zu  ermittelnde  echte  homerische  spräche  handelt,  dem 
zunächst  noch  weiter  zugefügten  ganz  vagen  aussprach 
beipflichten  „der  conventionelle  gebrauch  der  epischen  sän- 
gerschulen konnte  selbst  nach  dem  verschwinden  des  lau- 
tes jod  den  hiatus  und  die  dehnung  vor  solchen  Wörtern 
in  gewissen  häufigen  Wendungen  aufrecht  halten,  ähnlich 
[?]  wie  die  späteren  [!]  epiker  es  mit  den  digammirten 
Wörtern  machen,  nachdem  längst  der  spirant  selbst  ver^ 
haucht  war^.  Wir  heben  noch  hervor,  dafs  es  noch  in 
besonders  hohem  grade  unwahrscheinlich  ist,  dafs  die  ho- 
merische spräche  sich  jenen  laut  j  gerade  in  dem  anlaut 
)i  sollte  bewahrt  haben,  der  im  lateinischen,  das  doch 
sonst  das  j  im  anlaut  noch  häufig  genug  hat,  überhaupt 
gar  nicht  vorkömmt,  im  altindischen  aber  sowohl  als  im 
deutschen  überhaupt  nur  äufserst  selten  anzutreffen  ist. 
Wir  können  in  den  ausführungen   von  Curtius  ttber 


ein  anlautendes  homerisches  j  keine  spur  eines  wirklichen 
be weises  finden  und  schliefsen  selbst  yielmehr  folgender- 
mafsen:  wie  das  nachgesetzte  aig  sich  in  der  homerischen 
spräche  dem  relativstamm  deutlich  sehr  fern  stellt,  so 
kann  auch  das  homerische  Uöd^cn  „streben,  verlangen^  gar 
nicht  zu  ifjui  „ich  sende^  gehören,  da  diefs  mit  allem  sei- 
nem Zubehör  in  der  homerischen  spräche  ganz  deutlich 
yocalischen  anlaut  zeigt.  So  hat  ohne  zweifei  Bekker  mit 
seinen  jr/aro,  j:iifievog  ganz  recht  und  behält  auch  recht, 
selbst  wenn  sich  nichts  weiteres  über  die  ältere  geschichte 
eines  homerischen  jriea&ai  „  erstreben ,  verlangen  ^  sollte 
ermitteln  lassen.  Möglicher  weise  hängt  es  zusammen  mit 
dem  altindischen  vi  „verlangend  aufsuchen,  verlangend  her- 
beikommen, appetere,  zu  gewinnen  suchen^:  v^ti  „er 
sucht  zu  gewinnen^,  ava-vl  „aufsuchen'^,  upa-vX  „her- 
zustreben^,  pra-vl  „hinausstreben,  zustreben  auf. 

Wir  haben  volles  recht,  für  die  homefische  spräche 
firog  „jähr",  ^läistv  „sehen",  ^dcftv  „Stadt",  auch  ^Qtj^ig 
„rifs"  und  auch  v^üg^läxMjrüg^  cl^etds  und  zahllose  an- 
dere formen  ^mit  an-  oder  inlautendem  jr  aufzustellen,  aber 
nicht  das  mindeste  recht,  etwa  das  homerische  6  noch  Co 
zu  schreiben  oder  inra  noch  asmcc  oder  yiveog  noch  yi-' 
veaog  und  ebenso  wenig  recht,  irgendwo  für  die  homeri- 
sche spräche  das  alte  j  wieder  herzustellen,  weil  dessen 
Vorhandensein  in  der  homerischen  spräche  bis  jetzt  noch 
mit  nichts  wirklich  bewiesen  ist.  Nach  allem,  was  wir 
darüber  wissen  können,  haben  wir  im  Homer  schon  ein 
ausgebildetes  dialektisches  griechisch,  nicht  etwa  noch  das 
urgriechisch  oder  gar  noch  das  griechisch-lateinische  oder 
sonstiges  indogermanisch,  in  das  man  alle  möglichen  nur 
wissenschaftlich  erschlossenen  alten  formen  einschmuggeln 
dürfte. 

Alles,  was  bis  jetzt  ausreichend  bewiesen  ist^  was  wir 
bis  jetzt  wissen  von  lauten,  die  in  unseren  homerischen 
texten  allerdings  nicht  überliefert  sind,  doch  aber  der  ho- 
merischen spräche  angehört  haben  müssen,  beschränkt  sich 
rein  auf  das  digamma,  das  jr.  Und  überall ,  wo  wir  den 
beweis  für   einen  früher  vorhandenen,   wenn  auch  in  den 

23* 


356  Leo  Meyer 

überlieferten  texten  verlorenen,  wirklich  homeriscben  con- 
sonanten  fiir  ausreichend  halten  dOrfen,  können  wir  nur 
an  das  digamma  denken.  Insbesondere  aber  ist  das  der 
fall,  wo  die  metrische  behandlung  bestimmter  Wörter  da 
noch  einen  anlautenden  cousonanten  erkennen  läfst,  wo  wir 
im  späteren  insbesondere  attischen  griechisch  vocalischen 
anlaut  finden.  Das  aber  gilt  unverkennbar  auch  für  üxa- 
arog  und  für  das  unmittelbar  damit  zusammenhängende 
ixdrafjds^  neben  dem  das  diesem  zunächst  zu  gründe  lie- 
gende adjectivische  ^xare^Ob*  mit  seinen  vielen  kurzen  Sil- 
ben in  der  homerischen  dichtung  nicht  auftritt,  die  wir 
deshalb  für  die  homerische  spräche  fixuarog  und  jrexdraQ&e 
schreiben  können. 

Da  ich  zur  orientirung  über  die  behandlung  des  &ca- 
OTug  im  homerischen  verse  mich  oben  (8,  s.  167)  auf  die 
Rostsche  ausgäbe  des  alten  Dammschen  homer-pindariseben 
Wörterbuchs  stützte,  „in  dem  die  betreffenden  stellen  aller- 
dings nicht  ganz  vollständig  angegeben  sind^,  da  dann 
aber  auch  Seber,  auf  den  Ahrens  (10,  s.  60)  seine  Zäh- 
lung begründete,  nicht  ganz  vollständig  in  bezug  auf  das 
fragliche  wort  ist,  und  weiter  auch  Friedrich  Allen,  der 
im  dritten  bafide  der  Studien  von  Curtius  (s.  249)  auf 
die  betreffende  Zählung  zurückkommt,  in  ihr  um  ein  we- 
niges hinter  dem  richtigen  zurückbleibt,  so  halte  ich 
nicht  für  überflüssig,  die  übersieht  über  den  homerischen 
gebrauch  des  exadrog  nochmals  ganz  vollständig  zu  geben. 
Es  i)egegnet  in  der  Ilias  117 mal,  in  der  Odyssee  llOmal 
und  zwar  trägt  es  in  der  regel  die  sechste  hebung, 
bildet  also  den  schlul's  des  verses;  sonst  trägt  es  am 
meisten  die  dritte  vershebung,  seltener  die  vierte,  noch 
seltener  die  zweite  und  fast  nie  (in  der  Ilias  nie)  die 
fünfte.  In  der  Ilias  weist  es  deutlich  an  65  stellen,  bei 
denen  wir  von  dem  nach  der*  gewöhnlichen  anschauung 
für  „entschuldigt^  geltenden  hiatus  ganz  absehen,  in  der 
Odyssee  an  60  stellen  auf  consonantischen  anlaut.  Wir 
geben  die  stellen  zunächst  aus  dem  versschlufs:  jroixovde 
jrexaöTog  Ilias  I,  606  =  Odyssee  ÜI,  396  =  VII,  229  = 
XIII,  17,  Odyssee  1,424,    neben  denen   nach  jetzt 


tigten  lesnngen  auch  früher  noch  zu  Dennen  waren  Odys- 
see XIV,  87,  dessen  ausgang  jetzt  j:oix6vdB  visaß^ai  lautet, 
und  Odyssee  XVII,  177,  wo  jetzt  als  schlufs  nel&ovTo  re 
uvO-cp  gegeben  wird ;  j:oix6vSe  ^ixatrrov  Odyssee  XXIV, 
418;  ichöirjvds  ^exarrtog  Ilias  IX,  712;  XXIII,  58;  ixa- 
ToußoioQ  8h  j:kxaGToq  Ilias  11,449;  hv  Sh  jrsxdörrp  Odyssee 
XIV,  14;  kv  Shjrsxdavt]  Ilias  II,  509;  Odyssee  XII,  90; 
nccQ  Sa  jrexccCTcp  Ilias  VIII,  562;  cpvXaxrrJQSQ  dh  ^exaarui 
Ilias  IX,  66;  ixarov  öh  jrexdtfvM  Ilias  IX,  85;  ^g  de  j^exa^ 
ciTog  Ilias  XXIII,  203;  hg  de  ^exdarr^v  Odyssee  IX,  159; 
x^euidrevu  8h  ßixaatog  Odyssee  IX,  114;  SiaxexQifAhai  8h 
jiexaGxai  Odyssee  IX,  220;  ^eQevo  8h  jrkxaara  Odyssee  X, 
292;  SiatQvytog  8h  ^exaarog  Odyssey  XXIV,  342;  i)8h  jrs- 
xdffvrj  Odyssee  XI,  233;  r^Sh  jrkxaöTcc  Odyssee  XII,  25; 
XXIV,  236;  8lyixo61mv  ts  j:i'/.a<STog  Odyssee  VIII,  233; 
ßduM  TS  ^exaarcc  Odyssee  III,  361;  d^err^  ys  ^exddtov 
Ilias  XXIII,  374;  hyoj  8'  firevv  o*« ^«xatrra  Odyssee  XXIV, 
337;  yvMTB  ^exäarog  Ilias  XIX,  84;  kygrjyoQf^e  pexaavog 
Ilias  VII,  371  =  XVIII,  299;  8ie^sQiea&s  jrixaöta  Ilias 
X,  432;  S-ia&B  ^exadTog  Ilias  XIII,  121 ;  d^kciJt  ^exdarri 
Odyssee  IV,  729;  dydarifS&e  ^exaarog  Ilias  XIV,  111; 
(.ivri<saaOe  ^exaörog  Ilias  XV,  662;  f/tidaa&e  jrexaaTog  Ilias 
XVI,  202;  yvoüdsaäs  jkxaatog  Ilias  XXIII,  497;  (piZra  ^k- 
xaarov  Ilias  II,  164;  II,  180;  XVH,  552;  Odyssee  XVII, 
365;  av8ga  jrixadTog  Ilias  V,  37;  XVI,  351;  äv8ga  ^exa~ 
6TÜV  Ilias  VII,  424;  IX,  11 ;  X,  68;  XV,  660;  XXII,  415; 
Odyssee  X,  173  =  X,  547  =  XII,  207 ;  XXIV,  441 ;  v^jra 
^exaöTog  Ilias  XIX,  277  =  XXIII,  3;  xi]QVxa  fexa(fTog 
Odyssee  VIII,  399  =  XVIII,  291;  8eQ^ia  jrsxdffrq)  Odys- 
see IV,  440;  yvJa  jrexaarov  Ilias  VII,  215  =  XX,  44; 
yvJa  ^sxdcftrjg  Ilias  XVIIl,  31  ;  Odyssee  XVIII,  341;  yvta 
/Bxdarov  Odyssee  XIj  527;  XVIII,  238;  ^^Qyct  ^ixaarog 
Odyssee  11,252;  nolXd  jrexdarco  Odyssee  XVII,  452;  ^olSct 
fexaöva  Odyssee  XVIII,  228;  XX,  309;  fjyeiga  ^exaarov 
Ilias  XVII,  222;  8e8pirjuea»a  j:examog  Dias  V,  878;  (p&iO' 
ptefS&a  jrexadTog  Ilias  XIV, 87;  h&Yipeo^ead'a  fixa<fTa  Odys- 
see IX,  218;  fÄeyd()oio  ^exa&Tog  Odyssee  XVI,  390;  ^(T??- 
f^if'ipccvTo  ^ixacTog  Ilias  VII,  175;     dnrivrivavTO  ^ixadrog 


358  Lbo  Meyer 

Ilias  Vn,  185;     svxstomvto  jrhaarog  Ilias  VIII,  347  = 

XV,  369;  fivciovTo  jrexarrrog  Ilias  XVI,  697;  atpanli^ovro 
/ixaaroq  Ilias  XXIII,  26;  k(f(j(ia(tavTo  jrixaffvce  Odyssee 
XXI,  222;  vj]jri  /B^darij  Ilias  II,  610;  ävögi  j:BxäaT(p  Ilias 
II,  618;  Odyssee  II,  91 '  =  XIII,  380;  cpiüvl  ^Exd6T(p  Ilias 

XIII,  230;  XX,  353;  XIV,  514;  Xfjarl  ^txdaxtp  Odyssee 
XII,  99;  fjX^  fexcifttov  Ilias  III,  326;  ^;^£  ^exccfftq)  Ilias  XI, 
76;  i{)ioifii  ^exdoTfjv  Odyssee  XI,  229.  —  Die  dritte  vers- 
hebung  trägt  jrixaarog  in  folgenden  Verbindungen:  dvSga 
jrixaoTOt  Ilias  II,  127;  ravta  ^ixattra  Ilias  I,  550;  XXIII, 
95;  önXa  jrkxaarct  Odyssee  XI,  9;  XII,  151;  rd  ^ixatna 
Ilias  XI,  706;    XIX,  339;    Odyssee  XII,  16?   XII,  165; 

XIV,  375;  msira  jre^ücaTQv  Ilias  X,  1G6;  ot  dk  ^ixatSrog 
Ilias  IX,  656;     ndnrrivev   de  ^exaarog  Ilias  XIV,  507  = 

XVI,  283  =  Odyssee  XXII,  43;  (orgvvev  öh  ^ixaaTov  Ilias 

XVII,  215;  ItiTQog  de  ^axaarog  Odyssee  IV,  231;  avdgl 
fsxdarcp  Odyssee  XIII,  7;  ai&i  ^exanxoi  Ilias  VII,  100; 
fix*'  ^exaavog  Odyssee  III,  87;  si  fit]  fioi  öv  ^ixaöta  Odys- 
see XIII,  385.  —  Die  vierte  und  zweite  hebung  ruhen 
auf  fexftarog  in  der  Odyssee  einige  male  häufiger  als  in 
der  Ilias;  bezüglich  der  vierten  hebung  sind  hier  zu  nen- 
nen: v^ireQOv  de  ^exdarov  Ilias  XVII,  226;  xvxXa  jtbxA'' 
(TTq)  Ilias  XVIII,  375;  pipa  jrsxdarq)  Odyssee  IV,  445; 
Ttgoe^oPTO  j:exd(}Tod^i  Odyssee  III,  8;  il^e^oito  ^bcaata 
Odyssee  IV,  119  =  XXIV,  238;  naidi  ^exdatov  Ilias 
XXIII,  350;  —  bezüglich  der  zweiten  hebung  sind  anzu- 
führen: TQüg  dk  pexaarov  Odyssee  IX,  431;  Taj)r€»  ^cxa- 
ata  Odyssee  XIV,  362;  XV,  487;  xai  Qa  ^zxd^sx^  Odys- 
see II,  384  =  VIII,  10;  nx^  f%xdm(^  Ilias  1^607. 

Zu  den  aufgeführten  im  ganzen  125  stellen,  an  denen 
vor  j:kxa<5xog^  wenn  man  ihm  sein  anlautendes  j:  nicht  za- 
ertheilen  will,  in  unserm  homerischen  tezt  der  hiatos  an* 
stofs  giebt,  fügen  wir  sogleich  die,  in  denen  man  fir&ker 
trotz  aller  sonstigen  unempfindlichkeit  gegen  den  hiatns 
sich  gern  die  aushülfe  mit  dem  v  kcfskxvarixov  giffallen 
liefs;  ihrer  sind  in  der  Ilias  20,  in  der  Odyssee  24,  in 
deren  meisten  wieder  das  ^exacrog  die  sechte  vershebnn^ 
trägt,    also    den   vers  schliefst.     Wir  geben   die  letzteren 


"EKcurritt;  -^  ßincunoq»  859 

wieder  zuerst  an:  vntvtql^B  ^exaarov  Ilias  XVII,  386;  kne" 
rMe  ^exaarog  Ilias  XI,  47  =  XII,  84 ;  wtqvvb  ^kxctarov 
Odyssee  11,392;  hgesivB  ^kxaara  Odyssee  IV,  137;  ^^epc- 
iivE  jrexaara  Odyssee  X,  14;  XII,  34;  fjxs  ^exccoty  Odys- 
see IX,  245  =  IX,  309  =  IX,  342;  al^xre  ^sxaatq)  Ilias 
11,451;  i/62|MC /"«xa^rri^t)  Odyssee  XIV,  436;  roluriaB ^ixaara 
Odyssee  XXIV,  261;  kniTqkxpsis  ^exaorog  Odyssee  VII,  1 49 ; 
Tsi^sis  ^excKtTij  Odyssee  XX^  11;  jroiGi  ^exaoTog  Ilias  II, 
775;  IV,  428;  XI,  731;  XXIII,  371;  fisydQotac  jrexdatfj 
Ilias  VIII,  520;  ngoävqoiat.  ^exdati]  Ilias  XVIII,  496; 
rjye^iovEaöi  jrexaaToi  Ilias  III,  1 ;  naiai  ^kxaarog  Ilias  VII, 
334;  (Sxiid^(5(5i  ^sxafXTov  Ilias  XV,  701 ;  dfi^KfOQsvai  ^k- 
xaaroL  Odyssee  IX,  164;  ;^€()(Ti  ^^xacrrog  Odyssee  X,  397; 
xkiifiöt  ^exaarot  Odyssee  XIII,  76 ;  ox^otfi  ^exatTrov  Ilias 
XXIII,  130;  ifTTi  ^exdarov  Ilias  XX,  25;  h^ri  ^exdarq) 
Odyssee  II,  207;  VI,  265;  nifinrjai  ^exdötip  HiasXV,  109; 
k&tlriai.  fexdaxip  Odyssee  1,349;  VI,  189;  ai^^aivovdi  ^k- 
xaöTog  Ilias  XVII,  250.  —  Die  dritte  bebung  rubt  auf/-^- 
xaavoq^  wo  die  ausgaben  mit  unrecht  das  nacbklingende  v 
davor  baben,  nur  in  tmv  alfel  acfi  ^exaarog  Odyssee  XIV, 
105;  —  die  vierte  bebung  in:  nQoadleiq)B  ^sxdffrq)  Odys- 
see X,  392;  rev^sie  ^kxaoxa  Odyssee  XIII,  191;  ^Bydqoiat 
^BxdcfTov  Odyssee  XX ,  389 ;  nagd  8k  ccfi.  ^exdtfrcp  Ilias 
V,  195;  X,  473;  itrrl  /kxacTog  Odyssee  XI,  338;  —  die 
zweite  nur  in  töXB  ^kxaatog  Odyssee  XXII,  31  und  roiai 
^exaatüg  Ilias  II,  805. 

Weiter  dürfen  sich  dann  noch  diejenigen  stellen  an- 
scbliefsen,  in  denen  das  jrkxaarog  mit  seinem  anlautenden 
j:  nach  der  früheren  lesung  (wir  halten  uns  an  die  Wolf- 
sche  ausgäbe  von  1804  und  1807)  allerdings  metrisch  stö- 
ren würde,  itlr  die  aber  Immanuel  Bekker,  gestützt  auf 
das,  was  für  das  homerische  l^xatfrog  aus  sorg&ltigerer  er- 
wägung  seines  gebrauchs  im  homerischen  verse  überhaupt 
sich  ergiebt,  in  seiner  ausgäbe  leichte,  zum  theil  schon 
von  früheren  vorgeschlagene,  änderungen  vorgenommen 
hat.  Ihrer  sind  in  der  Ilias  19,  in  der  Odyssee  9,  und 
zwar  trägt  in  ihnen  bis  auf  drei  ausnahmen  das  'ixacTog 
nur  die  sechste  vershebung.     Die  vierte  vershebung  ruht 


360  Leo  Meyer 

auf  dem  fixadrog  an  den  in  frage  kommenden  stellen  nur 
in:  hgirai  8k  jrsxdaTrj  Ilias  II,  719,  wo  Wolf  noch  liest 
igirac  5'  iv  ixdaTfj^  und  in :  ^m  yng  vs  joBxaarfp  Odyssee 
XIX,  592,  wo  Wolf  bietet  im  yciQ  rot  ixAtfrcp^  die  dritte 
vershebung  nur  in  n^vrrjxovTct  ßkxacxa  Odyssee  XII,  130, 
wo  Wolf  giebt  TtEvrrjxovTa  8*  ^xacra.  Die  übrigen  hier 
namhaft  zu  machenden  Verbindungen  bilden  sämmtlich  den 
schlufs  des  verses,  es  sind:  Ö6()ka  ^ixactog  Ilias  IX, 88 
(Wolf:  d6()7iov  'ixaarog);  ifj^v  inl  vi}^a  ^ixaCtog  Sias 
XXIV,  1  (Wolf:  ß^octq  Ini  vijag  ^xaatoi);  ifov  ngog  dwfia 
jrixaarog  Odyssee  II,  258;  XVIII,  428  (Wolf:  id  ngog 
S(OfjL(t&'  %xaaTog)\  xard  dwua  ^exdarüv  Odyssee  XXIV, 
188  (Wolf:  xard  Swiiaff'  txdoTov)\  i^vTvvs  ^exäatip  Dias 
IX,  203  (Wolf:  htvvüv  ixdarip);  df4(pl  jrexaarov  Ilias  XI, 
634;  XI,  748  (Wolf :  dufflg  ^xaarov);  dficf'i  jrkxaara  Oipr 
see  XIX,  46  (Wolf:  diACfig  %xaoTa)\  SitjxoGioi  Si  jrBxd(ftag 
Ilias  IX,  383  (Wolf:  SnjxotfiOL  S*  dv*  ixdartjv);  hv  Si/t- 
xdaTj]  Ilias  XVI,  169  (Wolf:  äv  S'  dg'  ixdffnj);  jrBink'^ 
^kxaara  Odyssee  XXIV,  339  (Wolf:  xai  itmhg  txa6ia]\ 
ß-dnrov  re  phxaaToi  Odyssee  XXIV,  417  (Wolf:  xai  *<i- 
TiTov  ^xacrroi);  ßvf.i6g  3'  knaracae  ^Bxdötov  Ilias  XXIH) 
370  (Wolf:  ndraaaB  dk  &Vf^6g  ixdorov);  Ov^ov  ts /ixi- 
(trov  Ilias  V,  470  =  VI,  72  =  XI,  291  =  XIII,  155  = 
XV,  500  =  XV,  514  =  XV,  667  =  XVI,  210  =  XVI, 
275;  V,  792  =  Odyssee  VIII,  15  (Wolf:  xal  &vuov 
ixd(tTüv), 

Neben  den  aufgeführten  104  stellen  der  Ilias  und  93 
stellen  der  Odyssee,  also  im  ganzen  beinahe  zweihundert 
homerischen  stellen  mit  der  {orm  jrkxaarog  bleibt  dann  nur 
noch  die  verhältnifsmäfsig  kleine  zahl  von  13  Ilias-  and 
17  Odysseestellen  übrig,  an  denen  ein  ^xaarog  mit  anlaa- 
tendem  /-  metrisch  stören  würde,  was  das  hauptresultatin 
bezug  auf  die  ermittelte  ältere  form  ^kxafrrog  natürliob 
nicht  umgestalten  kann.  Der  Vollständigkeit  wegen  fQbren 
wir  auch  diese  stellen,  an  denen  unsere  Homertexte  keio 
^kxaöTog  leiden,  noch  auf.  Die  meisten  unter  ihnen  ent- 
halten das  Ixaarog  auch  als  schlufswort;  wir  nennen  die 
zuerst,  in   denen   das   ^xaatog  im  versinnern  steht.    Dret* 


'Exiur'voq  —  ^/xomtto?.  861 

mal  ruht  auf  dem  ^xaarog  die  fttnfte  vershebung,  was  in 
bezug  auf  das  ^kxaöTog  nie  der  fall  war,  nämlich  in  rglg 
%xaaTov  Odyssee  IX,  65,  xori  ^xadvci  Odyssee  XIV,  128 
und  XV,  377.  Die  zweite  hehung  ruht  auf  ^xatTrog  in 
xai  ^01  ^xaara  Ilias  XXIII,  107  und  ^i^  S'  aq>*  ixdarrjg 
Odyssee  IX,  60;  die  vierte  in  SeSaörai  l^xaarog  Ilias  XV, 
189  und  siatj  ixdarov  Odyssee  XVI,  313;  die  dritte  in  äev^ 
Sikkwv  ig  ^xadTOV  Ilias  IX,  180 ;  taiv  ndvToav  ßoi  %.xa(5xog 
Hias  X,  215  und  xiav  ßoi  (fägog  ^xaarog  Odyssee  VIII, 
392.  In  den  übrigen  hier  noch  namhaft  zu  machenden 
stellen  bildet  ^xarTrog  wieder  den  versschlufs,  trägt  also, 
die  sechste  vershebung,  es  sind:  xr^ds'  ixdat^  Ilias  XIX, 
302;  Odyssee  XI,  542;  'i^ißaV  ^xcf(7T(^  Ilias  XI,  1 1 ;  XIV, 
151;  jTEidofA  ixdaTi]v  Odyssee  XIX,  501;  jroixoi  ixdarrj 
Odyssee  VIII,  324;  diaöxoniäaö^ai  l^xaoTa  Ilias  X,  388; 
diaaxonidod^ai  Hxadrov  Ilias  XVII,  252;  xtvfAog  ixdarov 
Ilias  XV,  288;  k(fonU<f(ravTsg  ^xaavoi  Ilias  XXIII,  53; 
kjreixoadßowv  %xa(rTog  Odyssee  XXII,  57;  yaiav  Ixaavog 
Ilias  XV,  505;  n6VTt]x6aioi>  S'  iv  ixaCrrj  Odyssee  111,7; 
VEvov  ixdoTq)  Odyssee  IX,  468;  ngi^üa^axov  Hxaava  Odys- 
see VIII,  259;  i^eqesivop  txaaxa  Odyssee  XVII,  70;  XIX, 
463;  teHouv  ^xaata  Odyssee  IX,  127;  dei^eiag  txaaxa 
Ilias  XIX,  332;  inivqkijjsiag  txaöxa  Odyssee  XV,  24. 

Es  erübrigt  nun  noch  zu  ganzer  Vollständigkeit,  auch 
die  homerischen  stellen  noch  zu  überblicken,  in  denen  das 
comparativ-adverbielle  ^sxdreQ&ep^  neben  dem  das  adjecti- 
vische  ixdrsQog^  wie  wir  schon  oben  bemerkten,  nirgend 
in  der  homerischen  poesie  auftritt,  gebraucht  worden  ist. 
Es  findet  sich  in  der  Ilias  7 mal,  in  der  Odyssee  10 mal 
und  zwar  steht  es  am  häufigsten  so,  dafs  die  dritte  vers- 
hebung darauf  ruht;  mehrere  male  trägt  es  auch  die  fünfte 
und  nur  zweimal  die  zweite  hebung.  V7as  sein  verhält- 
nifs  zur  metrischen  Stellung  anbetri£%,  so  findet  sich  meh- 
rere male  consonantisch  auslautende  kurzvocalige  silbe  da- 
vor in  Position,  nämlich  in  araß-fioi/riv  jrexdreg&e  Odyssee 
VI,  19;  yvne  Si  fiiv  ^Bxdreg&B  Odyssee  XI,  578;  rw  8* 
iarav  jrexdrsg&s  Odyssee  XXII,  181  und  atg  ot  fikv  ^Bxd- 
TBQ&e  Ilias  XX,  1 53,  an  welcher  letzteren  stelle  aber  Wolf 


362  Leo  Meyer 

noch  liest  iSg  oi  fiiv  p  ixävBQ&e.  Siebenmal  sind  lange 
vocale  dayor  nicht  verkürzt,  nämlich  in  Jiafe  di  rov  jcBxa- 
Tsg&Bv  Uias  XXIII,  329;  toöö'  äga  rov  fsxdtSQ&ev  Ilias 
XXIV,  319;  xeövif  jrexdvEQ&e  Odyssee  I,  335  =.  XVID, 
211  s=  XXI,  66;  aifjdfisvoi  ^sxdregi^B  Odyssee  IX,  386 
und  rw  S'  irega)  jrBxdvBg&BV  Odyssee  IX,  430.  Metrisch 
gleichgOltig  8teht  jrBxdtBQ&B  viermal,  nämlich  in  ot  S'  iml 
ovv  jTBxaTBQ&Bv  IHas  111,340  =  XXin,  813;  rgBlg  j^bxA- 
TBQÖ-B  Ilias  XI,  27  und  Xifiriv  ^BTidtBQ&B  Odyssee  VI,  263. 
Nur  zwei  stellen  sind  dann  noch  zu  nennen,  an  denen  das 
anlautende^  in  ixaTBQi'^B  den  vers  stören  würde,  nämlich 
TQlg  d'  ixdtBQ&Bv  Ilias  XXIV,  273  and  XQ^^^^^  ^  ^*^ 
TBQ&B  Odyssee  VII,  9 1 . 

Aus  alle  dem  ergiebt  sich  mit  hinreichender  deutlich- 
keit,  dafs,  wie  ich  es  im  achten  bände  dieser  Zeitschrift 
schon  mit  vollster  entschiedenheit  ausgesprochen,  die  grie- 
chischen ixaarog^  ixdvBQ&B  und,  dürfen  wir  natürlich  tfadi 
hinzuflQgen,  ixdtBQog  in  der  homerischen  spräche  noch  /e- 
xaotog^  ^BxdtBqd'B  und  ^BxdtBQog  gelautet  haben.  Georg 
Curtius  bat  in  seinen  grmidzügen  (s.  426)  von  allen  au»* 
führungen  über  lixaöxog  und  ixdtBQog  in  dieser  Zeitschrift 
nicht  die  mindeste  notiz  genommen  und  bemerkt  korz,  es 
sei  unverkennbar,  dafs  das  i  in  jenen  Wörtern  den  stamm 
des  Zahlwortes  iv  enthalte,  wie  er  dasselbe  auch  schon  im 
dritten  bände  dieser  Zeitschrift  (s.  404)  mit  einem  „ohne 
Zweifel^  ausgesprochen.  An  letzterer  stelle  fügt  er  hinzu 
„der  bei  Homer  vor  ^xaarog  herrschende  hiatus  beweist 
einen  consonantischen  anlaut,  den  wir  aber  auch  bei  e^ 
voraussetzen  müssen^.  Das  letztere  ist  aber  durchand  un- 
richtig. Vor  ^j/-  werden  in  der  homerischen  dichtung  re- 
gelmäfsig  die  kurzen  vocale  apokopirt,  bleiben  consonan- 
tisch  auslautende  silben  mit  kurzen  vocalen  regelm&fsig 
kurz,  und  kömmt  aufserdem  auch  die  kürznng  wortauslao- 
tender  diphthonge  vor. 

Die  völlige  unhaltbarkeit  seiner  eigenen  ansieht  über 

\lie   alte  form   von   ^xaarog    aufs  evidenteste    zu    erweiaeo 

und    damit    zugleich    für    meine    entschiedene  behiKiptiiDg 

eines  alten  ^kxaavog  den  besten  beweis  beizubringen ,  war 


Curtius  selbst  vergönnt,  indem  er  im  zweiten  bände  seiner 
Studien  zur  griechischen  und  lateinischen  grammatik  (1869; 
s.  443  bis  445)  die  zuerst  von  J.  N.  Oekonomides  in  Athen 
(1869)  veröffentlichte  lokrische  inschrift  mit  einigen  bemer- 
kungen  wieder  abdrucken  liefs,  die  \n  ^kxaaxoq  (10),  ^6- 
itaöTovq  (28)  und  ^sxdarwv  (26  und  30),  also  an  vier  ver- 
schiedenen stellen,  das  von  uns  behauptete  jrixaaTog 
enthält. 

Nun  drängt  es  auch  der  frage  nach  der  etymologie  von 
^xctifTog  noch  etwas  näher  zu  treten,  der  in  seiner  in  den 
Studien  von  Curtius  (III,  205  bis  279)  abgedruckten  ab- 
handiung  über  den  lokrisehen  dialekt  vor  nicht  langer  zeit 
auch  Friedrich  Allen  sich  wieder  zugewandt  hat,  und, 
darf  ich  hinzuflQgen,  in  einer  weise,  die  sich  mit  meiner 
anschauung  in  der  betreffenden  frage  sehr  nahe  berührt, 
wenn  sie  auch  nicht  völlig  damit  übereinstimmt.  All^i 
(s.  251)  vermuthet  im  ersten  theile  von  fbcaarog  den  stamm 
des  reflexivpronomens  sva  und  hält  da»  )ca  darin  für  den 
alten  interrogativstamm,  dessen  bedeutung  die  indefinite 
geworden  sei;  so  sei,  folgert  er  weiter,  in  den  eomparati- 
vischen  und  superlativischen  xaregog  und  xd&tog  die  be- 
deutung alteruter  (einer  von  beiden)  oder  utercunque 
(wer  auch  immer  von  beiden)  und  quotuscunque  (der 
wie  vielste  irgend)  entstanden,  je  nachdem  einer  von 
einem  anderen  oder  von  allen  anderen  unterschieden  sei. 
Von  da  sei  der  libergang  za  oterqoe  (jeder  von  beiden) 
und  quisque  (jeder)  leicht.  Mit  zufügung  des  Stammes 
aj'e  sei  dann  entstanden  {ffs-xätefjog  „uterqne  separa- 
tim^  (jeder  von  beiden  besonders)  und  ([fi-xaorog  „qnis« 
que  seorsim^  (jeder  für  sich). 

Mir  mufs  ich  gestehen,  ist  diese  bedeutungsentwick* 
lung  nicht  klar  genug  und  ich  sehe  mich  genöthigt,  um 
zu  klarem  verstäudnifs  zu  gelangen,  meinen  eigenen  weg 
zu  gehen.  Zunächst  darf  man  als  nnbezweifelbar  hervor- 
heben, dafs  ixdrsQog  und  ^xafftög  oomparativ-  und  super- 
lativformen sind,  in  bezng  auf  ihre  bedentungen  aber  ist 
beaehtenswerth ,  dafs  die  beiden  Wörter  nicht  in  das  ge- 
biet der  gewöhnlichen  adjectiva  gehören,   sondern  zu  den 


364  Leo  Meyer 

pronominellen  bildungen,  unter  denen  die  comparatiy-  und 
superlativformen,  was  natürlich  auch  för  die  geschichte 
des  oomparativs  und  Superlativs  Oberhaupt  von  grofser 
Bedeutung  ist,  ganz  eigenthOmliche  Bedeutung  entwickelt 
haben:  noreQog  beifst  „welcher  von  beiden  %  das  altin- 
dische  ekataräs  „einer  von  beiden^,  daneben  das  su- 
perlativische ekatamäs  „einer  von  vielen^,  %T%Qog^  das 
unmittelbar  zu  ^^'-  y^ein^  gehören  wird,  „der  eine  von 
beiden*^,  ovdiregog  (von  ovdiv-  „kein")  „keiner  von 
beiden"  und  anderes  in  ähnlicher  weise.  Dem  entspre* 
chend  heifst  ixaragog  „jeder  von  beiden"  und  ^xatnog 
„jeder  von  vielen"  und  das  einfache  ^xa-  scheint  ganz 
allgemein  zu  bedeuten  „jedes".  Diese  letztere  bedeutuDg 
aber  kann  ich,  mufs  ich  bekennen,  auf  etymologischem 
wege  ohne  übertriebene  künstlichkeit  für  den  stamm  ixa- 
nicht  gewinnen.  Es  ist  aber  auch  zu  beachten,  dals  in 
ixäregog  und  f^xa<fTog  gar  kein  ganz  allgemeines  jeder 
steckt,  sondern,  was  Allen  mit  recht  hervorbebt,  „jeder 
für  sich",  „jeder  einzelne".  Und  nun  ist  etymologisch 
sogar  möglich,  dafs  in  den  bildungen  ixatsgog  und  Ixa- 
(fTog  äufserlich  nur  das  „för  sich",  ^einzeln"  enthalten  ist 
und  die  bedeutung  „jeder"  sich  erst  durch  die  bestimmte 
beziehung  auf  die  im  Zusammenhang  zu  verstehenden  ent- 
wickelt hat,  was  im  comparativ  ixccTsgog^  bei  dem  ja  über- 
haupt nur  von  zwei  bestimmten  die  rede  ist,  immer  gaozs 
deutlich  sein  mufs.  So  Ilias  III,  340 :  ot  S*  inei  ovv  ßh- 
xaregifsv  ofiiXoo  &coQr^x^Tjaav  „als  sie  (Menelaos  und  Ale- 
xandres) auf  den  einzelnen  der  beiden  Seiten  der  beer- 
schaar  sich  gerüstet  hatten",  worin  thatsächlich  gar  nichts 
geändert  wird,  wenn  wir  sagen  »auf  jeder  der  beides 
Seiten",  da  überhaupt  nur  von  der  heerschaar  der  Achäer 
Und  Troer  die  rede  ist;  Ilias  XI,  27:  rgsig  ^bx&tbq&b  „drri 
auf  der  einzelnen  (oder  jeder)  der  beiden  Seiten^.  Aber 
auch  ohne  die  beziehung  auf  bestimmte  zwei  konnte  sich 
aus  dem  „für  sich,  einzeln"  die  bedeutung  „jeder"  ohne 
zweifei  unschwer  entwickeln,  zumal  bei  ^xaatog^  bei  dem 
noch  das  superlativsufBx  auf  eine  bestimmte  menge  hin- 
weist.  Finden  wir  doch  ähnliches  auch  sonst.   Man  denke 


"ExiMToq  —  J^hcwtro^»  365 

an  das  lateinische  singuli.  In  der  Germania  heifst  es 
(6):  pedites  et  missilia  spargunt  pluraque  sin- 
guli und  die  Tbudichum  übersetzen  entschieden  gut  ^die 
fufsgänger  streuen  auch  Wurfgeschosse  aus,  jeder  meh- 
rere'^; centeni  ex  singulis  pagis  sunt,  bei  Tbudi- 
chum, „aus  jedem  gau  sind  es  hundert**.  Es  wird  bei 
den  singulis  nicht  etwa  an  einzelne  wenige  gedacht,  son- 
dern an  eine  bestimmte  vollzählige  menge,  die  aber  in 
ihre  einzelnen  theile  zerlegt  wird. 

Es  ist  nicht  blofs  glaublich,  sondern  sogar  sehr  wahr- 
scheinlich, dafs  das  dem  ixdtSQog  und  ^xaCroQ  zu  gründe 
liegende  äxa^  j^sy.a  von  der  bedeutung  „jeder**  noch  gar 
nichts  enthielt,  und  die  unmittelbare  Zusammenstellung 
seines  schlufötheiles  mit  dem  interrogativstamm  ka  för- 
dert gar  nichts.  Viel  wahrscheinlicher  ist  ein  ganz  an- 
derer Zusammenhang,  den  Allen  (s.  251)  auch  vorüberge- 
hend berührt  hat;  wir  meinen  mit  dem  suf&x,  das  im 
griechischen  recht  deutlich  nur  in  einem  einzigen  worte 
erhalten  ist,  nämlich  in  ccvÖQaxdq  „mann  för  mann**,  das 
einmal  auch  bei  Homer  auftritt,  nämlich  Odyssee  XIII, 
14:  dXX  äys  ßoi  doofisv  rginoSa  fjikyav  7]f)e  XißriTa  dv- 
ögaxdg  „wohlan,  schenken  wir  ihm  einen  grofsen  dreifufs 
und  ein  becken  einzeln  (jeder  von  uns)**.  Genau  entspre- 
chende altindische  bildungen  hat  man  längst  in  denen  auf 
das  sufdx  9as,  das  vom  interrogativstamm  ka  doch  ganz 
absteht,  erkannt,  wie  krama^äs  „schrittweise,  nach  und 
nach,  allmählich,  der  reihe  nach**,  ganapas  „schaaren- 
weise,  reihenweise**,  pädapas  „fufsweise,  fufs  bei  fufs, 
viertelweise**,  pada^äs  „schrittweise,  schritt  vor  schritt, 
nach  und  nach,  allmählich**,  mukhjap&s  „vor  allem,  zu- 
nächst** von  mükhja-  „vornehmlich**,  bahup^s  „vielfach, 
oftmals,  wiederholt**,  hhüjiäthapäs  „in  sehr  grofser  an- 
zabl**,  alpapas  „in  geringem  mafse,  vereinzelt,  wenig, 
selten**,  ^ata^^s  hundertweise**,  sahasrap^s  „tausend- 
weise**, dvi^as  „je  zwei  und  zwei,  zu  zweien,  paarweise**, 
eka^äs  ^einzeln**.  Neben  diese  bildungen  stellt  sich  un- 
verkennbar auch  das  adverbielle  ixdg^  jrexdg  (aus  ofBxdg) 
„für  sich,  einzeln,  abgesondert,  singillätim,   in  geson- 


Jertcr    weise  ^,    das   bei    Homer    bekanntlich    auch    öfters 
vorkömmt,   wie  Ilias  XIII,  263:   ävSQÜv  Svafiiviunf  jr$xäg 
tuTiiiitvOi:  j|Von  den  feindliehen  männem  abgesoodert  ste- 
Leud^,    und  darin  werden  wir  die  dem  ixdtiQog  imd  fhca- 
üTu^    zunächststehende   griechische  bildung    ansnerkennen 
haben.     Mit  diesem  griechischen  ixag  aber  ist  ohne  swei- 
tel  das  lateinische  secus  „anders,  nicht  so^  ganz  dasselbe, 
mit  dem  im  zehnten  bände  dieser  Zeitschrift  (s.  93  bis  95) 
Abrens  die  griechischen  ixarsgog  und  Jhcaatog  easammen- 
stellen  wollte,    worin  ich  ihm   nun  freundschaftlichst  bei- 
stimmen kann,  wie  insbesondere  auch  noch  darin,   dafs  er 
im  gegensatz  zu  vielen  leidigen  sprachverwirrern  von  jenem 
secus  das  comparativische  s6cius  =  ^ötfov  (aas  tjxiov) 
„weniger*^  entschieden  trennt. 

Dorpat,  den  10.  märz  [27.  februar]  1872. 

Leo  Meyer. 


Etymologische  beitrage. 

1. 

Altirisch  lar  boden,  estrich  =  german.  flöra  flur  su 

lit.  plo-ti  flach  schlagen. 

Das  altir.  Ikr  fundus,  solum  erscheint  aach  in  den 
übrigen  celtischen  dialecten  in  regelrechten  reflexen:  gae- 
lisch  lär,  cambrisch  laur,  llawr,  lor  pavimentum,  solnm, 
uoruisoh  leur,  luer,  1er  s.  Ebel  Gramm.  Celtica  95.  Um 
das  wort  richtig  zu  deuten,  müssen  wir  uns  erinnern,  daft 
ursprünglich  anlautendes  p  im  celtischen  spurlos  abfUlt,  so 
in  Ha  =  nkeitav^  lam  band  =  palma,  nakaf^tj  u.  s.  w. 
Deiiinach  kann  14r  aus  einer  grundform  plära  erwachsen 
sein,  und  dafs  dies  wirklich  der  fall,  beweist  das  german. 
ll(Nra  Hur,  welches  ebenfalls,  da  german.  f  sas  p,  ö  mt  A 
iht ,  auf  die  grundform  plära  zurückgeht  und  sich  mit  14r 
in  dor  bedeutung  deckt.  Man  vergleiche  nur  mit  I4r: 
au.  flär-r  m.  gen.  flör-s  pl.  -ar  steinfufsboden,  ags.  fl6r  m.  f. 


etymologiioh«  beitrage.  S67 

estricb,  engl,  floor;  mhd.  vluor  st.  m.,  nhd.  flurf.  Das  verb, 
aus  dem  plä-ra  erwachsen,  kann  nur  plä  gelautet  haben, 
und  dies  plä  finden  wir,  da  lit  o  s=  urspr.  ä  ist,  im  lit. 
plo-ju,  plo-ti  sehlagen,  klatschen,  wozu  plo-na-s  fein,  dünn, 
ploni-s  kueben,  lett.  plän-s  tenne  und  anderes. 

2. 

Altir.  ithemair  gefräfsig  =  skr.  admara  gefräfsig;  lanmair 

voll,  linmaire  fülle  vgl.  nhjfifAiQa, 

Das  Suffix,  richtiger  wohl  das  doppelsufßx  -mar  (= 
-mara)  kommt  nach  Ebel  Gramm.  Celtica  780  nur  in  zwei 
altiririschen  bildungen  vor,  nämlich  in  ithemair  pi.  gefräfsig 
und  lanmair  pl.  voll,  davon  linmaire  fülle.  Beide  bildun- 
gen sind  nicht  auf  celtischem  sprachboden  entstanden,  son- 
dern aus  älteren  Sprachperioden  herübergenommen,  was 
daraus  erhellt,  dafs  sich  ihre  reflexe  in  andern  verwandten 
sprachen  nachweisen  lassen.  Dem  altir.  ithemar-  gefräfsig 
(von  ithim  ich  esse)  entspricht  genau  skr.  admara  gefräfsig 
(von  ad-mi  esse);  zu  lanmar-  voll,  linmaire  (d.  i.  linmar-ja) 
fülle  vergleicht  sich  nXjjuftvga  (d,  i.  nkrjjUfjivQ'fa)  und  tiXt^pl" 
fjivQ-idi.  (fluth  Ttkfjf^fitQO)  (d.  i.  nkfjfifivQ'jcj)  voll  sein,  über- 
fliel'sen.  Diese  bildungen  beruhen  auf  einer  basis  ttAt^^u- 
fÄVQO'^  worin  v  getrübt  ist  aus  o,  «  (wie  in  fAvkrj  müble 
aus  fiokt]  =■  lat.  mola,  wurzel  mal)  und  jii^  aus  vfx  ent- 
stand; die  grundform  des  altir.  linmar-  ist  plenmara-  und 
auf  diese  selbe  basis  geht  das  griech.  nhj^fivQo-  (=  nkt^v- 
^OQO')  zurück. 

3. 

Altir.  aig  eis  =  cambr.  ia  eis  zu  an.  jaki  eisstück,  jökuU 

gletscher  und  lit.  i^a-s  eisscholle. 

Zum  an.  jaki  (=s  jakan)  m.  eisstück,  besonders  gro- 
fses,  ditmars.  is-jaek  m.  ei'szapfen,  an.  jökull  m.  gletscher, 
eisberg,  ags.  ises-gicel  stiria,  engl,  ic-icle  eiszapfen  wurde 
in  d.  zeitschr.  schon  von  mir  das  lit.  i^a-s  m.  eisscholle, 
pl.  izai  grundeis  gestellt.  Es  kommt  jetzt  zu  dieser  sippe 
noch   verwandtes  aus  dem  celtischen.     Altir.  aig  eis  steht 


368  '  Fiok 

(nach  Ebel  Gramm.  Celt.  4h)  für  jaig,  wie  aus  dem  nen- 
cambr.  ia  (=  jag)  eis  erhellt.  Die  gemeinsame  basis  f&r 
aig  und  ia  ist  also  jag,  wovon  auch  das  aremor.  adj.  yen 
(=  yein,  yagin)  eisig,  kalt  stammt.  Mit  dem  celtischeo 
jaga-  eis  stimmt  nun  auf  das  schönste  das  german.  jakan^ 
jaka-  wie  das  lit.  ii;a-  (aus  jai^a  =s  jaga-)  Qberein.  Wir 
müssen  also,  im  Widerspruche  mit  unserer  früheren  annähme, 
als  Urform  jaga-  ansetzen,  worauf  feit,  jag-,  german.jakar 
zurückweisen,  während  lit.  i±a-8  (aus  iga-,  jaga-)  sein  an- 
lautendes i  aus  ja  verkürzt  hat. 

4. 
Altir.  cn4m  m.  bein,   knochen  ^  xvi]'fifi  f.  schienbeiD  ■■ 

ags.  hamm,  ahd.  hamma  f. 

Das  altir.  cnäm  m.  bein,  knochen  deckt  sich  bis  aufs 
geschlecht  völlig  mit  xvijfiT]  (äol.  xv&fxct  vgl.  äol.  xpSfAiv^ 
xpTjulSa)  Schienbein;  die  gemeinsame  grundbedeatung  ist 
„bein^,  das  dann,  wie  das  deutsche  „bein^  selbst  auch  den 
knochen  bezeichnet,  im  irischen  diesen  letzteren  sinn  an- 
genommen hat.  Die  wahre  grundform  scheint  aber  nicht 
knäma,  sondern  kan-ma  zu  sein  und  dieses  erkenne  ich 
im  ags.  hamm  f  kniekehle,  ahd.  hamma,  mhd.  hamme  st« 
f.  hinterschenkel ,  kniekehle.  Hierbei  ist  auch  zu  beach- 
ten, dafs  im  niederdeutschen  hamm  den  bergwald  bedeutet 
(vgl.  die  Ortsnamen  Hamm,  Hamburg,  die  Hamm  in  Dit- 
marschen  u.  s.  w.),  genau  wie  das  griech.  xvi^fioq^  das  von 
xvrifxri  nicht  zu  trennen  ist.  Vielmehr  ist  anzunehmen,  dafs 
in  der  europäischen  einheitsprache  kanma  die  doppelbe- 
deutung  Schienbein  und  bergwald  in  sich  vereinigte.  —  Die 
Wurzel  des  worts  vermag  ich  nicht  anzugeben. 

5. 
Altir.  ciad-,  cambr.  coit  wald  =  germ.  haitha  beide  ss 

lat.  (bü)-cetum  trifb. 

Das  altir,  ciad-  wald  in  ciad-cholum  waidtaube  (cholom 
aus  lat.  columba)  wird  durch  altcambr.  coit,  neucambr. 
coed,  aremor.  coat  wald  wiedergespiegelt.  Hieraus  ergiebt 
sich,  da  altir.  ia  =  6,  eine  grundform  cSto-,  worin  h  ve^ 


etymologische  beitrage.  869 

treter  von  urspr.  ai,  von  Ebel  bereits  mit  dem  deutschen 
heidie  verglichen  (an.  heid'r  pl.  heidar  f.  beide,  heid*  niedri- 
ger, flacher  gebirgsrücken ,  goth.  haithja-  f.  feld,  ags.  haed* 
f.,  engl,  heath  heidekraut,  ahd.  heida  f.  heidekraut,  mhd. 
beide,  nhd.  beide).  Auf  dieselbe  grundform  kaita  geht 
aber  auch  lat.  -c^tu-m  in  bü-cetum  trift  zurück,  das  mit 
bü-  rind  zusammengesetzt,  sich  laut  für  laut  durch  „kuh- 
heide^  übersetzen  läfst.  Die  abweichenden  bedeutungen 
des  Worts  in  den  verschiedenen  sprachen  dürfen  uns  nicht 
beirren;  die  alten  terrainbezeichnungen  sind  sehr  weit- 
schichtig gefafst,  vgl.  skr.  löka  freier  räum  =  lat.  lücu-s 
hain  =  lit.  lauka-s  feld  =  ahd.  loh  bruchwald,  denen  al- 
len ein  gemeinsames  lauka  „lichtung^  zu  gründe  liegt. 

.      6. 
Slavodeutsch  valg  netzen  und  altirisch  folcaim  netze. 

Im  deutschen,  litauischen  und  slavischen  ist  eine  Wur- 
zel valg  netzen  weit  verbreitet,  deren  hauptrepräsentanten 
etwa  folgende  werter  sind:  lit.  vilg-au,  vilg-yti  netzen,  an- 
feuchten, preufs.  welgen  schnupfen,  ksl.  vlaga  f.  feuchtig- 
keit,  nässe,  vlai:^  (=  vlag-j^),  vlai:iti  nässen,  anfeuchten, 
netzen;  ags.  vläc,  ahd.  w^lc,  wglh,  mhd.  welc,  welch  feucht, 
milde,  weich,  nhd.  welk,  as.  wolkan,  ahd.  wolchan,  mhd. 
wölken  n.,  nhd.  wölke  f.  Zu  dieser  wurzel  valg  stellen  sich 
nun  celtische  bildungen,  welche  auf  die  grundform  valk 
zurückgehen:  altir.  folc-aim  netze,  cambr.  golchi  waschen, 
wozu  Ebel  noch  die  altgallischen  namen  Volcae  und  Vol- 
catius  stellt.  Ferner  gehört  hierher  altir.  fliuch-  (grundform 
nach  Ebel  vliquos,  iu  entstanden  aus  i  inficirt  durch  u) 
in  fliuch-idi  (humidi)  fliuch-dercc  (lippus)  und  cambr.  gwlyp 
madidus,  das  auf  dieselbe  grundform  vliquo-s  geht. 

Alles  hier  angeführte  geht  offenbar  auf  eine  wurzel 
zurück;  fraglich  bleibt  nur,  ob  wir  valk  oder  valg  als 
grundform  anzusetzen  haben,  oder  etwa  valg  und  valk  als 
wechselformen,  die  nebeneinander  bestanden,  uns  denken 
wollen.  Mir  scheint,  nach  ausweis  des  slavodeutschen,  valg 
die  grundform,  das  celtische  valk  wird  erhärtung  des  aus- 
lauts   erlitten  haben,    wie  in  ithim   ich  esse   ith   offenbar 

Zeitschr.  f.  TgL  sprachf.  XXI.  4.  24 


Gerland 


aus  ed  heryorgegangen  ist.  —  Dafs  lat.  lippus  aus  vliqaos 
entstanden   und   mit   altir.  fliuch  =  cambr.  gwlyp   gleich- 
zusetzen sei,  ist  mir  nicht  wahrscheinlich.  ' 
Göttingen,  28.  mai  1872.                           A.  Fick. 


Gustav  Gerber,    die  spräche  als  kunst.     Erster  band.     S.     VIII,  596. 
Bromberg  1871.     Mittl ersehe  buchhandlang  (H.  Heyfelder). 

Wir  haben  obengenanntes  buch  mit  freude  begrOfst, 
denn  es  schien  uns  nach  einer  seite  hin  der  spräche  ge- 
recht werden  zu  wollen,  nach  welcher  man  sie  sonst  nickt 
immer  richtig  oder  doch  nicht  eingehend  genug  beurtheilt. 
Wir  neueren  wenigstens:  denn  die  alten  haben  allerdings 
die  künstlerische  seite  der  spräche  einer  sehr  scharfen  be- 
trachtung  unterworfen,  allein  von  ihrem  Standpunkt  ans, 
und  der  ist  einseitig  genug.  Wenn  nun  auch  von  unseren 
gelehrten,  wie  allbekannt  und  natürlich  auch  in  vorliegen- 
dem buch  an  zahlreichen  stellen  ausgesprochen  ist,  die 
spräche  vielfach  eine  kunst  genannt  wurde,  so  hat  doch 
niemand  bisher  streng  und  erschöpfend  nachgewiesen,  worin 
denn  eigentlich  die  künstlerische  seite  der  spräche  bestehe, 
und  der  gedauke  des  herrn  Verfassers,  nach  dieser  seite 
hin  wissenschaftlich  einzutreten,  war  ein  ebenso  richtiger 
und  glücklicher,  als  sein  unternehmen  ein  ausgedehntes  und 
schwieriges  war. 

Im  ersten  einleitenden  theil  des  buches  wird  zun&chst 
allgemein  vom  System  der  künste  und  dann  von  der  sprach- 
kunst  an  sich  gehandelt  (1 — 122).  Hierauf  folgt  nun  der 
eigentlich  abhandelnde  besondere  theil  und  zwar  sein  er- 
ster abschnitt  (123 — 596),  „die  spräche  als  kunst".  Der 
zweite  band  wird  (s.  100)  zunächst  „die  sprach  kunst  in 
ihrer  Selbständigkeit"  und  dann  „die  (werke  der)  sprach- 
kunst  im  dienste  der  spräche^  behandeln.  —  Gleich  an- 
fangs wird  die  Stellung,  welche  die  sprachkunst  unter  den 
künsten  einnimmt,  besprochen  und  wird  ihr  unter  den 
künsten   des  obres   die  zweite  stelle  —  musik  sprachkunst 


anzeigen.  371 

poesie  —  entsprechend  der  plastik  unter  den  künsten  des 
auges  —  baukunst  plastik  maierei  —  zuerkannt  (s.  34). 
Dieser  parallelismus  der  sprachkunst  und  plastik  wird  fest- 
gehalten und  vielfach  erwähnt  und  benutzt,  aber  nur  in 
sehr  äufserlicher ,  nicht  fruchtbarer  weise,  wie  er  denn 
auch  gewifs  nicht  richtig  ist.  Der  Verfasser  kommt  dazu, 
weil  er  den  begriff  „spräche  als  kunst"  nicht  richtig  fafst :. 
die  spräche  ist  ihm  schon  bei  ihrem  ersten  entstehen  kunst, 
jede  urwurzel  in  richtiger  consequenz  dieser  ansieht  schon 
ein  kunstwerk,  und  dies  ist  falsch.  Er  selbst  kann  sich 
dem  nicht  entziehen ;  denn  an  vielen  stellen  redet  er 
davon,  dafs  die  spräche  durch  naturnothwendigkeit  ent- 
steht (s.  111.  129.  142.  152.  156.  163.  193.  231  oben. 
252.  255  u.  s.  w.),  oder  nennt  die  kunst  der  spräche  eine 
unbewufste,  absichtslose  (s.  159.  183.  186.  332  u. s.w.).  Al- 
lein was  durch  naturnothwendigkeit,  durch  mechanische 
reflexe  von  nervenreizen ,  was  ferner  unbewufst  geschieht, 
kann  unmöglich  kunst  oder  ein  kunstwerk  sein,  es  kann 
durch  spätere  benutzung  und  künstlerische  gestaltung  in 
den  bereich  der  kunst  gehoben  werden,  ist  aber  an  und  fQr 
sich  nur  ein  naturprodukt.  Denn  zum  hervorbringen  eines 
kunstwerks  gehört  vor  allen  dingen  freies,  selbstbewufs- 
tes,  absichtliches  schaffen  und  ein  solches  war  das  heraus- 
bilden der  ersten  sprachstufen  gewifs  nicht.  Ganz  richtig 
heifst  es  s.  124:  „es  ist  die  spräche  eine  auf  natürlicher 
grundlage  zur  freiheit  sich  entwickelnde  kunst**,  d.  h.  doch 
nur,  wenn  die  spräche  von  ihrer  naturgrundlage  aus  sich 
zur  freiheit  (wir  wollen  den  ausdruck  hinnehmen)  entwik- 
kelt  hat,  dann  wird  sie  kunst.  Folglich  durfte  die  natur- 
grundlage der  spräche  nicht  mit  in  den  bereich  der  kunst 
gezogen  werden;  und  diese  naturgrundlage  ist  nicht  so- 
wohl die  Wirkung  bestimmter  perceptionen  auf  die  sprach- 
werkzeuge  (§.30),  sondern  sind  die  bildungen  der  ersten 
„unbewufsten'*  sprachstufen  selbst,  bis  dahin,  wo  der  mensch 
anfängt,  die  einzelnen  lautcomplexe  ihrer  bedeutung  nach 
zu  differenziren :  denn  erst  dann  beginnt  —  wenigstens  in 
gewissem  sinne  —  die  kunst. 

Und  mit  ihr  erst  das  feld,   wa  der  hr.  verf.  eintreten 

24* 


872  Oerland 

mufste.  Schon  nach  allem  vorstehenden  können  wir  uns 
mit  der  besprecbung  über  den  Ursprung  der  spräche,  wie 
er  sie  gibt,  nicht  einverstanden  erklären.  Ist  es  nun  auch 
richtige  consequenz  seiner  ansichten,  wenn  er  später  zwi- 
schen material  und  ausbau  nicht  scheidet,  so  verhält  er 
sich  auch  gegen  die  verschiedenen  Zeiträume  dieses  aus- 
baues  zu  gleichgültig,  wie  er  denn  z.  b.  die  laute  des 
französischen  (s.  214),  des  lateinischen,  des  hebräischen, 
der  indogermanischen  Ursprache  u.  s.  w.  ganz  ebenmäfsig 
für  seine  beweise  benutzt.  Hier  mufste  entschieden  ge- 
sondert werden.  Ganz  recht:  die  verschiedenen  e  des 
französischen  wirken  sehr  verschieden,  aber  die  gescbichte 
dieser  e  beweist,  dafs  ihre  Wirkung  eine  rein  zufällige, 
jedenfalls  erst  secundäre  ist,  dafs  man  sie  also  nicht  ohne 
weiteres  mit  den  lauten  der  Ursprache  zusammenstellen  dar£ 

Ueberhaupt  glauben  wir,  dafs  solche  fragen  schwie- 
rigster art,  wie  sie  sich  der  verf.  zur  beantwortung  vor- 
legt, unmöglich  nur  „a  parte  potiore,  nur  von  einigen  her- 
vorragenden sprachen  des  indogermanischen  Stammes  aus^ 
(s.  324)  sich  beantworten  lassen.  Zur  richtigen  einsieht, 
wie  weit  die  spräche  kunst  und  was  sie  künstlerisch  zu 
leisten  fähig  sei,  gehört  bekanntschafb  mit  einer  reihe  spra- 
chen verschiedener  sprachstämme^  ohne  welche  solche  an- 
tersuchungen  immer  leer  bleiben  und  auf  abwege  führen 
müssen.  So  ist  z.  b.  was  gegen  Buschmann  s.  184  vor- 
gebracht wird,  dafs  jene  ältesten  naturlaute  für  vater  mat- 
ter nicht  durch  die  Wirkung  rein  mechanischer  kräfte  ent- 
standen seien,  denn  vater  mutter  giengen  auf  die  wurzehi 
pä  und  ma  zurück,  schon  deshalb  irrig,  weil  Buschmann 
von  allen  sprachen,  der  hr.  verf.  dagegen  nur  vom  indo- 
germanischen redet.  Indessen  —  wenn  hier  eine  abschwei- 
fung  gestattet  ist  —  können  wir  uns  überhaupt  nicht  da- 
hin bringen,  anzunehmen,  dafs  vater  pater  narijg  pitar 
—  auf  pä  schützen  und  muoter  ixt^ttiq  mater  mätar  — 
auf  mä  wirken  thun  zurückzuführen  seien.  Schon  die 
kürze  von  pater  pitar  spricht  dagegen,  ferner  die  neben- 
formen  fxaia  fidufitj  mama  u.  s.  w.  und  noinnog  papa 
u.  s.  w.,   deren  iterierte  form  auf  höchstes  altertham  hin- 


•BiUgn.  878 

weist  und  sich  nar  als  selbständige,  durchans  nicht  abge* 
leitete  bildung  erklären  läfst.  Dann  aber  auch  die  bedeu- 
tung.  Zur  zeit,  als  die  urwörter  zu  vater  mutter  sich  bil- 
deten, lagen  ethische  momente  wie  schützen,  arbeiten  dem 
sprachbildenden  geiste  viel  zu  fern:  wollte  man  den  vater 
nennen,  so  geschah  es  entweder  mit  dem  lallwort  oder  aber 
mit  der  hervorhebung  der  eigenschaft,  welche  ihn  zum 
vater  machte,  da  war  er  der  genitor,  parens  und  die 
mutter  die  gebärerin.  Allerdings  hat  man  das  sufBz 
-tar  jenen  alten  naturlauten  angehängt  und  das  hat  die 
irrung  veranlafst*).  Jenes  -tar  aber  bezeichnet  überhaupt 
nur  person,  mensch  und  ist  als  schärfer  bezeichnender  Zu- 
satz erst  in  späterer  Sprachperiode  angetreten.  Zum  suf&x 
des  nomen  actoris  ist  es  weit  später  herabgesunken;  da- 
her es  als  solches  im  nordeuropäischen  stamme  fehlt.  Die 
Wörter  &vyc(TT]g  tochter  u.s.w.  und  sünu  sunus  söhn  u.s.w. 
gehen  zwar  auf  die  stamme  dugh  und  su  zurück,  bedeu- 
ten aber  nicht  „die  melkerin^  und  den  gezeugten,  sondern 
das  kind,  welches  (dereinst)  milch  gibt  und  das,  welches 
(dereinst)  selbst  zeugt  (mit  activischem  suffix),  deutungen, 
welche  allein  für  jene  sehr  alten  zeiten,  in  welchen  diese 
namen  entstanden,  angemessen  sind.  —  Gleich  dies  eine 
beispiel  beweist,  wie  schwer  es  ist,  der  spräche  gerecht  zu 
werden,  ihre  bildungen  zu  verstehen  und  dadurch  erst  zu 
würdigen.  Eine  solche,  welche  auf  der  ersten  stufe,  auf 
ganz  natürlichem  noch  ganz  unkünstlichem  boden  ver- 
harrt wäre,  gibt  es  nicht  und  kann  es  nicht  geben,  da  es 
kein  volk  ganz  ohne  geschichte  gibt.  Allein  was  die 
einzelnen  sprachen,  was  die  höchst  stehenden  in  ihrer  ent- 
wickelung  in  Wahrheit  geleistet  haben,  das  zeigt  sich  erst 
durch  vergleichung  mit  den  Sprachleistungen  anderer  Völ- 
ker. Es  mufste  über  die  verschiedene  entwickelung  der 
sprachen  geredet  werden,  das  verschiedene  künstlerische 
princip,  der  verschiedene  kunstwerth  derselben  nachgewie- 
sen werden.     Es  war  nicht  zu  befürchten,  hier  nur  Stein- 


*)  Vergl.  die  ähnliche  ansieht  im  petersb.  sanskr.  wörterb.  s.  ▼.  mStar. 
Anm.  d.  red. 


874  G«dind 

thals  sprachtypen  zu  wiederholen,  vielmehr  konnte  dies 
treffliche  buch  hier  nach  material  und  gedankeninhalt  er- 
gänzt und  weitergeführt  werden.  Es  ist  uns  ganz  unver- 
standlich, wie  der  verf.  solche  Classificationen  als  mit  dem 
kunstcharakter  der  spräche  unvereinbar  s.  397  ganz  ab- 
weisen mag.  Dann  mufste  die  höchste  kunstentwickelung 
menschlicher  rede  betrachtet,  in  ihren  dementen,  ihrer 
geschichtlichen  entwickelung  nachgewiesen  werden,  zu- 
nächst nach  der  seite  ihrer  formbildung,  dann  nach  der 
Seite  der  syntax.  Für  das  letztere  war  (wie  der  Verfas- 
ser versucht)  vergleichende  betrachtung  selbständiger  höchst 
entwickelter  sprachen  nöthig  —  alles  dies  ein  complex  von 
aufgaben,  dem  ein  einzelner  kaum  genüge  leisten  kann, 
auf  den  anregend  hingewiesen  zu  haben  schon  zu  hohem 
lobe  gereicht.  Allein  dieser  aufgäbe  auch  nur  annähernd 
gerecht  zu  werden,  kann  nur  an  der  band  der  anthropo- 
logie  und  ethnologie  gelingen  (wie  dies  der  verf.  freilich 
von  anderem  Standpunkt  aus  s.  397  selber  fühlt),  da  eine 
menge  Vorfragen  zu  lösen,  eine  menge  Vorkenntnisse  unent- 
behrlich sind,  welche  nur  jene  beiden  Wissenschaften  ge- 
währen. Man  betont  jetzt  das  sprachliche  dement  viel- 
fach zu  einseitig;  spräche  ist  doch  nur  eine  äufserung 
menschlicher  geistesthätigkeit.  Zudem  blickt  der  hr.  verf. 
zu  der  Ursprache  des  indogermanischen  Stammes  als  zu 
einem  einheitlichen  urgrund  alles  Sprechens  empor  (wenn 
gleich  er  an  einigen  stellen  auch  das  chinesische  und  dgl. 
erwähnt),  aber  ganz  ohne  berechtigung  selbst  für  den  in- 
dogermanischen stamm.  Diese  Ursprache  (wenn  wir  ein- 
mal diesen  etwas  compakten  namen  wollen  gelten  lassen) 
betrachtet  man  meist  als  eine  gegebene  einheit  und  ope- 
riert mit  ihr  als  solcher,  vielfach  gewifs  ganz  berechtigt, 
nur  dafs  diese  einheit  wieder  das  facit  ist  einer  menge  bis 
jetzt  noch  ziemlich  unbekannten  faktoren  und  das  resultat 
zahlloser  längst  verschollener  Wanderungen  und  Wandelun- 
gen, selbst  schon  ein  sehr  complicirtes  kunstprodukt  und 
vom  anfang  menschlicher  rede  durch  lange  Jahrtausende 
getrennt.  Auch  hier  drängen  sich  wieder  anthropologie 
und  ethnologie  als  ganz  unentbehrlich  hervor  und  gerade 


anzaigen.  375 

von  ihnen  aus  die  Indogermanen  zu  durchforschen,  ist 
dringend  an  der  zeit  und  wäre  für  die  Sprachwissenschaft 
vom  höchsten  werth. 

Während  wir  die  hier  einschlagenden  Untersuchungen 
nur  dann  für  wirklich  fördernd  halten,  wenn  sie  zunächst 
auf  möglichst  ausgedehnter,  aber  auch  möglichst  realer 
basis  stehen,  so  geht  der  verf.  vielfach  philosophisch  zu 
werke  und  wo  er  den  stoflF  nicht  den  quellen  selbst  ent- 
lehnen kann,  da  stützt  er  sich  auf  die  trefflichsten  gewährs- 
männer,  Schleicher,  Grimm,  W.v.Humboldt,  Renan,  Stein- 
thal, Pott  u.  a.  Mit  recht.  Nur  dafs  uns  die  allzuweit- 
läufigen anführungen  aus  büchern,  die  jeder  Sprachfor- 
scher —  und  für  wen  schrieb  der  hr.  verf.  als  für  diese  — 
aufs  genaueste  kennt,  dafs  uns  diese  anfuhrungen  nicht 
gerechtfertigt  erscheinen.  Sie  geben  dem  buche  oft  das 
aussehen  einer  noch  unverarbeiteten  materialsammlung  und 
wie  ermüderd  ist  es,  selten  lang  durch  bekanntestes  sich 
durchlesen  zu  müssen!  von  anderem  verweilen  bei  den  tri- 
vialsten dingen  (vgl.  s.  46.  242.  243.  253.  271.  406  u.  s.w.) 
nicht  zu  reden.  Auch  mit  der  philosophischen  behandlung 
können  wir  uns  keineswegs  einverstanden  erklären.  Die 
Worte  werden  bald  zu  äufserlich,  bald  zu  unbestimmt 
genommen.  So  ist  es  doch  reine  Spielerei,  wenn  es  s.  312 
heifst:  ^in  der  formirung  der  laute  selbst  zeigt  die  spräche 
ihre  plastik;  in  ihrem  satzbau  wirkt  sie  architektonisch; 
ihre  bilder,  tropen,  gleichnisse  sind  malerisch;  ihre  phone- 
tische figuration  und  ihr  rhythmus  geben  uns  musik;  end- 
lich in  ihren  selbständigen  Produktionen  berührt  sie  sich 
mit  der  poesie",  oder  s.  217  die  wunderliche  parallele  zwi- 
schen spracbentwickelung  und  geschichte  der  plastik,  s.221 
das  citiren  des  absurden  Vergleichs  zwischen  vocalen  und 
färben,  s.  244  die  Zusammenstellung  der  sprachstufen  mit 
der  entwickelung  der  mythologie  u.  s.  w.  So  heifst  spräche 
bald  das  produkt  der  einwirkung  der  Vorstellungen  auf 
unsere  sprach  Werkzeuge ,  bald  aber  auch  ein  selbständig 
schaffendes  kunstbeseeltes  wesen  (312.  314).  So  lesen  wir 
(s.  159):  „müfste  nicht,  wenn  vollkommene,  genaue  wie- 
dergäbe stattfinden  sollte,  vor  allem  das  material,  in  wel- 


376  GoUnd 

ehern  wiedergegeben  werden  soll,  dasselbe  sein,  wie  das* 
jenige  ist,  in  welchem  die  seele  arbeitet?  Da  es  nun  ein 
fremdes  ist  —  der  laut  — ,  wie  kann  da  genaueres  heraus- 
kommen, als  ein  bild?^  S.  174  steht  so  ziemlich  dasselbe, 
und  lautbild,  tonbild  (wortbild  s.  481)  nennt  der  verf. 
häufig  die  einzelnen  wurzeln  und  worte.  Gewifs  ganz  un- 
richtig. Die  geäufserten  sprachlaute  sind  ursprünglich  nur 
eine  mechanische,  weil  streng  nothwendige  leibliche  rea- 
genz  auf  psychische  einwirkungen  und  weil  diese  reagenz 
in  ursprünglich  fast  ganz  gleichen  individuen  (die  nicht 
verschiedener  von  einander  waren,  als  die  individuen  einer 
wilden  thiergattung  zu  sein  pflegen)  bei  gleicher  ein  wir* 
kung  natürlich  ganz  gleich mäfsig  erfolgen  mufste,  so  wurde 
der  laut  oder  die  lautgruppe  zum  symbol  der  Vorstellung, 
welche  sie  hervorrief  und  von  einem  bilde  —  „ein  bild, 
sagt  Gerber  selbst  s.  159,  ist  keine  Verdoppelung  des 
abgebildeten;  es  gibt  ein  einzelnes,  aber  ein  solches,  in 
welchem  nur  die  wesentlichen  züge,  enthalten  sind;  es 
setzt  also  ein  allgemeineres  an  die  stelle  des  individuellen^ 
—  von  einem  bilde  kann  hiernach  gar  nicht  die  rede  sein. 
Fast  nirgends  ist  der  verf.  zu  einer  klaren  philosophischen 
auffassung  durchgedrungen,  wobei  namentlich  die  psycho- 
logie  zu  kurz  fallt.  Er  scheint  noch  ganz  unter  dem  ein- 
flusse  Hegels  zu  stehen.  Was  soll  sich  jemand,  der  rein 
am  gegebenen  seine  philosophie  entwickelt,  was  soll  er 
sich  denken  unter  Sätzen  wie  s.  153:  ^man  kann  den  ton 
auffassen  als  räum,  der  in  zeit  verklingt^;  s.  25:  „das  ge- 
hör ist  insofern  sinn  für  die  zeit  zu  nennen,  als  im  schall 
das  räumliche  verschwindet,  sich  selbst  in  seiner  bewe- 
gung  aufhebt,  und  durch  diese  also,  als  durch  seine  er- 
zeugerin,  wird  er  aus  dem  räume  in  die  zeit  herüberge- 
nommen^;  s.  142:  „dadurch,'  dafs  unser  geist  (?)  sich  er- 
schafft in  der  spräche,  wird  er  selbst  erst  in  Wirklichkeit; 
S.263:  „das  räthsel  unseres  wesens  ergibt  sich  uns  ttm 
anschaulichsten  aus  der  betrachtung  der  spräche,  als  in 
welcher  unsere  seele  am  bestimmtesten  sieh  offenbart^; 
s.  124:  „soll  nun  näher  vom  Ursprung  der  spräche  gehan- 
delt werden,  so  ist  zu  bemerken,  dafs  wir  von  einem  zeit* 


tiKeigeii.  Ifh 

liehen  urspninge  nichts  wissen  können.  Denn  wir  yeroiö- 
gen  ein  sein  wohl  zu  begreifen,  nicht  aber  das  nichtsein, 
können  also  an  einem  Ursprünge  in  diesem  sinne  wohl  die 
Seite  sehen,  nach  welcher  schon  ein  sein  erfolgt  ist,  nicht 
aber  die  andere,  nach  welcher  es  noch  nicht  ist.  Das 
nichtseiende  ist  ja  wegen  seiner  absoluten  Unbestimmtheit 
ebenso  grund  zu  nichts  wie  zu  allem^.  Und  nicht  nur  ist 
das  buch  an  solchen  dunkelheiten  reich,  es  finden  sich 
auch  directe  Widersprüche.  So  erscheint  fast  durchweg 
die  seele  als  selbständiges  central\Vesen  des  leibes;  allein 
wie  passen  dazu  die  worte  s.  138:  „so  sind  leib  und  seele, 
des  menschen  stoff  und  kraft,  wenn  sie  einander  entgegen- 
gestellt werden,  blofse  abstraktionen ;  insofern  der  leib  ein- 
heit  ist  —  heifst  er  seele,  sofern  diese  einheit  sich  zu  einer 
Vielheit  gliedert  —  wird  sie  leib  genannt"?  Ebenso  ver- 
gleiche man,  was  s.  261  und  262  über  die  reine  denkform 
gesagt  ist  u.  a.  Gerade  diese  philosophirende  einkleidung 
schadet  dem  buche,  denn  abgesehen  davon,  dafs  mancher 
richtige  gedanke,  manche  gute  bemerkung,  an  denen  kein 
mangel  ist,  in  derselben  gleichsam  erstickt,  so  hat  sie  den 
verf.  überall  selbst  gehemmt  und  ihn  am  richtigen  sehen 
und  gehen  gehindert. 

Ja  sie  hat  ihm  —  und  hiermit  kommen  wir  zu  unse- 
rem schwersten  bedenken  —  die  Stellung  der  spräche  selbst 
ganz  verdunkelt.  Also  die  spräche  ist  kunst  —  aber  wie 
denn?  so  ganz  ohne  beschränkung?  ganz  gleichstehend  mit 
poesie  und  musik  und  maierei  und  plastik  und  baukunst? 
Doch  gewifs  nicht.  Alle  diese  könste  sind  künste  im  wah- 
ren sinne  des  Wortes,  freie  künste  und  in  dieser  ihrer 
freiheit  liegt  ihr  leben  und  wesen:  sie  beruhen  ganz  auf 
sich,  sind  reines  spiel,  durch  und  durch  nur  schein  und 
nachahmung,  sie  wollen  nur  ergötzen.  Aber  sie  läutern 
und  erheben  das  wesen  des  menschen  durch  dies  ergötzen. 
Musik  und  baukunst  haben  zum  inhalt,  zum  Vorwurf  die 
regungen  des  gemüthes,  auf  welcher  gemeinschaftlichkeit 
allein  (was  s.  35  angezogen  wird ,  ist  haltlos)  ihre  freilich 
nahe  Verwandtschaft  beruht.  Indem  die  eine  fürs  ohr,  die 
andere  f&rs  äuge  darstellt,   erheben  sie   diesen  inhalt  ins 


878  Qerland 

schöne,  harmonische  und  befreien  ihn  dadurch  von  allen 
schlacken  und  gebrechen  der  endlichkeit.  Ebenso  verfah- 
ren die  anderen  künste:  poesie  fQrs  ohr;  fQrs  äuge,  da  wir 
doppelt  sehen,  körperlich  und  flächenhafb,  gestalten  und 
färben,  das  schwesterpaar  der  plastik  und  maierei  mit 
ihrem  inhalt  und  zwar  besteht  derselbe  in  dem  gehalt  und 
der  Verknüpfung  unserer  Vorstellungen.  Die  gruppe  der 
letzteren  drei  wirkt  umfassender  als  erstere,  weil  ihr  inhalt 
umfassender  ist  und  auch  das  gemüthsleben  mit  umschliefst. 
Die  mischkünste  der  beiden  reihen  des  neben-  und  nach- 
einander, den  tanz,  der  fQrs  äuge  allein,  die  Schauspiel- 
kunst, welche  für  äuge  und  ohr  wirkt,  und  welche  beide 
inhaltlich  mit  poesie  und  maierei  auf  einer  stufe  stehen, 
brauchen  wir  hier  nicht  zu  besprechen,  da  der  verf.  auf 
sie  nicht  näher  eingegangen  ist.  —  Nun  aber  die  spräche I 
Lebt  sie  nur  für  sich  und  das  schöne?  Will  sie  nachah- 
men, ergötzen,  den  menschen  über  die  endlichkeit  erhe- 
ben? Oder  erwächst  sie  nicht  vielmehr  mit  mechanischer 
naturnothwendigkcit  aus  unserem  wesen?  Ist  sie  nicht  eine 
noth wendige  ergänzung,  weiterentwickelung  unserer  exi- 
stenz?  Steht  sie  nicht  ganz,  auch  mit  ihren  höchsten  lei- 
stungen  ganz,  im  dienste  des  praktischen  bedürfnisses? 
Und  wie  sehr  sie,  anstatt  den  menschen  zu  befreien,  ihn 
hemnyt  und  bindet,  das  hat  der  Verfasser  ja  selbst  nach- 
gewiesen (s.  268  f.)l  In  welchem  sinne  ist  also  die  spräche 
kunst?  Darüber  belehrt  uns  Aristoteles  in  einer  stelle,  an 
welche  Ueberweg  in  seinen  erläuterungen  zur  poetik  die- 
ses Philosophen  erinnert,  (pv(f,  ccxq,  2,  8:  olwg  rs  r^  ri^'^tj 
td  fxhv  kniTsXEi  a  rj  cpiföig  dövvavu  dntQydfSatSd'ai^  xd  Si 
fjiijbieiTai.  Zu  dieser  ergänzenden,  unselbständigen  kunst 
gehört  die  spräche,  sie  ist  nur  fertigkeit,  technik,  nicht 
ideale,  freie  kuqst.  Und  steht  nicht  diese  technik  hoch 
genug,  welche  herzustellen  und  weiter  auszubilden  der 
ganze  mensch,  nach  leiblicher  gemüthlicher  und  intelleo- 
tueller  seite,  gefordert  wird?  welche  die  grenzen  ihrer  bil- 
dungsfähigkeit erst  da  findet,  wo  die  grenzen  menschlicher 
perfectibilität  überhaupt  liegen?  Herr  Gerber  hat  daher 
ganz  recht,    den  Improvisator  einen  virtuosen  der  sprach- 


«nieigen.  879 

kunst  zu  nennen,  denn  dieser  ist  nur  tecbniker;  aber  eben- 
deshalb ist  es  andererseits  ein  schwerer  irrthum,  wenn  er 
das  epigramm^  kleinere  lyrische  gedichte  u.  s.  w.,  zur  kunst 
der  spräche  zieht  (s.  53.  74).  Er  wird  dazu  verleitet  wie- 
der durch  seine  rein  äufserliche  Zusammenstellung  der  pla- 
stik  und  sprachkunst.  Die  plastik  vergegenwärtigt  einen 
moment:  und  „was  bisher,  heifst  es  s.  67,  zur  lyrik  ge- 
rechnet wurde,  ohne  doch  mehr  zu  geben,  als  abbildung 
eines  einzelnen  lebensmomentes  der  seele,  ziehen  wir  zur 
sprachkunst^  —  wohingegen  die  lyrik,  welche  „eine  Viel- 
heit von  empfindungen  und  gedanken  darstellt^,  ganz  rich- 
tig als  dichtungsgattung  gleichberechtigt  mit  drama  und 
epos  hingestellt  wird.  Aber  eine  solche  trennung  des  ver- 
wandtesten ist  unmöglich;  dafs  Goethes  „ach  wer  bringt 
die  schönen  tage^  aus  dem  innersten  herzen  der  poesie 
und  nicht  etwa  nur  der  „sprachkunst^  entsprungen  ist, 
fQhlt  jeder;  dafs  es  jener  höheren  klasse  der  kunst  ange- 
hört, beweisen  Aristoteles  worte:  Td  fiiv  ^niTskei^  rd  dk 
fiifAeiTcci,  Goethes  gedieht  aber  ahmt  nach,  aufs  wundervoll- 
ste, und  zwar  den  seelenzustand  nach  dem  verlust  jener  hol- 
den tage.   Dasselbe  gilt  von  dem  distichon  des  Simonides, 

MvgidöLV  Tiori  rrjSe  TQiaxoaiaig  kfid^ovTo 

'jfe'x  nskonovvdaov  ^ikiddeg  rirogsg^ 
welches  s.  92  an  der  band  Hegels  zur  sprachkunst  aus  der 
poesie  verwiesen  wird,  weil  es  nicht  „die  Vorstellung**,  son- 
dern nur  „den  sprachlichen  ausdruckt  ins  künstlerische 
erhoben  habe.  Ist  aber  wirklich  die  poesie  deshalb  und 
insoweit  kunst,  als  sie  den  gehalt  und  die  Verknüpfung 
unserer  Vorstellungen  ins  schöne  erhebt,  so  ist  auch  dies 
epigramm,  wie  jedes  andere  von  gleicher  gute,  wahre  und 
hohe  poesie.  Auch  unser  gemüthsleben ,  sahen  wir,  fällt 
in  den  kreis  unserer  Vorstellungen  und  also  der  poesie. 
Die  lyrische  poesie  ist  es,  welche  es  darstellt:  dies,  aber 
auch  nur  dies,  nicht  die  „musik  der  worte ^  ist  es,  was 
die  lyrik  und  die  musik  so  nahe  verbindet.  Musik  stellt 
den  Strom  unserer  empfindungen  unmittelbar  vor,  die  lyrik 
ihn  so,  wie  ihn  die  seele  sich  erst  in  gedanken  umgesetzt 
hat,    also    mittelbar:    aber    kann   man   die   empfindungen, 


tSbb  Qeilttid 

welche  die  Griechen  bei  Thermopylae  durchdrangen,  ein- 
facher, klarer,  stolzer,  bescheidner,  dankbarer,  maafsyoller, 
mit  einem  worte  schöner  ausdrücken,  als  es  Simonides  ge- 
tban?  Liegt  nicht  gerade  in  dieser  schlichten,  wie  Hegel 
sagt,  trocknen  Zusammenstellung  der  zahlen  der  frucht- 
barste moment,  der  die  weiteste  klarste  Umschau,  also  die 
herrlichste  und  ergreifendste  Vorstellung  der  sache  bietet? 
Haben  wir  hier  nicht  die  fiifiTjaig  der  schönsten  gemQths- 
läge,  welche  jenes  glorreiche  Schlachtfeld  hervorbrachte? 
Und  auch  die  gnomische  lehrhafte  poesie  gehört  zur  freien, 
nicht  zur  bedfirfniskunst,  auch  sie  will  nichts  ergänzen 
sondern  sie  ahmt  den  seelenzustand  eines  gemüthes  nach, 
welches  tiefsinnig  die  aufsendinge  erfafst,  sich  ihrer  be- 
mächtigt; auch  sie  gibt  bestimmte  yorstellungen  des  men- 
schen von  würdigem  gehalt  in  schöner  form  wieder.  Goe- 
thes „und  wenn  mich  bei  tag  die  ferne^  und  „die  sonne 
tönt  nach  alter  weise'^  mögen  dies  erhärten;  und  nur  wenn 
der  inhalt  nicht  würdig,  die  Schönheit  der  form  nicht  er- 
reicht ist,  nur  dann  nennen  wir  solche  poesie  „reflexions- 
poesie,  tendenzpredigt **  (s.  62).  Ein  werk  aber,  welches 
diese  Schönheit  gar  nicht  erreichen,  nicht  nachahmen,  nur 
belehren  will,  gehört  nie  zur  dichtkunst,  auch  wenn  es 
noch  so  phantastisch  wäre:  daher  es  ein  starker  mifsgrijBP 
des  Verfassers  ist,  wenn  er  Hegels  logik  als  ein  werk  der 
poesie  zu  bezeichnen  nicht  anstand  nimmt  (s.  137). 

