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P/iilol >5
HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
?h\h\ JS-
^.ZEITSCHRIFT
FÜR
VERGLEICHENDE SPRACHFORSCHUNG//
AUF DBH GEBIETE
DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND LATEINISCHEN
HERAUSGEGEBEN
Dr. ADAX.8B&T SVBV,
PROnWSOR AM CÖLNISCHEH OTMHASIUlll 19 BBBUN.
FÜNFTER BAND.
Q BERLIN.
PEKD. dümmler's teblaosbochhakdlüng.
1856.
Verzeichnifs der bisherigen mitarbeiter.
Director Ahrens in HannoTer.
Dr. Th. Aufrecht, jetzt in Oxford.
Prof. Ag. Benary in Berlin.
Prof. Th. Benfey in Göttingen.
Prof. F. Bopp in Berlin.
Sophus Bugge in Christiania.
Dr. Corssen in Pforte.
Prof. G. Curtius in Kiel.
Direetcn* Prof. Dr. A. Dietrich in Birschberg.
Dr. Lorenz Diefenbach in Frankfurt a. M.
Dr. E bei in Filehne.
Dr. Forste mann in Wernigerode.
Hofirath J. Grimm in Berlin.
J. Yirgil Grohmann in Prag.
Dr. M. Haug Privatdocent in Bonn.
Hoirath Holtzmann in Heidelberg.
Prof. Jülg in Krakau.
Prof. Dr. Kirch hoff in Berlin.
Dr. K. V. Knoblauch in Tübingen.
Prof. A. Kuhn in Berlin.
Prof. H. Leo in Halle.
C. Lottner in Potsdam.
Dr. W. Mannhardt in Berlin.
Prof. Mafsmann in Berlin.
Dr. Leo Meyer in Göttingeo.
ir VeneidiiiifB der büberigm mitacbeiter.
Prof. Max Müller in Oxford
Dr. Friedr. Pfeiffer in Breslau.
Prof. A. Pictet in Genf.
Prof. A. P. Pott in Halle.
Dr. E. Eosseiet in Berlin.
Prof. E. Eoth in Tübingen.
Pro£ A. Schleicher in Prag.
^ Prof. Schmidt-Göbel in Lemberg.
Prof. H. Schweizer in Zürich.
Prof. Spiegel in Erlangen.
Dr. H. Steinthal in Berlin.
Dr. Strehlke in Danzig.
Prof. A. Weber in Berlin.
Pro£ Weinhold in Grätz.
Dr. Westphal in Tübingen.
Fr. Woeste in Iserlohn.
Prof. Zyro in Bern.
?Q^ /r
Inhalt
8«it«
OskiBchei, yon Sophas Bngge 1
Ueber deatsche Bchattining romanischer worte, von Max Malier 11
Etymologische forschnngen über die Slteste arzneikmist bei denln-
dogennancD, von Adolphe Plctet 24
Ueber tdoftm und mederi, von A. Kuhn &0
Gothisch und althochdeutsch, von H. Ebel 52
Althochdeutsch und gothisch, yon SophusBugge 59
Zur griechischen lautlehre, von H. Ebel 61
G. Ascoli, studj orientali e linguistici 1. 1, angezeigt von H. Ebel 68
Griechisches {iroq^ {, Kttot)^ yon H. Ebel 69
yacca, yon A. Kuhn 7t
Zur erwiederung, yon Hewitt Key 72
Oskische beitrage, yon W. Corssen 81
anhns, yon Th. Aufrecht 135
hadere, yon dems 137
haruspex, yon dems. 139
Ist Belierophon VftrahanI yon Max Müller 140
Der name der Goten, yon C. Lottner 153
graf, yon Leo Meyer 155
Ueber eine gothische mundart, yon Dr. W. Mannhardt . . . .166
Zur lateinischen lautlehre, yon H. Ebel 181
Etymologieen {iaXX^; aXto; S^«, yfyvofiot^ fiivofuu; tiq^ us, ur, ar,
er, ir; Sif, Hephaistos; pius, priya, von A. Kuhn .... 193
Der name 7aovfc, Yayana, von A.Weber 221
Grandgagnage, memoire sur les anciens noms de lieux dans laBel-
gique, angez. von Lorenz Diefenbach 223
Th. Pj], mythologische beitrage, angez. von W. Mannhardt . . 226
aigi, airin, von J. Virgil Grohmann 231
bhf, forare, poran; vadh, von Spiegel 231
kru; mas; pus^ svasr, von A. Weber 232
VI Inhalt
Gothisches (ga|'; hiri), von H. Ebel 235
OxytonirQng im lateinischen, von dema 238
Lateiniachea (yitricna, privignna; aino; aimitur), von dema. . . . 238
dhvan; feati; tiytla&au^ von C. Lottner 240
bettriae, bettlägerig, von W. Jtfannhardt 240
Etymologische spahne, von Pott 241
Gothische Studien. Daa gothische paaaivnm; die abstractauffixe -ni
und -ani; die starke adjectivflexion ; die beiden comparativfor-
men, von H. Ebel 300
Ueber den aocent im lateinischen, von i^.Benarj 312
va^ti, vitis; bnuda, von Spiegel 320
Die alten krankheitsnamen bei den Indogermanen, von A. Pictet . 321
Gothische Stadien; gamaini, gamana; anffix -as; skevjan; daa nor-
dische adjectivum, von H. Ebel 354
^TKiof, von Aufrecht 359
av&ffttnoq^ von dems 365
Die einsilbigen nomina im griechischen und lateinischen, von Leo
Meyer 366
2acher, das gothische aiphabet u. s. w., angez. von A. Kuhn . . 389
Lateinisches: auriga, ruo, veru, vagus, von H. Ebel 391
^peregh, aphnrj, asparagus, von Spiegel 393
Ildgiq^ pere, von dems 394
Griechische ableitungen vom stamme des relativums, von Lottner 395
dq und verwandte pronominalbildungen, von dems 396
demum, denique, donec; barba, von dems 397
ftavS; fiowra^ von dems 398
gibanj fath, fad; skal, hal; laian; veita, von dems 399
Eine germanische desiderativform, von dems 400
auhns, a^mantam, kamna, von Schleicher 400
peritns, ambitus, von A. Kuhn 400
Altitalisches: zur umbrischen conjugation; HER; ES und FU; die
enditica -pid, pei^ qae; pert und per; suffix -ion und -tion;
fragen und bedenken, von H. Ebel 401
denken und sprechen, von H. Leo 423
Bericht über die neuen erscheinungen auf dem gebiete der Zeit-
schrift, von A. Kuhn und Ebel 431
De vocalium quibusdam in lingua latina affectionibus, programm
des dir. prof. dr. A. Dietrich, angez. von Corssen .... 442
vulfas, vigas, von Grohmann 454
I. Abhandlungen.
Oskisches.
Der cippus Abellaniis.
Z. 1. Maiioi Vestirikiloi Mai« Denselben na-
men haben wir wahrscheinlich auf der abellanischen inschrift
bei Momms. taf. Vlll n. 17, wo ich statt Vesi Vest(iri-
kiis) vennuthe.
5. deketasioi. Gegen die gewöhnliche ableitong von
einem dem lat. dictare entsprechenden verbnm mufs ich
bedenken äoisem; zumal des ersten e wegen, denn lat. die
lautet ja im osk^ dik; auch das zweite e ist bei dieser er-
klärung sonderbar, man sollte eher dihtasioi erwarten. Si-
cheren aufschlufs weifs ich jedoch nicht zu geben.
12. slaagid abl. von slaagi f. =: finis, s. umbr.
sprd. n, 326. Ich identificire das wort mit skr. r&ji-s f.
(linea, series); das osk. hat das anlautende s, welches im
skr. verloren ging, bewahrt; die wurzel ist, wie ich glaube,
skr. srj, wovon Kuhn in dieser zeitschr. lY, 25 f.
13. op (3: apud, cstr. m. abl.) == umbr. up, op, lat.
ob. Unrichtig, wie ich glaube, vergleicht man gewöhnlich
8kr. abhi oder upa. Dem skr. abhi entspricht osk. amfr-,
umbr. ampr-, ambr-, amb-, lat amb-; aufserdem ist der
Übergang von f (bh) in p im osk. (Ip, hipid) und umbr.
(ampr) sehr beschränkt. Auch upa lä&t sich nicht verglei-
chen, dem entspricht lat. umbr. sub (wo jedoch das s dun-
V. 1. 1
Bugge
kel ist), und osk. o ist nie aus ursprünglichem u entstan-
den. Dagegen ist, wie Schweizer in dieser zeitschr. III, 393
andeutete, op, lat ob = skr. api, griech. äni^ was laut-
lich unbedenklich ist und auch in betreff der bedeutung
— so weit man sehen kann — gut pafst.
13. eisod — illo. Die von A. K. umbr. sprd. II, 274
angenommene gegenseitige ergänzung der umbr. pronomi-
nalstämme I und ERO findet ihre bestätigung durch das
gleiche verhältnifs der entsprechenden t und EISO. Man
vergleiche :
I
EISO
m.
f.
D.
in.
f.
11.
11. s. wk (isidom)
iok
idik
g-
eiseiB
eiseis
d.
a. tone
idik
ab.
eisod, eizuc
eisak
eisod, eizuc
1.
eisei, ei^c
eisai
eisei, eizetc
n. p. (iussu) gewifs
iosk
ioc
g-
eiza^unc
d. ab.
ei:iois
eif^aisc
eizois
a. iu$c TB. 20
ioc.
Dagegen steht hier das altlateinische dem osk. und
umbr. entgegen, denn Festus hat die Glosse nee erim ==
nee eum, und der stamm i, erweitert eo, bildet alle casus.
— Nur als unsichere vermuthung darf ich aussprechen, dafs
EKO und EKSO sich unter einander wie I und EISO
verhalten.
EKO EKSO
»n- f' n. m. f. n.
u. s. ekik Momms. taf.
Vinn.5?
g-
d.
a.
ab.
1.
ekak
ekik?
eksok
exeic
eksuk
exeic
oskiBches. 3
m. f. n. m. f. n.
D. p. ekask
g-
d. ab.
a. ekass.
Gegen diese vermuthung streitet die deutung Momrn*
sens von ekhad Momms. taf. X n. 26 als abl. sg. fem. =
hic; die inschrift ist aber so verstümmelt, dafs sich nichts
sicher behaupten läfst.
15. mo[inikad] = communi. Vergl. municas pro
communicas dicebant. Fest
16. tanginod. Schon längst ist die bedeutung sen-
tentia richtig gefunden und altlat. tongere, got. ]>agkjan
verglichen; bisher aber hat man meiner meinung nach in
betreff der biegung des wortstammes und, des suf&zes ge-
irrt. Mit gutem gründe findet Mommsen das suffix ino f.
auffallend; aufschlufs gewinnt man weder durch seine her-
beiziehong von lat. suff. nus n. , noch weniger durch die
bemerkungen Bergks in zeitschr. f. d. altw. 1851. s. 22. Von
dem Worte sind gen. sing, tangineis^ abl. tanginod, tangi^
nudj acc. tanginom bewahrt: tangineU kann von einem
i- oder o- oder consonantischen stamme gebildet sein;
tanginod, tanginud schliefst einen i- stamm aus, läfst aber
noch unentschieden, ob das wort nach der o- oder der con-
sonantischen declination flectirt wird (vergl. ligud von lig^
dem in der nationalen schrift ligod entsprechen würde).
Acc. tangmam^ wird man sagen, zeigt, dafs das wort der
o-declination gehört. Dem ist aber nicht so. Mommsen
gibt nur ein beispiel eines acc. sg. m. oder £ bei consonan-
tischen Stämmen, nämUch medicm, und dies ist, wie ich
glaube, falsch als acc. sg. m. von meddic gedeutet; s. zur
bantinischen tafel. Wir sind also fbr die bestimmung der
endung des acc. sg. m. und f. bei consonantischen stammen
auf die verwandten sprachen hingewiesen. Im umbr. bil-
det uhtur acc. sg. uhturu, cumac acc. sg. cumaco; nach
dieser analogie dürfen wir im oskischen die eudung -om,
nicht -im, vermutheu, und so können tangineis, tanginod,
tanginom wol einem consonantischen stamme gehören. —
1*
4 • Bugge
Aber auch ein soffix -in f. findet in den verwandten spra-
chen keine bestätigung. Dagegen werden im lat. abstracta
durch das 8u£P. iön f., wie durch tiön, gebildet; und im
umbr. lassen die weiblichen stamme mit den sufBxen tioii
oder ion das o in der flezion schwinden, z. b. natine =
natione. Ich erkläre daher iangineis, tanginod, tanginom
als gen. abl. accus, sing, von einem weiblichen stamme
tangiön, von tangi = got. ]>agkjan, lat tong^e (vergL
des vocals wegen lat. longus = got. faggs) durch das suff.
iön gebildet. Wesentlich gleich ist also tongitio bei
Fest. p. 356 ed. Müll, tangere Aelius Sti "lo ait noscere
esse, quod Praenestini ^on^i -tionem dicant pro no-ho-
netn ).
21. fruktatiuf. Warum nicht fruhtatiuf, wie ehtrad,
geschrieben ist, vermag ich nicht zu sagen ; die umbr. sprd.
II, 406 für umbr. fiktu, ninctu gegebene erklarung findet
hier keine anwendung. Willkür darf ich nicht annehmen;
eher könnte man bei actudj factud TB. au eine weniger
genaue bezeichnung des lautes denken.
31. feihoss. Die neueste erklarung Mommsens: po-
stis und die vergleichung des lat. flgo, scheint kaum rich-
tig, da ßgo, wie ich glaube, dem griech. afpiyyta entspricht,
das g desselben also wahrscheinlich nicht aus h entstan-
den ist. Um auch eine vermuthung zu wagen, so ist
fei ho vielleicht = griech. rof;^o, da dies wahrscheinlich
statt Tfolxog steht, mit yreixog aus einer mit Tax {^^X'^*i)y
Tvx, skr. tax, tvax zusammengehörenden wurzel rjrix (vgl-
Benfey gr. wurzellex. 11, 249); man vergleiche lat. fores
— skr. dv&ra, ficus — griech. avxov»
34. postin (propter) = umbr. pustin, pusti, posti
(pro), s. umbr. sprd. EL, 325 f. Wenn Curtius (in dieser
zeitschr. I, 263) bemerkt, dafs man zweifek könnte, ob
•) Nun kann ich, auf das osk. tanginom gestutzt, auch nicht glauben,
dafs m des accusativs in der consonantiscben declination aus dem sprachbe-
wufstscin des nmbrischen volkes gänzlich verschwunden war; was ich zu den
umbr. sprd. I, 127. 11, 40 bemerke. — Die behandlung der Festus-stelle von
Fleckeisen (altlat dichterfragm. s. 41 f.) ist mir noch unbekannt.
oskisches. ^
nicht Aufrecht (umbr. sprd. I, 155) das umbr. pnstin mit
unrecht in pust und in zerlegt, so ist dieser zweifei wol
gegründet. Das lat. in lautet nämlich im umbr. und osk.
en, nicht in, nur umbr. ise^etes zeigt i; auch begrifflich
scheint sich die behauptete Zusammensetzung nicht sehr zu
empfehlen. — Curtius will es lieber als locativ von posti
betrachten. Zwar zeigt nun hortin kerrfiin die locativen-
dung in, nicht in, vielleicht jedoch findet hier keine dis-
crepanz statt. Denn Lepsius gibt auf dem cipp. AbeU.
NI-T^YTT, und Mommsen hat zwischen I und T grofsen
räum und scheint zu bezeichnen, dafs hier etwas glatt ab-
gerieben ist; ich vermuthe daher, dafs auf dem steine ei-
gentlich NhT^YTT, postin stand. — Die verschiedenen be-
deutungen des osk. postin, umbr. pustin, lat. post eini-
gen sich leicht, wenn man lat. secundum, ahd. näh berück-
sichtigt; dann schliefst sich auch das lit. pas (mit acc. =
bei, zu, nach etwas hin), welches Curtius bei seite liefs,
ungezwungen an.
50. 51. patensins. Schon Mommsen war hier auf
richtigem wege, und seine deutung: aperiant, pandant dürfte
im wesentlichen haltbar sein. Wir können hier jedoch nicht
3 ps. plur. präs. conj. von einem verbum der consonanti-
schen conjugation haben; die analogie von^^ican«, lamatir
würde nothwendig patensans fordern (nur wurzel fti hat fii-
vid); nach tribarakattins, fefacid^ hipid müssen wir viel-
mehr 3 ps. pl. pf. conj. annehmen. Dem conj. tribarakat-
tins entspricht ein indic. tribarakattens, dem fefacid dn
fefaced; so dem conjunct. patensins, sg. pat^sid ein indic.
patensens; sg. patensed; denn, da im osk. nur wurzel fii,
pf. conj. durch Zusammensetzung mit prfts. conj. der wiurzel
es bildet, müssen wir mit Mommsen patensins zerlegen und
das s dem verbaktamme zutheilen. Wenn aber Mommsen
in diesem stamme eine desiderativ - oder inchoativform, ähn-
lich den lat. auf -essere sieht, ist dies sicher unhaltbar;
die folgende erUärung scheint lautlich und begrifflich ge-
rechtfertigt. Wie pf. opsed einem stamme opsa entspringt,
so ist patensed pf. von patensa; wie opsa denominativ von
6 Bugge
ops == lat, opus, so, wie ich vermuthe, patensa von einem
subst. neutr. patens. Im unsern worte hat Mommsen rich-
tig die Wurzel pat, öffiaen, gesehen; diese ist, wie er fer-
ner bemerkt, in lat. passus, patina erhalten, nasalirt pandere,
eig. pantere (vgl. mendax, -ndus, und neuumbr. inlautendes
nd statt nt) = griech. nirvrifii, ntxdwvpa (anders Benfey),
intransitiv patdre; wie nun im lat. von pango pignus, von
facio facinus gebildet ist, im skr. von wurzel ap apnas, so
könnte im osk. ein subst. n. pat-nos, öfinung, der wurzel
pat entspringen. Eine solche form müssen wir nämlich als
die ursprüngliche vermuthen (vergl. der consonanz wegen
Perkedneis) ; dieselbe konnte sich aber nicht erhalten, denn
der vocal des sufil -os (-us), und folglich auch des -nos
fällt im osk. aus (gewifs Wirkung des accents, welcher, wie
im skr. und griech., auf der ersten sylbe lag), patnos wird
also patns; dies war aber zu hart, und daher ward ein e
zwischen t und n eingeschoben, also patens; gerade so ist
got. gutans (gegossen) aus gutns, gutnas entstanden. Der
osk. verbalstamm patensa würde hiemach im lat. patinera
lauten.
58. Es leidet keinen zweifei, dafs wir in staiet die
3 ps. pl. einer verbalform haben, deren 3 ps. sg. in stait
tab. Agn. b. 23 bewahrt ist; wenn aber alle erklärer (auch
ich selbst in dieser zeitschr. III, 423) hier conjunctivformen
sehen, ist das sehr bedenklich. — Auf der tab. Bant. lau-
tet die 3 ps. sg. präs. conj. act. vom thema deita deivaid
z. 11, von tada tadait z. 10; auch sonst vertauscht diese
tafel auslautendes d mit t, so pocapit z. 8 neben (p)o^
capid z. 30; auf den in nationaler schrift aufgezeichneten
denkmälem dagegen kommt dieser Wechsel nie vor, hier
mü&ten daher die entsprechenden formen deivaid, tadaid
sein. Vom thema sta würde demgemäfs die 3 ps. sg. präs.
conj. staid lauten, was auch mit den übrigen überliefer-
ten conjunctivformen (/Wid, fusld, hipid^ fefacid) stimmt.
Ich nehme daher jetzt grojfeen anstand, das abweichende
stait = stet durch herbeiziehung des got. bairai}> neben
bairai zu vertheidigen. — Ebenso anstöfsig ist staiet =
oskiflche». 7
Stent. — Zwar ist sonst kein beispiel einer 3 ps. pl. präs.
conj. act. von einem verbalstamme auf a vorhanden, aber
die vorkommenden conjunetivformcn prfis. deicans, pf. tri-
barakattins u. a. berechtigen uns doch, hier -ains aufzu-
stellen, zumal da das umbr. bei den verben auf a, wie bei
den übrigen, die cndung -(n)s gibt. — Es scheint hiemach
wol begründet, wenn ich die gewöhnliche erklärung ver-
lasse und mich nach einer anderen umsehe. Der umbrische
verbalstamm, welcher dem latein. stare entspricht, lautet
stahe, stahi (davon staheren = stabunt, stahituto =
stantQ, stahu = sto statt stahiu), wo ich das h als deh-
nungszeichen fasse (anders umbr. sprd. lautl. §. 16, 6, wo
ich den gegengrund nicht recht begreife); dieselbe wurzel-
erweiterung durch i (j) finden wir in den völlig entspre-
chenden lit. st6ju, lett. staju, sl. stoj§, und auch sonst bei
mehrem voqalisch auslautenden wurzeln (vgl. Benfey Gott,
gel. anz. 1832 s. 529 ff.). Umbr. stahi würde hiemach,
wie ich glaube, im osk. stai lauten müssen; wenn wir nun
diesen oskischen verbalstamm als wirklich vorhanden be-
trachten, und weiter annehmen (wogegen nichts spricht),
dafs derselbe, wie auch umbr. stahi ^ wie lat. capio con-
jugirt ward, können wir unbedenklich stait als 3pers. sg.
pras. indic. stai et als 3ps. pl. präs. ind. (vgl. set = sunt;
amfiret eig. amfriet = ambeunt) fassen*). — Wir müssen
Dun sehen, wie sich der context mit dieser durch betrach-
tung der form gewonnenen deutung der genannten Wörter
verträgt. In betreff der stelle des cippus scheint es ja
doch, als streite stai et = Stent gegen z. 15. 16, wenn
hier — wie wahrscheinlich — die lesung Kirchhoffs: pai
teremennio moinikad tanginod profato set (oder
profatoset, wie posstlst, teremnatost) = quae ter-
minalia communi sententia probata sunt richtig ist; wenn
nämlich hier schon gesagt ist, dafs die marksteine von bei-
den selten approbirt sind, welchen sinn hat es denn schliefs-
♦) Nach umbr. Hprd, formenl. §.61 wird umbr. $tahi wie lat. habere
coujugirt; nach dieser conjugation würde aber osk. stai Sps. pl. präs. ind.
stamt (vgl. eestüit) bilden.
8 ' Bngge
lieh zu sagen: da und da sollen marksteine aufgerichtet
werden? — Wenn wir aber staiet alsstant deuten, schei-
nen die letzten zeilen des cippus, wie die markscheide zwi-
schen den gebieten beider st&dte bezeichnet ist, anzugeben.
Uebrigens ist an dieser stelle noch vieles zweifelhaft; die
deutung des uruvo als curva ist gar nicht sicher; ^ollad
ist vielleicht nicht pollad, sondern soll ad zu ergänzen:
zwischen der abellanischen und der nolanischen mark läuft
auf der ganzen strecke ein weg hin. — Auf der tafel von
Agnone ist mir die letzte zeile, worin st alt vorkommt,
unklar (das tempelland ist nach den himmelsgegenden limi-
tirt? mit Knötel); stait=stat scheint sich jedoch schon
durch die congruenz der indicative sakarater und eestint
zu empfehlen.
Hiemach mufs ich meine bemerkung in dieser zeitschr.
in, 423: „in 3pers. sg. ist der unterschied zwischen vol-
leren und stumpferen endungen mehr verwischt, die regel
ist jedoch t = ursprüngl. ti, d = ursprünglich t'*, berich-
tigen. Jetzt drücke ich dies schärfer so aus: auch in 3ps.
sg. ist der unterschied zwischen volleren und stumpferen
endungen auf den in nationaler schrift abgefassenen denk-
mälern bewahrt, t = ursprüngL ti, d = ursprüngl. t; auf
der bantinischen tafel dagegen ist derselbe dadurch etwas
verwischt, dafs diese auch statt d (= urspr. t) zuweilen t
schreibt *). So
I. t: a. präs. indic. ist (plur. set) = skr. asti, griech.
iari, got. ist (i der stammsylbe durch einflufs des verloren
gegangenen 1 des personalsuffixes) ; faamat, vgl. skr. ro-
dayati, griech. rifiaei (eig. rifiaeri)^ got spill6I>; stait (pl.
staiet), vgl. skr. kupyati, griech. xaigei. (eig. ;^«g/6r0, got.
86ki>; angit? keixan? hoxaxetT? (plur. eestint), vgl. got.
habai>. b. fat indic. ungebräuchl. est, wovon fut. I dW-
est u. s. w., fat. n. fa-st (plur. ^eset), ursprüngl. asati (in
*) Auf den OBkischen denkmalem mit griechischer schrift fand wahr-
scheinlich dasselbe statt, da sie naj = pod schreiben.
oskiflchee. 9
dieser zeitschr. m, 422). — 11. d: a. präs. conj. *8id (aus
Fusid = fuerit zu schlieisen) = skr. syät, griech. cij?, got.
sijai; /iiid = sanskr. bhüyät; dewaid, tadaitj in nationaler
schrifk gewifs deivaid^ tadaid^ yergl. skr. rodayet, griech.
Ttfiaoifjj got. spillo. b. perfect indic. deded, kombened,
opsed, profatted, aamanaffed u. s. w. (plur. opsens
u. 8. w.), vgl. ntnaiS^V'XBy ns<pvXaxe, got. gaut, band, saislep,
soki-da. c. perfect. conj. fefcicid, hipid (plur. tribarakat-
tins, patensins), vgl. got. guti. d. imperat. Spers. sing, -tud
(plur. -tuns) = skr. -tat, griech. -r«.
Die tafel von Agnone.
In betreff des alters scheint Mommsen s. 26 unberech-
tigt, diese inschrül als eine jüngere zu bezeichnen; vgl.
s. 115: „die bronze von Agnone kann in die zeit nach 666
gehören, aber auch älter sein als der socialkrieg^. Nir-
gends entdecke ich spuren des Verfalls der spräche, viel-
mehr finden sich andern inschriften gegenüber ältere sprach-
formen, die man wohl nicht aus dem umstände, dafs diese
inschrift einem tiefer im binnenlande liegenden gebiete ge-
hört, noch auch aus dem sacfalen inhalte derselben erklä-
ren darf. TAgn. Ha. 12a. 14b. 15b. hat nämlich die äl-
tere form Diovei = Jovi, während die jüngere Jov- auf
einer inschrift bei Momms. t VII n. 2 und auf der pompe-
janischen inschrift in dieser zeitschr. 11, 55 vorkommt; ja
vielleicht findet sich diese jüngere form auch auf dem cipp.
Ab., im nomen Jovkiioi 4, das von Jov- wie umbr.
Kastru-^iio gebildet, scheint. Lepsius und Stier (z. f. d. altw.
1851 s. 470) lesen jedoch Jovkiioi, welche form mir un-
erklärbar ist — Ich möchte hiernach die inschrift ins sechste
Jahrhundert der Stadt setzen.
a. 2. vezkei Die erklärungen der vorigen interpre-
ten schlugen schon darum fehl, weil sie den wdHh des z
mifakannten oder nicht festhielten. Wie az und horz
lehren, vertritt dasselbe einen Zungenlaut und s. Das wort
10 Bugge
wird der consonantischen declination gehören. Ich theile
▼ ez-kei und suche in vez das lat vetus, welches, wie
ich aus ops-ä = lat. oper-ä schliefse, im osk. so lauten
müfste. In k-ei sehe ich dasselbe suffix als in lat. senex,
griech. vea| (vgl. Curtius in dieser zeitschr. IV, 215); der
ausfall des suffixvocales darf gar nicht auffallen, wenn sich
gleich kein völlig gleiches beispiel findet, denn das oski-
sche liebt überhaupt zusammenstoisen der consonanten; vgl.
noch umbr. Japuzku. — Hiemach scheint vezkel = seni
zu sein. Welchen gott bezeichnet aber dieser allgemeine
name? das wage ich nicht zu bestimmen.
Uebrigens bemerke ich hier beiläufig, dals man nicht
mit Mommsen s. 26 sagen darf: „es scheint fast, als sei z
im osk. einmal abgekommen und nur noch im aiphabet und
den abkürzungen (auf der inschrift bei Momms. taf. YIU
n. 7 liest Stier anders) beibehalten, dann aber wieder her-
vorgesucht, um den doppelconsonanten ts zu bezeichnen^.
Es hängt diese bemerkung mit seiner meinung in betreff
des alters unserer tafel zusammen: das wort zicel (tag)
z. b. mufste gewils in nationaler schrift jederzeit durch
43>I-1Z ausgedrückt werden.
a. 15. Der name der göttinn ist nach Mommsen osk.
Gen^to, lat. Gendta. Aber nach analogie von likitud
= licÄto, mufs einer lat form Genßta osk. Genito entspre-
chen; auch wird sich kaum ein beispiel des suff. -eta mit
dieser bedeutung finden (in Moneta gehört ja e dem stamme).
Plutarch hat Jci/ciriy; bei Plin. XXIX, 14 liest man ge-
wöhnlich Genita; man hat dies als Genita = /«i/c/ri? ge-
nommen, aber auch so bleibt das suffix unerklärt, und osk.
Geneto weicht ab. Ich glaube daher, dafs der name
osk. Geneto, lat. Genita lautete, und wage bei Plutarch
revsTt] zu ändern (vgl. Jofistiavog = Domitianus).
a. 17. saahtom = sanctum. Irrig nimmt Mommsen
8. 292 an, die dehnung des a sei ein ersatz für die erwei-
chung des gutturals in die aspirata. Die vocalverstärkung
vertritt vielmehr hier die nasalirung, und es verhält sich
saahtom zu lat. sanctum gerade so, wie üfjipofAai, kkt]-
aber deutsche schattirung romanischer worte. 11
(f&Tjv ZU ion. Idfixpofim, kXd^q}dT^v, vergl. Kuhn in dieser
zeitschr. IT, 470.
(Fortsetzuug folgt)
Christiania im juli 1855. Sophus Bugge.
lieber deutsche schattirung romanischer worte
von Max Müller.
Die Vorstellung von einer mischung verschiedener spra-
chen, welche früher in der sprachkunde so geläufig war,
ist jetzt durch die wissenschaftliche erforschung des Orga-
nismus der sprachen in solchen miiscredit gerathen, dafs
es kaum noch einen dialect giebt, dem man den namen
einer mischsprache zuzuschieben wagt. Es giebt natürlich
keine spräche ohne Fremdwörter, aber diese sind dem We-
sen einer spräche nur äufserlich; und da das lebensprincip
oder die individualität jeder spräche allein in ihrem gram-
matischen Organismus liegt, so wäre es allerdings undenk-
bar, wie der lebendige Organismus der einen spräche mit
dem einer andern zummengeschmolzen werden könnte. In
dieser beziehung ist namentlich das Studium der neuem
sprachen von grofsem nutzen gewesen. War je eine spräche
gemischt, so war es die spräche Englands, wie sie sich im
munde der verschiedenen bewohner dieser insel. Gelten,
Römer, Sachsen und Normannen, gebildet hat. Und den-
noch giebt es keine einzige grammatische form im heutigen
Englisch, die nicht sächsisch wäre, so dafs, selbst wenn
jedes wort sächsischen Ursprungs, Zahlwörter, pronomina
und Präpositionen nicht ausgenommen, gänzlich ausgerottet
und mit romanischen ausdrücken ersetzt worden wäre,
dennoch das einfache s, als endung der dritten person sin-
gularis präsentis, vollkommen hinreichen würde, um den
deutschen, oder wenigstens den nicht-romanischen Ursprung
der heutigen englischen rede darzuthun.
Wenn es aber von diesem standpunct aus gerechtfer-
n MttUer
tigt erscheinen könnte, die neoern romanischen sprachen
als wesentlich identisch mit dem lateinischen zu betrach-
ten, so ist es doch unmögUch im italienischen ebensowohl
als im französischen, einen brach, eine Störung, zu verken-
nen, wodurch die continuität des romanischen Organismus
zu einer bestimmten zeit aufgehoben worden ist. Es ist
ein unterschied zwischen dem neuhochdeutschen in seinem
yerhältnisse zum althochdeutschen, dem romaischen in sei-
nem verhältnirs zum altgriechischen, und dem italienischen
in seinem verhältnifs zum lateinischen« Die neuen deut-
schen formen haben sich im munde der Deutschen langsam
und unmerklich abgerieben, vereinfacht und ergänzt. Die
spräche hat gealtert, aber sie ist nicht durch äuisere Stö-
rung erkrankt. Ebenso das neugriechische. Das italieni-
sche hingegen, obgleich der grammatik nach durchaus ro-
manisch, ist dennoch dem lateinischen weit mehr entfrem-
det, als das neuhochdeutsche dem althochdeutschen, das
romaische dem griechischen, ja selbst mehr als das bengali
dem sanskrit. Der grund davon ist: die romanischen spra-
chen stellen nicht das lateinische dar, wie es sich im munde
der Römer in Italien oder in den provinzen naturgemäfs
entwickelt haben würde, sondern das lateinische, wie es
fremde, und entschieden deutsche naturen, erlernten und
sich zurecht legten. Die romanischen sprachen sind das
lateinische, aber aus römischen in deutschen mund ver<-
pflanzt, und dort gezeitigt. Es liegt daher auf den römi-
schen Worten ein fremder schatten, und wenn wir diesen
schatten genauer betrachten, so vermögen wir in ihm
noch deutlich die zfige nicht nur einer fremden spräche im
allgemeinen, sondern der deutschen insonderheit zu erken-
nen. Das folgende soll einige belege dieser beobachtung
geben.
Fragen wir nach den einflüssen^ welche eine spräche
erleidet, wenn sie von fremden gesprochen wird, so finden
wir sie am leichtesten, wenn wir auf die fehler acht geben,
welche wir machen, indem wir eine fremde spräche spre-
chen. Ich will nur drei arten davon erwähnen. Ein deut-
aber dentsche schattinug romanischer worte. 13
scher, welcher englisch zu sprechen hat, ist oft in gefahr,
namenüieh wenn das englische dem deutschen wort sehr
nahe kommt, das englische wort nach deutscher weise aus-
zusprechen, oder durch eine kleine phonetische Veränderung
das englische dem deutschen anzuähneln. So sagt man
finger statt des englischen fing-ger; flee statt fly,
wegen fliege; stock statt stick, wegen stock; man
spricht das u in ander wie das u in unter, während es
im englischen den neutralen ton hat und nicht verschieden
ist von i in bird oder o in work.
Zweitens, wird es einem Deutschen leichter, sich eines
englischen ausdrucks zu erinnern, der mit dem deutschen
eine gewisse ähnlichkeit in form und bedeutung hat, und
er gebraucht ihn daher statt eines andern im englischen
mehr natürlich klingenden ausdrucks. Er sagt glass auch
wo er von einem bierglas spricht, welches im englischen
tumbler heifst; er sagt dish statt table; clock anstatt
bell; it will go anstatt it will do.
Drittens übersetzt man oft wörtlich aus dem deutschen
ins englische, wie z. b. a leaf of paper, ein blatt papier,
statt a sheet of paper; oder man giebt dem entspre-
chenden englischen worte alle bedeutungen, welche das
deutsche hat. Witz, z. b. ist wit, mutterwitz; aber deis-
halb darf man doch nicht sagen, he made a wit, er machte
einen witz, oder he tore a wit, er riis einen witz.
Was sich nun hier in diesen drei f&llen als rein zu-
fölhg und fehlerhaft zeigt, das hatte eine art von berech*
tigung in dem munde der deutschen, welche sich die rö«
mische spräche aneigneten und deren germanismen nach
kurzer zeit sitte und regel in der neuen spräche wurden*
Die folgenden beispiele lassen sich, wie mir scheint, nur
durch annähme eines solchen hergangs in der geschichte
der romanischen sprachen erklären, und sie beweisen, was
sich schon aus historischen gründen voraussetzen liefs, dafs
die grofse krise des lateinischen nicht in lateinischem munde
der Römer und Provincialen, sondern im munde der grofsen
nmssen, der deutschen Völker, statt fand.
14 MttUef
Lautliche anähnelung.
Das lateinische altus wird im französischen haut,
und zwar durch einflufs des althochdeutschen hoch. Dafs
man, wie Diez bemerkt, nach Geniu, zur zeit Franz I.
(1515 — 1547) das wort noch nicht aspirirt hatte', beweist
mehr dafbr als dagegen. Die hohem stände mögen sich
der lateinischen etymologie bewuTst geblieben sein, aber im
Volke wurde es aspirirt, nicht nur zur zeit Franz L (wie
Bonille sagt, hault ab alto, sed vulgus eam aspirat), son-
dern gewifs schon viel firüher. Man vergl. auch h ausser.
Averon, wilder hafer, kommt von avena, da sich,
nach Diez, auch aveneron findet. Wie erklärt sich aber
die Schreibart haveron? Am einfachsten durch eine erin-
nerung an das althochdeutsche habaro, wodurch der deut-
sche verleitet wurde das romanisirte aveneron zu aspiri-
ren und zu verkürzen.
Das altfiranzösische heingre, schmächtig, kommt al-
ler Wahrscheinlichkeit nach von dem lateinischen aeger.
Ist diefs der fall, so lä&t sich der nasal und die aspiration
nur durch eine ähnliche unwillkührliche erinnerung an das
ahd. hungar erklären, welches nicht nur hunger, son-
dern auch hungrig, schmächtig bedeutet Das einzige
bedenken macht hierbei das wallachische hink.
Der Übergang von ululare, ital. urlare, in das fran-
zösische hur 1er zeigt wiederum, dafs dem Franken die
erinnerung an das deutsche heulen gegenwärtig war.
Ebenso ist nach Diez das französiche huppe aus lateini-
schem upupa, durch das deutsche wiede-hopf ver-
mittelt.
Wenn wir Sergeant aus dem lat. serviens erklären,
so bleibt immer noch die unregelmäfsigkeit von ge, da lat.
V wenn es in g übsrgeht, als media gutturaUs, nicht als
flatus lenis palatalis erscheint; wie pagone und pavo;
golpe und vulpes. Diese unregelmä&igkeit deutet daher
wiederum auf einen versteckten einflufs des ahd. soarjo,
ttber dentache schattirang romanischer worte. 15
Scherge. Man könnte jedoch volgere ßXr volvcire bei
sergente anf&hren.
Gridare leitet man wohl seit Scaliger richtig von
quiritare (eine vox orbanorum, Varro) ab. Spanisch und
portug. gritar aber scheint sich dem goth. gretan ange*
ähnelt zu haben. Es kann nicht direct von gretan abge-
leitet werden, weil im franz. crier sich die lateinische te-
nnis erhalten hat, und es wohl nicht anzunehmen ist, dais
(der laotverschiebung gemäfs) das spanische aus einer go-
thischen, das französische hingegen aus einer althochdeut-
schen quelle geschöpft habe. Im deutschen drücken worte,
die mit gr anlauten, so oft mit grunzen und greinen ver-
wandte ideen ans, dafs man sich das herüberspielen des
deutschen anlauts in ein römisches wort wohl erklären kann.
Auch in gnastare, gäter, von vastare, räumt Diez
dem deutschen wastjan, verwüsten, einen phonetischen
einflufs ein. Diels setzt voraus, dafs anlautendes gua im-
mer auf deutsche mit labialer liquida anlautende worte hin-
weist, eine ansieht, die Diez früher in seiner grammatik
noch nicht so entschieden hinstellt, da er guado, fort, von
vadnm, nicht von watan, guivre von vipera, nicht
von ahd. wipera, ableitete. Ist aber diese ansieht rich-
tig, so würde allerdings die unregelmäfsigkeit des anlauts
in guastare mit hinblick auf wastjan erklärt werden
müfsen. Als grund warum guastare nicht direct von
wastjan abgeleitet werden kann, giebt Diez das adjectiv
guasto s= vastus, und diguastare = devastare an,
gesteht aber doch dem altfr. gastir die möglichkeit einer
directen herkunft aus wastjan zu«
Die romanischen worte ftlr braun sind alle vom deut-
schen brün herzuleiten (bruno, brun). Die worte ftLr pflaume
aber stammen vom lateinischen pruneus, und lauteten ur-
sprünglich mit der tenuis an; it. sp. pruna, fr. prune.
Da dieses wort nicht verständlich war, so dachte man an
bruno, die braune frucht, und daher sp. bruno, die wUde
pflaume, fr. brugnon, die blutpfirsiche; brignolle, die bru-
nelle.
]« MttUmr
II.
Wortwechsel.
Wie in den bisher angefbhrten beispielen deutscher
einflufs sich durch geringfügige phonetische änderungen,
wodurch das deutsche sprachgief&hl sich das fremde wort
aneignete und zurechtlegte, zu erkennen giebt, so hilft der-
selbe erkl&mngsgrund uns zum verstfindnifs einer zweiten
classe romanischer Wörter, die ohnedem ganz räthselhaft
dastehn. Manche worte und zwar worte von häufigem ge-
brauch im lateinischen, verschwinden plötzlich in den ro-
manischen dialecten, und an ihrer stelle tauchen lateinische
ausdrücke auf, die zwar im allgemeinen dieselbe bedeutung
haben, aber dem lateinischen Sprachgebrauch fem blieben.
Warum verschwindet das lateinische ignis, und zweitens,
warum tritt an seine stelle focus ein? Ich glaube, weil
ignis dem deutschen sprachgefbhl unverständlich war, und
weil das lateinische focus den deutschen Wörtern feuer
und funkeln, ahd. funcho, goth. fun, ahd. fiur, näher
kam. Der einflufs des gleichlauts in der wähl von werten
beim übersetzen zeigt sich namentlich in den glossen, wo
unwillkühvlich ein lat. wort gewählt wird, das an das deut-
sche anklingt, wiewohl es seiner bedeutung nach nur ent-
fernte ähnlichkeit hat. So wird das ahd. agaleizi, be-
schwerlichkeit, nicht durch importunitas oder impro-
bitas, sondern durch agilitas gegeben, gleichsam von
einem geschäftigen, bestürmenden, beschwerlichen menschen
hergenommen. (Cf. Diefenbach, s. v.). Ein ähnliches ge-
ftibl hat die deutschen auf focus geleitet, wovon sie fuoco,
fuego und feu gebildet. Dafs focus schon in der latei-
nischen Volkssprache an die stelle von ignis getreten, läfst
sich durchaus nicht beweisen; und selbst in dieser soge-
nannten lateinischen volks- oder provincialsprache zeigen
sich spuren dieser reibung zwischen lateinischen und frem-
den sprachbewufstsein.
Anstatt culina finden wir ital. cucina, sp. cocina,
frz. cuisine. Hier möchte man wohl zunächst auch an
übet dentsohe schattirnng romanischer worte. 17
ahd. kachina denken, als gnind warum coqiiina dem
gewohnlichen culina vorgezogen; doch mag in diesem
falle allerdings das gesprochene volkslatein den weg ge-
bahnt haben, da auch dem provincialen coquina (vergl.
coquinare bei Plautus) verständlicher und handlicher sein
miiiste als culina (coquilina). Das wallachische cocnS
namentlich spricht für diese ansieht.
Das franz. laisser, ital. lasciare, steht an der stelle
des lat. sinere und weist auf ein lat. laxare, loslassen.
Der einzige grund, der sich denken läfst, um diesen Wech-
sel zu erklären, ist wiederum das deutsche lassen, ahd.
läzan, goth. IStan. Das wallachische l&sä ist allerdings
anfFallend, doch darf wohl, selbst zur zeit der individualisi-
mng des wallachischen, der einfluis der deutschen mund-
arten namentlich auf die volks- und grenzsprache des nord-
ostlichen Italiens nicht ganz in abrede gestellt werden.
Wie laxare sich an lazan anlehnt, so lassus an
ahd. laz, goth. lats, müde, träge. Hierdurch wird dann
ital. lasso, sp.laso, franz. las, als Vertreter der gebräuch-
licheren lat. adjectiva segnis und piger, verständlich. Da
bei den Sachsen die knechte Lazzi (laz, freigelassen) hie-
fsen, im gegensatz zu den Edhilingi (nobiles) und Fri-
iingi (ingenui), so mag sich daher auch wohl die enteh-
rende bedeutung von lache schreiben.
Wenn sich anstatt aula im neulateinischen chors,
chortis, in der bedeutung viehhof findet, so ist chors
oder CO hör 8 allerdings ein echt lateinisches wort, aber die
wähl ist doch wohl hauptsächlich defshalb auf dasselbe ge-
fallen, weil es dem deutschen durch gart, garten (in Zu-
sammensetzungen, ort, gehege) verständlich und bequem
wurde. Cors und cohors sind nur verschiedene formen
desselben wertes, und der unterschied dafs cors, viehhof,
bürde, cohors, die cohorte, die horde, bedeute, ist rein
künstlich. Den weitem Übergang der bedeutung von corte
und cour, viehhof und palast, könnte man dadurch erklä-
ren, dafs in der spätem kaiserzeit die prätorianischen co-
horten das wirkliche hoflager, den hofstaat bildeten. Wahr-
V. 1. 2
18 MttUer
8chein]icher ist jedoch auch hier ein unbewufster deutscher
einflufs. Im ahd. bedeutet hof nicht nur hof, sondern haus
und hof (hus enti hof) und namentlich ein grofses öffent-
liches gebäude, wie fronohof, frithof, und hof, i. e. pa-
last. So wurde denn auch, da corte einmal Viehhof hiefs,
die doppeldeutigkeit des deutschen hof auf seinen romani-
schen Stellvertreter übertragen, ein Vorgang, von dem wir
unter III. andere beispiele finden werden. Man bemerke
übrigens wie auch palatium, von collis palatinus,
dem weidehügel, trotz langer historischer Verkettung, noch
den hintergrund des alten hirtenlebens erkennen l&ist.
Batuere ist im lateinischen ein seltenes verbum. Im
neulateinischen ist es der fast ausschliefsliche ausdruck ftlr
schlagen geworden; ital. battere, sp. batir, pg. bater,
franz. battre, wal. bäte. Es verdankt diese popuIaritat
einem deutschen worte, welches wir allerdings nur im nor-
dischen und angelsächsischen nachweisen können, welches
aber wohl (ähnlich wie bei gant, handschuh) auch den
andern deutschen dialecten nicht gefehlt haben kann; ags.
beatan, engl, to beat, schlagen. Wie man nun von diesem
verbum im ags. und altn. beado, böd, Schlacht, bildete (cf.
padain unpada) und wie auch das wort schlacht den be-
griff des schlagens in sich trug, so ist wohl auch battualia
statt proelium von deutschem einflufs nicht ganz frei zu
sprechen, ein einflufs der viel früher begonnen haben mufs,
als man gewöhnlich annimmt^
Das deutsche grofs begünstigte das lateinische gran-
dis mehr als magnus. Demgemäfs finden wir grande
im sp. und ital., grand im franz., während magnus ver-
altet und aufgegeben wird. Ebenso begünstigt das deut-
sche roth, das seltnere russus mehr als das classische
ruber und rufus, und so finden wir ital. rosso, sp. rojo,
franz. roux. Ruber hat sich jedoch erhalten als rubeus
im ital. robbio, während das sp. roxo auf russns weist,
wovon auch roggio und rouge stammen. Statt scin-
dere nehmen die neulateinischen sprachen taleare von
talea; ital. tagliare, franz. tailler. Diefs wäre wohl
aber deutache scliAttiniiig romanischer werte. 19
schwerlich geschehen, hätte nicht das deutsche sprachbe-
wulstsein für taleare in tailon und tail einen besseren
anhält gefunden als för sei ndere in snidan. Ob schnei-
der eine Übersetzung aus tailleur, oder tailleur (statt
sartor) eine nachbildung von Schneider ist, bleibt un-
gewiTs bis man das betreffende alter beider ausdrücke fest-
stellen kann. Im ahd. ist snitari noch nicht Schnei-
der, sondern ein Schnitter.
Auf ähnliche weise mag denn auch jocus statt lu-
dus vom deutschen juwian, juwizan, jauchzen, her-
rühren, und davon franz. jeu, spiel. EJbenso ballare statt
saltare (sauter), ital. ballare, sp, bailar, tanzen, we-
gen deutschen walzön; und caminus (chemin, cam-
mino) statt via, wegen kommen (queman); ja selbst
viaticum (voyage) statt iter, wegen weg. Die letztem
beispiele lassen jedoch auch andere erklärung zu.
m.
Wortdehnung.
Zur dritten klasse dieser germanisirenden werte in den
neulateinischen dialecten gehören erstens solche, welche
nach deutschem Vorgang in ausgedehnterer bedeutung ge-
braucht werden als ihnen im lateinischen zukommt; zwei-
tens solche, welche einfach übersetzt sind, ohne auf das
idiomatische des lateins rücksicht zu nehmen.
Das deutsche wort hat schon früh die bedeutung
Spruch wort, spruch, angenommen, und das gleichnifs
hiefs im gothischen vaurda-jiuka. In diesem sinne ent-
sprach parabola genau dem deutschen wort Nun hiefs
aber wort viel häufiger wort im allgemeinen, und indem
das romanische parabola dem deutschen worte getreulich
folgte, so rückte auch parole and parier (parolare) in
die allgemeine bedeutung von wort und sprechen nach.
Die erklärung, dals v erb um wegen seiner biblischen be-
deutung vermieden wäre, hält kaum stich, da ja auch pa-
rabola einen biblischen anstrich hatte.
2*
20 Müller
Wir sahen schon früher wie hof, Corte, das neulat.
Corte weiter nach sich zog, so dafs corte nun auch in
der Bedeutung von hof und palast gebraucht wurde. Man
bedenke dabei die biographie von faire la courl
Das deutsche band hiefs im neuromanischen mano,
main. Da nun aber band weiter fortschritt, und goth.
handugs, geschickt, ahd. hantalon, handehi, bildete, so
leitete man auch von manus, manarius, handlich, ma-
niera, handlungsweise, und manoeüvre, hand-werk, ab.
Costa hiefs rippe, dann im neulateinischen cote und
Costa, Seite. Da man im deutschen das ufer des meeres,
die Seite des meeres (sea-side) nennt, so nahm nun auch
Costa dieselbe bedeutung an, wie cöte, die küste, das
ufer.
Minare hiefs das vieh treiben, wie man sagt, von
minae (cf. Apuleius: asinos et equum sarcinis onerant et
minantes baculis exigunt ; woselbst auch se prominare,
sich austreiben, se promener). Von minare haben wir
ital. menare, sp. menear, franz. mener. Für „treiben^
i. e. das vieh treiben, bediente sich also der romisch spre-
chende Franke des ausdrucks minare. Nun hiefs aber
sein tri b an, nicht nur vieh treiben, wie tribil, kutscher,
tribari, treiber, sondern treiben hatte in seinem köpfe
zugleich die allgemeinere bedeutung von betreiben, und
so übersetzte er es denn auch in diesem sinne mit dem ein-
mal ihm gegenwärtigen minare. Daher provenc. menar
secretz, geheimnisse treiben; mener la vie, ein leben
fähren. Nur mufs man hierbei das lateinische tudidan-
tes, bei Festus, negotium tundentes i. e. agentes,
nicht ganz aufser acht lassen. Menar f&hrt uns jedoch
noch einen schritt weiter. Diez meint nämlich, dafe me-
nar die bedeutung von betreiben, heimlich betreiben, an-
nahm, und dafs hiervon mina (mit ursprünglichem i) ein
geheimer anschlag, eine mine, ein bergwerk, und hiervon
wiederum miniere, bergwerk, mineral, metalle, abgelei-
tet wurde. Möglich jedoch dafs auch hierbei deutsche aus-
drücke wie der betrieb eines bergwerks, oder der gang,
über deutsche schattirang romanischer worte. 21
der Stollen, den anlaCs zur übertragenen an Wendung von
minare und menare gaben.
Da im deutschen knabe und knappe dasselbe wort
waren, und die doppelbedeutung von kind und soldat
hatten, so wie auch knecht, im deutschen sprachbewu/st-
sein, kind und soldat, hiefs, so erklärt sich wohl hieraus
die dionymik von infans, das ursprünglich kind (in-
fante, fante, enfant), dann aber in infanteria, kriegs-
knecbt, fulssoldat, hiefs.
Grund oder abgrund wurden im romanischen durch
abisso, abis, abime ausgedrückt. Deutsche ausdrücke,
wie zu gründe richten, führten weiter auf den verbal-
ausdruck abimer.
Ebenso war fassen, prehendere, prendre; und
davon kam, angeregt von deutschen ausdrücken, wie ge-
dankfazzen, das neuere lateinische apprehendere, ap-
prendre, lernen, statt des gewöhnlichen diso er e.
Herberge im ahd. heriberga, hiefs ursprünglich
ein rasthaus Ar Soldaten an der heerstrafse. Die Romer
nahmen das wort an und sprachen es in Frankreich her-
bere, in Italien albergo aus. Die romanisirenden Deut-
schen hingegen bildeten ein neues wort. Das gewöhnliche
spätlateinische wort für beer war hostis, ital. oste, sp.
hueste, franz. ost, wal. oaste. Hiervon bildete man nun
hostellum anstatt heriberga, und diefs hostellum
pafst besser zu hötel als hospitale. Selbst böte er-
klärt sich leichter auf diesem umweg, als rüokbildung von
hostellum, da die gewöhnliche gleichstellung von böte
und hospes aller lautlichen analogie ermangelt.
Compter in der bedeutung zählen ist zweifelsohne
das lateinische computare. Wenn aber conter im sinne
von erzählen gebraucht wird, so muls dieib deutschem
einflufs beigemessen werden, indem entweder die deutsche
Zweideutigkeit auf das lateinische übertragen wurde, oder
indem das ahd. kundi, künde, sich fühlbar machte. So
mag selbst das adjectiv kund nicht ohne einflufs auf co-
gnitus in seiner Verstümmelung zu cointe gewesen sein;
22 Mauer
und obgleich to acquaint, das franz. accointer von
adcognitare abstammt, so darf doch auch hier der ein-
flufs von ahd. kundo, ein bekannter, ein freund, ein künde,
und gakundjan, verkönden, nicht aufser acht gelassen
werden. Accointer heifst nämlich bekannt machen; aber
accointance, ist Vertraulichkeit, wie das englische ac-
quaintance, ein bekannter, ein freund.
Andere worte sind einfach und plump von den Deut-
schen aus ihrer spräche in das lateinische übersetzt.
Im ahd. findet sich zuochunft, die zukunft, tempus
fiiturum, von zu und kommen. Im franz. ist avenir
eine genaue Übertragung, ce qui est k venir; und nicht
etwa von ad venire. Es ist gebildet wie alarme, was
auch nicht etwa von lärmen, sondern von alT arme
kommt.
Gegendi im ahd. ist gegend, von gagan, entgegen,
was uns entgegensteht, was man sieht, das object. Davon
contree, gleichsam contratum.
Gesicht im ahd. ist visio; dann anasihti, nicht nur
ansieht, sondern das angesicht, facies. Ebenso im franz.
le vi sage, das gesicht, das antlitz.
Das adverb hinab, hinunter, deorsuro, ward im ahd.
durch zetale ausgedrückt', wie man noch jetzt zu thal,
anstatt hinab sagt. Diefs müssen die Deutschen mit ih-
rem kauderwelsch mit aval (ad vallem) ausgedrückt ha-
ben, wovon sie dann ein neues verbum aval er, hinunter
bringen, verschlucken, bildeten, was bald rechtmäfsiges ei-
genthum der spräche wurde. Les Romains, wie Schlegel
Sagt, c'est-ä-dire les habitans des provinces, k force d'en-
tendre mal parier leur langue, en oublierent k leur tour les
r^gles, et imit^rent le Jargon de leurs nouveaux maitres.
Dieselbe beobacbtung kann man jetzt bei den Indiern ma-
chen, wenn man sie, namentlich in den gerichtshöfen, mit
den £Ingländem hindustani sprechen hört; ja etwas ähn-
liches trägt sich in jeder familie zu, wo die altem oft die
unbeholfene spräche der kinder (leurs nouveaux maitres)
über deutsche schattinmg romanischer w<Hte. 23
sich im scherze angewöhnen, so dafe es für einen fremden
unmöglich ist ihrer Unterhaltung zu folgen.
Elin anderer adverbialer ausdruck im deutschen war
zu pass. Seine herkunft ist dunkel. Es hängt wohl mit
passen zusammen; diefs aber kann man nicht vom roman»
passare, passer, herleiten. Denn dafs cela passe, es
geht, es passirt, auch es pafst, bedeuten kann, ist eine rein
äuTserliche Übereinstimmung. Ebensowenig hängt es mit
bass, besser, zusammen, obgleich mhd. unbafs, das-
selbe ist als nicht zu pafs, unpafs. Das ahd. unpata^
segnis, lentus, ist wohl auch nicht herbeizuziehn. Im eng-
lischst hat man jedoch das adjectiv pat, und das adv.
patly, passend; z. b. a pat answer. Dafs nun unpafs
ein altes wort war, und wenn auch nicht in der schrift,
doch in der Volkssprache als un-pafs genommen wurde,
zeigt sich in der üb^setzung male-aptus, schlecht -pas-
send, welches das lat. aeger fast ganz verdrängt hat, und
im prov. malapte, im ital. malato, im franz. malade
geworden ist.
Die waage ist im ahd. wäga. Hiervon muls ein
Zeitwort wägen und erwägen, in frühster zeit gebildet
worden sein, da dasselbe unter der form wicket, wägen,
als fremdwort eingang im lappischen gefunden hat. Eine
romanische nachbildung ist das franz. penser, denken, er-
wägen, von pensum, welches sich im ital. peso, altfrz.
poix findet; und wovon, neben pesare, wägen, pensare,
erwägen, gebildet ward.
Das historische resultat ist also diefs: Die romani-
schen oder neulateinischen dialecte haben sich im munde
der Völker gebildet, welche, nach der entdeckung des Sü-
dens, unauflialtsam nach Italien, Gallien und Spanien vor-
drangen, und, wie später die Normannen in Frankreich,
ihre eigene spräche gegen das überall auf ihren zügen ver-
ständliche römische aufgaben. Die fehler, welche durch
diese Völker in die römische spräche eingang und heimaths-
recht fanden, und welche die kleine minorität der römi-
schen provincialen verdauen mufste, sind der art, dafs sie
24 Pict«t
von anfang an bis in die spätere zeit nur von ursprüng-
lich deutsch redenden Völkern ausgegangen sein können.
Taylor institution^ Oxford. Max Müller.
Etymologische forschungen über die älteste
arzneLkmist bei den Indogermanen.
Vom anbeginn ist wohl der mensch immer den kör-
perlichen gebrechen und der krankheit ausgesetzt gewesen,
obgleich wahrscheinlich in minderm maafse als in den spä*
tern zeiten der verfeinerten knltur und der Verweichlichung.
Mit der krankheit aber entsteht zugleich das bestreben sich
davon zu befreien; und daher die frühe entwickelung der
heilkunst, natürlich sehr roh in ihren anfangen, 4a sie mehr
als alle andern künste von lang fortgesetzter beobachtung
abhängt. Nicht nur bei den meisten wildem Völkern aller
Zonen, sondern auch im europäischen mittelalter und sogar
noch jetzt in den untern volksklassen, findet man abergläu-
bische gebrauche, vnmderliche verfahren, zaubermittel und
Zaubersprüche, um die krankheiten abzutreiben, da die
krankheit selbst oft als ein dämonisches wesen betrachtet
wird*). Die älteste arzneikunst wird wohl kaum anderer
natur gewesen sein; es lohnt sich aber der mühe, durch
das aufsuchen und die vergleichung der ursprünglichen aus-
drücke, die begriffe zu erforschen, welche ihr zum gründe
lagen. Dies ist der zweck gegenwärtiger arbeit als ein
anfang zur auf hellung dieser frage, und als beitrag zur al-
ten geschichte der Indogermanen. Diesem zwecke gemäis
wird es vorerst am besten sein die einzelnen ausdrücke der
reihe nach als Vorbereitung für eine zusammenhängende
darstellung abzuhandeln.
*) Darüber Grimm's d. mjthol. 668 , und im anhang der ersten aus-
gäbe.
et. fonch. über die älteste arzneikiiBst bei den Indogennanen. 25
1) Ich beginne mit den ftltesten sanskritischen namen
des arztes und des heilmittels die schon oft im Bigveda
vorkommen, mid noch^ so viel ich weiis, unerklärt daste-
hen, nämlich bhishaj und bheshaja*). Der ursprüng-
liche sinn mufs sich irüh verdunkelt haben, da die indi*
sehen grammatiker, um sie zu erklären zu einer sautrawur-
zel bhish, morbum devincere, ihre zuilucht nehmen muTs-
ten. Die verschiedenen formen des wertes sind bhishaj,
arzt, bhSshaja oder bhaishaja, arznei, auch bhishaj-
jita, vom arzte bewältigt oder gehandhabt. Im sanskrit
und z^id aber finden wir neben bhishaj u. s. w. auch baS-
8 h a z a, heilmittel und baeshazya, heilung, gesundheit, auch
ein zritwort bhishaj yati (Väj- Sanh. 19, 80. 85. Kv. 8, 22.
10 u. s. w.) ba^shaz, heilen. Dieses zeitwort nun scheint
mir zusammengesetzt aus den praef. bhi für abhi (wie
öfters pi ftlr api) und der w. sanj (sajati) adhaerere
(to embrace, to cling, adhere to. Wilson), auch activ figere,
affigere, welche bedeutung jedoch Westerg. mit einem fra-
gezeichen begleitet. Das compositum abhishanj existirt
wirklich mit dem sinne von maledicere, objurgare, und
überhaupt verbinden, umfassen, wie man aus abhishanga
ersieht, das zunächst Vereinigung, Verbindung, Umarmung
u. s. w., und dann specieller Verwünschung, beschwdrung,
eid, besessen sein von bösen geistern^ bedeutet. Das nahe
verhältnifs dieser begriffe zu dem von bhishaj springt in
die äugen, da die alte heilkunst vorzüglich in beschwö-
rungsformeln bestand, wie wir sie noch im AtharvavSda
und anderswo finden.
Das hohe alter dieser wÖrter erhellt schon daraus, dais
ihre ursprüngliche bedeutung im sanskrit und zend so früh
sich verloren hatte. Durch das zend sind sie auch in das
persische und armenische gekommen, denn persisch heifst
der arzt bizashik, bizshik, pisishk, pisisk, und ar-
*) Im R. V. werden die A9vin8 bhishaj au, medici genannt, (v. Rosen.
II. 244). Lassen anthol. glosa. sagt zu bhishaj, or. ine. Auch Bopp*s
glosaar gibt keine erklttmng.
26 Pictet
menisch pjishg (mit französischem j) so wie die arznei
pjshguthinn.
Ein entscheidender beweis dieses hohen alters findet
sich aber im irischen, wo, merkwürdiger weise, das wort
sich in doppelter form erhalten hat, nämlich in biseach,
welches die (heilende) krisis einer krankheit bedeutet, und
in den- namen der Zauberei piseog, und des zauberers
piseogaidhe, ers. piseagach. Die Verhärtung des bh
ZU p, wie im pers. pisishk, findet öfters statt im alt-
irischen, wo man z. b. pa, po, pi fdv ba, bo, bi (= s.
bhü, esse) findet^). So vereinigen sich hier im celtischen,
wie bei den alten Ariern, die begriffe des heilens und zau-
berns.
Die wrz. sanj, die sich im sanskrit mit den meisten
präfixen verbindet, ohne ihren eigentlichen sinn zu verän-
dern, ist sehr weit verbreitet in den verwandten sprachen,
wo ihre ideelle Sphäre sich zwar erweitert aber doch im-
mer in Verbindung mit der Urbedeutung und den nebenbe-
griffen der sanskritischen derivata. Es lohnt sich der mühe
diese analogien hier durchzugehen, da sie uns mehrfach
zum gegenstände unserer abhandlung zurückfahren.
Wir finden zuerst das griechische aättw (w. aay)^
fest zusammendrücken, bepacken, rüsten, vollmachen, sät-
tigen u. s. w. mit dem activen sinne, der wohl auch der
sanskritischen wurzel sanj zukonunt. Davon adyfia,
aayf]f aayijvt] sattel, rüstong, netz u. s. w. Benfey zwar**)
und andere vergleichen hier die w, sasj, sajj, wohl we-
gen der abgeleiteten sajja, sajjita, sajjana, gerüstet,
bedeckt^ bedeckung, rüstung u. s. w. Wilson aber und We-
stergaard geben zu sasj, sajj nur die bedeutung ire, se
movere. Letzterer bemerkt zum pass. refl. sajyatS von
sanj: ant ut vulgo minus recte scribitur sajjatS, et in-
terdum apud epicos cum act. terminationibus sajjati.
•) Vid. passim die vortreffliche Grammatica celtica von Zeufs, ein
werk, daa mehr fllr die kenntnifs der altceltischen sprachen gethan hat als
alles was in England und Irland darttber erschienen ist.
♦♦) Gr. W. L. I. 482.
et fonch. Aber die Klteste arzdeikonflt bei den Indogennanen. 27
Obige formen sind also wahrscheinlich nur eine Terdorbene
Schreibart Sajja bedeckt, erinnert auch an w. sag, te-
gere, gewüs mit sanj verwandt, da das bedecken ein an-
heften ist.
Das lateinische sagena ist wohl griechisch, und sa-
gin a, mästung, lehnt sich an aar r in, sättigen. Dagegen
gehören sagio, sammt sagus, sagax u. s. w. näher zur
w. sanj, denn das nachspüren, wittern ist ein sich anhängen
an den zu verfolgenden. Man vergleiche das skr. sakta,
attached to, devoted, attentive, diligent. Andere lateini-
sche worter sind mehr zweifelhaft. So sig-num, vielleicht
als angeheftetes, welches Pott jedoch durch sanj na, co-
gnitio erklärt (et. forsch. 11. 181, anders Ebel oben 4, 441).
Die Wurzel scheint abersig zu sein wegen sigillum, wo
der sinn des anheftens noch klarer hervortritt Hierher
vielleicht auch segnis wenn es soviel bedeutet als haerens,
haesitans. Mit mehr Sicherheit möchte ich noch sanguis
(thema sanguin) als klebendes, gerinnendes zur wrz. saiij
zurückführen, etwa aus einem hypothetischen sang van.
Wenigstens scheint mir die Zusammenstellung mit asrj (et
forsch. I. 275) allzu gewagt
Der wrz. sanj entspricht genau dem laute nach das
goth. sakan^ welches schon Graff (ahd. spsch. v. sachan)
und Schweizer in dieser Zeitschrift (I. 566) verglichen ha-
ben; die bedeutungen aber von streiten, verbieten, zurecht-
weisen, scheinen ziemUch abweichend. In den abgeleiteten
formen jedoch lehnt sich der sinn wieder an einige ne-
benbegriffe von wrz. sanj; so insakan, bezeichnen, an-
zeigen, insahts, anzeige, frisahts, bild, beispiel (cf.
sig-num); bestimmter noch das secundäre sökjan, su-
chen, begehren, sammt sökns, sökeins, sökareis u. s. w.
Man vergleiche das skr. sanga, wünsch, begierde, erge-
benheit, sangin, begierig, ergeben, verbunden. Das nord.
sakna bedeutet auch begehren. Neben sanga findet man
femer sakti, Vereinigung, freundschaft, und dieses wort
stimmt ganz, der form und dem sinne nach, zum ags. sahte,
seht, nord. s&tt, einigung, friede, wo der begriff des an-
28 Pictei
gebondenseins recht klar heryortritt. Weitere analogien
bei Diefenbach (g. w. v. cit.).
Die celtischen sprachen bieten auch interessante ver-
gleichungen nach verschiedenen Seiten hin« So erklärt ge-
wissermaaTsen das irische soighim, angreifen, anfallen*),
woher soighid, sagaidh, saighin, angriff, den nr-
sprünglichen sinn des goth. sakan. Sighe, friede, ist
gleicher abkunft mit ags. sahte; seagha, seaghmhar,
geschickt, listig, verschlagen, erinnert an lat. sagax, so
wie sioghach, faul, an segnis. Im cymrischen findet
man sangu sengi, mit den ftlsen treten, festtreten wie
' öaTTiiv; und sagiaw, ersticken, erdrossehi, fest zusam-
mendrücken. Saig, nahrung und seigiaw, essen, gehö-
ren zu adtTü) und sagina. Das altgallische sagum,
cymr. segan, mantel, armor. sa^, kleid, altir. säi, tunica,
steht sehr nahe zu skr. sajja, sajjana, aäyti u. s. w.
Im litauischen hat sich die wrz. sanj schön erhalten
in segti (segu), heften, schnallen, woher sagtis, sek-
tis, schnalle, genau das skr. sakti, Verbindung. Das zu-
sammengesetzte prisegti, anheften, annageln, prisaga,
heftnadel, stimmt ganz zu prasanj, und prasanga, Zu-
sammenhang, einlegen u. s. w. Auch das altsl. weist un-
sere Wurzel auf in sjagnuti, attingere, o-sjazati, tan-
gere, russ. fljagatj, poln. si^gnaiS, id.; femer in po-
sagnuti, po-sagati, heiraten (sich verbinden), woher
poln. posag, böhm. posah, mitgift. Wir werden sogleich
eine andere wichtige anwendung derselben wurzel finden.
Bis jetzt nämlich haben wir die verschiedenen formen
der wrz. sanj in ihrem eigentlichen sinne zusammengestellt.
Ansprechender aber ist die erscheinung, dafs ihre ablei-
tungen in den verwandten sprachen mehrmals die begriffe
ausdrücken, welche im sanskrit durch das praef. abhi her-
vorgerufen werden, diejenigen nämlich der heilkunst, der
Zauberei, des beschwörens und des eids.
So zuvörderst das böotische accxTag, arzt, das man
*) Saigim, adeo. {Zbvl^b g. c. 481).
et. fonch. über die älteste aizneikiiiist bei den Indogennanen. . 29
gewöhsKch zu adTTw stellt, obgleich die Terscbiedenen
bedeutangen des Zeitworts wenig dazu berechtigen. Ich
möchte eher darin, wie in bhishaj^ den sinn des binders,
des Beschwörers, des bewältigers der krankheit suchen.
Das lateinische sagana, zauberin, mit sagaz ver-
wandt, doch nicht davon abgeleitet, bedeutet wohl so viel
als fascinatriz ; das gleichsinnige sä ga, von säg us, scheint
aber eine secnndäre bildung zu sein wegen des langen ä.
Dieselbe beziehung zur Zauberei zeigt sich im irisishen
sighe, sighid, sigheog, hexe, kobold. Das cymr. aber
besitzt eine merkwürdige form ar-sang, beschwörung,
Zauberspruch (genau das skr. abhi-shanga), auch druck,
auflegen. Das zeitwort ar-sangu, das nach Owen nur
drücken, festtreten bedeuten soll, hat gewils auch den sinn
von beschwören.
Das skr. abhishanga heilst nicht nur, wie bemerkt,
beschwörung und fluch, sondern auch eid, im guten sinne
als bindendes. Nun hatten, wie bekannt, die Sabiner einen
gott Sangus (Gruter. Inscr. 96. 6), welchen Ovid dem
Hercules fidius gleichstellt und der den eiden vorstand. Form
und begriff stimmen hier durchaus zusammen.
Gleich merkwürdig ist das litau. segti oder segti
(segiu auch pri-segiu), schwören, woher segimas, und
pri-sega, schwur, segejas, schwörer u.s. w., ganz nahe
verwandt mit segti, heften, wovon wir früher gesprochen.
In den slawischen sprachen findet man, so viel ich weifs,
das einfache zeitwort nicht mit dem gleichen sinne^ sondern
nur altslaw., russ. prisjaga, schwur, poln. przysi^ga,
böhm. pfjsaha u. s. w.
Diese verschiedenen analogien umfassen den ganzen
umkreis der begriffe der wrz. sanj. Einerseits bestätigen
sie unsere erklärung des wertes bhishaj, und anderseits
werfen sie ein interessantes licht auf die alte arzneikunst,
insofern sie vorzüglich in beschwörungen und Zauberfor-
meln bestand.
30 Pictet
2) Dieselbe ideenverbindoug zeigt sich im skr. yöga,
welches zugleich Vereinigung, Zauberei und heilmittel be-
deutet. Die arzneikuust heilst yögyä, und yögavid ist
sowohl der zauberer als der apotheker; ersterer heifst auch
yögin, yöge^yara und Zauberei überhaupt prayöga
und samprayoga. Dte wurzel ist yuj, jüngere, injun-
gere. Nun meint zwar Wilson, da(s der begriff des Zau-
bers aus dem mystischen yöga, der geistigen Vereinigung
mit Gott, geflossen ist, da dadurch dem yögin, beson-
ders im dienste des Qiva und der Durgä, eine übematür^
liehe gewalt zukam. Da die yöga -lehre ganz indisch ist,
so wäre in diesem falle das wort späteren Ursprungs, und
der name des heilmittels, wie öfters sonst, von dem des
Zaubermittels erborgt. Dagegen streitet jedoch der um-
stand, dafs er sich im fernsten westen wiederzufinden
scheint.
Im irischen nämlich ist ioca, heilung, heilmittel, ioc-
lus, heilkraut, und iocaim, heilen. Die Verhärtung des
g zu c, wie im goth. juks, jugum, findet öfters statt im
irischen, z. b. in einmal, geschlecht neben gin^al und
geinim = skr. ja n. Obige Wörter finden sich zwar auch
unter der form ic, ice, icim; das u kann aber verschwun-
den sein wie im altsl. iga, jugum. Für die ursprünglicb-
keit des o spricht besonders die cymr. form iach, iachus,
gesund, iachad, heilung, iachäu, heilen u. s. w.; nur er-
regt wieder das a einiges bedenken^ da es sonst nicht filr
u steht; »doch entwickelt sich auch ein a neben u in iau,
armor. iaö, jugum. Das wort kann aber auch aus dem
gallischen in's cymrische gekommen sein, und dann wäre
das o in ioca nicht stammhaft^ und nur da um das gleich-
gewicht der vocale herzustellen, wie es im gallischen die
regel ist.
Mit erhaltener media findet sich auch wahrscheinlich
die wrz. yuj, im irischen iogain, liebend (durch liebe
vereint, und iog, mutter als liebende; ferner mit der na-
salirung, aber mehr verborgen, in cuing, joch, cuingim,
das joch auflegen, zusammengesetzt aus co, cum und ing,
et. forsch, ttber die älteste arzneikiinst bei den Indogennanen. 31
welches ieolirt nöthigimg, zwang, bedeutet und gewiis Ar
iung steht (cf. jungo).
Sind diese yermuthungen gegründet, so wäre für das
skr. yoga als heilmittel ein hohes alter gesichert.
3) Ein neues beispiel dieser dreifachen begriffisverbin-
dang findet sich im sanskrit besonders, wo j&li, heilmit-
tel und jäla, Zauberei und beschwörung ausdrückt. Die
Wurzel ist jal, tegere, operire, circumdare (to encompafs
as with a net. Wils.), also auch circumligare. Von jäla,
kommen jälin, jälika, beschwörer, gaukler. Das wort
gäli, beschwörung, fluch, scheint identisch mit j&li^ arz*
neimittel.
Die wrz. jal ist auch den europäischen sprachen nicht
fremd. Das netz, jäla (pers. jal, id. jal, faden) hat sich
merkwürdiger weide, wie ich anderwärts gezeigt habe, in
den europäischen namen des schwans erhalten, die zum
skr. jälapäd, gans, stimmen*).
Das lateieische galea, heim als bedeckendes, ags.
colla, id. nord. kollr, galeatus, stehen nah an skr. jä-
lika, rQstung, panzer. Das irische galiath, heim, ist
wohl römisch; dagegen findet sich die verbalwurzel, mit
dem allgemeinen sinne des bindens, in geallaim, geloben,
wetten, wünschen, geall, gioU, pfand, wette, wünsch,
geallmhuin, gelübde, geallmhar, begierig. Femer in
geillim, unterüiänig sein, geille, bände, gehorsamkeit,
gioUa, diener u. s. w. Noch näher an jal steht das cymr.
golo, umgeben, bedecken, gol, bedeckung, kleidung;
armer, gölei und gölö id. Auch cymr. gail, augenlied,
gehört hierher als bedeckendes.
4) Ein wort, welches im sanskrit fehlt, sich aber bei
den Deutschen, Slawen und Gelten findet, führt uns, wie
ich glaube, zum selben begriffe des arztes als des ver-
bin der 8, sey es im materiellen sinne des verbindens der
*) In dieser Zeitschrift IV. 124.
32 Pictet
wunden, oder im magischen sinne von fascinare. Es ist
dieses das goth« leikeis, lekeis, arzt, sammt leikinön,
heilen und leikinassus, heilung. Im ags. lautet der name
laeca, Idee, lyce (engl, leech), im nord. laeknari, im
ahd. lähhi m. lachanarra f. Das mhd. lächenaere
bietet wieder den sinn des zanberers neben dem des heil-
künstlers, und hat sich erhalten im schweizerischen
lachsner, viehbesprecher. Andere verwandte formen bei
Diefenbach, goth. wöterb.
In den slawischen sprachen, so wie im litauischen,
sollte man f&r goth. k ein g erwarten; die tenuis jedoch
behauptet sich durchweg: altsl. lekarj, poln. l^karz, illyr.
Ijekar u. s. w., arzt; altsl. Ijek'', illyr. Ijek, böhm. lek
u. 8. w. heilmittel. So auch im lit. le korus, lekarstwa,
und im finnischen lääkäri. Dies bestehen der tenuis
macht eine entlehnung aus dem germanischen sehr wahr-
scheinlich.
Im irischen hingegen, und zwar schon in alten quel-
len, findet man legi, leighi, medici (Petrie, bist and
antiq. of Tara Hill, trans. of the ir. Acad. XVIII, 203, 210)
jetzt leagh, l^igh, liagh, in der einzahl; davon l^igh-
eas, arznei, l^igheachd, medicin, leigheamhuil,
ärztlich, l^igheasaim, heilen u. s. w. Dem cymrischen
scheint das wort ganz zu fehlen.
In den asiatischen ästen des Sprachstammes finde ich
nur das pers. läk, medicamentum, das anzuklingen scheint;
da es aber auch das indische lac, die tinctur (skr. raktä,
laktaka) und wachs bedeutet, und sonst vereinzelt da-
steht, so ist es wohl verschiedener abkunft.
Das goth. leikeis ist bis jetzt so viel als unerklärt,
denn das nordische ISka, stillare, welches Grimm als Wur-
zel vermuthet (d. gr. 11. 27), scheint wenig geeignet die
thätigkeit des arztes zu bezeichnen. Boxhom. (Ang. S.
Dict.) stellt laece zu laecan, lac an, ofierre (to afford re-
lief or ease from pain), gewifs zu weit hergeholt. Diefen-
bach schweigt gänzlich darüber. So ist es wohl erlaubt
einen neuen weg zu versuchen.
et forsch. Über die älteste arzneiknost bei den Indogensaneii. 33
Die ursprüngliche wnrzel mufs lag oder lig sein, und
wir finden sie wirklich unter diesen zwei formen im skr.
lag, adhaerere, und ling, amplecti (gewöhnlich mit vor-
gesetztem ä). Lag ist somit gleicher bedeutung mit saiij,
wovon wir schon gehandelt, und langa wie sanja ist ver*
bindnng, einigung, lagna, lagita, wie sakta, verbun-
den, vereinigt u. s. w. Aus ling entstehen linga, zeichen
(wie Signum aus sanj), ideelle Verbindung, vermuthung,
lingana, umarmung- u. s. w. Auch die wrz. laj, operire,
vestire, ist verwandt, wie wir aus s an j ausdrücke f&r klei-
dung, rüstung, hervorgehen sahen.
Zu lag und ling stimmen ganz das lat. ligo und
lego so wie ki)^(a im sinne von colligo. Das celtische
bietet mehrere vergleichungen, so ir. ligh, leaghadh,
band, cymr. lieg, llegr, band, schnalle, auch llaing (cf.
skr. langa, Verbindung). Ferner llog, vertrag, llogi, ei-
nen vertrag eingehen (cf. skr. lagnaka, pfand). Llogawd,
llogail, Umzäunung gehören auch hierher als umfassendes.
In den germanischen sprachen findet man auch ver-
wandte begrifie; so im ags. laecan, nehmen, fassen, wo-
her laece (engl, leech), der blutigel, der sich anhängt.
Davon geneah-laecan, sich nähern, in-laecan, nach-
ahmen u. 8. w. Lach, kleidung (für lac?), alts. lacan,
ahd. lachan, mantel, schleier, stehen näher zur skr. wrz.
laj, tegere.
Im gothischen ist leikan, gefallen, in-leikan, sich
gefallen, leikains, lust zu etwas, und der begrifi* ist der
des sich anhängens, wie man aus dem englischen to like
noch besser ersieht. Ags. Hcian, nord. lika, ahd. liehen
haben denselben sinn. Das ags. lic, laec, läc, darbrin-
gong, opfer, lacan, schenken, opfern, stammt gewifs aus
dem begriffe des gefälligseins, des beschwichtigens, wie
placere und placare gleicher abkunft sind.
Andere, mit leikon und leiks der form nach ganz
identische gothische Wörter sind, wie es mir scheint, auch
hierher zu ziehen. So zuerst leiks, galeiks, gleich, ga-
leikon, vergleichen u. s. w.; ags. lic, nord. likr, ahd.
V. 1. 3
34 Pictet
lieb, in Zusammensetzung. Der sinn stimmt ganz zum
ags. laecan, sich nähern, denn das gleichen ist geradezu
annäherung. Aus Diefenbach (G. W. 11. 1 35) ersehe ich,
dafs Pott filr leiks auch eine wurzel lik annimmt, und
ich glaube mit recht. Bopp's vergleichung mit skr. dr^a,
drk (vgl. Gr. 17,596, 600) scheint sehr zu bezweifeln, da
das k nicht stimmt, und die ursprüngliche media durch das
litauische lygus, gleich, gesichert ist. Eher kann man
Bopp's vermuthung fbr -Xixos und sl. -lik gelten lassen,
deren zusammentreffen mit leiks somit nur scheinbar
wäre.
Endlich stellt sich noch, mit grolser Wahrscheinlichkeit,
das gota. leik, ags. Itc, nord. lik, ahd. lih (gen. lichi),
körper, fleisch hierher, dessen Zusammenstellung mit skr.
dSha (Bopp vgl. gr. 16) gar zu vielen ein Wendungen räum
giebt. Vom verbunden sein, sei es der glieder unter sich
oder des körpers mit der seele, kann der leib sehr schick-
lich benannt werden, und wir haben wirklich dafür das
beispiel des skr. bandha, leib (cf. ags. bodig, engl, body )
von der wrz. bandh, ligare.
Ich kehre nun zum celtischen zurück, wo unsere wur-
zel wiederum die bedeutungen des schwörens und zaubems
zeigt, gerade wie die wrz. sanj. Im irischen ist nämlich
luighim, lughaim, schwören, lugha, lughadh, eid;
cymr. 11 w, armor. le, mit verlust der endconsonanten, wie
öfter.
In Verbindung mit den zwei präf. eas, as, ex, re-,
und ar, super, bildet sich aber das irische eas-ar- lui-
ghim, bezaubern, woher eas-ar- luigheachd, hexerei,
Zaubergesang, bezauberung durch kräuter. Auf das u der
wurzel ist wie sonst kein gewicht zu legen, da es mit a
abwechselt, und man auch asarlaigheacht findet Man
vergl. ferner suidhim, sedeo mit skr. sad u. s. w.
Nach all dem gesagten wäre bei den Germanen und
Gelten der name des arztes hervorgegangen aus dem be-
griffe des bindens der krankheit durch zauber und Sprü-
che, und leiks, wie bhishaj, würde den fascinator
et. forsch, ttber die älteste annei]^imst bei den Indogennanen. 35
bezeichnen*). Es ist zu bemerken, dais gerade bei diesen
zwei Yölkem die ärztlichen Zauberformeln in hohen ehren
standen, worüber man Grimmas d. mythol. nachsehen kann.
Für die Gelten müssen besonders die alten irischen formein
bei Zeufe (gr. Cdt 925) berücksichtigt werden, so wie
die noch älteren bei Marcellus Burdigalensis, die sich, wie
Grimm zuerst durch die glückliche erklärung einer dieser
formein gezeigt hat, recht gut durch das irische deuten
lassen**).
4) Dieselbe Verbindung des heilens und zaubems, aber
aus einem andern urbegriffe, zeigt sich in einigen anwen-
duDgen der skr. wrz. car, eigentlich ambulare, errare, aber
auch in opere versari, agere, facere. Mit vorgesetztem
upa nun, erhält car die bedeutung von mederi, adjuvare,
colere, wovon upacära, upacärya, heilkunst. Mitabhi
aber nimmt es den entgegen gesetzten sinn, perfide agere,
violare, und dann fascinare, incantare, woher abhicära,
Zauberei, und abhicärin, zauberer, in böser bedeutung.
Im persischen finden wir das einfache car ah alf be-
zeichnung des heilmittels imd der heilung; es ist aber auch
im allgemeinen hülfe, art, weise. In den slawischen spra-
chen nnd im litauischen, wo die wurzel auch einfach da-
steht, nimmt sie aber ausschliefslich den sinn des zaubems
an. So das altsl. car (pl. car"i) magia, praestigia, ca-
rodjei, magus, carovati, incantare, carov&nie, incan-
tatio (Dobr. Inst. 100); poln. czary, böhm. c4ry, carove,
artes magicae; poln. czarownik, illyr. cjarovnik, ma-
gus u. s. w. Das litauische czerai (pl.)? Zauberei, ist
wohl dem polnischen entlehnt; dagegen finden wir das Zeit-
wort kereti, kyrti (kerü, kyru) f&r behexen, bezau-
bern, wovon kerejimas, keryczos (pl.) hexerei, und
*) Binden nnd heilen finden sich zusammen im hebrUscheni wo cho-
besh, arzt, von chäbash, ligavit, abstammt.
♦♦) In den abhandL der Berl. akad. 1847. 429. Es ist mir seitdem ge-
lungen, wie ich glaube, s&mmtliche fonneln (es sind deren acht im ganzen)
ohne anstofs aus dem irischen zu erklären; worüber anderswo mehr.
3*
36 Pictet
nu-keretojis, zauberen Obwohl aber im sanskrit c und
k gleichzusetzen sind, da ersteres aus letzterem entspringt,
so entsteht doch der zweifei, ob kerü nicht zur wrz. kr,
facere, gehört, da das davon abgeleitete skr. krtya auch
Zauberei bedeutet. Derselbe zweifei erneuert sich fär das
irische cro, croan, hexerei, das jedenfalls zusammenge-
zogen ist. Uebrigens sind die wurzeln kr und car, dem
sinne und der form nach sehr nahe verwandt.
5) Nach einer andern seite hin, aber immer zugleich
zum heilen und zaubern, führt uns ein merkwürdiges ger-
manisches wort, das mir im sanskrit zu wurzeln scheint;
es ist das goth. lubi, oder lubja, zaubertrank und gift,
erhalten in lubja-leisei, cpagfiaxeia. Im nord. istlubbi
auch gift*), im ahd. luppi, gift und maleficium; im ags.
aber erweitert sich die bedeutung, und lyb, Hb ist über-
haupt fascinum, obligaraentum magioum, lybesne, phy-
lacterium, liblaecan, fascinatores, lybsyn, maleficium
(bei Boxh. purging by sacrifice or witchcraft). Das wort
nimn)t sich auch, wie (fdgfiaxov, im guten sinne; so ags.
lif, medicamenta, nord. lif, id. lifia, sanare, ahd. lup-
pon, medicare (aber luppari wieder maleficus). Die Ur-
bedeutung scheint die des ags. zu sein, nämlich zauber im
aUgemeinen, woher nach zwei richtungen hin, die heilsa-
men oder bösen zaubermittel benannt werden, und nichts
scheint zum begriffe von saft, trank, salbe zu führen, wie
Diefenbach es vermuthet (goth. wörterb. IL 152).
Dies bestätigt sich durch den wahrscheinlichen Ur-
sprung des Worts, das uns zur skr. wrz. lubh, perturbare
(to bewilder, perplex, delude. Wils.) zurückführt. Dies gilt
besonders von der zauberischen Verwirrung des geistes,
denn lubhita, vi-löbhita bedeuten nach Wilson fascina-
ted, allured, beguiled, perplexed, und vi-16bha, pra-
löbhana u. s. w. allurement, seducing, attraction. Der
*) Lubbi fehlt zwar in Biorn's lex., doch findet es sich im comp,
kiia-lubbi, kuhgift, welche» eine art püze bezeichnet.
et. forsch. Über die älteste arzneikunst bei den Indogermanen. 37
andere sinn derselben würze], nach der 4ten classe (lubh-
yati), cupere, avere, caus. Idbhayati, illicere, libidines
excitare, ist vom ersten abgeleitet, nnd soviel als libidine
pertorbatnm esse; lobha, pralobha, begier, heifes ver-
langen, bezeichnen eigentlich die Verwirrung der Seele durch
leidenschaft. So hängt das goth. lubi zunächst mit Hubs,
liubjan zusammen, wie (piXrQov mit (fiXita^ was Die*
feubach nicht erkannt zu haben scheint.
Das irische lubaim hat nur die materielle bedeutung
von krümmen, neigen, die wohl nicht ursprünglich ist, und
aus dem begriffe des ablenkens, abfbhrens vom rechten
w^e, mit concreterm sinne, entstehen konnte. Dies zei-
gen die derivata, die sich ganz wieder an die sanskritischen
anschlieisen. So lüb, lüba, lobais, luibineachd, be-
trug, list, lubaire, betrüger, und besonders luibin,
schone frau, als verftlhrerin. Lubha, lob ist ganz ger-
manisch. Das cymr. Hob, einfältiger mensch (cf. nord.
lubbi, servus ignavus, engl, lubber etc.) lehnt sich, dem
sinne nach, an das skr» lubhita, verwirrt, bestürzt u. s.w.
Diefenbach vergleicht mit recht, wie mir scheint, das
irische luibh, luibhean, kraut, luibh-colas, kräuter-
künde. Dafs sich damit magische kunst verband, erhellt
aus einem andern namen des krauts, lus, luis, woher
Iu8r6g, luisreog, zaubermittel, philtrum, und luisreo-
gaidhe, der solche mittel anwendet.
Ich weifs nicht, ob man hier auch das armor. lor-
bein, bezaubern, verführen, lorbour, hexenmeister, 1 or-
ber ez, hexerei, das sonst vereinzelt dasteht, zu unserer
Wurzel stellen kann. Es müfste denn das r unorganisch
sein.
6) Berührungspunkte zwischoi heilen und zaubern
finden sich nochmak im germanischen werte selbst; denn
goth. hails, ags. hael, nord. heill, ahd. heil, bedeutet
sanus, hailjan u. s. w. sanare, aber nord. heilla, fasci-
nare; heill (ags. hael) omen, gutes und böses;' ags. hael-
sian, obsecrare, ahd. heilison, augurari. Im ersten sinne
38 P»ctet
nur fiadet es sich auch bei den Slawen, altsl. tsjeT', sa-
nus, tsjeliti, sanare, tsjeliter, medicus u. s. w.*) und
im litb. czelas, ganz, unbeschädigt«
Ueber den Ursprung des wertes ist man noch wenig
im klaren. Bopp denkt an skr. k^yala oder sakala,
totus; Benfey stellt es zu wrz. pri, colere, venerari (gr.
wurzellex. II. 173), Viel näher scheint mir das skr. kalya
zu stehen, gesund, vollkommen, von guter Vorbedeutung
(auspicious), wovon kalyatva, gesundheit, kalyäna,
glücklich u. s. w. Es gehört wahrscheinlich zur wrz. kal
im sinne von animadvertere, videre, aestimare, und bedeu-
tet somit etwa conspiciendus. Die bedeutung auspi-
cious erklärt auch das nord. ags. heill, hael, omen, und
ahd. heilisön, augurari.
Das irische cail, stärke, calma, stark, gehören viel-
leicht auch hierher.
7) Das heilen hat man sich auch vorgestellt als ein
reinigen von der krankheit, und diese reinigung wurde so«
wohl durch zauber im guten sinne als durch opfer imd re-
ligiöse handlungen erstrebt. Zu diesem kreise der Vorstel-
lungen fbhrt uns nun, wie ich glaube, das lateinische sä-
nus, sanare, von dessen ursprünglicher bedeutung wir
jetzt handeln wollen.
Dafs das n in sanare nicht wurzelhaft ist, zeigt das
griech. (Ter 0(0, und haben schon Pott und Benfey erkannt
(et. forsch. I. 201, gr. wurzellex. I. 360). Letzterer stellt
aaoff) mit Benary zu skr. sahya, gesundheit, mit wenig
Wahrscheinlichkeit, da sonst ;^ = h nicht so leicht abfällt.
Mir scheint aaoco f&r aa^ocj zu stehen, so wie sänus
ftir savnus, und dies fbhrt uns zur skr. wrz. su, welche
besonders das bereiten des sdmasafts und opfers ausdrückt,
aber auch im allgemeinen stillare und libare bedeutet**).
Sava, savana (zend havana), abhishavana stehen
*) Sl. ts für ureprüDgliches k wie in tsjesar' = Caeßar.
**) Im R. V. sunvat, libans, nach Rosen. 101. 18.
et. forsch. Über die älteste arz&eikQUst bei den Indögemumen. 39
geradezu Ar opfer, besonders aber f&r die dem opfer vor-
hergehende reinigung durch waschen und baden.
Zu savana als religiöse reinigung stimmt nun ganz
das goth. saun, ahd. suana, suona, mhd. suone, die
söhne mit dem begriffe der reinigung von der schuld; und
schon Pott stellt das wort zur wrz. su (et. forsch. I. 216).
Aber auch goth. sunis, wahr, sunja, Wahrheit, sunjöns,
rechtfertigung, scheinen hierher zu gehören, denn die be-
griffe des wahren und des reinen stehen nah zusammen*
Von obigen formen kann man aber schwerlich das ags.
sund, ahd. ki-sunt, sanus u. s. w. trennen, wodurch wir
wiederum zu der griechisch-lateinischen bedeutung zurück-
geföhrt werden.
Im persischen und in den celtischen sprachen finden
sich, in merkwürdiger Übereinstimmung, anwendungen gleich-
lautender Wörter fib: heilknnst und Zauberei, was unsere
vermuthungen bestätigt. Die wrz. su, im sinne von stil-
lare imd lavare, zeigt sich vorerst im pers. shawtdan,
träufeln, und shüyidan, waschen (imper. shü, wasche!
auch als subst. das waschen). Shünist aber, und mit
praef. af-sün, bedeutet zugleich heilmittel und Zauberei.
Für letzteren begriff findet man femer af-sänah, af-säy,
fu-sün, so wie ßXr zauberer af-sä, fa-s&y^ fa-säni-
dab, fu-sün& u« s. w. *). Alle diese formen f&hren uns
zurück zum skr. sava, savana, abhishava, abhisha-
vana, welche nur opfer und reinigung ausdrücken.
Im irischen stimmen sabh, Speichel, salbe, und subha,
saft zu skr. sava, blnmensaft, wasser u. s. w«, aus su, de-
stillare. Die form savana zeigt sich aber wiederum in
seun, s^an, zaubermittel im guten sinne als schützendes,
daher auch sogen, glück; s6anaim, ist segnen, durch gute
zaubermittel gegen hexerei beschützen. Davon s^ana-
doir, zauberer, seanmhar, seunta, bezaubert, glück-
lich, seanadh, zanber und segen u. s. w. Im cynmschen
*) Blau berttckaichtige hier den abfall des n als unwesentlich, in meh-
reren formen, und den Wechsel des ft und &, beide au» av, wie das ä in
^änus.
40 Pictet
finden wir swyn mit denselben bedeutungen von zauber,
segen und schütz, aber aaeh von heilmittel; swyuaw ist
zugleich bezaubern, segnen, schützen und heilen. Davon
viele ableitungen, wie swynwr, swynydd, zauberer,
swynogl, amulet, swynawl, bezaubernd, schützend, heil-
sam u. s. w. Heiliges, gesegnetes wasser heifst dwfr
swyn.
So zeigt uns diese wichtige Wörtergruppe in den ver-
schiedenen ästen des indogermanischen Stammes, die reiche
begrifisreihe von opfer, reinigung, sühne, segen, zauber und
heUung.
8) Die doppelte bedeutung des arztes als reiniger und
opferer hat sich, wie mich dünkt, schön erhalten in den na-
men der beiden göttlichen Srzte Ilanav und Maxcttav,
die schon im Homer auftreten*). IJaiav (bei Homer
llai7]a)v) ist der arzt der götter und selbst ein gott; er
heilt den von Herakles pfeile verwundeten ^AtSvig^ und
wieder, auf befehl des Zeus, den von Diomed's lanze ge-
troffenen Ares. Da naiatv sonst überhaupt einen arzt be-
deutet, so wird der sinn des wertes wohl ein allgemeiner
gewesen sein, und der beiname afLVfivDv zutT^r?}^) bei
Homer bezeichnet :den arzt par excellence. Maxdwv
dagegen ist nur ein halbgott, einrJQcog, als söhn des Ascle-
pios, und ist mit den Griechen vor Troja gezogen.
Der name Ilanav scheint sich am besten aus der skr.
wrz. pü, reinigen, zu erklären; dabei muTs man aber von
der homerischen form nan^tav ausgehen. Diese nun steht
vermuthUch fbr nofirtmf^ gleich einem sanskr. pavyävän.
Dieses findet sich zwar nicht, doch wäre es ganz regel-
mäßig gebildet aus einem femininum pavya, reinigung
(aus pü, wie vidyä, Wissenschaft aus vid, 9ayyä, bett,
lager aus ^i) und dem suffixe van. Das ganz ähnliche vid-
yavan bedeutet gelehrt, im besitze der Wissenschaft, und
•) n. IV. 218. V. 401, 900.
et forach. aber die älteste arzneikunst bei den Indogermaneo. 41
SO würde payjr&Yan den arzt bezeichnen als den der rei-
nigutig und heilung mächtigen.
Ffir Mdxctiüv haben wir zur hand das ved. makha,
opfer*), worüber Kuhn in dieser zeitschr. (IV. 9); also
makhavan, der opferer, von gleicher bildung mit nat-^adv.
Eine direkte ableitung von fiäxofiai würde sich dem be-
griffe nach weniger rechtfertigen, da der arzt kern kam-
pfer ist**).
9) Auch das griechische fidyyavov, arznei und zau-
bermittel, zaubertrank, geht von der idee der reinigung
aus, da es mit Pott (et. forsch. I. 172) gewift zur skr. wrz.
manj, purificare, zu stellen ist. Die ableitungen von
manj im sanskrit lehnen sich fast sämmtlich an die be-
griffe von Schönheit und glück, ohne anwendung auf arz-
neikunst und Zauberei. Eine heilpflanze (bengal madder)
heifst zwar maiijishtha, aber nur als sehr schöne oder
vortreffliche. Die durch ihre Schönheit verführende hure
heilst manjikä, was merkwürdig mit dem litauischen
manga übereinstimmt.
Mit fidyyavov als Zaubermittel, fia/yarsia^ Zau-
berei, fiayyav€VTi]g, Zauberer u. s. w., scheint mir aber
fidyog, fiaysia^ fiayevrrjg nahe verwandt; nicht direkt
zwar, da das wort persisch ist, aber als ans derselben quelle
geflossen. Im persischen nämlich ist m&jidan (fbr älteres
mägidan) auch purificare, und da die alten magier feuer-
priester waren, so kam ihnen der name der reiniger mit
recht zu. Neupersisch heifst der magier mugh, mügh,
gewifs eine verdorbene form, da die rechte ausspräche nicht
nur durch fidyog sondern auch durch das hebräische mag
(Jer. 39. 3) gesichert ist. Im armenischen ist mok, Zau-
berer, mokuthinn, Zauberei. Im zend hat sich das wort
noch nicht gefunden, wird aber wohl da gewesen sein.
*) Id Nigb. unter den yajüan&ip&ni.
**) '^S^' jedoch Ebel in dies, zeitschr. L 294.
42 Pictet
10) Ich gehe nun über zu einigen Wörtern, die uns
zu neuen begriffen fähren.
Im Sanskrit heilst yäpana, das mildern des Schmer-
zes, das lindem der krankheit, yäpya, yäpaniya, ein
übel das gemildert werden kann. Yäpana bedeutet ei-
gentlich austreibung, und gehört zur wrz. yä, ire, in der
causalform yäp (yapayati) facere ut abeat, expeUere. Zu
diesem yäp stimmt sehr schön das griechische lanrio,
mittere, noch besser aber, dem sinne nach, ^nidaty
'^Tti.oWf besänftigen, mildem (genau yäpayami), ^titj-
aaad-ai^ heilen, ausbessem. Von heilmitteln besonders
wird fjntog, mild, besänftigend gebraucht (s. ijnia (pdQ-
fxaxa bei Homer. II. IV. 218. XI. 830) und das heihnittel
selbst helfst r^nia^a. Diese ausdrücke sind gewifs uralt,
da sich die namen des göttlichen arztes *Jaxki]7iiog und
seiner gemahlin *Hni6vi] daran reihen. Ueber die bedeu-
tung von aaxl ist man noch im dunkeln, wenn man nicht
die sage von einem könig *'AaxXrig in Epidaurus gelten las-
sen will, von welchem der göttliche arzt, nach glücklicher
heilung eines augenübels, den namen ^Aaxki^mog erhalten
hätte, da er zuvor nur ijnios hiels. Die wahrscheinlichste
auslegung scheint mir die vonacrxim, besorgen, mit Sorg-
falt bereiten u. s. w. öfters bei Homer, wodurch !äaxki]7iiog
der besorger des heilmittels wird, was sehr gut paust. Das
eingefilgte l bleibt jedoch dabei unerklärt Jedenfalls ist
der name zusammengezogen, was auch die römische form
aesculapiuB anzeigt.
Nun fragt es sich ob man nicht auch la6fia$ sammt
laTQog^ laTiJQ, tafia, iaaig u. s. w. hierher, ziehen
könnte. Die bekannte ableitung von laivw, wärmen, ist
wenig befriedigend, da der arzt eben so oft durch kühlung
als durch wärme die schmerzen lindert, und er sonst mehr
ist als ein erwärmer. Vermuthen könnte man einen abfall
des causalen ;r, das zuerst zu jr sich erweicht hätte: also
idofiai ftlr lajro ^ai und i^anofiai^y larQog fdr la^Qog
und iaTiTQog, Man findet auch Idcofiai dessen tj ftlr da-
gewesenes ^ zu sprechen scheint. Doch kann man auch
et forsch, über die älteste anneikunst bei den Indogennanen. 43
annehmeD, dals die wrz. yä, ohne das causale p, die cau-
sale bedeutung erhalten hätte, was sonst bei manchen wur-
zehi der fall ist. Der wahre sinn von largo g wäre so-
mit anstreiber der krankheit, was gewifs besser pafst als
erwarmer.
11) Vom besiegen der krankheit heifst im sanskrit das
heilmittel jäya, aus wrz. ji, vincere wie jaya, sieg.. Im
litauischen aber hat die wurzel selbst die bedeutung von
sanare angenommen, und gyti (gyiu, gyn u) ist heilen,
eigentlich vincere (morbum). Davon abgeleitet sind ga-
jus, heilbar, gyimas, heilung, gyjoma iol^, heilkraut,
gajutte, Chelidonia majus als heilsam. Von der causal-
form gydyti (gydau) kommen femer gydytojis, arzt,
gydimas, heilung u. s. w.
Im pohlischen findet man das übereinstimmende goi<5,
heilen, goiene, heilung, goisty, heilsam. In den andern
slawischen sprachen habe ich das wort nicht entdecken
können, denn das altsl. gon^znati, salvare ist wohl ganz
verschieden. Miklosich vergleicht goth. ganisan, schwer-
lich mit recht,*, man könnte eher an die skr. wrz. jams,
servare, tueri, denken.
Eine merkwürdige analogie mit skr. jäyu bietet aber
noch das irische gius, die mistel, das vorzüglichste heil-
mittel bei den Gelten schon zur zeit der Druiden. Aus
Plinius wissen wir, dals ihr gallischer name omnia sa-
nans bedeutete, und dazu stimmt ganz das irische uil-
iocadh, wie die mistel auch genannt wird. Das s in
gius gehört wahrscheinlich zu einem neut. thema jayus
(wie in aes^ aos, aetas = skr. äyus). Damit verwandt
scheint geasa, zaubermittel, geasadoir, geasröir, Zau-
berer, geasaim, wahrsagen (denomin.?); womit wiederum
das armenische gius, zauberer, giukh, Zauberei, zusam-
mentri£%.
12) unter den namen des heilmittels findet sich im
sanskrit dravya, arznei im allgemeinen. Das wort be-
44 Pictet
deutet aach harz, gunimi, pflanzensaft und überhaupt was
von bäumeo kommt oder zu den bäumen gehört. Es wäre
somit eine ableitung von dru, bäum; man kann es aber
auch mit drava, saft, ausfluls, flüssiges u. s. w. zur wrz.
dru, stillare, setzen.
Wie dem auch sei, dieses wort findet sich wieder mit
praef. und erweitertem sinne, im altsl. z"drav",* sanus,
russ. zdorovyi, poln. zdrowy u, s. w.; illyr. ist sdrav,
heilsam, und osdraviti, heilen.
Darrus kann man auf uraltem gebrauch der pflanzen-
säfte zur heilkunst schliefsen, wie auch ganz natürlich zu
Tcrmuthen war.
13) Dafs die arzneikunst sehr früh als eine Wissen-
schaft betrachtet wurde, bezeugt das skr. vaidya, arzt,
eigentlich gelehrter, weiser, von veda, Wissenschaft, und
wrz. vid, noscere. Der name kommt schon im Rämslyana
vor (II. IX. 9I. 9. ed. Gorresio. 11. x. ed. Schlegel); ob in
den veden weifs ich nicht. Aus der angegebenen stelle er-
sieht man, dafs die medizin damals schon mit vieler Sorg-
falt betrieben wurde, da der könig Daparatha von seinen
ärzten spricht als, kupalä vaidyäh samvibhaktä9ca
vrttibhih, geschickt« heilkünstler in den verschiedenen
zweigen ihrer kunst getheilt*).
Dals der name vaidya aber uralt sein mufs, erhellt
aus dem litauischen^ wo waistas, waikstas, heilmittel,
und waistitojus, arzt, bedeuten. Die nähere wurzel ist
wid, wyd (wysti, sehen), welche in den ableitungen zu
weid, waid, waizd wird. Im illyrischen finde ich auch
is-vidati, sanare, medicare, is-vidagne, medicatio. In
den andern slavischen sprachen geht die bedeutung über
zur Zauberei und Wahrsagung; so russ. vjedün^\ hexen-
meister, vjed^ma, hexe; poln. wiedma, wieszczka, id.
*) Nach Manu's gesetzbach scheint aber die Stellung der ftrzte gerade
keine sehr glänzende gewesen zu sein, da ihre speise ilir die Brahmanen un-
rein war (IV. 212), sogar gleich eiter (IV. 220); und die medizin Überhaupt
nur von den ambasht^&^ (söhnen eines brahmanen und einer vai9ya, das
ist von einer untergeordneten käste) betrieben wurde (X. 47).
et. foTBch. Über die ttlteete arzneiknnst bei den Indogermanen. 45
ad Wahrsagerin; böhm. wjeshtiti, wahrsagen, illyr.
^jesctica, hexe u. s. w., sämmtlich vom altsl. Tidjeti,
ndere.
Ebenso im germanischen vom goth. vi tan, scire u.s.w.,
(las ags. wita, nord. vitkr, magus, vates; ags. witega,
ahd. wizago, id. Dazu die weisen frauen als hei-
lende. Auch im celtischen, ir. faidh, ers. fäidhe, vates
^cf. fadh, fodh, feath, scientia); ir. fiothnaise, Zau-
berer; cymr. gwiddan, hexe(gw7ddyd, wissen) u.dgl. m.
Da die wurzel vid in aUen diesen sprachen lebendig
geblieben ist, so kann man nicht überall auf eine ursprüng-
liche anwendung auf medizin und Zauberei schlieüsen; doch
ist das begegnen des skr. vaidya mit dem lith. waistas
und dem illyr. is-vviditi schwerlich zufallig.
Aus demselben begriffe des wissens in wrz. kit (ci-
keti) entspringt in der desider. form cikitsati die be-
deutong sanare, woher cikitsä, medizin und cikitsaka,
arzt, schon im Rämäjrana (11. xc. ^. 24; Gorres.). Berüh-
mngen finde ich anderswo damit keine.
14) Ich komme nun zur zendwurzel madh, metiri,
welche, wie Bumouf zuerst gezeigt hat, mit dem präf. vi
die bedeutung von medicare annimmt, woraus vimädha,
medicamentum (J. A. 1840. 42). Im sanskrit findet man
für metiri die wrz. mäh, die wohl für m&dh oder madh
steht. Zu dieser form scheint mir madhya, medius und
centnun, zu gehören, da die mitte recht eigentlich das ge-
messene ist. Das wort findet sich, wie bekannt, in allen
indogermanischen sprachen, wozu man Diefenbach goth.
wörterb. voc. midja nachsehen kann. Ich will nur dabei
bemerken, dafs fxiaos'^),60 wie das irische meas, mensura,
besser zum skr. mas, metiri, als zu madhya stimmt.
Für das fehlende madh, mädh, bietet uns das sans-
krit die verwandte wurzel midh, medh, intelligere, da
das begreifen als ein geistiges messen verstanden werden
kann. Man vergleiche dazu mßdhi, der pfähl im centrum
♦) Aber ^^<r<ro«! K.
46 Pi<^^^
der tenne, vielleicht aach m^dha, zend maSdha, opfer,
als Vermittlung. So scheint mir auch hierher fjiav&dvw
(fiaö-ü))^ intelligere, discere, das man sonst zur wrz. manth,
agitare, gestellt hat, zu gehören; wobei man berücksichti-
gen mufs, dafs fid&f]ais, fid&tjfia vorzüglich die kennt-
nifs der zahlen und maafse ausdrückt. Ein ähnlicher Zu-
sammenhang zeigt sich zwischen goth. mitan, metiri und
mitön, considerare; doch stimmt die wrz. mit wieder
besser zu skr. mad (f&r mad?) metiri, als zu medh, so
wie auch fiijSofiai^ welches Burnouf damit vergleicht.
Das ir. meadh, wage und cymr. meidr, maafs, können
so gut zur einen als zur anderen form gehören.
Nicht so das lateinische mederi, medicus u. s. w.,
dessen specieller sinn, der sich sonst nirgends erhalten hat,
bestimmt auf das zend. mädh zurückweist Es ist dar-
nach zu vermuthen, dafs meditari und modus (eigentl.
maafs) gleichfalls zu m4dh gestellt werden müssen.
Was ungewifs bleibt ist der eigentliche begriff, den
man mit vimadh als heilen verband. War es ein nach-
denken über die krankheit, ein streben nach der kenntnifs
des Übels wie skr. cikits, oder ein wirkliches, materielles
messen? Letzteres wäre sehr möglich, da nach Grimm (d.
myth. 1116. 2i^ ausg.) es ein uralter gebrauch ist die
kranken zu messen, um sie zu heilen. In diesem falle
würde das zusammentreffen des zends und lateins diesen son-
derbaren gebrauch bis in die fernste vorzeit zurückßlhren.
15) Nachträglich erwähne ich noch einiger ausdrücke
und gebrauche, die mehr vereinzelt dastehen, aber dennoch
bemerkenswerth sind.
a) Von der anwendung des gesangs und der musik,
auch wohl des blofsen lärmens und Schreiens, als heilver-
fahren, finde ich im sanskrit keine spur. Sie scheint be-
sonders den Griechen und Slawen eigen gewesen zu sein;
bei den Römern, Germanen und Gelten hingegen blofs für
Zauberei im gebrauch. Der heil- und zaubergesang hiefs
bei den Griechen inaoiSi], inrpStjy schon im Homer,
et forsch. Ober die illteste arzneiknnst bei den Indogermanen. 47
WO die söhne des Autolykus damit den blutflufs des ver-
wundeten Odysseus stillen (Od. XIX, 457). Nach Theo-
phrast heilte man die gicht mit flötenspielen über das kranke
glied. Der schreier aber, yorjg^ war nur Zauberer, gauk-
1er, betröger, wie marktschreier; und yotj galt ftr ulula-
tns magicus (cf. skr. gu, sonare).
Das altsl. balii vereinigt die bedeutungen von incan-
tator und medicus, und bal'stvo ist medicamentum. Mi-
klosich stellt es zu o-bavati, incantare, und vergleicht
(pdio und fa-ri (man könnte eher an ßoday denken). Im
poln. ist batuch dumpfes betäubendes getöse; im russ. ist
baly, geschwätz, narrenspossen , balii ein possenreifser;
femer baläkatj, schwatzen, balakanie,geplauderu.s.w.,
und so ist wohl der begriff des Schreiens, lärmens der ur-
sprüngliche. Vergleicht man nun damit das lat. balare,
blocken, das ags. bellan, nord. belia, ahd. pellan, boare,
latrare; das cymr. ballaw, clamare, das lit. byliti, loqui,
auch noch das pers. bS,lah, klage u. s. w., so wird man
wohl zu einer wurzel bhal geführt, die sich auch im sans-
krit findet, aber mit der secundären bedeutung von me-
morare, describere (bei Wilson: to teil, to describe, also
durch reden).
b) Das ahd. arz&t, arzenari, medicus, steht ganz
vereinzelt da, und wird bis jetzt aus artista erklärt. Da
aber, nach Grimm's bemerkung (d. myth. 1103) es nicht un-
mittelbar daraus abzuleiten ist, so kann man sich wohl
nach einer andern quelle umsehen*). Die wurzel müfste arz
sein, und damit stimmt ganz das griech. HqSslv, facere,
Sacra facere, sacrificare ; auch einem etwas anthun im bösen
sinne, 'igSsiv tivi t£, einen behexen. Dafs (gSetv gleich
ÜQyBiv sei, wie Benfey als gewifs angibt (griech. wurzellex.
L 84) scheint sehr zu bezweifeln. Es gehört wahrschein-
lich zum v^dischen ard, ire (in Nigh.), woraus der sinn
von facere sich leicht entwickelt, wie in der wrz. car. Der
arzt wäre somit wieder ein zauberer, und es ist merkwür-
♦) Neuerdings leitet Grimm arz&t, gestutzt auf mnl. aersatre, aus oQxf^*-
T^o?, d. wb. 677. K-
4S Pictet
dig, dafs das pers. &rd&w gerade diesen sinn hat, und
ardÄ einen magischen priester bezeichnet.
c) Dunkle irische namen des arztes sind freapaire
und teibe. Ersteres, wozu auch freapadh, arznei, be-
deutet ebenfalls Springer (a bouncer), so wie freapadh,
Sprung, lauf, ausschlagen mit den f&fsen. Man findet auch
als verbum preabaim, springen, stampfen, und preab,
preabadh, sprung, zucken. Ers. ist priobadh, das
zucken der augenlider. Weist dies auf das tanzen des arz-
tes um den kranken, wie es bei mehreren wilden yölkem
der brauch ist? Doch könnte man auch das wort mit prea-
ban, flickstück, und preabanaim, flicken, vergleichen,
wodurch es sich, dem sinne nach, zum griech. axBari^Q^
axiofjiai, und zum hebr. r&phä, sarsit und sanavit, stel-
len würde.
Was teibe betriffi;, so gibt das irische keine erklä-
rung; es stimmt aber sonderbar zum arabischen tabib,
arzt, tabibi, heilkunst, tabb, tibb, tubb, arznei und
Zauberei. Die wurzel ist tabba, etwas mit mufse thun,
medizin ausüben. Vom arabischen ist das wort auch in
die malayischen sprachen gedrungen, mal. tabib, dajak.
tabit, arzt. Es finden sich nun zwar im irischen eine
gewisse anzahl von Wörtern, die sich schwerlich anders als
aus dem semitischen erklären; wie sie aber hineingekom-
men sind, ist noch eine sehr dunkle frage.
d) Das Sanskrit hat viele eigenthümliche ausdrücke
tdr arzt, heilkunst und heilmittel, die theils neueren Ur-
sprungs sein können, theils ungewisser abkunfl sind.
Vom leben heifst die medizin äyurveda, Wissenschaft
des lebens, und jtvada, lebengebend, und die arznei
jivanta, jaivatrka. Als gegner der krankheit heifst
der arzt rögahan, rögah&rin, rögäntaka, rögapan-
taka, der die krankheit tödtet, wegnimmt, endet, beschwich-
tigt.' Von gada^ übel, kommt gadäräti, arznei (krank-
heitsfeind); agada, übellos, heil, heilsam, agadakära,
heilmacher, arzt. Döshajna ist der krankheitkenner. Un-
ter daivi, göttliche, verstand man einen besondern zweig
et forsch. Über die älteste anaieiJcimst bei den Indogermanen. 49
der medizin durch Zauberei. Andere' leicht verständliehe
namen des heilmittels sind päcana, als gekochtes, amrta,
todloses, sädhana, wirkendes, kshetriya, zum körper
gehörig, takilä wahrscheinlich sustentans, von tak,
ferre*). Das vieldeutige tantra erklärt sich wenig, als
arznei, aus tan, tendere. — Dunkle namen des arztes sind
vathara (vielleicht aus vath, valere, sufiScere; unbelegt)
und das wunderliche ha, auch vieldeutig und schwer zu
deuten.
Diese au£sählung macht keinen anspruch auf Vollstän-
digkeit und wird sich leicht vermehren lassen.
Blicken wir zurück auf den durchlaufenen weg, so
dürfte die ernte im ganzen reicher erscheinen als zu er-
warten stand. Der berührungspunkte zwischen den ver-
schiedenen ästen des grofsen sprachstammes sind hier ziem-
lich viele, obgleich die analogien weniger durchgreifend
sind als in andern Wortklassen. Sie umfassen aber das
ganze gebiet des indogermanischen, und was sich hier ver^
loren hat, findet sich dort noch erhalten. Wörter, die sich
auf gewisse gebrauche und sitten beziehen, verschwinden
eher und leichter im laufe der zeit mit der sache selbst,
als diejenigen, welche unveränderliche naturgegenstände be-
zeichnen; und in hinsieht auf die heilkunst, die so man-
chen Wechsel erfahren hat, mufs man noch erstaunen über
die masse des nach mehreren Jahrtausenden zurückgeblie-
benen.
Was die begriffe anbetrifft, die sich uns, als zur vor-
historischen medizin gehörend, enthüllt haben, so sind sie
im ganzen ziemlich roh und sehr wenig wissenschaftlich.
Zauberei und abergläubische gebrauche scheinen vom an-
*} Diese bedeutung scheint mir auch die des griech. (pag/iaitov zu
sein, das ich nicht mit Benfey (gr. wurzellex. I. 516) zu fiaaaa stellen
mochte, als geknetetes {{paQ Hlr y^a und pra?), sondern zu yi^w (bhr)
als sustentans (cf. skr. bharma Stipendium, bharmaka?). Dafür spricht
nicht nur die analogie von takila, sondern die des pers. dftrü, arznei, von
däshtan (2 pers. praes. däri) ferre, tenere d&r, dÄrandah, trllger u. s. w.
Cf. skr. dh]:, ferre, sustentare, nutrire.
V. 1. 4
60
Kuhn
b^nn gewaltet zu haben, wie sie sich später unter ver-
schiedenen formen fast überall wiederfinden. In diesem
gebiete, wie auch in allen andern, führt uns die forschung
auf einen zustand des schlichten naturlebcns bei unseren
Ütesten vorfahren. Das mag denen wenig gefallen, wie
Kuhn es anderswo bemerkt*), die noch immer von einer
anfänglichen goldenen zeit der Wissenschaft träumen, aber
die beweise davon liegen unumstöfdich in den sprachen zu
tage; und es ist dieses schon ein wichtiges ergebnifs der
vergleichenden Sprachkunde.
Adolphe Pictet.
Zusatz des herausgebers über ido/iai und
mederi.
Unter den im vorstehenden aufeatz zusammengestellten
Wörtern befinden sich auch die beiden gebräuchlichsten verba
der alten sprachen für den begriff der heilung nämlich läofAai
und mederi, über welche ich noch noch ein paar worte hin-
zufügen will.
Dem griech. läof/ai. entspricht genau das skr. causale
yävayämi der wrz. yu cl. 3, welches wie das einfache ver-
bum die bedeutung arcere, avertere hat; beide werden
nicht seltoi mit amivä f. plage, drangsal, schrecken; drän-
ger, plagegeist; leiden, krankheit (auch die persönlich ge-
dachte Ursache der krankheit, vgl. Böhtlingk-Roth sanskr.
wörterb. s. v.) verbunden. So findet sich das simplex R.
1. 189. 3:
&gne tv&m asm&d yuyodhy ämivä anagniträ abhydmanta
krshtih I
„Agni, wehre du von uns die krankheiten; mögen sie auf
die von Agni nicht beschützten sterblichen fallen!^ R. 10.
63. 12.
*) In Weber's Ind. Studien I. 863.
ttber fdoftat und mederi. 51
apamtväm apa Ti^yäm an&hutim ap&rätim dnmdatr&m
agh&yatah |
are dvesho asmad yuyotana |
Entfernt von uns krankheit, jegliche unterlaesung der spen*
fa), die imheUTolle bosheit des sünders, weit von uns den
üadl ^ R. 7. 34. 13: yuyota Tishvag rapas tanün&m haltet
fame ganz und gar die übel des leibes. — Vom causale
inde ich so namentlich den aorist gebraucht. R. 7. 38. 7
= Väj. 9. 16:
jambhayanto 'him vr'kam r&xänsi sÄnemy asm&d yuya-
Yann 4miväh |
^den draefaen Temichtend, den wolf, die Raxasen, mögen
sie gänzlich von uns die dränger (oder die krankheiten nach
Mahidhara) fem halten^. Dazu yergleiche man noch die
häufig vorkommende formel yävaya dveshas wehre ab den
feind, sowie £. 1. 5. 10: yavayä Tadham halte ab die Ver-
letzung u. ä. und es kann wohl kein zwcifel bleiben, dafs
(douai ursprünglich dieselbe bedeutung hatte, aus der sich
dann, da die krankheit als in den körper einziehender da-
mon betrachtet wurde, die des yertreibens und heilens der-
selben entwickelte.
Denselben yorstellungen scheint sich auch mederi an-
zureihen. Die veden bieten die wrz. mith oder meth mit
der bedeutung zusammenstofsen, schlagen, schmähen, wo-
von auch mithäs ady. wechselsweis, einer nach der andern,
eig. aneinanderstofsend , mithuna, adj. yerbunden, geminus
a. a. w. stammen. Von dem dieser wurzel entstammenden
verbum methämi findet sich das ätmanepadam R. 1. 113. 3,
wo es von nacht und morgenröthe heifst „na methete na
tasthatuh sie treffen sich nicht und stehn (doch) nicht still^
(vgL ags. metan, e. to meet, die aber nur verwandt nicht
identisch zu sein scheinen, da sie tenuis statt media zeigen) ;
femer parasm. R. 1. 42. 10: na püshanam methamasi süktair
abhigrnlmasi „nicht schmähen wir den Füshan, mit loblie-
dem preisen wir ihn^ und das ptc. amithita ungeschmäht,
ungereizt Nir. 4. 2 :
52 Ebel
kö nü maryä amithitah o&khk s&kh&yam abravtt |
jahi ko asmad ishate ||
^Wer doch, ihr sterbÜcheD, so sprach er (Indra), hat ohne
gereizt zu sein als freund seinen freund ins verderben ge-
bracht? wer mufs vor mir flüchten (Roth)?** Y&ska erklärt
an dieser stelle methati durch äkro^akarma d. h. schmähen.
Zu dieser würze! mith scheint sich nun auch mederi als
eine causalform zu stellen, die einmal den vokal verkürzte^
und zweitens, wie oft geschieht, die bedeutung des simpIex
bewahrte, so dals mederi morbo ursprünglich „der krank-
heit fluchen^ bedeutete. Für die gleichstellung von skr. e
mit lat. ^ sprechen skr. devara, levir, skr. buS. eya, ejus,
die Verkürzung zu lat. e zeigen sufp. eya = eus und deva,
deus, wo sie aber freilich dem allgemeinen prosodischen
gesetz gemäfs ist; einen speciellen grund der Verkürzung
für unsem fall weifs ich nicht anzugeben, doch hat sich
in ganz gleicher weise das e in meditari, verglichen mit
skr. medhä Weisheit, verkürzt.
A. Kuhn.
Gothisch und althochdeutsch*).
Zu IV. 266 fgd.
Zur lautlehre. Reines a zeigt das ahd. in 2pL
praes., wo das goth. i angenommen hat: ahd. nSmat be-
ruht auf älterer form als goth. nimi]?.
In der lautverschiebung zeigt das ahd. öfters dritte
stufe, wo das goth. auf der ersten stehen geblieben ist.
Neben goth. du, dis- finden wir ahd. za, zuo (= ags.
to) und zar, zir-; selbst ahd. sl&fu (wie ähnliche formen)
schliefst sich nicht an das dem goth. slSpa zugrundelie-
gende släpami, dem ein ahd, slAphu entsprochen hätte,
sondern setzt ein älteres slftfami voraus. An der schnei-
*) Vergl. auch weiter unten den aufsatz von Bugge.
gothisch und althochdentscb. 53
Jeren Verschiebung in patar (skr. pitr) und mätar nimmt
es dagegen teil: ahd. fatar, muotar stimmen nicht zum
urdeutschen faj>ar, m6}>ar, sondern zum goth. fadar,
^modar.
Nicht beistimmen kann ich, wenn ahd. g älter sein soll
als goth. h; befremdet hat mich aber, dai's das bohm. h
statt g zum beweise angeführt wird, während doch jede
spräche, ja jeder dialect seine eignen lautgesetze hat, die
oft denen der nächstverwandten sprachen geradezu wider-
sprechen. Skr. s geht z. b. vor s in t über, griech. r da-
gegen vor a und r in a, lat. t zieht sogar nach dem über-
gange in s den des folgenden t vielfach nach sich, und
goth. vaist von vait, selbst ahd. wissa statt wista aus
witta zeigen uns dasselbe gesetz.
Zur Wortbildung. Die Grimmische ansieht, dafs
die deutschen suffixe sämmtlich mit vocalen angelautet hät^
ten, von Pott et. forsch. 11. 229 bekämpft, hat jetzt einen
neuen Vertreter gefitnden, indem nach Schleicher ahd. fo-
cal, vinkar, wäfan u. a. älter sind als goth. fugls,
figgrs, vSpn. So wenig aber bei dem jetzigen stände
der Untersuchungen über die Wortbildung in vielen fallen
ursprünglich vocalischer anlaut der suffixe geleugnet wer-
den kann, so entschieden müssen wir in vielen, ofl in den-
selben fallen eine solche grundform für das deutsche in ab-
rede stellen. Es ist nicht abzusehen, wie aus einer urform
fugalas das harte fugls sich entwickeln konnte, während
fuglas sich leicht einerseits in goth. fugls, andrerseits
durch focias focls focl oder durch fugalas focalas
focals in ahd. focal verwandeln konnte; das nhd. mauer,
feuer gegen ahd. müra, fiur zeigen sehr deutlich, wie
sich allmählich ein bindevocal eingeschlichen hat, und die
beispiele bei Kirchhoff (I. 39 dieser zeitschr.) stimmen da-
mit um so mehr überein, als der eyischub nicht immer
zwischen wurzel und suffix fällt: vergl. z. b. das lehn wort
churipiz = lat. (cu)curbita. Den deutlichsten beweis
liefert aber das ahd. selbst in der mangelnden lautverschie-
hung einiger Wörter auf -tar. Bekanntlich ist die laut-
64 Ebel
yerschiebung nirgends conseqaenter durchgefthrt als bei
den dentalen, und doch stehn z. b. ahd. pittar, otar,
hlütar, snottar neben goth. baitrs, ags. oter, goth.
hlutrs, snutrs: ohne allen ersichtlichen grond, wenn die
Urform auf -aras ausging; nach unabänderlichem lautge-
setz, wenn auf -ras. Ueber tr konnte die hochdeutsche
lautyerschiebung nicht hinaus: während ursprüngliches tr,
goth. l'r, ahd. dr, urspr. dhr, goth. dr, ahd.tr, urspr.
dhv in dreifacher Verschiebung goth. dv, ahd. tw, mhd.
zw, urspr. tv sogar in vierfacher goth. ]? v, ahd. dw, mhd.
tw, nhd. zw gab, blieb ursprüngliches dr constant auf der
goth. stufe tr stehn. Dafs veir also ahd. pitar neben pi-
zan finden, beweist zur genüge, dals goth. baitrs der ur-
deutschen form näher geblieben, diese bitras gelautet hat;
wäre die urform bitaras gewesen, so hätte sich ahd. piz-
zar ebensowohl daraus entwickelt vae pizan aus bei tan
oder wazar aus watar. Ebenso verhält es sich mit otar
hlütar snottar, urdeutsch utras hlütras snutras.
Jedenfalls ist also mit Pott als urdeutsche form dieser Suf-
fixe -ra, la, na anzusetzen; in welcher der beiden oben
angenommenen reihen sich aber fug las zu focal gestal-
tet hat, ist schwer zu entscheiden, doch spricht die ana-
logie des ahd. wolf neben goth. vulfs mehr für die erste
reihe: fuglas focl(a)s focl(s) focal.
Das Suffix -as, das im ahd. so zu sagen determi-
nativ auftritt, im nord. hoens nachzuweisen, erscheint
individualisirend im goth. vShs, veihs, welches ich
neulich mit unrecht unter den kritformen aufgeführt habe.
Der vocalismus des griech. olxog zeigt, dafs veihs (statt
veihas) erst aus einem vorangegangenen veiha = ahd.
wich durch anf&gung des taddhitasuff. -as entstanden ist.
Zur conjugation. Vom goth. völlig unabhängige
entwicklung zeigte in der starken conj. im ahd. aufser
den oben erwähnten formen des indicativs -u, amSs, at
auch die 1. pers. cj. praes. auf -e, das aus dem goth. -an
nicht entstehn konnte, und cj. praet. auf -t, das eben so
wenig direct aus goth. -jau stammen kann. Wie im ind.
gothiBch and althochdeutsch. 55
praes. das goth. das m scheinbar ohoe ersatz yerloren, das
ahd. das -am in u verwandelt hat, so hat im conj. umge-
kehrt das gothu m in Q verwandelt, das ahd. es abfallen
lassen. Das goth. vergleicht sich in dieser hinsieht dem
griech., welches ebenfalls die endung -^t nach dem binde-
vocal (ohne ersatz aulser der Verlängerung -o); Verlänge-
rung haben wir aber auch filr die urform des goth. anzu-
nehmen, da kurzes a im auslaut geschwunden wäre) abge-
worfen, -/Ei dagegen in der Schwächung v bewahrt hat (au-
iser nach airirvq/a, Hrv^pa), Das ahd. erinnert mit dem
m der 1. praes. ind. der schwachen conj. salpöm, ha-
pern an das äolische inaivTjfii, dtaxifiiaiiii.
Die conj unctiv formen lassen verschiedene deutun-
gen zu, doch kann die contraction in den goth. formen der
o-conjugation wohl um so weniger bezweifelt werden, als
selbst in den ahd. quellen £e ejS und e, öS öjS und 6
neben einander vorkommen. Schwieriger ist die former-
klänmg in der ai-oonjugation, da namentlich wegen der
formen des ind. -a am and und des inf. -an einfache
contraction nicht gut anzunehmen ist. Wir müssen des-
halb auf die eia&che, starke conjugation zurückgehn, wo
uns eine ähnliche erscheinung begegnet.
(Zu n. 181 fgd.)
Dem goth. conj. liegen nur im du. und pl. formen
mit -i, im sing, dagegen solche mit -ja zu gründe, ähn-
lich wie im griech. opt. sg. -oitiv pl. ^oifiBv oder im alt-
lat. siem pl. simus, genauer wie im opt. aor. 1 -eta (aus
a$afA) '€ias 'Sib{t) neben aif^av aitSy aiBv(t) aus
aivT, das nur durch Verkürzung oder vocaleinschub mund-
recht wurde, vgl. oben IV. 283. Die urform lautete folg-
lich im praet., also ohne bindevocal: -jam (jas oder) jis
(ja]> oder) ji]' eimä ei)>a ein(d), woraus mit ausnähme
der ersten person - jau streng nach dem auslautgesetz -eis i
eima eip eina hervorging ; im praes., mit bindevocal : -aiam
(aias, wohl) aiis (aia]>, wohl) aii)> aimä aii>a ain(d), woraus
wieder mit ausnähme der ersten person -au streng nach
56 Ebel
dem auslautgesetz -ais ai aima ai> aina hervorging. (Im
sing, wäre ursprüngliches -ais, ai)?, eis in -as, a, is über-
gegangen*), während im pl die mehrsilbigkeit ai und ei
schützte; die nebenform der 3. pers. sg. -ai)?, ursprünglich
-ai)?i, hat natürlich von vom herein so wenig ein a ge-
habt als das griech. -oifii.) Wie erklärt sich nun aber das
-au der ersten person statt -aiam, also eines zu erwarten-
den -aiau? Wir haben wohl hierin ein eigentümliches
lautgesetz des goth. zu erkennen, kraft dessen sich ai
vor a nicht blofs in aj verwandelt, sondern zunächst das j
verliert wie im griech. - iw statt -e/oi, bis endlich auch das
a ausfällt wie im ep. ion. -eai, so statt -eecay eeo. aja scheint
im goth. gar nicht vorzukommen, aia nur statt äia, wie in
den reduplicirenden verbis der 7ten classe bei Grimm (saian
laian vaian) das prät. saisö und die analogie der 6ten classe
fleka faiflök entstehung aus sä-ji^ u. s. w. am wahrschein-
lichsten macht. Dann mufste -aiau zu a(j)au (a)au wer-
den. So erklären sich auch am leichtesten die formen der
schwachen conjugation, in denen ai spurlos verschwindet:
-a am and an au aus -aja (urf. aiami) u. s. w.^ aber -ais
ai)> im ind. aus -ajis aji]?, -ais ai im conj. aus -ajais ajai
(urf. im ind. -aiisi, im conj. -aiaiis); denn dafs nicht der
nasal in diesen formen^ wie es scheinen könnte, die Schwä-
chung des ai in a bewirkt hat, ergiebt sich daraus, dafs
mit ausnähme der 1. sg. cj. -au alle diese silben erst später
nach abfall des vocals endsilben geworden sind. Ist das
aufgestellte lautgesetz richtig, so folgt daraus, dafs die 2te
und 3te pers. sg. cj. ursprünglich auf -jis, ji)> geendigt hat,
weil sonst -ajas und ajaO^) in -as und -a übergegangen
wäre**); dafs wir im cj. praet. -eis finden, erklärt sich aus
•) Westphal ist inconscqucnt , wenn er II. 164 annimmt, dafs ai nur
im ursprünglichen auslaute zu a werden müsse. Wenn a und i eben-
sowohl vor consonanten als im auslaute fortfallen, so kann der endconsonant
auch nicht die kUrzung des ai in a aufhalten, namentlich nicht, w^enn er in
der Periode, wo die kürzungen eintreten, schon geschwunden ist, wie in 8. sg.
cj. das |>. Somit fallen auch W.'s deutungeu des gen. dat. der i-dcclination,
die Ich IV. 152 noch für möglich, aber unwahrscheinlich hielt.
*"*) Ich hätte daher auch den gen. der i- stamme entschiedener in der
gothlsch und althochdeotsch. 57
der länge der Wurzelsilbe: föreis, sSteis, bundeis, -dddeis.
Die lY. 141 bemerkte assimilation vod -asi zu -isi hat
also stattgefimden, ehe die endungen der nebentempora sich
durch abfail des i erleichtert haben. — Das -au der Isten
pers. sg. statt -am vergleicht sich wohl am besten mit der
erweichung des m in v, u, die das skr. vayam, goth.
veis und die dualendungen skr. -vas, va, goth. -6s, u,
va zeigen. (Dafs im ind. nur im, wie im lat. sum, das m
bewahrt, hat wohl seinen grund im consonantischen aus-
gange der wurzel, der es unmöglich machte, wenn -mi ohne
weiteres abfiel, erste und zweite person zu unterscheiden;
oder, was nach analogie der pron. decl. fast wahrschein-
licher ist, dams m von Im ist gar nicht allein das m der
endung, sondern zugleich das diesem assimilirte s von
Immi statt !smi wie |>amma statt )>asmai.)
Im abd. conjunctiv der e- und 6 -conjugation entsteht
nur die frage, ob -eje, oje oder -^e, 66 die urspr. form
ist. Im ersten falle stände das -j6 fikr j4, was nach analo-
gie von plintSr, farames nicht unmöglich wäre, jedoch durch
die starken conjunctivformen ohne bindevocal -i, mit
bindevocal -6 höchst unwahrscheinlich wird. Wir müssen
daher wohl von der form -oe, ee ausgehn, und annehmen,
dafs der hiatus entweder durch einschub eines j oder durch
contraction (wie beim goth. 6) getilgt wurde oder offen
blieb, denn alle drei formen finden sich in den ahd. quellen.
Indem ich die obigen bemerkungen, wozu mich zu-
nächst der von hm. prof. Schleicher ausgesprochene
wünsch veranlafst hat, wobei natürlich neben bestätigun-
gen auch manches bedenken hervorgetreten ist, noch ein-
mal überblicke, und mir ein bild der urform der goth. con-
jugation entwerfe, wie sie sich mir ergeben hat, kann ich
nicht umhin, auf den imperativ zurückzukommen, der
Roth. Urform -ajis ansetzen sollen, als dort geschehn ist^ den der u-stäinmc
-avis, wie schon die analogie der cons. decl. verlangt.
58 Ebel
uns einen interessanten blick in die geschiebte unseres
spraebstammes tbun läTst. Die urform des gotb. impera-
tivs lautet nämlicb, wie scbon Westpbal U. 187 bemerkt
bat, auf -i aus; das beweist die i-conjugation mit ibrem
sökei wie sökei]' neben sökjats, ebenso die ai-conju-
gation mit dem babai neben babats (statt babaji, baba-
jats). Dafs aber dies i keine dialectiscbe scbwäcbung wie
im pl. gibi)> (aus gibi)>a statt giba)>a) ist, beweist das ahd.,
welcbes in seinem ggbat, kSpat das ursprüuglicbe a be-
wahrt bat, hier aber in kip (wie in kipu kipis kipit) deut-
licb zeigt, dafs in ibm kein a abgefallen ist. Ist also das
i der gotb. urform organisch, so kann es nur derselben
assimilation durch das i der ursprOnglicben endung -di
= skr. dhi sein dasein verdanken, die in 2. 3. sg. praes.
-asi, a)>i in -isi, i)>i. verwandelt hat. Wenn nun die
abwerfung des -dhi, wie die Übereinstimmung des skr.,
griech., lat, deutschen zeigt, scbon uralt ist, so beweist
das deutsche -i, das jedenfalls noch vorher eingetreten sein
mufs, wie sehr alt die assimilation des a durch und zu i
im deutschen ist. Das bestätigen denn auch die oben nach-
gewiesenen urdeutschen formen der 2.3. cj. -jis^ ji)>, die
uns auf die überall verschwundenen formen -jasi, jati des
potentialis zurückweisen.
Dieselbe Imperativform bietet uns aber auch einen an-
hält fbr die geschichte des abd. vocalismus. Zwei assi-
milationen treten im abd. auf, die des i und u durch a in
e und o, und die des a durch i in e, der umlaut. Wenn
nun in der abd. starken conjugation der imp. und sg. praes.
überall das i rein bewahrt hat, aber der pL praes. es in e
verwandelt, dagegen nirgends ein umlaut im imp. erscheint,
far neben ferit, so beweist das zur genüge, wieviel frü-
her die erste assimilation durchgedrungen sein mufs, ehe
auch nur die ersten anfange des umlauts eingetreten sind.
Dafiir sprechen freilich auch formen wie wolf neben an st,
die uns ebenfalls zeigen, dafs a schon vor dem abfall der
cndvocale auf den vorletzten vocal eingewirkt hat (also
entweder im abd. die vocale später abgefallen sind als im
althochdeutsch und gotisch. 59
gotfa., oder diese assimilatioQ im ahd. zu einer zeit einge-
treten ist, die über die uns erhaltene gestalt des goth. hin-
aofreicht), der umlaut hingegen erst nach dem abfall der
urdeutschen endvocale angefangen hat.
Juni 1855. H, Ebel.
Althochdeutsch und gotisch.
Nach dem vorschlage des herrn Schleicher in die-
ser zeitschr. IV, 266 versuche ich hier einige spracher-
scheinnngen im althochdeutschen, die sich nicht aus dem
gotischen herleiten lassen, zusammenzustellen. Die formen
der anderen deutschen hauptsprachen füge ich bei, wo-
durch es sich zeigen wird, dafs diese bald mit dem ahd.,
bald mit dem got. stimmen.
Lautlehre. Das ahd. hat, theils in Stammsilben,
theils und besonders bei Suffixen, das ursprüngliche a be-
wahrt, wo dies im got. in i oder u verwandelt ist. So
1) ahd. a statt got. i: ahd. abah, abuh (altn. afugr, öfugr,
alts. avuh) = got. ibuks; ahd. anu, ano (altn. an, alts.
äno) = got. inu; ahd. morgan (altn. morgunn, morginn,
myrginn, alts. morgan, ags. morgen) = got. maurgins;
ahd. ragan- neben ragin- (altn. ragn-, regin-, alts. regin-,
ags. regen-) = got. ragin; ahd. opasa, obisa (altn. ufs,
ups, ags. efese) = got. iibizva. 2) ahd. a statt got. u:
ahd. mittamo, metam (altn. mjöt$m f., ags. mittam, me-
dum, medema) vergl. got. miduma; ahd. hjichal neben
hachul (altn. hökull, hakull, ags. hacele) = got. hakuls.
Ahd. silabar, silibar, silbar (altn. silfr, alts. silubhar,
ags. seoifer, sulfor) ist nicht aus got. silubr, sondern aus
der gemeinsamen grundform silbr(am) s. in dieser zeit-
jjchr. IV, 252 entstanden.
Ahd. huaz (altn. alts. ags. hvat) ist älter als got. hva.
Ahd. daz (altn. alts. >at, ags. J>ät) = got. J>ata, hat wahr-
scheinlich nicht einen auslautenden vocal verloren, sondern
60 Bagge
ist aus einer älteren form t>at entstanden; was nicht durcii
ez neben iz = got. ita widerlegt wird, s. unten. Auch
ist vielleicht in den (altn. )>an, dagegen alts. )>ane, ags. )>one),
geben (altn. gefi, alts. gibin, ags. gefen) gegen got. )>ana,
gibaina, wo ein vocal, wie im neugr. rove = rdv, &ce-
tpave = Jid-axfßcePy angefügt ist, der ältere auslaut bewahrt.
Ahd. triwi, pliwan u. m. dgl. (altn. trür, aber auch
tryggr, alts. triuui, ags. treove) sind wahrscheinlich älter
als got. triggvs, bliggvan.
Ahd. zwei 6 (altn. tveggja, ags. tvegra), ei (altn. egg,
ags. äg) konmien nicht von got. tvaddje, *addi (von
Grimm gewifs richtig vermuthet), sondern, wie ich mit
Grimm deutsch, gr. I^, 107 annehme, von den grundfor-
men tvaj^, aji her,* man vgl. ital. diacere=sjacere, mllat.
madius = majus (Diez rom. gr. I, 219); finn. aadja, aagja
(grofsvater) = enarelapp. aije,
Ahd. zer weicht in betreff des anlauts vom got. dis
ab, während es mit dem griech. diä stimmt; vgl. auch ahd.
zu (alts. te, ags. to) gegen got. du.
Wortbildung. Ahd. wazzar (alts. water, ags. vä-
ter, aber altn. vatn) ist nicht unmittelbar aus got. vato
entstanden.
Flexion. Declination. Bei den männlichen und
weiblichen Substantiven auf i (Grimms 4ter decl.) geht die-
ser vocal in gen. pl. im ahd. in j über, fällt dagegen im
got. weg, z. b. ahd. pelcjö = got. balgS m., enstjo =
got. anste f. (altn. belgja m., aber braga m., ästa f.; alts.
liudjö m., dädjö f. ; ags. leöda m., daeda f.).
Von dem, was Schleicher zusammengestellt hat, scheint
einiges nicht hierher gehörig. Er will mit Grimm deutsch,
gr. I', 83 ahd. wolf, weg u. s. w. aus den grundformen
vulfas, vigas, nicht aus vulfs, vigs erklären; das kann
ich nicht billigen: für ahd. sehs z. b. läfst sich ja keine
grundform sihsa, für der nicht dira aufstellen; auch die
vergleichung anderer deutschen sprachen, wie des altn.,
wird diese erklärung widerlegen.
althochdeutsch and gotisch. 61
Ahd. wollet neben wellet geht nicht noth wendig
auf die grundform val zurück; das o könnte sich aus e
durch einflufs der umgebenden consonanten entwickelt ha-
ben; vgl. Grimm deutsch, gr. 1% 86.
In ahd. focal, achar u. m. nehme ich a (mit Pott
n, 302) als eingeschoben*).
Sophus Bugge.
Zur griechischen lautlehre.
1. Die Vertretung des kurzen a.
ä und 17 wechseln bekanntlich im att. dialect nach
einem bestimmten princip, indem nach q und den weiblichen
vocalen e und i das männliche a, nach den männlichen a
und o wie nach v, das doch auch von hause aus männlich
gewesen sein muTs, — böot. und lakon. ov zeigen noch den
alten klang, böot. lov (Ahrens II. 519) wie osk. in und
engl, u (zeitschr. II. 59) den, Übergang: u in ü — das weib-
liche rj eintritt, ersatzdehnung meist selbst ionisch a giebt
wie im acc. pl. -äg aus -avg^ mit ausnähme des schwan-
kenden vocals im aor. 1 der verba liquida. Unerkannt sind
bis jetzt die bedingungen, unter denen das ursprüngliche
kurze a bald als a, bald als s und 0 auftritt, abgesehn von
dem falle, der dem deutschen ab laut und der griech. Ver-
tretung des guna und vriddhi an die seite tritt. Ac«
Cent, folgende und vorhergehende consonanten oder vocale
mögen eingewirkt haben. Einige punkte möchte ich der
beachtnng und prüfiing der mitforscher empfehlen.
1) Assimilation tritt uns in einzelnen fällen unver-
kennbar entgegen, vorwirkend z. b. in okoog neben xQa-
vaog ravaog^ vermuthlich auch in äp,oaa, vijtABQTi]g neben
*) Das seltene ahd. snmna (sonne) ist aus sunna durch diaaimilation
entstanden, vgl. mllat. bampnum = bannnm; Nanmetes =s Nannetes. Dies
bemerke ich wegen der vermutlmngen Pictcts (in dieser zeitschr. IV, 364)
und Diefenbachs (got worterb. II, 195).
e2 Bbel
afiaQTava)f rückwirkend am dentlichsten in ovrog u. 8. w.
iv&evtsv kpT€v&BV neben aSkrj ii. 8. w., so in ofAO^ neben
äfta^ oSovg und oSvvfj aus äol. kSovg und kSvva, vtjmiti
neben vtjTriaag, den formen von xQaiaivw und mit andern
erscheinungen verbunden in der distraction. Eine rück-
wirkende assimilation (analog dem deutschen umlaut) dür-
fen wir vielleicht auch in den partikeln kni, nsgl, ävi\
imigii), 'in dem avd, nagd, xard, ano, aga gegenüber an-
nehmeu, da uns goth. if-, fair, in, nord. yfir (über goth.
ufar siehe die bemerkung unter hiri), goth. I]? neben ana,
af, selbst lat. per, in, super, et neben ab, apud denselben
gegensatz zeigen; df^(pt^ ccvrl könnten ebensowohl durch
die doppelconsonanz geschützt sein wie lat. ambi, goth.
and- (= dvri, wie ahd. int- zeigt, dagegen anda =
avta). Tavl widersprechen scheinen (jiBra und ngotl, wo
das lat consequenter redi- red- re- bietet, doch mag hier
das ng nicht ohne einflufs geblieben sein (vgl. fiiißgotov^
Ttgo), oder ngoti sich auf giiech. boden aus 9tg6 gebildet
haben, den Übergang würden dgi- und kgi- zeigen, wenn
sie zusammenhangen, was allerdings nicht erwiesen ist.
Consequenz darf man freilich auch nicht überall erwarten,
und es ist wohl der Untersuchung werth, ob nicht hier die
ersten spuren einer erbcheinung zu finden sind, die im ahd.
und nord. sicherer und consequenter durchgefQhrt ist, ana-
log der im zend und im goth., beidemal aber mit andern
mittein eintretenden assimilation, wie sie z. b. im zend.
aipi, pairi, aiti dem skr. api, pari, ati gegenüber gerade in
denselben Wörtern erscheint. Ich kann mich in meiner
vermuthung täuschen, mögen andere darüber entscheiden;
das zusammentreffen in der trübung des a- lautes, welches
wir hier in vier sprachfamilien wahrnehmen, kann zufällig
sein, aber dann ist dieser zufall wenigstens höchst merk-
würdig. Einen einflufs des folgenden consonanten (aufser
dem schützenden der doppelconsonanz in dficfj) habe ich
in den angeführten beispielen nirgends entdecken können,
aufser etwa in ^srd, neben dem jedoch xard steht. Da-
gegen könnte man bei den conjugationsendungen -etg
zur griechischen lanüehre. 63
ans -e<Tf, -€i aus -er< zweifeln, ob das c dem einflusse des
I wie im deutschen oder dem des folgenden consonanten
seinen Ursprung verdankt, die übrigen formen sprechen in-
dessen zu deutiich tdr das letztere, als dafs man in die-
sem falle den einfluTs des i zu hoch anschlagen dürfte.
2) Ursprüngliche nasale sind im ganzen, nament-
lich in den endungen, dem e abhold, während später ent»
standene sich gern damit verbinden, vergl. die conjuga-
tionsendnngen ^<o statt ofu, -ov aus ofi und ovt, ^ovai =
ovrij -fuv = ofiBg. Das s tritt besonders durchgreifend
vor abfallendem oder durch v i(p. ersetzten t-laut auf, am
deutlichsten im perfect und aorist, wo das -e der 3ten sing,
dem a des ganzen indicativs widerspricht; weniger conse-
quent in dep übrigen formen, wo -eCiL^i) -eve -sa&B fjiev aus
a€^ zwar dem -o in -rov -a&ov -^ofAev ^ovri -ov(r) streng
gegenüber steht, fester a- oder e- laut jedoch (mit alleiniger
ausnähme des imp. aor. -aov) durchweg bleibt: ^aafi wird
nicht in aofA, -i6y(r) nicht in *or, -aag nicht in aeg ver-
wandelt, einen anlauf dazu scheint die spräche allerdings
in formen wie l^ov genommen zu haben. Vorzüglich aber
begünstigt der wegfall eines nasals das reine a, wie
in der dedination der acc. -a statt a^u, ^ag statt avg (vgL
L 291) in der conjugation die ion. ep. formen -arai, -aro
zeigen. Damit stimmt auch überein, dafs im dor. dialect
(fQaai dem (pgevog gegenübersteht, im äol. '&a vor voca-
len zu "äsv wird, dem att, %pexa ein gi/ax«i/, dem Bha inena
ein ion. shev ^s$tsv zur seite geht, dem suffix -fiat aus
fAccvT (dafs der nom. -fia auf fiap zurückweist, hat Curtius
IV. 214 unbedingt richtig behauptet) ein -^lov und in wei-
terer Schwächung -fisvo^ dem ßd&og, na&og ein fliv&og^
niv&og^ dem ndrog ein novrog, dem dor. BUxaUj Siaxdnot
und dem att. ixarov ein TQidxovra. Gewifs richtig schreibt
also Ahrens ninaad-e (§.82); selbst zwischen vocalen
zeigt yeyacig und fiefiaoig neben yiyova und iikfiova diesen
aurfall, und das dorische ndopiai scheint so mit nivo^ai^
noviu) zusammenzuhängen (etwa auch noiiw?). So schlie-
fsen sich intd, ivvicc, Sixa an lat. Septem, novem, decem
64 Bbel
(tßSoiwq an das geschwächte septimus) im gegensatz zu
nivTB = quinque, gerade wie im goth. sibun, niun, taihun
neben fimf. So mag auch das dor. ion. uiyaffoq und das
altdor. arsQog eine hindeutung auf den nasal in mahaut
und £i/ enthalten. Eine nachwirkung des nasals mag auch
darin erkannt werden, dafs eixatty ixarov^ Sicexdrioi wohl
zu Bixoai, l^xoTov, dutxocioi, aber nicht zu tixeci u. s. w.
werden.
3) Das princip der Schwächung, bei belastung der
Wurzel durch hinzutretende endungen läTst sich nur in ein-
zelnen spuren nachweisen, am deutlichsten in ^fiatf 'fiov
(seltner -.ciei^), ^fAtvo^ -/avio; doch zeigen dergleichen fälle
wenigstens klar, dafs nach analogie des skr. a u i auch
hier die Schwächung in der folge a o b vor sich geht, was
freilich schon die bedeutsame Verwendung des o, wo sonst
wriddhi, das €, wo sonst guna eintritt, bewiesen hat. Im
einklang damit steht, dals a im auslaut zunächst in o
übergeht, vgl. anoy imo = skr. apa, upa, in den einailbi-
g^i enclitischen formen jedoch in 6, wie rc = skr. ca, ya
=s ha, yed. gha, o aber im ursprünglichen auslaut in
6, so im Tocativ der zweiten declination, während im neu-
trum, wo der vocal erst durch abfall des r in den aus-
laut tritt, o bleibt: ro, avro, kxeivo u. s. w. Finden wir
also a im attischen dialect am ende, so ist in der regel
entweder abfall eines nasals oder wie im goth. kürzung
eines ursprünglichen ä anzunehmen. Vom wegfall des
nasals ist schon Yorhin gesprochen, die kürzung des & fin-
den wir oft auch an- und inlautend, wie in ä/og = ägas,
fdatv = västu (neben ^et^a ^ifApia aus jriapuzv = vas-
man), im auslaut zeigt sie sich namentlich in Movaa^ avxa^
danach müssen wir sie auch in den partikeln dvd, xaxd,
fiBtdy dcd annehmen, die wie nagd = parä sämmtlich ent-
weder auf instrumentale dvd = anä oder neutra plur. zu-
rückzuführen sind. Ich ziehe daher jetzt meinen einspruch
gegen Westphals behauptung, dafs der nom. acc. pl. der
neutra ursprünglich überall auf -ä geendet habe, zu dem
mich das -i des gewöhnlichen skr. yeranlaist hatte, zurück.
zur griechificheo laatlehre. ^
Auch das -xa in airixa^ ngoxa ist wohl ein alter instr.
entweder vom pronominalstamme ka, oder, was mir wahr*
scbeinlicher ist, da dies x nie in ;k oder t übergebt, von
der uns häufig begegnenden wurzelform anc, vor der auch
im skr. öfters i auftritt. In ^cr könnte zwar, das kurze a
schon vor der Sprachtrennung dagewesen sein.
4) Ein ähnlicher unterschied wie zwischen ä nnd 17
scheint nämlich bisweilen auch zwischen ce und s zu wall-
ten. Das dor. a erscheint vielfach gerade nach i und q^
80 in nid^tüy axiagog, iagog, tgaveg, rgdtpo), atgatfiOi rgd^aa
{(fQaai s. unter 2), im ion. dor. rgdnü); auch in lAgrafAig
könnte q gewirkt haben wie im att. äxQoäaofiaiy doch ist
es wohl besser mit dem dor. ion. rdfivu) zu 2 zu stellen.
Unmöglich wäre es also nicht, dals ga des q wegen in allen
dialecten unverändert bliebe, während dem dor. böot. xa im
äol. ion. X6(v)j dem dor. böot ^^a ein att. ion. y^y dem dor.
-^a der ortsadverbien ein att. ion. '&e(v)y dem dor. -xa der
zeitadverbien äoL -ra, att. ion. -rc gegenübersteht. Indes-
sen ist die entstehung des ga bis jetzt noch nicht mit Si-
cherheit nachgewiesen. Es kann aus äga apocopirt sein,
dann entspräche sein -a wahrscheinlich einem ursprüng-
lichem -am, äga ^= aram (Bopp nach Härtung) zeigt ei-
nen leichten Übergang der bedeutung: schneU, leicht, na-
türlich, also; es kann aber auch selbständig neben aga
stehn, und sich aus pala, pia entwickelt haben, wie ra;^ay
ixay kiya ans raxicc u. s. w., und die bedeutung würde
sich in diesem falle ebenso leicht ergeben. In beiden fäl-
len wäre das -a kein ursprünglicher auslaut. — Für das
verhältnifs von € und o ist namentlich die oftmalige ent-
stehung eines 0 (neben v) aus va, /-s zu berücksichtigen,
woftir in dieser Zeitschrift oftmals beispiele gegeben sind.
Damit mag denn auch das im anlaut nach abftdl eines gut-
turals häufig erscheinende o zusammenhangen, da gutt. vor-
zugsweise V nach sich ziehen. Ich habe schon früher 0^0^
statt yo'Qog aus yj:iQog gedeutet, wie oxog n. bms j:ixogi
weil das o dem gewöhnlichen a der neutra widerspricht;
dieselbe Schwächung aus yj:aQ glaube ich jetzt auch in
V. 1. 5
66 ^^^^
oQVig, oQvvfAi^ orior*) zu finden, die wohl derselben
wrz. gar (gvar) mit der grundbedeutung erheben ange-
hören wie skr. garat (der hebende), garva = yavQog, yä^ag
und lat. vereor, endlich auch iydQOi statt yeysigoi „sich er-
heben machen« und skr. jägr „sich erhoben haben« (wie
daridrä nach Benfey's treflflicher erklärung „zerlumpt 8010*^
von dr). Bei ovo^a (stett yovofia) ist wohl assimilation
im spiele, dagegen scheint oXXvfii (statt olwfii) aus^rcA-
pvu$ entstanden und zum lat. vulnus zu stimmen.
2. Metathesis aspirationis.
Von der allgemein angenommenen met. asp. in &Qi^
gegen rgt^xog und ähnlichen filllen sehe ich einstweilen ab,
ich werde später darauf zurückkommen und meine etwas
abweichende ansieht entwickeln, hier haben wir es nur mit
dem spir. asper zu thun in fiUlen, wo die verwandten
sprachen vocalischen anlaut zeigen. Benary IV. 50 hat
bei der scharfsinnigen erklärung des a/wapTcrvw aus aofiag-
rdvu) das princip ausgesprochen, dals der spir. asper nie
unorganischer zusatz sei. Darin geht er nun wohl insofern
zu weit, als anlautendes q und v sich wenigstens im ge-
wöhnlichen griech. überall mit dem asper bekleiden, wie-
wohl zugestanden werden mufs, dafs anlautendes p häufig
st&tijrQ {^iqyvvfAi^ ^W^y ^««j ^«£«j ^vofiai), in ^iat statt
CQ steht, vno dem lat sub ebenso nahe kömmt als dem
skr. upa. In einer ziemlichen anzahl Wörter und wurzeln
läfst sich aber auch jetzt schon die Versetzung eines asper
aus der mitte an den anfang darthun. Am deutlichsten
liegt sie zu tage bei jeder art von augment (und redupli-
cation) sowohl beim augm. temp. ünofiriv^ elaa, tjXdfiriPf
slati^xeiv) als syllab. (idXcov, %aday idgatv), wo kiaoaro^
BvaSov einzeln dastehn. Andere beispiele sind die von
Kuhn II. 273 fgd. angeführten tpLBQoq statt lafUQog (vgl.
*) orior, oQvvfii gehören, wie IL 896 gezeigt ist, unbedenklich zu skr.
wrz. p (praes. r^omi, aor. ftrta s= ä^roy rdnta =r o^ono)» K.
zar griechischen lauüehre. 67
das thracische '7(T^<r(>o^), isQog dor. iagos statt taagog (das
dor. a entscheidet wohl die von Cartius HI. 154 aufgewor-
fene firage zu gimsten des griech., zamal das skr. auch
sonst oft ir statt ar hat, wie in tiras) ^fiat statt tiafiai.
So mag auch ijfASQog statt '^OfAegog von wrz. äs stehen,
also zunächst sefshaft, civilisirt bedeuten, von menschen
auf tiere und pflanzen übertragen sein, das begriffsver-
wandte ijavxog stillsitzend, sicher zu wrz. äs gehörig,
(etwa = *äs-tva-ka?) den asper dem s der wurzel ver-
danken, aJfia aus äaifxa entstanden sein (vergl. skr. asan,
altlat. assir, asser), tvvvfjUy elfjia, iccvog nicht das digamma,
sondern das s durch den spir. vertreten, worauf äarv zu
deuten scheint. Ebenso vertritt wohl in iTjfii der hauch
das j von ijt]fih ^ ^vsxa das ^ von Hvjrexa (auf diese er-
klärang weisen das deutsche „um willen^ äol. ^i^exa, ion.
iiVExa; auch scheidet die form evexiv es wohl von dem
Suffix in avtlxa, ijvlxa, ngoxä). Den von Kuhn angenom-
menen lautwechsel in innog kann ich dagegen als einen
speciell arischen im griechischen nicht anerkennen, da uns
Tcvinv zeigt, dafs das griech. den Übergang in 9p nicht
kennt; die form widerstrebt einstweilen noch einer genauen
analyse, und der asper erscheint unorganisch. — Nament-
lich erklären sich aber durch diese erscheinung einige dop-
pelformen, in denen vorzüglich der att. dialect den as-
per behauptet: so das oben erwähnte äfiagt- neben a^
^for-, die schon von Kuhn besprochenen fjfAaig und vfieig
neben äfifisg und vfif^sg, avat und ivo} neben avta und
et/oi. Dadurch erklärt steh femer iwg neben ^^cig, adg^
avatg*)^ und Curtius deutung des ijXiog neben tiikiog, aiXiog,
aßiXiog aus avaehog erhält dadurch gröfsere Wahrschein-
lichkeit (wiewohl die vergleichung mit goth. sauil und mit
lat. sol, wenn dies eine zusammenziehung enthält, immer
*) Dafs wir fVa Hvq nicht von einer form ^hfo^ oder ßaavk% aaszngehn
habeni sondern von ava«»?} zeigt anfaer den nebenformen avttCt aorora und
den verwandten avQHiv^ ^qi (IV. 256) auch die analogie von tx*^"* ^^ ^^^^
nach dem ausfall des <r das v von ltxiv{a)a in ganz gleicher weise zum
halbvocal gewandelt und dann verflüchtigt hat.
5'
68
Kbel
noch nicht streng widerlegt ist). Die noch nicht recht er-
klärten Wörter äfAa^a^ afiaXog, afiaXSvvw werden sich also
wegen der att. formen a^a|a u. s. w. wohl auf ähnliche
art deuten lassen.
Mai 1855. H- Ebel.
II. Anzeif^e.
G. Ascoli, studj orientali e linguistici, raccolta
periodica. Fascicolo primo. Milano 1854.
Wie der name ^indogermanischer spradistamm ^^ aufgehört
hat, die äufsersten glieder der sprachenkette zu hezeichnen, die
er umfafst, so hat die vergleichende Sprachwissenschaft, obwohl
hauptsächlich von deutschem fleifse und deutscher grfindlichkeit
gepflegt, doch ihre wurzeln bereits weit über Deutschland hin-
ausgetrieben. Ein recht erfreuliches zeugnis von ihrem gedeihn
auch unter den Völkern romanischer zunge legt das vorliegende
erste heft einer Zeitschrift ab, von der vorläufig drei hefte einen
Jahrgang bilden sollen. Die einleitung beginnt mit der frage
nach dem göttlichen oder menschlichen Ursprung der spräche, die
der verf. nach aufzählung der gründe für die eine oder die an-
dere ansieht ungefähr dahin beantwortet, dafs die fähigkeit der
rede eine angeborene, die entwicklung der spräche dem mensch-
lichen geiste angehörig sei: tutto dimostra la parola divina in
potenza, umanamente tradotta in atto. Wenn der verf. dabei
den fortschritt vom naturlaut zu den geistigeren spracbgebilden
zu verfolgen sucht, kann man freilich über manches mit ihm
rechten, was er als onomatopoetisch darstellt. Daran schliefsen
sich betrachtungen über die entwicklung der schrift, den einflufs
der buchstabenschrift auf die fixirung und ausbildung der spräche,
die entstehung i^nd entfaltung der dialecte, die einwirkung ver-
schiedener sprachen auf einander, den einflufs, den die berüh-
rung und kreuzung der völker auf Sprachkenntnis und Sprachstu-
dium gehabt, zuletzt ein überblick über die allmähliche entwick-
lung der linguistik bis in die neueste zeit und aufschlufs über
anzeige. ^
den sweck der Zeitschrift, die zunächst einen dreifachen teser-
kreis im aoge hat: städiosi non del tatto dediti a siffatte ricerche,
aofanger, die mit den fortschritten der Sprachwissenschaft bekannt
gemacht werden sollen, und endlich gelehrte von fach. Eine
wuDSchenswerthe beschrfinkung wird wohl mit der zeit von selbst
eintreten. Auf diese einleitnng folgen nach andeutungen über
die gebraachten Umschreibungen des skr., arab. und hebr. alpha-
bets unter der Überschrift epica Indiana die fünf ersten ge-
sange des Nala (zehn sind verheifsen) im ortext und in ital. Über-
setzung (zwei gesfinge in prosa, drei in reimlosen Jamben) mit
erklärenden anmerkungen; voran gebt eine einleitung in das Ma-
habharata nberiiaupt und den Nala insbesondere. Ueberall zeigt
sich der verf. (mitglied der deutschen morgenländischen gesell-
Schaft) als einen besonnenen und mit den neuesten forschungen
vertrauten Sprachforscher, so dafs wir seinem unternehmen, wenn
keine Snfsere hlndemisse eintreten, einen gedeihlichen fortgang
weissagen können.
H. Ebel.
III. miscellen.
Griechisches.
1) kroQ,
Anlautendes s wird bekanntlich im griech. in der regel durch
8pir. asper vertreten, wie o = sa, ebenso unzweifelhaft aber bis-
weilen durch den lenis, teils neben dem asper, wie aXto neben
aUofcoi =: salio, teils attsschliefslich wie in eiQta = sero. Na*
mentlich tritt der lenis öfters da in nebenformen auf, wo ur-
sprünglich SV anlautete, wie dd€i9 neben ävdavm (würz, svad),
üiita neben idqoxa (wrz. svid) und, was uns hier besonders nahe
angeht, Ätotf (=: •svadiya oder *svatya?) neben ov ol i. Somit
erklart sich ohne die mindeste Schwierigkeit ix 6g aus dem skr.
svatas „von selbst^, eigentlich „aus sich selbst^. Das suffix
-To^ = skr. -tas findet sich in cxroV, ivrog = lat intus wieder,
der lenis in dem unzweifelhaft stammverwandten ?5«0ff, der Über-
gang der bedeutung, der besonders in der (vielleicht ausschliefs-
lich gebrauchten) Verbindung ot!j< itog klar hervortritt (nicht von
70 £^
selbst, nicht ohne grund, nicht umsonst) in otvtmg. Das di*
gamma fehlt in idi<o, ifiBto (== romo, skr. vam) gleichfalis, and
wo eine vcrgleichung so von allen Seiten dnrch die analogie ge-
schützt ist, kann sein fehlen keinen gegenbeweis abgeben; spuren
des jr zeigen sich aber anch noch bei Homer (nicht mehr bei
Hesiod) vor irdaiog^ das von itog ebenso abgeleitet ist wie
injoiog von hog (stamm ^cre^), vermnthlidi durch sofBx -tya,
so ansichere sparen zwar, dafs sie für sich allein gar nichts be-
weisen konnten, jedoch neben den andern gründen immer von
bedeutang. Hiatos findet sich n&mlich im dritten trochfiod II. «,
854. f, 407 = X, 292. Od. x, 256. 273. Theogon. 182 und
ist durch tilgnng des p iqf, leicht herzustellen II. /, 368. g, 633.
<r, 104, auch das di Od« «o, 283 ist entbehrlich, da das dem fuw
entsprechende di im vorigen verse steht; dagegen ist bei Hes.
Op. 402. 411. 440 das digamma spurlos verschwunden.
2)v.
V ist nach Benfey griech. wurzellex. I. 273 auch von Kuhn
n. 133 und Curtius III. 76 mit skr. vä^ lat ve zusammengestellt
worden, die unmittelbare vcrgleichung ist jedoch schwerlich rich-
tig. Abgesehen von dem mangel jeder spur von digamma und
der abweichung in der Stellung (vä und ve wie goth. u statt va
immer enclitisd), ^ niemals), UUTst sich die epische form iji dann
gar nicht aus ^ erklären. Gehen wir dagegen von ijd aus, so
kommen wir, wie dor. ^ und böot el zeigen, auf eine grundform
ifi; sind also ije und vH verwandt, so enthält entweder ifi ein
zusammengesetztes «, oder v& hat apocope erfahren. Jedenfalls
entspricht entweder ifi dem skr. iva, welches indessen wie va
enditisch ist, oder es gehört dem pronominalstamme ava an,
dem anch lat avt, osk. avti, ambr. ute, ote entstammt; ist vä
aus avä gekürzt, so findet dasselbe veihältnis statt wie in odopt
neben skr. da(n)t, lat dent, dvdg neben skr. nar, altital. ner; nor
zeichnet sich das skr. vä durch die länge vor den griech. lat goth.
formen aus. Dem lat ant scheint i^te («vre 11./, 10. t, 386)
unmittelbar zu entsprechen, da „wie^ und „oder^ sich vielfach
berühren, und ^vr« wie Ij auch nach comparativen steht
3) iviou
Von Seiten der Sprachvergleichung sind verschiedene deu-
tungen von bvmi versucht worden. Bopp von anya, Pott aus
mUceUeD. 7I
ini oty Benfej von bU* Diesmal hat indessen wohl die classi
sehe Philologie recht, wenn sie das wort für eine einfache zu*
samnienraeknng bmb ivi oi eridärt: ,,e8 sind einige daran ter,
welche*'^ dafür spricht die im atticisrnns beliebte Verbindung
Mi9 ol (selbst iath oSg\ und ipw$ scheint auch erst in der at-
tischen Periode aufgekommen zu sein.
H. Ebel.
vacca.
In dem vorigen hefte hat unser verehrter mitarbeiter dr. Ebel
gegen die von Pott zuerst aufgestellte herleitung von vacca aas
warz. vah piotest erhoben, da die ausschliefsliche bezeichnung
der knh als zngthier ebenso unpassend gewesen wfire, als die-
selbe bezeichnung für den ochsen (skr. uxan, goth. auhso) pas-
send sei. Er selbst sagt, dafs er eine sichere deutung des Wor-
tes nicht zu bieten vermöge und bringt dann zwei solche, die
allerdings nur nothbehelfe wären. Wenn nun aber die kühe von
den Indem in ziemlicher ausdehnung als zugthiere bezeichnet
werden, so wird sich wohl auch gegen die romische bezeichnung
derselben als solcher kein begründeter einwand erheben lassen.
Einer der gewöhnlichsten namen des rindes in filterer zeit war
anadvah, welches „den wagen ziehend^ bezeichnet, davon bildete
man die feminina anadvähi und anaduhi; den zweijährigen und
Tierjfihrigen stier bezeichnen die Wörter dityavah und turyavÄh
,)der das zweite (nämlich: jähr) und das vierte ziehende^, wozu
sich abermals die feminina dityauhi, turyauhi (T^jnrv. Y^as: Sanh.
18. 26) finden. Daraus geht jedenfalls hervor, dafs die kfihe,
wie es ja noch heute geschieht, vielfältig auch als zugtiiiere ge-
braucht wurden, und die spätere aussehlielslichkeit der bezeich-
nung der kuh durch vacca kann jedenfalls keinen grund gegen
die richtigkeit der etymologie al^eben, da leicht eine einmal all-
gemeiner gewordene bezeichnung, zumal wenn ihre eljmologie
unklar wird, vollständig durchdringt und andre nicht selten bes-
sere verdrängt. Der wagner ist bei uns längst dem nichtssagen-
den Stellmacher gewichen, der töpfer fahrt in den grofseren Städ-
ten schon längst seinen namen mit unrecht und wird von dem
ofenfabrikanten verdrängt, und nun gar das schöne rofs, goth. aihva
(equns), alts. ehu, altn. ior nebst all den tre£Flichen bezeichnun-
72 Key j
gen, welche Grimm gesch. d. d. spr. 30. 31 zusammenstellt, ha;
ben dem verstammelten, unverstandenen mischling dreier spra
chen, dem pferde, den platz rfiumen müssen. Dieselbe bemei^
kang kann man beim schaf , der ziege und anderen thieren m»
chen, wo ebenfalls einst allgemeine bezeichnungeii fast vollstanl
dig verschwanden sind. Mir scheint deshalb am gerathenstal
vorlfinfig noch für vacca bei wrz. vah (auch die obigen bezeichnnni
gen ana^v^ u. s. w. sind ja composita damit) und speciell beij
der Verwandtschaft mit uxan (st vaxan) stehen zu bleiben, da{
auch bacca, wie Benfey gr. wU. s. 222 und Benary lautl. 172 anneh«!
men, auf bhax zurückgeht, m. vgl. bhaxam. speise, genufs und das!
des gutturab verlustig gewordene goth. basi, ahd. beere (Bopp,
gl. 8. bhaxya, Dief. gotfa. wb. I. 288).
A. Kahn.
Zur erwiedening.
Herr redakteur! i
Es kann im allgemeinen einer Zeitschrift kaum zugemnthet
werden, dafs sie entgegnungen von autoren aufnehme, deren ar-
beiten eine ungünstige kridk von ihr erfahren haben, da mög-
licherweise eigenliebe das urtheil des Verfassers befangen macht.
Es sind indefs im vorliegenden falle umstfinde vorhanden, die
eine ausnähme vielleicht zulassen dürften. Das gröfsere interesse,
welches sich in den letzten jähren in England f9r Sprachwissen-
schaft gezeigt, hat den wünsch nach einem lebhafteren verkehre
auf diesem gebiete zwischen diesem lande und Deutschland un-
zweideutig hervortreten lassen, sicherlich wenigstens auf englischer
Seite, und ich zweifle nicht, nach literarischen erscheinungen zn
urtheilen, dafs die gleiche neigung in Deutschland vorhanden ist
Die hiesige philologische gesellschaft z. b. , deren Verhandlungen
von der betriebsamkeit englischer philologen, in wenn auch be-
schrfinktem mafse, zeugnifs ablegen, die aber bisher eigentlich
nur für den engeren kreis der mitglieder bestimmt waren, hat
kürzlich beschlossen ihren arbeiten grofsere öffentlichkeit za ge-
ben, und ihre Zeitschrift selbst liefert den beweis, dafs sie ge-
neigt ist auf den inhalt derselben bczug zu nehmen. Um so
mehr scheint es bedauemswerth , dafs der erste Wiederbeginn,
erwiecterung. 73
venn ich so sagen darf, der linguistischen gegenbeziehungen von
einer angünstigen, wenn schon keiriesweges nnfreundlicben benr-
tiseilong einer englischen arbeit bezeichnet sein soll.
Ans diesem grande werden sie selbst es daher wohl für
wünschenswerth erachten, dafs mir gelegenheit gegeben werde,
die vorwürfe, die herr H. Ebel in dem letzten hefte ihrer Zeit-
schrift gegen meine etymologische „methode^ und ihre haupt-
sächlichen resultate erhebt, zu entkräften und meinerseits damit
auch zu zeigen, dafs es mir um einen unparteiischen und die
Wissenschaft fordernden austausch unserer ansichten ernst ist
Vielleicht gelingt es mir sogar darzuthun, dafs mein recensent
bei aufmerksamerer prSfiing meines Versuches „On the represen-
tatives of the greek preposition avif!*' einen anderen eindruck ge-
wonnen hätte als den welchen er mittheilt, da ich nicht umhin
kann zu glauben, dafs manches urtheil, welches er fällt, nur der
eile zuzuschreiben ist mit welcher er meine abhandlung gelesen
zu haben scheint So enthält z. b. schon der titel seiner kritik
einen irrthum, indem er von den Verhandlungen der „philos.
Society** statt von denen der philol. Society spricht und bald
darauf läfst er mich „13 bedeutungen^ von ava entwickeln, ob-
wohl der leser sich überzeugen kann, dafs die 13 abschnitte,
welche die frage bebandeln, höchstens 9 bedentungen darlegen,
von denen die letzte sogar als irrthümb'ch abgewiesen wird, wäh-
rend andere nur ihrem hypothetischen character nach betrachtet
werden, wie bei gelegenheit der frage ob es richtiger ist ara-
fiiyW' mit ^mix thoroughly^ oder mit „mix up^ zu übersetzen.
Die bedeutungen von ava, die ich entwickelt, sind nämlich
englisch folgende: 1. up, 2. back, 3. again, 4. reversal (wie das
englische präfix un- in unbind), 5. opening, 6. beginning, 7. ofF,
away, 8. through, 9. thoroughly (wenn diese letzte bedeutung nicht
schon unter 7. enthalten ist).
Doch ich will zur hauptsache kommen. Mein recensent fin-
det es auffallend, „dafs alle vergleichungen ohne hülfe des sans-
krit geschehen**; „doch", fährt er fort, „möchte es drum sein
wenn nur der vergleichung selbst eine sichere methode zu gründe
läge. Allein gerade diese vermissen wir .... Zwei mifsstände
treffen die ganze beweisführung in formeller hinsieht: erstlich
wird mit den beiden Sätzen, denen wir nur im nothfallc be-
schränkte anwendung zugestehen können, dafs nämlich eine form
sich in einer spräche in mehrere spalten und umgekehrt mehrere
74 Koy
sich in einer form wiederfinden können, verschwenderischer g<
brauch oder vielmehr mifsbrauch getrieben. |
Ich will bei diesem „erstlich^ anhalten und zunächst behau
ten, dafs allerdings die beispiele dieser art nicht nur nicht
schränkt 9 sondern im gegentheil zahlreich sind und namentlicl
auf dem gebiete der untrennbaren präfixe. Von gewohnliche
werten will ich nur anfuhren, von lateinischen: Providentia, pri
dentia und provintia (provincia); subrigo (transit) und surgo (in
trans.); porrigo (trans.) und poigo oder pergo (intrans.); vulp
und lupus (s. zeitschr. p. 208); von englischen: faction und fa
hion; fragile und frail; capital, chattle und cattle; parson un^
person; faculty und facility; procurator und proctor; deacon und
dean; pabr, peer und par; cape, cap und chief^ beam und boorn^
besom und broom; bottom und bum; twig und switch; other und
or; outer und utter; over und upper; later und latter; latesn
und last; tug und tow; black und blue (s. zeitschr. p. 179 amn.);i
too und to*); bag, bay und bow. Ferner sind umgekehrt aus,
mehreren formen in eine zusammengeflossen: ministen um und
IwcnjQia in „mystery*^; z. b. Trade and mjstery (i. e. altfranz.
mestier, ital. mestiere) of aGoldsmith^; (angry) mood = mutb
und (subjunctive) mood = lat modus; do = angelsächs. do-n,
und do = angels. dug-an; cleave = kleben, und cleave = klie-
ben; one = ein und one (in „one says% „no one^)= man oder
mann; the = der und the = je; but == aber und but (i. e. be-
out) =: aufser.
Am häufigsten treten diese Wechsel aber bei den untrenn-
baren präfixen ein und zwar gerade deshalb, weil sie untrennbar
sind. Der nicht -philologe, welcher z. b. das englische Zeitwert
„answer^ braucht, denkt gewöhnlich nicht daran, dab es von
dem angelsächs. an-swerian kommt und folglich das präfiix an
enthält. Das präfix an hat mit anderen werten in „answer^ für
ihn seine Vitalität verloren, weil er in diesem verbnm ihm nicht
mehr als abtrennbare präposition sondern als untrennbares präfix
erscheint Der philologe dagegen wird sogleich erkennen, dafs
answer ein gutes analogen zu dem lat re-spondere ist, da au
(= ava) dem lat re und swer (= swear) dem spondere guU-
*) Eb könnte indcfs umgekehrt auch das deutsche zu, velches too und
to reprttsentirt, als ein beispiel der anderen kategorie von dem verschmelzen
ursprünglich verschiedener formen zu einer angefllhrt werden; wovon ich so-
gleich sprechen will.
erwiedenmg. 75
1
j^richt, und dafs die zusammeDgesetzten an-swer-und re-spon»
dere ursprünglich eine gegenstipulatioD aasdracken, die von einem
leligiöaen bindangsmitteli etwa einer libadon oder einem eide,
begleitet war.
Ich soUte vielleicht noch ansfahrlicher bei diesem punkte
lerweilen, am die resultate zu vertheidigen zu denen ich gelangt
Md, aber ich will, um die grenzen die ich in dieser erwiedemng
mir setzen mnfs, nicht zu überschreiten, nur darauf hinweisen,
i&k die thatsachen, von denen ich so eben gesprochen, bereits
Ton anderen als solche anerkannt und mit belegen erhfirtet wor-
den sind. So hat Orimm schon darauf aufmerksam gemacht,
dafs das ent in ent-zwei von ganz anderem Ursprünge ist als
das ent- in ent-nehmen; und dafs un in unwise nichts gemein
hat mit an in unbind; Leo: dafs das irländische zwei unabh£n>
gige prSfixe 'do' hat, welche den englischen from und to ent-
sprechen; Grimm: dafs das angelsSchs. prfifix on mit dem deut-
schen ent-, and folglich nicht mit der engl, prfiposition on iden-
tisch ist Herr Ebel selbst scheint zuzugeben, daTs per in per-
joius (=: nct^a) keine beziehung zu dem per in permagnus (=:
ff^<) bat; and es bedarf keiner bemerkung, dafs in in inire
(=: ev) nichts mit dem in in insanus (^= ar priv.) gemein hat;
noch das angels. to (== zer) mit dem to (= zu), oder en in
en-lighten mit en in en-quire. Oder wer mochte die ersten be-
standtheile von fordo, forget, forlorn, verthun, vergessen, verlo-
ren (for, ver = per in perdere) und von foresee, forestall, for-
"vard, oder von vermuthen, verfahren, versehen provide' (hierzn
pro oder prae) identificiren, obschon sie alle im englischen den-
selben laut und im deutschen sogar dieselbe form haben?
Hier w&ren also neun beispiele, die ich schon als sicher an-
nehmen durfte, bevor ich meine theorie bildete. Und nicht we-
nige davon befinden sich schon in der angegriffenen abhand-
lang; sie scheinen indefs von herm Ebel unbeachtet geblieben
ni sein;
In betreff des umgekehrten falles, daTs dieselbe partikel zu-
weilen verschiedene formen annimmt, will ich mich hier nur auf
den versuch beziehen, den ich in den proceedings of the philol.
Boc neulich gemacht, die identität der engl, präpositionen at und
to nachzuweisen, die ich aus der volleren form ado oder ato
entstanden glaube. Man ist in der that nur zu oft geneigt eine
^rache so anzusehen, als ob sie aus einem gu£s entstanden und
76 Key
in sich vollkommen homogen sei. Stellt man z. b. die engl.
Worte «rieh, red, run, rush** neben die provinziellen formen
^hirch, hird, hirn, hirsh*^, so hat man gewissermaTsen ein gesetz
für das hoch-englisch gegenüber dem dialect von Dorsetshire for-
muHrt, und findet sich getäuscht sobald man horse mit rofs ver-
gleicht Ebenso soll zwischen dem griechischen und lateinischen
das gesetz meistens obwalten, dafs n im ersteren einem c oder
q im letzteren entspreche, wie in inofiai, XBmta^ miATttog einer-
seits und seqnor linquo, quin(c)tns andererseits; doch wir finden
hfyiog gegenüber lupus. Ich habe übrigens gründe angegeben,
warum besonders in Bngland eine groise menge von dialecten
unter dem namen von angelsächsischen vorkommt und warum
daher alle Wörterbücher das deutsche ent in so vielfacher form
z. b. als aet-, 08-, on- und a- wiedergegeben haben. Wie dem
aber auch sei, ich bin nicht allein für diese behauptung verant-
wortlich. Schon Rask sagt, dafs angels. ot$- gleich deutschem
ent, und Grimm dais angels. on- ebenfalls gleich ent- sei. I>ie
bedenken, welche die lautliche Verschiedenheit zwischen let- und
en<^ einflöst — eine Verschiedenheit die übrigens nicht zu grofs
ist — werden beseitigt, wenn wir die gleichbedeutenden a^tfieogan
und entfliegen, aethleapan und entlaufen und setsacan, entsagen,
aetniman und entnehmen, a>tsli6an und entgleiten, setswjmmau
und entschwimmen nebst vielen anderen ähnlichen Worten zu-
sammenstellen. Das einzige präfix, welches übrig bliebe, wäre
demnach a-. Dafs aber die form on- (== ent-) zu a- werden
kann, wird durch die Verwandlung der andern präposition on
(=: an) bestätigt, wie aus den (s. 29) citirten beispielen und vie-
len anderen hervorgeht; vei^l. z. b. a-sleep, a-jar, a-bed, a-wry,
a-skew, a-slant, a-cross, a-drift, a-miss, a-mid, a-crjing,
a-laughing etc.
Herr Ebel beschuldigt mich zweitens ,, anerkannte lautüber-
gänge zum beweise der entgegengesetzten lautwechsel^ gebraucht
zu haben. Nun habe ich aber gerade im gegentheil meine leser
auf irrthümer dieser art warnend aufmerksam gemacht (vergl.
s. 45). Wenn ich daher die identität von ad und ava beweisen
wollte, so habe ich weder dem einen noch dem anderen Prio-
rität zuerkannt. Das lateinische ad kann, so viel ich weifs, eben
so alt oder vielleicht sogar älter sein als ava» Ich hatte folg-
lich gar nicht zu beweisen, dafs n sich in d verwandeln, son-
dern einfach nur, dafs in schwestersprachen oder in dialecten
ein Übergang von n in d und umgekehrt stattfinden kann. Da-
ervieddroBg. 77
äer ist das beispiel von dant 'tooth' und von saith nant 'seven
teeth' nicht ohne kraft, nm die genaue Verwandtschaft der buch-
$taben festzastellen. Andererseits ist aber auch die behauptung
mgenan, daJjs ich ans diesem beispiel allein und aus der ^aus-
spräche der nasale beim schnupfen^ meine argumente für den
laatwechsel geschöpft hatte. Ich kann mich hier aber, der kürze
wegen, sogar auf die nummer ihrer Zeitschrift selbst, in welcher
meine abhandlnng recensirt ist, nämlich auf seite 184 beziehen,
wo för den Wechsel von n und d die gesch. der deutschen spr.
3.355 cith-t ist»).
Der scheinbar wichtigste einwarf des herrn £bel ist aber
der, dafs ich auf ^zofSllige Übersetzungen^ zu groCses gewicht
gelegt habe. Die beispiele, die er anfahrt, sind drei, und ich
darf wohl annehmen, dafs sie die stärksten beweise in seiner
ansieht gegen mich enthalten; n&mlich: intumesc- ^swell up^
und incresc- ^grow np**, „wo andere sprachen^ wie es heifst,
..andere prSpositionen anwenden*', endlich drittens agnosc-„re-
cognize^. Nun wird aber erstlich, was intumescere betrifft, zu-
gegeben werden müssen, dafs die gewöhnliche folge von schwel-
len ein sich-erheben ist, nach dem natürlichen gesetze, dafs aus*
dehnung da stattfindet, wo der widerstand am geringsten ist, also
beim anschwellen nicht nach unten sondern nach oben hin. Es
ist daher ganz richtig, dafs flugel in seinem Wörterbuch „swell^
s*v. mit „schwellen, anschwellen, ausschwellen, auflaufen, auf-
steigen, aufragen etc^ übersetzt. Mit ausnähme des ersten Wor-
tes in dieser Übersetzung ist die analogie mit ava in dem ersten
theil der folgenden wohl deutlich genug, und der schlufs scheint
daher nicht ungerechtfertigt, dafs der begriff, der in „up^ ange-
drückt ist, auch in den deutschen synonymen desselben Wor-
tes liegt So übersetzt auch Freund intumescere mit „aufschwel-
l^D, anschwellen, sich erheben, steigen etc.^ Dagegen wäre es
sehr schwierig das in in intumesco mit der ^gewöhnlichen präpo-
sition in zn identificiren, da der gewöhnliche gebrauch derselben
durchaus nicht zu dem begriffe von schwellen pafst; während
dieser gebrauch sogleich hervortritt, wenn vom umgekehrten be-
piffe die rede ist, wie in dem zeit^orte „einfallen^. Vorläufig
Qiöchte ich daher intumesco immer noch mit 'swell up' d. h. mit
SOS- oder auf-schwellen und nicht — wenn die behauptung, dafs
T^ andere präpositionen " angewandt worden, einen thatsäch-
*) Grimm sagt am angeführten orte: ^Höchst selten scheinen D und N
*tt tauschen". d. r.
78 Key
liehen sinn haben soll — mit dem nicht vorhandenen weil nicht
möglichen ^ einschwellen ^ übersetzen.
Der fall von in er esc- ist dem von intumesc- so Shnlicb,
dafs ich nur dieselben grfinde anzufahren h&tte, um zu demsel-
ben schlösse za gelangen. Mit bezug auf agnosc- habe ich nan
aber zonfichst za bemerken, dafs agnosc- ebenso gat als eine
corruption von an-gnosc als von ad-gnosc angesehen werden kann,
da in-gnosc- za ignosc- wird. Und ich kann so wenig die Vor-
liebe anderer sprachen für andere präpositionen bei der bezeicli-
nnng des in agnosc- enthaltenen begriffes zugeben, dafis ich im
gegentheil auf die grofse gleichmäfsi^eit der form in dem vor-
liegenden falle hinweisen muTs. Wir finden z. b. im griech. ceroe-
yiyvoaax-^ im breton ana-vez-oat, im angels. on-cnaw-an, im dent-
sehen an-erkennen and wieder-erkennen, im engl. a(c)knowledge
(und re-cognize) etc. Freund will allerdings agnoscere mit (ali-
quid) ad se noscere erklären; aber dies scheint mir eben so ge-
zwungen und künstlich als wenn Orimm das gothische and-beitan
mit 9, gegen jemand beissen^ übersetzt.
„Freilich^, fiUirt herr Ebel fort, „hSlt man sich nur an das,
was und nicht daran, wie es bezeichnet wird, nun dann kann
man alles beweisen — oder nichts^.
Von dieser art der Widerlegung kann ich nur sagen, dafs
sie weder ernsthaft noch unparteiisch ist Denn, ob ich nun
recht oder unrecht habe, könnte irgend jemand aus den oben
angeführten zeilen entnehmen, dafs ich mehrere hundert
Worte analjsirt habe, bevor ich meine resultate hinstellte? mit
anderen Worten, dafs ich mir die ersichtliche muhe gegeben, das
^wie^ ausdrücklich nachzuweisen? Und ich will hinzufügen, dafs
die meisten dieser worte im allgemeinen bisher im bausch und
bogen behandelt worden sind, und dafs ich es mit dem ,,wie^
daher nicht so obenhin genommen, als der leser aus dem ein-
wnrf des herm Ebel schliefsen möchte. Wer hat z. b. früher
nur versucht, die eigenthfimliche bedeutung ,,zum ersten Mal
eintauchen^ von imbuere und die bedeutung „eine erste
form geben ^ von informare mit gründen zu erklaren? oder
die bedeutung ^^austrockn'bn^ von adarescere und inter-
arescere, in welchen Worten die bekannten bedeutungen von
ad und inter ganz unzureichend sind. Nur ein paar bemerkun-
gen über das letztere. Die grofse menge der bedeutongen von
ttpa^ die ich im anfange meines Versuchs über diese präposition
aufgezfihlt, scheint meinen späteren schlufsfolgen die Sache zu
erwiedenmg. 79
lacht zn machen. Sie th&te es wirklich, wenn ich einzelne der-
selben willkahrlich bei eeite geschoben nnd andere für meinen
nreck heraosgesncht hfitte. Doch sie vermehrt im gegentheil die
Schwierigkeit für mich, wenn allen oder doch beinahe allen ge-
oogthuang werden sollte. Mit ausnähme von „back^ (znrück)
and der bedentang von „opening^ (eroffnen) „beginning^ (an-
fangen), die in der that nur entfernter dem ava zukommen, sind
Dan alle bedeutnngen der griechischen präposition in den lat.
compositis mit inter anzutreffen. NSmlich 1. „up*' (auf) z. b. in
intellig- eigentlich „pick up auf-lesen, dann bildlich sammeln^
rpTstehen; 3. „again^ (wiederum) z. b. in interpolare, füll (cloth)
agun, ^wieder zustutzen '^; 4. reversal, z. b. in interjungere unjoke,
entjochen, ausspannen; 7. off away (ver-) z. b. in internecare kill
off, vernichten interdicere forbid, verbieten, interimere take off,
wegnehmen, vernichten; interficere, make awaj with, vernichten;
^. „throagh^, z. b. in interspirare, breatfae through „durchath-
men^; interfodere, dig through, „ durchgraben ^; interfugere, fiy
through, „ durchfliehen ^ etc.; 9. thoroughly, z. b., in inter-arescere,
austrocknen, interbibere, austrinken, in welchen Worten die ur-
sprüngliche bedeutung der prSposition, nämlich 'up*, noch vor-
banden ist, und wir können sie übersetzen mit diy up, aufbrock-
Qen, drink up, aufirinken. *
Deutschen gegenüber würde es mir nicht geziemen, auf
meine erklarung deutscher worte besonders verweisen zu wollen,
mir ist von einigen deutschen gelehrten, die sich in England be-
finden, aber ausdrückliche Zustimmung zu theil geworden hin-
sichtlich vieler erklärungen, die ich gegeben, z. b. der von ent-
sagen, untersagen, entstehen, unternehmen, unterhalten etc., und
besonders hinsichtlich des princips, das die composita mit unter
in zwei classen theilt
Zum Schlüsse noch ein wort über das sanskrit Vor unge-
nUir 25 Jahren fing ich unter der anweisung meines damaligen
coUegen, des betrauerten Dr. Friedrich Rosen, sanskrit zu studi-
ren an. Umstände verhinderten mich diesem Studium seitdem
80 viel zeit zu schenken, als ich gebraucht hätte, um mich voll-
kommen mit der sanskritsprache vertraut zu machen. Ich ge-
stehe dies gern ein; aber nach der Überzeugung, die mich im
gebrauche von sprachen für streng wissenschaftliche zwecke lei-
tet, and nach der wenig erfreulichen erfahrung, die ich unter an-
<3eren an meinen eigenen landsleuten gemacht, und die auch sonst
Wo zutreffen wird, kann ich nicht umhin hinzuzufügen, dab nur
80 Key
eine gründliche und vollkommene kenntnifs dieser schwierigen
spräche eine erspriefsliche benutzung derselben für comparative
lingoistik zu rechtfertigen scheint. Wenn ich aber mit diesen
Worten meine ansieht dahin ansdrücke, dafs oberflüchliche Schrei-
ber mit ihrer sogenannten sanskrit-gelehrsamkeit, die sich aus
grammatiken und Wörterbüchern zu einem oberflächlichen schein
schnell aufputzen läfst, ernstlichen schaden der vergleichenden
Sprachwissenschaft zugef^ haben, so muTs ich doch anderseits
auch bemerken, dafs die wirklichen sanskrit-gelehrten nur zu oft
geneigt sind, einseitig allein nach dem entfernten Indien hinzu-
blicken nnd damit nicht selten übersehen, was sie zu hause ha-
ben und was zu ihren füfsen liegt.
Ich glaube hiemit auf jeden einzelnen punkt*) in den ausstel-
lungen des herrn Ebel geantwortet zu haben und kann daher
die theorie, welche ich in meinem versuch über ava entwickelt
habe, durch seine kritik nicht als widerlegt betrachten.
4. April 1855. University College, London.
T. Hewitt Key.
Die im eingange vorstehender entgegnung angefahrten um-
stände haben mich allerdings bestimmt, derselben einen platz in
der Zeitschrift einzuräumen und liefsen es zu gleicher zeit rath-
sam erscheinen, keine weitere erwiederung auf manche der vor-
gebrachten punkte folgen zu lassen; wenn herr prof. Key es sich
aber vorzugsweise angelegen sein läfst, seine methode zu recht-
fertigen, an welcher herr dr. Ebel Sicherheit vermifst hatte, so
wollen wir in bezug auf dieses urtheil nur noch auf das West-
minster Review XIV. p. 567 verweisen, wo ein referent über ver-
schiedene aufsätze des herrn prof. Key sagt: „The only fault we
find with him is that he allows himself sometimes to be carried
beyond what we should call a safe ground of analogy''.
A. Kuhn.
*) üeber die genaue Verwandtschaft von doch und noch will ich nicht
wiederholen, was ich schon anderweitig gesagt habe; ich will indefs aufser-
dem darauf hinweisen, dafs 'dennoch"* und 'doch' sogar synonym in^ gebrauch^
sind.
Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstr. 18.
I. Abhandloiii^eii«
Oskische beitrage.
Uie nachstehenden untersuchuDgen über oskische sprach-
rmen streiftm ihrer natur nach vielfach in gebiete der
ateinischen grammatik hinüber; bei dem rein sprachlichen
Charakter derselben konnte das eingehen auf den Zusam-
menhang und die sachliche bedeutung der tafel von Bantia
^d andrer oskischer Sprachdenkmäler nicht ganz vermie-
den werden, da jede worterklärung die probe bestehen
niufs, ob sie in den Zusammenhang paTst.
1) Die Conjunction pruter-pam.
Die neusten erklärer der Inschrift von Bantia erklä-
ren die Worte derselben z. 4. 5. Svae pis pertemust, pruter
pan , deivatud übereinstimmend: Si quis intercesserit,
praeterquam . . . ., jurato (Kirchhof, das stadtrecht von Ban-
^^ 8. 48; Lange, die oskische inschrift der tabula Bantina
P-31 f. Kirchh. zeitschr. f. vergl. spr. DI. 131). Die be-
deutung praeterquam für pruter pan ist schon von
den früheren erklärem als sicher angenommen; und in der
^ftt ist die sprachliche möglichkeit derselben nicht in ab-
rede zu stellen. Dennoch ist sie nichts weniger als erwie-
sen. Die oskischen Zusammensetzungen praefricus = prae-
fectus, praesentid = praesente und prumedicatud = pro
^^stratu, pruhipid =s prohibuerit zeigen, dafs sich die
V- 2. 6
82 Corssen
pr&positionen prae und pro im oskischen und lateinischeu
im gebrauche genau entsprechen. Man würde also fbr ein
lateinisches praeter ein gleichlautendes oskisches erwarten.
Aber. auch abgesehen davon liegt es doch nahe, das oski-
sche pru-ter mit dem griechischen 7tQ6'Ta()ov gleich-
zusetzen und von der gleichheit der form auf die gleich-
heit der bedeutung zu schliefsen, und demnach pruter pan
als prius quam zu fassen. Umbrisch wird der sinn des
lat. prius durch pre-tra (AK. 11. 361), des lat. prius quam
durch pre-pa (AK. II. 249) ausgedrückt; zu verwundem ist
es daher nicht, wenn auch das oskische nicht einen dem
lat. prius der form nach entsprechenden comparativform
zeigt. Mindestens erhellt also, dafs pruter pan ebenso
gut priusquam als praeterquam bedeuten kann, dafs
mithin der Zusammenhang der stellen, wo das wort vor-
kommt, entscheiden mufs, welches die bedeutung ist. Wenn
sich nun ergiebt, dafs durch meine erklärung sowohl z. 4
als z. 16, wo pruter pan auf der tafei von Banüa vor-
kommt, gerade die Schwierigkeiten, an denen die erklärer
bei ihrer deutung anstofs genommen haben, wegfallen, so
ist die bedeutung priusquam die richtige. Was zunächst
die hier vorliegende stelle z. 4 betriffl;, so hat K. ganz rich-
tig gesehen, dafs hinter pruter pan auf der tafel ein satz,
d. h. mindestens ein verbum herzustellen ist; L. will tri-
bunus plebis ergänzen, weil zur ergänzung eines Satzes kein
räum vorhanden sei. Aber der ist in der that vorhanden.