Wir  schliefsen  uns  völlig  dem  an ,  was  s.  49  gesagt 
wird:  „die  kunst  aber,  welcher  die  gewöhnliche  rede  des 
bedürfnisses  gegenübersteht,  ist  eben  die  sprachkunst**. 
Was  aber  bleibt,  wenn  wir  die  gewöhnliche  rede  der  be- 
dürfnisse  abziehen?  Die  künstliche  ausbildung  etwa  des 
griechischen?  Schwerlich:  denn  dem  Griechen  war  es 
eben  bedürfnifs,  es  war  ihm  naturnothwendigkeit,  alle  com- 
binationen  und  nüancen  des  gedankens  wiederzugeben. 
Wohl  aber  verdient  die  Verschiedenheit  dieser  bedürfiiisse 
verschiedener  Völker  und  sprachstämme  und  Sprachzeiten 
genaueste  beachtung.  Und  ferner  bleibt  alles,  was  der 
rede  schmuck  verleiht,  die  sogenannten  figuren  der  rede 
und  die  wunderbare  spräche   der  poesie.    Dies  ist  die 


eigentliche  aufgäbe  des  herro  Verfassers:  und  so  sehr  un- 
sere ansichten  in  den  meisten  punkten  von  den  seinen  abwi- 
chen, so  sehr  sind  wir  auf  den  zweiten  theil  des  werkes 
begierig,  welcher  gerade  Qber  die  meisten  dieser  so  wich- 
tigen dinge  licht  verbreiten  soll.  Zwar  ist  über  die  figu- 
ren  schon  im  vorliegenden  bände  gehandelt,  von  den  tro- 
pen,  den  grammatischen  figuren  phonetischer  art,  den  syn- 
taktisch-grammatischen figuren.  Und  wenn  wir  auch  die 
behauptung,  dafs  alle  worte  tropen  seien  (s.  333),  für 
durchaus  irrig  halten,  uns  auch  wundern,  manches  schon 
hier  gesagt  zu  finden,  was  uns  in  den  zweiten  band  zu 
gehören  schien,  so  zweifeln  wir  nicht,  dafs  herr  Gerber  sich 
durch  eine  genaue  Zusammenstellung  und  besprechung  der 
figuren  ein  grofses  verdienst  erwerben  kann.  Schärfer  und 
bündiger  zwar  als  in  dieser  ersten  vorläufigen  übersieht 
mufs  das  geschehen.  Doch  ist  es  sein  unbestrittenes  ver- 
dienst, scharf  die  kunstfähigkeit  der  spräche  betont  zu 
haben,  was  uns  modernen,  uns  Deutschen  gegenüber  von 
besonderem  werthe  ist,  da  wir  leider  nur  allzuleicht  die 
spräche  nach  dieser  technischen  seite  vernachlässigen. 

Halle  a.  S.,  mai  1872.  Georg  Gerland. 


Agglatination  oder  adaptation?  Eine  sprachwissenschaftliche  Streitfrage  von 
Alfred  Ludwig,  ord.  professor  der  Sprachvergleichung  an  der  Pra- 
ger Universität.     Prag  1878. 

Herr  professor  Ludwig  beabsichtigt  in  dem  vorliegen- 
den schriftchen  sich  mit  denjenigen  auseinanderzusetzen, 
welche  die  in  seinem  buche  über  den  Infinitiv  im  Veda 
entwickelten  theorien  zu  widerlegen  versucht  haben.  Der 
ton,  den  er  bei  der  bekam pfung  dieser  seiner  gegner  an- 
schlägt, ist  derartig,  dafs  man  das  büchlein  liebhabern  ver- 
alteter polemik  bestens  empfehlen  kann.  Ludwig  ergiefst 
die  schale  seines  zornes  über  fast  alle  die,  welche  eine 
seiner  arbeiten  einmal  erwähnt  oder  besprochen  haben, 
der  dickste  und  unsauberste  strahl  aber  triffi;  mein  sün- 


389  D«lbrack 

diges  haupt.  Ich  entnehme  aus  diesem  amstande  die  Ver- 
anlassung, die  form  und  den  inhalt  seiner  abhandlung  mit 
einigen  Worten  zu  charakterisiren. 

Um  von  Ludwigs  handhabung  der  persönlichen  pole- 
mik  ein  Beispiel  zu  geben,  mache  ich  mir  das  vergnügen, 
einige  seiner  urtbeile  über  meine  intellectuelle  and  mora- 
lische bescbaffenheit  zusammenzustellen.  Ueber  meine  mo- 
duslehre föllt  Ludwig  folgendes  schlufsurtheil :  „widerlegt 
hat  herr  D.  nur  seine  eigenen  sätze,  und  die  erwartung, 
dafs  jemand,  der  dicke  bQcher  schreibt,  auch  müsse  rich- 
tig und  consequent  denken  können.  Die  ruhe,  die  man 
der  darstellung  des  hrn.  verf.  von  mehreren  selten  nach- 
rühmt, ist  in  der  that  eine  aufserordentliche;  das  schalste, 
abgeschmackteste  wird  mit  einer  ruhe,  in  einem  tone  der 
Unbefangenheit  dargelegt ,  die  auf  uns  einen  beunruhigen- 
den eindruck  macht ^  (s.  80).  »Der  allen  glauben  über- 
steigende mangel  an  Überlegung,  die  anwidernde  urwüch- 
sigkeit der  paralogismen  ^  —  in  diesen  ausdrücken  wird 
s.  78  von  mir  geredet.  „Es  versteht  sich  von  selbst  —  so 
heifst  es  s.  71)  —  dafs  man  einen  forscher,  der  solcher 
dinge  föhig  ist,  eben  nicht  ernstlich  nehmen  kann^.  In 
moralischer  beziehung  steht  es  mit  mir  leider  nicht  besser. 
Meine  eingehende  und  mühsame  anzeige  von  L.'s  Schrift 
über  den  infinitiv  (d.  zeitschr.  XX,212fF.)  ist  mit  einer 
„unglaublichen  gewissenlosigkeit"  (s.  63)  gearbeitet,  ich  be- 
diene mich  gelegentlich  eines  „erbärmlichen  kniffs^,  ich 
handle  „unaufrichtig^,  ich  speculire  auf  ein  publikum,  das 
die  von  mir  recensirte  sehrift  nicht  gelesen  hat,  und  was 
dergleichen  niedliche  dinge  mehr  sind.  Ich  habe  natürlich 
auf  alle  diese  vorwürfe  nicht  das  geringste  zu  erwidern. 

Ueber  den  inhalt  bemerke  ich:  Ich  finde  mich  durch 
alles,  was  Ludwig  vorbringt,  nicht  veranlafst,  mein  ge- 
sammturtheil  über  Ludwigs  bestrebungen  und  leistungen 
nach  irgend  einer  richtung  hin  zu  modificiren.  Dieses  ge- 
sammturtheil  aber  ist,  in  kurzen  werten  ausgesprochen, 
folgendes:  L.  hegt  hinsichtlich  der  entstehung  der  flexion 
ansiehten,  die  ich  nur  als  abenteuerlich  und  verworren 
bezeichnen  kann.    Sein  hauptgedanke  ist  der,  dafs  ein  an- 


anzeigen.  388 

terschied  zwischen  stammbilduDgs-  und  flexionssuffixen  ur- 
sprünglich gar  nicht  existirt  hat,  z.  b.  mi  si  ti  aben  ur- 
sprünglich keine  beziehung  zur  ersten  zweiten  und  dritten 
person,  sondern  waren  nur  stammbildend.  Wie  nun  die 
personalbeziehung  in  diese  suffixe  gekommen  ist,  darüber 
spricht  sich  Ludwig  zusammenfassend  so  aus:  „als  die  ur- 
sprüngliche bedeutung  der  person alsuffixe  stelle  ich  die 
demonstrative  auf,  die  dann  der  function  der  Wortbildung 
die  stelle  räume;  dann  nahmen  sie  allgemeine  verbalbedeu- 
tung  an,  und  endlich,  als  die  zahl  dieser  demente  wuchs, 
brachte  man  sie  nach  beiläufigen  oft  auch  nach  gar  kei- 
nen analogien  in  zusammenbang  und  beziehung  mit  den 
unterdessen  im  pron.  pers.  ausgebildeten  categorien  der 
grammatischen  personen.  ich  nehme  also  eine  ursprüng- 
liche bedeutung  an,  und  aufserdem  ein  hindurchgehn  durch 
drei  metamorphosen  an"  (s.  63).  Aus  diesem  trüben  misch- 
masch  gährender  gedanken  werden  andere  ebenso  wenig 
ein  verlockendes  oder  auch  nur  deutliches  bild  von  L.'s 
ansichten   gewinnen  können,  wie  ich. 

Dafs  auch  die  bedeutungen  eine  entwickelung  durch- 
machen, überhaupt  dafs  die  spräche  ein  geschichtliches 
wesen  ist,  diesen  satz  scheint  L.  unter  seine  originalge- 
danken  zu  rechnen.  Das  weifs  man  aber  bekanntlich  ohne 
ihn  und  besser  als  er.  Stützen  für  seine  wunderbare  theo- 
rie  sucht  unser  philosoph  hauptsächlich  im  Veda,  den  er  zu 
zu  diesem  zweck  in  der  unglücklichsten  weise  interpretirt. 
Es  fehlt  ihm  nicht  an  fleifs  und  gelehrsam keit,  wohl  aber 
an  gesundem  urtheil  und  hermeneutischer  methode.  Dafs 
es  sich  so  verhält,  habe  ich  in  meiner  recension  an  sehr 
vielen  belegen  erwiesen.  Weitere  anzuführen  ist  nicht  nö- 
thig.  L.  hat  gegen  meine  gründe  seine  gegengründe  bei- 
gebracht. Die  allermeisten  sind  nach  meiner  meinung 
völlig  nichtig,  üeber  einzelnes  läfst  sich  reden,  aber  nicht 
mit  einem  manne,  der  sich  eines  so  ungebildeten  tones  be- 
fleifsigt.  Uebrigens  wird  das  gesammturtbeil  über  seiüe 
benutzung  des  Veda  nicht  alterirt,  wenn  ich  auch  in  eini- 
gen einzelheiten  unrecht  haben  sollte.  Dafs  L.  in  seiner 
jagd    nach    Seltsamkeiten    auch   das  epos  nicht  verschont, 


984  DelbrOek,  anxeigen. 

zeigt  seine  entdecknng  des  perfectums  gantum  babhCLva 
im  MahähhSrnta  (s.  57).  Der  vers  heifst:  babhtLva  mrgajä 
ganta  sadä  kila  dbrtavrata:.  Natürlich  ist  za  construiren: 
babhova  dhrtavrata:  er  war  gewohnt  gantum  zu  gehen 
mrgajäm  auf  die  jagd  *). 

Es  wird  nicht  an  solchen  fehlen,  die  mein  urtheil  f&r 
zu  herb  erklären  und  mich  erinnern,  dafs  wir  allzumal 
sonder  sind.  Ihnen  halte  ich  entgegen,  was  Ludwig  s.  80 
über  seine  eigenen  und  über  Schleichers  Verdienste  sagt: 
„Schleichers  Verdienste  sind  nicht  zweifelhaft;  sie  beruhen 
darauf,  dafs  er  uns  das  litauische  (jetzt  auch  das  polabi- 
sche)  entdeckt  hat.  alle  seine  übrigen  leistungen  tragen 
den  Stempel  der  mittelmäfsigkeit  —  —  er  hat  keine  wis- 
senschaftliche frage  aufgeworfen  und  gelöst  —  — **  dage- 
gen: „mein  verdienst  ist  wissenschaftliche  fragen  von  mafs- 
gebender  bedeutung  selbständig  gestellt  und  gelöst  zu 
haben". 

Ist  es  nicht  pflicht  einem  manne  von  so  unerträgli- 
chem hochmuth  einmal  gründlich  und  energisch  den  Stand- 
punkt klar  zu  machen?  Und  das  habe  ich  hiermit  getban. 


*)  S.  94  bemängelt  Ludwig  meine  behauptung,  dafs  an  einer  BteUe  des 
Nala  möiiajan  dem  sinne  nach  gleich  möhajantas  seL  Ich  bin  überzeugt, 
jeder  kenner  des  Sanskrit,  der  nicht  voreingenommen  üt,  wird  möhajan  an 
der  betreffenden  stelle  als  particip  und  nicht,  wie  Ludwig  will,  als  verbum 
finitum  auffassen.  Die  berechtigang  dazu  gewähren  steUen  wie  Mhbh.  XIU, 
1274  fgg.: 

9ajSnS  ^&grainS9S9  Ka  vra^nn  upavi9ä8  tathS 
unmiSan  Dimi§ä9  KSiva  Kintajanta:  puna*.  puna:, 
deren  nachweis  ich  Böhtlingk  verdanke. 

Jena,  nov.  1872.  B.  Delbrück. 


Windisch,  ttber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  Bprachen.     385 

lieber  Fick's  vergleichendes  Wörterbuch  der 
indogermanischen  sprachen. 

I. 

Aus  Fick^s  „Wörterbuch  der  indogermanischen  grund- 
sprache^  ist  ein  „vergleichendes  Wörterbuch  der  indogerma- 
nischen sprachen  ^  geworden.  Dasselbe  zerfällt  in  sieben 
einzelsammlungen ,  welche  der  reihe  nach  den  Wortschatz 
der  indogermanischen  ursprache,  der  gemeinsam  arischen 
periode  (indisch,  altpersisch,  altbaktrisch),  der  europäi- 
schen, der  gräcoitalischen,  der  slawodeutschen,  der  litauisch- 
slawischen und  der  germanischen  Spracheinheit  vorführen 
sollen.  Es  fehlen  abermals  die  celtischen  sprachen  so  gut 
wie  gänzlich.  Ursprünglich  dachte  ich  wohl  daran,  in  die^^ 
sem  aufsatze  Fick's  buch  nach  dieser  seite  hin  zu  ergän- 
zen. Da  aber  dann  sehr  vieles  von  mir  zum  zweiten  male 
mitgetheilt  werden  würde,  was  bereits  in  die  bald  erschei- 
nende vierte  aufläge  von  Curtius'  grundzügen  aufgenom- 
men worden  ist,  so  werde  ich  am  Schlüsse  dieser  arbeit 
nur  eine  reihe  von  einzelheiten  vorbringen,  die  in  den 
grundzügen  nicht  weiter  berücksichtigt  werden  konnten. 
Die  eingehende  berücksichtigung  der  celtischen  sprachen 
wirft  auch  reichen  etymologischen  gewinn  ab.  Ob  die  cel- 
tischen sprachen  in  näherem  Verhältnisse  zum  italischen 
oder  zum  germanischen  stehen,  ist  noch  nicht  endgiltig 
entschieden.  Sollte  das  erstere  der  fall  sein,  so  würde 
daraus  an  und  für  sich  noch  nicht  mit  nothwendigkeit  fol- 
gen, dafs  der  engere  bund  von  griechisch  und  italisch  zu 
sprengen  sei.  Denn  warum  könnten  die  Gelten  nicht  die 
dritten  im  bunde  sein?  Alle  die  fragen,  welche  sich  auf 
das  verwandtschaftsverhältnifs  der  indogermanischen  Völker 
unter  einander  beziehen,  sind  erst  in  viel  umfassenderer 
weise,  als  bisher  geschehen,  in  angriff  zu  nehmen,  ehe  man 
zu  einer  sicheren  lösung  derselben  gelangen  kann.  Der 
nunmehr  im  druck  erschienene  Vortrag,  welchen  Joh.  Schmidt 
auf  der  letzten  philologenversammlung  über  dieses  thema 
hielt,  war  trefflich  dazu  geeignet,  einen  jeden  auf  die  gro- 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6.  25 


386  Windisch 

fsen    entgegenstehenden    Schwierigkeiten     aufmerksam     zu 
machen. 

In  dem  nachworte  (s.  925 — 1056),  welches  Fick  sei- 
nem werke  angefügt  hat,  gibt  der  zweite  theil  („zum 
Stammbaum  der  Indogermanen"  s.  1045 — 1056)  wenigstens 
fdLT  eine  der  hier  in  betracht  kommenden  annahmen  einige 
gründe  an.  Es  betrifit  dies  einen  cardinalpunkt  der  gan- 
zen Verwandtschaftsfrage,  die  hauptscheidung  der  indo- 
germanischen sprachen  in  die  arische  und  die  europäische 
gruppe.  Von  den  fünf  punkten,  welche  Fick  tdr  die  an- 
nähme einer  arischen  grundsprache  geltend  macht,  kann 
man  den  ersten  und  zweiten  kaum  als  beweggründe,  jene 
Scheidung  vorzunehmen,  anerkennen.  Denn  wenn  auch  das 
altbaktrische  noch  kein  1  hat,  so  zeigt  doch  das  indische 
vielfach  an  derselben  stelle  ein  1,  wo  es  sich  auch  in  den 
andern  sprachen  entwickelt  hat  ( 1 ).  Und  was  die  Über- 
einstimmung von  indisch  und  altbaktrisch  in  der  entwicke- 
lung  der  palatalen  anlangt  (2),  so  beachtet  Fick  nicht,  dals 
slawisch  und  litauisch  hierin  vielfach  mit  ihren  asiatischen 
verwandten  übereinstimmen.  Dagegen  hätte  Fick  als  wich- 
tiges moment  die  merkwürdigen,  sprachlichen  berührungen 
jener  beiden  sprachen  auf  religiösem  gebiete  besonders  her- 
vorheben sollen.  Er  selbst  führt  in  dem  gemeinsamen 
Sprachschatze  der  Arier  an:  die  heilige  pflanze  hier  söma 
dort  haoma,  der  hauptpriester  hier  hötar  dort  zaotar, 
der  feuerpriester  hier  atharvan  dort  ätharvan,  das 
opfer  hier  jag  na  dort  jap  na.  Aufserdem  macht  Haug 
in  der  preface  zu  seiner  ausgäbe  des  Aitarejabrähmana  auf- 
merksam auf  skr.  ni-vid  (formel,  mit  der  die  götter  zum 
Opfer  geladen  werden)  und  das  bekannte  altbaktr.  ni-vae- 
dhajemi,  das  so  oft  an  der  spitze  der  anrufung  und  ein- 
ladung  der  götter  steht.  Soviel  ich  weifs,  bis  jetzt  nicht 
beachtet  ist,  dafs  skr.  rtv-ig  („nach  Vorschrift  und  Zeit- 
folge opfernd,  priester**  pet.  wb.)  ein  analogen  in  altbaktr. 
ratu  hat,  „der  dem  zaotar  assistierende  geistliche^  (Justi). 
Und  zu  alledem  kommt  noch  das  eigenthümliche  verhält- 
nifs,  iu  welchem  skr.  asura  und  altbaktr.  ahura,  skr. 
deva   und    altbaktr.  daeva    zu    einander    stehen.     E^  ist 


ttber  Fick'fl  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  887 

aber  von  der  gröfsten  Wichtigkeit,  dafs  es  sich  hier  nicht 
um  Viehzucht  und  ackerbau  handelt,  auch  nicht  um  jene 
allgemeinen  religiösen  grundanschauungen,  die  sich  bei  al- 
len indogermanischen  Völkern  wiederfinden,  sondern  um 
ein  bis  ins  einzelne  übereinstimmend  entwickelte«  opferri- 
tual,  das  in  dieser  ausbildung  sicher  einer  fortgeschrittne- 
ren  cultur  und  mithin  einer  spätem  zeit  angehört.  Nimmt 
man  hinzu,  dafs  die  arischen  Völker  nicht  minder  in  der 
bewahrung  alterthümlicher  formenfülle  zusammenstehen,  so 
scheint  mir  allerdings  aus  alledem  hervorzugehen,  dafs  die 
arischen  Völker  längere  zeit  zusammengelebt  haben,  als  die 
anderen  Völker  verwandter  zunge,  und  zwar  von  jenen  Zei- 
ten her,  in  welchen  noch  alle  die  verwandten  Völker  zu- 
sammenlebten. Unter  zusammenleben  kann  man  natürlich 
verschiedene  Verhältnisse  verstehen,  was  hier  nicht  näher 
ausgeführt  werden  soll. 

Der  erste  theil  des  nachworts,  „wurzeln  und  wurzel- 
determinative"  betitelt  (s.  927—1044),  dient  nicht  unmittel- 
bar zur  erläuterung  der  vorausgehenden  Sammlungen  und 
ihrer  anordnung,  sondern  Fick  geht  hier  über  die  aus  den 
Wörtern  der  spräche  zunächst  erschlossenen  wurzeln  hin- 
aus und  sucht  auch  diese  wieder  zum  grofsen  theil  auf 
ursprünglichere  und  einfachere  formen  zurückzuführen.  Im 
allgemeinen  ist  dieses  streben,  meiner  ansieht  nach,  ein 
völlig  berechtigtes  und  in  ziel  und  methode  nur  eine  wei- 
tere consequenz  der  von  allen  forschern  anerkannten  bis- 
herigen Sprachanalyse. 

Die  abhandlung  beginnt  mit  einer  kurzen,  mir  sehr 
einleuchtenden  besprechung  des  princips  der  schallnachah- 
mung  in  der  spräche.  Fick  fafst  seine  ansieht  s.  932  in 
den  satz  zusammen:  „dafs  (über  einige  wenige  fälle  hin- 
aus) die  Schallnachahmung  einen  irgendwie  erheblichen  bei- 
trag  zur  Sprachbildung  geliefert,  ist  auf  grund  der  erkennt- 
nifs  der  ältesten  sprachzustände  unbedingt  in  abrede  zu 
stellen''.  Es  wird  sodann  auf  wenigen  Seiten  (933  —  937) 
das  geheimnifs  der  Wortbildung  beröhrt.  Auch  hier  stimme 
ich  für  mein  theil  mit  Fick  überein,  namentlich  in  dem, 
was  er  über  das  pronomen  und  dessen  bedeutung  in  der 

25* 


woitbildang  nnd  Terbalflexion  sagt:  m  meiner  arbeit  Aber 
das  relatiTproDomeo  (Cortius*  stod.  II,  401  ff.)  habe  ich 
micb  in  ganz  ähnlicher  weise  aasgesprochen. 

Was  nun  die  wurzehi  anlangt,  so  ist  Fick  bemüht, 
dieselben  anf  nrworzeln  znrückzuftlhreD.  Uebcr  die  ge- 
statt  einer  orwnrzel  äoisert  er  sich  s.  939  in  folgender 
weise:  «die  orwnrzel  kann  bestehen  1)  ans  einem  bloftcn 
Tocal  (a,  i.  o),  2)  a-vocal  +  consonant  {ad,  ap,  as),  3)coii- 
sonant  oder  doppelconsonant  +a-TocaI  (da,  pa,  sa;  ata, 
spa,  sna)^.  Von  s.  913  an  werden  die  Terechiedenen  mit- 
tel besprochen,  durch  welche  ans  den  so  gestalteten  nr- 
worzeln die  differenzirten  und  die  erwaterten  worzeto  ent- 
standen seien. 

Den  anfang  macht  die  besprechnng  der  Tocalschwä- 
chnng.  £s  ist  dies  jedenfalls  der  originellste  abschnitt, 
aber  zugleich  auch  der,  dessen  bauptresohate  ich  am  we- 
nigsten unbedingt  annehmen  möchte.  Es  wird  hier  be- 
hauptet, dais  keine  urwurzel  ein  i  oder  u  enthalten  habe, 
und  dais  jedes  bisher  als  wurzelhaft  betrachtete  i  oder  n 
blofse  lautliche  Schwächung  Ton  orsprfingfichem  a  sei.  Dies 
wird  daraus  erschlossen,  dafs  allerdings  vielen  wurzeln  mit  i 
oder  u  (keineswegs  allen)  bedeutungsTerwandte  wurzeln  mit 
a  zur  Seite  stehen,  und  dais  thatsächlich  in  den  indogerm. 
einzelsprachen  riele  i  und  u  auf  Schwächung  Ton  ursprüng- 
lichem a  beruhen.  Man  kann  hier  zunächst  einvrenden: 
so  gut  in  jeder  einzelsprache,  z.  b.  im  lateinischen,  zwar 
▼iele  i  und  u  aus  a  entstanden  sind,  aber  keineswegs  alle, 
so  gut  könnten  auch  in  den  wurzeln  die  einen  i  ond  u 
ursprünglich,  die  andern  nicht  ursprünglich  sein.  Denn 
es  bleiben  doch  wurzeln  Qbrig,  denen  auch  Fiok  keine 
form  mit  a  zur  seite  stellen  kann  (z.  b.  bho  werden),  ganz 
abgesehen  noch  von  den  fallen,  in  welchen  mir  seine  com- 
binationen  wenig  schlagend  zu  sein  scheinen.  Ich  sehe 
durchaus  keinen  grund  ein,  warum  i  imd  o  in  den  urwnr* 
zeln  überhaupt  nicht  vorhanden  gewesen  sein  solL  Wenn 
aber  bedeutungsverwandte  wurzeln  neben  einander  stehen, 
die  sich  allerdings  formell  nur  durch  ihr  a,  i  oder  n  von 
einander  unterscheiden,   so  können  wenigstens  anoh  nodi 


ttber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  389 

andere  erklärungen  möglich  sein  als  blofse  lautliche  Schwä- 
chung. Es  könnte  der  vocal  der  wurzel  ursprünglich  nicht 
fest,  und  der  Wechsel  der  vocale  bedeutungsvoll  gewesen 
sein,  wie  in  den  semitischen  sprachen.  Dieses  prinoip  der 
Sprachbildung  wäre  dann  ganz  verwischt  worden,  als  wort- 
und  flexionsbildnng  in  ganz  andere  bahnen  einlenkten.  Es 
liefse  sich  hier  noch  manches  ausspinnen,  aber  es  hat  dies 
keinen  werth,  so  lange  wir  nicht  noch  anderswoher  be- 
stimmtere gesichtspunkte  für  das  sprachleben  jener  graue- 
sten  vorzeiten  erhalten.  Vielleicht  ergeben  sich  solche» 
wenn  man  einmal  einen  tiefern  blick  in  die  entwickelung 
der  semitischen,  turanischen  und  anderer  nicht  verwandter 
sprachen  gethan  haben  wird. 

Um  seinen  satz,  dafs  i  und  u  in  den  urwurzeln  noch 
nicht  gestanden  habe,  durchzuführen,  sucht  sich  Fick 
s.  1043  auch  der  wurzeln  i  (gehen)  und  u  (sich  sättigen 
etc.),  die  er  s.  1016.  1017  noch  anerkannt  hatte,  zu  ent- 
ledigen, indem  er  j  a  und  v  a  als  ihre  grundformen  ansetzt. 
Der  beweis  hierfür  ist  meiner  ansieht  nach  nicht  erbracht. 
Denn  wenn  er  sich  darauf  stützt,  dafs  in  den  alten  und 
zahlreichen  Weiterbildungen  dieser  wurzeln  ja  und  va  als 
radicaltheil  erscheine,  so  vergifst  er  z.  b.  i-s  (suchen,  wün- 
schen), das  doch  auch  eine  alte  Weiterbildung  von  i  sein 
dürfte.  Bisher  hat  man  vorwiegend  das  entgegengesetzte 
bestreben  gehabt^  nämlich  jedes  j  und  v  auf  i  und  u  zu- 
rückzuführen. 

Dafs  die  wurzeln  auf  ru,  wie  kru,  skr.  qtu  hören, 
Weiterbildungen  von  wurzeln  auf  ar  sind,  scheint  auch  mir 
wahrscheinlich.  Aber  ich  möchte  bezweifeln,  dafs  z.  b. 
kru  durch  Umstellung  des  ursprünglichen  *kar  zu  ^kra 
und  Schwächung  des  a  zu  u  entstanden  sei,  wie  Fick  an- 
nimmt. Die  wurzelform  ^ar,  auf  welche  skr.  ^ru  zunächst 
zurückgehen  wird,  dürfte  möglicherweise  in  ^r-nö-mi 
noch  vorliegen;  denn  r  ist  ja  gewöhnlich  Vertreter  von  ur- 
sprünglichem ar;  könnte  aber  ^ru  nicht  aus  ^ar-u  ent- 
standen sein  durch  antreten  eines  weiterbildenden  oder  wort- 
bildenden u?  Eine  diesem  erschlossene  ^paru  analoge  bil- 
dung  liegt  uns  thatsächlich  vor  in  kar-ö-mi  facio,  kur- 


890  Windisoh 

-u-tas.  Ich  vermuthe  fibrigens,  dafs  skr.  kar-na  ohr  mit 
WZ.  ^ru  im  gründe  verwandt  ist.  Sobald  man  zugibt,  dafs 
skr.  9  aus  ursprünglichem  k  entstanden  ist,  hat  diese  ety- 
mologie  keine  Schwierigkeit.  Fflr  diese  Voraussetzung 
spricht  namentlich,  dafs  auch  im  slawischen  und  im  litaui- 
schen, wo  ftir  gewöhnlich  dem  skr.  9  je  s  und  sz  entspre- 
chen, gelegentlich  das  k  erscheint,  das  lateinisch,  grie- 
chisch und  celtisch  stets  aufweisen  und  auf  das  auch  das 
gotische  h  zurflckgeht:  man  denke  an  lit.  kl  au  sä  gehor- 
sam neben  ksl.  sluchü  das  hören  gegenüber  der  indischen 
Wurzel  9ru,  an  ksl.  svekry  socrus  neben  lit.  szeszura-s 
socer  gegenüber  skr.  pva^rü-s  und  ^va^ura-s,  an  lit. 
akmö,  st.  akmen  nebst  ksl.kamy,  st.  kamen,  gegenüber 
skr.  apmä,  st.  apman.  Es  wäre  zu  untersuchen,  ob  nicht 
auch  im  sanskrit  noch  öfter  das  k  neben  dem  9  erschiene. 

Von  einzelheiten  sei  noch  erwähnt,  dafs  das  zu  „nig 
waschen,  spülen^  von  Fick  (s.  944)  postulirte  nag  nicht 
erst  in  nag- na  nackt  zu  suchen  ist,  sondern  schon  in 
dem  irischen  perfectum  fo-nenaig  purificavit  (Stokes 
Goid.  p.  95,  Z.*  448)  vorzuliegen  scheint.  Mit  i  erscheint 
das  irische  verb  in  niges,  rel.  form  der  3.  sg.  praes.  (Corm. 
61.  Transl.  p.  166).  In  ähnlicher  weise  zeigt  sich  in  dem 
perf.  senaig  stillavit,  für  sesnaig  (Stokes,  beitr.  VII,  1 1 ), 
ein  wurzelhaftes  a,  obwohl  die  sicher  verwandte  wurzel 
„snigh  schneien^  (Fick  214)  sonst  immer  mit  i  auftritt, 
so  auch  in  ir.  snigis,  snigestar  stillavit  (Stokes,  beitr. 
VII,  39.  11). 

Der  IL  abschnitt  behandelt  die  vocalverstärkung 
(s.  956  ff.).  Hier  wird  durchgeführt,  dafs  alle  wurzeln  ur- 
sprünglich einen  kurzen  vocal  enthielten.  Nicht  einleuch- 
tend ist  mir  die  hier  vertretene  mathematische  erklärung 
des  guna.  Es  ist  meiner  ansieht  nach  unerwiesen,  dafs 
das  lange  ä  im  sprachbewufstsein  als  a  +  a  gefühlt  wor- 
den ist,  so  dafs  dann,  wie  Fick  meint,  als  das  einfache  a 
zu  i  oder  u  wurde,  das  lange  ä  in  a  +  i  und  a-+-u  über- 
gehen konnte.  Die  grammatik  ist  allerdings  sehr  früh 
darauf  gekommen,  den  langen  vocal  der  Zeitdauer  nach 
zwei  kurzen  vocalen  gleichzusetzen,  aber  physiologisch  ist 


aber  Fick'fl  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  891 

doch  ein  zweimal  bervorgestoisenes  a  etwas  ganz  anderes 
als  ein  gedehntes  ä;  jedenfalls  konnte  das  ä  sehr  gut  aach 
unmittelbar  entstehen  und  nicht  erst  durch  addition  von 
a  +  a.  Aufserdem  wäre  doch  erst  zu  untersuchen ,  ob 
wirklich  in  der  spräche,  in  Wortbildung  und  flexion  ä  und 
ai,  au  auf  einer  stufe  stehen.  Ganz  abgesehen  davon, 
dafs  die  sanskritgrammatik  das  lange  ä  nicht  als  guna, 
sondern  als  vrddhi  fafst,  scheinen  skr.  eti  und  asti,  gr. 
äyw^  TQBTtoj  und  keiTto)  (die  wenigen  verba  wie  tt^xco  kom- 
men kaum  in  betracht),  lat.  rego  und  dico,  got.  nima 
und  steiga,  griech.  yivog  und  eidog  nicht  gerade  dafQr 
zu  sprechen.  Das  lange  ä  im  Singular  von  skr.  gagäma 
ist  keineswegs  so  fest  wie  das  e  und  ö  im  singular  von 
bibheda  und  bubböga;  ähnliches  kann  man  in  der  grie- 
chischen perfectbildung  beobachten:  TieTttjya^  Ttitptjva  ste- 
hen neben  yiyova^  riroxa,  aber  XiXoma^  7ti7toi&ay  rärci;;^«, 
Tticpevycc,  olda,  'doLxa  sind  ebenso  viele  beispiele  einer  und 
derselben  bildungsweise. 

Wenn  Fick  s.  963  sagt:  ,,die  dehnung  von  radicalem 
i  zu  I  ist,  wie  es  scheint,  der  indogermanischen  urspraohe 
ganz  abzusprechen,  und  zwar  sowohl  im  anlaut,  als  im 
in-  und  auslaut^,  so  bezieht  sich  dies  wohl  nur  auf  die 
gestalt  der  urwurzeln.  Denn  wie  kann  man  wissen,  dafs 
nie  in  einer  periode  der  urspk'ache  dehnung  von  i  und  u 
zu  bildungszwecken  verwendet  worden  ist? 

Die  abschnitte  III,  IV  und  V  (s.  966-968)  handeln 
über  consonantenschwächung,  consonanten Verstärkung  und 
consonantenversetzung  innerhalb  der  wurzeln,  sehr  kurz, 
weil  sich  hier  nicht  viel  vorbringen  läfst.  Die  consonan- 
tenversetzung betriflflb  namentlich  den  laut  r.  Fick  gibt 
als  beispiele  die  wurzelformen:  argh  und  ragh,  arg  und 
rag,  ardh  und  radh.  Dagegen  zweifelt  er  diese  ver- 
schiebbarkeit in  bezug  auf  n  an,  und  ist  z.  b.  geneigt  wz. 
nak  (skr.  nap  erreichen)  von  wz.  ak,  ank  (skr.  a^  dass., 
äpa  theil)  vollständig  zu  trennen.  Meiner  ansieht  nach 
hat  er  hierin  nicht  recht,  wie  ich  erst  weiter  unten  darzu- 
legen versuchen  werde. 

In  sehr  ausführlicher  weise  werden  endlich  s.  968 — 1016 


893  Windiioh 

die  wurzeldeterminative  behandelt.  Hier  namentlich  schliefst 
sich  Fick  an  6.  Curtius  an,  der  bekanntlich  in  der  einlei- 
tung  zu  seinen  grundzügen  der  griechischen  etymologie 
und  in  den  ersten  abschnitten  seiner  schrift  zur  Chronolo- 
gie der  indogermanischen  sprachen  die  erwähnte  erschei- 
nung  principiell  erörtert  hat.  Fick  scheidet  aber  von  vie- 
len wurzeln  ein  determinativ  ab,  an  denen  es  bisher  noch 
nicht  erkannt  worden  war.  Er  verläfst  dabei  vielfietch  den 
boden  der  empirie  und  geht  in  seiner  analyse  von  einem 
principe  aus,  dessen  richtigkeit  erst  durch  die  empirie  zu 
erweisen  wäre.  Er  sieht,  dafs  viele  consonantisch  anlau- 
tende wurzeln  bei  ähnlicher  oder  gleicher  bedeutung  sich 
nur  durch  das  fehlen  oder  die  Verschiedenheit  eines  aus- 
lautenden consonanten  unterscheiden  (z.  b.  skr.  ju  und  ju^ 
verbinden,  skr.  gar  und  gad  tönen,  reden),  und  schliefst 
daraus,  dafs  keine  urwurzel  zugleich  mit  einem  consonan- 
ten anlautet  und  auslautet,  und  dals,  wo  solche  wurzeln 
vorkommen,  der  auslautende  consonant  immer  als  wurzel- 
determinativ zu  betrachten  ist.  Es  kann  dieses  richtig 
sein,  aber  bewiesen  ist  es  nicht  So  viel  ich  weifs  ist 
noch  kein  gesicbtspunkt  aufgestellt,  nach  welchem  es  un- 
möglich oder  unwahrscheinlich  wäre,  dafs  z.  b.  bhar  eine 
urwurzel  ist.  Denn  wer  sagt  uns,  dafs  die  menschen  ur- 
sprünglich nur  zwei  laute  mit  einander  verbinden  konnten 
und  erst  allmälig  lernten  einen  dritten  zuzufägen?  Des- 
halb war  hier  der  analogieschlufs  nicht  an  der  stelle,  fQr 
jeden  einzelnen  fall  ist  ein  besonderer  beweis  nöthig.  Es 
ist  wohl  zu  beachten,  dafs  Fick  för  den  gröfseren  theil 
der  auf  r  auslautenden  wurzeln  diesen  beweis  nicht  führen 
kann:  es  gibt  z.  b.  für  bhar  weder  schwesterwurzeln  wie 
bhak  oder  bhas  mit  gleicher  oder  ähnlicher  bedeutung, 
aus  denen  man  allerdings  ein  uranfängliches  bha  tragen 
mit  verhältnifsmäfsiger  Sicherheit  erschliefsen  könnte,  noch 
ist  dieses  selbst  irgendwo  in  einer  spräche  wirklich  vor- 
handen. Mit  bha  scheinen  hat  Fick  natürlich  bhar  tra- 
gen nicht  combiniren  wollen,  aber  in  anderen  fällen  hat 
er  doch,  nur  um  sein  princip  durchzuführen,  dafs  conso- 
nant +  vocal  +  consonant  kein  wurzeltypus  der  urzeit  sei, 


über  Fick's  vergl.  wörterbach  der  indogerm.  sprachen.  398 

sehr  kühne  combinationen  gewagt.  Ich  verweise  nur  auf 
alle  die  wurzeln,  welche  aus  der  urwurzel  ta  (spannen, 
dehnen)  hervorgegangen  sein  sollen  (s.  1028).  Immerhin 
bleibt  es  aber  Fick's  verdienst  nicht  nur  uns  deutlicher 
zum  bewufstsein  gebracht  zu  haben,  wie  weit  man  in  der 
sprachlichen  analyse  kommen  kann,  sondern  auch  in  vie- 
len fällen,  wenigstens  meiner  ansieht  nach,  die  richtige 
combination  und  reduction  der  wurzeln  getroffen  zu  ha- 
ben.    Wenden  wir  uns  zu  den  einzelnen  abschnitten. 

Von  den  echten  determinativen  werden  zunächst  a,  n 
und  m  gesondert,  weil  die  durch  anfögung  dieser  laute 
entstandenen  neuen  wurzeln  „in  einem  engen  verhältnifs 
zu  ihren  stammwurzeln  bleiben^.  Zu  den  mit  determina- 
tivem a  gebildeten  wurzeln  rechnet  Fick  pra,  mna,  dra, 
XLia,  d'va  u.  a.  Anstatt  hier  lix&hipig  des  wurzelhaften  a 
anzunehmen  (pr-a  ist  nach  Fick  aus  par-a  entstanden), 
könnte  man  an  und  für  sich  auch  an  ^tsTcc^eöig  denken. 
Fick  weist  diese  erklärung  damit  zurück,  dafs  er  sagt, 
pra  mna  und  ähnlich  gestaltete  wurzeln  könnten  nicht  von 
dhja,  ja  getrennt  werden,  und  diese  seien  sicher  aus 
dhi,  i  weitergebildet  (hier  nimmt  also  Fick  i  noch  als  die 
primitive  form  an,  erst  s.  1043  ändert  er  seine  meinung). 
Ich  sehe  nicht  ein,  inwiefern  dhja  und  ja  für  die  auffas- 
sung  von  pra,  mna,  xfia  u.a.  geradezu  mafsgebend  sein 
sollen;  die  Verhältnisse  sind  denn  doch  etwas  andere.  Da- 
gegen wäre  vielleicht  zu  beachten,  wie  die  nach  ansieht 
der  indischen  graramatiker  auf  ä  auslautenden  wurzeln  als 
letzte  glieder  nominaler  composita  declinirt  werden:  sie 
werfen,  wie  Bopp  §.  156  sagt,  in  den  schwachen  casus 
vor  vocalisch  anfangenden  endungen  das  schliefsende  ä  ab, 
so  dafs  z.  b.  von  dhmä  (stammwurzel  dham)  der  instru- 
mental dhm-ä,  der  dativ  dhm-^,  der  genetiv  und  abla- 
tiv  dhm-as  lauten,  vgl.  väk-ä,  väK-e,  väK-as  von  dem 
stamme  väk.  Hier  scheint  doch  kaum  bezweifelt  werden 
zu  können,  dafs  der  nach  abzug  der  casusendungen  übrig 
bleibende  flexionsstamm  dhm  aus  dham  entstanden  ist. 
Was  die  bedeutung  dieses  a  anlangt,  so  stellt  es  Fick  mit 


894  Windisob 

recht  auf  gleiche  stufe  mit  dem  a  in  dem  präsensstamme 
bödha-  (bödha-ti). 

Ebenso  greift  das  in  wurzeln  wie  kam,  kram,  dham, 
dram  auslautende  m  in  die  Wortbildung  über.  Der  stamm 
von  skr.  dramati,  griech.  HägaixoVy  Sqa^iovfiai  wird  nicht 
verschieden  sein  von  dem  des  Substantivs  8q6^(jiO'Q\  die 
ursprünglichere  wurzel  ist  in  an-idga  enthalten.  Vgl.  die 
nominalbildungen  mit  sufBx  ma  bei  Aufrecht,  Unadisü. 
p.  276. 

Aehnliches  gilt  von  dem  determinativen  n.  Fick  macht 
darauf  aufmerksam,  dafs  das  gemeinhin  zu  wurzel  ^nä 
gestellte  praesens  gä-nä-mi  im  sanskrit  weiter  nichts  ist, 
als  eine  präsensbildung  der  9.  olasse  von  der  wurzelform 
ga,  gä.  Die  präsensform  tanöti  führt  zwar  die  sanskrit- 
grammatik  auf  eine  wurzel  tan  zurück,  es  ist  aber  längst 
erkannt,  dafs  in  ihr  das  bekannte,  präsensstamme  bildende 
sufSx  nu  vorliegt,  welches  als  eigenthümlichkeit  der  verba 
der  8.  classe  (su-nö-ti)  gilt.  Ferner  beweist  das  vedische 
ma-nu-te,  wie  irrig  es  wäre  von  einer  urwurzel  man 
zu  reden. 

Participialformen  wie  ra-ta  von  ram,  ga-ta  von 
gam,  ha-ta  von  han,  ia-ta  von  tan,  ma-ta  von  man 
zeigen  nicht  minder,  was  man  eigentlich  als  wurzel  der 
betre£Penden  verba  anzusetzen  hätte,  und  rama-te  neben 
ra-ma-s  (ergötzend,  geliebter),  tanu-te  neben  ta-nu-s 
(dünn),  manu-te  neben  ma-nu-s  (mensch)  scheinen  dar- 
auf hinzudeuten,  dafs  man  anstatt  von  wurzeln  ram,  tan, 
man  richtiger  von  den  conjugirten  nominalstämmen  rama, 
manu,  tauu  zu  reden  hätte. 

Aber  so  einfach  liegen  die  Verhältnisse  doch  nicht. 
In  sehr  vielen  formen  finden  wir  den  blofsen  nasal,  nicht 
die  Silben  ma,  na,  nut  Man  denke  z.  b.  an  das  praes. 
han-mi,  han-ti,  an  den  nominalstamm  hantar  nom. 
hantä,  im  griechischen  an  xdfi-vwj  öccfA-vrjfiv  und  an  me- 
diale perfectformen  wie  TtecpccvTai,  Hier  giebt  es  noch 
viel  zu  untersuchen,  vor  allem,  wie  weit  solche  formen 
mehreren  sprachen  gemeinsam,  und  wie  weit  sie  sonder- 
bildungcn  einzelner  sprachen  sind.     In  dieser  wurzelerwei- 


ttber  Fick's  vergl.  wörterbnoh  der  indogerm.  sprachen.  895 

terung  durch  a,  m  und  n  scheint  der  wurzelbildungepro- 
cefs  am  längsten  flüssig  geblieben  zu  sein,  so  dafs  wir  hier 
einen  einblick  wenigstens  in  eine  zweite  periode  der  wur- 
zelbildung  thun  könnten.  Es  würde  dies  die  periode  der 
secundärwurzeln  sein,  welche  allerdings  vom  Standpunkte 
der  in  reich  entfalteter  Wortbildung,  declination  und  con- 
jugation  prangenden  spräche  aus  als  wurzeln  erscheinen, 
zur  zeit  ihres  entstehens  aber  wahrscheinlich  eine  andere 
rolle  spielten.  Sie  scheinen  ursprünglich  zweisilbig  gewe- 
sen und  erst,  sei  es  durch  ausstofsen  eines  mittleren  oder 
durch  abwerfen  eines  auslautenden  vocals,  einsilbig  gewor- 
den zu  sein. 

Dies  behauptet  auch  Fick  von  einer  reihe  lautreiche- 
rer wurzeln,  die  er  aus  der  reduplication  einfacherer  wur- 
zeln erklärt  (s.  973).  Hierbei  wundere  ich  mich,  dafs  er 
wurzeln  wie  garg  schreien  (skr.  gargati,  griech.  yogyo-g 
u.  a.  s.  60)  als  aus  gar-gar  verstümmelt  auffafst.  Da 
mtifste  es  erst  noch  anderweitig  wahrscheinlich  gemacht 
werden,  dafs  die  spräche  in  alten  zeiten  so  schonungslos 
mit  den  lauten  umsprang  (vgl.  Fick's  eigene  treffliche  be- 
merkungen  über  die  festigkeit  der  laute  in  den  alten  sprach- 
perioden  s.  1000).  Warum  nimmt  er  nicht  als  volle  ge- 
stalt  der  reduplicirten  wurzel  nur  gar-ga  an,  wie  es  in 
griech.  yog-yo-g  und  skr.  gar-ga-ti  noch  vorliegt?  Denn 
wenn  ga  die  ur wurzel  ist,  und  gar  nur  eine  Weiterbildung 
derselben  (s.  1027),  so  hat  eine  reduplicationsform  gar-ga 
nichts  wunderbares.  Sie  ist  vielmehr  gleichsam  das  ge- 
genstück  zu  dem  gewöhnlichen  reduplicationstypus  ga-gar, 
wie  er  sonst  in  Wortbildung  und  flexion  übh'ch  geworden 
ist.  Bei  einer  solchen  auffassung  würde  sich  ergeben,  dafs 
die  sogenannte  reduplicationssilbe  im  perfect  und  wo  sie 
sonst  auftritt  ursprünglich  nicht  die  mechanische  Versetzung 
war,  als  welche  man  sie  wohl  zu  betrachten  pflegt,  und 
welche  sie  unleugbar,  namentlich  im  griechischen  endlich 
geworden  ist,  sondern  dafs  es  ursprünglich  die  kurze  wur- 
zelgestalt  war,  welche  sowohl  mit  sich  selbst  als  auch  mit 
ihren  derivaten  zusammengesetzt  wurde.  In  formen  wie 
nicprivay  xi^^va^  nitp^vya   war  das  griechische  am  weite- 


896  Windiscb 

sten  in  dem  bestreben  gegangen,  aus  der  doppeltgesetzten 
Wurzel  einen  als  einheit  gefühlten  körper  zu  schaffen.  Aus 
dem  Sanskrit  liefse  sich  solchen  formen  dem  principe  nach 
am  nächsten  das  vedische  gabhära  vergleichen.  Der  er- 
satz  des  aspirirten  lauts  durch  einen  nicht  aspirirten  ist 
beiden  sprachen  gemeinsam;  der  durchgehende  ersatz  dto 
wurzelvocals  durch  e  hat  im  griechischen  den  Ursprung 
der  reduplicatioD  fast  gänzlich  verwischt.  So  wörde  sich 
auch  das  selbständige  leben  der  sogenannten  reduplica- 
tionssilbe  begreifen  lassen,  wenn  z.  b.  im  indischen  inten- 
sivum  gunirung  derselben  eintritt,  vgl.  Ie-lih-jas6,  dö- 
-dipjamänäm  u.a.  Ferner  würden  dann  griech.  oA-<»Aer, 
od'Cüda  nicht  auf  anderem  bildungsprincipe  beruhen,  als 
die  gewöhnlichen  perfecte.  Natürlich  mufs  diese  hypo- 
these  noch  eingehender  geprüft  werden. 

Von  s.  975  an  folgt  die  besprechung  der  übrigen  de- 
terminative. Alle  consonanten,  welche  für  die  indogerma- 
nische Ursprache  mit  Sicherheit  nachgewiesen  sind,  treten 
als  solche  auf  (k  g  gh  t  d  dh  p  bh  r  s).  Wer  nicht  ab- 
sichtlich darauf  verzichtet,  weitere  Untersuchungen  über  die 
zunächst  aus  den  sprachen  gewonnenen  wurzeln  anzustel- 
len, der  mufs  auch  hier  im  allgemeinen  das  princip  von 
Fick's  reductionen  anerkennen.  S.  1016  bis  1043  sind  auf 
grund  der  vorausgehenden  auseinandersetzungen  die  urwur- 
zeln  in  ihren  Verzweigungen  übersichtlich  zusammengestellt. 
Nehmen  wir  ga  tönen  (s.  1027),  das  in  skr.  gä-jati,  caus. 
gäpajati  (vergl.  gäna  das  singen)  thatsächlich  vorliegt. 
Wer  möchte  zweifeln,  dafs  dazu  als  abgeleitete  wurzeln 
gehören:  ga-d  sprechen  (skr.  gadati,  ir.  ro-gid),  ga-t 
sprechen  (got.  qitha  qath),  ga-p  murmeln  (skr.  ^pati), 
ga-r  rauschen,  rufen  (skr.  grnäti,  griech.  y^gvg  u.  a.), 
und  dafs  an  letzteres  wieder  sich  anschliefsen  gar-s  tönen 
(lat.  garrio,  lit.  garsa-s),  gal-p  murmeln  (skr.  gal- 
pati),  gar-gh  klagen  (skr.  garhate,  ahd.  klaga). 

Fick  versucht  einzelne  dieser  wurzeldeterminative  ih- 
rem Ursprünge  nach  zu  erklären.  Diese  versuche  schei- 
nen mir  aber  sämmtlich  nicht  mit  dem  zu  stimmen,  was 
er   selbst  s.  1000  und  1001   über  die  festigkeit  der  laute 


über  Fick's  yergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  397 

in  jenen  alten  spraehperioden  und  über  unsere  mangel- 
hafte kenntnifs  des  damals  zur  Sprachbildung  verwendeten 
materials  sagt.  Allerdings  weist  er  ftlr  d  die  annähme 
von  Schwächung  aus  t  und  ebenso  den  gedanken  an  die 
Wurzel  da  wenigstens  als  ganz  unsicher  zurück,  aber  doch 
ist  er  zuvor  (s.  982)  sehr  geneigt,  g  als  blofse  Schwächung 
von  k  anzusetzen,  und  nimmt  er  s.  1003  als  ganz  sicher 
an,  dafs  in  dem  determinativen  dh  die  wurzel  dha,  und 
s.  1007,  daf's  in  dem  determinativen  p  die  wurzel  ap  (oder 
pa)  zu  erblicken  sei.  Letztere  annahmen  sind  mir  gerade 
durch  Fick's  Zusammenstellungen  wieder  zweifelhaft  ge- 
worden. Denn  der  umstand,  dafs  sich  sämmtliche  con- 
sonauten  als  wurzeldeterminative  nachweisen  lassen,  scheint 
darauf  hinzudeuten,  dafs  wir  es  hier  mit  einer  besonderen 
Schicht  und  richtung  der  Sprachbildung  zu  thun  haben, 
die  auch  ihr  einheitliches  gesetz  haben  dürfte.  Da  wir 
dieses  gesetz  noch  nicht  kennen,  so  ist  es  keine  übertrie- 
bene zweifelsucht,  wenn  man  gegen  erklärungen,  die  nur 
einzelne  jener  bildungselemente  herausgreifen  ohne  auch 
nur  für  diese  schlagend  zu  sein,  vor  der  band  noch  mifs- 
trauisch  ist. 

Sehr  beachtenswerth  ist,  dafs  die  erweiterung  der 
wurzeln  durch  diese  determinative,  wie  Fick  nachweist, 
bis  in  spätere  spraehperioden  fortdauert  und  in  einzelnen 
fällen  sogar  zu  gewissen  Stammbildungen  benutzt  worden 
ist.  Denn  es  scheint  auch  mir  sehr  wahrscheinlich,  dafs 
das  zur  causativbildung  verwendete  p  und  das  zur  desi- 
derativbildung  verwendete  s  nicht  verschieden  sind  von 
den  wurzeldeterminativen  p  und  s  (s.  1007.  1016). 

Im  allgemeinen  darf  man  wohl  behaupten,  dafs  Fick 
in  dem  ersten  theile  seines  nachworts  unsere  kenntnifs  von 
dem  frühesten  sprachleben  bedeutend  erweitert  und  für 
manche  erscheinung  desselben  schon  durch  die  statisti- 
sche aufführung  des  materials  die  richtige  auffassnng  an 
die  band  gegeben  oder  angebahnt  hat.  Wir  können  jetzt 
das  im  gesprochenen  oder  geschriebenen  wort  vorliegende 
sprachliche  material  zu  einem  grofsen  theil  bis  auf  seine 
urelemente  zurückführen;  denn  was  sollte  noch  hinter  wur- 


398  WindiBch 

zeln  wie  ka  ga  gha  liegen?  Solche  lautlich  yerschiedene 
urwurzeln  hat  Fick  30  bis  40  gewonnen,  die  aber  in  folge 
davon,  dafs  vielfach  ein  und  derselbe  lautcomplex  yerschie- 
dene  unvereinbare  bedeutungen  hat,  auf  70  bis  80  gebracht 
werden  können.  In  der  entwickclung  der  indogermani- 
schen sprachen  haben  wir  demgemäfs  vier  hauptstadien 
zu  unterscheiden :  1 )  die  in  wort  oder  schrift  lebendigen 
einzelsprachen,  2)  die  erschlossenen  grundsprachen  von 
einzelnen  sprachgruppen,  3)  die  erschlossene  indogermani- 
sche grundsprache,  4)  die  erschlossene  Ursprache  der  indo- 
germanischen grundsprache.  Die  Ursprache  der  indoger- 
manischen grundsprache  bezeichnet  den  ersten  ausgangs- 
punkt  der  ganzen  sprachlichen  entwickclung,  soweit  die- 
selbe überhaupt  durch  fortgesetzte  abstraction  zurückver- 
folgt werden  kann. 

Hier  finden  aufser  den  von  Fick  so  genannten  urwur- 
zeln auch  die  urstämme  der  pronomina  und  der  suffixe, 
ferner  die  urelemente  vieler  partikeln,  vor  allem  der  prä- 
positionen  ihre  stelle,  und  zwar  in  selbständigem  leben^ 
noch  nicht  untereinander  verquickt.  Die  frage  nach  dem 
ersten  entstehen  dieser  urelemente,  d.h.  also  die  frage 
nach  dem  Ursprung  der  spräche,  liegt  auiserhalb  der  auf 
das  indogermanische  beschränkten  Sprachwissenschaft. 

Was  gewinnen  wir  aber  durch  jene  abstraction  und 
construction,  durch  welche  wir  bis  zu  den  anfangen  des 
Sprachlebens  zurückgehen  können?  Ein  getreues  und  voll- 
ständiges bild  von  dem  bestände  der  indogermanischen 
grundsprache  und  von  dem  der  Ursprache  derselben  ge- 
wifs  nicht.  Wir  lernen  vielmehr  immer  nur  denjenigen 
theil  der  grundsprachen  kennen,  welcher  sich  bis  in  die 
thatsächlich  bekannten  sprachen  hinab  erhalten  und  fort- 
entwickelt hat.  Allerdings  will  es  scheinen,  als  ob  wir 
die  urwurzeln  der  ersten  Ursprache  alle  besäfsen.  Denn 
es  sind  alle  urlaute  der  indogermanischen  sprachen  in  ih- 
nen vertreten  und  ebenso  alle  die  möglichen  einfachsten 
Verbindungen  derselben,  aus  denen  sich  nach  Fick  die  zu- 
sammengesetzteren erst  entwickelt  haben.  Es  müfste  denn 
damals  noch  andere  urlaute  gegeben  haben.     Anders  steht 


ttber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  399 

es  mit  der  indogermaDischen  grundsprache.  Zwischen  ihr 
und  ihrer  grundsprache  liegt  ein  Zeitraum,  von  dessen 
dauer  wir  keine  Vorstellung  haben  können.  In  diesem  Zeit- 
raum hat  sich  ein  entwickelungsprocefs  vollzogen,  dessen 
zur  herrschaft  gelangte  tendenzen,  dessen  mannichfaltig- 
keit  und  reichthum  wir  aus  seinen  letzten,  in  den  einzel- 
sprachen aufgehobenen  resultaten  mehr  und  mehr  erken- 
nen. Aber  wer  will  wissen^  ob  die  grundsprache  nicht 
noch  reicher  gestaltet  war,  als  wir  aus  den  einzelsprachen 
erschliefsen  können?  Um  es  kurz  zu  sagen:  wir  können 
mit  einer  gewissen  Sicherheit  erschliefsen,  was  alles  von 
den  formen  der  einzelsprachen  auch  in  der  indogermani- 
schen grundsprache  schon  vorhanden  war,  aber  wir  wer- 
den nie  erfahren,  was  alles  von  der  vorausgehenden  ent- 
wickelung  her  in  diese  grundsprache  noch  hinein  ragte, 
ohne  dann  auch  in  den  einzelsprachen  noch  fortzuleben. 
Deshalb  ist  eine  eigentliche  reconstruction  der  indogerma- 
nischen grundsprache  ein  ding  der  Unmöglichkeit. 

Fick  hat  sich  über  diese  punkte  nicht  ausgesprochen, 
aber  man  darf  wohl  vermuthen,  dafs  er  nicht  absichtslos 
als  titel  seiner  Sammlungen  die  form  „zum  wertschätz 
der  gemeinsam-arischen  periode'',  „^um  Wortschatz  der 
gräcoitalischen  Spracheinheit  ^  gewählt  hat.  Es  scheint 
aber  in  diesen  titeln  angedeutet  zu  sein,  dafs  Fick  die 
construction  aller  dieser  einheits-  und  grundsprachen  als 
ein  hauptziel  der  Sprachwissenschaft  auffafst.  Hierin  würde 
ich  ihm  nicht  beistimmen.  Wir  dürfen  nie  vergessen,  dafs 
es  immer  nur  der  wertschätz  und  die  formenfülle  der  in- 
dogermanischen einzelsprachen  ist,  mit  denen  wir  operiren. 
Wir  wünschen  zu  wissen,  wie  die  Wörter  zu  ihren  formen 
und  zu  ihrer  bedeutung  gekommen  sind.  Unter  der  form 
der  Wörter  haben  wir  aber  ein  doppeltes  zu  verstehen,  ihre 
lautform  und  ihre  bildungsform.  Lautform  ist  die 
individuelle  gestalt  der  Wörter  in  den  einzelsprachen,  wel- 
che durch  die  in  den  einzelsprachen  herrschend  geworde- 
nen lautgesetze  hervorgerufen  ist.  Durch  die  erkenntnifs 
dieser  gesetze  erfahren  wir,  wie  die  Wörter  der  einzelspra- 
chen zu  ihrer  individuellen  lautform  gekommen  sind.     Die 


400  Windisch 

wortformen  aber,  welche  nach  abzug  des  individaellen 
übrig  bleiben,  sind  mehr  als  blofse  platonische  ideen,  sie 
haben  vielmehr  zum  grofsen  theil  entweder  wirklich  in  der 
indogermanischen  grundsprache  existirt  oder  hätten  wenig- 
stens in  ihr  existiren  können.  Hätten  wir  nicht  das  recht 
eine  indogermanische  grundsprache  anzunehmen,  so  wür- 
den alle  grundformen  weiter  nichts  als  platonische  ideen 
sein,  und  unsere  heutige  Sprachwissenschaft  mit  ihnen  in 
der  luft  schweben. 

Hier  war  die  indogermanische  grundsprache  der  an- 
fangspunkt  einer  entwickelung,  sie  ist  aber  auch  andrer- 
seits der  endpunkt  einer  entwickelung,  so  dafs  durch  sie 
die  gesammte  sprachliche  entwickelung  des  indogermanis- 
mus  in  zwei  hälften  getheilt  wird.  In  der  grundsprache 
gipfelt  die  entwickelung  der  bildungsform  der  indo- 
germanischen sprachen.  Wir  zerlegen  die  in  der  grund- 
sprache stehenden  formen  in  ihre  bestandtheile.  Wiederum 
ist  es  die  vergleichung,  welche  uns  die  richtige  art  des 
zerlegens  lehrt.  Um  die  grundformen  zu  erhalten  brau- 
chen wir  nothwendig  Wörter  verschiedener  sprachen;  um 
sie  zu  zerlegen  können  wir  eigentlich  nur  wieder  wortfor- 
men der  grundsprache  zur  vergleichung  heranziehen.  Wenn 
wir,  wie  es  die  allgemein  herrschende  gewohnheit  ist,  un- 
mittelbar die  Wörter  verschiedener  einzelspraohen  benutzen, 
so  ist  dies  nur  insofern  berechtigt,  als  diese  auf  die  grund- 
sprache reducirbar  sind.  Denn  die  Wörter  verschiedener 
sprachen  sind  immer  nur  in  ihren  grundformen  miteinan- 
der vergleichbar;  sie  sind  wie  brüche,  die  einen  gemein- 
samen nenner  haben  müssen,  ehe  man  sie  addiren  oder  den 
einen  von  dem  andern  subtrahiren  kann.  Indem  wir  die 
wortformen  in  ihre  demente  zerlegen,  nehmen  wir  ferner 
an,  dafs  diese  demente  einst  ein  selbständiges  leben  hal- 
ten, ehe  sie  sich  zu  der  bildung  der  wortformen  vereinig- 
ten. Es  ist  dies  die  zeit  der  Ursprache,  die  seit  von  Fick's 
urwurzdn.  In  die  zeiten  zwischen  dieser  Ursprache  und 
jener  grundsprache  fällt  die  eigentliche  ausbildung  der  in- 
dogermanischen  sprachform.  Auch  hier  wird  ea  vereehie- 
dene  perioden  und  atadien  gegeben  haben,  aber  wir  tonnen 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  401 

sie  schwerlich  mit  Sicherheit  bestimmen.  Die  Vermehrung 
der  urwurzeln  durch  abgeleitete  wurzeln,  die  erste  bildung 
der  wortstämme,  der  casusformeu,  der  verbalformen,  alles 
dies  bezeichnet  vielleicht  ebenso  viele  perioden  dieser 
spraehentwickelung.  Nebenbei  ergibt  sich  aus  dieser  be- 
trachtung,  dafs  die  urwurzeln  weniger  in  der  luft  schwe- 
ben, als  die  aus  diesen  abgeleiteten  wurzeln;  denn  von 
letzteren  können  wir  nicht  sagen,  in  welcher  periode  sie 
sich  gebildet  haben. 

Diese  bemerkungen,  die  vielfach  zu  ergänzen  oder  zu 
beschränken  sind,  sollen  nur  dazu  dienen,  die  bedeutung 
der  grundformen  und  der  indogermanischen  grundsprache 
zu  beleuchten.  Die  ganze  heutige  Sprachwissenschaft  wird 
zum  luftschlofs,  sowie  jemand  beweist,  dafs  grundform  und 
grundsprache  nie  etwas  anderes  waren,  als  abstractionen. 

Anders  steht  es  mit  den  grundsprachen ,  welche  für 
die  einzelnen  gruppen  der  indogermanischen  sprachen  auf- 
gestellt werden.  An  diese  knüpft  sich  nicht  eigentlich  ein 
lebensinteresse  der  Sprachwissenschaft,  sie  sind  für  den 
historiker,  der  die  früheste  cultur  und  geschichte  der  Völ- 
ker zu  erkennen  sucht,  fast  von  gröfserem  interesse,  als 
für  den  Sprachforscher.  Für  die  Sprachwissenschaft  sind 
sie  insofern  wichtig,  als  sie  eine  Zwischenstufe  in  dem 
lautlichen  individualisationsprocesse  bezeichnen.  An  ihre 
eigentliche  reconstruction  ist  ebenso  wenig  zu  denken,  als 
an  die  der  indogermanischen  grundsprache.  Denn  wenn 
auch  in  ihnen  schon  mannichfach  dieselbe  beschränkung 
des  uralten  sprachstoflFs,  welche  die  einzelsprachen  charak- 
terisirt,  eingetreten  sein  mag,  so  können  wir  doch  aber- 
mals nie  und  nimmer  wissen,  wie  viel  von  uraltem  sprach- 
stoff  in  ihnen  noch  vorhanden  war.  Wie  verschiedene  ge- 
stalt  dieselbe  spräche  in  verschiedenen  perioden  ihres  da- 
seins  gehabt  haben  kann^  läfst  uns  die  vergleichung  der 
vedischen  spräche  mit  dem  classischen  sanskrit,  die  ver- 
gleichung des  homerischen  griechisch  mit  dem  classischen 
griechisch  erschliefsen;  ich  erinnere  nur  an  die  grofse  an- 
zahl  der  homerischen  äna^  ügr^^kva^  die  sich  in  der  gan- 
zen  griechischen   originalliteratur  nicht  wiederfinden.     Die 

Zeitschr.  f.  vergl.  sprachf.  XXI.  5.  26 


402  Windisch 

grundsprachen  einzelner  sprachgruppen  sind  aber  noch  von 
praktischer  Wichtigkeit  für  den  Sprachforscher.  Ist  es  ge- 
sichert, dafs  wir  nach  der  indogermanischen  grundsprache 
zunächst  die  arische  und  die  europäische  einheit  zu  schei- 
den haben,  so  genügt  es,  dafs  ein  wort  einer  arischen  und 
ein  wort  einer  europäischen  spräche  die  gleiche  grundform 
haben,  um  diese  als  einst  in  der  indogermanischen  grund- 
sprache wirklich  vorhanden  anzusehen  (vgl.  skr.  ganiman 
und  latein.  genimen,  sanskr.  trsu  und  got.  thaursu^s 
U.S. w.).  Dieses  princip  ist  namentlich  für  die  flexionsfor- 
men  von  grofser  bedeutung,  man  denke  an  die  in  den  ari- 
schen sprachen  und  aufserdem  nur  noch  im  griechischen 
getrennt  nebeneinander  stehenden  modi  des  conjunctiv  und 
Optativ. 

Werfen  wir  nach  diesen  bemerkungen  noch  einen  blick 
auf  Fick's  Wörterbuch.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dafs  sich 
Fick  nicht  über  die  absiebten,  die  er  verfolgt,  und  über 
die  principien,  nach  denen  er  dieselben  auszuführen  sucht, 
ausführlich  ausgesprochen  hat.  Wenn  man  nicht  aud  den 
Überschriften,  wie  vorhin  schon  angedeutet,  seine  absieht 
errathen  könnte,  so  würde  man  an  und  für  sich  sehr  zwei- 
felhfat  sein  über  das,  was  er  gewollt  hat.  Denn  zweierlei 
war  möglich:  Setzte  er  voraus,  dafs  nicht  nur  die  existenz 
der  indogermanischen  grundsprache,  sondern  auch  die  der 
grundsprachen  bestimmter  sprachgruppen  bewiesen  ist,  so 
konnte  er  1)  die  absieht  haben,  alle  die  Wörter  der  ein- 
zelsprachen zusammenzustellen,  welche  sich  mit  Sicherheit 
in  die  grundsprachen  zurückverfolgen  lassen.  War  er  da- 
gegen der  ansieht,  dafs  jene  Voraussetzung  noch  nicht  er- 
wiesen ist,  so  konnte  er  2)  die  absieht  haben,  wenigstens 
von  einer  seite  her,  nämlich  auf  grund  der  grofsen  Ober- 
einstimmung, welche  bestimmte  sprachgruppen  in  ihrem 
Wortschätze  zeigen,  die  existenz  von  grundsprachen  ein- 
zelner sprachgruppen  nachzuweisen.  Fick  ist  von  jener 
Voraussetzung  ausgegangen  und  hat  oflFenbar  die  erstge- 
nannte absieht  gehabt,  freilich  eingekleidet  in  die  meiner 
ansieht  nach  nicht  richtige  form,  die  grundsprachen  recon- 
struiren  zu  wollen;   aber  er  hat  diese  absieht  nicht  coase* 


über  Fick'B  vergl.  worterbnch  der  indog^nn.  sprachen.  403 

quent  durchgeführt.  War  die  einstige  existenz  der  ein- 
zelnen grundsprachen  für  Fick  eine  unumstörsliebe  that- 
sache,  so  mufste  er  nicht  nur  alle  die  Wörter  z.  b.  in  die 
gräcoitalische  grundsprache  aufnehmen,  welche  wirklich 
zugleich  im  griechischen  und  lateinischen  vorhanden 
sind,  sondern  auch  ein  jedes  wort,  das  nur  im  griechi- 
schen oder  nur  im  lateinischen  thatsächlich  vorlag,  dazu 
aber  noch  in  irgend  einer  oder  in  mehreren  anderen  spra- 
chen. Aus  griech.  Toiyo)  und  got.  thragja  z.  b.  wäre  die 
Wurzel  tragh*),  aus  griech,  eQyov  und  ags.  veorc  der 
stamm  varga,  aus  lat.  düco  und  got.  tiuha  das  präsens 
daukä  auch  für  das  gräcoitalische  zu  erschliefsen  gewe- 
sen. Fick  hat  dieses  princip  für  den  Wortschatz  der  grä- 
coitalischen  grundsprache  nicht  ein  einziges  mal  angewen- 
det, während  er  es  merkwürdiger  weise  zur  construction 
des  Wortschatzes  der  arischen  grundsprache  wohl  benutzt 
hat:  aus  skr.  apas  und  lat.  opus  erschliefst  er  arisches 
apas,  aus  althaktr.  arezanh  der  helle  tag  und  griech. 
iv-agy/jg  arisches  argas,  aus  altbaktr.  eredhwa  hoch  und 
lat.  arduus  arisches  ardhva  (229.  232.^33)  u.s.w.  Hier- 
bei ist  allerdings  noch  manches  zu  beachten.  Wem  es 
darauf  ankommt,  die  grundsprachen  zu  reconstruiren,  dem 
fehlt  hier  der  nöthige  anhält,  um  die  lautliche  gestalt  der 
anzusetzenden  grundform  richtig  zu  treffen.  Denn  wenn 
ich  z.  b.  aus  lateinisch  duco  und  gotisch  tiuha  eine 
grundform  daukä  abstrahire,  so  sind  dies  wohl  die  laute 
der  indogermanischen,  aber  nicht  die  der  gräcoitali- 
schen  grundsprache;  gräcoitalisch  würde  vielleicht  deukö 
sein.  Nicht  immer  kann  man  hierbei  der  richtigkeit  sei- 
ner vermuthung  sicher  sein;  man  kann  z.  b.  nicht  ent- 
scheiden, ob  varga  oder  verga  als  gräcoitalische  grund- 
form anzusetzen  wäre.  Wem  es  darauf  ankommt  zu  wis- 
sen, in  welchem  Stadium  des  lautlichen  individualisations- 
processes   sich  die  griechischen  und  lateinischen  Wörter  in 


*)  Fick  s.  82  setzt  griech.  r^e/oj  and  got  thragja  unter  die  warzel 
trak.  Wozu  die  annähme  anregelmäfsiger  lantvertretnng,  wenn  sowohl  k 
als  anch  gh  als  warzeldeterminativ  nachgewiesen  ist?  Aach  ir.  traig  fa(s 
spricht  fUr  tragh  (n.  pl.  tragait  ==  xq^/ovi«;^  eig.  die  laafenden). 

26' 


404  Windisch 

der  gräcoitalischen  gruudsprache  befanden,  der  kann  dies 
mit  Sicherheit  nur  dann  erkennen,  wenn  sowohl  das  grie- 
chische als  auch  das  lateinische  wort  wirklich  vorhanden 
ist.  Will  man  consequent  sein,  so  mufs  dagegen  derje- 
nige, welchem  die  reconstruction  der  grundsprachen  die 
hauptsache  ist,  noch  weiter  gehen,  um  möglichst  viel  Wör- 
ter zu  diesem  zwecke  zusammen  zu  bekommen.  Er  kann 
nämlich  jedes  wort  der  einzelnen  spräche,  das  seiner  bil- 
dung  nach  alterthümlich  zu  sein  scheint,  in  die  grund- 
sprache  aufnehmen,  auch  ohne  dafs  dies  durch  ein  ent- 
sprechendes wort  in  einer  zweiten  spräche  geboten  wäre. 
Denn  woher  sollten  Wörter,  wie  z.  b.  griech.  roxog^  lat. 
pars,  mons  kommen?  Als  auf. griechischem  und  lateini- 
schem boden  entstandene  Originalbildungen  oder  analogie- 
bildungen  dürfen  wir  sie  schwerlich  betrachten.  Freilich 
wird  es  in  solchen  fällen  nicht  immer  leicht  sein,  die  be- 
deutung  ausfindig  zu  machen,  mit  der  sie  in  den  grund- 
sprachen anzusetzen  wären. 

Man  mag  darin  eine  Schwierigkeit  erblicken,  grofs 
genug,  um  Fick  zu  veranlassen,  die  nur  einseitig  vertrete- 
nen Wörter  nicht  weiter  zu  beachten;  aber  eine  inconse- 
quenz  ist  dies  doch.  Jedenfalls  aber  ist  es  von  Fick's 
Standpunkt  aus  ein  fehler,  dafs  er  viele  Wörter,  die  im 
Wortschatz  der  indogermanischen  und  im  Wortschatz  der 
europäischen  gruudsprache  stehen,  nicht  auch  z.  b.  in  den 
Wortschatz  der  gräcoitalischen  grundsprache,  wenn  sie  für 
diese  durch  den  auch  vorhandenen  griechischen  oder  ita- 
lischen Vertreter  genügend  verbürgt  waren,  aufgenommen 
hat.  Fick  hat  sich  entweder  in  der  ausfuhrung  seiner  ab- 
sieht willkürlich  beschränkt,  oder  ist  sich  in  dem  ziele, 
das  er  verfolgte,  nicht  ganz  klar  gewesen. 

Sollte  Fick,  indem  er  sich  beschränkte,  vielleicht  die 
nebenabsicht  gehabt  haben  vom  wertschätze  -der  sprachen 
aus  zu  beweisen,  wie  richtig  die  aufgestellten  grundspra- 
chen angenommen  seien,  so  könnte  er  bei  construction  der 
arischen  grundsprache  diesen  gedanken  noch  nicht  gehabt 
haben.  Er  würde  diese  absieht  aber  auch  überhaupt  nicht 
erreicht  haben,  denn  da  müfste  erst  durch  das  ezperiment 


über  Fick's  vergl.  wSrterbnch  der  indogenn.  sprachen.  405 

bewiesen  werden,  dafs  andere  sprachen,  die  nicht  einer 
und  derselben  gruppe  zugetheilt  werden,  auch  nicht  im 
Wortschatze  so  vielfache  Übereinstimmung  zeigen. 

Meiner  ansieht  nach  wäre  es  bei  dem  jetzigen  Stand- 
punkt der  Wissenschaft  am  geratbensten,  solche  werthvolle 
Sammlungen,  wie  die  von  Fick  angelegten,  zunächst  nicht 
nach  mafsgabe  der,  sei  es  mit  recht,  sei  es  mit  unrecht, 
angenommenen  grundsprachen  anzuordnen.  Fick  sollte 
einmal  den  versuch  machen,  ob  nicht  bei  einer  rein  empi- 
rischen anordnung  des  gesammten  materials  (auf  möglich- 
ste Vollständigkeit  kommt  hier  viel  an)  resultate  zum  Vor- 
schein kämen,  die  uns  mit  gröfserer  Sicherheit  als  bisher 
auf  die  einstige  existenz  von  grundsprachen  bestimmter 
Sprachgruppen  schliefsen  liefsen.  Es  sollten  die  Wörter  ein- 
mal geordnet  werden  lediglich  nach  der  sprachencombina- 
tion,  in  der  sie  thatsächlich  nachweisbar  sind.  Es  würden 
dann  z.  b.  skr.  ^veta-s  und  ksl.  svetü  nicht  einen  arti- 
kel  in  dem  wertschätze  der  indogerra.  grundsprache  bil- 
den, sondern  nur  in  der  Sammlung  von  Wörtern,  in  denen 
sich  indisch  und  slavisch  allein  begegnen;  skr.  a^va-s 
würde  in  der  Sammlung  der  Wörter  stehen,  die  in  allen 
sprachen  erhalten  sind  u.  s.  f.  Allerdings  würden  sich  hier- 
bei sehr  viele  combinationen  ergeben,  aber  viele  gewifs  nur 
sehr  schwach  vertreten.  Ein  werk,  das  diesen  gedanken 
ausführte,  wurde  nicht  so  umfangreich  sein,  als  das  gegen- 
wärtige. Denn  in  Fick's  sieben  Sammlungen  kehren  sehr 
oft  dieselben  Wörter  wieder.  Ich  breche  hier  meine  allge- 
meinen bemerkungen  über  ein  werk  ab,  das  trotz  der  män- 
gel,  auf  die  ich  mir  erlaubt  habe  aufmerksam  zu  machen, 
zu  den  wichtigsten  erscheinungen  gehört,  welche  die  letz- 
ten jähre  auf  sprachwissenschaftlichem  gebiete  gebracht 
haben.  Ich  unterlasse  es,  die  treflFlichen  neuen  etymolo- 
gien,  die  wir  dem  für  die  auffindung  derselben  ganz  be- 
sonders begabten  Spürsinne  des  herrn  Verfassers  zu  dan- 
ken haben,  besonders  hervorzuheben,  da  ja  gerade  dieses 
verdienst  seines  werkes  allgemein  anerkannt  wird.  Ein- 
zelne versehen  habe  ich  versäumt  mir  zu  notiren.  Zu  mifs- 
verständnissen  kann  fQhren,  dafs  gotische  i-stämme  mit  im 


406  Windisch 

nominativ  beibehaltenem  stammvocale  aufgeführt  werden, 
so  baurg-i-8,  ga-baurth-i-s,  laist-i-s,  dail-i-8 
(81  fi.  849.  527)  u.  a.  Die  benutzung  des  buchs  würde  we- 
sentlich erleichtert  sein,  wenn  die  selten  eolumnentitel  hät- 
ten, und  wenn  im  nachwort  die  besprochenen  wurzeln  und 
Wörter  durch  den  druck  hervorgehoben  wären.  Dafs  das  buch, 
ehe  es  ganz  fertig  war,  stuckweise  gedruckt  worden  ist, 
äufsert  sich  darin,  dafs  das  nachwort  nicht  immer  mit  dem 
Wörterbuche- übereinstimmt;  so  ist  z.  b.  die  länge  des  vo- 
cals  noch  vielfach  in  die  wurzel  aufgenommen  (vergl.  d&, 
dhä,  pä  u.  a.). 

Es  würde  mich  freuen,  wenn  Fick  mit  dem,  was  ich 
in  den  beiden  folgenden  abschnitten  meiner  arbeit  vor- 
bringe, in  der  hauptsache  einverstanden  sein  könnte. 


II. 

(ank,  nak  und  verwandtes). 

Fick  hielt  es  für  bedenklich  in  wurzeln  wie  nak  (skr. 
na^)  eine  weitere  modification  von  nasalirten  wurzeln  wie 
ank  (skr.  äp,  ap)  zu  sehen.  Indem  er  überhaupt  solches 
umspringen  des  allerdings  nicht  radicalen  n  in  abrede  stel- 
len möchte,  ist  doch  sein  einziges  argument  dagegen  der 
Satz:  „zugegeben,  dafs  die  Ursprache  das  n  hie  und  da 
verschieben  konnte,  wäre  es  höchst  auffallend,  einen  für 
die  Wurzelbildung  so  unwesentlichen  laut,  wie  der  inlau- 
tende nasal  ist,  durch  diese  umstelhing  so  sorgfällig  con- 
servirt  und  an  die  bedeutende  stelle  des  wortanfangs  ge- 
bracht zu  sehen"  (s.  967).  Eine  appellation  an  das  ge- 
rechtigkeitsgefühl  kann  in  sprachlichen  dingen  nicht  mafs- 
gebend  sein.  Fick's  eigene  etyraologie,  die  wurzel  nak 
zu  wurzel  nam  zu  stellen  und  k  für  ein  wurzeldetermina- 
tiv zu  erklären  (s.  977),  bewegt  sich  nicht  im  kreise  des 
unmöglichen,  wird  aber  durch  griech.  vifjiuv  und  skr.  npa- 
-nam  keineswegs  völlig  gedeckt. 

Schon  Ernst  Kuhn  hat  zeitschr.  XIX,  308  darauf  auf- 
merksam gemacht,    dafs  wir   bei   annähme  solcher  doppel- 


ttber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  407 

wurzeln  wie  ank  und  nak  über  manche  etymologische 
Schwierigkeit  hinwegkommen.  Ich  glaube  im  folgenden 
noch  einen  weiteren  beitrag  zur  lösung  der  ganzen  frage 
geben  zu  können. 

Wie  es  sich  mit  dem  nasale  in  den  sanskritwurzeln 
ang,  ahk,  ä^  u.  a.  verhalte,  zeigt  nach  meiner  meinung 
deutlich  die  starke  präsensform  a-na-k-ti  unguit  gegen- 
über der  schwachen  präsensform  a-n-g-anti  unguunt; 
die  als  suflSx  wohlbekannte  silbe  na  erscheint  hier  als  infix, 
und  zwar  theils  in  ihrer  vollen  gestalt,  theils  mit  unter- 
drücktem vocale.  Im  sanskrit  zeigt  sich  die  volle  silbe 
am  häufigsten,  im  altbaktrischen  und  griechischen  in  we- 
nigen fällen,  in  den  übrigen  sprachen  nur  ganz  vereinzelt; 
fast  überall  ist  der  blofse  nasal  herrschend  geworden. 

Meine  ansieht  ist  nicht,  dafs  die  silbe  na  (die  ich 
also  für  ursprünglicher  ansehe,  als  das  blofse  n)  etwa  erst 
hinter  der  wurzel  gestanden  habe  und  dann  in  dieselbe 
übergesprungen  sei.  Für  eine  solche  auffassung  der  aller- 
dings befremdlichen  erscheinung  fehlt  jeder  thatsächliche 
anhält,  ap-näti,  a^-nöti  sind  ja  bildungen,  die  sich  bis 
in  die  spätesten  zeiten  gehalten  haben,  und  zwar  nicht 
blofs  im  sanskrit.  Ich  vermuthe,  dafs  uns  hier  ein  stück 
urältester  Sprachgeschichte  vorliegt.  Vielleicht  hat  man 
nämlich  von  formen  wie  skr.  ju-nä-mi  (3.  pl.  ju-na-nti) 
auszugehen.  Als  das  wurzeldeterminativ  antrat,  geschah 
dies  sowohl  an  die  eigentliche  wurzel  (ju-g),  als  auch  an 
den  der  conjugation  zu  gründe  liegenden  wortstamm  (ju- 
-na-g).  Auf  diese  weise  wäre  na  erst  infix  geworden, 
nachdem  es  ursprunglich  suffix  gewesen  war.  Wenn  alle 
beispiele  dieser  bildung  so  gefügig  wären,  wie  das  eben 
angeführte,  so  würde  ich  an  der  richtigkeit  meiner  auf- 
fassung nicht  zweifeln.  So  aber  scheinen  allerdings  die 
vocalisch  anlautenden  wurzeln,  wie  ag,  a-na-g-mi,  ge- 
gen dieselbe  zu  sprechen.  Denn  niemand  wird  auch  noch 
das  g  von  ag  für  ein  wurzeldeterminativ  erkläreu  wollen. 
Der  einzige  ausweg  wäre  die  annähme,  dafs  a-na-g-mi 
und  ähnliche  bildungen  erst  nach  analogie  von  bildungen, 
wie  ju-na-gmi,  entstanden  seien. 


408  Windisch 

Der  umstand,  dafs  sich  namentlich  im  sanskrit  die 
silbe  na  noch  ungeschmälert  erhalten  bat,  ist  von  grofser 
Wichtigkeit.  Dadurch  verliert  nämlich  wenigstens  in  niei- 
nen  äugen  jene  andere  auffassung  alle  Wahrscheinlichkeit, 
welche  in  dem  nasal  von  ahganti,  unguo  u.  s.  w.  eine 
rein  lautliche  Verstärkung  der  wurzel  sieht.  Um  von  die- 
sem Standpunkte  aus  formen  wie  a-na-g-mi  zu  erklären, 
mufs  man  seine  Zuflucht  zu  „dazwischen  getretenen  voca- 
len"  nehmen.  Wir  haben  aber  für  solche  in  der  ältesten 
Sprachgeschichte  wiederum  nicht  den  geringsten  anhält, 
ganz  abgesehen  noch  davon,  dafs  auch  in  den  einzelspra- 
chen die  aus  nasal  und  muta  gleichen  organs  bestehenden 
consonantengruppen,  wenn  sie  sich  verändern,  ganz  andere 
Schicksale  haben  (entweder  der  nasal  lebt  nur  noch  in  der 
nasalirten  ausspräche  des  vorhergehenden  vocals  fort  und 
schwindet  dann  ganz,  oder  er  assimilirt  sich  die  folgende 
muta).  Und  in  skr.  junagmi,  bhanagmi,  ana^mi 
u  a.  sollte  gar  eine  ganze  uralte  conjugationsweise  auf  sol- 
chem dazwischen  getretenen  vocale  beruhen!  Wie  will 
man  denn  in  diesen  beispielen  den  dentalen  nasal  erklä- 
ren? oder  wie  kann  man  das  dentale  n  in  skr.  näbhi, 
ahd.  nabalo  neben  griech.  o^cfaKog^  lat.  umbilicus 
rechtfertigen?  Sollte  man  nicht  ein  mäbha  erwarten? 

Von  den  in  rede  stehenden  wurzeln  ist  die  perfect- 
bildung  von  besonderem  interesse.  Allerdings  ist  ä^a  auf 
einfachste  weise  von  wz.  a^  erreichen  gebildet,  genau  eo 
wie  griech.  17;^«  von  äyia.  Allein  in  den  perfecten  der  an- 
dern wurzeln  und  ebenso  in  einer  zweiten  perfectform  der 
Wurzel  a9  ist  das  nasale  infix  mit  in  den  perfectstamm 
aufgenommen  worden,  was  ja  auch  sonst  in  der  tempus- 
und  Wortbildung  vielfach  geschehen  ist,  vergl.  skr.  ba- 
bhariga  (praes.  bha-na-k-ti  frangit),  latein.  junxi, 
junctum. 

Halten  wir  uns  zunächst  an  die  schwachen  perfect- 
formen,  so  verhält  sich  z.  b.  die  Stammbildung  von  ä-na- 
-j-us,  ä-na-9-us  (perf.)  zu  der  von  a-na-g-mi  (praes.) 
wie  die  stammhildung  von  äs-a,  ä^-a  (perf.)  zu  der  von 
as-mi  (*a9-mi  kommt  nicht  vor,    hätte  aber  ebenso  gut 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  409 

gebildet   werden   können  wie  va^-mi):   der  exponent  des 
Verhältnisses  ist  die  dehnung  des  stammvocals  im  perfectt. 

Es  ist  bedeutsam,  dafs  die  schwachen  perfectformen 
sich  nicht  neben  die  schwachen,  sondern  neben  die  star- 
ken präsensformen  stellen.  Die  starken  perfectformen  ent- 
halten noch  eine  weitere,  dem  präsens  fremde  Verstärkung 
durch  einen  zweiten  nasal  (änä^a,  änanka,  änanga), 
so  dafs  sich  folgende  Stufenleiter  ergibt: 
perf.  änanga,  änagus 
praes.  .    anagmi,  an^anti. 

Wie  ist  die  bildung  von  änanga  aufzufassen?  Ein 
später  einschub  ist  der  zweite  nasal  nicht,  denn,  wie  wir 
noch  sehen  werden,  derselbe  war  auch  einst  in  dem  mit 
skr.  änäpa  identischen  irischen  perfectum  anac  vorhan- 
den. Da  dieser  zweite  nasal  nur  in  perfectformen  erscheint, 
so  könnte  man  vermuthen,  dafs  wir  es  hier  mit  einer  eige- 
nen art  der  reduplication  zu  thun  haben;  ä-na-n-^-a 
verhielte  sich  dann  zu  seinem  präsens  a-na-g-mi,  wie  sich 
ta-tär-a  zu  seinem  präsens  tar-a-ti  verhält.  Als  vollste 
form  hätten  wir  ein  *ä-na-na-g-a  vorauszusetzen^  das  sich 
zu  dem  vorliegenden  ä-na-n-g-a  verhält,  wie  im  präsens 
a-na-g-mi  zu  a-n-g-anti. 

Sollten  wir  vielleicht  in  griech.  kvrjvoya  ein  beispiel 
jener  vollsten  form  erblicken  dürfen?  Allerdings  wird  in 
kvrivoxct  die  sogenannte  attische  reduplication  angenommen, 
denn  es  gleicht  in  auffallender  weise  den  formen  a^-?;Aiyof, 
hX-rilcc-Aa  u.  a.  m.  Gesezt  den  fall,  dafs  kv-tjvo^a^  iv'ijvsy- 
uai  die  richtige  abtheilung  dieser  formen  ist,  so  würde 
ich  wenigstens  nicht  zugeben,  dafs  das  o  in  hvrivoya  und 
das  an  gleicher  stelle  in  hvrjVEy^ai  stehende  6  ein  blofser 
„dazwischen  getretener"  vocal  sei.  Vielmehr  würden  wir 
aus  diesen  formen  den  stamm  iv^yc-  zu  lösen  haben,  der 
im  aor.  pass.  })vex'&f]v  thatsächlich  vorliegt.  Dieser  stamm 
ist  in  k've-x^  indog.  a-na-k  abzutheilen,  und  ist  derselbe, 
der  in  skr.  ä-na-9-us  nacti  sunt  enthalten  ist,  ferner  in 
den  aoristformen  3.  sg.  ind.  ä-na-t  (für  *ä-na-9-t),  l.pl. 
conj.  ohne  augment  a-na-9-ämahäi  (Rv.  VII,90,2.  VIII, 
27,  22).     Erblickt  man   in   griech.  kvi^voycc   attische  redu- 


410  Windiscb 

plication,  so  kann  man  diese  form  natörlich  nicht  unmit- 
telbar mit  skr.  änä^a  gleichsetzen.  Denn  an  attische  re« 
duplication  ist  im  sanskrit  nicht  zu  denken;  abgesehen 
davon,  dafs  äna9us^  änagus  eine  solche  aufTassung  un- 
möglich zulassen,  zeigen  die  wirklich  nach  dem  princip 
der  attischen  reduplication  gebildeten  aoriste  wie  äp-ip-am 
(wz.  äp,  Bopp  gr.  §.  387),  dafs  dann  *äp-ip-a,  *äK- 
-iK-a,  *äg-ig-a  zu  erwarten  wäre  an  stelle  von  änä^a, 
äuanka,  änanga.  Denn  wie  z.  b.  das  perfectum  ä^a, 
das  partieipium  akta  (gesalbt)  beweisen,  lebte  in  der 
Sprache  recht  wohl  das  bewufstsein,  dafs  der  nasal  nicht 
noth  wendig  zur  wurzel  gehörte. 

Wenn  uns  die  attische  reduplication  nur  in  formen 
wie  oöo)öa  vorläge,  so  würde  ich  nicht  anstehen,  sie  über- 
all für  eine  uralte  bildungsweise  zu  halten,  wenn  sie  sich 
auch  sonst  in  keiner  anderen  spräche  im  perfectum  nach- 
weisen läfst.  Nun  bezweifle  ich  aber  sehr,  ob  wir  das 
recht  haben,  sie  auch  in  formen  wie  ^ygriyoqa^  ccXfjli(pa^ 
hXriXci'Aa  bis  in  die  indogermanische  grundsprache  zurück- 
zuverfolgen.  Dasselbe  würde  von  ivr^vo^a  gelten,  bei  dem 
noch  dazu  kommt,  dafs  der  consonant  der  reduplicirten 
silbe  nicht  einmal  radical  ist.  Sollte  vielleicht  bei  allen 
diesen  formen  jene  eigenthümliche  bildungsweise  erst  spä- 
ter eingetreten  sein,  und  sollte  man  von  ^riyoga^  r^liq^a^ 
7]kaxaf  i]voxcc  als  ursprünglicheren  formen  auszugehen  ha- 
ben? Dies  rjvoya  würde  dann  wenigstens  derselben  forma- 
tion  wie  skr.  änagus  (3.  pl.)  angehören.  Die  singularform 
änä^a  müfste  man  fern  halten,  da  das  irische  anac,  wie 
wir  bereits  andeuteten,  eine  schon  indogermanische  grund- 
form  änanka  erschliefsen  läfst.  Auf  speciell  griechischem 
boden  aber  hätte  ein  kv-rjvoya  recht  gut  gebildet  werden 
können,  da  die  einfache  wurzel  im  griechischen  nicht  le- 
bendig ist,  und  andererseits  das  nasale  infix  in  ^-i/e-x-i^g, 
öt'7]vex}ig  auch  in  der  nominalbildung  vertreten  ist. 

In  ähnlicher  weise  müfste  man  auch  den  aorist  ^i^- 
'ByX'HV  erklären.  Die  reduplicationssilbe  iv  würde  deut- 
lich auf  die  entstehung  des  Stammes  aus  evex  hinweisen. 
Das  anlautende  e   dieses  aorists  für  prothetisch,  und  viyx 


über  Fick*s  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  411 

vielleicht  für  identisch  mit  lat.  nanc  in  nanciscor  zu  er- 
klären, ist  unzulässig,  da  dieser  aorist  nicht  vom  perfectum 
ivrivo^ct  getrennt  werden  darf. 

Mit  genauer  Scheidung  des  sicheren  vom  unsicheren  las- 
sen sich  die  besprochenen  perfectformen  folgendermafsen 
ordnen: 

grundf.  äka  :  skir.  g^a. 

ä-na-ka  :  skr.  ä-na-9-us  [r]Vo)^a  in  ^iz-Tyi^o;^«?]; 

vgl.  r}vex'&i]v, 
[ä-na-na-k-a  vielleicht  in  ^-j/?;-i/o-;^-a?] 
ä-na-n-k-a  :  skr.  ä-nä-9-a,   ir.  a-na-c;    vgl. 

rj-vB-y-x-ov. 
Ein  punkt  virenigstens  wird  bei  aller  Unsicherheit  im 
einzelnen  feststehen,  dafs  nämlich  nicht  blofs  im  indischen, 
sondern  auch  im  griechischen  und  im  irischen  das  infix 
na  mit  zur  bildung  des  perfects  verwendet  worden  ist. 
Auf  diese  weise  erklären  sich  noch  einige  andere  bisher 
mifsverstandene  formen. 

§.  394  in  Bopp's  krit.  gr.  beginnt:  „Wurzeln  mit  an- 
fangendem a  vor  zwei  endconsonanten  haben  in  der  redu- 
plicationssilbe  ä,  und  schieben  zwischen  dieses  und  den 
stamm  ein  euphonisches  n  ein''.  Ich  möchte  fast  glau- 
ben, dafs  unsere  perfecta  änäpa,  änanka,  änanga  auch 
unter  diese  regel  fallen.  Aber  wenn  dies  auch  nicht  der 
fall  wäre,  auch  für  die  übrigen  formen  ist  nach  meiner 
meinung  diese  Vorstellung  von  einem  eingeschobenen  „eu- 
phonischen" n  aufzugeben.  Bopp  selbst  führt  von  bekann- 
teren formen  änakSa  von  wz.  akä  erreichen,  änardha 
von  wz.  ardh  gedeihen  an.  Diese  perfecta  sind  sicher- 
lich ä-na-ks-a,  &-na-rdh-a  abzutheilen,  ebenso  ä-na- 
-rg-a  von  wz.  ar^  herbeischaflFen,  ä-na-rd-a  von  wz. 
ard  zerstieben,  bitten,  quälen  u.  a.  m.  Diese  wurzeln  zei- 
gen auch  sonst  nasale  bildung:  namentlich  sind  die  neben 
änardha  und  änarda  stehenden  praesentia  r-na-dh-mi, 
r-na-d-mi  zu  beachten.  Für  änarga  fehlt  zwar  die 
entsprechende  präsensbildung,  aber  von  der  wahrschein- 
lich verwandten  wurzel  arg  sich  strecken  gibt  es  das  prä- 
sens  r-n-g-ate. 


412  Windisch 

Sollte  man  es  vorziehen,  gr.  iv7]Vo%a  von  skr.  änä^a 
zu  trennen,  so  wird  man  wenif^stens  die  Zusammenstellung 

skr.  änä^a  =  altir.  anac  veni 
nicht  bestreiten  können.  Der  zusammenhaue  der  bedeu- 
tungen  ist  klar,  das  irische  verb  ist  auf  das  erreichen  eines 
orts  beschränkt.  Ich  weiche  hier  insofern  von  Siegfried, 
Stokes  und  Ebel  (Beitr.' VI,  4.  11,396.  IV,  175.  VII,  8  ff.) 
ab,  als  diese  skr.  änanka  zur  vergleichung  herangezogen 
haben.  Allein  dieses  perfect  ist  in  der  bedeutung  ivi  gar 
nicht  nachgewiesen.  Freilich  werden  änä^a  und  anan£:a 
auf  eine  grundform  zurückgehen,  wie  wohl  auch  die  bei- 
den wurzeln  a^  (erreichen)  und  aK  (gerichtet  sein  auf  et- 
was) selbst.  Ir.  anac  kommt  als  simplex  kaum  vor,  son- 
dern immer  mit  den  partikeln  do  und  ro  zu  tänac  und 
ranac  verbunden. 

Während  im  sanskrit  zu  der  Wurzel  ap  und  dem  per- 
fectum  änä^a  das  präsens  a^-nöti  gebildet  wird,  steht 
dem  irischen  perfect  r-anac  veni,  3  sg.  r-anic  das  prä- 
sens ro-iccu,  r-iccu,  3.  sg.  ro-ic,  r-ic  venio,  assequor 
zur  Seite  (Z.*  504).  Dieses  -ic  wftrde,  in  indogermani- 
sche lautverhältnisse  übersetzt,  ^ankati  lauten  (vgl.  skr. 
ankati);  es  bestärkt  mich  dasselbe  in  der  ansieht,  dafs 
die  grundform  des  dazugehörigen  perfects  *änank-a  in 
*ä-na-n-k-a  abzutheilen  ist,  und  dafs  der  stamm  dessel- 
ben von  dem  der  präsensbildung  *a-n-k-ati  um  das  hin- 
ter dem  gedehnten  wurzelanlaut  stehende  na  verstärkt  ist. 

Wenn  man  allein  die  formen  skr.  änäpa,  Kna^us, 
ir.  anac  und  ic  zu  vergleichen  hat,  so  könnte  man  aller- 
dings vermuthen,  dafs  die  eigentliche  grundform  für  alle 
vier  *a-na-k  war:  daraus  wäre  ein  präs.  *ank  geworden, 
im  perfectum  aber  wäre  theils  der  volle  stamm  geblieben 
(so  in  ä-na-pus),  theils  wäre  er  noch  durch  den  infigir- 
ten  einfachen  nasal  verstärkt  worden  (so  in  skr.  änäpa, 
ir.  anac).  Der  unterschied  dieser  erklärung  von  der  oben 
aufgestellten  liefe  darauf  hinaus,  dafs  man  bei  dieser  er- 
klärung nicht  eine  einst  wirklich  vorhandene  grundform 
*a-na-na-k-a  aufstellen  dürfte,  bei  welcher  also  geradezu 
reduplication    der    bildungssilbe  na    beabsichtigt   gewesen 


aber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  413 

wäre.  Der  zweite  nasal  in  änanka  würde  allerdings  im 
gründe  auch  auf  die  silbe  na  zurückgehen,  aber  er  würde 
erst  eingetreten  sein,  als  es  schon  üblich  geworden  war, 
eben  nur  ihn  und  nicht  die  silbe  na  zu  infigiren.  Diesen 
gesicbtspunkt  werden  wir  nothwendig  bei  lat.  nanc-iscor 
geltend  zu  machen  haben.  —  In  den  irischen  passivformen 
air-ecar,  ar-ecar  invenitur  (Z.^471)  blickt  die  grund- 
bedeutung  des  erreichens  noch  besonders  deutlich  hindurch. 

Wir  sahen,  dafs  durch  infigirung  der  silbe  na  die  in- 
dogermanische Wurzel  ak  die  gestalten  a-na-k  und  a-n-k 
erhielt.  Auf  das  adjectivum  rjvex^rjg  machten  wir  bereits 
aufmerksam.  Eine  ähnliche  bildung  von  der  conformen 
Wurzel  skr.  ag,  indogerm.  ag  (gew.  ang  und  ang  ange- 
setzt) ist  das  got.  adverb  anaks  „plötzlich,  sogleich  %  das 
so  schön  zu  skr.  angasä  „stracks,  sogleich^  (instr.  zu 
arigas   1)  salbe,  2)  gleiten)  stimmt,   vgl.  Fick  6. 

Die  Wurzelgestalt  ank  bildet  nicht  für  sich  allein  einen 
typus,  sondern  neben  ihr  stehen  ang,  andh,  angh, 
ambh  n.  a.  Der  typus  a-na-k  zeigt  sich  für  wz.  andh 
in  dem  griech.  perfectum  d'VTJ-vo-O^e  (bei  annähme  von 
att.  red.  dv-ij-vo-da),  das  genau  wie  ävrjvo^e  gebildet  ist. 

Da  der  typus  ank  besonders  oft  in  conjugation  und 
Wortbildung  verwendet  worden  ist,  so  ist  er  nicht  blofs 
vielfach  in  der  grammatik,  sondern  auch  im  Sprachgefühle 
geradezu  als  die  ursprüngliche  wurzelgestalt  angesehen 
worden.  Am  nächsten  verwandt  ist  er  seiner  äufseren 
lautform  nach  mit  wurzeln  wie  ark,  arg,  argh.  Wie 
diese  bekanntlich  zu  rak,  rag,  ragh  umgesprungen  sind, 
so  ist  auch  aus  dem  typus  ank  der  typus  nak  ent- 
standen. 

Zu  diesem  typus  nak  gehört  skr.  na^  (praes.  na^ati) 
erreichen,  lit.  nesz-ti,  ksl.  nes-ti  tragen.  Diese  formen 
verhalten  sich  z.  b.  zu  skr.  äpa  theil  wie  skr.  ragata-m 
zu  lat.  argentu-m,  oder  wie  griech.  e-kax-ov  zu  skr. 
arka-8  loblied. 

Eigenthümlich  ist,  dafs  die  wurzelgestalt  nak  selbst 
wieder  nasalirt  worden  ist,  wie  in  lat.  nanciscor  und 
dem  vedischen  aoriste  näpi  (Rv.  VI,  51,  12).     Es  ist  dies 


414  Windisch 

meiner  ansieht  nach,  wie  bereits  oben  erwähnt,  eine  se- 
cuniläre  erscheinung,  wenn  sie  auch  in  hohes  alterthum 
hinaufgehen  mag.  Ich  wörde  nicht  wagen,  für  das  latei- 
nische nano  eine  einst  wirklich  vorhandene  grundform 
na-na-c  anzusetzen.  Grundformen  sind  fast  immer  zwei- 
deutig: sie  haben  entweder  wirklich  existirt  oder  sie  könn- 
ten  wenigstens  existirt  haben.  Die  grundform  na-na-o 
könnte  wohl  nicht  einmal  existirt  haben:  denn  wenn  wir 
recht  haben,  lat.  nac,  indogerm.  nak  als  Variation  von 
ank  zu  betrachten,  so  verdankt  ersteres  ja  erst  dem  um- 
Stande sein  dasein,  dafs  das  infix  na  (gewifs  im  interesse 
der  wortconsolidirnng)  schon  in  sehr  früher  zeit  in  den 
meisten  fällen  zu  blofsem  n  wurde.  Nur  in  vereinzelten 
fällen  erhielt  es  sich  voll.  Die  einfachste  erklärung  ist 
jedenfalls  die,  dafs  die  wurzelgestalt  nanc  nach  analogie 
der  Verbalstämme  pang,  tang  u.  a.  gebildet  wurde. 

Nach  diesen  bemerkungeu  werden  wir  uns  nicht  wun- 
dern können,  wenn  wir  in  offenbar  verwandten  Wörtern 
theils  derselben,  theils  verschiedener  sprachen  die  wurzel- 
formen ak,  anak,  ank,  nak,  nank  mit  einander  wech- 
seln sehen.  Ich  möchte  dies  als  probe  dafür  betrachten, 
dafs  die  wurzelform  nak  wirklich  zu  der  primitiven  wur- 
zelform ak  zu  stellen  ist. 

Die  grundbedeutung  dieser  wurzelformen  ist  „errei- 
chen*^. Von  dieser  bedeutung  aus  ist  nur  ejn  kleiner  schritt 
zu  den  begriffen  1)  kommen,  2)  erlangen,  .S)  hinreichen, 
hinreichend  sein.  Ferner  scheint  die  bedeutung  „bringen, 
trajjen''  zu  liegen.  Fick  vermittelt  sie  durch  das  causale 
„erreichen  lassen''.  Sollte  man  nicht  erwarten,  dafs  dieser 
mittelbei^riff  auch  einmal  wirklich  vorläge?  Dies  ist  aber 
nicht  der  fall,  man  mOfste  denn  die  eine  unsichere  stelle 
herbeiziehen  wollen,  welche  im  petcrsb.  wörterb.  unter  wz. 
nap  dafür  angeführt  wird.  Aufserdem  wäre  es  sehr  auf- 
fallend, wenn  die  causalbedeutung  „erreichen  lassen*  sich 
gerade  an  das  starke  perfectum  kvt'tVüj^a  geheftet  hätte. 
Ich  glaube  vielmehr,  dafs  der  begriff  des  tragens  sich  un- 
mittelbar an  den  des  erlangens  angeschlossen  bat:  was 
man  erlangt,    in   seine  gewalt   bekommt  (vergl.  wz.  a^  im 


ttber  Fick's  vergl.  wörterbnch  der  indogerm.  sprachen.  415 

pet.  wb.),  das  trägt  man  auch,  oder  kann  es  wenigstens 
tragen.  Unser  „tragen"  ist  auf  ähnlichem  wege  zu  seiner 
bedeutung  gelangt:  got-  dragan  wird  von  Fiele  (s.  369) 
zu  griech.  öqciaaio^  ksl.  drüzq  „halte  fest,  greife"  gestellt. 

Gewifs  gehören  zur  wurzelform  nak  die  gotischen  ad- 
verbia  nehv,  nehva  (ahd.  nah)  nebst  zubehör,  wie  Fick 
s.  780  bemerkt,  aber  es  wäre  auch  die  präposition  ahd. 
näh  zu  nennen  gewesen,  in  welcher  sich  das  dem  errei- 
chen vorausgehende  „gerichtet  sein  auf  etwas"  ausspricht. 
Ich  erwähne  dies  ausdrücklich,  weil  sich  hier  auch  die 
skr.  Wurzel  ak  einfügt,  namentlich  in  den  zu  ihr  gehöri- 
gen adjectivischen  compositis  wie  ud-ank  nach  oben-, 
pränk  nach  vorn-,  apänk  nach  rückwärts  gerichtet,  ge- 
legen mit  ihren  neutralformen  ud-ak,  präk,  apäk.  Mit 
letzterem  scheint  ahd.  apah,  apuh  (abgewendet)  im  gründe 
identisch  zu  sein  (Fick  10).  Von  ganz  besonderem  inter- 
esse  aber  ist,  dafs 

got.  nehv  (adv.),  comp,  n  eh  vis,  ahd.  näh  (adj.),  comp, 
nähor  mit  ir.  accus,  ocus  vicinus,  nessa  propior 
und  ferner 

ahd.  näh  (praep.)  mit  ir.  oc  (praep.) 
verwandt  ist. 

Was  zunächst  die  erstere  vergleichung  anlangt,  so 
lassen  die  irischen  lautgesetze  für  accus,  ocus  vicinus 
als  grundform  einen  u-stamm  anc-as-tu  erschliefsen.  Der 
wurzclgestalt  nach  steht  es  zwischen  got.  nehv  (wurzelf. 
nak)  und  griech.  iJi/exT^c,'  (wurzelf.  a-na-k).  Mit  letzterem 
stimmt  es  sogar  im  ersten  suffixe  überein;  rjVBx^q  =  ir. 
ancas-*).  Aber  in  der  bedeutung  steht  ocus  den  ger- 
manischen Wörtern  am  nächsten;  zu  dem  compositum  com- 
-ocus,  cognatus,  affinis,  werden  wir  weiterhin  noch  einen 
nahen  verwandten  kennen  lernen. 

Die  comparativform  nessa  (Z.*  277)  enthält  zwar  of- 
fenbar dieselbe  wurzclgestalt  wie  die  germanischen  Wörter, 


*)  Die  alten  as -stamme  sind  im  irischen,  was  ihren  selbständigen  ge- 
brauch anlangt,  bis  auf  wenige  spuren  untergegangen,  vergl.  Z.^  270,  na- 
mentlich aber  Ebel,  beitr.  Nur  unter  dem  schütze  weiterbildender  sufßxe 
haben  sie  sich  erhalten. 


416  Windisch 

kaDD  aber  nicht  unmittelbar  mit  got.  neb  vis  (grundform 
nak-ias)  vorglichen  werden,  da  die  würzet  durch  ein  s 
erweitert  ist  (grundf.  naks-ias).  Zu  derselben  erweiter- 
ten Wurzel  gehört  skr.  nakä-ya  „dem  man  nahen  mufs^ 
von  WZ.  nakä,  naksati  herbei-,  hinzukommen  (pet.  wb.). 

Die  irische  präposition  oc  hat  allerdings  nicht  genau 
dieselbe  bcdeutung  wie  ahd.  näh.  Sie  bedeutet  apud, 
juxta  (Z.^  634),  aber  diese  bedeutung  steht  ja  in  bestem 
zusammenhange  mit  der  von  ocus  und  der  andern  nächst- 
verwandten Wörter.  EigenthOmlich  ist  dem  ir.  oc  die  Ver- 
bindung mit  einem  infinitiv,  um  das  im  irischen  fehlende 
participium  praesentis  oder  lat.  in  mit  dem  ablativ  des 
gerundiums  auszudrücken:  oc  comalnad  implens,  in  im- 
plendo,  beim  füllen.  Das  ahd.  näh,  unser  nach,  bezeich- 
net in  derselben  weise  die  richtung,  wie  skr.  ahK  in  den 
vorhin  erwähnten  compositis  ud-ank,  pränk  u.  s.w., 
und  ist  mit  diesem  eigentlich  noch  näher  verwandt  als  mit 
ir.  oc.     Letzteres  gehört  mehr  in  den  kreis  von  skr.  a^. 

Im  irischen  sind  aulserdem  die  wurzelformen  ank  und 
nank  der  gewöhnliche  ausdruck  für  posse  geworden.  Diese 
hegriffsentwickelung  ist  leicht  verständlich,  sowie  man  sich 
von  „erreichen,  erlangen"  einen  Infinitiv  abhängig  denkt: 
con-icc  firianugud  potest  justificare  bedeutete  urspr. 
„er  erreicht  das  rechtfertigen".  Hierher  gehören  zunächst 
die  präsensformen  con-iccim  possum,  con-icc,  con-io 
potest,  con-ecat  possunt  (Z.*  429  ff.).  Dieselben  sind 
genau  so  zu  erklären,  wie  das  oben  besprochene  ro-iccu, 
r-iccu  venio.  Aber  schwieriger  sind  die  deponentialen 
perfectformen  zu  analysiren,  welche  Z.^  4v^l  verzeichnet 
sind:  coimnuc-uir  potuit,  coimnac-mar  potuinms, 
coimnac-aid  potuistis,  coimnac-tar,  comnac-tar 
potuerunt.  Ebel  (Z.*87l)  betrachtet  diese  formen  als  Zu- 
sammensetzungen mit  der  präposition  com  „elisa  vocali 
radicis".  Wie  er  dies  meint,  dürfte  aus  Beitr.  V,  459  her- 
vorgehen, wo  er  sagt,  dafs  diese  formen  sich  zu  cumang 
(ein  anderes  wort  für  potest)  und  conicc  verhielten,  wie 
sich  t-anacc  (veui)  zu  t-icc  (venit)  verhält.  Er  scheint 
also   einen  stamm    '^com-inac-  anzusehen.    Dieser  stamm 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  417 

*inac  läfst  sich  aber  nirgends  nachweisen  und  hat  auch 
keine  innere  Wahrscheinlichkeit  für  sich;  denn  woher  das 
i?  Ebenso  wenig  sind  mir  beispiele  bekannt,  in  denen  der 
anlautende  wurzelvocal  unterdrückt  worden  wäre  (der  in- 
lautende wird  sehr  oft  in  der  composition  unterdrückt, 
vergl.  do-fuibnim  succido  Z.*  429  für  do-fo-benim). 
Die  nach  analogie  anderer  perfecta  —  die  doch  hier  zu- 
erst in  betracht  kommen  —  am  nächsten  liegende  erklä- 
rung  ist  die,  dafs  wir  es  in  dem  stamme  coimnac-  mit 
einer  unterdrückten  reduplication  zu  thun  haben:  coim- 
nac- steht  für  *com-ne-nac-,  wie  roicban  cecini  für 
*ro-ehe-chan  (vergl.  tair-chechuin  praedixit,  tair- 
-cechnatar  vaticinati  sunt  Z.*  448 ff.).  In  dem  dünnen 
vocal,  der  in  die  präposition  eingedrungen  ist,  verräth  sich 
die  reduplicationssilbe  auch  noch  nach  ihrem  verschwin- 
den. Auf  indogermanische  lautverhältnisse  reducirt  würde 
der  stamm  jener  irischen  perfectformen  *na-nank  lauten 
(nk  wegen  des  unaspirirten  c),  so  dafs  uns  in  ihnen  ein 
irisches  perfectum  zu  dem  lateinischen  deponens  nanc- 
-iscor  vorliegt. 

Wie  aus  Beiträge  IV,  459  und  Z.*  872  hervorgeht, 
hält  Ebel  con-icc  potest  und  cumaing  potest  für  wur- 
zelverwandt. Diese  beiden  formen  sehen  verschieden  ge- 
nug aus,  aber  die  3.  pl.  con-ecat  und  cumcat  possunt 
(Z.^  433)  scheinen  sich  allerdings  nahe  zu  berühren;  con 
und  com  wechseln  gelegentlich  in  der  composition,  vergl. 
Z.*  870.  871.  Allein  hier  fällt  das  von  Stokes  Beitr.  VII,  50 
beigebrachte  reduplicirte  futurum  caemais  poteris  schwer 
ins  gewicht:  das  ae  der  ersten  silbe  vor  breitem  vocal  der 
folgenden  silbe  weist  deutlich  auf  eine  verloren  gegangene 
reduplicationssilbe  hin,  so  dafs  man  auf  ein  früheres  *co- 
-memagsi  schliefsen  darf.  Stokes  stellt  dafür  *co-me- 
mangsi  auf,  vielleicht  mit  recht,  da  auch  ng  vor  s  im 
irischen  verschwunden  sein  müfste.  Auffallend  ist,  dafs 
in  den  irischen  formen  ng  mit  c  wechselt:  neben  cumaing 
potest  steht  cumcam  possumus  und  cumcat  possunt 
(Z.2  432.433). 

Merkwürdigerweise    kreuzen    sich   die  diesen   Wörtern 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  5.  27 


418  Windisch 

ZU  grimde   liegenden   stamme  noch  weiterhin:    accidit  als 
präsens  wiid   durch   tecmaing   d.  i.   do-aith-cumaing 
ausgedrückt,  accidit  als  perf.  aber  durch  die  deponent.  formen 
teccomnocuir  d.  i.  do-aith-com-nocuir  und   for-com- 
n  ac  air  (Z.^45 1 ).  Die  letztgenannten  formen  enthalten  natür- 
lich der  form  nach   das  oben  besprochene  coim-nucuir 
potuit,  nur  dafs  in  ihnen  keine  spur  der  reduplication  mehr 
erkennbar   ist  (vergl.  das   gleichfalls   oben  erwähnte  com- 
-nac-tar    neben    coim-nactar).      Der    unterschied    der 
bedeutung,  welcher  sich  in  potest  und  accidit  ausspricht, 
ist  hauptsächlich  durch  die  verschiedene  construction  her- 
vorgerufen: potest  ist  aus  dem  transitiven  erlangen,  errei- 
chen,   accidit    aus    dem   intransitiven   anlangen,   eintreffen 
hervorgegangen  (vgl.  lat.  contingit),   hier  ist  der  dazu  tre- 
tende infinitiv   das  subject,    dort   das  object.     Die  vorge- 
setzten Präpositionen   do-aith    haben    zu    der    bedeutung 
accidit   ebenso    viel    beigetragen    als  lat.  ad  in  accidit. 
In   welcher  weise  man  sich   das  verhältnifs  der  bedeutun- 
gen  potest  und  accidit  bei  cumaing   und   tecmaing  za 
denken  hat,    bleibe   dahin   gestellte     Als  substantivum  be- 
deutet tecmang  fors  und  cumang,    cumacc  potentia, 
posse;    von  letzterem   ist  weiter  abgeleitet  so-chumact 
potens,  do-chumact  impotens,    6-cmacht  nequam,    cu- 
machte  potentia  (Z.«  800.  872.  886).    Unwillkürlich  wird 
man   hier  an   goth.  mag  possum,    maht-s   potentia  erin- 
nert.    Aber  wie   ist  dann   das  in   cumacc   potentia  und 
cumcam  possumus,    cumcat    possunt  auftretende  c    an 
stelle    von    ng   zu    erklären?    Wichtig   ist,    dafs  —  trotz 
cumcat  —  zu  tecmaing  als  3.  plur.  tecmongat  auf- 
geführt wird  (Z.^  433  do-naibh-i    thecmongat  acci- 
dentibus,  eig.  eis  qui  oder  quae  accidunt).     Da  nun  ferner 
neben   cumang  angustus    auch   cumac,    neben  cumgai 
angores  auch  cumcai  vorkommt  (Z. *  873),  und  diese  Wör- 
ter doch   sicher  mit  angustus,    angor,   hyyvg  u.a.  auf 
WZ.  angh  zurückgehen,    so  hätten  wir  allerdings  hier  ein 
sicheres   beispiel   des  Übergangs   von  urspr.  ng  in  c,    und 
dürften  wohl  von  hier  aus  diesen  Übergang  auch  bei  obla- 
gen formen  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  annehmen. 


ttber  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  419 

Nebenbei  sei  hier  bemerkt,  dafs  das  gewöhnliche  wort 
für  posse  in  den  britannischen  sprachen  seinen  nächsten 
verwandten  im  litauischen  hat,  denn  cymr.  gallaf  possum 
(Z.  ^  506)  und  lit.  galiü  possum  gehören  offenbar  zusam- 
men (vgl.  Ebel,  beitr.  II,  178). 

Zu  unserer  würzet  ak,  a-na-k  stellen  sich  aber  auch 
endlich  die  Wörter,  welche  im  griechischen,  lateinischen 
und  irischen  den  begriff  der  noth wendigkeit  bezeichnen, 
und  zwar  sind  dies 

griech.  dvdyxi]^  ir.  ecen  necessarius,  lat.  nee  esse 
mit  ihren  ableitungen.  Im  laufe  der  zeit  haben  die  cul- 
tur Völker  die  begriffe  des  mössens,  sollens,  könnens  mit 
gröfster  schärfe  ausgebildet.  Ein  schönes  beispiel,  wie  sich 
diese  begriffe  erst  allmählich  entwickelt  und  erst  allmählich 
scharf  von  einander  geschieden  haben,  gewährt  unser  „müs- 
sen": got.  motan  bedeutet  noch  „räum  haben",  x^Q^^^ 
(z.  b.  Marc.  II,  2),  ags.  mötan  ist  im  Beovulf  nachweis- 
bar im  sinne  von  1)  Freiheit  oder  macht  zu  etwas  haben, 
dürfen,  mögen,  können,  2)  die  bestimmung  haben,  sollen, 
müssen.  Die  logik  der  spräche  ist  also  gewesen:  es  ist 
räum  für  eine  sache  da,  und  da  mufs  sie  eintreten. 
Die  grundbedeutung  von  griech.  avdyxr]  und  lat.  neces- 
sarius schimmert  durch,  wenn  dieselben  Wörter  auch  zur 
bezeichnung  der  blutsverwandschaft  verwendet  werden; 
sie  stimmen  darin  schön  mit  dem  schon  oben  erwähnten 
ir.  com-ocus  propinquus,  affinis  (Z.*  788)  überein.  Der 
begriff  der  nothwendigkeit  einer  sache  hat  sich  hier  aus 
dem  des  herannahens  oder  naheseins  entwickelt.  Etymo- 
logisch wäre  somit  nur  das  unmittelbare  bevorstehen  des 
eintritts  einer  sache  ausgedrückt.  Es  ist  aber,  als  ob  wir 
von  hier  aus  die  weiterentwickelung  nachfühlen  könnten, 
wenn  wir  an  deutsche  ausdrucksweisen  denken,  wie  „er 
war  nahe  daran  zu  sterben;  es  war  nahe  daran,  dafs  er 
starb;  es  geht  ans  sterben".  Es  sind  dies  so  einfache  bil- 
der,  dafs  wir  ihre  anwendung  recht  wohl  schon  in  graue 
vorzeiten  zurückversetzen  können,  jivdyxij  ist  demnach 
ursprünglich  das  herannahen,  das  nahesein.  Was  aber  die 
form  anlangt,  so  geht  ccvayxi]  auf  die  wurzelf.  a»na-n-k- 

27* 


420  WindiBcb 

zurück,  ir.  öccn  auf  die  wurzelform  a-n-k-  und  lat.  ne- 
cesse  auf  die  wurzelform  nak-.  Bei  avdyxfj  ist  an  atti- 
sche reduplication  natürlich  nicht  zu  denken.  Hier  liegt 
die  frage  wie  bei  skr.  änä^a;  entweder  der  zweite  nasal 
ist  später  erst  eingeschoben  worden,  oder  es  ist  wirklich 
eine  grundform  a-na-na-k-a  anzusetzen.  Ir.  ^cen  ne- 
cessarius  findet  sich  Z.^  611.  G35,  als  substantivum  kommt 

es  vor  F.  A.  198 soit  an-ecin  iarsin  i-toltanche  fo- 

gnoma   do   dia   „(who  arc  constrained  by  compulsion,    ar 
ecin,    to   do  God's  will   and)  thereafter  tum  their  com- 
pulsion into  willingness  to  serve  God^.   Besonders  häufig 
findet  sich  ar  ecin  per  necessitatem,  necessario  (Z.^  610). 
Ersatzdehnung  zu  langem   e   trat   ein  wie  in  cet  centum, 
döt  dens,    tet  cymr.  tant   filum   u.  a.     In  bezug   auf  die 
suflixbildung   läfst  sich  6cen  dem  griech.  ayxovri  (das  er- 
drosseln)  zur  Seite  stellen.      Am    meisten   Schwierigkeiten 
bietet  das  lat.  nee  esse.     Corssen  krit.  nachtr.  s.  272  ver- 
zichtet   auf  die  Zusammenstellung  mit  avayxt]    und  theilt 
ne-ces-se,  ne-ces-su-s  ab,  indem  er  in  diesen  formen 
Zusammensetzungen  von  lat.  cedo,  ces-su-s  erblickt,  und 
als  ihre  ursprüngliche  bedeutung  „nicht  weichend",    daher 
„unausbleiblich,  nothwendig**  (s.  274)  ansetzt.    Wer  wollte 
behaupten,    es  sei  absolut  unmöglich,    dafs  necesse  auf 
diese   weise  entstanden   wäre.     Es    setzt  diese  etymologie 
freilich   eine  sehr  klare  Vorstellung  und  scharfe  herausbil- 
düng  des  begrifis  der  noth wendigkeit  voraus,   wie  wir  sie 
vielleicht  für  sehr  frühe  zeitcn  kaum   annehmen  dürften; 
necessarius  würde  dann  eigentlich  „der  unvermeidliche" 
gewesen   sein.     Andrerseits   wird  Corssen,    wenn   er  nicht 
auch  lat.  vicissim,  vicissitas,  vicissitudo  von  vicem, 
vice  trennen  will,   die  möglichkeit  zugeben  müssen,   dafs 
man  in  der  silbe  nee-  den  wurzelbestandtheil  von  necesse, 
necessitas,  necessitudo  erblicken  könne.    Welche  von 
beiden  etymologien  die  richtige  ist,  mögen  andere  entscbei* 
den.    Die  sufBxe  -esse  (neutr.  zu  einem  i-stamm)  und  -es- 
su-s  (so  öfter  in  der  alten  spräche,   vgl.  Corssen  a.  a.  o.) 
von  nec-esse   und   nec-essu-s  befriedigend  zu  analysi- 
ren,  ist  freilich  sehr  schwer.    Ich  vermuthe,  dafs  als  grund- 


über  Fick's  vergl.  wörlerbuch  der  indogerm.  spraehen.  421 

formeu  *nec-e8-ti-  und  *nec-e8-to  anzusetzen  ist,  und 
dsfs  dieselben  mit  ir.  ocus  d.  i.  ^ank-as-tu-  zu  verglei* 
eben  sind.  Zieben  wir  das  dentale  suf&x  ab,  so  erbalten 
wir  as-stämme,  im  lateiniscben  einen  stamm  mit  der  grund- 
form  *nak-as,  im  iriseben  mit  der  grundform  *ank-as, 
und  an  die  spitze  derselben  wäre  "^anak-as  zu  stellen, 
die  grundform  von  grieeb.  7;vsxrjg.  Der  form  nacb  wür- 
den also  zusammengebören  grieeb.  rjv^xiqq^  ir.  ocus,  lat. 
necessus,  necesse,  der  bedeiitung  nacb  grieeb.  avayxYj^ 
ir.  ecen,  lat.  necessus,  necesse.  Dafs  im  lateiniscben 
st  zu  SS  werden  konnte,  beweist  docb  wobl  das  superla- 
tivsuffix  -issimus,  ferner  os  gen.  ossis  (knocben),  wenn 
aucb  andrerseits  gerade  in  verwandten  bildungen  wie  tem- 
pestas,  augustus,  angustus  u.  a.  die  assimilation  un- 
terblieben ist. 


Durcb  annabme  des  wurzelinfixes  na  lassen  sieb  auch 
in  einigen  anderen  fallen  gewisse  Schwierigkeiten  über- 
winden. 

Fick  bemerkt  s.  434,  dal's  der  Vorschlag  von  o  vor  n 
in  grieeb.  ovv^  und  lat.  unguis,  ebenso  in  grieeb.  oficpakoc; 
und  lat.  umbilicus  gräcoitaliscb  sei,  indem  er  als  indo- 
germaniscbe  grundformen  nagba  und  näbbala  ansetzt 
(s.  108.  111).  Aucb  Curtius  ist  ähnlicher  ansieht  (grundz. 
no.  403.  447).  Erstens  ist  der  anlautende  vocal  in  diesen 
Wörtern  nicht  gräcoitaliscb,  denn  auch  die  entsprechenden 
irischen  Wörter  haben  ihn:  ir.  inga  dat.  pl.  ingnib  (Z.^ 
267,  st.  in  gen-)  unguis,  ir.  imbliu  gen.  imlenn  nabel 
(Stokes,  Corm.  Gl.  Transl.  p.  93,  gleichsam  ein  lat.  *um- 
bllio,  -onis).  Ferner  aber  sehe  ich  in  diesem  anlauten-r 
den  vocal  nicht  einen  Vorschlag,  sondern  den  eigensten 
Wurzel  vocal.  Die  Wörter  für  „klaue,  nagel"  geben  nach 
meiner  meinung  auf  die  wurzel  agb,  angh  „würgen, 
kratzen''  zurück.  Die  wurzel  mit  vollem  infix,  also 
a-na-gh,  liegt  vor  iu  grieeb.  J-i^a;-^,  o-i^v-^o-g^  die  wur- 
zelforui  a-n-gh  in  lat.  ungu-i-s,  ir.  ing-a,  die  wurzel- 
form nagb  in  lit.  niig-a-s,  abd.  nag-al  („gotb.  nagl-a-s'' 


422  Windiscb 

bei  Fick  108  ist  wohl  ein  blofses  versehen).  Fick  ver- 
weist selbst  bei  „wz.  nagh  binden,  knüpfen^  auf  wz.  agb, 
angb  „schnüren^.  Die  würzet  „nagh  stechen,  kratzen, 
bohren",  die  Fick  s.  107  aufführt,  wird  wohl  im  gründe 
u)it  angh,  nagh  (würgen,  schnüren)  identisch  gewesen 
sein,  wenn  auch  im  laufe  der  zeit  differenzirungen  einge* 
treten  sind. 

Die  Wörter  für  „nahe,  nabel"  gehören  zu  wz.  abh 
schwellen  (vgl.  Fick  s.  12.  1021).  Es  sind  aber  nur  die 
wurzelformen  a-m-bh  und  nabh  vorhanden,  erstere  in 
griech.  o^qr-aAog,  lat.  umb-illcus,  ir.  imb-Iiu,  letztere 
in  skr.  näbh-i,  näbh-ila  (nahe,  nabel),  ahd.  nab-a, 
nab-alo  u.  a.  m.  *) 

Ich  bezweifele  sehr,  dafs  die  Wörter  für  „name",  wie 
sie  Fick  s.  66.  112  und  560  aufführt  (vgl.  Curtius  grundz. 
no.  446),  wirklich  alle  auf  die  wurzel  gna  zurückgehen 
und  ihr  g  schon  in  indogermanischer  vorzeit  verloren  ha- 
ben. In  ksl.  im^  mufs  dann  sogar  abfall  von  gn  ange- 
nommen werden,  auch  ir.  ainm  (für  *anmin  Z.*  268) 
streitet  mit  seinem  vocalischen  anlaut  gegen  diese  etymo- 
logie,  wenn  man  sich  nicht  über  alle  individuellen  lautge- 
setze  hinwegsetzen  will.  Andrerseits  ist  allerdings  lat.  nö- 
men  wohl  nicht  von  co-gnömen  zu  trennen.  Legen 
wir  hier  als  mafsstab  der  Zusammengehörigkeit  die  lautge- 
setze  an,  so  müssen  wir  noth wendig  wenigstens  lat.  co- 
-gnömen  von  ksl.  im^  und  ir.  ainm  trennen.  Der  in- 
dogermanische abfall  eines  anlautenden  g  ist  auch  eine 
sehr  kühne  annähme,  besonders  wenn  trotzdem  das  g  in 
der  griechischen  nebenform  ovvo^a  nachgewirkt  haben  soll. 
Ich  vermuthe  als  den  eigentlichen  wurzellaut  dieser  Wör- 
ter am.  Diese  wäre  unverstärkt  in  ksl.  im-^;  den  vollen 
nasalen  einschub  würde  u-vo-fia  zeigen;  die  wurzelge» 
stalt  a-n-m  wäre  enthalten  in  ir.  ainm,  nom.pl.  anm-an; 
endlich  die  wurzelgestalt  nam  in  got.  namo,  skr.  näman. 


***)  Man  halte  dazu  von  gleicher  oder  gleichlautender  wurzel  die  formen 
ahh-ra,  ambh-as,  nabh-as  (vergL  petersb.  Wörterbuch  s.  v.  abhra). 
Anm.  d.  red. 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  423 

Es  wäre  nicht  uumöglich,  dafs  im  lateinischen  das  sprach- 
bewulstsein  dem  worte  nomen  erst  ein  g  andichtete,  als 
ein  g  in  nosco  abgefallen  war,  sich  aber  noch  in  co- 
gnosco,  aguosco  erhielt.  Eine  nähere  beziehung  zu 
einer  immer  nur  postulirten  grundbedeutung  „kennzeichen" 
hat  das  lateinische  wort  durchaus  nicht  *). 

Ganz  in  derselben  weise  ordne  ich  die  Wörter  für 
„ente**,  die  Fick  s.  9,  Curtius  grundz.  no.  438  zusammen- 
stellen. Die  der  wurzel  am  nächsten  stehende  form  liegt 
vor  in  skr.  ät-i-s  „ein  bestimmter  wasservogel"  (schon  aus 
dem  Kv.  bekannt);  den  vollen  nasalen  einschub  zeigen  lat. 
a-na-s  gen.  a-na-t-is,  ags.  ened,  ahd.  anut,  anet- 
-recho  entrich;  die  wurzelgestalt  a-n-t  haben  mhd.  ant, 
lit.  änt-i-s;  die  wurzelgestalt  nat  endlich  liegt  in  griech. 
vrjaaa  vor. 

Von  got.  anaks  und  skr.  angasä  plötzlich,  sogleich 
(Fick  6)  sprachen  wir  schon  einmal.  Aber  diese  Wörter 
sind  gar  nicht  so  isolirt.  Denn  wie  zu  griech.  ovv^  und 
lat.  unguis  das  ahd.  nagal  tritt,  so  tritt,  zu  jenen  lit. 
nug-la-s,  ksl.  nag-lü  plötzlich,  jäh,  die  Fick  s.  583  für 
sich  aufführt.  Es  sind  also  vertreten  die  wurzelformen: 
a-na-g  in  got.  anaks,  an-g  in  skr.  angasä,  nag  in  lit. 
nuglas,  ksl.  naglu. 

Vielleicht  stehen  auch  griech.  dpjjg  und  skr.  nä,  st. 
nar,  in  einem  ähnlichen  Verhältnisse  zu  einander:  in  den 
homerischen  formen  ccveoog,  dve^jsg  würde  der  vollste  stamm 
a-na-r  enthalten  sein,  in  den  gewöhnlichen  formen  ai/()(joV, 
ävÖQE^  die  Stammform  a-n-r,  endlich  in  skr.  nä  loc.  plur. 
nr-su,  ferner  in  skr.  nar-a-s,  sab.  ner-o,  ir.  ner-t  for- 
titudo  die  Stammform  nar.  Als  ursprünglichste  wurzel 
würde  sich  ar  ergeben,  dasselbe  ar  nämlich,  von  welchem 
Fick  1013.  1022.  skr.  arä,  ars-ati  (netzen)  ableitet  sammt 
griech.  äga-iiv^  altbaktr.  ars-a  mann,  st.  arä-an,  skr. 
rä-a-bha-8  stier. 

Wenn  ich  nicht  irre,    so  ergiebt  sich  wenigstens  aus 


*)  Die  dehnung  in  ovvoitu^    Uol.  onoftn  würde  der  in  jjyfKiJs  eingetre- 
tenen entsprechen. 


424  Windisch 

der  vorstehenden  Untersuchung,  dafs  wir  getrost  die  wur- 
zelformen nak,  nagh  u.a.  auf  ank,  angh  und  von  da 
aus  auf  ak  und  agh  zurückführen  dürfen.  Für  nagh 
verweist  Fick  selbst  s.  108  auf  agh,  angh.  Seine  abnei- 
gung  gegen  gleiche  behanJIung  ähnlicher  wurzelformen 
wird  daher  nicht  unbezwinglich  sein. 


III. 
Celtisehe   etymologien. 

Fick   führt   zwar  s.  40   die  wurzel  kas   in  vierfacher 
bedeutung  auf,  aber  es  fehlt  noch 

kas  glänzen,  sehen. 

Ihr  ordnet  sich  nicht  blofs  lat.  cänus  =  cas-nu-s 
und  ahd.  hasan  politus,  venustus  unter  (Fick  350),  son- 
dern meiner  meinung  nach  auch  die  sanskritwurzel  kakä 
sehen,  mit  kakSus  äuge  u.  a.  Fick  betrachtet  diese  wur- 
zel als  mit  determinativem  s  „aus  dem  arischen  ka^  er- 
scheinen, schauen*^  gebildet.  Es  mag  die  letztgenannte 
Wurzel  zu  dem  weiteren  verwandtenkreise  von  l£aks  ge- 
hören, aber  in  der  von  Fick  angegebenen  weise  ist  dieses 
gewifs  nicht  aus  ihr  hervorgegangen.  Wir  möfsten  dann 
^kaks  erwarten;  dafs  aber  kaks  eine  über  das  sanskrit 
hinausgehende  wurzelform  ist,  die  nicht  erst  auf  indischem 
boden  aus  kaks  entstanden  sein  kann,  beweist  das  altbak- 
trische  kaSman  äuge.  Ich  sehe  in  kakä  eine  reduplicirte 
bildung,  für  die  als  volle  form  ka-kas  anzusetzen  ist; 
man  vergleiche  gaks  verzehren,  das  ebenso  aus  ghas, 
gaks  lachen,  das  ebenso  aus  has  hervorgegangen  ist. 
Zudem  ist  Ka-käs  glänzen  reichlich  im  pet.  wörterbuche 
belegt.  Mir  ist  aber  besonders  wichtig,  dafs  man  auf  diese 
weise  für  das  irische  ein  video  einen  anknüpfungspunkt 
erhält;  ein  ist  aus  *cesiu  entstanden,  nach  demselben  g&- 
setze,  nach  welchem  im  griechischen  aus  *yeve(fv  yivu 
wurde.  Die  volle  wurzelform  zeigt  sich  schön  in  im- 
-cas-ti  consideranda,  rem-caissiu  (d.  i.  -cas-tion-)  Pro- 
videntia, Z.^  480.  800.  Stokes  hat  schon  erkannt,  dafs  in 
diesen  irischen  Wörtern  eine  wurzel  kas  enthalten  ist,  aber 


Über  Fick*s  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  425 

sein  versuch  Beitr.  VI,  460  anui.  lat.  spero  mit  ihnen  in 
Verbindung  zu  bringen,  ist  meiner  ansieht  nach  verfehlt. 
Ir.  cais  äuge  hat  cas-ti-  zum  ursprünglichen  stamme, 
es  ist  mit  skr.  kakäu,  Kakäus  nur  in  der  wurzel  ver- 
wandt. 

Für  den  begriff  des  sehens  sind  nanäentlich  noch  zwei 
bekannte  wurzeln  in  den  celtischen  sprachen  üblich;  für 
die  erste  derselben,  für  die  in  verschiedenen  Indogermani- 
schen sprachen  vertretene  wurzel  dark  verweise  ich  auf 
Curtius'  grundz.  no.  13,  die  zweite  ist 

var, 
im  irischen  meines  wissens  nicht  vertreten,  in  den  britan« 
nischen  sprachen  aber  durch  cymrisch  gwel-et,  cornisch 
gwel-as,  arem.  guel-et  videre  (Z.*  535,  vergl.  die  prä- 
sensformen p.  506  ff.).  Am  nächsten  stimmt  hierzu  griech. 
oQccp;   üVQog  Wächter  wie  ir.  dercaid  watchman. 

Bekannte  Wörter  für  äuge  sind  im  irischen:  derc 
(st.  derca),  das  schön  zu  den  allerdings  aus  der  altern 
spräche  nicht  belegten  sanskritwörtern  drp  und  drpä  äuge 
stimmt,  namentlich  aber  süil  fem.  (st.  svali-  Z.^  250), 
das  mit  skr.  süri,  lat.  söl  masc.  (wahrscheinlich  urspr* 
*söli-s  wie  animal  für  *animali),  got.  sauil  n.  zu 
wurzel  svar  gestellt  zu  werden  pflegt.  Auffallend  ist,  dafs 
nur  das  irische  wort  das  strahlende  am  körper  bezeichnet, 
alle  übrigen  Wörter,  das  cymrische  und  cornische  heul 
(Z.^  107.  123.  1065)  mit  inbegriffen,  das  strahlende  am 
himmel.   Eine  interessante  parallele  hiezu  bietet  die  wurzel 

ark,  rak  strahlen,  flammen, 
welche  Fick  14  nur  durch  skr.  arkati  und  gr.  r^Ux-TfOQy 
fj^eX'TQov  zu  belegen  weifs.  Natürlich  gehört  hierher  auch 
ekr.  arka-8  strahl,  sonne.  Wie  die  wurzel  svar  sowohl 
das  flammen  als  auch  das  tönen  bezeichnet  (skr.  svara-» 
laut,  sürja-8  sonne),  so  zeigt  sich  auch  an  der  wurzel 
ark,  rak  (alk,  lak)  diese  doppelte  bedeutung:  skr.  ar- 
ka-8  z.  b.  bedeutet  auch  „lied",  imd  stellt  sich  in  dieser 
bedeutung  neben  rk. 

Mit  skr.  arka-s  sonne  ist  nun  das   in  den  britanni- 
schen  sprachen   übliche   wort   für   „äuge"   zu  vergleichen: 


4*26  Windisch 

com.  lagat,  arem.  lagat,  cymr.  Ilygat  (Z.*  839.  283  ff. 
154).     Dasselbe  siebt  nach   brit.  lautgesetzen  für  *lacat 
(Z.^  160),  und  wird,  nach  dem  plur.  legeit  zu  schliefsen, 
ein  a-stamm  wie  das  von  der  parallel wurzcl  arg,  rag  ge- 
bildete   skr.  rag- ata- s  gewesen   sein.     Im   irischen   aber 
ist  die  Wurzel  ark,   rak   auch   als  verburo  lebendig,    und 
zwar  in  doppelter  gestalt:    1)  lassad  inf.,  lassait  3.  pl. 
praes.  flammen  „flame,  blaze^,    lasBar  die  flamme  (F.  A. 
105.  144.  145.  233.  208);    2)  lösend  inf,  loscid  3.  sing, 
praes.  brennen  „burn«  (Z.*  803.  F.  A.  215.  140).   Wie  die 
infinitive  ausweisen,    ist  lassad   ein   verbum  der  2.  series 
(entsprechend   latein.  amo),    loscud   dagegen   ein  verbum 
der    3.  series   (entsprechend    latein.  dormio).     Dazu   wür- 
den O'Reilly's  angaben  stimmen:  „lasaim  I  light,  kindle, 
burn,   blaze,   blush"  und  „loisgim  I  burn,  singe".     An 
ersterem  verb  haftet  vorzugsweise  die  intransitive,  an  letz- 
terem   die    transitive    bedeutung.     Was    ihre   bildung   an- 
langt,  so  vergleicht  sich  loscud  am  nächsten  mit  griech. 
}.daxvt)^  nur  dafs  dieses  zur  wurzel  ark,  rak  „tonen"  ge- 
hört:   aber    beide   verba    haben   vor  dem  stammbildenden 
Suffixe   sk-   den   wurzelhaften   guttural  verloren;    im  grie- 
chischen tritt  aufserhalb  des  präsens  die  volle  wurzel  wie- 
der hervor  {ümxov^  ?.elay.ct)^   im   irischen  ist  mir  hier  nur 
noch    das   bei   allen    verben   vom  präsensstamme  gebildete 
s-praeteritum   bekannt  geworden,    loisc-set  they   burned 
(Cogadh  Gaedhel  re  Gallaibh,  ed.  Todd,  p.  223).    Ein  zwei- 
tes beispiel,   in  welchem  sich  der  ausfall  des  gutturals  so- 
gar durch   alle  europäischen  sprachen  verfolgen  läfst,    ge- 
währt  die   wurzel   mik   mischen:   griech.  «/-frpw,  lat.  mi- 
-sceo,  ahd.  mi-skan.     Im  irischen  ist  mir  zur  band:  com- 
mescatar  miscentur  (Z.^473),  mescfait  3.  pl.  fut.  (Cog. 
Gaedh.   re  Gall.   p.  225)*),    aufserdem   das  präpositioneil 
verwendete  nomen  measc,  z.b.  imeasc  naomh  „among 
the  Irish   saints"  (Keat.  ed.  1811,  p.  160),    tair-mescc 
inimixtio  (Z.'^  880);    die   entwickelung  des  i  durch  e   zu 


"*)  Die  steUe  lautet:  Ticfait  Genti  dar  muir  mall,  mescfait  for 
ferond  hEr^nd  „Gentiles  shall  come  over  the  noble  sea,  They  shall  spread 
over  the  land  of  EriDn). 


Über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  d^r  indogerm.  sprachen.  427 

modernem  ea  ist  wie  in  altir.  fer,  neuir.  fear  verglichen 
mit  lat.  vir.  Auch  ir.  nasc  ring  (Stokes,  Corm.  Gl.  Transl. 
p.  125)  wird  man  hier  mit  aufführen  dürfen;  zu  dem  bei 
O'Reilly  aufgeführten  nasgaim  „I  bind,  tie''  ist  eine  schöne 
perfectform  aus  der  älteren  spräche  ro-nenasc  „I  bound" 
(L.  U.,  Journ.  1871  p.  384,  vgl.  Beitr.  VII,  10).  Es  ge- 
hören diese  Wörter  ofltenbar  zu  lat.  nec-to,  wurzel  nagb 
(Fick  108),  und  haben  somit  gleichfalls  einen  guttural  vor 
sc  eingebüfst.  —  Dem  ir.  losend  entsprechen  auch  bri- 
tannische Wörter,  so  corn.  lose  arsura  (Z.*  1070),  worauf 
Stokes  Ir.  61.  737  aufmerksam  macht.  Aufserdem  möchte 
ich  noch  ir.  rose  m.  äuge  (nom.  pl.  roise  P.  A.  68),  ferner 
loscan  kröte  (dat.  plur.  loscannaib  L.  U.  Journ.  of  the 
R.  Hist.  and  Arch.  Assoc.  1871  p.  386)  mit  lösend  zu- 
sammenstellen. Was  übrigens  die  präsensbildung  *losc-ia- 
anlangt,  so  hat  diese  ihr  analogen  in  ,ahd.  miskan,  das 
für  ^miskian  steht. 

Das  durch  den  infinitiv  lassad  eharaeterisirte  irische 
verbum  ist  ein  denominativum ,  dessen  grundwort  im  iri- 
schen zu  fehlen  scheint,  formell  aber  in  skr.  laksa-  vor- 
liegt: ir.  lassait  ^sie  flammen^  =  skr.  lakäajanti  „sie 
bezeichnen,  sie  erblicken*^.  Allerdings  wird  im  pet.  Wör- 
terbuch laksa  auf  die  wurzel  lag,  sich  anheften,  zurück- 
geführt, aber  wohl  nur  weil  im  sanskrit  selbst  eine  wur- 
zelgestalt  rak,  lak,  wie  sie  aus  andern  sprachen  zu  er- 
schliefsen  ist,  nicht  vorhanden  ist.  Dafs  ein  wort  mit 
der  bedeutung  „ziel,  merkmal"  sehr  wohl  von  einer  wur- 
zel, an  der  sich  die  bedeutungen  „brenne«^  flammen,  sehei- 
nen, sehen"  zeigen,  gebildet  werden  konnte,  bedarf  wohl 
keiner  weiteren  auseinandersetzung:  man  dejike  an  griech. 
axonog  zugleich  „späher**  und  „ziel",  lat.  specio  und  spe- 
cimen  u.  s.  w.  Da  altir.  luisse  flamma  (Stokes,  Goid. 
p.  46)  bei  O'Reilly  in  der  form  laise  aufgeführt  wird,  so 
können  wir  dies  wort  mit  Sicherheit  den  auf  die  wurzel 
lak-s  zurückgehenden  bildungen  zufügen,  und  es  formell 
mit  skr.  laksja  (sichtbar,  ziel,  ausgesetzter  preis)  identi- 
ficiren.  Nach  irischen  lautgesetzen  wird  a  durch  i  der 
folgenden  silbe  zu  ai,  oi  oder  ui  (Z.^  5). 


428  Windibch 

Aufser  dem  oben  erwähnten  süil  äuge  gehören  noch 
im  irischen  zu  wurzel 

8var  leuchten 

eine  anzabl  interessanter  Wörter.   Es  sind  dies  die  reihen: 

1)  solus,  solas  clarus  (Stokes,  Ir.  Gl.  665,  Corm.  61. 

p.  40),  Comp,  soillsithir  P.  A.  82; 
soilse,  soillse  lux,  luraen  (Z.*  247,  F.  A.  36u.  ö.); 
soilsigud  iuf.  „irradiate"  (F.  A.  104); 

2)  follus  apertus,  clarus  (Z.*  788,  F.  A.  299),  Superl. 

faillsem  (Z.*  278); 
foilse,  foillse  „clearness**  (F.  A.  41.  76); 
foilsigud  manifestare,  „show**  (Z.*  239). 

Der  einzige  unterschied  von  solus  und  folus  ist  die  ver- 
schiedene behandlung  der  ursprünglich  anlautenden  conso- 
nantengruppe  sv.  In  derselben  weise  findet  sich  neben 
nom.  siur  soror,  gen.  sethar,  acc.  siair  auch  der  acc. 
fiair  (Z.  262.  263).  Ir.  solus  und  folus  sind  der  bil- 
dung  nach  am  nächsten  mit  lat.  angus-tu-s  zu  vergleictieo; 
nur  dafs  die  irischen  adjectiva  merkwördiger  weise  u- 
stämmo  sind,  mit  der  grundform  '^svalas-tn-.  Eine  ähn- 
liche bildung  war  acus,  ocus  (Z,^  788),  das  wir  schon 
oben  auf  die  grundform  ankas-tu  zurückführten.  Wie 
aber  der  in  lat.  angustus  enthaltene  stamm  *angas- 
identisch  ist  mit  skr.  ähas,  griech.  ä^og  (Fick  5),  so  ist 
das  aus  ir.  solus,  folus  zu  erschliefsende  *svalas-  iden- 
tisch mit  griech,  ceAag.  Wie  ferner  von  angustus  das  sub- 
stantivum  angufPtia,  so  ist  von  ir.  solus,  folus  das 
substantivum  soilse,  foilse  (d.i.  ^svalas-tiä)  gebildet, 
vgl.  com-oicse  vicinitas  von  com-ocus  (Z.*871).  Die 
verba  soilsigud,  foilsigud  —  letzteres  ist  die  üblichere 
form  —  sind  denominativa  von  den  bei  O'Reilly  aufge- 
führten, adjectiven  soillseach  (bright,  clear)  und  foill- 
se ach  (declaratory) :  die  ideale  Stammform  dieser  adjectiva 
würde  *svalastu-ka  sein,  die  der  davon  abgeleiteten 
verba  *8valastu-kia  (vergl.  Z.^  795);  sie  verhalten  sich 
zu    einander    wie    griech.  ^ictXa-xo-g    zu    ^laXd^aOM^     d.  i. 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  429 

Eine   in   ihrer  bedeutung  eigenthümlich  gefärbte  Wur- 
zel ist 

sku  schauen,  scheuen,  beabsichtigen  (Fick  207). 
Curtius  grundz.^  s.  95  macht  aber  darauf  aufmerksam,  dafs 
sie  in  griech.  y,oä  (Hesych.  aKomi)  auch  die  bedeutung  des 
hörens  zeigt.  Dieses  eine  beispiel  bleibt  bestehen,  auch 
wenn  Delbrück  recht  hat  dxoisiv  zu  got.  hausjan  zu 
stellen,  und  erhält  interessante  gefährten  in  com.  scouarn 
auris  und  dem  davon  abgeleiteten  scouarnoc  lepus  (Z.^ 
1066.  1075).  Dafs  der  hase  hier  nach  seinen  obren  be- 
nannt wurde,  wird  niemand  auffallend  finden.  Corn.  scou- 
-arn  ist  aber  genau  so  gebildet  wie  das  zu  wurzel 

ruk,  europ.  luk  leuchten  (Fick  171.394) 
gehörige  ir.  locharn,  luacharn,  lat.  lücerna.  An  ent- 
lehnung  aus  dem  lateinischen  zu  denken  verbietet  der  im 
irischen  worte  gesteigerte,  im  lateinischen  nicht  gesteigerte 
wurzelvocal.  Die  Steigerung  ist  dieselbe  wie  in  ir.  loche 
gen.  lochet  fulmen  (Z.*  256).  Es  ist  dies  ein  zum  sub- 
stantivum  gewordenes  part.  praes.  act.,  das  man  wohl  ge- 
radezu mit  lat.  lücens  identiticiren  darf:  die  grundform 
ist  *laukant  oder  *laukiant*).  Auf  letztere  läfst  viel- 
leicht das  e  schliefsen,  dem  a  von  cara  gen.  carat  ami- 
cus  gegenüber.  Got.  liuhath  licht  ist  zwar  verwandt, 
aber  im  suffix  verschieden  (grundf  laukata-).  Wie  corn. 
scouarn  und  ir.  locharn  mit  Steigerung  des  wurzelvo- 
cals  und  suffix  arna-  ist  ein  drittes  wort  gebildet,  das 
zu  Wurzel 

lu  gewinnen,  erbeuten  (Fick  394) 
zu  stellen  ist,  nämlich  corn.  louu-ern  vulpes  (Z.*  1075). 
Es  ist  dem  stamme  nach  mit  lat.  Laverna,  scfautzgöttin 
des  gewinns,  der  diebe,  identisch.  Von  derselben  wurzel 
kommt  auch  corn.  lou-ennan  mustela  (ibid.).  Der  fuchs 
und  das  wiesei  erscheinen  hier  als  raubthiere  xar'  i^oxi^v. 
Zu  derselben  wurzel  wird  ja  auch  ahd.  lewo  löwe,  griech. 
U(ov  u.  s.  w.  gehören  (Curtius  grundz«  no.  543). 


*)  Bekanntlich   sind   die   alten   participia   praesentis   activi   im   irischen 
nur  noch  substantiviit  vorhanden. 


430  Windisch 

Bei  Wurzel 

gad  sprechen 
bat  Fick  s.  55  und  252  Obersehen,  dafs  sie  aufser  im  Sans- 
krit (gadati)  und  im  litauischen  (2ada-8  spräche,  das 
verb  2adü  ich  verspreche  ist  weggelassen)  zunächst  auch 
im  altbaktrischen  vertreten  ist  und  zwar  in  der  besonde- 
ren bedeutung  des  bittens:  gad,  gaidhj^mi  ich  bitte 
(mit  palatalem  anlaut  wie  im  litauischen).  Hierzu  stimmt 
schön  das  irische,  das  diese  wurzel  auch  nur  in  der  be- 
deutung rogare  hat:  guidid  erat,  no-sn-guid  rogat 
eos,  guidme  petimus  (Z.^  431.  432);  das  perfectum  rot- 
-gäd-sa  rogavi  te  (Z.*  448)  vergleicht  sich  schön  mit 
skr.  gagäda.  —  Aus  skr.  gada-s  rede,  Spruch  und  lit. 
zada-s  spräche,  rede  hätte  Fick  eigentlich  ein  indoger- 
manisches wort  gada  erschliefsen  müssen. 

Der  sehr  schwach  belegte  artikel  „bhrüat  f.  braue* 
s.  143  erhält  eine  weitere  stütze  durch  ir.  [brüa],  dessen 
gen.  du.  brüad  mir  aus  dem  Journ.  of  the  R.  Hist.  and 
Arch.  Ass.  of  Ireland,  1871  p.  376  bekannt  ist  (cechtarde 
a  da  brüad  „each  of  bis  two  brows",  aus  dem  L.  U.). 

Zu  WZ.  „gar  herankommen,  zusammenkommen*  (skr. 
gar-ati,  griech.  ayeiow^  ahd.  kSrau)  gehört  ir.  ad-gaur 
convenio,  für  -garu  (Z.  *428). 

Zu  „sokja  sokida  suchen*  s.  897  möchte  ich  stel- 
len ir.  saigim  adeo  (Z.*  429),  ro-sagat  (F.  A.  188),  se- 
gar  petitur  (Z.*471).  Besonders  oft  kommt  das  compo- 
situm in-saigid  „to  advance,  to  visit*  vor  (F.  A.  124. 
181.  189),  das  in  dieser  seiner  bedeutung  schön  zu  unse- 
rem „besuchen*  stimmt.  Diese  irische  wurzel  sag  ist 
nicht  mit  in  sech  sequi  (do-seich  persequitur,  na  sei- 
chem  ne  sequamur  Z.*  430.  444)  zu  verwechseln. 

Nach  Fick's  principien  müfste  „sama  jähr,  somraer* 
(s.  319)  in  den  Wortschatz  der  indogermanischen  zeit  auf- 
genommen werden.  Denn  zu  skr.  samä  jähr  und  zend. 
hama  m.  sommer  kommt  ir.  sam,  cymr.  ham  aestas  (Z.^ 
115,  Amra  44).  Ebel  beitrage  II,  177  glossirt  ir.  sam 
mit  sol. 

Ebenso   lassen   skr.  badhira-s  taub   und   ir.  bodar 


über  Fick's  vergl.  Wörterbuch  der  indogerm.  sprachen.  431 

acc.  plur.  bodra  surdus  (Stokes,  Corm.  Gl.  Transl.  p.  24, 
Goid.  p.  4),  cymr.  bothar,  bozar  surdus  (Z.*  828) 
eine  indogermanische  grundform  ,,badharas  taub"  er- 
schliel'sen. 

Zu  got.  ga-baurths,  ahd.  burt,  engl,  birth  geburt 
(s.  816)  stimmt  schön  das  ir.  brith  gen.  brithe  geburt 
(T.  B.  Fr.  p.  140).    Grundform  ist  bar-ti,  brati. 

Genau  dieselbe  präsensbildung  wie  lit.  dalyjü,  got. 
daiija  theile  (s.  527)  zeigt  ir.  daliu  in  fo-däli  discer- 
nit,  distribuit  (Z.^435).  Die  dehnung  des  a  scheint  nur 
secundär  zu  sein,  wenigstens  lautet  die  3.  plur.  fo-dalet 
und  fo-dlat  discerount  (Z. *  437).  Ebenso  entspricht  fo- 
-dail,  fo-dil  divisio  (st.  dali-,  Z.^  874)  genau  dem  lit. 
dali-s  und  got.  dail-s,  nur  dafs  in  den  germanischen 
Wörtern  ai  stammhaft  geworden  ist. 

Ganz  merkwürdig  ist  die  Übereinstimmung,  welche 
zwischen  alts.  od  an  datus,  concessus  (s.  689)  und  ir. 
uaitbne  „childbirth"  (grundform  autania)  zu  bestehen 
scheint.  Denn  ödan  weräTan,  odan  wesan  hat  die  be- 
deutuug  nasci.  Mir  ist  das  irische  wort  aus  dem  T^in 
B6  Fralch  bekannt  (Proceed.  of  the  R.  Ir.  Acad.  1870 
p.  140),  wo  sich  eine  wunderbare  Schilderung  der  Caini 
Uaithni  „the  Chants  of  Uaithne"  findet;  „„uaithne" 
properly  raeans  child-birth,  puerperium"  O'Beirne  Crowe 
a.  a.  o.  p.  162).  —  Auf  diese  vergleichung  brachte  mich 
prof.  Sievers  in  Jena. 

Ein  schönes  beispiel  für  abgefallenes  p  bietet  imme-t- 
com-airc  interrogat  te,  na  im-chom-arcad  ue  inter- 
roget,  an  imm-chom-arc  imme-chom-arcar  interro- 
gatio  quae  interrogatur  (Z.*  430.  443.  471.  882).  Es  ge- 
hören diese  Wörter  zu  „prak,  parkskati  fragen,  for- 
dern" (skr.  pra^-na-s  frage,  got.  fraihna  frah). 

Ein  zweites  bisher  unbeachtetes  beispiel  der  art  ist 
ir.  luath  celer,  rapidus  (Z.^  224),  das  mit  an.  flj6t-r 
rasch,  schnell  Fick  s.  805)  identisch  ist.  Grundform  ist 
*plauta.  Fick  hat  s.  130  als  wurzel  nur  „plu  schwim- 
men" angesetzt  (vgl.  jedoch  s.  941).  Skr.  pru  pravate 
aufspringen    weist    die    allgemeinere   grundbedeutung    auf. 


432  Wiudisch 

Von  Inath  celer  ist  im-Iuath  exagitatio  abgeleitet.  Die 
besondere  beziehuug  zum  schwimmen  zeigt  in  luam  celox. 
Vgl    Curtius  grundz.''  no,  369. 

Eine  auffallende  Übereinstimmung  besteht  femer  zwi- 
schen an.  straum-r  ahd.  stroum  und  ir.  sruaim,  das 
gelegentlich  an  stelle  des  gewöhnlichen  srutb  fluvius  vor- 
kommt. Vgl.  Curtius  gruudz.^  no.  517.  Ir.  sruaim  steht 
für  *sraum-i-. 

Got.  s  Iah  an  sich  schlagen  findet  zwar  s.  196-  in 
zend.  harek  werfen  einen  verwandten,  aber  noch  besser 
stimmt  das  ir.  perf.  ro-selach  für  se-slach  „I  attacked^ 
(Journ.  of  the  Hist.  and  Ärch.  Ass.  ofireland  1871  p.  384 
aus  dem  L.  U.). 

S.  825  steht  ahd.  bliuwan,  got.  bliggvan  ,,schla- 
gen,  bläuen"  ganz  vereinzelt.  Es  gehört  aber  dazu  irisch 
bualaim  ^ich  schlage",  das  diese  germanischen  Wörter  mit 
WZ.  bhur  (lat.  fur-o  u.  a.  s.  140)  vermittelt.  Ir.  bualaim 
ist  im  modernen  irisch  das  gewöhnliche  wort  für  schla- 
gen; ra  bualad  „was  Struck"  (Book  of  Leinster,  War 
of  the  Gaedhil  with  the  Gaill  ed.  Todd  p.  227). 

Mit  alts.  stamn  (steven  am  schifie),  ahd.  stamm 
plur.  stamm ä  stamm,  ist  identisch  ir.  tamun  gen.  tamoiu 
„trunk  of  a  tree"  (Stokes,  Goid.  p.  27).  Die  grundform 
ist  stamana.  Der  abfall  des  s  ist  wie  in  ir.  tiagn  = 
griech.  ötEiyva. 

Denselben  lautlichen  Vorgang  zeigt  auch  ir.  t4in  dieb- 
stabl,  raub,  das  eine  grofse  rolle  in  der  irischen  sage  spielt, 
man  denke  an  den  Täin  bo  Cuailgne  raub  der  rinder 
von  Cuailgne.  Das  wort  gehört  zu  skr.  stä-jn,  tä-ju 
dieb,  griech.  ti]ti}  beraubung  u.  s.  w.  (Fick  210). 

Man  wird  sehr  versucht  zu  gotisch  haihah,  praete- 
ritum  zu  hahan  hangen,  das  irische  perfectum  cechaing 
tulit  (Z.^  449)  zu  ziehen;  die  bedeutungen  lassen  sich 
leicht  vermitteln.  Fick  stellt  s.  28  griech.  ;cw/€t;«ü  „heben, 
schweben  machen "  mit  dem  gotischen  worte  zusammen* 
Ir.  cechaing  und  ^neoh,  xcoyEvu)  lassen  die  wurzelgestalt 
kagh,  kangh  erschliefsen,  got.  hahan,  haihah  dagegen 
eine  wurzel  kak. 


über  Fick's  vergl.  wöiterbuch  der  indogerm.  sprachen.  433 

Sehr  reich  ist  im  irischen  die  wurzel  skar  vertreten, 
und  zwar  zunächst  in  zweifacher  Bedeutung :  als  ,,schei- 
den^  (trans.  und  intrans.)  und  als  ,,zerst5ren^.  Aus  dem 
mittelirischen  stehen  mir  zahlreiche  formen  zu  geböte,  bei 
Zeufs  findet  sich  z.  b.  scarde  qui  secedunt  (praes.  relat. 
436),  na  scarad  ne  discedat  (imper.  443),  co-na-scrad 
ne  separet  (praos.  sec.  445),  nib-scara  non  sejunget  vos 
(fut.  452),  eter-scertar  separabuntur  (fut.  pass.  475),  der 
inf.  scarad  bezeichnet  dieses  verb  deutlich  als  ein  zur 
2.  series  gehöriges,  gen.  scartha  in  bas  etarscartha 
coirp  et  anme  mors  separationis  corporis  et  animae  (265, 
vgl.  874).  —  In  der  bedeutung  destruere  steht  bei  Zeufs 
diese  wurzel  unter  den  verben  der  1.  series:  co*scram 
destruimus,  co-scera  destruet  (432.452).  Aber  der  in- 
finitiv  co-scrad  (du  choscrad  „to  the  destruction"  Sto- 
kes,  Goid.  p.  9)  kann  nur  einem  verb  der  2.  series  an- 
gehören. 