Ergänzt man nämlich nach pruter pan das vorhergehende
verbum pertemust, so erweist eine genaue nachmessung,
dafs dieses wort zu ende von z. 4 platz hat, und dafs diese
zeile, wenn man pertemust mit den buchstaben von Momm-
sens stich hinter pan einzeichnet, gerade so weit reicht vne
z. 11, wenn man eta • . zu etanto, und wie z. 10, wenn man
min . . zu minis oder minus ergänzt. Aber auch wenn z. 4
mit der vorgeschlagenen ergänzung noch etwas weiter nach
rechts reichte als alle andern zeilen, so machte das nichts
aus, da die länge der zeilen auf der tafel von Bantia
überhaupt ungleich ist.
oskiflcfae beitrage. 83
L. wird nnn durch seine ergänzuDg zu der sachlichen
erklärung gedrängt (p. 31): die Qbrigen Beamten von Ban-
tia, wenn sie gegen Tolksgerichte intercediren wollten, hät-
ten erst schworen müssen, daTs sie nur das Staatswohl be-
zweckten und nach majoritätsbesohlurs des Senats handel-
ten, die tribunen hingegen ohne vorgängigen eid interce-
diren können. L. mufs aber selbst gestehen, dafs Ton ei-
ner intercession anderer beamten gegen Volksgerichte aufser
den tribunen sich im römischen gerichtsverfahren kein bei-
spiel findet; noch viel weniger also findet sich irgend eine
analogie dafHr, dafs ein Staatsbeamter vor der intercession
hätte einen eid leisten müssen, der andere nicht. Eine
sachliche stütze hat also L.'s ansieht gar nicht.
Nach meiner ergänzung lautet also die vorliegende
stelle: Svae pis pertemust, pruter pan [pertemust] deivatud
= Si quis intercesserit, priusquam intercesserit, jurato; der
sinn des ganzen satzes, zu dem die stelle gehört, ist dem-
nach : Wenn jemand intercedirt, so soll er, bevor er inter-
cedirt, schwören, da& er es nur im Staatsinteresse und nach
majoritätsbeschlufs des Senats thue. L. hat richtig be-
merkt, dafs der pis, der jemand, von dem hier die rede
ist, nicht der beklagte oder eine privatperson sein könne,
sondern jedenfalls ein Staatsbeamter sein müsse. Wie nnn
in Rom in der that nur der tribun gegen volksgeriohte in-
tercedirte, so mufs man vom tribun zu Bantia dieselbe be-
rechtigung annehmen, und er insbesondere ist mit jenem
pis gemeint. Wenn also meine erklärung sprachlich imd
inschrifUich gerechtfertigt ist, so hebt sie gerade die Über-
einstimmung römischer und bantinischer Volksgerichte, auf
die L. hinweisen will, einfach und entschieden hervor, wäh-
rend L. durch seine ergänzung und worterklärung diese
übereinatimmimg zerreifst und seiner eigenen richtigen an-
sieht von der hauptsache selbst hindernd in den weg tritt.
Das hier gewonnene ergebnifs wird weiter unten durch die
betrachtung der zweiten steDe, wo pertemust vorkommt,
z- 16 bestätigt.
6*
g4 Corssen
2) Die unächte präposition amnud.
Für die unächte präposition amnud, die K. Tab.
Bant. 6 richtig causa übersetzt hat, meint L. eine sichere
erklärung gefunden zu haben, indem er am-no aus ap-no
entstehen läfst, das von gleichem stamme und gleicher be-
deutnng wie op-us sein soll. Auf die haltlosigkeit dieser
erklärung haben bereits G. Curtius (n. jahrb. f. phil. u. päd.
bd. 29. 8. 96) und Bugge (dies, zeitschr. HL 418) hinge-
wiesen; ich kann also gleich an die begründung meiner
erklärung gehen. Die italischen mundarten bilden von prä-
positionen mittelst der anf&gung no örtliche eigenschafts-
wörter, wie lat. pro-nus, po-ne fhr pos-ne oder post-ne,
super-nus, infer-nus, de-ni-que, der stamm prae-no in dem
Stadtnamen Prae-n'-este (dies, zeitschr. IH. 301) umbr. per-
ne, post-ne. Nun hat das oskische in Zusammensetzungen
die lateinische präposition ambi (ambifariam, ambidens),
griech. afi(fi gewahrt in der gestalt amf, weiter verstüm-
melt zu am. Die erste findet sich Cip. Abell. 32. 35 in
amfr-et, den umbrischen formen ambr-etuto, ambr-efiirent
entsprechend, dessen erster bestandtheil amfr, umbr. ambr
Ton amf für amfi gebildet ist mittelst der anfllgung ro, wie
lat. supr f&r super in supre-mus von sub. Noch mehr
entstellt ist die oskische präposition amfi in am-via-nud
(Momms. UD. XXIX, a. b), indem das f wegen des heran-
tretenden consonanten wegfallen mufste. Von derselben
präposition ist mittelst der endung no das räumliche eigen-
schaflswort am.-no gebildet, das „herumbefindlich'' bedeu-
tet, wie pro-nus, po-ne, super-ne „vom-, hinten-, oben be-
findlich''. Der abl. masc. amnu-d ist eine adverbialform
wie osk. contru-d vom stamme contro lat contrft, bedeutet
also eigentlich „in circuitu, im umkreis % entspricht
mithin in der bedeutung genau dem lat. circa, circd (id-
circo) circnm. Amnud steht nach dem worte, das von
ihm abhängt wie circa und circo in id-circo, quo-drca, es
kommt gerade so wie diese beiden Wörter, oder wie griech.
itfLfpl und 9t$Qi von der bedeutung „um^ zu der bedeu-
oakiflche beitrftge. ^
tung » wegen % wie K. sie för die vorliegende stelle ge-
fordert und mit causa übersetzt hat
Es ist nun die stelle auf dem stein yon Abella in be-
tracht zu ziehn z. 17, wo amnod vorkommt, die L. ganz
aufser acht läfst. Sie lautet: sakaraklom herekleis, slaagid
pod ist, inim teer[om] pod op eisod sakaraklod [ist}-p^
anter teremniss eh(trad) ist, pai teremenui^ nio[inikad]
tanginod prof[a?]tu set r[ehtod?] ^iPfiod puy idik sakara
[klom] inim idik terom, moin^om] moinikei terei fusid.
Ich übersetze: Saoellum fiTerimlis, in confinio (?) quod est,
et terra quae apud illud sacellum est, quae inter terminos
ex(tra) est, qu& terminalia communi sententia probata sunt
r(ecte)? in circuitu, quo hoc sacellum et baec terra (est),
commune in communi terra erit. Da es hier nur darauf
ankommt, meine ansieht über amnod zu rechtfertigen, so
verweise ich der kürze halber f&r die berechtigung zu die-
ser Übersetzung auf die sprachlichen nachweise bei IL stadtr.
V. Baot s. 8. AK. umbr. sprachd. I. 167. IL 160. 325, und
bemerke nur, dafs ich pai vor teremennio als femininen lo-
kativ mit der bed. „wo^, lat. „qu&^ fasse, wie weiterhin
ein solcher loc. fem. erscheint vor teremennio z. 57 : eisai
viai mefiai teremennio staiet» in ea via media terminalia Stent
Das r . . . . am ende der verstümmelten zeile 16 ergänzt
Mommsen zu rehtod, und vergleicht man hierzu die um-
brische formel (AK. II. 328): sv e rehte curatu sisssi recte
curatom sit, so erscheint diese ergfinzung sehr ansprechend.
Ganz ähnlich findet sich das lat. recte in den grenzbestim-
mungen der lex Mamilia (zeitschr. f&r geschichtl. rechts-
Wissenschaft bd. IX. 379 £): qui ager intra fines eorum
erit, qui termini in eo agro statuti erunt, quo in loco ter-
minus non stabit, in eo loco is, cujus is ager erit, termi-
num restituendum curato: uti quod recte factum esse vo-
let Ein oskisches adverbium rehtod oder rehte stände ne-
ben lat. recte wie osk. ehtrad neben lat. extra. Nur läfst
sich leider nicht sicher bestimmen, welche casusform das
vom participialstamm reh-to gebildete adverbium gehabt
hat, da das oskische in contrud, ehtrad, amprufid, fortis,
99 Consen
mais Terschiedene adverbialbildangen zeigt.' Es fragt sich
nun, ob amnud wirklich an der vorliegenden stelle durch
„in circuitu" oder „circa** richtig übersetzt wird. Man ver-
suche einmal es mit causa zu übersetzen; dann müfste das
mit r anfangende wort, das vorhergeht, ein von amnod ab-
hängiger genitiv sein wie tab. Baut. 6 cadeis amnud zeigt,
könnte also nicht zu rehtod oder rehte ergänzt werden.
Was sollte nun abt^v dieses wort bedeuten? Es müfste ei-
nen begriff wie „umgrenznug^ bezeichnen, wie ihn auch der
folgende mit pur eingeleitete relativsats verlangt. Dann
würde einerseits das oskische gesetz die triviale erklämng
enthalten, dafs grenzsteine zur Umgrenzung dastehen, an-
drerseits aber entsteht die un Wahrscheinlichkeit, dals der
begriff „grenze^ durch drei verschiedene Wörter in einem
und demselben aktenstücke ausgedrückt wäre, durch te-
remniss, durch slaagid und endlich durch jenes verstüm-
melte mit r anlautende wort. Die nothwendigkeit fbr am-
nod an unserer stelle eine räumliche bedeutung zu gewin-
nen, schliefst auch die erklärung Bugge's aus, der (dies,
zeitschr. III. 418) das amnud der tab. Bant. von wrz. am
in amare herleitet und durch gratia, ;^of(>f9/ erklärt, lieber-
dies ist diese erklärung auch nicht durch verwandte bil-
dungen auf dem boden der italischen dialekte gestützt. Mir
ist wenigstens kein fall bekannt, wo von einer verbal wur^
zel ein nomen durch die anfilgung no gebildet und ein ca-
sus desselben als präposition verwandt wäre, während für
solche bildungen von präpositionen, d. h. von pronominal-
wurzeln oben beispiele zusammengestellt sind. Jedenfalls
stehen also der erklärung causa fär amnod an der vorlie-
genden stelle sehr wesentliche Schwierigkeiten entgegen.
Man vergleiche damit die von mir ftkr die präposition oder
das ortsadverbium angenommene grundbedeutung. IstMomm-
sens sehr einleuchtende ergänzung r(ehtod) richtig, dann
steht amnod hier als ortsadverbium ohne vorhergehenden
casus, wie häufig lat. circa mit der bedeutung „ringsum %
und der einfache sinn der ganzen stelle ist ^das tempel-
grundstück, das zwischen den grenzen (von Noia und
oskische beitrage. 87
Abella) ausgeschiedeD ist, wo die greozsteine nach gemein-
samem bescbloGs richtig ringsum festgesetzt sind^. Aehn-
lieh heifst es in den grenzbestimmungen zwischen den ackern
der Genuaten und Yeturier (Egger lat. serm. vet. rell. 186):
ibi termina duo stant circum viam Postumiam. Altlatei-
nisch war die präposition ambi zur bezeichnung von Um-
grenzungen in gebrauch, das zeigen sowohl die zusammen*
Setzungen amburbialis, ambarvalis, anterminus (Fest. h. ▼.)
als des älteren Catos Schreibweise Macrob. Sat. I, 14: Cato
in originibus an terminum, id est circum terminum. Die
oben gegebene sprachliche erklärung von amnod wird alsa
durch den völlig passenden und sachgemäTsen sinn der
stelle bestätigt Aber auch angenommen, M. hätte das r...
nicht richtig ergänzt, und vor amnod ein casus eines mit
r anlautenden nomens gestanden, das einen räum bezeich-
nete, was^ wie oben gezeigt, mindestens unwahrscheinlich
ist, selbst dann käme nach meiner ansieht noch ein einfa-
cher und gesunder sinn des relativsatzes heraus: „wo die
grenzsteine nach gemeinsamem beschlufs rings um den räum
festgesetzt sind, wo u. s, w.^. Somit empfiehlt sich die
oben angestellte erklärung, dais amnod von der präpo*
sition amfi mittelst der endung no gebildet, dafs es wie
lat. circa, circo, griech. afifpi^ tuqI ursprünglich „um, rings-
um^, dann auch „ wegen ^ bedeute durch betrachtnng
der besprochenen stelle auf dem stein von Abella nach al-
len Seiten hin.
3) Die superlatiyform valaemom und die itali-
schen geschlechtsnamen auf -aijo, -aejo, -eijo,
"^jöj -Qo» -^o, -aio, -aio, -aeo, -60, -fo, -fo,
-10.
In dem relativsatz T. B. 10: pod valaemom tovticom
tadait ezum handelt es sich zum Tcrständnüs um die er-
klärung der beiden Wörter yalaemom und tadait, die
E. offen gelassen. Mommsen (s. 258) hat richtig bereits
Talaemom mit lat. valere zusammengestellt; L. erklärt das
^ CorSBen
wort f&r ein substantiTiun, das vom verbalstamm vala mit
dem sufiSx imo gebildet sein mid den sinn von salus haben
soll, ohne fbr diese wieder als unzweifelhaft ausgegebene
Substantivbildung eine analogie beizubringen. Dafs von ver-
bis der a-conjugation substantiva mit der anf&gung mo
und zwischentretendem bindevokal e oder i gebildet wür-
den, dafür sucht man vergebens einen beweis. Ich komme
also mit der erklärung des wertes nicht so leicht zu
Stande, und sehe mich genöthigt zu einer begründnng
derselben eine ganze reihe verwandter Wortbildungen durch-
zugehen.
Der stamm des vorliegenden adjektivum ist val-aeo
mit einer endung gebildet, die in den italischen sprachen
sehr mannigfach gestaltet erscheint. Ihre vollste und äl-
teste gestalt auf italischem boden ist im oskischen aijo,
skr. 6ja in mefit-aija-is und mit der anftlgung ano wei-
ter gebildet in Pomp-aij'-an'-s. Indem das i desdiph-
thonges ai zu e sank, wie so oft, entstand die form aejo
in den lateinischen namen Ann'-aeju-s, Ann-aeja (vgl.
Huebner: Quaestiones onomat^logicae latinae. Bonn. 1854.
p. 21 — 27) und indem das a des ursprüngUchen diphthon-
gen ai sich zu e schwächte, die gestalt eijo in den lat.
namen Pomp-eija, wozu die von Priscian (1. 18. ed. Hertz)
angefahrte Schreibweise Pomp-eiii stimmt, Opetr-eija,
Sabin'-eiju-s, wo das doppelte I der inschriften keines-
wegs blofs zur schärfung des einfachen I steht. Dieselbe
bildung zeigt oskisch ver-eija-i, wo das doppelte I eben-
sowenig mülsig ist. Hieran schliefst sich am nächsten die
im latein. gewöhnlichste form ejo in namen wie Pomp-
eju-s, Vell-eju-8, Ann-eju-s u. a., die oskisch in
Ver-eja-s, Kott-eje-is, umbrisch in den völkemamen
Mus-ej'-ate, Kur-ej'-ate mit der anf&gung ati weiter-
gebildet erscheint. In der mitte zwischen ejo und ijo liegt
die oskische form i j o , da das oskische gestrichene i einen
zu e hinneigenden i-laut bezeichnet, wie Aufrecht (I. 22)
überzeugend dargethan hat, während neuerdings der ver-
such, dem i eine andere bedeutung beizulegen (Stier zeitschr.
otkiaobe beitritge. 89
£ alterth. w. 1854. p. 129), ohne die guten gründe jenes
gelehrten zu berücksichtigen, mi&lungen ist. Diese form
findet sich in kerr-ijo-i, kerr-ija-i und den andern
auf der weihinschrift von Agnone yorkommenden casus
desselben Wortes. Wie in der form ejo der e-laut ein fol-
gendes i verdr&ngte, so hat in der umbrisehen und oski-
sehen form ijo der i-laut allein die geltung behauptet. So
in den umbrisehen namen Kastru^-ije, Klavern-ijo,
Kluv-ije-r, Veh-ije-s, Vup-ija (AK. I. 24, 163).
Ebenso gebildet sind die oskischen namen Adir-ii^-s,
Babb-ii'-s, Gav-ii'-s, Makd-ii'-s, Maakd-ii'-s,
Met-ii'-s, Muluk-ii'-s, Niumer-ii^-s, Paap-
ii'-{s), Pupd-ii'-s, Pupid-ii'-s, Popid-ii-s, Tintir-
ii^-s^ Treb-ii'-s. In diesen nominativen fiel vor dem s
des nominativs der classenyokal o der endung ijo aus wie
in oskisch Heirenni^-s, Niumsi'-s, degetasi'-s,
Steni'-s, Ohtavi'-s (dies, zeitschr. m. 133), umbrisch
in Trutiti'-s, Koisi'-s, im provinzialen latein in Bru-
ti'-s, Fulvi'-s, Ventinari'-s, Aureli'-s (Hübner
1« c. p. 28) und auch sonst in den italischen sprachen häufig.
Vor dem folgenden s mufste dann natürlich das j der en-
dung zu i erweicht werden. In allen bisher besprochenei
gestaltungen hat sich das j der ursprünglichen anf&gung
erhalten. Eine zweite reihe von gestaltungen desselben
entsteht durch den ausfall dieses j. So wurde aus aijo
oskisch, lateinisch und umbrisch zunächst aio; oskisch in
Meliss'-ai-i, kajusin'-aia, mit der anftkgung ano wei-
ter gebildet in Bov-ai'-ano-d; das provincielle latein der
Osker, Picenter, Etrusker u. a. hat diese form aio gewahrt
in namen wie An-aia, Vibid-aius, Pop-aio, Ul-
aiu-8, An-ai^-edius, An-ai^'-enus, Pull-ai^-enus,
Meliss-ai (fUr Meliss-ai'-i), die jetzt auf inschriften nach-
gewiesen sind (Mommsen Inscriptiones regni Neapolitani.
Ind. Hübner 1. c.) und die beweisen, dafs italischen mund-
arten diese form geläufig war. Im umbrisehen erscheint
dieselbe endung in den adjectivbildungen pern'-aia- f.,
pu8tn-aia- f., von den adverbien peme „auf der vorder-
90 Consen
Seite ^ und postne ^»auf der rückseite^ mit der anfftgung
aio gebildet, vor welcher wie gewöhnlich der vokalische
auslaut des Stammes ausfiel. Ich kann nicht mit AK.
(umbr. spr. I. 47) annehmen, dafs an jene adverbien nur die
endung o angetreten wftre und sich das auslautende 6 der-
selben wieder in ai aufgelös't hätte, da von solchen auflö-
sungen im umbrischen sonst kein beispiel vorhanden ist.
Von aio ist durch den oben berührten feinen lautunter-
schied des oskiscben i die oskische form aio geschieden,
die den Übergang zu aeo bildet und sich in dem namen
Vesulli'-ai^-s findet. Die endung aio trat hier an den
abgeleiteten stamm Veeullio, dessen o vor ihr abfiel; der
nominativ hülste dann regelrecht das o vor s ein. Mit der
gewohnlichen trübung des i zu e ward dann aus aio die
gestalt der endung aeo, die in italischen namen häufig
erscheint wie Acc-aeu-s, Ann'-aeu-s, App-aeu-s,
Arc-aeu-s, Av-aea, Bass-aeu-s, Februcui-aea,
Meliss-aeu-s, Petron-aeu-s, Peduc-aeu-s, Pom-
pon-aeu-s, Popp-aeu-s, Serv-aeu-s, Sexs-aea-s,
Terr-aeu-s, Tett-aeu-s, Vell-aeu-s, Vin-aea, Vis-
aeu-s, Yerginn-aeu-s (Momms. Inscr. R. N. Ind. Hüb-
ner 1. c. p. 23). Dafs solche geschlechtsnamen auf aeo von
weiblichen stammen auf a gebildet sein können^ wie Meliss-
aeu-s von fiikiaaa, Terr-aeus von terra wird niemand be-
streiten. Wer indefs behaupten wollte, daiGs sie immer von
solchen gebildet sein müfsten, hätte den nachweis zu ibh-
ren, dafs römische geschlechter sich auch nach stammmüt-
tem, nicht blofs nach Stammvätern nannten, dafs also z. b.
Petronaeus nicht von Petro sondern von Petrona, Pompo-
naeus nicht von Pompo sondern von Pompona gebildet
wäre. So lange dieser beweis fehlt, muls ich das a in der
endung aio, aeo von lateinischen geschlechtsnamen als ei-
nen theil der anfügung, nicht des wortstammes ansehen so
gut wie in dem oskiscben Bov-ai'-anod = lat. Bov-i-ano
und -aeo aus -aijo erklären. Diesen bildungen schliefst
sich das oskische val-ae'-mo-m an, eine superlativform
von dem adjectivstamme val-aeo. Als die steigerungs-
oskiflche beitrüge. 91
^dong mo mit Tortretendem bindevokal i an diesen stamm
trat, ward das auslautende o desselben abgestofsen. So
ist vom stamme maho (skr. wrz. mah, crescere) gebildet
ma-i-ma-6 = maximae mit ausfall des h wie in ma-i-s =
magis, so lat bruma ftr brev'-u-ma, min'*i-me, pur'-i-me,
dec'-i-mu-s, sept'-i-mu-s , bildongen, die ich bereits früher
besprochen habe (dies, zeitschr. III. 244 f.). DaTs aus val-
ae*-i-mo-m val-ae'-mo-m ward, bedarf keines beweises
mehr; die bedeutung des so gefundenen superlatives ist
yalidissimum oder valentissimum. Dafs übrigens
dag oskische auch sonst die form der anftgung aeo kannte,
zeigt der name Meliss-aen-s, der auf pompejanischen
Inschriften häufig vorkommt (Mommsen. U. D. 279). Ver-
gleicht man die formen -aeo, -aio, -aio in ihrem zusam-
menhange, so wird es wohl gerechtfertigt erscheinen,, warum
ich oben in der endung aio das i als vokal . gefafst habe,
nicht als consonanten j. Die endung aeo schmolz nun wei-
ter zusammen zu So in lateinischen namen wie Amm-ea,
Ann-eu-8, App-eu-s, Bass-eu-s, Brutt-eu-s,
Duc-ea, Pars-eu-s, Pirm-eu-s, Lollid-ea, Mess-
ea, Mucian-ea, Pax-eu-s, Peduc-eu-s, Plenin-
eu-8, Pomp-ea, Pompon-eu-s, Popp-eu-s, Prae-
tum-eu-8, Serv-ea, Terr-eus, Tinul-eu-s, Vell-
eu-s (Hübner I. c. p. 24). Diesen bildungen am n&chsten
stehen die oskischen auf io, das in der mitte steht zwi-
schen lat Äo und io, wie Piist-ia-i, Vestiriki-lo-i,
Viiniki-l'-s, Juvki-io-1, Siuti-i'-s, Kiipi-i'-s.
Diese sind also nicht mit lateinischen namen wie Truti-
^jn-8, Modi-eju-s zusammenzustellen (wie Momms. U. D.
229 und Hübn. p. 27 behaupten), die ja das j der endung
gewahrt haben; ihnen würden vielmehr lateinische namen
^e Vestrici-eu-s, Jovici-eus entsprechen, die ich aber nir-
gend gefunden habe. Dafs das lateinische eine endung to
IQ geschlechtsnamen kennt, ans der durch Verkürzung des
i die gewöhnliche lo entstanden, ist von Ritschel (Ind. lect.
liib. 1853-^54. p. 6 f.) trefflich nachgewiesen. Die zusam-
nieostellung von namen wie An-aeu-s, An-eio-s, An-
92 Consen
io-8, Ann-aeo-s, Ann-eio-s, Ann-eo-s/Ann-io-s;
Lucc-aeo-8, Lucc-ejo-s, Lucc-io^s, Pompon-
aeu-8, Pompön-eo-s, Pompon-io-s; Popp-aeu-8,
Popp-io-8; Tett-aeo-8, Tett-ejo-s, Tett-io-s,-
Vell-aeu-8, Vell-ejo-8, Vell-io-s lassen keinen sswei-
fd, dais in gentilnamen zwischen eju-s und lu-s die Zwi-
schenstufen So und to lagen. Das lange i in geschlechts-
namen und anderwärts wird, wie Bitschcl erwiesen hat
(rhein. mus. YIII. p. 493. Monum. epigr. tria p. 31) auf
Inschriften durch die grölsere höhe des buchstaben oder
durch einen darübergesetzten accent bezeichnet, so dafo an
der ausspräche von namen wie Anton*ta, Claud-tu-s,
Lucil-ia-e, Poetell-iu-s, Pompon-tu-s, Valer-to,
Flav-fu-s, Vett-!u-s, Gav-iu-s, Jul-ia-e, Liv-
tu-8, Luc-io-m u. a. nicht mehr gezweifelt werden kann.
Diese lateinischen geschlechtsnamen auf &o und io lassen
aber schliefsen, dals auch in den entsprechenden oskischen
namen auf eo, io und io, die oben angefahrt sind, das e,
i, i lang war, und dais wie im lateinischen sich diese en-
düngen später durch den einflufs des folgenden vokales zu
lo kürzen konnten. Dais im lateinischen die endungen
aio, aeo, eo, io wirklich formen desselben Suffixes sind,
dafbr führe ich um einem neuerdings geäufserten zweifei
(Dietrich : de vocalium quibusdam in lingua latina affectio-
nibus. 1855. p. 16) zu begegnen noch an, dafs auf Inschrif-
ten der name der mutter des Alexander ScTerus bald
Juliae Mam-aea-e (Orelli 953), bald Juliae Mam-ea-e (Or.
955), bald Juliae Mam-ia-e (Or. 954) heifst, und dafs der-
selbe frauenname Popp-aia-e und Popp-ea-e (Or. 731. 733)
geschrieben wird. Wenn ich hier die ansieht ausgespro-
chen habe, dafs die endung lo in lateinischen familienna^
men aus einer ursprünglichen italischen aijo entstanden sein
kann und in vielen föllen entstanden ist, so folgt daraus
nicht, dafs dies immer der fall sein mufs. Es ist durchaus
kein grund vorhanden, weshalb die anftkgung io in itali-
schen namen nicht auch der sanskritendung ja entsprechen
könnte.
oskUche beitrage.
03
Nachstehende tabelle veranschaulicht die ergebnisse
geführten Untersuchung:
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94 ' Consen
Wenn das oskiache hier 10 fonnen derselben aoftlgang
zeigt, das lateinische 8, das umbrische nnr 4, so ist das
bezeichnend fUr die Statistik des Tokalismus in den drei
dialekten. Im oskischen ist die reichste entfaltung nament-
lich der diphthongischen laute, und auch im jüngeren os-
kischen ist nur ein geringes sinken des vokalismus sicht-
bar. Das altlateinische kam dem oskischen an reich-
thum von diphthongen nahe; aber mit dem emporblühen
ihrer litteratur trübte und verschmolz die spräche ihre Zwie-
laute mehr und mehr zu eintönigen längen. Das umbri-
sche hat schon in der ältesten gestalt, in der wir es ken-
nen, von seinen diphthoiigen nur wenige reste bewahrt, in-
dem es au, ou, eu in der regel zu ü oder ö, ai, oi, ei ge-
wöhnlich zu e oder i eingehen liefs. Die übrigen dialekte,
namentlich der sabellische und volskische müssen hier noch
aus dem spiele bleiben, weil es noch eingehender Vorunter-
suchungen bedürfte, um von ihrem vokalismus zu reden.
Der nachweis, dafs die ftlr valaemom geftindene be-
deutung in den Zusammenhang pafst, ist am schlufs des
folgenden abschnittes gegeben.
4) Die conjunctivform tadait und das vorherr-
ischen der a-conjugation im oskischen.
Dafs die verbalform tada-i-t S.pers. sing. conj. präs.
ist von einem verbum der a-conjugation, wie sta-i-t, deiva-
i-d, kann nicht zweifelhaft sein. Indem ich stamm und
bedeutung desselben suche, kann ich L.'s einfall, taca-i-t
dafbr schreiben zu wollen, vor kundigen lesem auf sich
beruhen lassen. Das lat. ten-do ist von der wrz. tan ge-
bildet, die in skr. tan-ömi, gr. rav-vw, rc/v-w, lat. per-tin-et,
os-tin-et, was durch os-ten-dit erklärt wird (Fest) erscheint;
der zweite theil der Zusammensetzung ten-do ist dasselbe
do, das sich in den Zusammensetzungen in-do, con-do, cre-do
(Pott I, 187) per-do, defen-do u. a. findet, und wie schon
anderweitig erwiesen ist, von sanskr. würz, dhä, griech.
&6 stammt. Dieselbe Zusammensetzung erkenne ich in der
vorliegenden oskischen form tadait, die ich lat. tendat
oskiache beitrüge. ^
gleichsetze. Dafs das ursprüngliche a der worzel tan sich
ia ta-dait hielt neben lat. per-tin-et, os-tiu-et, ten-do kann
nicht befremden, da auch osk. an, anter neben lat. in, inter
sich findet. Das n der wrz. tan fiel im oskischen vor fol*
gendem consonanten weg wie in amfiret ftü: amfrent, cen-
sazet für censazent, set fdr sent, formen über die nach
Kirchhofe scharfsinnigen Untersuchungen kein zweifei mehr
obwalten kann, ebenso in aragetud filr aragentud, a-miri-
catud ftr an-miricatud. Auch das sanskrit liefs das n des-
selben Stammes gelegentlich fallen z. b. im part. ta'-ta Tor
folgendem consonanten; dasselbe zeigen griechische formen
wie ri-ra'-xa, Ti-ra'-ncrt, k-ra^^&Tjv, Das umbrische hat
ein verbum tend-um = tend-ere gewahrt in den Zusam-
mensetzungen an-tend-um, per-tend-um, su-tend-um (für
8ub-tend-um) (AK. I. 420); es läTst aber, sobald eine con-
sonantisch anlautende endung an den verbalstamm tritt,
das d, nachdem es dasselbe zu n assimilirt hat, fallen, bildet
also an-ten^-tn = in-tend-i-to, us-ten'-tu = os-tend-i-to,
wie auch in lat. in-ten'-tum, os-ten'-tum, por-ten'-tum das
d schwand. Das umbrische geht dann noch einen schritt
weiter, indem es auch das n des Stammes noch wegfallen
lä&t in o8-te'-tu = ostendito und us-ti-to = ostentum.
Der erste bestandtheil von ta-dait, ta- ist somit gerecht-
fertigt. Was den zweiten da-i-t anbelangt, so liegt es
nahe, ihn durch unmittelbare anf&gung des modusvokals
und der personalendung von wrz. da, skr. dhä herzuleiten,
wie sta^i-t von wrz. sta, skr. sthä, und das wäre unzwei-
felhaft richtig, wenn hier eine einfache oskische form da-i-t
vorläge. Aber f&r die Zusammensetzung ta-da-i-t trage ich be-
denken diese erklärung ohne weiteres anzunehmen. Im umbr.
und lat. nämlich bleibt in den entsprechenden zusammenge-
setzten verben ten-d'-um und tend'-ere (vgl. tend'-o, tend'-unt,
tend'-am) von wrz. dh4 nach Wegfall des vokals nur das d
Qbrig, ja auch dieses f&llt vor den mit t anlautenden an-
fQgongen weg; danach müfste man erwarten, dafs auch im
oekischen dieselbe verbalwurzel in derselben Zusammense-
tzung auch dieselbe vokaleinbuise erlitt, dafs auch im oski-
96 Corssen
sehen das verbum ten-d^-um lautete nicht ten-da-um, mit-
hin nicht eine conjnnctivform t»-da-i-t bildete, die nur der
a-conjugation zukonunt. Daza ist zu vergleichen dals auch
die wrz. da, skr. d& in den italischen dialekten, sobald sie
durch composition oder reduplication vom einen Zuwachs
erhält und somit eine tonschwächung erleidet, ihr a ent-
weder zu 1, e sinken oder ganz wegfallen läist. Man ver-
gleiche altumbr. pur-ti-to," neuumbr. pur-di-to, altumbr. te-
r'-u-st, neumbiu di-rs'-u-st (AK. I. 146) fllr de-d'-u-st =
dederit, osk. di-d^-e-st, eine form, von der weiterhin noch
die rede sein wird, und de-d'-e-d, volskisch de-d^-ca. . (auf
der bronze von Antino Mom. U. D. 321) latein. de-d^-i,
de-d'-o. Es scheint mir deshalb rathsamer anzunehmen,
dals auch das oskische ein dem latein. tend-ere, umbr.
tend-um entsprechendes verbum tad-um hatte, von dem
erst ein verbum der a-conjugation tada-um, welches durch
die form tada-i-t verlangt wird, abgeleitet ward, und be-
gründe diese ansieht folgendermaßen.
Es ist eine eigenthümlichkeit italischer sprachen, dafs
die überwiegende zahl ihrer abgeleiteten verba, namentlich
der denominativa und causalia der a-conjugation angehört
Für das lateinische bedarf das keines beweises, auch das
umbrische zeigt eine verhättniTsmäfsig grofse zahl von ver-
balformen und Wortbildungen von solchen verben, wie aus
einer durchsieht des Wortverzeichnisses- zu AK's umbrischen
Sprachdenkmälern leicht erhellt. Den reichthum des oski-
schen an verben der a-conjugation, von denen entweder
tempus- und modusformen oder abgeleitete nomina vor-
kommen, stelle ich für den zweck der vorliegenden oski-
schen Untersuchungen hier zusammen:
aikda-um. Davon afkda-fed (Moms. unt dial. V.), wahr-
scheinlich verschrieben ftlr aidka-fed, so dafs das ver-
bum aidka-um = lat. aedificare ist.
aa-mana-um^ wovon aa-mana-ffed (XXI. XXII. XXVI)
= perficere.
cala-um, geschlossen aus dem namen Cala-vius (M.
1267) und zu lat. cala-re stimmend.
oakuche beitrüge. 97
klova-um, aus den namen Klo^d -ttai, Clova-tius (M.
270) anzunehmen, entweder lat clu-ere „hören*' oder
cinere „reinigen^,
censa-um = censere. Da^on aul'ser dieser infinitiv-
fonn (B. 20): censa-zet (B. 19) censa-mur (B. 19)
cens'-tom-en (B. 20) cens'-tur (B. 19) cens'-tom-en
(B. 20) cens'-tur (B. 18. 20. 27. 28) kenz-sor (bronze
von Pennaluce dies, zeitschr. III. 133), an-cens'-to
(B. p).
deketa-um anzunehmen nach degeta-si's, deketa-siof,
degeta-sios (XVL XV. A. 5) = lat dicta-re.
deiva-um, wovon deiva-st, deiva-tud, deiva^tuns, dei-
vaid (B. 3. 5. 9. 11) = jurare.
embra-um nach der mfinzauftchrift embra-tur (M. 257)
= imperare.
faama-um, wovon faama-t (XXIX. AK. L 76) = ha-
bitare.
frukta-um geschlossen aus firukta-tiuf (A. 21) dem sinne
nach fiructum capere.
gna-um anzunehmen aus den namen 6na-e*vins (M.
253) und E-gna-tius (M. 256) = lat gna-sci.
lama^um, wovon lama-tir (B. 21), wahrscheinlich s=
lat. clama^re, vgl. lamentnm f&r clamentum.
liga-um, wovon liga-toi's (A. 6. 7) = lat. legarre.
medica-um, geschlossen ans medica-tud (B. 24) dem
sinne nach magistratum agere.
mirica-um, anzunehmen aus a-mirica-tud (B.22)=b
lat. merca-ri.
molta-um (B. 12. 13. 18. 26. 27) = lat. multa-re.
opsa-um, wovon opsa-nnam, oi;;r(r'-ens, upsed (XXIV.
XXXIX. IV) = ppera-re.
pipa-um geschlossen aus Fest. p. 212: pipatio da-
mor plorantis lingua Oscorum, also der form nach s&=
lat. pipa-re dem sinne nach lamentari.
preiva-um, wovon preiva-tud (B. 15. 16) =5 lat. pri-
va-re.
V. a. 7
9g Corsaen
profa-um, wovon profa-tted (XXI. XXIV. XXVI),
profa-ttens, prof-fed (XVIII) == lat. proba-re.
pukala-um, geschlossen aus dem namen Pukalatoi
(Ä. 4), gebildet von osk. puklum = lat. poculum, zu-
. nächst pokla-um = pocula-ri, dann mit vokaleinschub,
wie sakara-ter för sakra -ter, pukala-nm, davon der
participialstamm pukala-to; vgl. lat. toga-tus, paluda-
tus, vela-tus, hasta-tus.
rega-um zu entnehmen aus rega-turei (Ag, a.^12. b. 15)
= lat. reg-ere (nicht = rig-are).
sakara-um, wovon sakara-ter (Ag. a. 21), sakara-klod,
s^ara-klom, sakara-kleis (A. 13. 11. 17. 20) = lat.
sacra-re.
sena-um, anzunehmen wegen sena-teis (A. 28. 35. B.
3. 6), wie ein lat. sena-re vorauszusetzen für sena-
* tus, dem sinne nach eigentlich senem agere.
sta-um, wovon sta-iet (A. 58) sta-it (Ag. b. 23) sta-tos
(Ag. a. 1), sta-tif (Ag. a. 2—15. 22 — 25), anter-sta-
tai (Ag. a. 5. b. 6) = lat. sta-re.
teremna-um, wovon teremna-ttens, teremna*tu'st =
lat terminarre.
tifa-um, geschlossen aus dem namen des berges Tifa-ta
bei Capua, wahrscheinlich abgeleitet von einem dem
alüat. teba s= collis (Varro R. R. III. 1, 6) entspre-
chenden oskischen ti£Eb (vgl. Momms. 300).
tribaraka-um, wovon tribaraka-vum (A. 36), triba-
raka-ttins (A. 48), tribaraka-ttuset (A. 39. 42), tribara-
kkiuf (A. 37. 42),
trista-um geschlossen aus tristaa-mentud (XXIV) dem
sinne nach =s lat. testa-ri.
umbra-um, zu entnehmen aus umbra-teis (B. 6).
V e i a - u m geschlossen aus Fest. 368 : v e i a apud Oscos
dicebatur plaustrum, unde veia-ri stipites in plau-
stro et vectura veiatura, indem sich veia-tura zu
einem osk. veia-um verhalten würde, wie lat. vectura
zu veh-ere. Der form nach entspricht osk. veia-um
lat viare, wie osk. vio fllr via = lat. via. Alle diese
oskiflche beitrage. 99
bildongen sind natariich aus wi-z. veh- mit wegfall
des h entstanden.
Bezeichnend ist es, dafs unter den 31 hier angefahr-
ten oskischen verben der a-conjugation, unter denen natür-
lieh gna-um und sta-nm nicht abgeleitete sind, mindesjens
19 aufs genauste lateinischen verben der a-conjugation ent-
sprechen; das zeigt, wie übereinstimmend in beiden dia-
lekten die neigung zu solchen verbalbildungen vorherr-
schend war.
Zu diesen gehört auch das der form tada-it zu gründe
Uzende verbum tada-um, das neben lat. tend-ere steht, wie
osk. yeia-um neben lat, veh-ere, osk. rega-um neben lat* reg-
ere, wie neben den altlateinischen einfachen verben bo-ere
flir bov-ere, lav-ere, nex-ere, nict-ere, son-ere, ton-ere, die
abgeleiteten bov-are, lav-are, nex-are, nict-are, son-are,
ton-are. Diese ableitung geschah so, dafs von jenen ein-
fachen verben erst nomina gebildet wurden, wie sie in
nexu-m, nexu-s, nictu-s, sonu-s, tonn-s die spräche noch
erhalten hat, während andere ihr abhanden gekommen sind,
und dafs von diesen erst die denominativa auf -are gebil-
det sind. So ist vom stamm des lat. veh-ere, das auch in
umbr. ar-ve-i-tu, ku-ve-i-tu bewahrt ist (für ar-veh-i-tu,
ku-veh-i-tu, wo ich nicht mit AK. I. 30 eine verl&ngerung
des Stammvokals e zu e, ei, i durch ausfall des h anneh-
men kann, sondern das i als bindevokal fasse, der gerade
hier, weil der vorhergehende consonant vor ihm wich, er-
halten blieb), das nomen osk. veia, vio, umbr. vea, via, lat.
via fiir veh-ia gebildet (vgl. umbr. veh'-iies). Von diesem
ist dann weiter das denominativum osk. vei-anm, lat. vi-are
abgeleitet. So ist auf italischem boden von dem stamm
des einfachen verbum reg-ere das nomen r^x und von diesem
oder dessen osk. form das osk. denominativum reg-aum ge-
bildet. Ebenso verhält sich zu einander lat. wz. leg- oder ITg-,
lat. l^x, osk. lig-ud (das ^gesprochene* oder „dasbmdende"),
osk. lig^anm, osk. deic-um, lat. dic-ere, lat. dic-tum, osk.
deket'-aum und lat. dic-t^-are. Man muis also schliefsen, dafs
auch osk. klov-aum, tad-aum nicht unmittelbar aus einfa-
■ 7*
ID0 Consen
chen verben, die den lat clu-ere, tend-ere entsprachen, son-
dern erst durch das mittelglied verloren gegangener no-
mina aus denselben gebildet sind, also denominativa waren.
Von lat. tend-ere, umbr. tend-um findet sich im mittelalter-
lichen lat. tend-a, zeit als „ausgespanntes«, das, wie das
Verkleinerungswort tend-icula, netz als „ausgespanntes^
zeigt, schon ein altitalisches wort war. Diesem tend-a
würde ein osk. tad-a entsprechen; von dieser oder einer
ähnlichen form ist das denominativum tad-aum gebildet.
Sprachlich ist also die erklÄrung von tad-a -it = tend-at
jedenfalls gerechtfertigt.
Nachdem in den beiden vorhergehenden abschnitten
die wortformen valaemom und tadait sprachlich erklärt
sind, so bleibt nur noch zu zeigen, dafs die so gefundenen
bedeutungen in den Zusammenhang des gesetzes von Ban-
tia passen. Die Worte T. B. 10: pod valaemom tovücom
tadait ezum abersetze ich also: quod validissimum publi-
cum tendat esse; tovticom steht hier für egmam tovticam
wie lat. publicum für res publica, privatum f&r res privata,
viaticum fdv res viatica, divinum facere fbr rem divinam
facere u. a. Das pod ist natürlich Subjekt des relativsatzes
und weis't auf das vorhergehende idic tangineis = id sen-
tentiae zurück, das hier von dem urtheil der geschwore-
nen gesagt ist. Dann ist also der sinn des ganzen satzes
(vgl. K. p. 79): Der beamte, der das volksgericht abhält,
hat den bürgern von Bantia, die auf öffentlicher dingstätte
ab geschworene zusammentreten, den eid abzuverlangen,
dais sie bei fallung des urtheils lediglich das gemeine wohl
im äuge haben wollen. Dieser eid entspricht denmach dem
oben erwähnten schwur des beamten, der gegen ein volks-
gericht einspruch erhebt, dais er dies zum gemeinen be-
sten und nach beschluTs der mehrheit des stadtrathes von
Bantia thue. Der formel „pod valaemom tovticom tadait
ezum« im richtereide von Bantia entspricht also in der ro-
mischen geschäftssprache die wendung „quod e re publica
ducat esse«.
oskische beitrage. f^i
5) Die Präposition pert im ambrischen und
oskischen.
Der sachliche sinn der formel tab. Bant. 12, 13: svae-
pis ionc fortis meddis moltaum berest, ampert minstreis
aeteis eituas moltas moltaum licitud ist schon yon den äl-
teren erklärem richtig erkannt worden, nur ist die sprach-
liche bildung des wertes, ampert noch nicht sicher ge-
stellt, und das bezweckt eben die nachfolgende erörtemng
zu leisten durch eine Untersuchung Aber die nmbrisch- os-
kische Präposition pert. Zu dem zwecke sind zunächst
diejenigen stellen italischer Sprachdenkmäler in Betracht zu
ziehen, wo diese präposition vorkommt Auf umbrischen
inschriften ist dies nur einmal der fall. Dafs nämlich tab.
IguT. II. a, 35 Petrunia-pert ein Schreibfehler ist f&r Petru-
nia-per, haben AK. aus der vergleichung von Petrunia-
per, das das. z. 22 in demselben zusammenhange steht,
richtig erkannt; unangetastet aber mufs pert das. z. 36
bleiben: berus sevaknis persnihmu pert spinia, zu welcher
stelle der ganz parallele satz in betracbt zu ziehen ist .
z. 37: veskles snate(s) asnates sevaknis spiniama(r) per-
snihmu. Vergleicht man hierzu IL a, 33 spinam-ar etu =
ad -am ito, so ist klar, dafs Spina f&r spinia einen ort im
räum bezeichnet, zu dem man gehen soll; spin]am-a(r)
persnihmu heilst also ad -am precator und z. 39: asaku
vinu sevakni tacez persnihmu = ad aram (eigentlich ara-
cum) vino -^i tacitus precator (AK. II. 387). Der satz
persnihmu pert spinia drückt also jedenfalls aus, dafs an
einer stelle gebetet werden soll, deren verhältnils zu dem
durch spinia bezeichneten ort durch das räumliche verhält^
nüswort pert bestimmt wird. Wenn nun die umbr. präpos.
ar ^ ad und cu fbr cum s=s cum in diesen Sätzen „an,
bei^ bezeichnen, so ist es nicht glaublich, dafs pert ganz
denselben sinn haben sollte; der räum pert spinia mufs
vielmehr in einem gegensatz zu spiniam-ar gedacht werden,
so dafe zweimal an verschiedenen stellen gebetet wird. So
werden von den opfern der iguvinischen priester, die veris-
co „bei den thoren* der Stadt gebracht werden, einige pre
10) Conseo
verir ^vor den thoren**, andre post verir ^hinter den tho-
ren^ vollzogen. Wenn also ar »dran, bei^ bezeichnet, so
mufs pert eine dem entgegengesetzte bedeutung haben wie
»abseits, getrennt oder jenseits^.
DaTs diese umbrische präposition pert nicht gleichbe-
deutend mit griech. ngoxi^ cretisch nogti, skr. prati ist,
l&fst sich auch daraus schliefsen, dals im umbrischen wie
im latdinischen die jenen gleichbedeutende präposition porti
gelautet haben mufs*). Sie erscheint nämlich in Zusammen-
setzungen umbrisch zu pur, lat. zu por abgestumpft, wie
ich andern orts dargethan zu haben glaube (n. jahrb. f. phil.
u. päd. LXVni. 3, 482), z. b. umbr. pur-ditom, pur-dovitu,
lat. por-'tentum. Ist nun das yerfahren richtig von Ver-
schiedenheit der form auf Verschiedenheit der bedeutung
zu schliefsen, so bedeutet pert nicht tcqotI, wie auch die
oben behandelte stelle zeigte.
Im oskischen findet sich die präposition pert auf dem
stein von^Äbella, 31 — 34: ehtrad feihoss, pu(8) herekleis
fiisnam amfret, pert viam posstist, pai ip ist. Zu dieser
stelle vergleiche man z. 44 — 46: avt post feihois, pos fis-
nam amfret. An der ersten stelle ist posstist verbum zu
einem vorhergegangenen Subjekt wie Mommsen (s. 120)
richtig gesehen hat, gehört also nicht in den kreis der hier
in betracht kommenden Wortverbindungen. Der ausdruck,
auf den bei der erklärung dieser stelle am meisten an-
kommt, ist fiisnam. Aus der vergleichung desselben mit
umbr. fesna (AK. 11. 344) erhellt so viel unzweifelhaft, dafs
dieses beiden dialekten gemeinsame wort irgend einen räum
bezeichnet, der einem Gotte heilig ist, auf dem opferhand-
lungen vorgenommen werden können. Der Zusammenhang
der ersten stelle, wenn man pert viam wegläfst, ist hier-
nach: »Aufserhalb der mit feihoss bezeichneten gegenstände,
welche die dem Herakles geweihte statte umgeben, soll er-
laubt sein, ackerstücke anzuweisen (tribarakavum likitud)**;
im gegensatz dazu ist der sinn der zweiten stelle : »Hinter
•) Doch vgl. das über red « prati beigebrachte U. 475. UI. 156. 896.
A. K.
oskischo beitrage. ]03
d. h. innerhalb (wie umbr. post verir „hinter den thoren^
d. h. „innerhalb^ derselben) der mit feihois bezeichneten
gegenstände sollen weder Abellaner noch Nolaner acker-
stücken anweisen (tribarakattins)^. Der räum „aulserhalb^
der umgrenzenden gegenstände, ehtrad feihoss, und der
räum „innerhalb* derselben, post feihois, ist also scharf ent-
gegengesetzt. Nun wird der räum ehtrad fefhoss noch nä-
her bestimmt durch den zusatz: pert viam, pai ip ist,
also lag der weg, von dem hier die rede ist, aufserhalb
der Umgrenzung durch die feihoss. Demnach liegt in der
mitte die dem Herakles heilige statte, wie auch aus fiisnu
mefe z. 30 erhellt, wo sie durch einen zusatz mit dem sinn
des lat. medius bezeichnet ist; um diese statte herum zie-
hen sich die feihoss, und aufserhalb zieht sich an diesen
ein w^ hin. Nun nehme man einmal an, pert bedeute
nQoti^ dann käme folgender sinn der Vertragsbestimmung
heraus: innerhalb der feihoss, welche die statte des Hera-
kles umgeben, darf keine äckerauflheilung stattfinden, wohl
aber aufserhalb derselben „an dem wege* oder »längs des
w^es*, der aufsen an den feihoss entlang geht. Das wäre
offenbar eine ganz ungenaue rechtsbestimmung , denn sie
liefse die auffassung zu, als könne „nur* längs des weges
und nicht auch anderwärts aufserhalb des heiligen bezirkes
land angewiesen werden. Solche ungenauigkeiten darf man
aber der oskischen rechtssprache nicht zumuthen, die in
ihren rechtsbestimmungen ebenso scharf und umständlich
genau ist wie die römische. Pert viam muls vielmehr
so viel bedeuten wie „jenseits des weges*, dann ist
die bestimmung des Vertrages klar und scharf: „außerhalb
der feihoss, jenseits des wegs, der daran hinläuft, darf
acker aufgetheilt werden, innerhalb derselben nicht*. Wie
in dem oskischen grenzgesetz pert viam findet sich in ei-
nem römischen gesetz zur grenzbestimmung (tab. Genuat.
etVitun): inde alter trans viamPostumiamterminusstat.
Ganz abgesehen von aller etymologie also verlangt der
sinn aller besprochenen stellen ftlr die umbrisch-oskische
Präposition pert eine bedeutung wie „jenseits, abseits*.
104 Conseo
Etymologisch aber l&ist sich diese bedeutang vollkommen
rechtfertigen. Von der wrz. skr. pr „durchdringen'* (AK.
I. 155) stammt lat. per (das jede ableitungs- oder beu-
gungsendong verloren hat) „hindurch^ und por-ta, das
thor als „durchdrungenes^, durchgang; femer skr. par-am
= ultra, das die folge des hindurch das „drüber hinaus '^
ausdrückt, und in lat. per en- die „über einen tag hinaus^
d. h. übermorgen erhalten ist Im oskischen per-um =
sine ist der begriff des durohdringens als trennung ausge-
prägt und {)ep-um bedeutet also „abseits, ohne^. Aehnlich
bezeichnet lat. par-s Ar par-ti-s den theil als „durch-
schnitt^, von wrz. par mit der anftkgung ti gebildet In
skr. para =3= alius endlich ist das „örtliche getrenntsein^
als „ein wesenhaftes getrenntsein, ein anderssein^ gefafst.
So viel ist klar, dals sich in diesen Wörtern die wurzel-
bedeutung „durchdringen^ in die drei bedeutungen „hin-
durch, jenseits oder drüber hinaus^ und „abseits oder ge-
trennt^ entfaltet hat. Da nun für pert im umbrischen und
oskischen in den oben besprochenen stellen die bedeutun-
gen „jenseits^ oder „abseits^ durch den Zusammenhang
verlangt wurden, so steht es in der bedeutung dem lat
peren in peren-die und dem osk. per-um am nächsten. Was
nun die bildung von pert anbelangt, so ist per-t aus
per-ti abgestumpft, wie osk. av-t aus av-ti, lat. u-t aus
u-ti, umbr. pos-t aus pos-ti. Es fragt sich aber, was die
anf&gung ti ist. Mit dem ü von osk. av-ti, lat. u-ti kann
ich sie nicht zusammenbringen, da in diesen Zusammense-
tzungen der erste theil ein pronominalstamm ist, in per-ti
aber ein verbalstamm; das ti ist vielmehr diejenige anf&-
gung ti, mittelst der von verbalwurzeln nomina gebildet
werden wie men-ti-s, pai^ti-s, und von vorhandenen nomina
neue abgeleitet werden wie semen-ti-s. Accusative solcher
substantiva sind bekanntlich adverbien wie sta-tim, affa-
tim, priva-tim, par^tim, viri-tim, cana-tim, sua-tim, bova-
tim und mit si f&r ti cae^-sim, cur-sim, ex-pul-sim, spar'-
sim, sen^-sim u.a. Ablative derselben sind die adverbien
an-tid, pos-tid, die in den zusanunensetzungen an-tid-ea,
oskische b^itrttge. 105
an-tid-bac, an-tid-it, pos-tid-ea erhalten sind. Die ansieht,
dafs auf dem boden des altlat anted und posted als ur-
sprüngliche formen anzusetzen seien, aus denen antid und
postid wie ante und poste entstanden wäre (Ritschel rhein.
mus. Vn, 575. VIII, 479) kann ich nicht för die richtige
halten, da auch auf den ältesten lateinischen inschriften,
die Aber den senatsbeschlufs gegen die baccanalien hinaus-
reichen, sich das i der i- stamme gewahrt findet z. b. in
parti(m) (erzinschr. v. Monaco Or. 1433) Marti (erzinschr.*
V. Spoleto Grut. 95, 6), Turpi-li-o (veroneser bronze On
3147) aidi-li-s, hi-c (t. Scipion. Barbati. f.) forti-s, aidi-li-s
(L Scipion. Barbati), mari-d (col. rostr, restaur.). Wenn in
ebenso alten inschriften e an der stelle von i bei i-stäm-
men erscheint wie in Pisaurese, militare, Mavrte, Marte^
aidile-s (nom. sing.), so ist dies e aus dem i der anfbgun-
gen -ensi, a-ri, ti, i-li entstanden. Wer das umgekehrte
behauptet, dafs das e in aUen diesen bildungen das ur-
sprfingliche sei, muis beweisen, dafs das lateinische ursprüng-
lich keine i-deklination gehabt hat im gegensatz zu den
andern italischen dialekten, im gegensatz zu den verwand-
ten sprachen, dann aber auch eine genügende auskunft
geben woher in der sogenannten dritten lateinischen decli-
nation der abl. sing, auf i-, der nom. plur. neutr. auf i-a,
der gen. plur. auf i-um stammt neben den endungen der
consonantischen stamme -e^ -a und -um, und woher die neu-
tra auf e kommen wie mare, turpe, von denen keine ver-
wandte spräche etwas weifs. So lange das nicht erweis-
lich ist, sind antid und postid die vollen ursprünglichen
formen, die erst ihr auslautendes ablativzeichen d verloren,
wie anti-gerio, anti-stes, anti-cipo zeigen, dann das i zu e
schwächten in ante und dem neuerdings nachgewiesenen
poste, das sich dann weiter zu post und pos abstumpfte.
Neben postid eine zweite ursprüngliche form pos anzuneh-
men, kann ich durch die zweifelhafte lesart der glosse po-
simerium bei Festus an einer höchst unklaren und wider-
spruchsvollen stelle mich nicht für berechtigt halten. Wenn
die lateinische spräche neben den älteren formen antid- ea,
106 Consen
po8iid-ea, jüngere wie ant^-ea, post^-ea gebildet hat, so
stehen diese nebeneinander wie ali-cun-de und ali-un-de,
yen-dere und venum dare u. a. Jede spräche scha£% sich
zu Zeiten neubildungen und stellt sie neben die älteren,
ohne dais man gerade ein zwingendes bedarfhifs dazu sieht.
Das oskische hat solche bildungen von nomen auf ti wie
an*tid, pos*tid zu adverbien verwandt in pos-ti-n, sta-ti-f,
for-ti-8 (dies, zeitschr. III, 277 f.), das umbrische zeigt die-
selbe anfQgung in span-ti-m, span-ti, pun-ti-s, an-ti-s, pus-ti^
pos-ti (cf. AK. ind.). Allen diesen bildungen schliefst sich
die oskische präpositiod per-t an, die aus einem accusativ,
ablativ oder locativ des nominalstammes per-ti entstanden
sein kann. Ich halte sie indefs aus folgendem gründe für
einen aus per-ti-d abgestumpften ablativ. Es findet sich
im oskischen (Cipp. Pompej. 3, 6 bei G. Minervini: inter-
pretazione di una epigrafe Osca ct. Napoli 1851, vergl.
Kirchhof allgem. monatsschr. 1852. p. 578 f.) die form an-t
für lat. an-te, das also zunächst aus an-ti- und ursprfing-
lieh aus an-ti-d geworden ist. Da nun osk. am-prufi-d,
ehtra-d, contru-d zeigen, dafs ablativische adverbien dem
oskischen geläufig waren, so schliefse ich, dafs sich in stu-
fenweiser abstumpfung ein ursprüngliches per-ti-d zu per-ti,
per-te, per-t abschwächte wie lat. an-ti-d zu an-ti, an-te,
osk. an-t. Somit bin ich zu folgendem ergebnifs gelangt.
Die umbrisch- oskische präposition per-t ist abge-
stumpft aus per-ti-d, abl. sing, vom substantivum per-ti
„durchdringung^, das von wrz. pV „durchdringen^ mit
der anftlguDg ti gebildet ist; pert bedeutet eigentlich „durch-
dringungsweise^ kann sich daher zu den bedeutungen „hin-
durch, jenseits, abseits, theilweise^ entfalten. An den be-
sprochenen stellen der iguvinischen tafeln und des steines
von Abella bedeutet es „jenseits" und stimmt in der
bedeutung ganz genau mit lat. tra-n-s, umbr. tra-f über-
ein (n. Jahrb. LXVIII. 3, 483), das von wrz. tr „durch-
dringen^ abgeleitet ebenfalls eigentlich „durchdringungs-
weise^ dann „jenseits^ bezeichnet.
Dies ergebniis über die bedeutung des einfachen pert
oskiBche beitrage. 197
ist nan anzuwenden anf die Zusammensetzungen pert-^emest,
pert-emust, pert-umum, am-pert und petiro-pert, in denen
es auf oskischen Sprachdenkmälern vorkommt. Für pert-
umum hat L. richtig die bedeutung von intercedere ange->
setzt, worin auch E. ihm beistimmt (dies, zeitschr. III. 131)
Stellt aber nach seiner unhaltbaren ansieht von pert ss
nQOT^ pert-umum dem lateinischen ad-imere gleich. Wenn
oben die grundbedeutung ^hindurch'' für pert richtig nach-
gewiesen ist, so entspricht pert-umum vielmehr aufs ge-
naueste dem lat. per-imere, das sich gerade so von dem
abbrechen gerichtlicher Verhandlungen angewendet findet:
Cic pro Sext 22. Si causam publicam mea mors pere-
misset. Modestin, pandect. XL VI. 3, 75: Sicut adceptila-
tio in eum diem praecedentes peremit actiones, ita con-
fusio: — confusio hereditatis peremit petitionis actionem.
Dafis adimere in der gerichtssprache so gebraucht würde,
ist nicht nachweislich, und dafs pert-umum in der bedeu-
tung von per-imere eine viel treffendere und näherliegende
bezeichnung fbr intercedere, für das abbrechen einer
Schwurgerichtsverhandlung durch den einsprach eines beam-
ten, ist als mit dem sinn von ad-imere, liegt auf der band.
L.'s ansieht über die sachliche bedeutung von pertumum
wird also durch meine erkl&rung besser erwiesen als durch
seine aü&tellung.
Sind die bisherigen folgerungen richtig, dann erledigt
sich auch G. Curtius vertnuthung, dafs das pert in pert-
umum die bedeutung des lat. re habe (n. jahrb. LXIX.
s. 93).
Es ist nun petiro-pert zu erörtern, dessen bedeu-
tung „viermal^ schon die früheren erklärer der tafel von
Bantia erkannt hatten. L. erklärt (s. 6) natürlich das pert
auch hier als ngon und meint petiro-pert sei eine aus-
drucksweise wie xara riaaaQsgj äva Sixa, avvSvo u. a.;
aber da diese niemals „viermal, zehnmal, zweimal^ bedeu-
ten, können sie auch nicht beweisen, dafs petiro-pert „vier-
mal** bedeutet. Dafs G. Curtius durch diese aufstellung
seine erklärung von pert in petiro-pert aus skr, wrz. krt
Itg Gonaen
(schneiden) (vgl. zeitschr. fbr alterth. w. 1847. s. 49. n. jahrb.
LXIX. 8, 93), nach der also petiro-pert „ vierschnittig ^
oder ^jviertheilig^ bedeutet, nicht widerlegt erachtet, war
natOrlich. Ein so besonnener Sprachforscher aber wie G.
Curtius wird mit mir darin einverstanden sein, dais eine
erklärung, die pert an allen stellen, wo es im umbrischen
oder oskischen vorkommt, sei es einfach oder in Zusam-
mensetzungen, als dieselbe Wortbildung nachweiset, falls sie
lautlich begründet ist, und der so gewonnene sinn passend
ist, den vorzug verdient vor anderen, die fbr dasselbe pert
an verschiedenen stellen ganz verschiedene ableitungen an-
nehmen. Wenn nun lat. par-ti, wie oben nachgewiesen,
eigentlich „ durchdringung ^ und daher „theil^ beifst, so
bedeutet per-ti eigentlich „ durchdringungsweise ^ daun in
der Zusammensetzung petiro-pert „theilweise^. Petiro-pert
heifst somit „viertheilweise^, entspricht also genau dem
von Curtius geforderten sinne. Auch unsere deutschen be-
Zeichnungen desselben begriffis „vierftltig, vierfach, vier-
mal^ bezeichnen ja das nebeneinanderbestehen von vier
gleichen dingen im räume oder das nacheinandergeschehen
von vier gleichen ereignissen in der zeit so, dals sie die
Vielheit gleichartiger dinge oder ereignisse als ein und das-
selbe wesen, als ein und dasselbe ereignifs auffassen, das
in vier falten, vier f&cher oder vier male zerlegt ist. Ge-
rade so erhält petiro-pert, wenn von Wiederholung dersel-
ben handlung in der zeit die rede ist, den sinn unseres
„viermal'^.
Es bleibt endlich noch am-pert zu besprechen. Aus-
gehend von G. Curtius vermuthung (zeitschr. f. alterth. w.
1847. s. 491), dafs in dem ersten bestandtheile von am-pert
ein Zahlwort enthalten sei, sieht L. in dem am den grie-
chischen stamm af4o~ „eins^, der sich in äuvSigy apLixtayi-
mag, ovSafwg erhalten. Vergleicht man indeis diese und
die verwandten bildungen afio-d-ei, a^o*&i, ccfiov, aiAtj,
afiw-g mit den handschriftlich verbürgten lesarten: äfio-d-ev
(Hom.), afiO'V (attisch), a/i^ (att.), a/iw-g (att), so muls
man schliefsen, dafs der Spiritus asper in diesem wortstamm
o^kitcb« beitrage. IM
der anlaat war, der sich zum theil sp&ter verflüchtigte,
wie dies auch sonst im griechischen dor fiiU ist. Dann
ist also ganz richtig der stamm dieser Wortbildungen anf
das skr. sam ,,zusanmien^ zurQckgefUurt (Pott et. forsch.
I. 130), das sich im lat sem-per erhalten hat, und die be-
dentang der einheit im griech. stamme äiio^ oder ä^o* ans
dem begriff des Zusammenseins entstanden. Dais sich an-
laatendes s im oskischen und umbrischen so wenig wie im
lateinischen zu h verflüchtigte, bedarf fibr leser dieses auf-
Satzes keines beweises mehr; also kann ein oskisches am»
auch nicht einem skr. sam, lat. sem-, griech. aao- f&r äfio^
entsprechen. Die erklärung von am in am-pert liegt nahe;
es ist nichts anderes als die oskische prftposition anssin,
die sich in an-ter rein erhalten hat, während sie in cen-
8tom-en = in censum und in em*bratur = imperator ihr
a schon zu e getrübt hat. Auch im umbrischen hat die
Präposition die gestalt an in den Zusammensetzungen an-
fehtaf, an-etintu, an-tentu, an-stiplatu und in an-ter. Das
n von osk. an muiste sich natürlich in am-pert vor dem
lippenlaut zu m gestalten, wie in osk. em-bratur, umbr.
am-pentu, lat im-perator, im-pendere u. a. Hat nun pert
die ursprüngliche bedeutung „durchdringungsweise'', so heifst
am-pert ,|hineindringend^ und daher „innerhalb^.
Gerade so bedeutet in in-tra das tra von wrz. tr „durch-
dringnngsweise% also intra „hineindringend^ und da-
her „innerhalb^. Der gegensatz von am-pert „in-
nerhalb^ ist also lat. ex-pers „aulserhalb befind-
lich % da, wie gezeigt, auch par-s ursprünglich „durch-
dringung^, dann theil bedeutet. Das lat. denominativum
im-pert^-ire setzt einen dem oskischen am-pert(i) entspre-
chenden nominalstamm im-perti- voraus und bedeutet ei-
gentlich „hineindringen machen^.
Dals die so gefundene bedeutung von am-pert =5 in-
tra in den Zusammenhang palst, leuchtet ein. Die stelle
des oskischen gesetzes tab. Bant. 12. 13: In (im) suaepis
ionc fortis meddis moltaum herest, am pert minstreis aeteis
eituaa moltas moltaum lidtud übersetze ich: Et si quis
110 ConMn
hunc forte magistratus multare volet i'ntra minorem par-
tem familiae multam multare liceto. So wird auch latein.
intra angewandt, um zu bezeichnen „nicht über eine ge-
wisse summe hinaus^ oder „unter einer gewissen menge
z. b. Liv. XXXVI. 10 intra decimum diem quam Pheras
yenerat und I. 43 secunda classis intra centum usqae ad
quinque et septuaginta millium censum instituta. Dafs
am^pert einen partitiven genitiv bei sich hat, gerade wie
lat. ex-per-s, wird wohl niemand aufiallend finden. Somit
entspricht die oskische formel: ampert minstreis aeteis ei-
tuas moltas moltaum licitud nach der gegebenen erklärung
von am-pert genau der lateinischen: dum minore parte fa-
milias taxat, deren gleiche geltung schon Elenze erkannt
hatte.
6) Das zahladverbium pomtis im oskischen.
In dem satze tab. Baut. 15. 16: Neip mais pomtis com
preivatud actud, pruter pam medicat-inom didest hatte K.
pomtis in pompis geändert und quinquies fibersetzt, jetzt
hingegen diese änderung selbst zurückgenommen. L.'s än-
derung des pomtis in tom pis ist ebenso willkührlich wie
sein tacait fbr das oben besprochene tadait. Zwar ist klar,
dafs pomtis nicht dem lat. quinquies entsprechen könne;
daraus folgt aber keineswegs, dafs überhaupt die fbnf-
zahl nicht in dem worte enthalten sei. Es ist vielmehr
eine bildung von dem stamm des oskischen folgezahlwortes
pom-to, der dem lat. quin-to entspricht. Den lateini-
schen adverbien, die mit der vergleichungsendung is ge-
bildet sind, wie nim-is, sat-is, pot-is, b-is für du-is (vergl.
dies, zeitschr. III. 279. f. 295. I. 122) entsprechen die osk.
ma-is = mag-is, fort-is = forte. Diesen bildungen ent-
spricht genau eine adverbialbildung pom-t'-is vom zahl-
adjectivum pom-to, gebildet, wie nimMs vom stamme ni-
mio-. Wenn von duo gebildet b'-is „zweimal^ bedeutet,
so heifst von pom-to s= quinto gebildet pom-t'-is „zum
fünfte nmaL Das lateinische bildet von folgezahlwörtem
oskUche beitrüge. Hl
adverbien dieser bedeutang einfach durch den accusativ
des neutnun : primum , tertium , quartum u. a. oder durch
den ablativ : primo, tertio, qaarto, „das erste-, dritte-, vier-
temal^; doch finden sich auch auf e auslautende adverbien
dieser bedeotung, denn ad-prime und cum-prime (Gell. N.
A. VI. 7. 7. XVII. 2. 14 ed. Hertz) bedeuten eigentlich
„zuerst", dann „besonders^. Wenn das lateinische so drei
verschiedene weisen der adverbialbildung von folgezahlen
zeigt, so wird man wohl nicht dem oskischen eine derar-
tige bildung absprechen wollen mit einer diesem dialekt
sonst geläufigen adverbialendung -is. Nach dieser erklä-
ruag ist also die oben angeführte stelle zu übersetzen : Neve
magis quintum cum private agito. Um aber zu zei-
gen, dafs diese Übersetzung in den Zusammenhang des osk.
gesetzes paist, sind zuvor noch einige Schwierigkeiten aus
dem wege zu räumen.
7) Das nomen medicatinom.
Es fragt sich nämlich was in dem unmittelbar auf die
eben besprochenen worte folgenden satztheil tab. Baut. 16:
pniter pam medicat inom didest die getrennt geschriebenen
buchstaben medicat. inom bedeuten. E. sieht in medicat.
eine abkürzung, die der lat. abkürznng magistrat. entspricht.
L. leitet i-nom von vnrz. i „gehen** und dies „gehende**
oder „gegangene" soll dann die bedeutung „erlaubnils" ha-
ben. Dieser etymologie zur liebe soll (p. 10) auch lat.
venia „erlaubnifs* nicht von wrz. van „wünschen** kom-
men, sondern von venire, also eigentlich etwas „kommen-
des" oder „ gekommenes "* bedeuten. Wer das glaublich
findet, dem will ich seinen glauben hier nicht anfechten.
Bagge (dies, zeitschr. HI. 42) vergleicht medicat. und den
ablativ medicatud mit dem genitiv senateis, der zeigt, dafs
im oskischen Substantivbildungen, die lateinischen auf a-tu
wie magistr-a-tu, consul-a-tu, sen-a-tu entsprechen, der
o-deklination folgten. So sicher wie vom gen. senateis der
nom. mit ausstofsung des ableitungsvokals o (u) vor dem s
113 ConMn
des nom. aenaz lautete, wie K. erwiesen, so sicher würde
der nom. von medicatud medicaz lauten, unmöglich konnte
also der Steinmetz medieat als eine abkürzung von medi-
caz schreiben, da beide Schreibweisen gleichviel bnchstaben
enthalten. Bugge nimmt daher an, dals im nominatiy jene
Wortbildungen wohl nicht der o-deklination sondern der
u-deklination gefolgt seien und somit anch medieat. eine
abk&rzung för medicatus sei. Das ist aber nur ein noth-
behelf , weil sich dieses medieat. als abkürzung ' sonst gar
nicht erkl&ren l&Ist, und würde nur glaublich sein, wenn
R Ar das folgende inom eine ganz zuverlässige erkl&rung
böte. Diese aber fehlt eben ganz.
Demnach wird man zu der annähme gedrängt, da(s
medicatinom ein wort ist. Wer mit dem zustand der
umbrischeUyOskischen, volskischen und sabellischen inschriften
bekannt ist, weifs wie verkehrt häufig trennungspunkte Ton
den Steinmetzen gesetzt und weggelassen werden. So fehlt
der trennungspunkt auf der tafel von Bantia in paeancensto,
ponposmom, manimaserum, ist hingegen falsch gesetzt in
anget. uzet, so ist auch das wort medicatinom durcb einen
falschen trennungspunkt zerschnitten. Es fragt sich nun
was medicatinom fiir eine Wortbildung ist, und da bieten
sich zwei möglichkeiten der erklärung. Entweder es ist
eine Weiterbildung von dem Verbalsubstantiv medica-tu-
oder von einem particip medica-to-. Für die erste an-
nähme liefse sich folgendes sagen. Die bildungen consul-
a-tu-s, magistr-a-tu-6, sen-a-tu-s u. a. sind verbalsubstan-
tiva von verben wie consul-are, magistr-are, sen-are, wenn
dieselben sich auch im sprachgebrauche nicht mehr finden,
und diese sind denominativa von den stammen consul, ma-
gistro-, sen-. Ebenso sind die oskischen bildungen sen-a-
te-is, pru-medic-a-tu-d verbalsubstantiva der denominativa
sen-a-um, pru-medic-a-um von den stammen sen-, pru-
medic-. Sen* a- um heifst eigentlich „den alten machen^,
medic-a-um „den beamten machen^. Osk. medic-a-tu, sen-
a-tu drückt also die amtshandlung des beamten, des alder-
mans in Bantia aus wie lat. magistr-a-tu-s, sen-a^tu-s die
oskische beitrüge. ]|3
amtliche handlang des römischen beamten oder Senatoren.
Von medic-a-tu konnte nun durch die anfögung ino, die
sieh auch in tang-ino-m findet, medic-a-tMno-m gebildet
werden^ das also irgend etwas zur amtshandlung des Me-
dix gehöriges bedeuten würde, und da es sich in der in-
schrüt von Bantia besonders um die richterliche befugnifs
jenes beamten handelt, so konnte es irgend einen ausflufe
seiner richterlichen befngnifs ausdrücken. Ich würde diese
erklärung jRlr sicher annehmen, wenn mir aus dem bereiche
der itahschen dialekte ein beispiel bekannt wäre, daft an
ein Verbalsubstantiv auf tu die anfögung ino träte. Da
dies nicht der fall ist, so ziehe ich ähnlicher bildnngen
wegen flir medic-a-t^-inom die zweite erklärung vor,
dais von dem verbum medic-a-um erst das particip
medic-a-to-, dann von diesem medic-a-t'-ino-m
gebildet ward. So ist lat vom stamm atro das causale
denominativum atr-are, das particip atr-a-tu-s und von die-
sem mit der anf&gung ino Atr-a-t'-inu-s gebildet; ebenso
verhält sich zu einander der stamm libero-, das causale
denominativum liber-are, das particip liber'-tu-s fÖr liber-
a-tu-s, wie sec-tu-s, lau-tu-s für seo-a-tu-s, lav-a-tu-s, und
mit der endung ino weiter gebildet liber'-tMnu-s. Wenn
nun das rechtsprechen eine wesentliche amtsbefiignifs des
oskischen beamten war, wenn der medix der judex war, so
erhielt das verbum medic-a-um leicht vorwiegend die
bedeatung judic-are „richten**, medic-a-tu-m be-
deutete also dasselbe wie judic-a-tu-m „das geurtheilte,
das urtheil^. Dann bedeutet medic-a-t'-inom also
etwas das zum urtheil gehört, urtheilsspruch. Wenn
nun, wie oben gezeigt, pruterpam = priusquam ist,
so sind die werte tab. Baut. 15. 16: Neip mais pomtis
com preivatud actud, pruter pam medicatinom didest
zu übersetzen: Neve magis quintum cum private agito,
priusquam judicatum dabit Ich übersetze didest hier
durch dabit, wie E. annimmt; mir ist^indefs ein redupli-
cirtes fut. I in einer italischen spräche eine so auffallende
erscheinung, dafs es mir mindestens höchst fraglich er-
V. 2. 8
114 Gonsen
scheint, ob die form nicht ein ftit. II ist und dem lat. de-
derit entspricht. Doch davon ein andermal. Der sinn des
Satzes ist einfach und einleuchtend, während die erklärung
pruterpam = praeterquam L. zu der annähme f&hrte, als
sei in dem von dieser conjunction abhängigen satze eine
ausnahmsbestimmung enthalten, die L. durch keine analo-
gie aus der altrömischen gerichtsordnung rechtfertigen kann.
Bevor ich nun aber nachweise, wie der hier besprochene
satz in den Zusammenhang des ganzen oskischen gesetzes
pafst, bleibt noch eine verbalform zu besprechen.
8) Die verbalform urust
Man vergleiche T. B. 14: ne pon op tovtad petiru-
pert urust und T. B. 16: pon posmom com preivatud urust^
so ist klar, dals ne pon die Verneinung von pon ist wie
osk. nei svae von svae, umbr. no-sve von s?e, lat. nisi von
si, ne-dum von dum, und dals pon „wann** oder „wenn**,
ne pon „wann nicht** oder „wenn nicht** bedeutet. Die
verbalform ur-ust leitet L. her von wrz. vr „aussuchen**,
was lautlich vollkommen gerechtfertigt ist. Dafs es aber
geradezu anquirere oder accusare bedeute, dagegen spricht
die construction mit der präposition com. Man vergleiche
T. B. 14: Neip mais pomtis com preivatud actud, und
T. B. 16: pon posmom com preivatud urust, so erhellt,
dals ur-ust eine ähnliche gerichtliche handlung bezeich-
nen mufs wie ac-tud, und dafs dies eine handlung sein
"mufs, bei der auch der privatmann oder angeklagte „mit
thätig** ist, wie das com zeigt, nicht blofs sich rein pas-
siv verhält im anklagezustand; die bedeutung des ur-ust
muis nicht blofs die anklage, sondern auch die Verantwor-
tung umfassen. Die bedeutung „aussuchen, wählen**, wel-
che fbr wrz. vr überliefert wird, setzt ein „scheiden**
und „abgrenzen** voraus. Das scheiden und abgrenzen
des streitigen punktes aber ist ja das wesentliche bei allen
gerichtlichen Verhandlungen. In der römischen rechtsspra-
che ist jure disceptare cum aliquo ein stehender und
oskisehe beitrttge. II5
bezeichnender ausdrack filr dieses rechtliche scheiden und
entdcheiden. Auch in ur-vum, nr-vare, ur-bs, ur-na, umbr.
ur-tas erklärt sich ans dem begriffe des »abgrenzens**, wie
anderen orts genauer besprochen werden soll, die bedeu-
tung dieser Wörter. Also übersetze ich die worte ne pon
op toutad petiropert urust: nisi apud populum quater
disceptaverit, und die worte: in (im) pon posmom cum
preivatud urust: et quum postremum cum private dis-
ceptaverit.
Es bleibt nun noch nachzuweisen, dafs die in den
drei letzten abschnitten dieser Untersuchung gegebenen wort-
erklärungen und Übersetzungen in den sinn und Zusammen-
hang des oskischen gesetzes passen. In einer dankenswer-
then juristischen Untersuchung weist L. nach, dafs im alt-
romischen gerichtsverfahren alle volksgerichte auf der Vor-
aussetzung einer gegen das strafurtheil eines beamten ein-
gelegten provocation an das volk beruhen (s. 68), dais der
beamte viermal in bestimmten terminen seine anklage vor
dem Volksgericht erheben mufs, dafs derselbe erst im vier-
ten termin (s. 67) ein urtheil gegen den beklagten ausspre-
chen darf, dafs dieses strafurtheil in der that nur ein schein-
urtheil, d. h. ein Strafantrag bei dem Volksgerichte ist (s.
65 — 69.71), dafs endlich zwischen dem vierten anklage-
termin und dem spruchtage des Volksgerichts eine dreüsig-
tägige firist liegen mufste. Nach den von mir gegebenen
erklärungen besagt der abschnitt des oskischen gesetzes der
tafel von Bantia, der z. 13 beginnt mit den werten: Suae
pis ct. und z. 17 schliefst mit den werten: ni hipid ct.
(von K. s. 79 als §.[3] bezeichnet) folgendes: „Wer in
der eigenschafl als richterlicher beamter (prumeddizud) ei-
nem einzelbflrger einen gerichtlichen termin stellt (zicolom
dienst), mufs viermal mit dem beklagten verhandeln
(petiropert urust) vor dem volksgericht. Er darf nicht
weiter zum fünftenmale (mais pomtis) mit dem ange-
klagten verhandeln, bevor er sein urtheil, oder seinen
Strafantrag (medicatinom) an das volksgericht stellt,
d. h. er mufs dies am vierten gerichtstage thun; dann darf
8*
116 Coruen
er erst nach einer frist von 30 tagen den spruchtag des
Yolksgerichts ansetzen^. Ich befinde mich also auch hier
in dem falle, indem ich von L.'s sprachlichen aufstellun-
gen ganz abweiche, diesem gelehrten gerade f&r seine an-
sieht über die hauptsache, um die es sich in dem yor-
liegenden gesetze handelt, eine wesentliche stütze bieten
zu können, und die durch meine worterkl&rungen gewon-
nene genaue Übereinstimmung zwischen dem röm. und dem
osk. gerichtsverfahren bei volksgerichten, ist gewüs eine be-
achtenswerthe probe für die richtigkeit jener erkl&rungen.
9) Bedeutung der form nerum.
Die werte t. B. 29 : pis tacnssüm nerum fiist übersetzt
L. (s. 27): quis sententiae ferendae fiierit. Tacusiim soll
hier in abstammung und bedeutung gleich tanginom sein
und sententia bedeuten, obwohl beide Wörter weder in der
Wurzelgestalt noch in der Wortbildung übereinstimmen. In
ähnlicher weise leitet L. die grundverschiedenen wortfor-
men angetuzet, egmazum und acum alle von einer wurzel
her. Nerum soll ein infinitiv sein und ferre bedeuten, weil
^ „möglich^ sei, dais in sab. nerio, umbr. nerf, skr. nr
eine wurzel nr stecke, die möglicher weise „tragen^ be-
deute und somit in avBQ der mann als „tragender^, in ner-
vus die sehne als „tragende^ bezeichnet werde. Endlich
wird dem oskischen diesen etymologien zu gefallen eine
construction zugemuthet, die einer lateinischen: „quaestor
quis sententiam ferre fiierit^ entspräche, dem oskischen das
in der construction upsannam dedet = operandam dedit
eine dem lateinischen ganz gleiche Verwendung des zusam-
mengesetzten verbaladjectivs zeigt (n, jahrb. LXVIII. 467),
das lateinische grammatiker abgeschmackter weise genm-
dium und gerundivum nennen. Es wird nicht nöthig sein,
die mögtichkeiten, Unmöglichkeiten und unwahrscheinlich-
keiten weiter zu zergliedern, die hier statt eines sprach-
lichen beweises zusammengestellt sind. Meiner erklärung
mufs ich aber erst eine bemerkung über die lesart voraus-
schicken. Auf dem abdrucke der tafel von Bantia bei
otlüache beiträg«. 117
Mommsen (D. D. zu s. 145) steht nämlich ganz unzweifel-
haft geschrieben tacusiim; statt dessen schreibt M. s. 117
tacueim und ebenso im wortverzeichnils s. 298, drückt in-
defs hier seinen zweifei an der richtigkeit dieser lesart
durch ein fragezeichen hinter dem worte aus. Von den
buchstaben p(is tacusi)im stehen die hier eingeklammerten
auf dem bruchstück der tafel, von dem wir nur eine copie
in minuskefai von Abellino haben, der erste p, halb weg-
gebrochen, und die beiden letzten im auf dem hauptstück
der tafeL Freilich haben zwischen diesen nur 6 buchsta-
ben der lateinischen majuskelschrift in dem räum des bru-
ches, wie er bei M. erscheint, platz; aber die Zeichnung
des bruches kann nicht ganz richtig sein, wie auch daraus
ZU schliefsen ist, dafs derselbe nach dem abdrucke der
tafel bei Lepsius (Inscr. umbr. et ose. t. XXY ) eine ganz
andere gestalt hat. Da nun zu der lesart tacusi-im nir-
gend eine Variante angegeben wird, noch weniger ein grund
zu der abweichenden Schreibart tacusim, so halte ich diese
f&r ungerechtfertigt und behalte jene bei, wie ich oben
pomtis und tadait gegen willkührliche abänderungsversuche
in schütz genommen habe.
um die bildung und bedeutung der wortform tacu-
siim zu finden, ist es nothwendig zuvorderst das vorher-
gehende wort nerum zu besprechen. Vergleicht man die
beiden Zwischensätze t. B. 29 : pis tacusiim nerum fust und
t. B. 19: pis cevs Bantins fust, so hat man anzunehmen,
dafs tacusiim nerum die eigenschaftsbestimmung ist, die
von dem pis ausgesagt wird, und mit demselben durch
fiist verknüpft ist, also dasselbe Satzglied ist wie cevs Ban-
tins an seiner stelle. Was nun zunächst ner-um anbetrifit,
so ist es zu vergleichen mit dem consonant. stamme ner,
von dem im umbr. der acc. pL ner-f und der dat. pl. ner-
us vorkommt (AK. IL 156 f.) und von dem auch die sabin.
Wörter ner-io (nerienis) = virtus, fortitudo und ner-o
= fortis strenuus, sowie der name der altital. göttin Ner-ia,
Ner-io, Ner-i-enes, der gattin des Mars, richtig hergeleitet
worden sind (vgl. Gell. XIII. 22. Hertz. Lyd. de mag. L 23
118 Consen
de mens. IV. 42. Sueton. Tib. c. 1. Ebel d. zeitschr. 1, 307.
Fleckeisen: Zur kritik der altlat. dichterfragmente bei Gellius
p. 33). Die herausgeber der U. D. sprechen die vermutbuDg
aus, dafs ner-f, ner-us eine ehrenbeseichnung der principes
oder nobiles in Igavium sei, und diese vermuthung wird durch
die vorliegende stelle des osk. gesetzes schlagend bestätigt.
Auch das oskische ner-um ist eine form des italischen
Stammes ner, und zwar kann es nur der gen. plur. eines
consonantisohen Stammes sein. Da nun kurz vorher in dem
oskischen gesetze der Vorsteher der gemeinde in Bantia
durch die sigle tr. pl. mit dem römischen namen tribunus
plebis bezeichnet ist, so erhellt, dafs es zu Bantia wie zu
Bom eine gemeinde im gegensatz zu adeligen geschlech-
tem oder bevorrechteten vollbürgem gegeben hat Durch
ner-um = fortium strenuorum wird eben diese bevorrech-
tete bürgerklasse bezeichnet und pis — nerum fust bedeu-
tet quis — nobilium fuerit wie pis cevs Bantins fust = qui
civis Bantinus fuerit. Zu Bantia wie zu Iguvium hie-
fsen also die geschlechter der altbürger oder voll bürg er
^ner-es^ die tapferen. Aehnliche ehrennamen legen
sich überall bevorrechtete volksklassen, alte geschlechtsver-
bände oder herrschende volksst&mme bei. So heüsen die
fttrstengeschlechter der etrurischen städte Luc-u-m'-on-es
„die leuchtenden** vom stamme lue-. An diesen trat erst
die Steigerungsendung mo mit dem bindevokal u (vgl. ploir-
u-me), dann die endung on. Aehnlich gebildet ist Al-m^-on
vom stamme al in alere, nur fehlt der bindevokal. Die-
selbe bedeutung hat der name Luc-er'-ense-s, abgekürzt
Luceres Air einen der drei alten geschlechterstämme in
Kom, indem an den stamm lue- erst die anlRigung ero trat,
die ten-er, mis-er, lac-er zeigen, dann die endung ensi, die
in volksnamen die herkunft bezeichnet Aehnlich heifst
bei den Joniern von Attika eine adelskaste FeXeovragy ein
name der durch la^Angol erklärt wird (Hesych), also die
9 glänzenden^. Der römische beamtenadel späterer zeit
nennt sich nobiles „die kenntlichen^ oder optimates „die
hochwohlgeborenen", der alte geschlechtsadel der Spartia-
oakiflche beitrage. ]|9
teo xaXoi xaya&oi „die guten und schönen^ oder ofioMi
„die gleichen oder pairs«. Milites strenui „tapfere krie-
ger** ist der ehrentitel des ritterlichen adels in den Urkun-
den des mittelalters. Airja „die starken^ nannten sich die
arischen Yolksstänune. In der bedeutung stimmen also die
ehrentitel Milites strenui, Airja mit dem umbrisch-
oskischen ner-es genau überein.
10) Lateinische und oskische lokative auf -im,
-in, in, -m, -n.
Ist die bedeutung von ner-um richtig bestimmt, so ist
klar, dals in dem tacusi-im, das vorhergeht, irgendeine
nähere bestimmung zu ner-um enthalten sein muls. Es
fragt sich nur was für ein casus tacusi-im ist. DaTs es
ein accusativ wäre, der nach griechischer weise genauer
beschränkend und bestimmend der behauptung zugef>
wäre, darf man nicht annehmen, da dieser sogenannte grie-
chische accusativ auf oskischen denkmälem nicht gefiin-
den wird. Auch sehe ich nicht, wie das doppelte i der
form tacusi-im als accusativ zu rechtfertigen wäre. Auch
ein genitiv kann die form nicht sein, da der gen. plur. von
Stämmen, die auf o, i oder einen consonanten auslauten,
immer um lautete, wie Abellan'-um, futftegTi^v-ovfA, Tiiaü-
um vom stamm osk. Tiiati oder Tiati (Monmisen s. 204.
302. vgl. kalati- auf mftnzaufschriften) und lat Teate, und
ner-um zeigen. Die oskischen a- stamme hingegen haben
die form a-zum, entsprechend der sanskr. ä-säm, griech.
a-oii/, lat. a-mm z. b. eiza-zun-c, egma-zum. Zwei auf-
schriften auf jüngeren italischen münzen Safin-im und
Aisem-im faist Mommsen (s. 204) freilich als gen. plur.
der volksnamen, aber ohne beweis; weiterhin wird sich
eine andere erklärung fbr diese formen finden. Wie vom
stamme Tiiati der gen. plur. Tiiati -um lautete, so müfste
vom stamme tacusi derselbe casus tacusi-um heüsen; und
angenommen der wortstamm wäre tacusio, so müfste er
gerade ebenso lauten, wie Abellan'-um zeigt.
Es bleibt daher nichts übrig als tacusi-im fQr eine
120 ConaeB
locativendung za halten, und um das zu erweisen, sind
die verwandten locativformen im lateinischen, oskischen und
in anderen dialekten in betracht zu ziehen. Dals die latei-
nische spräche locativendungen auf -im, -in besitze, war
schon froher erkannt worden (vgl. Hand Tursellin. III, 211.
463); es ist eines der vielen Verdienste neuerer handschrif-
tenforschung, sichere beispiele solcher locativformen ans
licht gestellt zu haben (Ritschi. Rhein. Mus. Vm, 472.
Lachmann Lucrez II, 169. HI, 880). Die grofse mehrzahl
derselben ist von o- stammen gebildet, nämlich ill'-im,
ist'-im, oT-im (ollo-), utr^-im-que, und mit Schwä-
chung des m zu n wegen des folgenden consonanten h'-in-c,
ill'-in-c, ist'-in-c, utr'-in-de, utr'-in -secus,
intr'-in-secus, extr'-in-secus, altr^-in-secus, bil-
dungen die alle den anfangspunkt, das woher bezeichnen.
DaCs diese locativendung -im, -in aus skr. bhjam, umbr.
fem, griech. (piv nach wegfall des anlautenden lippenlautes
entstanden ist, hat Aufrecht (diese zeitschr. I, 83) nach-
gewiesen; doch kann ich diesem gelehrten darin nicht bei-
stimmen, dafs das i vor dem auslautenden m, n jener for-
men aus dem o der stamme abgeschwächt wäre wie das
i in signi-fer, coeli-tus u. a. Ich halte vielmehr das i der
locativendung -tm, -fn für einen langen vokal, vor dem
der auslautende vokal des Stammes, an den sie gefügt
wurde, abfiel, um diese ansieht zu begründen, ist zunächst
zu erweisen, in welchem verhältnifs die lateinische endung
bt in ti-bt, si-bi, i-bt, u-bi^ ali-cu-bt zum sanskr«
bhjam, griech. (piv steht. Dais das auslautende i jener la^
teinischen formen ursprünglich lang war, zeigen sowohl die
Zusammensetzungen i-bi-que, u-bt-que, utro-bi-que
als die altlateinische Schreibweise i-bei, u-bei, si-bei,
und doch zeigt die entsprechende endung im griechischen
und Sanskrit einen kurzen vokal. Meine früher geäulserte
ansieht, da(s das t der endung bt sich zum ersatz längte,
als das schlieisende m abfiel (Neue jahrb. LXVIII, 256)
mufs ich als irrig verwerfen, weil schlechterdings niemals
im lateinischen ein auslautender vokal sich längte nach ab-
oskiach« beitrüge. 121
£ül eines schlielsenden consonanten. Die entstehung des
langen i von bi aus ja im skr. bbjam ist vielmehr so zu
fassen, dals sich das j wie immer nach consonanten im
lateinischen zu i auflöste und das a zu e sank. So ent-
stand auf italischem boden die grundform fiem, die sich
zu skr. bhjam verhält wie lat. si^s zu skr. sjäs. Im latei-
nischen ward dann fiem zu bt, indem ie zu i verschmolz
wie aus sies sis ward, das f im inlaut wie gewöhulich zu
b sank und das auslautende m wie so h&ufig im altlatei-
nischen abfiel. Im umbrischen ward fiem zu fem (AK. I,
111) und mit abfall des m zu fe in i-fe == i-bi, te-fe =
ti-bi, indem das aus j entstandene i vor dem folgenden e
schveand und das e in fem sich wahrscheinlich längte, so
dals auch die umbrischen formen i-fe, te-fe wie die latei-
nischen i-bi, ti-bt auf einen langen vokal auslauteten. In
den dativen ti-bi, si-bt wie in den locativen i-bi vom
pronominalstamm i mit seinen compositis in-i-bi, inter-
i-bi, post-i-bt, die ich für solche Zusammensetzungen
halte gegen Ritschi (Rhein, mus. VIII, 488), weil die an-
f&gung einer blofsen casusendung an eine präposition mit-
telst eines bindevokals unerhört wäre, ebenso in u-bl und
ali-cu-bi vom pronominalstamm cu (quo) ist also das i
ein aus vokalverschmelzung entstandener langer vokal, und
wo derselbe bei dichtem kurz gemessen erscheint, ist dies
der auiserordentlich starken neigung der lateinischen sprä-
che zuzuschreiben, auslautende vokale zu kürzen. Die
plautinischen forschungen von Ritschi und Fleckeisen ha-
ben in dieser beziehung überraschende thatsachen ans licht
gestellt; der umfang und die bedeutung der ganzen sprach-
lichen erscheinuDg verdient eine eingehende erdrteruog, fiir
die hier nicht der ort ist.
Es ist nun der weg zu zeigen wie aus jener ursprüng-
lich italischen endung fiem, die dem skr. bhjam entsprach,
durch vokalverschmelzung aber zu ftm, fÜm zusammenge-
zogen ward, die locativendung -im, -in geworden ist. Von
der aspirirten media skr. bh, italisch f. der endung fim,
föm verflüchtigte sich der lippenlaut und es blieb nur der
122 COTSMD
hauchlaut h übrig, so dals nun im lat mi-hi, umbr. me-h6
die enduDg hi, hg lautete (vergl. über diese und ähnliche
Vorgänge die treffliche abhandlung von G. Curtius: die as-
piraten der indogermanischen sprachen, diesezeitschr.il, 334).
Auch das griech. re-ip für T£-^iv wflrde sich nicht festste*
hend zweisilbig erhalten haben, wenn nicht der aus ^ nach
Wegfall des Iippenlautes übrig gebliebene hauchlaut die vo«
kale £ und i getrennt gehalten hätte, so dafs die form eine
zeit lang rs-'iv lautete. Wenn also aus einem vorauszu-
setzenden mi-f tm mi-ht dann durch ausfall des h und vokal-
verschmelzung mt geworden ist, so mufs derselbe gang der
abschwächung auch bei den oben angef&hrten locativformen
auf -im, -in stattgefunden haben. Aus den ursprünglichen
bildungen wie illo-ftm, isto-ftm ward zunächst illo-htm.
isto-htm, dann illo-tm, isto-tm und mit abfall des auslav
tenden stammvokales o ill'-im, ist^-tm. So ist h^-in
entstanden aus ho-ftm-ce durch die mittelglieder ho-hin-v
ho-tn-c. Ganz ebenso sind die Zusammensetzungen alio*
qu'-tn, cetero-qu'-tn vom relativstamme quo, altr'-
in-secus, extr'-in-secus, intr'-in-secus, utr'-!n-
secus neben utr'-im-que von den stammen altero-, ex-
tero-, intero-, utero- zu erklären. Auch long'-tn-cu-s
setzt eine locativform long' -im „weit her^ vom stamme
longo- voraus. Wenn von dieser casusform durch die an-
fiigung CO ein adjectivum gebildet ist, so ist das nicht auf-
fallender, als wenn von der ablativform prod durch anfä-
gung der steigerungsendung ins ein gesteigertes adjectivum
prod-ius gebildet ist (Non. p. 33 ed. Gerl. vgl. diese zeitschr.
in, 265). Ich habe schon anderen orts (Neue jahrb.
LXVin, 256) darauf hingewiesen, dafs auch in ü-n-de
fftr cü-n-de und ali-cü-n-de das cü-n locativform des
relativstammes cu (quo) ist, -und genau dieselbe bildung
erkenne ich jetzt auch in ü-n-quam ftir cü-n-quam, wie in
dessen Verneinung n'-ü-n-quam. Aus einer ursprünglichen
form cu-fim entstand einerseits u-bt ftkr cu-bi, wie ali-cu^bi
zeigt, andrerseits durch die mittdstufen cu-htm, cu-im,
cü-m die noch vorhandene cü-n. Das i der endung wich
oskische beitittge. 123
hier dem vorhergehenden u des Stammes wie im gen. se-
natü's < senatii-ts, im dat. senatü fCoc senatu-i. Ebenso
sind nun auch de-in, ex-tm, pro-in locativformen vom
pronominalstamm i zusammengesetzt mit den präpositionen
de, ex, pro, indem die ursprüngliche form des locativs
i-fim durch die mittelstufen i-htm, i-tm. zu im, in ver-
schmolz. Ex-im und de-in haben die bedeutung „von da^,
die schon im einfachen im, in lag, durch eine präposition,
die das ausgehen von einem orte bezeichnet, noch mehr
versinnlicht , gerade so wie ab-h'-in-c, de-h'-in-c,
ex-h'-in-c im verhältnüs zum einfachen h'-in-c, pro-in
heilst „fürder von da^. Ueber das angehängte de in
in-de, de-tn-de, per-in-de, pro-in-de, sub-in-de,
,ün-de, ali-cün-de sei hier einstweilen bemerkt, dafsich
^ nicht fbr die pr&position de sondern ftbr den ablativ
ne halte, zu dem das dem in tan-dem, i-dem, pri-dem
4er aecnsativ ist Dafs das i von die nach d in diesen
formeil ausfiel, daf&r spricht namentlich pri-dem neben
pri-die (vgl. minus f&r minius) die Verkürzung des auslau-
t^iden e jener formen ist wie in cave, vale, vide, in dem
angeh&ngten ne, in bene, male u. a. Ist das richtig, so
bedeutet ali-cün-de eigentlich ,,von irgend einem tag her^,
in -de und mit noch stärkerer bezeichnung der richtung,
woher durch die vorgesetzte präposition de-in-de „von dem
tag her^, pro -in -de „fürder von dem tag an^, per-in-de
ijdurchgehends von dem tag an^, daher „sonderlich, vor-
nehmlich^ und mit folgendem ut oder ac „ganz so-, gerade
80-, ebenso-wie^. In sub-in-de hat die präposition sub die
bedeutung wie in suc-cedere u. a. „dicht daran^, also heifst
8ub-in-de „dicht daran von dem tage^ also „dicht hinter,
kurz darauf^. Die ursprünghche bedeutung „tag* in die-
sem angehängten de ist aber aus dem bewufstsein der
Sprache geschwunden wie in diu, tam-diu, quam-diu, diu-
tumus neben nu-diu-s, inter-diu, diur-nus. Ich mufs es
f^T eine andere gelegenheit au&paren, meine ansieht über
das de in jenen Zusammensetzungen abweichenden erklä-
Hingen gegenüber (vgl Pott etymol. forsch. II. 246, Bit-
1%A Conmn
8chl rhein. mus. 1850. p. 475) im zusammenhange mit
einer ganzen anzahl verwandter bildungen noch genauer zu
rechtfertigen. Endlich finde ich auch im lateinischen £-n
„da! siehe I^ eine locaiivbildung vom pronominalstamme i.