Auch  wurzel  „skar  ausschütten,  zerstreuen"  (Fick 
s.  204)  ist  im  irischen  vertreten.  Allerdings  sind  mir  nur 
wenige  formen  zur  band,  so  das  perf.  ro-scail:  iss  ed 
sin  dan  is  mo  roscail  Ultu  fo  Erind  „it  is  that  accor- 
dingly  which  greatest  scattered  the  Ulaid  along  Erin*^ 
(aus  dem  L.  ü.,  Journ.  of  the  Hist.  and  Arch.  Ass.  1870 
p.  106);  ferner  das  s-praeteritum  ra  scailset  sie  zerstreu- 
ten sich  (Cogadh  Gaedhel  re  Gallaibh  p.  224.  234,  aus  dem 
buch  von  Leinster). 

Zu  der  verwandten  wurzel  kar,  ohne  das  anlautende 
s,  gehört  zunächst  ein  perfectum  mit  der  bedeutung  ce- 
cidi,  perii.  Es  ist  Z.*  449  in  doppelter  formation  aufge- 
führt, die  von  Ebel  nicht  erkannt  zu  sein  scheint;  do-ro- 
-chair  cecidit,  tor-chair  cecidit,  periit  hat  die  redupH- 
cation  vorn  verloren,  aber  docer  in  dem  sätzchen  docer 
in  biail  cecidit  securis  ist  gewifs  zusammenziehung  von 
*do-cecer,  wie  ja  ro-taig,  ro-tig  exstruxit  nach  Ebel's 
eigener  erklärung  aus  *ro-tetaig  zusammengezogen  ist. 
Aufserdem  findet  sich  Z.*  450  con  torchartar  donec 
perierunt,  im  L.  U.  mit  metathesis  do-ro-chratar  they 
feil  (Journ.  of  the  Hist.  and  Arch.  Ass.  1871  p.  384).   Ein 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6.  28 


434  Schachardt 

präsens  zu  diesem  perfectum  liegt  in  ara-cbriDim  dif- 
ficiscor  (?),  bore  ar-in-chrinat  quia  intereunt  (Z.*  429. 
433)  vor.  Dieses  präsens  er  in  im  vergleicht  sich  der 
form  nach  am  nächsten  mit  lat.  cerno;  griecb.  xqivta  ist 
nnr  insofern  verschieden,  als  es  PQr  *X(jtrja)  steht.  Hier- 
her gehört  auch  ir-chre  interitus,  tre  erchrae  per 
eclipsin  (Z.  ^  868) ;  grundform  davon  nach  abzog  der  präp. 
ir,  er  ist  *karia,  so  dafs  wir  hier  den  celtischen  ver- 
wandten von  lit.  kdra-s  krieg,  got.  harji-s  beer  (Fick 
514)  vor  uns  haben. 

Ernst  Windiscb. 


Romanische  Sprachwissenschaft. 

Aus  Zeitschriften. 

Je  geringeres  interesse  die  romanischen  sprachen  von 
Seiten  ihres  Stoffes  der  indogermanischen  sprach  Wissenschaft 
darbieten,    desto  lehrreicher  sind  sie  fQr  diese  von  Seiten 
ihrer    form.     Als    ersatz    für    eine    gemeinsame   Ursprache 
gleich    andern   sprachen  besitzen   sie   keinen   wertb;    denn 
hier  ist  uns  jene  selbst  in  völlig  genügender  Überlieferung 
erhalten.     Die   ergebnisse   aber,    welche   wir  aus  der  ver- 
gleichung  der  abgeleiteten  sprachen  mit  der  von  vorn  her- 
ein  gegebenen   Ursprache   gewinnen,    sind  gerade  für  den 
ungemein  verwendbar,  welcher  eine  Ursprache  erst  zarück- 
zukonstruiren  bat.    Eine  solche  vergleichung  ist  uns  in  sehr 
seltenen   fällen   vergönnt    und  wiederum   überragt  hier   an 
bedeutung   die   romanische  gruppe  eine  jede  andere,  auch 
die  neuindische,    welche   man  besonders   gern   mit  ihr  in 
parallele  setzt.    Ueber  ein  weites,  gröfstentheils  zusammen- 
hängendes gebiet  stuft  sich  eine  aufserordentliche  spracb- 
mannigfaltigkeit  in  allmählicheren  oder  plötzlicheren  Über- 
gängen  ab;    viele  mundarten  sind   durch  schriftliche  aiüf- 
Zeichnungen,    manche  sogar  durch   eine  art  litteratur  ver- 
treten; einige  wenige  nur  haben  sich  zu  wirklichen  schrift-, 


romanische  äprachwissenschaft.  435 

ja  zit  weltspracheöf  emporgearbeitet;  auf  sehr  zahlreiche 
nnd  verschiedenartige  denkmäler  gestützt,  können  wir  bis 
^ur  Spracheinheit  aufwärts  steigen,  da  auch  die  erst  be- 
ginnende sprachspaltuhg  in  der  Schrift,  freilich  etwas  trüb 
und  verzerrt,  sich  abspiegelt;  endlich  sind  wir  über  alle 
die  äufseren  einflösse,  welche  sich  bei  der  fortbildung  des 
lateinischen  zum  romanischen  bethätigten,  hinlänglich  un- 
terrichtet, mag  es  sich  um  fremde  sprachen  oder  um  ge- 
Söhiöhtliche  ereignisse  oder  um  völkersitte  handeln.  Nir- 
gends in  der  weit  vermögen  wir  die  pfade,  welche  die 
sjDrache  gewandelt  ist,  so  genau  zu  verfolgen,  wie  in  vor- 
liegendem falle,  und  so  stellt  das  romanische  eine  uner- 
^höpfliche  fundgrube  von  analogien  dar.  Es  gibt  zwar 
manche,  welche  gegen  diese  analogien  einen  gewissen  Wi- 
derwillen an  den  tag  legen;  sie  meinen,  die  romanischen 
sprachen  ständen  als  „töchtersprachen**  in  einem  ganz  an- 
deren verhältnifs  zum  latein,  als  das  deutsche  und  latein 
zum  indogermanischen  oder  auch  nur  die  germanischen 
Sprachen  zum  urgermanischen.  Indessen^  ist  diese  ansieht 
eine  irrige;  wir  haben  es  nicht  mit  einem  gegensätzlichen, 
sondern  nur  mit  einem  graduellen  unterschied  zu  thun. 
Es  läfst  sich  nicht  absehen^  warum  nicht  sogar  ganz  ähn- 
liche ethnographische  bedingungen,  wie  die,  unter  welchen 
das  romanische  entstand  und  denen  man  eine  allzugrofse 
tragweite  beigelegt  hat,  schon  in  vorgeschichtlicher  zeit 
eingetreten  sein  könnten.  Jedenfalls  sind  die  romanischen 
sprachen,  wie  kein  anderes  objekt,  dazu  geeignet,  dafs 
man  an  ihnen  die  schärfe  und  die  Sicherheit  der  linguisti- 
schen methode  ausbilde;  wir  lernen  hier  auch  dem  ver- 
führerischsten scheine  zu  mifstrauen.  Ist  demnach  der  all- 
gemeine werth  der  romanischen  Studien  dargethan,  so  darf 
es  nicht  wunder  nehmen,  dafs  an  diesetü  platze  den  fort- 
schritten  derselben  besondere  aufmerksamkeit  geschenkt 
wird.  Wir  beginnen  mit  einer  durchsieht  der  Zeitschriften 
für  romanische  philologie. 

Der  XII.  band  des  Jahrbuch«  für  romanische  und  eng- 
lische literatur  (heft   1—3)  enthält  s.  187 fl^.  einen  aüfsatz 

28* 


436  Schuchardt 

vou  J.  Zupitza:  »Die  nordwcstromanischen  auslaatsge- 
setze^.  Der  plural  scheint  uns  nicht  gerechtfertigt;  man 
könnte  erwarten,  dafs  es  sich  um  verschiedene  neben-  oder 
nacheinander  zur  geltung  kommende  gesetze  handelte,  wäh- 
rend das  konsonantische  und  das  vokalische  auslautsgesetz 
(unter  welches  freilich  nicht  nur  der  auslautende  vokal,  son- 
dern dor  vokal  der  letzten  silbe  überhaupt  gehört)  zusam- 
men ein  einziges  gesetz  bilden.  Zupitza  selbst  formulirt 
(s.  189)  „das  gesetz"  des  provenpalischen  und  altfranzösi- 
schen foigendermafsen:  „von  ursprünglich  auslautenden  kon- 
sonanten  bleiben  r,  s,  beim  verbum  auch  t,  von  vokalen 
in  letzter  silbe  nur  a."  Vorher  weist  er  in  kürze  nach, 
wie  einerseits  das  italienische  und  rumänische,  anderseits 
das  spanische  und  portugiesische  in  der  behandlung  des 
auslauts  übereinstimmen.  Dort  fallen  alle  ursprünglich 
auslautenden  konsonanten  ab,  dagegen  bleiben  alle  vokale 
der  letzten  silbe.  Mit  recht  sieht  Zupitza  rumän.  1.  ps. 
sg.  imperf.  und  plusquamp.  cäntam  und  cäntäsem  als  Über- 
tragungen aus  der  1.  ps.  pl.  an.  Aufser  auf  am  =s  habeo 
und  habemus  hätte  er  sich  noch  auf  die  alten  formen  erä, 
pleca  u.  s.  w.  berufen  können,  in  denen  das  auslautende 
m  fehlt  (s.  Mussafia  im  jahrb.  X,  364)  sowie  auf  das  süd- 
rumänische bedingende  futur  calcärim  in  der  1.  ps.  sg.  und 
plur.  Dieses  tempus  (=  lat.  fut.  exact.  -h  conj.  perf.) 
findet  si(!h  auch  im  älteren  nordrumänisch  und  zwar  lautet 
hier  die  1.  ps.  sg.  noch  -re,  wie  die  3.  ps.  sg.,  nicht  -rem, 
wie  die  t.ps.  pl.  Offenbar  war  mehr  an  der  trennung  der 
personell,  als  der  numeri  gelegen  (wie  ja  auch  meistens  die 
3.  ps.  sg  mit  der  3.  ps.  pl.  zusammenfällt);  im  konj.  praes. 
scheidet  sich  die  1.  ps.  sg.  von  der  3.  ps.  sg.  auf  anderem 
wege.  Für  das  spanische  und  portugiesische  gilt  folgen- 
des: „von  ursprünglich  auslautenden  konsonanten  bleibt 
nur  s,  von  vokalen  ist  dagegen  nur  ursprünglich  auslau- 
tendes oder  durch  den  abfall  eines  m  in  den  ausiaut  ge- 
kommenes e  nach  einfachen  konsonanten  beim  nomen  (also 
auch  bei  dem  in6nitiv)  und  bei  partikeln  dem  abfalle  aus- 
gesetzt",  d.  h.  mit   anderen  werten,   für  e  ist  keine  wirk- 


romanische  Sprachwissenschaft.  437 

liehe  regel  zu  ermitteln.  Das  churwälsche  verhält  sich  in 
bezug  auf  den  auslaut  allerdings  wie  das  proven^alische 
(auch  zu  unterengad.  eh  antat  neben  obwald.  canteits 
findet  sich  auf  prov.  gebiet  das  entsprechende),  iodessen 
kann  man  nicht  im  aligemeinen  sagen,  es  sei  wesentlich 
nur  ein  prov.  dialekt.  Mit  diesen  gesetzen  für  die  drei 
gruppen  ist  streng  genommen  nichts  neues  ausgesprochen; 
es  fragt  sich  nur,  wie  es  Zupitza  gelingt  im  nordwestro- 
manischen die  ausnahmen  von  dem  aufgestellten  gesetze 
entweder  als  nur  scheinbare  oder  durch  irgend  eine  noth- 
wendigkeit  hervorgerufene  darzulegen.  Dafs  zunächst  in 
sor,  suer  =  soror  r  für  rr  und  im  nom.  sg.  und  acc. 
pl.  ors  s  fQr  ss  steht,  dafs  in  chantatz  tz  nicht  =  t, 
sondern  =  ts  ist,  dafs  der  nom.  pl.  fruit  nicht  =  fruc- 
tus,  sondern  =  *fructi,  und  pesme  nicht  =  pessi- 
mus,  sondern  =  pessimo  ist,  leuchtet  ein.  Aber  wenn 
im  prov.  die  1.  ps.  pl.  -mus  zu  -m  statt  zu  -ms  wird 
(übrigens  auch  altfr. -m,  -n  neben  -ns),  so  kann  dies  kei- 
neswegs zu  den  „scheinbaren"  ausnahmen  gerechnet  wer- 
den. Es  sei  daran,  meint  Zupitza,  nicht  ein  verlassen  der 
auslautsgesetze,  sondern  der  umstand  schuld,  dafs  nach 
Diez  „der  plural  der  person  dem  sprachsinne  mit  blofsem 
m  hinreichend  ausgedrückt  schien".  Auf  jeden  fall  aber 
liegt  ein  verlassen  der  auslautsgesetze  (welches  sich  nicht 
als  Ursache  der  erwähnten  erscheinung,  sondern  nur  als 
mit  ihr  identisch  betrachten  läfst),  also  eine  wirkliche  aus- 
nähme vor.  Und  wie  ergibt  sich  ferner  aus  der  entbehr- 
lichkeit  des  s  für  die  Unterscheidung  der  form  die  noth- 
wendigkeit  seines  Schwundes?  Zu  bedenken  ist,  dafs  das 
verhalten  des  sprachsinns  jener  endung  gegenüber  einzig 
und  allein  erst  aus  dem  Schwund  des  s  gefolgert  wird. 
Dieser  sprachsinn,  den  man  anruft,  bedeutet  in  der  that 
weiter  nichts  als  laune  und  willkür  der  spräche.  Nicht 
einmal  unter  die  scheinbaren  ausnahmen  hat  Zupitza  fr. 
chiche,  it.  cece.=  cicer  (bei  Diez  gr.  P,  225  als  apo- 
kope  bezeichnet)  aufgenommen,  nur  sagt  er  s.  188  anra.  2, 
dafs    über   die   von   Diez    a.  a.  o.    angeführten  fälle  schwer 


438  Scbuchardt 

ZU  urtbeileo  sei.  Wenn  cbiobe  au9  dem  oaa.  obl.  cicer^ 
hervorgegangen  ist,  so  bildet  ciöre*),  (wozu  man  altfr, 
angele,  v^rgine,  imagena  gespr.  anjle,  virjpief 
imajne  =s  neufr.  ange,  vierge,  image  bei  G.  P^rif 
J^tude  sur .  le  r61e  de  Taccent  latin  dans  la  langue  franpi^jsf 
8.  24ff.  vergleiche),  kaum  ^cicer  (prov.  cesser),  die  verr 
mittlnng.  Ganz  ebenso  fr.  Oise  sss  ^Oisre  =s  Ifiar^ 
Befremden  möchte  es  vielleicht,  dals  das  italienische  lo 
cece,  und  in  suora,  suor  auf  anderem  wege  zu  dem 
gleichem  endresultat  gelangt  ist,  wie  das  französische.  lo 
bezug  auf  aus),  t  scheidet  siph  das  altfranzösisobe  vom 
proven^alischen ;  jenes  wahrt  es  (wenigstens  vor  dem  13« 
Jahrb.)  immer,  dieses  ni|r  nach  betontem  vokal.  Wir  o^Ocb- 
ten  mit  prov.  anava,  an  et  die  toskanische  ausspräche 
andäva  via  und  andö  vyia  vergleichen;  auch  in  Italien 
mufs  sich  das  t  des  perfectums  länger  gebalteq  b^ben,  aljB 
das  des  imperfects.  Es  wird  ferner  der  ^bfall  vop  c,  d, 
m,  n  und  nicht  verbaleip  t  mit  beispielen  belegt.  Im  aq^ 
laut  von  einsilblern  vern^ag  der  konsonant  zu  bleiben,  und 
ebenso  im  auslaut  oxytoner  Wörter.  Daher  hätte  ^upit3|i 
die  herkunft  des  altfr.  iloc,  i)uec,  jloques  von  Ut.  illoc 
nicht  bezweifeln,  und  jenes  nicht  gleich  illo  Iqco  setfsep 
dürfen.  Deni^  er  irrt,  vfenp  er  diß  betonung  jl]oc  (wajs 
nur  altfr.  il  hätte  geben  können)  annimpit;  ipan  sprftpb 
illoc,  wie  illlc  (it.  li  i|.  s.w.)?  ül^c  (it.  lä  u«9*W-}  altff* 
auch  noch  ilä),  isttc,  istac  (mit  ecpu  it.PQ^t),  cor 
stä)  fßr  altes  illo-ce  u.  s.  w.  In  bezqg  auf  ^as  1  b^ 
merkt  Zupitza:  „1,  das  im  lateinischen  auch  als  eniflapl; 
vorkommt,  fallt  beim  romanischep  weg,  da  z.  b.  nicht  me|, 
animal,  sondern  ^mellis,  ^animalis,  resp.  ^mellern, 
''animalem  den  bildungeu  zu  gründe  gelegt  und  Wörter, 
wie  nihil,  vel,  simul  aufgegeben  werden**.  Aber  fn. 
fiel,  miel  können  ebenso  wie  it.  fiele,  mi^le  nip:  aus 
den  nominatiyen  fei,  mel  entstanden  sein  (Diez  graipfii« 
11^,  8).   Dafs  simul  im  romanischen  sich  in  mehr  als  efnq* 


*)  Mit  dem  volksthümlichen  vote,  mette  für  votre,  mettre  stimmt 
dies  nicht  ganz  überein,  da  hier  wirklich  das  r  auslautet  ( v o t*  r,  mett*r). 


romanische  Sprachwissenschaft.  439 

form  fortgepflanzt  hat,  wird  erst  bei  der  correctur  entdeckt 
und  in  der  anmerkung  mitgetheilt  (warum  aber  fr.  en- 
semble,  it.  insembre  =:  "^in  simulum  und  nicht  ana- 
log mit  mendre  =  minor?);  altfr.  viaus,  vels,  altpg, 
vel  =  lat.  vel  jedoch  bleibt  übersehen.  Dem  vokalischen 
auslautsgesetze  zufolge  besteht  nur  a  in  letzter  silbe  fort. 
Entgangen  sind  Zupitza  altfr.  cit  =  ciyitas  und  clart  = 
claritas,  welche  *cite,  *clarte  lauten  sollten,  wie  po- 
deste  =  potestas;  auch  chez  =  ca8a  war  der  erwäh- 
nui^g  werth.  Mit  lat.  super  statt  mit  supra  stellt  das  pr. 
sobre  Diez  schon  etypa.  wb.  *  728  =  11%  432  (so  auch 
gr.  11^,  485)  zusammen.  Beiläufig  gesagt,  wenn  man  altfr. 
sovre  (=  supra)  von  pr.  sobre  (=  super)  trennt,  so 
müfste  man  eigentlich  auch  fr.  entre  von  pr,  entre  tren- 
nen und  auf  intra  beziehen.  Selbstverständlich  kann  ein 
betonter  vokal,  noch  dazu,  wenn  er  der  eiqzige  eines  wer- 
tes ist,  nicht  schwinden;  es  brauchte  dies  nicht  bei  jedem 
einzelnen  vokale  wiederholt  zu  werden.  Auch  war  des- 
halb s.  188  als  beispiel  für  den  it.  auslaut  nicht  ci  =  ecce 
hie  neben  rumän.  icT  =  ecce  hie  anzuführen.  Ebenso 
hat  sich  der  auslautende  vokal  dadurch  erhalten,  dafs  er 
sich  mit  dem  vorhergehenden  zu  einer  silbeneinheit  ver- 
band, dafs  er  sich  gleichsam  unter  deo  schützenden  ton 
desselben  flüchtete  (z.  b.  chantai  =  cantavi,  eu  = 
ego,  mieus  =  mens).  Würde  der  Schwund  des  vokals 
eine  zu  harte  konsonantenverbindung  zur  folge  haben,  so 
unterbleibt  er,  mag  der  vokal  im  auslaut  oder  vor  einem 
oder  zwei  auch  im  romanischen  fortdauernden  konsonanten 
stehen.  Ein  beispiel  für  den  letzteren  fall  ist  chantent 
=  cantant.  Wie  e  in  chantent,  so  bleibt  u  in  ven- 
don,  vendent.  Wenn  nun  aber  auch  im  prov.  dieses 
o  =c  u  schon  früh  zu  e  geschwächt  wird  (venden),  warum 
sollten  wir  nicht  eine  gleiche  Schwächung  in  den  compa- 
rativen  majer  =  maior,  senher  s=5  senior,  langer 
=  levior  annehmen?  Warum  erst  solche  unerträgliche 
konsonantenverbindungen  wie  jr,  nhr,  gr  als  mittelstufen 
zwischen  jor,  nhor,  gor  und  jer,  nher,  ger  ansetzen? 


440  Schuchardt 

Molher,  mollier  mit  falsch  gesetztem  accent  gebort 
nicht  hieher;  es  entspricht  it.  mogli^re  ■»  muliere. 
Beispiele  fOr  den  erstercn  fall  sind:  comte,  vendre, 
omno  homme.  Zupitza  sagt  s.  197,  hier  „sei  das  ro- 
man.  e  nicht  aus  dem  lateinischen  beibehalten,  sondern  eu- 
phonisch^; wir  halten  aber  diesen  gegensatz  nicht  fbr  einen 
logischen  und  glauben,  dafs  ein  vokal  aus  euphonischen 
gründen  ebenso  gut  gewahrt  als  zugefügt  werden  kann. 
Ist  es  denn  denkbar,  dafs  sich  aus  comite,  bomine 
eröt  *comit,  'homin,  dann  *comt,  *omn  und  endlich 
comte,  omne  entwickelt  haben?  Oder  was  meint  Zupitza 
sonst?  Ganz  sicherlich  bedarf  doch  fr.  pr.  comte  keiner 
andern  erklärung  als  it.  conte,  sp.pg.  conde,  fr.  homme, 
pr.  omne  keiner  andern,  als  sp.  hombre.  Auch  in  ven- 
dre  u.  s.  w.  ist  die  synkope  des  vorletzten  e  schon  sehr 
alt  (vgl.  vaincre,  faire  vor  assibilation  der  gutturalen, 
connaitre,  paitre,  alt  beneistre  nach  derselben),  älter, 
wie  uns  düukt^  als  die  verstummung  des  auslautenden  e. 
Angefügt  ist  nach  Zupitza  e  auch  in  salvadre  salvaire 
s=s  salvator,  menre  moindre  ^  minor,  maire  axs 
maior  u.  s.w.;  aber  hat  man  denn  sicher  einst  salvadr, 
menr,  majr  gesprochen  und  haben  wir  hier  nicht  viel- 
mehr denselben  Vorgang  zu  erkennen,  wie  in  pr.  entre 
und  sobre  =  int  er  und  super  und  it.  pg.  pr.  sempre, 
sp.  siempre  =  semper?  Aus  maior  wurde  erst  majer 
(so  pr.),  dann  maire,  aus  salvator  erst  salvader  (so 
churw.),  dann  salvadre.  Wie  leicht  ein  tonloses  e  das 
r  überspringt,  ist  ja  bekannt  (vergl.  übrigens  it.  quattro 
u.  s.w.  =quattuor).  So  liefse  sich  zur  noth  auch  vendre 
auf  vender  zurückführen,  etwa  noch  omne  auf  *omen 
(auch  pr.;  vgl.  pg.  homem);  aber  nicht  comte  auf  *comet. 
Nicht  minder  hat  sich  in  laire,  lerre  =s  latro,  in  dia- 
ble  =  diabolo  u.  s.  w. *)    o    zu  e  geschwächt,    da  es 


*)  Zupitza  citirt  die  nominative  diables  u.  s.  w.,  als  ob  es  das  s  wire, 
welches  erst  das  bedürfnifs  eines  euphonischen  e  erzeugte.  Er  erwähnt  zwar, 
dafs  palatales  g  ein  solches  e  nach  sich  liebe,  aber  auf  dieses  palatale  g 
und   auf  das  Schicksal   der  lat.  endung  -io  hätte  er  näher  eingehen  mflsaen. 


romanische  Sprachwissenschaft.  441 

nicht  ganz  wegfallen  konnte.  Ueberbaupt  ist  es  kaum 
anders  möglieb,  als  dals  das  auslautende  o  in  formen  wie 
bono,  bomo  erst  zu  einem  dumpfen  e,  ganz  wie  in  einer 
grofsen  gruppe  italienischer  mundarten,  herabsank,  bevor 
es  völlig  verstummte.  In  den  eidformeln  ist  noch  no- 
stro,  poblo,  Karlo  und  daneben  schon  Karle  geschrie- 
ben. Gröfseren  Schwierigkeiten  begegnen  wir  in  der  con- 
jugation.  Chantesses,  chantasses  wird  nach  Zupitza 
für  cantavisses  gesagt,  weil  sonst  dieses  mit  canta- 
vissem  (pr.  auch  mit  cantavisset)  zusammenfallen 
würde.  Für  das  proven^aliscbe  ist  das  klar;  es  verhält 
sich  hier  chantesses  zu  chantes  vrie  im  praesens  flo- 
risse 8  (dessen  erwähnung  unter  II,  B,  2  geboten  war) 
zur  1.  ps.  florisc,  floris  und  zur  3.  ps.  floris.  Im  alt- 
französischen  aber  heilst  es  floris  =  florescis  und  = 
floresco  und  die  1.  ps.  sg.  des  conj.  impf,  lautet,  wie  auch 
Zupitza  zugibt,  in  den  erhaltenen  denkmälern  nicht  chan- 
tas,  sondern  chantasse;  wir  fassen  daher  besser  das  e 
der  2.  ps.  chantasses  als  analog  dem  e  der  i.  ps.  chan- 
tasse. Im  pr.  und  altfr.  sg.  conj.  praes.  der  I.  conj.,  so- 
wie in  der  pr.  2.  ps.  sg.  ind.  praes.  der  II  und  III.  conj. 
betrachtet  Zupitza  die  formen  ohne  e  als  die  ursprüng- 
lichen, obwohl  er  für  am  es  kein  altfr.  ^  am s  nachzuweisen 
vermag.  Das  e,  welches  in  einigen  formen  von  anfang  an 
euphonisch  nothwendig  war,  kam  allmählich  „als  willkom- 
menes auskunftsmittel  beim  vers  und  reim"  in  allgemeine- 
ren gebrauch.  Aus  dem  conj.  des  praes.  drang  dann  das 
e  in  die  1.  ps.  sg.  conj.  impf,  chantasse  für  ^chantas 
ein.  Das  -i  der  I .  ps.  sg.  ind.  praes.  im  prov.  soll  nicht 
aus  -o  entstanden,  sondern  als  hilfsvokal  ursprünglich  nur 
an  unerträgliche  konsonantenverbindungen  angetreten  sein. 


Es  galt  auseinanderzusetzen,  warum  es  franz.  heifst  -ier  und  -aire  ss  -ario, 
-oir  und  -oire  ^  orio,  warum  huis  =:  ostio,  aber  Ambroise  s=:  Ambrosio, 
Denis  =s  Dionysio,  aber  Service  =  seryitio,  coutelas  s=s  ^cultellaceo,  aber 
bonasse  =  ^bonaceo  u.  s.  w.  Auch  des  einflusses  der  feminina  der  I.  dekl. 
auf  solche  der  III.  und  V.  deklin.  war  zu  gedenken;  denn  konnte  lautlich 
aus  praefatio,  facie,  temperie  statt  pr^face,  face,  tempoire  nicht  auch  *pr^ 
fas,  *fa8,  *tempoir  werden,  ganz  ebenso  gut  wie  aus  martio,  solacio,  dormito- 
rio  :  mars,  soulas,  dortoir? 


4A2  Schuchardt 

i^Dafs  hier  gerade  i  vorzugsweise  beliebt  war,  daran  wa- 
ren wohl  die  verben  auf  io  oder  die  mit  ihnen  ganz  gleich 
behandelten  auf  eo  schuld,  die  o  nach  der  regel  abwer- 
fen, i  behalten  und  e  in  i  wandeln^;  es  werden  angeführt 
sai  =  sapio,  ai  =  habeo,  auzi  =  audio,  feri  ss 
ferio.  Indessen  ist  es  durchaus  nicht  noth wendig,  dafs 
o  wirklich  abgefallen  ist,  es  kann  sich  i  an  seine  stelle 
gedrängt  haben,  wie  o  an  die  von  a  in  der  it.  l.ps. sg. 
ind.  impf.  amavo  =  amava  nach  analogie  von  amo.  Die 
Sache  verdient  weitere  erwägung.  In  den  heutigen  prov. 
mundarten  herrscht  unbedingt  i  (e)  vor,  nicht  nur  in  der 
1.  ps.  sg.  ind.  des  praes.,  sondern  auch  des  impf.  (Diez 
gr.  11^,  222  hat  neben  amavi  =  amabam  preniou  = 
prendebam,  während  es  z.  b.  im  nizzardischen  ebenso 
wohl  sentii,  rendii  wie  aimavi  lautet  und  hier  Ober* 
haupt  i  in  jeder  1.  ps.  sing,  auftritt).  G^nz  so  finden  wir 
im  lombardischen  und  in  den  angränzenden  mundarten  des 
ämilianischen  kreises  (wie  denen  von  Pavia  und  Mantua) 
in  der  1.  ps.  sg.  ind.  praes.  und  impf,  i  oder  e  z,  b.  mail. 
ami^  amavi,  bergam.  ame,  amäe,  ebenso  in  den  östlichen 
mittelromanischen  mundarten,  z.  b.  friaul.  ami,  amavi, 
grödn.  ame,  amove.  Man  vergl.  damit  im  churw.  des 
Rheinthals  das  merkwürdige  amel,  amavel,  auch  ama 
neben  am,  scriva  neben  scriv.  Es  darf  nicht  aufser  acht 
gelassen  werden,  dafs  im  ital.  das  o  nicht  mit  gleicher 
leichtigkeit  im  auslaut  der  1.  ps.  sg.  ind,  praes.,  wie  von 
nominen  schwindet.  Die  Schriftsprache  wahrt  es  dort  im-^ 
mer  auch  nach  vorhergehender  liquida.  Dasselbe  verhält- 
nifs  besteht  in  zahlreichen  mundarten;  so  heifst  es  im  tu- 
rinesischen  zwar  mort  =  morto,  salv  =  salvo  (adj.), 
aber  porto,  servo  (vb.).  Endlich  will  Zupitza  im  altfr, 
chantames  =s  cantavimus  e  nicht  aus  u,  sondern  ans 
der  analogie  der  2.  ps.  chantastes  erklärt  wissen.  Dabei 
hätte  er  aber  die  vorzugsweise  dem  pikardischen  eige^^n 
ondungen  -omes,  -iemes  in  den  übrigen  2.  ps.  pl.  (som- 
mes  =  sumus  allgemein)  berücksichtigen  und  neben 
chantastes  die  formen  estes,  dites  und  faites  nen- 
nen müssen.  —  Aus  dem  gesagten  wird  sich  ergeben,  da(9 


romanisch«  Sprachwissenschaft.  4^3 1 

das  capitel  über  den  nordwestromanischen  auslaut  der  Qe^ 
cundae  curae  noch  bedarf.  —  Zu  der  miscelle  von  Andre- 
sen  (s.  113  f.))  welcher  refuser  auf  ein  frequentativum 
""refusare  zurückführt,  bemerken  wir,  dafs  Oiez  diese 
deutung  schon  längst  in  seiner  grammatik  (nicht  erst  in 
der  3.  aufl.  II,  40 J)  gegeben,  merkwürdigerweise  aber  im 
Wörterbuch  eine  andere  aufgestellt  hat  ( zusammenfliefsen 
von  recusare  und  refutare). 

Von  Böhmer^s  romanischen  Studien  sind  bis  jetzt  zwej 
hefte  erschienen;  das  erste  enthält  literarisches  in  deutscher, 
das  zweite  linguistisches  in  lateinischer  spräche.  Wir  kön- 
nen nicht  begreifen,  dafs  gerade  für  die  behandlung  sprach- 
wissenschaftlicher fragen  das  lateinische  gewählt  worden 
ist;  warum  nicht  statt  dessen,  wenn  nicht  das  deutsche, 
so  doch  eine  andere  neuere  spräche?  Und  mufste  es  lateio 
sein,  so  hätten  wir  ein  bündigeres  und  rücksichtsloseres 
gewünscht,  keine  dissertationsfloskeln,  keine  solchen  Über- 
tragungen, wie  Tommaseo  (der  lexikograph)  in  Thomasens, 
B^yard  in  Badiarius  (aufserhalb  der  etymolog.  erörterung) 
u.  s.  w.  Ufsber  den  gebrauch  der  lat.  spräche  zu  derartigen 
zwecken  sei  es  uns  gestattet,  das  urtheil  ejpes  gewifs  un- 
parteiischen, nämlich  eines  Italieners,  anzuführen.  F.  d'Ovi- 
dio  sagt,  indem  er  von  den  Curtius'schen  ßtndjen  spricht: 
„Sarebbe  desiderabile  che  gli  egregi  giovani,  che  inseriscono 
i  loro  lavQri  in  cotesta  bella  raccolta,  scrivessero  sempre 
in  tec^esco,  invece  che,  come  taluni  di  Ipro  faqno,  \n  l^r 
tino;  Qhh  h  un  latino  il  loro  di  difficilissima  digestione'^ 
(Suir  origine  delP  unica  forma  flessionale  dcl  pQpae  italiaPQ 
8.  32).  Die  abhandlungen  im  zweiten  hefte  der  roman.  Stu- 
dien rühren  sämmtlich  vom  herausgeber  her.  Der  gegen- 
ständ der  letzten  ist  von  allgemeinster  bedeutung;  auf  deni 
etwas  zu  kargen  räum  von  6  Seiten  wird:  „de  sonis  gr^m- 
maticis  accuratius  distinguendis  et  notandis^  gesprochen. 
Bei  jedem  vokale  seien  zu  unterscheiden:  tempus,  ampli- 
tudo,  numerus,  copia.  Unter  den  beiden  ersteren  sind  quanr 
tität  und  betonung  zu  verstehen.  Vom  numerus  ist  nicht 
mehr  die  rede,  statt  dessen  wird  der  begriff  der  altitudo, 
der  tonhöhe,  auseinandergesetzt.    Als  anaphonesis  und  ca- 


441  Schuchardt 

taphonesis  unterscheidet  Böhmer  die  verwandlang  eines 
vokales  in  einen  höheren  (fr.  mer  =  mare)  und  die  in 
einen  tieferen  (fr.  sec  =s  siecus).  Die  copia  wird  erläu* 
tert  an  dem  beispiel  von  fr.  pcur  und  pur,  in  welchen 
der  eine  vokal  zwar  ebenso  lang,  stark  und  hoch  ausge- 
sprochen werde  wie  der  andere,  aber  voller.  Die  vokal- 
tafel  Böhmer^s  besitzt  nicht  nur  2  e  und  2  o,  sondern  auch 
2  u,  2  ü,  2  i  und  3  a.  Nur  der  geschlossene  laut  von 
u,  Q,  i  wird  mit  roman.  beispielea  belegt  („locos  quosdam 
reliqui  occupandos,  quamquam  non  desunt  quae  propo- 
nam^?),  der  oflfene  (und  kurze)  mit  den  deutschen  kumme, 
kümmel,  kinn.  Es  ist  sehr  mifslich,  bei  der  aufstellung 
von  vokalnHancen  sich  auf  das  deutsche  schlechtweg  zu 
berufen,  da  in  solchen  punkten  die  ausspräche  auch  der 
gebildetsten  unter  uns  merklich  von  einander  abweicht^ 
Wenn  z.  b.  Blanc  in  seiner  italienischen  grammatik  s.  40 
sagt,  e  aperta  klinge  wie  e  in  ,)geleert^  und  e  stretta 
wie  e  in  „gelehrt^,  so  sind  wir  so  klug  wie  zuvor  und 
ebenso  vermögen  wir  nicht  mit  Böhmer  in  kinn  und 
kind  einen  zweifachen  i-laut  oder  in  kumme  und  kund 
einen  zweifachen  u-laut  zu  ergründen.  Von  den  drei  fran- 
zösischen a  gehört  das  eine  (doppelt  unterpunktirt)  wohl 
entschieden  noch  unter  die  e;  denn  wenn  für  die  betref- 
fende länge  und  kürze  als  beispiele  paraitre  und  com- 
paraison  gegeben  werden,  so  kann  es  sieh  nur  um  ai 
handeln,  was  freilich  ausdrücklich  hätte  gesagt  werden 
müssen,  und  dieses  ai  unterscheidet  sich  in  der  aus- 
spräche nicht  von  dem  e  in  acc^s  und  p^re.  Das  a  in 
madäme  und  ämi  und  das  in  las  und  combat  sind  nicht 
so  weit  von  einander  entfernt,  wie  geschlossenes  und 
offenes  e  oder  o,  wie  denn  auch  sonst  Böhmer's  scheinbar 
durch  zahlen  erhärtete  behauptung,  „vocales  scalae  meae 
normales  septenorum  supervagantium  intervallis  disiunctas 
esse"  (s.  298)  eine  willkürliche  ist.  Franz.  oi  darf  nicht 
durch  oa  (s.  296,  1  v.  u.),  sondern  nur  durch  ua  umschrie- 
ben werden.  Unrichtig  ist  es,  für  den  gegensatz  des  ita- 
lienischen geschlossenen  und  offenen  e  als  beispiele  legge  = 
legit  und  legge  =  lege  zu  wählen.    An  dem  konsonanten- 


romanische  Sprachwissenschaft.  445 

System  Böhmer^s  haben  wir  folgende  ausstellungen  zu  ma- 
chen. Man  mag  immerhin  von  dentalen  und  palatalen 
(statt  des  sonst  üblichen  „gutturalen^;  als  gutturalis  gilt 
nur  h)  reden;  nur  vergesse  man  nicht,  dafs  nicht  die  fe- 
sten, sondern  die  beweglichen  Organe,  nicht  zahne  und 
gaumen,  sondern  lippen,  Zungenspitze  und  zungenrücken 
den  ersten  eintheilungsgrund  abgeben.  Sonst  wäre  auch  f 
kein  labial,  sondern  ein  dental.  Die  t- laute  werden  mit 
der  Zungenspitze  durch  berQhrung  theils  der  zahne,  theils 
des  gaumens  gebildet.  Daher  ist  es  ein  grofser  mifsgriff, 
das  sardische  d  zu  den  palatalen  zu  rechnen  und  die  zun- 
genstellung  dabei  als  ganz  nebensächlich  zu  betrachten  (d 
heifst  laminaris  supinalis,  der  g  laut  vor  e  und  i  laminaris 
dorsalis).  Man  sehe  die  tafel  bei  Brücke.  Die  dentales 
zerfallen  wiederum  in  interdentales  und  linguales ;  aber  we- 
der die  eine  noch  die  andere  bezeichnung  ist  zu  rechtfer- 
tigen, diese  nicht,  weil  sie  weit  mehr,  jene  weil  sie  etwas 
anderes  bedeutet,  als  sie  ausdrücken  soll.  Denn  unter  in- 
terdentales wird  niemand  z,  ä,  sondern  nur  J,  i^  verste- 
hen, welche  von  Böhmer  mit  dem  nicht  der  mechanischen 
erzeugung  entnommenen  ausdruck  „blaesae"  belegt  wer- 
den. Böhmer  kennt  drei  zitterlaute:  r  velaris  in  fr.  France' 
r  laminaris  dorsalis  in  fr.  Paris,  r  lingualis  alveolaris  in 
it.  Firenze.  Es  gibt  in  der  that  nur  zwei,  das  uvulare 
oder  gutturale  r  (bei  Brücke  |)  und  das  linguale  oder  ei- 
gentliche r.  Das  erstere  kommt  bei  den  Franzosen  aller- 
dings nicht  selten  vor,  gilt  aber  immer  für  fehlerhaft;  nie- 
mand wird  in  der  ausspräche  von  France  oder  Paris  das 
grasseyement  empfehlen.  Das  andere  r  gehört  gemäfs  der 
dabei  eintretenden  Zungenstellung  der  dentalen  klasse  an 
und  mag  auch  die  zunge  bald  mehr  nach  vorn,  bald  mehr 
nach  hinten  liegen,  so  läfst  sich  doch  darauf  keine  einthei- 
lung  dieses  r  begründen,  da  es  bei  ihm  nicht,  wie  bei  den 
reibelauten,  auf  die  zwischen  zunge  und  gaumen  gebildete 
enge  ankommt.  Auf  italienischem  boden  stehen  r  molle 
und  r  forte  nebeneinander;  aber  der  unterschied  ist  kein 
qualitativer,  sondern  ein  quantitativer,  indem  die  zahl  der 
Vibrationen  dort  eine  geringere,  hier  eine  gröfsere  ist.  Un- 


446  Schnchardt 

begreiflich  erscheint  es  uns,  wie  in  fr.  brancard,  pinCcfr 
n  überhaupt  als  konsonant  und  zwar  in  ersterem  worte  als 
velaris,  in  letztcrem  als  laminaris  genommen  werden  kaofl. 
—  In  dem  *aufsatze :  de  colorum  nominibus  equinomm  ist 
eine  ganz  aufserordentliche  gelchrsamkeit  niedergelegt.  Die 
sprachlichen  bemerkungen  ziehen  sich  hier  wie  ein  dünner 
faden  in  altphilologischer  weise  durch  die  menge  der  lite- 
rarischen nachweise  und  sachlichen  erörterungen.  Utn  un- 
ser urtheil  fiber  Böhmers  linguistische  methode  fester  zn 
begründen,  sei  es  uns  gestattet,  auf  seine  beitrage  „zur 
lautwandlnng  der  romanischen  sprachen^  im  Jahrbuch'  f. 
fom,  und  engl,  literatur  X,  173 — 202  zurückzugehen.  Die- 
jenigen etymologien,  welche  Diez  auch  nur  vermdthungs- 
weise  und  voll  bedenken s  aufgestellt  hat,  darf  man  nicht 
bei  Seite  schieben,  ohne  darlegung  der  in  ihnen  enthalte- 
nen schwächen  und  Ificken.  Vor  allem  darf  man  deü  ein- 
mal angenommenen  oder  nachgewiesenen  zusammenbang 
der  Wörter  nicht  muthwillig  aufser  acht  lassen;  wer  ff. 
bfanler  aus  ^vibrantulare  herleitet,  hat  sich  um  das  Schick- 
sal von  fr.  brandiller,  brandir,  altfr.  brant  zu  bekümmern, 
und  man  kann  it.  brettine  nicht  aus  frenum  erklären,  ohnre 
seine  Verbindung  mit  it.  briglia,  fr.  bride  zu  zerreifsen  *). 
Es  dürfen  keine  laut  Veränderungen  herbeigezogen  werden, 
die  überhaupt  nicht  zu  belegen  sind,  auch  solche  nicht, 
die  wenigstens  auf-  dem  gebiete,  für  welches  sie  giltig  seiü 
sollen,  nicht  wirklich  nachweisbar  und  aus  gründen  der 
analogie  nicht  einmal  wahrscheinlich  sind.  It.  ferzare 
wird  von  =  *feriare  abgeleitet;  aber  fttr  den  Übergang 
des  i  zu  z  in  einem  allgemein  it.  wort  läfst  sich  sard.  ab- 
berzo,  coberzo  =  aperio,  coperio  nicht  anfiQhren. 
Will  man  analogien  citiren,  so  untersuche  man  zuvor,  ob 
sie  auch  passen.  Eine  tonverschiebung  vidülus  as=  vi*' 
dulus    wird    durch   it.  figliuolo  =5  filiolus  nicht  g^- 


*)  Was  soll  man  dazu  sagen,  wenn  Böhmer  roman.  Stadien  s.  209  die 
ableitung  des  fi*.  foie  von  ficätum  fUr  eine  abgeschmackte  erklärt?  Aus  sp. 
hfgado  und  it.  f^gato  gehe  hervor,  dafs  das  lateinische  wort  fi'catnm  gelam- 
tet  habe.  Und  sard.  figäu,  venez.  figk,  rumän.  ücät,  welche  Diez  wohl  sorge 
getragen  hat  anzuführen,  fallen  in's  wasser? 


romaniBche  Sprachwissenschaft.  447 

stützt,    da   hier  aus  dem  diphtbongeo  io   ein  anderer  16 
geworden  ist.     Nach  Böhmer  ist  in  fr.  fils,  lis  (pt.  Hli)) 
bis  =  ^bileus  s  aus  j  ^=  i  entstanden;    für  ein  solches 
s  darf  man  sich  aber  weder  auf  tiers  (wo  s  =  ti;  mOfste 
es  denn  nicht  auch  filse  =  filia  wie  tierce  =  tertia 
lauten?)   noch   auf  pr.  fas,  selbst  wenn  es  aus  *faj,  fai 
=  faciö  hervorgegangen  wäre,   noch  auf  ähnliches  beru- 
fen.   Weiter  mufs  man  bei  der  aufstellung  lateinischer  the- 
mata  mit  vorsieht  zu  werke  gehen.     In  bezug  auf  die  so 
ungemein  üppigen  neubiidnngen  der  spräche  ist  doch  eine 
grenze  anzuerkennen.     Und  wenn    auch    hie    und   da    em 
romanisches  wort  auf  eine  äftere  wortform,  als  die  in  den 
denkmälern   überlieferte  zurückgeht,    so   kann  dies  immer 
nur  als  ausnähme   angesehen  werden.     In  fr.  grenouille 
t.  b.  ist  das  g  so  merkwürdig,    dafs  es   zu   entschuldigen 
ist,    wenn  man   an   das  fortbestehen   eines  ursprünglichen 
*grana  für  rana  in  Gallien  denkt.    Nach  Böhmer  kommt 
frenum,  fraenum  wohl  durch  *frajnum  von  *fragnnm 
her;   auf  dieses  sei  „vielleicht"   it.    brettine  zurückzufüh- 
ren (vokaleinschub :  "^frÄginum,   f  :=  b:  *br&gina,  vokal- 
attraction:     *braigna,     *bregna,     erweichung     des    g: 
*brejtia,   Vorschlag  von  d:  *bredjna,  Verhärtung  des  d: 
br^ttine,   daher  auch  it.  redina,  sp.  rienda,  fr.  r^ne). 
um    wie   vieles  ist  dieses  „vielleicht*  zu  leicht!    Sehliefs- 
lioh   aber  gilt  es,    auch  von  den  gestatteten  mittein  einen 
mafsvollen  und  einsichtigen  gebrauch  zu  machen.   Wir  be- 
dienen  uns  zwar  bei  sprachwissenschaftlichen  auseinander- 
setzungen  gern  mathematischer  zeichen  und  ausdrücke,  wir 
dürfen  aber  dabei  nie  vergessen,  dafs  lautwandlungen  keine 
mathematischen   formein   sind.     In   bezug   auf  ihre  giltig- 
keit  stufen  sie  sich   so  sehr  ab,    dafs  wir  keinesi^regs  diel 
eine   ebenso  gut  wie   die   andere  in  rechnung  setzen  kön« 
nen.     In   fr.  ^p^e  =  spatha   sind   alle  vier  Veränderungen 
1 )  ep-  =  sp-,    2)6  =  bei  a,    3 )  ausfall  des  t  zwischen 
vokalen,  4)  e  =  ausl.  a  vollkommen  regelmäfsig.     Solcher 
Veränderungen  könnten  wir  bei  der  erklärung  romanischer 
Wörter  beliebig  viel  kombiniren;   je  mehr  wir  aber  solche, 
die  nur  sporadisch  auftreten,  zusammenhäufen,  desto  mehr 


448  Schuchardt 

verliert  die  herleitung  an  Wahrscheinlichkeit»  Ganz  un- 
zweifelhaft ist  sp.  quemar  =s  cFemare  und  sp.  brusco 
=  r  US  cum;  aber  der  verschlag  des  b  und  der  ausfall 
des  r  in  sp.  buscar  =  *bruspicar  =  *ruspicar  aus 
ruspari  erscheint  mehr  als  bedenklich.  Am  stärksten 
vergeht  sich  Böhmer  gegen  diese  Vorschrift,  wenn  er  fr* 
hazard  aus  ^favorarium  herleitet:  faorarium,  fau- 
rarium,  fararium,  hararium,  hariarium,  harja- 
rium,  harjard,  barzard,  harsard  (scharfes  s),  ha- 
sard,  hazard.  Bei  einer  so  langen  reihe  von  lautwand- 
lungen  inüfste  jede  als  sicher,  ja  nothwendig  dargetban 
werden;  statt  dessen  sind  einzelne  geradezu  unglaublich. 
Um  dem  im  französischen  seltensten  Übergang  des  f  in  h 
einen  neuen  beleg  zu  gewinnen,  hebt  er  die  nun  schon  auf 
den  Schulbänken  gelernte  gleichung  fr.  heu r  (in  bonheur, 
malheur)  =  augurium  auf  und  leitet  heur,  altfr.  eQr, 
pr.  aQr,  sogar  andal.  agur,  it.  sciagura  von  favor  ab. 
Augurium  könne  nicht  ohne  weiteres  ,,glQek^  bedeuten. 
Wenn  er  wegen  *hariarium  =  ^hararium  das  fr.  16- 
vrier  =  ^lepriario  =  leporarius  anführt,  so  übersiebt 
er,  dafs  zwischen  -ier  und  -ario  nicht  -iario,  sondern 
-airo,-ero  liegt  (ie  ist  diphthongierung  von  e).  Die 
romanische  endung  -ardo,  -ard  identificirt  er  lautlich  mit 
lat.  -ario;  die  mittelstufen  sind  ihm  -arjo,  -ardjo.  Aber 
für  dies  d  =  dj  =  j  bleibt  er  uns  den  nachweis  schul- 
dig. Sehen  wir  aber  auch  von  diesen  und  anderen  beden- 
ken ab,  so  wird  doch  ein  gröfstes  bedenken  bleiben,  eben 
das  wegen  der  aufserordentlichen  menge  der  lautübergänge. 
Denn  es  gibt  zwar  nicht  wenige  lateinische  Wörter,  die 
auf  ihrem  wege  bis  in  irgend  eine  heutige  mundart  fast 
unkenntlich  geworden  sind;  aber  den  zurückgelegten  weg 
werden  wir  doch  immer  an  einer  gröfseren  oder  geringeren 
anzahl  von  historisch  bezeugten  oder  in  den  verwandten 
mundarten  fortlebenden  mittelformen  verfolgen  können.  Für 
hasard  gibt  es  keine  ältere  romanische  form  und  die  Um- 
gestaltung des  doch  gewifs  erst  spätlatein.  ^favorarium  zu 
hasard  würde  sich  in  einen  verhältnifsmäfsig  kurzen  Zeit- 
raum zusammendrängen.   Gegen  ein  solches  verfahren,  wie 


romanische  Sprachwissenschaft.  449 

wir  es  an  verschiedenen  beispielen  erläutert  haben,  erheben 
wir  einspräche,  sollte  es  auch  in  dem  einen  oder  dem  an- 
deren falle  zu  einem  glücklichen  ergebuifs  führen.  Unsere 
romanistische  Wissenschaft  geniefst  gerade  das  seltene  glück, 
von  einem  manne  begründet  worden  zu  sein,  der  mitten 
in  fruchtbarer  und  umfassender  ueuerung  vorsichtig  und 
mafsvoU  geblieben  ist;  sollten  nun  die  jüngeren  beim  wei- 
terbau die  kardinaltugend  des  nieisters  verläugnen?  Es 
gibt  in  der  that  nicht  wenige,  die  ihren  Diez  mehr  auf 
den  lippen,  als  im  herzen  tragen.  Zu  dem  im  Jahrbuch 
X,  194  erörterten  Ursprung  des  anlautenden  b  im  franzö- 
sischen werden  nun  in  den  romanischen  Studien  s.  233  fg. 
neue  beitrage  geliefert.  Wie  blond  aus  flavidus  d.  i. 
^flagvidus,  so  stamme  u.  a.  auch  ble,  it.  biado  aus  fla- 
cidus  (daraus  ^fladus,  wie  nudus  aus  *nugdus)  („flacidum, 
quod  de  auribus  demissis  usu  venit,  de  velis  pendulis,  de 
foliis,  optime  dici  potuit  de  spicis  maturis  ubertate  nutan- 
tibus"  s.  234);  für  blanc  und  bleu  möchte  Böhmer  den 
germanischen  Ursprung  (ahd.  blanch,  blao)  zurückweisen 
und  lieber  an  Verwandtschaft  mit  blandus  denken,  das 
nach  Ernst  (sol)  Curtius  gr.  etym.  von  einer  wurzel  mla 
herkommen  könne  („itidem  blavum  pro  mlavo  accipio " 
s.  233 ).  Ebenso  leitet  er  s.  236  brun  (=  ahd.  brün)  von 
burere  und  gris  (=  mhd.  gris)  von  cresius  ab.  In 
der  anm.  auf  s.  234  stellt  er  flaue  und  flaque  zur  Wur- 
zel von  languere  (wohin  auch  kayopsg^  lactes,  la- 
cus,  laxus  gehören),  flatter  zu  lactare  (von  lacere) 
und  flaistre  zu  lacerus  d.  i.  "^vlacerus.  Er  fügt 
hinzu:  „Nee  vero  talia  pfo  exploratis  vendito;  hoc  dico, 
experimentis  etiam  nunc  opus  esse,  donee  pedetemptim, 
quae  fieri  pro  re  nata  non  potuerint,  aliquante  melius  per- 
spiciatur."  Also  zur  experimentaletymologie  sollen  wir  zu- 
rückl  Diez  vermuthet,  dafs  sp.  zorra,  fuchs,  von  zurrar, 
haar  abschaben,  komme  und  dies  gleich  surr  ädere  sei. 
Böhmer  sagt  s,  254:  „perperam  conieeit;  est  enim  sca- 
brare'^;  mit  dem  zorra  aber  sei  identisch  it.  sauro, 
soro  u.  s.  w.,  dunkel-  und  goldbraun  (welches  sich  übri- 
gens   auch    im    rumänischen    findet).     Es   wird    also   still- 

Zeitschr.  f.  ygl.  sprachf.  XXI.  5.  29 


450  Schachardt 

schweigeud    vorausgesetzt,    dafs  nicht   nur  im   spanischen 
und  portugiesischen,  sondern  auch  in  den  übrigen  romani- 
schen sprachen,    ohne   durch  irgend    ein  denkmal  bezeugt 
zu  sein,  ein  *scabra,  fuchs  existirt  und  sich  zu  saura  um- 
gewandelt habe.  —  Ferner  gibt  uns  Böhmer  einen  auszug 
des  sprachlich  interessanten  aus  einem  Leydener  arab.-lat. 
glossar  des  8. — 9.  jahrh.,  welches  von  F.  Oehler  und  F.  A. 
Arnold   abgeschrieben    worden  war.     Die  Übereinstimmun- 
gen  im   einzelnen   des  vulgären   oder  barbarischen  lateins, 
das  in  diosem  glossar  herrscht,  mit  dem  heutigen  spanisch 
sind  gering   z.  b.  aguratrix  (sp.  agüero),   vietus  (sp. 
viejo),    eglesia  (sp.  iglesia).     Wenn   auch   baccula, 
bacca  hier   für  vacc.  geschrieben  steht,    so  glauben  wir 
nicht,  dafs  baccunus,   stultus  (^baccunnus,   rusticus, 
stultus^  Papias,  „bachunis,  stultis  rusticis^  Salomo,  „bac- 
cones,   agricolae,   rustici**  Gloss.  b.  DC)  =»  sp.  vacuno 
und    dafs   auch   it.  baccalare    von  vacca  abzuleiten  sei. 
Es  ist  vielmehr  an  piemont.  bacan,  bauer,  sowie  an  tosk. 
bacocco    neben    baciocco,    einfaltspinsel    zu    erinnern; 
wohl  auch   an   span.  baca,    tropf.     Wie  dieses  zu  baca, 
beere,   so  verhält  sich  it.  baccello  (baccellone),   dum- 
mer tropf  (welches  freilich  merkwürdig  mit  dem  bacelus 
oder  baceolus,  das  der  kaiser  Augustus  im  munde  führte, 
übereinstimmt)   zu   baccello,   hülse,  bohnenschote;    denn 
letzteres  geht  sicher  auf  bacca,  beere,  zurück,   da  nicht 
nur,    wie  Diez  et.  wb.  11%  7  bemerkt,  sp.  baya,   sondern 
auch    lucches.   baca   (s.  Fanfani  Voc.    dell'    uso  toscano) 
schote  heifst.    Ebenso  hängt  it.  baggiano  (auch  baggSo 
=-  baccello)  mit  baggiana,  bagiana,  frisch  ausgehülste 
bohne  (wälschtir.  bazana,  churw.-oberl.  bigiauna  bedeu- 
tet schote,  hülse)  zusammen.    Aehnlicherweise,  sagt  Fran- 
cesco Redi,  seien  nach  pisello  benannt  „piselli  e  pisel- 
loni   certi  uomini  semplici,  scimuniti,  e  di  soverchio  cre- 
duli".    Vielleicht  gehörten  hier  noch  her  tosk.  bagattino, 
bagolino,  comask.  bäcol  (vgl.  röm.  bucalone),  die  un- 
gefähr dasselbe  wie  baccellone  bezeichnen  (it.  bagola, 
eisbeere).     Es  verdient   endlich    noch   erwogen  zu  werden, 
ob  nicht  auch  it.  bagattella,  kleinigkeit  und  bagattino, 


romanische  Sprachwissenschaft.  451 

kleine  kupfermönze,  ffir  welohe  Diez  etym.  wb.  I',45  nichts 
sicheres  ermittelt  hat,  zu  bacca  (baca)  zu  ziehen  sind; 
vgl.  wegen  der  bedeutung  des  zweiten  Wortes  bajoccho, 
römische  und  bajella,  toskanische  Scheidemünze,  die  eher 
auf  it.  bajuca,  kleinigkeit,  als  auf  it.  bajo,  braun,  hin- 
weisen. Mit  dieser  auslassung  haben  wir  keineswegs  un- 
serseits zweifellose  ergebnisse  darlegen,  sondern  nur  zeigen 
wollen,  wie,  vor  allem  etymologisiren,  es  nothwendig  ist, 
nach  kräften  mundartliches  material  herbeizuschaflfen;  wie 
vieles,  was  uns  erst  unanfechtbar  scheint,  wird  bedenklich, 
je  mehr  sich  unser  horizont  erweitert!  Am  Schlüsse  des 
Leydener  glossars  finden  sich  von  derselben  band  u.  a. 
acht  bezeichnungen  von  pferdefarben  in  völlig  romanischer 
form  (so  castango  f.  castano,  bayro  =  varius,  ro- 
dano  f.  roano  nach  B.  =  ^ravidanus,  musaco  f. 
mosaico).  —  Der  übrige  räum  des  heftes  ist  den  Um- 
schreibungen altfranzösischer  Wörter  mit  hebräischen  buch- 
stabeu  gewidmet.  Es  wird  zuerst  ein  (unpunktirtes)  glos- 
sar  der  Bodleiana  (13.  jahrh.)  von  A.  Neubauer  mitgetheilt; 
Böhmer  untersucht  dann  das  daselbst  angewandte  transcrip- 
tionssystem  und  bespricht  endlich  das  (punktirte)  glossar 
der  Leipziger  Universitätsbibliothek  (ende  des  12.  jahrh., 
n.  a.  jünger),  von  dem  er  eine  probe  gibt.  Sicherlich  ver- 
mag auf  die  art,  wie  zu  irgend  einer  zeit  Wörter  einer 
Sprache  ausgesprochen  worden  sind,  die  auffassung  und 
wiedergäbe  derselben  durch  andersprachige  licht  zu  wer- 
fen. Beachtenswerth  erscheinen  uns  daher  die  altern  ein- 
kleidungen  spanischer  Wörter  in  arabischem  oder  franzö- 
sischer in  deutschem,  griechischem,  englischem,  koptischem 
gewand.  Die  bedeutung  hebräischer  Schreibung  für  das 
altfranzösische  war  bisher  noch  nicht  genügend  erkannt. 
Diez  gr.  I^,  415  anm.  sagt^  es  sei  nichts  aus  des  Rabbi 
Salomon  Jarchi  commentar  zum  Pentateuch  zu  lernen,  da 
man  die  damalige  ausspräche  des  hebräischen  in  Frank- 
reich selbst  nicht  genau  kenne.  Dieser  umstand  hat  in- 
dessen weniger  zu  bedeuten  als  es  scheint.  Denn  inner- 
halb desselben  dokuments  läfst  sich  erst  die  hebräische 
ausspräche    aus    sicheren    französischen    fällen    bestimmen, 

29* 


452  Schuchardt 

ehe  man  sie  selbst  als  kriterium  aimimmt.  Hätten  es  nar 
die  jüdischen  Schreiber  gewissenhafter  mit  der  darstell ung 
der  französischen  laute,  die  sie  horten,  genommen  I  Aller- 
dings folgten  sie  im  wesentlichen  dem  phonetischen  prin- 
cip.  Aber  sie  liefsen  sich  zunächst  durch  die  französische 
Schrift  zu  manchen  inconsequenzen  verleiten.  So  wird  im 
Oxforder  glossar  6  durch  p  mit  darüber  stehendem  haken 

ausgedrückt,  weil  für  diesen  laut  auch  der  Franzose  eine 
modification  dos  Zeichens  für  die  gutturale  tenuis  anwen- 
det (ch);  z  aber  durch  V,  weil  fr.  i  (heute  j)  neben  seinem 
ursprünglichen  diesen  werth  hatte.  Da  V  nun  sowohl  j 
als  z  bedeutet,  so  kann  nicht  selten  zweifei  darüber  ent- 
stehen, wie  es  zu  fassen  sei;  doch  glauben  wir  nicht,  dafs, 
wie  Böhmer  will,  damals  chan-ya,  ^tragne,  sa-yes  für 
changea,  Strange,  sages  gesprochen  worden  ist.  ^^  be- 
zeichnet wie  fr.  il  das  mouillirte  1;  das  zeichen  des  reinen 
vokals  4-  n,  wie  im  französischen,  den  entsprechenden  na- 
salvokal. Böhmer  verfallt  hier  in  den  schon  oben  gerüg- 
ten irrthum,  in  ombre  die  silbe  om  als  vokal  +  palatal- 
nasal zu  betrachten.  Man  könnte  denken,  Böhmer  nähme 
//  als  übergangsstufc  zwischen  n,  m  und  vokalnasalirung 
an,  etwa  auf  die  altfr.  Schreibweise  ng  gestützt,  sowie 
darauf,  dafs  diejenigen,  welche  keinen  nasalen  vokal  her- 
vorbringen können,  den  reinen  vokal  mit  darauf  folgendem 
palatalen  n  hören  lassen.  Aber  er  sagt  ausdrücklich  (s.202): 
^m  quod  hodicque  scribitur  quum  pronuntietur  ?^%  wäh- 
rend dieses  i]  sich  wohl  im  deutschen  (z. b.  lang,  sprang), 
doch  nicht  im  französischen  vorfindet.  Wenn  der  Hebräer 
flanbe,  remanbra  u.  s.  w.  schreibt,  so  richtet  er  sich 
hier  nach  der  altfranz.  Schreibung;  es  lehrt  uns  dies  nichts 
neues.  Böhmer,  der,  wie  wir  eb^n  bemerkt  haben,  J  vor 
konsonanten  durch  /;  (palat.  n)  wiederzugeben  pflegt,  setzt 
vor  auslautendem  t,  also  z.  b.  in  der  participialendung 
-ant,  statt  dessen  n  (alveol.  n).  Seine  argumentation  ist 
folgende.  Da  der  Schreiber  sich  keiner  stummen  buch- 
staben  bedient,  so  mufs  t  in  -ant  noch  lautbar  gewesen 
sein.  Die  Voraussetzung  ist  allerdings  dadurch  wahrschein- 
lich,   dafs  n  in  der  endung  der  i.^.  ps.  pL  perf,  nicht  mehr 


romanische  Sprachwissenschaft.  453 

geschrieben,  weil  nicht  mehr  gesprochen  wurde;  die  daraus 
gezogene  folgerung  mag  also  gelten.  Was  aber  soll  es 
heifsen,  dafs  in  -ant  „nondum  n  palatalem  sonum  assump- 
serat,  id  quod  ante  dentalem  sonantem  fieri  aegre  potuit" 
(s.  203)?  Warum  sollte  man  nicht  ebensowohl  ecriva;;t, 
jeai^ts  U.S.W,  wie  lii^tei?;,  atai^^tes,  ametso??s  u.s.w. 
gesprochen  haben?  Die  dentale  ausspräche  des  n  in  die- 
sem falle  kann  auch  nicht  aus  einer  reihe  von  participien 
in  -nat  für  -nant  (z.  b.  abominat,  pardonat)  ge- 
schlossen werden:  „quae  si  plenius  sonuisset  na?;t,  postre- 
nium  potius  sonum  abiecisset,  quam  primum^.  Nasales 
a  steht  doch  dem  reinen  a  viel  näher,  als  a  -+-  n.  Ander- 
seits sehen  wir  die  hebräische  Schreibung  mit  der  franzö- 
sischen im  Widerspruch,  ohne  dafs  die  ausspräche  die  ver- 
anlassung dazu  gegeben  hatte;  so  drückt  das  eine  zeichen 
g  den  doppelten  laut  p  und  f,  den  einen  laut  v  das  dop- 
pelte zeichen  2  und  ))  aus.  Die  französischen  vokale  und 
diphthonge  mit  den  geringen  mittein  des  hebräischen  ge- 
nau darzustellen,  war  allerdings  sehr  schwierig,  aber  ge- 
wifs  auch  für  den  betreffenden  zweck  nicht  nothwendig 
und  daher  nicht  beabsichtigt.  Den  binären  combinationen 
der  drei  zeichen  Ji^,  %  )  entsprechen  bei  Böhmer  eine  sehr 
grofse  anzahl  von  bedeutungen  (je  4 — 6).  Von  vorn  her- 
ein unwahrscheinlich  ist  es  uns,  dafs  ein  unterschied  zwi- 
schen offenem  und  geschlossenem  i  und  u  gemacht  wor- 
den sei.  Und  wie  käme  es,  dafs  dann  mit  geschlossenem 
e,  o  nicht  sowohl  das  dem  am  nächsten  stehende  offene 
i,  u,  sondern  geschlossenes  i,  u  dasselbe  zeichen  ^,  )  ge- 
meinsam hätte?  Untersuchen  wir,  ob  sich  irgend  ein  an- 
hält für  diese  vertheilung  entdecken  läfst.  Es  soll  "^^  fol- 
gende werthe  haben:  j,  [  (offenes  i),  ie,  ei,  (ii),  (ee).  V  fin- 
den wir  für  i  als  zweiten  theil  eines  diphthongen:  ^^^  = 
ai,  ^^^  =  oi;  aber  wir  halten  dafiXr,  dafs  dies  mit  der  gel- 
tung  von  ^^  =  j  zusammenhängt.  Den  diphthongen  stel- 
len die  Semiten  nicht  als  Verbindung  zweier  gleich  be- 
rechtigten vokale,  sondern  eines  vokals  mit  einem  konso- 
nantcn  dar*).     Ferner   wird   für   ^^  =  i  eine   ganze  reihe 

*)  Wir  glauben,    dafs  auch   hier    es  sich  nicht  sowohl    um  wiedergäbe 


454  Scbuchardt 

von  formen  angeführt.  Aber  in  folgenden  Qbertragen  wir 
gemäfs  altfranzös.  Schreibung  v  durch  ei,  nicht  durch  |: 

1037.  5<t^^^51^1p  =  kose-il-a  d.i.  koselja,  nicht  kosila, 
252.  1^52^  =  sein,  nicht  s^iy, 
956.  ^*nT^*lB  =  freidure,  nicht  frjdur^, 

lOO.S  (nicht  103).  5l?*l'»'^B'^^  =  epeir8(hoflaiung),  nicht  epirs, 

215.  ßPP^^  =  ateint,  nicht  atjnt  (in  788.  D6DJ^^GDfc< 
=  ataintes;  Böhmer  sagt:  „substantivum  ana- 
krusin  addidisse  vidimus^  s.  210), 

238.  tOJ^^SJ^^  =  anpeint,  nicht  ai;pint, 

442.  5<*nj''^Ji  =  tseindra,  nicht  ts^i^dra, 

567.  ^^"iQ^i^  =  epeis  (vgl.  870.  K^'^^^g''^  =  epes), 
nicht  epis. 

In  ein  paar  föllen  ist  ^^  irrthümlich  für  e  geschrieben :  met 
1089  (=  mitte),  tretse  194  (=  it.  treccia,  welches  noch 
dazu  Böhmer  aus  trepere  =  vertere  bei  Festus,  Diez  aber 
aus  rgi^ct  ableitet;  weshalb  also  jener  tr^ts^  mit  i?)  und 
in  kolevre  92  (für  couleuvre;  „i  ex  ü^  sagt  Böhmer,  aber 
in  diesem  worte  ging  u  früh  in  o,  dies  dann  in  ue,  eu,  e 
über:  sp.  culuebra,  culebra).  Statt  t^iybr^  254  (=  tym- 
panum)  finden  wir  im  text  selbst  ti^^br^  als  Umschrift  von 
i<*lDJE)>  ^'®^  keine  spur  von  ^\  tD^'^ll  5  läfst  noch  eine 
andere  deutung  zu  als  rojt  (=  rubricavit).  Sicher  ist  ^^ 
=  i  nur  in:  tortifiors  (nicht  fortifiors)  883,  asits  75  und 
epi  1072.  Und  welches  recht  haben  wir  in  dem  i  dieser 
drei  Wörter  ein  offenes  zu  sehen,  da  wir  sonst  für  das  i 
jedes  möglichen  Ursprungs  dem  einfachen  zeichen  ^  begeg- 
nen?   ^^  gar   bezeichnet  nur  ein   einzigesmal   einen  vokal: 

(*l)^/1Vm  581  und  es  ist  also  vollständig  willkürlich,  dies 
durch   deviuler  mit   offenem  u  wiederzugeben*).     Auch, 

der  französischen  ausspräche,  als  der  französischen  schrift  handelt.  >^  ist 
nach  Böhmer  =  offenem  e  und  =  ai;  wie  vermag  er  beides  za  scheiden? 
dürfte  er  nicht  ebensowohl  veseel,  lesa,  wie  vaiseel,  laisa,  auf  gpmnd  von 
altfr.  vessel,  lessa  schreiben?  tJ^^^XD  ^^^  ^^^  ll^^KD  *^^  verhalten  sich 
ganz  so  zu  einander,  wie  die  Schreibungen  fais  und  fes  (fascis). 

*)  Was  den  s.  207  berührten  erweis  lateinischer  vokalqnantität  ans  ro- 
manischer Vokalqualität  gerade  für  u  betrifft,  so  habe  ich  denselben  schon 
vok.  d.  vulg.  IT,  192  geliefert. 


romanische  Sprachwissenschaft^  455 

WO  es  sich  um  deutung  des  ^^  als  ei  oder  als  ie  handelt, 
ist  keineswegs  immer  das  richtige  getroffen  worden.  Warum 

z.  b.  V^^tl^^  205  (nicht  203)  =  asiets,  statt  =  aseits  (vgl. 

V^üi^  1018  =  asets)  von  ad  satis?  Warum  hingegen  in 
einer  reihe  von  formen  der  3.  ps.  pl.  perf.  I.  conj.  JJ*!^^  = 

-eiret,  statt  =  -ieret;  warum  nicht:  tserkieret  335,  me- 
zurieret  514,  korotsieret  737.  1051,  depetsieret  861,  atakie- 
ret  1131,  toäieret  1132,  wie  richtig  demarkiets  189,  kovai- 
tiets  270,  sesier  338,  tserkier  575  geschrieben  ist?  Wir 
beschränken  uns  auf  diese  bemerkungen ;  denn  för  die  aus- 
spräche der  altfranzösischen  vokale  und  diphthongen  wird 
allerdings  aus  diesem  glossar  nichts  wesentlich  neues  zu 
ermitteln  sein.  Eher  mag  es  uns  einige  aufschlösse  über 
die  ausspräche  der  konsonanten  geben.  Merkwürdig  ist 
besonders  der  fast  regelmäfsige  Schwund  des  s  vor  c,  p,  t 
und  die  häufige  Vertretung  des  1  durch  r  (wie  proye  =s 
pluie,  konprayant  =  complaignant,  ekrarzit  =»  eclaircit, 
frank,  angre  =  ange,  veritabre),  die  in  diesem  umfang  kaum 
irgend  einer  französischen  mundart  anzugehören  scheint. 
Ob  V,  welches  heutigem  9  für  assibilirtes  t  und  c  ent- 
spricht (z.  b.  gratse,  itsi)  in  der  that  ts  gelautet  hat,  kann 
nicht  mit  Sicherheit  behauptet  werden.  Hierauf  hätte  sich 
G.  Paris  stützen  können,  wenn  er  für  das  Alexiuslied  die 
ausspräche   ts  =  c   vor    e,  i   beansprucht,     y  besitzt  den 

gleichen  werth  im  Leipziger  glossar,  das  übrigens  z  durch 
J   mit  darüber  stehendem   haken,  f  durch  gestrichenes  g, 

V  durch  gestrichenes  3  und  durch  y\^  Ij  durch  ^t^  ausdrückt. 
S  fehlt  hier  ebenfalls,  z.  b.  in  naitre,  etant.  Böhmer  hält  die 
punktation  dieses  glossars  für  gleichzeitig  mit  der  buch- 
stabenschrift;  dem  augenschein  nach  ist  sie  jünger.  Ist 
aber  wohl  anzunehmen,  dafs  der  spätere  Schreiber  ganz 
in  d«em  sinne  des  ersten  Schreibers  punktirt  habe?  Schwer- 
lich. Zudem  sind  die  punktirungen  theils  an  sich  wider- 
sinnig, theils  stehn  sie  untereinander  im  Widerspruch.  Denn 
eine  silbe  ^p  =  ka  mufs  punktirt  werden   ^T^  oder  ^n; 


456  Schuchardt 

wir  finden  aber  noch  folgende  weisen:  ^n  (21.  58.  131 ), 
^p  (33.  6ö),  ^p  (41.  104),  ^p^  (47),  ^p_  (83.  130).  In 
^a^in^'  exalta  (53)  und  J^^^^^^J^,  vigila  (110)  ist  pathaob 

•  »4 

gewifs  fehlerhaft  (obwohl  sich  auf  das  auslautende  unbe- 
tonte  a   mancher  alt  franz.  denkmäler  hinweisen   liefse),  es 

mufs  schwa  stehen,  wie  in  ^JJ^g  für  fosse,  ^lOl'n  für  comme 

:  I 

u.  s.  w.;    eine   merkwürdige  form    bleibt  eholtse   immerhin 

Sollten  nicht  CD^'^T^^ISj  BntS^JD  (1*)  ebenso  auf  einem 

•  •  •         • 

versehen  beruhen?  Böhmer  meint  dieses  -irent  der  3.  ps. 
pl.  perf.  I.  conj.  stamme,  ,,mutato  exacutionis  loco^,  (also  ei 
für  ei)   aus  dem  im  Oxforder  glossar  nachgewiesenen  -eir^t. 

Elingegen  ist  es  wohl  kein  zufall,  dafs  ^^  ftkr  et  (sonst 
i^9  ^9  ^^^9  ^(^  geschrieben),  was  Böhmer  nicht  bemerkt  su 

•  •  •  •  t  • 

haben  scheint,  in  dem  gegebenen  auszug  wenigstens,  nur  vor 
vokalen  vorkommt.  Alles  in  allem  genommen  können  wir 
sagen,  dafs,  wenn  der  Schreiber  des  Oxforder  glossars  sich 
zu  seinem  texte  eine  ähnliche  punktation,  wie  die  des  Leip- 
ziger ist,  hinzugedacht  hätte,  die  Sache  dort  noch  weit 
hoffnungsloser  sein  würde,  als  sie  uns  ohnedem  schon  er- 
schienen ist.  Die  akribie  der  Böhmerschen  Umschrift  blen- 
det das  äuge;  sie  ist  aber  grofsentheils  eine  unäcbte.  Es 
werden  bäkchen,  Schnörkel  und  accente  aus  den  hebräi- 
schen buchstaben  herausgelesen,  die  ein  unbefangener  ver- 
gebens darin  sucht.  Trotz  den  angedeuteten  mangeln  der 
vokalisation  indessen  verspricht  das  Leipziger  glossar  ge- 
nügende ausbeute,  um  seine  vollständige  mittheilung  wün- 
schen zu  lassen. 

In  Paris  ist  vor  kurzem  von  P.  Meyer  und  G.  Paris 
eine  Zeitschrift  für  romanische  sprachen  und  litterataren 
unter  dem  titel  „Romania^  begründet  worden.  Die  bei- 
den vorliegenden  hefte  entsprechen  vollkommen  den  er- 
wartungen,  die  wir  gehegt  hatten,  und  so  bringen  wir  dem 
fortgang  des  Unternehmens  unsere  wärmsten  wünsche  dar. 
An  das  eben  besprochene  reiht  sich  am  besten  die  erwäh- 


romanische  Sprachwissenschaft.  457 

nung  der  abhandlung  von  A.  Darmesteter:  Glosses  et  glos- 
saires  hebreux-fran^jais  du  moyen-äge  (s.  146  ff).  Dieselbe 
ist  jedoch  fast  ganz  litterariscben  inhalts;  sie  leitet  die 
Veröffentlichung  der  linguistischen  schätze,  welche  uns  mit 
beigäbe  ausführlicher  commentare  verheifsen  wird,  ein. 
S.  1 56  f.  sind  einige  andeutungen  Ober  den  werth  der  glos- 
sen  des  Raschi  für  die  feststellung  der  französischen  aus- 
spräche zu  ende  des  ll.jahrh.  gegeben.  Auch  auf  die  her- 
kunft  manches  dunkeln  wertes  fällt  aus  diesen  glossen  ein 
lichtstrahl.  Nur  scheint  es  uns  zu  gewagt,  aise  (welches 
in  der  bedeutung  „leerer  räum  neben  einem"  vorkommt) 
auf  asea  =  area  zurückzuführen,  welches  im  Vulgärlatein 
erhalten  worden  sei.  Derselbe  gelehrte  hat  an  einem  an- 
deren orte  (s.  92  ff)  aus  talmudischen  texten  einige  Vulgär- 
latein, formen  an  den  tag  gefordert.  Zuerst  ein  paar  in 
weibliche  singulare  übergegangene  neutrale  plurale  (2.  jahrh. 
n.  Chr.):  klostrah  serrure  =  claustra,  anpilia  schuh  =? 
impilia,  istadia  Stadium  =  stadia  (diese  beiden  können 
wegen  des  accentes  nicht  unmittelbar  aus  dem  griechischen 
herübergenommen  sein,  weil  es  hier  jy  kuniXia^  ri  (TraSia 
gelautet  haben  würde)  und  vielleicht  e.speclaria,  Spiegel 
(welches  auch  die  deutung  aus  einem  weibl.  adjektiv  zu- 
läfst),  also  ganz  entsprechend  dem  pr.  claustra,  it.  cbiostra 
und  zahlreichen  anderen  romanischen  formen  (Diez  gramm. 
IP,  23).  Das  übergewicht  des  casus  obliquus  über  den 
casus  rectus  weist  Darmesteter  an  komt(6n)  =  comes 
(spätestens  mitte  des  3.  jahrh.)  und  locotenentes  (späte- 
stens 7.  jahrh.)  nach;  letzteres  stimmt  trefflich  zu  heredes, 
superstites  u.  s.  w.  (vok.  d.  vulg.  I,  35.  III,  9).  In  capo- 
clator  („der  Ober  die  köpfe  wacht")  aus  dem  2.  jahrh.  ha- 
ben wir  schon  das  romanische  capo  =  caput,  in  masma 
=  maxima  (spätestens  anf.  des  2.  jahrh.)  kommt  das  8s=sx 
auf  rechnung  des  lateinischen,  nicht  des  hebräischen,  wel- 
ches ks  zu  wahren  pflegt.  —  Unter  dem  sprachlichen  in- 
halt  der  Romania  bemerken  wir  ferner  zwei  etymologien 
von  G.  Paris  (s.  96.  216).  Das  fr.  faite  war  bisher  (auch 
von  Diez)  dem  lat.  fastigium  gleichgesetzt  worden.  Paris 
zeigt,   dafs  dies  lautlich  unmöglich  ist,   dafs  vielmehr  fatte 


4r)8  5ichuchardt 

(in  der  alten  spräche  sind  nur  die  formen  feste  and  fest 
nachweisbar)  vom  doiitschen  firste  oder  first  herkommt. 
Er  fahrt  altpr.  frest,  altfr.  festre,  Schweiz,  fr^te  an;  warum 
aber  nicht  auch  das  altpg.  festo,  unter  welchem  ja  Dies 
(et.  wb.  II*,  132)  das  wort  faite  bespricht,  und  warum  er- 
wähnt er  nicht,  dafs  Diez  (ebenda  s.  HIO)  wenigstens  fre- 
ste,  frest  von  first  ableitet?  Nicht  ganz  so  schlagend,  doch 
sehr  erwftgonswerth  ist  die  etymologie  des  fr  navrer.  Mit 
recht  erklärt  sich  Paris  gegen  r'ie  zulätiglichkeit  der  Diez'- 
sehen  herleitung  aus  ahd.  nabager.  Er  verweist  auf  ein 
anderes  deutsches  wort,  nämlich  auf  narbe,  ahd.  narwa. 
Etwas  mehr  bedenken  als  die  bedeutungsentwicklung  (narbe: 
wunde,  sard.  fleck)  erregt  die  lautentwicklung.  Wenn 
Paris  sagt  (s.  218):  „L'inversion  de  IV  est  un  fait  tr^ 
frequent  en  roman,  surtout  quand  cette  liquide  precMe 
une  labiale.  II  est  vrai  que  d^ordinaire  Fr  est  ^cart^e  de 
la  labiale  (trouver,  troubler  etc.);  mais  ici  on  ne  ponvait 
faire  passer  IV  apr^s  Vn  initiale^,  so  möchte  man  glauben, 
die  Verbindung  vok,  H-  r  -f-  kons,  -f-  vok.  habe  etwas  nn- 
ssuträgliehes  gehabt  und  es  sei  nur  zwischen  *nrava  und 
*navra  zu  wählen  gewesen.  Allerdings  heifst  es  z.  b.  it 
leggiadro  für  leggiardo,  sp.  ogro,  fr.  ogre  =  orcus,  aber 
fOr  vr  SB  rv  ist  uns  kein  gemeinromanischer  beleg  gegen- 
wärtig (vgl.  altlogud.  avru  =:  arvn  bei  Spano;  umgekehrt 
südsard.  larva  =  labnim ).  Zu  navrer  stellt  Diez  zweifelnd 
pg.  escalavrar,  leicht  verwunden ;  ist  nicht  eher  Zusammen- 
hang dieses  mit  fr.  balafre  denkbar?  —  Ueber  die  form, 
in  welcher  deutsche  Wörter  in^s  französische  flbergegangen 
sind,  handelt  d'Arbois  de  Jubainville:  „La  langne  fran- 
que,  le  vieux-haut-allemand  et  la  langne  fran^aise  (8.129  ff.). 
Indem  er  das  fränkische  und  das  althochdeutsche  streng 
auseinanderhält  (er  hebt  besonders  das  fränkische  -o  der 
1.  ps.  8g.  ind.  präs.  gegenüber  dem  ahd.  -u  hervor)  unter- 
scheidet er  jenes  wiederum  in  das  ältere  des  merovingi- 
schen  und  das  jüngere  des  karolingischen  Zeitalters*  So 
komme  auberge  ans  dem  älteren,  heberge  aus  dem  jQng^ 
ren.  Die  ursprüngliche  fränkische  form  sei  'cbaribergi. 
Es  werden  die  versc'hiedenen  gestaltungen  de8  in  der  zu- 


romanische  spraehwisnenschaft.  459 

sammensetzung  so  häufigen  cbari-  verfolgt;  in  der  karolin- 
gischen  poriode  finden  wir  zunächst  hari-  (har-),  dann  mit 
amlaut  hair-,  beir-,  heri-,  her-.  Der  scbwund  des  anlauts 
im  munde  der  Galloromanen  wird  schon  aus  merovingi- 
scher  zeit  bezeugt  (ari-  unmittelbar  ans  chari-?),  häufiger 
aus  karolingischer  (ari-,  ar-,  aire-,  air-,  eri-,  er-  =  hari- 
Q.  s.  w.).  Merkwürdig  aber  bleibt  es,  dafs  die  form, 
welche  den  jüngeren  vokal  aufweist,  das  h  vor  demsel- 
ben wahrt,  die  aber  mit  dem  älteren  vokal  nicht.  Wie 
e  gegenüber  a,  so  war  g  gegenüber  i  von  Dicz  als 
kennzeichen  der  späteren  klapsen  der  aufgenommenen  ger- 
manischf^n  Wörter  aufgestellt  worden.  d^Arbois  de  Jubain- 
ville  bestreitet  den  chronologischen  wcrth  von  ß  und  i  für 
das  französische,  er  führt  die  cherusk.  Segi-mundus  und 
Segi-meres,  das  mars.Malo-vendns  des  Tacitus,  das  sicambr. 
/jBvd6(}i^  und  MiXoiV  des  Strabon  an  und  zeigt  vor  allem, 
dafs  fränkisch  frStus,  frödus  zum  mindesten  ebenso  früh, 
wie  fritus  und  fridus  in  den  denkmälern  vorkommt.  Aber 
er  irrt,  wenn  er  diesen  gegenbatz  von  frSdus  und  fridus 
in  den  beiden  franz.  Wörtern  frais  und  Geofroi  fortgesetzt 
sieht.  Frais,  alt  fres,  geht  auf  frSdus  zurück.  Aber 
warum:  „Geofroi  vient  de  Godefridus,  avec  i  bref 
aocentue.  Cet  i  bref  accentu^  est  devenu  oi  en  fran^is, 
conformement  ä  la  r^gle  generale".  (S.  142)?  Diese  „all- 
gemeine" regel,  die  übrigens  ihre  sehr  bestimmte  begrän« 
zung  haben  dürfte,  wird  von  Diez  nur  auf  das  lateinische 
bezogen  und  hier  ist  oi  nicht  unmittelbar  aus  i,  sondern 
zunächst  aus  geschlossenem  6  entstanden  (poil  =  urroman. 
it.  p^lo  =  pTlo,  wie  voile  =  v^la).  Gilt  die  regel  nun 
auch  für  das  deutsche,  so  mufs  hier  ebenfalls  wiederum 
zwischen  i  und  oi  S  in  der  mitte  stehen,  also  zwischen 
Godefridus  und  Geofroi:  Godefrödus.  Wir  erwähnen  bei 
dieser  gelegenheit  eine  andere  arbeit  von  d^Arbois  de 
Jubainville:  Etüde  sur  la  döclinaison  des  noms  propres 
dans  la  langue  franque  ä  Tepoque  merovingienne  (Extrait 
de  la  Biblioth^que  de  TJ&cole  des  Chartes)  Paris  1870. 
Die  fränkischen  eigennamen  muisten  allerdings  in  den  la- 
teinischen denkmälern  jener  zeit  wesentlich  wie  lateinische 


460  Scbuchardt 

Wörter  declinirt  werden;  hier  und  da  aber  schimmert  doch 
die  ursprüngliche  deutsche  declination  durch.  So  finden 
wir  als  nominative  der  starken  männlichen  a-declinatioD 
noch  Arsenctas  und  Unfachlas;  später  schwand  das  a: 
Alligisels,  Theodorics  und  im  karolingischen  Zeitalter  auch 
das  s:  Karl,  Ludhuwig.  Die  formen  Bodolevos,  Ten- 
dericos  u.  s.  w.  werden  auf  rechnung  des  spätlatetnischen 
gesetzt,  welches  o  an  stelle  des  klassischen  u  liebt.  Auch 
einige  namen  der  starken  i- declination  sind  uns  erhalten, 
wenig  männliche,  wie  Arbogastis  Arbogastes,  Bladastis 
Bladastes;  viel  weibliche,  wie  Berteildis,  Radegundis 
Rhadegundes.  Aus  der  schwachen  declination  finden  sich 
einige  reste  des  casus  obliquus,  der  aber  nur  bei  den  fe- 
mininen eigentbümlich  hervortritt  (so  Berta,  Bertane),  bei 
den  masculinen  dagegen  mit  dem  lateinischen  casus  völlig 
zusammenfällt  (so  ßoso,  Bosone).  Denn  die  männernamen 
in  -a,  -ane  (so  Gundila,  Gundilane),  die  sich  vereinzelt 
auf  fränkischem  gebiete  zeigen,  betrachtet  d^A.  d.  J.  als 
Gothen  oder  Burgundern  angehörig.  Von  demselben  Ver- 
fasser rührt  neuerdings  eine  abhandlung  über  den  fränki- 
schen text  der  Strafsburger  eidformeln  her  (gleichfalls  in 
der  Bibl.  de  T^^c.  d.  Ch.)?  welche  uns  noch  nicht  zu  gesicht 
gekommen  ist. 

Zum  Schlüsse  gedenken  wir  des  artikels  von  allge- 
meinstem interesse,  mit  welchem  G.  Paris  die  Zeitschrift 
eröfihet,  nämlich  über  die  ausdrücke  Romani  und  Romania; 
ein  weiterer  Artikel  über  „lingua  Romana,  Romancium^ 
soll  folgen.  Es  wird  hier  gezeigt,  dafs  alle  bewohner  des 
römischen  reichs,  abgesehen  von  ihrer  ursprünglichen  na- 
tionalität,  mit  dem  namen  Romani  bezeichnet  wurden  und 
dafs  dieser  name  auch  nach  dem  eindringen  der  barbaren 
so  lange  fortdauerte,  wie  der  unterschied  zwischen  erobe- 
rern  und  unterworfenen ;  darüber  hinaus  nur  in  zwei  ftllen, 
in  Graubünden  und  an  der  Donau.  Ueber  das  deutsche 
wort  „walah^  wird  uns  eine  besondere  Untersuchung  in 
aussieht  gestellt,  der  wir  mit  Spannung  entgegen  sehen. 
Wenn  mir  s.  1  anm.  nachgesagt  wird,  ich  scheine  eben- 
falls (V.  d.  V.  III,  264)  die  Verwandtschaft  von  Roma  und 


romanische  Sprachwissenschaft.  461 

Ramnes  anzunehmen,  so  ist  dieser  irrthum  wahrscheinlich 
durch  Corssen  veranlafst,  der  aus  der  angezogenen  stelle, 
wie  aus  vielen  anderen,  einen  ganz  verkehrten  sinn  her- 
ausliest. Dafs  s.  10,  anm.  6,  der  geschichtsschreiber  Con- 
stantin  Porphyrogennetes  in  das  7.  Jahrhundert  versetzt 
wird,  daran  bin  ich  unschuldigerweise  schuld,  indem  ich 
sagte:  „nach  C.  P.  waren  die  be wohner  dieser  gegenden 
bis  in^s  7.  Jahrhundert  römisch^.  S.  11  anm.  3  ist  doch 
wohl  statt  „la  continuite  du  latin  en  Dacie  et  la  date  r^- 
lativement  recente  de  la  reprise  de  possession  de  cette 
province  par  les  Roumains^  zu  lesen  „la  non-continuite*. 
Romania  hiefs  einst  das  römische  kaiserreich;  dann,  abge« 
sehen  von  der  politischen  grenze,  die  römische  weit  im 
gegensatz  zum  barbarenthum ;  zwei  länderstrichen  ist  bis 
auf  den  heutigen  tag  der  name  verblieben^  der  Romagna 
und  Rumelien.  Es  werden  die  grenzen  der  Romania  in 
kurzen  werten  angedeutet  und  eine  genauere  darlegung 
derselben  vom  frühesten  mittelalter  an  bis  auf  unsere  zeit 
verheifsen.  Daran  knüpfen  sich  einige  betrachtungen  über 
den  gegensatz  der  romanischen  und  germanischen  civili- 
sation,  mit  denen  wir  uns  einverstanden  erklären,  gegen 
die  wir  wenigstens  nicht  den  Vorwurf  des  Chauvinismus 
erheben.  Vielleicht  werden  wir  an  einem  anderen  orte 
darüber  einige  worte  sagen. 

Leipzig,  anf.  aug.  1872.  Hugo  Schuchardt. 


Etymologische  beitrage. 

1. 

Noch  einmal  invitus,  invitare. 

In  dieser  Zeitschrift  XX,  IJ^O.  181  habe  ich  den 
zweifei  ausgesprochen,  ob  die  von  mir  ebenda  XX,  161  ff. 
gegebene  deutung  von  lat.  invitus  wider  willen,  invitare  ein- 
laden richtig  sei.  Dieser  zweifei  ist,  wie  ich  bei  näherer 
prüfung  eingesehen,  unbegründet  und  die  dort  gegebene 
erklärung  der  lateinischen  Wörter  durchaus  unanfechtbar. 
Um  den  leser  nicht  mit  Wiederholung  des  a.  a.  o.  gesagten 


462  Fick 

zu  ermOden,  stelle  ich  hier  in  aller  kOrze  diejenigen  bil- 
duDgen  zusammeu,  die  za  iovitus,  invitare  gehören,  und 
diese  worte  als  bestandtheile  der  ig.  Ursprache  erweisen: 
ved.  käta  m.  verlangen,  begehren,  absieht;  aufforderung, 
einladung,  skr.  kätajati  aufTordern,  einladen.  —  Lat.  in-vitu-s 
(ftlr  in-cveitu-8  wie  vapor  fQr  cvapor  und  vlnu-m  für  yei- 
no-m  =  ^oivü)  wider  willen,  ungern,  in-vitfire  einladen 
(von  vito  =  cveito  eiuladung  ^  ved.  kSta  einladung),  e-vl- 
tare  (ex  negirt,  also :  nicht  laden  =:  fernhalten  =)  vermei- 
den. —  preufs.  k.  quäit-s  (flQr  quäita-s)  nom.  qu&iia-n  und 
quäiti-n  acc.  der  wille  (=  ved.  k^ta  begehren),  lit.  kvSczn 
(=  kvet-ju)  kves-ti  einladen,  kvös-ty-s  m.  hochzeitsbitter 
(=  einlader),  lit.  kvet  ==  kvait.  Das  stammverb  kit  ist 
erhalten  im  skr.  kit  k^tati  kik^tti  (wahrnehmen,  merken 
auf)  beabsichtigen,  bedacht  sein,  beschliefsen, 
wollen  (sich  zeigen,  erscheinen,  gelten,  bekannt  sein)  und 
im  preufs.  k.  praes.  sg.  1.  2.  3  quoi  (mit  abfall  det  t)  l.pl. 
quoitämai  3.  pl.  quoitä  wollen,  po-quoit-t>uns  part.  act.  be- 
gehrt habend,  po- quoi t-i- ton  part.  pass.  begehrt,  po-qubit-f- 
-$na-n  acc.  gelüste,  quait-s  der  wille. 

Es  mag  dem  geneigten  leser  Oberlassen  bleiben,  ob 
es  zulässig  sei,  einem  zufalle  zuzuschreiben,  dafs  die  bei- 
den bedeutungen:  wille  und  einladung  in  drei  resp.  vier 
sprachen  unseres  Stammes  an  einer  lautgruppe  haften,  die 
mit  beobachtung  aller  lautvertretungsgesetze  innerhalb  der 
einzelspracheu  auf  ein  ursprachliches  kaita,  europäisches 
kvaita  wille,  einladung  sich  zurückführen  läfst,  oder  ob 
nicht  vielmehr  kaita  für  die  Ursprache,  kvaita  fär  die  eu- 
ropäische Spracheinheit  mit  der  bedeutung:  „begehr,  wille; 
einladung^  anzusetzen  sei. 

2. 
floTida-g  Poseidon  und  ved.  idaspati. 

In  einer  trefflichen,  eingehenden  abhandlung  hat  Ah- 
rens  im  Philologus  (mir  leider  augenblicklich  nicht  cur 
band)  die  sämmtlicben  Spielarten  des  vielförmigen  namens 
des  griechischen  wasser-  und  meerbeherrschers  zusammen- 
gestellt.    Für  unsere  zwecke  genügt  es  die  zwei  hauptfor- 


etymologische  beitrage.  463 

men  zu  erkennen  und  aufzustellen,  eine  kürzere  und  ältere 
UoTida-g  =  Tloaidrj-g  (wovon  z.  b.  IloiiSa-ia  f.  die  be- 
kannte Stadt  der  Chalkidike  und  IIüaiSf]'iü'g  IlotfiSs^io-g 
adj.  poseidonisch)  und  Iloastdciajv  oavog  bei  Homer  =  do- 
risch HüTBidäv,  Man  sieht  leicht,  dafs  i>8  in  IIüTidag^  eiÖ 
in  Iloasiddojp  zu  einander  stehen,  wie  ^lö-üv  zu  j:aiö'f]<Sa)^ 
cfvy  zu  (pevya)  u.  8.  w.  Gehen  wir  von  der  kürzeren  und 
älteren  grundform  UoTiScc-g  =  Tlotfiötj^g  aus,  so  erkennen 
wir  in  dem  worte  eioe  regelrechte  Zusammensetzung  aus 
TioTi  =  no(Si  und  lÖa  ==  lÖti.  Das  erste  glied  Trort,  noai 
ist  das  bekannte,  uralte  ig.  wort  pati  mächtig,  herrschend 
subst.  herr,  gatte,  das  zwar  im  griechischen  in  der  form 
noai-g  sonst  nur  gatte  bedeutet,  aber  in  seinem  feminin 
noxvia  =  patnl  (d.  i.  patniä)  noch  die  herrschende,  mäch- 
tige, die  herrin,  „frau"  bezeichnet.  In  üotiöa-g  ist  nori, 
noch  mit  voller  verbalkraft  als  nom.  agentis  mit  dem  sinne 
des  part.  act.  zu  fassen  „beherrschend^,  das  folgende  glied 
iSa  ist  von  diesem  novt  abhängig.  Es  tritt  also  unser 
wort  ganz  in  die  reihe  jener  griechischen  Zusammensetzun- 
gen, wo  das  nomen  agentis  auf  Ti,  später  at,  da»  zweite 
glied  regiert,  vgl.  ßiüri-dvei^ja  männer  weidend  {ßo)  ==  ßo 
nähren  +  ccveq  mann),  dvriai-öwQa  gaben  aussendend 
{dvir]ui,  ccv-r^  aussenden  öügo  gäbe),  kvci-fiaxo-g  streit  lö- 
send [kv  lösen  /Accxi]  kämpf),  Tiai-ipuPfj  mordrächerin  (ri 
rächen  (f6ro  mord)  u.  s.  w.  Die  bcdeutung  des  zweiten 
worttheils  lörj  ist  „seh wall"  von  der  wurzel  id  schwellen, 
die  sich  in  den  sprachen  unseres  Stammes  reich  entwickelt 
nachweisen  läfst.  £s  gehören  dahin:  skr.  id  idä  f.  trank, 
labe,  gedeihen,  erquickung  (grundsinn  „seh wall"),  indu 
tropfen,  funken  (=  lichter  tropfen  =)  mond,  ind-ra  der 
„schwellende",  strotzende,  mächtige  himmelsgott,  griechisch 
oiödixj  schwelle,  olö-fjia  -d-akdaarjg  meeressch wall ,  oldog 
oiSrjjna  geschwulst;  ahd.  eiz  mhd.  eiz  m.  geschwür,  eiter- 
beule,  an.  eit-r,  ahd.  eitar  n.  gift  sb  nhd.  eiter,  ksl.  jadü 
(=  edü)  m.  gift  (wie  germ.  aitra)  und  ganz  im  ursprüng- 
lichen sinne  jadro  (=  ed-ro)  n.  Schwellung,  bausch,  jadri-lo 
n.  und  jadrina  f.  segel  (^sich  bauschend,  blähend").  So- 
nach  ist   lloriäa-g  ein  novi-ida-g  „schwallbeherrscber".  — 


464  Fick 

Die  möglichkeit,  das  wort  so  zu  deuten,  wird  man  zuge- 
ben müssen,  allein  es  bleiben  allerdings  bedenken.  Ein- 
mal ist  ja  noTi  in  der  alten  bedeutung  des  lat.  poti-s  be- 
herrschend, herr  sonst  im  griechischen  erloschen,  femer 
ist  die  Wurzel  id  schwellen  sonst  nur  in  der  gesteigerten 
form  üiS  auf  griechischem  boden  nachzuweisen.  Die  ge- 
wüsheit,  richtig  gedeutet  zu  haben,  giebt  uns  der  umstand, 
dafs  in  einer  auderen  spräche  unseres  Stammes  sich  eben- 
falls aus  den  beiden  dementen  von  llotida-g^  nämlich  pati 
und  id,  ein  altes  götterbeiwort  zusammengesetzt  vorfindet, 
id  und  idä  f.  im  Veda  heifst  labung,  erquickung,  labetrank; 
sodann  Strömung  des  gebets,  ergufs  der  andacht.  Hieraus 
wird  gleich  deutlich,  dafs:  „seh wall,  Schwellung,  strotzen^ 
die  ächte  grund bedeutung  des  wertes  ist,  wie  uns  ja  auch 
die  obige  Zusammenstellung  mit  indu  tropfen,  ind-ra  Indra, 
ülödu)  schwelle  u.  s.  w.  schon  gelehrt  hat.  Nun  werden  an 
zwei  Vedenstellen  götter  mit  dem  namen  idas-pati  (idas 
gen.  sg.  von  id  -+-  pati  herr)  angerufen,  Rv.  VI,  58,  4  wird 
Püsan,  Rv.  V,  42,  14  wird  Brhaspati  so  genannt.  Dieses 
idaspati  ist,  wie  man  leicht  sieht,  seinen  dementen  (id  -f- 
pati)  nach  ganz  dasselbe  wie  HoTida-g^  nur  dafs  in  Flori' 
öag  die  composition  eine  feste  geworden  (idas-pati  ist 
blofse  zusammenrückung)  und  eine  Umstellung  der  glieder 
stattgefunden,  eine  Umstellung,  welche  auf  einem  griechi- 
schen compositionsgesetze  beruht,  dafs  näfnlich  bei  Zusam- 
mensetzungen mit  dem  nomen  agentis  auf  t^,  cTt  dieses  an 
die  spitze  des  compositums  treten  mufs  (vergl. /Jion-aya^a 
und  die  oben  angeführten  beispide).  \ 

Sonach    ist    nicht  wohl   zu   zweifeln,    dafs  dd^  name 
IIoTidag  auf  dem   indogermanischen  götterbeiworte  "pati-s 
idas  (idäs)  oder  idas  (idäs)  pati-s  herr  des  Schwalls, "^des 
schwellens  beruht.     Kein  bestimmter,    persönlich  gefafs^r 
gott    hiefs    so,    sondern    es    gehört    dieser   name   zu    des( 
alten   heiligen  formein,    womit    das    göttliche  nach  einer\ 
bestimmten  seite  seines  wesens  hin  bezeichnet  ward,  etwa  V 
wie   die   anrede  an  göttinnen  ved.  duhitar  divas  ss  &vyd'-      ^ 
TtiQ   Jwg  (vgl.  xovgai.  zliog   alyioxoio).     Auf  arischem  bo- 
den ist  denn    auch    aus   dem  idaspati    keine    ausgeprägte 


etymologische  beitrage.  465 

göttergestalt  erwachsen;  bei  den  Griechen  entstand  aus 
der  alten  formel  die  feste,  nach  griechischen  gesetzen  voll- 
zogene composition  IJorida-g  und,  was  sehr  leicht  begreif- 
lich, der  herr  des  Schwalls,  des  schwellens  wurde  zum 
herrn  der  schwellenden  gewässer,  zunächst  wohl  der  sü- 
fsen,  dann  auch  des  meerschwalls  umgewandelt. 

Ueber  die  jüngere  form  riotJ-siddcop  können  wir  uns 
kurz  fassen.  Sie  entstand  zu  der  zeit,  als  das  alte  iSt] 
unterging,  und  die  wurzel  id  schwellen  nur  noch  in  der 
gunirten  form  eid  (wQraus  später  oiS  in  oiddo)  olSfia  u.s.  w.) 
bestand.  Damals  bildete  man  floT'eiöacuv  gleichen  sinnes 
mit  floT'idrj-g;  später  hätte  man,  um  dem  namen  seine 
durchsichtigkeit  zu  erhalten,  IloT'Oidawv  bilden  müssen 
(oid  schwellen)  und  so  scheint  wirklich  dialektisch  das  wort 
hier  und  da  gesprochen  zu  sein. 

Göttingen.  A.  Fick. 

Altdeutsches  hl  und  hr  als  gl,  kl  und  gr,  kr 
in  Personennamen  erhalten. 

Was  in  appellativen  Wörtern  der  deutschen  spräche 
nur  selten  angetroffen  wird,  dafs  ursprüngliches  h  vor  1  und 
r  mit  der  zeit  in  die  gutturale  media  oder  tenuis  über- 
gegangen ist  (vgl.  Hildebrand  im  deutschen  wörterb.  V,  4, 
951),  das  scheint  sich  auf  dem  gebiete  der  persönlichen 
eigennamen  viel  häufiger  zu  offenbaren,  als  im  allgemeinen 
vorausgesetzt  zu  werden  pflegt.  Während  man  bei  Pott 
vergebens  nach  heutigen  geschlechtsnamen  forscht,  deren 
doppelkonsonantischer  anlaut  altem  hl,  hr  entspricht,  bie- 
tet Förstemann,  wenn  ich  mich  recht  umgesehen  habe,  un- 
gefähr ein  dutzend,  Steub  dagegen  (oberd.  familiennamen, 
München  1870)  weifs  an  eigener  stelle  (s.  103  und  104) 
gegen  hundert  beispiele  zu  versammeln,  die  sich  sogar 
ausschliefslich  auf  die  beiden  stamme  hl  od  und  hrod  be- 
ziehen sollen.  Die  gegenwärtigen  zeilen  wollen  darthun, 
dafs  auf  der  einen  seite  noch  eine  anzahl  hinzugefügt  wer- 
den dürfe,  auf  der  andern  der  gröfsere  theil  zu  streichen 
sei.     Das  letztere  mag  zuerst  geschehen. 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6.  30 


466  Andresen 

Vergleicht  man  zu  den  von  Steub  verzeichneten  namen 
zunächst   ßitter's  geographisches  lexikon,    so  weisen   sich 
folgende,  wenu  sie  als  jüngere  namen   keine  andere  erklä- 
rung  zulassen,   was  bei  mehreren  gleichwohl  nicht  der  fall 
ist,    buchstäblich    als    localnamen    aus:    Kleist,    Gleifs, 
Kreidel,  Kreuz,  Grötsch,  Qries,  Q ritsch,  Krisch, 
Kruis,   Kripp,    Kropp,    Grub,    GrQb;    bei   Klamm 
wird  auf  ein  böhmisches  Klum  zu  verweisen  sein,  Gramm 
kann  mit  Grumme  bei  Bochum  zusammenhangen,  Krötzel 
zu  Krotzel  in  Schlesien  gehören,  und  Klopper,  Klaaber, 
Klocker  mögen  unbehindert  die  herkunft  von  den  örtern 
Kloppe   (Mähren),    Klaub   (Böhmen),    Klocken   (Preufsen) 
oder  die  wohnung  an  denselben  bezeichnen,  gestatten  aufser« 
dem  noch  eine  andere  deutung,   der  man  sich  wohl  leich- 
ter anzuschliefsen  grund  haben  dürfte  als  der  entwickelung 
aus  deiu  alteu  hlod  oder  chlod.  —  Unter  den  von  Steub 
auf  die   beiden   stamme  hlod  und   hrod   zurückgeführten 
geschlechtsnamen    befinden    sich    ferner    Kraut,     Krug, 
Klotz,  Glock,  Greis,  Krieg  und  andere  namen,  deren 
viel  einfachere  und  natürlichere  appellative  erklärung  sowohl 
an  und  für  sich  den  vorzug  zu  verdienen,  als  insbesondere 
durch  vorhandene  verwandte    und  nebenformen   wo    nicht 
bewiesen  so   doch   wesentlich   unterstützt  zu  sein  scheint. 
Von  Kraut    giebt    es   die  Zusammensetzungen   Unkraut 
und  Iskraut,  das  verkleinernde  Kräutlein,  ein  Diebold 
Krutelin    und    ein  Görge    der    Krautstengel    werden    von 
J.  Grimm  (Kl.  sehr.  2,  399)   aus  Urkunden  angeführt;   aus 
Klotz   entspringen   die   heutigen  deminutivnamen  Klotz - 
lin  und  Klötzchen;    neben  Krug  sind  die  niederd.  for- 
men Kroog  und  Krogh  (am  liebsten  als  wirthshaus  ver- 
standen) zu  vergleichen  u.  s.  w.  —  Auch  namen  wie  Klug, 
Kraus,  Krumm,  Kroll,  Grob,  Groos  hat  Steub  hier- 
her   gestellt,    ohne    darauf  zu    achten,    dafs    ihre  gleich- 
falls als  geschlechtsnamen  nachweisbaren  seitenformen,  z.  b. 
Kluge,    Klook,    Kloke,     Klauck,     Klaucke,     oder 
Krause,  Gruse,  oder  Krumme, Crumpe  (mhd.  Ejrumbe, 
V.  Krump),  Krome  (niederd.),   unzweifelhaft  das  adjectiy 
enthalten,    das    mithin    auch   für   jene    anzunehmen  steht. 


altdeutsches  hl  und  hr  u.  s.  w.  467 

Oder  wer  mag  glauben,  dafs  Klug  und  Kraus  aus  Cblod 
und  Chrod  entspringen,  Klaucke  aber  und  Cruse  den 
klugen  und  krausen  bezeichnen?  —  Endlich  sollen  nach 
Steub  nicht  allein  Klaiss,  Closs  und  Kloos  sondern 
selbst  Klaus  aufChlod  zurQckgehen;  mindestens  das  letz- 
tere wird  so  leicht  niemand  glauben,  aber  auch  jene  drei 
werden  unstreitig  am  besten  mit  Nikolaus  vereinigt,  wozu 
Crecelius  kürzlich  (zeitscbr.  f.  deutsche  philol.  IV,  3,  346) 
mit  vollem  recht,  wie  ich  urtheile,  auch  Loos  gehalten 
hat  (vgl.  Laus,  Laws,  Laas,  Lass). 

Rechnen  wir  die  besprochenen  namen  zusammen,  so 
kommen  allerdings  erst  reichlich  30,  noch  nicht  die  hälfte 
der  von  Steub  zusammengestellten  namen  heraus;  es  soll- 
ten aber  überhaupt  nur  die  hervorragendsten  beispiele  ge- 
geben werden.  Ueberlässt  man  sich  der  mühe  mit  den 
übrigen,  so  wird  sich  das  zu  anfang  ausgesprochene  urtheil 
bald  bewähren;  zur  probe  führe  ich  noch  auf:  Kl  über, 
Klüpfel,  Gluck,  Glück,  Grosch,  Kreis,  Krück. 
Es  bleibt  gleichwohl  ein  kleiner  theil  von  namen  bestehen: 
diesen  in  Verbindung  mit  den  von  Förstemann  aufgeführten 
zu  beurtheilen,  sowie  vermuthungen  Über  bisher  noch  ent- 
weder gar  nicht  oder  doch  nicht  in  altdeutschem  sinne  er- 
klärte heutige  geschlechtsnamen  zu  äufsern,  wird  nunmehr 
unsere  zweite  aufgäbe  sein. 

Unter  Chlodio  verweist  Förstemann  auf  Glöde*), 
Klode,  Kloth,  Kludt,  von  denen  die  beiden  letzteren 
in  verschiedenen  gegenden  häufig  vorkoifHpeQ)  auch  in  um- 
gekehrter Schreibung  Klodt  und  Kluth;  Steub  hat  aufser- 
dem  Klott  und  Glauth;  ich  füge  ferner  hinzu:  Kloidt, 
Clouth,  Klutt,  Gluth,  wage  es  auch  Claude  hierher 
zu  ziehen  und  nicht  für  franz.  zu  halten.  Ja  was  hindert, 
zumal  da  ausdrücklich  Clodius  und  Chludius  in  Urkunden 
begegnen,  die  drei  namen  Claudius,  Clodius,  Cludius, 
welche  insgemein  fUr  römisch  ausgegeben  werden,  als  blos 
latinisierte  formen  des  altd.  Chlodio  zu  betrachten?  Lassen 
wir    den   gutturalen    anlaut  fallen,    so    haben    wir   namen, 


*)  Glöte  mag  vom  orte  Gldthe  (reg.  bes.  liagdeb.)  herrtthren. 

30* 


46S  Andresen 

welche  den  obeugeuanDten  buchstäblich  gleich  stehn:  Lode, 
Löde,  Loth,  Lott,  Lutt,  Lauth.  Die  deutschheit 
von  Claude  wird  unterstützt  durch  die  in  Berlin  vorkom- 
menden uauien  Clodi  und  Cl ander,  von  denen  jener  de- 
minutives i  zeigt  (vgl.  Stark  Kosenamen  s.  53),  dieser,  wie 
mich  dünkt,  nicht  sowohl  ableitendes  -er  (F.  Becker  progr. 
Basel  lbü4  s.  15.  Steub  s.  G9)  als  vielmehr  Zusammensetzung 
mit  her  enthält.  Darnach  wäre  Clan  der  nebst  Klöter 
und  Klüter  zu  vergleichen  mit  Lauter,  Löther,  Lo- 
der,  Lotter  und  ähnlichen;  man  beachte  die  verschiede- 
nen bildungen  bei  Förstemann  unter  Chlodochar.  So  viel 
von  hiod. 

Dem  stamme  hrod  überweist  Förstemann  die  heutigen 
geschlechtsnamen  Gruttke,  Kruttge  und  Grotting, 
während  Steub  neben  andern  unannehmlichen*)  den  hierher 
passenden  namen  Krott  aufführt;  ich  nenne  noch  aus  Ber- 
lin; Grutte,  Grottke,  Krötke.  —  Wie  vorhin  Klöter 
zu  Chlodochar,  Chlothar,  ebenso  kann  K  röter  (vgl.  Rötter, 
Köder  u.  a.  m.)  zu  Chrodohar,  Chrothar  gehalten  werden, 
und  G rüder  dürfte  gleichfalls  stimmen,  GrOger  aber, 
wofern  es  nicht  Krüger  sein  soll,  gleich  Rüger,  d.  i. 
Rüdiger  gelten.  —  Was  kann  der  in  Berlin  vorhandene 
name  C  r  u  d  e  I  i  u  s  bedeuten  ?  Für  lateinisch  darf  man  ihn, 
obwohl  es  faniilien  giebt,  die  Grausam  heifsen,  der  form 
wegen  nicht  halten,  es  müsste  denn  zugleich  ein  sonder- 
barer misgriff  angenommen  werden;  latinisierung  des  fran- 
zösischen namens  stimmt  ebenfalls  nicht.  Legen  wir 
dagegen  eine  deutsche  form  „  Krudel "  d.  i.  Chrodilo, 
Hruodilo  (vgl.  Rudel,  Rudel)  zu  gründe,  so  bleibt  nichts 
weiter  zu  vermissen.  Aus  diesem  altd.  namen  können  auch 
durch  zusammenziehung  die  namen  Gruhl,  Gruel,  Grühl 
(vgl.  Ruhl,  Rühl)  hervorgegangen  sein.  —  Zuletzt  führe 
ich  und  zwar  mit  dem  allergrörsten  vertrauen  einen  namen 
an,  von  dem,  soviel  mir  bekannt  ist,  sämmtliche  forscher 
bisher  geschwiegen  haben;   er  kommt  in  hiesigen  und  an- 


'")  Auf  die  formen  mit  auslautendem  z,  tz,    geschweige  Roh,  8,   lasse 
ich  mich  absichtlich  garnicht  ein. 


altdeutsches  hl  und  hr  u.  s.  w.  469 

grenzenden  gegenden  in  drei  formen  vor:  Krudewig, 
Krutwig,  Krautwig.  Anfangs  war  ich  nicht  ungeneigt, 
da  mitunter  wirklich  ^wig"  für  „weg"  begegnet  (Kurtz- 
wig  neben  Kurzweg,  Viebig  neben  Vieweg),  einen 
krautweg,  etwa  der  durch  krautland  führt,  zu  verstehen; 
sehr  bald  aber  Oberwog  bei  weitem  die  rücksicht  auf  den 
altd.  namen  Chrodowig,  Hruodwig  (Förstern.  743),  den  ich 
jetzt  allein  festhalte.  Dem  vorwürfe,  dafs  ich  die  heutigen 
namen  Kraut  und  Krautwig  zu  vereinigen  mich  nicht 
entschliefsen  kann,  will  ich  durch  zwei  bemerkungen  zu 
begegnen  suchen,  1)  die  form  Krautwig  kann  als  spätere 
gestaltung,  vielleicht  als  eine  art  verneudeutschung  aus 
Krutwig  erscheinen*),  2)  ein  heutiger  geschlechtsname, 
welcher  mit  dem  ersten  theile  eines  altdeutschen  voll- 
namens  übereinstimmt,  ist  nicht  immer  hypokoristisch,  son- 
dern zuweilen  waltet  das  blos  äufsere  Verhältnis  der  homo- 
nymität**). 

Für  die  in  rede  stehende  erscheinung  haben  wir  schliefe- 
lieh  nun  noch  einen  neuen  stamm  zu  betrachten,  nämlich 
hraban.  Förstemann  stellt  einen  heutigen  geschlechts- 
namen  Cremlin  mit  gutem  recht  der  aus  dem  9.  jahrh. 
nachgewiesenen  form  Crammelin  gleich;  dazu  füge  ich 
den  namen  Kramel,  welcher  ein  altes  Chramilo  voraus- 
setzt. Sind  wir  nicht  ferner  auch  berechtigt,  den  bekannten 
adelichen  namen  Gramm  nebst  den  beiden  bürgerlichen 
Kramm  und  Kramme  auf  Chramnus  (Forst.  706)  zu  be- 
ziehen? desgleichen  vielleicht,  obschon  sie  auch  geogra- 
phisch nachweisbar  sind,  Gramm  und  Gram,  welchen 
letzteren  namen  Steub  wenig  annehmlich  und  durchaus 
wider  erwarten  „zornig"  übersetzt?    Mit  Ghranno-Hrabano 


♦)  Man  vergleiche  Früh  wein  (Frowin),  Liebrecht  (Lintberaht) 
Weichhold  (Wigold)  u.a.m. 

**)  Rothgang,  Rothreich,  Rothwald  enthalten  das  alte  hrod, 
aber  Roth  kann  auch,  wie  im  lat.  Rufus,  zuname  sein.  Desgleichen  mögen 
nicht  alle,  welche  Rath  heifsen,  ihren  namen  auf  altdeutsche  Zusammen- 
setzungen wie  Ratbald,  Ratbod,  Ratold  zurückführen.  Ebenso  steht  es  um 
Wald,  welcher  name  doch  gewis  in  erster  linie  lokal  zu  nehmen  ist,  ver- 
glichen mit  Wald  heim,  Wald  he  rr  (Walther);  ferner  um  Witt  (hochd. 
Weifs),  obwohl  Wittbold,  Wittekind  dem  alterthum  angehören. 


470  Borda 

(Forst.  707)  köDneD  endlich  auch  Gran  und  Grahn  zn- 
sammenhangen  (vgl.  Steub  126),  doch  ist  die  erstere  form 
mehrfach  lokal.  —  Mit  hraban  zusammengesetste  namen 
erkenne  ich  in  Granold  and  Eranold  (vergl.  Grannold 
aus  dem  8.  jahrh.  bei  Forst.  709)  =  Rammelt,  möchte 
auch  glauben,  dafs  G  rang  er  und  etwa  Eraniger  gleich 
Hrabanger  sind*).  Unter  Krahner  versteht  Pott  den  am 
krahn  beschäftigten;  vielleicht  ist  der  name  nebat  Kraner 
und  Grahner,  wofern  nicht  alle  vielmehr  geographisch 
erklärt  werden  müssen,  als  Hrabanher  zu  deuten.  Als  bei- 
spiel  der  erhaltung  des  hr,  ehr  im  zweiten  gliede  der  Zu- 
sammensetzung weifs  ich  fQr  jetzt  blos  den  namen  Wolf- 
gram (=  Wolfram)  zu  nennen,  den  schon  Förstemann 
1352  verzeichnet. 

Ob  namen  wie  Grapp,  Grabbe,  Erabb,  Krapp, 
Krappe,  welche  durchaus  hypokoristisch  erscheinen,  hier- 
her gehören  können,  will  ich  in  diesem  augenblicke  un- 
untersucht  lassen. 

Bonn.  K.  G.  Andresen. 


Zur  etymologie  von  naqqaaia. 

Unter  dem  titel:  „über  den  namen  Uslaayog^  hat 
Richard  Piscbel  in  dieser  Zeitschrift,  bd.  XX,  s.  369 — 379, 
einen  aufsatz  verö£Pentlicht,  worin  er  den  namen  Ilelaayog 
dadurch  zu  erklären  versucht,  dafs  er  ihn  an  eine  ältere 
form  desselben  namens  anschliefst.  Diese  form  glaubt  er 
nun  in  IlctQgaaiog  gefunden  zu  haben  und  setzt  parasja-(s) 
als  älteste  gestaltung  dieses  Wortes  an,  das  er  aus  paras 
(weiter,  jenseits)  und  der  wurzel  ja  (gehen)  erklärt.  Die 
Pelasger  sind  ihm  daher  „die  weiterziehenden^,  ^die  nach 
jenseits  seil,  des  meeres  ziehenden^.  Abgesehen  von  den 
lautlichen  Schwierigkeiten,  die  eine  gleichsetzung  von  üb- 
Auayog  und  llcegdaiog  schon  an  und  fQr  sich  sehr  bedenk- 
ich  machen,  ist  bei  dem  namen  Ilekaayog  nicht  einmal 
erwähnt,  ob  die  Pelasger  sich  selbst  so  nannten   oder  ob 

*)  Der  Ortsname  Krängen  verdient  schwerlich  den  Vorzug. 


zur  etymologie  von  Uaqqaala.  471 

sie  von  hellenischen  oder  barbarischen  stammen  zuerst  so 
genannt  wurden.  Was  aber  den  namen  IlaQQaöia  für  Ar- 
kadien und  als  namen  einer  Stadt  betrifil,  so  wäre  vor 
allem  auszumachen,  ob  diese  benennung  an  ort  und  stelle 
aufgekommen  oder  aus  der  fremde  dahin  verpflanzt  wor- 
den sei.  Wenn  die  Arkadier  schon  im  Alterthum  für  au- 
tochthonen  galten,  so  ist  höchst  wahrscheinlich  das  erstere 
der  fall  und  JJaoQaaia  mfisste  eine  bedeutung  haben, 
welche  auf  eine  beschaffenheit  des  ortes  selbst  hinweisen 
würde. 

Betrachtet  man  die  laute  in  dem  worte  UaQQaala^  so 
muss  man  sich  gleich  erinnern,  dafs  a  nach  den  schon  all- 
gemein bekannten  lautgesetzen  des  griechischen  auch  aus 
T  entstanden  sein  könnte  (vgl.  eveQy6(fia^  MilriCLog),  Die 
erklärung  von  6  aus  r  vor  i  bietet  also  keine  Schwierig- 
keiten dar,  wogegen  ein  (S  vor  ^  zu  schwinden  pflegt  (vgl. 
yivu  aus  *yevBai),  Jedenfalls  ist  Tlaggaaia^  UaQQciaioc, 
mittels  des  Suffixes  la  und  lo  abgeleitet,  nur  muss  man  ein 
Stammwort  mit  r  annehmen  und  dazu  passt  das  im  alt- 
indischen vorkommende  wort  pärvata-s  (berg)  vortrefilich, 
weil  es  alle  forderungen  in  bezug  auf  laut  und  bedeu- 
tung zu  befriedigen  im  stände  ist.  üeberdies  gibt  es 
auch  ein  adjectiv  parvatija-,  womit  Tlaggdaiog  genau  über- 
einstimmt. Denn  das  doppelte  q  erklärt  sich  durch  assi- 
milation  von  rv  zu  qq^  während  in  der  ebenfalls  Ober- 
lieferten form  TldQßatsia  der  konsonant  v  als  griechi- 
sches Iß  sich  erhalten  hat  (vgl.  ßqoxri  regen  mit  lit.  vil- 
gyti  benetzen,  böhmisch  vläha  =  altslov.  vlaga  feuchtig- 
keit).  Wenn  es  heifst:  ^^Nudvuoq  8h  flaQßaaiav  q)7}aiv 
aifvrjv  xexlr^aO^ai  öid  Tt)v  yfvxdovog  sig  rov  Jia  nagavo^ 
jbilav^^'  so  ist  dies  nichts  anderes  als  Volksetymologie.  Das 
dem  altindischen  pärvata-s  entsprechende  griechische  Stamm- 
wort mag  längst  vergessen  worden  sein,  so  dafs  man  sich 
riaQßaaict  nicht  anders  als  durch  eine  anlehnung  an  nagd- 
ßaaig  zu  erklären  wusste.  Habe  ich  aber  recht,  wenn  ich 
TIaQoaaia  von  einem  früh  vergessenen,  dem  altindischen 
pärvata-s  entsprechenden  griechischen  worte  ableite,  so  er- 
giebt  sich   als  bedeutung  von   flagoacia^   wo   es    das  land 


472  Meyer 

Arkadien  bezeichnet,  die  bedeutung  „bergland*'  {/laggaffia, 
seil.  }i]),  wo  es  aber  die  Stadt  bezeichnet,  die  bedeutung 
,,berg8tadt^  (TlaQQacia^  seil,  nohq)^  nnd  beide  sind  ganz 
natOrlich.  Wenzel  Burda. 


'Edoi  —  ij:d(a  aus  Oejrdo), 

Sophus  Bugge  führt  in  seinem  gar  manches  werth- 
volle  enthaltenden  aufsatze  über  „altlateinische  Wörter  und 
wortformen  bei  Festus  und  Paulus^  im  hundertundf&nften 
bände  der  neuen  Jahrbücher  für  philologie  und  pädagogik 
(seite  95)  unter  anderem  das  wort  desiväre  auf,  das  mit 
erklärendem  desinere  also  „ablassen^  überliefert  ist,  und 
identificiert  das  daraus  entnommene  einfache  siväre  mit 
dem  griechischen  kdw^  das  aus  asfdco  entstanden  sein  soll, 
worin  wir  nicht  den  mindesten  grund  haben,  ihm  zu  wider- 
sprechen.  Wenn  er  aber  weiter  bemerkt,  dafs  die  epische 
form  eidü)^  wiewohl  diese  von  Kraushaar  im  zweiten  bände 
der  Studien  von  Georg  Curtius  (seite  430)  geleugnet  werde, 
aus  kjrdco  entstanden  sein  könne,  so  muss  ich  dagegen 
auf  die  bereits  im  zehnten  bände  (seite  50)  dieser  Zeit- 
schrift von  mir  gemachte  bemerkung  hinweisen,  dafs  keine 
einzige  homerische  form  des  verbs  ^jräv  mit  el  anlautet, 
„aufser  wo  das  augment  sich  vorfindet^.  Weiter  hält  Bugge 
noch  für  nützlich  zuzufügen,  dafs  durch  die  erklärung  des 
griechischen  ido)  aus  oefdoo  der  von  Kraushaar  vermuthete 
Zusammenhang  desselben  mit  dem  indischen  as  „werfen, 
wegwerfen,  fahren  lassen"  jedoch  nicht  aufgehoben  werde. 
Dieser  eigenthümlichen  rücksichtnahme  gegen  Kraushaar 
bedarf  es  aber  in  der  that  nicht,  da  sein  aufsatz  über  das 
griechische  idw  so  gut  wie  ganz  werthlos  ist. 

Dafs  kdvi)  aus  (Ssjrdat  entstanden  ist,  habe  ich  bereits 
vor  acht  jähren  in  den  göttingischen  gelehrten  anzeigen 
ausgesprochen  und  zwar  im  Widerspruch  gegen  Georg 
Curtius,  der  in  seinen  erläuterungen  (seite  93)  darauf  hin-« 
gewiesen,  dafs  die  scheinbare  unregelmäfsigkeit  der  mit  et 
augmentirenden    verbalformen    in    der    Vergangenheit    der 


/aoj   —  ißaw  aus  mj-aui,  473 

spräche  ihre  erklärung  findet,  und  dazu  bemerkt  hatte: 
^Mit  ausnähme  von  ^aw,  über  dessen  Ursprung  bisher  nur 
vermuthungen  vorliegen,  ist  der  consonantische  anlaut  für 
sämmtliche  hier  aufgeführte  verba  (^i^/Cw,  ikirröM,  ^Axw, 
^Ttouat^  kgyd^ouaij  ^(jtto?,  iaiidw^  %<«^;  sl'ufjv,  elXov^  eJffa) 
erwiesen".  Ueber  käw  bemerkte  ich  am  angeführten  orte 
noch  weiter,  dafs  es  sich  anschliefse  an  das  altindische 
suvati  „er  erregt,  er  sendet*^  oder  vielmehr  zunächst  an 
dessen  causalform  sävajati,  neben  der  auch  ein  kurz- 
vocaliges  sävajati  gedacht  werden  könne,  dem  das  alte 
^jrdsL  ganz  genau  entsprechen  würde.  Aus  dem  Rgvedas, 
in  dem  das  angeführte  verb  gar  nicht  ungewöhnlich  ist, 
hatte  ich  beispielsweise  drei  stellen  aufgeführt,  die  hier 
wiederholt  sein  mögen:  5,  82,  4;  adjä  nas  döva  Savi- 
tar  pragävat  sävis  säubhagam,  pärä  duäväpniam 
Suva  5, jetzt,  o  gott  Savitar,  sende  (verleihe)  uns  kinder- 
reiches glück,  fort  sende  Schlaflosigkeit";  9,  66,  19:  ä  suva 
ürgam  iSam  ka  nas  „herbei  sende  uns  kraft  und  speise"; 
7,  63,  4:  ganäs  suriena  pra-sütäs  „die  menschen  durch 
die  sonne  erregt  (erweckt)".  An  sonstigem  zubehör  mag 
noch  genannt  sein:  ä-sava-,  m.  „belebung,  anregung", 
ä-savitär-,  m.  „anreger",  ä-suti-,  f.  „erregung,  bele- 
bung", pra-sava-,  m.  „antrieb,  schwung,  anregung;  för- 
derung,  beihülfe",  pra-savitär-,  m.  „antreiber,  erreger", 
prä-süti,  f.  „anregung,  geheifs".  Dafs  für  ^aw  kein  mat- 
tes „zulassen",  sondern  ein  lebendigeres  und  kraftvolleres 
„lassen,  veranlassen,  antreiben,  senden"  als  ältere  bedeu- 
tung  zu  muthmafsen  ist,  bedarf  keines  besonderen  hervor- 
hebens. 

Dorpat,  den  11.  September  (30.  august)  1872. 

Leo  Meyer. 


Reliqaiarum  dialecti  Creticae  pars  prior.  Glossae  creticae  cum  commentariolo 
de  univeisa  creticae  dialecti  indole.  Scripsit  M.  Kleemann.  Balis 
SaxoDum.    In  libraria  Lippertiana  (Max  Niemejer)  MDCCCLXXII. 

Eine   sorgfältige    und   verständige  arbeit,    welche    die 
aufmerksamkeit   der  leser   dieser  Zeitschrift  wohl  verdient. 


474  6«rland,  anzeige. 

Ihr  hauptgewicht  liegt  in  der,  so  weit  wir  sehen,  wohl 
vollständigen  Zusammenstellung  der  kretischen  glossen,  und 
da  dieselben,  wie  sie  sprachlich  höchst  interessant  sind, 
der  etymologischen  erklärung  viele  sehr  bedeutende  Schwie- 
rigkeiten bieten,  welche  noch  keineswegs  gelöst  sind,  so 
ist  es  schon  deshalb  von  werth,  alle  diese  formen  überse- 
hen zu  können.  Eigene  deutungen  hat  der  Verfasser  so 
gut  wie  nicht  versucht,  kaum  dafs  er  hier  und  da  erklä- 
rungen  anderer  vorbringt.  Doch  wird  man  ihm  keines- 
wegs eine  solche  beschränkung  zum  Vorwurf  machen  kön- 
nen, gerade  bei  der  Schwierigkeit  seines  materlals.  Indem 
wir  nun  in  dieser  Zeitschrift  billigerweise  das  werkchen 
nur  nach  seinem  linguistischen  werthe  beurtheilen  (obgleich 
es  auch  fQr  die  kritik  mancherlei  bringt  und  uns  z.  b.  die 
emendation  zu  Schol.  in  Hes.  Theog.  484  —  s.  22,  s.  v. 
aiyidoxog  —  sehr  einleuchtend  erscheint),  so  haben  wir 
noch  zu  bemerken,  dafs  auch  die  einleitung,  welche  über 
den  kretischen  dialekt  handelt,  bei  besonnener  und  gesun- 
der art  der  forschung  die  dialectologie  wirklich  fördert 
und  namentlich  der  nachweis  gelungen  ist,  dafs  der  kreti- 
sche dialect  selbst  wieder  nach  zeit  (was  sich  von  selbst 
versteht)  und,  was  von  gröfserem  interesse  ist,  nach  den 
verschiedenen  Städten  und  gegenden  der  insel  sich  man- 
nigfach specialisirt  habe.  Um  so  mehr  wundert  es  uns, 
ab  und  zu  auf  eine  ansieht  gestofsen  zu  sein,  welche  auf 
durchaus  verkehrter  auffassimg  der  mundarten  und  ihres 
Wesens,  ja  der  ganzen  spräche  und  ihrer  entwicklungsge- 
schichte  beruht.  Der  verf.  nämlich  erwähnt  öfters  die 
„horrida  ineruditorum  hominum  lingua^,  ja  er  meint,  die 
höchst  merkwürdige  form  r(;€  ==  <fi  liefse  sich  durch  den 
willkürlichen  einschub  eines  (>,  der  in  jener  horrida  incul- 
torum  lingua  möglich  sei,  erklären!  Eine  ähnliche  aufifas- 
sung  ist  es,  wenn  er  s.  30  ysQoirag  aus  yBQovTag  produc- 
tione  suppletoria  erklärt,  die  wir  hier  gewifs  ebenso  wenig 
haben  als  in  avyelv^  avoog  u.  s.  w.  für  dkyslv  u.  s.w., 
welche  diphthonge  s.  18  richtiger  besprochen  sind. 

Der  zweite  theil,  den  herr  Kleemann  in  aussieht  stellt, 
wird  sämmtliche  kretische  inschriften  enthalten;   wir  wün- 


Kuhn,  anzeige.  '  475 

sehen  nur,  dafs  er  bald  erscheine  und  so  die  sehr  empfeh- 
lenswerthe  arbeit  zum  vollen  abschlufs  bringe. 

Halle  a.  d.s.,  11.  mai  1872.  Georg  Gerland. 


Die    verwantschaftsverhältmsse    der    indogermanischen  sprachen    Von   Jo- 
hannes Schmidt.    Weimar,  Hermann  Böhlan.    1872.  IV,  68  ss.  8. 

Vorliegende  schrift  ist  die  weitere  ausfuhrung  eines 
in  der  sprachwissenschaftlichen  section  der  letzten  philo- 
logen  Versammlung  gehaltenen  und  mit  wohlverdientem  bei- 
fall  aufgenommenen  Vortrages.  Abschliefsende  Untersu- 
chungen zu  bieten,  war  nicht  die  absieht  des  Verfassers. 
„Es  lag  mir  daran,  sagt  er  in  der  Vorbemerkung,  die  dis' 
cussion  einer  frage  wieder  zu  eröffnen,  welche  manchem 
schon  abgeschlossen  erscheint,  zu  mahnen,  wie  unsicher 
der  gegenwärtig  a!s  giltig  anerkannte  Stammbaum  unserer 
sprachen  ist**  u.  s.  w.  Der  kernpunkt  der  bisher  herrschen- 
den ansieht  über  die  verwandtschaftlichen  beziehungen  der 
indogermanischen  sprachen  ist  die  annähme  einer  europäi- 
schen grundsprache ,  die  als  geschlossene  einheit  der  ari- 
schen gegenübergestellt  wird.  S.  prüft  die  richtigkeit  die- 
ser annähme  durch  ein  genaueres  eingehen  auf  die  ver- 
wandtschaftliche Stellung  des  lituslavischen  wie  des  grie- 
chischen zu  ihren  nachbarsprachen.  Er  gelangt  zu  dem 
resultat:  1)  das  lituslavische  ist  einerseits  untrennbar  mit 
dem  deutschen,  andererseits  ebenso  untrennbar  mit  dem  ari- 
schen verkettet  (s.  16);  2)  das  griechische  ist  ebenso  un- 
zertrennlich mit  dem  lateinischen  wie  mit  dem  arischen 
verbunden  (s.  24).  Die  argumente  dafür  sind  theils  schon 
von  anderen  gelehrten  vorgebracht,  theils  erst  von  S.  mit 
grofsem  Scharfsinn  geltend  gemacht  worden;  für  die  be- 
ziehung  des  slavischen  zum  arischen  ist  namentlich  die  zu- 
letzt von  Ascoli  eingehend  behandelte  Übereinstimmung 
der  palatalen  Zischlaute  in  folgenreichster  weise  entschei- 
dend (s.  10  ff.).  Durch  diese  resultate  wird  die  annähme 
einer  gemeinsamen  europäischen  grundsprache  hinfällig: 
„wir  sehen  überall  nur  stufenweisen  continuierlichen  über- 


476  Verzeichnis  eingegangener  Schriften. 

gang  von  Asien  nach  Europa^  (s.  24).  Ein  ähnliches  er- 
gebnis  stellt  sich  nach  Lottuers,  Ebels  und  Schleichers 
Untersuchungen  &ir  die  noch  übrigen  europäischen  spra- 
chen heraus,  und  zwar  ist  das  lateinische  die  organische 
vermittelung  zwischen  allen  seinen  nachbarn,  dem  griechi- 
schen, keltischen  und  deutschen  (s.  25).  So  ist  denn  der 
ganze  bisher  aufgestellte  Stammbaum  beseitigt: 
,,  überall  sehen  wir  continuierliche  Übergänge  aus  einer 
Sprache  in  die  andere,  und  es  läfst  sich  nicht  verkennen,  dafs 
die  indogerman.  sprachen  im  ganzen  und  grofsen  desto 
mehr  an  ursprünglichkeit  eingebüfst  haben,  je  weiter  sie 
nach  Westen  vorgerückt  sind,  und  je  zwei  aneinander  gren* 
zende  sprachen  immer  gewisse  nur  ihnen  gemeinsame  cha- 
rakterzüge  zeigen"  (s.  26).  Die  s.  27  f.  für  die  neue  an- 
sieht gewählten  bilder  werden  allerdings  wenig  zureichend 
sein;  die  hauptsache  bleibt  die  fast  selbstverständliche  an- 
nähme, dafs  zwischen  den  uns  erhaltenen  sprachen  andere 
ausgefallen  sind,  welche  die  allmählichen  Übergänge  noch 
näher  vermittelten.  Es  folgen  s.  28  ff.  treffende  bemerkun- 
gen  über  die  reconstruction  von  grundformen. 

Der  anhang  s.  3'2  ff.  enthält  nach  einigen  orientieren- 
den bemerkungen  die  zur  weiteren  begründung  des  vor- 
getragenen dienenden  Wortverzeichnisse  in  neun  hauptab- 
theilungen.  Der  verf.  gibt  auch  diese  Verzeichnisse  nur 
als  einen  versuch  und  in  der  that  sind  sie  wohl  mancher 
Verbesserungen  fähig  (unter  den  dem  lateinischen  mit  dem 
arischen  gemeinsamen  Wörtern  fehlt  z.  b.  ulucus  =  skr. 
ulüka),  die  jedoch  Schmidts  sämmtliche  aufstellungen  nur 
weiter  bestätigen  werden. 

Berlin,  october  1872.  Ernst  Kuhn. 


Verzeichnis  eingegangener  Schriften. 

The  Academy.   A  Record  of  Literature,  Learning,  Science, 

and   Art.  No.  57  —  68    (October  1,    1872  —  March 
15,  1873). 


Verzeichnis  eingegangener  Schriften.  477 

Ueber  den  Begriflf  der  Liebe  in  einigen  alten  und  neuen 
Sprachen.  Von  Dr.  Carl  Abel.  Berlin  1872.  63  ss. 
8.  (Sammlung  gemeinverständlicher  wissenschaftlicher 
Vorträge,  herausgegeben  von  Rud.  Virchow  und  Fr.  v. 
Holtzendorff.  VII.  Serie.   Heft  158  u.  159). 

Ueber  Namen  und  Zeit  des  Campus  Martins  der  alten 
Franken.  Von  Heinrich  Ludolf  Ahrens.  Hannover 
1872.    42  ss.    4. 

Der  gothische  Conjunctiv  verglichen  mit  den  entsprechen- 
den Modis  des  neutestamentlichen  Griechisch.  Ein  Bei- 
trag zur  vergleichenden  Sprachforschung  von  Dr.  Fer- 
dinand Burckbardt.    Zschopau  1872.  2  bl.  u.  36  ss.   8. 

Studien  zur  griechischen  und  lateinischen  Grammatik  her- 
ausgegeben von  Georg  Curtius.  Fünfter  Band.  Leipzig 
1872.     442  SS.  8. 

Gedanken  über  die  Herkunft  der  Sprache.  Von  Julius 
Faucher.  IX.  Geflügelte  Worte.  (Vierteljahrschrift 
für  Volkswirthschaft  und  Kulturgeschichte  XXXVIII, 
s.  104 — 158.  (Die  principien  des  herrn  Verfassers  sind 
mindestens  originell,  ihre  ausführung  scheitert  an  der 
willkürlichen,  die  Sprachgeschichte  nicht  berücksichti- 
genden behandlung  der  laute). 

Das  gothische  Verbum  in  sprach  vergleichender  Hinsicht 
dargestellt  von  C.  W.  M.  Grein,  Dr.  phil.  Cassel  1872. 
IV  u.  75  SS.     8. 

Wörterbuch  zum  Rig-Veda.  Von  Hermann  Grafsmann. 
Erste  Lieferung.  Leipzig  1873.  VIII  ss.  u.  288  sp.    8. 

Angelo  de  Gubernatis,  Cenni  Ropra  alcuni  indianisti  vi- 
venti.  Firenze  1872.  42  ss.  8.  (Estratto  della  Rivista 
Europea). 

Revue  de  Linguistique  et  de  Philologie  comparöe.  Recueil 
trimestriel  public  par  M.  Abel  Hovelacque  avec  le  con- 
cours  de  MM.  jfimile  Picot  et  Julien  Vinson  et  la  col- 
laboration  de  divers  savants  franpais  et  6trangers.  Tome 
cinqui^me,  I^r  et  ll^^e  Fascicule.  Paris  1872.  [Enthält 
u.  a.:  Ab.  Hovelacque  Euphonie  sanskrite.  —  Questions 
de  grammaire  zende  (Suite).  —  DE.  —  Importanoe  des 
themes  sk.  napat-,   naptr-,   z.  napät-,   naptar-.  —   La 


478  Verzeichnis  eingegangener  Schriften. 

sifflante  linguale  du  sanskrit.  —  Sur  la  prononciation 
du  R-voyelle  en  sanskrit.  ^  H.  Cbavee  Du  souffle  k  la 
parole  par  la  flamme  et  la  lumi^re.  ^  Ch.  Ploix  Mer- 
cnrius,  Mars  et  la  racine  mar.  ^  Ch.  Scboebel  Th^ 
pbile,  Tb^opbobe]. 

Abel  Hovelacque,  Memoire  sur  la  primordialit^  et  la  pro- 
nonciation du  R-vocal  sanskrit.   Paris  1872.  29  88.   8.  / 

Abel  Hovelacque,  Notice  sur  les  subdivisions  de  la  langue 
commune  indo-europ^enne.  (Revue  d'Antbropologie  1872, 
p.  475—479). 

Germaanscbe  Woorden  in  Latijnscbe  Opscbriften  aan  den 
Beneden-Rijn.  Bijdrage  van  H.  Kern.  Overgedrukt 
uit  de  Verslagen  en  Mededeelingen  der  Koniuklijke 
Akademie  van  Wetenschapen ,  Afdeeling  Letterkande, 
2<i«  Reeks,  Deel  II.     Amsterdam  1872.  33  ss.  8. 

Rector  commilitonibus  certaraina  eruditionis  propositis  prae- 
miis  in  annum  MDCCCLXXIII  indicit.  Praemissa  est 
Ludovici  Langii  de  formula  Homerica  ei  8*  ay^  com* 
mentatio.     Lipsiae. 

Der  bomerische  Qebraucb  der  Partikel  £1  von  Ludwig 
Lange.  I.  Einleitung  und  £1  mit  dem  Optativ.  Des 
VI.  Bandes  der  Abbandlungen  der  philologisch -bisto- 
riscben  Classe  der  Königl.  Sächsischen  GeseUschaft  der 
Wissenschaften  No.  IV.     Leipzig  1872. 

Mittelbocbdeutscbes  band  Wörterbuch  von  Dr.  Matthias 
Lexer.  Achte  lieferung  (Zweiten  bandes  erste  lieferung). 
Leipzig  1872.     320  sp.     8. 

Agglutination  oder  adaptation?  £ine  sprach wiszenscbaftliche 
Streitfrage  von  Alfred  Ludwig.  Mit  nachtragen  zu  des 
verfaszers  „Infinitiv  im  Veda".   Prag  1873.   133  88.   8. 

Etymologische  Untersuchung  über  sul,  sued  und  verwandte 
Wurzeln.  Von  J.  Meister.  17  ss.  8.  (Im  ,,Jahre8- 
Bericht  über  das  k.  k.  akademische  Gymnasium  in  Wien 
für  das  Schuljahr  1871  —  1872"  —  etymologien  nach 
durchaus  veralteter  methode). 

Mömoires  de  la  Societe  de  Linguistique  de  Paris.  Tome 
second,  1er  fascicule.  Paris  1872.  [Enthält  u.  a. :  L.  Ha- 
vet.     Le  renforcement  dans  la  d^clinaison  en  a.  —  A. 


Verzeichnis  eingegangener  Schriften.  479 

Bergaigne.  De  la  valeur  phonötique  de  ranusvära  saus- 
crit.  —  Id.  Du  pretendu  cbangement  de  ar  final  en 
o  en  sanscrit.  —  D'Arbois  de  Jubainville.  Du  mot 
franc  chramnae  ou  hramne.  —  Michel  BröaL  Etymo- 
logies  latines.  —  G.  Maspero.  Sur  quelques  singula- 
rites  pbonetiques  de  TespagDol  parlä  dans  la  campagoe 
de  Buenos -Ayres  et  de  Montevideo,  —  D'Arbois  de 
Jubainville.  J.  Grimm  et  Marcellus  de  Bordeaux.  — 
Id.  Fagne,  faigne,  fange.  —  A.  Bergaigne:  eag^  ushar. 
—  L.  Havet.  Sur  la  nature  pbysiologique  des  nasales 
et  des  1]. 
A  German  Critic  on  American  Pbilologists  (In  „The  Na- 
tion" (New  York)  No.  378;    mit  bezug  auf  Zeitschr. 

XXI,  92  ff.)- 

Gab  es  eine  mittelhochdeutsche  Schriftsprache?  Vortrag 
gehalten  zur  erlangung  der  venia  legendi  an  der  Uni- 
versität Leipzig  von  Dr.  Hermann  Paul.  Halle  a.  d.  S. 
1873.    37  SS.    8. 

lieber  Wechsel  und  Wandel  der  Wortbedeutungen  im 
Deutschen.  Ein  germanistisch-philologischer  Streifzug 
von  Dr.  Sachse.  30  ss.  8.  (Im  „Bericht  ftber  die  höhere 
Knaben -Schule  vom  Oberlehrer  Dr.  Sachse",  Berlin 
1872). 

Mittelniederdeutsches  Wörterbuch  von  Dr.  Karl  Schiller 
und  Dr.  August  Lübben.  Zweites  Heft,  arnt — besäte. 
Bremen  1873. 

Tidskrift  for  Philologi  og  Paedagogik.  Niende  Aargang. 
Kjöbenhavn  1870.  1871.  [Enthält  u.  a.:  Etymologisk 
forklaring  af  nogle  pronominer  i  Nordisk.  Af  Sophus 
Bugge]. 

Dass.  Tiende  Aargangs  Iste  og2det  Hefte.  Kjöbenhavn  1872. 
[Enthält  u.  a. :  Minder  om  K.  J.  Lyngby.  Samlede  af 
Rektor  C.  Berg  i  Frederiksborg]. 

Transactions  of  the  American  Philological  Association. 
1869—1870.  Hartford  1871.  [Enthält  u.a.:  On  the 
Nature  and  Theory  of  the  Greek  Accent.  By  Profes- 
sor James  Hadley.  —  On  the  Nature  and  Designation 
of  the  Accent  in  Sanskrit.     By  Professor  William  D. 


480  Verzeichnis  eingegangener  Schriften. 

Whitney.  —  On  the  Aorist  Subjuoctive  and  Future 
Indicative  witli  'Onwi^  and  Ov  firj.  By  Professor  Wil- 
liam W.  Goodwin.  —  On  the  German  Vernacnlar  of 
Pennsylvania.  By  Professor  S.  S.  Haldeman.  —  On 
the  Present  Condition  of  the  Question  as  to  the  Ori. 
gin  of  Language.     By  Professor  William  D.  Whitney. 

—  On  Certain  Forms  of  the  English  Verb  which  were 
used  in  the  Sixteenth  and  Seventeenth  Centuries.  By 
Thomas  R.  Lounsbury]. 

Dass.  1371.  Hartford  lb72.  [Enthält  u.  a.:  On  the  so- 
ealled  Attie  Second  Declension.  By  Professor  Frederic 
D.  Allen.  —  Strictures  on  the  Views  of  August  Schlei- 
cher respecting  the  Nature  of  Language  and  kindred 
subjects.  By  Professor  William  D.  Whitney.  —  On 
English  Vowel  Quantity  in  the  Thirteenth  Century  and 
in  the  Nineteenth.  By  Professor  James  Hadley.  — 
Anglo-Saxon  and  Early  English  Pronunciation.  By 
Professor  Francis  A.  March.  —  Some  Notes  on  Ellis^s 
Early  English  Pronunciation.  By  Charles  Astor  Bristed. 

—  On  some  forms  of  Conditional  Sentences  in  Latin, 
Greek,  and  Sanskrit.     By  James  B.  Greenough]. 

Oriental  and  Linguistic  Studies.  The  Veda;  the  Avesta; 
the  Science  of  Language.  By  William  Dwight  Whit- 
ney. New  York  1873.  IX  u.  417  ss.  8.  [Enthält  u.a.: 
Indo-European  Philology  and  Ethnology.  —  MoUer's 
Lectures  on  Language.  —  Present  State  of  the  Que- 
stion as  to  the  Origin  of  Language  (vgl.  oben).  —  Bleek 
and  the  Simious  Theory  of  Language.  —  Schleicher 
and  the  Physical  Theory  of  Language  (vgl.  oben).  — 
Steinthal  and  the  Psychological  Theory  of  Language. 
Language  and  Education]. 

De  infinitivi  linguarum  sanscritae  bactricae  persicae  graecae 
oscae  umbricae  latinae  goticae  forma  et  usu.  Scripsit 
Eugenius  Wilhelmus.    Isenaci  (1873).    VIII  u.  96  ss.  8. 

Berlin,  20.  märz  1873.  E.  K. 


Häfelin,  abhandlnngen  über  die  roman.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.  481 

Abhandlungen  über  die  romanischen  mund- 
arten der  Südwestschweiz. 

Erste  abtheilung: 

Die  mundarten  des  cantons  Neuenburg, 

Erster  theil:  Lautlehre. 
//.     Die  consonanten, 

1.    Die  liquiden. 

A.  L.  a)  Es  finden  mehrfache  Übergänge  statt  und 
zwar:  a)  in  r:  corporanc«  (3,4),  corpulence  (corpulentia) ; 
pourmon  (4),  poumon  (pulmo,-oni8);  ra-n-sinol«  (4),  rossig- 
nol  (dim.  von  luscinia,  lusciniola);  orma  (3),  ulme;  ß)  in 
n:  c'neulye  (3),  c'nolye  (4,  5),  quenouille  (conucula  statt  co- 
lucula  von  colus);  neteuly«  (2),  nateuly«  (3),  nenteilye  (5b), 
lentille  (lenticula).  b)  L  ist  spurlos  verschwunden  in: 
dyebc  (3),  dyäbö  (4),  diable  (diabolus),  vielleicht  unoi  das 
wort  euphemistisch  zu  entstellen;  soff«  neben  soffye  (3), 
sou£P]e.  Ebenso  verschwindet  es  regelmäfsig  in  den  mund- 
arten von  Ligni^res  und  Landeron  in  der  Verbindung  mit  y. 
c)  Als  ursprünglicher  artikel  findet  es  sich  zusammenge- 
wachsen in  dem  auch  im  französischen  gleich  gebildeten 
ledeman  (1,  2)  lademan  (3),  ledeman  (4),  lendeman  (5b), 
lendemain  (l'indemane);  lerte,  le  gro  lerte  (1),  orteil,  le 
grand  orteil  (articulus) ;  livr«  (3),  livrd  (4),  pis  d'une  vache 
(artikel  mit  uvre  aus  über),  d).  Versetzt  und  vocalisirt  ist 
1  in  ceüdr«  (2,  3),  ceüdra  (4,  5b),  coudre  (aus  colyrus,  col- 
d-rus  statt  corylus);  ebenso  hat  11  seine  stelle  mit  n  ver- 
tauscht in  geneulye  (1,  2),  poule  (gallina),  während  das 
patois  von  Verri^res  die  laute  an  der  ursprünglichen  stelle 
beibehält,  aber  den  accent  zurückzieht  und  die  liquid a  in 
das  verwandte  r  verwandelt:  zer'na,  e)  Bisweilen  tritt  die 
erweiehung  bei  einfachem  1,  namentlich  gern  vor  i,  ein: 
delyon  (2),  lundi  (dies  lunae);  lyagot  (2),  mare  d'eau 
(abgeleitet  von  lacus);  lyCn.mä  (2),  (limare);  ly'maCe  (2), 
limace  (limax,  -acis);  lyeceü  (2),  drap  de  lit  (linteolum); 
valye  (2),  valyä  (4),  valoir  (valere).  In  der  1.  gruppe  dul- 
den  die  dialekte  von  Lignieres  und  Landeron  die  verbin- 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6.  gj 


482  Il&felin 

dung  ly  nicht,  es  bleibt  davon  nur  j  übrig:  deyon,  lundi; 
yfer«   (Ligniöres),   lirc  (legere);   voyä  (Ligniferes),  vonloir 
(volere  statt  velle).    f)  Steht  1  vor  einem  consonanten,  so 
vocalisirt  es  sich  zu  u  und  verbindet  sich  mit  dem  vorher- 
gehenden vocal  zu  einem  laut  und  zwar  mit  a in  der  1.,  2.,  3. 
und  5.  gruppe  zu  6,  während  in  der  4.  gruppe  an  seiner  stelle  ä 
erscheint,  mit  o  meist  zu  ou  und  mit  u  gewöhnlich  ebenfalls  zu 
ou.    Beispiele:  ob«  (1,  2),  oba  (3,  5),  äba(4),  aube  (alba);  6ö 
m.  döde  f.  (1,  2),  do  m.  döda  f.  (3),  cö  m.  coda  f.  (5),  <5S 
m.   däda  f.  (4),    (calidus,   a);    fö  (1,  2,  3,  5),    fä  (4),    faux 
(falx,  -eis);  fö  m.  föss«  f.  (1,  2),  fö  m.  fössa  f.  (3,  5),  fä  m. 
fgssa  f.  (4),  (falsus,  a);  gön«  (1,  2,  3),  zön«  (5a),  gän6  (4), 
jaune  (galbinus);    coü  (1,  2,  3,  4,  5b),  cd  (5a),  coup  (coP- 
pus,  colaphus);  coüpabye  (1,  2),  coöpäbye  (3),  coupeby^  (4), 
copäbye  (5a),  coupäbyo  (5b),   coupable  (culpabilis).     Statt 
der  aus  der  Verbindung  eines  vocalisirten  1  mit  dem  vor- 
hergehenden vocal   entstandenen    eben    aufgeführten    laute 
erscheint  in  unbetonter  silbe    oft  ein  blofses  u:    duci  (4), 
cuci  (5a)   neben   döci,   cöci,  chausser  (calceare);   dudö   (4) 
und  cudä  (5a)  neben  cödä,  cödä,  chauffer  (caldare  in  ex- 
caldare)  mit  den  composs.  edudä  (1)^  ^chauffer  (excaldare) 
und    redudä,    rechau£Per    (ebend.);    cute    neben    coüte   und 
conete  (2),  cutei  (4),   couteau   (cultellus);   ducet  m.  dup'ta 
f.  (4),   doux,  ce   (dim.  von    dou  =  dulcis);  sut6  (4),  sutS 
(1,  5a)  neben  sota  (saltare);   in  pouidra  (5a),  poudre  (pul- 
verem)  hat  sich  aus  dem  aus  1  hervorgegangenen  u  i  ent- 
wickelt, während  der  dialekt  der  Paroisse  in  poüudra  sein 
u   noch   zeigt;   e  an  stelle  von  i  erscheint  in:   cou^t^  (2). 
g)  Geminirtes  1  (11)   trifit    die  er  weichung  zu  ly  häufiger, 
als  einfaches;  doch  sind  auch  die  fälle,  wo  sie  unterbleibt 
nicht  selten.    Beispiele:  bolyl  (2),  boelyl  (5a),  (bullire);  fa- 
lyä  (1,  Lignieres),  falye  (2),  falyä  (4),  falloir  (fallöre  statt 
fallere);    gueryon*)    (1,   Lignidres),    grille    (mittelst    der 
ableitungssilbe  -on    gebildet    von    gryllus    mit    Versetzung 
des  r  und   der  im   patois  von   Lignieres  beliebten  nnter- 


*)  gu  ist  zu  sprechen  wie  französisches  gu  in  gu^rir;  ebenso  bezeich- 
net qu  denselben  lant  wie  im  französischen. 


abhandlungen  über  die  roman.  mnndarten  der  Sttdwestflchweiz.      48$ 

drückung  des  1  in  der  Verbindung  ly);  moeljl  (5a),  molyl 
(5b),  (mollire) ;  travalyi  (1),  travailler  (transvallare).  h)  Lr 
nimmt  ein  euphonisches  d  in  die  mitte:  meüdre  (2),  (mol- 
d-re);  revoudr«  (2),  envelopper  (re-involvere,  re-invol-d-re). 
i)  Tl  verwandelt  sein  t  in  e  in  Wörtern  älterer  bildung, 
wobei  die  liquida  erweicht  und  die  ganze  Verbindung  zu 
ly  wird;  also:  vilye,  zu  Lignieres  und  Landeron  Viey« 
(1),  vielye  (2),  vilye  (3),  vllyö  (4),  vlly«  (5a),  vllyo  (5b), 
vieux  (vec'lus  statt  vet'lus,  vetulus,  ital.  vechio  und 
veglio).  k)  Cl  und  Gl.  Bei  cl  haben  wir  eine  zweifache 
bildung  zu  unterscheiden,  eine  ältere  und  eine  jüngere. 
Nach  der  älteren  bildung  nimmt  es  dieselbe  gestalt  an, 
wie  gl;  1  wird  nämlich  erweicht  und  geht  mit  c  sowohl 
wie  mit  g  in  ly  über.  Auch  qu'l  erweicht  sich  zu  ly.  Die 
mundarten  von  Lignieres  und  Landeron  dulden,  wie  wir 
bereits  wissen,  die  Verbindung  ly  nicht  und  begnügen  sich 
mit  blofsem  y.  Beispiele:  a)  ely©,  äy«  zu  Lignieres  (1), 
aigle  (aquila);  r'nolye  (1  —  5a),  renolye  (5b),  grenouille 
(gls.  ranucula);  e-t'nely«  (3),  e-t'nely«  (4),  e-tenaly©  (5b),  te- 
naille;  ß)  calyl  (3,  4),  cailyi  (5a),  Coalyl  (5b),  cailler  (coa- 
gulare);  frely«  (3),  (fragilis);  lyaCe,  yac«  zu  Lignieres  und 
Landeron,  glace;  a-lyan  (I  —4),  a-yan  zu  Landeron,  a-yän  zu 
Lignieres,  lyan  (5),  gland;  rilye  neben  regia  (3),  rely«  (4), 
reilye  (5b),  rögle  (regula);  velyl  (vigilare).  Neben  der 
eben  erwähnten  älteren  bildung  des  cl  erscheint  eine  jüngere, 
die  darin  besteht,  dafs  1  zunächst  erweicht  wird  zu  ly, 
woraus  die  lautverbindung  cly  hervorgeht,  die  im  patois 
des  montagnes  in  seltenen  föllen  noch  vernommen  wird, 
wie  z.  b.  in:  bouclye,  boucle  (buccula).  Gewöhnlich  aber 
bleibt  von  ly  nur  der  halbvocal  übrig,  der  sich  mit  dem 
gutturalen  c  zu  cy  verbindet,  eine  lautcombination,  die 
jetzt  meistentheils  mit  ty  vertauscht  ist;  nur  im  patois  von 
Travers  klingt  ty  noch  an  cy  an;  boty«  lautet  dort  fast 
wie  bocye,  ^artyo  fast  wie  ^SkTi^jS^  tyä  fast  wie  ^yä,  de- 
tyen  fast  wie  decyeri,  tyoule  fast  wie  ^youlö,  tyour«  fast 
wie  cyoure,  metye  fast  wie  mecye  u.  s.  w.  In  den  übri- 
gen dialekten  ist  ty  entschieden  ausgesprochen.  Beispiele : 
^  31* 


484  lläfelin 

hotje  (5a),  bo-r-tye  (5b),  boucle;  certy«  (1>  2,  5a),  ^arty» 
(3),  certyo  (5b),  cercle;  tyär  (1,  2),  ty6  (3),  tyär  (5a),  tya 
(5b),  clair;  detyerl  (1,  2,  3),  detyarü  (5),  (dedarare);  tyou 
(1,2,3,5a),  tyae''  (5b),  clou  (clavus);  tyoala  (1,  2,  3,  5), 
clouer  (gls.  clavulare);  tyoiire,  fermer;  mäty«  (1),  boeuf 
(mascolus);  metyu  (1,2,3,5),  meler  (miscolare);  r^yamS 
(1,  2,  3),  r'tyame  (4),  retyamä  (5a),  (reclamare);  sertyä  (2), 
sarcler  (sarculare).  Iq  altem  spracbdenkmäleni,  z.  b.  in 
der  chansoD  du  coesei  Hairi  und  der  Keima  du  corti,  de- 
ren dialekt  der  ersten  gruppe  angehört,  finden  sich  noch 
formen  mit  gutturalem  c,  allerdings  durch  qu  ausgedröckt: 
cerquye,  cercy«,  cercle;  dequiarä,  decyarä,  d^clarer;  on- 
quye,  oncy«,  oncle.  Im  patois  des  montagnes  wird  aus  d  bis- 
weilen ein  palatales  c,  auch  ch;  so  finden  wir:  Louöe  f&r 
Louty«  (Locle);  onch«  neben  onty«,  oncle  (ayuncnlos); 
boüriche,  pince-nez,  b^rity«,  fast  b^ncy«,  zu  Travers  im 
sinn  von  lunettes  (s.  Dz.  WB.  unter  d.  w.  besicle);  mäche 
fßr  mätye,  boeuf  (masculus).  1)  PI.  Bl.  In  dieser  Verbin- 
dung wird  1  ebenfalls  erweicht  zu  ly,  in  welcher  gestalt 
es  sich  noch  in  einzelnen  beispielen  nachweisen  lässt;  so 
erscheint  im  dialekt  des  Vignoble:  miseräbly«,  im  dialekt 
von  Travers;  blyeü  neben  bleu,  bleu  (ahd.  bläo,  blaw),  im 
patois  des  montagnes:  plyan,  plan.  In  der  regel  aber  ist 
1  zwischen  p,  beziehungsweise  b  und  dem  folgenden  balb- 
vocal  y  herausgedrängt.  Beispiele:  a)  appyödl  (1),  (ap- 
plaudere);  epyätre  (1),  (emplastrum);  pyer«  (1),  (placere); 
pyaidre  (5a),  pyendr«  (5b),  (plangere);  pyant«,  pyänto  (1), 
pyante  (2),  pyanta  (3,4,5),  (planta);  pyac«,  place;  pyeyl  (1), 
pyeyl  (2),  plier  (plicare);  pyorä  (1,  2),  pyeurä  (3),  pyor6 
(4),  pyorä  (5),  (plorare);  pyeüvre  (1),  pleuvoir;  ß)  emft- 
by«  (3),  emeby6  (4),  emäbyo  (5b),  (amabilis);  byanm.  byande 
f.  (1 — 4),  byan  m.  byanc«  f.  (5),  blanc,  blanche  (ahd.  blanch, 
mhd.  blanc);  dyabyo  (5b),  diable;  red-r-obyä  (1),  (gls.  re- 
dnplare);  subyä  (3,  5),  subye  (4),  siffler  (sibilare).  m)  PL 
Diese  Verbindung  erleidet  denselben  Vorgang,  wie  die  bei- 
den eben  behandelten:  fyeye  (3),  fyeyei  (4),  fyeyl  (5b), 
fleau  (flagellum) ;  fyörl  (3,  4),  flairer  (aus  flagrare  fÖr  fra- 
grare); fyan.me,  fyan.ma  (flamma);  efyä  (2),  afyä  (3),  efyi 


abhandlungen  ttber  die  roman.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.       485 

(4),  aifyä  (5a),  enfyä  (5b),  (inflare);  8o%ä  (1,  2,  3,  5),  sof- 
fye  (4),  souffler  (sufflare)  mit  dem  Substantiv  soffye  (1,  2\ 
soffye  (3),  soffy6  (4),  soffye  (5a),  soffyo  (5b),  souffle.  Auch 
hier  findet  auf  dem  gebiet  der  bergdialekte  der  eigenthüm- 
liche  Übergang  des  fl  in  c  und  eh  statt:  dan  und  ohan, 
cote,  neben  dem  anderwärts  vorkommenden  fyan  (fr.  flanc, 
ital.  fianco);  cheye,  fleau,  neben  fyeye;  ronchä  =  ronfyä, 
ronfler.  n)  Hinsichtlich  der  fölle,  wo  1  oder  11  nach  a, 
oder  11  nach  e  zu  stehen  kommen,  wobei  diese  vocale  einer 
eigenthümlichen  gestaltung  entgegen  geführt  werden,  ver- 
weise ich  auf  die  abhandlnng  über  die  vocale. 