Der pronominalstamm hat hier die gestalt e wie im gen.
sing, e-jus, dat. sing, e-i, abl. sing, e-o, acc. sing, e-um, nom.
plur. e-i, altlat. e^is, gen. plur. e-orum, dat plur. e-is u. a.;
im altlat. zeigt er diese gestalt in e-m = e-um und e-m-e-m
SS eundem (Fest) auch vor consonant. anf&gung, und die-
ses e war ursprQngl. lang, weil es durch vokalsteigerting
aus i entstanden ist, wie die Schreibart ae-jus, ae-i, ae-orum
auf inschriften beweisH (vgl. AK. I. 134, n. jahrb. 68. 252)
und die messung des dativs ei bei Plautus Terenz und Liu-
crez (Fleckeisen neue jahrb. 61, 17). So erklärt sich auch
das S in £-n und dafs das i der abgeschwächten locativ-
endung tu nach dem lang^ S schwand, dafür ist diS fllr
di^i eine naheliegende analogie. Hiemach heifst also d-n
auf den ort hinweisend „dal^ und erhält die bedeutung
„siehe da^ wie im griechischen das demonstrative vij den
sinn Xaßs, Hx^ erhält; es besteht genau aus denselben be-
standtheilen wie lat. i-bi, umbr. i-fe; aber mit feinem sinne
hat die spräche die verschiedene gestaltung derselben zu
verschiedenen bedeutungen verbraucht. Es ist nicht nö-
thig, dafs ^n jemals „von da^ bedeutet habe, da die ver-
wandten sprachen die anfilgung skr. bhjam, umbr. fem, gr.
(piv zur bezeichnung des „woher^, des „wo^ und des „wohin^
verwandt haben (f&r die letzte bedeutung vgl. AK. 1. 1 1 1 . 1 1 4).
Mit den lateinischen sind nun die entsprechenden es-
kischen lokativformen zu vergleichen. Es heilst tab. Baut.
16. f. in (im) pon posmom con preivatud urust, eisucen
ziculud zicolom XXX nesimum comonom ni hipid. Hier
übersetzt K. den demonstrativen nachsatz: illo in die (ad)
diem (usque) XXX proximum comitia ne habuerit, falst
also in der formel eizuc-en ziculud das an den ablativ
eizuc angehängte ^n als die präposition en = in wie in
censtom-en = in censum. Aber diese erklärung muthet
dem oskischen eine mindestens höchst unklare ausdrucks-
otkische beitrüge. 125
weise zu. So wenig im deutschen „an jenem tage den
dreifsigsten tag^ oder im lateinischen „in illo die diem tri-
cesimnm^ bedeuten kann „von jenem tage nach dreifsig
tagen^ so wenig darf man von dem oskischen gesetze eine
solche ausdrucksweise glaublich finden. Wie femer im la-
teinischen bei bestimmung des Zeitpunktes nicht die präp.
in sondern der blofse abl. gebraucht wird oder der loc. z. b.
die crastini, die pristini, die proximi (Gell. II. 29, 7. X. 24)
die quarte, die quinti, die septimi (Macr. Sat. I. 4), die
septimei (Plaut Pers. 280. Fleckeisen. Zur kritik der altlat.
dichterfr. s. 30), wo die f&r die-i das locativzeichen i
eingebüist hat, so verwendet auch das oskische zur bestim-
mung des Zeitpunktes sonst nicht en mit dem ablativ, son-
dern den locativ, wie tab. Bant. 8 eizei-c zicelei = illo die
zeigt. Dals an der obigen stelle also eizuc-en zikulud
die bedeutung „von jenem tage an^ haben mufs, drftngt
sich mit zwingender nothwendigkeit auf. Jenes angehängte
en kann nicht die oskische präposition en sein, so wenig
wie das in von de-in, pro-in die lat. präp. in ist; es ist viel-
mehr dieselbe locativform des pronominalstammes i, welche
oben in lat. £-n wie in pro-i-n, de-i-n u. a. erkannt wor-
den ist. Das en in eizuc-en f&r die bloise einfache loca-
tivendung zu halten, scheint nicht statthaft, einmal weil
diese schwerlich hinter das c der pronominalpartikel von
eizu-c angefbgt werden würde, zweitens weil die weiter
hin zu besprechende form imad-en dagegen spricht. Der
pronominalstamm i zeigt im oskischen bald das i unge-
trübt z. b. io-c, id-i-c, ion-c, bald ist er eii^ mittellaut zwi-
schen i und e z. b. io-k, is-i-dum, id-i-k, bald ist er zu e
geworden, wie die zusammengesetzten pronominalformen
e-su-f, e-ka-k u. a. zeigen. An diese gestalt e des prono*
minalstammes trat also die locativendung fim (für fiem),
die sich durch die mittelstnfen -him, -im, -in zu -n ab-
stumpfte, so dais der locativ nun e-n lautete, genau über-
einstimmend mit lat. S-n. Das anlautende f der anftlgung
schwand also wie in osk. hip-ust, dic-ust, per-em-ust, fe-
fac-ust das f der an jene v^rbalstämme angeftlgten form
116 Consc«
fiist, das auslautende m sank zu n wie in osk. pa-n fbr
pa-m =s qua-m^ po-n fbr po-m = quo-m. Wie das lat
i-n in de-i-n u. a. bedeutet also osk. e-n in eizuc-e-n »von
da^ und es tritt in eizuc-e-n an den ablatir des Eusam-
mengesetzten pronominalstammes eizo- wie lat. i-n an den
ablativ pro ftür prod in pro-i-n. Eizuc-e-n heilst also ^Ton
dem da her^ und eizuc-e-n ziculud entspricht genau
dem lateinischen: ab illo inde die. Wie das lateinische
gern folgezahlwörter braucht, wo wir die hauptzablen brau-
chen in Wendungen wie post diem tertium, ante diem quar-
tum ^nach drei tagen, yor vier tagen^, so drückt das os-
kische zicolom XXX nesimum aus „die nächsten 30 tage
lang^. Dann ist also der sinn der vorliegenden stelle des
osk. gesetzes: von dem tage an, wo er seinen Strafantrag
an die geschworenen gestellt hat, soll der richterliche beaxnte
in Bantia 30 tage lang kein volksgericht abhalten.
Es ist nun die form imad-en in betracht zu ziehn.
In einer inschrift von Pompeji (vergl. G. Minervini: inter-
pretazione di una epigrafe osca scavata ultimamente in
Pompeji. Napoli 1831, von Kirchhof der hauptsache nach
erklärt: Allgem. monatsschrift 1852. p. 578 f.) handelt es
sich um den bau einer landstrafse. Dort erklärt K. die
worte: via ... . medikeis pompaiianeis .... imaden uup-
sens: viam . . . medices Pompejani ab ima operarunt. Das
ab ima (via) wird als gleichbedeutend mit a fundamento
gefaTst Ist diese sehr leichte und ansprechende erklärung
richtig, dann ist auch in imad-en dasselbe e-n wie in
eisuc-en und lat. 6n. Dieses trat an den ablat. imad nvie
an den ablat. eizuc und wie lat. in an den ablat. pro- in
pro-in. Diese form imad-en zeigt auch, dafs das e-n hier
nicht die blofse locativendung ist, da an die ablativendung
-d nicht unmittelbar noch eine zweite blofse casusendung
angeklebt sein würde. Das e-n ist vielmehr locativ des
pronominalstammes i, wie oben gezeigt ist, und somit
imad-e-n eine Zusammensetzung wie eizuc-e-n, de-
i-n, pro-i-n; imad-e-n (via-d) bedeutet hiernach ab
ima inde (via) und stimmt* genau zu E.'s erklärung.
oskische beitrttge. 127
Das oskische e*n behielt somit in imad-e-n seine ursprüng-
liche örtliche bedeutung.
Das oskische hat nun dieselbe locativendung noch in
etwas anderer gestalt. Auf der weihinschrift von Agnone
1. 2. sind die worte hortin, kerrfiin bereits von Ben-
zen und Aufrecht richtig als locativformen gefafst worden
(vgL Aufrecht d. zeitschr. I. 88). Die wortstämme, an wel-
che die locativendung in hier antrat, sind horto und kerr-
ijo. DaTs die bereits von anderen gefiindene deutung in
templo Cereali (vergl. Knoetel zeitschr. f. alterth. 1852.
No. 17) richtig ist, daf&r sollen anderen orts gelegentlich
nähere sprachliche nachweise gegeben werden; hier kommt
es nur auf die locativendung an. Ich kann diese locativ-
endung -in aber nicht mit Aufrecht ffir entstanden aus
-men ansehen, da eine solche endung sich im oskischen
und lateinischen gar nicht findet und auch fClr das umbri-
: sehe noch sehr fraglich ist (vgl. Ebel d. zeitschr. IV. 198).
• Sie scheint vielmehr wie die gleichlautende lateinische lo-
cativendung entstanden aus fim, die ßXr das oskische durch
; pn-f = u-bi verbürgt ist, wenn auch in einer anderen
s gestaltung. Nach dem wegfall des anlautenden f der an-
> fiigung, fiel vor dem vokal der endung das aaslautende o
der Stämme horto, kerriio ab wie im lat. ilP-im, ist' -im,
utr-imque u. a. und das auslautende m sank zu n. Die
locativendung in von hort'-in, kerrii'-in bedeutet also
den ruheort wie in lat. alio-qu'-in, cetero-qu'-in,
long'-in-cus.
Ich ziehe hierher auch die münzau&chriften Safin'-im
und Aisern '-im (Mommsen ü. D. 201. 204), die ich nicht
fibr gen. plur. halten kann, weil die endung dieses casus,
wie oben gezeigt, im oskischen stets -um oder a-zum ist.
Dazu stimmen auch die älteren oskischen münzaufschriften
'^vxavofjt\ * ^afAiQuvovfi , n^vkriunm, alafatemum, tiiatium
und die späteren süditalischen münzau&cbriften Aisemino,
Aquino, Cajatino, Caleno, Corano, Cozano, Ladinom (^o;-
^(vcov), Paistano, Romano, Suesano, Tiano (Momms. 1. c),
die zum gröfsten theil das auslautende m der genitiven-
128 Croiaen
dang eingebüist haben. Da nan Aisern'-im und Sa-
fin'*im nicht gen. plar. sein können, so müssen sie loca-
tiy formen sein. In Aisem'-im finde ich den oskischen
stamm Aisernio, der sich zu der lat. wortform Aesemia
verb< wie osk. molto etanto zu lat. multa tanta d. h. das
auslautende weibliche a zu o sinken liefs. In Safin^-im ist
der stamm Safinio^ entspricht also dem lat. stamm Sam-
nio fiir Sab-nio. Da die endung ino auch in osk. medicai-
ino-m, heruk-ina-i, nuvkr-inu-m, sidik-inu-d, Sar-inu sich
zeigt, und da der name des muttervolkes der Samniten
lat. Sabini f&r Safini lautete, so ist Safiniom die einhei-
mische namensform des landes Samnium gewesen. Als
an die stamme Aisernio, Samnio die gestalt der locativ-
endung -im trat, ward wie gewöhnlich das auslautende o
des Stammes abgestolsen und die beiden sich berührenden
i verschmolzen zu einem wie in tiati neben tiiatium. Wie
hort*-lh „in templo% so heilst Aisern'-im „in Aeser-
'nia, Safin'-im" in Samnio. Der locativ von Ortsna-
men findet sich auch auf oskischen münzen der Frentaner
in frentre-i und auf lateinischen münzen von Larinum in
Ladine-i. Locative bedeutung hat auch der ablativ der
oskischen münzaufschriften akudunniad, tianud, sidikinud
und der lateinischen Beneventod, Ladinod. Die beiden
locativformen Aisem'-im, Safin'-im wahrten das auslautende
m der ursprünglichen endung fim, stehen abo in dieser
hinsieht neben hort'-in, kerr'-in wie lat. ist'-im, ex-i-m ne-
ben pro-i-n, de-i-n.
Jetzt endlich komme ich auf die bildung tacusi-im
zurück und brauche nicht weiter sprachlich nachzuweisen,
dafs diese ganz dieselbe locativform -im zeigt, wie Aiser-
n'-im, Safin'-im. Es bleibt nun zu erörtern, was der stamm
tacusi fbr eine Wortbildung ist. L. (s. 21) wird mit der
form leicht fertig, erkl&rt €b ftür eine bildung wie securis;
dieses soU ÜLv secusis stehen und von secare abzuleiten
sem, lauter behauptungen, die ich mit der lateinischen laut-
lehre und wortbUdungslehre nicht im einklang finde. Was
zunächst securis anbetrifft, so hat es freilich mit secare
OBkische beitrage. |29
die Wurzel gemein, ist aber nicht von einem verbum der
a-conjugation gebildet. Man vergleiche folgende lateini-
sche Wortbildungen« Von würz, ac: ac-UHS, ac^u-ere, vom
zusammengesetzten stamme tri-bu: trib'u-s, trib'-u-ere, iri-
b'-ü-li-s, von wrz* arc: arc-u-s, arc*u-are, von wrz« id:
id-u-8, id-u-are, id-ü-li-s, so ergiebt sich der gang der Wort-
bildung, dafs die lateinische spräche von verbalwurzeln
durch anftgnng der endung u verbalsubstantiva bildete und
von diesen weiter abgeleitete verba und nomina* Eine
solche bildung eines Verbalsubstantivs sec-u von wrz« sec
setzt auch sec-ü-ri-s voraus, dessen u sich längte nach her«
antreten der endung ri, wie das u in trib-ü-li-s, id-ü-li-s
nach herantreten der anfügung li, die von ri nicht wesent-
lich verschieden ist (Pott et. forsch. U. 97). Wie id-ü-li-s
„zu den Idus gehörig^, trib-ü-li-s ,,sur Tribus gehörig^
so bedeutet sec-ü-ri'-s „zum schneiden gehörig^, daher ein
Schneidewerkzeug oder beil. Das oskische zeigt die anfb-
gung ri in dekkvia-ri-m, mit dem si in tacu-si darf diese
aber nicht zusammengeworfen werden. Ich nehme also
an, dals von einer verbalwurzel tac zunächst ein Verbal-
substantiv tac-u gebildet ward wie lat ac-u, arc-u, id-u.
Dais das oskische solche bildungen kannte, zeigt der gen.
castrous vom stamme castru und der acc triibum vom
stanuue triibu, umbr. trifu, trifo, lat. tribu. Von dem vor-
auszusetzenden stamme tac-u würde nun ein verbum tac-
u-um gerade so gebildet werden wie lat. von tribu trib-
u-ere, von ac-u ac-u-ere oder wie von den stammen der
verbalsubstantiva sta^tu, me*tu sta-tuere, me-tu-ere.
Eine ähnliche verbalbildung wie die zuletzt genannten
sehe ich in der form ei t uns auf einer pompejanischen in-
schrift (Mommsen U. D. XXIX. a. b). Diese lautet: eksuk
amvianud eituns anter tiurri XII ini(m) ver(u) sarinu, puf
faamat mr. aadiriis v. Hier ist am-via-nu-d vom verbum
am-via-um, dem ein lateinisches ambi- veh-ere entsprechen
würde, mit der anfügung no gebildet, bedeutet also amba*
ges viae, „herumw^^, eksuk amvianud heilst demnach:
,)auf diesem wege herum^. Anter tiurri XQ. hat M. rich-
V. 2. 9
'80 Consen
tig gefaTst: inter tarrim düodecimum. Ver(u) Sarinu hat
Bu^e (d. reitachr, U. 385) richtig ergfazt, und Teiu treJ-
lich aus nmbr. v«wn==:porta erklÄrt. Da südlich v<m Pom-
pqi der Sarnus ine meer mflndet, so kann man nicht zwei-
feln, daft neben lat. Sama, oak. Sarinu gletchbedeutewl
steht wie lat. Sam-nio neben osk. Safinio, dafs also ein
sfldlichee thor von Pompeji nadj dem flusse Sarnus zu das
samer thor hieft, wie sich in allen fluTsst&dten solche be-
nennungen finden. Das verbum faamat bat M. (nachAufr.
I. 76) aus skr. dhA-man = domicilium erklärt durch ha-
bitat, so dals also der echlufe der inschrift bedeutet: ubi
habitat Mr. Adüüs V. f. Ea bleibt nur noch die form ei-
tuns zu erklären übrig. M. erklärt sie ganz richtig eunt,
Aufrecht (d. zeitschr. I. 188) eunto. Fragt man, welcher
sinn besser pa&t fllr die inschrift: „hier herum des wegs
geht man zwischen den zwölften manerthurm und das sar-
ner thor dahin wo Mr. Adlriis wohnt« oder „hier herum
^1 man gehn u. s. w.«, so ist dies offenbar der erstere.
Was wÄre wohl ftlr ein grund. denkbar zu einer allgemei-
nen gesetzlichen in imperatiTform ausgesprochenen verpflich-
tang zu Adiriis zu gehn? Die inschrift ist ein weifweiser
fllr die leute^ welche dort hingehen wollen, nicht eine stra-
ftenpolwediche Verpflichtung, da& die leute dort hingehen
sollen. Sie hat also den zweck wie etwa bei uns der an-
sohlag an einer hausthür: „das comptoir von A. Meier
85hne ist auf dem hofe rechts parterre«, und Adiriis mufs
eme amtliche oder geschäftliche Stellung gehabt haben, die
es Ihm wünschenswerth machte, dafs die leute sein haus
mcht verfehlten Aber ganz abgesehen von diesem ein-
leuchtenden sachlichen gründe ist eine 3. pers. plur. imperat.
ie iS^.K r^""« ■"' *"^ -"**» «^gestumpft, ohne
m^3) rermrft daher jene erklärung, bringt aber eine
eW wen^; begründete; -ns soll nämlich eine blofse plu-
r^be eichnnng sein, die an die 3. pe«. sing, imperat. d-tu
«»trat, wie das aap von Xiyira^.aav an i«yir«. Wo ist
oskisohe beitrüge. I3I
denn in irgend einer italischen spräche eine solche plural-
bildong des imperativ zu finden? Monunsen hat der saohe
nach hier völlig das richtige gesehen, nur die form ei-tu-ns
sprachlich nicht ausreichend erklärt Vom stamme i, mit
Vokalsteigerung ei, ist mit der anßigung tu das verbalsub*
stantiv ei-tu gebildet und von diesem ein verbum ei-tu-um
gerade so wie von lat. wrz. sta das Substantiv sta-tu-s und
das verbum statu -ere. Wie Status ,,8tand^ und statuere
,,einen stand machen^, so heifst ei-tu-s ^»gang'^ (vergl. lat
circu-i-tu-< „Umgang^) und das verbum ei-tu-um ,, einen
gang machen'^, daher ,ygehen^. An das verbalthema ei-tu
trat das gewöhnliche zeichen der 3. pers. plur. im oekischeB
-Ds filr -nt ohne vermittlungsvokal. Dieser vokal ist in
der skr. endung a-nti a, in der lat -o-nt, n-nt o, u, in der
griech. o-yri o. Das oskische hat denselben vokal zu e
erleichtert wie s«e-t für s-e-nt = 8-u«nt und profatt-e-ns
=s probaver-u-nt zeigen. Da nun die vokalverbindung ne
dem oskischen ganz fremd ist, so ist begreiflich, dafs die
form ei-tu-ns einen vermittlungsvokal e nicht zeigt Sie
ist hierin lateinischen wie amarut, doce-nt ähnlich. Auch
wenn jener vermittlungsvokal im oskischen die gestalt u
neben e gehabt haben sollte, wäre ei-tu-ns filr ei-tu-u-ns
eben so erklärlich wie fiitrei neben fiiutrei (Mommsen U.
D. 310).
Hierdurch erhält auch das Substantiv ei-tu-a, ei-
tu-o seine erklärung, das Bugge (dies, zeitschr. in. 419)
zwar richtig als „fahrende habe^ fSEÜbt aber unrichtig
zergliedert, wenn er eine endung tua, tuo annimmt. Wie
sich nämlich sta-tu-a verhält zu sta-tu^ so steht ei-tu-a zu
ei-tn. Von wrz. sta ward erst das Verbalsubstantiv Sta-
tuts, Ton diesem das verbum sta-tu-ere und davon das ab-
geleitete nomen st^-tn-a gebildet; so von wrz. i, ei erst
ei-tu, dann ein verbum ei-tu-um und von diesem ei-
tu- a. Wie sta-tu-a „die zu stand gebrachte^, bedeutet
ei-tu-a „die in gang gebrachte % was allerdings die
fahrende habe gut bezeichnet
Wie nun osk. vom nomen ei-tu das verbum ei-tu-um,
9*
13t CoTssen
lat. von acQ acu-ere, eo iet von oak. nominalBtamm tacu
Ton wrz. tac ein verbum tacu- um vorsuBzuBetzen und von
diesem ist mittelst der anftgung si für ti das Verbalsub-
stantiv tacu-si- gebildet vne lat. mes^^si- ftr met^i, axi
f&r ag-si-, tus-si- ftr tud-si. Es bleibt demnach nur noch
die Wurzel tac von der viel besprochenen form tac-u-
si-im zu erkl&ren übrig, und diese stehe ich nicht an in
der griech. wrz. ray yon ray-ij, ray-og, ray^fia^ rd^ig fär
täy-oig zu finden. Das c des osk. tac steht neben dem y
der griech. wrz. wie in osk. ac-um neben lat. ag-ere, grieeb.
ay-HV. Bekanntlich bedeutet rd^ig und avpra^tg h&ufig
eine classe von Staatsbürgern vne lat. ordo. Dieselbe be*
deutung finde ich in oskisch ta-cu*si, das von grieeb.
ray-'d^ in der formbildung nur durch die zwischenbil-
dung eines verbalthemas auf u verschieden ist. An der
stelle t. Baut. 29 heilst also pis tacusiim nerum ftist:
quis in ordine nobilium fiierit. Man betrachte nun
den ganzen vorden»atz, dessen glied der mit pis eingelei-
tete relativsatz ist, und den ich mit einem leichten zusatz
zu Mommsens auch von Kirchhof gebilligten ergftnzungea
so schreibe: In (im) suaepis pr., in (im) suae [pis censtur
avti] q., pis tacusiim nerum fiist, izic post eizuc tr. pl. ni
ftiid. Von den hier in eckigen klammem stehenden Wor-
ten sind von M. unzweifelhaft richtig ergänzt pis censtur,
und es bleibt hinter denselben somit noch räum fQr 4 buch-
staben. Für die drei letzten derselben las M. V i I9 der
vierte ist weggebrochen; sehr leicht ergänzt sich also
AVTI, das sich in eben der bedeutung des lat. aut auch
z. 24 findet. Hinter der sigle q. vrird das verbum fnst
nicht gesetzt, so wenig wie hinter der vorhergehenden pr,
um die zu häufige Wiederholung des sich von selbst ver-
stehenden Wortes zu vermeiden. Die sigle q. bedeutet na-
türlich z. 29 quaestor yne z. 28. Dann ist also der sinn
des ganzen oskischen satzes: et si quis censor aut quae-
stor, quis in ordine nobilium fiierit, is post illa tribunus
plebis ne sit Es ergiebt sich demnach die gesetzliche be-
stimmung der städtischen Verfassung von Bantia, dafs kein
oskiflche beitrttge.
133
Vollbürger aus den altoi geschlechiern von Bantia, der die
prätur, quästur oder censor verwaltet hat, gemeindevorste-
her oder volkstribiin werden kann, wie zu Rom bekannt-
lich kein patricier dieses plebejische amt verwalten durfte.
Der folgende satz des oskischen gesetzes ist von E. unbe-
zweifelt richtig so ergftnzt worden (vergl. L. s. 29): Suae
pi8 [contrud exeic tr. pl. p] ocapid Ban8a[e fjust, izic am-
prufid facus estud. Die Übersetzung: Si quis contra hoo
tribunus plebis aliquando Bantiae fuerit, is improbe factus
esto zeigt, daTs die oben gegebenen erklärungen von ner-um
und tacusi-im genau in den sinn nnd Zusammenhang des
oskischen gesetzes passen.
Ich stelle die erörterten locativformen hier übersicht-
lich zusammen.
XtallBcbe gnindform ftem
(sanskr. bhjam, griech. qp/i/, umbr. fem).
Abfall des anlantes:
i -In, -Ifn
iir-im
ist'-im
oT-im
atr'-im-que
-m
ez-i-m
ill'-in-c
ist'-in-c
altr'-in-secus
utr'-in-secus
extr-in-secus
intr'-in-secus
long-in-cus
h'-in-c
tib-h'-in-c
de-h'-in-c
ex-h'-in-c
cetero-qu'-in
alio-qa'-in
osk. Aisern'-im osk. hort'-in
osk. Safin'-im osk. kerrii'-in
osk. tacusi-im
-n
ex-i-n
de-i-n
pro-i-n
i-n-de
de-i-n-de
ex-i-n^de
per-i-n-de
pro-i-n-de
sab-i-n-de
e-n
osk. eizuc-e-n
osk. imad-e-n
n-n-de
ali-cu-n-de
a-n-qaam
n'-a-n-quam
134 GofSflen
Abfall det aaslftntes:
bi, a h%, hi f
i-bi i-f-ont
umbr. i-fe
in-i-bi
inter-i-bi
poBt-i-bi
i-bi-dem
a-bi
umbr. ptt*fe osk. pu-f
ali-cu-bi
u-bi-qne
u-bi-cumqne
utro-bi-que
ti>bi mi-hi
umbr. te-fe ambr. me-he.
Von diesen locatiyformen bezeichnen den ruheort, das
„wo^ alle diejenigen, welche nach abfall des auslautenden
m die locativendung zu fe-, bi-, f-, abgestumpft haben,
während von denjenigen formen die nach abfallen des an-
lautenden consonanten die endung zu -im, -in, -m, -n ab-
schwächten die mehrzahl den ausgangsort „das woher^ be-
zeichnen, andere aber gleichfalls die bedeutung des ruhe-
orts haben, nämlich osk. AisemMm, Safin'-im, tacusi-im,
horti'-ln, kerrii-in, lat. ol'-im, lon'-g'-in-cus , cetero-qu'-in,
6-n und auf die zeit übertragen u-n-quam und n^-u-n-quam.
Im umbrischen tritt dieselbe locativbildung auf zur bezeich-
nung des zielortes, des „wohin^ und zwar im pluralis (AK.
I. 111); doch erscheint die ursprüngliche italische form
dieses locativs nur einmal in vape-fem (tab. Ig. Ib. 14),
sonst immer zu fe- und f- abgestumpft.
Pforte. W. Corssen.
ia5
Auhns.
Bopp stellt in seinem sanskritglossariom das gothische
öhn (geschrieben auhn), das in form und bedeutung un-
serem ofen entspricht, zusammen zunächst mit skr. «gni,
lat. ignis, lit. ugnis, später mit skr. ushna warm* Die
letzt^e etymologie widerlegt sich von anderem abgesehn
schon dadurch, dafs in der wurzel ush, von welcher ushna
stammt, das sh eine durch sanskritische lautgesetze be*
dingte Verwandlung eines gewöhnlichen s ist, wie lat. urere
ustum, griech. avw hinlänglich beweist. Die beigebrachte
analogie von ashtan zu octo, ahtau ist eine trOgliche, denn
in ashtan ist das sh wiederum nach bekannter sanskriti-
scher regel (9 vor t) aus 9 hervorgegangen, wie der name
für achtzig a^i darthut*). Den mythologen hat die ver-
gleichung von auhns mit agnis und ignis besser zugesagt,
und in der fireude über die ankunft des sich als gott an-
kündigenden ofens haben sie den gast nach seiner beglau-
bignng zu fragen vergessen. Agnis in deutschem gewande
hätte billiger weise akns oder ikns oder okns oder "Im«
heüsen müssen, das h, das er in seinem namen trägt, stem-
pdt ihn hinlänglich zum falschen propheten. Untersuchen
wir weiter. Ohn erscheint im gothischen an einer einzi-
gen stelle, und zwar im acc. sing«, weder geschlecht noch
declination lassen sich daher aus dem gothischen allein be-
stimmen. Nehmen wir die jüngeren deutschen dialekte zu
rathe, so erscheint allerdings das entsprechende ofen al-
lenthalben als masculinum, minder sicher lälst sich der
zweite punkt bestimmen. Nur althochdeutsch und altnor-
disch können natürlich maisgebend sein. Nun fahrt Graft
I, 176 den nom. pl. ovana an und vom altnordischen ofii
*) Deshalb ist auch die zusammenstellusg von sanskr. ushas mit goth.
nhtvo (crepnscnliim), die noch in der vergleichenden gnuniaatik §. 882 wie-
derholt ist, unrichtig, denn ans nsh+tvo konnte goth. nor ustvo werden.
Meiner ansieht nach ist nhtvo von vakan abgeleitet und bedeutet zunächst
das erwachen, dann frtthzeit, wonach, falls diese deutung richtig ist, nhtvo
und vahtvo (vigiliae) lautlich zusammenfallen.
136 Aufrecht
kann ich den gen. ofiis, den dat. ofiii, den acc« plur. ofiia,
kein ofiiar oder önar nachweisen. ^ Diese Zeugnisse, wenn
man sie nicht willkürlich verwerfen will, oder durch stich-
haltigere formen umstoisen kann, reichen aus öhn-s der
a-ddLÜnation einzureihen, als dessen ältesten nom. also
öhna-s au£Eustellen. Damit schwindet der letzte schein fbr
die Zusammenstellung mit ag-ni-s.
Das dermalen gefundene öhna-s muüste vor der laut-
verschiebung ökna-s lauten. Dieses erinnert mich an das
vedische i^na-s mit seinen verwandten ^an, a^dni, kfmBn
(vgl. diese Zeitschrift 11, 44 fgg«)» welche sämmtlich in der
bedeutung stein vorkommen (selbst apani donnerkeil ist
ursprünglich sfcein). Für Äpna ist diese bedeutung gesi-
chert durch Rv. VIII, 2, 2 = Sv. ü, 1, 2, 8, 2:
Nnbhir dhütÄh (Sv. dhautah) sut6 ä^nair ävyo (Sv. ävya)
vibraih p&ripütah |
A 9V0 n& niktö nadfshu ||
welche stelle Benfey so übersetzt: „Priestergewaschen, durch
stein*) gepreist, gereinigt durch des widders schweif, gleich
wie ein rols in den strömen^. Diesem apna glaube ich
entspricht das gothische öhn wie in form so in inhalt und
die ursprünglichen Öfen der deutschen waren nichts anderes
als in den stein gehauene löcher, oder steinerne heerde**).
Wem die va-wandelung des Steines zum ofen härter ei>
scheint, als die des feuers zur selben örtlichkeit, möge be-
denken, dafs Ar die letztere metamorphose keine analogie
beigebracht worden ist, ich den leibhaftigen stein als ofen
ihm vorführen kann. Amarasinha II, 9, 29 gibt als syno-
nyme fbr ofen oder feuerheerd folgende Wörter an:
A^mantam uddh&nam adhi^rayant cullir antik&.
A^manta verhält sich zu a^man, dem gewöhnlichen wolle
für stein, wie hemanta (winter) zu ;^€£^cüV, oder lat. mo-
men, molimen zu momentum, molimentum. Man mag es
zufällig nennen, da& zwei verwandte sprachen dieselbe vor-
*) Schon Sftya^a. erklärt: ofiuur afmabhir grftyabhi^.
**) Vgl. die gloflsen steinofan bei Graff I, 176.
luden. 137
Stellung darch gleichwnrzelige wdrter bezeiehneten , wich-
tig allein war mir nachzuweisen, dafii diese Vorstellung auf
gleiche weise ausgedrückt werden konnte.
Ludere.
Der sorgfältige Konr. Leop. Schneider hatte schon im
jähre 1819 in seiner lateinischen grammatik I, 83 angege-
ben, dafs in einer lateinischen inschrift loidos statt lu-
dos vorkomme. Die kenntnifs dieser form würde Benfey,
wurzellexioon 11, 134 und die einigen, die Schweizer 11, 363
dieser Zeitschrift namenlos läJst, vor der vergleichung mit
skr. hiftda geschützt haben. Bopp stellt im glossar ludns
zu Wurzel div, indem er einen Übergang von d in 1 an-
nimmt. Schweizer sagt hierüber: „Wer diese ansieht sprach-
lich rechtfertigen will, wird etwas anders zu werke gehen
müssen als es bisher geschehen; am wenigsten schwierig
ist dabei der Übergang von d in 1, der auch in lacrima
neben SdxQV^ goth. tagr, in lautia für dautia u. s. f. vor-
li^. Vielleicht ist vor -dus ein konsonant eingebfilst^.
Der gang, den Schweizer einschlagen würde, wenn er bei
der ableitung von div stehn bliebe, wäre, rathe ich recht,
der folgende: div-dus, doi-dus, loi-dus. Der gang, den die
lateinische spräche nehmen würde, wenn sie überhaupt ein
nomen bildendes affix do bes&ise*), wäre div-i-dus, viel-
leicht di-i-dus = dt-dus, vielleicht li-dus. Wozu aber m5g-
lichkeiten anfbhren, da ludns nur von ludere, nicht ludere
von Indus abgeleitet ist. Schweizer vermuthet, es möge
vor dus ein konsonant eingebüist sein; ich glaube viel-
mehr, dafs vor dem 1 ein solcher geschwunden sei, und
zwar ein c. Zwar ist cl im lateinischen anlaut nicht un-
beliebt, in einzelnen fidlen ist jedoch der abfall des guttu-
ralen unabweislich. Vgl. Curtius II, 400. Dahin gehören
*) Mir ist kein ableitendes unmittelbar an die vnirzel angeschlossenes
do im lateinischen bekannt; denn caldns ist zusammenziehuig von calidos,
udus von avidus n. s. w. Nudus =: naqttaths bedarf noch der erklKrang.
138 Anfiredit
laus verglicheo mit xUog (Benfey); fem» libum, xgißavfiy
goth. hlaifs, lit. klepas (Pott) und die stAdtenamen Cliter-
Dum und Litemum*). Auf diese beispiele gestützt wage
ich ludere, loidere auf eine filtere form cloidere croidere
(vgl. cluo = 9ru, clunis = ^roni) zurftckzufbhren, in wel-
cher der gesteigerte vokal zu dem in der nackten wurzel
did, crid sich verhält wie in laedere caedere zu lid, cid**),
oder wie in fraudo frausus im vergleich mit frustra***).
Diese wurzel finden wir in dem sanskr. krtd, von wel-
chem krtda, kridana spiel, scherz, abstammt. Ertd ist
im Sanskrit das eigentliche verb für tändelndes, kindliches
spielen, während div das spielen um einen einsatz beaeich-
net. Diese bedeutung lä&t schon aus den Veden häufig
genug sich belegen. Ygl. Bv. X, 78,6 : ^i^ülä n& krtlayah,
wie spielende kindlein. X, 95, 9: &9V&S0 na kril&yo d&n-
da^an&h, wie muthwillige einander beifsende rosse. Av.
Vn, 81, 1 = Rv.X, 85, 18:
Pürväpar&m carato mäy&yait&u (ipü krldantau pÄri yäto
arnav&m |
I, Abwechselnd schreiten wundersam die beiden, zwei spie-
lende knaben umkreisen sie die welt^. Die ursprüngliche
bedeutung des verbs scheint mir die der raschen bewegimg,
des hin- und hereilens gewesen zusein. Darauf fuhrt, dafs
es gern von den Maruts, den göttern des Sturmes, ausge-
sagt vnrd. So wird eine schaar derselben kftdin g^annt
VS. 17, 85. 24, 16. Femer haben vrir im Rv.I, 37, 1. 5:
krfl&m ^ardho marutam, die bewegliche macht der Maruts.
Sie heifsen Rv. T, 87, 3: krfl&yo dhünayo, mobiles concu-
* ) Ich wünsche darüber belehrt zu werden, mit welcher gewähr im Tru-
culentns II, 4, 18 für lansum, von dem Pareus (in der ausg. von 1641.
Animadrera. p. 85) sagt „ita membr. Fall, et pr. edit. Ven.** jetzt allgemein,
zuletzt von Fleckeisen, lessam geschrieben werde.
**) Die gekünstelten erklämngen, die man von diesen verben gegeben
hat, empfehlen sich wenig. Die ttltere wnrzel lid werde ich ein anderes mal
nachweisen.
***) daad^re und plaudere scheinen ihren diphthong anderen Ursachen
zu verdanken.
nachtrag zu harospex Uli 194 ffg. 139
tientes venti (ähnlich nrtava^ Rv. VIQ, 20, 22); und Ry. V,
60, 3:
F&rvata^ ein m&hi vrddhö bibhäya divi^ cit bXdu rejata
syane vah |
Y&t krllatha mainta rshtim&nta Kpa iva sadhryänco
dhavadhve ||
,,Vor eurem tosen bebt der berge höchster, erzittert bang
des himmels tiefe Wölbung, wann speergewafhet, Mamts,
durch die lOfte, wie wasserflut^i vereint daher ihr ei-
let^. Ich will zuletzt zur best&rkung der gegebenen ety-
mologie anfikhren, dafs schon in einem nachvedischen sans-
kritworte die wurzel krtd den anlautenden guttural verlo-
ren hat, ich meine lilft, welches Wilson folgendermalsen
übersetzt: „1) A brauch of feminine action, proceeding from
love; or the Imitation of a lover's manner, speecb, gait etc.
by bis mistress, to pass the time in bis absence. 2) Play,
Sport, pastime in general. 3) Amorous or wanton sport^.
Dieses IM, glaube ich, ist nichts anderes als eine Schwä-
chung des filteren krtdä.
Nachtrag zu haruspex III, 194 ffg.
Den ausdmck garn Ar eingeweide konnte ich frtl-
her nur im ahd. und altn. belegen, seitdem ist mir eine
glosse aufgestoAen, die das Vorhandensein des wertes auch
im sächsischen verbürgt. Evans in seinen Leicestershire
wcHrds, phrases and proverbs. London 1847 hat p. 57 fol-
gendes: „MIDGERUM-FAT, s. The fat of the intestmes.
The butcher said, *You must have the midgerum-fat^
i. e., the buyer must have that too^. Die Übereinstim-
mung dieses midgerum mit ahd* mittigami leuchtet ein.
Oxford. Th. Aufrecht.
140 Mttller
Ist Bellerophon Vritrahän?
Erwiederung auf Profesaor Pott's sofsatz im letzten hefte des vierten
bandes dieser Zeitschrift, von Max Müller.
Professor Pott hat mit seinem eigenthümlichen Scharf-
sinn and seiner überwältigenden belesenheit den beweis zu
f&hren gesucht, dalis der griechische Bellerophon der
yedische Yritrah^n sei. Eine Verwandtschaft in der grund-
idee dieser beiden numina wird gewifs jeder, der mit dem
solarischen wesen des griechischen Heros und des' vedi-
sehen gottes vertraut ist, zugeben« Professor Pott geht
aber weiter und behauptet einen gemeinsamen Ursprung der
nomina, und hier muis ich gestehn, dais mich die combi-
nation des sonst so sorgsam scheidenden philologen nicht
überzeugt hat. Er hfilt nfimlich ßeiJLago flir eine assimi-
lation von ßtktsQo^ und dies, meint er, würde die form
sein, in der das nomen Vrtra im griechischen erscheinen
mülste. Ist aber Übergang von It in U zu beglaubigen?
Lt ist eine erlaubte und häufige griechische consonanten-
verbindung, wie in /^cAriW, fliXreQog, ßiXnatog^ und sie
wird bei verben auf X nicht vermieden. Professor Pottes
analogien beweisen nichts. Mella ist gewiis nicht aus
fiilira al^eleitet, wie Überhaupt kein lateinisches wort aus
dem griechischen entstanden ist. Beide bildungen sind aber
nicht einmal parallel in den beiden schwestersprachen.
Mel, mellis unterscheidet sich von fUh, piÜUvogj wie
stips, stifpis von sttpes, sttpitis (ich spreche nur vom
8u£Gbc), oder wie hari, hares, von harit, haritas. Pro-
fessor Pott kann unmöglich mella, als honigwasser und
fUhra eine dialectische abart von fiikiaca meinen. Pol-
luz aber aus etruskischem Pultuke abzuleiten, und hier-
aus ein pathologisches ^esetz vom Übergang des Ar in kl
zu abstrahiren, ist kühn beim jetzigen zustand unsrer kennt-
nifs, i. e. unsrer totalen unkenntnils des etruskischen sprach-
organismus. Uebergang von kr in kl ist also bis jetzt un-
bewiesen. Was ist nun aber Bekkigo in BakkeQotpovtijg?
Dafs es einen geist der finstemifs, des übels, der trocken-
ist Bellerophdn Vfitrah^? 141
heit oder des winters bedeute, läfst sich leicht errathen.
Die GriecheD sagen*), es habe ein wort rd iXXsgcc gege-
ben, welches rä xaxd, td kx^gd bedeute, und welches Eal-
limachos gebraucht habe; siehe Eustath. zu II. p. 635, 6.
Naeke, Opusc. 2, p. 167. Ja, Bellerophon oder Belle-
rophontes soll auch Ellerophontes geheifsen haben.
Dafs jedoch die Griechen im Allgemeinen ß^lK^Qo nicht
mehr in seiner appellativen bedeutung illhlten, geht am be-
sten daraus hervor, dafs sie, um den mythos des Bellero-
phon zu erklären, angaben, dafs Bellerophon einen ange-
sehenen Korinthier, namens Belleros, erschlagen habe,
und, um sich von diesem morde sühnen zu lassen, nach
Argos oder Tiryns zum Proetos**) geflohen sei.
Aus dem Wechsel des griechischen anlauts sieht man
leicht, dafs das etymon von ßsXXBgo mit labialer liquida,
dem im griechischen sogenannten digamma aeolicum, an-
gelautet habe.
Es fragt sich nun, welche lautverbindung im sanskrit
dem griechischen IX in ßsXXsgo zu gründe liege. Das
griechische XX ist gewöhnlich A, dem ursprünglich ein Si-
bilant oder eine liquida folgte; siehe Ahrens, D. D. p. 60.
Diefs erklärt z. b. das einfache X in noXvg, und das dop-
pel X in noXXoL IloXvg entspricht nämlich skr. pulü (Rv.
1, 179. 5) oder purü, purös, während die casus obliqui
einem skr. pürva, pürväsya entsprechen würden. Wie
noXXoi auf ein skr. pürve; so weist oXoi auf skr. sirve,
wo ovXog^ wenn auch aus anderem gründe, die länge be-
wahrt hat. Nach dieser analogie würde also ßsXXego auf
sanskr. varvara ftkhren. Diels heifst im sanskr. wollig,
struppig, und zwar hauptsächlich in bezag auf negerar-
tige Ureinwohner Indiens. So heifst Sandelholz, welches
bekanntlich nur auf der Malabarküste wächst, und deshalb
malayaja benannt wird, auch varvarottha, „was bei
den barbaren wächst^. Kuhn leitet die bedeuttmg von
♦) polier) mythologie II, 66.
** ) Jacobi, mjTthol. worterbacb, s. v.
142 MttUer
varvara, barbar, nicht vom yerwirrten, gekräoselten haar,
sondern von der verwirrten ausspräche (dem balbutire) die-
ser Völker ab. Es wird schwer sein zu beweisen, welche
bedeutnng krvfjiwTigws sei, doch spricht barba, wohl sni
gunsten der physischen auffassung, so dafs die wolligen
Völker erst sp&ter zu ßaQßaQoqxovoi wurden. Wie dem
auch sei, so bleibt es sicher, dafis die namen f&r wolle von
derselben wurzel abgeleitet sind, und diese wurzel können
wir als vr oder var darstellen« Sie bedeutete ursprOng-
lich bedecken, und hiervon haben wir skr. ura, wolle,
in urabhra, laniger, i. e. bock; im griebhischen igog. Im
Veda haben wir das fem. ür&, f&r schaf, in 8, 34, 3 :
üram na dhünute vrkah,
„(der stein zerreifst die somapflanze,) wie der wolf das
schaf zerreilst ^. Ebenso heilst der wolf uräm&thih,
der schaf-schüttler.
Mit dem suffix na haben wir sodann im skr. ürnä,
wolle, namentlich von schafen; ürnäyu, ein Ziegenbock
und eine spinne, wie auch ürnanäbha, die spinne, i.e.
der woUenweber, heilst. Dieses ürnft ist nun, wie Bopp
gezeigt, russ. völna, gotlu vulla, wo 1 aus r, und 11 aus
In entstanden. Dieselbe assimilation zeigt sich im lat
villus, villi und vellus, velleris. Im griechischen hat
sich r erhalten, doch ist hinter r etwas ausgefallen, wie
man aus der Ifinge in ÜQO(i schliefsen darf. Denn ü^^
steht fiir ^Qog^ wie bei den Aeoliem alle verba in ^
noch ia der usprünglichem gestalt «^ erscheinen, wie
neben nüga ein ursprünglicheres 7ii(iQa ezistirt, und 6<peik(a
auf 6(piU.a} weist. In allen diesen formen ist eine liquida
hinter r und 1 verloren gegangen. Siehe Ahrens, D. D. §• 8.
Ura also hieis decke, dann feil, vliefs und wolle;
und ebenso ürnä. Die weitere entwickelung der wurzel
var nach der Seite von umhüllen, beschützen, weh-
ren hin, ist bekannt, und wollen wir sie hier nur in der
form uränäh mit dem anlaut ur im Veda nachweisen.
Ur&n4h heifst beschützer, und zwar zuerst mit ge-
nitiv:
ist Bellerophön Yptrahän? 143
1, 173, 7 (pada-text). Sam&tsu tvä satlbn uran&m prapa-
thintamam
„Dich in den schlachten der braven Schützer und bester
ftdirer^. Ebenso in bezug auf die wege:
7, 73, 3. ihema yajn&m path&n ur4nah
„Fördern wir das opfer, als der guten wege wahrer**.
Zweitens mit dem accusativ:
3, 19, 2 (Agnih) devÄt&tim uränah
„Agni der die götter schützt^.
9, 109, 9. induh pun&nah prajam ur&n&h
„Der geläuterte saft der die menschen schützt^.
Drittens ohne ein abhängiges wort:
4, 6, 4. (Agnfh) pradivah urän4h
„Agni, der alte hort^.
4, 7, 8. DütAh tyase pradiyah urän4h
„Du gehst als böte, der alte hüter^.
Ebenso 6, 63, 4. pr& hötä gürt4man&h uränäh.
Auch in yftranah liegt wohl eine ähnliche bedeutung;
obgleich es zugleich mächtig zu heifsen scheint, und vom
commentator einmal auf den elephanten bezogen wird.
8, 66, 8* vr kah cit asya väranAh lu'ämdthih,
und 8, 33, 8. dän£ mrg&h n& väran&h.
U'ranah mit dem accent auf der ersten silbe heifst
ein bock, urant ein schaf.
Wie nun die wolle ursprünglich decke hiefs, so
scheint auch färbe in derselben weise aufgefalst zu sein,
und ursprünglich decke, deckfarbe geheüsen zu haben.
Denn wie uranah auf varanÄh, so weifst urna auf
yarna, und diefs heifst im veda färbe, licht, dann kä-
ste. Von varna kommt yarni, n. gold, wie von rüpa,
raupya, silber, die moderne rupee. Im Veda erscheint
varna häufig in allen drei bedeutungen, und zuweilen
nimmt es Säyana als gleichbedeutend mit uranah, be-
schützer, als beiwort von Indra; z. b. 1, 104, 2. varnam,
anishtanivärakam Indram. Diefs ist jedoch nicht
nöthig, wie wir bei der betrachtung dieser stelle sehen
werden.
144 MttUer
Zuerst also heilst varna, färbe, hell sowohl als dua-
kel, und diefs ist bedeutend für die grundconception des
Wortes varna, als decke, ohne bezv^ auf eine bestimmte
färbe, oder auf licht.
1, 73, 7. krishn4m ca varnam arun^ ca s&ax dhuh,
„tag und nacht setzten die dunkle und helle färbe zu-
sammen^.
1, 96, 5. Naktoshiisä v&rnam ämemyäne
„nacht und morgen die ihre färbe gegenseitig vernichten^.
1, 113, 2. Djavä v&rnam caratah amin&nö,
„tag und nacht gehn ihre färbe zerstörend^.
Dann heifst yarna aber besonders das helle licht, und
zwar zuerst mit adjectiven, welche diese eigenschaft be-
stimmen.
2, 34, 13« Nim^ghamanäh dtyena pSjasä su^chandräm
v&rnam dadhire supepasam.
„Die Rudras herunterregnend auf eilendem rofs schufen
schönschimmerudes, schönleuchtendes licht^.
2, 1, 12. tdva sp&rhe v&rne
„In deinem sprühenden licht, o Agni^.
3, 34, 5. prä, imam y4rnam atirat ^ukram äs&m.
„Er, Indra, breitete aus das helle licht der morgenröthen^.
Sehr häufig wird im neunten mandala die färbe des
Soma erwähnt, und zwar als h&ri, rü^at, $üci, aber auch
als asürya.
10, 3, 3. Agnih vitlshthan rü^adbhih värnaih
„Agni weithin sciureitend mit hellen färben'^.
Aber auch ohne bestimmendes adjectiv heifst v&rna
zuweilen helle färbe oder licht.
1, 92, 10. samänam varnam abhi piimbhamänä
„Die alte Ushas, die sich stets mit demselben lichte
schmückt^.
2, 4, 5. Upigbhyah n& amimtta v&rnam
„(Agni, wenn er gepriesen ist) schuf uns dasselbe licht als
(früher) den U^iks.
2, 5, 5. tah asya v4rnam äyüvah n^htur sacanta dhe-
nävah
ist BeUerophdn.Vrtrah&i? 145
^Diese kühe (morgenröthen) folgen, seine^ des Neshtri (Agni)
licht nehmend^.
4, 15, 3. kadä nah devlh amr tasya p&tnih stirah v&rnena
tatanan ushasah.
Diese stelle ist ohne änderung des accents nicht zu
übersetzen; doch wage ich noch nicht hier und an einigen
andern stellen silrah in sürah zu ändern, da die mss. sfirah
nur als paroxytonon geben, während es als casus obliquus
Ton svar, oxytonon sein müTste.
10, 124, 7. t&h asya vÄrnam pücayah bharibhrati,
„Sie (die morgenröthen), die hellen, tragen stets sein (der
sonne) licht''.
Hiemach wird also wohl auch 1, 104, 2. v&rna als
licht zu nehmen sein, und nicht als Indra.
Devasah manyüm d&asya ^camnan t^ nah & vakshan
suvitlEya v4rnam
„die götter brachen den stolz des D&sa (des bösen) : mö-
gen sie uns licht bringen zum opfer^.
Drittens heilst aber vÄrna färbe oder stamm, oder
käste, wie ja das erste gefilhl der befremdung, eines ver-
schiedenen Ursprungs oder einer heterogeneität der men-
schen, wohl ur^rünglich von der farbenverschiedenheit
ausging. Einiges hierauf bezügliche habe ich in meinem
Letter to Chevalier Bunsen on the Turanian Languages
zusammengestellt. Der commentator fafst varna in diesen
stellen geradezu als käste, und bezieht es auf die drei ho-
hem kästen (traivarnika) im gegensatz zur vierten, den
Qüdras.
3, 34, 9. hatvf d4syün pri Äryam virnam avah
„indem er die Dasyus (die bösen) getödtet, hat Indra die
arische färbe beschützt^.
2, 12, 14. jSh dIEsam varnam ädharam gühä 4kar,
„Indra, der die färbe der Däsa (der bösen) nieder machte
im dunkel^.
2, 3, 5. v&rnam punänÄh yap&sam suvüram,
„(die himmlischen thore), welche den ruhmvollen, beiden,
reichen stamm erleuchten^.
V. 2. 10
146 Müller
Wie 68 nun in diesen stellen heifst, dafs der gott des
lichts die böse färbe vernichten solle, und zwar so dafs es
zuweilen nicht leicht ist zu sagen, ob diese böse färbe
wirkliche menschen oder dunkle dämonen bedeute, so wird
nun andi tvac, haut, in demselben sinne und in ähnlichen
Verbindungen gebraucht
1, 130, 8. Indras samatsu yÄjamftnam £ryam pr& &vat
M4nave ^Ksat avratSn, tv&cam krshn2m aran-
dhayat,
„Indra beschützte in den kämpfen den arischen opfirer, er
züchtigte die zuchtlosen Ar Manu, er überkam die schwarze
haut"".
10, 87, 5. A'gne tv4cam y&tudh£nasya bindhi,
,)Agni, zerschneide die haut des Yätudhäna^.
10, 68, 4. BrhaspÄtih uddh&ran Äpmanah gfih bhtimyäh
tv&cam bibheda,
„Brhaspati, indem er die kühe, die röthen, aus dem stein
(die nacht) holte, zerschnitt die haut der erde, i.e. die
dunkle decke die auf der erde lag".
Ebenso heifst die wölke 1, 130,8. vr'shanam tvä-
cam (sonst fem.), das regnende befruchtende feil, und 1,
79, 3 scheint tv&c allein wölke zu bedeuten.
Es ergiebt sich aus diesen stellen, dafs die wölke zu-
weilen als feil, als haut, und namentlich als dunkles zot-
tenfell gefa&t wurde. Namen der wölke wie varaha, eher,
oder vrshan, bock, zeigen zwar auch den theriomorphis-
mus der wölke, aber das tertium comparationis ist in bei*
den fallen nicht das zottige feil, sondern das wühlen und
das befruchten.
Wenden wir uns nun zu ßsXi^go zurück, so könnten
wir dessen appellative bedeutung entweder einfach durch
varvara, zottig, erschliefsen, oder aber das lat. villus
in jTBlXog übersetzen, und daraus wie {p&ovBQog aus tf&o^
vogy ein adjectiv jrekkBQog bilden, im sinne von zottiges
ungeheuer, i. e. wölke. Der Übergang von qq in XX zeigt
sich auch in ^dXXogy Schafwolle, wo das ju die labiale li-
quida, wie in manchen der von Lobeck, de prosthesi et
ist Bellerophön Vrtrahlhi? 147
aphaeresi p. 111 seq. angeftlhrten Wörtern, vertritt*). Der
Übergang von qq zu AA war sodann in kp^sQog noch durch
kakophonie veranlafst, wie dasselbe phonetische schönheits-
geftkhl xttfaXaXyia in xBcpaXaQyia verwandelt.
Bell er OS wäre also, ein zottiges ungeheuer, welches
Bellerophontes erlegte, und wovon er seinen namen erhielt.
Die namen der verschiedenen ungeheuer, welche die Son-
nengötter oder lichtheroen erlegen, sind sehr zahlreich im
Veda, und im hintergmnd von allen liegt immer entweder
die wölke, oder die nacht oder die gluthitze. Dem /?€A-
X^Qog käme im lat. villosus am nächsten, und dieses ad-
jectiv wird von römischen dichtem mit verliebe von Un-
geheuern, wie die Gorgo oder Cacus gebraucht: z. b. Ov.
Met. 10, 21 nee uti villosa colubris Tema Medusaei vin-
cirem guttura monstri. Aen. 8, 266 vom Cacus, Terribiles
oculos, vultum, villosaque setis pectora semiferi.
Endlich kommt aber im Veda selbst ein von Indra
erschlagenes ungeheuer vor, welches bock hei&t, und zwar
bock nicht als vrshan, befruchtend, sondern als zottig.
U'ranah, nämlich, ist, wie wir oben sahen, bock als la-
niger; und davon urani, schaf. Nun heifst es 2, 14, 1 — 4:
Ihr priester bringt den Soma her für Indra,
Giefst aus den schalen ihm die kost des rausches!
Er liebt ja immer diesen trunk der starke.
Gebt ihn dem stier, denn diefs ftlrwahr begehrt er.
Ihr priester, ihm der einst den Vrtra hinschlug,
Den wasserdieb, wie mit dem blitz die eiche.
Bringt ihm, der sie begehrt, die somaspende,
Denn Indra darf von diesem tränke fordern.
Bringt ihm den trank, ihm, der Drbhika hinschlug.
Austrieb die kuh, da er den stall geöffnet.
Deckt ihn, dem wind am himmel gleich, mit Somas,
So wie die alte**) uns mit kleidem einhüllt.
•) Siehe Curtius in dieser Zeitschrift III, 410: fiaqn == vfk, fiikiwv
*•) jtfr, nur einmal im Veda; wohl y^avi;,
10*
148 MttUer
Ihr priester, ihn, der Urana erschlagen,
Obgleich er neun und neunzig arme zeigte,
Der Arbuda hinschmetterte zur erde,
Den Indra holt herbei zur somaspende !
EKer ist Urana allerdings ein eigepname, es heifst
aber ursprünglich bock oder zottiges thier. Urana kommt
sonst im Veda nicht wieder vor.
Wenn wir nun aber auch den namen Bellerophon-
tes nicht für die gemeinsame arische mythologie in an-
Spruch nehmen können, sondern die entstehung dieses, wie
so vieler namen der griechischen mythologie, in die pe-
riode nach der arischen trennung setzen müssen, und wenn
wir auf der andern seite kaum erwarten können, den ve-
dischen namen Vrtratödter, den Vrtrahdn unter die-
ser eigenthümlich indischen form, bei den nördlichen colo-
nien der arischen stamme wieder zu finden, so ist es doch
ein natürlicher wünsch des vergleichenden mythologen, den
Vrtra selbst wo möglich als eine alte form der arischen
naturvorstellung zu retten. Indra, allerdings, der licht-
gott der den Vrtra immer wieder bezwingt, ist eine rein
indische ausdrucksweise, indem im Veda die alte götter-
weit, an deren spitze Dyaus, Zsvg^ stand, vor der neuen
herrschafl des Indra nur zurückgetreten ist, und im Indra
sich des Prometheus prophezeiung an Dyaus erftült hat.
Da nun aber die feinde der götter die alten bleiben, wenn
auch ein neuer göttermorgen am himmel emporzieht, so
schliefst diese regeneration des indischen götterbewufstseins
durchaus nicht die möglichkeit aus, dafs die feinde des
Indra dieselben als die des Zeus, oder seines heroischen
avatäras, des Herkules, Perseus, Bellerophon und anderer
solarhelden seien. Nun habe ich schon vor acht jähren
einen der von den lichtgöttem besiegten dämonen als dem
Veda und Homer gemeinsam nachgewiesen, und mein ver-
storbener freund, dr. Trithen, hat diese identification da-
mals in den Transactions der philological society mitge-
theilt, ich meine den Eerberos. Ich halte nämlich, trotz
der accentverschiebung, 9 ab 41a, das beiwort des saramei-
ist Bellerophdn Vrtnh^? 149
sehen handes des Yama, fllr identisch mit 9&rvara, und
sehe in ^ärvara ein wort, welches dunkel bedeutet und
wovon wir ^Ärvari, die nacht, haben; z. b. Rv. 5, 52, 3:
t^ syandrasah na uksh&nah ati skandanti ^^rvarih,
»Die Maruts bespringen die nachte wie befruchtende stiere^.
Dafs das r ausfallen kann, sehen wir, wenn wir ^ar-
▼ärika, a low, vile man, mit pavara, a barbarian, ver-
gleichen; oder ^arvara, mischievous, noctumal, mit ^&-
vara, low, vile. Qabala selbst wird im spätem sanskrit
in der bedeutung von gefleckt angegeben.
Eerberos ist also der dunkle, der nachthund, der
den weg zur unterweit bewacht. Im Veda finden wir zwei
solche hunde, doch haben sie noch keine namen, und er-
mangeln überhaupt noch der spätem legendenartigen indi-
vidualisirang. Was wir von ihnen wissen, ist, daCs sie vier
äugen und breite schnauzen haben; dafe ihre färbe dun-
kel oder tief braun ist, dafs sie den weg zu Yamas haus
bewachen, und die todten bei ihnen vorbei müssen, ehe sie
zu Yama und den vätem kommea Sodann, dafs sie als
Yama's boten bei den menschen umgehn, sich am leben
der menschen weiden, so dafs Yama gebeten wird den
menschen vor ihnen zu schützen, nein dafs sie sogar, wie
Yama und Mrtyu, angerufen werden, um den menschen
langes leben zu schenken. Als brut der Saramä, heilsen
sie Särameyau, aber eigennamen haben sie noch nicht. So
kommt denn auch bei Homer (siehe Jacobi, s. v.) der hund
des Hades in dem Erebos schon vor, aber ohne dafs sein
name genannt oder seine gestalt bezeichnet würde. He-
siod giebt zuerst namen und abstammung an, und nennt
ihn bereits fimfzigkdpfig, erzstimmig, furchtbar wild. Spä-
ter erhält Eerberos drei köpfe, schlangenschweif, schlan-
genmähnen; endlich wird er hundertköpfig. Dieser Ker-
beros also wird vom Hercules gepackt, an das tageslicht
gebracht, dann aber wieder in den Hades zurückgeschleu-
dert. Hercules bändigt aber noch einen andern hund, und
da er, wie Eerberos, von Typhaon und Echidna geboren,
so dürfen wir in ihm wohl den bruder des Kerberos er-
IM HOUer
kennen. Er ist der bund des Geryones, der zuweilen auch
Kerberos genannt wird (Palaeph. 40); und wie Hercules,
ebe er den Kerberos bändigt, erst mit Menoitios, dem hir-
ten der rinder, k&mpfen mulste, so finden wir auch bei der
achten arbeit, dafs Hercules mit dem rinderhirten .Eury-
tion und seinem hunde zu kämpfen hat, ja Menoitias nimmt
auch hier am kämpfe theil. Dieser zweite hund nunJieifst
Orthros, der genaue abdruck von Vrtra. Dafs er so
verschiedene gestalt angenommen hat, darf nicht yerwun-
dem, besonders da spuren übrig sind, dafs er auch in der
griechischen tradition einst ein älteres ungeheuer war. So
steht er mit Kerberos, bei Hesiod. Theog. 308 seq., zuerst
unter den kindem der Echidna und des Typhaon.
il S imoxvaafiivri tixBTO XQarsQO^gova tixva
"Oq&qov fiiv TiQÜTov xvva yüvaxo FfiQVov^L
dsvregov avrtg hixtiv crjUi^j^crvoy, ovvi fpccruov
Ktgßegov, wf^^ctfjv, 'AtStta xvva xf^lxeoipwvovj
nBVTfjXovraxd^vov, ävaiSia rs xqoteqov re.
Und gleich darauf wird er sogar (denn statt 'Vg&og
ist gewiis ^Og&Qog zu lesen) als yater des nemäischen 15-
wen genannt. Was aber noch mehr die ursprüngliche be-
deutung des ""OQ&Qog als des mit dem licht kämpfenden
dunkeis im griechischen andeutet, ist der Sprachgebrauch,
nach welchem im gewöhnlichen leben oq&qoq die zeit vor
der morgenröthe heifst So sagt Hesiod, O. D. 575, 6q^
&QOV avtaxdiA^og, des morgens aufetehend; und die schwalbe
heilst oQ&Qoyori (568), die früh klagende. Ebenso Hom.
hym. Merc. 98:
oQfjppaltj y knixovQog inamro Saifioviri vv^,
17 nlslmVf Toxa 8* og&Qog hyiyvito Sijfuospyog'
eine stelle, wo man oQ&gog vedisch geradezu mit Vrtra
übersetzen könnte. Ebenso heilst es wieder von Hermes,
V. 145: er komme an oQ&giog^ vor der dämmerung, so
heimlich dais nicht einmal die hunde bellen, ovre xuvsg ke-
XäxovTo.
Haben wir Also auch den Bellerophon ab Vrtra-
hau au%eben müssen, so bleibt uns doch ein lichtheld wie
ist Belleropbön Vrtrahdn? ]51
.Hercules als wirklicher 'Ogd^QOffmv übrig, und Bellerophon
ist uns wenigstens als tödter der zottigen ziege, Chimaera,
die ebenfiüls rgtadfiarog und TQixitpaXoq, und wie Kerbe-
ros und Orthros, eine tochter des Typhaon und der Echidna,
verständlich geworden. Wollte aber prof. Pott den namen
des Vrtrahin im griechischen nachweisen, so hätte ihm
Xe(a(p6vTtig , ein name des Bellerophön, dazu weit bessern
grund gegeben. ^€(o<p6vTfjg ist, wie prof. Pott selbst be-
merkt, unmöglich der löwentödter, da dieis X6ovToq>6vTfig
sein müiste. ^emtpovTtig ist aber dasyuhan, *und diefs
synonym mit yrtrah&n, und name des Indra. Dasyu
wie d&sa ist im Veda (man sehe die oben angeführten
stellen) ein name für die feindlichen Völker und geister,
und somit den Aryas entgegengestellt. Im zend aber heilst
es als daqyu oder dainghu, provinz, gebiet (Lassen,
Z. IL M. VI, 12)v Der Übergang der bedeutung zeigt sich
sehr klar in den achaemenidischen inschriften, wo sich z. b.
Darius, kshäyathiya Pärpaiya und kshäyathfya dahyunam
nennt, könig, nicht nur von Persien, sondern von allen er-
oberten ländern. Dasyavah oder d&säh wären also Völ-
ker die besiegt worden sind, dann Völker überhaupt, im
sinne von subjecti, unterthanen. Dieses däsa hat Pott
selbst im ersten theil des griechischen ä^a-nortjg und die*
notva erkannt, so dafs, wie auch Kuhn zeigt, Sta-noxtig
einem skr. däsa-pati, Sia^noiva dem vedischen däsi-
patni entspräche, im sinne von herr der feinde, der unter-
thanen. Die einzige Schwierigkeit ist das im griechischen
bewahrte a, welches sonst im inlaut zwischen zwei vokalen
meist ausfällt. Däsa würde im griechischen regelmäfsig
däog lauten, welches als name des sklaven bekannt ist, je-
doch andere erklärung zuläiet (siehe Niebuhr,^ kl. Schriften
1, 377). Wohl aber kommt von Sdog^ das griech. Sd-iog,
Si^-^ogf z. b. ddioiy die feinde, oder S4oi; sodann Si^idha*
rog, kriegsgefangen. Ich halte nun käog, Xijog, und att.
XBüigj f&r dialectische formen von 8ä6g. I und d, heifst es
gewöhnlich, können wechseln. Dieis ist wohl in dieser
allgemeinen fassung nicht richtig, wohl aber läist sich be-
152 MflUer
weisen, dafs em ursprOngliches d zu 1 herabsinkt, wäh-
rend ich kein sicheres beispiel Ar den Übergang eines or-
ganischen 1 zu d kenne*), was namentlich die herleitung
▼on lingua aus lih ftuiserst problematisch macht, da wohl
dingua zu lingua, nicht aber lingua zu dingua wer-
den konnte. Den herabfall von d zu A im griechischen
selbst, beweisen Sdipvt] und Xatpvti, Slaxog und kiaxog^ 'OSva-
aevg und 'OXvacivg (ülyxes), und somit wäre XBOifpovxrig
(cf. kBtatpoQog und Hom. D. 15, 682, käog>6vog und laoq>&6'-
gog) die genaue prAcisirung des arischen d&sahant&, oder
des vedischen dasyuhan und zwar so, da& in diesem al-
ten, den Griechen und Indem gem^nschafUichen götter-
namen, Xewg oder kaog noch wirklich die bedeutung von
däsa, böser geist, noch nicht die spätere von unterthan
oder Völker, hat. Ob diels wort Xewg)6vTtjg nicht wieder
licht auf die tödtung von löwen durch Heracles und an-
dere solarische heroen wirft, die sonst, da der löwe kein
Symbol der finstemils ist, schwer erklärlich, wollen wir ein
anderes mal besprechen , und schliefslich nur auf ähnliches
treiben der falsch etymologisirenden volksmythologie in der
fabel von den steinen des Deukalion (ist kaag tOr jrXa^ag
SS skr. grävan, stein), und von den äpfeln i. e. den heer-
den (uijlaj heerden und äpfel) der Hesperiden hinweisen.
Oxford, Nov. 1855. * Max Müller.
* ) 1) Sanskrit d = lat. L devan = levir. dih (nngere, oblinere) =
poUingo.
2) Lat d = griech. X. meditor s=: ft^lirdw adepa ss alotqn^ (ki-
nagoq)'
S) Griech. ^ = lat 1. ^ditQv = lacnima (dacrima, Liv. Andr.) ^dyn
SS levir. &dQfi^ as lorica. 'OiviratvQ ^ Ulyxes.
4 ) Latein, d =s latein. 1. odor, olfacit. impedimenta = impelimenta.
dedicare = delicare. paludamenta as pallnlamenta. cassida =: cassila. 8c-
dere, solium. praesidiom as praeatlinm, praesnl. dautia s= lantia (dQta?).
dingna (tuggö) = lingua. Medicae = Melicae. redivia a= relnvium (wenn
von reduo, wie induviae). Diumpais (ose.) = lymphis. Akudunnia (osk.)
= Aquilonia, unbekannter herkunfti aber mit ursprünglichem d, welches in
Lacedogna bewahrt ist.
5) Lat. 1 = lat d zweifelhaft calamitas ss cadamitas (wenn von ca-
lamos, halm, und nicht von cadere). reluvium :s redivia (wenn von Ino,
wie Festns sagt).
der name der Goten. 153
Der name der Goten.
Der name der Donaugoten, — so dürfen wir sie auch
ftkr die älteste zeit schon nennen, indem wir auf ihre spä-
teren Wohnsitze rücksicht nehmen, wird von der medicei-
schen handschrift des Tacitua Gotones geschrieben; Pli-
nius hat Gutonibus, Strabo BovrtovBg (1. rovTwveg)^ Spar-
tian Gotti. Ebenso das Calendarium Goticum, also eme
heimische quelle, Gut]^iuda. Danach müssen die Goten sich
selbst Gutans genannt haben. Falsch ist also die Schreib-
art der Byzantiner ror&oi^ wiewohl schon Ptolomaeus ZV-
&(ov€g hat und in der Germania alle handschriften des Ta-
citns Gothones schreiben. Angelsächsisch werden die Go-
ten, welche Eormenrtc beherrschte, stets Gotan gen. Go-
tena genannt, die scandinavischen Goten aber heifsen bald
Gotan, bald G^atas. Von der letzteren form nachher.
Altnordisch ist Gotar gen. Gotna der name des sagen-
berühmten Volkes Jörmunrek's. Die bewohner der skan-
dinavischen insel heifsen im Gutalag Gutniskir menn, die
insel selbst Gutland«
Also geb^i alle einheimischen quellen und die guten
ausländischen durchaus t, und r& sowie th in der neueren
Schreibung Gothland ist entschieden falsch. Die Goten
können also nicht die lautverschobnen Geten sein.
Das T wird ferner gesichert durch eine andere län-
gere diphthongische form. Altnordisch heifst ödinn Gauta-
tyr, Gautland wird erwähnt. Dies „Gautar^ ist der name
der festländischen skandinavischen Goten, die freilich schon
im Westgothalag, 1320 in altschwedischer spräche redi-
girt, mit th geschrieben, wie auch heute üblich ist. Das
t wird aber auch hier unterstützt durch ags. G^atas, ein
name, der auch hier von dem scandinavischen stamm ge-
braucht wird. Hieran reiht sich der heros (oder gott) epo-
nymos des Stammes altn. Gautr (beiname Odhins), ags.
G^at, häufig in Stammtafeln, in denen zugleich seiner ehe-
maligen göttlichen Verehrung gedacht wird, ahd. Göz in
männlichen eigennamen und im namen der Stadt Gözläri,
154 Lottner
welches ohne zweifei eine alte cultusst&tte dieses heros ist,
wie der name ^^habitatio Gauti^ besagt. Dieser Gautr war
übrigens nicht blos der eponymos der scandinavischen Go-
ten sondern auch der im namen nicht ganz übereinkom-
menden Donaugoten. Denn nicht nur werden im liede von
Deor, Heodeninge sc6p, die mannen Theoderic's „Gtotes
firige^ genannt, sondern auch die Stammtafel bei Jordanes
beginnt mit einem Gaptigoth, den Grimm ohne zweifei
richtig in Gautigoth bessert
Doch nun zur erklärung des namens. Die altnord.
form Gotar, Gotna konnte ebenso gut einen nominativ plu*
ralis Gotnar zeugen, der meines wissens nicht vorkommt,
aber sich verhielte wie gumnar „homines^ neben „gumar^.
Nun giebt es ein appellativ gotnar „heroes, viri strenui^
offenbar identisch mit dem volksnamen. Dieses gotnar hat
keinen singular, der aber goti heifsen müiste. Ein wort
goti in der bedeutung „hengst^ nun ist nachweislich, goti,
kommt von der wurzel GUT und bedeutet den bespren-
ger, mit derselben bedeutungsentwicklung wie in lat. ver-
res, skr. vrsha ,,taurus^ vrshana „testiculu8% griech. a(»-
arjv von wrz. vrsh, skr. mSha „hircus^, griech. fioi^di»
von wrz. mih. Die benennung hengst aber ist auf streit^
bare männer übertragen, wie skr. rshaba „taurus'^ vy&ghra
„tigris^ am ende von compositen fürst bedeutet, oder wie
im altn. selbst iöfurr „princeps^ ist, etymologisch = ah d.
dpar. Die form Gautar ist offenbar erst eine secundäre
bildung, der heros Gautr verdankt sein dasein natürlich
erst dem volke selbst. Auffallend bleibt freilich sowohl die
starke flexion (angl. Geatas), als auch das guna, welche
zeigen, daJis die neue form unmittelbar aus der wrz. GUT
gebildet wurde, mit überspringung der mittelbegriffe „held^
und „hengst^.
solus; solidus; got. saljan, sels.
Dals das skr. sarva = griech. okog otflog, lat. sal-
vus, osk. sollus ist, wird anerkannt, auch dafs im lat sol-
adlofl; solidus; got. Baljan, sü». 155
lennis sollers composita aus diesem worte mit annus, ars
seien, nicht minder, dafs soUistimus in dem ansdruck tri-
pudium sollistimum ein Superlativ von sollus sei. Da nun
aber auch sölemnis und sölers vielleicht sogar richtiger ge-
schrieben v^ird, so dürfte niemand bedenken tragen, sölus
filr identisch mit sollus zu halten, £ftlls nur die bedeutong
stimmte. Nun aber muTs solus einst =s integer gewesen
sein, wie die verba söläri, consöl^ri beweisen. Die ge-
wöhnliche bedeutung allein entwickelt sich ans der Urbe-
deutung „ganz^ gerade umgekehrt wie die von salvus.
Denn salvus ist: „ganz, so dafs nichts fehlt^, solus: „ganz,
so dais nichts hinzukommt^.
Aber auch die wurzel zu diesem sol-lus liefert das la-
teinische in söl-um söl-idus. Sie bedeutet also „festsein^,
davon auch solium, femer solea = got. sulja, eigentlich
„die befestigende^ gebildet, wie Halja „die verbergende^.
In got. sulja haben wir die vrurzel geschwächt (cfr. stülans
]>ulan etc.). Das a ist erhalten in altn. sah* =s ahd. sal,
wovon got. saljan „habitare^ salij^os „domicilium% ahd.
salida, alts. selmo.
In diesem zusanunenhang f&llt auch licht auf got.
sels „bonus, utilis^ uns^ls „improbus, inutilis^, ahd. s&l-ig
säli-da, altn. saell „felix^. Die Urbedeutung dieser wort-
gruppe ist integer (== salvus, solidus), welche nach zwei
Seiten auseinander fallt, in physischer beziehung „glück-
lich^; in ethischer „gut^.
Ob auch die andere bedeutung von got. saljan sacri-
ficare = ahd. sellan, altn. selja „tradere, vendere^ engl
seil sich so vermitteln läfst, dafs das wort ursprünglich
„an einem fest machen^ bedeutet, wird sich erst durch
vergleichung ähnlicher bedeutungsübergänge entscheiden
lassen. C. Lottner.
Graf.
Die erklärung des wertes graf hat mannichfache deu-
tungen hervorgerufen, von denen bisher noch keine sich
156 Leo Meyer
allgemeiner biUigimg erfrent hat; daher darf sich wohl
auch die hier folgende, ich denke mit einigem grond, den
bisherigen deutungen zur Seite stellen.
Jakob Grimm (Rechtsalt 753) weist die irrige ablei-
tnng ans grau zurück, und f&hrt dann fort: ,,Ich will eine
andere vermuthung wagen, r&vo hiefs ahd. tignum, tectum
(gramm. 1, 136 altn. raefr tectum), vielleicht auch domus,
aula; garä^o, girävjo, girftvo würde dann comes, socius
bedeuten, was gistallo und gisaljo, gisello (gramm. 2, 736).
Die Tolle wortform läist sich wohl auch aus den ältesten
Urkunden nachweisen; f&r sie streitet das ags. gerSfa, das
in der bedeutung von socius, comes, praesul, tribunus voll-
kommen dem fr&nk. grafio entspricht, im engl, aber zu
reefe, rif wird, so dals die Verkürzung sherif in scire-
gerdfa aufgelöst werden mufs. Der Schwierigkeit, warum
das ags. wort nicht geraefa lautet (vergU raefter, tignum)?
weifs ich nur durch die annähme zu begegnen, dafs auch
die Angelsachsen namen und würde von den Franken ent-
lehnten und deshalb den vocal entstellten^.
Sowohl in formaler, als in hinsieht auf die bedeutang,
bot diese vermuthung zu grofse Schwierigkeit, als dafs sie
nicht früh hätte Widerspruch. erwecken sollen. Richthofen
(Altfries. Wörterbuch 786) weist sie nebst mehreren andern
erklärungen, unter denen die richtige allerdings fehlt, zu-
rück, nimmt aber dann zum griechischen yQa(pevg^ Schrei-
ber, seine Zuflucht. Auf dieselbe bedeutung (mhd. helle-
grftve, höllenschreiber, teufel) geräth Wackemagel (Haupts
zeitsehr. 6, 151), nimmt aber formentstellung an und ver-
bindet ahd. grftveo mit ahd. ruaba, ruova f. zahl. Müllen-
holBT (in Waitz : das alte recht der salischen Franken, seite
283 — 287) giebt keine neue erklärung, vermuthet aber auch
den fremden Ursprung des wortes. Dagegen bemerkt Waitz
(seite 136) über den namen Graf: „Ich halte ihn für sicher
deutsch, wenn es auch nicht gelingen sollte eine bestimmte
erklärung dafür zu finden^.
Die älteste form des Wortes, die in lateinischen denk-
mälern bewahrt ist (z. b. Paulus Diacorus 5, 36; öfters in
G»f. 157
der lex Salica), grafio^ auch graphio, graffio, gra-
vio geschrieben, steht den althochdeutschen formen bei
Graff (4, 312 — 314) gravo, orafo, cravo, kravo, krauio,
grave so nah, daTs die letztere, da ja der althochdeutsche
wörterscbatz schon umfangreich bearbeitet ist, als norm
dienen mufs. Da nun aber in allen ahd. wortem, die so
ausnahmslos, wie das besprochene (siehe Graff a. a. o.), die
ungetrennte anlautsgruppe gr oder kr ohne die spur eines
zwischentretenden vocals haben, der guttural nicht dem
verkflrzten prftfix ga, sondern entschieden der gmndform
angehört, so dürfen wir dasselbe auch von ahd. gravo
behaupten. In dem ags. ge-r6fa, das ganz einsam steht
und erst in Urkunden aus dem beginne des neunten Jahr-
hunderts zuerst vorkömmt (Richthofen 786), kann das e
nur eingeschoben sein, weil man das wort nicht mehr ver-
stand und so wenigstens das präfix zu verstehen meinte.
Auch das ganz vereinzelte von Waitz (a. a. o. 136) aus
alter handschrift beigebrachte garafio kann uns nicht irren,
ebenso wenig als wenn irgendwo etwa fQr ahd. graban ge-
schrieben wäre gaifaban oder biruodar ftkr bruodar u. dgl.
Der vocal a ist im ahd. grävo ebenso unzweifelhaft
lang (Grimm I^, 88), als in dem mhd. gräve, also auch in
jenem altfränkischen gr&feo. Wie MOllenhoff (bei Waitz
Seite 284) von der länge in ahd. grävo behaupten kann:
„Jedenfalls ist sie unorganisch '', sehe ich nicht: denn daTs
das in alten handschriften vorkommende graffio für die
kürze des a nichts beweist, zeigt ein blick in Grimms gram-
matik (1, 133: wäffen, släffe, scäffum ff.) und daTs das
altfränkische lautgesetz S = goth. e, wofür in den namen
Theudemdres, ChlodomSres, MacromSres übrigens nur äin
beispiel gebracht ist, wenigstens nicht sehr streng ist, wird
eben unser wort zeigen, auf dessen bildung wir noch etwas
näher einzugehen haben.
Das ahd. grft vo gehört der schwachen oder der durch
n erweiterten dechnation an, ist daher durch das einfache
Suffix an gebildet, oder, da bei Graff (a. a. o.) auch die
formen kravio und nom. plur. graneon vorkommen und die
158 Leo Meyer
altfränkische form stets das i hat, durch das sofBx jan.
Vielleicht bestanden beide formen neben einander, wie wir
im gothischen z. b. faura^gaggan (gal. 4, 2) haben, neben
faura-gaggjan, Vorsteher, Verwalter, obcovo^og (z. b. Lnk.
16, 2, 3 ff.) von gaggan, gehen; vaurstvan (Tim. 1, 5, 18)
neben vaurst^jan, arbeiter (Mth. 9, 37 und oft); ga-8in)>an
(Kor. 2, 8, 9) neben ga-8in]>jan, geführte (Luk. 2, 44). Wir
dürfen also, der lautverschiebung streng folgend, da dem
inlautenden ahd. v ein goth. f entspricht (Grimm 1, 134
z. b. goth. tveifla, m. zweifei =&= ahd. zntval, ahd. avar, aber,
wieder = goth. afar, nach) fikr ahd. grävo, grävio ein goth.
**grÄfan (nom. grSfa) oder **grfefjan (nom. gröQa) aufstel-
len und daraus können wir nach Jakob Grimms weise die
zu gründe liegende verbalformel **grifa — graf — grefum —
grifans bilden oder, was das folgende als richtiger erge-
ben wird **grÄfa — gaigrof — gaigröftim — grSfans, mit
der bedeutung?
Obwohl das wort gr&vo sehr frQh in der bestimmt
festgestellten bedeutung erscheint, die das mittellateinische
comes gewöhnlich hat, so folgt doch aua den mannigfachen
glossen z. b. praeses, tribunus, princeps militiae, procurator
(burc-gravo, praefectus, praetor, Graff a. a. o.) und meh-
reren Zusammensetzungen z. b. mhd. helle-gräve, teufel, herr
der höUe, dafs die allgemeinere bedeutung „Vorsteher, vor-
gesetzter, gebieter, herr oder dergl.'^ die ältere gewesen
sein muis und erst darnach sich zu der bestimmten bedeu-
tung „Graf^ ausprägte: denn das ist die geschichtliche
entwickelung aller Wortbedeutungen, dafs sie sich mit der
zeit verengen, und nicht umgekehrt. Jenes zeitwort goth.
**girdfan konnte also etwa heifsen „Vorsteher sein? gebie-
ten? befehlen?»
Nun würde sehr erwünscht sein, wenn etwa noch eine
gothische form, an die sich das wort anlehnte, anzugeben
wäre oder wir etwa gar seinen Zusammenhang bis zum
sanskrit zurückverfolgen könnten — und beides ist mög-
lich.
An zwei stellen in Ulfilas bibelübersetzung erscheint
Graf. 159
das wort ga-gr^fti (nom. ga-grgfts), zuerst Lok. 2, 1: ur-
rann gagrSfts fram kaisara agostau, griech. k^^k&sv Soyiia
Ttaga xaiaaQog JlvyovaTov, wo es deutlich dem griechischen
Soypia entspricht, also „beschlufs, befehl, Verordnung^ (Lu-
ther ,,gebot^) bezeichnet. An der andern stelle, wo wir
es finden, ist es von den erklärern völlig verkannt, es ist
Kor. 2, 8, 12: jabai auk vilja in gagreftai ist, griech. ü
fCLQ 17 TiQO&vfiia ngoxHxai. Hier erklären von der Gabe-
lentz und Loebe (glossar seite 40; nach ihnen auch Schulze,
glossar 117): in gagreftai Ist = in der greif weite ist, vor-
handen ist = ngoxiirai, indem sie o£Penbar unser wort mit
goth. greipan , greifen, zusammenbringen, obwohl bei dem
im gothischen sonst allerdings nicht ungewöhnlichen Wech-
sel von ei und S gagrefti nur mit & vorkommt und grei-
pan (an etwa funfzelm stellen) nur mit ei. Die bedeutung
des Wortes ga-grgfti an der letztgenannten stelle ist aber
keine andere, als an der frühern „beschlnis'^ und jabai vilja
!q gagrtöai M heifst „wenn lust (denn goth. viljan ist mehr
als unser ihm buchstäblich entsprechendes willen, es be-
zeichnet gewöhnlich freudiges wollen, lust) „im beschluis
ist^, Luther „so einer willig ist^. Ulfilas umschreibt hier
griech. ngo&Vfiiay das er kurz vorher Kor. 2, 8, 11 wegen
des neben stehenden viljan durch muns, eig. das denken,
der gedanke (muns du viljan, griech. 17 ngo&vfiia rov &e'
lelv) und sonst (Kor. 2, 8, 19. 9, 2, wo Luther beide male
„guter wille^ sagt) durch gaimein, f. begehr, verlangen,
übersetzt, durch vilja In gagreftai, während er ngoxHTah
einfach durch Ist wiedergiebt.
Gebildet ist gagrSfti durch das dem sanskritischen ti
(Benfey gramm. §.331. Bopp accentuationssystem §. 102)
genau entsprechende weibUche abstract-sufiBx goth« ti, das
nicht selten ist und z. b. erscheint in goth. anda-hafli, ant-
wort, von and-hafjan, antworten; fragifti, gäbe, Verleihung,
von fragiban, verleihen, gewähren; ga-skafti, Schöpfung, von
gaskapjan, schaffen; andanumti, annähme, von and-niman,
annehmen; urristi, auferstehung, von urreisan, auferstehen;
gakusti, Prüfung, von gakiusan, prüfen. Wir haben jenes
160 Leo Meyer
Suffix im gothischen auch einige male, als di*) z« b. in
gahugdi, gedanke, gesinnuDg, von gahugjan, denken, glau-
ben, und auch als ^i*) z. b. in goth. dulH> rast, eig. Ver-
ehrung, von skr. dar (das die grammatiker dr nennen) 6 a,
berücksichtigen, verehren, womach nach Jakob Grimms
weise ein gothisches **dila-dal-delum-dulans, verehren,
anzusetzen wäre.
Da vor dem genannten suffix, wie schon aus den ge-
gebenen beispielen hervorgeht, stets der kürzeste vocal*)
der verbalform gesucht wird, so können wir wegen des e
in gagrefti, worin das ga sich leicht als prftfix erkennen
Iftfst, als ihm zu gründe liegendes verb nur ein solches mit
6 und da aus dem obigen sich schon das f ergab, nur die
formel ^'^grefa-gaigrof-gaigröfiim-grgfans (wie grßta-gai-
gröt-gaigrötum-grStans, weinen) aufstellen, dessen bedeu-
tung sich nun ziemlich sicher als „beschlie&en, vorschrei-
ben, anordnen, gebieten^ ergiebt.
Die dem gothischen **grSfan entsprechende sanskriti-'
sehe verbalform ist aber ohne zweifei klp 1 a, fähig sein,
können, vermögen, die einzige, welche die indischen gram-
matiker mit dem vocalischen 1 (also richtiger: al) ange-
ben, das nur eine jüngere entartung des sehr gebräuch-
lichen skr. r ist. Wenn wir also von der nicht guten be-
zeichnung der indischen grammatiker abgehn und statt des
r das ursprüngliche ar setzen, so dürfen wir die würze!
skr. **karp nennen, deren Umstellung in ^'^krap ebenso
wenig auffallendes hat, als z. b. der infinitiv skr. drashtum,
sehen, von skr. darp (drp) Ip, sehen, und viele ähnliche
erscheinungen im sanskrit.
Das verhältnifs aber von anlautendem goth. gr zu skr.
kr haben wir noch in goth. gretan, weinen = skr. krand la,
weinen. Jenes **karp selbst ist aber durch das in der
Wurzelbildung sehr gewöhnliche, häufig caussaUa (Benfey
§• 199) bildende p gebildet aus dem einfachen sanskr. kar
*) Nttheres darüber in meiner nächstens erscheinenden „vollständigen
goth. laotlehre im verhältnifs znm sanskrit".
Graf. 161
(kr) 8p, machen, bereiten und bezeichnet wahrscheinlich
zaerst ^machen lassen^, das in „bereiten, anordnen, vor-
schreiben, bestimmen^ überging und diese bedeutung fin-
den wir auch in dem caussale jenes klp (kalp, **karp) sehr
gewohnlich, wozu wir eine steDe ans Benfeys Chrestoma-
thie (Seite 142) ausheben: mah&dyutih, prthak karmäni
aka]payat; adhyäpanam adhyayanam, yajanam yäjanam
tathä, dänam pratigraham ca Sva brähmanänäm akal-
payat, der glanzvoDe, besondre (heilige) handlungen
schrieb er vor; lesungen und Studien, opfer und opfer-
bestellungen auch, geschenke und annähme von geschenken
ftLr die Brahmanen ordnete er an.
Zum schluTs können wir bemerken, dafs die gothischen
mit ai reduplicirenden Zeitwörter sämmtlich verhältniismä-
isig sehr jung sind und mehrfach alte causalbildungen, so
ist z. b. goth. hvöpan (perf. hvaihvöp), sich rühmen, prah-
len, eig. sich blähen, ursprünglich eine caussalform (ss skr.
**9vapay&mi, Benfey gramm. §. 199) zu skr. pvi Ip, schwel-
len, wachsen.
Berlin, am 3. October 1835. Leo Meyer.
Elg fäa tv.
Man hat schon früh bemerkt, dafs die bezeichnung
des ersten zahlworts in den indoeuropäischen sprachen kei-
neswegs durchweg dieselbe, sondern von sehr verschiedenen
und zwar meist pronominellen stammen hergenommen ist.
Das sanskritische 6'ka (nom. sg. d'kas m.; ^'k& f.;
6' kam n.), ein, im plural: einige, lautet im prakrit £ka
oder Skka (Lassen inst. ling. prac. 318) und ging dann
auch in die neuindischen sprachen über, z. b. bengalisch
Sk. Auch das neupersische jSk, ein, gehört wohl dazu,
sowie auch Petermann (gramm. ling. Arm. 130) das arme-
nische jes, ein, dazustellt, neben dem wir aber auch noch
andere formen weiterhin zu nennen haben. Mit etwas ver-
V. 8. 11
162 Leo Meyer
änderter bedeutung sehen wir es bewahrt im irischen each,
ein jeder; n-each, keiner, und n-eachtar, keiner von
beiden, welches letztere aus skr. na, nicht, und dem com-
parativischen skr. dkatar&, einer von zweien, hervorging.
Das altpersische (auf den keilinschriften) aiwa, ein,
und zendische aSwa, ein, gehören zu dem sanskritischen
thema ^'va (Zeitschrift 2, 234), woraus die adverbien skr.
%Yk und skr. dv&m, so, auch, wahrlich, hervorgingen. Ihm
entspricht genau das griech. olo (aus olfo Benfey wzl. 1, 3),
allein. Auch das ossetische iw, eines, verbindet sich da-
mit. Ueber den Ursprung des afghanischen ju oder juo,
ein (Ewald in zeitschn fllr k. des morgenl. 2, 285 — 312),
wagen wir nicht zu entscheiden.
Die armenischen mi, min, m^n, mvöu, ein, h&it
Petermaun (a. a. o.) fbr verwandt mit griech. fjtia, ohne
genaueres darüber zusagen. Das altslavische jedino, ein,
verbindet Bopp (vergl. gramm.) mit skr. &di*), der erste.
Das littauische wiena, ein (lettisch weena), scheint aus
mehreren themen verschmolzen und entspricht vielleicht
einem skr. Sva + ena.
Das gothische aina, ein (nom. sg. ains, m., ainaf,
ain oder ainata, n.), und lateinische ünö, alt oinö,
entsprechen dem demonstrativen pronominalstamm skr. ^ n a,
dessen flexion nur in wenigen casus (acc. sg. und pL, instr.
sg. und gen. loc. dual.), die sämmtlich accentlos sind, be-
wahrt ist.
* ) Wenn die sky tfaische spräche den indoeuropäischen angehört^ so kann
dos bekannte arima, eins (ä^»^a ydi^ iV HaXeouai £mv&cu, Herodot 4, 27),
nnr dem skr, ftdimd, der erste, einer nebenform von skr. Adf, entsprechen,
mit dem gar nicht ungewöhnlichen Übergang von d in r z. b. lat meddies,
mittag, von mediö = skr. madhya, mittler. Vielleicht spricht für eine solche
aafTassnng des skythischen anch der name 'Ara/a^iq^ der, sanskritisch ge-
schrieben anagharshi, bedeuten würde ,, unschuldiger weiser ** von sanakr.
anagha, unsflndig, unschuldig (agha, n. sttnde) und dem gerade als schluTs-
glied von Zusammensetzungen sehr gebrttuchlichen skr. fshi, m. weiser (skr.
ddva-rshi, göttlicher weiser). Es stimmt auf wunderbare weise mit Hero-
dots erzählung (4, 76), wie jener Anacharsis aus Skythien in die fremde zog,
viele Weisheit lernte {dnodt^afifvo^ <Toq)iriv) und später von seinen landa-
leuten getödtet wurde, weil er einer fremden göttin opferte.
tU f*fa Fl-. 163
Die keltischen formen för unser zahlwort-bat Pictet
(De PafiBnitö des langues celtiques avec le sanscrit 6.141):
irisch an, aon, ersisch aon, welsch un, bretonisch ünan,
komisch un, onen, die er auch mit skr. £na identificirt,
ohne fiir das yocalverhältnifs ein beweisendes beispiel an-
zugeben.
Da das griechische elg fiia 'iv^ abgesehen von den viel-
leicht verwandten armenischen formen, nach unserer an-
sieht mit keiner der genannten bezeichnungen übereinstimmt
und von Bopp (glossar 59, wo es mit skr. ena verbunden
wird), Benfey (wurzellex. 1, 4—6) und Pott (etym. forsch.)
an den genannten orten nicht richtig erkannt ist, so wol-
len wir es noch etwas genauer besprechen, wozu hier je-
denfalls kein unzweckmäfsiger ort ist, sollte der dargelegte
Zusammenhang auch vielleicht au einem andern uns nicht
bekannten orte schon angegeben sein.
Elq steht f&r ivg^ wie ri&aiq zunächst f&r ri&tvg und
das ionische fiBig (= f4i^v\ monat, f&r fisvg (lat. mensi-s),
und das zu gründe liegende thema, worin wir zugleich den
singulamominativ und accusativ des neutrums haben, ist
^v. Dieses aber ist mit dem im auslaut regelmäisigen (z. b.
griech. Tov = skr. tarn), aber auch im inlaut unter man-
chen umständen nicht ungewöhnlichen Übergang von skr. m
in griech. v (siehe zeitscbr. 2, 319) entstanden aus ifjt. So
haben wir ganz ähnlich griech. ;^tov (nom. ^ftcJv), f. schnee,
aus skr. him4 (för ursprüngliches skr. **hjBmk^ Benfey glos-
sar 364), n. frost, kälte, schnee, winter = lat. hiem (nom.
hiems), f. winter, kälte, und griech. /#o'y (nom. ;(fi9^ftiV), f.
erde, mit eingeschobenem stützendem t?*, aus skr. kshamlE
(das auch in der verkürzten form skr. kshmä gebraucht
wird) f. erde, das wir auch wiederlGnden in dem weniger
verstümmelten lat. hümö, f. erde, dem locativischen griech.
Xa^aiy auf der erde, und dem adjectiv griech. jf^a^cvAo,
niedrig am boden, lat. hiimili. Dieser Zusammenhang läfst
uns auch den Ursprung des lat. hömön, m. mann, mensch,
goth. guman, m. mann (nhd. bräuti-gam), erkennen, aus
skr. kshama, adj. tragend, f&hig, stark, von skr. ksham
11*
164 Leo Ueyer
la4p, über sich nehmen, aushalten, ertri^en, können, ver-
mögen.
Für jenes ifi aber dürfen wir, wie aus dem folgenden
noch sichrer hervorgehn wird, ein noch ursprünglicheres
ifio ansetzen, da fast alle consonantisch auslautenden the-
men des griechischen und lateinischen (mit ausnähme eini-
ger durch consonantisch auslautende suffixe gebildeten, z. b.
lat. hömön, snff. skr. an; griech. yivog, lat. genus, suff. skr.
as ff.) ursprünglich vocalisch auslauteten und im laufe der
zeit den themaauslautenden vocal, gewöhnlich a, einbüfs-
ten, der sich in Zusammensetzungen vor folgendem conso-
nanten in der regel erhalten hat, wo man ihn meist mit
unrecht als eingeschobenen bindevocal anzusehen pflegt.
So haben wir griech. x^ovo^ßlijro^ mit schnee beworfen, und
Xd-ovo-xQKpigy erdeemährt, von den schon genannten beiden
Wörtern (skr. him&, kshamlk), vvxTO'q>vlax, nachtwächter,
von wxro = sanskr. **näkta (adv. näktam , nachts), x^^
ßoffxo, gänse f&ttemd, von x^"^ = sanakr. hansa, m. gans,
ako'TQiTt, im Wasser ernährt, von al sss skr. sala, wasser
(Benfey wurzellex. 1, 61); lat genti- (nom. gens), geschlecht,
morti- (nom. mors), tod ff. sind durch das suffix skr. ti ge-
bildet u. s. w.
Der hauchlaut ist im griechischen der gewöhnliche
Vertreter des sanskritischen anlautenden s, wozu zahlreiche
beispiele an einem andern orte dieser Zeitschrift (2, 131)
zusammengestellt sind; wir erkennen also im griechischen
ii/, ifi, ifÄO, das sanskritische sama, all, ganz, gleich,
wieder.
Dazu dürfen wir nun ohne zweifei auch das weibliche
fiici stellen, dessen trennnng von elg und iv in der that im
höchsten grade auffallend sein würde. Es entspricht aber
fiia einem sanskritischen durch das gewöhnliche weibliche
suffix i gebildeten skr. """sami (statt dessen allerdings 8am&
im Sanskrit gebräuchlich ist), dem im griechischen, da der
entschieden weibliche Charakter des auslautenden i hier
nicht mehr klar gefQhlt wurde, das a zutrat, wie z. b. in
dem bekannten notvia = skr. pätnt, f. herrin, gemahlin
(zeitacbn 2, 310). Durch den TorrQckenden accent wurde
das anlautende i in dem so entstandenen ifjiia ganz unter-
drückt, wobei wir noch erwähen können, dafs jenes sama
im Sanskrit (Benfey gramm. s. 11) ganz accentlos, nur bis-
weilen in den veden oxytonirt ist. So vermitteln sich auch
leicht das griech. fiovo (== skr. samana), allein, das auch
fllr "iv in allen Zusammensetzungen eintritt, z. b. fiovo-noS,
einflOssig, fiov6<pQov, einmüthig, ff. und griech. fiiv^ eig.
erstens (= skr. **saman?).
Die bedeutung „ein^ aber konnte aus dem sanskriti-
schen sama, ganz, gleich (= goth. sama, derselbe), eben
so leicht sich entwickeln, wie wir es in den übrigen oben
angeführten formen geschehen sehen und dais sie es that,
sehen wir noch ganz deutlich in den auch dazu gehörigen
lat. semel, einmal; sim-plec- (griech. a-;iiloo-), ein&ch, und
sin-gnlö-, einzeln, dessen suffix gulö (fbr culö) gewiüs mit
dem skr. kr-t (aus kar) in skr. sakrt, einmal (Benfey wur-
zellex. 1, 381), übereinstimmt, dessen auslautendes t nicht
wurzelhaft ist (Benfey glossar 320). Das a in griech.