B.  M.  a)  M  geht  über  in  n  in:  nyopo  (5b),  (myops, -pis); 
s'nan.Ue,  s'nan.na  (septimana).  b)  Kommt  m  entweder  durch 
blofsen  wegfall  der  lateinischen  endnng  oder  einen  ferneren 
consonantenverlust  in  den  auslaut  zu  stehen  oder  findet  es 
sich  inlautend  vor  einem  andern  consonanten  als  m  oder 
n,  so  bleibt  es  als  nasaler  laut  nur  unter  gewissen  umstän- 
den hörbar  erb  alten,  nämlich  gewöhnlich  wenn  ihm  ein  a« 
wofern  dies  nicht  eine  dialektische  Umgestaltung  eines  e 
oder  i,  wie  sie  in  der  3.  dialektgruppe  vorkommt,  ist,  ein 
o  oder  ein  damit  verwandter  eu-laut  vorangeht.  So  finden 
sich  in  allen  gruppen  die  Wörter  fam,  nom,  pyom  (gleich- 
gültig ist  es  für  den  laut,  ob  man  m  oder  n  schreibe), 
heumbye  (humilis);  nur  in  dja,  za  (jam)  ist  m  ebenfalls 
verstummt.  In  allen  anderen  fällen,  abgesehen  von  dem  m 
der  flexionsendungen,  das  ohnehin  verschwindet,  wird  der 
nasal  stumm ;  nur  die  mundart  der  Paroisse  erhält  ihn  auch 
da  gröfstentheils  als  nasal  unversehrt  fest ;  in  der  mundart 
von  Travers  glaubt  man  ihn  bisweilen  in  dem  davor  ent- 
wickelten ä-laut  mit  zu  hören,  wie  man  denn  überhaupt, 
wenn  sich  der  ursprünglich  vor  m  stehende  vocal  in  der 
mundart  zum  breiten  ä-laut  gestaltet,  wegen  des  diesem 
laute  von  natur  aus  zukommenden  schwachen  *nasalen  bei- 
klanges  oft  im  zweifei  sein  kann,  ob  man  es  mit  dem  wirk- 
lich erhaltenen  nasal  zu  thun  habe  oder  nicht,  worüber 
man  erst  klar  wird,  sobald  etwa  e  an  stelle  des  ä  erscheint, 
wo  jede  spur  eines  mitlautenden  nasalen  klanges  ver- 
schwindet.   Wird  das  zeichen  für  den  nasal  gleichwohl  ge- 


4g6  Uäfelin 

schrieben,  so  geschieht  dies  Dur,  um  dem  vorhergehenden 
Yocal  den  ä-laut  zu  geben,  wie  es  von  G.  Quinche  in  sei- 
nem Wörterbuch  geschieht,  der  in  solchen  ftUen  die  laut- 
verbindung  in  anwendet,  deren  französische  ausspräche  un- 
serm  ä-laut   am    nächsten  kommt.     Nach    obigem   finden 
sich  nun  formen,  wie  folgende:    mäbr«  (1,  2),  mabr«  (3), 
mäbro  (4),  mcibr«  (5a),  membro  (5b),   membre;  tä  (1),  te 
(2),  tä  (3,  4),  tci  (5a),  tem  (5b),  temps,  u.  s.  w.     c)    Folgt 
auf  inlautendes   einfaches  oder   doppeltes  m  ein  vocal,   so 
ist  es  nicht  selten,    dafs  jenes  einen    secundären    nasalen 
klang  vor  sich  bekommt:  an.mä  (3,5),  an.me  (4),  (amare); 
fyan.m«,    fyan.ma   (flamma);    län.ma  (3,  4),  len.ma   (5  b), 
lime;  lycn-mä  (2),  limer;    non.mä  (2,  3,  5),    non.me  (4), 
nommer  (nominare);  pyon.m«  (I92),  pyon.ma  (4, 5),  plume. 
d)  Ml.  Mr.    Kommt  m  durch  vocal-auslall  in  diese  Stellung, 
so  wird  zwischen  beide  consonanten  ein  euphonisches  b  ge- 
schoben:  combyä  (1,   2,   3,   5),    combye  (4),    (cumulare); 
nombre  (1,  2,  3,  5a),  nombro  (4),  nömbro  (ob),   (numerus); 
räbre    oder  rinbr«  bei   Quinche  (2),    (redimere,  redimVe). 
Ueber  das   verschwinden   des  nasals  s.  unter  b).     e)    Mn. 
In  dieser  Verbindung  assimilirt  sich  m  dem  n   und  umge- 
kehrt: condannä  (1,  2,  5),    condan.nä  (3),  condannö  (4), 
(condemnare);   fenn«  (1,  2),  fanna  (3),  fenna  (4,  5),  femme 
(femina);  sonue,  sonno,  sonno,  sommeil  (somnus);  daneben 
auch:  dammäge  (I9  2),  dammäz«  (5a),  dommage  (gls.  dam- 
naticum);    homm«,    hommd,    hommo    (hominem);    lamm», 
lamma,  lame  (lamina)  u.  s.  w.    Eine  sonderbare  bildung  ist 
colonda  (4,  5  b),  colonne  (columna). 

C.  N.  a)  Es  geht  n  über  in  1:  orph'le  (2),  orph'lä 
(4),  neben  orpheu'nue  (3),  ö'rpheno  (5b),  (orphanus);  in  m: 
pron.me  (1,2),  pron.ma  (3,4,5),  (aus  dem  pl.  von  pru- 
num);  in  r:  coufrÖ  (4),  (cophinus);  tebre  (1,2),  täbr«  (3), 
täbro  (4),  taibre  (5a),  tembro  (5b),  timbre  (tympanum). 
b)  N  verschwindet  nicht  blos,  wenn  es  nach  r  in  den  aus- 
laut  kam,  wie  in  heilvär  (4),  hiver,  u.  s.  w.,  sondern  ganz 
nach  mundartlicher  sitte  unter  denselben  bedingungen  und 
in  denselben  dialektgruppen,  wie  das  eben  behandelte  m. 
Neben  man,  pan,  son,  u.  s.  w.  findet  sich  regelrecht  nach 


abhandlungen  über  die  »>man.  mundarten  der  Sttdwestschweiz.       487 

obigem:  arge  (1),  arge  (2),  ar^a  (3),  arge  (4),  arze  (5a), 
arzen  (5b),  argent;  legUe  (1,2),  laga  (3),  läga  (4),  lega  (5a), 
lenvoüa  (5b),  langue,  u.  8.  w.  Entgegen  der  regel,  dafs 
n  nach  o  nicht  verstummen  sollte,  bildet  monstrare  ganz 
wie  die  eben  aufgeführten  beispiele:  moträ,  motre;  aber  im 
dialekt  der  Paroisse:  monträ.  c)  Steht  n  zwischen  zwei 
vocalen,  so  behält  es  seinen  ursprunglichen,  natürlichen 
laut,  erzeugt  aber,  wie  unter  gleicher  bedingung  m,  oft 
vor  sich  einen  nasalen  klang,  der  den  vorhergehenden 
vocal  afficirt.  Beispiele:  capitan.na  (4),  femme  d'un  capi- 
taine  (gls.  capitana);  gran.Ue,  gran.na,  graine;  lan.Ue,  lan.na, 
laine;  pyan.Ue,  pyan.na,  plaine;  san.n«,  san.na,  saine;  s'nan.Ue, 
s'nan.na,  semaine;  ven.na  (4),  veine.  d)  Eingeschoben  er- 
scheint dagegen  n  in:  ra-n-sinoU,  rossignol;  la-n-cerda  (5b) 
neben  Tccrda  (3),  P^arda  (4),  aus  lacerta;  eine  noch  eigen- 
thümlicher  abweichende  bildung  ist  la-n-cerue  (2),  lezard, 
orvet;  pcn.gon  (2),  das  auf  einen  typus  pi-m-pionem  statt 
pipionem  zurückgeführt  werden  müsste.  e)  N  wird  anlau- 
tend einige  male  erweicht:  so  in:  nu  (1,2,4,5a),  na«^  (5b), 
noeud,  nebst  dem  verbum  nuä  (1),  noüä  (2),  nuä  (3),  nue 
(4),  nä  (5b),  nouer  (nodare);  nu  (1,  2,  5a),  sonst  nu  (nu- 
dus),  wo  n  auch  ny  geschrieben  wird,  f)  Nn  wird  verein- 
facht und  bietet  nichts  besonderes  dar:  d'neve(l,2),c'neve(5a), 
de'nevö  (4)  und  ce'nevo  (5b),  charivre,  aus  cannabis  bei  ver- 
schiedener betonung.  g)  Nl.  Aus  spinula  entstanden,  nach- 
dem auf  den  ausfall  des  u  g  zwischen  n  und  1  geschoben 
worden,  die  formen :  epalye  (3)  und  mit  Unterdrückung  des  1 
in  der  aus  gl  entstandenen  Verbindung  ly :  epany«  (4),  epainy« 
(5a),  epenye  (5b),  epingle.  h)  Nm.  Diese  Verbindung  zeigt 
nichts  besonderes;  am«  (I52),  äma  (3 — 5)  ist  gebildet  wie  das 
französische  ame.  i)  Nr  verlangt,  da  n  an  der  natur  der  den- 
talen theil  hat,  ein  euphonisches  d  in  die  mitte,  wobei  mit 
n,  wie  mit  m  unter  ähnlichen  Verhältnissen,  unter  bestimm- 
ten bedingungen  nach  der  bekannten  regel  verfahren  wird. 
Beispiele:  gedr«  (2),  gädre  (3),  gädro  (4),  zeidre  (5a),  gen- 
dre;  tädr«  (1),  tedr«  (2),  tadr«  (3),  tadro  (4),  tCidre  (5a), 
tendro  (5b),  tendre,  u.  s.  w.  k)  Ns,  N  in  dieser  Verbin- 
dung wird  bereits  in  Wörtern  älterer  bildung  ausgestofsen: 


488  Häfelin 

cotä  (3),  cote  (4),  cotä  (5),  coüter  (costare  statt  constare); 
fribor^ä  (3),  fribor^ai  (3a),  friborza«  (5b),  fribourgeois  (fri- 
burg^sis  statt  friburgensis) ;  mä  (1),  me  (2),  me  (3,  4),  maj 
(5a),  me  (5b),  mois  (mesis  statt  mensis).  Aufser  dieser 
auch  den  klassischen  romanischen  sprachen  bekannten  aus- 
stofsung  tritt  auch  die  speciell  mundartliche  ein,  von  der 
bereits  oben  ftir  allgemeine  fälle  gesprochen  worden;  so  in 
depSse  pL,  d^penses. 

D.  ß.  a)  Diese  liquida  gebt  über  in  das  ihr  zunächst 
verwandte  1:  contreleyl  (2),  conterleyl  (3),  contrarier  (gls. 
contrariare)  nebst  dem  Substantiv  contreleyeü,  celui  qui 
contrarie;  colidor  für  corridor  findet  sich  auch  sonst;  cri- 
byä  (1,  2,  3),  cribye  (4),  crubyä  (5b),  entsteht  zunächst  aus 
criblyä,  criblä,  wo  1  für  r  steht  (cribrare);  dazu  das  Sub- 
stantiv cribye  (2),  (cribrum).  Ebenso  verhält  es  sich  mit 
fyörl  (3,  4),  fyerä  (5b),  (aus  flagrare  für  fragrare),  üeber- 
gang  des  r  in  s  fand  statt  iu  pouss«,  puss«  (2),  poussa  (3), 
pussa  (4),  poüuSsa  (5b),  poussiere  (aus  pulvVem,  polre, 
porre)  neben  poudre  (1)2),  pudra  (4),  poüidra  (5a),  poündra 
(5b),  poudre  aus  demselben  lateinischen  vorbild.  b)  K 
wechselt  sehr  häufig  seine  Stellung  im  worte:  bri  (3,  4), 
bri  und  brice  (5b),  berceau  (vervex,  -icis);  beurlä  (1,  2,  3), 
beurl^  (4),  brüler,  prov.  bruslar  (vom  hypothet.  perustu* 
lare);  ceurvi  (2),  couvrir' (cooperire);  crebeulye  (5b)  neben 
ceurbeuly«  (4),  corbeille  (corbicula);  frlta  (3,  5b),  freita(4), 
faite  d'une  maison  (ahd.  first,  giebel) ;  fremege  (3),  firomägd 
(4),  fremäzo  (5b)  neben  fermäge  (1,  2)  und  fermä^«  (5a), 
fromage;  guernä  (2),  grener,  produire  du  grain  (gls.  gra- 
nare);  guernl  (3)  neben  grenl  (4),  grenier  (granarinm); 
gueryon  (l,Lign.)  statt  grelyon,  grille;  preu  m.  (3),  poire, 
sonst  peur;  trubyä  (3),  trobyä  (5b),  troubler  (abgeleitet  von 
turbula,  gls.  turbulare).  c)  R  fallt  bisweilen  aus;  so  in 
neueren  bildungen  wie:  demlcr«  (1),  d'meicro  (4),  mercredi 
(dies  Mercuri) ;  gächon  (3),  garpon ;  mabr«  (5a),  mabro  (5b), 
marbre  (marmor),  und  in  altern:  ped«  (4),  peche,  pfirsich 
(persica)  neben  pers«  (5b);  dou  (dösum  für  dorsum). 

Eigenthümlich  ist  eine  sitte  der  3.  dialektgruppe,  wo- 
nach inlautendes  r  vor  consonanten  oder  r,  das  nach  kür- 


abhandlungen  über  die  romao.  mnndarten  der  Sttdwestschweiz.      489 

zung  des  Wortes  in  den  auslaut  kam,  als  articulirter  laut 
verschwindet,  dagegen  aber  dadurch   seine  natur  geltend 
macht,  dafs  es  neben  dem  ihm  vorangehenden  vocal  eigen- 
thümliche  beilaute  erzeugt,  die  mit  jenem  wie  brechungen 
erscheinen.     Diese  erscheinung  zeigt  sich  bei  rein  erhalte- 
nem ursprünglichem  a  kaum,  wohl  aber  bei  dem  getrübten 
sowie  dem  aus  e  entstandenen,   häufiger   bei  e-lauten,   am 
meisten   aber  bei  o,  sei  es  ursprünglich  oder  sei   es  erst 
aus  u  hervorgegangen,  und   bei  i- lauten.     Tritt  diese  er- 
scheinung einer  neuen  lauterzeugung  nicht  ein,  so  ist,  falls 
r  verstummt,  jedenfalls  immer  der  vorangehende  vocal  in 
seiner  natur  geändert,  indem  die  organe  sich  zunächst  zur 
ausspräche  des  r  anschicken,  ohne  ihn  zu  articuliren,  in- 
defs  aber  gleichzeitig  den  betreffenden  vocal  durchschlüpfen 
lassen,  wodurch  seine  ausspräche  eigenthümlich  modificirt 
wird  und   den   charakter   des   nachlässigen  annimmt.     Um 
dies  anzudeuten,  habe  ich  r  in  kleiner  schrift  angewendet. 
Beispiele:  po^e,  part  und  pair  (pars,  -tis,  par- is);  fo'^e,  fer; 
afo^e,    enfer;    no"^^,  nerf;  Vo'^e  m.  Vo^ada  f.,   vert,  e  (viridis); 
Vo^e,  ver  (vermis);  boüone,  borgne;  bo'^one,  tuyau  d'une  fon- 
taine   (gls.  bornellus,   deutschen   Ursprungs:   goth.  brunna, 
ags.  burne,    altfr.    burna,   holl.  born,  nhd.   born);    Coüoda 
(chorda);    Coüoti,   jardin;    Co^eü,    choeur  d'eglise    (chorus); 
Co^eü,  coeur;  Coüo,  Corps;  Coüona,  corne;  foCÜ,  hors  (foris); 
foiio  m.  foüota  f.,  fort,  e;   moodre,  mordre  (mordere);  moüö, 
mort;  poüo,  porc;  poüöta  (porta);  toodr«,  tordre  (torquere); 
boO§a,  bourse;   Coösa,  course;   CouO  m.   Couota  f.,  court,  e; 
euotye,  ortie  (urtica).    Aehnliches  im  dialekt  von  Verri^res: 
poue,  par   (per).     Die  richtige   ausspräche  dieses    sonder- 
baren doppellautes  wird  dadurch  hervorgebracht,  dafs  man 
die  zunge  zurückzieht  und  sie,  ohne  ihn  zu  berühren,  gegen 
den  gaum^n  hebt. 

Anmerkung.  Es  ist  nicht  selten,  dafs  r,  ohne  zu 
verschwinden,  auch  in  den  dialekten  der  übrigen  gruppen 
einen  vocalischen  vorschag  nimmt,  sehr  häufig  e,  wie  in 
manchen  waatländer  und  freiburger  dialekten;  so  haben 
sich  aus  curtus,  a  neben  dem  eben  angeführten  Coüo  fol- 
gende formen  entwickelt:  coüer  m.  coüerte  f.  (1),  c6er  m.. 


490  Uäfolin 

coerta  f.  (1),  couer  m.  couerte  f.  (da),  cou^r  m.  coüerta  f. 
(5b),  während  in  der  2.  gruppe  sich  cor,  cort«  findet«  Die 
erscheioung,  wo  e  oder  i  in  der  4.  gruppe  vor  r  in  a  über- 
geht, ist  bereits  früher  besprochen  worden. 

d)  Kommt  r  durch  kürzung  in  den  auslaut  zu  stehen, 
so  verschwindet  es  häufig,  vor  allem  in  der  3.  dialekt- 
gruppe;  nächst  dieser  lässt  es  die  mundart  der  Paroisse 
am  meisten  fallen.  Regelmäfsig  durch  alle  gruppen  ver- 
schwindet auslautendes  r  in  den  infinitiven  der  1.,  2.  und 
4.  conjugation,  ebenso  in  Wörtern,  denen  ursprünglich  typen 
auf  -arius,  -arium  zu  gründe  liegen,  e)  Trotz  dieser  nei- 
gung  der  mundart,  r  abzustreifen,  beobachten  wir  wiede- 
rum auf  der  andern  seile  die  leichtigkeit,  womit  sie  diesem 
laut  eintritt  in  Wörter  gestattet,  wo  er  etymologisch  un- 
berechtigt ist.  Dieses  überwuchern  über  das  ihm  zuge- 
hörige gebiet  in  fremdes  verdankt  r  seiner  natur,  die  es 
den  vocaleu  sehr  nahe  bringt,  welche,  wie  wir  dann  und 
wann  bemerken,  hin  und  wieder  sich  einschleichen.  Bei- 
spiele: bo-r-tye  (5b),  boucle;  tyä-r  (1,  2),  clef  (clavis); 
d-r-eübyo  (1,2),  d-r-eübyo  (4)  neben  duby«  (3),  double  (du- 
plus)  nebst  dem  verbum  d-r-obyä  (5b),  d-r-obye  (4)  neben 
dubyä  (3)  und  seinem  compos.  r'd-r-obya  (5b),  r'd-r-obye 
(4)  neben  r'dubya  (3),  doubler  und  redoubler  (duplare); 
le-r-gie  (2),  le-r-zi  (5b)  neben  legi  (3,  4),  leger,  legöre  (gls. 
leviarius  von  levis);  mart-r-a  (4,  5b)  neben  marte  (3), 
(mustela  martes);  n'veü-r  (1),  n'veü-r  neben  n'veü  (2),  ne- 
veu-r  (4),  neveü-r  (5a)  neben  neveü  (5b)  und  nevou  (3), 
neveu;  sala-r-de  (2),  sala-r-da  (4)  neben  saleda  (3)  und  sa- 
lada  (5b),  salade;  edie-r-U  (1,  2),  eöl-r-la  (5)  neben  edöla 
(3)  und  eclla  (4),  echelle;  et-r-äbye  (1,  2),  ^t-r-aby«  (5a), 
et-r-übyo  (ob),  etable  (stabulum);  t-r-äby©  neben  einer  jün- 
geren form  tabye  (3),  t-r-ebye(4),  t-r-aby«  (5b),'  table  (ta- 
bula); tü-r-lupa  (5b)  neben  tulipa  (3,4),  tulipe;  Vo^a-r  (1), 
voüä-r  (2)  neben  ve  (3),  ve  (4)  und  v„ä  (5b),  cercueil  (vas, 
vasis). 


abhandluDgen  über  die  roman.  mandarten  der  Sttdwestschweiz.       491 

2.    Die  dentalen. 

A.  T   (tb).     a)    Die  dentale  tenuis  geht  über  in  die 
media:   edl  (2,  3),  eidi  (4),  edl  (5b),   aider;    adon,   damals 
(ad  tunc,  prov.  afr.  adonc);  branda  (3,4,5),  brente  (Schwei- 
zerdeutsch bränte  f.,  bair.  brenten  f.);  coüidä  (5a),  eoüudä 
(5b),  cuider  (cogitare);   modä,  aller,   partir  (mutare)  nebst 
dem  compos.  emodä,  s'elancer,   etre  en  train  d'aller;  pye- 
deyl  (3),  pyedeyl  (4),  pyedeyl   (5b),   plaidoyer   (abgeleitet 
von  placitare);  in  1:  callr«   (5b)  neben  deyir«  (3),  ^iVe  (4), 
chaire   (cathedra);   ly'mon  neben  t'mon  (2),   l'mon  (3),  le- 
rnen (4),  aber  t'mon  (1,5),  timon  d'un  char.   b)  Neben  fal- 
len,   wo  inlautendes    allein    stehendes  t  sich  erhält,    wie: 
imitä,  imite  (imitari);  irritä,  irrite  (irritare);  meritä,  merite 
(meritare),  gibt  es  zahlreiche,  wo  es  ausgefallen  ist:  byolle 
(1,  2),  byoUa  (3,  5b),   bouleau  (betula);   boe  (2),  boe  (3), 
boci  (4),   boül  (5b),  boyau;   däna  (3,  4),   cena  (5b),  ch^ine 
(catena);    mariä,   marie   (maritare);   moüä  (2),   muer  (mu- 
tare);   revedyeü  (2),    revendeur    (aus   re   und  venditorem); 
rion  m.  rionda  f.   (5b)  neben  ron  m.   ronde,  ronda  f.  (ro- 
tundus,  a);   saluä  (1,  2,  3)  auch  saliä  (2),  salue  (4),  (salu- 
tare);  via  (5),  vie  (vita).     Oft  ist  der  auf  diese  weise  ent- 
standene jhiatus  wieder  durch    ein    eingeschobenes  i,    das 
dann   y  wird,    getilgt,    ebenso   durch   v,    worüber   bereits 
früher  gesprochen   worden,     c)   Ursprünglich   auslautendes 
oder  durch  apokope  in  den  auslaut  gelangtes  t  verschwin- 
det in  der  ausspräche:    caritä  (1),   charite   (caritatem);  för 
(2),  fort;  grä  in  mogrä  (3);  pär  (4),  part;  prä  (5),  pre,  u.s.w. 
d)  Tt  verbleibt  als  scharf  gesprochener  laut:  catta  f.  (5b), 
chatte  (catta);  gott«,  gotta  (gutta);  gueiltr«  (3),  gueiltrd  (4), 
gotro   (5b),  goltre   (guttur).    Auslautend   verschwindet  es, 
wie  einfaches  t:  da,  ca  (cattus).     e)  Tr.    T   in  dieser  Ver- 
bindung wurde  oflFenbar  synkopirt  in  fräre  (5b),  frere  (frater); 
läre  (1 — 5)  neben  laron  (jenes   aus  latro,   dieses  aus  latro- 
nem)  u.  a.    Auf  eine  form  mit  zum  ersatz  eingeschobenem 
i  gehen  zurück:  boüuro  (5b)  statt  bouiro,  beurre  (butyrum); 
frere  (3),  frer«  (4),  frere;   mer«  (1—3),  mer«  (4),  mere  (5b), 
mere   (mater);  per«  (3),  pere   (4),  per*   (5b),  p6re  (pater); 
pfere  (1,  2),  piera  (3),  pira  (4),  plr«  (5a),  pieüra  (5b),  pierre 


4D*2  lUfelin 

(petra);  poüeri  (4),  poiierl  (ob),  neben  poarn  (3),  pourrir 
(putrescere).  f)  St  (pt).  Inlautendes  9t  wandelt  sich  zu  ss 
in :  COUS8C,,  (2),  coussä  (3),  coessä  (4),  c6essen  (3b),  coussin 
(gls.  culcitinuin).  In  den  meisten  Wörtern  verschwindet  in 
dieser  Verbindung  s  und  ein  vorhergehender  vocal  wird, 
wie  wir  schon  frOher  gesehen,  in  der  regel  in  eigenthüm- 
lichor  weise  umgestaltet,  ausgenommen,  wenn  derselbe  a 
oder  u  ist,  und  zwar:  e  zu  I  in  der  1.,  zu  6  in  der  2.  und 
3.,  zu  ei  in  der  4.  gruppc,  zu  e  imVignoble,  zu  I  io  der  Par- 
oisse,  o  wird  in  sämmtlichen  gruppen  zu  ou;  a  bleibt  un- 
verändert, u  wird  wie  in  der  gewöhnlichen  pos.  behandelt 
In  einigen  Wörtern  ist  s  noch  nicht  verloren  gegangen;  so 
haben  wir:  astreudr«  und  restrendr«  (5b),  (astringere  und 
restringere) ;  estivä  (2),  estiver  (aestivare);  Isther  (2),  Esther; 
poustc  (1,  2),  poste.  Ging  dem  st  ein  nasal  voraus,  so  blieb 
der  vorausgehende  vocal  von  der  genannten  Umwandlung 
verschont,     lieber  anlautendes  st  s.  unter  S. 

B.  D.  a)  Inlautend  verhärtet  es  sich  einige  male  zu  t, 
nämlich  in:  crute  (2),  cruta  (3,4),  fem.  zu  cru,  neben  dem 
sich  auch  mit  ausgeworfenem  d  cru«  (1,5)  findet  (crudus,  a); 
üute  ( i ,  r)a),  fem.  zu  nu,  neben  welchem  auch  nua  (3), 
nuve  (4),  nue  (ob),  fem.  zu  nu,  vorkommen;  eine  sonder- 
bare bildung  ist  nuss;.  (2),  fem.  zu  nu  (nudus,  a).  Ein 
eigeuthüinlich  gestaltetes  wort  ist  auch  evit«  (2),  envie  (in- 
vidia).  Tt  aus  dd  liegt  vor  in  matta,  fem.  zu  ma  (3),  hu- 
mide  (madidus,  a);  t  aus  d  nach  n  in  graut«,  granta,  fem. 
zu  grau  (grandis);  t  aus  d  nach  r  in  vert«  (1, 2,  5),  fem.  zu 
ver  (viridis),  während  in  der  3.  gruppe  Vo^ada,  in  der  4. 
vardu  sich  findet.  Ob  in  megani,  megagnl  (2)  g  mit  d  ge- 
wechselt habe,  so  dafs  es  entstanden  wäre  aus  minus-dig- 
nari  im  sinne  von  dedaigner,  verachten,  lässt  sich  mit  be- 
stimmtheit  nicht  bejahen,  wohl  aber  vermuthen,  wenn  man 
eine  entstellung  des  i- lautes  zu  a  zulässt;  es  findet  sich 
nämlich  auch  im  waatländer  dialekt  (z.  b.  in  Moudon) 
nach  Bridel  degaigni,  se  degoüter,  dedaigner;  ebenso  im 
Jura  degau  für  dans,  dedans,  wo  allerdings  die  neigung 
zur  dissimilation  ihre  rolle  gespielt  haben  mag.  b)  An- 
lautendes d  bleibt   unversehrt,   inlautend   fallt   es   in   den 


abhandlungen  über  die  roman.  mundarten  der  Sfldwestscbweiz.       493 

meisten  fällen  aus ;  geschieht  dies  vor  oder  nach  einem  ur- 
sprünglichen oder  neu  entstandenen  i-laut,  so  wird  dieser 
gewöhnlich  zu  y,  sonst  wird  y  (seltener  v)  zur  beseitigung 
des  hiatus  eingeschoben,  indess  wird  der  letztere  auch  sehr 
häutig  geduldet.  Beispiele:  appo-y-l  (4,  ob),  aber  auch 
appoul  (3),  appuyer  (gls.  appodiare  von  podium) ;  o-l,  o-y-l 
(3,4),  ouir,  eutendre  (audire);  crou-y-e  (1),  crou-y-6(4),  mau- 
vais,  m^chant,  cruel,  wie  cru,  roh,  ungekocht,  von  crudus ; 
loüä,  loüe  (laudare);  myoll«,  myolla  (medulla);  nyö  oder 
iio  (1,2,3,5),  nyä  (4),  nichet  (gls.  nidale  seil,  ovum);  noüä 
(2),  nuä  (3),  nouer;  s'rego-y-l  (3),  s'r'gol  (4),  s'rezol  (5b), 
se  t^jouir  (aus  re  und  gaudere) ;  souä  (2),  suä  (3),  s6e  (4), 
suer,  transpirer  (sudare).  Doch  finden  sich  neben  diesen 
auch  zahlreiche  fälle,  wo  inlautendes  d  erhalten  blieb;  so 
in  vielleicht  nie  ganz  populär  gewordenen  oder  erst  später 
aufgekommenen  Wörtern:  adorä  (adorare),  in  adjectiven  und 
Substantiven,  namentlich  solchen,  die,  um  das  vor  der  en- 
dung  stehende  und  nach  abfall  dieser  in  den  auslaut  kom- 
mende, für  die  wortgestalt  aber  belangreiche  und  wichtige 
d  vor  seinem  verschwinden  sicher  zu  stellen,,  an  stelle  der 
endung  stummes  e  oder  o  nach  d  setzten,  also :  avido  (5b), 
avide  (avidus);  c'moude  (3),  c'moudo  (4),  commode;  hu- 
m\d6  (4),  humido  (5b),  humidus;  solid«  (3),  solidö  (4),  so- 
lido  (5b),  (solidus);  ty^d«  (3),  te'd^  (4),  taido  (5b),  ti^de, 
(tepidus).  c)  Kommt  d  durch  kürzung  des  wortes  in  den 
auslaut  zu  stehen,  so  geht  es  für  die  ausspräche  verloren: 
e-grä  (1,2,3),  e-gr^  (4),  e-gra  (5)  pl.,  escalier  (gradus  mit 
vorgesetztem  e);  sor  (1),  sor  (2,  5a),  aber  sordd  (4)  und 
sordo  (5b),  sowie  die  fem.  formen:  äord«  (1),  sorde  (2,  5a), 
sorda  (4,  5b),  sourd,  e;  moüi  (3,  5b),  mou  (4),  muid  (mo- 
dius);  iiu,  nu,  na^,  noeud;  nu,  nu  (nudus).  d)  Ueber  d 
vor  e  und  i  mit  nachfolgendem  vocal,  s.  vocale  im  hiatus- 
verhältniss.  Es  lässt  sich  aber  auch  durch  beispiele  bele- 
gen, dafs  selbst  aus  blofsem  d  nach  r  inlautend  hie  und 
da  sich  g  und  z  entwickelte;  wir  finden  nämlich  folgende 
bildungen:  e  morge  (2),  il  mordait  (mordebat);  i  perge  (1, 
2),  perg6  (3),  parz6  (4),  perī  (5a),  per^o  (5b),  je  perds 
(perdo);   seurgc  oder  seurdj«   m.  (3),  sourd,   aber  im  fem 


494  Iläfelin 

seupda.  In  folgenden  beispielen  hat  sich  aus  d  oflSsnbar  das 
sibilirende  z  entwickelt:  i  dieze  (1,2),  6lz6  (3,4)  ölz«  (5a), 
clzo  (5b),  je  tombe,  je  cheois  (cado);  i  tyouze  (1,  2),  ty- 
ouzo  (4),  tyouze  (5a),  tyouzo  (5b),  je  ferme  (claudo).  Diese 
Vorgänge  erinnern  an  ähnliches  im  provenzalischen  und 
walachischen,  wo  die  falle  freilich  zahlreicher  sind,  e)  D 
in  der  Verbindung  dr  hat  dasselbe  Schicksal  wie  t  vor  r; 
es  ist  ausgefallen  und  sicher  durch  i  ersetzt  in  dem  schon 
angeführten  öcytr«  (3),  callr«  (5b),  aus  cathedra;  einfach 
ausgefallen  in  den  infinitiven  mehrerer  verben  der  3-  con- 
jugation  oder  solcher,  die  in  dieselbe  hin  übergetreten,  wo 
durch  frühen  ausfall  des  e  in  der  paenultima  d  an  r  her- 
anrückte, wie  z.  b.  tyoure  aus  claudere,  claudre.  f)  In- 
lautendes nd  verliert  unter  den  oben  bereits  auseinander- 
gesetzten bedingungen  sein  n  und  wie  auslautendes  t  und 
d  überhaupt  verschwindet,  so  auch  d  in  der  Verbindung 
nd,  wobei  auch  n  oft  nach  dem  bekannten  gesetz  einge- 
büfst  wird :  prevon,  prevon  (profundus) ;  ebenso  bildet  sich 
aus  inde  regelrecht  Cn,  ä,  fr.  en,  folgt  jedoch  ein  mit  vo- 
cal  beginnendes  wort  darauf,  so  kommt  auch  d  wieder  zum 
Vorschein  und  es  finden  sich  die  formen  ed  und  ad  neben 
solchen  auf  n,  wie  en  und  an,  in  anwendung. 

C.  Z.  Ueber  diesen  aus  dentaler  media  und  sibilans 
zusammengesetzten  laut  ist  für  die  mundart  wenig  beson- 
deres zu  bemerken.  Er  wich  dem  g  (gr.  1 — 4)  und  ±  (5.  gr.) 
in  dem  adj.  galeü  (1,2,4),  galu  (3),  zaleü  (5a),  zaW  (5b), 
jaloux  (zelosus,  ital.  geloso)  und  dem  dahin  gehörenden 
Substantiv  galosie  (1—4),  zalösle  (5a),  Jalousie  (gls.  ze- 
losia) ;  in  ladr«  (3),  neben  dem  sich  auch  mese  in  gleichem 
sinne  findet,  ladro  (4),  ladro  (5b),  ladre,  die  aber  auch 
rein  französisch  sein  mögen  (aus  Lazarus)  hat  z  den  Sibi- 
lanten theil  seiner  natur  verloren;  in  badi  (1 — 4),  ba6l  (5) 
aus  baptizare  ist  es  mit  dem  vorangehenden  t  zu  dem- 
jenigen laut  verwachsen,  den  auch  c  mit  der  tenuis  t 
bildet. 

D.  Die  sibilans  S.  Die  wichtigste  erscheinung,  die 
ich  hier  hervorzuheben  habe,  ist  die  hin  und  wieder  vor- 
kommende ausartung  in  den  breiten  zischlaut  s,  die  nicht 


abtiandlnngen  über  die  roman.  mundarten  der  Südwestschweiz.      495 

nur  einfaches  s,  meist  anlautend,  sondern  auch  ss  und  s 
mit  vorhergehendem  r  im  inlaut  trifft.  Am  häufigsten 
kommt  sie  vor  in  den  patois  der  2.  und  der  3.  gruppe; 
also:  Coosa  f.  (3),  course;  se  in  dem  ausdruck  6  que  se  = 
oh  que  si  und  andern  Verbindungen  ähnlicher  art  (2),  (sie); 
soüi  (1),  soe,  bei  Quinche  auch  chouai  (2),  si  (3),  ^oci  (4), 
§oüi  (5b),  six  (sex);  sörta  (3),  Sorte;  souä  (1,  2),  doch  suä 
(3),  soe  (4j,  sä  (5b),  suer  mit  dem  subst  seür  (2),  sueur; 
söffe  und  soffye  (3),  souffle;  groseür  (2),  grosseur;  paseü 
(2),  passoir.  Oft  findet  sich  ffir  s,  q  und  z,  für  ä,  ch  ge- 
schrieben, b)  Sr  (gr)  wird  nicht  geduldet;  es  tritt  zu- 
nächst ein  t  zwischen  beide  laute,  worauf  s  ausfällt,  ohne 
dafs  der  vorhergehende  vocal  derjenigen  regel  folgte,  die 
wir  bei  der  ursprunglichen  Verbindung  st  wahrgenommen; 
so  entsteht  cretre  (l — 5)  aus  crescere  u.  a. ;  d  ist  einge- 
schoben in  ceüdre  (I,  4),  ceudre  (2),  coudre  (consuere, 
cosre,  cosdre).  c)  St,  sc,  sp  nehmen  anlautend  gewöhnlich 
e  vor  sich,  wobei  s  gewöhnlich  ausfällt,  bisweilen  auch  er- 
halten ist;  choüeCe  (2),  science,  hat  sich  dieser  regel  nicht 
unterzogen.  Nach  diesem  gesetz  entstanden:  eträne  (1), 
etrennes  (strena);  estoma,  oft  im  sinne  von  poitrine  (sto- 
machus);  escoballa  (3),  escabeau;  ecoul«,  ecoula,  ecole; 
esperä,  esperer  (sperare);  epeunue,  ep'na,  epine,  u.  a.  In- 
lautend fallt  8  vor  consonanten  gewöhnlich  aus,  wobei  vor 
den  Verbindungen  st,  sp  die  gestaltung  bestimmter  vocale 
in  eigenthümlicher  weise  modificirt  wird,  was  auf  gleiche 
art  bei  nachfolgendem  doppel-s  geschieht,  üeber  sc  im 
inlaut,  s.  C.  d)  Käme  s  durch  kürzung  des  wortes  in  den 
auslaut,  so   geht  es  für  die  ausspräche  verloren:   nä,  ne. 


nez,  u.  a.  m. 


3.    Die   gutturalen. 

A.  C  (ch).  a)  Folgt  auf  c  ein  o-  oder  u^laut  oder 
ein  consonant,  1  ausgenommen,  so  verbleibt  es  guttural, 
äufserst  selten  bewahrt  es  seine  gutturale  natur  vor  a: 
cäVe,  Cava,  ceva  (4),  cave;  capitan  (4),  capitaine  (gls.  ca- 
pitanus);  cesse  (3,4),  caisse  (capsa).  Einige  male  sinkt  es 
zur  media  herab  und  zwar  anlautend  in:  gatolyl  (2),  cha- 


496  Illlfelin 

touiller  (aus  catuli«ire  statt  catiilire);  gonfyS,  gonfyö  (con- 
flare);  grey^,  craio;  gorgolyon  (2),  charan^on  (curculio, 
später  giirgulio);  inlautend  in:  rigr«  (2,  3),  6gr6  (4),  aigre 
(acer)  neben  äcre  (3)  im  sinn  von  amer.  egouly«  (3)  neben 
euljc  (4),  eülye  (5),  (acucula);  lyag-ot  (2),  (von  lacus); 
lagrema  (3),  lärme  (laeryma);  mfigre  (2,  3),  megrd  (4), 
maigre  (macer);  zu  i  aufgelöst  ist  c  in  Wörtern  wie:  con- 
duire  (4),  (eonducere);  för«  (4)  aus  faire  (facere);  io  py- 
ßi'e  (2),  (plaeere),  geradezu  ausgefallen  in:  euly«  (4),  eüly, 
(5),  aiguille;  fare(l,2),  faire;  letu-v-«  (2),  laitue  (lactuca), 
worin  zugleich  c  auch  zu  i  aufgelöst  erscheint;  eurtje  (2), 
ortie.  Unentschieden  bleibt  es,  ob  ausfall  und  hiatustil- 
gung  oder  auflösung  stattgefunden  hat  in  Wörtern  wie  fol- 
gende: freyl  (3, 4,  ob),  frayer  (fricare);  epyeyl  (1),  epyeyl 
(2),  apyeyi  (3),  epyeyl  (4),  epyeyl  (5a),  empyeyl(5b),  em- 
ployer  (implicare);  neyi  se  (2;,  se  noyer  (necare);  noyl  (5), 
noyer  (nucarius);  payl  (1,  2),  payer  (pacare);  pyeyl  (3), 
plier;  preyl  (3,4),  prier  (precari);  reluyen  (5b),  reluisant 
(relucens,  -tis);  seyl  (5a),  faucher  (secare);  verreüye  (2), 
verrue  (verruca).  Kommt  c  in  den  auslaut,  so  gebt  es  ent- 
weder für  die  ausspräche  geradezu  verloren,  wie  in:  bra 
(brachium);  bri  (3,  4,  5b),  berceau,  während  die  mnndart 
der  Paroisse  es  durch  «  geschützt  hat  in  bric«  neben  bri; 
däSc  (3,  4)^  denSe  (5b),  ainsi,  aus  de-in-sic,  wobei  durch 
verrückung  des  acoents  auch  die  ganze  letzte  silbe  ver- 
loren ging ;  pä  (2),  paix  (pacem) ;  oder  es  hat  sich  das  aus- 
lautende c  in  i  aufgelöst,  wie  es  noch  fühlbar  ist  in:  foue 
(2),  fouu  (5b)  statt  foüi  (focus);  djoue  (1),  djoue  (2),  djui 
(3,  5a),  während  in  dju  (4)  i  abgeworfen  wurde,  in  dji  (5b) 
u  davor  ausfiel  (jocus);  le  (1,  3,  4,  5),  lä  (2),  lac  (lacus); 
eine  sonderbare  form  ist  Vo^ec«  (3),  voix,  aus  vocem,  wo 
sich  vor  c  ein  i-laut  erzeugt  zu  haben  scheint,  b)  Folgt 
auf  c  ein  a,  so  geht  c  gewöhnlich  in  6  oder  c  Ober  und 
zwar  in  c  in  der  1.,  2.,  3.  und  4.  gruppe,  mit  ausnähme 
des  dialektes  von  Verrieres,  der,  wie  die  5.  gruppe,  an 
stelle  jenes  c  c  zeigt;  nur  in  sehr  wenig  fallen  bleibt  c 
vor  a,  wie  wir  oben  gesehen,  unversehrt.  Der  Übergang 
des  c  in  c  oder  c  findet  gerade  in  denselben  Wörtern  statt, 


abhandlungen  über  die  roman.  mundarteD  der  Sttdwestschweiz.       497 

WO  jenes  im  französischen  zu  ch  wird.     Beispiele  des  an- 
lautes:  cVö  (1—3),  d'vä(4),  cevö(5b),cheval;  cö  (1—3),  dä(4), 
CO  (5),  ehaux  (calx,  -eis);  c6  (1  —  3),  <5ä  (4),  cö  (5),   chaud 
(calidus);  dambre    (1,2),  dambra  (3,4),  cambra  (5),  cham- 
bre;   dan    (1 — 4),   can   (5),   champ   (campus);   d'nö   (1 — 3), 
cenä  (4),   c'nö  (5),  (canalis);    da  (1,  3,4),  de  (2),  cai  (5a), 
cen  (5b),  chien;  can  (1 — 4),  can  (5),  chant  (cantus);    can- 
son  (1 — 4),  canson  (5),  chanson  (cantio,  -onis);  darben  (1, 
3,4),  derbon  (2),  cerbon  (5),  charbon;  dati  (1),  date  (2,3), 
datci  (4),   cate  (5a),   cati  (5b),   chateau;  ca  (1 — 4),  ca  (5), 
chat.    Zu  Verri^res:  ce,  cheoir,  tomber  (cadere);  can,  chant 
u.  8.  w.     Mit  g  und  z  vertauscht  findet  sich  d  und  c  in: 
garabe    (1,2),  gamba  (3,4),  zamba  (5),  jambe  (camba).     In 
derdl  (1  —  3),  dardi  (4),  cercl  (5),  chercher  (circare),  statt  des 
richtigem  cerdi,  cercl,  ist  das  erste  d,  c,  wie  im  franz.  wort 
ch,   durch  assimilation  entstanden.     Beispiele  des  inlautes: 
arde  (1,  2,  4),  erde  (3),  arce  (5),  arche  (arca);   coücl  (1  —  3), 
cudi  (4),   coeci  (5b),   coucher;    d'mäd«  (1),   d'mede  (2),  de- 
made   (3),   d'mäde   (4),    demaiC«  (5a),   demenö«   (5b)  f.,   di- 
manche;    mand«    (1,  2,  4),   mänC«    (3),   manc«   (5),   manche 
(manica);    modi   (2),   moucher   (von   mucus,  gls.   mucare); 
seci  (1—4),    seci   (5a),    secl  (5b),    secher    (siccare);    vade 
(1 — 4),  VoaCe  (5a),  vaCe  (5b),  vache;   mit  weicherm  g  und 
z:   epegi  (2),   empezi  (5b),   empoisser   (impicare).     c)    Vor 
latein.  e,  i,  oe  (ae)  wird  das  ursprünglich   gutturale   c  Si- 
bilant:   cerve  (3),   parvei  (4),   cerveau  (cerebellum) ;  certy« 
(1,2),   9artye   (3),   ^artyÖ  (4),   certyo  (5b),  cercle;  cfel,  eil, 
ciel;  im  altern  patois  findet  sich  mit  breitem  zischlaut  ch4 
(§e)  in  der   3.  gr. ;  dieses  sibilante  c  ist  oft  vertreten  durch 
die   ihm  verwandten   laute   s,  ss,  z.     d)    Cc.     Erweichung 
und   aus  fall   ausgenommen,  folgt  cc   denselben  regeln,  wie 
einfaches  c.     Vor  e  und  i  lautet  diese  Verbindung  wie  im 
französischen,     e)    Ct  wird   bisweilen  geduldet  wie    in  re- 
spectä   (3,  5b),   respecter   (respectare) ,   bisweilen  assimilirt 
sich  c  dem  t:  lutta  (1,2,3,  5b),  ledtte  (4),   (luctari);   sehr 
oft  wird  der  guttural  aufgelöst  zu  i,  das  allerdings  häufig  in 
der  gestalt  von  e  auftritt,   namentlich  nach  o:   co^son  (1), 
coüeson  (4),    cöeson    (5b),   während  in   couson   (3)   das  so 

Zeitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6.  32 


498  Häfelin 

eDtstandeue  i  verschwand  (coctiouem);  seiteü  (4),  sattal 
(5b),  faucheur;  trötä  (1,  2,  3,  5),  trete  (4),  traiter  (tractare); 
in  lyi  (1  —  5)  aus  Icetus  trafen  sich  zwei  i,  wovon  das  erste 
vor  dem  folgenden  in  y  überging.  Oft  gingen  beide  con- 
sonanten  in  6  (gr.  1 — 4)  und  c  (5.  gr.)  über:  cadi,  caöl, 
eacher  (coactare);  depacl  (1),  depecher  (dispactare) ;  epe<ä 
(1,2,  4),  apeci  (3),  empaci  (5b),  empecher  (impactare);  fyedl 
(3),  fl^chir  (flectere);  fracl  (2),  briser  (gls.  fractare);  fQr 
d  und  6  zeigt  sich  g  und  z  in;  fege  (1,  2,  3),  fegÖ  (4), 
fe^o  (5b),  foie  (ficatum).  f)  X  (es).  Der  c-laut  assimilirt 
sich  dem  s:  e8sare(3)  und  sein  compos.  ressür«,  essuyer  (ezsu- 
care);  lassl  (1 — 5),  laisser  (laxare);  passl  (1),  pass6  (2,  3), 
passsci  (4),  passe  (5a),  passi  (5b),  echalas  (paxillus);  tassä 
(2),  evaluer,  taxer  (taxare).  Vor  consonanten  wird  dieses 
so  entstandene  ss  wie  s  ausgestofsen:  etyerl,  eclairer  (ez- 
clarare);  eceüfe  (4),  battre  le  grain  dans  la  grange  (excu- 
tere);  eprovä,  eprove  (4),  eprouver  (exprobare);  etran^ 
etranzl^  etranger;  fräUe  (1,2,3,5a),  fräno  (5b),  frene  (frass'- 
nus,  fraxinus);  setfe  (1),  setier  (sextarius).  Der  guttural 
findet  sich  zu  i  aufgelöst  in:  boüi  (1 — 5),  (buxus);  coüess« 
(1),  coüesse  (2),  coesse  (5b)  neben  cousSe  (3,  4,  5a),  cuisse 
(coxa).  Französischen  formen  mit  ch  aus  x  (umgestellt  zu 
sc)  entsprechen  mundartliche  mit  6  (1 — 4)  und  c  (5):  l^öl 
(3),  lädi  (4),  läci  (5b),  lacher  (laxare);  läc«  (1,2),  l^c«  (3), 
ledd  (4),  läCe  (5a),  läco  (5b),  lache  (laxus);  täde  (1,  2),  t^d. 
(3,  4),  tace  (5),  täche  (taxa).  g)  Lc,  nc,  rc,  tc,  de.  a)  In 
der  Verbindung  lc  wird  c  zu  g  (1 — 4),  z  (5),  wie  in:  pugä 
(4),  poussin  (puUicenus),  seltener  zu  d,  c,  wie  in:  peüd«  (3), 
peüdö  (4),  peuce  (5),  pouce  (policem);  ß)  desgleichen  c  in 
nc  (ndc):  megi  (I,  2,  3),  niägl  (4),  meil  (5a),  menzi  (5b), 
manger  (manducare) ;  pägl  (3),  penzi  (5b),  pencher  (gls. 
pendicare);  vägl  (3),  vCngl  (4),  venzi  (ob),  venger  (vindi- 
care)  mit  dem  compos.  r'vägi  (3),  rVe„gi  (4),  revenil  (5b),  re- 
vancher; der  d-laut  findet  sich  dagegen  ein  in:  epandl,  epanöl, 
r^pandre  (gls.  expandicare  von  expandere);  y)  ebenso  in  der 
Verbindung  rc:  dargl  (1 — 3),  auch  dergi  (2,  3),  dargl  (4), 
cerzi  (5),  charger  (gls.  carricare);  forgl  (1  —  4),  forzi  (5), 
forger  (fabricare)  sammt  dem  Substantiv  förg©  (3,  4),  förd« 


abhandlnngen  über  die  roman.  mandarten  der  Sttdwestschweis.      499 

(5b),  forge  (fabrica).  d)  Die  Verbindung  tc  stellt  sich  in 
der  mundart  gewöhnlich  dar  durch  ^  in  den  vier  ersten 
gruppen,  durch  ±  in  der  5.  gruppe  und  in  der  mundart 
von  Verrieres,  die  überhaupt  6  und  ±  überall  da  zeigt,  wo 
auch  die  mundarten  der  5.  gruppe  diese  laute  aufweisen. 
Beispiele:  ag«  (1,  2),  6^o  (3),  e^6  (4),  äÄ«  (5a),  äio  (5b), 
äge;  oräge  (1,  2),  ore^«  (3),  ore^ö  (4),  oräi«  (5a),  oräio 
(5b),  orage;  dammäge  (1,  2),  damm^^«  (3),  dammögö  (4), 
dammä^e  (5a),  dammäzo  (5b),  dommage;  herbä^«  (1,  2), 
herb^ge  (3),  harb6g6  (4),  herbäie  (5a),  herbäio  (5b), 
herbage  u.  s.  w.  Zu  Verrieres  finden  sich  die  formen: 
fourmäzoü,  fromage;  rame^ou,  ramage  (gls.  ramaticum). 
Die  harten  laute  fanden  sich  ein  in:  med  (3),  madi 
(4),  macl  (5),  mächer  (masticare);  per<ie  (1  — 3),  parö« 
(4),  peröe  (5),  perche  (pertica);  peürde  (3),  pourdö  (4), 
porche,  portique  (porticus).  6)  De  gestaltet  sich  zu 
dem  gleichen  laut  g,  i:  dju^l  (1  —  4),  iuil  (5),  juger 
(judicare);  mä^e  (1),  mög«  (2),  ml^e  (3),  mei^o  (4), 
quacksalber  (medicus,  prov.  metge,  afr.  mege);  prö^I 
(2),  prezi  (5),  parier  (praedicare).  h)  Sc  im  inlaut  wird 
SS  in :  pesson  (3),  p^sson  (4),  pesson  (5b),  poisson  (abgelei- 
tet von  piscis);  einfaches  s  in:  ra-n-sinol«,  rossignol;  d,  6 
in:  moc^e  (I  —  4),  moc«  (5),  mouche;  pöd«  (3,  4),  pSche 
(persica,  pesca).  Dahin  ist  auch  zu  rechnen  das  aller- 
dings deutschem  Ursprung  angehörende  frede  (3,  4),  frede 
(5a),  freCe  (5bj,  fralche,  fem.  zu  fre,  das  den  ganzen 
auslaut  sc  abgeworfen  (ahd.  frisc).  In  c^üotre  (cognoscere) 
ist  sc  gerade  wie  einfaches  s  behandelt  worden.  Sc  im 
anlaut  s.  S. 

B.  Qu.  a)  Qu  geht  in  die  media  über:  egu«  (1,  5a), 
eau  (aqua);  egö  (2,5b),  dgal  (aequalis);  sägr«  (1),  sögr.  (2), 
sigre  (oa),  saigre  (5b),  suivre  (aus  sequere  für  sequi);  aus- 
fall  des  q  vor  u  und  consonantirung  des  letzteren  zeigt  die 
form:  äVe  (3,4);  ausfall  und  ersatz  durch  i  nebst  conso- 
nantirung des  u:  evoüe  (2,  5b),  ev«  (1,  Landeron),  eau; 
ausfall  des  qu  und  ersatz  durch  i  (jetzt  e):  coüer«  (2), 
cuire  (coquerej;  in  cour«  (4)  hat  nachheriger  ausfall  des  i 
stattgefunden,     b)    Vor  a-,   o-  und  u-lauten   bleibt  qu  ge- 

32* 


500  lUfelin 

wöbnlich  als  gutturaler  laut,  jedoch  ohne  vernehmbares  u, 
doch  auch  nicht  selten  vor  i  und  e  (ae):  enquie  (1,  2),  (in- 
quietue);  qu'rl  (3),  chercher  (quaerere);  se  quäsl  (2),  qui- 
181  (4),  se  taire  (gis.  quietiarc  von  quietus);  u  tönt  aber 
mit  in  dem  pronomen  interrogativum  qoüi  (1 — 5a),  qoüu 
(5b),  qui  (quis).  Sonst  ist  qu  vor  i  und  e  gewöhnlich  be- 
handelt wie  c  in  dieser  Stellung:  cous'na  (3),  cuisine  (co- 
quina).  Wo  im  französischen  cli  aus  qu  erscheint,  zeigt 
sich  hier  c(l — 4),  c  (ö  und  Verrieres):  dän^  (1,2,3),  c^^nrf 
(4),  cano  (5b),  ebene  (gls.  quereinus);  dacon,  cacon,  oder 
caquon,  caquon,  chacun  (quisque-unus).  Vor  i  wechselt  qu 
bisweilen  mit  ty:  tyauze,  quinze  (quindecim);  entye  m.  en- 
tyeta  f.  (5b),  (inquietus,  a);  ty  in  der  mundart  von  Tra- 
vers  nähert  sich  noch  der  ausspräche  eines  cy  (quy),  entye 
lautet  dort  fast  encye,  enquye. 

C.  G.  a)  Vor  consonanten  und  den  vocalen  a,  o  und 
u  bleibt  die  gutturale  media  theils  bestehen,  theils  wird 
sie  erweicht  zu  i  (y),  oder  auch  ausgeschieden.  Für  erste- 
res  sind  beispiele  nicht  von  nöthen.  Erweichung  zeigt  sich 
klar  in:  foulr,.  (1),  (fugere);  fyerl  (3,  4),  flairer  (flagrare 
statt  fragrare);  atie  (3),  entieü  (5b),  entier  (integer  mit  Um- 
stellung der  laute  e  und  i);  lylre  (2),  lire  (aus  Iure,  leire, 
leyre,  legere).  Beispiele  des  ausfalls:  aou  (3),  aoüt  (au- 
gustus);  rua  (3,  5b),  rue  (ruga);  tyolU,  tyolla,  tuile  (tegula). 
In  ne-v-ouä  (2),  uier,  ist  der  durch  ausfall  des  g  entstan- 
dene hiatus  wieder  durch  einschub  des  halbvocals  v  besei- 
tigt. Ob  in  Wörtern  wie  cateyl  (3),  chätier  (castigare), 
leyl  (3)  neben  liä  (5b),  Her  (ligare)  auflösung  des  gattn- 
rals  in  i  (y)  oder  hiatustilgung  durch  y  vorliege,  wage  ich 
nicht  zu  entscheiden.  Kommt  g  durch  körzung  in  den 
auslaut,  so  verschwindet  es  wie  in  mä,  mais  (aus  magis). 
Die  seltene  auflösung  zu  u  ist  vorhanden  in  fou  m.,  buche 
(aus  fau,  dies  aus  fagus).  b)  G  vor  a  geht  in  den  vier 
ersten  gruppen  gern  in  g,  in  den  mundarten  des  Vignoble, 
der  Paroisse    und  von  Verrieres   in  z    über    und  zwar  in 

• 

denselben  Wörtern,  wo  im  französischen  sich  aus  lat.  g 
j  entwickelt:  g6ne  (1,2,3),  gäno  (4),  zon«  (5a),  £öno  (5b), 
jaune  (galbinus) ;  gol  (2),  zoi  (5),  benutzen  (gaudere);  goyeü 


abhandlungen  über  die  roman.  mnndarten  der  SUdwettschweiz.       501 

(Ol  goy«  (3),  *oyeü  (5a),  zoya/  (5b),  joyeux;  longe  (1  —  4), 
lonze  (5),  fem.  zu  Ion  (longa);  purgl,  purÄI  (purgare);  v(»rge 
(1,  2),  varge  (3,  4),  VoCrZe  (5a),  verie  (5b),  verge  (virga). 
c)  Vor  e  und  i  wird  g  zu  g  in  den  vier  ersten  gruppen, 
zu  z  in  der  fünften  und  in  der  mundart  von  Verrieres: 
borge  (3,  4),  bor^a«  (5b),  bourgeois  (gls.  burgensis);  galä 
(1,  2,  3),  gal^  (4),  Äalä  (5),  geler  (gelare);  ge  (1),  ^ä  (2), 
ga  (3),  ge  (4),  ze  (5a),  Äein  (5b),  gens;  gichan.Ue  (2),  gen- 
tiane  (gentiana);  geti  (1),  geti  (2,  4),  gati  (3),  zeti  (5a), 
gentil  (gentilis);  g'nu  (1,  2,  3),  g'neu  (4),  genou  (genu); 
gernä  (1,  2),  garUä  (3),  garme  (4),  zernä  (5b),  germer  (ger- 
minare);  gäglve  (3),  gäglve  (4),  zenzuve  (5b),  gencives 
(gingiva);  in  gäcive  (1)  trat  wie  im  französischen  wort  q 
an  stelle  des  richtigem  g  in  folge  des  strebens  nach  dissi- 
milation.  d)  Bisweilen  trat  aber  auch  vor  e  und  i  Syn- 
kope der  gutturalen  media  ein;  so  in:  coudi  (2),  coüudä 
(5bj,  cuider  (cogitare).  Unentschieden  bleibt  es,  ob  in  Wör- 
tern wie  fyeye  (3),  fleau,  ausfall  der  gutturalen  media  und 
hiatustilgung  durch  y  oder  auflösung  derselben  zu  i  statt- 
gefunden habe,  e)  In  der  Verbindung  gu  bleibt  g  guttu- 
ral: anguilye  (4),  anguilla  (5b),  (anguilla);  legUe,  langue 
(lingua);  g  ist  vor  u  ausgefallen  in:  lenvoüa  (5b).  f)  Gm 
bleibt  in:  ogmatä  (3),  Ögmentä  (5b),  augmenter;  andere 
beispiele  fehlen,  g)  Gn  wird  umgestellt  zu  ng  mit  er- 
weichung  des  g  zu  y:  aseni  (3),  enseigner  (insignare); 
c'notre,  connaitre;  digne  oder  din«  (3),  dign6  oder  din6 
(4),  (dignus);  regne  (3),  regno  (5b)  oder  ren«,  reno  (reg- 
num);  sign«  (3),  signo  (5b)  oder  sin«,  sino  (signum)  u.  a. 
Erweichung  ohne  Umstellung  fand  statt  in:  p6ä  (3,  4),  p6en 
(5b),  (pugnus);  sino  (4),  signe.  Wegfall  der  gutturalen 
media  im  auslaut,  wie  im  französischen:  mala  (3),  malen 
(5b),  (malignus).  h)  G  in  ng  vor  e  und  i  wird  entweder 
zu  g  (1—4)  und  z  (5),  wie  in  ahge  (2,  3),  ang6  (4),  ani« 
(5a),  ange  (angelus),  oder  es  erweicht  sich  ng  zu  ny,  auch 
n  oder  gn  geschrieben:  y'attegn6,  y'attöny^  oder  y'  aMh6 
(attingo).  Auch  Umstellung  des  ny  zu  in  in:  pyödr«  (1,  2), 
pyädre  (3,  4),  pyaidr«  (5a)  mit  verstummtem  nasal,  pyen- 
dre  (ob),  plaindre  (plangere,  planyre,  plainre). 


502  Uäfelin 

I).  J.  a)  Auflösung  dieses  halbvocals  in  i  findet  statt 
vor  consonanten  und  im  auslaut:  ^dl  (adjutare,  ajHare,  ai- 
tare);  mä,  me,  mois  de  mai  (majus);  Umstellung  des  j  m 
balyi,  bailler  (bajulare,  bajMare,  baljare).  In  den  meisten 
fällen  aber  wird  es  zu  dj  (gesprochen  wie  ^)  in  der  1.,  2., 
3.  und  4.  gr.,  zu  z  in  der  5.  gr.  und  in  der  mundart  von 
Verrieres.  Beispiele:  Djaque  (1,  2,  3),  Z&c6  (5b),  (Jaco- 
bus);  dja,  za,  deja  (jam);  djanvfe  (1,2)  djanviö  (3),  djanvl 
(4),  (januarius);  dedjeü  (1,  2),  d'djeü  (3,  4),  deÄeü  (5b), 
jeudi  (dies  jovis) ;  dju  (1),  saft  (jus);  djuste  (1  —  3),  djustd 
(4),  zusto  (5b),  juste  (justus)  u.  s.  w. 

4.     Die  labialen. 

Ä.  P.  a)  Anlautend  geht  es  in  die  media  Über  in 
boete  (pyxis),  inlautend  wird  es  in  der  regel  zu  v:  crevä 
(3),  ercvä  (5b),  crever  (crepare);  c'vl  (2),  souhaiter  (cu- 
pere);  pavelyon  (2),  (papilionem);  sonderbar  ist  die  form 
pav'lyeü  (3),  die  den  anschein  hat,  als  gehe  sie  zurück 
auf  eine  nominativform  mit  verrflckung  des  lateinischen 
accents  auf  die  letzte  silbe;  pouvr'tä  (1),  pauvret6  (pauper 
tatem);  räVo  (1,2),  räva  (3,5),  r^va  (4),  rave;  recovrä  (5b), 
(recuperare);  vivra  (3),  vipere  (vipera).  Ausgefallen  ist  v 
in  poure  neben  pouvre.  Vor  1  (y)  bleibt  p  bisweilen  un- 
angetastet stehen:  peüpye  (1,  2,  3,  5a),  peüpy6  (4),  peuple 
(populus) ;  sonst  wird  es  in  dieser  Stellung  gern  zu  b :  co- 
bye  (5a),  troupe  (copula);  d-r-eüby«  (1,  2,  5a),  d-r-eübyij 
(4),  d-r-eübyo  (5b),  dubye  (3),  (duplus);  puby»  (1,  2),  poü- 
ibye  (5a),  pubyo  (5b),  peuplier  (populus).  In  manchen  Wör- 
tern, die  vielleicht  jünger  oder  weniger  volksthütnlich  sind, 
hat  sich  p  fest  behauptet,  wie  in  dissipä,  occupä  u.  a« 
Mit  t  vertauscht  ist  p  in  rotr«,  rontr«  (4,  5b),  rompre  (rum- 
pere).  Auslautendes  p  geht  für  die  ausspräche  verloren. 
b)  Pp  bleibt  als  labiale  tenuis  fortbestehen:  apportä  (1,2) 
(apportare);  etoppa  (3,4,  5),  etoupe  (stuppa)  u.  a..  c)  Mit 
t  und  s  verbunden  ging  p  verloren  in :  tisan.na  (2,  3),  (aus 
ptisana);  som«  (1,  2,  3),  §6mo  (ob),  psaume  (aus  psalmus). 
d)  Pt;  p  wird  in  dieser  Verbindung  in  der  regel  dem  fol- 
genden consonanten  assimilirt:   mal^t«  (3),  malet^  (4),  ma^ 


abhandlungen  über  die  roman.  mundarten  der  Sudwestschweiz.       503 

lade  (male-aptus) ;  rotte,  rotta,  fem.  des  part.  perf.  von 
rotFe  (rupta)  und  zugleich  auch  Substantiv  mit  der  bedeu- 
tung:  troupe,  rotte.  Kommt  pt  in  den  auslau t,  so  ver- 
schwindet es  gänzlich:  ro  (ruptus).  e)  In  der  Verbindung 
pd  fällt  p  aus:  eteu^-dl  (3),  etordi  (4),  ^tourdir  (gls.  extor- 
pidire);  tyede  (3),  teidd  (4),  (tepidus).  f)  Ps;  in  dieser 
Verbindung  assimilirt  sich  p  dem  s,  wie  in  cesSe,  caisse 
(capsa);  ebenso  geht  auch  das  wort:  ade  (2,  3),  adl(l,5b), 
adei  (4),  toujours,  prov.  afr.  ades,  auf  ein  ihm  vorange- 
gangenes adesse  (ad  ipsum)  zurück.     Sp.  s.  S. 

B.  B.  a)  Die  labiale  media  geht  ober  in  den  na- 
sal in  dem  wort  d'sande  (1),  desando  (5b),  (dies  sab- 
bati).  b)  Anlautendes  b  bleibt,  inlautendes  erweicht  sich 
in  der  regel  zu  v:  fäv«  (I,  2),  fäva  (3,  5),  (faba);  lävr«  (2), 
levre  (vom  pl.  von  labrum);  provä  (2,3),  (probare);  savu 
(2),  sureau  (sabucus);  tavan  (tabanus);  doch  findet  sich  da- 
neben auch  taban.  Auslautend  geht  es  für  die  ausspräche 
verloren:  trä  (trabs,  -bis),  c)  Fälle,  wo  b  sich  in  u  auf- 
gelöst hat  vor  1  und  r,  sind:  forgl,  forzi  (fabricare);  pa- 
roula  (3),  parole  (parabola),  wie  in  andern  romanischen 
sprachen,  d)  Bt;  b  assimilirt  sich  dem  t:  detta  (3),  dette 
(debita);   dottä,   dotte   (4),  (dubitare);  gatta  (3), .  (gabata). 

e)  Bs  verhält  sich  hier  wie  im  französischen;  b  assimilirt 
sich  nicht:  abst'nl  (3),  absteni  (4,  5b),  abstenir  (abstinere). 

f)  Dagegen  zeigt  sich  assimilation  in  sudje  oder  suge  (3), 
(subjectum);  seuveni  (3),  seuv'nl  (5b),  souvenir  (subvenire). 

g)  Mb  im  auslaut  verliert  sein  b:  colom  (columbus);  pyom 
(plumbum). 

C.  F.  Ph.  Ph  geht  über  in  p:  supr«  (1,  2,  3),  supro 
(4),  soupre  (5a),  supro  (5b),  souflßre  (sulphur,  sulfur,  prov. 
solpre)  nebst  dem  verbum  suprä,  supr^  (4),  enduire  de 
souffre  (sulphurare),  ebenso  in  copä  (gls.  colaphare).  Er- 
weichung des  f  zu  V  findet  statt  in:  prevon  (1,  2,  3,  5a), 
prevon  (5b),  doch  auch  profon  und  prefon  (4),  (profundus), 
ausfall  in  triol  mit  dem  dimin.  triolet  (2),  tr^fle  (trifolium). 
Es  findet  sich  kein  beispiel  der  aspirata  h  fQr  f;  aus  foris 
entwickelt  sich  foCÜ  (3),  feü  (5b),  hors,  dehors. 

D.  V.     Anlautendes  v  geht  in  f  über  in  dem  verbam 


504  Häfelin 

ftl  (vcstire),  doch  nur  in  einigen  dialekten,  die,  wenn  die 
endung  betont  wird,  den  voeal  des  Stammes,  als  tonlosen, 
unterdrücken;  v  kommt  wieder  zum  Vorschein,  sobald 
der  unterdrückte  vocal  zurückkehrt.  Inlautendes  p  wird 
zu  b  in:  corbä,  corbe  (4),  (curvare).  Sonst  behauptet  es 
sich  inlautend  in  den  meisten  fällen:  lavä,  lave  (4),  (la- 
vare);  levää),  Ifve  (4),  (levare);  ausgefallen  ist  es  in:  poe 
(3),  peür  (4),  poair  (5b),  peur  (pavorem).  Auslautendes 
V  geht  für  die  ausspräche  verloren:  cro  (1 — 3),  crou  io 
Verricres,  corbeau  (corvus  mit  Versetzung  der  liquida  r); 
soüe  (4),  suif  (sevum).  Anlautendes  v  in  lateinischen  Wör- 
tern ist  einige  male  in  die  gutturale  media  übergegangen: 
gäna  (3,  4),  guena  (5b),  (vagina);  guetä  (3),  gäte  (4),  gatä 
(5b),  (vastare),  in  denselben  Wörtern,  wo  auch  das  fran- 
zösische denselben  Vorgang  zeigt,  während  das  deutsche 
w  sich  noch  gewöhnlich  in  der  form  von  zeigt,  bisweilen 
in  der  form  v6:  voag«,  gage;  vifagl,  gager;  ve?arl,  guerir; 
vouelyl,  crier,  grincer;  voucr«,  gueres;  voueti,  guetter,  ^pier; 
Vouardä,  garder.  V  liebt  oft  den  laut  ou  nach  sich,  auch 
in  Wörtern  lateinischen  Ursprungs:  vouep«,  guepe  (vespa). 
Eine  etymologisch  nicht  berechtigte  erscheinung  ist  es  in: 
ou-v-ra  (4),  vent,  aus  aura. 


Zweiter  theil. 

Formenlehre. 

I.     Substantiv. 

Von  der  bildung  desselben  in  der  einzahl  und  in  der 
mehrzahl  ist  bereits  in  der  lautlehre  gesprochen  worden. 
Hier  mufis  nur  noch  bemerkt  werden,  dafs  substantiva 
weiblichen  geschlechts,  die  der  1.  declination  angehören 
und  die  in  der  zweitletzten  silbe  einen  eu-  oder  e-laut 
haben,  denselben  in  der  mehrzahl  unterdrücken;  z.  b.:  la 
neteulje  sing.,  aber  le  net'lye  plur.  (2),  Ja  nateuly«  sing., 
aber  le  nat'lye  plur.  (3),  la  lentille,  les  lentilles.    Anzufüh- 


abhandlungen  aber  die  roman.  mundarten  der  Sttdweiitschweiz.       505 

ren  sind  nur  noch  die  verschiedenen  formen   des  das  Sub- 
stantiv gewöhnlich  begleitenden  artikels. 

Artikel. 

1)  Bestimmter: 

masculinum:  sing.:  nomin.  accus.:  le  (f,  2,  3,  5a)*), 
lo(4,  5b);  gen.:  du(1^5a),  doü(5b);  datr.:  u  (1,  2,  4,  5a), 
i  (3),  au  (5b);  plur. :  nomin.  accus.:  1^  (1,  2,  4,  5a),  le  (M), 
le  (5b);  gen.:  de  (1,  2),  de  (3,  4),  dej  (5a),  dae^,  fast  wie 
dai  lautend  (5b);  dat.:  e  (1,2),  i  (3),  e  (4),  ei  (5a),  a^, 
fast  ai  (5b); 

femininum:  sing.:  nomin.  accus.:  la  (1 — 5b);  gen.:  d'la 
(1 — 5a),  de  la  (5b);  dat.:  ala(l — 5b);  plur.:  nomin.  accus.: 
le  (1,  2,  4,  5a),  le  (3),  le  (5b);  gen.:  d^  (1,  2),  de  (3,  4), 
dci  (5a),  da^,  fast  da,  (5b);  dat.:  e  (1,  2),  i  (3),  e  (4), 
e-i  (5a),  aeS  fast  ai  (5b). 

Vor  vocalen  lautet  der  artikel  im  nomin.  und  accus, 
sing,  für  beide  goschlechter  P,  im  gen.  d'  P,  im  dat.  a  T; 
im  plural  tritt  an  die  eben  angeführten  formen  ein  s  (oft 
§  gesprochen),  das  die  bindung  bewerkstelligt. 

2)  Unbestimmter: 

masculinum:  nomin.  accus.:  on  (1 — 5b);  gen.:  d'on; 
dat.:  a  on;  femininum:  nomin.  accus.:  enn«  (1,  2),  anna  (3), 
enna  (4),  enn«  (5a),  enna  (5b);  gen.:  d'enne(l,  2),  u.  s.  w.; 
dat.:  a  enn«  (1?  2),  u.  s.  w.  Vor  einem  vocal  lautet  der  un- 
bestimmte artikel  en  (1,  2,  4,  5a  b),  an  (3)  für  das  mascu- 
linum, enn'  (1,2^4,  5a  b),  ann'  (3)  fdr  das  femininum. 
Statt  nn  kann  auch  einfaches  n  geschrieben  werden,  nur 
ist  der  betonte  vocal  kurz  und  n  scharf  zu  sprechen,  was 
durch  die  Schreibweise  nn  angedeutet  wird. 

n.     Adjectiv. 

Ueber  die  bildung  des  adjcctivs  ist  zum  theil  eben- 
falls schon  in  der  lautlehre  gesprochen  worden.    Der  plur. 


*)  Als  rcpräsentantcn  der  einzelnen  gruppen  sind  die  mundarten  von 
Ligniöres  (1),  Dombresson  (2),  La  Sagne  (3),  Travel s  (4),  Cortaillod  (6a), 
Gorgier  (5b)  aufgenoilimen.  Nach  einer  wortform  bezeichnet  (1)  also,  dafs 
»ich  dieselbe  im  patois  von  Ligniöres  voi findet,  u.  §.  w. 


506  Häfclin 

des  masoulinums  lautet  nicht  verschieden  vom  singuIar, 
der  pliir.  des  feiDininums  wird  gebildet  wie  derjenige  der 
weiblichen  substantiva  der  ersten  declination.  Der  compa- 
rativ  wird  durch  vorsetzung  von  pye  (1),  pyeu  (2,  3),  pyeu 
(4,  5a),  pye  (5b)  vor  den  positiv  ausgedrückt.  Aufser  die- 
sem periphrastischen  coinparativ  findet  sich  noch  theil- 
weise  ein  organischer,  nämlich  zu: 

1)  bon:  meyeür  (I),  melyeür  (2),  melyu  (3),  meilyeür 
(4),  melyeür  (5a),  melyae  (5b)  für  masculinum  und  femininum; 
2)  crouye  mf.  oder  medä  m.  medäte  f.:  pfe  m.  pfer«  f.  (1), 
pie  mf.  (2) ;  medan  m.  medanta  f.:  pf  m.  plr«  f.  (3);  me6an  m. 
mecanta  f.:  pyeu  mecan  m.  pyeu  mecanta  f.  neben  plr«  mf. 
(4);  m6v6  m.:  pl  m.  (5a  b);  3)  peti  m.  petit«  f.:  m^ädr« 
mf  (1);  p'ti  m.  p'tite  f.:  m^eidr«  mf.  (2);  pete  m.  petetaf.: 
m^ädre  m.  määdra  f.  (3);  p'ti  m.  pHita  f.:  moädro  m. 
moädra  f.  (4);  p'ti  m.  p'titef.:  moaidr«  mf.  (5a);  p'ti  m. 
p'tita  f :  moCndro  m.  moCndra  f.  (5b).  Die  vorsetzung  des 
bestimmten  artikels  vor  den  comparativ  dient  zur  bildung 
des  Superlativs. 

III.     Zahlwort. 

1)  Cardinalzahlen:  Dieselben  werden  ausgedrückt 
durch:  1.  on  m.  enn«  f.  (1,  2),  on  m.  anna  f.  (3),  on  m. 
enna  f.  (4),  on  m.  enne  f.  (5a),  on  m.  yena  f.  (5b);  2.  dö 
m.  doü^  f.  (1),  do  m.  doue  f.  (2),  do  m.  doüe  f.  (3),  de  m- 
duvoe  f.  (4),  do  m.  devoue  f.  (5a),  dou  m.  düv^^  f.  (5b); 
3.  trä  (1),  tre  (2,  3,  4),  trai  (5a),  tra«  (5b);  4.  quatr.  (1, 
2,3,5a),  quatrö  (4),  quatro  (5b);  5.  ^ä  (1—4),  pai  (5a), 
cen  (5b);  6.  soüi  (1),  ^oe  (2),  hi  (3),  äo^i  (4),  si  (5a),  ioid 
(5b);  7.  sa  (1,  2,  4,  5b),  sa  (3),  säte  (5a);  8.  votieu  (1), 
vouo  (2,  3),  voue  (4,5a),  vefe  (5b);  9.  neu  (1,  2),  neu 
(3— 5ab);  10.  die  (1,2),  di  (3— 5ab);  11.  önz^l— 5ab); 
12.  doze  (1,5a),  doze  (2,3,5b),  douz«  (4);  13.  tr^z«  (1), 
treze  (2,  5b),  tr6ze  (3,  4,  5a);  14.  quatörz«  (1),  quatorze(2), 
quatörZe  (3),  quatörze  (4,  5  a  b) ;  1 5.  tyenz«  (1),  tyanz« 
(2— 5ab);  16.  söZe  ( 1 ,  3,  5a  b),  seze(2,  4);  17.  dfe.sa(l,2), 
di-sa  (3),  di-sa  (4,  5ab);  18.  dfes-voüeu  (1),  dfes-voÄO  (2), 
dis-voüo  (3),   dis-voüe   (4),   dis-oüe   (5a),    dis-jSe   (5b);    19. 


abhandlungen  ttber  die  roman.  mundarten  der  Sttdwestechweiz.       507 

dfes-neü  (1,  2),  dis-neu  (3— 5ab);  20.  vä  (1,  2,  4),  va  (3), 
vä  (5a),  ven  (5b);  21.  vät-e-on  (1),  vät-i-on  (2),  vangt-e- 
y-on  (3),  vänt-y-on  (4,  5a),  vengt-y-on  .(5b) ;  30.  tränte  (1), 
tränte  (2,  3),  tranta  (4,  5a  b);  40.  quaränte  (1),  quarante  (2, 
3),  quaranta  (4,  5a b);  50.  päqiiäote  (1),  ^äquante  (2,  3), 
^äquanta  (4,  5a),  cenquanta  (5b);  60.  s^asänt«  (1),  soasante 
(2,  3),  soasanta  (4,  5ab);  70.  septänte  (1),  septante  (2,  3), 
septanta  (4,  5a b);  80.  vouitänte  (1),  vouictante  (2,  3),  vic- 
tanta  (4),  Vaitanta  (5a),  ouitanta  (5b);  90.  nonänte  (1),  no- 
nante  (2,  3),  nonanta  (4,  5ab);  100.  ^än  (1),  ^an  (2 — 5ab); 
101.  9än  e  on  (1),  ^an  e  on  (2,  3,  4),  ^an-i-y-on  (Sab); 
200.  d6-9än  (1),  do-^an  (2)  u.  s.  w.;  300.  trä-^än  (1),  tre- 
9an  (2)  u.  8.  w.;  1000.  mille  (1— 5b);  2000.  do-mille  (1), 
u.  8.  w.;   1,000,000.  on  milyon  (1 — 5b). 

2)  Die  Ordnungszahlen  werden  ausgedrückt  durch: 
Le  permie  (1,  2),  le  permi  (3),  lo  perml  (4),  le  perml 
(5a),  lo  perml  (5b),  le  premier;  le  secon  (1),  le  s^con  (2), 
u.  s.  w.,  le  8econd;  le  träsfenie  (1),  le  tr^asfenie  (2),  le 
troasienie  (3),  u.  8.  w.,  le  troisieme. 

3)  Die  multiplicativzahlen  durch:  säpy«  (1),  86- 
pye  (2),  säpye  (3),  säjy^  (4),  saipye  (5a),  8empyo  (5b), 
simple;  dreübye  (1,  2,  5a),  duby«  (3),  dreüby(5  (4),  dreübyo 
(5b),  double;  tripU  (1),  tripy«  (2,  5a),  triplä'  (3),  tripy^  (4), 
tripyo  (5b),  triple;  quadruple  (1),  quadrupye  (2,  5a),  qua- 
druplä'  (3),  quadrupyd  (4),  quadrupyo  (5b),  quadruple. 

4)  Die  collectivzahlen  durch:  enue  voüetäue  (1), 
une  huitaine;  enne  dozane  (1),  enue  dozane  (2),  anna  do- 
zana  (3),  enna  dozana  (4),  enue  dozaue  (5a),  enna  dozana 
(5b),  une  douzaine;  enn«  tyezän«  (1),  une  quinzaine;  enn« 
vetäue  (1),  une  vingtaine;  enUe  trätän«  (1),  une  trentaine; 
enne  quaräntäUe  (1),  une  quarantaine;  enUe  ^äquäntäne  (1), 
une  cinquantaine;  enue  s^asäntfin«  (1),  une  soixantaine; 
enUe  pätän«  (1),  une  centaine;  on  milye  (1),  un  millier. 

5)  Die  distributivzahlen  durch:  enUe  m^etl  (1), 
enne  met^e  (2),  anna  meti  (3),  la  meiti  (4),  moitie;  on  tfer 
(1,2),  on  tic  (3),  on  tir  (4),  un  tiers;  on  quar  (1,  2,4, 
5a  b),  on  que,  {3),  un  quart;  on  ^ftqufeme  (1),  un  cin- 
quieme  u.  s.  w. 


508  Häfelin 

IV.     Pronomen^ 
1.     Das  persönliche: 

A.  Das  verbundene: 

I.  person:  singularis:  nomin.:  i  ')  (1 — 5a),  i,  fast  wie 
^ ')  (5b);  dat.:  me  ^)  (1  — 5ab);  accus,  me ')  (1— 5ab); 
pluralis:  nomin.  dat.  accus.:  n^  ^)  (1),  no  ^)  (2,3,4,5b), 
no  ')  (5a). 

IL  person:  sing.:  nomin.:  te  *)  (1 — 4),  te  *)  (5ab); 
dat.:  te  *)  (1 — 5ab);  accus.:  te  *)  (1 — 5ab);  plur.:  nomin. 
dat.  accus. :  v6  »)  (1),  vo  »)  (2,  3,  4,  5b),  v6  «)  (5a). 

III.  person:  masculinum:  sing.:  nomin.:  e,  el  vor 
vocalen  (1,2,  4,  5ab),  i,  il  vor  vocalen  (3);  dat.:  yi  (1), 
lyi  (2,  4),  li  (3,5a),  lyae"  (5b);  accus.:  le  »)  (1,2,3,5a), 
lo  *)  (4,  5b);  plur.:  nomin.:  e,  el  vor  vocalen  (1,  4,  5a),  e, 
eiä  vor  voc.  (2),  i,  il  vor  voc.  (3),  ^,  ^1  vor  voc.  (5b),  dat. : 
yeü  (1),  lyi  (2,  4),  li  (3,  5a),  lya#  (5b);  accus.:  le  *)  (1,  4, 
5a),  le  ^)  (2,  3),  le  *)  (5b) ; 

femininum:  sing.:  nomin.:  elU ')  (1 — 5a),  le ')  und 
eile")  (5b);  dat.:  yi  (1),  lyi  (2,  4),  li  (3,5a),  lya^  (5b); 
accus.:  la  (1 — 5ab);  plur.:  nomin.:  eil«*)  (1,3,4,5a),  elU, 
eU  vor  vocalen  (2),  eile  *)  und  le  *)  (5b);  dat.:  yeü  (1),  lyi 
(2,  4),  li  (3,  5a),  lyal  (5b);  accus.:  le  *)  (1,  4,  5a),  le  *)  (2, 
3),  le  *)  (5b). 

B.  Das  alleinstehende: 

I.  person:  sing.:  me  (1),  me  (2),  me  (3,  4,  5ab), 
moi;  plur.:  n6  (1),  no  (2,  3,  4,  5b),  no  (5a),  nous. 

IL  person:  sing.:  te  (1),  te  (2),  te  (3,  4,  5ab),  toi; 
plur.:  vrf  (1),  vo  (2,  3,  4,  5b),  vö  (5a),  vous. 

III.  person:  masculinum:  sing.:  yu  (1),  lyu  (2,5a), 
lu  (3,  4,  5b),  lui;  plur.:  yeü  (1),  lyeü  (2),  leü  (3),  leu  (4), 
lyeü  (5a),  la^,  fast  las   (5b),  eux; 

femininum:  sing.:  eil«  (1),  lyfe  (2),  li  (3,  5a),  lyi  (4, 
5b),  eile;  plur.:  yeü  (1),  lyeü  (2),  leü  (3),  le  (4),  li  (5a), 
lae^  (5b),  elles. 


^)  Vor  vocalen  y  und  iy.  ^)  Vor  vocalen  werden  diese  formen  apo- 
strophirt.  ')  s  wird  vor  vocalen  bisweilen  gehört,  bisweilen  tritt  der  apo- 
stroph  ein.     ^)  Vor  vocalen  tritt  s  zur  bindung  ein. 


abbandluDgen  über  die  romttu.  mundarten  der  SttdirestBcfaweiz.       509 

C.    Das  reflexivpronomen: 

a)  verbunden:  se  (1 — 5a b);  b)  alleinstehend:  si  (1), 
se  (2),  se  (3— 5ab). 

2.     Das  Possessivpronomen: 

A.  Das  verbundene: 

a)  bei  nur  einem  besitzer: 

I.  person:  masculinum  sing.:  mon,  m'n  vor  vocalen 
(1 — 5ab);  femininum  sing.:  ma,  m'n  vor  vocalen  (1 — 5ab); 
mascuL  und  femin.  plur. :  me  (1 — 5a),  me  (5b),  vor  voca- 
len mes  und  mes. 

IL  person:  masculinum  sing. :  ton,  t'n  vor  vocalen  (1  bis 
5a b);  femininum  sing.:  ta,  t'n  vor  voc. ;  mascul.  und  femin. 
plur.:  te  (1 — 5  a),  te  (5b),  vor  vocalen  tes  und  tes. 

IIL  person:  masculinum  sing.:  son,  s'n  vor  voc.  (1  bis 
5a b):  femininum  sing.:  sa,  s'n  vor  voc.  (1 — 5a b);  mascul. 
und  femin.  plur.:  se  (1 — 5a),  se  (5b),  vor  vocalen  ses 
und  ses. 

b)  bei  mehreren  besitzern: 

I.  person:  masculinum:  sing.:  noutr«  (1,2,3,5a), 
noutrcJ  (4),  noutro  (5b);  plur.:  noutr«  (1,2,3,5a),  noutrd 
(4),  noutro  (5b);  femininum:  sing.:  noutr«  (1,  2),  noutra 
(3,  4,  5a b);  plur.:  noutro  (Ij  4,  5ab),  noutre  (2,  3). 

IL  person:  mascul.:  sing.:  voutr«  (1,2,3,5a),  vou- 
tr^  (4),  voutro  (5b);  plur.:  voutr«  (1,2,  3,  5a),  voutrd  (4), 
voutro  (5b);  femin.:  sing.:  voutr«  (1,  2),  voutra  (3,  4,  5a b); 
plur.:  voutro  (1,  4,  5 ab),  voutre  (2,  3). 

III.  person:  mascul.  und  femin.:  sing.:  yeü  (1),  lyeü 
(2),  leü  (3),  leu  (4,5a),  W,  fast  lai  (5b);  plur.:  yeü  (1), 
lyeü  (2),  leü  (3),  leu  (4,  5a),  la^  (5b). 

Vor  vocalen  wird  in  der  einzahl  apostrophirt,  in  der 
mehrz^l  tritt  s  an,  das  zur  bindung  dient. 

B.  Das  alleinstehende: 

a)  bei  nur  einem  besitzer: 
I.  person:  masculinum:    sing.:   le  mionUe  (1),  le  mio 
(2),  le  mio  neben  le  mionue  (3),  lo  mionn^  (4),   le  mionue 
(5a),   lo  miönuo  (ob);   plur.:  le  niioune  (1),    1^  mio  (2),   le 


510  Häfelin 

mio  und  le  mionne  (S),  I^  mionD^  (4),  16  mionOe  (5a),  le 
miönno  (5b);  feminiDum:  sing.:  la  mionOe  (1)2),  la  mionna 
(3,  4),  la  mioDDe  (5a),  la  miönna  (5b);  plur.:  le  mioone 
(1),  I^  mionne  (2),  le  mionne  (3),  I^  mionn^  (4,  5a),  le 
miönna  (5b). 

IL  person:  masculinum:  sing.:  le  tionn«  (1),  le  tio 
(2),  le  tio  neben  le  tionn«  (3),  lo  tionn^  (4),  le  tionne  (oa), 
lo  tiönno  (5b);  plur.:  14  tionn«  (1),  l4  tio  (2),  le  tio  neben 
le  tionne  (3),  le  tionn^  (4),  14  tionn«  (5a),  le  tiönno  (5b); 
femininum:  sing.:  la  tionn«  (1,  2),  la  tionna  (3,  4),  la  tionn« 
(5a),  la  tiönna  (5b);  plur.:  14  tionne  (1),  14  tionne  (2),  le 
tionne  (3),  14  tionn4  (4,  5a),  le  tiönn4  (5b). 

IIL  person:  mascul. :  sing.:  le  sonn«  (1),  le  io  (2), 
le  sio  neben  le  sionn«  (3),  lo  sonn^  (4),  le  sonn«  (5a),  lo 
sönno  (5b);  plur.:  14  sonn«  (1),  14  so,  auch  14  [ionne  (2), 
le  sio  neben  le  sionn«  (3),  le  sonn^  (4),  14  Sonn«  (5a), 
le  sönno  (5b);  femin.:  sing.:  la  sonn«  (1,  2),  la  sionna 
(3),  la  sonna  (4),  la  sonue  (5a),  la  sönna  (5b);  plur.:  14 
§onn4  (1),  14  sonne  (2),  le  sionne  (3),  14  ilonn4  (4,  5a),  le 
sonne  (5b). 

b)  bei  mehreren  besitzern: 

I.  person:  mascul.:  sing.:  le  noutr«  (1,2,3,5a),  lo 
noutr4  (4),  lo  noutro  (5b);  plur.:  14  noutre  (1,2),  le  nou- 
tr«  (3),  14  noutrcJ  (4),  le  noutr«  (5a),  le  noutro  (5b);  femin.: 
sing.:  la  noutre  (1,  2),  la  noutra  (3,  4,  5a b);  plur.:  14  nou- 
tr4  (1),  14  noutre  (2),  le  noutre  (3),  le  noutr4  (4,  5a),  le 
noutr4  (5b). 

II.  person:  mascul.:  sing.:  le  voutr«  (1,  2,  3,  da),  lo 
voutro  (4),  \o  voutro  (5b);  plur.:  14  voutre  (1,  2),  le  vou- 
tr«  (3),  14  voutro  (4),  14  voutr«  (5a),  le  voutro  (5b);  femin.: 
sing.:  la  voutre  (1,  2),  la  voutra  (3,  4,  5a b);  plur.:  14  vou- 
tr4  (1),  14  voutre  (2),  le  voutre  (3)^  le  voutre  (4,  5a),  le 
voutr4  (5b). 

III.  person:  sing.:  le  yeü  m.  la  yeü  f.  (1),  le  lyeü 
m.  la  lyeü  f.  (2),  le  leü  m.  la  leü  f.  (3),  lo  leu  m.  la  leo 
f,  (4),  le  lyeü  m.  la  lyeü  f.  (5a),  lo  la^  m.  la  Idi  f.  (5b); 


abhandlungen  über  die  roman.  mundarten  der  Sfldwestschweiz.       51 1 

mascul.   und    femin.  plur.:  U  yeü  (1),  U  lyeü  (2),   le  leü 
(3),  1^  leu  (4),  1^  lyeü  (5a),  le  la«^  (5b). 

3.  Das  demonstrativpronomen: 

A.  Das  verbundene: 

a)  mascul.:  sing.:  pu,  st'  vor  vocalen  (1),  stu,  st'  vor 
voe.  (2,  3,  5a),  ch'Iu,  st'  vor  voc.  (4),  pu,  cel  und  st'  vor 
voc.  (5b),  ce;  plur.:  ceü  (1),  steü  (2),  ste  (3),  ch'16  und 
ce  (4),  steü  (5a),  ^a^,  fast  ^ai  (5b),  ces,  mit  zur  bindung 
dienendem  s  vor  vocalen;  femin.:  sing.:  ste  (1,  2),  sta 
(3,  5a b),  ch'la  und  sta  (4),  cette;  plur.:  ceü  (1),  steü  (2), 
ste  (3),  ch'le  (4),  steü  (5a),  ^a^  (5b),  ces,  mit  s  vor  vo- 
calen; 

b)  mascul.:  on  to  (1,  2,  3,  5ab),  on  tä  (4),  un  tel; 
femin.:  enn«  töU  (1,  2),  anna  to  (3),  enna  täla  (4),  enn« 
tole  (5a),  enna  töla  (5b),  une  teile. 

B.  Das  alleinstehende: 

a)  mascul.:  sing.:  stu-ch«  (1,  2),  stu-ci  (3,  4,  5a b),  ce- 
lui-ci;  plur.:  steü-che  (1,  2),  ste-ci  (3,  4),  steü-ci  (5a), 
stae-ci,  fast  stai-ci  (5b),  ceux-ci;  femin.:  sing.:  ste-che  und 
ste-läque  (1),  ste-che  (2),  sta-ci  (3,  4,  5ab),  celle-ci;  plur.: 
steü-che  (1,  2),  ste-ci  (3,  4),  steü-ci  (5a),  sta^-ci  (5b),  cel- 
les-ci ; 

b)  mascul.:  sing.:  9U-I6  (1),  9'lu-le  (2),  p'lu-läque  (3), 
chu-läque  (4),  stu-le  (5a),  9'lu-le  (5b),  celui-lä;  plur.:  ceü- 
le  (1),  ceü-le  (2),  9'le-läque  (3),  ce-läqu«  (4),  steü-le  (5a), 
9'la^-le,  fast  9'lai-le  (5b),  ceux-lä;  femin.:  sing.:  celU-le  (1), 
celle-le  (2),  9'la-läqUe  (3),  cha-läqu«  (4),  sta-le  (5a),  9'la-le 
(5b),  celle-lä;  plur.:  celU-le  (1),  ceü-le  (2),  9'le-läque  (3), 
ce-läque  (4),  steü-le  (5a),  9'Iai-le  (5b),  celles-lä; 

c)  mascul.:  sing.:  ceyu  (1),  9'lu  (2,3),  ch'lu  (4),  stu 
(5a),  stu-16  (5b)  mit  folgendem  relativpronomen,  celui  qui; 
plur.:  ceü  (1,  2),  9'le  (3,  4),  steü  (5a),  9'lai-le  (5b)  mit 
nachfolgendem  relativpronomen,  ceux  qui;  femin.:  sing.: 
Celle  (1,  2),  9'la  (3),  ch'la  (4),  sta  (5a),  9'la-le  (5b)  mit 
nachfolgendem  relativpronomen,  celle  qui;  plur,:  ceü  (1,  2), 


512  Häfelin 

9'Ie  (3,  4),  steü  (5a),   p^IaiZ-Ie  (5b)   mit  nachfolgendem  re- 
lativpronomen,  Celles  qui; 

d)  mascul.:  sing.:  le  mim«  (1),  1e  möme  (2,  3),  lo 
meimd  (4),  le  mem«.  (5a),  lo  mimo  (5b),  le  mSme;  plur.: 
le  inlme  (1)^  1^  mem,.  (2),  le  m^m«  (3),  1^  meim^  (4),  I^ 
meme  (5a),  le  mimo  (5b),  les  memes;  femin.:  sing.:  la 
mim«  (1),  la  m6me  (2),  la  m^ma  (3),  la  meima  (4),  la 
mSm»  (5a),  la  mima  (5b),  la  meme;  plur.:  le  mlm^  (1), 
le  m^me  (2),  le  meme  (3),  1^  meime  (4),  1^  m^m^  (&&))  I^ 
mlm^  (3b),  les  memes. 

C.  Das  neutrum  des  demonstrativpronomens: 

a)  soci  (1),  soche  (2),  soci  (3,  4,  5a),  cen-lenqu«  (5b), 
ceci;  b)  cel6  (1),  ^'le  oder  9a  (2),  9a  und  ^äqu«  (3),  ce- 
läque  und  ce  (4),  ceI6  (5a),  cen  (5b),  cela;  c)  ce  que  (1), 
ce  que  (2,  4,  5a),    9a  que  (3),  cen  que  (5b),  ce  qui. 

4.    Das  relativpronomen: 

A.  Das  einfache: 

mascul.  femin.  im  sing,  und  plur.:  nomin.:  que  (1,3, 
5b),  que  (2,4,  5a),  qui;  gen.:  don  und  de  qoui  (1),  den, 
mit  hörbarem  t  vor  vocalen  (2,  3,  4,  5a b),  dont;  dat.:  a 
qoäi(l — 4),  a  qui  (5a),  a  qoüu  (5b),  äqui;  accus.:  que  (1, 
2,  3,  4,  5b),  que  (5a),  que. 

B.  Das  zusammengesetzte: 

niascul. :  sing.:  nomin.  accus.:  lequä  (1,2,3),  loquS« 
(4),  lequai  (5a),  loquen  (5b),  lequel;  gen.:  duquä  (1,2,3), 
duquän  (4),  duquai  (5a),  doüquen  (5b)9  duquel;  dat.:  uqofi 
(1,  2,  3),  uquän  (4),  auquen  (5b),  auquel;  plur.:  nomin. 
accus.:  lequä  (1,  2),  lequä  (3),  lequän  (4),  liquai  (5a),  le- 
quen  (5b),  lesquels;  gen.:  dequä  (1,  2),  dequä  (3),  de- 
quän  (4),  d^quai  (5a),  daiquen  (5b),  desquels;  dat.:  equä 
(1,  2),  iquä  (3),  equän  (4),  aiquai  (5a),  aiquen  (5b),  aux- 
quels ; 

femin.:  sing.:  nomin.  accus.:  laquan«  (1^2),  laqufina 
(3,4),  laquaiUe  (5a),  laquen.na  (5b),  laquelle;  gen.:  d'la- 
quäUe  (1,  2),  d'laquäua  (3,  'O9  d^laquain«  (oa),  de  laquen.na 


ab  handlangen  ttber  die  roman.  mnndarten  der  Sttdwestsehweiz.       518 

5b),  de  laquelle;  dat.:  a  laquän«  (1,  2),  a  laquäna  (3,4), 
a  laquaiDe  (5a),  a  laquen.na  (5b),  ä.  laquelle;  plur.:  nomin. 
accus.:  lequäne  (1),  lequäne  (2),  lequäne  (3),  l^quän^  (4), 
lequaine  (5a),  lequen.ne^  (5b),  lesquelles;  gen.:  dequän4 
(1),  dequäne  (2),  dequäne  (3),  dequäne  (4),  dequainl  (5a), 
daiquen.ne  (5b),  desquelles;  dat.:  equäne  (1),  equäne  (2), 
iquäne  (3),  equäne  (4),  aiquaine  X5a),  aiquen.ne  (5b),  aux- 
quelles. 

C.    Das  neutrum  des  relativpronomens: 
nomin.:   que  (1,3,5b),  que  (2,  4^  5a),  qui;    gen.:   de 
que   (1,  3,  5b),  de  que  (2),  de  que  (4,  5a),   de  quoi;  dat.: 
a  que  (1)3,  5b),  a  que  (2,  4,  öa),  k  quoi;  accus.:  que  (l,  2, 
3,  4,  5b),  que  (5a),  que. 

5.    Das  interrogativpronomen: 
A.     Das  verbundene: 

mascul.:  sing.:  nomin.  accus.:  qua,  vor  vocalen  quän'^) 
(1,2,  3),  quän,  vor  voc.  quen'  (4),  qua,-,  quen'  vor  voc. 
(5a)5  quen,  vor  voc.  quen'  (5b),  quel;  gen.:  de  qua  (1,  3), 
de  qua  (2),  de  quäa  (4),  de  quai  (5a),  de  quen  (5b),  de  quel ; 
dat. :  a  qua  (1,  2,  3),  a  quän  (4),  a  quai  (5a),  a  quen  (5b), 
aquel;  plur.:  nomin.  accus.:  qua,  quänes  vor  voc.  (1,2), 
qua,  quän'  vor  voc.  (3),  quän,  quenes  vor  voc.  (4),  quai^ 
queines  vor  voc.  (5a),  quen,  quens  vor  voc.  (5b);  gen.:  de 
qua  (1,3),  de  qua  (2),  de  quän  (4),  de  quai  (5a),  de  quen 
(ob),  de  quels;  dat.:  a  qua  (1,  2,  3),  a  quän  (4),  a  quai  (5a), 
a  quen  (5b),  ä  quels ; 

femin.:  sing.:  nomin.  accus.:  quän«  (1,  2),  quäna  (3, 4), 
quaiUe  (5a),  quena,  auch  quen.na  (5b),  quelle;  gen.:  de 
quän«  (1),  de  quän«  (2),  de  quäna  (3,  4),  de  quain«  (5a),  de 
quena  (5b),  de  quelle;  dat.:  a  quän«  (1,  2),  a  quäna  (3,  4), 
a  quajUe  (5a),  a  quena  (5b),  ä  quelle;  plur.:  nomin.  accus.: 
quäne  (1),  quäne  (2,  3),  quäne  (4),  quaine  (5a),  quene  (5b), 
quelles;   gen.:   de   quäne  (1),   de  quäne  (2),   de  quäne  (3), 


*)  In  diesem  und  in  den  folgenden  beispielen  deutet  n'  an,  dafs  n 
nicht  die  ausspräche  des  im  aaslaut  stehenden,  sondern  des  mit  dem  folgen- 
den vocal  verbundenen  nasals  hat. 

Zeitschr.  f.  vgl.  spractif.  XXI.  6.  oo 


514  HifUin 

de  qu&ne  (4),  de  quain(^  (5a),  de  quen^  (5b),  de  qaelles; 
dat.;  a  quäno  (1),  a  quäne  (2,  3),  a  quäne  (4),  a  quam^  (5a)^ 
a  qiicne  (5b),  h  quelles. 

B.  Das  alleinstehende: 

masciil.  feiiiin.  sing,  und  plur.:  nomin.  accus.:  qoui 
(1 — oa),  qoüü  (5b),  qui;.  gen.:  de  qoui  (1),  de  qoüi  (2), 
de  qoüi  (H,  4,  5a),  de  qouu  (5b),  de  qui;  dat.:  a  qoui  (1  bis 
5a),  a  qoiiu  (5b),  ä  qui. 

C.  Das  neutrum   des  interrogativpronomens: 

nomin.  accus.:  que  (1,2,4),  que  (3,  5ab),  quoi  und 
que;  gen.:  de  que  (1),  de  que  (2),  de  que  (3),  de  que  (4), 
de  que  (5al)),  de  quoi;  dat.:  a  que  (1,  2,  4),  a  que  (3,  5 ab). 

H.    Das  unbestimmte  pronomen: 

A.  Das  verbundene: 

a)  mascul.  femin.  sing. :  caque  (1)3),  deque  und  daqu« 
(2),  deque  (4),  caqu«  (5a  b),  chaque; 

b)  mascul.  femin.  sing,  plur.:  quoque  (1,2),  quequ« 
(3),  qnäqiie  (4),  quöque  (5a  b),  quelque,  quelques.  Vor  vo- 
calen  wird  im  sing,  apostrophirt,  im  plur.  tritt  8  ein. 

B.  Das  alleinstehende: 

a)  mascul.  sing.:  daquon  (1,  3),  öequon  (2,4),  daquoD 
(5ab),  chacun;  femin.  sing.:  caquenue  (1),  dequeunn«  (2), 
daquanna  (3),  dequenna  (4),  öaquena  (5a),  da'queoa  (5b), 
chacune ; 

b)  mascul.:  sing.:  quöquon  (1,2),  qu^quon  (3),  quft- 
quon  (4),  quöquon  (5ab),  quelqu'un;  plur.:  qu6qü's-ä  (1), 
quöquon  (2),  quequon  (3),  quäquon  (4),  quöquon  (5ab), 
quelques-uns;  femin.:;  sing.:  quöquenue  (1,2),  quequanna 
(3),  quäqujenna  (4),  quöquenUe  (5a),  quö'quena  (5b),.  quel- 
qu'une;  plur.:  quöquänne  (1),  quöquenne  (2),  qu6quanne  (3), 
quäquenne  (4),  quöquenne  (5a),  quö'quene  (5b),  quelques- 


unes; 


c)  der  begriflF  des  französischen  quiconque  wird  ent- 
weder durch  das  gleiche  wort,  oder  durch  Umschreibung, 
wie:  qoui  que  9a  sey«  (3)  ausgedrückt; 


abhandlangen  über  die  roman.  mundarten  der  Sfldweitiehweis.      515 

d)  OD  (1 — 5ab),  on; 

e)  nyoD  (1 — 5a  b)  mit  negatioD  wie  das  französische 
personne  gebraucht; 

f)  d'otrui  (1,  2,  4,  5a  b),  d'otru  (3),  d'autrui; 

g)  öque  (1),  6que  (2,  3),  äque  (4),  oqu*  (5a  b),  quel- 
que  chose. 

h)  Hierher  ist  auch  noch  zu  ziehen  das  pronominell 
gebrauchte  rä  (1),  re  (2,  4,  5a),  ra  (3),  ren  (5b),  rien. 

C.    Das  verbunden  und  absolut  gebrauchte: 

a)  mascul.  sing.:  oquon  (1,  4,  5a),  oquä  (2,3),  vor 
voealen  oquen',  oqueun,  vor  vocalen  öquun'  (5b),  aucun; 
femin.  sing.:  öquenue  (1,  2),  öquänna  (3),  öquenna  (4), 
öquenue  (5a),  oquuna  (5b),  aucune; 

b)  nul  m.  nulle  f.  (1—  5ab),  doch  braucht  man  lieber 
öquon,  auch  re,  z.  b.  re  d^ommo,  re  de  fenna  (4); 

c)  mascul.  sing.:  en  otr«  (1,  2),  an  ötr«  (3),  en  ätrö 
(4),  en  ötre  (5a),  en  outro,  fkst  ötro  (5b),  un  autre;  femin. 
sing.:  enn' ötre  (1,  2),  ann'  6tra  (3),  enn'  ätra  (4),  enn' 
otre  (5a),  enn'  outra  (5b),  une  autre.  Pluralbildung  wie 
bei  adjectiven; 

d)  mascul.  sing.:  to,  vor  vocalen  tot  (1 — 5ab),  tout; 
plur.:  tu  (1 — 5a b),  tous;  femin.:  sing.:  tote  (1,  2),  tota 
(3 — 5a b),  toute;  plur.:  tut^  (1),  tute  (2),  tote  (3),  tote  (4, 
5a  b),  toutes. 

V.    Verbum. 
1.     Das  hilfsverbum. 

Infinitiv: 

A.:  ävä  (I);  avö  (2);  avö  (3);  avä  (4);  avai  (5a);  ava« 
(5b),  avoir. 

Participium: 

praes. :  äyä  (1);  eyä  (2);  ayaa(3);  eye»  (4);  aye  (5a); 
eyen  (5b),  ayant; 

perf. :  eü  (1);  eü  (2);  avou  (3);  u  (4);  eu  (5a);  &• 
(5b),  eu. 


33* 


516 


H&fBlIlU 


V 


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-ß      0)      08      *  OD      00      C3 


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^     08     w  00     00 

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>-«  ^    a>         a    >    Q^ 


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Zcitschr.  f.  vgl.  sprachf.  XXI.  6. 


35 


546 


Häfelin 


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abbandlungen  ttber  die  roman.  mnndarten  der  Sttdwestschweiz.       547 


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35 


548  Häfelin,  abhandlangen. 

3)  Die  zusammengesetzten  zeiteo  werden  im  ganzen 
wie  im  französischen  gebildet;  doch  tritt  nicht  selten  zwi- 
schen das  hulfszeitwort  und  das  part.  perf.  des  betreffen- 
den verbums  gleichsam  verstärkend  das  partic.  perf.  des 
hQlfszeit Wortes  avä  (1)  u.  s.  w.  in  die  mitte;  namentlich  ge- 
schieht dies  mit  verliebe  bei  der  bildung  des  passe  ant£- 
rieur. 

4)  Das  passivum  wird  mit  dem  hflifszeitwort  Itr«  (1) 
u.  8.  w.  und  dem  partic.  perf.  des  betreffenden  verbums  aus- 
gedrückt; für  die  zusammengesetzten  zeiten  lautet  die  for- 
mel:  i  soue  zVü  (I)  u.  s.  w.  mit  dem  partic;  il  a  ^te  tu6 
würde  also  ins  patois  übersetzt  durch:  el  e  z'eü  tyoufi  (2), 
wörtlich:  il  est  eu  tue. 

T))  Die  reflexiven  verbeu  werden  in  den  zusammeng^ 
setzten  zeiten  gewöhnlich  mit  Itr«  (1)  u.  s.  w.  construirt; 
(loch  wird  nicht  selten  auch  avä  (1)  u.  s.  w.  verwendet. 

J.  Fr.  Häfelin. 


I.    Sachregister. 


Ablautsreihe  im  deutschen  80  f. 

Accent.    —    Sanskrit:  svarita   selb- 
ständiger  als    zusammengesetzt    zu 
betrachten   18;    nachton  als  haupt- 
theil  1 9 ;  acut ,  wo  selbständiger  sva- 
rita stehen  dürfte  19;  svarita  scheint 
Verschmelzung  zweier  silben  zu  be- 
weisen wie   griech.    circumflex  20; 
die   silbe     (im    griech.    die    more) 
macht  die  einheit  bei  der  betonung 
aus  22;  dies  grnnd  des  acute  auch 
beim    zusammenäiefsen   zweier   vo- 
kale zweier  Wörter;    grund,  warum 
im  sanskr.   der  circumflex  stets  ety- 
molog.    begründung   zulässt,    nicht 
so   im    griech.  22 ;    selbständ.    sva- 
rita   und    circumflex   dasselbe    23 ; 
enklit.  svarita  entspricht  dem  mit- 
telton   und    ist    als   einfach    anzu- 
sehen 23;    doch   hat  zwischen  den 
beiden  svaritagattungen  kein  unter- 
schied gegolten  24.  —   Griechisch: 
Vorliebe    für    den    circumflex   noch 
sfchr  fraglich  21  f.;  acut  im  alterth. 
dor.    auf  allen    einsilbigen  wörtem 
aus   einer  länge    bestehend,   umge- 
kehrt im  spät.  aeol.    auf  allen  der 
circumflex,  auch  die  xoirti  hat  den 
acut,     wo    das    att.    perispomenirt 
2 1 ;    liebhaberei  im  gegensatz  zum 
latein    bei    langer    vorletzter     und 
kurzer    letzter    die    drittletzte    mit 
dem  acut  zu  betonen  21;    circum- 
flex allerdings  viel  häufiger  als  im 
altind.    und   grund   dessen  22;    für 
den     schluss    des    wertes    gilt    die 
reihenfolge:  tiefton  (vorton),  hoch- 
ton,   mittelton,    tiefton    26;    uidq 
///«,    (lä;)    lä  26;    gen.   plur.  der 
a-declin.  stets  perispomenon  26.  — 
Latein:   Vorliebe  für  den  circumflex, 
indem  es  bei  langer  penultima  im- 
mer  den    ton    auf   dieser    belässt, 


der  bei  kurzer  letzter  immer  der 
circumflex  ist,  und  ferner  alle  ein- 
silbigen langen  Wörter  (ne  beim 
imperativ  ausgenommen)  circumflec- 
tirt  22.  —  Accent  im  siamesischen 
76.  —  Accent  im  angelsächs.  94. 
—  Ursprüngl.  wesen  des  indogerm. 
und  griech.  acc.  tonhöhe,  nicht  ton- 
stärke  267;  geaetz  im  griech.,  dafs 
nicht  am  wortende  mehrere  unbe-" 
tonte  Silben  sich  folgten  267;  zu- 
'rückversetzung  des  tones  im  aeol. 
268 ;  abweichung  des  latein.  acc. 
vom  griech.  268;  graeco-ital.  pe- 
riode  268;  betonung  der  ital.  dia- 
lekte  mit  der  des  latein.  im  wesentl. 
übereinstimmend  268;  musikal.  be- 
tonung des  griech.  (wie  im  chines. 
und  verwandten  sprachen)  268.  — 
Sanskrit,  svara  (ton),  ndStta  (acu- 
tus), anudStta  (gravis);  svarita  (un- 
abhäng.  circumflex)  im  skr.  selte- 
ner als  im  griech.;  enklit.  svarita; 
symbolische  accentbezeicbnung  des 
skr. ;  pra^ajasvara  (häufungston)  ; 
kampa  269  ff. 

A  d j  e  c  ti  y  im  angelsächs.  96 ;  lat. 
auf  -bundus  eine  gewisse  richtung 
auf  die  zukunft  ausdrückend  192  f.; 
in  den  roman.  mundarten  der  Süd- 
westschweiz 605—806. 

Affricate  263  f. 

Altfranzösischin  hebräisch.  Schrei- 
bung 46 1  fi". 

Anastrophe  des  ox;  352  ff. 

Anlaut:  b,  p  im  niederd.  66*). 

Arische  Völker,  wohl  länger  zu- 
sammengelebt als  die  andern  ver- 
wandter zunge  387. 

Artikel:  dessen  sufifigierung  im  al- 
ban.,  neubulg.  und  auch  andern 
slav.  Volksdialekten  281;  in  den 
roman,     mundarten    der    SUdwes^-i 


550 


Snchregiater. 


Schweiz,    zunUchst  in  ilon  des  can-  j 
ton 8  Nfut-nburj;  505.  I 

Aspiraten,  A  h  pirati«>  n:  Aspira- 
tion aui  einem  konson.  und  tul^. 
h-laut  bestehend  30  f.  und  •).  — 
Sanskrit:  aspir.  darf  nirht  vor  te- 
nues  und  niedien  »tehen  88  ;  h  statt 
und  neben  kh  *J65  ;  im  hinduRtan. 
36;  im  armen,  genau  so  lautend 
wie  Schriftdeutsch  k,  t,  [>  im  aid.  i 
vor  vocalen  37.  —  Deutsch:  dem 
neuhochd.  ausserhalb  von  zufsam- 
mensetzungen  ^anz  abzusprechen?  ' 
3 1 ,  naehweis  mit  welchem  rechte  3 1  fi\; 


rung  und  somit  der  Auflösung  in 
einen  rcibelaut  entzogen  43. 

Assibilaten:  9,  s  vermengt  im  um- 
brischen   118, 

Assimilation:  e  zu  o  im  umbr. 
147,  im  griecb.  147,  2,  zu  a  im 
nmbr.  154.  —  s  anl.  an  sz  ausl. 
im  lit.  18;  labialanlant  der  ersten 
wandelt  den  anlaut  der  zweiten 
Silbe  zum  labial  im  lit.  got.  14; 
assimilirtes  got.  kj  =  nhd.  k  47; 
assim.  des  k  im  nhd.  68 ;  des  f  im 
umbr.  103;  nd  zu  nn  im  lat.  105, 
im  umbr.  nicht  erwiesen   106  ff. 


aspiratiou  des  k,  t,  p  im  nenhuchd.  .Asyndeton  im  umbr.   221,   1. 
35ff.;beieinfÜgunpdo8hnachtnnver-    Auslaut:  aspirata  od,  tenuis  im  deut- 


schen 50;  g,  d,  b  im  auslaut  50  f. — 
Im  nordwestromanischen:  von  ur- 
sprünt^l.  auslautenden  consonanten 
bleiben  im  provenc.  altfranz.  r,  s, 
beim  verb  auch  t,  von  vocalen  in 
letzter  silbe  nur  a ;  im  ital.  mmän. 
fallen  alle  urspr.  auslaut.  conso- 
nanten ab,  dagegen  bleiben  alle  vo- 
cale  vor  der  letzten  silbe  im  span. ; 
portug.  bleibt  nur  s,  von  vocalen 
nur  urspr.  auslaut.  oder  durch  ab- 
fall  von  m  in  den  ausl.  gekomme- 
nes e  nach  einfachen  consonanten 
beim  nomen  und  bei  partikeln  dem 
abfall  ausgesetzt  (also  für  e  keine 
wirkl.  regel  zu  ermitteln);  churwttlsch 
verhält  sich  hier  wie  das  provenc. 
436  f;  t  im  altfranz.  (wenigstens 
vor  dem  13.  jahrh.)  immer,  im 
provenc.  nur  nach  betontem  vocal 
bewahrt  438;  abfall  von  c,  d,  m,  n 
und  nicht  verbalem  t  438 ;  der 
auslaut.  vocal  erhalten,  indem  er 
sich  mit  dem  vorhergehenden  zur 
Silbeneinheit  verband  oder  wenn 
sein  Schwund  eine  zu  harte  conso- 
nantenverbindung  zur  folge  hätte 
439;  0  schwindet  im  ital.  im  ausl. 
der  1.  p.  sg.  ind.  praes.  nicht  so 
leicht  wie  von  nominen  442. 
f   statt  ^,  häufig  X  statt  ;^  42,  j  Bedeutungsentwickelung    248; 

ö^  =  p,  X  =  <},  ^  42.  —  h  griech.  \      im  skr.  91. 

lat.  (nach  nasalem  g)  =  skr.  aspir. '  Bedeutungslehre:  aufgäbe  derseU 


kcnnbar  die  rüoksicht  auf  d.  wirkl.  j 
ai«pir.  40;  en^l.  gh  =  dlsch.  ch  43  ;  ' 
h  in  kh,  th  Inutzeichcn,  nicht  blus 
dehnungszeicheu  40  f.;  in  schweizer.  | 
mundarten    das    got.  k    im  anl.  =  ' 
X,    nach    kurzem  vocal    regelm.  =  , 
>*/  ^^ '  ß^^*  ^  "ach  vocal.  =  nhd.  ; 
9,  X  '^^i  1^  ^"  nicht  zusammenges.  ' 
deutschen    Wörtern    zwischen    zwei 
vocalzeichen  niemals  ausgesprochen 
52 ;     zwischen     zwei     vocalzeichen 

I 

(schon   im  alid.,    im    13.   IC.  jahrh.  i 
immer  häutiger)   53,  Schwankungen 
im    gebrauch    des    inlaut.    h    53  f.; 
h    nur    vor   einem    starken    (sogen, 
hoch-    oder    tieftonigen)    vocal    ge- 
duldet 55;  h   im  elsäss.  schwäb.  55; 
eintreten  der  aspir.  vor  schwachem 
vocal    nicht     gestattet     55  f.;     ein 
tönen    der   mitlauter  verhindert  die 
aspirirung  in  der  Schriftsprache  nicht, 
dagegen     ein    stimmloser    reibelaut 
56;    geringe  vemelimbarkeit    des  h 
56  f.    —    Griechisch:    kht,    pht   zu  i 
kt,  pt  38,   khs,   phs  zu  ks,  ps  40  ;i 
abneigung  des  altgr.,  die  auf  rr  fol-  ! 
genden  schlaglaute  zu  aspiriren  {,'), 
y    daher  zu    r,    x)    42;    schwanken 
zwischen  nr^ ,   ff/,  (j&  und  (rn,  (7x, 
ai    42  ;  neugr.  hinter  a  ausnahms- 
los 


tenuis  265.   —  Italisch:  h  schwin- 1 
det    zwischen    zwei    vocalen     178;; 
lateiu.  kh  =  h,  kht  =  kt39,  kh8=  i 
ks    40;    oskisch :    die   aspir.    tenuis 
iul.  häufiger  als  im  latein.  241.  — 
Hebräisch :    hat   jeder   konson.  den 
uiunittelbar    folgenden    der    aspiri- 


ben  247. 
Bildungsvocal:    i    im  lat.  fut.  der 

verba  primit.    conjugation   176,    im 

osk.    umbr.    praesens     der     abgel. 

verba  176,   1). 
Binde  vocal:   1    im  osk.;    e,    i  (im) 

im  umbr.   153  f. 


Sachregister. 


551 


Dehnung    des  rl,  ij,  a>    ans  a,  *,  o  j 
200.  ! 

Declination:  übertritt  alter  a-stämme  ; 
in    die   schwache    declin.    im    deut- 
schen ungemein  häufig  1 1  ;  im  skr.  : 
sj     des    fem.    der    pronom.    declin. 
Verstümmelung    aus   smj    27;    fem. 
auf  1  aus  ja  contrahirt  28. 

Desiderativa  im  griech.   193,    1. 

Diphthonge:  die  sogenannten  dop- 
pellauter  im    deutschen   sind   nicht 


174;  fut.  II  später  immer  geläufi- 
ger 174  f;  fut.  der  abgel.  conj.  175. 
—  im  rumän. :  bedingendes  =  lat. 
fut.  ex.  -f-  conj.  perf.  436.  —  im 
altir.  kennzeichen  f  (selten  b)  190,  1. 

Grundsprachen,  deren  interesse 
und  Wichtigkeit  401. 

Guna  aus  der  nasalsilbe  86;  dessen 
erklärung  390  f. ;  guna  der  reduplica- 
tionssilbe    im  indischen  intensivum 


396.  —  s.  Vocalsteigerung. 
lange  vocale  41 ;  im  lit.  werden  |Halbvocale:j,  v  aus  vorhergeh.  i,  u 
diphth.  vor  der  praesensendung  -iu  |  als  hilfslaute  entwickelt  im  umbr. 
nicht  aufgelöst,  ganz  andere,   wenn:       113  fi*. ;    aus    vorhergeh.    ai,    ei    im 


der  2.  stamm  e  ansetzt  285. 

ae  Vertreter  des  aus  urspr.  i  er-  i 
wachsenen  e  im  ditmars.   11.  i 

a*,  ft,  ot  aus  a,  f,  o  zur  metr. 
Verlängerung  dienend  200. 

au  nicht  im  umbr.  148,  2;  lat. 
au,  ö,  ü  =  roman.  a  276;  au  zu 
langem  ou  in  den  roman.  mund- 
arten  der  Südwestschweiz  322  f. 

oi  zu  oe  im  ital.  120;  oi  im 
franz.  durch  ua  zu  umschreiben, 
nicht  durch  oa  444;  oi  im  latein. 
zunächst  aus  geschlossenem  e  459. 
ja,  je,  ju  oder  ia,  ie,  iu  im 
slav.   119;    ia  =  e    im  altir.  368. 

Diphthongirung  im  roman.  121; 
im  lat.  i  zu  ui  125;  im  griech. 
vermittelst  «,  200;  sehr  häufig  vor 
j:  und  labialen  überhaupt   201,   1. 

Etruskisch:  arisches  idiom  264  — 
indogerm.  ital.  spräche  273,   279. 

Fricative  263  f. 

Futurum:  im  griechischen  172; 
im  italischen  169  ff.;  vorrücken 
vom  ersten  Stadium  des  fut.  in  ein 
zweites  175;  nur  von  verbal-  oder 
praesensstämmen  gebildet  175  ff.  — 
im  lateinischen  altes  auf  -so,  -asso, 
-esso,  -assim  164  ff.,  176,  177,  180,  i 
-aviso     167   f.;    Wechsel    zwischen 


altital.  113  ff.  —  j  hinter  ii,  i  in 
ij  im  altbulg. ,  ganz  analog  im 
Sanskrit  285;  in  der  homerischen 
spräche  bis  jetzt  nicht  bewiesen 
356.  —  V  durch  f  bezeichnet  im 
ital.  129  ff.  139.  142.  146;  v  zu 
b  im  latein.  137,  im  lat.  imperf. 
und  fat.  187  ff.;  v  zu  h  im  ital. 
146  ff.  160.  156,  2.  163,  178.  197; 
v-laut  dem  u-laut  sehr  nahe  201,  2; 

V  wohl  urspr.  im  lat.  263;  ß  von 
lat.  grammat  bezeugt  139,-/'  vor 

V  (^(*»  'fC)  1^1^-;  A  zu  (p  143, 
zu  '    146,  zu  n  201,  2,  zu  ^471; 

ß  in  der  homer.  spräche  356  ff.  — 
ausfall  des  v  im  lat.  123.  129; 
ß  im  griech.  in  abgeleit.  verben 
198  f.,  nach  allen  Zungenlauten  123, 
im  anlaut  abfall.  140;  v  inl.  im 
umbr.  161,-  in  der  lat.  abgeleit. 
conjug.  197,  im  osk.  196;  w  zwi- 
schen vocalen  und  dem  wortende 
im  deutschen   238. 

Beterokiita  im  lat.  (umbr.)  213. 

Hiatus  im  lat.  durch  ausfall  des  v 
194.   196. 

Hilfs laute  s.  halbvocale;  p  im  lat. 

171. 
Homerische   spräche    ausgebilde- 
tes dialectisches  griechisch  366  f. 


fut.  I  u.  II  in  alten  Urkunden  173;  |  Imperativ    der  3.  abgeleit.    conjug 


gebrauch  des  fut.  If  176;  fut.  vom 
praesensst.  gebildet  175  f.  185;  un- 
terschied des  lut.  der  abgel.  verba 
von  den  verben  der  primit.  conju- 
gation  176;  fut.  auf  -am,  -es,  -et, 
-emus,  -etis,  -ent  176,  2,  auf  -äbo, 
-ebo  187,  -ibo  196  n.  1 ;  fut.  exact. 
auf  -rint  171,  4,  bildung  dess.  173. 
—  im  umbr.:  117,  122,  der  1.  ab- 
gel. conjug.  165  f.,  der  2.  abgel. 
conjug.   156  ff. ;  fut.   I    statt  fut.  II 


im  umbr.  161  f.;  got.  imper.  auf 
-ja-n  283. 

Imper fe et  lat.  auf  -abam,  -ebam 
187  ff.,  -ibam  189. 

In  doger  manen  haben  bereits  in  der 
fernen  periode  ungetheilter  Volks- 
einheit den  anbau  von  körnerfrüch- 
ten  gekannt  und  geübt   13. 

Indogermanische  spräche:  der- 
selben jede  bildung  von  erkenn- 
barer ursprüngl.  identität,  zugleicl) 


552 


Sachregister. 


auf  europ.  u.  nri^choin  boden  nach- 
woirtbnr,  zn2inv<MH*Mi  8;  praeseiiJ«- 
bildun^cii  clers.  76  f.;  i<tA(Ii<'ii  der 
cutwirkoliin^  (l»'rs.  398  1'.;  «'ine  ei- 
gentl.  ri'coiistnu-tion  d('rs«'lbi*n  un- 
möjrlich  39Hf.;  uarh  dieser  zu- 
iiUchnt  die  arische  und  curop.  ein- 
hi'it  zu  «rheidun  40*2;  vurwandt- 
RohaftsverhältnisHG  dcrs.   475  f. 

Infinitiv:  ot»k.  auf  -avuin,  -hom 
149;  lat.  inf.  sufllx  -se,  verschärft 
-8se    178,    1).  » 

Infix  -na  407,  im  ind.,  priech.. 
irischen  zur  bildun^  des  perf.  ver- 
wendet 411;  wirkunj^  dess.  in  ei- 
nipn  andern  füllen  421  Ü\ 

hiterpun  ction  fehlerhaft  im  umbr. 
218  u.    1). 

K  ilHUS. 

AccUsativ:    sj?.    im    unibr.    -m 
.lusfiillend  1  00  ;  aco.  pl.   auf  -up  der  ; 
'»-declin.  (=-  ns  im  kret ,  p)t.)  210: 
aco.  pl.   f.  auf  -as    auch    im  umbr. 
•*tatt  -af  ittlleriH -B  erhalten)   210. 

Dativ:  sj^.  im  jrriech.  auf  i^  = 
.t  =  ä-ifi  26  und  *) ;  dat.  sg.  f. 
im  Rot.  auf  ai   r=  S-Si,  S-j-äi   29. 

Ablativ  der  i-stämme  im  um- 
brischen    106. 

G  e  n  i  t  i  v :  im  sanskr.  sg.  -sj5-s 
■==  sjä-j-äs  27;  sg.  im  griech.  der 
a-ded.  auf  r,^  =  fi(^  =  «-«j  26  und ♦), 
im  pl.  ff>r  =  dor.  nv  aus  rton'  26; 
am  schon  in  vorgriech.  zeit  zu  öm, 
woraus  /,ii,  lat.  um  26  f.;  lat.  äs, 
ii,   ä-i  27;  gen.   d.   keilin^cbr.  27  f. 

Locativ:    richtungs-    und  ruhe- 
loc.    im   umbr.    98 ;    umbr.  -er,    -ir 
101.    1). 

Instrumental  im    angelsächsi- 
schen  04. 
Ke.l tische    sprachen    in    näherem 
Verhältnis   zum   itnl.   oder  german.? 
385. 
K  i»  mposi  t  ion  pfiesetz:     in   zusam- 
mensetz.  mit  dem  nomen  agentis  auf 
//.  ni  musH  dieses  an  die  spitze  des 
<'ompos.   treten  464. 
Konjugation:    abgeleit.  conjug.  im 
latein    (urspr.  -avo,  -evo,  -ivo)  149. 
163  ff.    197.    202.    205;    im   umbr. 
s.  futurum,    imperativ;    im  griech.: 
,((  ,   f..,    n/o    164.    197  ff.    20  •;    im 
lit. :   -av  202  f.;  im   slav. :  -ov,  -ev 
:I0".*  f.;    im    german.:    v    203;     im 
kelt.  (kymr.)  204. 


Konjunctiv:  im  osk.  115,  152;  im 
umbr.  151  f. ;  im  Ut.  Bynkop.  fut.  1 
auf  -aiwim,  -assis  164  AT.  177  ff. 
Konsonanten:  s.  Afßricate,  Apira- 
ten,  Assibilaten,  Assimilation,  Fri- 
cative,  llalbvocale,  Linguale,  Me- 
diue,  Nasale,  Palatale,  Tenues, 
Vocalisierung. 

b  zu  V,  u  im  altital.  nicht  dar- 
gethan  135.  2);  statt  v  im  iri- 
schen  191.   1). 

d  zu  f  zwischen  zwei  voc.  im 
ital.  206.  1 ),  zu  r  oder  rs  im 
umbr.  109.  214.  225  (statt  desiten 
r  228);  f  (rs)  im  umbr.  229  f. 

dh  zu  f,  b  im  ital.    129. 

f  weder  im  irisch,  noch  britann. 
urspr.  aspirata  (^  y)»  sondern  stets 
der  Status  durus  von  v  191;  f  im 
irisch,  im  in-  und  auslaut  nicht  vor- 
kommend 251;  f  im  franzos.  so 
h  448. 

g  zu  b  im  lat.  262. 

h  dehnungszeichen  im  umbr.  154f., 
davon  verschieden  h  mit  guttun 
laut  ir>5.   1);  8.  Aspiraten. 

j  s.  Halbvocale. 

k  deutsclies  =  indogerm.  sk,  skv 
70;  k  in  9  in  die  gemein,  arische 
epoche  zu  setzen  90;  9  im  skrt. 
260;  dieses  9  im  slav.  lit.  meist 
=  s,  sz,  gelegentlich  k,  lat.  griech. 
kelt.  stets  k,  got.  h  (neben  9  noch 
k  im  skr.?)  390;  k  zum  sibil.  im 
slav.  lit.,  zum  palat.  im  griech. 
ital.  germ.  261;  k  zu  p  im  umbr. 
213,  im  lat.  (?)  262. 

1  zu  r  (rs)  im  umbr.  206  f.  214, 
zu  s  229  f.;  1  zu  d  im  lat.  206. 
1);  1  nicht  im  altbaktr.  886. 

n  zu  m  im  umbr.  lat.  97  ff.;  n 
zu  1  im  umbr.  102  ff.,  ital.  griech. 
104. 

p  zu  f  im  german.  866. 

qu,  q  im  lat.  261  f. 

r,  r:  r  zu  l  im  lat.  135,  im  skr. 
ital.  137  f.;  r  aus  s  altumbr.  durch 
q,  neu  durch  rs  bezeichnet  (poln. 
rz)  206,  altumbr.  durch  rs  bez. 
228  (s  statt  rs  geschr.  229);  r  und  f 
in  den  alten  umbr.  tafeln  wohl 
noch  nicht  allgemein  geschieden 
228  ;  r  zu  r  im  böhm.,  zu  rz  im 
poln.,  zu  s  im  sanskr.  229;  r  dent. 
und  guttur.  im  umbr.  (im  lat.?) 
229;    der  gezischte  zitterlaut  wohl 


Sachregister. 


553 


meist  rsch  gelautet  230;  r  guttur. 
und  eigentliches  445. 

s  im  keltischen  hindert  folgendes 
c,  t,  p  in  einen  reibelaat  überzn- 
i^ehen,  im  german.  schützt  es  die 
tenuis  gegen  die  lautverschiebung, 
im  roman.  das  ti  vor  einem  vocal 
gegen  die  assibilation,  im  lat.  lesen 
wir  ti  vor  einem  vocal  nicht  tsi, 
wenn  s  vorhergeht  42  f.  —  s  zu  r 
im  umbr.  101.  156,  208  ff.,  im  lat. 
nach  e  178.  1).  204.  2),  im  umbr., 
ind.,  lat.,  germ.  und  lakon.  228; 
s  zu  r  oder  rs  213  ff.    225.  227  f. 

—  s  zu   SS  geschärft   im  lat.   178. 

—  s  zu  h  im  neukymr.  204,  im 
zend  236.  —  s  zu  sc  im  griech. 
und  lat.  236.  —  s  zu  ch  im^  slav. 
276. 

seh  inlaut.  statt  z  nie  nach  gut- 
tur. im  deutschen  69;  anlaut.  im 
slav.,  german.  236. 

t  zu  r  im  sanskr.,  griech.,  lat., 
135.   1);    V  in  a  471. 

V  s.  Halbvocale. 

z  selten  zu  seh  nach  labialen  im 
deutschen  69;  z  zu  s  im  umbr., 
latein.  207. 
Konsonanten  in  den  roman. 
mund arten  des  cantonsNeuen- 
bürg  481—504. 
Konsonanten-ausfall,  -abfall; 
s.  Auslaut;  s.  halbvocal  v. 

a)  anlautend:  c  vor  n  im  lat. 
2;  k  im  ital.,  griech.  128;  p  im 
kelt.  366;  s  im  lat.,  umbr.  230  ff. 

b)  inlautend:  guttur.  vor  s  im 
lat.,  umbr.,  ahd.  221 ;  h  im  umbr., 
osk.,  griech.  147.  161.  163;  m  jm 
umbr.  100;  n  im  lat.  vor  xt  12, 
im  umbr.  99  f;  s  zwischen  vocalen 
im  kelt.  8. 

c)  auslautend:  m  im  umbr. 
100  f. 

Konsonantengruppen:  aus  nasal 
und  muta  gleichen  organs  bestehend 
408;  s.  Konsonantenverdoppelung, 
Reibelaut. 

^j.  7h  ßj  =  K  263. 

hl,hr  =  gl,  kl;  gr,  kr  im  alt- 
deutschen 465  ff. 

kn  urspr.  anl.  zu  gn  regelrecht 
im  slav.   2. 

kn,  km,  tm,  pnim  griech.  64. 

mr,  ml  anlaut.  nicht  beliebt  253. 

ng  zu  c  418. 


sc  =  sts;  wechselt  vor  i,  8  mit 
st  im  slav.  282. 

sk  zu  kh  im  sanskrit  und  wei- 
tere Wandlungen  265  f.;  zu  i£  im 
neugr.  282. 

st  zu  SS  im  lat.  421. 
sth    im   deutschen    des    15.   16. 
jahrh.  42. 

tsch    im  deutschen  67ff. ;  =  k 
des   Stammes  +  verbalableit.   -zen 
68;=3t-f-z  69;  geltung  und  be- 
deutung  dieser  lautgruppe  7 1  ff;  er- 
gebniss  über  dies  tsch  72  f. 
Konsonantenverdoppelung:    tt 
im  griech.  sehr  häufig,  tth  beinahe 
nur  in  eigennamen  47 ;  k,  p  selten 
im     griechischen     verdoppelt     47; 
Verdoppelungspunkt     (dagesch)    im 
hebräischen   47;     got.    tt    nhd.   = 
ts    (got.    t   nach  vocalen  nhd.   sc 
tonlosem  s)    47;    die  Verdoppelung 
hat  lat.  t,    hebr.  K,    t,    p   rein  er- 
halten und  die  lautverschiebung  des 
altd.  t,  k  verzögert  47;  gg,  dd,  bb 
im  deutsch.  46,  48  f.;  n  im  umbr. 
105  ff. ;    Schreibung    einf.    conson. 
statt  dopp.  im  umbr.   109  f. 
Konsonantenvorschlag:    g 
fig  in   allen  sächs.    dial.  47  , 
umbr.  und  lat.   104. 
Kontraktion:  kirchensl.  jü  zu  i  7; 
sanskr.  oa  zu  ö,   griech.  oa  zu  m, 
T/at  zu   ;;  20  und  *) ;  umbr.  aa  zu 
ä  (ah)  154,   ee   zu   e   (neumbr.  ei, 
i)  161;  im  osk.  umbr.   163;  umbr. 
lat.  ae,  ai  zu  ä,    ee,    ei  zu  e  178. 
194;  got.  ij  (=ii)  zu  i,  graphisch 
ei  im  got.  imperat.  283. 
Krasis  im  umbr.  111  ff. 
Lautfolgen  des  k,  q,  t,  p  im  schrift- 
deutschen 64  f. 
Lautgruppen:    üv  im  sanskr.  sehr 
unbeliebt  87;  ji  im  lat.  gar  nicht, 
im   altind.    und   deutschen   äusserst 
selten  354. 
Lautverschiebung  im  fremdworte 

unmöglich  275.  , 

Linguale   im   skrt.    aus   den   einge- 

bomen  ind.  Idiomen  266. 
Litauisch-slavisch  mit  dem  ger- 
man. innig  zusammenhängend  261. 
Media  nach   dem   Sibilanten  hin  im 
skrt.   alterirt  262;   im    got.  unmit- 
telbar  auf  die  urspr.   aspirirte  me- 
dia zurückzuführen  (?)  264. 
Metathesis  häufig  bei  schwindenden 


häu- 
h  im 


554 


Sachregister. 


lauten   1,   2;  im  angelsächs.  4;  iin 
gricch.  203. 

Nachklang  des  i  nach  n  im  ital., 
griech.  120  ff.,  156  und  1);  des  v 
nach  u  im  umbr.  130.  132.  3); 
im  osk.   133. 

Nasale  im  umbr.   101.   112. 

Nasalvucale  im  latcin.  83. 

Neu  bulgarisch,  braucht  nic!:t  mehr 
den  inßn.,  die  Umschreibung  dem 
alban.  entlehnt,  vcrlust  der  casus- 
formen aus  den  auslautgesetzen  zu 
begreifen  280  f. 

Neugriechisch:  aus  demselben  die 
slavische  nationalität  der  heutigen 
Griechen  nicht  nachweisbar;  ein- 
fluss  darauf  das  alban.,  roman., 
tUrk.  u.  dann  erst  das  slav. ;  hatte 
auf  die  flexion  des  slavischen  gar 
keinen  einfluss;  mangel  des  infin. 
wohl  mehr  durch  alban.  als  slav. 
ein  Wirkung;  eiufluss  des  slav.  sehr 
gering    280  ff. 

Nordeuropäisch  82. 

Numerus.  —  Plural:  für  die  neu- 
trale endung  mehrfach  die  mascu- 
line  im  umbr.,  beim  relativ  nur 
diese  219. 

l^alatale  der  arischen  spräche  dem 
germ.  zweig  fremd  67 ;  deren  Über- 
einstimmung im  ind.  und  altbaktr., 
slav.  und  lit.  386. 

I'articipium  im  umbr.  107;  part. 
praes.  im  irischen  als  Substantiv 
vorhanden  251.  —  429*). 

l*assivum  mit  r  im  kelt.  90. 

Pcrfectura    der    wurzeln   auf  -ä   im 

sanskr.  88  f. ;  perf.  im  lat.  u.  umbr. 
177.  1);  im  osk.  auf -tte  240  ff.; 
im  skr.  u.  griech.  391;  schwache 
perfectformen  im  skr.  408  ff.,  starke 
verstärkt  durch  einen  zweiten  nasal 
409. 

Personal  endungen:  -sint,  -set  im 
lat.  conj.  179  (-set  ind.  fut.  179. 
2);  im  provenc.  1.  pl.  -mus  =  m 
(altfr.  ra,  n  neben  -ns)  437. 

Personen  im  angelsächs.   94. 

Praedicatsnomen  in  der  adverbial- 
form im  umbr.  u.  osk.  218  f. 

Praefixe:  ga-  im  ahd.,  anl.  zu  g-  1. 

Praeposition  dem  casus  nachge- 
setzt im  lat.  und  umbr.   220.  2). 

Praesens  für  das  fut.  im  lat.  häufig 
in   alten    Urkunden    174;   praes.  in 


futurbedentnng  im  lat.,  griech.,  got., 
slav.    194  f.  D.   1). 

Praesensstamm  dem  einf.  fut.  im 
lar.  zu  gründe  liegend  177.  1); 
auf  -ija  in  der  nordenrop.  gmnd- 
sprache  285. 

Pronomen  in  den  roman.  mandarten 
des   cantons  Neuenbürg  508 — 515. 

Quantität  im  umbr.  selten  zu  er> 
sehen  129;  des  lat.  i  im  tat.  ex.  u. 
conj.  perf.  195.  1);  i  im  altbnlg. 
sämmtlich  einst  lang  gewesen,  kur- 
zes i  durch  i  vertreten  76.  284. 

Reduplication  hat  intens,  kraft, 
die  nicht  selten  desider.  bedeutung 
erzeugt  353;  redupl.  - silbe  urspr. 
nicht  mechanische  Versetzung,  son- 
dern die  kurze  wnrzelgestalt,  so- 
wohl mit  sich  selbst  als  auch  mit 
derivaten  zusammengesetzt  895  f.; 
attische  redupl.  409  f. 

Reibelaut:  entstcming  dess.  58  ff.; 
h,  ch,  9  58  f. ;  Schreibung  des  skr. 
k9  =  kh  59;  thl,  phl  59  f.;  k^r,  tor, 
Pjir  60;  k,  t,  p  60  ff.;  q  63  f. 

Rhotacismus  im  umbr.  in  den  äl- 
testen tafeln  208  ff. 

Romani  alle  bewohner  des  rSmisch. 
reiches,  abgesehen  von  urspr.  natio- 
nalität,  darüber  hinaus  in  Grau- 
bUnden  und  an  der  Donau  460; 
Romania  einst  das  röm.  kaiserreich, 
dann  die  röm.  weit  im  gegensatz 
zum  barbarenthum  (der  name  ver- 
blieb in  Romagna,   Rumelien)  461. 

Schallnachahmung:  deren  princip 
387  f. 

Secun  därwurzeln  wohl  ursprttngl. 
zweisilbig,  dann  einsilbig  geworden 
395. 

Silben:  die  erste  zweier  gleichlau- 
tenden im  lat.  ausgestofsen  10;  im 
franz.,  engl,  die  nachsilben  weit 
mehr  geschwächt  als  die  Vorsilben 
57. 

Stämme:  i-stärame  in  den  westl. 
indogerman.  sprachen  289  n.  2); 
i-  und  i-stämme  im  sanskr.  240; 
u-stämme  zu  i-stämraen  erweitert 
schon  vor  der  trennung  der  indo- 
german. Völker  (?)  240  ;  as-stämme 
im  irischen  bis  auf  wenige  spuren 
untergegangen  415*). 

Stammerweiterung  mit  v  im  osk., 
umbr.  163;  im  lat.  164.  3).  177. 1). 

Substantiv    in    den  roman.   mand- 


Sachregister. 


555 


arten  des  cantons  Neuenbürg  504  f. 

Suffixe:  i  a  in  allen  sprachen  des 
indogerman.  Stammes  9 ;  u  an  no- 
minalthemen  121;  -var,  -vara  146; 
1  272  f. 

Sanskrit:    anä   (adj.)   108;   ira 

148;  u  121;  üsa  249  f.;  tha  (ved.) 

aus  -ta  9;   na   407  f.;    vant:    van, 

vat,  vati   135.   198.  2);  vara,  vari 

135  ff.    146;  ^as  365. 

Zend:  u   121;  var  137. 

Griechisch:  4^,  nv  198  und 

1);  «Xo  123;  ai'döv  193;  avo  (adj.) 

108;  if,  fi;198undl);  fQo   127; 

/•   198  und   1)\  JTav  198.  2-,  jrao, 

J^aiio,  ff 00     137.    142;    J=  199; 

ivi)a,  ti'dfjv  193;  {(txti  ^^^  *'  ^  ^54; 

xaq  365;  xo  254;  o/",  oi*    198  u. 

1);    V  254;    xt   254;  rio  254;    to 

(ordin.  suff.)    10;    t(>«,    &Qa   227 

V  121.  —  Neugriechisch:  tx^a  281 

Lateinisch:  ari  145 ;  ario  448 

bero,  bro,  bra,  bri  135.  137.  139 

bili   121.   3).    135.  188  f.   193.  4) 

bolo,    bola   139;    bulo,    bula   135. 

139;  culo  234;  endo  s.  undo;  ero 

127;  ico  83;  is-simo  421;  li  121. 

3);    ni   121.    3);   no   142;    ti   121. 

3);  tra,  trum  227;  undo  (endo,  alt- 

ital.)    191  ff.;  vi  121.  3). 

Umbrisch:  feie  146;  na  224; 
tiu   133;  tra  227;  uo,  uvo  133.  3). 
Deutsch:    an  (got.  part.)  108; 
bar  138;  u  got.   121. 
Litauisch:  u  121. 
Keltisch:  mar  (mara)  altir.  367. 

Synkope  im  latein. :  im  alten  fut. 
und  conj.  perf.  186;  in  der  abge- 
leit.   conjug.   197. 

r  e  n  u  e  s  im  schriftdeutschen :  k,  t,  p 
als  reine  echte  tenues  gespr.  vor 
schlaglauten  37  f.;  vor  stimmlosen 
r eibelauten  39  f . ,  nach  stimm- 
losen reibelauten  in  deras.  einfachen 
Worte  40  f. ;  im  wortanslaut  in- 
nerhalb  eines  Satzes  oder  einer  Zu- 
sammensetzung 43  f.;  zwischen  zwei 
vocalen,  deren  erster  kurz  und  be- 
tont ist  45  f . ;  auch  rein  in  allen 
übrigen  fällen  des  inl.  nach  einem 
betonten  vocal  49  f. 

Ursprache  374. 

Verba  in  den  roman.  mundarten 
des  cantons  Neuenbu  rg  515  ff. 

Verbalendung,   3.  pl.  -ns  88. 

Verbalfornien    auf  -zen    im   deut- 


schen haben   iterat«  und   öfter  de- 

min.  bedeutung  72. 
Verbalnomina,  deren  gebrauch  im 

latein.  193  f.;  s.  Infinitiv,  Particip. 
Verlängerung,   s.  Diphthongirung. 

—  verl.  eines  o  im  homer.  noch 
einigemal  ohne  besondere  bezeich- 
nung  200.  1);  verl.  des  a,  f,  o  der 
abgel.  verba  durch  Verdoppelung 
des  /"lautes  201  f. 

Vers  im  altdeutschen  95  f. 
Vocale,  s.  Assimilation,  Diphthonge, 
Nasalvocale,  Nachklang,  Quantität. 

—  Vocal  durch  einen  conson.  er- 
setzt 45. 

a  durch  a  zu  ao,  au  88 ;  zu  o, 
u  im  umbr.  152;  a,  o  zu  i^  •  im 
griech.  367 ;  a  durch  i  der  folg. 
silbe  zu  ai,   oi,   ui  im  irisch.  427. 

S  zu  ö  im  german.  866,  zu  o 
im  lit.  367;  S  nicht  gleich  zwei- 
mal hervorgestossenem  a,  es  kann 
auch  unmittelbar  entstehen  390  f.; 
&  mit  ai,  au  auf  ^iner  stufe  ?  391; 
ä  im  Sanskrit  nicht  gu^a,  sondern 
vrddhi  391. 

§  vor  conson.  schon  kirchensl. 
zu  u  2. 

e  inl.  in  o  bei  ableitungen  mit 
o-q  15;  e  nach  i  neigend  im  umbr. 
durch  ei  bezeichnet  115,  e  vor  voc. 
zu  i  161;  got.  e  der  schlusssilbe 
s.    0. 

e  =  urspr.  ai  20*). 

i  für  a  im  altpreufs.  1 ;  lit.  y 
einzeln  aus  altem  ai  15;  i  im  altr 
bulg.  theilweise  aus  vorhistor.  i- 
diphth.  hervorgegangen  76;  i  zu  e 
ausl.  im  umbr.  106,  i  statt  ui  122 ff.; 
i  bei  Verwandlung  des  s  zu  r  182; 
i  wegen  des  folg.  n  233. 

1  im  osk.   113. 

0  im  sanskr.  =  a  (s)  20;  got. 
0,  e  der  schlusssilbe  .29  und  *). 

ö  vor  anfang.  a  oder  conson.  in 
den  veden  häufig  kurz  gemessen  20. 

u  aus  va  verkürzt  13;  zu  o  im 
umbr.,  zu  d  im  osk.  120;  im  spät- 
lat.  460;  zu  av,  iv,  iv,  ev  im  skt. 
141.  1). 

ü,  u  aus  an,  on,  un  oder  durch 
ä,  5  hindurch  88;  ü  wie  ju  gespr. 
im  englischen  119. 
Vocale  in  den  roman.  mund- 
arten des  cantons  Neuenburg 
297—840. 


556 


Sachregister. 


Vücalabfall:  des  i  im  umbr.  nicht 
erwiesen  118;  u  inlant.  im  latein. 
128;  f  im  griech.  nach  allen  Zun- 
genlauten 123;  e  anl.  im  lat.  171 
und  4).  —  8.  Auslaut. 

Vucaleinschub:    a  im  griech.   12. 

Vucalisirung:  des  nasalklanges  88; 
des  f  vor  conson.  und  zweitem  ^ 
.01.  2);  des  j  zu  i  im  griech.  u. 
latein.  286. 

Vucallänge:    mhd.    kurze    betonte 
vocale  vor  g,  d,  b  mit  folg.  vocal 
im  nhd.    sämmtlich  lang  geworden 
4  7 ;  8  als  dehnungszeichen    im  alt- 
l'ranz.   53;  h  im  deutnchen  63,  nie  | 
im^<anlaut  54;    bezcichnung    durch  j 
Verdoppelung    des    vocals   54;    vor  I 
vocal  im  got.  gemieden  77;  erzeugt 
durch    iiachfolg.    nasale    79;    ohne 
reihen  Wechsel  79 ;    an,    in   zu  1  im 
deutschen  80.  , 

Vocal  reihen:  Verhältnis  der  a-  und  i 
i-reihe  im  slav.  76  f.;  altbulg.  e  = 
urspr.  S  77,  durch  dchnung  oder 
Steigerung  aus  e  und  i  78;  kein 
übertritt  der  a-  in  die  i-reihe  im 
slav.,  doch  unzweifelhaft  in  andern 
sprachen,  wobei  nasal  eine  wichtige 
rolle  spielt  48  f..  ebenso  kein  über- 
tritt im  lat.  83;  übertritt  der  a- 
reihe  in  die  e-reihe  im  deutschen 
30,  aus  der  i-reihe  in  die  a-reihe 
81;  a-reihe  in  die  u-reihe  88. 

Vocalschwächung:  a  durch  e  zu 
i  im  umbr.  imperat.  153;  i  zu  e 
in  auiilaut.  silbe  auch  in  personal- 
endungen  der  verba  gut  bezeugt 
178  f.;  0  =  u  zu  e  im  proveu9. 
439;  u  zu  i  im  lat.'  171,  4). 

Vocalsteigerung:  izuai2;durch 
nasalirung  entätanden  85;  in  der 
indogerm.  Ursprache  nur  eine  ein- 
zige, vrddhi  specifisch  indisch,  selbst 
(Jas  altbaktr.  nur  geringe  spuren 
von  vrddhi  342;  vrddhi  im  skr. 
nur  auf  vocal.  endigende  wurzeln 
beschränkt  343;  wurzeln  auf  av 
(au),  aj  (ai)  wohl  älter  als  die  auf 
u  (ü),  i  (i)  343;  in  der  altind. 
Verbalflexion  sehr  beschränkt,  und 
bei  allen  praesent.  u.  perfect.  for- 
men gar  nicht  vorkommend;  im 
praes.  nach  altind.  grammatikem 
nur  einige  verba  der  II.  cl.,  deren 
wurzelform  auf  n  ausgebt;  auch  in 
der  perfectflexion   nicht  unzweifel- 


haft; vocalverttirknng  nnr  in  8.  tg. 
perf.   und  willkürlich   in  der  1.  p. 

344  f.;  wirklich  in  der  aoristbil- 
düng,  deren  hauptkennzeichen  s  ist 
(nach  Benfey  die  IV.},  übrigens  nur 
in    den    activformen    gebräuchlich 

345  ff.;  griech.  aoriste  zeigen  nie 
mehr  gesteigerte  vocalform  als  ihr 
praesent.  oder  auchftitar-stamm  848 ; 
auch  im  skr.  kein  regelm.  stufen- 
gang vom  gmndvocal  durch  gu^as 
zu  vfddhis  anzunehmen  848  f. ;  viel- 
fach fUUt  gunirung  mit  accentui- 
rung  zusammen,  also  erweitenmg 
durch  a  urspr.  wohl  blos  folge  des 
accents;  dies  doch  in  vielen  f&llen 
nicht  nachgewiesen,  daher  gunirung 
wohl  urspr.  folge  phonetischer  ein- 
flüsse;  dies  von  vfddhi  viel  zwei- 
felhafter, da  dies  viel  später  und  ei- 
genthümlichkeit  des  arischen  sprach- 
Zweiges  ist  849. 

Vocalverdunkelung  im  umbr.  vor 
r  152.  156.  1);  latein.  -omns  zu 
-umus  in:  volumus,  quaesumns 
164.   1). 

Vocalvorschlag:  *  .vor  ^  14;  i 
vor  andern  voc,  besonders  a,  u  im 
umbr.  116  ff.;  in  den  ital.  und  an- 
dern sprachen   118. 

Wortform  doppelt:  lautform  und 
bildungsform  399  f. 

Wurzeln:  der  ihnen  anhaftende  ton 
ein  ungemein  wichtiger  bestand- 
theil  74  f. ;  in  der  einzeLsprache 
noch  selbständig  oder  nicht?  76; 
übertritt  des  nasals  aus  dem  snfBx 
in  die  wurzel  79;  im  skrt.  realer 
unterschied  zwischen  wurzeln  auf  i, 
ü  und  i,  u  86 ;  wurzeln  mit  lan- 
gem vocal  haben  nie  das  -t  sufQx 
86;  jedes  i,  u  blos  lautschwächung 
von  urspr.  a  (?)  388  f.;  alle  wur- 
zeln enthielten  urspr.  kurzen  vocal 
890;  dehnung  von  i  zu  i  der  indo- 
germ. Ursprache  ganz  abzusprechen 
(?)  391;  consonanten Versetzung  in- 
nerhalb der  wurzeln  391.  —  s.  Se- 
cundärwurzeln. 

Wurzeldeterminative:  -^,-d  (aus 
dha)  276 ;  keine  urwurzei  zugleich 
mit  einem  consonanten  an-  und  aus- 
lautend, sondern  der  auslaut.  con- 
sonant  als  wurzeldeterm.  zu  be- 
trachten (?)  392;  determ.:  a,  n,  m 
393  f.;  consonanten,  die  für  die  in- 


Wortregister. 


557 


dogerm.    Ursprache    mit    Sicherheit  jWurzelvocal  inl.   sehr  oft   in  der 


nachgewiesen  sind  (k,  g,  gh,  t,  d, 
dh,  p,  bh,  r,  s)  396  f.;  erweite- 
rung  durch  wurzeldeterm.  bis  in 
spätere  Sprachperioden  fortdauernd 
397. 


composition  im  irischen  unterdrückt 
417. 

Zahlwort  in  den  roman.  mundarten 

des  cantons  Neuenburg  506  f. 
Zetacismus:  z  aus  t  im  umbr.  207. 


IL    Wortregister. 
A.   Germanische  sprachen. 


1.    Äeltestes  deutsch. 

aita  5. 

aitra  463  sub  f. 

|/al  3. 

drastja  4. 

|/drus  4  sub  f. 

flora  366.   1). 

haitha  368.   5). 

hnaista   1. 

ikan-   11. 

jakan-,  jaka-  368.  3). 

nauta  3.  2). 

sokida  430. 

sokja  430. 

2.    Gotisch. 

alan,  öl  3. 

alja-  104. 

anaks  413.  423. 

anthar   104. 

baurgis  406  in. 

beidan  82. 

beita  80   in. 

bilibu  80  in. 

bindan  81. 

bivaibjan  81  in. 

blican  81  in. 

bliggvan  432. 

braids  81. 

dailja  431. 

dails,  dailis  406.  431. 

dedun  242. 

disskreitan  81. 

dragan  415  in. 

elds  (pl.   eldar)   3   in  f. 

filu   121. 

fiskoda,  fiflkodedun  242. 

fraihna,    frah  481  sub  f. 

frathjan   203. 

freis  283*,'. 


gabaurths  406.  481. 

gamalyjan  203. 

ganöhs  1. 

garaids  81  in. 

glidan  81  in. 

gllzan  81  in. 

greipan  73.  81. 

hahan,  haihahj432  subf 

haihs  90  in  f. 

hairdeis  288*). 

haithja-  869  in. 

haran  70. 

harjis  288*).  434. 

hatis  242  in  f. 

hausjan  429. 

huggrjan  83. 

huhrus  83. 

hvas  216. 

itans  (part.)   108. 

juggs  83. 

juhiza  83. 

kliban   81  in. 

ko(u)s  (pl.  koveis)    238. 

laikan  81. 

laistis  406  in. 

leihts  81   in. 

leik  76.  82. 

liuhath  119.  429. 

lükan  275. 

mag  418. 

mahts  418. 

malan  203. 

meina  (mei)  277. 

miluks  252. 

motan  419. 

namo  422   in   f. 

nehv,  nehva,  nehvis  415. 

nima  391. 

nipau  81. 

niujis  27:i   sub  f. 

niutan  91. 


I  qitha,  qath  396. 
rauds  241. 
reihhan   81  in. 
riquis  263. 
saggqvjan  203.   1). 
saian  77. 
sauil  425. 
seiteins  80. 
siggqan,  saggq  81. 
sihu  80. 
sinths  204.   1). 
skaidan  8  in  f.    ' 
skridan  81. 
slahan,  sloh  432. 
slidan  81. 
slichan  81. 
stauta  230. 
steiga  391. 
stiur  230. 
strican  81  in. 
sunu,    sunu-ns    124.    2). 

210. 
svalauds  277  in  f. 
svaleiks  277  in  f. 
svamm-8  143. 
svg  353. 
taihsva  221  in  f. 
tban,  thanjan   103  in. 
thanrsu  121.  402. . 
theihan  80.  81.  83. 
thingan  83. 
thragja  403  und  *j. 
threihan  81  in. 
tiuha  119.  403. 
uh  262. 
uns  90  sub  f. 
usfratvjan  203. 
usgaisjan  81. 
vaian  77. 

valvjan,  Valtjan  208. 
vato  247  sub  f. 


nigal  4!1.  4!3. 
.   n£h,  nthdr  iia.  416. 
narwa  15S. 


3.    AltbochdmitBCli. 

anatrScho  4S3. 

aaat  ISS. 

späh,  späh  415. 

Bii-  (altrrftnk.}  4&3. 

bi-libu  76. 

bioat  290. 

bluich  449. 

bUo  449. 

blinwaa  482. 

brÜD  449. 

burt  431    in. 

chsri   (merOTing.)   468   f 

chuoa,   chaa,   chuo   (kfi) 

287. 
CBon  (dtfMUik.)    tlot  pl. 

237. 

ilrIjsD  SOS. 
eiUi  5.  4G3  in  f. 
eil  5.  6.  463. 
liur   119.    121.   3). 


piliuhhu  2T.i. 
BiJHD,  J-Swan   77.  204. 
ütamin   433. 
atäin  230. 


wlj<m  77. 

welc,  weih  3S9. 

WDklian  saa. 

z«9awa,  z«s«B  221  lub  f. 

4.  Nittelhocbdeatacli. 


giDuhl,  giniiog  t. 
giiengi  70. 
bammB  368.  4). 
hart-    (bar-)    (karoliog.), 

hair-,  beir-,  heri-,  her- 

4S9. 
baeaa  424. 
haz  34-2   in  f- 
beida  369   in. 
beitar  32. 

kans,  keosi  237    in  f. 
kfiraB  430. 
klaga  396  in  f. 
leisR  16. 

liubten    119. 

lob  369. 

malan    20!. 

miskan   426.   427. 

molawen  203. 

□aba,    nabalo  408.  422. 

nabagSr  458. 


t  4B8  in. 
fiUehalfttMheln  M. 
filicbalo,  fiUeheD,   fiekcn 

es.  69. 
aeckBD  68. 
flotachen  (bair.)   67. 
Bar  867  in. 
BnUchen  68. 
rratacheln  67. 
gatacn,  gackwn  69. 

gleich   1. 

grackien,  grsckeln  68. 
gTiUch,  griUacbe  68. 
halm   12. 

bätacheln  68. 
bocken,  backan  68. 

hatichen  (bair.)  68. 


bamnie  368.  4). 
leide  S69. 
.irnien  96    aub  f. 


B  68. 

cken,  klicken   68. 
kUtacben,   klitachen  68. 
klecken  68. 
knacken   67. 
koatscben ,     knntacben , 

knitEcben  67. 
kraus  70. 

krnUe,  krolle  70  aab  t. 
kuh  287  ff. 
macbt  IfiS.  1). 
manUcben  68. 


wat.e  67'). 
wek,   welch   369. 
weWeliB  G7*). 
wölken  369. 


S.   Nenhocbdenticti 


fackeln,  facken  OB 
mtacbeln,    mtacben 

Beben  6B. 
Gckfacken  68. 


natBcheo 


69. 


milch  262. 

mockele,  mntachele  68.69. 

nincksen,   mntien   69. 

»n  419. 
nach  238.  416. 

>  238. 
narbe  458. 
nukelen  37. 
nutacben  67. 
leitacbe  69. 
.>ellichen  69. 
petschsft  69. 
platzen,  platschen  n.  a.  w. 

69. 
quacken,  qoatachen  68. 

Eck,  qnicken  68. 

bII,  qnellen  247  in  f. 

BtdC-l.en,.iuetsclie8.69. 

ikeii,  quiken  68. 
'   qaitacben,   qnitaehen  68. 
quöttache,  qnittacbe  68. 
rackelbahn  68. 


rackeln  68. 

taii,  k6gii  (pi.)  aB7. 

tengan  70. 

6dui  431. 

thrSven  (tlu^ov)  203. 

recht  155.  1)- 

.äj.n  77. 

veOTC  40S. 

rnUchea  69. 

vUc  869. 

schief  236. 

thingan,  thang  80. 

^ohmatien  69. 
■■cho«  238.  264  in  f. 

wolkan  869. 

9.    Engliscb. 

äechs   18. 

7.   Rlederdentach. 

birth  431   in. 
cow  287.     . 

Beele  238. 

dedB  (mnl.)    242. 

dregs  (plur.)  4. 

sobn  264  sub  f. 

hanini   368.   4), 

tatschen,  tütächeln  68. 

is-jaBk{ditmarB.)  11.367. 

floor  SS6  in. 

lekeln,  teckelen  68. 

kuh(koe,koei,nnl.)237f. 

heath   SC9   in. 

ihaten  242. 

Da,  naanw  (onl.)  238. 

icicle  11.  367.8). 

tochUr  264  sub  f. 

eneenw  238. 

niture   119, 

aneeuwen  238. 

pure   119. 

tmnern  i. 

zee,  zeeuw  (ndl.)  238. 

sea  288. 

tschabattn  (südostd,)  69. 
ischaffit  (sod.)    69. 

8.    AnKelsäcIulscli. 

10.    Altnordisch. 

lachagk  (30±)   69. 

ätor  5. 

ala,  Gl  8. 

tachallen  (aod.)   69. 

älan   3. 

dregg  4. 

äled  8. 

drita  81. 

Ischamp   (eod.     70, 

al-geveorc  8. 

eitr  6.  463  sub  f. 

tsehande«n  (sod.)  70. 

iling  8. 

eitr-onnr  5. 

t,ch»ngk  Csod.)  70. 

bedst  2B0. 

eldr  (elda,  eldar)  3. 

Mchangken  (aod.    70. 

oniiven  (cnedv)  203. 

fljdtr  4SI   lub  f. 

■achigol  (sod.)  69. 

oü    (pl.    cj,    cje,    cOna, 

tl6rr  366  in  f. 

tsohilln  (sod.)  70. 

cum)  237.   1). 

gllkr   I. 

lachogkl  (sod.)  69. 

därMe  (acc.  dBrsMn)  4. 

gneisti   1. 

iBchop  <3ad.     69. 

dide,  dyde  242. 

gnögr  1. 

iBchiiret  (Süii.     70. 

drjsan  4   Ln  f. 

gnött   1. 

IxchÜTkind  (sod.l   71). 

«ned  423. 

hatr  242  in  f. 

ischürl,  tachörl  (sod.)  70. 

flär  366   in  f. 

heiS  B69  in. 

t'chürlkopf  <si>d.)  70. 

gttra  i. 

heiSrlplnr.  heiKar)  3G9 

«rackdu   67. 

getingan  70. 

jaki  11.  367.  8). 

gicel    11. 

jÖkdl!    11.   367.  8). 

watscheln   67. 

gös,  ges  237. 

kü  (plnr.  kyr)  2ST.  238 

welk  369. 

ha«6  369  in. 

li    14. 

Wicke   67*). 

bamm  368.  4). 

meidhr  6.   6). 

Wicken  67, 

bete   242  io  f. 

mig  80. 

witschen  (frankf.)   67. 

bnitn  2. 

natrt  8  in. 

wölke  369. 

in-»laa  3. 

nyr  HO. 

.wiuchem    (saUb.   zwig- 

ises-gicel  11.  867.3). 

nyra  140. 

gewn)  69. 

müven  (medv)  204  in. 

straumer  432. 
STißa  81  in. 
vargr   140 

ft.    Altsächslscb. 

deda,  dede  242. 
döm  77. 

sae  238. 

a4ven  (aeö.)  204. 

eH  3. 

F.cfine,   BciSnon  9.-;. 

s.  9.   459  ff.   46B  ff. 

560 


Wortregiitter. 


1.    Altgriechiflch. 

dßriÖota  201.   1). 

a/aio/ia»«  dyäofiai  200. 

dyii{i(»t  430. 

äyvoiüi  200  (bis).  203. 

dyvoijitTt  200  (bis). 

a/o^ia   148. 

«//»(Tilrov   233. 

ayj^/ii'ij  420. 

a;'fti  891. 

a>rci,W,i  84.  141.1).  201. 

1).  355. 
fiftio^  200. 
afjöoii'   84.    141.  1). 
driti  77. 

ai;'ixo^i«Zs'    ^28.    1.) 
«//mü,-    (af>io^)   200. 

201.   1). 
axo/;   199   u.  1).   202. 
dynvtj  (aeol.  hom.)  '202. 
dxovM   199  u.  1).  429. 
fixoct/oAo^-   199.    1). 
ax(tndoa(u    199.    1). 
ux{)o--ida&at   199.   1. 
rtx^ioc;   109.    1). 
a^.duTTfio^  154. 
aliofim,  älfvofiat   202. 
//Afj'as"   199   in. 
äAfc^üv  199  in. 
dXio»  198  in  f. 
aA»iAif,a  409.  410. 
älkoq  104. 
aA/.ör^»to(;   193.  2.) 
aXodo)^  dXntÜM  200. 
a;.oJ   16. 
oifidui   204  in. 
a/fj?(>oio^*  263. 
aMfi>>   141.  201.   1). 
cttitXyo)  78. 
aj,<«,;o>   141.  201.   1). 
dfAffjv  202.  2). 
ar  88. 
av  111. 

ai«  (vocat.)  243. 
dvdyxfi  419  ff. 
avaqiavAov   193. 
avdavft)  84. 
aj'cy^iaxots'  366. 
a»  ;Jj'o^6  418. 
at'riQ    423. 
avrjaid'utQa  4Ü3. 
anidti  84. 