änkoO' ist wahrscheinlich nicht aus ar^ verstQmmelt, son-
dern entspricht, wie auch in griech. ä-na^, einmal, dem
einfachen skr. sa, aus dem sama durch das ursprünglich
superlativische sufiSx ma (Benfey granma. s. 238) hervor-
ging, und das selbst in mehreren Zusammensetzungen am
einfachsten durch „ein^ übersetzt wird z. b.sa-manas, gleich-
gesinnt, einmüthig, eig. einen, denselben sinn habend; sö-
dara (udarä, n. bauch), bruder, eigentl. eines mntterleib^
diese bedeutung aber am entschiedensten in dem eben an-
geführten s&-krt, einmal, zeigt. Siehe Benfey (wurzellex.
1, 381 ff.), der ganz enttprechende Zusammensetzungen aus
dem griechischen aufführt, z. b. aS^lfpo, bruder, eig. eines
mutterleibes.
Wie mit dem letztgenannten aSsXipOy so sehen wir
auch sonst nicht selten den anlautenden hauch (das ur-
sprüngliche s) im griechischen noch ganz abfallen z. b. in
ovt (a;V), seiend = skr. s&nt (siehe Zeitschrift 2, 131) und
daher dürfen wir zu den genannten griechischen formen
lee lUnofaiirdt
nun auch noch zum schlufs ^yeoe (= skr. "'samya) einige,
ävioTB^ einige male, bisweilen, und iwiaxov^ bisweilen, hin-
zufügen*).
Berlin, 8. Octbr. 1855. Leo Meyer.
lieber eine gothische mundart.
Durch die grofse östliche fehde, welche die felder der
taurischen halbinsel gegenwärtig mit blute dQngt, wird der
Deutsche aufs lebhafteste an die tetraxitischen Gothen er-
innert, deren andenken neuerdings Mafsmann's fleifs und
feuereifer für alles vaterländische in zwei längeren aufsatzen
(zeitschr. f. d. a. I. 345 fgg. und Sitzungsberichte d. geogr.
gesellsch. in Berlin 1851 s. 14 fgg.) erfrischt hat. Bala-
clava, Bella Chiave, einst Symbolon (Cimbalo, Cembalo)
bildete die westlichste Stadt der landschaft Gothia, in wel-
cher ein kleiner rest Ton den Gothen des Airmanareiks
unter eigenen f&rsten sich bis in neuere zeit erhielt und
Jahrhunderte lang dem andrang mächtiger und wilder töI-
kermassen den heldenmütigsten widerstand entgegensetzte«
Vierzig gebirgsburgen, unter denen die vorzüglichste Man*
cup zwischen Balaclava und Bakschiserai war, boten hin-
reichenden schütz zur abwehr der Hunnen, Avaren, Grie-
chen, Bulgaren, Chasaren, Petscheneger, Kumanen, Mon-
golen, Tartaren; selbst den Genuesem hielten sie stand,
als diese von Kaffa aus die Krimm zu erobern trachteten,
bis 1475 die Türken unter Soliman 11. des landes mäch-
tig wurden. Die erstürmung von Mancup und der tod sei-
ner letzten f&rsten, zweier br(|4er, mit denen der gothische
adel ftar immer erlosch, bilden den letzten act in dem lan-
gen trauerspiel gothischer geschichte. Einzelne kümmer-
liche reste des volkes (800 streitbare männer) fristeten noch
*) Doch vergleiche oben b. 71; flir die hier gegebene erklärung läfst
eich noch besonders auf das von demselben stamme entwickelte goth. sums,
ahd. som, e. some mit der gleichen bedeatuog hinweisen. d. red.
über eine goüusche mondart. 167
1563 in abhäogigkeit von den Tartaren und wie diese der
oberherrlichkeit der pforte unterworfen mit weinbau ihr
leben. Oger Gislen von Busbeck aus Flandern, der da-
mals als gesanter von Wien nach Constantinopel reiste,
hatte gelegenheit zwei männer jenes Stammes zu sprechen,
und erwarb sich das verdienst, ein verzeichnifs gothischer
Wörter nebst dem anfang eines liedcs nach ihren mittei-
lungen niederzuschreiben, welche f&r die deutsche Sprach-
forschung von unschätzbarem werte sind. Das vocabula-
rium fand bereits öfter beachtung, das Verständnis des lie-
des ist dahinter ganz zurQckgeblieben, obgleich das Wörter-
verzeichnis die mittel zu seiner erklärung an die band giebt.
Busbeck sagt in seinem vierten reisebericht am schlufs des
vocabulars: »Quin etiam cantilenam ejus linguae recitabat,
cujus initium erat hujusmodi:
Wara wara ingdolou
scu te gira galizu
hoemisclep dorbiza ea.
Knittel, der noch wenig gothisch verstand, versuchte
von diesem bruchstück den ursprünglichen text, den er f&r
verfälscht hielt, auf sehr kühne und gewaltsame weise wie-
der herzustellen (b. Zahn cod. Carol. 432) :
Vardja, vardja in dalja
scura jera gaUsi)> nuh
-hiuma sclep draibi>s-vega.
Das sollte heifsen:
Custos, custos in foveam
procella tempore congregabit
-populus dormit agitatus-motum.
Perinskjold (annott. in vitam Theodorici nach Jo. Coch-
laeus 8. 347) gab dagegen die schwedische Übertragung:
Wara wara in dälla
wi sku göra gaUi]>ur
hamskipts ^orsteliga äoch ä ~
Estote obsequentiores,
faciamus incantationem
transformamini audactei; in-
168 Bfaimhardt
MaTsmann erUftrte bei gelegenheit seiner aosf&hrlichen
besprechung des Busbeckschen wortvorrats (z. für d. a. I.
365), er wolle nicht grammatisch hernmtasten, wo andere
kühneres gewagt hätten, deutete aber mit glück einzelne
formen. Vielleicht gelingt es uns im liede die folgenden
moesgothischen worte in dialektischer Verschiedenheit nach-
zuweisen:
F&rei t?&rei | /ggadällu
• «cüta jS'rd I ^älaiz^'
AÄuhmisks Alaifs | )>&urbiza div.
Die Übersetzung hätte zu lauten:
Wehre, wehre Ingdall
dem dahinschusz der jähre der zaubervollen;
die nahrung des volkes dürftiger je —
Zunächst tritt es deutlich hervor, da£s die beiden er-
sten reihen die häUten einer achtmal gehobenen langzeile
ausmachen; mit ihnen muTs daher der satzsinn abschlie-
fsen. Die dritte zeile bricht im redeflufs ab und bildet
kein fertiges ganze. Achthebige langzeilen waren die äl-
teste bindung deutscher rede, in sie trat erst später der
Stabreim in der weise ein, dafs er wie im altn. fornyrKalag
und der ags. poesie sich der halbzeile bemächtigte und
dieselbe wieder in zwei hälften schied, oder wie im ahd.
die ganzzeile ergrifp. In beiden fällen blieb die alte gauz-
zeile als unauflösliche satzeinheit bestehn. Man würde
hiemach der form des Busbeckschen liedes ein altertüm-
liches gepräge nicht absprechen können, wenn sich auch
keine spur der alliteration erhalten hätte. Doch dürften
in wara wara ing die alliteranten w, w, i gesucht werden,
da wenigstens im verwanten norden h, j und v unterein-
ander und mit allen vocalen reimen, und auch im alts.
H^jand die halbvocale keiner strengen regel unterworfen
sind (s. Schmeller abhandl. der baier. akad. 1844 s. 226).
In g!ra und g41izü' bietet sich g als liedstab; etwas ge-
wagt mag es scheinen hoemisk hl^p und ^a als allitera^
tionsworte zusammenzunehmen, zumal da gesetzmäfsig der
Stab im nachlied auf die zweite arse vom schluls fallen
ttber eine gothische mondart. 109
sollte. Doch sind verse, wie „^nnheilög gofi ok um ]yat
^oeitDsk. Yöl. 6. 9 ^ulli ^akSan k gimü. Vol. 62"", so sel-
ten sie sich auch finden im fornyrISalag nicht abzuleugnen.
Es soll hier indes nichts weiter als die mögUchkeit behaup-
tet werden, in unserm liede innerhalb der langzeile von 8
hebungen auch noch die skandinavisch-angelsächsische Un-
terabteilung in 2 alliterationsverse wiederzufinden. Ingdölon
und gäliztf (galfzü?) als anreimende worte anzusehn ver-
bietet Verschiedenheit des vokais, wie der betonung. Ueber
die möglichkeit des reims in späteren gothischen gedich-
ten übrigens s. Earajan sitzungsber. d. wiener akad. XIII.
1854, s. 228. — Neben der versform scheint das Busbeck-
sche bruchstück noch von einer anderen seite den Stempel
der altertümlichkeit zu tragen. Das ganze geflOge entbehrt
des artikels; die mitteilungen des gelehrten Niederländers
vervollständigt aber gerade die bemerkung „omnibus vero
dictionibus proponebat articulum tho aut the^. Unser lied
muls sehr alt und zu einer zeit verfafst sein, als der ge-
brauch des artikels noch nicht zum durchbrach gekom-
men war.
Gehen wir nun zu den einzelnen formen des Busbeck-
schen liedes über, so ist
1) wara imperativ von warjen (waren? altgoth. waijau).
Von varjan lautet derselbe moesog. varei zsgzgn. aus varji,
welches wiederum aus varja entstanden ist, wie die analo-
gie der formen Xiye^ lege, tuda beweist (s. Westphal ztschr.
flir vergl. sprachk. IL 187). Der Erimmdialekt stieis in
varja das j der ableitung aus; vgl. anö Ar hanjö, henne.
ada, Ovum setzt altg. adja addja voraus (Grimm gramm.
I^ 107)) borrotsch voluptas stellen Malsmann und Dief-
fenbach mit gabaurjödus zusammen. — w vertritt bei Bus-
beck moesogoth v. Vgl. wintch = vinds, waghen = vagns,
wingart = veinagards, Schwester = svistar.
2) Ingdolou ist auf den ersten bück als Zusammen-
setzung erkennbar. Bei Ing hatte schon Maismann a. a. o.
365 an den gott gedacht. In dolou zeigt sich ou als
themavocal der u-declination, wenn man das wort cadariou
170 MumhArdt
miles vergleicht, welches MaüsmanD aus gadauka, gadaüra
socius 1. Cor. I, 16 oder gadraühts miles verderbt sein
liefs. Es ist aber analog Assarjuä, vaddjus (altn. veggr)
und stubjus (v. stiuban) und zwar von einem verbum daira
(dar, derum, daürans) gebildet, das ags. ein deran (dar,
daeron, doren) mit der bedeutung rumpere lacerare voraus-
setzt und in dem abgeleiteten derjan nocere erhalten ist.
Davon kommt ags. dam damnum, daräd telum, hasta, altn.
gehört dahin dörr aus darus hasta, ebenso ahd. terian no-
cere, tara laesio. Gadariou altgoth. gadaijus heifst also
der verwundende, wie skado, skeada, skaSi, xatriya (s. J.
Grinmi zeitschr. ftlr vergl. spraohf. I. 83). Ahd. heilst ta-
ralth, tarihaft kriegerisch mannhaft, lantderi räuber gleich
alts. landskatho. Der wurzel dhr, die filr diese sippe vor-
ausgesetzt werden mufs (verschieden von dhr tragen, hal-
ten (Pott etym. forsch. I. 219, Benfey griech. wwb. IL 326
= bhr, bhar tragen, Pott I. 220. Benfey II. 106) läuft
eine unaspirirte form zur seite von der sich SiQOj schinden,
abhäuten, S^Qig schlacht, sl. derü abhäuten, russ. dratj bre-
chen, schinden, altgoth. ga-tairan, ags. tSran, ahd. zeran
(ziru, zar; nhd. zehren und zerren ableiten. Dazu kommt
auch skr. d4ru, griech. dogv; skr. dru, goth. triu, griech.
S^g^ slaw. d'raw holz, drjewo bäum, denen man noch griech.
SgvfAog^ skr. druma anreihen kann. Dieser ganzen reihe
liegt der grundbegriff des zum zerspalten bestiomiten hol-
zes unter (s. Kuhn zeitschr. f. vgl. sprachf. IV. 84 %gO«
Eine dritte wurzelform tr, tär setzen rogeiVf TiTQfaaxuj
voraus, verwant ist wurzel dhf sh (mit &äQöog ga-dars, ahd.
tarr). Ist hiemach gadaijus, ca-dariou ein regelrecht ge-
bildetes Substantiv, in welchem das nominativzeichen abfiel
wie in tag, plüt, stül, salt, rinck, statz, schwalth, vaghen,
reghen, apel, so wird auch dolou ein nomen von gleicher
bildung sein. Ich erkenne darin denselben stamm, der zur
bildung des götternamens Heimdallr, Heimdöllr, verwant
wurde, ags. deall, clarus, superbus. Die namen Tallo, Tello
Graff IV. 397. Dal Weigand trad. Corbej. 273. DalbertPol.
Irm. 4 gehören wol dazu, nebst altn. doli (aus dallus) dea;
aber eine gothische mimdart. 171
fem liegen altn. dallr arbor prolifera, ]>5ll pinus, dallr di-
stributor; dalr cornu, arcus; dalr vallis. Der ursprüngliche
a*laat in dalu, dallus wird durch o yerireten, wie schkop,
skop in kilem- schkop ebibe calicem dem ulfileischen skap
entspricht. Schon das älteste denkmal germanischer dich-
tuDg, die runeninschrifl des tondemschen goldhoms weist
dieselbe lautveränderung in tavido = tavida auf. — Ingdallu
ist eine zusammengesetzte namensform für den goth. Ing,
altg. IggTS, altn. I^ngvi (beiname des Freyr, myth^ 320),
im sinne übereinstimmend mit Ingobert. Aehnlicherwdse
hieis bei den Angelsachsen Vodens gattin Frea auch Frear
lä^ Frei erscheint in einer Urkunde von 959 als Frigedäg
(Kemble die Sachsen in England übers, t. Brandes 1. 297).
Das Yom h. Wulfred zerstörte idol der Schweden, welches
Adam von Bremen Torstän d. i. J^orsteinn nennt (s. lex
myth. 660) war ein bild Thors. Freyja begegnet im dän. Volks-
lied als Fridlefsborg, im schwed. als Frojenborg. )^örr wird
unter den namen ]>örkar, ]>örgubbe verehrt (lex. mythol.
911), ]>jälfi ist im anhang zum Gutalag ]>ielvarr. Neben
Gautr Sigautr (Siggautr), Sigegeät, Yodelgeit heilst ^Cinn,
Yoden auch Gautatyr (Eyvinds Eiriks m. 1). Aus dem
krautnamen Sirildroed, Sirildrod schlosz Finn Magnussen
auf Syrhildr fttr Syr d. i. Freyja (lex. mythol. 361). Pö-
rahta heiüst schwäbisch und fr&nkisch Hildaberta (mythol. '
2ö5), in Franken ebenso Eisenberta (Panzer II. 117 %gO*
Alle diese fälle setzen schon eine gewisse Verdunkelung des
alten göttemamens voraus, wie sie bei Ing, Yngvi frühe ein-
trat, so dafs man sich sein wesen durch die Zusammen-
setzung Ingunnar-freyr zu verdeutlichen suchte. Vielleicht
war dallus ags. deall ein beiname des leuchtenden Sonnen-
gottes Fravis. Altn. döU = dallus dea dürfte dann vor-
züglich der Freyja zugestanden haben. Sie hieis Mar-döU.
Ing-dallus wäre auf diese weise ein goth. analogen zu altn.
^ngvi-freyr. Einfacher wäre es, könnte man dolou als
nachgestelltes eigenschaftswort fassen. Aber der attribu-
tive vocativ ist überall nur der schwachen form fähig (vgl.
atta garaihta, atta veiha, laisari )>iu>eiga, abma unhräinja
172 UanidiArdt
gram. IV. 559). Man müTste also dolja, dola vermuten,
wemi keine Zusammensetzung stattfand.
3) Lesen wir scute nicht getrennt, so kommen wir leicht
auf die moesogoth. form scuta. Die Gothen in der Ejrimm
schwächten das kurze a besonders im auslaut zweisilbiger
Wörter vor n und r zu e. Daher finden wir bei Busbeck
die infinitive schieten, kommen , schlipen, singhen, lachen,
crtten für moesog. sciutan, qiman, sldpan, siggvan, hlahjan,
grdtan und brüder, Schwester f&r brö]>ar, svistar. Wenn
man geneigt sein möchte hier eine Selbsttäuschung Busbecks
durch die ihm geläufigen hochdeutschen formen anzuneh-
men, so sind sune und mtne (= altgoth. sunna mdna?) um
so sicherer echt, als sowol unser sonne und mond, wie das
niederl. zon und maan, maand abstehen. Noch unbedenk-
licher ist oeghene, das offenbar dem moesogoth. augona
entspricht, aber wol auf ein mundartlich verschiedenes au-
gana in der spräche der Erimm leitet. Die gemeinschaft-
liche grundform für augona und augana ist in aug&na zu
suchen (vgl. Westphal a. a. o. 169. 173, 4. Ebel das. II.
146).- Schwieriger ist die frage, ob fbr apel, waghen, re-
ghen als ältere formen afls, apls, wagns, rigns oder afals,
vagans, rigans anzusetzen sind, mit andern werten, ob die
dem Krimmdialekt zu gründe liegende ältere mundart des
gothischen bereits die sufiSxe al und an in n kürzte. West-
phals eng damit zusammenhängendes zweites lautgesetz,
welches aphärese oder apocope jedes ursprünglich kurzen
i und a in den ursprünglichen endsilben mehrsilbiger Wör-
ter verlangt (a. a. o. 164), scheint in der Krimm nicht die
geltung wie im moesogothischen gehabt zu haben. Wäh-
rend die frühere regel, zufolge welcher jeder andere aus-
lautende consonant als n und r abgeworfen, oder durch
annähme eines hülfsvocals zum inlaut gemacht wurde, die
formen gadeltha (=s gadilata) *) pulchrum atochta ma-
*) mhd. getelich. Müller 488 oberd. g&ttlich aptus, conveniens. Vgl*
gadiliggs alts. gadaleng, ahd. gataUnc (vetter, av^tffio(;) mhd. gaten] parem
esse. Dieffenbach goth. Wörterbuch IL 376.
Ub€r eine gothisehe mimdart 173
lum (ädugata? "^ untauglich von dugs, dugan? freilich hat
das moesogoth. nur die privativpartikel un-, vergl. jedoch
altn. ö, schwed. o, dän. u, Grimm gram. IL 775) lista pa-
rum (leitista zu leitils s. Mafsmann a. a. o. I, 362. no. 35)
hervorgerufen hatte; finden sich noch seveno (sibini? si-
bani? sibuni?) nyne (niuni) thiine (tihini) neben den moe*
sog. formen sibun, niun, taihun, welche nach jener zwei-
ten lautregel aus sibuni, niuni, taihuni entstanden sind (vgl.
Ebel in dies, zeitschr. IV, 141). Scuta, scute ist nun ac-
cusativ von scuta? scute? altg. scuta scutös, oder wahr-
scheinlicher dativ von altg. scuts , dahinschuls. Vgl. ahd.
scuz, ags. scyte ictus, meatus,- ütscyte (eruptio eiOBuxus).
Vaijan wird bei Ulfila sowol mit dem accus», als dativ
verbunden.
4) Gira begegnet dem moesog. jSrS. Schon Enittel hatte
mit glücklichem griff auf diesen stamm gerathen. Die aus-
spräche des goth. e kam dem engl, ee = i sehr nahe
(Grimm gramm. 11". 57, 2. 59), woraus sowol einerseits
Übergänge des e in ei = ii (z. b. leikeis == l^keis, veisun
= v^sun, oder i (z. b. quimi = quemi, svileiks ^ sv6-
leiks) als auch andererseits Verdichtungen von ei in 6 (vShsa
= veihsa) und vertauschung von i mit e (sSneigs = sineigs,
usdrSbi ^ usdribi) entsprangen. Den stamm mSr schrei-
ben lateinische Schriftsteller meist mir. Bei Coripp liest
man Hildimir Geilamir, während Procop FekifiiQ sagt.
Jemandes setzt Theodem!r, Valemir, Videmir, an einer an-
dern stelle aber Filimir; Hugo von Plavigny der den Jor^
nandes ausschreibt (chronic. Virdunens. Mon; Germ. X. 318).
Theodemlr, aber Yidim^r. Ammian. Marcellin. XX XL 3, 3
führt als nachfolger des Airmanareiks ,,Vithimtris^ auf, eine
form, weiche beweist, dafs der stamm mtr wie ahd. m&ri
auch gothisch zum thema ja hatte und wie sutis deklinirt
wurde. Zu vergleichen ist Vandemiris in einer fränki-
*) Eine yenchiebong von d in t scheinen auch die wOrter plüt (blö^)
wiDgart (Teinagards), alt (aide) tag (dags) za beliunden, wozu Smaragdns
die parallelen Altmir (Aldamirß), Watmlr (Vadamlre) GUtmtr (GxldimÖw)
bietet.
174 Manohaidt
sehen Urkunde von 690 aus der gegend von Paris (Mabil-
lon de re diplomat s. 256 a — c), einer landschaft, welche
im 7ten und 8ten Jahrhundert auch sonst die gothische na-
mensform gewährt. Vgl. Acmir. Pol. Irm. 16. Arcemtr. Pol.
Irm. 204. Bertimfr. Pol. Irm. 139. Euremir. Pol. Irm. 217.
Protmtr. Pol. Irm. 215. 261. Gislemir Pol. Irm. 206 mit den
rein fr&nkischen formen derselben quelle. Altmär 89. 109.
Haltm&r 43. Ausmar 112. Audomar 150. Erbemär 79. 115.
Ercammar^ Ercamär 265. 27. Erlemär 115. Euremär 115.
Geremär 25 u. s. w. In Italien lebte die ostgothische form
lange unter Langobarden fort, in deren eigener spräche
mär galt (z. b. Hersemär g. d. d. spr. 690). Dructemtr hiefs
ein Unterkanzler und notar kaiser Lothars in Italien (Ma-
biüon de re diplom. 115d). Der westgothische abt Sma-
ragdus schrieb zwischeü 805 — 824 Altimir, Giltimtr, Rain-
mtr, Sichimtr, Watmtr (z. f. d. a. I. 389). Die gothische
Urkunde von Neapel bietet von demselben stamm ein M£-
rica d. i. Mirika neben der gleichbedeutenden namensform
M^rila (s. Mafsmann goth. Urkunden s. 22). Allen diesen
vandalischen , ost- und westgothischen analogien entspre-
chend gewährt Busbecks Verzeichnis schilpen, crtten, mycha
(mtcha) mine = altg. slepan, gr^tan (greitan), mdkeis,
mena. Dem Übergang von j in g steht das angelsächsi-
sche mit gear, so wie die analogie eines öfteren Übergangs
von sanskr. y in griechischen guttural zur seite. So be-
gegnen sich auch jer, wga^ hora (Ahrens dial. I. p. 24. 25.
Kuhn zeitschr. für vergl. sprachf. 11. 269). Die Boeoter
sagten yiag^ die Slaven iar, gar frühling (gesch. d. d. spr.
73). — Das auslautende a in gira rechtfertigt sich durch
Verkürzung aus der ursprünglichen form pr-ä (jeraän, jö-
raäm) vgl. ags. fisca, hirda, vorda, fata, rica dseda neben
alts. fiscö, hirdjo, word6, fatö, kunniö, dädjö.
5) galizu scheint gen. plur. eines adjectivs, QSlt das ent-
weder gäl, altg. gails, altn. gälr, ags. gäl mit abgeleitetem
begri£P wie in altn. gäli, fem. gäla fatuus morio närrisch,
wunderlich f oder gal altg. gals anzusetzen wäre. Letzteres
müiste von galan (gala, g61, golum, galans) singen, wie
aber eine gothiscbc mnndart. 176
liubs, vairj^s von liuban, Tair]>an mit passiver bedeatoDg
gebildet sein, welche etwa dem altn. galinn, schwed. galen,
dän. gal verzaubert, wahnsimiig, wütend gleichkäme. Vgl.
noch ags. gselan yemachlässigen, gselnis ekel. — Der moe-
sog* g^^ pluf- ^ clas nentrum von gails, gab w&re gai-
laize oder gälaizd'; galizü führt aber zunächst auf ein aus-
lautendes 6, wie bei den moesogothischen femininis. Denn
ü ist in der Erimm an die stelle eines älteren ö getreten.
Vgl. brüder, stül, plüt, brö^ar, stöls, blö^, eine erscheinung,
welche nns bereits in der gothischen Urkunde von Neapel
entgegentritt, wo z. 91. 129 diakün neben diakon z. 95 sich
findet. In der Urkunde von Arezzo begegnet Alamüd z.
12. 32 f&r Alamod, Alam&>, wozu "AQtfiovd' Proc. b. goth.
4, 24. 'EßQifioi)» ib. 1 , 8. <Paefiov& (Hercules ibid. 3, 34,
35, 39 b. pers. 2, 24. Agath. 1,8) und OogifiovO- neben
Thorismödus Procop. b. goth. 3 , 11 , 37 sich stellen. Es
mufs eine besondere eigenthümlichkeit des krimmdialects
in der endung -aizö oder tzö fiir den gen. plur. masc. und
neutr. gen. bestanden haben. Die differenz des moesogoth.
e und des krimmischen 6 löst sich jedoch durch die alte
endung -&m, -4, aus welcher beide laute verschieden ent-
wickelt sind (s. Westphal a. a. o. II. 168, 2. Ebel ebend.
IV. 151). Der t-laut (galizu) findet sein analogen im Gu-
dilivtts der Bavennater Urkunde aas Arezzo z. 42 nach
MaTsmann (frabauhtabökos oder die gothischen Urkunden
von Neapel und Arezzo s. 10; 18a. 24) gleich Gudilaibs.
Er erklärt sich durch Verdichtung des aitgoth. ai zu 6 (vgl.
ahd. plintSro, alts. blindere, altfr. blindera, ahd. Sscdn ==
eiscön, alts. fresa, kSsur, Sscön, g^st, l^stian, mSst; fries.
fr^a, w^sa, fi^sk, g^st; altn. flöstr, mSstr) und darauf un-
organischen Übergang von S in t (vergl. ahd. Girard. Pol.
Irmin. 86. 204 = Geirard Pol. Irmin. 115. Gerhard. Pol.
Irm. 79. Kferhart. Naug. urk. 784. Girfrid Pol. Irmin. 27.
K^rfrid Naug. Girhaus Pol. Irm. 37 =a G^rhaus Pol. Irm.
82. Glrulf. Pol. Irmin. 139 = KSrwolf. Meichelb.). D*ftr
spricht die nebenform GudU^bus z. 11. 32 ffir obiges Gu-
diliv. Oder läge hier zuerst ein galeizö aus galaiz6, dann
176 MaimhArdt
verdichtong des ei zu i vor? Daf&r könnte iel d. i. tl ^
hail sprechen*).
6) boemisc wurde schon durch Mafsmann von I6p ge-
trennt, und für haimisk genommen. Der vocal oe kehrt
aber noch dreimal in Busbecks verzeichnüs wieder (broe,
hoef, oeghene = brau]», häuf haubi}>, augöna) vertritt of-
fenbar au und lautete = ü. Busbeck bediente sich der
aus seiner niederländischen muttersprache ihm geläufigen
zeichen zum ausdruck einer leisen Verschiedenheit der aus-
spräche von ü in brüder, plüt, stild, und von ou in dolou,
cadariou, womit er einen geschärften laut = franz. ou wie-
dergeben woUte. Ganz consequent scheint er hievon hüs?
hus? moesog. hus zu scheiden, wie auch ahd. hüs von situ,
firidu, siku, wie ougä, houbit absteht. Die lesung haumisc
leitet zu hauhmisks „dem volk entsprossen, gehörig^. Hauhma
verhielte sich zu dem bei Ulfila bewahrten hiuma, hiuhma,
wie lauhma (s. lauhmuni) zu liuhma, ags. leoma, altn. leöma,
alts. liomo; band zu binde, rand zu rinde, grübe zu grab,
g-laube zu liebe. So möchte goth. sauls gegenüber ahd.
sül aus siul aufzufassen sein (s. dagegen gram. I^. 101,2).
7) lep = hlaifs, wie Mafsmann wahrnahm. Das anlau-
tende h ist abgefallen, wie in lachen = hlahjan. Der vo-
calübergang wird durch ahd., alts., altn. analogien gedeckt.
Der auslaut scheint verschoben, wie der auslaut in plüt,
der inlaut von apel und der auslaut von schkop und stap.
8) Dorbiza giebt sich bald als comparativ zu erkennen.
Denn z vertritt bei Busbeck altg. z (vgl. galizü). Deut-
lich ist davon tz geschieden als Vertreter eines altgoth. )»,
vgl. goltz, statz, tzo für gul)?, sta}>, >u (vgl. Dieffenbach re-
cension von Haupts zeitschr. I. Hall, literaturz. 1843. Jan.
s. 65). Diese gezischte ausspräche des ]> ist alt. In einer
Urkunde bei Muratori 414, 4 lesen wir Sehudericus für
Theodoricus. IHi^ag rov&og ccv^q bei Procop de hello
Goth. L 15, 16 heifst bei Cassiodor 5, 29 Pithia (gesch.
d. d. spr. 479). Nach den Westgothen hiefs der südliche
*) Ist auch ies (fs) ss jains mit ansfall des n??
ttber eine gotlusche mnndart. 177
küstenstrich auf der ostseite der Pyrenften Gozia d. i. 60-
thia; bei Socrates, Procop und Agathias beg^nen Bovq^
yovvCi^VBs sss Burgunthjans. Scanzia ist Scanthia, Scan-
dia. Sp&ter wurden nordische pilgrime J'or, J^orgils im Rei-
chenauer necrolog Zor, Zorgils eingetragen; das um 1150
gegründete Northuna (Nörten) bei Göttingen heifst 100
jähre nachher Norzun (gesch. d. d. spr. 395). Der hoch-
deutsche dialekt verwante z = th überall an stelle älterer
t der gothischen lautstufe. Neben dem zischlaut zeigte
das gothische y eine starke hinneigung zum d (gram. I'.
62. 63), woraus brüdei: => brö]>ar deutlich wird. Das letz-
tere beispiel berechtigt die media in dorbiza einer moesog.
aspirata gleichzustellen und als positiv entweder ]»aürbs
oder l^arbs mit getrübtem o (= skop, dolou) anzusehn.
9) ea accusatives adverb. s= moesog. aiv, ahd. co, ags. &,
doch im geschlecht von diesen Wörtern verschieden, da ea
eine weibliche form eva = aiva voraussetzt s= althochd.
ewa, ea.
Aufser der oftmaligen kriegsgefahr mögen miswachs
und hungersnot die immer enger in ihren bergen einge-
schlossenen Gothen nicht selten in die traurigste läge ver-
setzt haben, und solche zustände waren ganz geeignet bei
ihnen das andenken eines liedes wach zu erhalten, welches
ihre heidnischen vorfahren in gleicher bedrängnis gesungen
hatten. Ing goth. Iggvs war Freyr, goth. Fravis, Frauja
ganz oder nahezu wesensgleich, der wie sein ganzes ge-
schlecht als gott des friedens und des ämtesegens verehrt
wurde. Njörör goth. Nair}>us, Nerthus, Freys vater wal-
tete über dem Wachstum der thiere und pflanzen und ge-
währte den menschen glück und reichtum. In seinen ta-
gen erzählen euhemeristische berichte späterer zeit, herrschte
all guter friede und aller art erzeugungsfülle.
(Yngltngas. cap. XI) Freyr war freundlich und frucht-
barglücklich (vtnsaell ok ärsaell). Ihm schrieben die
Schweden den Froöfrieden zu „da war fruchtbar-
keit (är) durch alle landet Opfer bluteten ihm um
frieden und reichthum. Wenn alljährlich Freys bild-
V. 8. 12
178 Mamihardt
sftule auf einem wagen durchs land der Schweden geföhrt
wurde, strömte das volk dem wagen entgegen und brachte
Opfer. Dann klärte sich das wetter auf und alle hoff-
ten ein fruchtbares jähr (fommannasög. IL 73 — - 78).
Adam von Bremen nennt Freyr (Fricco) ^pacem volupta-
temquc largiens hominibus^. Als Olaf Trygvason das bild
Freys in Drontheim stürzte, sagten die alten Verehrer des
gottes, er habe oft mit ihnen geredet, ihnen die zukunft
vorhergesagt, gute ärnte und frieden geschenkt.
(Olafs Trygvasonarsag. Skalth. IL 19—50). Als friede-
gott duldete Freyr in seinem tempel zu Vatnsdal keine
Waffen, den hof zu ]>verä durfte kein mörder oder geäch-
teter betreten (Vigaglumss. cap. 19). Man trank Njar-
6ar ok FreysfuU til ärs ok fri($ar. Wie Freyr wird
sein söhn Fiölnis als ärsaell ok fri^ssell geschildert.
Hatte Ing an Fravis wesen anteil, so kam es auch ihm
zu frieden und getraidesegen zu spenden. Die alten Go-
then an der Maiötis flehten ihn an, dem dahinstnrz der
jammervollen gleichsam verzauberten kriegsjahre zu weh-
ren und den immer dürftiger werdenden ertrag des Feldes
und der weinberge zu bessern. Aber wie konnte sich ein
heidnisches lied unter griechischen katholiken so lange er-
halten? Rühmt doch schon Procop (de hello Goth. IV, 4)
die neigung des völkchens zum Christentum. Anfangs Aria-
ner hatten sie später bischofe aus Constantinopel und noch
Busbeck sagt „inter hostes religionem adhuc retinent chri-
stianam^. Aber sehr tiefe wurzel mufs das evangelium bei
ihnen nicht geschlagen haben. Der jesuit Mondorf kaufte
einen rudersclaven aus diesem volk, den er auf einer tür-
kischen galeere traf, und erfuhr von ihm, dafs der ganze
gottesdienst seiner landsleute in der Verehrung eines alten
baumes bestehe (Büsching neue erdkunde, aufl. 7. 11. 2,
1655 anno 1760). So gut wie bei den Litauern lieder
von Perkunas, Bangputys, Laima, Sillaradicis, Zemina, GiU
tine, den sonnentöchtem (saules dukrytes) den gottessöh-
nen (diewo sunelei) dem morgenstem (auseklis auszrinne)
noch heute im munde des volks lebendig sind, oder wie
über eine goUileche mundart. 179
die Ebsten fortdauernd Kallewi (Kallewepoeg) Salme, Tur-
ris, Pupainas preisen, mochte der gothische stamm, wäh-
rend vielleicht in der Ungunst der zeiten der volksgesang
sonst seine erzeugnisfahi^eit verloren hatte, einige verse
vom leuchtenden gotte Ing bewahren. Wie wenn Ingdo-
lou sogar, wie firauja zu einer bezeichnung des christlichen
gottes geworden wäre?
So unsichere Vermutungen noch zum teil den obigen
deutnngen zu gründe liegen, soviel wird sich behaupten
lassen, dafs die Busbeckschen sprachproben einen bei aller
Übereinstimmung vielfach von Ulfila's mundart abweichen-
den dialekt zu unserer künde bringen, welcher oft dem
althochdeutschen und altsächsischen nahe tritt. So scheint
nicht die moesog. brechung von i und u vor h und r gel-
^luig gehabt zu haben. Denn Busbeck schreibt thiine
(tiXne, tihini) =: moesog. taihun; thum s=s daur; uburt s
vaurl^i. Dagegen trat 6&e ahd. brechung oder umlaut von
i und u durch nachfolgendes a ein. S. reghen == rigans,
Schwester = svistar, gadeltha = gadilata; fers = ahd.
firahi*) (s. Dieffenbach wwb. I. 361) stem = stiran, moesog.
staimd, Stella (sterula) ä-cv^g^ stega viginti = stiga, goltz
moesog. gul)?, boga moesog. buga. Kor und dorbiza ma-
chen nur scheinbare ausnahmen, da ihnen die stamme ku-
rana, J^urba zu gründe liegen. Borrotsch greift weiter als
selbst das ahd., wie auch schon sggi in SSgimerus, Sögi-
mundus bei Tacitus ahd. siku entspricht. Im ek derTon-
dernschen runeninschrift (welches aus grammatischen grün-
den nur für altgoth. ik ego angesehen werden darf, obwol
zwischen ihm und hleva das übliche trennungszeichen fehlt)
hat eben so das verlorene a der zweiten silbe (vergl. skr.
aham) bereits i in e verwandelt. — Augenscheinliche Ver-
schiedenheiten weist die Wortbildung beider dialekte auf.
Handa steht moesog. handus g^enüber, mycha gladius
*) Wttre der anslant hier wie in vintch yentns, bonrotsdi volanta«,
rintsch mons, icltsch \'ivn8 sive Banns durch verh&rtung eines j entstanden,
80 dars man etwa vindeis, bhnijodei, urrinni (quod surgit) aailis anÄUsetzen
hätte?
12*
IgO Mannhardt
moesog. m^keis. Durch brunna und boga scheinen diese
Worte der consonantischen declination zugewiesen zu wer-
den (vergL moesog. altfries. ags. brunna, ahd, alts. bninno
und ags. boga, ahd. poko, altn. bogi), wohin wir auch miera
zählen werden, da bei insekten männliches geschlecht nicht
unerhört ist (vgl. trSno, wtso homuz, pr^mo, heimo, glfmo,
chSvero, wtbil) und miera (aus miora miura) das ablautend
yerwante masc. altn. maur neben sich hat. Für eine männ-
liche benennung der band lassen sich alts. ags. folm, goth.
Idfa, altn. 16fi als beispiele anftQiren. Da in sämmtlichen
germanischen dialekten, selbst in den urverwanten sprachen
die namen des eies neutral sind, wird ada als entstanden
aus adä, addjä, moesogoth. addjd neben dem von Grimm
gemuthmafsten addi, gen. addjis zu betrachten sein; woge-
gen ano, ringo feminina mit consonantischem thema =
moesog. hanjö, hriggö; sune, mine Wörter der weiblichen
ft-deklination, abweichend von moesog. sunnö und siinna
(sunnins), mena (menins, oder doch menös?) zu sein schei-
nen. Moesog. haubi]> begegnet dem unerweiterten hoef;
daur dem verstärkten thum ; stap capra stellt sich zu ahd.
scftf Ovis, moesog. skSf, zu dem es sich verhält wie stiban,
staf^ stebun zu skiban, skaf, sk^bun und die wurzeln stabb,
stambh zu skabh, skambh (s. Kuhn zeitschr. für vgl. spr.
I. 139). Dieffenbach merkt albanes. scap Ziegenbock an
(wb. IL 318. no. 157).
Vielleicht ist ies noch möglich in der Krimm ausf&hr-
lichere nachrichten und spuren von unsem Gothen zu ent-
decken, die seit der letzten hälfte des vorigen Jahrhunderts
sich gänzlich unter die Tartaren verloren zu haben schei-
nen. Wenigstens versicherte ein Deutscher, welcher vor
wenigen jähren den Chersones bereiste, von einem Tarta-
ren gehört zu haben, dafs er und seine leute fränkischen
Ursprungs seien. Allen freunden der vaterländischen Wis-
senschaft, welche im englisch-französischen lager, oder sonst
in der Krimm geeignete Verbindungen besitzen, sei die
nachforschung warm ans herz gelegt.
Berlin. Dr. W. Mannhardt
zur lateiuisdien lautlelire. 181
Zur lateinischen lautlehre.
1) e und T.
Eine der schwierigsten fragen betri£% das Verhältnis
des kurzen e und i im lateinischen. Geht e in i oder i
in e über? unter welchen bedingungen wird a zu e oder
zu i? Beginnen wir mit der letzten frage, so steht
1) zwar im allgemeinen fest, dafs a an- und inlau-
tend vor einfachen consonanten mit ausschlufs des r in i,
vor doppelconsonanz und r in e überzugehn pflegt, vergl.
exigo conficio instituo concido accipio prohibeo desilio emi-
nus condimu8.(condis, inlautendes s geht in der regel zu
r über, daher fehlt hier ein beispiel des is im inlaut) pe-
peri excerpo aspergo peperci impertio conspersus incendo
concentus fefelli condemno defessus incestus impetro con-
secro peregrinus infectus ineptus princeps remex; ebenso
lautet der binde vocal in der conjugation vor einf. cons. -i,
vor r und dem nt des part. -e, und in den nom. ag. findet
sich meretrix bestandig, genetrix wenigstens in besserer
zeit neben genitor. Im einzelnen unterliegt aber diese re-
gel gar manchen ausnahmen, zu gunsten des e etwa in
perpetior aggredior defetiscor, nerienis Anienis lienis hie-
mis, pietas, genetivus, wo das i dissimilirend gewirkt hat,
ohne ersichtlichen grund in iUecebrae, nur scheinbar in in-
teger wegen integro (perpetuus ist schwerlich von pateo
abzuleiten), viel häufiger aber zu gunsten des i. * Bleiben
virir zunächst bei den Veränderungen stehen, die a erst auf
lateinischem boden erfährt, so erscheint i fiir lat. a regel-
mäfsig vor ng (infringo compingo attingo), ausnahmsweise
vor gn (pignus) und vielleicht vor x (prolixus? nach Pott
aus laxus), und wenn wir den lat. boden verlassen, mehren
sich die beispiele des i fiür a (unzweifelhaft in inguen, ignis=
skr.anji, agni, höchst wahrscheinlich auch in singuli^ tignum,
Iignum). Berücksichtigung verdient dabei, dafs eng gar
nicht, das analoge ong nur in longiis (statt dlongus =
altpers. daraga, zend daregha u. s.w.) und. dem altlat. tongeo
182 Ebel
vorkommt, beidemal goth. a in (t)lagg8 and ]>agkjan gegen-
über; enc in juvencus bewahrt das e von juven-is, sonst
läfst das fehlen des onc neben dem häufigen vorkonomen
des unc (offenbar fQr a z. b. in uncus = 07^x0^9 skr. anka)
wie des ung {tnngiis = anoyyog, unguentum = anjas) auch
hier ine erwarten, und wenn sich dies (aufser mit orga-
nischem i wie in vinco) nicht findet, so ist der grund wohl
in der lat. erweichung der tennis zu suchen , die uns z. b.
pango dem skr. pa^ gegenüber zeigt. Vor mb, mp scheint
der Yocal zweifelhaft, doch deuten sowohl imber = skr.
abhra (osk. anafri II. 3U6) und simpIex vom skr. sama, als
die Seltenheit des omp (oder yielmehr sein gänzliches feh-
len, denn comptus promptus haben entweder langes oder
erst durch die position gekürztes o) neben dem öfteren
umb, ump darauf hin, dafs auch hier lat. a nur in i, nicht
in e übergehn würde: exemplum, von Pott zu amplus
gestellt, ist wohl vielmehr von emo abzuleiten, so dafs ex-
emplum „muster^ wie eximius „musterhaft^ bedeutet. Ein-
zeln findet sich i sogar vor n d in cicindela neben accendo,
vor nt in inter (das wir des osk. anter wegen doch wohl
vom skr. antar, nicht vom lat. in ableiten müssen), vor nf
in inferi, vor r-verbindungen in virga, Virgilius*), vor st
vielleicht in tristis (nach Bopp von wrz. tras), vor h in
mihi im Widerspruch mit veho (hier wohl aus älterem mifi
bewahrt). Demnach geht lat. a regelmäfsig in i über vor
einfachen cons. aufser r h v (vor dem a überall unverän-
dert bleibt) und vor ng, regelmäfsig in e vor r und r-ver-
bindungen, SS, st, ps, X, nt, nd, doppelter muta, doppelter
liquida und muta cum liquida; ursprünglichem a entspricht
i auch in anderen &Ilen, namentlich vor mb, mp.
2) Ursprünglichem a steht aber (aufser vor v) fast
in allen fällen an- und inlautend auch lat. e zur seite, so
dafs vielfach in denselben wurzeln und Wörtern flexion, ab-
*) Das i von firmus ist dagegen vom standpunctc des lateinischen aus
als organisch zu betrachten, vgl. skr. dhira, das i von vir offenbar aus i
verkürzt, wie skr. vtra zeigt
zur lateinUchen lautlehre. Ig3
leitung und Zusammensetzung e und i neben einander zei-
gen, und nun die frage entsteht: welcher von beiden vo-
calen ist der frühere? In allen fällen, wo auf lat. boden e
und i in der wurzel wechseln, läfst sich dies nur durch die
annähme erklären, dals für ursprüngliches a zunächst e ein-
getreten und dies dann weiter in i geschwächt ist; denn
da beim vortreten der reduplication wie der partikeln überall
das princip der Schwächung des wurzel vocals waltet, aus
jüro z. b. sogar pgero entspringt, so mufs auch in teneo
ein stärkerer vocal sein als in contineo und tetini. Wenn
also Yor doppelconsonanzen e bleibt, was hier viel conse-
quenter geschieht, als lat. a gegenüber (dem aspicio col-
ligo consideo constiti adimo contineo stehen ohne ausnähme
aspectus consessus ademptus contentus aspexi adempsi zur
Seite, denen sich auch exemplum anschlieist), so zeigt sich
darin das bedürfrds, den vocal vor zu grofser schwäche
gegen die consonanten zu schützen; wenn bei der redupli-
cation auch vor einüsichen cons. durchweg e bleibt, peperi
pepuli cecidi, so finden wir dem analog auch in andern
sprachen die äulserste Schwächung in der redupl. vermie-
den, im gothischen sogar den diphthong ai. Wir müssen
also auch da, wo a noch auf lat. boden auftritt, vne in ca-
pio acceptum accipio, princeps principis das e als erste, i
als zweite Schwächung des a betrachten, und princeps-cipis
schliefst sich somit gevnssermafsen dem im ersten bände
besprochenen formwechsel in der dedinatäon an. Diese
reihenfolge in der Schwächung a e i bestätigen denn auch
teils formen wie pes pedis, die niemals i dem e gegenüber
zeigen, teils und ganz besonders altlateinische formen
vrie semol, mereta, neben denen späteres genitriz, Virgilius
eine noch in classischer zeit fortdauernde Schwächung des
e in i zeigen. Das lateinische steht also in dieser bezie-
hung dem deutschen und slavischen, in denen e aus i, o
aus u hervorgeht, gerade entgegen; nur darf die Verwand-
lung des e in i keinesweges als ein umlaut bezeichnet wer-
den, wie z. b. Pott in den etym. forsch, gethan hat, da
ein folgendes oder vorhergehendes i hier durchaus nur dis-
184 £bel
eimilirend wirkt. (Eher könnte bei consilium, exiliam ge-
gen consol, exul assimilation im spiele sein.)
Das e bleibt übrigens in vielen wurzeln, wo man i
erwarten könnte, durchweg auch vor einfachen conso-
nanten, so nicht blols in den compositis von metior, in
denen das i dissimilirend wirken konnte, sondern aach in
denen von peto meto edo tego sequor seco gemo fremo
tremo. Demgemäfs erscheint auch in der flexion von stam-
men, deren wurzel e zeigt, mehrfach durchweg e wie in
perpes impes praepes interpres indiges-etis, aquilez- legis,
foenisex-secis (vergl. perpetulis impetus pretium), während
wurzeln mit lat a überall regelmälsigen Wechsel zeigen:
remex-igis, artifex-ficis, princeps-cipis (vergl. auch aQceps-
cipitis, wie von e-wurzeln auspex-spicis, simplex-plicis, von
einer u-wurzel caelebs-libis *).
3) Eigentümlich erscheint das. Verhältnis der beiden
vocale in den endsilben vor einfachen consonanten, na-
mentlich s und n. Vor s tritt i für a ein im gen. der
dritten decL, in der 2. sg. praes. der dritten conj., in allen
2. sg. pass. und 2. pl. act. Warum steht nun neben legis
legis legeris legitis ein deses-sidis,* superstes-stitis?
Man könnte etwa meinen, das -es stände wegen der ge-
schlossenen silbe, das i in legis nur wegen des älteren u
(nominus), in legis wegen der assimilation (aus le^si le-
gest); das is in legeris und legitis spricht jedoch dafür,
dafs i in allen vier formen der regel gemäfs, e im nom.
durch besondere gründe festgehalten ist. Diese zu finden
wird uns nicht schwer fallen, wenn wir bedenken, dals
auch dem remigis ein remex u. s. w. zur seite steht, und
dals sich desidis zu deses gerade so verhält wie consideo
zu consessum. Vor dem s des nom. hat sich der dental
der Wurzel wie im perf. (und sup.) in s verwandelt, und
vor der so entstandenen doppelconsonanz mufste e bleiben,
*) Sollte das cae- von caelebs etwa aus caeciu eutstanden sein, so dafs
caecilebs mit etwas derber bezeichnoog ^ blind, ohne unterschied liebend"
hielse?
zur lateixkuichen Uutlehre. 185
während es im gen. zu i herabsank; statt desees superstess
trat aber dann deses superstes ein wie mel far os cor statt
mell farv oss cord. Somit begriffe sich deses -sidis ebenso
leicht wie remex-igis. In den Wörtern cuspis lapis cas-
sis ist also wohl ursprüngliches i anzunehmen (wenigstens
vom römischen standpuncte aus; denn wenn man weiter
zurückgeht, so ist freilich -id so gut wie griech. id und
skr. -it nur eine abschwächung des participialsuffixes •a(n)t,
8. lY. 336 fgd.)- Zweifelhafter natur ist der Wechsel in
cinis cucumis pulvis; die scheinbar natürlichste an-
nähme, dafs hier ein suf&x -es vorliege, welches sich im
nom. zu is geschwächt, in den cas. obl. in er verwandelt
hätte, wird etwas unwahrscheinlich durch Ceres eereris,
worin die sanskritische und griechische regel der vocalver-
längerung auftritt, wie durch Venus-eris, das wenigstens
wie homo-inis dunkleren (schwereren) vocal im nom. auf-
weist; wollen wir also hier nicht den entgegengesetzten
lautwechsel annehmen, so bleibt nur die möglichkeit übrig,
dais sich hier wie in sanguis poUis neben sanguinis poUinis
das Suffix im nom. zu -i geschwächt und abgestumpft hat,
wofbr sich noch vomis neben vomer und die formen cucu-
mim cucumi (vgl. exsanguis) anfahren lassen (lepus leporis,
welches sich etwa fOr die erste annähme geltend machen
lie&e, ist insofern nicht ganz analog, als o und u in ganz
anderem Verhältnisse zu den folgenden cons. stehen als e
und i, u namentlich vor doppelten consonanten und in der
schluissilbe auftritt, vgl. homuncio, onustus, onus neben ho-
nestus u. s. w.) — Vor nasalen scheint dagegen e regel
zu sein: pecten könnte allenfalls aus älterem pectenn =»
pectens erklärt werden, diese deutung ist aber bei neutris
wie gluten, inguen und allen auf -men unzulässig, also auch
bei pecten oscen nicht recht wahrscheinlich. Ueberhaupt
findet sich auslautendes -in nur in der präp. in (älter en*)
*) Dies en wie griech. irit selbst ilri weisen deutlich anf eine nrform
*ani zurück, von der wir das skr. ni um so eher mit der bekannten aphttr
rese ableiten dürfen, als die bedentnng keinen anstofs giebt (vgl. subire do-
mnm), und nis sich als geschwllchte gen. abL form trefflich anschliefst.
186 Ebel
wie im oskischen und umbriachen), in den partikeln sind
aber stäilcere abschwächangen ganz gewöhnlich, wie ja
selbst dem griech. osk. umbr. crv-, an- lateinisches in- ent-
spricht Auch -em tritt als gewöhnliche form im acc. der
dritten ded. auf neben dem gen. -is; so geht auch nam in
nem-pe über, nur in enim nndecim u. s. w. erscheint -im
filr organisches -am. Vor 1 finden wir e in semel, i in
vigil pugil mugil, von denen indessen nicht feststeht^ ob
das i secundär oder organisch ist (letzteres jedoch wohl
insofern, als es schon vor der abtrennung des lat dagewe-
sen zu sein scheint, anders als in similis neben simuL, fa-
cilis neben facultas?).
4) In einigen f&ilen scheint aber e aus wurzelhaf-
tem i hervorzugehn, wie in comes-itis, judex-dicis, im pron.
is und im verbum eo und mehrfach im auslaute. Ehe wir
uns indessen entschliefsen, einer so deutlich und consequ^it
durchgefikhrten lautveränderung wie der des e zu i im lat.
den entgegengesetzten lautwechsel in derselben spräche an
die Seite zu setzen, haben wir wohl zuzusehen, ob gar keine
andere erklärung möglich ist. In manchen föUen kann
selbst das sanskrit nicht die ursprünglichkeit des i bewei-
sen, wie sein pitar neben pater, tiras neben zend. tarö
zeigt; dahin gehört auch der bindevocal i vor verschie-
denen Suffixen, wie uns z. b. janitai* janitri nicht dazu ver-
ehren darf, in genitor genetrix das i ftir älter zu halten,
vielmehr das griech. y^virioQ y^vittiqa auch hier auf ur-
sprüngliches a deutet und den lat lautwechsel in der re-
gelm&fsigen folge zeigt; dasselbe verh<nis findet zwischen
altlat mereta und sp&terem merita, zwischen tempestatebus
und -ibus, zwischen soledas und solidas statt (Die IV. 337
unentschieden gelassene frage, ob das -idus solcher ad-
jectiva sich auf skr. -at oder -it beziehe, würde also durch
die vorliegende form zu gunsten des -at beantwortet, wenn
nicht die Pottasche erklärung vorzuziehn und e^ i als stamm-
vocal anzusehn ist.) In andern fällen liegt eine gunirte
form dem e zu gründe, so offenbar beim verbum eo, wo
das e (ei) sich vor vocalen auiser i und e verkürzt, mit
zur lateinischen Untlehre. 1B7
letzteren aber in i zusammengezogen hat, so dafs eo in
den specialtemp. das activam zum skr. ayS darstellt; ebenso
im pron. is, wie schon Aofrecht (umbr. sprachd. L 134)
von den formen eum, ea u. s. w. angenomm^i hat, aber
auch der acc. em l&Tst sich aus arsprfinglichem eim, km
erklären, dessen e durch den einfluis des m gekürzt ist,
wie das u iifi gen. pL, die ursprün^che lAnge tritt noch
im gen. ejus auf.
Gar keine erklärung scheint bei com es -itis mög- '
lieh. Benfey hat zwar in den nadi gewöhnlicher annähme
mit der wurzel i zusammengesetzten Wörtern auf -es, itis
das Suffix -vat finden wollen; dem widerstrebt jedoch von
Seiten der bedeutung nicht blofs pedes, sondern namentlich
comes (auch miles kann nur dann „soldbegabt^ heilsen,
wenn der ausdruck erst nach einfthrung des truppensol-
des aufgekommen isti) und was die form betrifft, so ist
eine solche Verkürzung, wie dabei vorausgesetzt wird, im
griechischen allerdings (Boanogog = BofognoQog, ß-tongo-
noq = &i07tQ6j:o7tog)^ im lateinischen jedoch bis jetzt noch
nicht nachgewiesen, denn selbst Benary's erklftrung des
traho, inchoo aus Zusammensetzungen mit veho ist noch
keinesweges sicher gestellt, und doch läTst sich dort im
hiatus, den h nicht aufhob, ein grund der Verkürzung fin-
den, der hier ganz fehlt: pedies und pedis statt pedives
liefsen sich durch zahlreiche analogien stützen, pedes nicht.
Die vergleichung des skr. pad&ti l&fst eine andere mög-
lichkeit ahnen, dafs nämlich alle diese Wörter die wurzel
at enthielten, nur nicht wie skr. padäti durch ein sufSx
vermehrt, was der lat. gen. pL jedenfalls verrathen mu&te,
sondern in reiner gestalt, und wer gar keine verirrungen
des sprachgefbhls anerkennen wollte, f&r den wüisten wir
keinen andern ausweg; jedoch bleibt es immer höchst un-
wahrscheinlich, dals eine wurzel, die sich in so zahlreichen
-compositis erhalten hätte, sonst ganz und gar aus der sprä-
che und allen nächstverwaudten geschwunden sein sollte.
Wir werden also wohl mit Pott et. forsch. I. 69 (11. 608)
eine verirrung des Sprachgefühls annehmen müssen.
188 £bel
die hier von zwei Seiten bef5rdert wurde, teils weil -es
itis sehr häufig, -is itis sonst gar nicht vorkam, teils weil
auch in der conjugation der wrz. i Wechsel zwischen e und
i eintrat.
Viel weniger Wahrscheinlichkeit hat diese annähme f&r
index-dicis und seines gleichen; denn hier lagen bei-
spiele genug von -ix, icis vor, um dem einflusse der aller-
dings bedeutenden mehrheit widerstand zu leisten. Nach
meiner Überzeugung findet aber in diesen Wörtern auch gar
keine unregelmüsigkeit statt, und index judex u. s. w. sind
nicht von die, sondern einer andern gestalt derselben Wur-
zel, n&mlich dec gebildet. Betrachten wir einerseits das
Zahlwort dapan Sixa decem, sowie daxina Sb^ioq dexter
und die namen des fingers SäxrvXog digitus ahd. zSha,
andererseits das lat. decus doceo dignus neben skr. ya-
9as, griech. dixtj und do^a, endlich das dem lat. dteo und
skr. di^ämi zur seite stehende Ssixvvfjii^ dessen ei um so
weniger als guna von i zu fassen ist, als ihm ein ion.
Si^w, ja in weiterer linie selbst Sexofiaiy ion. Sixofiai*)
und TtQoaSoxdw, Soxiw sich anreihen ; so können wir kaum
umhin, eine grundform ^dyakCdya^) anzusetzen, aus der
sich skr. ya^as ebenso leicht entwickeln konnte, wie lat.
decus (vgl. yuvan von div, dyu -dudum von diu), di^ aber
sehr natürlich zusammenzog wie prch sup vic aus prach
svap vyac, was namentlich in der 6ten classe nahe lag.
Im griech. hätte also Seixvvfn den diphthong dem j zu
danken (u aus ec statt je wie evve aus Sotb statt jdre), so-
mit die Urform noch am treusten bewahrt, während j im
ion. 8i^(a spurlos verschwunden ist, in ösiSsyfiai aber
(welches mir IV. 169 noGh unklar geblieben war) eine sehr
schöne spur hinterlassen hat (statt Siöfeyfiai wie Seidia statt
SiSfia), Nun erklärt sich auch, warum dem lat. dicta-
*) Die Ordnung der deutscheu lautyerschiebung ist auch wohl in den
älteren sprachen, wo nicht besondere grttnde dagegen sind, im allgemeinen
festzuhalten, also dixouai organischer als iix^ftcui das j^ scheint auch hier
dem skr. 9 analog. Selbst im lateinischen liegt zwischen ab und skr. apa
ein älteres af.
zur lateinischen lantlehre. 169
tor ein osk. deketasis zur seite steht;. dessen nebenform
degetasis vergleicht sich dem lat. digitus, dessen i wie
das von dignus und dicarp sowohl auf a wie auf i bezo-
gen werden kann. Führen wir dicare auf die wurzelform
d(y}ak zurück, so schliefsen sich die Wörter auf -dex sehr
schön daran; jed^falls aber hat ihr e nun kein bedenken
mehr. (Zu diesen comp, gehört übrigens auch wohl pö-
dex statt pos-dex, „der rückwärts zeigende^?)
Was endlich e im auslant betrifit, so sind da sehr
verschiedene f&lle zu unterscheiden; in den meisten Ift&t
sich jedoch die entstehung desselben ans langem e oder ei
nachweisen, so dafs auch hier kein Widerspruch gegen das
allgemeine gesetz stattfindet. Gar keine Schwierigkeit ma-
chen amere neben ameris u. s. w., da das i von ameris,
wie das u der 3ten personen amatur araantur zeigt, nicht
etwa alter endvocal des activs, sondern reiner bindevocal
ist; eb^i so wenig bene und male neben benignus, beni-
volus, da die abschwächung jener aus bene malS jetzt nicht
mehr zweifelhaft ist. Ebenso erklärt sich aber auch das
-se oder -re des infinitivs (esse velle ferre) aus älte-
rem -sei, se, mag man dies nun mit Bopp zum skr. -se
stellen oder, wie auch Schweizer III. 360 fgd. will, als da-
tiv des Suffixes -as fassen, und höchst wahrscheinlich ist
uns sogar in fieri noch eine ältere form desselben aufbe-
wahrt, die sich nur deshalb erhalten hat, weil die bedeu-
tung des verbi verleitete, .sie für passivisch zu halten, was
sie doch nach allen analogien so wenig sein kann, wie ir-
gend eine andere form von fio; wenn wir also neben amare
im passiv amarier und amari finden, so ist im einen falle
das s zu r geworden, im andern abgefallen, das e oder ei
aber vor dem e zu i gekürzt und im zweiten falle ie zu
i contrahirt. Schwieriger scheint es, ablativ formen wie
igne neben igni ohne annähme eines Überganges von i
in e zu erklären, doch läfst sich, wenn das ablativsuifix
nieht -d, sondern -ed gelautet hat, die doppelte form er-
klären. Vergleichen wir diejenigen verba der 3ten conju-
gation, die in den specialtemporen -i annehmen, und die
190 Ebel
der 4teD, als deren character -i auftritt, so stimmen beide
darin überein, dafs sie vor a, o, u und vor e in ursprüng-
lich langer silbe das i (nur mit kürzung des t) bewahren:
capio capiunt capiam capiem wie finio finiunt finiam finiet;
sie unterscheiden sich darin, daTs i vor e und i (nachdem
es zu j geworden) ausfillt, t dagegen (nach der auflösung
in ij) mit ihnen zusammengezogen wieder i giebt: ci^is
caperem, aber fints finirem. In der declination der i-st&mme
mulste ebenso vor a und n das i bleiben: maria mariom*);
vor e und i konnte entweder das i (j) abfallen, oder mit
ihnen in t (ei, ö) contrahirt werden. Ersteres war regel
im gen. und dat. sing, ignis igni statt igniis ignii (ver-
gleiche auch ingent statt ingenii), letzteres im nom. und
acc. pl. naves naveis, navts (den unterschied, der nachher
in praxi gemacht wurde, kenne ich recht wohl, er betriffl;
aber die entstehung dieser formen nicht); im dat. abl.
plur. konnte entweder -bus ohne weiteren binde vocal an-
gehängt werden, oder das i des Stammes vor den im latei-
nischen heimisch gewordenen bindevocal (nicht organisches
i, sondern aus a entstandenes e, i, wie tempestatebus zeigt)
*) Wir dttrfen uns ttberzeogt halten, dafs, wenn die spradie der alten
form -na treu geblieben wäre, der gen. sg. -ins lauten mUfstei und derglei-
chen formen sind uns wirklich aufbewahrt. Man hat die pronominalge-
nitive verschiedentlich zu deuten rersncht, aber immer umsonst, weil man
unbegreiflicherweise die dative auTser acht gelassen hat; vergleicht man
aber die gen. auf -!us, jus mit den dat. auf -!, so liegt es auf der hand,
dafs wir hierin formen der Sten decl. und zwar von i-stftmmen in ihrer älte-
sten gestalt vor uns haben. Aus dem verstärkten stamme ei des pron. is
konnten kaum andre formen des gen. und dat. entstehen als 6 jus (durch die
einsilbigkeit des Stammes vor weiterer kflrzung zu eus geschützt) und ei;
ans den einsilbigen stammen ho, quo mufsten bei Zusammensetzung mit
f (ei) die gen. hüjus quöjus cujus (statt huijus oder huejus), die dat. hui-(cc)
quoi cui (in denen voc. ante voc. sich gekürzt hat) entstehen; die mehr-
silbigen pronominal- und a(^ectivstämme schwächten den stammaualaut zu
e (wie ille ipse iste schon im nom.) und verbanden dies mit dem angehäng-
ten t zu ei, i, so bildeten sich illius ipsius istius, illf ipsi ist! und von ndj.
unloa uni u. 8. w., ja alins liefs sogar im gen. alius ein i schwinden (wie
in der composition aliquis, in der ableitung alibi, in älterer spräche in alis
alid), die Verkürzung der allein organischen form alterius zu alterius ist
fast anssQhlie&Iich durch den hexameter bewirkt. So zeigt uns also schon
die lateinische spräche das in seinen anfangen, was die deutsche consequent
durchgerührt hat, die Zusammensetzung der adj. und pron. mit dem pro-
nominalstamme ja oder !.
zur lateinischen lantlehre. 191
treten, daraas entstand dann entweder mit ausfall des i'
-ibus SS ebus (nayebos auf der colomna rostrata) oder mit
contraction -dbus (queibus); im ab 1. sing, war ebenso eine
doppelte form möglich: -ed, e oder -id, f; wie aber im
dat. pl. die kurze form fast ausschliefslich vorkommt, so
ist sie auch im abl. sing, aufser in adj. und neutr. bei wei-
tem die vorherrschende, wiewohl sich nebst andern formen
der i-stfimme auch diese vielfach bei consonantischen Stäm-
men eingedrängt hat; auch im acc. sg. standen zwei wege
ojBen, wie im dat. pl. ohne bindevocal -im , mit bindevocal
entweder -em oder contrahirt -tm, em, was sich nachher
doch wieder kürzen mufste, so dafs wir auch hier in den
meisten fällen über die jedesmalige entstehung im unklaren
sind. Dals bei der wähl der form -i oder e die ursprüng-
liche länge oder kürze des Stammauslautes der erste ent-
scheidungsgrund gewesen sei, wie die analogie der conju-
gationsformeu allerdings erwarten liefse, können wir zwar
noch nicht nachweisen, doch spricht dafür, dafs auch der
acc. auf im aufser cucumim nur von femininis gebildet
wird, denen ja ursprünglich langes i zukommt. — Zur er-
klärung der anscheinend schwierigsten form, der neutra
auf e, kann uns vielleicht die vergleichung der parisyilaba
der 3ten auf -es wie der 5ten decl. und der altlat. formen
suaveis, hostis, quisquis verhelfen, besonders wenn
wir die Übergänge zwischen 3ter imd 5ter decl., die uns
namentlich bei plebes und fames vorliegen, mit in be-
tracht ziehen. Ein neutrum konnte von den i- stammen
nach dem lateinischen auslautsgesetz nur durch abfall des
i wie facul, calcar, animal gebildet werden, oder der
stamm muTste sich wie im goth. und slav., in einem falle
auch im griech. geschieht zu -ja oder lat. zu -ji (ei, e)
erweitem, woraus im auslaute natürlich e wurde; suave
ist also das vollkommen entsprechende neutrum zum alten
suaveis, wie im goth. reiki dem hairdeis entspricht.
Wenn diese Verstärkung sich auf den nom. beschränkt, so
stimmt das genau zu formen wie sedes sedis; ob das
filr suavets jedenfalls vorauszusetzende 'ji sich zu -ja, lat
192 Ebel
-Mu, verh< wie in imbellis inermiB, oder hier ein wahrer
umlaut vorliegt, ist schwer zu entscheiden. Mir ist jedoch
ein umlaut wahrscheinlicher, weil wir dieselbe mittelstufe
-ji ftlr den Übergang von alius zu alis voraussetzen müs-
sen, und in der fünften decl. ein umlaut* ganz offenbar
auftritt, und zwar unter denselben bedingungen wie im alt-
slav. (Schleicher s. 90) durch unmittelbar vorhergehendes
i (j) bewirkt. Das e der 5ten ist n&mlich doppelter art,
teils diphthong ss skr. e oder äi, teils aus & entstanden;
entschieden diphthongisch in res = skr. räi (das skr. ras
stimmt zu griech. dialectformen wie ßäg^ /o/g, vaq^ TvSri^Sj
das lat. res zum griech. ßov(;\ entschieden aus a hervor-
gegangen in moUities neben mollitia, in dies (stamm dia
ans divä), wahrscheinlich auch in fames 5. neben fames 3.;
aus ä konnte aber e nicht wie griech. tj entstehen, son-
dern nur durch assimilation zum vorhergehenden i, und
wenn dies i in fames plebes fides geschwunden ist, so
stimmen sie darin mit dem griech. (xovisa avaaaa über-
ein, der grund liegt sicherlich darin, weil hier das a
(oder e) erst später dem stamm-t angesetzt ist, während
in mollities und ähnlichen das ä von hause aus zum suffix
gehörte: mollities und fames verhalten sich also wie ßaai-
Xeia (suff. -yä) und ßaaiXtia (suff. -i), fides scheint eben-
falls aus *fidia hervorgegangen, verhält sich also wie atti-
sches aXi^d-iia^^vvoia, Die fem. der 3ten auf -es sind
entweder ebenso gebildet, haben aber das i nur im nom.
zu iä, ie, e erweitert, oder sie haben -is angesetzt und -iis
in -eis, es contrahirt, letztere annähme empfiehlt sich be-
sonders för die masc, doch ist wohl diese endung dem
masc. ursprünglich fremd, und f&r die fem. eignet sich die
erste deutung besser, zumal wegen der doppelformen bei
fames plebes. Ist die hier versuchte erklärung richtig, so
stehen hostis, sedes, mare in vollständiger analogie;
den masc. auf -is, eis vergleichen sich dann auch die osk.
formen auf -iis, neben denen ja einzelne auf -is ebenso
bestehen wie im lateinischen alle wieder zum einfachen -is
zurückgekehrt sind. — In mage und pote, ante und
zur lateiniBchen Uotlehre. 193
poste ist jedenfalls ebenso wie in dem -pe von neiupe,
welches IV. 378 so schön auf skr. -pi statt api bezogen
wird (gewifs sind auch quippe und quispiam aus quispe
jam damit zusammengesetzt), auf ältere formen zurückzu-
gehn; nach lateinischem auslautgesetz konnte aus magi
nur (mag)ma werden, wie wir es ja in mavolo malo
finden, aus anti nur ant, aus api nur ap oder ab, wor-
aus sich ob (osk. up) entwickelt hat; das zeigen uns in
= ani, per = pari, et = ati (grundbedeutung „ferner^,
also dem griech. 8k sehr nahe liegend, wie namentlich goth.
i)? zeigt) red = prati. 0£Fenbar geschwächte locativform
ist api, also liegt auch d&ok -pe zunächst ein -pei, pe
zu gründe; in ante und poste sind entweder ebenfalls
locativformen oder ablatiye zu erkennen, so dafs selbst,
wenn man einen stamm anti annimmt, der durch goth. andi
dem skr. anta gegenüber noch keineswegs bewiesen wird,
Ritschi gegen Curtius recht behält; für mage endlich ist
mit magis, das doch selbst erst aus magius (oder ma-
gis?) entstanden ist, noch keines weges die moglichkeit ab-
geschnitten, dafs es sich aus magie entwickelt hat, beide
formen verhalten sich vielmehr wie cape und capis. — Kurz,
soweit ich sehen kann, ist die regel, wonach im lat. e in
i, nicht i in e übergeht, auch im auslaute nirgend verletzt.
Dec. 55. H. Ebel.
Etymologieen.
1 ) läXXcD,
Die verschiedenen erklärungen, welche lalkiiv bis jetzt
erfahren hat, zeigen, dafs man das wort bisher mehr nach
scheinbaren analogien als nach sicher erkannten laut- und
bildungsgesetzen unterzubringen suchte. Während die frü-
heren erklärer meist auf HtjfJii^ oder einen damit in Zusam-
menhang stehenden stamme zurückgehn, ftlhrt Pott (etym.
forsch. 1, 195) das wort auf hftcu zurück, indem er sagt:
V. 8. 13
194 Kahn
y,y& (ire, proficisci). Dazu verhftlt sich hfiat (feetino; nicht
von iTifii) wie tid-ef^ai zu dh&, nur ohne reduplikation, die
yk auch nicht hat. Davon IdlXuv (gehen machen) wie
atiXlsiv von ata; die ableitiing von tlTjfu mufs ich läug-
nen, denn h(pidXXHV ist mit wnrz. aX (salire) componirt und
der Spiritus auf die präposition übertragen. Idnxtiv möchte
ich mit der sanskr. causativbildnng mittelst p vergleichen;
u. 8. w.^ Hier bleibt erstens unerklärt, warum sich in
IdXXoi das a des Stammes erhielt und in Uptai zu e sank,
zumal man gerade hier nicht 6 sondern nach aller analogie
entweder «) sss & oder mit Verkürzung mindestens o zu er-
warten h&tte; denn die parallele mit ri&BfAai hat ihr be-
denken, da Ti&sfAai und SiSoftai beide im sanskrit wurzeln
mit & zur seite haben und mindestens eine von beiden,
wahrscheinlich aber beide Schwächungen der wurzel erlit*
ten haben, wie sie in noch höherem mafse bei sanskr. dhä
und da vorliegen, welche bereits die zweite stufe der schwä*
chnng erreicht haben; während nämlich dadhäte und da-
däte als ursprüngliche, regelrechte formen anzusetzen sind,
zeigen sich nur noch dadhate ssr ri&Btai und dadate =
Si8oTat und neben diesen formen stehen bereits dhatte aus
dadhte und datte aus dadte. So lange ich aber nicht vom
gegentheil belehrt bin, kann ich nicht glauben, dafs € und
o beliebig eintretende ersatzmänner des vorangegangenen a
seien, ri&BTai kann daher möglicherweise eine unregelmä-
fsige bildung sein und das müfste dann jfc^a^ gleichfalls
sein. Ein gleiches bedenken tritt wegen des a in IdXXBiv
bei der parallele mit öHXXw von ata ein, da nach dieser
UXXtiv zu erwarten wäre, endlich bleibt aber das ablei-
tungsaffix XX ganz unerklärt. Diesem letzteren mangel hat
Benfey, welcher Pottes aufttellung im ganzen folgt (griech.
wnrzellez. 1, 14. 391), abgeholfen, indem er eine Weiterbil-
dung der Wurzel mittelst 1 und Verkürzung des vorherge-
henden langen vokals wie in skr. sthal : stä und dann zu-
tritt des verbalaf&xes ya annimmt; aber auch bei ihm bleibt
die Schwierigkeit der vokaldifferenz in der gleichung atiXXif}
zu sthal SS IdXXta zu *yal bestehen, die sich freilich durch
etjmologieen: 1) iaXXtt. 191^
den wnrzelvokal von iaraXxa u. s. w. bedeutend vermin-
Nichts desto weniger scheint doch auch Benfey mit seiner
erklärong nicht ganz befriedigt, da er a. a. o, 1, 391 noch
eine andre mögliche ableitung, die er jedoch verwirft, be-
spricht.
Der formenreichthum der vedensprache bietet uns nun
auch f&r dies verbum eine nach form und bedeutung si-
chere anlehnung, indem sie uns ableitungen der wurzel r
(ar) aufweist, denen sich IdXXBiv genau anschliefst. Zu
den bereits früher gefundenen themen (2,396. 460; 3. 326),
die von dieser wurzel im griechischen ausgehen, kommt
daher ein neues, ohne dafs wir zu bef&rchten brauchen,
man werde aus dieser manoichfaltigkeit bedenken gegen
die richtigkeit der Zusammenstellung herleiten, da hier
nicht theoretische bildungen mit wirklich vorkommenden
zusammengestellt werden, sondern verbum sich zu verbum
gesellt und der gemeinsame Sprachgebrauch schliefslich
noch den gleichen Ursprung beider aufs deutlichste dar-
legt.
Jene früher besprochenen themen waren aber rnoti,
oQWfAi, äQvvfjLaiy rchati Hgxof^^h denen ich jetzt ein drittes
skr. verbum zur seite stelle, welches seine specialtempora
aus einem reduplicirten thema bildet und im praes. iyarmi
lautet; es folgt regelrecht der conjugation der dritten klasse
und hat vielfache beispiele seines gebrauchs aufzuweisen;
es hat die folgenden bedeutungen, die ich nebst den stel-
len zum gröfseren theil aus Böhtlingk-Roth's wb. s. ar ent-
nehme. Erstens die intransitive ^sich erbeben, aufstreben^.
E. 1. 165. 4:
br4hmäni me mitayah (am sutlEsa^i (üshma iyarti pr&bhrto
me 4drih
„gebete, lieder und trankspeisen gefallen mir, es ersteht
mir die kraft, der donnerstein wird mir gebracbf^. R. 10.
140. 2 = S4. IL 9. 2. 1. 2. = V&j. 12. 107:
p&vakavarcah (ukr&varcä anünavarc& üdiyarshi bh&-
nünä I
„mit reinigendem, hellem, ungeschwächtem glänz strahlst
13*
196 Kuhn
du hervor mit deinem licht«. Verstärkt wird diese be-
deutuDg noch durch die pr&position pra. R. 7. 68. 3 :
prÄ v&m ratho mänojavä iyarti tir6 r&j&nsy apvina ^a-
tötih I
asm&bhyam süry&vasü iy&n&h ||
„hervor kommt euer wagen der gedankenschnelle, der hül-
fereiche, ihr Apvinen, durch die nebel, zu uns sich wendend,
o ihr sonnenreichen!*
Ungleich zahlreicher dagegen findet sich das wort in
transitiver bedeutung „bewegen, aufregen, auftreiben, er-
heben" (auch von der stimme). R. 10. 112. 5:
s& te püramdhim t&vishim iyarti
„der regt deinen segen, deine st&rke auf**. R. 5. 36. 4:
esha jaritS ta indr^yarti vKcam
„dieser sänger erhebt dir sein lied". R. 10. 45. 7 = V4j.
18. 24:
u^lk p&vak6 aratfh sumedha m&rtyeshu agnir amrto
nidhäyi |
iyarti dhüm&m arushÄm bharibhrad üchukr^na ^ocishä
dyam üiaxan ||
„der liebe reiniger, der weise ordner erschien den sterb-
lichen unsterblich Agni; es treibt empor den rothen rauch
der träger, mit reinem glänze auf zum himmel strebend ''.
R. 10. 123. 2:
samudr&d ürmim udiyarti venah
„aus dem meere treibt der geliebte die woge auf". R. 10.
75. 3:
divi svano yatate bhümyopary anantam ^ushmam udi-
yarti bhftnunä |
„über der erd' am himmel erhebt sich der braus, er erregt
unendliche kraft mit seinem strahl". Vergl. R. 4. 17. 12:
yo asya ^ushmam muhukair iyarti welcher die kraft er-
regt.
Besonders gern wird das wort vom erheben der stimme,
vom anheben der lieder gebraucht. R. 2. 42. 1 ( = Nir. 9, 4) :
k&nikradaj janAsham prabruv&ni iyarti vacam arit^va
n§tvam 1
etymologitfen: 1) takl». 197
^(der vogel), schreiend sein geschlecbt (seine art) y^kün-
dend, treibt die stimme hervor -wie der rüderer das schifft.
R- 1. 116. 1:
stomftn iyarmi abhriyeva yätah |
„in liedern stürm' ich wie der wind in wölken^. Auch
hier erscheint die bedeutung des simples noch durch die
Präpositionen ut und pra verstärkt. R. 1. 113. 17:
syümanä v&c& Adiyarti v&hnih stÄvano rebh& ush&so
vibhätth I
3,mit der rede gewebe treibt der priester, der preisende
Sänger, die hellenden morgenröthen empor'^. (Vgl. za syü*
man gewebe, gewand B. 8. 61. 4.) Nir. 5. 2:
sa bhandan& udiyarti prajävatih |
„Soma erhebt zeugungskräftigen (segenbringenden) jubel^
(Roth). R.6. 47. 3:
ayam me pita üdiyarti vacam ayäm manisham u^atlin
ajigah I
„und wenn ich ihn trinke, auf treibt er die worte, auf
weckt er mir dann das verlangende lied^. R. 3. 8. 5 :
devayäk vipra üdiyarti vacam
„es erhebt der säoger in andacht die stimme^. R. 7. 6t. 2
(bei B. R. druckt 68. 3) :
pr4 väm sa miträvarunäv rtltvä vipro m4nmäni dtrgha^
^rüd iyarti |
„und euch, o Mitra Yaruna, erhebt der sänger, weit be-
rühmt, der gute seine lieder nun^. R. S. 19. 2:
pra te agne havishmattm iyarmi — devatfttim
„an dich o Agni richte ich das opfer von havis u. s. w.**
R. 3. 34. 2:
pra iyarmi v&cam
„dir bring ich das lied^.
Diese beispiele genügen um den gebrauch des themas
iyarmi, soweit wir seiner hier bedürfen, festzustellen; die
formen der gemeinsamen tempora stimmen f&r die verschie-
denen präsensthemen der wurzel überein und wir können
deshalb von ihnen hier absehn. Dagegen wenden wir uns
zu einer andern Wurzel, die unzweifelhaft erst aus dem
198 Kuhn
hier nachgewiesenen them» entsprangen ist, wenn sie gleich
von den indischen grammatikem und lexikographen als eine
selbständige hingestellt wird; es ist dies die wurzel tr. Die
möglichkeit und Wahrscheinlichkeit des lautlichen Zusam-
menhangs von tr mit iyar wird jeder zugeben, der sich er-
innert, dafs die wurzel yaj ihr perfectum im par. 1. sg. iy^ja,
1. plur. tjima, im &tm. 1. sg. tje u. s. w. oder dafs wrz. vac
und andere in denselben personen uv&ca, ücima, üce u. s. w.
bilden, allein es lälst sich in unserem falle ein voller be-
weis der thatsache, dafs tr aus iyar entstanden sei, fbhren
und ich mufs denselben liefern, ehe ich zu lallü) und seiner
herkunft mich wende.
Zunächst bemerke ich, dafs die wurzel tr als einfaches
verbum fast nur im ätmanepadam gebräuchlich ist, wäh-
rend iyar nur im parasmaipadam vorkommt; da nun aber,
wie gezeigt werden soll, die bedeutungen vollständig iden-
tisch sind, so verhält sich praesens 3 sg. par. iyarti : praes.
3. sg. ätm. trte wie perf. 1. sg. par. iyaja oder iyaja: 1. sg.
ätm. tje. Dafs in einigen wenigen fällen tr auch als para-
maipadam vorkommt beweist nur um so mehr, wie früh-
zeitig das thema iyar sich in tr zusammenzuziehn begon-
nen habe. Ich kenne übrigens davon nur folgende bei-
spiele R. 4. 2. 7 :
yäs te bh&räd änniyate cid annam ni^ishan mandr&m
atithim üdirat |
& devayür inädhate dürone täsmin rayir dhruvo astu
dasvän ||
„wer dir, wenn du's begehrst, die speise bringt,
den erfreuenden gast heranführt, wer frommen sinns in dei-
nem tempel dich entzündet, dem ward ein schätz, ein unver-
gänglich reicher^. Dieser conjunctiv udtrat gehört zu dem
sonst allein noch vorkommenden einfachen präteritum, von
dem ich nur die 1. und 3. sg. in compositis gefunden habe.
R. 2. 15. 8:
bhin&d val&m ^ingirobhir graai^^ vi parvatasya drnhit&iy
airat |
efcymologyeen: 1) icUJLw. 199
„den Vala hat er von Angirasen gepriesen gespalten, des
Wolkenberges dichte massen zerstreut*. B. 4. 26. 3:
ah&m püro mandas&n6 yyair^m näya sakam navati'h
9&mbarasya |
„ich hab' im rausch die neun und neunzig bürgen des pam-
bara mit einem schlag zerschmettert^. R. 3. 55. 20:
mahf samairac camva samicf
„hervorgebracht hat er vereint die grofsen schalen beide
(himmel und erde)^. Vgl. B. 3. 31. 15. Zahlreich dage-
gen sind die stellen, in denen sich tr als ätmanepadam fin-
det; besonders diejenigen, in welchen es mit dem pr&fix ut
zusammengesetzt erscheint Vom praes. des einfachen verbi
habe ich nur die eine stelle mit der bedeutung sich erhe-
ben, erstehen R. 1. 52. 1 :
ty&m sü mesham mahayä svarvidam pat^m y4sya subh-
väs säkam itate ||
,jenen widder erhebe hoch den himmelsfinder, dem hundert
Sänger zugleich erstehen^. Mit dem praef. ut in sinnlicher
bedeutung „sich erheben". Sä. 11. 7. 1. 16. 3:
ud agne ^ucayas tava ^vkxk bhrajanta irate |
tava jyotinshy arcayah ||
„deine prangenden, glänzenden, leuchtenden, Agni! steigen
auf, deine strahlen, dein flammenkranz". (Bf.) Sä. II. 7.
2.3. 1:
ut te brhanto arcayah samidbänasya didivah | agne ^u-
kräsa irate ||
„deine, des angezündeten, hehre flammen o leuchtender,
Agni! die reinen steigen auf". (Bf.) So auch mehrmals
udirshva „erhebe dich, stehe auf". R. 10. 18. 8; 85. 21, 22
und 1. 113. 16:
üd trdhvam jivo äsur na agäd äpa prägät tama a jyo-
tir eti |
„erhebet euch! die lebenskraft sie naht, hinweg schon zog
das dunkel sich, das licht ist da". R. 10. 15. 1 = Väj.
19. 49:
üdiratäm avara üt piräsa ün madhyamah pitarah som-
yÜsah |
300 Ku^
^auf soUeii stdgen nun die untersten, die obersten und mitt-
leren der somawQrdigen ahnen^.
Mit der übertragenen bedeutung „sich erheben, begin-
nend R. 1. 83. 3 = Sa- 1. 5. 1. 3. 6:
y&d udltata &j&yo dbrshnave dhiyate dhdnä |
„und wenn der kämpf sich nun erhebt, dann wird dem
tapfem reiches theil^. Mit der bedeutung „sich erheben,
von etw. od. jmd. ausgehn^. S4. 1. 1. 2. 4. 6 = R. 5. 25. 7:
jkd vähishtham t&d agnäye brhdd arca vibh4vaso |
m&hishtva ty4d rayls tväd y£jä üdlrate ||
„das herrlichste dem Agni dar! strahle herrlich, glanzrei-
cher du! wie einer büffelin (?) entströmt von dir reichthum,
nahrung von dir«. (Bf.) V&j. 12. 82:
üchüshmä öshadhinäm gavo goshthSd iverate |
„aus kräutern steigen kräfte auf, wie rinder aus dem stalle
gehn«. S&. II. 5. 1. 5. 1:
ut te ^ushmäsa träte sindhor ürmer iva svanah |
„kräfte brechen aus dir hervor, wie brausen aus des mee-
res gewog". (Bf.).
Besonders übertragen auf stimme und rede. R. 1.
123. 6:
üdtrat&m sünr tä üt pürandhih
„liebliche reden und opfer sollen sich erheben«.^ S&. L 3.
2. 1. 9:
udu tye madhumattamä gira stom&sa träte
„die lieblichsten der klänge nun, die lobgesänge steigen auf^.
Sä. I. 4. i. 4. 8:
udu brahmäny airata ^ravasyendram samarye mahayä
vasishtha |
„die fromme bitte stieg empor um rühm, den Indra preise
in dem kämpf, Vasishtha«". S&. I. 5. 2. 4. 5:
tisro väca udirate gävo mimanti dhenavah |
„die drei worte erheben sich, die kühe brüllen milchende«.
(Bf.) SA. n. 5. 1. 5. 2;
prasave ta udtrate tisro väco makhasyuvah |
„in deiner zeugung erheben sich drei worte, opferlustige«.
(Bf.) Die drei worte sind die drei ältesten Veden Rik,
e^jnuologieen: 1) iaXXm, 201
S&ma und Yajas. — Endlich finde ich tr noch mit dem
praef. pra,^ gleichfalls in der bedeutung ^sich erheben, her-
vorkommen«. Sa. I. 6. 1. 5. 12:
ap&m ived ürmayas tartaränih pra mantshä träte somam
acha I
„wie wasserwogen übereinander stürzend, so roDen lobge-
s&nge hin za Soma«. (B£)
So sehen wir denn das verbum trte ganz in derselben
bedentung wie iyarti gebraucht und die Verbindungen ^ush-
mam udiyarti, väcam udiyarti, Yäca udiyarti, stomän iyarmi,
bhandani udiyarti, manmäni udiyarti stimmen genau zu
9ushm& udirate, stom4 udtrate, 8Ünrt& udtrat&m, brahmAny
udairata, väca udirate, pra mantshä träte. Von dieser Wur-
zel stammt aber das causale trayämi, welches mit der tran-
sitiven bedeutung „entsenden, werfen, erschallen lassen, her-
vorbringen, antreiben«, namentlich auch verstärkt durch die
pr&fixe ut „heraus« und pra „hervor** nicht allein in der
vedischen sondern auch in der sp&teren spräche sehr häufig
gebraucht wird. So findet es sich häufig von der morgen-
röthe, welche die lieder des morgens erweckt R. 1. 113. 12:
sünrtä trayanü „liebliche reden erweckend« (vergl. R. 8.
61. 2; 1. 48. 2) und R. 1. 113. 8:
vynch&fiti jiv&m udtr4yanti ushi mrtam k&m can& bo-
dh&yanti |
„(sie folgt dem pfade der dahin gegangnen, der wieder-
kehrenden, der ewgen erste) aufleuchtend den lebendigen
erweckend und aUes todte wieder neu belebend«. R. 5. 55. 5:
üdirayatha marutah samudratö yüyim vrshtim
„aus dem wolkenmeer sendet ihr o Maruts den regen«. R.
1. 168. 8:
y&d abhriyäm vacam udir&yanti
„wenn sie mit donnerstimme reden«. Väj. 8. 19:
yan fivaha u^tö deva dev&as t£n pr^raya svö agne sadhÄsthe
„der du nach wünsch die götter hergeführt, gott Agni,
bring an seine statte jeden«. R. 2. 33. 8:
pr& babhrAve vrshabhlkya 9vittc6 mah6 mahfin sushtutim
)0S| Kalm
^dem — segeDspender — briag ich erhabenen lobgeeang^.
Beispiele f&r den Sprachgebrauch der sp&tern zeit finden
sich zahlreich bei Westergaard und auch hier ist sowohl
beim simplex als im compositum mit ud die Übertragung
auf rede und stimme überaus hftufig. 1) werfen, ent-
senden« Mab« 3. 709: sa v&no matsuteritah yivy&dha hrda-
yam „der von meinem söhne entsandte pfeil, verwundete das
herz"". Mah. 3. 12173:
arjun&rjuna m& bhais tvam vajram astram udtraya |
„Arjuna, Aijuna fürchte nicht, schleudre den vajra, dein
geschois^. Mah. 4. 1870: udirayantau samare divy&ny astr&ni
,yim kämpfe schleudernd die göttlichen geschosse^. B&m. 1.
55. 22 : udtry am&nam astram tad . . • drshtv& „das geschleuderte
geschois sehend^. R&m. 1. 56. 15: brahm&stre samudirite „als
das Brahmageschois geschleudert war^. Mah. 3. 1070:
&tmftnam apica kruddhah prerayed yamas&danam |
„sich selber mag der zornige auch entsenden gar in Yama's
haus^. 2) erschallen lassen. Mah. 1. 4565: m&nushim
Irayan giram „die menschliche stimme ertönen lassend^.
Mab. 3. 10625: nibodha v&kyam mayeryamänam „vernimm
die von mir gesprochne rede^. NaL 5. 30 : devair vismitair
iritah pabdah „die staunenden götter liefsen den ruf er-
schallen^. Nal. 17. 50: vakyam damayantyä-tritam „die von
der D. gesprochenen y^orte^. Ram. 2. 67. 3 : ete dvijä vä-
cam udtrayan „jene zwiegeborenen lielsen die worte hö-
ren^. Mah. 1. 2170: väcas tisro 'bhyudirayan ^diese drei
worte ihm zurufend^. Mah. 3. 12185: täbhih ^abdah sa-
miritah „das von ihnen erhobene geschrei^. 3) antrei-
ben, aufregen. Bhattik. 12. 6: iryamäno maträ „von der
mutter angetrieben^. Ram. 2. 93. 14: khurair udirito renuh
„der von den hufen angeregte staub^. Räm. 2. 7. 9 : udfrya-
manä harshena dh4tri „die von fireude aufgeregte amme^.
Mah. 3. 5073. 7074 : p&npavo väyun& samudtritah „die vom
winde angeregten Staubwolken^. Ragh. 4. 24: y&trayai
preray&mäsa tarn ^arat „zum reisen trieb ihn der herbst an^.
Na«;hdem so der Sprachgebrauch von iyarmi, ire, tra-
yämi dargelegt ist und wir gesehen haben, dafs ire aus
e^naiologye«n: 1) idXXm. dOS
ijare entstanden sei, so ergiebt sich, dais auch trayftmi auf
ein ursprünglicheres iyarayftmi zurückgehn müsse. Da nun
aber das indische r überaus häufig an der stelle eines 1 der
verwandten sprachen steht, überdies bei unserer wurzel auch
in einigen ableitungen z. b. intens, alarshi, alarti, fbr ararshi,
ararti, alam statt des früheren aram im indischen selbst auftritt,
so ist klar, dafs der stamm von laXlw, nämlich iaA, genau
dem Ycdischen iyar entspricht und es bedarf nur noch des
nachweises, dafs auch die präsensthemen von trayftmi aus
lyarayämi und IdXXco identisch seien. Unter den verbis auf
eine liqnida sind nun mehrere, wenn wir namentlich von
denominativen bildungen absehn, genau indischen causalien
eYitsprechend und es stellen sich auf diese weise:
iyetQü) zu jägaray&mi, erwecke
nBigeo zu pärayämi, f&hre hinüber, bringe hindurch
q>&e{Q<a zu x&rayämi, mache verschwinden
SetQw zu därayämi, zerreifse
ndXXvi zu sph&rayämi (vergl. oben 3. 413, 4. 10) mache
schimmern, schwinge
atpäXXw zu skhälayämi, mache irren
xiXXo) zu calayämi, schüttle, bewege, treibe.
Diese sich entsprechenden formen zeigen also, dafs das
griechische zunächst durchweg den ersten vokal a von
ay&mi aufgab und nachdem dies geschehen war, das y bei
den verbis auf (> als i in die wurzelsylbe nahm oder wie
im äoliscfaen dialekt (Sip^o)^ (p&i^pa, iyi^^of) dem voran-
gehenden Q assimilirte; ein Vorgang, dem es auch beim
wurzelauslaut auf X überall folgte. In rücksicht des wur-
zelvokals ist zu bemerken, dafs er mit Wahrscheinlichkeit
in den genannten verbis auf g und k überall als ursprüng-
liches a anzusetzen ist, welches dann dem ä der indischen
causalformen entspricht; dais er wenigstens in (p&stgw^
Se/Q(o entschiedene Schwächung ans cu sei, zeigen Sifd-ag-
uaiy ifp&dQf]v, kSaQTfiv (vgl. ixagi^v) und das attische Saigto^
während xiXXdn mit 6 gegenüber dem knrzen a von calaykmi
zeigt, dais auch bei ihm das verkürzte a, aus dem sich «
entwickelte, frühzeitig eingetreten sei oder, was auch m(^-
204 Knlm
lieh w&re, nie vorhanden war, denn eine groike zahl von
causalformen kann im aanekrit auch ohne vokalverst&rkung
der Wurzelsilbe gebildet werden; übrigens besteht neben
calay&mi noch die verstärkte form cAlay&mi. Wenn in
diesen formen xiklu) und calay&mi also das sanskrit and
griechische wahrscheinlich gleiche Schwächung erlitten ha-
ben, so steht das griechische mit seinem IdlXo) auf einem
weit älteren Standpunkt als das sanskrit, indem es die sonst
bei causalformen nicht gebräuchliche reduplikation der war-
zd noch neben der ableitungsendung wohlerhalten zeigt,
während das sanskrit die reduplikations- und Wurzelsilbe
contrahirt hat Diese causalform aus einer redupUcirten
Wurzel verdient übrigens wohl beachtung, da sich ihr noch
eine zweite griechische xitalvta = tBlvia = skr. tänayati
zur Seite stellt Nimmt man dazu, dafs die causalia im
sanskrit ihren aorist durchweg mit der reduplikation aber
ohne die ableitungsendung aya bilden, so ergiebt sich, dafs
zwar in der regel die reduplikation oder die ableitungssilbc
aya zur entwicklung des causalen begriffs der wurzel die-
nen, dafs gelegentlich aber auch beide zugleich als mittel
dazu gebraucht werden.
Werfen wir nach diesen das laut- und bildungsver-
hältnüs von lakk<o betreffenden auseinandersetzungen noch
einen blick auf die bedeutung desselben, so ist es von In-
teresse zu sehen, wie hier bei alterthümlichkeit der form
auch die alterthümlichkeit der anschauung gewahrt ist Zu-
nächst kann es nicht auffallen, dafs mit dem verschwindea
des ein&chen verbums die intransisive bedeutung „sich er-
heben^ sich in das abgeleitete hinübergerettet hat, wenn
gleich es nur in einer einzigen stelle Hes. theog. 269 er-
scheint:
at ^* avifAtav nvoi^ai Tcal oUavotg afi ^novta^
wxelpg m€QvyBaü$* fittaxQovutv yag takXov.
Die transitive bedeutung des causalen verbi stimmt da-
gegen vollständig in den bedeutungen des entsendens und
ertönen lassens in beiden sprachen überein und jenem astram
udtrayati, vAnam udtrayati steht genau H. &. 300: oHiTTov
etymologieen: 1} ttiXlv. i96
äno v€V()y^iv lakksv. Theoer, 25, 235: T(ß <$' iyat aXXov
o'ictov ano vevg^g nQoictXXov zur Seite, sowie sich an vi-
cam^ giram, väkyam, pabdam trayati die Wendungen vhx"
xriv vBxveaaiv lalXiav, (pnovriv^ yXfHaaav HXXhv anschliefsen.
Aber mir will auch scheinen, dafs die bedeutung aufregen,
Od. 13, 141:
X^iXendv 3i xbv ettj
nQZcßvxatov xal äg^arov ärißiipatv IdXXeiv.
der construction viel weniger gewalt anthut, als die ge-
wöhnliche erklärung, die es ignominiis afBcere s. appetere
fafst, wonach man also aus IdXXw entsenden etwa ein an-
gehen, dann anthun, sich entwickeln lassen mufs. Jene
bedeutung scheint mir durch das oben angeflihrte udirya-
mänä harshena um so sicherer, als Od. 22, 49 :
aXX 6 fiihf ijStj xeitai, og ahiog HnXeTO TtdvrcDVy
'AvTivoog* ovTog ydg ItiItjXbv tdds 'i^ya.
„er hat diese dinge herbeigefilhrt, angeregt^, ja auch nach
der bisherigen erklärung (Schol. Buttm. GwiöxriaBv) so ge-
fafst wird. — Zum schlufs kann ich mein bedenken über
Pott's annähme, dafs htfidXXu) mit wrz. ciX salire zusam-
mengesetzt sei, nicht verhehlen, es scheint mir doch na-
türlicher es zu idXXit) zu beziehen, und Eusth. sowohl, wel-
cher wegen iq>idXXw auch idXXu) schreiben wollte, als auch
Arcadius, welcher ausdrücklich sagt ro IdXXw 'Artixot Sa-
avvovGiv scheinen dafür zu sprechen, dafs IdXXoa wenigstens
bei Attikem wirklich mit dem Spiritus asper gesprochen
wurde, und dieser würde sich genügend aus dem hinter «
ausgefallenen y und übertritt in den anlaut erklären.
Ich bemerke endlich, dafs sich ahd. ilan, illan, nhd.
eilen offenbar den hier verglichenen Wörtern anschliefst und
zwar ist es dem b^riffe nach genau dem skr. ir ätm. sich
erheben, aufstehen entsprechend, da es neben der bedeu-
tung eilen auch noch vielfältig die von streben, sich be-
mühen zeigt (vgl. 6ra£P I. 226); der form nach dagegen
ist es gleich dem causale trayati, indem das im althoch-
deutschen noch mehrfUtig hervortretende 11 deutlich aus
assimilation von Ij entstanden ist wie in goth. viljan = ahd.
)§9 Kuba
wellan u. a. Diese anwendung der caosalen form auf den
iDtransiiiYbegriff vergleicht sich dem gebrauch tod lakha
in der oben besprochenen hesiodischen stelle, wo es sich
geradezu als ,,dahineilen^ fassen iSTst.
2) aXro.
In dem Torigen aufsatze habe ich gezeigt, dafs die
yerbalthemen von trayämi und Idkio) übereinstimmen, zu-
gleich aber auch nachgewiesen, dafis sie auf ein reduplicir-
tes thema der wnrzel r oder vielmehr ar zurflckgehen; die
verschiedenen themen der spezialtempora, welche dieser
Wurzel angehören, waren bereits früher nachgewiesen und
ebenso die interessante Übereinstimmung von wgTOf ogovxo
mit skr. irta, arta, aranta, ranta. Wir sehen also, dals in
dem uns vorliegenden zustande des griechischen aus der
einen wurzel ar sich zwei gebildet haben, deren eine 6q
die andere aX lautet; diesen auseinandergehenden lautver-
hältnissen muTs aber eine zeit vorangegangen sein, in wel-
cher der Wurzelauslaut vermöge seiner natur zwischen q
und X im schwanken war und da zu dieser zeit wie die
Übereinstimmung von wqxo mit &rta zeigt, der aorist die-
ser Wurzel schon vorhanden war, so scheint es natürlich
anzunehmen, dafs er sich je nach dem auslaut der wurzel
in die beiden formen wqto und alro gespalten habe.
Der aorist akxo wird nun aber bereits von den alten
grammatikem als zu äklofiai gehörig angesehen, welche
die Verwandlung des spuitus durch die unmittelbar auf k
folgenden consonanten in akao, akrOf äk^uvog, imakfievog
erklärten, und so mag es um so ketzerischer erscheinen,
an der vollen Wahrheit dieser Überlieferung zu zweifeln, als
Spitzner exe. XVI. ad. IL p. LIV sagt: Quo saepiusiautem
participia inde subnata, sicut k^dkfdBvog, fABrdkfjiBVogy vn%Q^
dkfiivog leguntur, eo minus dubitationis de illorum origine
erit relictum. Itaque neminem, qui in contrarium abeat,
fiiturum esse crediderim. Nichts desto weniger kann ich
mich nicht von der richtigkeit jener aufttellung überzeu-
etymologyeen ! 2) iXxo, W!
gen; schon Buttmaon II. s. 109 anm» hatte jenen kanon
als schlecht verworfen, die thatsache aber durch verglei-
chnng Ton a/Aagtävo) mit fjfißgorov und aflgoTti^w zu stüt*
zen gesucht und sich vor allen daftür erklärt, dafs die form
ohne asper nicht etWa auf eine grammatische grille zurfick-
zuf&hren sei, sondern entschieden auf alter Überlieferung
beruhe. Die vergleichung mit äfiagtavcn wird nun aber,
nachdem was Benary darOber beigebracht hat, fallen müs-
sen, da das lautverhältnifs hier ein anderes ist und auüser-
dem der Verbindung mit äiJiofia$ hier und da, wie mir
scheinen will, Schwierigkeiten von Seiten der bedeutnng
entgegenstehn.
Die häufig vorkommenden Verbindungen ^| 6xio»v cvv
aXto ;^ajua^< scheinen freilich keine andere erklärung zu-
zulassen, zumal wenn man stellen wie IL 12, 390:
äxfß 8* äno TslxBog äkro la&dv, Xva fiijug *Axai^v
ßhfiiAtvov a&giqaut —
II. 20, 62 kx &q6vov aXxo und D. 5, \dl XQ^^^V (^^^ ^ ccvkijg
imBQ€eXfi€VOV mit 5, 142 avrag 6 ifdfiifjiawg fta&it^g i^aXr
ksrai ccvX^g vergleicht; aber in den meisten übrigen stel-
len sowohl des simplex als der composita, reicht man mit
der bedeutung springen nicht mehr aus und hat, um sie
alle zu vereinigen, eine allgemeinere nöthig. So finde ich
namentlich II. 1. 532:
Tniy i3^ ßovX^iHSavTB Siitfiayev tj fjikv ÜnBira
üg aXa aXro ßa&elav an alyXtjevtog 'OXv/atiov^
Zevg Si iov ngog Sdifia.
schwer mit der bisherigen auffassung zu vereinigen; denn
selbst zugegeben, dafs Thetis so ohne weiteres vom Olymp
ins meer springen könnte, soll nun auch Zeus in seine
Wohnung springen? Oder will man den Apoll springen las*
sen, hym. in Apoll. 448:
iv&sy S' avt km vrja, v6vi(a! wg, aXro nixM&cu
um zu dem schiffe zu fliegen? Was hier den personen upd
zuständen wenig angemessen erscheint, zeigt sich geradezu
mit der natur in widersprach. 0. 18. 616:
9Qg Kahn
Ti 8\ iQV^ wgt aXxo xax OvXvptnov vup6%wog
wo wohl von einem sich herabstürzen, hemiederfahren, aber
nicht vom herabspringen die rede sein sein kann; ebenso
unangemessen w&re diese auffassung in II. 4. 125 Uyl^ ßioSy
vBVQfi di lAiy taxBVy aXto 8* oicvog^ wie We auch IL 20, 327:
Alvdav S^iffOBVBV and x^ovog inpod äilgag,
n6JiXag Sh atlxcig rjgcitaVy noXXag 8k xai innatv
Aivüag vnsQäkrOf &bov ano x^^Qog oQOVöag.
kaum recht passend erscheint, wobei ich noch bemerke,
dafs wie in der oben angefbhrten stelle des homerischen
hymnus vom Apoll, der das schiff verläfst, ogovcsv ge-
braucht wird, während aAro dazu verwandt wird, um sei-
nen aufbruch zur rückkehr zu bezeichnen, ebenso sich beide
verba hier verbunden finden. Es will mir deshalb schei-
nen, als sei das äkto mindestens an den herausgehobenen
stellen ein anderes als das in tmegaXfievog, aXvo x^f*^^^
u. s. w. und zwar sei es der alte aor. 2 med. zu IdXXo),
welcher zum indischen ärta, ohne augment arta stimme.
Man vergleiche nur das hesiodische fjLSvaxgoviai yag caA-
Xov mit dem homerischen ij 8\ i'gij^ wg, aXro xav OifXvunov
vtfpoevTog oder das homerisch theokritische olaxov ano vbxh
g^cfiv iaXXev mit dem homerischen aAro 8' otaxog und man
wird zugeben müssen, dals der begriff des raschen fluges,
unser schieisen an diesen sowohl als an vielen anderen stel-
len passender erscheine als eine erklärung durch aXXofiai^
die mir in der stelle des apollinischen hymnus schlechter-
dings unmöglich scheint. Man erinnere sich femer, dals
adorior von derselben wurzel stammt, dann findet man auch
wohl aXr* knl ol (xmatog und die ähnlichen stellen von die-
sem Standpunkt aus ebenso gut erklärbar, sowie man bei
der erwägnng, dais unser rennen von eben der wurzel aus-
geht, auch selbst ai^y^ 8* i^ otxoio fpiXoitiog aXro &VQa^B
Od. 21. 388 nnd H. 24. 572, Od. 22. 2 hierherzuziehen ge-
neigt sein möchte, denn springen und laufen sind ja in sol-
chen fidlen fast identisch.
Und damit kommen wir auf die grammatiker zurück;
eben dies ineinanderlaufen der bedeutungen an manchen
stellen mochte vielleicht auch eine vollstäDdige Yerschmel*
zung der fonn herbeiführen und so das aufgeben des asper
▼on akro bewirken. Die grammatiker müssen den lenis
aber auch schon im conjunctiy äkr^rai (aktTai?) vorgefiin-
den haben, wo er jetzt unrechtmäfsiger weise wieder in
den text genommen ist (Buttmann griech. gramm. U. 109),
denn sonst würden sie nicht auf eine erklärung der form
aus dem aor. äk^vav verfallen sein. War nämUch ursprüng-
liches akijTai vorhanden, so war ja alles in vollständiger
Ordnung, da der kanon nur für die formen galt, in welchen
k mit consonanten zusammenstiels, waren aber beide les-
arten vorhanden, so wird man die schwierigere wohl als
die richtigere ansehen müssen, um so mehr als auch hier
wieder der begrifi des springens nicht recht passen will.
II. 21. 536:
SBiöia yä(}f fAt^ ovkog avrJQ ig telxog äktjrai
denn die thore sind offen, und es scheint natürlicher, dafs
Achilleus hereinstürze, laufe, dringe als dafs er herein-
springe, wozu man noch II. 13. 679 vergleiche. Nahmen
aber die alten erklärer selbst schon von einer durchgehen-
den erklärung aus äkkofiai abstand, sei es dafs sie in der
form oder in der bedeutung Schwierigkeit fanden, so wird
es auch für uns gerechtfertigt, an einzelnen stellen eine
andre weise der erklärung zu versuchen.
3) *S^> yiyvofjLai^, yaivofiat.
Ich habe in einem früheren aufsatze (2, 131) i^ta mit
skr. sidämi zusammengestellt, was insofern nicht ganz ge-
nau ist, als der wurzelauslaut nicht stimmt, wenn auch In-
laut und Milaut sich entsprechen; t^a> gehört nun offenbar
zu den in Idkko) und xnaivva nachgewiesenen causalformen,
die mittelst der reduplikation und der ableitungssilbe aya
gebildet sind, wobei jedoch das erste a der endung abge-
worfen vnirde, es führt demnach zurück auf ursprüngliches
sisaday&mi oder sisadyämi, während sidämi aus sisadämi
ohne ableitungssilbe entstand. Die transitive bedeutung von
V. 8. 14
210 1^^>^
tCo) ist deshalb jedenfiBdls als die arsprüDglichere anzusehen.
Haben wir somit in 2^(u noch ein neues beispiel fär die
Verwendung beider mittel der causalbildung in einer form,
so zeigt ein anderes verbnm beide mittel in verschiedenen
formen bei gleicher bedeutung.
Die skr. wurzel jan bildet ihr praes. 3. sg. jajanti mit
der bedeutung erzengen, gebären; dem entspricht genau
das lat gigno, nur dals die conjugation ohne bindevokal
wie fast überall im lateinischen der mit demselben gewi-
chen ist; dazu ist nun yiyvofjiai die passivform und wir
haben somit die neben einanderlaufende bildung des cau-
sale mit der reduplikation in drei sprachen. Neben yiyvo-
fiai steht aber nun das epische yBivofiai^ was ein transi-
tives yelvw voraussetzt (dam aor. hyuvafiriv wird die tran-
sitive bedeutung nicht von anfang haben), und dies schlieist
sich ebenso genau an das sanskrit causale janayami ich
erzeuge, gebäre wie reiVcü an tanayämi. Von diesem jana-
yami mu&te aber das regelrechte passiv janye lauten, was
nach einer auch bei andern wurzeln auf an eintretenden
regel zu jäye wurde. Demnach entsprechen sich also auch
yiivoiAai und j&ye aufs genauste. Wir sehen also fdr das
skr. causalthema janay im griech* ynv auftreten, welches
aus y^yj entstanden ist, diesem «elber muls aber ytv^ vor-
angegangen sein und diesen stamm haben die zusammen-
gesetzten tempora yeviiaofim u. s. w. bewahrt, wie auch
das lat. perf. genui wie von einem praesens geneo gebildet
ist, vgl. teneo = tanayämi, tenui.
4) «ig, US, ur, ar, er, ir.
Pott (etym. forsch. II. 313) vermuthet in üg^ ig Zusam-
mensetzung Von iv mit dem suffix as; da aber iv offenbar
aus ivi entstanden ist, wie auch Ebel (oben s. 185) sanskr.
ani f&r ni voraussetzt, so würde man auf Iviae kommen
und dies wahrscheinlich kvie nicht elg geworden sein. Ben-
fey (griech. wurzellex. IL 48. 232) nimmt Potts erklärung
im ganzen wieder auf. Vergleicht man nun aber iv, ivi,
etymologieen: 4) th n. s. w. %\l
lat. in, goth. in, skr. ni, so spricht doch offenbar alles da-
f&r, dafs die grandform aller ani war, um so mehr als auch
ai/a, goth. ana, lat. an (in anhelare Pott etym. forsch. I.
142), nmbr. an (A. E. umbr. denkm. I. 158), skr. anu da-
nebenstehn, die offenbar denselben stamm zeigen. Im sans-
krit lassen sich aber ni hinein und nis heraus nicht tren»
nen, wenn uns auch der Ursprung des s dunkel bleibt;
ebensa wenig l&Tst sich dies mit kv und elg thun; gehört
aber ni und iv zusammen, so scheint dieselbe annähme
auch i&r nis und elg rathsam; elg wird aus ivig zu elg, ig
zusammengezogen sein, was durch das argivisch- kretische
ivg gewiis wird (Ahrens diall. ü. 104). Die bedeutung
scheint dem freilich schnurstracks zu widersprechen, aber
es kommt bei den präpositionen ja so oft auf den schliefs-
lich überwiegenden Standpunkt der ortsbeziehung an, dafs
ich darin kein hindemifs sehe. Auch ngog heifst „gegen
hin^ ähnlich wie elg hinein, auf hin, hinzu, und doch heifst
es ebenso „von her^^ und unser wider, das wir nur or*
thograpfaisch getrennt haben, drückt in derselben weise
beide beziehungen aus, goth. uf unter, vno und ahd. oba
supra stellen gleiche gegensätze dar und sind doch laut-
lich identisch; etg hinein und nis heraus sind also nur da^
durch merkwürdig, dafs jede von beiden präpositionen nur
eine seite der ursprünglichen bedeutung gerettet hat; im
alten anis werden sie beide gelegen haben.
Vermitteln sich auf diese weise zwei präpositionen des
griechischen mit zweien des sanskrit, Ton denen die eine
gruppe bisher sich aller vermittelung entzog, die doch beim
anblick des Verhältnisses ni : nis s= iv : elg so natürlich zu
sein schien, so ergiebt sich, wie ich glaube mit noch grö-
serer evidenz, ein scheinbarer neuling und eindringling eben-
&Us als ein naher blutsverwandter, nämlich das präfix us
im gothischen, ar, ur, ir, er im althochdeutschen u. s. w.
Das als urform von ävg^ elg, skr. nis sich ergebende präfix
wäre anis, welches nach gothischem lautgesetz ans werden
mufste wie fa)>s aus patis n. a.; nun erscheint aber im go-
thischen statt eines alten a vor nasalen zuweilen u, so in
14*
un =3 skr. an, griecb. av, in taihun == skr. dapan, in bon = skr.
cana, in hiind = centam, patam, dron-jas, = skr. dhyan-i, zu-
weilen ist der folgende nasal aber anch ganz weggefallen wie
in ju = lat. jam, dubö = tat. co-lumba, skr. kandamba, drus
mina, driusan cadere =s skr. dhvams, cadere, decidere, auch
wohl in hus = lat. cäsa aus vorauszusetzendem cansa, vgl.
das altl. cosul, cesor u. &. ; ebenso wahrscheinlich ist das n
unursprünglich in fula, wenn wir näkog vergleichen, was auf
ein vorausgegangnes pamla schliefsen l&fst, wie in xXci&to
: granth, xgci^o) : krand, xtatpog : hamfs, gröz : grandis, woher
denn auch wohl die doppelte liquida in pnllus durch assimila-
tion zu erklären ist. Unter den angeführten beispielen ver-
hält sich nun drus : dhvams genau wie us zu dem vorausge-
setzten ans und denselben urspmng hat auf indischem boden
die endung der 3. pl. pf. us aus ans und älterem ant, griech.
ovai aus ovrt^ anti. In den slawischen dialekten erklären sich
bekanntlich viele u aus älterem an, am, vgl. Grimm gesch.
d. d. spr. 335. 336, wo auch goth. ]>ruts auf diese weise
erklärt wird, aber dem böhm. hus : ahd. gans noch ndd. gös
und e. goose hätte beigefügt werden können. Somit ist
denn von Seiten der form bei aller scheinbaren Verschie-
denheit dennoch die lautliche Vermittlung zwischen goth.
US und skr. nis gefunden. Die bedeutungen stimmen aber
aufs genauste, wie namentlich die beiden präüxen gemeinsame
der bewegung aus dem innem heraus und der beraubung
-(Grimm gr. Ö*. 791) beweisen. Im althochdeutschen tre-
ten nun neben dem aus us hervorgehenden ur noch die
formen ar^ ir, er auf, welche indefs in der composition mit
nominibus nicht erscheinen. Diese mit ur lautlich zu iden-
tificiren scheint mir unmöglich, ich schlage daher einen
anderen weg zu ihrer erklärung ein. Wie nämlich das
Sanskrit das anlautende a der grundformen ani und anis
abgeworfen hat, so mufs dies auch im althochdeutschen
zum theil der fall gewesen sein, wenn auch die den voka-
lischen anlaut bewahrende form in ur aus us, uns daneben
bestehen blieb; den beweis dafür liefert ahd. nidar, welches
Bopp mit recht aus skr. ni erklärt (vgl. gr. 1475). Nun
etymologieen: i) «i^, u. a. w. 213
ist aber das älteste sanskrit der vedeu in der verstOmm-
lung des präfizes zuweilen noch einen schritt weiter ge-
gangen, indem es das anlautende n abgeworfen hat, so in
ishkrti ftkr nishkrti und anderen ableitungen von nishkr,
welches euphonisch ftkr nis-kr steht. Diese im sanskrit
auf die eine wurzel kr mit ihren ableitungen beschränkte
form iSnden wir aber im slaw. iz\ im lit. isz, im altpr. ia,
alle drei „aus^ bedeutend, durchgedrungen, während noch
das adv. slaw. niz' unten daneben besteht (Bopp a. a. o.).
Da nun die deutschen sprachen mit den slawischen in ei-
ner engeren Verbindung stehen als mit den übrigen indo-
germanischen, da wie im slaw. niz' unten das n auch nur
noch im ahd. ni-dar erhalten ist, so ist wohl einleuchtend,
da(s auch die in ir, er auftretende form unseres präfizes
auf die ältere verstümmelte gestalt is f. nis = anis zurück-
zufahren seL Ob auch ar erst aus er hervorgegangen sei,
kann zweifelhafter erscheinen, doch scheint dafür die ana-
logie von zir, zer, zar = lat. dis zu sprechen. Es bleibt
indefs noch ^ine andere möglichkeit; Grimm hat (gr. U*
704 ff.) die Überstimmung des ahd. alts. ags. präf. ä mit
unseren präfixen nachgewiesen und ftlhrt es aÜF eine vor-
gesetzte grundform as zurück. Diese wahrscheinlich äs
anzusetzende grundform ist dann durch den vollständigen
ausfall des n von ans zu erklären, ohne dafs sich dasselbe
vokalisirte, reicht also augenscheinlich in sehr frühe zeit
zurück; die form entstand also wie äs (deus) aus ans und
es spricht nicht etwa dagegen, daXs diesem alts. ags. ös
zur Seite steht, denn wir finden beim ausfall des n bald
die vokalisirung bald auch die einfache verlängerui^, wie
häf gegen goth. hanfs, säfto (e. soft): ahd. sanftx), wie ä8ar:
ahd. andar neben dem doch auch ölSar besteht, wie neben
fä6i, f55i (Grimm gr. » 239). Geht abo auch ä auf äs
(r=: ans) zurück, so kann auch das ahd. ar auf diesem wege
durch Verkürzung (und Übergang von s in r) entstanden
sein, vrie dieselbe ja auch offenbar in us eingetreten sein
wird, da die dem us vorangegangene form wohl zunächst
üs war.
214 Kuhn
So erklärt rieh denn auch wohl die ahd. und neuobd.
form der, dar, welche Grimm (gr. II* 819) nicht genügend
zu erklären weifii; sie beruht auf dem seltenen Obergang des
anlautenden n in d wie er eich bekanntlich im lit. dewyni,
altd. dewjati = skr. navan (vgl. Bopp vgl. gramm. 415), lit.
debesis = skr. nabaa (Schleicher kslw. formenl. 187) findet.
5) Sif, Hephaistos.
In dem aufsatz Ober sibja (4, 372) hatte ich bereits
darauf aufmerksam gemacht, dafs skr. sabhya auch beiwort
des Agni sei; äufserliche gründe machten es unmöglich
den schluTs desselben, wie ich ihn bereits in der berliner
gesellschafl; f. d. spr. mitgetheilt hatte, ebenfalls abzndruk-
ken, was ich jetzt um so mehr nachhole, als ich durch
eine briefliehe mittheilung Pictet's in meiner vermuthung
bestärkt werde.
Dem beinamen Agni^s steht genau das altnordische
Sif, der name der gemahlin Thor^s, des blitz- und feuer-
gottes, zar seite, von welcher Munch (d. nord. germ. toI«-
ker übers, y. Clanfsen I. 221) sagt, dafs ihr name und
ihre persönlichkeit hinlänglich beweisen, dafs sie in den
ältesten zeiten die eigentliche göttin der liebe, ehelicher
Verbindung und firuchtbarkeit gewesen sei. Wie mit dem
heerde der grund zum hause und damit zur familie gelegt
war, so sehen wir also diese seite des feuergottes klar in
dem namen seiner gemahlin ausgedrückt, was Mannhardt
(Sif, Sippia in Wolfs Zeitschrift 2, 331) ausführlicher dar-
gelegt hat.
So finden wir also bei zwei indogermanischen Tölkem
eine bildung von der warzel sabh zur bezeichnung männ-
licher und weiblicher gottheiten des feuers verwandt und
deshalb mag es nicht zu kühn scheinen, auch den griechi-
schen Hephaistos herbeizuziehen. Preller sagt (gr. myth«
115) „der name ist noch nicht genügend erklärt. Entwe-
der von ffaWf ffaiv(a oder von demselben Stammworte, wel-
cher in a^rro» zu tage tritt. ^ Der letzten erklärung schliefse
ich mich an, denn antw zeigt gerade jene beiden Seiten
des begriflb in denen wir das wort sabhya kennen lernten,
etymologieen: 5) Sif, Hephaistos. 219
die beziebung zam feuer einerseits) den begriff der festen
Verbindung andererseits, nnr dafs er in äntw ein sinnliche-
rer zu sein scheint, möglicherweise aber auch nur scheint,
da auch in sabh&, dessen wurzel vereinsamt steht, der be-
griff des zusammengefilgten der erste sein mag. Doch will
ich nicht verhehlen, da& noch eine andere erkl&rung mög-
lich ist, dais n&mlich ag>fj das entzQnden und sabh& sich
genau entsprechen und aus dem begriff des entzündeten
heerdfeuers sich der des hauses entwickelt haben mag; auch
die indischen grammatiker erkiftren sabhft aus sa und bh&
leuchten, vielleicht noch mit einem dunklen gef&hl des grund-
hegriSß des worts.
Pictet nun schrieb mir: „da sabheya als ein beihame
des Agni vorkommt, so scheint es mir auch den "H^faiarog
recht gut zu erkl&ren. Ich sehe darin sabheshtha, der im
hause oder der familie stehende (ganz gebildet wie das z.
rathaestaö = ratheshtha), ein trefflicher name für den gott
des hauses und heerdes, welche eigenschaß; wohl die älte-
ste des Agni war. Hephästos als werkthätiger, schmieden-
der feuergott ist gewifs ein späterer begriff.^ In der that
würde eine solche etymologie fär das griechische "Hqxuaxoq
fast genau passen, allein sie hat das bedenkliche, daiis statt
sabhA f. ein sabha m. oder n. angenommen werden mOiste,
das ich bis jetzt wenigstens nicht nachweisen kann; auch das
Heise sich noch einwenden, dais ratheshtha wie das gleichbe-
deutende savyeshtha, beide wagenlenker (ersteres wörtlich der
auf dem wagen, letzteres der zur linken stehende) bedeutend,
im auslaut, wie die deklination ergiebt, verstümmelt sind (vgl*
4, 44), und man demnach eine gleiche Verstümmelung auch für
das griechische annehmen müfste. Es scheint mir deshalb nicht
gut möglich "HcpaMStoQ auf diese weise zu erkiftren, darum
vermuthe ich darin einen Superlativ und zwar von sabheya,
welcher dem sanskrit gem&ls sabheyishtha oder, da einige
dieser adjectivstftmme zugleich vor der Superlativendung
eine vokalverstftrkung annehmen (vgl. rajishtha von rju, ga-
rishtha von guru, dräghishtha von dtrgha, dra^hishtha von
drdha u«8*w.)9 s&bheyishtba lauten würde; aus diesem
konnte den griechischen lautgesetzen gemäfs kaum etwas
216 Kahn
anderes als 'H^aUcroq oder mit contraction "Hcpatarog wer-
den. Unter den beiwörtem der indischen gdtter sind nun
aber viele Superlative und namentlich dem Agni werden
solche wie yavishtha der jüngste, yajisbtha der hochheilige,
beste opferer u. a. gegeben, auch von Seiten der bedeutnng
möchte sich daher eine solche bezeichnung wie „der häus-
lichste^ oder „der höchste der sippe^ als ein passendes
beiwort f&r den gott des heerdfeuers als mittelpunkt des
hauses und der familie empfehlen.
6) pius, priya.
Ebel hat IV. 447 bedenken gegen die vergleichung
von pius mit skr. priya angeregt, indem er sagt: „die ver-
gleichung von pius mit skr. priya, schon wegen des anlauts
verdächtig, kann um so weniger befriedigen als beide Wör-
ter nicht einmal in der bedentung genau genug überein-
stimmen.^ Ich kann diese bedenken nicht theilen und finde
sie zunächst wegen des anlauts nicht gerechtfertigt; Ebel
hatte sich zu einer abweisung dieser vergleichung vorzugs-
weise durch die lateinischen lautgesetze bewogen gesehen,
die aufser hr und sr sonst jede r-verbindung anlautend zu-
lassen und selbst frango, firuor dem skr. bhanj, bhuj gegen-
über zeigen, wo sie aber das aufgeben des einen von zwei
verbundenen consonanten herbeigeführt haben, immer den
schwereren derselben (also hier das p) fallen lassen (ebd.
445). Wenn es nun aber bei der grofsen ausdehnung die
das anlautende pr im lateinischen hat, schon auffällig ist,
dafs dessenungeachtet das p vor r abfällt, wie z. b. in red
=s skr. prati, was auch Ebel zagiebt, dieser ausnahmsfall
also jedenfalls nicht mit den lautgesetzen des lateinischen
stimmt, so ist es noch mifslicher fbr solche ausnahmsfolle
wieder allgemein gültige lautgesetze in anwendung bringen
zu wollen. Ist der abfall des p ein seltener, so glaube ich
kann auch ebenso gut in seltenen fällen der abfall des r
angenommen werden und wenn ich nicht irre, hat beides
seinen grund in der natur des r, das, und zwar nicht blos
etymologieen : 6) pius, priy«. 217
dialektisoh sondern auch indiyidaell , bald als ein linguales
bald als ein gutturales gesprochen wird; in ersterem falle
wird das p, in letzterem das r leichter verschwinden. Seu-
che erscheinungen können in einzelnen dialekten oder gan-
zen spritchstämmen aUmählig durchdringen und zuletzt all-
gemeine gesetze herbeifahren, aber sie können auch eben-
sowohl in ihrer Vereinzelung neben dem ursprflnglichen
lautstande bestehen bleiben. Im griechischen zeigt sich dies
an dem dorischen noTi\ welches, i^geachtet weder das grie-
chische im allgemeinen, noch das dorische im besondem
eine abneigung gegen anlautendes ttq zeigt, dennoch das
g aufgegeben hat; auch der epische dialekt besitzt es, wäh-
rend ngog daneben doch auch selbst im dorischen noch
nicht ganz verschwunden ist (vgl. Ahrens diall. II. 358).
Will man hier annehmen, dafs das (> erst durch metathe-
sis geschwunden sei wie in posco, weil noch nogri dane-
ben stehe, so wird die Schwierigkeit dadurch nicht geho-
ben, da QV eine durchaus nicht ungewöhnliche Verbindung
im griechischen ist und überdies, wenn mau ;iore erst aus
nogri hervorgehen lielse, eher ein no^pi als noxi zu er-
warten wäre. Gerade diese metathesis des g scheint mir
ftlr die obige annähme der gutturalen verflfichtigung des r
zu sprechen, denn auch in der von dgitpog statt Si(pgog^
rgdcpog statt xdffgog, ßdgSiatog statt ßgdStaxog (Ahr. dialL
IL 113) sehen wir sie bei der Verbindung von labialen mit
g eintreten, nur in xigxog statt xgixog tritt sie bei einem
guttural ein, erklärt sich aber auch zur genüge, wenn das
g eben ein gutturales war, da ein gx immer bequemer aus-
zusprechen war, als ein xg^ weshalb auch xäguarog neben
iegärnTTog bestand; dafs das g aber im dorischen dialekte
vorzugsweise ein gutturales gewesen sein wird, scheint mir
sowohl aus der ganzen natur des dialekts, der wie die kehl-
laute, so namentlich ein den kehlvocal a begünstigender ist,
als auch aus dem lakonischen insbesondere hervorzugehen,
welches das a sowohl in- als auslautend in g verwandelt,
und dieser Übergang erklärt sich, wie ich gezeigt zu haben
glaube, nur durch die vermittelung eines gutturalen hauchs.
S18 Kuhn
wie ihn das sanskrit im visarga hat (oben IV. 31). Nun
sehen wir aber auch das latehusche ganz in derselben weise
wie das lakonische in- und auslautende s in r verwandeln
und mindestens fbr diese Alle wird deshalb fbr lateinisches
r eine gutturale ausspräche anzunehmen sein, so dafs mit
annähme dieser ausspräche auch bei ursprünglichem pr dem
ausfalle nach p wie im griechischen notl nichts entgegen«-
steht; denn re-, red aus prati beweist eben nur, dafs der
spräche entweder das r in diesem falle ein mehr linguales
war, oder dafs sie aus andern gründen einen andern weg
einschlug.
Ich deutete eben an, dafs in den fiülen, wo das grie-
chische ein schwinden oder eine metathesis des q zeigt,
diese erscheinungen durch eine Verbindung desselb^i mit
labialen oder gutturalen hervorgerufen sei ; die von Grimm
gesch. d. d. spr. 314 gesammelten beispiele von tilgungen des
r bestätigen dies für die deutschen sprachen durch ahd. hei-
giro neben ags. hr&gra, nhd. reiher, ahd. spioz nhd. spiefs
neben ags. spreot, nnl. spriet (noch in bugspriet), e. speak,
späteres ags. specan neben älterem ags. sprecan, nhd. spre-
chen, ahd. waso neben dial. wrase, fräse. Die übrigen dort
verzeichneten beispiele erklären sich auiser mnl. daghen pati,
alts. adogean neben ags. adreogan durch assimilation. In
gleicher weise tritt dieselbe erscheinung auf in skr. bhanj
neben lat. frango, gr. äyvvfiv und ^rjyvvfu^ goth. brikan,
nhd. brechen, in skr. bhuj neben lat. fruor (neben dem je-
doch, was wohl zu beachten ist, fimgor, skr. 3 sg. &tm.
bhunkte steht), goth. brukjan, nhd. brauchen, in und. spat-
teln neben ahd. sprataldn, holl. spartelen, in e. speckle ne-
ben Schott, spreckled, nhd. gesprenkelt, in altn. buna sca-
turire, f. scaturigo neben altn. brunnr fons ahd. bmnno, e.
pin nadel, nagel, d. pinne neben schott. prin dass., altn.
priön Stricknadel, ags. pre6n fibula. In allen diesen fällen
stehen ebenso zahlreich wie im lateinischen in jeder der
betreffenden sprachen beispiele von mit r verbundenen la-
bialen daneben und dennoch ist das r im je betreffenden
falle ausgefallen. Es muis also jedenfalls eine gewisse
etymologieen: 6) pins priyft. 219
leichte unyerträglichkeit in den gattnralen und dem r sein^
die hin und wieder das schwinden des r hinter dem IshiBr
len herbeiführt; dafs dieselbe in der gutturalen natur des
r liege hatte ich bereits, als ich den ukermärkischen namen
der Frigg, welcher Fuik lautet, in Hauptes zeitsch. 5. 376
besprach, ausgesprochen.
Grade dies Fuik f&r Frigg stimmt nun ebenfalls zu
skr. priya, aus dessen femininum priy&, die liebliche es un-
zweifelhaft hervorgegangen ist. Nur die allmählig eintre-
tretende unverständlichkeit des worts kann hier den Wech-
sel des r mit u erklären, da firiggen freien, frugge frau und
viele andere Wörter mit fr im betreffenden dialekte dane-
ben stehen. Wenn schon alle diese beispiele und das über
die natur dieser erscheinung gesagte, es mir wenigstens
unbedenklich machen einen solchen ausfall des r auch f&r
das lateinische anzunehmen, so wird dies noch unbedenk-
licher durch die form, welche priya im P41i annimmt, wo
es nämlich piya lautet. Hier ist freilich der ausfall des r
nach consonanten fast durchgreifende regel geworden, aber
es wird eben auch dadurch bewiesen, dafs das r eine wirk-
lich äufserst flüchtige natur haben müsse, da es in den
meisten f&llen in dieser spräche so spurlos verschwinden
konnte. Berücksichtigt man nun, dais auch im lateinischen
pius (natürlich von den ableitungen abgesehen) der wurzel
nach ganz allein steht, so wird wohl wenn man ihm jenes
piya zur seite stellt, auch das letzte bedenken über die
möglichkeit eines solchen formwecfasels im lateinischen ver-
schwinden.
Wenn nun aber auch die bedeutung bedenken erwek-
ken soll, so scheint mir dies ebenfalls nicht von gewicht;
um den unterschied in den begriffen Ton priya und pius
klar hervorzuheben und doch zugleich klar zu machen, wie
sie identisch sein können, bedarf es kaum eines weiteren
mittels als dafs man beiden Wörtern das lateinische liber
und liberi zur seite stellt Beide gehören unzweifelhaft
zur Wurzel skr. lubh, goth. liub, begehren, lieben, wie zum
überfluis das neben übet noch bestehende lubet zeigt: liber
DD Kuhn, e^rmologiMn: 6) piofl, prij«.
frei ist nun der die thätigkeit der wurzcl übende , d. h.
seiDem begehren, belieben ohne schwanken folgende, wäh-
rend liberi die geliebten sind, vgl. tfika rixi/a, (pikog viog.
Grade so unterscheiden sich auch pius und priya, jenes ist
der (götter, altem, recht u. s. w«) liebende, dies ist der ge-
liebte, angenehme. An der vergleichung von goth. freis
frei mit skr. priya hat man noch nicht gezweifelt, da glück-
licherweise noch frijön lieben, küssen danebensteht, und
doch unterscheiden sich beide grade so wie pius und priya,
wie über und liberi. In (plXog endlich sind beide bedeu-
tungen, die active und die passive, in einem und demsel-
ben Worte verbunden. Die Vermittlung dieser beiden be-
deutungen liegt eben in dem jeweiligen Standpunkte, von
welchem die thätigkeit au%efaist wird, der geliebte bedingt
nothwendig den liebenden wie der liebende den geliebten,
es ist dasselbe verhältnüs, was wir bei den präpositionen
fKQog und Big und nis eintreten sahen, die bewegung ist
beim „von her^ und „bin zu^, wie beim „heraus'^ und
„hinein^ dieselbe, nur der Standpunkt des urtheilenden
wechselt. Darum können ftlle eintreten, wo beide bedeu-
tungen fast zusammenfallen, wie z. b. wenn es Nala 4. 7.
heilst: vipriyam hy 4caran martyo devanam mrtyum ar-
chati „denn wer den göttern unliebes thut erlangt den tod^,
wo vipriyam und impium sich in der bedeutung fast decken.
Zum scblufs noch ein paar worte über (pikog. Bopp
hat auch dies, wie ich glaube mit recht, mit priya (gl. s.
r. pri) zusammengestellt, indem er metathesis aus <pki: (pik
und Wechsel des r mit k annahm; die aspirata statt der
tenuis hat vor g kein bedenken, wir sehen sie in '&qov =
-tram und in anderen fallen, sie muTs also eingetreten sein
als das q noch seine alte stelle inne hatte und noch nicht
in k übergegangen war. Die metathesis des k gewordenen r
hat ihr vollkommenes seitenstück in dem zigeunerischen pir
st pri, wohl auch im bind, pyar, piyär liebe (vgl. Diefenb.
g. wb. 1, 409), bei dessen vei*wandlung auch noch andere
lautgesetze gewaltet haben. A. Kuhn.
Weber 221
Der name laoveg Yavana.
Dem was Lassen I, 729 — 30. 861 — 62 bemerkt hat,
ist wenig hinzuzufügen. Seine grundanschauung indefs,
dafs das wort ursprünglich auf die Araber und Phönicier
sich bezogen, halte ich filr durchaus irrig: wir haben kei-
nen einzigen beweis dafür, denn das wort yävana flir
den aus Arabien kommenden Weihrauch ist bis jetzt nur aus
dem Amara Kosha bekannt, einem lexicon, welches aller
Wahrscheinlichkeit nach etwa in das 9te, lOte jahrh. p.
Chr. gehört, vor dessen zeit somit der handel Indiens nach
Alexandrien, wie sogar mit den moslemischen Arabern lange
vorausliegt.
Ueber die etymologie des wortes wage ich nichts zu
vermuthen. Lassen's eigene vermuthung p. 730, dafs es
die jüngeren indogermanischen Völker bezeichne, ist ge-*
wifs sehr geistreich, allein wer hat ihnen den namen ge-
geben? ist er ihnen schon bei ihrem auszuge von den zu-
rückbleibenden gegeben ^worden und haben sie ihn selbst
an- und — mitgenommen? Dies führt in sehr hohe zeit*)
und scheint mir kaum denkbar. — Oder haben sie ihn sich
selbst gegeben, nachdem sie neue sitze gewonnen hatten?
aber die namensform ist theils an und für sich wohl ziem-
lich ungriechisch theils müfste sie wenigstens noch in eine
periode reichen, wo der alte halbvokal y (j) sich noch nicht
in ^ (Z7]Ta) umgesetzt hatte, wie dies im griechischen sonst
geschieht (zumal wenn man das wort jung iuvenis, wie ge-
wöhnlich geschieht, von derwurzel dyu, leuchten herleitet:
der ausfall eines solchen d vor y hat im griechischen stets
^ hervorgerufen). Auffallend allerdings ist, dafs den Grie-
chen das dem lat. iuvenis, unserm jung, ind. yuvan ent-
sprechende wort fehlt. — Oder aber ist ihnen dieser name
von den firühem ansiedlem, der durch sie besetzten striche
*) Eio rest aiu dieser ist 2. b. das wort barban skr. stammelnd, balb-
Qtieiis ßctQßoQOfi auch bei den Indem spttter fUr fremdsprachige Völker Ter-
wendet. Zuerst im ^kpr&tifftkhja barbaratA.
9M Webw
Kleinasiens gegeben worden?*), dann müfsten diese ari-
schen, iranischen? Ursprunges gewesen sein, w&hrend Elein-
asien doch wohl recht gerade der eigentliche sitz der Semi-
ten war**). Auch pafst der name „jung^ fbr ein volk
wohl nur dann, wenn bei denen, die es so nennen, bewufst-
sein der ursprünglichen stammeseinheit vorhanden ist, ein
umstand, der mich auch hindert anzunehmen, die benen-
nung rfihre von den in den alten sitzen zurückgebUebenen,
später nach Persien ausgewanderten ui*sprünglichen Stam-
mesbrüdern her, aus der zeit, wo sie historisch mit den
laovtg in berührung kamen. Ich weifs also keine Idsung,
die zufrieden stellte. DaTs der name bei den Griechen
selbst erst spät aufkam, ist wohl möglich und die stelle
der Ilias, wo er vorkommt, wohl mit Heyne, Knight, Schle-
gel als spätere zugäbe zu betrachten. Sind übrigens die
namensformen laxog^ lag^ luv blolse Verstümmelungen aus
latavy resp. Weiterbildungen davon, oder enthalten sie viel-
leicht gar die ältere form?
Wie dem auch sei, die Inder haben das wort jeden-
falls entweder durch Vermittlung der Perser oder der Se-
miten zur bezeichnung der Griechen überkommen, und
verwenden es in den ältesten stellen, wo es vorkömmt, nur
zur bezeichnung dieser. Lassen vermuthet (p. 862), dafs
der rühm Athens und seiner kämpfe mit den Persem den
rühm ihrer tapferkeit bis zu den Indern verbreitet habe
und bezieht darauf mehrere stellen im MBh&rata. Erste-
res ist wenigstens nicht ganz unmöglich, wenn ich auch
die stellen des MBh. bei der auffassung, die ich von. dem
Zustandekommen dieses werkes habe, nicht als beweisgültig
daltbr ansehen möchte. An einer andern stelle übrigens
(I, 656 — 57. II, 344) erkennt Lassen selbst, nach Tod's
vorgange, in dem im MBh. als Zeitgenosse und mitstreiter
*) Dies nimmt Schlegel an, nnd zwar bezeichnet er die Ljder aU die
niheber des namens; diese aber waren Semiten.
**) DaTs das wort laovt^ semitisch sei, möchte vielleicht auch darin eine
statxe finden, dafo die Hebräer aa£ser den Griechen auch noch ein volk (nnd
Stadt) im sttdlichen Arabien so benennen, vgl. die exegeten (Credncr nnd
Hitsig) sn Joel 4, 6 (mit bezng anf Arnos 1, 6. 9). Ezechiel 27, 19.
JaoM« YAvana. S23
der beiden desselben genannten Yavanakönig Datt&mitra
den griecbiscb-baktriscben könig Demetrius (180 — 165 a.
Cbr.), worin ich ihm um so mehr beistimme, als uns neuer-
dings gefundenen inschriften ( J. of the B. br. of the B.
A. S. V, 54) aus dem 2ten Jahrhundert etwa a. Chr. die
existeoz eines D&tamittyaka Yonaka für ihre zeit ver-
bürgen.
Bis jetzt faktisch als älteste erwähnung des namens
Yavana nachweisbar ist die stelle in dem edikt des bud-
dhistischen königs Priyadar^in (A9oka) aus dem 3. Jahr-
hundert a. Chr., worin er sich auf seine freundschaft mit
dem Antiyaka yonar&ja d. i. Antiochus dem Griechenkö-
nig beruft.
Ueber die Verbindung der Griechen mit den Indem
8. Eaeler allg. mon. August 1853 p. 673 ff., wozu ich hin-
zufüge, dals die angäbe eines scholi asten zu Pänini „^ayän^
bhunjate yavan&h** „liegend essen die Y." sich eben auch
nur auf die Griechen beziehen kann.
Da sich die Griechen zu Alexanders zeit doch offen-
bar bereits lange Ekktjveg nannten, so ist die unbekannt-
schaft der Inder mit diesem namen wohl daraus zu edklft-
ren, dafs die persischen dollmetscher, deren sich die Grie-
chen bedienen mulsten, dieselben eben mit dem ihnen ge-
läufigen namen Yavana benannten. A. Weber.
II. Anzeige.
Memoire sur les anciens noms de lieux dans
la Belgiqoe Orientale par €ht Grandgagoaget 4.
Eztrait du t XXYI. des m^oires cooronn^s etc. Braxelles,
M. Hayer 1855. In commission bei Joseph Bfir in Frank-
furt a. M.
Der Verfasser hat sich schon durch mehrere arbeiten über den
Ursprung und die spräche seines volksstammes, des walloni-
224 Dittftnbach
sehen, als einen forscher erwiesen, dessen fleifs, omsicht und
Unparteilichkeit deutsche Wahlverwandtschaft jBeigt Uebrigens h<
er sein Tolk auch einem guten theile seiner mischung nach dem
deutschen blutsverwandt Sein Wörterbuch, das den merkwürdi-
gen Sprachschatz der Wallonen kritisch verarbeitet, reift endlich
seiner Vollendung entgegen, und wird dann in den bucherreien
der sprach- und stammforscher ohne zweifei die gebührende stelle
einnehmen, obgleich gerade das so nahe betheiligte Frankreich,
das kein ebenbürtiges gegenstück zu diesem werke aufzuweisen
hat, dessen erschienene theile noch nicht nach würden zu beach-
ten scheint
Das vorliegende werk gehmi; einem zweige der vergleichen-
den Völker- und Ifinderkunde an, dessen Wichtigkeit jetzt immer
mehr anerkannt wird und def auch in Deutschland fruchte zu
tragen beginnt Gleichzeitig mit einer Vorarbeit W ei gands über
deutsche Ortsnamen erschien eine solche unsers verf , deren aus-
führung dieses memoire giebt, gleichwol aber wiederum als be-
standtheil eines gröfseren Werkes erscheint, sofern der verf. hof-
fentlich das gebiet seines Stoffes noch erweitern und seine eth-
nographischen Schlüsse bestimmter darstellen wird. Auch wir
enthalten uns noch der letzteren und begnügen uns hier, dem
reichen, fleifsig gesammelten und sorgfältig gesichteten Stoffe die
beachtung deutscher forscher zuzuwenden, um so mehr, da er
auch in deutsche Staatengrenzen hineinreicht
In Malmedy deuten die Ortsnamen der Umgebungen auf eine
im j. 666 vorherrschende romanische bevölkerung, welche ihre
Sprache nicht erst von den mönchen erlernten, die bei der im-
portirung neuer götter noch die denkmale der alten ^ namentlich
Dianas, vorfanden. Indessen finden sich hier und überall frühe
hybride Zusammensetzungen romanischer und deutscher bestand-
theile. Entstanden nun die letzteren — fragen wir mit dem verf.
— vor oder nach dem eindringen römischer bevölkerung und
spräche? Der verf. sucht die kriterien in dem ränge und der
wahrscheinlichen dauer der bestandtheile zwiesprachiger Zusam-
mensetzungen, wofür hier einige beispiele. Stagnebachus aus
lat stagnare + hd. bach; die spfitere form Stembach habe
das früher unverstandene und von den Romanen gleich als ei-
gennamen übernommene stagnare (stagnum?) durch stem-
men übersetzt Dagegen ist in Jocundi-fania der zweite be-
Btandtheil ein ursprünglich deutscher gattungsname (goth. fani,
amsejge. 225
i^allon. fagne, vgl. Grandg. dict. waUon. I, 201. H, XXIH. sq.),
welefaen einwandernde Romanen vorfanden und alsbald adoptier-
ten, Eltae Villa bei Maestricht (p. 81 sq.) enth< einen men-
schennamen, der am^h in der rheingauischen Eltville wieder-
kehrt, wenn anders Altavilla eine erst spätere umdentung der
letzteren ist Mit recht macht der verf. auf das h&ufige n in den
sufifixen -nacum, -niacum u. dgl. neben -acum aufmerksam.
Hietzteres mag zwiefachen Ursprung haben: aus einem deutschen
ijvorte, und aus einem keltischen suffixe. Dem eigenthümlichen
Aber in Belgien häufigen ortsnamensuffixe -mala schreibt der
verf. vermuthlich richtig deutschen Ursprung zu. -dor wiederum
mag theils aus dem daneben vorkommenden nL -dorp gekürzt,
theils dem gallischen -durum u. dgl vergleichbar sein. Dunck
u- 8. w, (p. 66 flF.) möchte der verf. zu dem frz. donjon stellen,
dessen uns bekannte ableitungen uns nicht genügen. Uns erin-
nert mindestens Ursidongus als bärenhöhle an das (wenn auch
erst spätere) mhd. dune hjpogaeum, gynaeceum, teztrina. In-
teressant ist die bemerkung, dafe die söhne Ludwigs des From-
men den berühmten vertrag in Dugnj bei Verdun schlössen,
das in diplomen Dungheih, Dongei heifst Verdienstvoll sind
die Zusammenstellungen aller erreichbaren Übergangsformen. So
z. b. heifst Buruncus in Antonius itinerarium später urkund-
lich Worunch, Wuronc, jetzt Woringen; Thenismons,
Montistenensis u. s. w. jetzt fläm. Thienen frz. Tirlemont;
Geldonia, jetzt frz. Jodoigne fläm. Oeldenaken, wobei
der verf. au eine mögliche frühere lautstufe in Calidona (accus.)
Amm. Marc XXYII, 1 erinnert, das seinerseits eher den Eale-
donen Britanniens verwandt ist, als dem kaly donischen eher.
Den in ahd. glossen vorkommenden namen Lüttichs: Bratua,
Brateca, Batheca, hat der verf. absichtlich nicht aufgenommen
da er ihn nicht gesichert hält
Frankfurt a. M. Lorenz Diefenbach.
V. 3. 15
226 Htonhardt
Dr« Kt Tht Pyl docent für archaologie und neuere
kunstgechichte in Greifswald.
Mythologische beitrage zu den wissenschaftlichen forschangen
über die religionen des alterthums mit hülfe der vergleichenden
sprachwissensdiaft 1 th. Dad polytheistische System der grie-
chischen religion nebst einer litteraturhistori sehen einleitang.
Greifswald. Th. Kanike. 1856.
Wir könnten das obige werk als arbeit eines dilettanten bei
Seite legen, wenn der herr Verfasser, der im gebiet der kanstge-
schichte bewandert sein mag von philologischen kenntnissen aber
kaom die demente gekostet hat, nicht mit der anmafsung eines
meisters aufgetreten w&re, der die begründeten resultate unserer
gewiegtesten forscher in frage stellt. Darch die keckheit seiner
behauptangen wird es ihm leicht den unkundigen zu bestechen,
dentl wenn die Zeitungen recht berichten, so wurde sogar in ei-
ner der letzten Sitzungen der archäologischen gesellschaft zu Ber-
lin sein buch als eine bedeutende epochemachende arbeit geprie-
sen. Gegenüber diesem nngegründeten lob von Seiten namhafter
autoritSten halten wir es für pflicht eine warnende Eckartstimme
zn erheben und mit wenigen worten den Charakter der Pyrscben
beitrage darzul^en.
Nach einer breiten wenig fSrdemden einleitnng über Emil
Brauns, Prellers, Gerhards und Laners mythologische Standpunkte
die mit einer anerkennenswerthen definition des begriffs mythos
schliefst, stellt Pyl s. 45 als veranlassung seines buohs „die ab-
hülfe** des tiefgefühlten „bedürfnisses^ hin, ^den umfang
und die tiefe der etymologischen mythologie im be-
reich der neueren forschungen zu erhöhen^. Zu diesem
ende zeichnet er zunächst „ den weg und die methode vor , die
for eine solche mythologische etymologie gelten mufs^. Er sagt
dabei nichts, was nicht bei erster oberflächlicher beschäfdgung
mit sprachwissenschaftlichen Studien sich von selbst ergäbe^ noch
auch überall ausreichendes und richtiges. So gilt ihm s. 48 Mi-
thra (Mitra) der west- und ostarische gott des taglichts for semi-
tisch. — Wer Emil Braun den vorwarf macht (s. 5), dafs er „bei
seiner griech. götterlehre gegen die anforderungen systematischer
«nseig«. ^«^
forschang zu sehr weibliche leser, oder ein aUgemeines laienpu-
blicum'im nage gehabt*' habe, darf nicht seinem wissenschaftM-
eben leser das ABC vorbnchstabiren. Aber überhaupt gleicht
Fyls lange anseinandersetzung der Verwunderung eines stadtkna*
ben, der beim ersten ausfluge in die freie natnr von einer wun-
derbaren weit neuer anschauungen fiberwältigt, seiner freude über
die alltäglichsten erscheinungen in weitschweifiger aber lücken-
hafter darstellung des erlebten ohne verstfindnifs des inneren Zu-
sammenhanges Infi; macht Den neuling, welchem die Unterschei-
dung von gut und böse noch nicht angegangen ist, verrät in noch
höherem mafs der abschnitt s. 52—59 ^Von den hölfsmitteln för
die mythologische etymologie**, in welchem nicht etwa eine ans-
wahl der notwendigen handbflcher namhaft gemacht,' sondern in
buntem gemisch solche werke aufgeführt werden, deren Inhalt das
gebiet der etymologie und mytbologie berührt Neben Bopps
sanskri^lossar, Benfeys wb., Potts etym. forsch., Potts perso-
nen- und Ortsnamen, Höfers z. f. w. d. spr. u. a. begegnen wir hier
ganz unwissenschaftlichen Schriften wie Schwenck etymologischen
Studien, Norks andeutungen zum System der mytbologie, dessel-
ben etym. symb. realwb., hinten nach werden „als sehr brauch-
bare werke*' Adelungs wb. der hochd. spr. und das wb. zu From-
inans altdeutschem lesebuch aufgefahrt Alle diese bficher unter-
liegen einer ausfuhrlichen besprechung. Nur ganz im allgemei-
nen, ofiFenbar weil er sie kaum dem titel nach kennt, bezeichnet
der herr Verfasser „Grimms, Lachmanns, v. d. Hagens, Wacker-
nagels werke, Graffs ahd. Sprachschatz u. a. als von grofser be-
deutung für das gebiet der germanischen sprachen.** Lobecks
onsterbliche grammatikalische und lexicalische arbeiten dagegen,
welche die grundlage jeder eingehenden Untersuchung auf dem
felde hellenischer etymologie bilden müssen, die griechischen gram-
roatiken von Curtius und Ahrens, des ersteren schrift Über die
tempora und modi, wie die über die Sprachvergleichung im ver-
hältnifs zu den classischen sprachen, des letzteren dialectforschun-
gen, Benarys römische lautlehre, Schneiders lat grammatik, selbst
diese Zeitschrift f. vgl. Sprachkunde die seit 5 jähren den verei-
nigungspunkt der indogermanischen sprachvergleicher bildete, sind
für Pyl umsonst geschrieben, er hat nicht einmal ihren namen
gehört. Wahrscheinlich wäre es ihm mit Bopps vergleichender
grammatik ebenso ergangen, wenn ihn nicht citate in den wer-
ken von Pott und Benfey bisweilen darauf aufmerksam gemacht
15*
228 Maanhardt
hätten. Er glaubt indessen darin nicht mehr, ab ,, manche auf-
klärong über yerschiedene nnsern zweck betreffende fragen^ zu
finden (8. 53); er ahnt nicht, dafs jeder sprachvergleichang die
genaueste grammatisdie kenntnis za gründe liegen mofs und be-
gnügt sich mit einigen nur zu leicht irrefOhrenden lautgesetzen.
Diesem princip entsprechen die ei^ebnisse seiner Untersuchung.
Schon 8.63 will er, von dem ,, begriff der gottheit^ handelnd,
gegen J. Grimm gott und gut, goth. gu)> und gods vereinigen.
^Es wird sich ergeben, dafs die ganze Verschiedenheit im Wech-
sel zwischen u und o, zwei sehr nahestehenden vocalen besteht
und scheint mir daher, wenn wir die beiden ältesten formen be-
trachten ein Zusammenhang zwischen goth und guth nfiher als
zwischen guth und quadata zu liegen, besonders da eine bezeich-
nung gottes als des guten, edlen als des sittlich erhabenen für
das gerade in Sittlichkeit so hoch gestellte volk der alten Grer-
manen deutlich geeignet isi^ Die kenntnis dafs der ursprungliche
unterschied der der vocale u und & war, ist von herrn PjL na-
türlich nicht zu erwarten. Aus z. f. vgl. spr. I, 159 Pott perso-
nennamen 151 aber hfitte er ersehen können, wie auf methodi-
schem Wege an die stelle der ableitnng von qvadata eine andere
zu setzen versucht wird.
In der begonnenen weise schreitet die Untersuchung weiter,
die Gothen (GiiJ^ans und Gautos), dya&og, Jäxaioi and Jäxdkeug
= ^xitk&ig enthalten für Pyl denselben stamm wie gu)>, gods
und es ergiebt sich p. 66 die identische reihe:
Gut. Gott. Gothen.
aya&og. jixiXUvg, JixcuoL
Noch übler ergeht es den armen Ansen. Sie werden zu Ariern,
Ausonen u. s. w. gemacht, wie ihr gegensatz die )>ur8en zu Tu-
raniem, Etruscem u. s. w. Das endresultat bilden die identischen
reihen:
Äsen Thursen
Aes-ares {Aicoi) Tyrsener (Turan)
Ansoner (Aurund) Iliuseer, Etruscer, Hetruscer
Jran Turan
Armenien Turkmanien
Arier Tartaren
Asien Taurien-Tauros
Europe Taur-opus, Tyros, Tyro.
Sapienti sat Wir erlauben uns herrn Pyl auf einen verwandten
anzeige. ^9
forscher aufmerksam zu machen, der mit nicht geringerer kühn-
heit als er über Stammverschiedenheit indogermanischer und iiicfat-
iodogermanischer Völker*) sich hinwegzusetzen versteht, an be-
scheidenheit aber wol ihm als muster vorangestellt zu werden
verdiente. Dr. J. G. Bonisch bewies schon 1830 in seinen „Göt-
tern Deutschlands, vorzuglich Sachsens und der Lausitz^ den Ur-
sprung der Deutschen oder Deuter und ihrer Äsen am Kaukasus
(Gau-k-Asns) und Thaurus, wo das paradeis gelegen (d. i. a paar
deits, das erste paar Deutsche), dessen urbewohner Adam (von
a dem kindlichen naturlaut und dämm dem ersten trocknen pl&tz-
chen der erde) und Eve (ehe fee) waren. — Auf demselben Stand-
punkt steht Pyl, wenn er s. 76 fgg., die mit E, J, H oder V
anlautenden „keltisch-germanischen^ namen z. b. Helvetia, Herc-
ynia, Hermiones, Hispania^ Hibernia, Himera, Hirpini, Helium,
Eboracum, Ebosia, Egara, Elusa, Jlerda, Veamini, Veca, Vecta,
Vegium, Velauni, Venami, Verag-i, Vei^incetorix, Vibelli, Vicel-
lenses, Viminacium, Vindobona, Virodurum u. s. w., ja sogar die
griediischen Pelasger, Pellene, Pedasa mit der fragepartikel gr.
nov goth. hvajyro praefigirt sein l&ist — Von s. 79 ab bemuht
sich der Verfasser den beweis zu fahren, „dafs die griechi-
sche religion wie alle übrigen religionen der indoger-
manischen Völker am anfang monotheistisch war; aus
dem begriffe des Zeus hätten sich alle übrigen götter-
wesen entwickelt^ Beweise für diese ansieht suchen wir ver-
geblich, nur unrichtige folgerungen aus unrichtigen Voraussetzun-
gen werden in gewohnter breite vorgetragen z. b. s. 92 cot und
Wuotan als wurzelhait verwandt nebeneinandergestellt. Ein ein-
ziger blick in die bisherigen resultate der vergleichenden religions-
Wissenschaft hatte eines andern belehren müssen. Herr Pyl wurde
gefunden haben, dafs bereits in der ältesten zeit Dyäushpitä und
mäta prthivi wie Zsvg nat^g yij tB fiijtfiQ als polytheistische göt-
tergestalten neben anderen streng davon geschiedenen götterwesen
bestanden. Die historische einheit dieser beiden götterpaare gewähr-
leistet die germanische mythologie. Denn neben Tius, altn. Tjr,
der der spräche und dem ursprunglichen begriff nach mit Dyäus
und Ztvg identisch ist, stand wie bereits Kuhn mark. s. VIL W.
*) Freilich belehrt uns u. a. henr Pyl 8. 76: „Bekanntlich steht Über den
Ursprung der Etruscer jetzt die meinung fest, dafs sie germanisch -keltischen
Ursprungs wHien."
290 ICannhwdt aaseige.
Maller Altd. relig. 226 erkannten eine gottin, welche Oegisdr. 40
erwähnt Schwerlich war der name derselben von anfang an
Herce, Erce, denn dieser kann erst eingetreten sein als T^r selbst
zum schwertgott niedersank und den beinamen Hairas, Er Jr an-
nahm. Nan nennt aber derselbe ags. segen (myth. CXXIX)
zur fruchtbarmachung der ficker, welcher v. 27 „Erce,
Erce, Erce Eor!$an modor^ anruft, diese göttin r. 59 „h&l ves >a
Fol de, fira modor. Fold begegnet auch in der altn. Sk^den-
poesie für Jör!$ und SignrSrifamäl 4 wohnt diesem wort neben
sesir und ^ynjar gewifs persönliche geltang ein:
Heilir sßsir
heilar äsynjur,
heilsj4 in fjölnjta Fold.
Altnord, fold fahrt auf fuld zurück, wie ags. folde auf fuldä, ahd.
velt auf fild, alle auf eine grundform fald (faldu?), welche nach
strengem lautwechsel indischem Parthivi, Pfthivi von ppthu ent-
sprechend ist.
Im verlauf der Pylschen Untersuchung tritt keine besserung
ein. ü. a. finden wir Tlga, ^QfjS, "'Egfojgy ly^o)^, !^Qtefug^ ovQa-
i^og^ goth. air]>a ahd. werlt (das er aus einem älteren selbsterfan-
denen vairj^a? erklärt, ohne die Zusammensetzung zu ahnen) auf
eine wurzel var zurückgeführt, die den begriff des zeugenden
Schaffens der erde enthalten soll. S. 148 wird llo^eiddäw aus
novtog erklärt u. s. w. Man erlasse uns auf des verf s arbeit wei-
ter einzugehen. Wenn er es mit der ¥ri8senschaft ernst meint,
wird es ihm nicht schwer fallen durch eingehendere und beharr-
liche Vorstudien die f&higkeit für vergleichende mythenforschungen
zu gewinnen, welche ihm jetzt in so hohem grade abgeht An-
derenfalls bitten wir ihn die Verwirrung auf dem gebiet der grie-
chischen mythologie, welche schon grofs genug ist, durch halb-
gelehrsamkeit nicht noch weiter zu steigern.
W. Mannhardt
III. HlMseUen.
aigi, airm.
Die Verwendung des ai für e in diesen formen des cod. S.
Qalli 7tes Jahrhundert) hat J. Grimm schlecht und untauglich ge-
Grohnuuuii jaiacelle. 231
nannt ♦). Sie findet sich jedoch, obwohl selten, auch in anderen
denkm&lern (aillin Can. 9. Stesjahrh.) und scheint nur überhaupt
für die geschichte des deutechen umlauts nicht ohne Wichtigkeit,
Der deutsche umlaut hat sich bekanntlich, wie im send auf
folgende weise entwickelt: zeigte die ahd. Wurzel ursprünglich
ein a, und es trat unmittelbar an sie ein ableitangs- oder flexionB-
soffix mit i, 1, j, so reproducirte das i, i, j der ableitung oder
flexion ein kurzes i in der wurzel, das sich mit dem a derselben
zu ai verband, jedoch so, dafs in diesem diphthonge der a-laut
präyalirte. Wahrend ab^ das zend auf dieser stufe stehen blieb,
verschmolz im ahd. der diphtong in ein helles e.
Fassen wir nun den ahd. umlaut in dieser weise, so werden
wir auch in aigi und airin nicht fehlerhafte formen sondern ar-
chaismen erkennen, zumal als sich das ai für e nur in den <e-
sten denkm&lem und neben nicht assimilirtem a findet
Prag. J. Virgil Grohmann.
1) bhri — forare. poran.
Die neupersische Sprache zeigt neben bürden, tragen, auch
ein verbum buridan, schneiden, auf. Beide verba gehen auf
die altbaktrische wurzel bere zurück, während aber dort bere
tragen nach conj. 1 abgewandelt wird, scheinen die formen ba-
renenti, barenaguha, die auf bere schneiden zurückgeführt wer-
den müssen, zu conj. 9 zu gehören. Für die ir&nischen sprachen
steht diese bedeutung der wurzel bere sicher genug und auch im
sanskrit läfst sie sich nachweisen, wenn man die stelle Ry. 10.
171. 2 tväm makhasya dodhatah ^iro Va tvaco bhara^ mit Kuhn
übersetzt „du rissest des zappelnden opferthieres haupt von der
haut^ (vgl. zeitschr. IV, 19). In den classischen sprachen scheint
mir forare hier zu gehören, womit J. Orimm im deutschen w5r-
terbuche bereits ahd. poran, unser bohren verglichen hat. — In
den neueren iranischen dialecten hat das von bere schneiden ab-
geleitete brin die bedeutung des absolut mächtigen (es wird häufig
als epitheton des Schicksals gebraucht); liefse sich dieser über-
•) Grimm d. gr. I', 104.
23) Spiegel
gang auch in anderen indogermanischen sprachen nachweisen,
80 wäre es wol nicht za kühn auch gr. q>8Qratog hieher za
ziehen.
2) vadh.
Von dieser wurzel abgeleitet findet sich einige male im Avesta
vaidhi fliefsend, als sahst, flufs. Nach den gewohnlichen laut-
fiberg&ngen der neueren iranischen sprachen (v = gv, dh=j)
wird daraus huzv. i"|3; neup. cS^^5 dschui, Flufs. Hieran schlie-
fsen sich ungesucht skr. uda, vdtoQ^ unda, vadum, goth. yato und
unser wasser. Der wurzel vadh dürfen wir hiernach die bedeu-
tungen gehen, fliefsen zutheilen (cf. lat vado). In dieser bedeu-
tung kann ich zwar bis jetzt innerhalb der iranischen sprachen
die wurzel nicht belegen, desto häufiger ist das causativnm ya-
dhay^mi, gehen machen, fahren, z. b. Yd. XIX. 94 vizaresho
daeyo nimna . . . urvänem hartem vädhay^iti, ib. YIII. 42 9par
nem . . . aetao pathao vivädhayantu einen hund . . . sollen sie
auf diesen wegen führen. Vom zufuhren zur ehe wird das wort
gebraucht ibd. XIV. 66 narebyo ashavabyo näirithwana. upa. vä-
dhayaeta er führe sie (die Schwester oder tochter) den reinen
männern zur ehe zu. So wird es begreiflich, wie im afghanischen
noch väda die heirath bedeuten kann. So hat auch das littaui-
sehe vedu ich führe noch die bedeutung ich heirathe. Als ein
Vertreter dieser wurzel vadh im sanskrit scheint mir das sahst,
vadhü frau gelten zu müssen, für das meines wissens noch keine
genügende etymologie aufgestellt worden ist Auch die den Ve-
den bekannte bedeutung vadhvab =■ nadyab scheint mir am be-
sten durch das obige erklärt zu werden. Spiegel.
1) Wurzel kru.
Die Verbindung dieser drei harten laute erscheint als der
unwillkürliche ausdruck der empfindung von etwas abstofsen-
dem, widerwärtigem. Aus einem dergl. grundbegriff wenig-
stens lassen sich mit leichtigkeit alle diesem stamme zugehörigen
Wörter herleiten.
Als verbum kommt derselbe in dieser gestalt im sanskrit
nicht vor, wohl aber bietet es uns mehrere nominalformen, wel-
miflcellen. 2SS
che munittelbar auf krn sorackgehen. J. Orimm (gesch. der
deatschen spräche p. 1010), Nesselmann (litth. Wörterbuch s.
V. kraujas) und Kuhn (oben 11, 236) haben bereits die Wörter
kravis, kravya, xgeag^ goth. hraiva, ahd. hr^ „ fleisch^ mit
craor, craentas, altpr. krawja, litth. kranjas ,,blat^ nebst noch an-
dern slavischen und keltischen Wörtern verglichen. Beide bedeuton-
gen erklären sich gegenseitig durch den gemeinsamen grundbegriff
des rohen, geronnenen oder nach psychischer seite hin des
grausens, granens, vgl. ahd. grdison, ags. gi^r, eböhm. hmza,
poln. groza, schrecken, furcht, skr. krüra, zend. khrui. Nessel-
noiann hat auch bereits crudns, crudeüs herangezogen; letzteres
ist nur eine Weiterbildung des erstem: dieses selbst aber ist ent-
weder aus cruidus entstanden, also ableitung aus cruor, resp.
der wrz. kra selbst, oder man könnte die ebenfalls hiehergehö-
rige wrz. krudh, zend. khrudh „zürnen^ vergleichen, was indefs
weniger anspricht. Jedenfalls stehe ich nicht an auch crux
hieherzuziehen, und die bedeutung „marter^ der des „kreuzes^
voraufgehen zu lassen.
Nach der rein physischen seite hin vertritt die wrz. km den
begriff des „rauhen, rohen^ ags. hreov, hreog. Sollten etwa
lat. ravis, heiserkeit, raucus (für ravicus) mit abfall des anlauts
hieber gehören? und mit Übertragung auf die färbe lat ravus, ahd.
gräw, unser grau? vgl. die abscbwfichang von cradus zu rudis,
welches letztere der bedeutung wegen wohl von rudor, mdere ab-
zutrennen ist. Im Sanskrit und zend bedeutet wrz. kru9, kbru^
„rafen^ eigentlich das rauhe anfahren, anschnautzen*): kroda
bezeichnet den rauhen, zottigen theil der brüst (Mabfdh. zu VS.
25, 8. KatyÄyana ^rauta sütra 6, 7, 6. 8, 13), ebenso lat crus
wohl eigentlich den haarigen, rauhen theil des beines. Sollte
etwa auch 9roni, clunis hierhergehören? Das griechische x^o^
eiskälte, frost, eis, nebst seiner sippe HQV/Aogy ngviStoXkog^ cmsta
etc. geht auf denselben begriff des rauchen, geronnenen, harten
zurück, ist ja auch bereits längst mit cmor verglichen worden.
2) Wurzel mas.
Die Wörter: mastu molken, mastishka gehim, masura eine
art erbsen, mäsara (schäum nach Wilson, nach Mahidh. aber
*) Mit dem rein onomatopoietiBchen crociare , krithen etc. hat wrz. Iuru9
direkt nichts zu thtm, wenn anch eine psychologische Verbindung zwischen
tu Weber
ZU VS. 19, 1 bexeichnet es heüses reiswafiaer, mit verschiede-
nen gfihrenden Substanzen vermischt), m&sba eine art höhnen,
im verein mit mäns, mänsa fleisch fahren uns auf eine wurzel
mas mit dem grandbegriffe des blähenden, nährenden, fet-
tigen. Die mit m&nsa verwandten Wörter hat bereits J.Grimm
(gesch. d. deutschen spräche p. 1009) ausführlich besprochen und
gewifs mit recht auch lat. mensa dazagezogen. Er verweist zu-
gleich auf unser mastan, mästen, und griech. fAaarog (fia^og)
brüst, ahd. manzo euter, lat. mamma. Auch altn. misa molken
und die übrigen von Grimm p. 1008 gesammelten Wörter gehö-
ren herzu. Ich ziehe aber ferner heran: lat mas, masculus:
die ableitnng aus wurzel mar „sterben^ will mir nicht recht be-
hagen, da die frauen ebenso gut sterben, als die männer, mas
uberdem nicht mensch bedeutet, sondern ganz speciell den kräf-
tigen mann in seiner mascula virtus, den maritus: vielleicht
gehört selbst skr. mushka hode oaxos (mit abfall des anlauts)
herzu (vgL muni von wrz. man). Ferner mustus, jung, neu,
frisch (wovon unser „most^), davon mustela wiesei (von der be-
hendigkeit?), endlich lioa^og junger schöisling, muscus moos
(vgl. masrna zart, weich bei Wilson). Sollte nicht auch in iwg^
musculus muskel die beziehung auf „maus'' etwa vielleicht nur
eine alte Volksetymologie, der grundbegriff dagegen der des schwel-
lenden, fleischigen, kräftigen sein?
Eigenthümlich ist die Vereinigung der bedeutung: smallpox
in dem worte masura erbsen, und: a cutaneous disease in mäsha
höhne. Naturlich stellt sich dazu unser mas er mit seiner sippe,
das man sonst von mase, masche, fleck abzuleiten und mit ma-
cula zu verbinden pflegt Sollte allen diesen Wörtern nur die
von der gestalt der erbse, bohne entlehnte metonymie zu gründe
liegen?
Skr. masta, mastaka herz, köpf ist wohl ohne beziehung zu
fMC<rfra|, livctai mund, das ja jedenfalls zu ficuraofMU kauen, es-
sen gehört; ich erkläre masta als „gebläht, schwellend, sich er-
hebend (vgl. fAaatog)j gipfel, spitze^, wie es ja auch vom gipfel
des baumes gebraucht wird (s. mastakäkhya bei Wilson). Ist
unser mastbaum (altn. mastr) etwa hieherzuziehen, vgl. lat mä-
der beideraeitigen entstehang allenfalls wohl denkbar ist. Auch kru^c, krufc«
als vogelname (YS. 19, 78. 24, 22) ist wohl onomatopoion : oder geht es
auf die angebliche wrz. kmpc (curvari tortnose incedere Westeigaard) zu-
rück?
miBoellen. 23ft
las, das in der bedeutong apfelbamn wenigstens ebenso wie mA-
lum apfel sich tre£flich auf unsre wrz. mas zurückführen liefse.
3) Wurzel pus (push).
Zu dieser wurzel ist skr. pums der mann zu ziehen, eig. der
kräftige (genährte, sich nährende?): die form pumäns in den
starken casus betrachte ich als eine abnorme Weiterbildung, etwa
ähnlich der silbe na bei den verben der siebenten classe, und
während sich zu pums vortrefflich lat. pusus stellt, vergleiche ich
mit pumäns die formen puber und puer: in letzterem ist der na-
sal ganz geschwunden, in puber dagegen zu b verhärtet. Die
Wörter pus, pusula, pustula, nvov eiter hängen wohl mit wrz. puy
stinken, faulen zu^mmen (vergl. auch puteo, foetor und pudor):
in nvog biestmilch, ahd. piost dagegen möchte ich wieder
unsere wrz. pus erkennen; desgl. in ahd. pior hier: bei nvgop
macht bekanntlich das q Schwierigkeit.
4) svasri Schwester.
Die etymologie aus sva-stri halte ich für ganz haltlos: stri
frau ist selbst erst eine contraktion aus sutri, die gebärende; dafs
tri Suffix ist, beweist der nominativ sing., der stri lautet, nicht
stris, und für den ausfall des u bei einem so häufigen werte ver-
gleicht sich z. b. srabhishtha superl. von surabhi (^atap. Br. VI,
8, 2, 3). Ich erkläre svasar, svastar aus su-astar, von. wrz. as
sein, vergl. svasti Wohlsein, also entweder als die gut seiende,
fireundliche, oder causativisch (was freilich sein bedenken hat) als
die Wohlsein schaffende, sorgliche. — Das wort astar erkenne
ich auch in zend. rathaestar, skr. savyashthar, savyeshthar (hier
mit aspiration wie in sushthu von sv-astu)» denn die herleitung
von wrz. sthä durch ein angebliches affix r (Pän 8, 3, 97 värt
Ufi. n, 97) will mir, trotz savyashtha, savyeshthä, ratheshthä,
die ihrerseits natürlich auf sth& zurückgehen^ nicht behagen.
A. Weber.
Gothisches,
1) gu>.
Zu den Wörtern, deren deutong am meisten Schwierigkeit
gemacht hat, gehört das deutsche gott Halten wir die formen
236 Ebel
der verschiedenen dialecte zusammen, goth. gad- and ga]>-> nord.
gal$, got5, ags. god, ahd. cot (got), so ergiebt sich als ardeutsche
form des Stammes gnda, bestätigt durch die ableitongen im
goth.; die nebenform ga]>- hat die laatverschiebung vernachläs-
sigt, oder sfimmtliche dialecte sind über die erste lantverschie-
bong hinausgegangen. Ware letztsres der fall, so böte sich skr.
huta (nach Bopp's glossar 1. sacrificatus, 2. is cui sacrificatur)
oder huta ^ angerufen^ sor vergleichung dar; dafis sämmtliche
dialecte einstimmig über die gesetzmäfsige ardeutsche form hin-
ausgehn sollten, ist aber nicht anzunehmen, vielmehr zeigt z. b.
das englische father noch heute die regelrechte form im gegen-
satz zum gothischen und hochdeutschen. Aller analogie nach
haben wir also in guda die regelrechte Verschiebung der dentalis
zu erkennen, dag^en finden wir häufig, namentlich aber wenn
die Wurzel ursprünglich mit einer aspirata schliefst, die anlau-
tende media unverschoben, wovon nächstens mehr; beispiele sind
dags von skr. wrz. dah, dauhtar = skr, duhitr, wrz. band = skr.
bandh. Die skr. wurzel, der wir nach diesen analogien unser
wort zuzuweisen haben, ist also gudh (guh) „verbergen^, der
ebenso griech. x€t;^09 entspricht, wie dem bandh, goth. band, das
griech. ney& in nelafia , neiatfJQ , mv&eqog. So hat uns strenge
Verfolgung der durch die lautgesetze gewiesenen spur auf eine
ableitung gebracht, die auch Graff nebenher angefahrt hatte, ohne
sie gebührend zu beachten. Graff erklärte in diesem falle gu]>
als den „deckenden^, vom himmel auf den gott übertragen; wir
haben diese annähme nicht nöthig. Ist gu]>s der verborgene,
der unsichtbare, so wird das passende dieser benennung der
gottheit gerade in deutschem munde einem jeden, denke ich,
einleuchten, der die stelle des Tacitus Germ. 9 bedenkt: ceterum
nee cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris
speciem adsimulare ex magnitudine coelestium arbitrantur.
Lucos ac nemora consecrant, deorumque uominibus adpel-
lant secretum illud, quod sola reverentia vident. Liegt
hierin nicht unsere erklärung gewissermafsen schon ausge-
sprochen?
2) hiri.
Dem gothischen lautgesetze, wonach i vor r in ai übergeht,
scheint hir- in hiri hirjats hirji)? allein zu widersprechen. Ver-
misceUen. 237
gleicht man aber die andern pronominaladverbia auf -r mit den
entsprechenden formen im sanskrit, so ei^bt sich, dafs dies r
aas -tra (goth. ]>ra oder drah) entstanden ist: so entspricht )>ar
genau dem skr. tatra, hvar dem kutra aus kvatra, aljar dem
anyatra, und ebenso erklärt sich jainar, während ufar (nord.
yfir; dem goth. mochte ufair, was statt ufir eintreten mufste, zu
schwer in der endsilbe sein, daher keine assimilation) dem skr.
upari entspricht, andre formen wie hindar, afar, undar verschie-
dene deutung zulassen (locativ -i oder verkürzter instr. -a oder
ebenfalls -tra). So steht nun auch hir (ursprünglich nicht her,
sondern hier, wie man heute noch im munde des volks findet:
komm hier) für hij^ra oder hidra, und daraus erklärt sich,
warum kein hair eingetreten ist Das gesetz, nach welchem i in
ai überging, war schon vollzogen, als sich hidr in hir erleich-
terte, konnte also hier nicht mehr einwirken. Der stamm hi ist
übrigens, wie schon andre bemerkt haben, jedenfalls derselbe wie
im latcis citra und im enclitischen -ce, c von hie, nunc, tunc,
sie, illic, istic, ecce*); gewifs gehört auch das goth. -h mancher
pronominalzusammensetzungen hierher, nur ist es schwer, oft
unmöglich, h = ce und h = que zu scheiden, wie z. b. svah
ebensowohl „so auch^ als verstärktes „so^ (wie sie) sein könnte.
Der auch von Orimm gesch. d. deutsch, spr. 932 fgd. wieder be-
haupteten Identität mit dem stamme des lat hi-c können wir nicht
zustimmen , da dies entschieden mit dem skr. ha = gha, hi zu-
sammenhängt, dem goth. g oder (wegen des griech. y in 7«, 70^,
yovv) k entsprechen müTste. Dagegen läfst sich wohl das griech.
i%zl ixBiPog Hslvog mit unserem stamme vergleichen, da es auch
in der demonstrativbedeutung übereinstimmt, und wenn die Suf-
fixe -ka aka ika u. s. w. nebst den entsprechenden griech. lat.
skr. (Schleicher 269), goth. (vgl. ai-na-ha mit skr. e-ka) prono-
minalen Ursprungs sind, liegen sie nicht weit ab. Unmittelbar
endlich schliefst sich wohl hindar an (vgl ahd. hina) zunächst
„von hier fort, von hier entfernt^, doch ist der zweite teil des
Wortes nicht vollständig klar.
H. Ebel.
*) Auch das ce von c^do cette?
238 Ebel
Oxytonining im lateinischen.
Belege für eine frühere betonung der ersten silbe im latein.
hat Dietrich im ersten bände dieser Zeitschrift beigebracht Ei-
nige formen scheinen indessen auf eine ehemalige groOsere frei-
heit des accents zu deuten, und wie nns berichtet wird, dafs ei-
nige Partikeln noch in späterer zeit oxytona waren, so lafot aich
vermuthen, dafs früher noch mehr worter der barytonirung ent-
gangen sind. Der D/schen Voraussetzung widersprechen wenig-
stens punio neben poena, munio neben moenia, in denen nur
etwa ein dem griechischen entsprechender accent punio das oe
in u wandeln konnte, publicus läfst sich ebenso leicht durch
oxjtonirung als durch betonung der ersten silbe aus populicüs
erklären (mich dünkt, sogar noch leichter), und in punicus ne-
ben Poenus, wie unus aus oenus stimmt die annähme ursprüng-
licher oxjtonirung, die mir hier der einzige weg zur erklärung
scheint, trefflich zum griech. a^;^ixo$, (xvjog wie zum skr. dhär-
mikas, 6näs.
H. Ebel.
Lateinisches.
1) vitricus — privignus.
Benary rom. lantl. 261 erklärt vitricus als „fastvater^ ans
vi und wrz. tra mit kritsuffix -icns, unter berufung auf skr. vimätr
„Stiefmutter^; leichter liefsen sich vielleicht beide Wörter aas vi
= dvi, wie es im lat viginti, skr. virn^ati deutlich vorliegt, als
„zweiter vater, zweite mutter*' deuten. Da indessen ein kritsnff.
-icus (wofBr medicus angeführt wird) selten, die warzel trä aber
im lateinischen bis jetzt noch gar nicht nachgewiesen ist, so wird
es erlaubt sein, eine andre ableitung zu versuchen. Das suf&x
-(i)co finden wir häufig an andre taddhitasuffixe angetreten, so
in rus-ticus, silva-ticus, domesticus (vgl. agrestis, das -es in bei-
den Wörtern vielleicht das bekannte us als taddhitasnffix wie im
goth. veihs = lat vicus) fame-licus; somit mag auch das -tricus
von vitricus ein doppelsuffix -tra (i)ca enthalten, das erste sufßx
das comparative -tara sein, das wir ja auch in ultra, intra u. s. w.
mitoellen. 239
in der gestalt -trs finden. Nehmen wir nun vi auch hier =
dvi, so entspricht vi tri cos bis aof den fehlenden a-laat einem
gnech,*devTeQiH6g (^devtegog = djjotBQog mit aasgefallnem v),
slav. v^tor^^k**, welches uns im poln. wtorek (dienstag) noch
erhalten ist; noch genauer schliefsen sich goth. yi)>ra und unser
widrig in der form an: yitricns wäre also der zweite vater, wie
y^tor^k*' der zweite tag ist Die auslassung des Substantivs
bei diesem ursprünglichen adjectivum wird wohl kein bedenken
erregen.
Auch privignus kann ich nicht wie rom. lautl. 294 fassen.
Dem skr. prth in prthak vergleicht sich viel eher lat. part-, wel-
ches auch Benfey im sanskritglossar herbeizieht, als *prit, was
prith statt prth voraussetzen wurde, und wenn prtvns sich auch
nicht aus pro entwickeln konnte, so ist doch nicht abzusehn,
warum nicht aus pris für prius (ja selbst aus prae wäre nicht
unmöglich), so daTs privus wenigstens in unserm worte sich recht
wohl dem skr. pürva an die seite stellen kann. Das i macht vor
gn keine Schwierigkeit als Vertreter eines oi^anischen a, wir dür-
fen also gewifs privignus als „söhn erster oder früherer ehe^
dem vitricus dem „zweiten^ vater und der noverca der „neuen^
rautter gegenüberstellen.
2) sino.
Wie iaco hat man auch sino auf verschiedene art zu deu-
ten versucht Mir scheint skr. san 8 „geben^ nach form und be-
dentung am nächsten zu liegen; lat i gegen skr. a ist nichts sel-
tenes, und far die bedeutung „lassen^ ist aufser vielem andern
das homerische dog in den anrufungen der götter zu vergleichen*
Bei der offenbaren Verwandtschaft zwischen -nami und -nomi
darf uns auch das nicht wundem, dafs sino sich in der form
dem skr. sanami und nicht sanomi anschliefst, obwohl ersteres
„lieben, verehren**, letzteres „geben ^ bedeutet, also in dieser be-
ziehung dem lat. sino näher liegt
3) simitur.
Seitdem es feststeht, dafs das zweite i in simttur lang ist,
können die früheren deutungen dieses Wortes nicht genügen. Be-
denken wir aber, wie häufig gutturale im lateinischen ausgefallen
240 EbeL Lottner. Munnliardt miscelleo.
sind 9 so bietet sich för simitar eine treffliche parallele im skr.
samjak, das ganz dieselbe bedeotong zeigt Da samyac sich
in den schwächsten casus zu samic zosammenziehu mnfs, haben
wir also anzunehmen, dafs simitur aus simicitur entstanden
ist; das snffix ist freilich noch nicht ganz klar, doch mag -tur
wie das -tu der nebenform simitn aus dem bekannten -tus (in
intus, divinitns u. s. w.) geschwächt sein, vgl. ig i tur.
Dec. 1855. H. Bbel.
1) Wurzel dhyan.
Mit recht zieht Bopp zur Wurzel dhvan „sonare^ das got
drui^us „fragor^. Besser aber noch stimmt altn. dynja „sonare,
tonare^ imperf. dunda zur sanscritform.
2) festi.
Gotfastan „observare% ahd. festi, fasto und was sonst in
den germanischen sprachen sich daran anschüefst, gehen auf ein
hypothetisches gotisches „fasts^, altn. fastr zurück. Dieses aber
ist an die lateinische wur^el pos anzuknüpfen; fasts = positos
cfr. repostus, suppostus etc.
3) 'Hyaia&ai.
'Hyelad'ai fuhrt notwendig auf eine wurzel i^y. Dieser ent-
spricht lautlich genau lat. sagus, sagax. Dazu das Ferbum sagio
„ forschen , spüren ^, z. b. vom hunde gebräuchlich. Hieraus er-
klärt sich die doppelte bedeutung von y^tjyela^ai^ meinen und
„forschend, als leiter, führer vorangehen^. Von ay<o ist es ganz
zu trennen.
Lottner.
Zu bettrise bettlägerig Grimm WB. I. 1738 bieten Dan-
ziger Schenkungsurkunden aus dem 16ten Jahrhundert mehrere-
male die richtige länge bettreisig. So besteht bei der St. Ea-
tharinenkirche eine alte Stiftung ftir 4 bettreisige arme.
W. Mannhardt.
Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grttnstr. 18.
I« Abliandluiigen.
Etymologische spähne.
1. (I>i.SiTia.
in Schömann'i^ jüngst erschieDenem werke, griech. al-
tertb. L 272 steht folgende bemerkung: ^Den namen q>i8i»
na oder ^iSitia (Sitzungen) scheinen die syssitien von der
alten gewohnheit des sitzens [erst später mit dem liegen
vertauscht] beibehalten zu haben, auch nachdem er nicht
mehr paiste, wie es ja bei dergleichen benennungen häufig
der faU ist^. „Diese erklärung^, wird dann weiter in der
note hinzugefügt, „ist freilich neu, aber hoffentlich nicht
schlechter als die früher versuchten, zum th^ sehr thö-
richten. Dafs der wortstamm, zu welchem l^o^at, üSos
gehört, bei den Lakoniem mit dem ^ gesprochen sei, ist
um so glaublicher, da ja auch das verwandte H&a), H&og
das jr hatte. Der umlaut aus e in i findet auch in i^co,
iSQvia statt. Sprachen die Spartaner ^tSiria^ so konnten
die andern Griechen dies leicht fbr (piSina oder qisiSitia
nehmen. Auch das von Hesychius angeführte (peidcihov
== StcpQog oder aipiXag ist sicher nichts anderes als ^iSta^
kioVy ^aSoiXiov^ id(aXu>v^. Irre ich nicht, so verträgt es
sich mit der hohen achtung, welche ich vor dem gelehrten
verf. kurz vorher genannten Werkes trage, ganz füglich,
wenn die aus letzterem so eben ausgehobenen worte mei-
nerseits mit einigen Zusätzen begleitet werden, die man zur
V. 4. 16
242 Pott
weiteren etymologischen aufhellung des fraglichen aus-
druckes vielleicht nicht andienlich findet Philologie und
Sprachforschung werden sich ftkr den gegebenen fall ge-
wifs um so leichter verständigen, als hr. Prof. Schömann
sich nie gegen die neuen wege verschlossen gezeigt hat,
welche die zweite einschlug. Ohnehin, was die hauptsache
anbetrifft, kann ich mich der von Seh. aufgestellten deu-
tung des wertes (piSiviov nur zustimmend anschliefsen.
Blofs in nebenpunkten weicht meine meinung von der sei-
nigem ab. Vor allen dingen muis ich mit bestimmtheit f&r
l^ofiai u. s. w. die anwesenheit eines digamma Ifiugnen.
Hier hat sich hr. Seh. nicht von dem unfuge ganz frei er-
halten, welchen vormals mit dem digamma — oft sans rime
et sans raison, d. h. ohne historische oder linguistische be-
glaubigung — zu treiben man wenig scheu zeigte. Woher
sollte doch der wurzel 'EJ ein digamma kommen, das auch
gewifs von keinem griechischen grammatiker bezeugt wird?*)
Weder lat. sedere, noch unser sitzen, noch skr. sad
(et. forsch, no. 199) lassen den gedanken an digamma ir-
*) Das Heranziehen von |^a> bleibt Air {^oiicu anbeweiaend. Ueber
jenes yergl. diese zeitschr. lY. 24. 165; ^^^ea, 17^ bei Abrens dial. Dor.
p. 64. Das gotb. sidus m. sitte, gewohnbeit, sidon Oben, fieXtravi und
ahd. sitn (habitns, usus, conditiOi ritiis, mos u. s.w.), nebst sitdn machi-
nari, facere, agere, disponere Graff VI. 160 fg. liefsen, Air sich allein genom-
men, etwaige rttckfOhrnng auf skr. sidh und sftdh (perficere) zu. In verein
jedoch mit f^w u. s. w. gedacht lassen sie auf sv als ursprIIngUehen anlaut
rathen, um so mehr als sich V, lat. se, goth. sik, mit skr. svay-am ver-
glichen, gerade so zu einander verhalten. Ja, die sache wird noch weiter
bestfttigt, wenn wir recht behalten, in f&otf goth. sidus, ^&oq u. s. w., so-
gar eine, aus dem reflexiv -pronom. entstandene bildung suchen zu dürfen.
Das lat suescere sich aneignen, etwas zur altera natura, gleichsam zu dem
seinigen (suum), machen — vg^. lith. ap-si-sawinu, sich zueignen, Nes-
selm. wb. s. 466 — zeigt uns, wie ich glaube, den richtigen weg. Das ^
in f&w imd d in goth. sidus scheint mir der sanskritwurzel dh&, griech.
^(T^^^i), mit hinaberspielen in den begriff des thuns, welches wort sel-
ber dazu gehört, oder machens, anzugehören, und entspreche in sofern eini-
germaf^en dem laL facere in assuefacere. Siehe aufser et. forsch. I. 47 noch
mansuetus und /f&^oi/^ij^ Daher auch soleo, vgl. ttber so statt sva etym.
forsch. I. 126. Dafs aber auch solus, eig. „{\1t sich**, d. h. allein, vom
pron. refl. ausgehe, ist mir, da es mit den gleichendenden ullus, ollus,
ille rücksichtlich der flexion in dieselbe kategorie gehört, keinen augenblick
Bweifelhait.
etymologische splihne. 243
gend aufkommen. Deim mit dem alten, verrotteten glau-
ben, als könnten digamma, Spiritus asper. (auch zuweilen
lenis) und sigma nur so blindweg mit einander vertauscht
werden, ist es nichts. Will man also nicht etwa zu com-
positen, wie skr. ava-sad (desidere, tabescere) oder vi*
shad (afSigi, pavere, tremere) seine Zuflucht nehmen, wel-
che begrifflich weit abliegen: so muüs man in betreff des
€p in (pBiöcihov u. s. w. auf eine andere erklärung denken.
Das wort ist nun, um mit diesem den anfang zu machen,
zuverlässig aus einem componirten verbum hervorge-
gangen,* und zwar aus i3 mit vorgeschobenem ^ni (^.cpi-'
^o^ai). Auch zweifele ich nicht, man werde bei einiger
Überlegung nicht umhin können, das tp in cpBiSwhov^ trotz
seiner Verstümmelung vorn uüd hinten, für nichts anderes,
als, bis auf die aphärese des vokals, ganz geläufige Um-
wandlung der eben erwähnten präposition zu halten. Vgl.
solche aphäresen bei präpp. Mehlhorn, griech. gramm. s. 57.
Die Verstümmelung von ano, skr. apa, in lat. b-ustum,
com-buro (vgl. ab-sumi urbem flammis) zu blofsem b ist
um nichts geringer, aber ebenso wenig abzuläugnen. Maked.
ward der April S'av&txog geheifsen, ix rov iv rip aigv (scr.
ia^v) k^av&ijaeojg ^ wie ein Schriftsteller bei DC. (vergl.
äv&Mog, av&r]Ttx6g) den namen erklärt. Selbst das hebr.
N i s an (Benfey monatsn. s. 1 6) sollte : blumenmonat bedeuten.
Vgl. noch Bröcker im Philol. 11. 249. Aufserdem iSgyq) (pta^
lovfiev Arist. Pac. 432 u. s. w. wegen der aphärese (Schnei-
der's Wb. vv. kqxdXkio, (fidklio). 'IdXlco verhält sich näm-
lich zu ifjfii ungefähr wie arilXio (vgl. deutsch stellen)
zu Wurzel ata] woher denn auch wohl q) durch Übertra-
gung der später in Idkla) erloschenen aspiration. 'Eq^kSga
(insessio, aber auch obsidio), td hcphSgava (mit gleichem
fiuffix als ISqovov^ oQyctvov) gesäfs und sessel, htfi^ouai,
k(piatri(jii. u. s. w. sind mehr als ausreichend, um das sach-
gemäise derjenigen Zusammensetzungsart darzuthun, welche
vrir in cpuSdliov suchten. Was dessen sonstige bildung
anlangt, so giebt, aufser seinem simplex iSdXiov^ aiStalov
eine passende analogie, nur wird man das --lov in ersterem
16*
244 Pott
entweder für deminutiv-endoDg halten müssen, oder für zei-
chen eines elliptisch gedachten adjectivs, mit etwaiger er-
gänzmig , z. b. von atfiXag» Einen kleinen anstofs erregt
noch der diphthong €<. Nimmt man jedoch z. b. ein wort,
wie Biöagy hinzu, worin seines ansgehens Ton iSw^ skr. ad,
wegen auch nicht der leiseste -anlafs zur diphthongenz lag,
so dürfen wir uns auch wohl hierüber (s. indeis noch wei-
ter unten) beruhigen.
Dies alles in betreff von (peiSaihov nöthige, wie mich
dünkt, aufser zweifei gestellt: haben wir, hoffe ich, gnind,
uns leichteren herzens auch an den namen der gemein-
schaftlichen mahlzeiten bei den Spartanern zu wagen. Ich
erblicke darin nicht eigentlich, wie hr. Prof. Schömann
will, „Sitzungen^, sondern „mahlzeiten (Semva) der bei-
sitz er", d. h. derer, welche, wie wir uns etwa ausdrücken
könnten (nach soldatenweise. Lever, soldatenleben in In-
dien. Grimma 1851. bd. I. s. 45), „zu einer menage ge-
hören". Für elliptisch halte ich den ausdruck cpiSmor^
aber auch (pHÜTHOv so gut wie cvaair-iov, sc. Seinvov^
aus avaat/rog (tischgenosse). Denn nicht durchaus zutref-
fend schiene mir ein vergleich etwa mit latein. conviv-
ium, das ich, trotz solcher bildungen, wie genius, jn-
genium, nicht verbal (aus convivere), sondern no-
minal (aus conviva) fasse gleich contubernium (ta-
berna), confinium, die nicht minder als trifinium,
trivium, triduum einen mehr collectiven Charakter
an sich tragen. Sonst liefse sich ja auch bei convivium
möglicherweise epulum zur ergänzung herbeiziehen, üebri-
gens hat man doch auch im griechischen z. b. awiSgiov,
womit auaaiTMv in strengerer analogie stehen könnte, oder
i(p&o7t(iihov, icp&oTtoikeJov, Ferner avfinoaiov neben iruw-
noala u. s. w. Lobeck ad Phryn. p. 517, worin das zweite
sigma auf früheres r zurückgeht. Vgl. &Bafio&iuov p.519
und p. 521. — Wenn der accent es gestattet, möchte ich
auch ^YiQ-iov bei Homer, der, damit im widersprach, iihya
&f]Qiov hat, nicht als dem. betrachten, sondern als adj. gls.
ferinum (vergl. äygia ndvTa\ unter ergänzung von C^ov,
etymologische splihne. 245
wie man lateinisch z. b. bubulam pecus sagt. Doch
steht freilich auch x^Q^ov ähnlich neben ;fwpoff, x^Q^* -^Y"
ysicfv von ayyoq.
Leider lebt man zur zeit noch mehr, als billig, der
einbildung, als wäre mit aufweisen der stofflichen be-
standtheile eines wertes dessen etymologie ein 'vollkomme-
nes genüge geschehen. Nichts irriger als das. Wer würde
sich von einem numismatiker zufriedengestellt glauben, der
uns zwar über das metall der münzen, über deren gröfse,
gewicht u. s. w. genaue mittheilung machte, allein über das
wichtigste von allem, über das gepräge auf ihnen, bericht
zu erstatten vergäfse, wohl gar fUr unnöthig hielte? So ist
nun bei den wortgebilden die angäbe der grammatischen
form, die oft sich gleichsehr, wie bilder und schrift der
münzen, verwischt hat, so zu sagen des stempeis, womit
die Wörter geprägt worden, kaum je weniger wichtig, als
die kenntnüs des jedesmaligen Stoffes, welcher ihnen zum
gründe li^. Hievon auf das wort (piSinov die anwen-
düng gemacht, wie in aller weit wäre es möglich, dafs es
seiner form nach könnte ein abstractes Substantiv sein im
sinne von: Sitzungen? Nach welcher analogie ist das wort
gebildet, das ist die Vorfrage, .ohne deren erledigung wir
nicht darauf zählen können, rücksichtlich seiner etymolo-
gischen deutung schlechthin das rechte zu treffen. Ich setze
voraus, in iptiSixtov^ (pidluov u. s. w. stehe nicht etwa das
T miisbräuchlich fELr gedoppeltes rr, was, wegen möglicher
assimilation (aus et oder xr in dorischen dialecten. Ahrens
p. 103) sogleich den ganzen stand der sache änderte. Dann
sehe ich kein ander mittel, dem ziemlich ungewöhnlichen
ausgange des wertes (vergL z. b. dor. nkovrlog^ ädvvaria
u. s. w. Ahrens dial. Dor. p. 60. 62) beizukommen, als darin
eine, mir freilich hinter ^ittjg nicht erinnerliche adjectiv-
bildung (unter ergänzung von Sunvov) zu suchen von q>i-
SitfiSj mit welchem ausdrucke man eben den theilhaber ei-
ner solchen spartanischen tischgenossenschaft bezeichnete.