B.  Oriechisch. 


ao<()o^'  84. 
a.7H)^M  394. 
a:\iutaiy  200. 
ä7  0.i»'f(b>y  200. 
a(i/o;   164.   8). 
d{tuUixnof;  186.  1).  154. 
a<>(f)i7Aoi;   136.    1). 
d{}^(tlivör^1^   193. 
d\tniui   200. 
n(^iOi'^>a    199. 
doow    199. 
ittifTrji'  423  in  f. 
.laiivuv   128. 
aaiiirj^   123. 
ai^it>"'s0l36.1).201.2). 
tti7*ii'  (kret)  474  in  f. 
uvi{tvaav   201.   2). 
aj'ta/o,-  201.   2). 
a»'/.nt;    15. 

ojVo^-  (kret.)  474  in  f. 
cei'/v    202.   2). 
«/fo^,  rt/f/w  202  in. 
ä/os-  428. 
,:?aAai'Os   246.   247. 
f}a(jv<i  121. 
p^to«,-   263. 
ßA(ü(rx(ü  258. 
,-io/nii(üv  201.   2). 
liötjftai  142.  8). 
•iniiiVtcrjq   123. 
ßovßalnq  201.    2). 
,^«i',:?a>r  201.   2). 
|:^ois'  237. 
ßijaxv-;   121. 
I  rJuiO-^ü   84. 
fjutno-;  258. 
/?m»;r'i   471. 
ßijwfia  248    in  f. 
ßvQua^   142.   3). 
ßr(tfi();i   142. 
ßumavftQa  463. 
paAa     128.     243.     246. 

247.  250.  254. 
;'aAd(w^'  244  in. 
yi/nftuTa  (Hesych.)  224. 
y^ro?   391. 

;'f^>otia?  (kret.)  474. 
;'^^iw?  396   sub  f. 
ylyvofAai»  109.    1). 
y/>(>;'«c;   395. 
öai.iduj   200. 
ddiiv^^ti.  394  sub  f. 
öfvdQrfiiq   136.    1). 


dti-a^or   128.   186.    1). 

dcfd^i^ci^w    128. 

Ji^ixuoi  164  in. 

<)^^w  16. 

dit'foftai  (aeol.  hom.)  202. 

Oiw,  öiofiai  202  in. 

AtifiO<faiif  UV  198. 

JiCh  dtof  29  in. 

<)tdr>^W|  Jor^vat   208. 

öiäiiifn  77. 

dii/i'fx];;  410  in  f. 

0/;  128. 

öoi6<  187.   1).    187.    l). 

ÖoUxöa  252. 

öoQa  15. 

r}^ä<r(r(u  415  in. 

ö^ö^tot;  894. 

()6j()cxa,  dvüdfxa    123. 

^'  858. 

mAdixa»   craAoixci'  147. 

¥a(j  {/taa0  200. 

^aw,  |f/afti  472.  478. 

iyyvq  418  sub  f. 

fyxa  la   12. 

iyiifiyofja  410. 

^()avo(   108. 

W>t$a  848. 

idn'rifftr  (aeol.  hom.)  202. 

^do^at  194  sub  f. 

^dftafdOf  u.  8.  w.   894. 

^C«»'£a  8*8. 

'^'»?s»  »/?>  'yo^  '*•  ••  '^^  28*). 

^^a/</ii7  201.   2). 

^^tC(^  478  in. 

fiaQivöq  200. 

u<)b(;  391. 

iXxoat'  84  sab  f. 

iixotrioq  10. 

f^Aoi'  473. 

dhufd^ot   143. 

ii^ta^fiau  274  u.  *). 

«l'juiji'  473. 

Cfr/a   194  in  f. 

n^a  348. 

iXi^Yixa  274. 

€l^-  362. 

«ft(ja  478. 

iio)&a,  fo)&a  200. 

fl'oxrc»'  200. 

hdq  365  in  f. 

fxaatoq  147.  860  ff. 

fxaif^>i^€  350  ff. 


Wortregi.ter. 

561 

ii.(iT.(rO(    350  ff. 

^l«riiv,(..l,>,"i;c,   128. 

ö-»,,ri5  127.   I). 

Mviai  147. 

f     fhom-)  853. 

tf.l«  126. 

iWo!    IS- 

/■(^a^^riiB   (lokr.)    147 

la  e.  ,<ia. 

naxQy  418  iD  f. 

(bis). 

^F^ac  861  ff. 

iic«™   198  >D  f. 

J^i.ao.rä'i  201.    l). 

ii(iofi^Mi<i  169  in. 

ilaxvq  121. 

^..JiJBo,    468. 

iUtioa   136. 

»<!<.   198. 

./iyiK  365. 

Ti,;«,.  188.  ■ 

iKffflw  473. 

jrixaaroi  lißinf.  350ff. 

.'on«,  too«   123. 

ii.(i;*(eo!  1!J.  128. 

^(^ia.foif.   360  ff. 

Ü7«ffu   198.  302  in  f. 

«(uffOfto.  n.  s.  w.  128. 

Amt.e-i  860  ff. 

ftjt,,,»  109.  I). 

W^lc«  409.   410. 

^»nvca«  14S  in  f. 

r.TTDf  Ff  146  anb  f. 

^Ikui   16.  47S. 

:£-%.r„;„.  142  in. 

ica^a;it,<;  276. 

ft,ua  (Hesych.)  224. 

/■ie«oo  201.   1). 

«taa^Dc   12. 

I^^«va.  524. 

/ioae.^^'«?  201.1). 

»<i/i.w  394  snb  f. 

i>^.  (aeol.)  224. 

/Ktnamuir   148  in  f. 

Kä^nfag  187. 

^l«oior  268. 

^i.o(   147.  866. 

»ae;(O(i0it   198. 

iVd..;^  (aeol.  hcm.)  202. 
£,.(;'«!.<  410  in  f. 

-^.d^;*,,.  855. 

«.«.^«T,,  201.  1). 

J'.äiiv  468. 

./'i»«.  ^■^^0^354.866. 

-«täflfpfl«   140.   1). 
«a.,«,U  201.  2.) 

ivi^.»t   104. 

./^.:^a/P5  201.  2). 

••iXivO^n  128. 

^,t.o.  104. 

J:Ua^.  187.   1). 

x^äu  238. 

fVij'rOjto  409  ff.   418. 

J=ia<,';   128. 

ic/™ra  896  in  f. 

^.ffoia/n»  128. 

x^™(  107. 

*':  231- 

^ilTOtlK  H6    Bob   f. 

xqin«  186.    1). 

S'i   13. 

fpÖTyn  141 

«-,t«.(s  186.  I). 

JniitTai'o;  233  eab  f. 

j:u^i,n  366. 

xiQr^^i  288. 

^;I.,T^5   158  sub  f. 

^evf"'  1*0-  0- 

(Aa<'(r<a<»   198.   I). 

Vno^a.  4TB. 

Zi,.q  141.  4). 

KXvTalpvipn^a  200. 

inT«  366. 

,:a7. 

><r.i«a,»äi(»(a«0l.)S6S. 

^fd!inf.a.  478. 

iJo^.,  84. 

^.r,pk  868.   4). 

%o.  403. 

iiävi   121.  289. 

Cüfiärn  263. 

^Ä«ipov  425. 

x.(e«  2). 

rg«,  ig.,»  201.  1). 

«iixTUf,  426. 
,?;..««»  147  in  f. 

x„^  429  in. 

rLwa  199  in. 

xo(f  Jo?  201.    1.) 

/e„.r«<«   199   in. 

Hol«;.'  128. 

/oir«  («eol.)  202. 

^ttyx-w  411. 

»olo;Soel77.1).  198.199. 

iyi«,    199   in. 

^v,«,;«    410-    418.    416. 

.olo»   (ffw  =  ;j;,i*o..) 

,eiZ<-o,   186.    1). 

4-21.   428«) 

128  in  f. 

iyTw   473. 

hf-xS-jjv  409.  411. 
Snae  213.  ■ 

xiXa:;  177.  1). 

ievSei,^  127.   1).  241. 

xolovit,    BoAriw   177.   1). 

iairtvi"''  !■'''  '"■ 

4«  i08. 

197  f.  199.  n.    1). 

fnnfi'a«  348. 

fl<i;,ffo(  202.  2). 

.nl«,;«.   199.   1). 

(Oooi'uai  u.  9.  w.  196.  1). 

^.»'ard'u  198.   1). 

»oA«,Ö!  199.    1). 

tff.,a«,  478. 

Sa.V«  102.  2). 

xor(j  2. 

J«oü5  864. 

&,->r.    9-f-  Koinc  128. 

■öe/'a  128.   1). 

„W.  201.  2). 

tf.;<ü(fff(;^«)209. 201.1). 

*ri«,  123. 

„WfffJo  471. 

»iaf,„<n^a  227. 

«o's  (ion.)  !lfl. 

riUti«»  (Ukon.)  14  (bis) 

.^f/.».  iBßnl.)  200.  203. 

«oT,.(«  186.  1). 

16. 

ff,!^  261. 

-OTO,  186.  1). 

MU.j(>a  14   ia  f. 

A^vit»'   250. 

xo,'.(,  128.   1). 

,{„l,ainv  201.  2). 

»iBao;   128.   125   aub  f. 

,-..~,e<..;   128.    1). 

.,i  2G6  in. 

&e«Bvq   121. 

«(.(/lad^a  227. 

txv  473. 

*,7«i,,t.  878, 

.(./.u  260.  484  in. 

>^«Jb  C«eoL)  121. 

ff,.,oC   120.   128  ff. 

^HißSa  198, 

^<«rTi.«^  128. 

»iiii«   125. 

>.Q\mttrSa   198. 

^<wi»  855. 

»vfiiarii^ior  227. 

xp.,^„ai,.    I9B. 

Zeitschr.  r.  vgl.  tpra 

dif.  XXI.  6. 

36 

S4. 

lil  IB.  ISS. 
liatm  «16. 
Iflno  76.  SO.  BSl. 
lJ«r429  in  f. 

i^ior  1*. 

U(  (löw-J   188. 

«,00-  104  in  f. 
i.^,o(  14.  140. 

U-i  l!S- 
iiaüs  ST2  inf. 

««1«»0!  4S8  in  f. 
«aläffaw  418  in  f. 
näfifin  8^2  in  f. 
fAiaainelü  801.  1) 
;u^d(a  84- 
,,iJTtip  3TS  anb  f. 

Jlf.i^cT«.?  471. 
fUfif  109.  1). 
/i/fTru  4S6  snb  r. 
/loliHoi, /loiouB  198  in. 

199.   1). 
^oi;ijrai,^i.;lW<ill97iDf. 
^irtyjtt  198. 
„a«!  867.  3). 

i,i(.;uo«  142-  8). 
i'ari«,v«iv;i:l-lSS-389 
SB5. 


tiUil^a  6.  463  ff. 
olä^a  B.  463  ff. 
oidoc  B.  468  ff. 
ixfor  190.  1).  • 


ölKftUöi  408.  43t.  *i%, 
orii  io/iorii   111- 
ö»;!«.      airof,a      4S8. 

423  •). 
Dri,C  421  ff. 
iiai;  199.   I). 
öfii7»'^iio  106. 

109.  1). 


öfOim.nQfiii'm  198.200. 

Of/fioi;  142. 

ö^Di'u  (n(iot''^*i}    199  u. 

1).  201. 
oi'^Mtpo:  864. 
Or'Hio  201.  2). 
o2»»e   127.   1). 

aiV««  (vl^ter)  42S. 
iö7.K  26b  in. 
|n«.Ä,t;«  177.  1).  »98.1). 


nanno;  872  in  t. 

Ilafßairia  471. 

I7ciW"a.oc  470  f. 

nu^an/a  470  ff. 

näaru  82. 
'  nai^e  87S  iinb  f. 
.stlaai  8fi  in. 
I  ntl<uiyöi  470. 


W/i»    406  in  (. 
riiim  (aeol.)  203. 
^Kfoci  140.  142  in. 
..».    121-   1). 
.i7>.(«>  SB8  IQ  r. 
■r^Dcra  4S8. 
-1''f  '■  ''"''«■ 
Wi^nr  104  in  f. 
i(I»a«,  iiro;   128. 
SW«  187. 

ä-  (nlativ-tUmm)  362 
Äd»««  B>6.  410. 


I  niifayiai  894. 
{  nifffa  896  in 
:  n^Tji"  895   in  f 

T,^lt.a   106. 
'-  nlitQ«    186. 

7lfC«;.n«  188. 

1iy=y    137. 

n-^oe-;?  187. 
'nt^axvii   142.   1| 
'  n'vu  288. 
'  ■nlofia,    104. 
.t(:i™   108.    1). 
;  ■nufai-miai   19S. 
,)i/«ii     186. 


-ilat.'e  131. 
nlifftfil'^n  8S7. 
niLitfi/(Ufi<  867. 
üi^^^i'-p«.  887. 
^loiifrV   19S. 
nrtiv«!  200. 
/lolivd/o«  SOB. 
nalifc  121. 
noftöi  161  in  f. 
noy#/iäf  161  in  f. 
nö^et  161  In  f. 
/TemJctoF  i6S  O. 
noat-d^üit,  -a,,o<;  468. 
nealitil  46S  ff. 
notftf  468. 
nMi'>f  10- 

noTfpoc  864. 
naiiSaut  468. 
noTfd'<t  46S  ff. 
nifia  468. 
«l...^.«.«»«  (krBt.)  310. 

Oliopijaivii  274. 
»Qo/{fi;(ri!i'o(  288.  1). 
n^wd^a  1B6. 
npjipti  186. 

.liiCOf  186.   1). 

n.<il(;ua«  147.  2). 

iKolo/iniat   147.    S). 
ifiot  260. 

.ivp  (itvif)  124. 
I  ttv^taxtf  2G0. 
!  flMÄ.  260. 

Ttirm  (aaoL)  288. 
'(Uno;  140. 
:  ijiiiia  141.  4). 
*|  iiti  128  mV  f. 
I  jy.«^.  uo. 
.  iti«aa  140. 

:  ityia  140. 
■pij^C  140. 
!^f(  123  inbf. 

natnl  286. 

oäiot  123. 
'  afßanai  141  in.  168. 

aüiKi  428. 

ir(^i-n~7i(äciwnoc  169. 

alai-os  123  in  f. 


(»^(^(^  187. 
•jttlKp^ii;  187.  Ul. 
(Tilifpos  1B7. 


Worteegiiler. 

a^l^g^i  187. 
a»7fi?  427. 

T,r/.o  106. 

1^.0,  107. 

„Ut-^  US  in  f. 

i™i«  207  in  f. 

ff.axTci  (plur.)  a*B  in  f. 

x/r,  482. 

cr,o^,    234  1«. 

liflij,..  77.  241. 

atavgöi  198.  20S  in  f. 

iJ,-  278. 

irrt/a^iS;  108. 

r«r<aninj  468. 

(FTJ/o;  230. 

i.T.W.o^a.  BC8. 

ffK/jt».  182. 

Trio«?    =0«- 

urÄfuiv  284   ID. 

,p/  (kr-t.)  474. 

aio^«»Jo'v  198. 

ifj^u   391. 

axuTrrie«    280. 

Tgi,»    40S    B.    •). 

tfi,  ff*,  ffoi  128. 

Tjj;;ffo)  19B.  208  in  f. 

ff£«  122. 

TU,    T»,   Tfli    128. 

ff«^Ö5  148. 

T.'.;.!«.  280. 

"föyyx:  i". 

ZS«„i  247  anb  f. 

ff^^,  148. 

■cäya&ä  111. 

^ö?n!  (punph.)   198. 

lala/Tiuuo;  20».  201.1}. 

,,ai*«  198. 

^bIbi.Jv'O'  SO"- 

yoWtu  I9S. 

i.I;.;a  111. 112. 

yafos  198. 

-.«.ll/iBffffo,.     121. 

^,if„  198.  202. 

■.oi'i.j    27. 

•fait^i-i  224. 

■iBj;.;;«,   198.    2). 

7a>xfl!  224. 

T^V;.*.  383. 

ifai^päuT^ta     (Hesycb 

i,(va   103  ip. 

224  iD, 

i>:i(»iii    199  JD. 

<fö;-p,  {Hesj'ch.)224in 

iiliu   199  in. 

and  1). 

lün'k   136.   1). 

Va„d^öe».   188. 

.,(ios   136.   I). 

^di;«   16^^ 

Tinw  144  iD  f. 

xl^tTnof  208. 

9?  868. 

T/rooTO!  9   in  f. 

•fSilom  274. 

TiJa.«,    142.    1). 

56S 

q,ilni,pnä^i  224. 

f^a;/J'i'^(   142  ID, 
qiQavai»  H2  in. 

j'^Ja  198. 

■'»(iieal.)  SO.  in  r.  12«. 
^   Idudiu  172. 
qivu   128. 
2(uw  (aaol.)  S02. 
Xe<i^m  177.  1).  19S. 
Xearail   l'T-   1).   198. 
ifiaiffTni'  224. 
\pä/i(i»aq  224. 
uiei""«    (Heiycb,)    224 

nnd  1). 
yfiäfi/mi  224  nnd  1). 
i/iai'ui,  i/iaui  ^aJu  224. 
i^^xi^B  227. 
wxi^t   121. 
(Slof,  <}1E  IB  i°- 

«HfKQ«     198.     1). 

irofi-i  (aeol.)  4tl8  ^. 


2.   HeDgriecblach. 

«I;.c.v   (U-apM.)   248. 
yäkav   (traptz.)  248. 
^tyip/tC.  litttl.)  981  in! 
>a»  (trapBz.)  243. 
iro^iT^i«»' (iUl.)  281  iDi 
I  ^fciCuiv  382  in  f. 


C.   Italische  sprachen. 


1.    Latslniscb. 

Hbol«U    3. 


9,  addaas  150.  ISO. 


adeBKDt   {(tat.)   171. 

4). 

aliDB  104. 

19B.  1). 

alo  8. 

.dfeber  138.  1). 

alter  104.  198.  2). 

adfertor  217  o.  1). 

■maaia  180. 

BdjnUbillB  138. 

«nbiaa-mt,  -et  (-Int,  4t> 

adoU»  8. 

179.  leo. 

■diUseint  16&. 

anu  428. 

a(d)sC[terint   186. 

uigor  IIB  *nb  f. 

adulabilii  138. 

■ngDitIa  428. 

■emidna  (altl.)  h. 

aDguBtns  418.  421.  418. 

agnosco  423   in. 

■peribo  196.  1). 

iguMlrlx  (vulgär.)  460. 

aqnilifer  IBS. 

aheD«n>  177.  2). 

ardnna  403. 

alebri-  137. 

arena  (alt.  huana,  a>«ia) 

■liennd«   lOS. 

228. 

alis,  alid  (altl.)  2S0 

2)- 

arfDiw  18«.  1). 
36* 

5()4 

argeiitani  413  sub  f. 
ar^uo    164.  3). 
arvectttm   136.    1). 
arvorsum   186.   1). 
asena  s.  arena. 
•sportaAsent  (conj.  perf.) 

186. 
astasent  178  ff.,  186. 
atavus  186.   1). 
Attidiates  109. 
Attidium   109. 
attinge(m)    177.  2). 
andax  141.  4). 
andiba  -m,  -t  189  u.  1 ). 
audib-o,  -is  196.  1). 
audiuunt  164.  4). 
aafero   155.  2). 
aufügio   155.  2). 
augurinm  448. 
augustua  421. 
ausis  184.  8). 
ant  106. 

averruncassint  184  in  f. 
avidus  141.  4). 
axo,  axi-m,  -t  165.  172. 
bacca,    baccala    (vulgär) 

450. 
baccunus  u.  r.  w.  (vulgär) 

450. 
bacelus  450. 
baceolus  450. 
benignus  88  in.  278  in  f. 
bibo   109.    1).  204.  2). 
bis  128.   137.  1). 
blandus  449. 
brevis   121. 

bubile   137.  1).  187.   1). 
bucetum  368.  5). 
caballus  275. 
cadamitas  206.  1. 
Caecin(n)a  108. 
caedo  8.  9). 
caenent  225. 
Caesen(n)iu8  108. 
eaesius  8.  9). 
Caesius  9. 
caesna  225. 
Caeso   9. 
Caesoninus  9. 
CaasoniuR  9. 
Caesulenus  9. 
Caesulla  9. 
calamitosus  10. 
oalendae  154.  1). 
calfacio  193.  2). 
calvor  164.  3). 


Wortregister. 

calx  (Xa'i)   13.    128 

criminor  198.  5). 

candela  -brus,  -bruiii, 

-ber 

crux   122  in. 

135.   187. 

cui  (alt  qnoiei)   278. 

caniK   128.    178.  2). 

cnlmus  12. 

canus  424. 

cunctor  128. 

Capitodiuni  206.    1) 

• 

cura  120. 

capoclator  (vulg.)  457. 

.  curaaint   178. 

capso   165.  171  f.   176. 

1  curaasis   169. 

:  caseus  98.  207.  232. 

ouro   120. 

;  cassabundns   191   u. 

!)• 

!  curro  228. 

cedo  420. 

j  curr-,  cur-nlia  228. 

cena  225. 

1  cnrrus   228. 

cemo  260.  484. 

!  curvus  70. 

certasset  (conj.  perf.) 

186. 

-dam  220.  8). 

cieo,  cio   148  in. 

!  dativus  236.   1). 

cistifer  185. 

'  Decembri  187. 

citrago  207.   1). 

i  decido  8.  9). 

citrus  207.   1). 

'  dedico  159.  1). 

civilis  121.  8). 

dedit,  dedet  179. 

civis  121.  8). 

delphin,  -ns  218. 

Claudius,   Clodius , 

Clu- 

deplorabnndiu   194. 

diuB  467  in  f. 

,* 

deplorandus  194. 

claudo  275  in. 

desivare  (alt)  472. 

claustra  (vulg.)  457 

destina  280. 

clepsit  173.  3). 

destino  280. 

cocetum   167. 

devorasset    (conj.    perf.) 

cocus  157. 

186. 

coelibaris  145.   1). 

dice(m)  177.  2). 

coenacula  225. 

dico  159.  1). 

cognomen  422. 

dico  891. 

cognosco  423  in. 

dispennite  106.  108. 

colo  128. 

distennite  105. 

coluber  128. 

dividiatur  119. 

comesses   (oomessis) 

179 

divido  275. 

und  1). 

divns  286.  1). 

comissabundus  191. 

do  77. 

communis  120. 

donicum,  donee  107  in. 

comoinem  120. 

dormib-o,  -it  196.  1). 

componeto  153  in  f. 

dubius  187.  1).  187.  1). 

con-,  CO-  88. 

dnco  403. 

conciliaboleis  138. 

du-im,  -is,  -int,  -ent  150. 

condo  241  in. 

1 

1 

178  in  f.  180. 

confieri  126. 

1 

dulciculuR  284  sub  f. 

coniourase  178.  1). 

1 

dum  107  in.  220.  8). 

contingit  418. 

i 

1 

ecfatus  155.  1). 

convenibo   196.  1). 

• 

ecfero  155.   1). 

coquo   151. 

1 

1 

eglesia  (vulg.)  450. 

coram  275. 

1 

elepha-8,  -ntxis  218. 

comix  222. 

1 

empsim  166.  171. 

consentiont  168   und 

2).| 

eo  (ibam)  189.  2);  flexion 

couraverunt,  coiravit,  < 

coe-  1 

des  verbnms   196.  2). 

ravit  120. 

i 
1 

errabundus  191.  192. 

crater,  -a  213. 

et  106. 

crates  260. 

etiam  106. 

creber   137. 

eyaUaviso  168.  176.  177. 

creduam   1 50. 

i 

178.   187. 

Wortregister. 


5iSö 


evito   462. 
ex  231. 

exaudibam   189.  1). 
exfir  125  in. 
exim,  exin  97.    1). 
expedibo   196.   1). 
exta  12.  und*).  211. 
exten-uo,  -vo    121.  3). 
faciem   177.   2). 
familia  241. 
far  222.  223. 
farina  223. 
farreum  222.  223. 
faxitis,  faxitur  172,   173 

und  3). 
faxo,  faxim  u.  s.  w.  165. 

166.    171.    172.    176. 

179   und  1).   187. 
feient  126.   129. 
fei  438   in  f. 
feles  178.  2). 
fellebri   137. 
-feudo  82. 

feretrum   227  sub  f. 
fero   139   in. 
ferveo    (ferbui)    137.    l). 

187.    1).    189. 
fervo    189. 
fidelia  142.    1). 
fiecerunt  (inscr.)  188.  2). 
figo  83.  ' 
fimus   125. 
fio   125.   126. 
flacidus  449. 
flavidus  449. 
fleo   162. 
fligo  83. 
foculus  157. 
focus  157. 
foidos  85. 
Forraiae   142.    146. 
formica  142.  3). 
fortis  241  in. 
fraenum  s.  frenum. 
frango   140.   146. 
frater  245*). 
fremebundus  191. 
frenum,  fraenum  447. 
frigeo  140  in. 
frigus   140  in.    146. 
frio   138  in. 
frivolus    1 38   in. 
fugiteivos  (inscr.)  286. 1). 
fuit,  fuet  179   in. 
fulgo   189. 
fumus   125.    127.    1). 


fundus  142.   1). 
funebris  139  in. 
fungus  143. 
furibundus   192. 
furo  432. 
Gallus  245. 
garrio  396  sub  f. 
gaudeo   141.  4). 
Gavius,  Gaius  150.  i). 
genetrix  147. 
genimen  402. 
gigno  204.  2). 
glans  246. 
glos  244  in. 
granum   208. 
gravis  121.   122. 
gravo  121.  3). 
grunnire   105  sub  f. 
Gadulius,Gudadia206.1). 
habeo   177.   1).   166. 
habess  -o,  -it   165.    166. 

175.    176.    177.    178. 

180. 
hasena  s.   arena. 
I  hibemus  83  sub  f. 
hostilis   121.   3). 
hostis  121.  3). 
humerus  s.  umerus. 
humilio  121.  3). 
hurailis  121.  3). 
humor  s.  nmor. 
ignosco  263. 
illico  107. 

illöc,  illic,  illSc  438. 
illustris  221. 
impendo  102.  1).  108. 
impetrassere  165. 178. 1). 
impilia  (volg.)  457. 
implicaverint,     -uerint 

182  ff. 
implicui  183.  2). 
incensit  172. 
incepso  165. 
infensus  208. 
infemus  144. 
infertor  217.   1). 
infcstus  208. 
inguen  12   in  f. 
inlargibo   196.  1). 
inquam,  inquiunt  177.  2). 
inquietudo  10. 
insignis  121.  3). 
insignitus   121.  8). 
instabulis  138.  146. 
interfieri   126  in. 
invito  461.  462. 


invitus  461.  462. 

ipse  277  sub  f. 

janitos  229. 

Jovis  137. 

jubar  137. 

jubeo  171.  8). 

junxi,  junctnm  408. 

jussitur    165.    172.    178 
u.  2). 

jusso,  jussit  171.  172. 

juxta  12  in. 

lac  128.  253.  254. 

lacems  449. 

lactes  449. 

lacus  449. 

laetabundns   192. 

langueo  449. 

lappa  207.  1). 

lappago  207.  1). 

lascivibundus    191.   196. 

latebra  187  sub  f. 

lavSre  189. 

Lavema  429  sub  f. 

laxus  449. 

legassit  171.   172.    l). 

leiber,  Über  126  ff. 

lenibunt  196.  1). 

lentigo  207.   1). 

lentis  207.  1). 

lenullus  9. 
I  levass-im,  -o  165. 
I  levis  121.  239. 
jlevo  121.  8). 
ilibeUns  144. 
!  liber  s.  leiber. 

licessit    166.    175.    176. 
!      184. 
'.  Licinianio  119. 

linquo  75. 

linter  s.  lunter. 
j  lippns  370  in. 
I  lira  1 6  in. 
I  locasint  178. 
'  locotenentes  (vnlg.)  457. 
jloebertatem  127  in.  129. 
I  lorum  14  in  f. 

Incema  429. 

Incus  869.  5). 

ludibnndns  191. 

lugabri  187. 

Lumphieis  u.  s.  w.   104. 

lunter,    linter    171.    4). 
195.  1). 

Lupercus  278. 

lupns  14.  140. 

micero  83. 


566 


WortrejjfiHter. 


malignas  273  in  f. 
malo  161.  1). 
manabilis  188. 
mansuetuM   103.  2)< 
Marius   150.   1). 
masma  (spätl.)  457. 
mater  372  sub  f. 
mediocricolus  284. 
medius  118.  241. 
mel  488  sab  f. 
membrum  187  sub  f. 
mensa  208  in. 
mentibitur  196.   1). 
mercassitur  172. 
meridies  136.   l). 
meta  6.  6). 
metior  88.  208. 
mica  83. 
mirabundus   191« 
misceo  426  sab  f. 
mistiiä  221. 
modo  107. 
moiro ,     moerum    (inscr.) 

120. 
mola  367.  2). 
moletrina  147. 
mollibat  189.   1). 
moneri-s,    -nt  (fut.  I.) 

184.   185.   186. 
moribundus   191.  192. 
mortuus   141.   1). 
raovo    141   und   1).    147. 
mulctra  227. 
mnliebri  137.    138    in  f. 
munio    120. 
Mun(n)iu8   108. 
murus    120. 
mutuus   141.   1). 
nanciscor   411     in.     413 

(bis).  417. 
nancitor   174.   181  in. 
navis  239. 

nebrundines  s.  nefrendes. 
necessarius  419  ff. 
necesse  4 1 9  ff. 
necessitas  420  f. 
necessitudo  420  f. 
necessus  420  f. 
necto  427. 
nefrendes ,      nefrundines, 

nebrundines ,    nefrones 

140.     141.     2).     142. 

146. 
nefrenditium  141  und  2). 
nequeo  189.  2). 
nimphias   119. 


uiteo   2. 
nitidus  2. 
nitor  (subst)  2. 
nomen  422.  428. 
nosco  423  in. 
notos  (inscr.)  229. 
Novembri  137. 
noverca  273. 
novus  273. 
noxit   166.    172. 
uudus  449. 

Numisius,  Nninerius  119. 
nuncupasset  (fut.)  179. 2). 
obliquus  83. 
obmoveto  110. 
obscaenus  281  und  1). 
obscaevare  231.  235.   1). 
obscurus   231. 
observa88ol67.  168.177f. 
obstinare  230. 
obstinerc  230.  281. 
occepsit   171. 
occi(d)8it  171.   172.  1). 
Octobri  137. 
oculus   199.   1). 
oetantur  (inscr.)   120. 
offertor  217.   1). 
oitile  (inscr.)  120. 
ol  (brennen)  3.  3). 
oleo,  olo   189. 
olesco  3.  3). 
omitto  231. 
opperibor  196,  1). 
opus  403. 
oquulus  262. 
oriundus   193. 
OS  (knochen)  421. 
oscen  231  und  2). 
ostende(m)  177.  2). 
ostendo  230.  231. 
papaver  137. 
parento   119  in  f. 
parra  222. 
pater  372  sub  f. 
patibulus  138. 
peccasso  168.   177. 
pejor,  pessimus  275. 
penetrabilis   138. 
penna  s.  pesna. 
perennis   159.  1). 
pernicles  97.  98. 
perperara  275. 
perplovere  147. 
Pescenia  108. 
Pescennius  108. 
pesna,   penna  136.   1). 


pessimus  8.  pejor. 

pisere  88. 

plovere  147. 

poUen  187. 

populabundua  192. 

por-  160. 

porcetra  227. 

porricio  150. 

Por8en(n)a  108. 
',  porta  151  in  f. 
j  portabilis  148. 
j  portendo  150. 

porto  151  in  f. 
'  portus    151  in  f. 

posco  178.  2). 

postulo  226.  1). 
j  potis  464  in. 
.  praeco   148.   1). 
'  praeda  88. 
.  praesagibat  189.    1). 

praestinare  280. 

precor   178.  2). 
;Prifernius  139.  142.  146. 

Privemum   142. 

priverus  142. 
'■  privignus  273  in  f. 
'  privus  142. 

i  prohibessi-ty  -nt  168.  172 
und  4).   185  ff. 

propriassit  180. 

prosecare  12*), 

prosecta  12*).  211.  2). 
.  protervus  268. 

prox  148.   1). 
;  proximus  275  in  f. 
!  pulvis  137. 

putens  121. 

qualis  214. 

quam  106. 

-quam  278. 

quando   106.   107. 

-que   107. 

qui  278. 

qui  (älter  quei)  216. 

quidam  220.  3). 

quinque  283. 

quintus  9  in  f. 

quis  278. 

quispiam  278. 

quojus  278. 

quom   106. 

quondam  220.  8). 

quoniam   106. 

quot  9.  10. 

quotus  9.    10. 

Ramnes  461  in. 


Wortregister. 


567 


rapsit  165.    166. 
recipie(m)  177.  2). 
reciprocus  275  sub  f. 
recocunt   157. 
reconciliassere  165. 
recnpero  275  sob  f. 
rego  391. 
remus  177.  2). 
renancitar   174. 
reperibitur  196.   1). 
repraesento   119  in  f. 
restauro    198. 
restaverit  181.  182.  184. 

185.  186.  202. 
ridibuudus  191.   192. 
rogassint  1 71.  4).  172  in. 

und  4). 
Roma  460.  461. 
rotandns   198. 
ruber   127.  1).  241. 
ruf  US   241. 
rutilus  241. 
Sabin(n)a  108. 
sacerdos  241   in. 
saevus  236. 
saltem   178.   2). 
saluber   135.    13i)   in. 
salutifer   135. 
Satumus  (Saeturuus)  204. 
saviuni  s.   suavium. 
8caevu8  235  u.   1).  286. 
scuteo,    8cato   189. 
scibam   189.    1). 
8cib-o,  -is,  -it  196.  1). 
scintilla  2. 
scio   266. 
scipio  83. 
sciscidi   177.   1). 
scrofa  83. 
secius  366. 
seco   177.    l).  266. 
secundus   193. 
secus  366. 
semen  77. 
semestris  10. 
sensus  208  in. 
Septembri   137. 
sero  (säe)   77.  204  u.  2). 
servasint    178. 
servassis  180  und   1). 
servibas   189.   1). 
servibo   196.    1). 
serpens    128. 
Sestius  221. 
severus   158. 
sex   13. 


sextantarius  221. 
sie  277. 

silatam  207.  1). 
silicemium  207.  1).  225. 
siligo  207.  208. 
simul  488.  489. 
sincerus  276  in. 
singillatim  865  in  f. 
singularis  145.   1). 
singüli  365. 
singultus  276  in. 
sis  (=  suis)    128. 
sisto   109.   1).   204.   2). 
socer  128.  390. 
socrus  390. 
8ol  425. 

sollemnis  159.  160. 
Bomnns  128. 
BonSre   189. 
sonus  123. 
sopor  128. 
soror   128. 
808   (=   8U08)    123. 
specimen  427. 
»pecio   427. 
spero  425  in. 
spondeo   177.    1). 
sponsis    172.    187   in. 
spumifer  135. 
stabilio   121.  8). 
stabilis  121.8).  188.146. 
stabularius   143.   145. 
Stab  Ulis  146. 
stabulum  145.   146. 
stadia  (vulg.)  457. 
stellifer  135. 
8to   177.   1). 
storea  280. 
stra-,  ster-  266. 
strideo,  strido  189. 
suavis  121.  122.  239. 
suavium,  savium    123. 
8ubs-  281. 
subscus  281. 
subvenibo   196.   1). 
succedo  281. 
suffio   125  in. 
8ui,  siblu.  s.w.  128.  129. 
suile  148. 

supplicassis   183.  184. 
surrepsit  187  in. 
suscipio  231. 
Buspendo  281. 
suspicio  231. 
suspiro  231. 
sustendo  281   in  f. 


sustineo  281  in  f. 
snstuli  282  in. 
snsamis  228. 
Suttins  119. 
suns  148. 
tabella  144. 
tabema  188.   144. 
Ub-ola,  -ula    184     138. 

148.   144. 
tanrns  280. 

tax-o,  -is    172.   177.    1). 
tego  230. 
tempestaB  421. 
tcndo  108.  280. 
teneo   103.  280. 
tenuis   121.  289. 
terebra  208  sab  f. 
tergeo,  tergo  189. 
tero  208. 
terribilis  188. 
terri-bola,  -bula  188. 
tingo  283. 
tis  (neben  tui)   128. 
tonitru  147  und   1). 
torqnes  178.  2). 
toms  280. 
torvus  268. 
tot  10. 
totidem  10. 

tÖtVLB    10. 

traditiorera   119. 

tredecim  176.  2). 

tremebanduB  191.  192. 

trimestris  12  in. 

triticum  208. 

triumphavit    (fut.)     189. 

190. 
i  tu  u.  8.  w.  1 23. 
:  tuber  (geschwulst)  187. 
itulo  108. 
Itundo  164.1).  177.1).  280. 

tueor,  tuor  189. 

tnrbaesitnr  165.  172. 

turbaverint  188.  3).  185. 

turpiculns  284. 

über  (orö^a^)  127.  1). 

nltimus  104. 

ultra  104. 
j  alucus  476  sab  f. 
iumbUicus408.  421.  422. 
i  umerus,  h-  104. 
j  umor,  h-  104. 

unda  247  sub  f. 

unde  105. 

unguis  421   flf. 

unguo  408. 


568 


WoiiregUter. 


utibiliB  148.   1). 
atiÜB   120.   143. 
utor  120. 
vacillo  83. 
vapor  462. 
vapos  233. 
▼elabrum  186. 
Velabnim   185. 
veroens   161.   1). 
Venafriim  139  (bis).  142. 

146. 
▼entilabrum    185. 
venundavit  (fiit.)  190. 
vesica  88. 
vicem,  vice  420. 
vicia  67*). 
vicissim  420. 
▼icissitas  420. 
vicissitndo  420. 
▼ietus  (vulg.)  460. 
viginti   137.    1). 
vincio   128.   1). 
Vinco   128.    1). 
vinum  462. 
vitabundiis   102. 
vitricus  273. 
vivo  263. 
vodebam  206.    1). 
volutabrum   135. 
volvo  164.  3).   177.  1). 
vox  148  und   1). 

2.    Romanische 
sprachen. 

a.    Italienisch. 

aberzo  (sardin.)   446. 
agevole   138  sub  f. 
agosto  276. 
amabile  138. 
amava  442. 

ami,  amavi  (mail.)  442. 
amorevole   138  in  f. 
ascoltare  ^2  76. 
baca  (lucches.)  450. 
bacan  (piem.)  450. 
baccalare  450. 
baccello   450. 
baccellone  450  (bis), 
baciocco  (tosk.)  450. 
bacocco   (tosk.)  450. 
bäcol  (comasc.)  450. 
bagattella  450  in  f. 
bagattino  (tosk.)  450. 
baggeo   450. 
baggiana    450. 


baggiano  450. 

bagiana  450. 

bagola  450  in  f. 

bagolino  (tosk.)  450. 

bajella  451   in. 

bajo  451   in. 

bajoccho   451   in. 

bajuca  451   in. 

biado  449. 

Bologna   105  in. 

brdttine  446.  447. 

briglia  446. 

bucalone  (röm.)  450  sub  f. 

cadevole  138. 

cambiabole   188. 
.  cece  487  in  f. 
'  chiostra  457. 

ci  439. 
.  coberzo  (sardin.)  446. 

conte  440. 

costl,  costk  438. 
'  diabolo  440  in  f. 

fcgato  446*). 
:  ferzar«  446. 

fiele  488  in  f. 
,  fievole   138. 
1  figk  (venez.)  446  *). 
I  figäu  (sardin.)  446  *). 

figliuölo  446  in  f. 
;  fratellevole  138  in  f. 
!  fruttifero   139. 
I  insembre  439  in. 
I  lagrimcvole   138. 
j  lamiento  (neapol.)  1 1 8. 

larva  (sUdsard.)  458. 

leggiadro  458. 

li,  lä  u.  s.  w.  438. 

maestevole  138. 

malagurio  276. 

miele  438  in  f. 

miezo  (neapol.)  118. 

mogli^re  440  in. 

mort  (turin.)  442. 

Palermo  105  in. 

p^lo  459. 

piacevole  138. 

pisello  450. 

pomifero   139. 

porto  442. 

quattro  440. 

ragazzo  282  in  f. 

redina  447. 

salv  (turin.)  442. 

sauro,  soro  449  in  f. 

sciagura  448. 

sempre  440. 


;  servo  (turin.)   442. 
:  soro  8.  sanro. 
;  stabile  188. 
'  snora,  mior  488. 
Iterribile  188. 

tiene  (neapoL)   1 18  in  f. 

v^la  459. 

veleno  105  in. 

b.    Spanisch. 

agible    188. 
agosto  376. 
agQero  276.  460. 
agur  (and^l.)  448. 
ascucbar  (alt)   276. 
baca  450. 
baya  450. 
brusco  448   in. 
bnscar  448  in. 
conde  440. 
crnz   122  in. 
fruto  121. 
hfgado  446  ♦). 
hombre  440. 
iglesia  450. 
movible   138. 
muy  (adv.)  121. 
ogro  458. 
quemar  448  in. 
rienda  447. 
siempre  440. 
vacuno  450. 
viejo  460. 
voluble   188. 
zorra   449  sub  f. 
zurrar  449  sub  f. 

c.  Portugiesisch. 

agosto  276. 
agouro  276. 
conde  440. 
defensavel  138. 
escalavrar  458. 
festo  (alt)  458  in. 
hörnern  440  sub  f. 
muito  121. 
sempre   440. 
vel  (alt)  439   in. 

d.  Proven9ali8ch. 

jai  442. 

;  anäva,  anet  488. 

:  aür  276.  448. 


aazi  142. 

coml«  140. 

paitr«  440. 

ohanUs  Hl. 

connattre  110. 

peur  441  in. 

chaatesBea  441. 

coutelaa  111  •). 

pineerllG  in. 

cUuslra  45T. 

oroiit   122   in. 

comte  440. 

ctovable   138. 

poil  469. 

entre  439.  440. 

daneer  101. 

prffac«  411  •). 

f«B  417. 

Denis  44i'). 

puia  122  in. 

feri  443. 

diabl»    410  in  f- 

puiCa   131. 

floriso,  HotiBü.  a.w.441. 

dortoir  441'). 

pnr  411  in. 

freat  (alt)  l&S  in. 

^conter  276. 

refnaer  443  in. 

langer  439  in  f. 

enuenible  139  in. 

rene  417. 

lili  117   in. 

entre   139. 

aalvaire  440. 

mdjer  489.  410. 

^p^e  117  8ub  t 

eec  411  in. 

niälber,  m6\\iw  440   Id. 

eUr  (alt)  118. 

Service  411'). 

molt   131. 

face  111*). 

aonlaa  441«). 

mout    121. 

faim    101. 

sovre  (alt)  488. 

omne  440. 

faire  440. 

preofou  (neu)  442. 

fafte  457  in  f. 

tempoire  141*). 

BBl   412. 

feate,  feBt,f»8tra(a]l)468. 

Cenable  138. 

aempre  440. 

fiel  138  in  f. 

tier»  447  in. 

Ktfnh«r  439  sab  f. 

eU  447  in. 

vaincre  140. 

Bobre  439.  410. 

flaiätre  419. 

vainen  101. 

venden  139   snb  f. 

flanc  HB. 

vendable   188, 

Haqne  149. 

vendre  440. 

flatter  119. 

Tiana,    vela  (alt)  48»  in. 

e.     PransSBiach. 

fioria  (alt)  411. 

vfrgine  (alt),  vierge  (nen) 

foie  116*). 

aiae  4&7. 

fi^a  (alt  fres)  469. 

Voile  469. 

Ambroiee  111.") 

fruit  121. 

T0te(volg.=volre)488*). 

angele  (alt),   ange   (nen) 

Georroi  169. 

138  in. 
aoüt  276. 

gria  449. 

f.    ChnrwillBch. 

aubere«   *68  in  f. 

haiard  448. 

balafre  468. 

hAerge  468. 

(Rheinlb^)  112. 

beneiatre  (all)  410. 

henr  448. 

hozann  (wäls.'h-Iir,)  450. 

bia  417   in. 

homme  440. 

bigianna  (oberl.)  460. 

bbne  419. 

hnis  441*}. 

oanleita  (obwald.)  487. 

bU  149. 

iloo  u.a.w.  (alt)  438. 

cbantat(unterengad.)487. 

bleu  419. 

imAyene(alt),  image(DBn) 

salvader  440. 

blond  149. 
bonaaae  111*). 

438   in. 
Uvrior  448. 

scriva,    arriv    (Rheintb.) 

bonbenr  148. 

lii  447  in. 

brancard  116   in. 

maire  HO. 

brandiUer  14<>. 

nialheur(altniaWur)276. 

g.    Walachiaoh. 

brandir  116. 

HS. 

am  (hBbeo,habenina)486. 

branlec  11 G. 

mara  111'). 

caleirim  (aBd)  436. 

brant  (alt)  116. 

mandre  139    in. 

cfintim,  cintäsem  188. 

bride  416. 

met  114  in. 

eri  436. 

brun   449. 

mette   (vnlg.  =   mettre) 

ficit  416»). 

chantame    n.    s.  w.    (alt) 

188'). 

icT   139. 

141.  112. 

miel  438  in  f. 

pleci  486. 

chez  139. 

moindre  410. 

chiche  437.   438. 

cit  (alt)  139. 

ogr«  1B8. 

3.   Umbruch. 

clart  (alt)  439. 

OiH  138. 

.  (=  an,  am)  103. 

combler    101. 

orange  276. 

abrons,  apruf,  abraf  210. 

o70 


Wortregister. 


abrunu   112.  113. 
Acersoni-ame ,    em    101. 

206.  229.  280. 
aba-tripursatn  155  uml  2). 
aha-vendu  155.  2). 
ahusnes  177.  2).  238. 
ahtiinem  9ö. 
ah-trepupatn,    aha-tripur- 

sStu    155.  229  in  f. 
ahtu  155.  1).   176.   1). 
Akefuniam-em,  Akefunie 

98.  101.  205.  206. 
akna   158  sab  f. 
aknu-per  158  sab  f. 
ambrefarent  187. 
amparihma  162. 
amparita  162. 
ampe(D)ta;apenta  99. 1 00. 

102  ff.  110.  117.  151. 
amprehta  154. 
an9ihita,  an^ihitir  148. 
ander  220.  2). 
anferener  107.  198. 
anovihima   162. 
anpenes  102  ff.  170. 
anserlato  (neu)  207. 
a(n)stintu    (älter) ,    a(n)- 

tenta  (neu)  98.  3).  99. 

101.  102.161.2).176. 

1).  232  ff. 
a(n)zeriatu  (alt)  99.  118. 

207. 
apelus(t)  102  ff. 
apentu  s.  ampe(n)ta. 
apruf  8.  abrons. 
ar  103. 

arfertur  182.   1). 
afiper,  ayeper  u.  8.W.209. 
armamu  163  und  1).  228. 
airputrati   124. 
arsier,  asier  229.  230. 
arsir  220.  2).     ■ 
arsmahamo  154.    228. 
arsveito,anreitn210.228. 
aruvia  (alt)   133.  3). 
arvam-en  (alt)  98. 
arven  98.  111. 
arviu    (alt),    arvio    (neu) 

152. 
asam-ajr  151. 
asier  s.  arsier. 
aterafast(alt)  109.1).  174. 

187. 
Atijefiate(s),  Atijeyiur  1 09. 
Atijefies  (alt),    Atiersier 

(neu)u.  B.  w.  113.209. 


'  atrupusatu  230  in. 

avieclir  284. 
I  ayieklu  234  ff. 
;  avieklufe  2S4. 
j  avirseto   147.   154. 
!  azeristu   155. 
'  benurent  171.  4). 
I  benus,  bennst  174.  187. 
'•  berva,  beru-s  131. 
!  bum   124. 
I  carsitu  s.  kafetn. 
1  castruo  s.  kastruvu. 
!  caterabamo   154. 

9ersnatur  224  IV.  228. 

9esna  224  in  f. 
I  9ihitu,  9ihitir  148  in.  197. 
i9ihitu(0   148. 

9itir  148  in. 

combifian9-i   118. 

combifian9(i)ust  116  ff. 

combifia-tu(-n9i)  u.  s.  w. 
s.  kumpiliatn. 

comohota  147.  154.  204. 

co-vertu,    -vortus   s.   ku- 
vertu,  -vurtus. 

cringatro   s.  kreukatrum. 

cumaco  (neu)  152.  222. 

daetom  1 54 . 

dersa  109.  1). 

dersicurent   159.   1). 

dersva,  desva  221.  222. 
229.   235.. 

desenduf  (neu)  181.  182. 

destre  111.  1). 

dir8a(n)s  99.   117  in  f. 

dirstu,  ditu  109.  218. 

dur  181. 

eenpersuntra  226.  2). 

eesona  112. 

eest  170  in. 

efust  170.    2). 

eh,  ehe  155.  1).  231. 

ehe-esu,  ehesu  111.  231. 

ehe  -  esu  - ,     ehesu  -  poplu 
155.   1). 

ehe-turstahamu   154   und 
1).   155.  1).  206  in. 

eh-veltu,  -velklu  155.  1). 
231. 

eikvases-e  101. 

eine  115. 

em-antur,  -antu  170.  3). 

en,  em,   eme  98.   100  ff. 

111.  205. 
I  endendu  s.  ententu. 
I  enem  99. 


eno,  enom,  «000(111 )  1 0  5  ff. 

112.   158. 
enoocar  112.  118. 
enteotu ,     endenda    102. 

108.  161.  2).  382. 
entelo8(t)  102  ff.  282. 
enumek,  enuk,  enn   100. 

112. 
eo  219  snb  f. 
ere9lama  151. 
efek,  er8e(demoDst.)2 14ff. 

220.  2). 

eretn  161  in. 
eribont  219.   1). 
em,  erom  210.  218. 
emk,  erak  107. 
ems  210  ff. 
680  219.   1). 
e8(8)n   108  in  f. 
esu  f      esum ,      esnraek, 
esuna  184.   1). 

esu(f)  184.  1). 

esunes  218. 

esunu,  esunum,   -en    98. 

158.  211. 
etaia(n)899.101. 118.151. 
S  -  tufstSmu ,    e-tufstahmu 

154.  155. 

fa9e-fele  148.   146. 
fa9ia  115. 
yfak  148  8ub  f. 
fakast,  fakurent  187. 
famerias  206  sab  f. 
far  (farer)  222. 
fars,   fasia,    farsio,    fasio 
222.  228.  228.  229. 

fas  222. 

feetu  112. 

feitu  98.   1). 

ferehtra  282. 

ferest  170.   176.  2). 

ferime  98.  282. 

ferine  115. 

fertu  150.   176.  1).  210 

fesnafe  101. 

fesnere  101. 

feta  98  und  1). 

flklas  210. 

Fisi(m),  Fisiem  100.112. 

Fisovi  118. 

Fis(s)ia  108  in  f. 

fons-sir,  fonsir  110.  111. 

frehtu  155.  1). 

frosetom  154. 

fuCe>t,   fuiest    122.  126. 


126.166.170.178.2). 

klav.laf,    -168   183. 

perakueu  110  und  1}. 

174.  217.  2). 

Kluvijer  (alt)    IL3. 

perakre    182   und  I). 

fuU   122. 

komoltn  s.  knmnUu. 

perca(m)ar9matia(m)100. 

funtlere    (q^u:     foadlire) 

fcreraatra  227. 

paretom    154. 

101.  20B.  212.    1). 

krenkatriini,cringalTD,  kri- 

peraclu  160.   1). 

furenr  =  furent  170  (bie| 

peran-ibimn,    ibmo,    imn 

176. 

kukebes    J66.   157.   161. 

(pesn-)u.B.w.l60.16l. 

furo  (Qfiu)   152  in. 

170.    175.    178.    187. 

162.  178.  2).  226.  1). 

habe  161  in. 

197. 

perBuntru   226.    I). 

habe-tu,  -tutu   161  in. 

kum   156.  2). 

pertentu    161.  2).  282. 

habla   115.    161. 

kumna-hkle,  -kle  164. 

perume  151. 

habiest  161.  170.  178. 

kn(m)pi6aU,    combifiatu 

peaetom   154. 

babi-to,  -luto  (neu)  161. 

100.   101.    118.    166. 

petuipuraas  218. 

babuient  175  in.  187, 

284  und    1). 

piha.fi,  -fai   187. 

hapiD»(gen.pl.-ru)212. 

kunrnltn,     komoltu,    ku- 

pihaner  107.  108. 

halu,  bahtu,  hatuln  (ba- 

maltu  162.   158.  161. 

pihatu  130.   1).  156. 

tuto)  209. 

2).   176.  1).  S07.  210. 

pir  124.  126. 

hertitu  (neu)    115.  161. 

knpifia-ia    118. 

pili,    pirsi,     pnfB,    porai 

heri-e,    -ei,    herij-ei  118. 

kuratu  Bi  170.  2). 

(ralat.)   'ili  ff. 

115.   161. 

kuvBitu  2lS. 

piB,  piai.  pire,  per«,  pirai 

heri«(t)  HB.   161.  170. 

(inwrr.)  214  fl". 

175.    178. 

kovurluB,   covoitue  110. 

heritu  (neu)   161. 

maUtu  162.168.161.2). 

po-i,  ■«,  -e   216. 

her-ter,  -te,  -ti,  -tei  170. 

176.   1).   210. 

PoniaiatQr  a.   Punifate. 

3).  217. 

■nanr(e)  ISO.  181. 

pon(L)e   105  IT. 

bondomu  101. 

mani,    manuve    111.    1). 

poplo  8.  puplnm. 

bondra   104. 

124  und  1).  130.  181. 

poplu-p«   158.   1). 

buntak,  huntU  116.  117. 

porsi  B.  pifi. 

Hurie  (all),    HotBB  (neu) 

164  in  f. 

parlaia,  poitatu  (neu)  123. 

116   in  f. 

mearaU  112. 

161.   152. 

butra  (alt)  10*. 

mefa  118. 

porlust  (neu)    117.  119. 

iepru  213. 

meues   170  in.   174. 

161.174. 177.1).  187. 

kr(t)    170  und   1). 

menzara  208. 

pOBt,  poat-ne    100   in. 

insn,  inenek  99. 

mngatu  118. 

pre-habia  115.   161. 

inuk  8.   inum. 

mnta  152. 

prs  - plohotalu ,      -plätatu 

inukukar  (alt)   112. 

naratu  134.   1). 

J47.    148.    154. 

inum,     inumek,     innmk, 
inuk  100.   112. 

ndrhaba»  118.  216. 
nep,  naip  (alt)    116- 

prinnvatu»  (alt),  prinuatnr 
(neu)    116.    ISl.   132. 

iB  218. 

nersa  220.  3). 

ise   170  (bis)  und   2). 
ieek  218. 

neeimd  235. 

nnmem,  nome  98.  99. 100. 

proseseto  211. 
prutnu(m)    100.   158. 

iBO,iewklOSinf.2I9.1). 
iaunt  218. 

<K:re(m)99.100.111.11ä. 
ocriper,  ucreper  106. 

prnpabastl22.  166.170. 
176.  178. 

iveka,  ivekaf  208. 

ODte   111.  1). 

pnisekltn  156.  218. 

ivenga,  iv.ka  99.   101. 

Puemunng  213. 

opeter  222.  1). 

Pumpefiaa  206. 

kanetu   153  in  f.  17S.  1). 

pune,  puni    (qQum)   106. 

kapruni    110. 

106.  218. 

karetu,      kafitu,      carsitu 

173  nnd  2).   176. 

puni  (ffeibrancb)  227. 

153.  154.   206. 

pan«  106.  106. 

pQuifate  (alt),  Ponisiatec 

KaBtrugije  (alt)   113. 

panupei   106.  107. 

(neu)   116.  117. 

kaatruT-u,  -uf  (alt),    cas- 

pBrfa{m|    100.   222. 

puplum,  poplo   100. 

tru-o  (nea)   116.  180. 

-p»    107. 

purdinsuät  s.  purtin9na. 

taterima   154.  155. 

pelB»n-e,  -n  107.    108. 

parditom  ».  pnrtito. 

kazi  98.  3).  207.   232. 

peqtio  180.  1). 

Klavernije  (.It)   113. 

pBrakne   158. 

pure,  pure  228. 

572 


WurtregiBUr. 


purtatu,    purtatulu    111. 

155. 
purtifele  139.1481'.  146. 
partijus  (alt)  110.  117. 
purt in9  -  us,    purdins  -  ust, 

pnrti(ii)t-iu8    u.    s.   w. 

117  ff.  152. 
pnrtitu     (alt) ,    pnrditom 

(neu)   117.  152.  158. 
purtuvies  122.  155.  156. 

170.   176  f.   178.  189. 
puTtu-vitu,    -vidu,    -vetu 

(alt),    purdovita   (neu) 

116.  122.  150ff.  165f. 

175.  176. 177.1).  187. 

197. 
pu8ti(n)99.  100.  130.3). 
rehte  155.  1). 
revestu  218. 
rabiname ,    rublne    ^nea ) 

111.  1).   116.  205. 
rufru  127.   1). 
rapiname,  rupinie-e  iOQ. 

111.  116.205.212.2). 
ruseme   112  in. 
sahata  s.  sata. 
sakra  158. 
sakre  110. 
sakri    158. 
saluvom,  salvora,  saluva, 

salva  (neu)    183.  3). 
sata,  sahata  204f.  21 2.  3). 
satame  205. 
sehe-,  seh(e)  meniar  155. 

1).  209. 

sehemU)  sSmn  157.   160. 
162. 

seritu(u)   112.   130.   1). 
serse  207. 
sersitu  161.  2). 
8e8te[st]   109.   170  in. 
sestentasiaru  221. 
sestu  8.  sistu. 
sesut  109.  2). 
sevakn-i, -el06    182  und 
2).  168  ff. 

seveir  158. 
seviim,  sevom  158. 
si[m],  sif  110.  122.  124. 
sins   117  in  f.  217.  218. 
sistu      sestu     109.    148. 
161.  2). 

somo  109. 

spahatu,  spahamujspahmu 
164.   162.   204. 


Spina,    spiDamar,   spinia, 

spiniama  116. 
Btaflare    184.    189.   148. 

145.   146. 
stafli    145. 
staheren  149.   158.  154. 

156.    170.    175.    176. 

178.    180.    181.  187. 

198.  202.   210. 
stah-i-tu,-  tuto  149  ff.  1 62. 

163.  175.  176.  1). 
struh9la,    8tru9la,    stmh- 

9las  154.  210. 
sttbahtn  155.  1).  281. 
snb  -  oca  vu,    -ocau     146. 

148  ff.  151.  187.  197. 
sub-otu   181. 
suesuv-uv  180. 
sufafias  210. 
suferaklu  282. 
superne,  supru   109. 
sutentu  231. 
sve-pis,    -pu,    -po    218. 

216. 
ta9ez   207. 
tafle,  tafle.e  100. 111.184. 

139.    143.   144.    146. 
tenitul02.16l.2).176.1). 

232. 
te(f)tu  (tertu),  terte,  tetu, 

titu    109.    210.    213. 

218  und  2).  228. 
tesva  221.  229. 
ti9el  (ti9lu)  169.  1). 
tio(m),  tiu(m)  100.  118. 

120  in. 
toteme  111. 
tover  8.  tuer. 
trahaf,  trS  206. 
trefi,  trifu(m)  124  und  1). 
trija,  trijuper(alt),  trioper 

(neu)  118. 
tuder  154.  1).  219. 
tuer,  tover,  tovus  133.  3). 
tuf  131.   132. 
tursiandu   161.    170.   8). 
tursituto  (neu)  161. 
tufsta  154.   1.) 
tusetutu  161. 
tuva  (alt),  tua  (tuva,  neu) 

116.  138.  8). 
tu vere  (alt),  tuer  (neu)  1 0 1 . 

116.   131. 
uhtur  155.  1). 
unu   112. 
up  110. 


apetn,  -tnU  110,  15 1  und 
1).  218. 

a8te(n)tu,  oitenda  99. 110. 
281.  282.  d}-  288. 

Ute  106. 

ayem  110. 

vafetnm  ise   170.  2). 

vapef-e(m)  98. 101.  284f. 

vapenns,  -to  S84.  286. 

vaseto  164. 

▼aso,  vasor  219. 

vatuvu  (alt),  ratno  (nen) 
98.  1).  116.  180.  152. 

Vehijes  (alt)   118. 

venperBunträf   vempesnn- 
tres,  Tepesutra  226  ff. 

▼epnrus  220.  1).  236  ff. 
i  vepuratn  226  ff. 
'verufe  101. 

vesklu,  veskla  115. 

vestif-a,    -ia,    ve8tis(i)« 

u.  s.w.  117. 
j  Vesuna  218. 
jvirseto  147.   164. 
;  Vu9ijaper  (alt)   118. 

Yufru  144  und   1 ). 

▼ukumen  98. 

vukus  157. 

vutu  181. 

zere  207.  208. 

4.   Oskisch. 

aamanaffed  177.  1).  187. 
actud  176.  1). 
aikdafed  187. 
Akndunniad  206.    1). 
amprufid  219  in. 
angetuzet  169.   1). 
auti   106. 
bratom  242. 
cadeis  242. 
castridy  castrons,  castmo 

124.   130.  1). 
censaum  149  Inf.  194.1). 

197. 
censazet  166.  169.  210. 
censtomen  98. 
comparascuster    178.  2). 
dadfkatted  159.  1). 
deivaid  122.  161.  152. 
deivaist   166.  169.    178. 
dicans  116. 
didest  109.    L69. 
Diumpais  119  in. 
eestfnt  168  in. 


Wortregister. 


57S 


ehtrad   155.    1). 
eCtiuva-m ,   -d(alt),     ei- 

tua-m,    -8  (spät)   116. 

119.   188.  2). 
es^f,  esuf  184  in. 
ezum  241.   242. 
faamat  155.  241. 
factud   176.    1). 
famelo  241. 
fefac-  241. 
fefacid  242  in. 
fefacust  166. 
fructa-tiuf  133. 
fufans    134.     148.     146. 

241. 
fuid   122. 
fust   169.    174. 
(Taaviis   IftO.    1). 
Gava,  Gaha  150  und  1). 
bafiert  161.  169.  170.  1). 
herest   161.   169.    178. 
herijad   114.  116.   161. 
herrfna   153. 
i'drk  214. 
izik  214. 
Jiivija    114  in. 
kerrijüfs,   kerrijüf  u.  s.  w. 

113.    114. 
KnicfiriK;   114  in. 
lamatir   170.   3). 
Xi^ny.ay.fLi    118.    119. 
louf(rud)   126.   128. 
Lumpheis   119  in. 
lüvfreffl   126.   128. 
Luvkis   133. 
manim   124. 
Maras  150.   1). 


i  Meelfkijefs   114  in. 

meflaf  118. 

mefio  241. 

Mefftaijais  114. 

moltRum  149  Inf.  194.  1). 
197. 

miifnfkti  120. 

Niumsiefs,  Niomeriis  119 
in.   169.  1). 

Nüvkrindm  133. 

Nüvlanus  133. 

pan  106. 

patensfns  118.  119. 

pertemest  169. 
I  pieisum  266  in. 
Ipon   106. 

j  prufa-tted,-tten824 0.242. 
i  pniftu  set  170. 

puf  8.  puv. 

püiju  114. 

Pdmpaijan-a,  -eis  n.  s.  w. 
114. 

piis- 214.215 und  1).217. 

piitf-ad, -  ans  115.  162  in. 

pur,  puf  133. 

Ravia,  Raia  u.  s.  w.  150 
und  1). 

saahtiim   165.  1). 

8akahfterl60ff.  155.166. 
176.  1). 

sakarater  168  in.  155. 

siom  (c=  se)  119.  120. 

Siuttiis  119. 

8ta{et,8taft  161.162. 156. 
176.  1). 

snvefs  183.  3). 

tadait  241.  242. 


Tijatium,  Tiati   114. 

tiurrf  119. 

trfbarakattuset  169.   1). 

trfbarakavum  149  ff.  156. 
177.  1).   194.  1).  197. 

trfbarakkiuf  188. 

ühtavis  156.   1). 

üft-tiuf,    tiüm    120.   183. 

lipsannam  107  sub  f. 
IVerejaf  114. 
\  vincter  176.   1). 
iVrrrijis,  Vfrriis  114. 

5.  Yolskisch. 

bi-m   124. 
:  si.stiatiens   119.    188.  2). 

6.  Sabellisch. 

fasena  223.  224. 

irpus  140. 

nero  423. 

scensas  (scesnas?)  226. 

7.  Oampanisch. 

accusiavant  188.  2). 


8.   Faliskisch. 

loferta  126  in  f. 


9.  Marsisch. 

Malovendus  459. 


D.    Lettisch -slawische  sprachen. 


1.  Altpreufsisch. 

brunyos  4. 
dragios  4. 
inxcze    12. 
knaistis   1. 
konagifl  1  in  f. 
crausiofl  4. 

kurwis  (acc.  kurwa-n) 
lyso   15   in   f. 
poquoitisnan  462. 
poquoititon  462. 
poquoitiuns   462. 
quait-an(-in)  462. 


qu&its  (bis)  462. 
quoi  462. 
quoitfi  462. 
quoitämai  462. 
tnsnan  7  in. 
tussise  7  in. 
ushta  13.  18). 
wamis  1  in  f. 
1.    welgen  869. 

2.  Litauisch. 

i  akniü'  390. 
iäntis  423. 


anträs  104. 

aszarüti  (äszarav-au)  208. 

aviü,  ave'jau,  ave'ti  286. 

bältas  208. 

balta-skaistis  9.  9). 

bältfiju ,     bkltavau ,    bkl- 

tuti  -.^08.  286. 
:  br^udau  84. 

dalyjü  481. 

dans  431. 
;  de'ti  77. 
.  dovank  208  in. 
'  dr§8Ü  121. 
I  drumstas  4.  4). 


574 


Wortregister. 


drhmsti   4.  4). 

du  ti,  daviaü  77.  208  in. 

galiti  419  in.  ^ 

galvä,  gaMjis  288*). 

gkrsas  896. 

geriü,  g^rti  247.  248. 

gile    246. 

g^as  76. 

|kirmiju  96. 

inkstas,  inkstis  12. 

iszczo-s  (pl.  f.)   12. 

iiaB  11.  11).  367.  8). 

käras  484. 

keliäati  (keUaTaü)  208. 

k^ies  208. 

ketvirtas  9  in  f. 

k^rmis   96. 

kirmyti  (wurmig  werden) 

96. 
kirmyti  (schlafen)  96. 
klaust  890. 
krausze  4. 
küningas  1  in  f. 
kvSsl^s  462. 
kvöczü,  kvesti  462. 
kvet  462. 
laiikas  869. 
lekü  75. 
lyse  16  in. 
mezü  84. 
nägas  421  in  f. 
nfeszti  418. 
penas   249  in. 
platü  121. 
ploju,  ploti  866.  1). 
plonas  867.   1). 
plonis  867.   1). 
pre -sztar-auju ,  -  avau, 

-auti  285  sub  f. 
saldü  121. 
se'mens  77. 
se  ti  77. 

skaidrüs  9  in.  82. 
skaistas  9  in. 
sked  8  in  f. 
skystas  9  in. 
spiäuju,  spiöviau,  spiäuti 

285. 
sraviü,  srave'jau,  srave  ti 

286.   286. 
stöviu,  stove  jau,  stove'ti 

202.  285. 
sudrumstas  4  sub  f. 
sndrnmstimas  4  sub  f. 
ezeszes  18.  i 

sz^sztas  18. 


I  szeszuras  13.  890. 
:  szl&'ju,    szlaviaü,    szlu'ti 
285. 

)/tasz  18. 

tenkü  80. 

t^kas  7.  7). 

uszes  13. 

vanden  18. 

vand&'  247  sub  f. 

vejas  77. 

vMkti  15. 

vilgau,  vilgiti  369.  471. 

v\lkas   14. 

yyniöti    16  in. 

vystau,    yysczau   15.   16. 

vystyklas  15  sub  f. 

v^ti  16  in. 

zadas  430. 

iadü  430  in. 

zSmä  76. 


3.  Lettisch. 


met  6.  6). 
metas  6.   6). 
minfnu  84. 
pläns  367   in. 
skaidrs  9  in. 


4.  Ältbalgarisoh. 

bij^,  bijeSi  288. 
blazenyji  285. 
bolj§,  bol^ti  286. 
cistü  9  in. 
clovecisku  282. 
dati  77. 
davati  208  in. 
deti   77. 
dobljiji  285. 
doilica  251. 
drfchlu,  dr§selü  4. 
drostija  (n.  pl.)  4. 
drozdij§  4. 
driiz^  415  in. 
^dro  5.  6. 
edü  5.   6. 

pn^St§,  gnetiti  2  in. 
chroraii  276  in. 
igo  7. 
im§  422. 
inu   104. 

isto  (ist-es-e)  12. 
|/jad  (essen)  5. 
jadnlo  463     in  f. 


jadrina  463    in  f. 

jadro  5.  463  in  f. 

jadii  5.  468  in  f. 

kamy  390. 

kresiti  78. 

kropiti,    kroplj§,    kropisi 

288. 
lecha  16  in. 
lice  76. 
m§  120  in. 
milovati  203. 
mlesti,  mluz§  78. 
naglö  428. 
nesti  418  sub  f. 
nuta  8  in. 
po-tuchn§ti   7.  7). 
predami  ji  285. 
rogozü   -82  in  f. 
8§  120  in. 
sejati  77. 
semf  77. 
sluchn  890. 
staviti  203  in. 
svekry  390. 
SY^tü  405. 
t§  120  in. 
tichu  7. 
vejati  77. 
verovati  203. 
vojevati  203. 
vlaga  369.  471. 
vla£§  369. 
vlukü  14.  284*). 
vragü  4. 
vraida  4. 
vüpiti,    vupij§    u.   8.   w. 

288  ff. 
yuzupijeti  285. 
zima  76. 
zimovati  203. 
zel§di  246. 
zivu  76. 


5.  Neabulgariscli. 

pure  282  sub  f. 


6.   Russisch. 

jadro   119. 
juznik,  uznik  119. 
klinka  119. 
snti  88. 
sni  236. 


Wortregister. 


575 


uznavati  203. 

uznik  s.  juznik. 

vjedma  119. 

voplju,  vopisi  u.  8.  w.  288. 

voskresnuti  78. 


7.   Serbisch. 

prc  282  sub  f. 
prciti  se  282  sab  f. 


8.   Polnisch. 


dobrze  229  in. 
gnida  2. 
j^dra   119. 
kluka  119. 
wiedma  119. 


9.  Böhmisch. 

lice  82. 
o-bida  (alt)  82. 


pyr   124.  3). 

vläha  471. 

zelva  (altb.)  244  tn. 


10.   Polabisch. 

gnaidai  (plur.)  2. 

nota  2.  2.) 

notar  2.  2). 

noto  2.  2). 

nungtar,  nuntSr  2.  2). 

nuntung  2.  2). 


E.    Keltische  sprachen. 


1.   Altkeltisch. 

jag-  368.  3). 
lam  366.    1). 
Ifa  366.   1). 
Volcae   369.  6). 
Volcatius  369.   6). 


2.  Irisch.   Gaelisch. 

accus,  ociis415.  421.428. 
adgaur  430. 
aig  (alt)  367.  3). 
ainfa  (alt)   190.  1). 
ainm   (nom.    pl.    anman) 

422. 
airecar,  arecar  413  in. 
anac(perf.)  409. 411.412. 
ancas  415. 
arachrinim  434  in. 
arecar  s.  airecar. 
arinchrinat  434  in. 
bieg,  blegar  253  in. 
blicht  253  in. 
bodar    (acc.    pl.    bodra) 

430.  431. 
bo-mlacht  262  in  f. 
brathair  245*). 
brith  431   in. 
brüad  (gen.  dual.)  480. 
bualaim   432. 
buith   191.  1). 
caemais  417. 
cailech   246   in. 
cais  425   in. 
callehc  (sie)  246  in. 
cara  429. 

carub  u. s.w.  (alt)  190. 1). 
cecbaing  432  in  f. 


c^t  4-20. 

cethir  m.n.,  cethe-oir,  ora 

f.   7.  8. 
ciad-  368.  5). 
ciad-cholnm  368.  5). 
ciu  424. 
cnäm   368.  4). 
coimnuc-uir,coimnac-mar, 

-aid,  -tar  416.  418. 
com  416. 
comalnad  416. 
commescatar  426. 
comocns  415.  419.  428. 
co'moicse  428. 
con-,  com-  417. 
conascrad  (mittel.)  488. 
coniccim,    conicc,    conic, 

conecat  416  ff. 
cosc^ra  488. 
coscrad  483. 
coscram  433. 
creitfet  (alt)   190.   1). 
crinim  434  in. 
cumachte  418. 
cumaing,    cumcam,  cum- 

cat  416  ff. 
cumang,    cnmacc  (poten- 

tia)  418. 
cumang,  cumac  (angastus) 

418. 
cumgai,  cnmcai  418. 
daif  251  in. 
daUn  481. 
dedel  251. 

del  (alt),  deal  (neu)  251. 
delech  251. 

deoch  (gen.  dige)  251. 
derc  425. 
dercaid  425. 


det  420. 

dibhe,  dibh  (gaelisch)  251. 

dinestar  (alt)  251. 

dinu  (dat.  dfnit)   251. 

dith  (alt)  261. 

doaith  418. 

docer  433. 

dochumact  418< 

dofuibnim  417  in. 

do-o  roalgg  252.  258. 

dorochair  433  in  f. 

dorocbratar  438  in  f. 

doseich  430. 

^cen  419.   420. 
Gemacht  418. 

er  s.  ir. 
erchrae  484. 
etersc^rtar  (mittel.)  433. 
faillsem  428.    2). 
fer  (alt),  fear  (neu)  427. 
ffrianugnd  416 
fliuch-  869.  6).. 
fliuchdercc  369     6). 
fliachidi  869.  6'). 
fo-dail,   -dil   431. 
fo-däli,  -dalet,  -dlat  481. 
foilse,  foillse  428.   2). 
foilsigud  428.   2). 
foillseach  428  sub  f. 
folcaim  869.    6). 
follus  428.  2). 
fonenaig  390. 
forcomnacair  418  in. 
gaimigfer  (alt)  190.  1). 
gall  246  in. 
gelid  (alt)  247. 
guidid  480. 
guidme  480. 
hfaim  8. 


544  Hilfelin 


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Wortregister. 


677 


F.    Arische  sprachen. 


1.   Sanskrit. 


akta  410. 

aksh  411. 

aksham  199.   1). 

akshi   141.   1). 

anhas  428. 

ak  412.  415. 

ag,    ana^mi  407  ff.   413. 

agirani   148. 

ank   407  ff.   416. 

arig  407  ff.   413. 

an^anti   407. 

an^asS  413. 

ati-giva   135.    1). 

ati-dar9in   135.   1). 

atharvan  386. 

admara  367.  2). 

admi  367.  2). 

anika  275  in. 

antaras   1 04. 

anjas    104. 

apas   403. 

apänk  415. 

abhi-bhü-van,  -vari  136. 

abhra  422*). 

ambhas  422*). 

ari-gürta   135.   1). 

ari-dhäjas  136.   1). 

ari-stuta   135.   1). 

ark,  arkas  413.  425. 

arg  (ftich  strecken)    411. 

arg  (herbeischaffen)  411. 

ard  411   sub  f. 

ardh  411   sab  f. 

ars  423  in  f. 

alpa9ä8  365  sub  f. 

ava  155.  2). 

ava-vi  355. 

a9  391   sub  f. 

a9-nSti,  -nöti  407. 

a9man  390. 

a9va8  405. 

a9vä-vant   136.   1). 

ä9,  a9  406  ff. 

ä9a  391.  413  sub  f. 

as  (werfen)  472. 

asura  386  in  f. 

asti  391. 

asmi  408  in  f. 

asjfis  u.  8.  w.  26*).  27. 

Stis  423. 

änak§a  411. 


SnanKa  412. 

änangä,  ana^os  409.  410. 

Sna(  a.  8.  w.   409  in  f. 

Snar^a  411. 

änarda  411. 

änardha  411. 

äna9us  408  ff. 

änä9a  408  ff.  420. 

Sp   410. 

Spipam  410. 

S9a  408  ff. 

a9u   121. 

äsa  408  in  f. 

Ssavä  473. 

äsavitär  473. 

Ssati  473. 

id,  idS  5.  463.    464. 

idaspati  464. 

indu  5  in.  463  f. 

indra  5  in.  463  f. 

ik§  141.    1). 

i9-vara-8  137. 

uK  (=  vaK)  18. 

udanK  415. 

udan,  udakam  247. 

upanam  406  in  f. 

upa-vi  365. 

ubh^u  89. 

urnjs  (ved.)  240  in. 

ulüka  476  sab  f. 

üdhar  127.   1). 

übadhja  87  sab  f. 

ür^as-vala  138  in. 

Gr^a,  ür^iumi,  ürnömi  1 8. 

844  in  f. 
üvadhja  87  sab  f. 
ävns  87  sub  f. 
rK  425. 
fyadmi  411. 
rpadhmi  411. 
rn^at^  411. 
ftSL   186. 

rta-van,  -vari  136. 
rtvi^  386. 

fna-,  fnä-^van  136.  1). 
fSabhas  423  in  f. 
Skatamäs  864. 
gkataris  364. 
eka9ä8  365  in  f. 
Sti  391. 
katvara,  katara,  kädvara, 

kadara   207.   232.  1). 
kati  10. 
katitha  (ved.)  9.   10). 


kadara,    kadvara   8.  ka(- 

vara. 
kar  (ausgiefsen)   u.  s.  w. 

260. 
karömi  389  in  f. 
kama  S90   in. 
kart  260. 
karvaram  137. 
kav  (ka)  k^ami  344. 
kSraa-müta  141.   1). 
ki,  ki  278. 
kuratas  389.  390. 
kavalajä-vall   138. 
küpSra  87. 
kübara,  knbari  87. 
küvara  87. 
küvSra  87. 
krSi   187  in  f. 
kr§i-vala-s   137  in  f. 
kfmis  96. 
keta  (ved.)  462. 
ketajati  462. 
kö§a  238. 
krama9d8  365. 
klaro  96. 
kva  278. 
ksar  252. 

ksav  (ksu)  k^äumi  344. 
k§ip,äk85ip8am346.  347. 
k§a  (speise)  252  in. 
k§ud,   äk§äotsam ,    akSa- 

dam  346.   847. 
ksiiav    (  k^nn)  ,    k^Q^nmi 

844. 
khav  845  in. 
khSundti  345  in. 
khid,  dkhSitsam  346. 
Kana  278. 
gaQa9ä8  3ß5. 
gata  394. 
gadati  896.  430. 
gadas  430. 
gar,  gal  (schlingen)  248. 

250. 
gara  248  in  f. 
gar^ati  395. 
garhatS  896  in  f. 
gal  (träafeln)  248  in  f. 
gala  248  in  f. 
galanam  247  in. 
gavalas  201.  2). 
gavlni  201.  2). 
gSna  896. 
gäpajati  396.    . 

37 


C^ati  306. 

UDOt«  304. 

dhini  210. 

RSvl  837  ff. 

lanöti  394. 

nak  860. 

Kinn  337  ff. 

Ur  (reiben)   808. 

nahi  416  in. 

fiir-,  giUti  247  in. 

(arati,  Ultra  100 

nakSja  41«  in. 

Rup,  igSap«m,  iKOpiwm 

laniva  808. 

n»ti  (ved.  nor.  P  418  int 

(ve,t.    .uch    ^gDptm) 

fivara   144Bnbf. 

na4-Tala   ISS  in. 

84G.    847.  ■■ 

tlju  ..  atiju. 

nu>d  91. 

Buru   lai. 

lirira«  808. 

nabhai  48«*). 

KüvJka,  gaTEkB  87. 

tirija  208. 

naj,  Dt  848.  846. 

crväii  896. 

tila  808. 

ndjämi  348. 

Söpi  238  in  f. 

tilja   808. 

nar  483. 

KÖpatBliki  -238  in  f. 

tislhlmi    109.    1), 

nav  (nu)  niumi   844. 

Bimbh   78. 

li»ra»  7.  8). 

navijia,naTJia,nnvj.278. 

Khari  229. 

llra  252. 

286. 

ehas  iBl.  852. 

tu,  tiunii,  t&vimi 

844. 

nni;391  inbf.  418lnbf. 

Eakis  424. 

nibbi,  nibhiU  408.  4«. 

lUkS  424. 

turv  808. 

näman  433  in  f. 

lUksua  424.  436. 

tuB  7  in. 

rBjdjSmi  34S  in. 

^Unm  7,  8). 

lüpara  87. 

nSaa   181.  128.    289. 

JtutUT  829   in. 

tatrar«,  tuvar«  87 

Utattba  (ved.)  9.   10). 

tüvaraka  87. 

34S.  347. 

EitiiükBri^a  829. 

tüiijim  7   in. 

ninija,  nindj.  346. 

Katuspadi  229. 

(r*n  402. 

ni-vid  386. 

Sit  188.   1).  223. 

(vam   188  in. 

nift  nifB,   ni^tha,   nifiti 

taratlia  128.  1). 

tvaji,   (vBm   183. 

860  in  f. 

tariät,"    l-iS.   I). 

datta  819.8). 

nIK  843. 

kari    188.    1). 

dadbgn.i  241. 

niT  140  in  f.   141.   1). 

)tiUn£   108. 

dadhi  248  sab  f. 

250. 

tSnn   128.  1). 

darjata   1.54. 

nima  289. 

Itit,    E£Ut>,  Itlhetli    468. 

dltavjai  836.    1). 

pabKatha  (ved.)  9.  10). 

thid,  äKhiilaam,  ätthidam 

därviji  240   in. 

pairii     36.    ), 

346.  847. 

dSviiii  -J03  m. 

pat-ran,  -vail  186  in. 

thup,  ilthaDpeam  346. 

dirgha  (comp,  drighlji.) 

pada^b  866. 

EhjanlL  866. 

852. 

pajaa  349. 

ii.  iä  894. 

dudriva,  dndriva 

845. 

par,a  186.  1). 

dnb,  dQhanti,  döbsle  86. 

piirratM  471. 

^Bkä  (lachfn)  424. 

dnbitar  26*. 

parrallja  471. 

iagSda  4S0. 

dr?,  drte  426. 

PE,  pi  850.  Sftl. 

f^sgima  391. 

de«  886  in  f. 

pada^  305. 

^grabha  88. 

djav  (djn)  djinm 

344. 

pSna  348.    S*9. 

ganiman  402.  . 

djnvan    137. 

pika  239. 

^apati   396. 

dramati   394   in. 

pitBT  372  enb  f. 

gabhära  (ved.)  896   in. 

drav,  dru  345. 

pipjins   249. 

^arad  430. 

dvit^a  366  in  (. 

pipjuSi  349. 

^la  243.   846  ff. 

dvis  128. 

pi  (pi,  pll,  pja)  24». 

dhar  252.  843  in 

f. 

pitha  248. 

^alpati   396    snb  f. 

dhs  (Baugan)  260 

pijüSa,  p«jäi*  24».  260. 

^inlnii  394. 

dhSinan  841. 

plväs  -260  in. 

^uB  gns«t6  ^sati  86  in  f. 

dbi.     dbinöti     (sl 

tigen) 

pi-van,  vaii  18«.  360  in. 

^r.  208. 

850.   351. 

pi-Tara   187. 

^nl  394. 

dhita  252. 

piMB  250  in. 

^aUni-s   108. 

dhfl   125. 

purn   121. 

(akvan   198.   2), 

^amaa   127.    1). 

pnäkarä-vati  188.   1), 

tat»  394. 

dhürv  202. 

prthu  121. 

tatLtha  10  in  f. 

dhrlä  343  in  f. 

pramantha  374. 

tanu   121.  394. 

dhrti  241    in. 

pravant  186.