Wir haben also vielleicht nur ernstlich zu fragen, was (fi^
öirtig etymologisch bedeute, und damit wäre auch der
246 Pou
sprachliche sinn von (piSinov zugleich gegeben. Q>siSci-
kiov^ davon überzeugten wir uns, bezeichnet einen schä»
mel, oder dergleichen, worauf man sich setzt Man setzt
sich abefr zu tische, man sitzt bei tische, oder, nach rö-
mischer sitte, man liegt (accumbere, also auch mit ad)
dabei. Das drückt aber ^m', z. b. in HcpBÖQog, d. i. nicht
nur: darauf, sondern auch: dabei, daneben sitzend, eben-
falls aus. Man vgl. auch Plaut. BaccL 3. 3. 28: in sella
apud magistrum assideres. Wir gehen also kaum fehl,
wenn wir die cpiSixai*) f&r tischgenossen erklären, und,
wörtlich gefafst, für assessores oder beisitzer, zwar nicht
gerichtliche noch auch solche, die bei vielerlei aufgetrage-
nen gericbten zu sitzen hätten, wohl aber wenigstens bei
einem, schlecht und recht angerichteten gerichte, wie die
übel berüchtigte schwarze suppe. Abermals jedoch, was
sagt die grammatische form des wertes dazu? Vor allem
frommt, wie in unzähligen andern fällen, zu wissen, haben
wir in (piSitfjg eine nominal- oder eine verbal -herleitung
(vgl. kmardtriQ) vor uns? Die frage ist nicht so leicht zu
beantworten, als es scheint. Zwar z. b. das vorkommen
von öeinvfp hcpi^avivtiv II. K\ 578 läfet keinen zweifei über
die pa&lichkeit des gedaiücens, den wir brauchen. Aber
sind verbal -derivata**) mit i vor -riyg üblich? Kaäiartj^
QiQVy kcpBdQiCTT^Q uud ß-^Qtötiqq z. b. liefsen eher auf ein
unnachweisliches itplaTfjgj dessen ar sich freilich nach lar
konischer weise hätte in rr verwandeln müssen, als auf ^£-
Sirrjg, rathen, und einschieben eines vokals vor dem ablei-
tungs- Suffixe rechtfertigte sich kaum durch das streben,
den schluisbuchstaben der Wurzel unentstellt zu bewahren.
Offenbar wenigstens sind die bildungen auf - iTijg in weit»
*) Ich Bohraibe 80, veil das suffix ^£ujq allerdings langes » cn haben
pflegt. Sollte Jedoch das 4 hier als kurz nachgewiesen werden können, so
wäre mir das ftafserst lieb. Ich betrachtete alsdann dasselbe als dorischen
Stellvertreter fllr i (Ahrens Dial. Der. p. 120), welches letztere die begrfin-
dniig des wortes, wenigstens aU verbal-ableitong, ungemein erleichterte. Vgl.
z* b. Movaayhfiq ; lat agitare neben actus.
•♦) Eine ableitung, wie dlff^ttor^ ßolßnov ist doch wohl gar nicht darin
zu Buchen.
etymologische spihne. 247
aus überwiegender mehrzahl nominaler art. Z. b. idvi-
TtiQ^ was, in begrifflicher analogie mit „(pvlittjg stammge-
nofs, von (pvXij, oUivtig von dlxog^ hau&genofB (nicht be-
wohner, Ton olxtlv)^ sklave (domestique)^ Buttm. ansf&hrl.
griech. sprachl. §. 119. 44, xaz/nfri^^, aytHarrjg als vicinus
(d.i. in demselben vicus wohnend), popularis, tribu*
lis, mens civis, auf leute desselben Volkes geht, und
somit auf tpiSitrig ein gutes licht wQrfe, im fall in diesem
auf den begriff der genossenschaft das hauptgewicht fallen
sollte. Ausdrücke indefs, wie idgiTtjg, oder kma(palitt]g^ 6
&gaviTfjg bei Hesych, lehren, dafs man (ptSlrai allenfalls auch
lokal (vgL öSitijgy d. i. auf dem wege befindlich, x^Q^^^S*
noUnjg) sich denken könnte, als solche, die zu demselben
consessus an einem tische gehören. Viel verschlägt es frei-
lich nicht, zu welcher waU man sich entschliefse. Die
verbale ableitung läfst sich, so scheint es, zur noth durch
den namen Q^galvtig eptschuldigen: nur mülste man sicher
sein, dafs derselbe nicht (natürlich dann ironisch), etwa
„Muthreioh^ (Förstemann altd. namenb. I. 935) zu über^
setzen, von einem subst. wie &iQaog statt ^dgaog (Ahrens,
dial. AeoL p. 75) ausgehe, sondern, als „bramarbasirend^
und fortem simulans gedacht, vom verbum &aQaBiv, —
Die form (piXittov mit X hat allem vermuthen nach ihren
grund in nichts als deutelei, und verräth das eitle bestre-
ben, einem in seinem etymon dem Griechen nicht mehr
verständlich gebliebenen worte einen moralischen sinn un-
terzulegen. Der eintausch von 1 statt d, wie im latein er
zum öftem vorkommt (Schneider lat. gramm* I. 255), ist
dem griechischen mindestens nicht sehr geläufig (s. indefs
Ahrens dial. Dor. p. 85, wo kaqnftj = Sdcpvfj' Ü^gyaloi fast
an lat laurus erinnert, was allenfalls aus Griechenland,
mit dem bäume entlehnt worden). Demnach wollte man
blois durch ein etymologisches kunstatück freunde (jcpiXoi)
einschwärzen, wenig darum bekümmert, dafs man doch
eigentlich eines nom. ag., wie q>iXriTrig (was indefs liebha-
ber bedeutet), dazu bedurft hätte. Waren aber gleich die
jedesmaligen ffiSfixai natürlich durch freundschaft enger
248 Pott
Terbundeo, als fiir gewöhnlich andere Spartaner: das än-
dert an der aache nichts. An die christlichen liebesmahle,
aydnaL (convivia fideliom) DC, mehr als flüchtig erinnern
wird ohnehin niemand, steht wohl zu erwarten. — Ernste
Ucher mistreitig mufs die herleitmig aus q>BlSoficH ins äuge
gefafst werden, weil sie doch ein gut theil schein far sich
hat. Auf ein ökonomisches sparsystem heutiger art frei-
lich war es . ohne zweifei bei den Phiditien entweder gar
nicht abgesehen, oder doch viel weniger als darauf, wie
im allgemeinen, so nicht minder durch öffentliche mahlzei-
ten den sinn ftür das gemeinsame Staatsinteresse in den ge-
müthem stets wach zu erhalten und nebenher dann auch
gewifs keine Üppigkeit in speise und trank aufkommen zu
lassen. Allein darum waren die (piSiria noch nicht „mä-
Isigkeitsvereine^; und wäre es nicht unter allen umstän-
den gezwungen, (piSiTTjg, durch welches doch (piSitiov erst
hindurchgegangen, im sinne von „Sparer^ oder doch min-
destens „parcus cibi^ sich vorzustellen? Hätte nicht auch
(pBtddXiov vom den diphthong^ trotzdem dals dieses in kei-
ner weise mit epsidaikog etwas zu thun hat, so verfiele man
leicht darauf, iu betreff der Schreibung (paiSiriov den auf
rechnung eines hinschielens nach tpeiSofiai zu setzen. So
aber scheinen i und ei^ vom in unserem worte nur auf ei-
nen Vokalwechsel, wie solchen Ahrens dial. Dor. p. 184
(z. b. IlotlSdv = JIoasiS(ov) anmerkt, hinauszulaufen. We-
gen der Priorität des einen oder anderen jedoch bin ich
in einiger Verlegenheit. Zwar sidati, lat. sidit, griech.
i^ei entsprechen einander in betreff des t; allein es fragt
sich, ob diese im sanskrit nur auf die haupttempora ein-
geschränkte gestalt der sonst: sad lautenden wurzel in de-
.rivaten (vgl. jedoch iSgyco) habe platz greifen dürfen. Auf
der anderen seite hätte auch ei keine sonderliche berech-
tigung. Wünscht man zu wissen, wie ich mir die sache
vorstelle, so gebe man besonders aufser ktfuxkr^g, kTtuiXxtjg
(incubo), auf kipaXXoiiai, imdljÄBVog acht, deren analogie
uns hoffentlich die besten dienste leisten wird. Nämlich
mit inä^Ofiaij wie man noch Jon. statt kcpi^ofiai sagte,
etjrmologiflche spXluie, 249
liegt der fall im wesentlichen gleich. "Akkofiai nnd %ofim
lauteten beide in einer, über die uns bekannte periode der
griechischen spräche hinausreichenden zeit mit sigma (lat.
salio, sedeo) an, und demgemäis mulste der schlufsYO-
kal von präpositionen mit yokalischem auslaute vor dem
consonant anlaute jener verba zunächst und regelrecht sich
unangetastet erhalten. Eben der ehemalige beginn von Wör-
tern mit einem consonanten giebt überhaupt bei yielen
compositen, nur da(s die sache noch längst nicht gründ-
lich genug untersucht worden*), aufschlufs über beibehat-
tung eines yorau%ehenden vokales in der fiige, ohne da(s
der hiatus durch elision au%ehoben wird. Trat nun nach-
mals der asper an die stelle eines consonantischen anlauts:
dann war es kein wunder, wenn man, namentlich solche
mundarten, welche dem zu reichlichen hiatus abholder wa-
ren, letzteren durch ausstofsen des endvokals der präposi-
tion beseitigte und in geeigneten fallen zugleich aspirirung
des nun Tor den anfang des zweiten compositionsgliedes
*) Darüber ausfuhrlicher vielleicht ein ander mal. Hier nur ein paar
beispiele. *Enk4yvvfu^ i(p^ifvvfn (skr. y ab, lat. ve stire). 'Eminofiai, i(pi-
noficu (lat sequi, und nach Benfey glosa. skr. sac). 'EnutMVoq von elxw,
deutsch weichen, doch s. Ahrens dial. Aeol. p. 27. 55. 'Eni,(rti<; vom di-
gammirten hoc, vergl. lat. vetus, gls. annosus. 'Emidfitav von skr. vid,
wissen. ^EittotvM^, inolnoq^ von otvoq^ vinum. ''ETtiovifoq Wächter, anf-
seher, was mittelbar noch zu f^o^o; stimmt. Vergl. deutsch gewahr wer-
den, vom ahd. gawar (providus, circumapectus, also diese lat. werter auch
von Verben des sehens, adtentus, vigilans) nnd wahrnehmen, ahd. wara
neman Graff I. 907, was nicht auf w&r (verus) zu beziehen, sondern wie
„in obacht nehmen** zu fassen ist, aus dem subst. wara (intuitio, conside-
ratio, protectio), ags. vare (cautio). — Es- giebt indefs auch einzelne bei-
spiele, wo der anlaut des zweiten gliedes im compositum durchaus nur vo-
kalisch nachweisbar ist, wie inioydooq. — Der fiül wird besonders wichtig
auch noch in betreff des privativen o(~ oder uv~. Z. b. der name des
Hades: 'AiSaqy ^Aiöarivqj aber mit (wiU man ihn nicht, vergl. ^i6q und
dSvas, als umgestelltes digamma betrachten) sehr unmotivirten asper: "Aidriq.
Darin sind nilmlich dieselben elemcnte, als im lat invisus (invisibilis), ent-
halten, weshalb auch a- (nicht av~) vor dem ursprunglich digammirten Jota
stehen muTste. Vgl. Tartarea tenebrica plaga. Es erklärte sich, wenn der
maked. name AvSvtaToq {Audfivaloq'^) Hlr den Januar (L. Fr. Hermann im
phUol. n. 264, PreUer myth. I. 496) nach dem *Aiiduirtv<t (Hades), vergl.
auch den dorischen 'A^tfiiakoqy benannt wäre. Denn in diesem winter-
monate ruht die natur und ist insofern ihre ganze kiaft unter der erde, also
gleichsam im Hades, verborgen. Uebrigens stände Av darin statt Or-J^t,
250 Pott
kommenden consonanten zuliels« In itpialrtjg hat rieh die
aspiration des labials von knl- sogar eingeschlichen, onge^
achtet das i blieb: es ward dieses von jener übersprungen.
Wäre nicht in q^iSixrig das gleiche möglich? Ich wOrde
nämlich annehmen: aach sein q> verdanke einer übertrat
gung des hauches von der wurzd idy auf die präp. hnl (vgl.
änii^ofiae) ihren Ursprung und zwar desgleichen mittelst
überspringen. (In beiden fällen denke ich nicht an das im
griechischen und latein als präp. unübliche skr. abhi, z.b.
imperf. abhyashidat, wie verführerisch auch der schein
sein möge.) Das unstreitig lange i oder ev in unserm worte
aber sähe ich gern als contraction an, indem, natürlich vor
der eUsion, zu welcher es mit dem gewils früh verdunkele
ten ausdrucke nie kam, i der präp. und b (wohl kaum i)
der Wurzel in eins zusammenflössen. Das wahrscheinlich
zu machen, dazu bedarfs nicht der erinnerung z. b. an lat.
mt filt (t statt ie). Es bietet das griechische selber be-
lege dar, welche zu dem zwecke vollkommen ausreichen.
Als isQog, auch laQog (Ahrens dial. Aeol. p. 115) und igog^
Igog (dial. Aeol. p. 26), oder iigal^y iqyiI^ und sogar mit ui
ßeigaxsg dial. Dor. p. 46. Das e^ übrigens hier als aus
einer art Umdrehung von le entstanden zu betrachten, mag
nicht gestattet sein.
Beiläufig: Pape hat fptSiag^ <PiSoUa}g und als frauenn.
(pidlg neben <Pzi8iag^ 0BiS(oVf HoXvcfBiSrig u. s. w., die
doch wahrscheinlich (vgl. (pBiSog, (piSog) so viel als „spar-
sam, haushälterisch^ besagen sollen. <l>Bt86laogf ObiSo-
argarog liefsen et«7a die deutung zu: „schonend'') und
sorgsam mit dem volke, dem beere verfahrend'^. @€o-
q>BiStjg (von Gott Schonung erhaltend?) K. Keü philol. I.
*) Geht Parca Überhaupt auf die kürze des lebens (vitae samma bre-
vis), und bezeichnet also, in gemäfsheit mit dem adj. parcus, »die zu
sparsame ''i weil sie dem lebensfaden immer nur eine geringe länge giebt,
oder soll es euphemistisch, wie z. b. Eumeniden, „die verschonerin" be-
deuten, indem jeder einzelne, der ihrer gedenkt, ein minder knappes maafs
seiner tage von ihr erhofft? Etwa, der Motqa zu liebe, das wort, was frei-
lich nicht geradehin unmöglich wiLre, an partiri anzuknüpfen, halte ich für
unnothig. Vgl. Freund, wb.
etymologiscbe spähne. 251
555. Alle diese instanzeD scheinen mir entgegen. Sonst
trüge ich wenig bedenken, 0siSmnoQ durch equo insidens
wiederzugeben, trotzdem dafs die homerischen beiden pfleg-
ten zu wagen, nicht als reiter zu kämpfen. Wenn es
sich auch nur um die blofse pflege*) der rosse in die-
sem namen handelt, nicht um ein sitzen auf ihnen (übri-
gens sdion für frühe zeiten durch die Centaurensage be-
währt): in jedem der beiden falle ist er bedeutsam genug.
^pBiSmnoq nämlich war söhn des Thessalus, enkd des
Herakles; und, wer begriffe nun nicht auf der stelle, mit-
telst eines so benannten mythischen heros werde der
ruf der unwiderstehlichkeit, welchen die thessalische
reiterei besafis, in das ferne alterthum zurückverlegt und
dadurch gleichsam mit noch höherem glänze umgeben?
Ueberdem schrieb man ja den Thessalem „zäumung des
pferdes, um es ins Schlachtfeld zu föhren^ als erfindung
zu (reise des Anacharsis m. 277). Yergl. auch QBoaakoq
innog Theoer. XVIII. 30, Aemonius equus Prop. IL
10. 2, auch Ov. Trist. 3, 11, 28 (Achill's rosse).
Unser artikel ist sehr lang gerathen, und solche um-
ständUchkeit mag bei manchem als zu weit getriebene mük-
kensaugerei anstofs erregen. Sei's drum. Durch eine ab-
sichtlich so nach allen Seiten gekehrte akribie, das sei un-
verholen, wollte ich einmal nebenbei unerfahrenen, wo es
anginge, praktisch an einem, nicht gerade allzu leichten
beispiele den satz handgreiflich machen: die etymologie
sei nicht nur überhaupt eine kunst, sondern auch eine
schwere, die nicht ohne weiteres jeder, der da hergelaufen
kommt, zu üben ein recht hat, sondern nur, wer sie zuvor
erlernte. Es versteht sich, wollte man sieh überall und
immer gleicher Weitschweifigkeit hingeben, das müüste zum
sterben langweilig werden. Unsre Wissenschaft aber wird
in demselben maafse, als sie durch nachweise durchgrei-
*) Vgl. MtXiiamnoq d. i. cur am habens eqaorum. Mi'Tiir^nnoq geht
wohl auf die memor cura (Ov. Pont. 4, 2, 7 ), welche der rosse nicht ver-
girst
252 Pott
fenderer beobachtangen und gesetze sich im allgemeinen
immer mehr in die kürze zieht oder in einen weiteren kreis
von kundigen theihiehmem eingef&hrt wird, auch im ein-
zelnen, bei sonst präciser darsteUnng, eines geringem wort-
aufwandes bedürfen.
Vor allen dingen mufs man es sich recht klar ma«
chen: die blofse kenntnils von den dementen eines Wor-
tes genügt nicht, um eine voUständige einsieht in seinen
bau und seinen begriBPlichen werth zu gewinnen, in soweit
letzterer nicht vom wirklichen sprachgebrauche abhängig
ist, den man natürlich nur auf historischem wege ermitteln
kann. Es wäre gerade so, als gäbe mir jemand zwei oder
noch mehr zahlen, um damit zu operiren, ohne angäbe,
nach welcher der vier species es geschehen solle. Wie
eine dritte zahl, als resultat von zwei oder mehr zahlen
je nach dem verschiedenen Verhältnisse, worin sie zu ein-
ander gedacht werden, so nicht zu erreichen steht: eben
so wenig der richtige gesammtbegriff, welchen z. b.
die compositionsglieder oder stoffliche und formative ele-
mente zusammen einem werte verleihen, aus ihnen ein-
zeln aufser der jeweiligen Verbindung.
2. SncLQtri,
Der name der sporadischen inseln, in gemeinsohaft
mit der läge Spartaks, bringt mich auf den gedanken, ob
nicht diese stadt eigentlich die umhergestreuete (cTtagvf},
sc. nolig, wo nicht xcifirj) bezeichnete. Als name erfor-
derte das wort Zurückziehung des accents, und es handelte
sich also lediglich darum, nicht ob unsere deutung sprach-,
sondern ob sie sachgemäfs sei. Das glaube ich nun. Vgl.
z. b. Anacharsis IV. 73. 418 fgg. und Schömann, griech.
alterth. I. 208. „Es war aber, heifst es bei letzterem,
Sparta von andern griechischen Städten merkwürdig ver-
schieden dadurch, dals es nicht, wie diese, zusammen-
gebaut und von einer ringmauer umschlossen war, son-
dern aus mehreren nahe bei einander liegenden Ortschaften
etymologische spähne. 253
oder komen bestand, deren fünf gewesen zu sein scheinen,
obgleich wir nur vier mit Sicherheit zu nennen vermögen,
nämlich Pitana, Mesoa, Limnae oder Limnaeon (von einem
see) und Kynosura. Die fünfte war wohl das eigentlich
sogenannte Sparta, dessen name, alä der ältesten und von
den Doriern gleich anfangs besetzten Ortschaft, nachher
auch als gesammtbenenhung ftir alle zusammen diente. So
erklärt sich, wie dieselbe Ortschaft Limnae theils ein Ttgo-
döTBiov theils ein fiigog r^g JSnaQxrig heirs.en konnte (Strab.
p. 363 und 364); jenes, wenn Sparta im engern, dieses,
wenn es, Mrie gewöhnlich, im weitem sinne genommen
ward^. Da die sache mit Sparta im engem sinne, als pri-
mitivster unter den fünf Ortschaften, mindestens zweifel-
haft ist, und sich eben so gut Sparta als gesammtname
erst umgekehrt hätte in verengerter anwendung auf einen
der hauptpunkte des ortes festsetzen können: wäre ich, der
von nur versuchten etymologie gemäCs, für die zweite mei-
nung. Cumae habe ich anderwärts (familienn. s. 447) aus
einer mehrheit von xwfiai erklärt. Das verhältnifs von
u zu ft) ist das gleiche, wie in fÄVfiaQ, ftvfiog AeoL (also
mit der ausspräche von u) statt ficHfiag, fjidifiogy woher auch
afivjaatv. Vergl. Quadrurbem Athenas Attius appellavit.
Fest.
3. XdgvßSig,
Pyl's jüngst herausgekommene „mythologische bei-
trage^ ftihren auf dem titel auch den zusatz: „mit hülfe
der vergleichenden Sprachforschung^. Der wille und die
absieht ist gut; allein leider liefert dies buch einen neuen
beweis, wie sehr noch häufig in der etymologie, mit oder
ohne schuld, die that hinter dem willen zurückbleibt Wer
zweifelte daran, von welchem nutzen es für die tiefere my-
mologische forschung sein würde, auf etymologischem wege
eine einsieht in den ursprünglichen sinn der namen, d. h.
also zugleich in die genesis derjenigen dogmatischen be-
griffe, Persönlichkeiten u. s. w. zu gewinnen, welche in ih-
ren bereich fallen? Ich sage nicht ohne Ursache: den ur-
254 Pott
sprünglichen siim, d.h. diejenige embryonische fassuog,
welche man zur zeit der namengebung mit dieser oder
jener gottheit, oder mit welcher mythischen gestalt sonst,
verknüpfte, und in so weit man dieselbe in den engen
rahmen eines bloifsen namens mit mehr oder auch minder
glücklicher schärfe zu bannen verstand. Denn freilich ist
jedes wort, und so auch die namen, stets nur ein unglaub-
lich verkürzter ausdmck, welcher die ganze fbUe des
nicht sowohl in ihm liegenden, als in ihn hineingelegten
oder auch nur im verlaufe der Zeiten äufserlich an ihn an-
geklebten sachlichen Stoffes zwar — als schwaches Symbol
und winziges erinüerungszeichen — zu bedeuten, aber
nicht in sich zu fassen, und hiemach auch nicht wahrhaft
wiederzugeben vermag. Man hat also in den Wörtern stets
nur den keim, den ersten ausgangs- und anknüpfungs-
punkt, das heilst zugleich auch einen blofsen bruchtheil
der begrifflichen ansieht über etwas vor sich, welcher nicht
einmal in dem augenblicke, wo die benennung entstand,
den inhalt des benannten erschöpfte, wie viel weniger sein
ganzes und die geschichte der nachmals, oft in wandel-
barer folge, über dasselbe gehegten vorsteUungen. Dasselbe
gilt ganz vorzüglich auch von mythologischen namen. G-e-
rade sie aber, schon als namen, die in der regel sprach-
lich aufzuhellen schwerer fallt, stellen der etymologischen
deutung von ihnen noch besondere Schwierigkeiten in den
weg; nicht nur wegen der ungewöhnlichen flüssigkeit des
inhalts, dessen träger sie sind, sondern auch wegen ihrer
oftmaligen Verdunkelung durch hohes alter, in folge ihrer
aufnähme von fremdher, und bald unabsichtlicher oder gar
absichtlicher umdeutung und dgl. Jede etymologie aber,
vorab die von mythologischen gegenständen gegebenen, ist,
wo man nicht in überzeugender oder doch hohe Wahr-
scheinlichkeit fiir sich heischender weise ihrer herr gewor-
den, nicht allein werthlos; sie ist mehr, d. h. weil irrelei-
tend, auch positiv schädlich, soll auf sie irgend weiter, als
auf etwas gewisses, gefuTst werden. Und ich meinestheils
ziehe daher in unsicheren fUlen eine offene confessio igno-
etymologische spllhne. 265
rantiae der prätension zu wissen, was man wahrhaft nicht
weifs, nicht nur als die klügere, sondern auch als die ehr-
lichere parthie vor. Man soll wenigstens bei hypotheti-
schen meinungen, die unsere Wissenschaft freilich nicht
^anz yermeiden kann, nie den grad von Wahrscheinlichkeit
mit anzugeben versäumen, den man ihnen nach gewissen-
haftester und allseitiger prflftmg der Sachlage zu verleihen
die macht besitzt.
Hr. Pyl denkt nicht immer so streng. Doch das zu
zeigen ist nicht mein plan. Ich ziehe vor einige mytholo-
gische namen zu beleuchten, von denen man allerdings mit
recht urtheilen mag, dafs sie nicht zu den schwersten ge-
hören.
Nun also Charybdis. Passow meint: von ^o$ßSiw.
Dann bliebe aber, will man nicht zu ahd. hröfjan (cla-
mare), rufen, oder lateinisch crepare greifen, die vor-
dersilbe als ein geheimnifsvoUes räthsel übrig. Wir wol-
len darauf zurückkommen. Der name (von Pyl s. 203 be-
sprochen) erklärt sich sehr passend aus ahd. h werbe (bei
Graff IV. 1237 durch vortex, vorago, euripus, ja sogar
charybdis wiedergegeben), zu dem verbum hwerban (verti,
rotari) gehörig, woher auch hwerbil = wirbel, altn. hvir-
filvindr (turbo) Wirbelwind. Es sind schon etym. forsch.
II. 118. 206 in pofißog^ ^vfißog^ lat. orbis u. s. w. näsa-
lirte *) parallelen zu den angeftlhrten germanischen Wörtern
gesucht. Gegenwärtig möchte ich glauben, den bis dahin
vermüsten guttural, welcher den Wörtern ^ofißoq u. s. w.
*) Vergl. z. b. QOfKpsvq schuhdrath von gtimw- Oder gofig^avw^ qvfi-
ipiia neben ^072^0;= lat sorbeo, ich schlürfe; also mit Unterdrückung des
ziachenden anlants. Man beachte darin anch die ortaverUnderung des r, wel-
che eben so in gofißoqt orbis, erfolgte. Sollten zu letzteren anch die xifg-
ßtii gehören, weil man sie gleich den ä^ovtq um eine achse drehen konnte?
Vgl. Dittrich im philol. I. 227. — SxitXXa allerdings wahrscheinlich «ser-
zanserin (der schiffe)" von ffxiflXiiV' Wenn aber ihre stimme dem gebeil ei-
nes jungen hundes verglichen wird (Preller I. 884), so beruht diese angäbe
ohne Zweifel auf einem etymologischen spiele mit tfxvXet^. Ginge ital. sco-
glio, fix. ^cueil, fels, kuppe nicht, wie Diez et. wb. s. SlO angiebt, auf
lat. scopulus zurttck, so dächte ich vielleicht rationalistisch genug, den
namen daher zu leiten.
256 Pott
abhanden gekommen, erwünschtermaTsen im namen des si-
keuschen meerung^euers wieder entdeckt zu haben. Das
a in x^Q^ß^^ "W^e eben so zur milderang zweier conso-
nanten zwischen sie hineingeschoben, als der erste vokal
in xaXvntHv neben xgwtTBiVy vielleicht selbst (vgl. für t im)
xlinreiv, clepere. Aach xdkvyj et. forsch. I. 142. IL 180
hat wahrscheinlich a eingeschoben, und überdem gäbe;^a-
kvßdixog nebst anderen L 144 erwähnten beispielen von x^
statt Xi ^^ statt a u. s. w. zu /3S in xdgvßSig.eine passende
analogie. Wofern aber das S darin nicht rein lautUchen
werth haben sollte, sondern formative geltung: fbr diesen
fall läge der gedanke an ein herumgedrehetes suffix -id
nahe; denn eine dritte entfernte moglichkeit, dafs sich die
schluJGssilbe an Slvslv (vgl. z. b. asgodivijg) lehnte, ist von
Seiten des lautes so gut wie abgeschnitten. 'PdißSoq und
sein derivat QoißSio), ungeachtet dieses Od. 12. 106 von der
Charybdis gebraucht wird, nahmen doch sicherlich einen
ganz andern Ursprung, nämlich von der sanskritwurzel ru
(et. forsch, no. 52), woher z. b. rava, Sound in general,
cry, noise etc. Ich möchte aber, trotzdem dafs ^td ge-
wohnlich feminalsufSx ist, QoißSog aus einer allerdings un-
nachweislichen form Qoß'iS (mit übersetzen des i in eine
frühere silbe, wie bekanntlich oft, z. b. in fxikaiva statt fÄe-
kav-ia, q>oiv6g, wenn wirklich aus (pov^vog entstanden, ;|rAa2va
und x^v^S u. s. w.) durch hinzuftlgen eines vokales in die
2. declin. hinübergewandert betrachten. Wenigstens sol-
cherlei fem. auf a, z. b. cassida, lampada (familienn.
s. 432) sind nichts ungewöhnliches. Das verhältnils von
QolßSog zu Qot^ogy die un Wahrscheinlichkeit, dafs sie blofs
schallnachahmende Wörter seien und dagegen Verwandt-
schaft zwischen ihnen vorausgesetzt, möchte dieses sein,
dafs die zweite form schon frühe (denn das wort hat be-
reits Homer) nach aufgeben des in poißSog als ß bewahr-
ten digamma eine zusammenziehung von pojr-iS erlitt. Das
gofaloi (Strömungen) auf einer korkyräischen inschrift (s.
Aufrecht d. zeitschr. I. 119) beweist nämlich, dais, wie dem
skr. subst. srava m; (the flowing) von sru, fliefsen, poog,
etymologische gpähne. 257
povg entspricht, und dazu auch ^01} nebst poia (pferde-
schwemme), woher pot^o) tnnovy sich stellen, in ganz ähn-
licher weise pol^og auf skr. rava (s. oben) von ru (griech.
W'Qvoa) zurückgeleitet werden kann. Das C setzt vermuth-
lich, wie in Z%vg = skr. djäus (coelum) u. s. w., entste-
hen aus Si voraus, und der ausgang von Qoi^oq stände so-
mit, den geschlechtsunterschied abgerechnet, mit po&tov :
po&og in analogie. Möglich inzwischen, das wort sei nicht
= pojr'lS'iog, sondern an ahd. ruzjan (stertere) Graff II.
562 anzulehnen, was freilich, falls ags. hrutan (stertere)
eine consonantische bekleidung von ahd. ruzjan fbr eine
vorangegangene Sprachperiode verlangt, aus der sippe von
riuzan = skr. rud (flere) als Verlängerung von obigem
ru herausfiele. Rud hat wenigstens als subst., neben der
speziellen bedeutung, auch die von Sound, noise im allge-
meinen, und in lat. rudere ist ja gleichfalls der begriff
allgemeiner gefafst. — Auch päßdog scheint aus ^ani8 so
entstanden, dafs ein mask. vokal sich ihm hinten anf>e
und das i ausfiel, was die assimilation des harten labiales
zur folge hatte. Vgl. rap, fustis gl. K. bei Graff IL 352.
Daher xQ^^^i^Q^^^'Qi ^o?> ^ beiwort des Hermes, während
sonst sein stab pdßSog heifst, wie z. b. IL 24. 343, s. Prel-
ler Ober den Hermesstab im Philol. L 514. Dieser Gott
f&hrt uns durch einen natürlichen Übergang auf den
4. PaSdfAavd-vg.
Als vollere und unstreitig auch sprachgerechtere form
ist BQaSd^av&vg von Ahrens dial. Aeol. p. 34 nachgewie-
sen. Das darf nun nicht unberücksichtigt bleiben , wo es
den namen etymologisch aufzuklären gilt. Man mufs es
nämlich als einen selten trügenden grundsatz hinstellen, dals,
wo sich lautärmere gestalten von Wörtern neben lautrei-
cheren vorfinden, falls in letzteren ein formativer werth
zum behufe nachmaliger compositioneller, derivativer oder
flexiver Weiterbildung in dem buchstabenüberschusse nicht
glaubhaft ist, solches mehr in weitaus überwiegender an-
V. 4. 17
258 Pott
zahl auf rechnung einer alterthümlichen und unabgeschlif-
feneren voUlöthigkeit gesetzt werden müsse und nur in un-
gleich wenigeren f&Uen als ein jüngerer zusatz gelten
könne in rein phonetischem interesse. Die spräche hat in
der r^el nur zu verlieren an lautfftUe, und meidet müs-
sige, d. h. bedeutungslose zus&tze, die nur durch gewisse
vergleichsweise seltene lautverhältnisse oder sprechgewobn-
heiten dazu geleitet, der sprachgenius sich erlaubt. Des-
halb kann sich kein erklärungsversuch, der mit 'PaSafiav-
&VS angestellt wird, der Verpflichtung entziehen, von sei-
nem, unstreitig erst spftter abgefallenen anfimgs - labiale *)
genügende rechenschaft zu geben. Ein derartiger, auch
z. b. im englischen (wr, worin das w stumm geworden)
häufiger abfall war auch im griechischen nicht ungewöhnlich,
wie unter anderem das von mir schon l&ngst in Lassen's
Zeitschrift besprochene beispiel von ßgoSov^ qoSov^ arab.
^^^ verd u. s. w. bewahrheiten hilft. Die deutung, welche
durch V. Bohlen in seinem Indien dem namen gegeben
worden, als sei er aus dem skr. nominativ vki^ vor voka-
len r4d (aus raj, könig) mit kopt. eMCltT (occidens),
d. h. zugleich, wie er vermuthete, dem, von den inseln der
seligen (vgl. Pind. Ol. 11. 127 und 136) ihrer läge im We-
sten halber danach gewählten ägyptischen namen der un-
terweit aiAiv&ng (nach Plut. de I. et 0. c. 29. p. 362 in-
defs rov kafißävovra xal diSovta**) bezeichnend, vgl. Pri-
chard, aeg. myth. s. 169 fgg.) zusammengerückt, scheitert
mithin, von allem übrigen abgesehen, schon allein an dem
) Die fonn B{ioidäftftv9-vq gehört aber, angeachtet das vorkommen von
digamma vor q als äolisch bezeichnet wird, doch vieUeicht der dorischen
mundart der Kreter an. Denn es galt ja Rhadamanthos als brader des Mi-
nos anf Kreta.
•♦) Ob e^rmologisch wirklich der sinn darin stecke« ist mir nicht klar.
Dem begriffe nach wKre das erste durch das beiwort rerstindlich, welches
die Griechen dem Hades gaben, nftmlich noXvdfXTfi^^ weil er zuletzt alle
sterbliche gleichwie in eine herberge aufnimmt, das zweite aber etwa
durch die doppeleigenschaft der chthonischen mächte, indem sie das ihnen
anvertraute gesäm hundertfältig zurttckgeben. Daher Ulovxwv als nlovtn-
«JoTiy?, indem nämlich nach Hesychius: /7Aoi;toc, i} in twi» ffni^ftavtay i:n-
Mm^nia* Ops. Vgl. Heinsius ad Hes. Opp. 126.
etymologiflcfae spKfane. 259
umstände, dafs man dem worte räj unter keinerlei bedin-
gung einen labial auspressen könnte. Und das gilt auch
von der Fr. Windischmann's KZ. IV. 90. Dafs 'PaSd/naP"
i9vg, als wirkliches compositum gedacht, vollkommen der
weise widerspräche, welche in den sprachen indogermani-
schen Stammes gewöhnlich ist, wie z. b. mrgaräj (könig
der thiere) vom löwen gesagt wird, könnte übersehen wer-
den, indem das griechische selbst composita hat, die sich
(z. b. innoTtorafiog) wenigstens der Wortfolge nach dem se-
mitischen Status constructus nähern, oder aber,* weil das
wort als fremdes keine eigentliche composition zu sein
brauchte, vielmehr im zweiten theile einen genitiv enthalten
könnte. Kein mensch aber, der nicht, wie mit v. Bohlen
eine zeit lang der fall war, in der meinung eines lebhaften
geistigen Verkehres zwischen Indien und Aegypten die Unbe-
fangenheit des urtheils verloren hat, würde eine solche Zwit-
terbildung aus Wörtern zum einen theile aus der indischen,
zum andern aus der ägyptischen spräche gut heifsen. Wäre,
wie Preller I. 507 sich etwas zu apodiktisch ausdrückt, der
name ^jedenfalls ausländisch^, dann müfste man ihn doch
wenigstens, wie Zoega (de obeliscc. p. 296 sq., vgl. Creu*
zer symb.IV. 101) thut, ganz im ägyptische^ suchen, nicht
blos nach der letzten hälfte, und riethe ich filr diesen fall
in der ersten noch eher auf das kopt. wort fär könig. Das
lautet baschmurisch cppd^^ memphitisch orrpo^ mit artikel
ni oder t^ bekannt genug als „Pharao". Für das 3 aber
schafite man dann etwa noch durch das kopt. KTe rath,
was als genitivzeichen vollkommen an seiner stelle wäre
und seinen nasal den nachfolgenden nasenlauten in BgaSd-
^av&vg könnte zum opfer gebracht haben. Mir ist nicht
erinnerlich, ob jene ansieht, welche das todtenrichteramt
unter dessen drei Inhaber je nach den drei alten weltthei-
len vcrtheilt, gerade dem Khadamanthus die rolle fOr Afrika
zufallen läfst. Dies jedoch angenommen und von dem wahr-
scheinlich erst verhältnifsmäfsig jungen aufkommen einer
solchen reflexion abgesehen, bliebe immer noch das wich-
tigste von allem zurück; nämlich der nach weis wirklichen
17*
260 I*oU
Vorkommens von einem so benannten todtenrichter bei den
Aegyptern.
So lange indefs dieser nachweis nicht beigebracht, muis .
der versuch, auch des namens Ursprung auf griechischem
boden zu finden, jedem unbenommen sein. Wir wollen ims
zuerst der deutung zuwenden, welche Kuhn IV. 123 mit-
getheilt hat. Dieser gelehrte gewinnt fbr 'PaSdfiav&vg ei-
nen „ gertenschwinger ^, indem er eine kQrzere form von
^dSafAVog mit skr. manth (schütteln) zum gründe legt
Mich wundert freilich, dafs in betreff der herbeiziehung
von ahd. ruota, d. i. ruthe (kaum s=s lat. rudis), ihm
nicht schon die inkongruenz der mut& einiges bedenken
erregte, weil, wenn schon die deutschen Wörter richtig auf
skr. rdh wachsen, zurückgehen, QaSafivoq sich seines 5
wegen einer solchen herleitung entzöge. Es ist überdies
auch der labial in unserem namen unbeachtet geblieben.
Ueberlege ich mir jedoch, dafs ogoSafAvog, OQafxvog (wahr-
scheinlich mit ausfall von d, wie in lat. rämus neben ra-
dix, Wurzel, griech. jedoch qoSi^ zweig, und rädius in
ursprünglichster bedeutung: stab, stecken), nicht leicht auch
ogaog^ als mundartliche abweichungen von ^dSafivog, p6-
öafivog durch ihr o vom ursprüngliche digammirung ver-
rathen möchten, wie mit oQv^a*) der fall, so befestigt sich
die schon an sich empfehlenswerthe vermuthung, als stehe
das vielleicht participiale päSa/ivog (doch vergl. man die
analogieen dazu bei Lobeck, pathol. p. 168 sq.) sammt sei-
*) Vergl. meine besprechang naturhistorischer namen in LaBsen's Zeit-
schrift. Persisch heifst der reis biring' t^ßy aber auch \j9f\ orz, wel-
che ausdrücke beide auf skr. vrihi (z statt h) zurückgehen. Der reisbau
dürfte sich erst allmälig von Indien aus über den westen verbreitet haben
und so auch nach Persien gelangt sein. Das scheint wenigstens aus Rosen-
mttller bibl. alterth. HI. 280 zu folgen: „Der reisbau ist, wie Hassel -
quist (reise s. 130) vermuthet, wahrscheinlich erst unter den Kalifen in
Aegypten eingefllhrt und aus Ost -Indien dahin gebracht worden. Wenig-
stens erwllhnt kein alter griechischer oder römischer Schriftsteller, dafs reis
in Aegypten gebaut werde. Dagegen s. Sonnini's vermuth. th. I, s. 143^ Bei
DC: Orinda panis genus, et ex quo conficitur, seraen, Aethiopiae peculiarc et
sesamo persimile ist ogi^Sfii; aQjoq (s. Schneider wb.), das man auf oQ^rSa
^ oQvl^a bezieht. Ist nun 6(fivda aus biring' entstanden oder hat man,
wie in tarn ar- in de (indische palme), darin den zusatz von pers. hindi
(Indus) zu suchen? S. Lassen's zeitschr. VII. 169.
etymologische sptthne. 261
nen genossen mit paStvög^ äol. bei der Sappho ßgaSivog^
und ^oSavog in zusammenbang, in mir beinabe zur gewifs«
heit, um so mebr als Homer paSivog^ scbwank, als epitbet
von der IfidaO^Xr} gebraucbt. Es wäre weiter zu unter-
sucben, ob und wie sieb damit gotb. vaurts (radix), ja
vielleicbt gar aurts (berba) u. s. w. Grimm IL 62, vergl.
Benfey wtb. II. 338 vermitteln liefsen. Also von dieser
Seite könnten wir brn. Kubn scbon recbt geben. Allein
das 19* stimmte scblecbt zu dem tb in mantb, indem das-
selbe selten anders als durcb reines r vertreten wird, wie
z. b. aucb in litb. alus kai mentaTs (dickes, trftbes
bier), mente (rübrscbaufel, maiscbbolz, das untere flacbe
tbeil des ruders und, obne zweifei, erst danacb das scbul-
terblatt, wie firz. 6paule aus spatula, spatbula DC.
von spatba) und menturre, der quirl. Nesselm. wb.
s. 393. Wenn an einem gertenscbwinger festgebalten wer-
den soll, dann würde icb aus gedacbtem gründe viel lieber
nocb das ganze pddafivog mit &u(a (vgl. ^yx^i Ovev IL 11.
180 und das von Sebneider damit in Verbindung gebracbte
Ovaaü) bei Hesycb. för (Te/w, tivciaaoi) in 'PaSdfiav&vg ver-
eint glauben. Ünmöglicb könnte man darin das d-Bvg beim
Kallimacbus sucben; denn „Gott^ konnte Rbadamantbus
scbwerlicb beifsen, sondern nur „götteräbnlicb* (avti&tog)
Hom* n. 14. 322. Aus allen diesen gründen sagt mir ein
anderer gedanke besser zu, den icb nun auseinander setzen
will. Allerdings denke aucb icb, wie Kubn, an fiapifdvwj
jedocb in seiner gewöbnlicben bedeutung des lemens, und
bin aufserdem, trotz etwaiger analogieen, wie lat. ex en-
tere im sinne des durcbforscbens , oder agitare, cogi-
tare, dies verbum mit skr. mantb gleicbzustellen soweit
entfernt, dafs ieb vielmebr in ibm eine erweiterung aus
skr. man (cogitare) erblicke, mittelst i?, was (wie im lat.
ten-do) aucb mebreren griecbiscben verben (vergl. z. b.
ri^i^-w, lat. neo) als neuer bildungscbarakter antritt. Die
formen obne nasal, wie fidO-og u. s. f., sind för.micb daber
nur entstellte, denen v erst durcb wegfall abhanden kam,
und darf man aus diesem gründe, meine icb, aucb an dem
202 P^"
bleiben desselben in einer so alten namensform keinen
anstofs nehmen, obschon er in allen sonstigen Wörtern fehlt,
die von ^lavtfdva) herkommen. Wir wollen nun aber wei-
ter sehen. Das ßgccda kann meiner meinung nach ein adv.
sein, das ebenso wie wxa, rofj^a gebildet wäre, nämlich in
genauer analogie mit diesen oder auch als deren begriff-
licher gegensatz aus einem adj. auf i^, d. h. ßQadvg, dessen
gegenbild bardus im latein blofser eindringling sein dürfte,
weil brevis, levis, suavis u, s. w. = ßQaxvg, ^la^vg,
fjSvg (skr. svädus, fem. sv&dv-f) sich, ihrer urform ge-
genüber, ganz anders benommen haben. Es scheint aber
(anders Buttm. §. 115. a. 6. anm. 6), diese adverbia seien
eigentlich um ihr 6 gekommene neutralformen im acc. plur.,
während t^Ib (aus rijkv) umgekehrt mag schluTs-a aufge-
geben haben, wie der dual oaaa (aus skr. axi) sein zwei-
tes -€. Eine hauptschwierigkeit möchte vielleicht in dem
umstände gesucht werden, dais zwar compp. mit ßgaSi
u. 8. w. in gebrauch sind, allein kaum mit derartigen adv.
auf-«*). TviXb (auch ad, nav^ äyav) inzwischen bildet
genug solcher compp., .und wenn *SixBav6g**) als ^schnell-
strömer" mit Natg, NtjQBvgf aivaog u. s. w. gleichen Stam-
mes (vdw) ist, wäre sogar in diesem worte eine noch stren-
gere analogie gefunden. Was aber den sinn von Bgadd-
fiav&vg anbetrifft;, so scheint mir, unter erinnerung an den
*) 'I&üytvfiq^ poet. i&ouyivfiq würde kaum als strenges analogon passen,
auch wenn es von id-v stammt und nicht, vgl. avO-iyivfiqy zend idha (heic)
enthiUt.
*^) Oder sollte dies sich durch blofse umdeutung auch ftufserlich dem
wahrscheinlich rednplicirten ^/lyvytiq "°^ •^Z^" C^fi»!- t/^i/i'?) entfremdet ha-
ben? Des widerstrebens von Kuhn zeitschr. lY. 89 ungeachtet , möchte Ich
diese Wörter gleichwohl an skr. dgha (A rapid flow of water), vgl. &vaha,
anknüpfen. Ich leite nämlich ögha, wie ahd. wAg (gurges, pontus, aequor,
fretum), d. i. woge^ von vah (vehere), und zwar aus äh statt vah mittelst
samprasaraifia (vergl. uxan, ochse, z. b. mit skandhav&ha prsh^havah)
und gh statt h. Natürlich stelle ich Omega nicht dem skr. ö gleich, son-
dern betrachte jenes als aus va (vgl. vah&, flufs) oder rk entstanden. So
veifaielte sich auch äol. oi^ai'oc, o^avo; statt ovf^avoq Ahrens dial. Hol. p. 93.
101 zu Varupa. Eine beziehung de» *Ilntav6q zu lat. aqua, die Pyl I. 142
vermuthet, dürfte abzulehnen sein, weil das griech. sicherlich an dem ur-
sprünglichen n (skr. ap) festgehalten hätte. Vgl. etwa ^Anta als Pelopon-
nes mit skr. dvtpa. Buttm. lexU. I. 67. Auch Messapi a oskisch wie
Mesopotamia?
etymologische sptthne. 263
sprachwortlichen ausdruck na&tjuara ua&^j^ara (durch
schaden wird man klug) und an den 'Fmfitiäsvg*)^ jener
name den Ebadamanthus als höUenrichter insofern charak-
teristisch zu bezeichnen, als dadurch die menschen ^lang-
sam und spät, oft zu spät, zur erkenntnifs von dem
gebracht« dargestellt würden, was sie in ihrem leben auf
erden vollführten. Natürlich schickte sich ein name mit
solcherlei etymologischem werthe allein för eine nicht so-
wohl geschichtlich als vielmehr als speculative idee**)ge-
fafste persönlichkeit in ihrer eigenschaft als höUenrich-
ter; nnd nichts klarer daher, als dafs alles, was anderwei-
tig vom Rhadamanthus die sage berichtet, irren wir mit
unserer namensdeutung nicht, nothwendig nur als eine hülle
von nebeldunst angesehen werden darf, die sich um sein
unterirdisches richteramt als den ihm von frühest zu-
kommenden Charakter, gleichwie um einen festen kern, erst
allmälig ansammelte. Wir meinen also, dafs, während die
andern beiden mitrichter, Aeakus und Minos, auf einer
ganz verschiedenen, nämlich von vornherein ins geschichtliche
gezogenen basis fufsen und die, gleichsam als lohn fllr ein im
leben mit gerechtigkeit verwaltetes herrscheramt, ihnen
zugefallene würde mehr als eine untergeordnete zugäbe
und aufserwesentlicher schlufspunkt erscheint, im gegentheil
des Rhadamanthus ursprüngliche bestimmung für das
unterirdische richteramt schon im namen bezeugt sei und mit-
hin alles, was man ihn auf der oberweit gethan haben läfst
(s. z. b. die hinweisungen im index zum Heyne^schen Apoll.
V. Rhadamanthus), nur erst später hinzugedichtet wäre. Alle
drei todtenrichter bei den Griechen übrigens waren söhne
des Zeus, und zwar von der Europa, nur Aedkos, als
*) „Festinantia Arabibus umm nedaxnet, mater poeniteotiae '^ Clodius,
lex. tnrc, p. 562. Ob übrigens dieser name mit fjijdot; und nicht mit ^tar-
Oäru zusammenhange, dafUr möchte ich nicht die bilrgschaft übernehmen.
**) So schiene selbst die fassnng B(/aSu- fiavO-tx; als „späte ein-
sieht ** durch zusammenrttckung des adj. mit seinem subst., wie in Ntäno-
At;, nicht geradehin unmöglich, da ja die fem. auf lia auch kUizongen (-ea
Ahrens II. 188) unterliegen. Man hätte in diesem falle jedoch die verkörperte
idee gleichwohl in einem manne darstellen müssen, da frauen (tacet mulier in
ecclesia) kein richteramt verwalten konnten. Vgl. Metanoea Auson. Epigr. 12.
264
Pott
könig von Aegina, um deswillen auch von der Aegina,
nach Apollodor. Es ist erklärlich, dafs, wenn z. b. die
Hören, wie Eunomia (gesetzmfifsigkeit) und Dike (recht),
als töchter des Zeus mit der Themis betrachtet werden (s,
die genealog. tafel Apollodor t, II. p. 368), das richteramt
über die sterblichen nach ihrem tode desgleichen als aus-
flufs des allerhöchsten göttlichen willens gilt und als sol-
cher in dem mythischen gewande genealogischer herkunft
seinen ausdruck finden konnte. Dies nun eben möchte
ich wenigstens für den Ehadamanthus als grund ansehen,
warum zu seinem vater der oberste der Götter gemacht
wird. Die engere beziehung aber, worin die sage ihn mit
Kreta*) und dessen beherrscher Minos**) versetzt, wäre
entweder schon durch beider kollegenschaft im Hades zur
genüge gerechtfertigt, oder wer weifs ob nicht der Brada-
manthus (s. oben über diese dialektform) auf einer speciell
von der insel Kreta ausgegangenen mythischen Vorstel-
lung beruht. Der im Rhadamanthus, wie ich glaube, aus-
gesprochener maafsen hegende moralische gedanke von
einer späten und reuevollen einsieht dagegen, welcher jeden
menschen, der etwas verbrach, wo nicht eher, doch un-
fehlbar bei dem jüngsten (d. h. letzten) gerichte erfas-
sen lä&t, welches nach dem jetzigen leben über ihn ver-
hängt wird, dieser gedanke ist sonst allgemein und natür-
lich genug, als dafs man ihn nicht an hundert orten von
einander unabhängig hätte zuerst denken können, wird nur
die fortdauer des lebens nach dem tode überhaupt voraus-
gesetzt. Was aber seine besondere fassung in dem namen
*") Dahin gehört z. b. das angebliche von Rh. an die Kretenser erlassene
verbot, bei den oljrmpischen gottem zu schwören, indem er statt dessen be-
fahl, bei einer gans, einem hunde oder einem iridder zu schwören. Prichard
llg. myth. 8. 265.
'**) Schwerlich seines langen jota halber richtig, bringt man den Mrvwq
zu skr. Munus n. s. w. von man, denken. Vielmehr scheint darin rovq
zu stecken. Vergl. Qtävw (einer göttin sinn habend) mit Gtoroij' Und
der sinn im ganzen: ausharrend (fUftvtor^ fiiv^v) im vovq (vernünftigen den-
ken). So Mifiroftaxoq = Mtvfftaxoq, MtvinxoXtfAta; (den kämpf beste-
hend), Mirosyif^fm (dem feindlichen manne stehend). Auch MfftrtQfio<; (wahr-
scheinlich ausharrend beim Hermes, als industrieller) gegenüber von Mad^fii
aus "At^tii. Etym, forsch. 11. 69.
etymologische ap&hne. 265
ßgaSd^avdvg^ gleichsam als sera viodicta (vergl. das nur
anders gewendete oiffifia&i^g und oxpivoog)^ anbetrifit, so
kommen meiner erklärung desselben noch, täusche ich mich
nicht, einige dem begriffe nach verwandte mythische Per-
sönlichkeiten trefflich zu statten, die mit gleichbewertheten
epitheten vorkommen. So die Nifiaaig (etym. zutheile-
rin, nämlich des sunm cuique, daher z. b. mit dem Symbole
des maafses oder richtscheites) als y^vötegonovg^ hinterher
— spät — langsam kommend oder gehend. Anal. u. Orph.^
Schneider wb., trotzdem dafs „die zu Smyrna verehrte Ne-
mesis flügel hatte, als anspielung auf die Schnelligkeit,
womit diese göttin den übermüthigen ereilet, die Rhanmu-
sische hatte keine flügel.^ Creuzer symb. I. 134. 2. Ausg.
Femer Aesch. Agam. 58: y^varigoTtotvog *E()ivpvg^ quae So-
phocli vareQonovg^ Stanl., mag man dies nun als »hin-
terher (nach der that) strafend^ auslegen, oder als „poe-
nas Sero exigens^, wie es bei Schütz z. a. st. geschieht.
— Sogar ist der gedanke ein christlicher, wie aus dem
berühmten Dies irae folgende verse beweisen:
Judex ergo cum sedebit,
Quidquid latet apparebit,
Nil inultum remanebit.
Wir nehmen noch einige, nicht allzufem abliegende
namen hinzu. Nämlich
Pyl (myth. beitr. I. 206) erklärt die namen der Erin-
nyen folgendermafsen: „Tisiphone mordrächend, Alekto
unabwendbar, Megaira neid, im zusammenhange mit
piiyaiQUi mifs gönnen.^ Jederman wird doch glauben,
über etymologisch so durchsichtige namen könne in betreff
ihres sinnes nicht der geringste zweifei obwalten. Und
gleichwohl ist dem so. Man halte mit obigem nur Prel-
ler zusammen, welcher myth. I. 524 deren sinn so angiebt:
„sie heifsen T. d. i. die rächend tödtende, A. d. i. die
unermüdlich verfolgende und M. d. i. die grausige.
266 Pott
gorgonenartige% und man wird inne, dafs von den
erklärungen beider Schriftsteller auch nicht eine einzige
genau übereinstimmt. In betreff des letzten namens hat
Preller zu seiner rechtfertigung an den gebrauch von ^£-
yaiQü) (fascinare) Apoll. lUi. IV. 1670 erinnert, und ver-
dient auch diese deutung wegen des entsetzens, welches
die Erinnyen durch ihren anblick einjagen, vielleicht den
Vorzug, dürfte man den ApoUodor hier, was Buttm. lexil.
I. 261 bestreitet, freisprechen von willkürlicher anwendung
ihm selber aus dem epos blos überlieferter Wörter. Min-
destens „oeid^ oder „mifsgunst^ aber hiefse eine von
ihnen wahrscheinlich nur dann mit recht, wenn man sie
sich vorstellte als dem, welchen sie verfolge, das geringste
an erquicklichem oder auch nur eine kurze befireiung von
quälen mifsgönnend und vergällend.
In betreff der Tlciq>6vri erhebt sich, wie oft bei com-
positen, die Schwierigkeit, wie man bei bildung des Wortes
das verhältnifs seiner glieder zu einander sich gedacht
habe, so klar auch letztere f&r sich, im einzelnen genom-
men, sind. Es muls nämlich die abstracte möglichkeit ei-
ner doppelten auffassnngsweise anerkannt werden, wie an
sich gewifs auch, dais der ursprünglich in das wort geleg-
ten intention nach und in wirldichkeit nicht mehr als Eine
von beiden möglichkeiten auf selten der Wahrheit zu liegen
kommt, nur dafs es schwer hält, sich in diesem dilemma
mit bestimmtheit über das, was man ftlr das wahre hält,
zu entscheiden. Augenscheinlich ist dies die frage: hat
der schlufs, wie z. b. in av3QO(p6vog (auch weiblich) , Xao-
(povog (volk tödtend) u. s. w. , die geltung gleichsam eines
activen particips, oder hat man darin ein vom voraufge-
henden gliede abhängiges Substantiv, d. h. hier q>6vog^
zu suchen? Die indischen grammatiker würden, in gemäfs-
heit mit ihrer eintheilung der composita in classen, blofs
fragen: Gehört das wort den determinativen (karma-
dharayas) an? in welchem falle man es, als blofs vom er-
sten gliede näher bestimmt, mit ^zur sühne, oder um
zu rächen, mordend^ allein richtig wiedergäbe; oder
etymologische spähne. 267
vielmehr den sog. abhängigkeits-compoBiten *) (tat-
puruschas}? worin ein glied vom andern, in der regel in-
nerhalb des indogermanismns das erste vom zweiten ab-
hängig, hier aber umgekehrt (,, räche wegen begangener
morde an den thätern nehmend'^) gedacht wird. Ich weifs
nicht, in wie weit es grund hat, wenn Eschenburg, hdb.
der klass. lit. s. 423. 6. aufl. die Functionen der Erinnyen
unter die einzelnen so vertheilt angiebt: „Tisiphone, die
besonders zur erregung ansteckender seuchen abgesandt
wurde, Alekto deren geschäfte die Verheerungen des krie-
gest waren, und Megära, Urheberin der wuth und des
mordes'^. Rückwärts auf die namendeutung zum mindesten
wird sich nicht viel daraus schlieTsen lassen. Dazu sind der^
gleichen geschäftsvertheilungen gewöhnUch erst von zu jun-
gem datum, aus Zeiten einer schon zu verständig gewor-
denen Überlegung. Wäre dem aber so, dafs erregung von
seuchen schon im namen der Tisiphone angedeutet läge,
dann dürfte man wohl nicht daran zweifeln, sie werde ganz
eigentlich als selber mordend vorgestellt, indem das vor-
derglied nur das motiv enthielte (aus räche), warum sie
morde (durch epidemieen) verübe. Ein auf solche weise
vollstrecktes Strafgericht jedoch ginge fast nothwendig im-
mer auf eine mehrheit, und bezöge sich nie eigentlich auf
ein einzelwesen. Mir scheint indefs in der Tiat<p6vfj ganz
eigentlich die blutrache personificirt, welche, wie im al-
ten Griechenland, so noch heute in Albanien (s. v. Hahn
alban. stud. I. 176. 204) brauch ist, und gebe, hauptsäch-
lich mit aus diesem gründe, der erklärung: „mordes räche-
rin^ vor der anderen den vorzug. Tiaaaäcu natQog (fo-
vovy des Vaters tod sich bezahlen lassen, rächen, oder mit
dem acc. der person: itiaaxo ^ar()o</)ov^a (daher der eign.
TiaavÖQOQy Teiöavd(fog Ahrens dial. dor. p. 184, wohl =
*) Noch eigentlicher vielleicht wUrde man derartige bildangen mit stibst.
auf HTft als Vorderglied den possessiven einordnen , deren eines glied (vgl.
z. b. itv¥oxi(fctXo<; neben dem appositionellen ^fyuXoxi(palo<;), hier das letzte,
von andern in abh&ngigkeit steht, "während das compositum in seiner gesammt-
heit zunächst attributiven Charakter besitzt.
268 Pott
sich rächend an den männern), u. dgl., giebt Über die zu-
lässigkeit des sinnes keinem zweifei räum, und, was die art
der composition anbetriffl;, so ist dieselbe durch unzählige
beispiele gleichfalls sichergestellt. Trotz der kQrze von
TiGig finde ich in TtOKfovri und in bildungen seines glei-
chen vorn nicht etwa verbalformen, ein fut. oder, dem sinne
nach doch erträglicher, sigmatische aoriste, nein, wie schon
et. forsch. U. 393 bemerkt, abstracte subst. auf -<rc, wobei
es nichts verschlägt, dafs sich mehrere derselben aaJser
solcher Verbindung nicht nachweisen lassen. Es ist genug,
dafs diese compositionsweise ursprünglich von derartigen
gebilden ihren auslauf nahm. Sie konnte später derglei-
chen, im sinne der analogie voraussetzend, zu ihrem be-
hufe, öfters unter vorbehält einer gröfseren freiheit in der
bildung, selber schaffen, ohne dafs sie als simpUcia brauch-
ten in der spräche Wirklichkeit zu erhalten. So <f>&T(Tiu'
ßgoTog (verderben bringend den sterblichen), cp&laiifgwv
mit langem i vom, trotz rpd'iGtg, was zudem im sinne eine
nicht genau zutreffende richtung einschlug. \4BQainovg, cIq-
ainovQ (von äQ<ng\ aegaipovg, woraus ^Agaivoi] (erhebung
des Sinnes kundgebend, hochgemuth). 'ÜQaiXoxog^ ogainov^
u. s. w. j4lv€ai3t]fiog und AlvriaiSrjuog, vgl. Publicola
(mit populus imd, wie ich, trotz Niebuhr, nicht zweifele,
colere, vgl. agricola\ 'AvtjaiSwga (von avitjui) und *Ava-
^Mga, Demeter, oder die erde, als herauf bringerin ihrer
gaben aus dem unterirdischen dunkel ans licht des tages,
dias in oras. Lucr., von avdyBiV üg (pdog Hesiod. Dagegen
von apdaaeip z. b. der mannsname 'Ava^iXaog (herrschaft
übend über die Völker); nicht, wider alles recht, vom no-
minativ ava^^ sondern von einem fem. nom. abstract. Ei-
^i&eog (mit gebet sich an die götter wendend). GeX^iinsia
(bezaubernd mit werten) eine der Sirenen. Aaxkiav gi^av
(fviBVötad-ai fielfjaifißgoTov Pind. Pyth. 4. 26 übersetzt
Schneider im wb. wider die analogie ,)Von menschen ge-
achtet,^ und Passow, indem er die Übersetzung durch „was
den sterblichen ein gegenständ der sorge, fbrsorge oder
liebe isf* vermittelt, eben so. In Wahrheit kann es sich
etymologische späline. 269
dort nur um die gründnng, welche ^ sorge für (der) men-
schen (obdach) trägt % d.h. um die anfange schnell zu
volkreichen städten aufblühender orte handeln. IZeiaixcc"
kivog wohl eben so viel als nei&7]viog dem zügel gehor-
chend (nsi&ofiBvog) j aber, vielleicht nicht einmal mit aus-
nähme von ÜHGiccva^^ die übrigen compp. von neiaig
(Überredung) aus nti^o) (überreden, zum gehorsame len-
ken) im activ, wie JleiaavSQog, TltiaiXaog^ IlaiGiaTQaTog,
Iltiöinnog, fleiaiöixt]. Vgl. TtHcifißgotov ßdxTQov. floXv-
nBid-Tig. IIuaiTiXfjg und IJQa^itiXijg, worin mir, nicht minder
als in ^AgtatoTklrig (anders wohl Evtiktjg^ sparsam?), am
Schlüsse nicht sowohl rUog (ende, kaum Vollendung = Voll-
kommenheit) gemeint scheint, als va rilrj, wonach 77(>a|e-
TUi]g auch noch seine weitere aufklärung durch ra xoiva,
ra rrig TtükBOjg n^jccTTBiv fände. Doch Tekicag^og, TeAecri-
xodxrig^ wahrsch. aus tilECig^ vollenden. TEQxptxo^t] (freude
habend am tanze). Und so eine menge anderer. Ob herr
Preller ftlr die von ihm gewählte erklärung eben so stich«
haltige formationen beizubringen vermöge, will ich, zur
entscheidung zu bringen, ihm selbst überlassen. Nur ge-
schehe, aufser Ttairpovog^ oder Tiaaf^svog, was wohl im
allgemeinen einen bezeichnen soU, der, ungerächt, sich
nichts gefallen läfst, noch einiger personennamen mit riaig
erwähnung, die in der frage noth wendig einige berück-
sichtigung verlangen. — Man sehe bei Pape: Tiölptaxog^
vater des Tiaiag^ nach der von Stanlej. ad Aesch. Eum. 8,
Lobeck pathol. p. 73 sq. und von Reinhold Köhler (n.
Jahrb. f. phiL u. päd. bd. LXXIQ. heü 1. s. 21; belegten sitte,
vom vaternamen einen theil in den namen der kinder hin-
über zu nehmen. Soll das nun bedeuten: „sich wegen eines
(vom andern angefangenen) Streites (fiäxt] etwa im gen. oder
acc. von riaaa&ai abhängend genommen?) rächend^ oder,
als determinativum, „aus rachedurst in den kämpf gehend?'^
Tiaagxog, TtaixQdriig sind noch dunkler, und gar Ttaa^
yogag, Tiöinnog scheinen aus je zwei gliedern zu bestehen,
die eher feindlich auseinander rücken möchten, als zu ei-
nem einmüthigen sinne zusammenwirken. Möglich jedoch,
270 Pott
dafs ihnen der begriff von risiv (werthschätzen) zum gründe
liegt. Vgl. TifiaQxog, TijMoxpari/tf, Tifuayogag. Tifit^ai'
&€og doch wohl: Verehrung den göttem bezeigend (und nicht:
von ihnen empfangend), was also auch wohl über den
sinn von TifitjffiSfjfAog^ Alvi^aidt}uog und Tifi^aidva^ ent-
scheidet.
Wir kommen zur 'Jlrjxroi, auch \4Xlf}XT(a. Pyl'ß er-
klärung ^die unabwendbare^ dafttr, so viel steht fest,
ist irrig. Die kommt nur einer der Parzen, ''Argonog^ zu.
Und zwar mit recht: dem tode entflieht niemand, er ist
unvermeidlich. Preller findet in der Alekto eine furie, die
(im verfolgen) unermüdlich. Nun ja, diese ergänzung
wäre ganz schicklich, wird aber von seitei> des Sprachge-
brauchs, so weit ich mich erinnere, wenig unterstützt.
Schon deshalb halte ich mich lieber an die stelle IL 9. 632,
wo mir dfiucht, &vfi6g äkhjxtog (;jfoAov) nebst X^yuv ^okoio
Od. 22. 63. zeige uns den richtigen weg. Es wird von
Schneider behauptet, der sinn des adj. verb. sei dort activ:
nicht aufhörend zu zürnen. Eine ungenaue behauptung.
Die strengere ansieht erheischt nicht wiedergäbe etwa durch:
animus nunquam ponens iram, sondern qui non libera-
tur ira, cujus ira non sedatur. Hienach erblicke ich
in der WA^xrcJ, d. i. implacata, implacabilis, die unversöhn-
lichkeit und ruhelosigkeit eines bösen gewissens, nur dieses
gleichsam zur person (aufser uns) erhoben.
Keiner dürfte sich weigern, auch för die Adrastea
einen ähnlichen sinn („unentrinnbar^) sogleich als an-
gemessen einzuräumen, dafem nur feststeht, man habe seit
aufkommen dieses namens damit zuerst, wie von späterer
zeit unzweifelhaft, die Vorstellung einer höhern gerechtig-
keit verbunden, der, früh oder spät, niemand sich zu ent-
ziehen vermag. Man vergl. damit z. b. den sehr analogen
ausdruck: ineffugibilis necessitas ultionis bei Ap-
pul. de Mundo p. 372 Oud. Gehen wir davon aus, dafs
es mythische und sagenhafte etymologieen schaarenweis
giebt, welche auf der wagschale einer durch nichts besto-
chenen Sprachwissenschaft gar keinen werth besitzen, wie
etymologische spähne. 271
gleifsnerisch ihr Schimmer in anderer rücksicht sei: so wird
uns auch wohl die etymologie nichts anhaben, welche Strabp
XIII. p. 588 vom Äntimachus (Reliqq. ap. Schellenberg,
fragm. XXIIL) aufbewahrt hat, der von der Nemesis be-
hauptet, sie verdanke ihren namen 'jiSgiqaTtta , einem ihr
zuerst vom "JlSgfjavog gesetzten altare. Eine solche erfin-
düng war wohlfeil zu haben wegen der namensähnlichkeit
der Adrasteia mit dem Adrastos. *^ägdateia hat, wie die
aus dem masc. ins fem. movirten persönlichen formen pfle-
gen, hinten kurzes er, aber wenigstens die adjectivform
'yJÖQdaTBiog liefse im fem. langes a (vgl. z. b. ßaaileia als
adj. fem. von ßaalksi^q^ oder ravvfjLijdeirjy Ganymedea adj.)
und vorgerückten accent erwarten. Doch, wenn auch hierin
kein unübersteigliches hindemifs liegen sollte *), was bedeu-
tet der beliebte mannesname "yidoaatog selbst? Schneider
giebt flir den activen gebrauch von aSgaarog (aus Sgata^
ÖtSgdaxWy vgl. Sgaa^wg die flucht, SgccöTf^g = Sganivrig)
als beispiel: dvögärtodov ädgaarov xal qiXoäianoTov y was
also, im gegensatze zum Sganitfjg, den getreuen sklavcn
bezeichnet, der seinem herren nicht fortläuft; und in die-
sem sinne eignet sich der name filr einen sklaven, wie
'ASgYiarr^y dienerin der Helena, vortrefflich. Auch Sovlog
dpanoSgaarog , ein sklav, der nicht entfliehen kann, ge-
brauchte Plutarch. Auf helden, und männer, die etwas
auf sich halten, palst das nicht, keine frage. Wer sich
aber des Pelides cedere nescius beim Horaz oder des
analogen ausdrucks: vinci nescius armis bei Ovid (vergl.
'ASiATixog d. i. unbezwungen, indomitus, und Avixtjrog) ent-
sinnen will, welche besagen wollen, wie der held „das flie-
hen nicht gelernt habe, nicht verstehe^, kein Xetnotdxjt^g
sei, dem wird sich auch begreiflich machen lassen, dafs der
sinn des namens "ASgaatog **) nicht weit ab liegen kann. In-
*) ^gl- 17 'HqaxU(a Xl&OQ der magnet, aber wenigstens 'Hf^dxlna (sc,
TioJLiq?), wie andere stlidtenamen *j1Xfiard(feiay Kacffavdgttay 'ArfiS/nj',
Sflfvxtta von mannsnamen auf oc, und Evfiht^a von Evft^vfiq. Allein
auch am analogsten Seßäatna = itßaa^oTtoXiq. St&dte als fraucn?
**) Die flucht des Adrastos ans Theben mit dem Arion (Antim. fragm.
XX. ed. Schellenb.) fürchte ich höchstens als einwand zum scherze. Es war
272 ^ou
defs könnte er, unter festhalten an der passiven form des
gedankens, recht wohl auch, sollte ich glauben, ,, un ent-
flieh bar ^ bezeichnen, und krieger meinen, deren waffen
kein feind zu entkommen vermag. Ich darf übrigens wohl
nicht befahren, es werde jemand auch selbst mittelst Sgäv
(facere) daraus einen unbesieglichen herausklauben wollen.
Wenn nämlich Döderlein gloss. Homer, ü. 134 ajtgiiiCTovg
bSvvag Od. U. 79 und 2xvXXi]v .... aTtgr^xrfjv avitjv pas8.
mit „unbesiegbar^ übersetzt, so ist dies zwar im allgemei-
nen richtig, aber dem buchstaben nach ungenau. Es sind
schmerzen, mit denen man nicht fertig werden kann,
nicht zu ende kommt, gleichsam unabgemacht, fiel
der Skylla etwa aerumna intractabilis. Dürfen wir nun
aber anders in ^Adgaaruct eine „unvermeidlichkeit'' oder —
was doch der lateinische ausdruck necessitas eigentlich
besagt (vergl. serva oder saeva Necessitas Hör. Od. L
35. 17 Intpp. und Herder zur schönen lit. und kunst XIII.
143 fg.) — „unausweislichkeit^ (es bleibe vorläufig dahin-
gestellt welche) ausgedrückt wähnen; so hätten wir darin
nun den passiven gebrauch von aSgaatog (unentfiiehbar)
vor uns, und Antimachus wäre bis auf einen gewissen
punkt hier sogar etymologisch entschuldigt, gleiche wurzel-
elemente in ihm als m^'ASQaGTog gesehen zu haben. Kanu
aber ^ASgaarua abseiten der etymologie von unserer so eben
gemachten angäbe wesentlich verschieden aufgefafst wer-
den? Meine i\ptwort ist: nein; oder — man mQ&te eine
„unthunlichkeit'' als passender aufzeigen. Dafs diese etwa
um des langen a in zweiter sylbe, bezeugt durch das ioni-
sche ri statt seiner, willen erfordert werde, das wenigstens
lasse ich mir nicht einreden. In "ASoaaTog etwa einen un-
thätigen, einen homo ignavus zu wittern, auf einen so thö-
richten gedanken könnte doch kein mensch verfallen, der
halbwcges bei sinnen ist, auch angenommen, man treibe
dies zweite äSgaaros (von Sgäv^ thun) ebenfalls in activer
ja ohnehin mehr eine rettung durch göttliche dazwischcnkunft zu nennen,
denn feige flucht. Vgl. Creozer symb. II. 785.
etymologische BpUine. 273
bedeutnng nach irgendwo auf. Aber auch dieser name
lautet ion. mit t} : "ASgrictog. Die Adrastea wird von grie-
chischen Schriftstellern, ich weife nicht ob durch spätere deu-
tung und mifsdeutung, jedenfiüls nach einer tieferen philo-
sophischen speculation mit Zeus und der Ananke in Verbin-
dung gebracht. Namentlich galt als orphisch, der De-
miurg werde von der Adrastea erzogen, beschlafe die
Ananke (nothwendigkeit) und erzeuge die Heim armen e
(das Schicksal). Creuzer symb. 11. 501 fg. HL 305. 307.
Vgl. Herder, zur seh. lit. und kunst. Bd. XIX. (Nemesis)
8. 174, der auch ,,die unentfliehbare, eine immer
wirksame^ ftr spätere umdeutung hält. Herleitung aus
dfif , oder di (Greg. Cor. p. 348), jedoch erforderte yom
länge im worte und wäre auch sonst trotz SgaarBiga etc.
Ton Seiten der form (als aktiv) schlecht beglaubigt. Ich
dächte, Adrasteia werde auch hiedurch als eine „unver-
meidliche^ hinlänglich gerechtfertigt, und es ist beinahe
überflufs, noch des inevitabile fatnm. Curt 4, 6 erwäh-
nung zu thun. Wie sonst die götter selbst unter einem
noch höheren, dem Schicksal, stehen, so werden sie hier
mit ihm und mit verschiedenen Wendungen dieses begrif-
fes, mindestens in nähere berfihrung gesetzt, und, man sehe
nur von der etwas wunderlichen einkleidung ab, nicht ohne
eine unabläugbare Wahrheit des gedaukens. Ist, diesem
allen zum trotz, noch jemand, der mit Creuzer II. 503 in
der Adrastea an einer kraft festzuhalten lust bezeigt, »wel-
che die rathcshläge der menschen rückgängig [gleichsam
infecta, irrita] oder vergeblich macht'^, — also etwa der
begriff, wie bei Claudian: Dea quae nimiis obstat
Khamnusia votis (s. Herder a. a. o.), — der finde sich
mit ihm selber ab. Sein ganzes räsonnement in eben er-
wähnter richtung steht nur auf einem sehr unsicheren bo-
den, nämlich auf der Variante "/ri? statt "/äi?, die nach Plut.
sympos. in. 9. p. 681 Wyttenb. aufser der Adrastea zur
amme des Zeus gemacht wird. Was übrigens mit dieser
ammenwirthschaft im allgemeinen gemeint sei, ersieht man
weiter aus Plutarch, wenn dieser unmittelbar darauf ri^v
V. 4. 18
274 Pott
'AXfi&Biccv xal tfjv KoQvd-aXBtav beim Apollo ammendieDste
verrichten Iftfst. Der gott des lichtes, welcher alles sieht,
ist auch der gott der Wahrheit: es bleibt yor seinen blicken
nichts verborgen (nihil eum latet, denn aX^&€ui bedeutet
ja wörtlich: unverborgenheit), „Es ist nichts so fein ge-
sponnen, es kommt doch an das licht der sonnen^. Ko-
QV&aXia als beiname der Artemis in Laced&mon Ath. IV.
139. b legt sich selber aus. Die sonstige Schwester des
gottes wird hier zu seiner pflegerin.
Unsere aufgäbe, den namen der Adrastea sprachlich
aufzuhellen, erscheint hiemit, der hauptsache nach, gelöst;
und doch — eine bagatelle, wenn man will, oder auch für
den, welcher mit strengster gewissenhaftigkeit nicht blos
den etymen der Wörter, sondern auch ihrer grammatischen
form nachgeht, in welcher oft die kleinste nüance zwei sonst
etymologisch engest verwandte Wörter ihrer objectiven gel-
tung nach unglaublich weit auseinander wirft, keine klei-
nigkeit — hält uns noch von gänzlichem abschlusse der Un-
tersuchung zurück. Im fall der name einfach 'ASgi^arri lau-
tete, wie, sahen wir bereits, der Helena dienerin hiels, dann
wären vrir nun gewils damit fertig, nachdem nur noch der
passive und active sinnesnnterschied zwischen beiden be-
merkt worden. Er lautet aber 'ASgdattia mit einem neuen,
unter keiner bedingung gleichgültigen ausgange. Hat nun
letzterer weiter nichts, ds eine blofse movirung zu leisten,
oder vielmehr eine andere grammatische Sinnesänderung
mit bezug auf äSgacrog zu vollziehen? Das wäre unum-
gänglich noch in erwägung zu nehmen. Formen auf log^
la und Hog*\ tut, aiog u. s. w. im griechischen scharf aus-
i*) FlUle, wo der diphthong wirklich ganz dem snfSxe und nicht zum
theil auch dem thema angehSrt, bedttrftn noch einer gründlichen Untersu-
chung. Im thema kann anlafs zu dem c in e» z. b. nicht liegen in ivd^eloi
(subst. uvdf^tla oder ar9qia\ ;'t;rcuxcro(, deren thema conaonantisch aus-
geht Bei solchen nach ded. IL mufs der Charakter (o) ganz weichen, aber
doch uYQtlo^^ ointloq u. B. w. Ahrens dial. Dor. p. 198. Das a in L ver-
bindet sich mit Jota im suffix am naturgemäTsesten zu a», wie cc^;fa*09 ^^
der dor. form ftlr uqxv ('^■o ^^^^ a~ioq), aber trotzdem und daneben «f-
Xt*oqf To a^;|fnof, wie Movüiiov nnd a^. Movailoq. *Ayx^^^^ ^<^ -^^
etymologische spfthne. 275
einander zu halten, f&Ilt, häufiger contraciion und nicht sel-
ten geringer gebrauchsverachiedenheit wegen, mitunter
schwer. Ein solches gesch&ft altioris indagiuis liegt hier
aufser unserer absieht Wir wollen uns auf ein paar winke
beschränken mit engerem bezug auf unseren gegenständ.
Vgl. et forsch. L 125. 139. 11. 443 und 495 fg. mit nach-
weisen, wie sich vielerlei diphthongen durch verschmelzen
eines i im Suffixe mit vorangehenden vokalen der themen
(oft erst nach ausstofsen eines consonanten, wie digamma
oder sigma) entwickelt haben, z. b. doiolf das in analo-
gie mit ßivgiog sein suffix mit dvo verschmolz, sei es nun,
dafs in 8oioi, Soä^to das o der endung in dvo, mit über-
gehung des wurzelhaften v, angehört, oder dieses v (ältere,
skr. dväu SB duo) selber ist So entstehen nun aus suff.
'lä nicht nur abstr., wie evvoux, eiinvoia, sondern auch Ev^
ßoia^ 'AXffMißout (die rinder erwerbende, d. h. welche von
vielen reichen fireiem umworben wird), MeXlßoia (besor-
gend die rinder) und 2&Bvißoia (auch mit anderem namen
*'AvTnia Lobeck path. p. 63) doch wohl von ßovq (vergl.
JSd-iv-mnoq) und nicht ßoiq, wie x^^^oßoag. Ferner von
adj. auf -ig (im masc. und fem. 7Jg, wie skr. desgleichen
als commune nom. &8, neutr. as) nach wegfall des zischers
z. b. a/ivBuc von ayBvijg, 'Ali]&Ha (statt äXrj&ig^ia, also
mit Zurückziehung des accents), aber ion. altj&siij. Evatr-
ßBia, EvfMaQua von tvfiagiig, aber svfiaQ^icc vielleicht von
einer form auf o decl. U. ausgehend gedacht *I&v(pavua.
'YyiBia von vyii^g, iog. &Bcnikntta von &sam€n^g (worin
tautologisch zweimal ein derivat von Blnciv steckt), wovon
wir uns auch seinen adj. gebrauch bei Soph. Oed. R. v« 465:
cc &Ba7iUnBia jBktplg bItib nirga xrA. merken wollen. Eben
so agrUnBiai von den musen. Hes. th. 29. Nach Döderlein
gloss.Hom. 1.8* x^^^oßagijg, x^^oßägBuc, xcci^oßagig; doch
von ayxoyti^ sonst oio?. Manches hieher gehörige bei Lobeck parall. dies.
IV., allein zum theil ohne derartige sonderong, wie sie zum etymologi-
echen gebxanche von nSthen wäre. Aach siehe über jjfalxijroc von x<^ti'^
die lesenswerthen erinnemngen von Ebel IV. 158.
18*
276 Poti
könnte das fem« II. 11. 96 möglicherweise auch auf ;^aP.xo-
ßagog zurackgehen. Vergl. auch G. Curtius EZ. IV. 213.
Dann navdxsia^ oder navdxij von Ttavaxijg (selbst navd-
xiiog als adj. Nie.) bezeichnet nicht nur: heilmittel fikr al-
les, sondern auch die gleichnamige persönlichkeit Im
sanskrit haben wir die wriddhirten neutra: s&umanas-ya
(Enjoyment, satisfaction) und d&urmanas-ya (EtII dispo-
sition or thought). Sie können wenigstens dazu dienen,
wenn man die Verschmelzung von evfiivsuXf dvafiivHa in ih-
rem ursprünglichen hergange zu belauschen wfinscht. Es
entsprechen n&mlich sumanas und durmanas (im nom.
mf. &s, n. as) sehr genau den adj. av/ticyi/^; *), Svafiev^g,
Eine weitere adjectivbildung wieder: s&umanasa (agree-
able, pleasing) nimmt regelrecht im fem. s&umanas-t
an. Allein, obschon ich sonst das skr. movirende -t auf
eine durch Samprasarana entstandene kürzung aus -yft als
fem. von adj. auf -ya-s (griech. io-g, lat. iu-s, fem. ia)
zurfickleite und deshalb z. b. skr. dev-t (Dea, d-ed)^ sakhi
= latein. socia, auch die beide vorkommenden formen
kant und kany& (mädchen), rficksichtlich der sufiigirung
mit lat. av-ia (sc. uxor) und dem movirenden -ia et. forsch.
II. 440 vergleiche, so halte ich uns doch für genöthigt,
weibliche namensausgSnge auf -«la neben adj. auf ig (nom.
'9IQ mf.) als auisergewöhnlich, wenigstens in so fem zu er-
klären, dafs, trotz solcher adj., wie z. b. tjScia von tidvg
u. s. w., diesen bei adjectivem gebrauche das griechische
keine feminalbildung auf e^uc (statt €<r-m) — s. indefs oben
&Bffmineiaj und vgl. Ahrens 11. 188 — , noch auch wahr-
scheinlich das sanskrit je ein as-t (aus as+t, höchstens,
wie in s&umanas-i, aus asa+l) gestattet. BilduDgen
solcher art sind nun z. b. 'AötvxgdrBia neben 'ActvxQdrrjg^
' EQfioxQavhia, auch Kgdrita als simplex philol. I. 551. —
diOfii^Siucj rj von Jiofi9j3tjg, ovg (unter Zeus rathschluis^ fii}-
-tfog, und fürsorge stehend? ;. Vielleicht MtjSHa ähnlich wie in
) Evft^rtjq als name mit umgestelltem accent. Ueber Ev^iftM als
Btadt 8. eine frühere notc.
etjmologische spähne. 277
ahd. Regina (oder iAr}do(Uvri xaxd?). '^pxw<fm. '^QX^
ftovXog, kommen dem sinne nach althochdeutschem Waltrat,
Radoaldus und Raginald (i. e, qui Deorum consilio
adjutus gubernat, waltet) Pörstem. namenb. 1025, nahe,
und dem vomamen meines recensenten Reinhold Köh-
ler. IlokvfitjSfi neben IloXvfiiidjjg = UokvßovXog, -^ IlaKa-
fi^Sr^g^ als wegen mancher erfindungen berühmt, augen-
scheinlich aus «aAcf/o; (vgl. aoq>7j x^iQ die band wegen ih-
rer kunstfertigkeit) mit ^iridog (anschlägigkeit), indem die
eine der sich wiederholenden silben (iri wegblieb. Emfi^-
äTjg, einer der idäischen daktylen, d. i. aussinner, von im-
fiiqSoiiai (also ganz anders als 'Emfijjßsvg). ^Jene idäischen
finger (vgl. so eben naldfirjD waren nicht Mos geschickt
erz zu bearbeiten, sie verstanden auch kräuter zu lesen, wun-
den zu heilen, arzeneien zu bereiten* Creuzer ü. 309. Vgl.
sxicYi XBiQiaoffog name eines bildhauers undX€/(^a)v. — „Von
den uns erhaltenen dichtem ist Pindar der älteste, welcher
den Ganymed zum geliebten des Zeus macht** sind werte,
die ich des Prof. M. H. E. Meier art. Päderastie (abdr.
aus der allgem. encycl. S. 11) abborge. Ohne dies zeugnüs
könnte man sich wohl verleiten lassen, dem namen Favv^
fi^Sr^g einen obscoenen sinn unterzulegen, um so mehr als
die Römer, ihr der tenues wegen aller Wahrscheinlichkeit
nach aus Etrurien überkommenes catamitus, welches
daraus entstellt worden, nur derartig verwendeten. Dann
hieise raW'fitjdfjg gaudens (von yävvfiai, vgl. ravvyXtaaaog)
genitalibus {^i^S^a, fii^sa) s. concubitu Jovis, wie man auch
Hes. Th. 989 (piXofifieiSrjg ^AtpQoSixri (doch s. Schneider)
zuweilen: „amans genitalium Venus* auslegte. Da nun
aber FavvfiijStjg schon bei Hom. vorkommt, haben wir viel-
mehr den namen als „sich erfreuend der besonderen sorge
und gunst (allerdings von seite des Zeus)^ vorzustellen^ in
naher Übereinstimmung mit JiofiiiSrjg.— Avxofii^Srjg wie ahd.
Wolfrat, Ratolf, Raginolf, was sich freilich im deut-
schen vom wolfe als Odinsthiere begreift Familienn. s. 19.
218, schwerer im griechischen, da meines wissens der wolf
nicht gleich dem fuchse von Seiten der anschlägigkeit be-
278 Po**
rufen ist Etwa vom Apollo ^vxiog? — Jioyi^sta neben
JioyiPfjg, aber auch ein Jtoykpuog (von Zeus sein geschlecht
herleitend). 'Itpiyivua (von einem machtversehenen ge-
schlechte). Xgvaoyivaia^ mutter des Chryses (also zum
theil gleichnamig), neben X^vaoyhfjg. Auch tiQiyiveuz mit
oder ohne '-HTaJg, wie fiowoyiveia, xakkiyiveia, Persephone.
PreUer I. 467. — Dann mehrere, die mit xkkog hinten zu-
sammengesetzt werden. Als 'AfupixXtiay EvxXuay JioxXeia,
0B6xi,€iaj 'IsgoxlBia, 'PoSoxksucy 0ik6xlua neben *AfAg>ixXijg,
EvxX^g*), Jioxl^g^ Oeoxkijg^ 'IsQOxX^g, ^ikoxkijg. 'Inno-
ßotiMx dagegen entnimmt seinen e-laut dem 97 von innoßo-
rrjg, ov, nach decl. I. Der privative, nicht rein negative
Charakter von a- aber läfst in ^JlSgäateia keinesweges er-
klärung aus dgacxrig (fiigitivus, fugitor, ausreüser) zu. Denn
es könnte wahrscheinlich mit nichten: quae nunqnam fugit
vel cedit bedeuten, sondern nur „welche keine fiüchtlinge
hat, ohne sie ist^, wie z. b. ancug nicht bedeutet „nicht-
kind^ (kein kind seiend), sondern „nicht kinder habend''.
So, um dies durch ein beispiel zu erläutern, geben die lexika
aßovtrig Hes. Opp. 451 „ohne rinder'' wieder. Richtig und
um vieles schöner ist der sinn, welcher nach strenger ety-
mologischer Wahrheit darin liegt. Es bezeichnet nämlich
einen mann, der keine rinderhirten (ßovtijg) braucht, weil
er, als nicht begütert, keine rinderheerden besitzt. Vgl.
äSovkog fbr: arm. Anders steht es mit dem Dibutades
Plin. 35. 12 (Philol. I. 550). Der name bezeichnet seinen
träger als abkömmling von einem, der so vermögend ist,
dafs er sogar zwei rinderhirten halten mufs. ^AiSrig^ auch
genitiv *Aidog^ will P7I I. 150 fg. als vom digammirt und
♦) Zend Ha-9ravanh, name dea königs Khosru (Chosrew), wird von
Born. Y. p. 451 n. als: nC|ui a des belles oreilles, qni entend bien, obSs-
sanf* erklilit. Dem etjrmologischen buchstaben nach stimmt es ganz tu Eif
xil^c. Allem vermuthen nach auch im sinne, nicht blos weil ^ru (hören) in
den begriff des rohmes vielfach hinttberspielt, sondern weil sogar in den ve-
den (s. Benfey glossar und vgl. Kuhn IV. 400) su^r&vas iür »ruhmreich*'
wirklich vorkommt. Auch die slawischen mannsnamen auf -slaw stimmen
ein. — Beiläufig: ist 'PtoftCO-qti^ oder 'PtutfitO-iiiK etwa Mithras mit zend
radvaf, nom. ra6v4o (brillant) Brockh. s. 389?
•tymologlBche sptthne. 279
mit aidofiai in verbindimg stehend (gleichsam treniendus)
betrachten. Falsch. Er ist der finstere ort, worin man
nichts sieht, oder Tielmehr die unsichtbare, dunkle
Seite des alls.
Die nymphe Xgvaonikua unstreitig: goldtaube {nk-
Xbux). 'SiQ€i&via (vgl. oiSfiari dviov Hes. Th. 109) soll al-
lerdings wohl „bergstürmerin^, wie Pape will, bezeichnen,
und würde sich natürlich eine -^che benennung treffend
ftr die tochter des Erechtheus^-^^cken , indem sie, vom
Boreas entf&hrt, ihm Zetes un4 Kaiais gebar. Bedenklicher
wäre die sache mit der gleichiikmigen Nereide II. 18, 48 (und
daher auch schiffsname), ob^eich man sich dabei etwa auf
die vom stürm in die höhe gepeitschten wogen berge berufen
könnte. (Von den bergen her? Erinnerung an skr. v&ri,
wasser, verschmähe ich, als zu wenig motivirt) Das cn
ist wenigstens auch von späteren dichtem in toQsalSovTtog
(wenn so zu lesen) und wgeltQOfpog statt oQ^irgoyog Anal.
2. p. 517 nachgeahmt. Vgl. auch Ahrens dial. Aeol. p. 93.
Mehrere compp., wie ükBöixagnog^ zeigen nicht minder w
statt o. — In allen bisherigen formen zwang ans keine noth-
wendigkeit zu der annähme einer ursprünglichen 8u£Bgi-
rung mit s$ay indem sie -sämmtlich aus hinzufügen von blo-
Isem -ia sich erklären lieisen. Wie aber nun z. b. bei
£v7toUfM6ia neben Einola^og^ oder *Inno8a(Aua neben 'In-
noSafiog (equorum domitor. Cic.)? 'jiatvSdfAua hat bei
Pape nur 'AtnvSdfiag (vgl. 'InnoSafAag) neben sich, ^ao-
SdfAua und 17. In den maso. liegt zu dem t in der diphthon»
genz kein anlafs, und, will man die fem. nicht als verirrung
in falsche analogieen betrachten, so bliebe kaum etwas an-
deres übrig, als fOr sie, und eben so für ^JlSgaatua^ wenn
auf ein äSgaorog bezogen, uns nach einem suff. auf eiog^
eia mit ursprünglichem €t umzusehen. Ein solches z. b.
in x^^^og^ «/^*), gekürzt /^tStreog, iri, ^, lat. aur-ens ist
allerdings vorbanden, indem dasselbe unzweifelhafl auf skr.
*) Die fraaenn. MtXhua^ MtUrtj bezeichnen geirifs: honigsUTs, melle«
^ (melenlum) wie rXvni^^v^ ohne dafs jedoch die fonn dazu genau zu stim-
men schiene.
990 Pott
eya, z. b. m&b^ya (terrenus), zorfickgeht Leider paist
die bedeutimg gar oicbt, man mü&te denn zu der patro-
nymen geltang seine Zuflucht nebmen, die das nümlicbe
sufEx im Sanskrit aucb besitzt. Man urtheile nun, ob in
'AdQdattiu u. s. w. gleichfalls eine patronyme enthalten sei.
Gründe dafilr lieisen sich aus meinen famUienn. s. 578 und
Schweizer KZ. IV. 63 (vgl auch Zeuis gramm. celt U. 745
eigenn. auf -ejus von, wie er meint, keltischem Ursprünge)
schöpfen. Indels Ahrens dial. Aeol. §. 48 kennt zwar patrou.
auf uoq von formen auf ri^ nach decl. 3, z. b. Jio(pavuog^
^iKoxQdvuoqy was immer nur für die endnng -log*) be-
weist, aber keine von og, die vielmehr 'AvT^fiax-iog^ *JbioX-
XoScig-iog geben. Allein, abgesehen von der endkfirze,
scheint auch begrijfflich ASgäcTaux sammt seinen obigen
genossen nichts weniger als patronymisch gefaist, und müs-
sen wir meines bedünkens demnach zur annähme einer
synekdrome (Mehlhom §. 116) allerdings greifen, so näm-
lich dals, obschon unberechtigt, auch hier (für fem. von os)
eine motion gew&hlt ward mittelst eux statt ta. Die m5g-
lichkeit aber, dsibASgaöTBux nicht sowohl „die unentflieh-
bare, die unvermeidliche^ hieise, als vielmehr in abstracter
auffassung „ unvermeidlichkeit ^, die möglichkeit hievon,
sage ich, läist sich kaum beseitigen, indem ja auch ab-
stracte begriflTe wie Spes, Virtus, Jixf], Eiqtivri u. s. w.
personification keinesweges ausschliefsen. Vgl. z. b. dfui&ua.
Mit weibemamen auf eux, wovon ein masc. schwer
nachweisbar, steht es nicht selten bedenklich genug mit
der entscheidung, zu welcher masculinarbildung gehörig
man sie betrachten solle. Z. b. 'Afidk&tia EZ. IV. 427.
Also z. b. aus 6i;^ (Lobeck Path. p. 41. §. 11): ßaeileut
(regina) von ßaaUivg, aber ßaaik^ia vom verbum ßaai^
*) Ebenso z. b. '^o/floc (Argiros) von t6 ^'Aqyo^» ^^ adjectivum von
aaieÜDf, of, auch aavcio, mit t aua dem v in aaTV, wie odcA^co?, aSiX-
9fMC, aötl-qiifi {adih^o^^ ^) wegen ^«i^i}^ , nnd dSM^oq^ wahnch. waa
iitPÖQo^y oder weil 6Mqo¥ rednpL aua 6qv^, Vimwf aiu vhvq» — Uebrigens
beachte man noch insbesondere bei Lobeck pathol. p. 78 : AßqoxiUuL^ \Aßqo^ ,
riXovq &vydTfiq und ^Aqunotilna Aiistotelis filia.
efcymologischa spähne. 281
kBva*^ — beide mithin ohne das v, was erst zum conso-
nant (digamma^c) umgewandelt and sodann (suc statt ejc-ia)
aosgestofsen worden. Nun würde man aber doch sehr ir-
ren, z. b. ödXsia (vgl. &aXifj**) bei Pape) auf eine form
mit evgy oder auf fjg (vgl. KcAXi&akrjg^ von blühender Schön-
heit. Vielleicht auch QaX^g s. v. a. Florus) zu beziehen.
Es setzt vielmehr (wie &i]i.9ia von &ij}Lvg, rjdsia von tiSvg)
ein adj. auf v^ voraus, in analogie mit dem frauennamen
rivxBia (rivxla\ und bedeutet also wahrscheinlich unge-
fähr so viel als die blühende (vergl. QäXlovaa). Dagegen
'SixäXsia (sowie der bach und flecken des namens '/2xaA^a,
ep. -ii;) ist doch unstreitig fem. von (bxaXiog, 17, ov, schnell,
ein epitheton, das sich für einen bach recht gut schickt. —
*Piaf ep* und ion. 'Firj, 'Pdri, auch 'Peia Hes. habe ich be-
reits etymol. forsch. 11. 178 dem skr. urvf (erde) fem. vom
adj. urü (statt varü, woher noch die Steigerungsformen)
gleichgesetzt, so dals es eine kürzung wäre von evQBia
(das € im zweiten diphth. statt dig. und la = skr. -t),
mag nun der anlaut als vokal oder (glaublicher) als con-
sonant (vgl. oben BQaSdfiav&vg) gewichen sein. Mir er-
scheint diese gemahlin des Kronos, obgleich tochter des
Uranus und der Gäa, oder vielmehr gerade deshalb, mit
letzterer dem begriffe nach ganz identisch, nämlich die
erde (vgl. Pyl I. 124). Man wird diese benennung unse-
res planeten aber um so natürlicher finden, als die alten,
welchen die erde mehr als uns eine unendliche fläche schien,
auf welche überall am horizonte der himmel aufstöist, voU
sind von epitheten, wie svQvoSsit}^ BVQvnsSog, svQvavBQVog
y^, yaia und svgvidfjg x^^^' 'Peicivt] (Hera) : 'P^ia =
Jiwytj : Jiog (Zevg). Es sind patronyme formen, wie denn
*) 'Ayr^ia^ ayurrUay ayxiatqtia (aber auch ayiatla^ ayutunqta)^ dy-
XiGTtCay noXiTiia u- s. w. von yerben auf ^evu.
**) eaXi9i (v. 1. "^AXCij Hes. Th. 248) aU Nereide hat vieUeicht & nur
eines falschen hinblickes nach QaXaaaa inregen. Darin eine mundart-
liehe entotellnng ana itpdXtoq oder gar einen kostbaren ttberrest der sanskr.
präp. adhi (anf) zu suchen, lasse ich mich nicht verleiten. Aber warum
sollte nicht auch eine Nereide wegen ihrer Schönheit vom blühen benannt
aein?^
283 Pott
Jmv^ bei den Epiroten ass^f/Joa Strab. VH. 329. Aber auch
die ihr bei ApoUodor als tochter des Uranus und der Gfta
gegebene genealogie setzt sie mit dem himmel (skr. div)
in beziehung. Auf PyFs etwas wilde zusammenstellangen
s. 123 einzugehen habe ich jetzt nicht lust. Es werde nur
bemerkt, dafs, wenn auch die s. 119 beigebrachten namens-
formen FHPA flir Hera und FHPAKAHg statt Herakles
wirklich grund haben, sie darum noch nicht mit 'Ptla in
Zusammenhang zu stehen brauchen. Vielmehr yerharre ich
jetzt, seit nachweis des digamma in dem worte, um so
mehr bei meiner erklämug der Here als luft (aura), als
im äol. oißiqQ statt aiqg und aiiMai statt aelkai (Ahrens
dial. Dor. p. 36) ein, sei es nun durch präfi^rung (z. b.
das skr. part. &-vät blowing, griech. aelg) oder metathese
ins innere gebrachtes digamma enthalten, was auch von
der Sanskritwurzel v& (wehen) verlangt wird, aus welcher
Yayu (gott des windes), väta, väti, luft, wind u. s. w.
ausgehen. Hiedurch würde aber aufs allerbestimmteste
eine beziehung zu Xapa, Xi^ga (Pyl s. 125) oder auch lat.
hera abgeschnitten, weil ein Wechsel von digamma oder
asper mit x ^^d lat. h' auf der anderen seite ein reines hirn-
gespinnst ist, von Unwissenheit erzeugt und wider alle Wahr-
heit fortgepflanzt. Einen etymologischen Zusammenhang von
"Hga mit skr. svar (himmel), woher Sür-ya (d. i. coele^
stis), sonne, möchte ich begrifflich noch nicht schlechthin
verreden. In diesem falle, der dann aber ausgehen des
Wortes von wrz. vä unmöglich machte, müfste der asper,
wie öfters, a^ zusammen vertreten. Nur fbgt sich die
übrige form des namens, insbesondere das lange 97, schlecht
dazu. Als von sürya (sol) verschieden weist G. Curtius
das griech. v^og nach KZ. I. 29 f. — Ob die FalaTsia,
wie rakijv9j, tochter des Nereus und der Doris, zwar wohl
nicht die windstille, welche den Seeleuten verhafst ist, aber
doch etwa eine ruhige, sturmlose see bezeichne, weifs ich
nicht zu sicherer entscheidung zu bringen. (So auch Pyl
6. 202, dessen Galathea mit th mir jedoch unbekannt.) Der
name des arztes FaXijvog rührt von yahjpog und gehört
etymologiaehe spihne. 883
daher in eine namenreihe, welche rohe und friedeneliebe
aihmet« Meine familienn. s. 610. Man trage daselbst auch
noch aus Kopitar Hesych. p. 37 slawisch Tichotas nach
(Tacitum Latine dicas, Graece Hesyehium). Vei^l.
Ahrens dial. Dor. p. 119. Schneider wb. y^kavijg^ als ob
von yBkäPy heiter ausseben, das in ytXaaia kurzes a hat,
wie rükatBia, Vgl. z. b. 'Egavta von igaroq. — Was die
vermeintlichen Verlängerungen im epos anbetriffi;, so bin
ich, wenn damit gesagt sein soll, die epiker hätten der-
gleichen rein willkürhch, ohne allen Vorgang in der gang-
baren rede, geschaffen, gegen solches vorgeben überaus
müstrauisch. Nur einige beispiele. '^arvoxsia ep. statt
'Aatvoxv ^OQ *^aTvoxog. Wafid&eia poet. statt Wafid&rj,
tochter des Nereus, also sicher, wie 'Aftäd-eia, vom sande
benannt. *I(pifjLiSeia neben ^ItfifAiStjy EifQVfiiSfj» Aaofiidua.
Kttcadntia = KaaaioTttj. tltiv^Xonua. 'Ytpinvkua (hoch-
pfortig, d. h« doch wohl in palästen mit hohen pforten woh-
nend) u. 8. w. Lobeck Parall. p. 321. Kv&iQeia, Kv&iQtjf
Kvd-tiQTi von tä Kvd-riQa. Betrachte ich diese letzte na-
mensform, so werde ich fast zu dem glauben getrieben, der
name der Athene rühre als gentile vom stadtnamen Athen,
so dafs man sich mit aussieht auf erfolg nur in betreff die-
ses zweiten bemühen dürfte. Wie wenig nun auch noch
zur zeit des homerischen epos Athen gegolten habe: die
namensform der göttin führt auf namensursprung daher, wie
befremdend dieser an sich sein möge, will man nicht mit
Pyl (wegen 'Av&igy das aber kaum mit ß-ig^ &iv6g etwas
zu thun hat) geradezu dabei an eine ufergöttin denken.
Freilich bliebe mögUch, dafs die Athener, eben mit ups
des anklingenden namens willen , die Athene gleichsam als
ihnen ausschlieislich zustehende lokalgottheit zu betrach-
ten, sich erst allmälig gewöhnt und danach auch deren na-
men ein wenig umgebogen hätten. A&rjvä ist natürlich
aus A&fjvda zusammengezogen. Wenn man aber nach
einer schlecht begründeten phrase, A&Tjvala, 'A&ijvaifjf für
eine poetische „zerdehnung" ausgiebt, so bin ich mit Ah-
rens dial. Aeol. p. 100 vielmehr der umgekehrten meinung.
284 Pott
es sei in ^Ad-tiväa dfts ableitende i (vgl. z. b. AaMSatfAov^
log^ V Mtxxeäovifi yij Her.) ausgefallen, welches sich bei
Wörtern. 1. decL mit deren a zaai (z. b. äyogaiog^ Alyaioq
von der insel Alyai, *Aq>i8vaiog aus *'Atpidva) verbindet. Es
wttrde demnach das wort mit dem gemiedenen 17 A&nvaia
(von 6 'Ad-rivaiog)^ die Athenerin, wesentlich identisch sein,
nur etwa mit dem unterschiede, dafs in jenem eine andere
ergänzung (sc. &Bd') geboten w&re. Was aber die formen
ep. und lon.A&rivri^ dor. A&dva*) anlangt, so möchteich
gern, statt sie f&r die ursprünglichen zu halten, vielmehr
darin entstellangen durch gänzliche Verwischung der con*
traction erblicken. Vergl. nicht nur contr., wie MBviXag
ans Mavilaog^ sondern, insbesondere aueh noch wegen Zu-
rückziehung des accents, das fut. z. b. rvtl^o) statt des re-
gelrechteren dor. tvipw statt tyn-altoy ^aito et forsch. I. 115.
Lobeck ist Parall. p. 300 in sofern der gleichen meinung,
dafs auch ihm Ad'fjvaia als adj., aber als sein primitiv
nicht Ad-i^vri oder 'Adi^vai gilt, sondern der name der göt^
tin Ad'ijpf] (was subst sei) selbst. IlaXXäg A&9Jvt] (vgl.
Pyl s. 137) bedeutet demnach, meines bedünkens, die speer-
schwingende (iyx^^'^^og) Athenerin, oder auch: die athe-
nische speerschwingerin. Den grnnd der benennung von
Axctätj /IrifiiittiQ Her. 5,61 als Achiva anzugeben mag schwer
sein. Dadurch wird aber die von Pape beigebrachte er-
kl&rung „die um Persephone klagende^ um nichts gebes-
sert: vom neutr. äxog könnte regelrecht nur eine form mit
u (und nicht or/, trotz eines solchen wechseis im dorischen
Ahrens p. 185) ausgehen. — Nach Lobeck path. s. 76 be-
zeichnen ^OMT, kkala den bäum, die nicht jotirten Qody kXaa
(oliva) dessen fruchte. Das kann seinen- guten grund ha-
ben, wiewohl der Sprachgebrauch nicht immer streng un-
terschieden zu haben pflegt. Die baumnamen sind ableitun-
gen, nach art von Tcgaveia, xgaviiXy xQavia von xqccvov;
*) Wenigsteiu spielend, weil diese g5ttin aas dem hanpte des Zexu so-
gleich in voller rttstong entsprang, könnte man aus ihrem namen den begriff
„die ungesäugte'' herausdeuten. Vgl. a^ilo;, yaXaO^rivoq.
etymolosbclie spühne. 286
avxr^ von ovxov u. 8. w., so daTs ihr mit dem voraufgehen-
den vokal verwachsenes jota eigentlich dem antretenden
snffize angehört Vgl. Lob. Parall. p. 337.
6. JioqxoQoi^ Jloqtcovqoi.
Es mag der treffliche Döderlein Gl. Hom. no. 757
recht haben, wenn er in xovQog, xovQfj wehrfähige Jun-
ker und edelfrftulein sehen will aus dem kriegerstande, nicht
schlechtweg junge leute dem alter oder der kindschaft
nach. So weit er aber diese meinung auf eine beziehung
jener Wörter mit xogvaaeiv im sinne von ^streiten, kftm«
pfen^ gründen will, hat er die etymologische berechtigung
hiezu durchaus nicht dargethan, und sdieint sie mir auch
w^en des lautüberschusses, der in dem verbum steckt,
völlig unglaubhaft, zudem letzteres vermuthlich auch nur
in übertragener bedeutung obige bedeutung hat Mit
Vorführung vermeintlicher primitivformen, die blofse gebilde
unserer mehr oder minder lebhaften einbildungskraft sind,
wie eine grofse zahl der von Döderlein grofs gedruckten
sogenannten Wörter (ich kann leider dies gestSndniTs nicht
umgehen), z. b. hier xigsiv, perf. xixoQa^ ist es ohndiin
nicht gethan, sondern es bedarf, wo immer möglich, des
nachweises ihrer leibhaften Wirklichkeit irgendwo oder
irgendwann, sei es im drinnen einer spräche, oder in
ihrem durch Verwandtschaft mit ihr verbundenen drau-
fsen. Femer, woher weifs man so gewifs, dafs (s. no. 766)
xoQogj der junge mann, nur als eine attische Verkürzung
von xovQog gelten könne? Wie, wenn der fall gerade um-
gekehrt läge? So scheinen, wie D. 148 selbst annimmt,
äovgog Sovga neben Sogv, yovvog sammt andern formen von
^ovv = genu mit ov diesen diphth. blolsem übertreten des
V*) vom ende zu dem o etwa so zu verdanken, wie häufig
*) Ein höchst beachtenswerthes bcispiel ähnlicher ort bietet sich nns
vielleicht in folgender wahmehmong bei Lobeck parall. p. 802 dar: Scythiae
regio ailvestris, quam Herodotos 'YXaftiv appellare solet, a Scymno fragm.
296 Pott
im fem. z. b. auf aiva statt av-ia [vgl. Aufrecbtl. 120 d. Z.J.
Doch diese angelegenheit kümmert mich bei meinem zwecke
wenig. Wichtiger ist fUr mich der umstand, dafs eine unl&ug*
bar indogerm. spräche, das kurdische, in ihrem, jedoch blos
männlichen k u r u (figlio^, kuru piciuk (eig. figlio piccolo)
Bambino, infante. Garzoni p. 60. 97. 146. 167 einen aus-
druck besitzt, der dem griechischen zum sprechen ähnlich,
und deshalb wahrscheinlich auch etymologisch gleich ist*).
Ich glaube nämlich hiemit Bopp's vermuthung (gloss. p. 77),
als seien xogog, jcovgog durch wegfall der mittelsilbe aus
skr. ku mär a entstanden (trotzdem dab fieigdxiovj vgl. we-
gen des ansganges naXkaxioVf einen grofsen schein za gun-
sten der ableitang erweckt), gleichwohl zurückweisen zu
müssen. Wo nicht unmöglich, doch schlechterdings un«
glaublich, dafs zwei sprachen, unabhängig von einander,
genau auf dieselbe weise dasselbe wort um eine stark be-
deutsame silbe gebracht hättenl Kumära bedeutet nach
Bopp (s. auch Wils.) 1) Puer qui ad quintum annum non-
dum pervenit. Das hindert aber nicht den gebrauch für
2) Princeps juventutis, regni heres, wie der Spanier die
nachgebomen prinzen mit dem ausschliefslichen namen In-
fante (das kind) beehrt und die Prinzessinnen Infantas
V. 105. *'YßXa dicitur correpta ultima, id est vkr}. Ist der schlufa richtig
(in welchem falle auch die Ortschaften "K/^Aa anf Sieilien, so gat wie die
Stadt "YXtj^ "Ylou in Bootien, Waldgegenden anzeigten), dann nrnfa man ihr ß
(vgl. lat Silva =3 vkrj) vom ende in das vordertheil des wortes eingedrun-
gen betrachten. So Nanti (saltus). Wie verhält es sich aber mit fiovroq,
rowroq u. s. w.? Zu orjlo( statt oJloQ s: sanskr. sarvas (lat. salvns verm.
als ganz, heil, osk. sollus, woher z. b. solloferreum, gr'iech. oXoaCSriQoq.
"Olßioq'f) gäbe send haurva ein passendes analogon, nur dafs im send nicht
blos a aus u, V von hinten ttbertritt, sonden, da leUteres nicht dabei ver-
loren geht, eher unter die kategorie der assimilation als metathese fällt. Eben
so griech. novXv : zend pdura =3 noXv : skr. pnrd. Man lernt hierans,
meine ich, dafs Battmann unrecht habe, ovXai, oXal von aXehf herzuleiten
wegen der merkwürdigen syrakusanischen form oXßaxötov (oder oXSax^u»
▼on xa^oi?) statt ovXfjxoioy Ahrens dial. Aeol. p. 61. 67 und im Phuologos
VI. 650. Denn in äXivqov scheint v blos ableitend, wie in df^yvqoq.
*) Kaum zu xv/w, gebären. Skr. kula (familie, stamm) darf wohl
eben so wenig, als xÜmg, söhn, herbeigezogen werden. Zu x6Qoq, Sättigung,
pafete zur noth sanskr. car (to eat), woher man caru (opfergabe) ableitet,
wäre dies verbum selber mehr gesichert
etymologiflclie sptthne. )87
heifst, nach jener ausdrncksweise, welche ,die regierende
familie als die &milie per ezcellentiam behandelt und da-
her Madame (la fiUe ain^ du Roi), Monsieur (le fr^e
du Koi), Monseigneur (le Dauphin fils du Roi Louis
XIV) von gewissen personen aus dieser familie gebraucht
Endlich 3) ist es beiname des krieg^ottes K&rtikeya. Wftre
das griechische wort wirklich dem kumära gleich zu ach-
ten, so folgte auch fthnÜchkeit, obsohon nicht zugleich noth-
wendig in ihrem wesen, doch in ihrem namen zwischen
der Kogti (Persephone), ja auch Kog-ia (d. h. doch wahr-
scheinlich ?; nctQ&ivia^ die jungfräuliche) als beiname der
Athene (virgo bellica Ov. SiL, vergl. nag&evciv) und Arte-
mis (virgo dea Ov. Mart. s. Freund), auch Kogog^ Kovgog
(Jacchns) Creuzer lU. 368. aufl. 2 mit der Kumftri oder
der furchtbaren Durg&, wovon das Cap Komorin den
namen fbhrt. Auch Kogiwa (vergl. ßccaiktwa) gehört in
diese namenreihe, wie Virginia und ihr vater L. Virgi-
nius, was der bildung nach gleich mit üagdiviog^ welches
aber vermuthlich von der Athene als nag&ivoq ausgeht
Als appellativ bedeutet aber kumari (ungleich seinem masc.
in betreff der zahl der jähre) ein mädchen von 12 oder
noch mehr jähren, überhaupt vor ihrer mannbarkeit G. Cur-
tius verwirft jedoch im Philologus UI. s. 741 die Boppi-
sche Zusammenstellung, wie ich, als zu gewaltsam, ersetzt
sie aber durch eine anknüpfung von xovgog nebst xvgog^
xvgiog an skr. ^üra-s (heros), die ich meinerseits nicht
gut heiisen kann. Ich habe nämlich püras, wozu das
kurd. kuru ohnehin nicht pafst, weil hier k nie für 9 ein-
tritt, in verdacht, zu den Wörtern zu gehören, welche ein
unrechtmäfsiges 9 (welchem allein griech. x entspräche)
besitzen statt eines s, wie ^vapura», lat socer, ixvgog;
(^ush-ka, zhush-ka, lat. sic-cus, griech. avog (mit Ver-
lust beider ziscUaute, vgl. pöshita), was daher Döder-
leins herleitung des mons Aventinus daraus (61. 1. 157) ge-
radeweges zur Unmöglichkeit stempelt. Was könnte man
nämlich gegen eine entstehung von ^üra aus su (ev) +
vtra (held, lat. vir) haben, da vi recht gut (wie freilich
286 Pott
häufiger a aus va) sich zu ü verdichten mochte, und fikr
ein solches compositum, aufser suvtrya (1. Great vigour,
2. frucht der Jujube), auch s&uvtra als n« Jujube, als
m. pl. säuvfr&s name des Volkes der Suvtra zeugt?
Deshalb d&chte ich weit lieber dabei an griech. iJQwgf und
zwar ohne bedenken, wftre noch eine spur von v in letz-
terem, die aber vielleicht durch contraction (vgl. ^vg^ gen.
tfiog^ mit skr. su, als erstem demente in ^üra, oder äi^g
statt avijQ) früh eingeschwunden war. Sonst könnten auch
f&r fJQwg Verbindungen, wie skr. sa-vrtda schamvoll, sa«
9anka furchtsam, auf comp, mit sa (mit) und einem abstr.
(vgl. skr. vtrya mannheit, lat. virtus) fuhren, das in dem
räthselhaften co mit versteckt wftre.
Die zusammenrückung von dem pl. xovgo$ mit ihrem gen.
in JiogxovQoi (unter beibehaltung nur eines accentes), wie
streitbar man sich auch dies brüderpaar vorstellt, besagt
doch nach dem homer. gebrauche, wo xogog, xoQfj auch auf
kinder geht, sicherlich nichts weiter als „des Zeus söhne'',
und zweifele ich überhaupt daran, ob diese Wörter je von
vom herein, und schon durch ihr etymon, gleichsam, wie Dö-
derlein will, auf junge leute von adligem stamm beschränkt
waren. Die entwickelung der begriffe von puer, knabe,
knapp etc. können zeigen, dafs man erst nachmals zuweilen
von Wörtern in verschiedener richtung anwendungen machte,
die von ihrem etymon keinesweges vorgeschrieben waren.
Gehen wir jetzt zu der Dioskuren besondem namen
über. Was bedeutet IIokv3Bvxi]g? Dals es dem jetzigen
scheine nach vollkommen sprachrichtig „multum habens
dulcedinis'' — von dsvxog (vielleicht mit «;, wie kretisch
BV&Blv statt iX&Biv^ oder avaog statt äXoog u. s. w. Ährens
dial. Aeol. p. 111, vgl. dulcis) statt yXsvxog — übersetzt
werden könne, steht nicht zu bezweifeln. Ob aber auch
müsse, hat dies gegen sich, dafs der name zu allgemein
und zu wenig charakteristisch wäre fEUr seinen träger, was
aber auch z. b. vom Javxakioov gölte (wenn aus einer ver*
längerung des adj., wie d)xaUog statt üxvg etymol. forsch.
II. 589) oder auch vom lloXvfpriiiog (famosus). Aus die-
etymologische spüline. 288
sem gründe pflichte ich Pyl I. 174 gern bei, dafs sich von
selten des begrifis anknüpfnng des namens an XBVxog^ lu-
cere, um vieles besser für die Dioskuren in ihrer eigen-
Schaft als lichte steme (wie Jlolvfivla < die muse des
gesanges) schickte, und zwar nicht nur, weil XswcmTtog
(weifsrois) ihnen als Epitheton beigegeben (Yalck. Phoen. 609),
sondern auch weil Jupiter, ihr vater, Lucetius (vokativ
Leucetie in Carm. Sal. nachBergk philol. 111.747), eig«
wohl der blitzende, zubenannt wird. Nur auf Polluces
oder Pol lux von gänzlich unlat. gepräge soll man sich nicht
berufen wollen. Ihr 11 verdanken diese formen nur* einer
assimilation (aus It, Id), indem den Bomem der name erst
durch die Tusker als Pultuke (mit vorderem u und t
fbr o und S wegen mangels an o und der media) übermit-
telt wurde. Der Wechsel von A und S inzwischen ist im
griechischen (s. früher) sehr selten, fände aber für gegen-
wärtigen fall vielleicht in dem triebe, dem lambdakismus
zu entgehen, seine besondere rechtfertigung. Dafs sich
kein nominales neutrum auf og im sinne von weifse, wie
die compp. auf t^g, ovg es verlangen, vorzufinden scheint,
dürfte wenig anstofs erregen gegen diese erklärung. Auch
würde sich wohl etymologisch ^evxo&ia anreihen, sei es
nun, dais sie vom weifsen schäume des meeres (Creuzer
IV. 27) den namen fähre, oder dafs dieser, wie vielleicht
inAlbunea, alsMatuta, auf die ersten weifsen lichtstrei-
fen am horizonte hinziele (ital. alba, franz. aube morgen-
dämmerung) beim grauen des tages, lat. al beute coelo.
Wir kommen zum KdorwQ. Dessen name ist von
mir bereits etym. forsch. II. 271 in etymologische Verbin-
dungen gebracht, die wieder aufzugeben ich noch keinen
grund sehe. Dafs der anklang an den thiemamen xäat(OQ*)
wenigstens mit bezug auf den Heros eine blofse sinnen-
*) KaatoiQ^ castor vielleicht zu xteititi', oder zu der fonn für cac-
dere, welche in castrare (s statt d) zu stecken scheint, nicht weil der
biber, zufolge der lächerlichen sage, den jttgem zu entgehen, sich des biber-
geils, weshalb sie ihn jagen, selber durch abbeifsen entledige, sondern weil
er holz, gleich dem Zimmermann, zu seinen baaten bearbeitet.
V. 4. 19
190 Pott
t&u8chang sei ohne tiefere Wahrheit, ist bereits von Lobeck
angemerkt. Eine anlehnung aber an aaTf]Q entweder unter
(schlechthin willkürlicher) annähme gutturalen w^alls im
anlaute (Pyl I. 93) oder als comp, mit xal<o (Welker,
Zo^ga bei dems. s. 174; vei^l. auch die grofse vokalver-
schiedenheit in xavaxriQ) besteht — in beiderlei weise —
mit den anforderungen der analogie, dieser für den Sprach-
forscher so hohen göttin, dais er sie ungestraft höchst sel-
ten verletzt, mit nichten, und sind diese erklfirungen des-
halb in der that — träum und eitel schäum. Obgleich
sich der o-laut hinten in einem comp, sogar durch die ana-
logie s. b« von EimdxiaQ^ ^citpgwVf Evijvwq^ 'jiyijvwg u. s. w.
stützen lielse, was hülfe es? Crewinnt man daraus eine ar-
dens Stella? Nimmermehr. Denn, ich will nachgiebig sein,
und nicht gerade eine participialform (z. b. xiavr^ nom.
xiag) in einem solchen karmadh&raya (vgl. z. b. MayaXo-
nohg statt fuyakti nokig) verlangen; aber doch auf einer
adjectivform (von xalo), xdtOy fiit. xavato und daher verm.
mit einem v als grundelement) müfste ich in dem comp,
nothwendig bestehen. Ein solches adjektivum jedoch ist
meines wissens nicht voriianden und hätte auch unvermeid-
lich dem a in Kaarwg^ in seiner ihm beigelegten Verbin-
dung mit äartjQj lange quantit&t mittheilen müssen. Es
ist verdriefslich, sich in der etymologie so oft noch mit
Widerlegung von etymologieen so schlechthin unhaltbarer
gattung, wie die genannten, befassen zu müssen. Dals Kd-
arwg ein nom. ag. verbalen Ursprungs (wie (iif rai() u. s. w.)
sei, und nichts anderes, unterliegt vernünftiger weise kei-
nem zweifei. Man hat nur zu fragen, welche bedeutung
das gesuchte verbum, und danach sein derivat, habe. Dürfte
man sich unbedingt dem glauben hingeben, zu lat. c an-
dere (etwa sammt incendere) u. s. w. habe auch der
Grieche ein gleichstämmiges verbum ohne nasal besessen:
dann griffe man muthig zu der Übersetzung: Glänzer, etwa
so wie der planet Merkur beim Aristoteles de mundo 2, 8
-SViA/9wy, eine tochter des Helios ^afimvirj, heifst. Wie
oft wird doch von sonne, mond und Sternen candens
etymologiflohe spiüine. 291
gebraucht, und Ennius beim Cicero sang: Aspice hoc su-
blime candens, quem invocant omnes Jovem (Prichard
myth. s. 21), worunter er den ganzen leuchtenden himmel
= Jovis (skr. dyaus himmel, von div, leuchten, eben-
falls) begreifen wollte. Auch vom elfenbein (candenti ele-
phaoto) gebraucht das gleiche beiwort Virg. 6.896, was
mit kXi(pavTi (paiSifiov wfjiov xexaSfiivov Find. Ol. I. 41
in einvernehmen zu setzen und auf die elfenbeingleiche
weüse der schultern zu bezieben, mindestens ftuiserst ver-
führerisch ist. Das war nun auch Buttmann's meinung im
verbalverz. verb. xalwfiai^ Kuhn ztschr. I. „über die Wur-
zel KAD^ s. 94 nrtheilt anders. Wie gern ich mich nun
seiner meinung anschliefsen möchte, der faden der bedeu-
tung < xaS (xaivvfiai) spinne sich von der des überwäl-
tigens oder besiegens zu der des übertrefiens weiter fort:
Eigennamen, wie, aufser dem unsrigen, 'loxdarrj (beiHom.
'Emxdavf]), ^loxaaroQ*), IIohjxdaTri^ vielleicht nebst IIoXv^
xäwv**) (vgl. Navaixaa etym. forsch. II. 260), üayxdattj
oder Jlaxdrijf MtjSsaixdGTti u. s. w., femer Kaaüdnua (vgl.
Curtius KZ. I. 32) u. a. m. sind von ihm leider aufser be-
tracfat gelassen. Nun scheint mir zwar ^'Axaarogy ij ohne
Schwierigkeit als adj. verb. mit neg. f&r: „unübertroffen,
*) Sollte darin, waa ich nicht weifs, das i lang sein, dann gehote die
analogie eine für den mann ohnehin schicklichere erklttrung: mit p feilen
(U^) wohl versehen. Wegen der kürze im weibemamen, wie: Et geni-
trix locasta mihi. Stat. Theb. I. 681 scheint aber wenigstens dieser nur
„mit Teilchen (16^) geschmückt*' bezeichnen zn können. Vom hetä-
rennamen *l6tiTffa (vgL den mannsnamen KQwoiKi) bin ich nur darüber wi-
gewifs, ob man dabei an ein veüchenbekrilnztes mädchen {loar^qavoq von
der Aphrodite) denken solle, oder an eines mit dnnkeler fUrbnng des haares
oder des teints. 'iöAaoc trotz der kürze im ersten vokal z. b. Hes. Th. 817
wohl ans ioq^ analog mit JogvXao^^ "wie "loukoq: JoQvxXoq, AixfioxXij^
auch 'lodoHti : Alxfiodoxoq»
**) Oder, trotz des verschiedenen themas, gleichen Ursprungs mit 'Irr ;ro-
x6»v, das B. Köhler n. jahrb. f. philol. 1866. s. 24 nach Kuhn ztschr. IV. 158
fUr ungeflUir gleichbedeutend mit 'Innövooq (»sich auf ross^ verstehend**)
hält Nach Ebels ausfÜhrungen a. a. o. eher: cavens equis (pericula). Das
dlgamma besafsen zufolge Priscian j7jfio<ptif^i', Aafoxo^o)v Ahrens dial.
Aeol. p. 85, worin das digamma im ersten gliede (Aööc) sich auch durch
goth. jugga-Iau]>s (junger mann) Gabelentz wtb. s. 111 und unser leute
bewährt.
19*
292 ^oU
unübertrefflich^, wo nicht f&r ,, unbesieglich ^ genommen
werden zu dürfen. Allein was machen wir mit obigen for-
men ohne negation? Mrid^Gixdan^^ was schwerlich: a nul-
lis (jifiSiaif wie ovSioiv)^ a nemine superata, erklärt Passow
passend durch ,,mit klugen rathschlfigen (fii^Seai*^) ge-
schmückt^ wie ahd. rat und ragin in eigennamen wu-
chern. Yg\. fislBalnTBQog (mit gesängen versehene flü-
gel besitzend) Ton der Cicade. FOr diese letztere be-
deutung schiene nun aber gewifs von ,,leuchten, glSnzen^
der Übergang leichter, und so kann ich mich noch nicht
ganz von der, auch durch G. Curtius (KZ. L 32) ani^
brachten meinung lossagen, es müsse ein verbum mit der-
artiger bedeutung bestanden haben. Zwar skr. candra
mond, findet in der au%estellten, aber noch unbelegten
wrz. cand (nach Benfey „organ. ^cand =sgr. ^ai^9>% also
mit ungerechtfertigter aspirate) erst eine schwache stütze,
aber tat acc ender e u. s. w. zeigt ein unzweifelhaft star-
kes verbnm von, wie es scheint, gleichem stamme. Eine
andere frage ist, ob candeo : cänus = ardeo : aridus?
Oder ob cAnus als eine passivform, wie plenus (reple-
tus), und gemäfs der grauen färbe (gleichsam cinereus),
welche es eigentlich anzeigt, f&r cand-nus, cad-nus (von
der einfachen Wurzel in accendo) stehe, oder, wie andere
wollen, was aber anzunehmen kaum nöthig, von xäcoy xala
herrühre?**) Kaivog falst Curtius a. a. o. als ausgehend von
dem begriffe des blanken wegen neuheit. Er hat aber da-
bei vergessen, dals im sanskrit nicht nur kanyft, kani,
ein junges mädchen, sondern noch m^r die Steigerungs-
formen kaniyas, kanishtha (klein, jung) uns auf eine
völlig andere förthe bringen, und zwar vermuthlich so, dafs
der diphthong aus übertreten eines i der endung in den
Wurzelkörper kam. Sonst ist der accent seiner meinung
günstiger. — Noch werde hier der skr. wrz. 9udh (puri-
*) Also der dativ in instrum. Binne. Mannsn. wie XfQatSafiaq, Eigen
T€^Xf<TknlilJTfj^^ moenibuB appropinqnans. Tf»/fir»7iAt/xTi7C ^^^ nur „als ein
breeher für die mauern" ertrSglich; denn accusative fassung liefse das vor-
derglied nur mifsbräuchlich zu.
**} Ueber canus von wrz. kas s. Aufrecht 11. 152. K.
etymologische spUnie. 293
ficari) etym. fi)r8ch. L 259 in kürze gedacht Es scheint
nämlich hievon das jetzt durch den groisen altmeister der
Wissenschaft so berühmt gewordene wort xoafxog (wie mun-
dus eigentlich auf wohlgeordnete Sauberkeit, vgl. mundus
muliebris, bezogen) auszugehen. Sein o aber, wie das des
böot. xo&agoQ neben dem a von xa&agog (vom keßf^g Pind.
OL I. 40 als: blank gescheuert, rein) und lat. castus (nur
von moralischer reinheit, nach Döderlein wenig glaub-
lich zu candere), dem ich auch KaataXia beizugesellen
geneigt bin, erklärt sich meines bedünkens aus einem, frei-
lich blos hypothetischen 'pvadh, aus welchem sich ^udh
ebenso durch samprasarana gebildet hätte, als 9un aus
9van = lat. canis neben xvvBg,
7. (Poißogy Q)oißfj,
Unter no. 3. ist rücksichtlich QolßSog die vermuthung
ausgesprochen, ob sein diphthong nicht durch überspringen
eines b entstanden sei. Hievon könnte man auf 0oißog
die anwendung machen. Wirklich ist auch Döderlein
Gl. Hom. I. 157 auf den gar nicht übel sich ausnehmenden
einfall gerathen, es möge das wort, in analogie mit dem
äxegcsxofifjgj einen caesariatus anzeigen aus (poßtj (mahne,
jedes lange haar) mit suff. iog. „Denn der homerische
Apollo ist der schönste jugendliche gott^ Ganz wohl.
Unter der gewifs glaublicheren Voraussetzung jedoch, es
sei dies epitheton oder diese benennung des gottes recht
eigentlich der natur der sonne nach ihrem physischen
wesen abgelauscht, riethe ich noch eher auf deren gleich-
sam mähnenartige natur vermöge der von ihrem haupte
nach allen Seiten ausgehenden strahlen. VergL nicht nur
jubar neben juba, sondern auch jubata, crinita(auch
crinitus Apollo) und com ans Stella.
Preller myth. L 151 beginnt den abschnitt über Apol-
lon mit den werten: „De^ gott der sonne und des lichtes,
wofQr ihn schon die alten oft erklärt haben und worauf
auch die neuere mythologie nach längerem widerstreben
294 Pott
zarückgekommen ist^, und es ist schon an sich unwahr-
scheinlich, daüa die sonne, ein so wichtiger himmelskörper,
in irgend einer heidnischen rehgion ganz vorzüglicher beach-
tung entgehen konnte. Nun heilst die sonne unter ande-
rem im skr. bhänu, bh&su, bh&santa, bh&svat (glanz-
begabt), bhäskara (glanzmacher) u. s. w.; lauter Wörter
von bh&, bh&s, leuchten. Von gleicher Wurzel sind viele
griechische eigennamen von Persönlichkeiten, welche mit
dem sonnengotte in Verbindung stehen, wie 0ai&(ap (von
^ai&oij wie 0Xeyi&wv, ßißda&w u. s. w.). EvQV(patCGa
gem. des Hyperion, m« des Helios und der Eos, von dem
lichte so benannt, was sie nach allen enden weit in die
weit hinein entsendet (der bildung nach fem. zu skr. bhfts-
vant Luminous, splendent, als m. aber auch sonne und
licht), wie avQvoTta Ztig^ wenn es der weitschauende (nicht
der weithin, im donner, seine stimme erschallen lassende)
himmel. Ilaaufdri und üaaKpaBaaa Lob« path. p. 40, toch-
ter des Helios Preller IL 83. Pyl I. 210. Vgl. auch Eur.
Med. V. 1218 Elmsl. nafKpatjg axtig 'AbXIov. fl>cogq>6Qogy Lu-
cifer. Ich dächte, grundes genug, den Phöbus nicht aus
diesem zahlreichen kreise zu verbannen, er müiste sich denn
in ihn etymologisch nicht fQgen wollen. Das thut er aber,
ist meine ansieht, und deshalb hauptsächlich verwerfe ich
Döderleins herleitung. Nur bin ich darüber noch nicht
völlig im klaren, soll ich Qiolßog als ein blos derivirtes
Simplex {q>oßHog) oder als mit ßä (ire) componirt ({poi-'ßog)
betrachten. Beides scheint möglich. Im ersten falle müfste
das ß einem digamma gleich gelten, das sich aus skr. bhä
((faivw) heraus entwickelt hätte, und der vokal wäre aus
der endung mit in das wort hereingenommen. An sich
sieht man zu einem solchen digamma in der natnr des hier
zum gründe liegenden verbums keinen rechten anlafs. Die
falle beschränken sich, wie bekannt, ßSa gewöhnlich auf
herleitungen von verben mit v als wurzelhaftem schluls-
vokal, wie poog^ ^6f]^ s. oben no. 3 (skr. sru); Ttkoog zu
nlvv(Oj skr. plu; nvoi^^ vgl. nvevaa), nveifta^ dän. fnyser,
vor wuth schnauben ; x^^^^^ Z8gz. x^^og aus x^ (fundo);
etymologische spUhne. 295
19*00$ von &ia), fiit. &evaofiai, skr. dh&y und dies wahr-
scheinlich aus dhü u. 8. w. Nun scheint aber in (pavco das
t;, obschon es in mehrere derivata übergeht, blofser bil-
dungszusatz und läge sodann au&erhalb der regeL Allein,
was will man? Das digamma ist wirklich in einzelnen de-
rivaten der skr. wrz. bhä nachweislich. So nicht nur /iij-
fiorpofwv *) Ahrens dial. Aeol. p. 35 ans Prise. I. p. 22,
sondern auch fftpäflog pro (pdog Pamphylii^ Aeol. p. 50 und
fpixvoq p. 38.
Da wir dieser erklärung nur auf entlegeneren fuisstei-
gen der mnndarten, nicht auf der grofsen heerstrafse der
spräche selbst habhaft werden, neige ich mehr zu der zwei-
ten annähme hin, indem ich 0o2ßog als den „im lichte
— über den himmelsbogen — dah erwandelnden (/9a/-
roiv)^ gott ansehe. Ich will 'Yneglav zur seite lassen, ob-
schon dessen langes i recht wohl könnte durch das schlufs-^
der pr&p. skr. upari (griech. noch imeig statt des hinten
gekappten imig, also wohl mit übergetretenem schluis-jota.
Vgl. jedoch auch üeiQi&oog statt üeQi&oog, durch assim.)
in Verbindung mit dem verbalen i (lat. ire) entstanden
sein. Mir gilt, in anbetracht der gleichheit von ßä (ßalvw)
mit skr. gä, die schlulssilbe in (bol'ßog hienach vergleich-
bar mit der in k ha -gas (buchst&blich s. v. a. mQoßdtrig\
was nicht nur vom vogel und grashüpfer, vom pfeile, vom
winde, sondern auch von sonne und planeten, ja von gott-
heiten (vgl. coel-i-tes, i. e. in coelo euntes) gesagt wird.
Man erhielte damit, indem man an den euripideischen da-
tiv anknüpfte, etwa einen lichtgänger (kv (piß ßdg). Vgl.
schon et. f. ü. 252. Gelegentliche herabsetzung des langen o
zum kurzen (wie in ipotSsg statt qxpSeg) könnte wohl kein all-
zugrolses bedenken erregen. Eben so wenig composition mit
einem obliquen casus, wie im sanskrit z. b. vile-^aya
*) VgL Creuzer symb. IV. 272, der daraus, wider die spräche, einen
„volkswUrger'* macht, wfthrend der name doch nur s. v. a. althochdeutsch
Folcberaht (in populo splendens) FSrstemann namenb. s. 489 bezeichnen
kann, ritfpdc&cn hat a, kein o.
296 P<^^^
(mit lokativ: iu der höhle schlafend) neben vila-^aya
(mit reinem thema: hdhlenscfaläfer), waa man von schlan-
gen u. 8. f. gebraucht. ^uäeQi'Oixog (in der luft seine Woh-
nung habend) gehört einer andern compositionsclasse,
nämlich der possessiven, an. Im übrigen paiste es gutzn
(potßoQy da aif}$y wie (kv) al&iQi^ s. Sehn., auch ein obl. casus
(dativ oder, wenn man lieber will, locativ) sein mufs. Viel-
leicht aber thun wir noch besser, in <Polßog nicht sowohl einen
dativ als ganz eigentlich eine alte locativform zu suchen.
Derartige compp. s. et. forsch. II. 252. 377 u. Lob. ad Phrjn.
p. 648, welchen schon ein richtiger (seitdem durch das
Sanskrit bewährter) instinct darauf führte, in derlei bildun-
gen wie oSoi^^nogog (in via ambulans), oSo^-doxog (Wege-
lagerer), ;^o(»o/rt;;io^' (in choro pulsans tellurem) u. s. w.
analoga zu erblicken von dem, wie er es heifst, „dativus
loci^: o&oi = skr. ve9S (aber dat. o&^== ve^äya), nsdol
8. neSol^ 'la&fioi u. s. w., wozu ich auch ivdoi (doch wohl
zu dem kürzeren Sü?) und tfjloZ f&ge. Da dem örtlichen
wo das wann fast beständig parallel läuft, rechne ich
eben dahin Zusammensetzungen z. b. mit wxrl (zur nacht-
zeit), wie vvxu-noQog neben vvxtonoQog und vvxTo/Sccria
(ein -ßdttjg voraussetzend), vvxviq>oixog (nachts wandernd),
aber vvxTBoofponog , wenn nicht etwa das erste glied neu-
tral (gleichsam nocturnumsc. tempus) genommen, eigent-
lich nächtlicher, vvxxtQogy Wanderer. Wenn q>dog dem skr.
neutrum bhäs-as Light, lustre (als fem. auch bh&s) gleich
steht, würde der hiatus in jenem sich durch wegfall des
ersten Zischlautes erklären, und ifdu^ sogar mit nochma-
ligem ausfall des zweiten zischers, sei es nun dem skr. loc.
bhäsas-i oder dat. bhäsas-e entsprechen. Für die vor-
dere silbe in ^Poiißog schiene ein anschlieJGsen an vpowg an-
gemessener, mag dies nun eine blofse wunderliche Variante
von (fdog sein, oder, als von bhä (und nicht bhäs) aus-
gehend, eine etwas abweichende form. Möglich selbst^
dafs sich aus dem o) statt skr. & (vgl. vovg aus yvfay skr.
jna) das obige digamma in (pdßog entwickelte. Ein hin-
blick auf fövere, das, wenn schon nicht auf das sonnen-
etymologische spfthne. 997
lioht, doch z. b. bei Lucrez I. 807. 1032 ausdrücklich auf
die von der sonne ausgehende erwärmung der erde be-
zogen wird, und favilla lassen kaum einen zweifei, dafs
dieses verbum im latein der Vertreter von skr. bh& (spien-
dere) sei. Fötus, fömentum aber enthalten, nicht wie
man es gewohnlich, ich meine indeis falsch, darstellt, con-
tractionen mit verlust von y, sondern den ächten grundlaut
fö, der sich aber vor vokalen, wie bdves aus bös, ver-
breiterte. Das T der form rcc (püra setzt vielleicht ana-
loga zu ovag, cttog, (OTog voraus.
Hiebei dfirfen wir uns nun wohl rücksichtlich des
Phöbus in sprachhcher rücksicht beruhigen. Wenn Aeschy-
lus Eum. V. 8 anzunehmen scheint, Phöbus habe von der
Q^olßti den namen, so hatte zu solchem Schnitzer der dich-
ter vollkommene freiheit, aber kein etymolog. fPolßfj ist
ganz einfach in umgekehrter Ordnung die motion von ^oi-
ßog und deren Verbindung mit Apollo schon dadurch my-
thisch hinlänglich gerechtfertigt, dais sie mutter derLeto
und Asteria sein soll, also grofsmutter (doch s. Stanley
z. der Aesch. st.) von sonne und mond, und mutter
der ge Stirn e (Aat^Qla)^ mithin repräsentantin 'von den
gröüsten lichtkörpern (diese zu persönlichen wesen vergei-
stigt) überhaupt. Auch zielt gewifs auf ihre goldenen strah-
len das ihr von Hes. Th. 136 gegebene beiwort: xQ'^^oatk-
(pavog. — Nur einem Kanne, der bekanntlich, trotz seiner
an dem erguTs von etymologieen sehr gesegneten leibesconstx-
tution (das gilt freilich noch von mehr leuten), von etymo-
logie (im Singular 1) und ihren nothwendigen anforderungen
gar keine ahnung, wie viel weniger einen begriff hatte, oder,
bei der jetzigen gelegenheit, seinem vordermanne Isidor
(Origg. Vin. p. 276: quasi ephebum), war es möglich,
an eine Verbindung von ^1)oißog mit rißri (zu skr. yuvan,
compar. yaviyas) auch nur einen augenblick ernstlich zu
glauben. Die jugendliche Schönheit Apollo's berührte zwar
mächtig den punkt, wo es galt, sich ein künstlerisches bild
von ihm vor seele und äuge zu f&hren; allein dieses ideal
trifft nicht den mythischen grund- und hauptgedanken
298 PoU
(sonne), welcher in dem gotie liegt, und von dem am na-
tflrlidisten entlehnte man auch ursprünglich den benen-
nungsgmnd, mit Umgebung mehr untergeordneter eigen-
schaften. Vom reinigen oder vom wahrsagen {q>oißd^uv)
kann 0oißog nicht den namen haben. Denn das hiefse
den söhn oder das derivat (obiges verbum) gleichsam zum
vater oder primitiv seines eignen vaters (d. h. des ihm sel-
ber erst zum gründe gelegten primitivs) machen, und was
könnte, so oft die etymologastri auch dergleichen Sinnlosig-
keiten auf ihren köpf nehmen, — widersinniger seb?
Ob das lat. februus u. s. w. mit ^>o2ßog zusammengebracht
werden dürfe, bezweifle ich. Mindestens sähe ich dazu
höchstens auf dem wege der entlehnung aus griechischer
quelle eine schwache aussieht, die aber dann auch noch
durch das r in den vermuthlich doch sehr alten lateini-
schen Wörtern ftufserst getrübt erscheint. Um nichts, was
mir zu meinem thema ersprieislich däucht, zu vers&umeo,
werde noch die von Benfey wwtb. U. 102 aufgestellte mög-
lichkeit erwähnt, dafs in fpoißog eme reduplikatioD
stecke. Darauf f&hrte allenfalls das beispiel von q>i/Sof4ai
(s. skr. bhi) und deutsch beben, ohne dafs ich jedoch
hieraus eine etymologie zu schmieden lust hätte, welche
die furchtbare seite des gottes hervorhöbe. Ich bliebe
auch f&r diesen, übrigens mir selber höchst unwahrschein-
lichen fall bei skr. bhä (splendere) stehen, ohne zu bhü,
91/ai, mich zu versteigen, wie verlockend es sein möchte,
aus letzterem einen gott herauszupressen, „der da alles
wachsen macht auf erden ^. — Vielleicht wünschte zum
Schlüsse der eine oder andere noch meine meinung über
den Apollo zu hören. Bei dem grolsen embarras de ri-
chesses (vergl. P7I s. 138) inzwischen, womit auch dieser
name, wie so viele andere, von etymologieen umlagert ist,
behält man klüglicherweise sein urtheil zurück. Preller's
Zusammenordnung mit dem kretischen äßihog (I. 152), wie
sehr sich dieselbe sachlich empföhle, stehen von Seiten der
etymologie, wie ich ftkrchte, unübersteigliche (G. Curtius
KZ. L 29) Schwierigkeiten entgegen.
etymologifche spähne. 290
Statt dessen werde mit einem kühnen wagstücke ge-
schlossen, wofür ich mir, im fall des mifslingens, verzei-
hang erbitte, indem ich meine vermuthnng für nichts, als
einen vielleicht erträglichen einfall gebe. Apollo^s mutter,
Leto, heiÜBt Koioyiveia^ Koucvrlg, Koirfig als tochter des
KoJog, nnd dieser selbst gilt für einen sehn des Uranus
und der GSa. Preller I. 39 leitet den namen von xalw,
und müiste daher in ihm ungefähr dasselbe, als in Al&iqQ
Hes. Th. 124; oder ein empyreum erblicken. Des Titanen
beziehung zum Uranus, also zum himmel, mfl mir die
stelle bei Varro L. L. Y. §.^19 ins gedfichtnifs, wo dieser,
gestützt auf ennianische stellen, caelum oder coelum
mit oe theils um der Verwechslung mit caelum (von cae-
dere, meiisel) und der, jedoch schwerlich richtigen her-
leitung aus dem griechischen willen, mit cavus in Verbin-
dung bringt. Itaque dicit Andromacha Nocti (=::
Quae Cava coeli signitenentibus conficis bigis;
et Ennius item ad cavationem:
coeli ingentes fornices.
Möglich demnach, in Koioq liege noch das derivat
(mittelst -(og) von einer einfacheren form zu xolXoQy ent-
sprechend dem lat. cavus und coeluin (dies als Wölbung
gedacht), persönlich Co eins, während die längeren Wör-
ter etwa wie nubilus, neutr. nubila (von nubes) gebil-
det wären. S. die nominalen ableitungen auf iX Lob. Path.
diss. n. cap. lU. §• 1 und zwar, als besonders hieher gehö-
rig, p. 114 aus Herodian. n. Mov. p. 21 „ubi xoUog ana-
logiae convenientius dicit quam xoikog^ quia in odog nul-
Inm exeat vocabulum, plurima vero in dog^. Ungünstig
genannter vermuthung ist dies, dafs die gesuchte beziehung
von Koiog zum himmel in etymologischer rücksicht erst
auiserhalb Griechenlands, in dem schwesterlichen latein,
zu finden wäre. — Ebel (KZ. IV. 158) möchte denJ^oio^
als „schauender^ nehmen. Eüegegen habe ich nur dies
einzuwenden, dais man dann doch vorn einen zusatz, etwa
wie in tvQvona Zevg, oder navontr^g, erwartete. Wenn
sowohl xoikog als Koiog nach unserer erklärungsweise vor
300 Pott
dem jota lustiges digamma voraassetzen, so hat das der
foim nach keine Schwierigkeit Trotz den gewöhnlich noch
uncontrahirten formen 6i€, gen. oi'o^, pL oieg, otwp^ in wel-
chen der hiatos erst durch ausfEdl von digamma (latein.
Ovis, skr. avi-s) entstand, finden dich bei Homer zugleich
schon contrahirt die gen. olog und olwv. Sogar immer Siog
statt des ungebr. äif-iog, skr. div-ya-s (coelestis). Das
spiel des kaisers Claudius von Coeus mit den Coi oder
Käot>f d. h. den bewohnem der insel Käg, ep. K6<oq Tac.
A. Xn. 61, mag es nun von ihm herrühren oder er es
blos wiederholen, kann schwerlich etymologisch irgend gmnd
haben. Natürlich auch nicht mit dem makedon. xoiog*)
für dgid-fiog in dem räthsel Athen. 10, 21 — M'^^Q ^' ^^'
aQi&fioio naigy worunter Latona, Coei filia verstanden
wird.
Jan. 1856. Pott
Gothische Studien.
1. Das gothische passivum.
Den scheinbaren widersprach zwischen den präsens-
formen der ai-conjugation versuchte Bopp durch die ein-
Wirkung des nasals zu erklären, wogegen der pronominale
dativ pl. -aim spricht, und ich selbst habe noch IV. 283
wenigstens haband aus habaind in folge der position ver-
kürzt geglaubt. Später hat mich jedoch die vergleichung
der conjunctivendung -au wie der präterita und participia
*) So geben die Wörterbücher und Sturz dial. Maced. p. 42 an, zufolge
Mamdov«; 6i tov aQt&fiov [als t6?3 xoIoi' Tt^oaayoQfvovffi beim Athe-
nüU8. Wenn es aber hienach erlaubt scheint, das vrort vielmehr als neutnun
zu fassen, so möchte ich die weitere frage stellen, ob man den Makedonien!
die entschieden alterthUmlichere pronominalform xoloq statt noioq zutrauen
dttrfe. Nach gewöhnlichem sprachgebrauche erhielten wir dann hieraus ftlr
Holor freilich ein quäle und kein qnantum, was aber doch nicht gerade
seiner bildung widerstrebt. Vergl. noch lat quota (sc. pars), unser quote.
Oder skr. caya-s m. häufen, menge, lat. cumulus?
gothitche stndien. 301
der schwachen coDJugationen auf ein eigentümliches laut-
gesetz gefbhrt (vergl. V- 56), nach welchem das j des vor
dem bindevocal in aj verwandelten ai zunächst ausgefallen
ist, sodann aber a sich mit dem bindevocal i zum diph-
thong ai zusammengezogen hat, vor dem bindevocal a und
▼or o ausgefallen ist, so dais also das ai, welches wir in
dieser conjugation finden, einen dreifachen Ursprung hat:
ursprüngliches ai, conjugationscharacter, in habaida
und habai)>s (vergl. nasida und na8i]>s), aus aji im ind. ha-
bais habai]> (vergl. nasjis nasji]'), aus ajai im conj. habais
habai (vergl. nasjais nasjai); wogegen a hier überall aus
aja entstanden ist, so auch im part. habands. Die Ver-
bindung aja, deren vorkommen ich damals bezweifelte,
habe ich seitdem allerdings wenigstens in einem beispiele
gefunden, nämlich in vajamerjan; die Seltenheit des aj
überhaupt (mir ist aufser dem neben armaio vorkommen-
den armajo und bajo)»^s nur ajukdul>s gegenwärtig, wo
sich aju aus aiv entwickelt hat, wie umgekehrt avi in mavi
u. a. aus auj) ist indessen auch von andern bemerkt (vgL
IV. 404), und dafs fikr die oben besprochenen formen meine
erklärung die allein richtige ist, dafür sprechen mehrfache
analogien. Zunächst bieten eine vollständige bestätigung
die formen des gothischen passivs, die uns dieselbe er-
scLeinung in ihrem ganzen umfange zeigen.
Da die passivformen sämmtlich im indicativ auf a
(ursprünglich ai) enden, so war hier keine veranlassung zu
einem Wechsel des bindevocals; wir finden daher dem -is
i]> and (aus -izi i]?i andi) des activs gegenüber ein bestän-
diges a in -aza ada anda. Die schwachen conjugationen
mnisten also -jaza jada janda, -oaza oada oanda*), -ajaza
ajada ajanda bilden, -oaza wurde wie im activ in -oza con-
trahirt, -ajaza muTste mit ausfall des j und sodann auch
*) 0 erscheint auch im pTftt. und part, wo kein bindevocal auftritt; ob
aber dahinter ein j ausgefkUen ist, so daTs salbo statt salboja UnTserlich den
skr. rerbis auf -AyAmi entsprtche, oder ob o hier wie mehiAich nicht ans
nnprünglichem ä, sondern ans an oder av entstanden, also dem slav. -ovati,
praes. -nj^, griech. -evai zn vergleichen ist, darüber mögen wir nicht ent-
scheiden.
302 Ebel
des a zu -aza werden. Im conj. finden wir die rätbsel-
hafte endung -an (vielleicht aus -am oder -&m entstanden,
so dais sich der character des potentialis und die endimg
des imperativs -täm vermischt hfttten? Wenigstens ist der
slav. imp. fast ganz aus dem potent, hervorgegangen, und
im goth. steht der conj. auffallend häufig fbr den griech.
imperativ), davor den conj. -character mit bindevocal ai :
-aizau aidau aindau. Ganz natürlich gestalteten sich auch
hier die formen der schwachen conjugationen : -jaizau,
-o(ai)zau, -(aj)aizau u. s. w., so dafs die ai-conjugation im
passiv durchweg der starken gleicht.
2. Die abstractsuffixe -ni und -ani.
Ein ganz gleiches Verhältnis wie zwischen haba und
habais findet zwischen dem infinitiv der schwachen conju-
gation und den weiblichen abstractis auf -ns stamm -ni
statt: laisjan, la]>on, liban neben laiseins, la)»ons, libains.
An und ftir sich liefse sich freilich auch annehmen, dafs
sich neben den abstracten auf -ti auch im goth. derglei-
chen auf -ni entwickelt hätten, wie es im skr. und slav.
wirklich der fall ist, somit diese formen in demselben Ver-
hältnisse zu einander ständen wie die doppelform der part.
auf -ta und -na. Jedoch ist diese erklärung höchstens fiU:
unmittelbare Wurzelableitungen wie siuni, anabusni, taikni
passend, und deren sind sehr wenige. Mit voller bestinunt-
heit können wir dem suffix -ni eigentlich nur anabusni
(statt anabudni) zuweisen, höchst wahrscheinlich auch
dauni, welches nebst divan, dau)»u wohl besser zu skr.
dabh (11. 459) zu stellen ist, als zu den U. 238 vergliche-
nen Wörtern; zweifelhafter bleibt das sufi3bE in siuni*) aus
sihuni (statt sihvni oder sihvani?) und in usbeisni,
*) Dafs wir nicht saiviiB finden, zeigt tuu, dtSa die anastofsiing des h
in diesem worte, ebenso wie in |>ius, ]>ivi, älter ist als die Verwandlung des
i, u vor h, r in ai, au, wührend hiri und augo einer späteren periode ange-
hören müssen: hiri, weil dies lautgesets nicht mehr darauf gewirkt hat; augo.
weil das durch h entstandene au beibehalten ist
gothijche Studien. 303
taikni, sokni, die eine eigentümliche Verlängerung zei-
gen, doch deutet das s in usbeisni auf suff. -ni, nicht ani.
Bei weitem die meisten abstracta dieser art, auch von star-
ken verbis, deren part. der endung -na zufallen, haben doch
die form -ti (]>i, di, si); man vergleiche aihti, ansti, mahti,
)>aurfti, -dedi, -gifti, -lusti, brunsti, -baur)>i, -qvum)>i, -vaurhti,
-drusti, -qvissi, -stassi*). Um so weniger können wir er-
warten, dafs das sujBGbc -ni, welches auch im skr. im ver-
gleich mit der häufigkeit der part. auf -na nur schwach
vertreten ist, gerade von schwachen verbis so zahlreiche
ableitungen gebildet haben sollte, wie sich namentlich von
denen auf -jan finden. Entscheidend tritt aber hier die
form -eini für die entstehung aus -ani auf, da mit -ni
gebildet ein *sokini dem sokida zur seite stehen müiste.
An das skr. -ani, dessen gebrauch freilich etwas beschränkt
ist, schlieisen sich diese abstracta ebenso genau wie deir
deutsche infinitiv an das neutrum auf -ana (itan =: adar
nam); nur ist im goth. die assimilation des a zu i einge^
treten. Die Verschiedenheit der vocale erklärt sich somit
sehr leicht. Aus -anam mufste goth. -an werden, aus
-anis dagegen -ins; so ergeben sich für die drei schwa-
chen conjugationen die formen -oan, ajan, jan für den inf.,
-eins, ajins, jins für das fem. abstr. Bei der Verkürzung
dieser formen mufste zwischen -an und -ains, -jan und
-eins derselbe gegensatz eintreten wie in der conjugation,
während -on und -ons dieselbe Übereinstimmung zeigen
wie dort. Auffallend bleibt nur, dafs lageins und goleins
sich nicht wie lagjis und goleis scheiden; doch herrscht
im Wechsel von ei und ji überhaupt keine rechte conse-
quenz im gothischen**).
*) Zwischen qvissi ans qvif'ti und -dnuti findet derselbe gegensatz statt
wie im lateinischen zwischen missns und gestus (vgl. IV. 28).
*♦) Formen wie freis, veis zeigen ei aus ij hervorgegangen, doch
herrscht in der Verwandlung des i im hiatus in j oder ij nicht dasselbe ge-
setz wie im sanskiit.
304 Ebel
3. Die starke adjectivflezion.
Eine YoUst&ndig befriedigende erklärang der starken
adjectivflexion fehlt bis jetzt, selbst die frage nach der pro-
nominaLzusammensetzung derselben ist noch nicht völlig er-
ledigt. Grimm in der gesch. der deutschen spräche und
Westphal über das goth. anslautsgesetz ignoriren dieselbe
gänzlich, und so wahrscheinlich die Zusammensetzung mit
ja durch das slavische und litauische auch f&r das deut-
sche wird, so ist doch auf dem wege, den Bopp einge-
schlagen hat, keine vollständige analyse der formen mög-
lich. Denn wenn wir ihm auch zugestehn, dafs blindaize,
blindaizos, blindaizo im gegensatz zu ]>ize ]>izos ]>izo den
hauptbeweis ftlr die Zusammensetzung abgeben, so bleibt
<loch, wenn man blindammä aus blindjamma erklärt, wieder
die frage offen, warum nicht blindize aus blindjize gebildet
wurde. Versuchen wir einen andern weg, auf dem uns die
vergleichung der u- und i- stamme und das nun bereits
mehrfach nachgewiesene lautgesetz f&hren, so ist zunächst
klar, dafs gewisse formen der gothischen adjective sich of-
fenbar in nichts von den entsprechenden formen der subst.
unterscheiden, und in ihnen von Zusammensetzung nicht
die rede sein kann. Zu diesen einfachen formen ge-
hören unzweifelhaft nom. sing. masc. und fem. und die kür-
zere form des nom. acc. neutr. :
blinds blinda blind
bruks bruks bruk
hardus ]>aur8us hardu.
Für blinda dienen bruks und >aursu8, für blind
ebenso bruk und hardu zum beweise der einfachen bildung;
es ist also durch nichts gerechtfertigt, wenn Westphal
n. 167 aus allat nach willkür all und allati^ entstehen läüst,
blind ist wie vaurd aus blind an (blindam) entstanden und
stimmt wie (bruk und) hardu zur Substantivflexion. Un-
zweifelhaft einfach ist femer der gen. sing. masc. und neutr.
gotbiscbe Stadien. 305
(abgesehn davon, dafs die endung des gen. der a-stämme*)
überhaupt schon zusammengesetzt ist):
blindis, skeiris, filaus.
Einige wenige formen der a-stämme lassen sich, weil
uns die entsprechenden der u- und i-stämme fehlen, sowohl
aus der pronominalen wie aus der subst. declination erklä-
ren; sie werden unten zur spräche kommen. Andre schlie-
Isen sich entschieden an die pronominaldeclination an, wie
namentlich der gen. sg. fem. und der gen. pl. aller geschlech-
ter; diese sind unzweifelhaft zusammengesetzt wie im
slayischen, wie die formen der u- stamme meist durch ihr
u zeigen, nur ist das princip der Zusammensetzung im deut-
schen ein anderes. Während nämlich im slav. und lit. das
flectirte adjectivurn mit dem flectirten pronomen verbunden
wird, gerade wie im nord. das substantivum mit dem ar-
tikel, die Zusammensetzung also trotz einiger euphonischen
Veränderungen eine ebenso äufserliche ist, wie die umge-
kehrte Verbindung des pron. (artikels) mit dem nomen in
anderen sprachen (altpers. hya magus, tyam magum oder
griech. 6 fiäyog^ rov fidyov\ hat im deutschen eine wirk-
liche innige Zusammensetzung stattgefunden; das pronomen
ja ist mit dem adjectivstamme zu einem worte verwachsen.
Setzen wir nun die declination dieses pronomens nach si-
cheren analogien folgendermafsen an:
m. (jis) n. jata f. (ja?)
(jis) jizos
jamma jizai
Jana jata ja
♦) Wenn man die goth. fonnen pis, J)izos, ]>ize, ])izo-tasya, tasy&s,
*tft8yfim in ihrer strengen conseqnenz betrachtet, liegt die vermuthung sehr
nahe, dafs die endang -sya ans ursprllnglichem -syas abgestumpft sei, also
nicht, wie Schleicher IV. 66 wollte, das pronominale element hinten angetre>
ten, sondern anch hier wie sonst vor den flexionsendungen. Dafs die endnng
nicht -asya, wie Benfey annimmt, sondern -sya lantet, folgere ich ans amu-
8 hya, das sich zu tasya verhält wie ami amibhyas amish&m (statt amui
u. s. w.) zu tö tibhyas t*sh&m; vergl. auch griech. %io = %Cvo(i gegen
T0l9 rov.
V. 4. 20
306
Ebel
D.
(ja?)
f. Jos
jizo
pl. jai
jize
jaim
Jans (ja?) Jos,
(ja statt jo stimmt zu tva mid ba, jaim wie l>aim für alle
drei geschlechter im widersprach mit dem skr. zum slav.
t^m", dessen ^ wie das goth. ai auf die pronominaldeclina-
tion beschrankt ist); so erklaren sich daraus sämmtliche
adjectivformen mit der grö&ten leichtigkeit, ohne daCa wir
genöthigt wären, soviel unorganische büdungen anzunehmen
wie Grimm a, a. o. 918 fgd. Bilden wir nämlich die casus
von den componirten stammen blindaja, hrainija, harduja,
so ergeben sich folgende muster:
1) für die a-stämme mit beachtung des obigen laut-
gesetzes:
n. blind(aj)ata f. —
m. —
blind(aj)amma
blind(aj)ana
pl. blind(aj)ai
blinda(j)ize
bUnd(aj)aim
blind(aj)ans
blind(aj)ata
bluida(j)zos
blinda(j)izai
blind(aj)a,
blind(aj)o8
blinda(j)zo
blind(aj)os.
Die einzige form in dieser theorie, die sich in der
Wirklichkeit nicht findet, ist der dat. sg. fem. blindaizai, filr
den hier wie in allen decl. blindai eingetreten ist, viel-
leicht weil die schwere der endnng lästig war; dafe aber
einmal blindaizai existirt hat, können wir aus den formen
der übrigen dialecte schliefsen: nord. blind ri, ahd.p Un-
tern u. s. w. (Eine einzelne form ohne r bietet das nord.
in hverji = goth. hvarjai.) Dafs die formen, die schein«
bar eine doppelte erklärang zulassen, blindai, blinda,
blindos, blindans, aus der pronominalen, nicht aus der
substantivdeclination zu erklären sind, zeigen die entspre-
chenden aus der i- und u-decl. (hrainjai, faursja, gafauijos,
unmanvjans), besonders wichtig ist f&r den acc. fem. der
gothische Studien. 907
gegensatz im nord. zwischen d. hv5t (i^ie giöf, also !L ans
früherem -u) und a. hvata, dessen a durch contraction
entstanden sein mufs. Ffir die erklärung von blindamma
und blind aim treten hrainjamma und hrainjaim, manvjaim
beweisend auf, filr die von blindana und blindata ebenso
]>aurqana und maurjata. Aus einer vergleichung der bei-
den letzten mit den entsprechenden casus der subst. und
pron. ersehen wir zugleich, dafs die doppelte weise, mifs-
liebige consonanten im auslaute zu vermeiden, kei-
nesweges, wie Westphal meinte, nach Willkür angewandt
wurde, sondern hierbei ein ebenso bestimmtes gesetz
herrschte wie fftr die endvocale. Mehrsilbige konnten
in beiden ftUen nur die kürzung anwenden: wie fiskai zu
fiska, gib& (gibo) zu giba, fiska zu fisk mufste fiskan zu
fisk, gaba]» zu gab, gaf werden; einsilbigen standen beide
weisen zu geböte, wie sa, hvas, ]>ai, tvai, bai, so, hvo, ]70
bleiben, tvft und b& sich in tva und ba"^) gekürzt haben,
so erweitem sich ]>an hvan ]>at in )>ana hvana ]>ata, wäh-
rend hvat sich in hva abstumpft. Wo wir also in mehr-
silbigen formen bewahrung des ursprünglichen endvocals
(aufser u) oder erweiterung zum behuf der bewahrung des
endconsonanten finden, da haben wir composition mit ur-
sprünglich einsilbigen anzunehmen: so in blindai (nom.pl.),
blindana, blindata mit dem pron. ja, in den conj. gibaina,
gebeina mit dem hülfsverbum i. — Die einzige form, de-
ren erklärung zweifelhaft bleibt, ist der n. a. pl. neutr.
blinda, da im sing, beide formen blind(an) und blind-
(aj)ata neben einander bestehn, und unhrainja ebenso zwei-
deutig ist, ein entscheidendes manvja oder hardva (hardiva?)
fehlt; doch ziehe ich jetzt nach langem schwanken die deu-
tung aus dem einfachen stamme (also blinda statt blinda)
vor, hauptsächlich wegen des nord. hvöt, v^elches dem fem.
hv5t und dem subst. pl. föt entspricht.
2) Bei den i- und u-stämmen ist zunächst eine
eigenthümlichkeit des gothischen zu beachten, die in der
*) Oder sollte auch hier %i% stamm tvaja, baja anzusetzen sein, wie
man ans tvaddje und bajojys allerdings folgern könnte?
20*
306
£b«l
secundären Wortbildung hervortritt: der Btammvocal a
wird nämlich vor dem i, 'ei, j der ableitungsanf-
fixe h&nfig, die stammvocale i und a fast durch-
weg unterdrückt, so namentlich in den abgeleiteten
verbis auf -jan, in den fem. auf -ei und -ij^a (suffix ]»&
= skr. tä und in weiterer entwioklung lat. «t&t, grieäi. -riTr,
mit dem bindevocal i), fem. und neutr. auf -i, ad), -eina,
endlich auch in den comp, auf -iza. Man vergleiche von
a-stämmen: latjan, hugjan, sviknjan, bairhijan, gabUndjan,
lausjan u. s. w. neben den wenigen auf (aj)an wie annan,
veihan, saurgan, gahveilan, ^vanan (in vanains zu erken-
nen); baitrei, braidei, laggei, hauhei, bairgahei; dic^Mj^a,
Bvikni^a, hauhi]»a; andbahti, unviti, ]>iudaDgardi; air]>eina,
gul]>eina, aiveina, silnbreina,- selbst ahmeina mit aui^efalle-
nem n, — von i- stammen : brukjan, hrainjan, gamainjan,
arbaidjan, laugnjan, stiurjan, gaskeirjan; hrainei, gamainei,
selei^ analaugnei; unhraini]>a, airknij^a, airzi^a 7-- von
u-st&mmen : manvjan, gahardjan, tnlgjan, hnggijan, f^aurqan,
vaifairhyjan ; qvairrei; manvi]>a, tiügi^a; manvi und der
comp, hardiza (s. unten), denen gegenüber ufarskad-
vjan mit der bewahrung des u von skadu fast aufißült*
Nach dieser durchgreifenden analogie können wir es auch
in der decl. der adj. auf i und u kaum anders erwarten,
als dafs beide vocale vor dem ja ausfallen, und wenn wir
z. b. neben dem nom. pl. kaurjos (2. Cor. 10. 10) nur die
ableitungen kauijan und kauri]>a finden, so verbietet mchts
den stamm kaum (statt karu in skr. guru statt garu) an-
zusetzen. Demnach erfordert die theorie ftr i- und u-stämme
die gemeinsamen endungen:
— jata
Jana
pl. jai
jata
ize (eize?) —
jaim
Jans —
jizos (eizos?)
jai (statt jizai)
j»
Jos
jizo (eizo?)
Jos.
gothUcbe ttudieii. 900
Damit stimmen demi auch die vorkommenden formen
fast durchweg: hrainjamma^ hrainjai, unhrainjana, hrainjai,
ga&uxjos, hrainjaim, unhrainjans, wie mauTJata, l^aursjana,
l^aursja, manyjaim, unmanyjans enthalten durchaus nichts
unorganisches, nur der gen. onhrainjaize (Marc. 6.8) ist
nach art der ja-stänmie gebildet Ein solcher übertritt
konnte aber um so leichter stattfinden, ab erstlich nur drei
formen davon betroffen wurden, und zweitens sämmtliche
übrige casus, die das pron. ja enthalten, den entsprechen-
den formen der ja-st&mme vollständig gleichen, nur dafs
diese auf anderem wege entstanden sind, vergl. frij(aj)ana,
unhrain(i))ana, ]>aurs(u)jana. Jedenfalls hat aber diejenige
deutung den vorzug, die möglichst viel formen organisch
orid&rt, und das ist entschieden bei Bopp's deutung der
fall, während bei Grimmas annähme nicht nur alle hier als
2»ffiammengesetzt bezeichneten formen unorganisch erschein
aen, sondern auch bei den u -stammen gar keine veranlas-
Bimg zum übertritt in die ja-decl. zu erkennen ist; ganz
abgesehn davon, dais ein so durchgreifender Übergang in
die pronominaldecUnation, wie ihn namentlich das althoch-
deutsche zeigt, in unserm sprachstamme wohl ohne beispiel
dasteht, also schwerlich anders als durch wirkliche Zusam-
mensetzung mit einem pronominalstamme zu erklären sein
möchte. ^
4. Die beiden comparativformen.
Als hfiupterkennungsmittel der oft unkenntlichen ad-
jeotivetämme giebt Grimm a. a. o. s. 920 mit recht die ad-
verbia auf -ba an; weniger zustimmen können wir den dar-
anf folgenden bemerkungen über die formen des compara-
tivs. Wenn sich auch aus der form -oza mit ziemlicher
Sicherheit auf einen a- stamm schlieiSsen lassen dürfte, so
darf man doch deshalb gewils nicht die comp, auf -iza
von a-stämmen ftkr unorganisch erklären, am allerwenigsten
aber aus der seltenen form undaraista auf einen stamm
undari schUeisen. Die Sprachvergleichung hat längst be-
310 Ebel
wiesen, dafs der eigentliche kern der comparativendang das
-is ist, welches uns in einigen adverbien noch rein entge-
gentritt: hauhis, nehvis, framis, haldis, airis, mais (statt
magis), in andern das i verloren hat: bats, vairs, mins
(statt vairsis, minms)*), das -a oder -an der adjectiva nnr
fonnativ- flexi ver znsatz ist Vergleichen wir nun die ab-
leitung der verba aus a-stämmen: fiskon, arm(aj)an, latjan,
so zeigt sich uns eine dreifache möglichkeit, den comp,
zu bilden: das a verlängerte sich entweder, wobei das
i wie in salbos salbo)> ausfallen mulste, so in blindoza, ar-
mosta, oder es erhielt sich vor dem i wie in der einzel-
nen form undaraista, oder es schwand gänzlich wie vor
den oben erwähnten suffixen, so in hauhiza, managiza, &-
viza; i und u fielen natüriich überall aus wie selbst ja,
vgl. al]>iza, spediza, hardiza und das adv. ]»ana-sei]>s von
seilm. Aber selbst bei den a-stämmen erweist sich iza
als die ältere formation sowohl aus der vergleichung an-
derer sprachen als aus dem deutsch^i selbst. Im skr. and
griech. fallen vor dem i, i der Steigerungsstufen nicht nur
die stammvocale (auiser in einsilbigen stammen wie b(a)hu
n(p)kv : bhüyas nX€Cf)ia)v) sondern auch gewisse su£Sxe,
namentlich -ra, aus: skr. bhadra würde z. b., wenn es
dieser formation folgte, "bhadiyas, *bhadishtha bilden
müssen, genau entsprechend dem goth. batiza, batista;
im lateinischen wird zwar das r des suff. bewahrt, nicht
aber der stammvocal. Besonders lehrreich ist aber hier
wieder die vergleichung des slavischen. Auch im slav.
erscheint eine doppelte comparativbildung: ksl. -ii oder
-'szi = poln. -'szy, entsprechend dem goth. -iza, und ksl.
-ei oder -^szi = poln. ejszy; und Schleicher ksl. formenL
180 fgd. bemerkt mit recht, dafs die ein&chere bildung die
ältere ist, wie sie denn bei den defectiven comp, die ein-
zige ist. Der zweiten bildung würde ein goth. -aiza genau
*) Entere vergleichen sich dem laU -ios, griech. -loit : majus (statt
mahius, magius), nltlov^ letztere den verkürzten formen : magis, pris-, nXtiv,
gothiflche Studien. 3I1
entsprechen, dies finden wir aber nur in dem einzigen Super-
lativ undaraista, im allgemeinen hat -oza ganz dieselbe Stel-
lung im deutschen wie -Üszi im slavischen. Alle defectiven
comparative und Superlative stammen von der form -is : ba-
tiza, vairsiza, minniza (== slav. m'nii, m'n^szi), maiza (statt
magiza), die abgeleiteten adjectiva haben gröfstentheils comp,
-oza wie handugoza (ausgenommen managiza und die superl.
aftumista, auhumista, firumista u. s* w.)* Dies zeigt beson-
ders deutlich das ahd., wo die adjectiva auf bar, lih, sam
u. ä. fast immer or haben. (Gra£P ü. 342.) Auch in dop-
pelformen wie ahd. armiro, goth. armoza stimmt das deut-
sche zum slavischen. Kurz -iza -ista erscheint auch im
deutschen durchweg als filtere, -oza -osta als jQngere form,
und beide schlieisen sich mit gleicher leichtigkeit an a^
stamme an.
Was das zweite comparativsuffix -tara betrifft,
welches im sanskr. und griech. das herrschende ist, so
stimmt das deutsche hier ganz mit dem latein. und slav.,
die dasselbe auf den gebrauch bei pronominalstämmen be-
schränkt haben. Nur hat es im vorzug vor dem slav. diQ
duale bedeutung desselben erst in den jüngeren dia-
lecten verloren, während sie im slav. von anfang an ge-
schwunden ist Wir können hieran deutlich erkennen, wie
der dual allmählich aus einem gebiete nach dem andern im
deutschen verdrängt ist: zuerst aus der declination, wo
schon das gothische nur noch schwache spuren bei den
pron. zeigt, meist neubildungen durch Zusammensetzung
(nur glaube ich, dafs vit, jut nicht aus vitvai, jutviu,
sondern aus vitva, jutva entstanden sind); sodann aus
der conjugation, wo nur das gothische ihn bei der er-
sten und zweiten person bewahrt hat; endlich auch bis zu
einem gewissen grade aus der comparation, wo sich
allmählich an die stelle des alten öevreQog (selbst slav.
v"tor"i, poln. wtdry) ein superl. zweite gedrängt hat.
AuffSEdlend schwach ist dagegen schon im gotbischen die
bedeutung des zweiten Superlativsuffixes -tuma
oder -uma, da wir z. b. f&r auhuma, aftuma, fruma meist
312 Benary
schon aftomista u« s. w« finden, ähnlich wie in den roma-
nischen sprachen die alten deminntivsuffixe ihre kraft ver-
loren haben, agneau z. b. kaum, oiseau gar nicht y^klei-
nerunir bezeichnet.
^ H. Ebel.
Ueber den accent im lateinischen.
Mit rüdcsicht auf:
Theorie generale de Taccentaatiou latine snivie de recherches
sur lea inscriptions accentu^es et d^ttn examen des vaes de M. Bopp
aar Thiatoire de Taccent par Henri Weil et Loaia Benloew,
profeaaeura de faculte. Berlin, Ferdinand Dümmler et Co. Pari«,
A. Durand MDCCCLV.
Es ist wohl zeitgemäfs und lohnt sich der mühe über
den accent der lateinischen spräche zu schreiben, voraus-
gesetzt, dafs man sich der forderung seiner aufgäbe klar
bewufst ist, und fahigkeit besitzt, derselben zu genügen.
Und rücksichtlich des letzten punktes kann man vom vor-
liegenden buche von vornherein nur gutes hoffen, denn der
eine der herren Verfasser, herr Louis Benloew, hat in ei-
nem früheren , einen nah verwandten gegenständ berühren-
den, werke bereits treffliches geleistet.
Welche forderung aber darf die Wissenschaft, soll sie
wahrhaft gefördert werden, nach ihrem jetzigen Standpunkte
an ein werk über lateinische accentuation stellen? Sieht
man auf das was gewöhnlich unter dieser aufschrift in den
Sprachlehren dargeboten wird, so scheint der gegenständ
weder absonderlich schwierig, noch sehr interessant« Das
ganze gesetz des lateinischen accentes ist in zwei «oge-
naimten hauptregeln mit einigen daneben hinlaufenden aus-
nahmen ziemlich rasch abgethan. Abgethan; denn weder
hat jemand bis jetzt sich die mühe gegeben, das princip,
aus welchem jene gesetze entspringen, aufzuweisen und zu
entwickeln ; uoch untersucht, wie weit jene äulserlichen re-
geln nur einer bestimmten periode angehören, während
früher andere gesetze herrschten, welche aufzufinden, sei
CS aus gegebenen historischen daten, sei es durch folge-
über den accent im lateiniBchen. 313
rechten scUofis ans dem T>aa und dem Charakter der q>rar
che, grammatisch wie sprachgeediichtlich eme nodiwen-
digkeit ist; noch endlich hat man den wichtigen punkt ins
ange gefaCst, welchen einflnis der accent einmal rom Ur-
sprung an aof die formgestaltong der spräche geOht hat*),
so dafs die gleichheit des prindps beider znr <m<y.liAnpng
gekommen wäre; andererseits aber ob und wie weit er sich
in den rhythmischen Verhältnissen geltend gemacht hat,
so dafs er vehikel dichterischer maafse gewesen ist Sidit
naan die an%abe von dieser seite an, und man muis sie,
will man der Wissenschaft gerecht werden, so fassen, imd
rechnet man endlich hinzu, dafs die Untersuchung auch
sprachvergleichend so zu fthren ist, dais der unterschied
des römischen piincips von dem der verwandten sprachen
nachzuweisen, und als eine der grundlagen der yerschiede-
nen formgestaltungen au&uzeigen ist, so erhält der gegen-
ständ einen umfimg und eine Wichtigkeit, der nicht minder
gelehrsamkeit als grammatischen schar&inn in combination
und sonderung erfordert. Vor allen kömmt es demnach
darauf an das princip des lateinischen accentes nachzuwei-
sen, und zwar zunächst in der periode der spräche, in wel-
cher er uns sowohl durch die Sprachdenkmale als durch
die angäbe der grammatiker offen vorliegt; ist dieis ge-
schehen, dann wird die frage leichter, ob diefis princip als
von jeher in der spräche geltend zu betrachten seL Was
ist nun aber princip des lateinischen accentes? Um dieJGs
zu beantworten, muTs ich überhaupt zeigen, was accent sei,
und die weisen, wie er in den sprachen sich manifestirt;
was ich um so lieber thue, als ich mich nicht erinnere den
gegenständ in seiner allgemeinheit behandelt gesehn zu haben*
Die lehre vom accent bildet in der synthetischen be-
handfamg der grammatik den flbei^ang von der silbe zum
wort, das heilst der accent ist es, der das wort macht, wie
der ictus es ist, der den rhythmus macht. Der accent ist
die kraft, die der einzelnen silbe inwohnt, die anderen sil-
*) Dietrich in seiner abhandlung I. 543 f. dieser Zeitschrift hat dies al-
lerdings gethan, ebenso findet sich manches darttber in Reinhardt diss. de
vocia intentione. Berol. 1887. K.
814 Benaiy
ben an sich zu BoUieCaen, um sie so zum selbstiUidigeii worte
zu gestalten; er ist dem mehrsilbigen worte ndthig, damit
die einzehien Silben nicht bloise silben bleiben, sondern ein
wort in sich und gegenüber den anderen worten des ge-
daakens werden; er ist dem einsilbigen worte nicht minder
aus dem letzten gründe ndthig.
Zweierlei folgt hieraus:
1) dais in jeder spräche, so lang sie die Selbständig-
keit des Wortes den anderen worten gegenüber wahrt, und
nicht mehr oder minder au%iebt, indem sie die worte nur
als unselbständige satzestheile üSst und so den satzaccent
statt den wortaccent hinstellt, wie das franz(taische und
das judenmauschehi, jedes wort, ein- oder mehrsUbig, einen
accent haben muis, so da(s das scheinbar nicht accentuirte
sich mit dem folgenden oder vorhergehenden vereint;
2) dais ein wort nur einen accent haben kann, denn
nur scheinbar treten mehrere, dem grade nach verschie-
dene, accente in einem worte auf (feldm&rschall); es ist
dann entweder nur ein accent, oder nicht blols ein wort
vorhanden.
Ist also der accent die kraft der einen silbe zur bil-
düng des wertes, so hat die spräche dreierlei mittel, der
silbe diese kraft zu geben,
1) durch blofse hervorhebung — (mütter),
2) durch die erhebung (musikalische) — Hlsye^
3) durch die dehnung (prosodische) derselben, — (v&ter),
wobei für das princip es gleichgiltig ist, ob die spräche
durch den accent die kurze silbe dehnt (neuhochdeutsch),
oder den accent der schon gedehnten silbe zuertheilt (civi-
tatis). Je nachdem eine spräche eines oder das andere,
oder eines und das andere dieser drei mittel wählt, um
den accent zur erscheinung zu bringen, ist das princip der
accentuation ein verschiedenes; der Grieche ist nur nach
no. 2 verfahren, das neuhochdeutsche nach no. 1 und no. 3,
das polnische nach no. 3. Welches aber ist nun der Standpunkt
des lateinischen? sicher nicht der des griechischen; ich
komme später darauf zurück, und werde dann hoffentlich
nachweisen, dafs rücksichtlich der mittel der bezeichnung
ttber den accent im Uteiniachen» Slft
der accentuation das römische dem nenhoohdentschen Tid
näher li^ als dem griechischen.
Aber ist so das mittel oder die weise, wie der accent
bezeichnet wird, bestimmt, so tritt die firage auf, welche
silbe des wortes die spräche sich f&r den accent wählt, die
frage nach der Stellung des accents. Auch hier sind drei
weisen möglich. Festzuhalten ist zunächst, da(s der accent
zweierlei will, die Vereinigung der silben zum wort und
die Selbständigkeit des wortes gegen das folgende des sat*
zes. Es muis der accent eine stelle haben, wo beides ihm
möglich wird* Da es in der natnr des Sprechens liegt, da&
im wort die silben dem ende zueilen, so liegt keine Schwie-
rigkeit darin wie weit der accent vom anfang des wortes
entfernt liegt; in avaxofnq hat die endsilbe es leicht, die
drei anfiangssilben anzuziehen, denn sie eilen von selbst zu
ihr hin. Anders ist es, wie weit der accent vom ende ent-
fernt sein kann, um die folgenden silben so festzuhalten,
dais sie noch hörbar bleiben, und sich nicht dem folgenden
worte anschlieisen; in kxdgoxovriaav avtov würden die letz<*
ten silben zu ainov eilen und zu hx^igotov tiüovavtov wer-
den. Es hängt aber die entfemung der accentstelle vom
aoslaut von mancherlei individuellen umständen ab, von der
kraft des accents, dem mittel seiner manifestation und von
dem grölseren oder geringeren werth der letzten silbe*).
Ich nenne diese erste rücksicht fUr die bestimmung der
stellimg des accents, die eine rein phonetische ist
1) die bestimmung der stdlung durch die tragweite dar
kraft.
Es giebt daneben eine zweite rein dem volke und sei-
nem obre individueUe, ich meine den Wohlklang; davon
läfst sich nicht rechenschaft geben, man muIs hier der sub-
jectivität rechnung tragen, so lange einem tieferen gesetze
*) Ich meine hier nicht etwa den werth, den die silbe durch länge nnd
kürze erhält, wie im griechischen, sondern Überhaupt den werth, welchen das
Volk in der ausspräche auf sie legt, der sich von ihrer seltenen reinen erhal-
tong zur gröfsem oder geripgem euphonischen modification, sei es vocalisch
oder consonantisch, durch pause oder durch das folgende wort, und dann bis
zur völligen, oft (wie im französischen) destmctiven theilweisen oder gänz-
lichen tUgOBg denelbeii (donnent, avaient) steigert.
31i Benaiy
nicht abbrach geschieht. So liegt der stetoi betonqi^ der
pcDoltiiiia im pohiischeQ ein dem volke euphonisdi schei-
nendes zu gründe, ebenso wie der römischen betonung der
langen pennltima; ich nenne diese ebenüeüls phimetische
rücksicht: 2) die bestimmung der rtdlung durch Wohlklang.
Obwohl indessen der Stellung des aocents in fast allen
sprachen eine phonetisdie rücksicht zu gründe liegt, kann
doch entweder neben dieser wie im griechischen, oder mit ver-
nachlftssigong derselben, wie im nenhochdentschen, die rfick*
sieht auf bedeutung maisgebend werden. Es wird die silbe
des Wortes mit dem accent belegt, die der bedeatung nach
die wichtigste erscheint Hierbei indessen and zwei schon
angedeutete ftlle möglich, es geschieht diels 1) in dem
mause als es nach den phonetischen gesetasen über die stel*
lung des accents möglich ist (so im griechischen), od^
2) diese phonetischen gesetze finden gar keine berücksich-
tigung, wie dieis der neuhochdeutsche Standpunkt ist Aber
auch darin zeigt sich die individualität der Völker verschie-
den, dais sie für das bedeutungsvolle einen verschiedenen
maisstab haben, bald einseitig bald mit tiefer gedankenvol-
ler einsieht sondernd. W&hrend einerseits 1) das allgemeine
als das wichtigere, zu betonende, das individualisirende
ds das minder bedeutende erscheint, kann 2) andererseits
gerade diefs als hervorzuhebend, jenes als minder pr&gnant
betrachtet werden, oder aber 3) bald das eine bald das
andere berücksichtigt werden. So steht das neuhochd^xt-
sehe fast ganz auf dem ersten Standpunkte, nämlich in allen
ableitungen und verschmolzenen compositionen (liebte,
gdiebt, durchlebt), und wendet nur in den noch gefUilten
compositionen und fremdworten, den individuaUsirungsac-
Cent an (unrein, durchziehen gegen durchziehen, haüptr
Stadt), das griechische hingeg^ hält sich in schöner weise in-
nerhalb der dritten auffassung, zugleich auf dem boden des
phonetischen gesetzes fiifsend, xvnTo^tv^ Xoyog gegen SpLOiog
(neben S/juSsg, SfidSag)^ Uey^Vy eikf](paf äf^ovaog, elni, laßi im
gegensatz zu fAa&^ u. s. f. Neben diesen beiden punkten
— den mittein zu seinem ausdruck, und den rücksichten,
die seine Stellung bedingen — liegt ein drittes principielles,
aber den accent im lateinisclieii. S17
in dem mafse und in der art des einflnsoes des accents
1) auf die bildmig der formen (vi^ns, vendns, cögo sscöigo
zu co§gi s=s co^gi, pergo ^^ pdrrigo zu perr^xi), 2) auf die
rhythmische behandlung der aecentuirten und accentlosen
Silben. Bdde geg^istände sind wemg in den grammatiken
behandelt worden, obwohl der emflufs des letzteren von
der höehsten Wichtigkeit ist, namentlich f&r das lateinische^
wie ich denn später hieraus wichtige erkl&rungen f&r den
gegensatz der horazischen ma&e zu den gleichen im gri^
chischen hernehmen wmle.
Sind nun in dem obigen, so yiel ich sehe, die orga-
nisch^i gestaltungen, in denen sich der aecent der spra*
eben bewegen kann, angegeben; so hat die Untersuchung
der einzelnen spräche zu sehen, welche derselben in ihr zur
geltnng gekommen sind, wobei der historischen entwicke«
lang — welche indessen, wenn die spräche sich erst fest
gebildet, nur sehr unwesentlich ist — rechnung zu tragen
ist. Ist dieis geschehen, d. h. sind die gesetze des accents
der spräche klar gefalst, sein einftufs, seine Wirkung auf
bildung der sprachformen, wie umgekehrt deren einflufs auf
ihn erkannt, dann l&fst sich mit Sicherheit der rückschluA
auf die allgemeinen principien machen, von denen aus die
spräche diese bestimmten gestaltungen angenommen hat;
dann ist man aber auch erst auf den pnnkt gdkommen,
sprachvergleichend zu verfahren , d. h. die Verschiedenheit
der principien hervorzuheben, welche individuell die ab*
weichung, ja den gegensatz der einzelnen sprachen dessel**
ben Stammes motiviren* Es ist der weg, von der offen he*
genden Wirkung zur kraft der Ursache zurüdusngehen, der
emzige weg, den die besonnene forschung g^enüber dem
wieder auftauchenden aprioristischen geschwätz mit Sicher-
heit einschlagen mufs. Auf ihm wflrde sich dann herausstellen,
welchen werth die spräche dem einzelnen wort im gedan<*
ken giebt, d. h. ob sie seine Selbständigkeit den anderen wer-
ten gegenüber zur geltung bringt, oder ob sie die werte mehr
in die einheit des gedankens aufhebt; im ersten falle tritt
der aecent in seiner zweifachen bedeutung — Vereinigung
der Silben zum wort, Selbständigkeit des wertes den ande-
318 B«ntf7
ren worten gegenfiber — auf, im letzten ist seine zweite
bedeutong geschwächt, wo nicht au%ehoben; im ersten
falle wird der erhaltnng und der unveränderten ausspräche
des anslautes rechnung getragen, im zweiten kann die letzte
Silbe schwinden, sich verkürzen, oder ist dem euphonischen
einflusse des folgenden wertes unterworfen; im ersten falle
hindert nichts dafs der accent den auslant treffe, im zwei-
ten flieht er denselben so viel er kann. Es ist unglaub-
lich wie verschieden die accent- und die formgesetze sich
durch diese verschiedenen principien in den einzdnen spra-
chen gestalten, ja nicht in der einzelnen spräche, sondern
in derselben spräche in deä verschiedenen gattungen der rede.
Oder giebt es etwa in der verschiedenen gestaltung der letz-
ten silbe des wertes in poesie und prosa, in der spräche der
dichter im gegensatz zu der der prosaiker, im griechischen
und römischen einen anderen grund, als dafs hier die Verstän-
digkeit der Überlegung das einzehie — das wort -«- in seiner
Selbständigkeit festhält, dort der schwung der begeisterung es
zum ganzen hinreüst. Aber auf diesem wege würde sich auch
ergeben, welche gröfsere oder geringere f^^üsche kraft die
einzelne spräche in der wahrung, erhaltung und entgegenset-
zung der einzelnen momente bei der bildung des wertes als
ganzen habe. Von der plastischen Schönheit und dem reich-
thum des griechischen bis zu der oft destrucüven armut
des neuhochdeutschen liegen unendlich viele stufen. Wäh-
rend das griechische in dem einen werte plastisch das man-
nichfachste zusammenfafst — prosodischen unterschied, ac-
cent, Sinnesbedeutung, rhythmischen ictus — , jedem im
sprechen sein recht ertheilend, keines au%ebend (erhält es
ja den accent sogar beim wegfall des accentuirten vocals
des auslautes), schrumpft dieser reichthum im römischen
merklich zusammen, ist im neuhochdeutschen zur dürftige
keit herabgesunken, die stärker noch im polnischen hervor-
tritt.
EndUch aber würde sich auch herausstellen, welche kraft
dem phonetischen gegenüber die spräche der bedeutung
giebt Gegensätze bilden hier, und zwar schlagende, das
römische und neuhochdeutsche. Jenes gestattet der bedeutung
ttber den acoent ii» lateinischen. . 319
weder beim accent noch mit einigen aasnahmen in der Wortbil-
dung irgend einen einflufs (£&cit, r^ficit, fec^rant), ja zernichtet
durch die macht des phonetischen das bedeutungsvolle (pono,
pergo, cogo, proea), dieses hält die bedeutung so fest, dafs
es organisches aus diesem gründe nicht minder destmirt
als jenes*). Anders das Griechische. Hier ist ein gegen-
satz ganz unmöglich, denn das wort bedeutet im grie-
chischen nicht, sondern ist unmittelbar indiyidualisirter be-
griff, in dem inhalt und form au%ehoben ist. Nirgends
also ist die bedeutung übersehen, nirgends aber auch her-
vorgehoben. Accent und form dienen nur zum individua-
lisiren, da bedarf es bald der hervorhebüng des allgemei-
nen, bald des besonderen.
Diefs sind meiner ansieht nach die principien, welche
die sprachen bei regelung des accents bestimmt haben. Es
würden demnach bei behandlung des römischen accents fol-
gende fragen in betracht kommen,
1) welche mittel hat die spräche zum ausdruck des accents,
2) welche Stellung im worte nimmt er ein;
3) welches verhältnifs hat er zu der formbildung,
4) welches zu den rhythmischen Verhältnissen der poeti-
schen mafse?
und nach lösung dieser punkte, welche auf die historische
entwickelung einzugehen hätte, folgt dann die wichtige erör-
terung, welche principien diesen accentgesetzen zu gründe
liegen; und in welchem Verhältnisse dieselben zu denen ste-
hen, von welchen die andern indogerm. sprachen ausgehen.
Nachdem ich diefs festgesetzt, werde ich in einem zwei-
ten artikel zeigen, wie dem gegenüber die treffliche arbeit
der herren Verfasser und ihre resultate sich stellen*
A. Benary.
*) Wenn G5the rickkehr, Unfall nnd vieles andere der art im hexame-
ter — selbst in höherer spräche — > mifst, so Aifst er freilich auf dem de-
structiven sprachprincip , aber auf der lebendigen ausspräche; nicht er ist eu
tadeln, der aus diesem lebendigen bom schöpfte ; wer tadeln will, der tadle die
spräche, die, ans dem gefUhle des princips heraus, so nnd nicht anders ver-
fuhrt.
8M SpiegBl, oiflMlleB.
WEM. Hlseellen«
1) va*ti — vitis.
Im letarten paragraphen des Yendidad findet sich in den bei-
den ausgaben das wort va^tayo, das sich in der HnsrArescb^
Übersetzung mit n^l wiedergegeben findet Ich habe daa wort
mit ^weide^ übersetzt, weil sich dasselbe allerdings etymologisch
an das genannte deutsche wort, das griech. itia und vor allem
an neup. Ouj anschlieist, Vullers im neap. lexikon zieht auch
skr. vetasa herbei. Nan finde ich aber im Mino-khired (p, 107
der pariser handschr.) ein wort bit, das Neriosengh mit phala
wiedergiebt and diese bedeutung wurde an jener genannten stelle
besser zum sinne passen, und ich glaube auch dafs man die Ver-
einigung der beiden wörter rechtfertigen kann; zwar wird der
altir&nische diphthong aS in den neueren sprachen in e, nicht
in i verwandelt, doch wird dieses ^ vor schliefsendem t öfter
schon in i geschwächt (z. b. sit von khsha^ta, wie sich schon im
Mkh. mehrfach findet, während dagegen noch Firdosi in den mir
bekannten reimen stets set liefs). Dann wurde es am nächsten
liegen das lateinische vitis herbeizuziehen, obgleich es mir nicht
wahrscheinlich ist, dafs die Weinrebe selbst an jener stelle ge-
meint sei. — Die zweite lesart vaegayo, welche andere hand-
schriflen bieten, wurde auf ein ganz ähnliches resultat fuhren,
wenn man dieses wort mit armenisch vign, wicke, vergleichen darf.
2) bunda.
Der heransgeber dieser Zeitschrift hat bereits bd. IL p. 320
mit dem sanskr. budhna nicht allein griech. m/^/ij^V, sondern auch
unser bodam altn. botn verglichen, ich stimme ihm darin bei und
stelle dazu das im Huzvaresch und Pärsi häufig vorkommende
bunda, sowie das schon im altbaktrischen gewohnliche buna grund,
Wurzel. Es vertritt dieses bunda die erste silbe in ärmaiti, dann
worter wie Arem, äroi etc. die ich alle mit skr. aram, alam für
verwandt halte. Auch in späteren Schriften, wie dem Bundehesh,
Minokhired etc. findet es sich noch so häufig, dafs es weiterer
belege dafür nicht bedarf. Neriosengh giebt es gewohnlich durch
sampüriia wieder. Nach abfall des schliefsenden d ist damit das
oben angefahrte buna (cf. Yd. XIX. 147) identisch, das im neu-
pers. bun, armenisch bnuthiun seine verwandten hat Spiegel.
Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, GrOnstr. IS.
I. Abhandlungen.
Die alten krankheitsnamen bei den Indo-
germanen.
Meiner abhandlung über die älteste heilkunst (in dieser
eeitschr. V. bd. p. 24) lasse ich zur ergänzung eine zweite
folgen über die krankheiten selbst, mit denen die vorhisto-
rische medizin schon vielfach zu kämpfen hatte. Yon ei-
ner solchen Untersuchung sollte man wenig erwarten, da
in diesem felde besonders die Wörter beständige Wechsel
erfahren. Die gelehrte medizin liebt es neue benennungen
einzuführen, welche die alten volksthümlichen, unverständ-
lich gewordenen namen verdrängen, und den begriff jeder
krankheit geradezu ausdrücken sollen. Dies ist schon bei
den Griechen seit Hippokrates der fall gewesen; gewifs
auch in Indien, wo die heilkunst schon frühe zur wissen-
schafl sich erhob. Das persische hat meist arabische Wör-
ter angenommen, und bei uns neueren hat sich theilweise
eine ganz neue nomenclatur gebildet. So sind gewifs eine
menge alter, ursprQoglicher namen, im osten wie im We-
sten, verschwunden. In den sprachen selbst liegt aufser-
dem eine neigung dunkle Wörter durch neue zu ersetzen,
wenn es sich um auffallende erscheinungen handelt. Des-
wegen giebt es selten berührungspimkte zwischen den na-
men von krankheiten, welche sich durch ein einziges, stark
hervortretendes merkmal unterscheiden. Die Schwindsucht
V. 6. 21
3W Pictet
kömmt überall vom schwinden, die faUsucht vom fallen, die
Wassersucht vom wasser u. s. w. Nor diejenigen übel, de-
rep natur weniger bestimmt ist, haben noch hie und da
die alten benennungen bewahrt Was übrig geblieben ist,
erweist sich jedoch als aller aufinerksamkeit werth, wie
man aus der folgenden Untersuchung ersehen wird.
Für den allgemeinen begriff des krankseins bieten das
sanskrit und die verwandten sprachen mehrere wurzeln mit
vielen ableitungen und wechselseitigen analogen; es wäre
aber zu weitläoflig sie hier abzuhandeln, da diese arbeit
leicht zu einem lexicon anschwellen würde. Dals unsere
ältesten vorfahren sich nicht immer einer ungestörten ge-
sundheit erfreut haben, ist kaum zu bezweifeln und bedarf
keines beweises. Von welchen Übeln aber sie schon so
früh heimgesucht wurden^ das ist es was unserer forscfaong
ein näheres interesse geben kann; denn diese frage ist ftir
die physiologische geschichte unseres Stammes nicht un-
wichtig. Wir schreiten somit gleich zur Untersuchung der
einzelnen krankheitsnamen, um daraus, wo möglich, eine
vorhistorische nosologie zu gewinnen.
I. Geistesstörungen.
Dies ist ohne zweifei das reichste capitel in der trau-
rigen aufzählung der menschlichen übel. Nicht nur besit-
zen unsere sprachen eine menge von ausdrücken fbr die
verschiedenen arten und grade von geistesstörungen, son-
dern das häufige und weitgreifende zusammentreffen dieser
Wörter in allen zweigen des grofsen Stammes beweist, dafs
diese krankheiten uralt sind, und dafs der mensch immer
närrisch genug gewesen ist. Ja es könnte ein humoristi-
ker das skr. nara, mann, mit dem deutschen narr zu-
sammenstellen und eine nahe Verwandtschaft beider be-
haupten.
Die grundbegriflfe, aus denen dieser reiche schätz von
Wörtern fliefst, sind, wie die geistigen übel selbst, sehr
die alten krankheitsnamen bei den Indogermanen. 323
verschiedener natur. Die gewöhnlichsten sind freude, lu-
stigkeit, trauer, wuth, verwirning, irrthum, stolz, eitelkeit,
Stumpfheit u. s. w.; und sie gehen vielfach in einander über.
1) Mehrere dieser bedeutungen vereinigen sich in der
skr. wrz. mad (m&dyati), laetari, inebriari; madayati,
id aber auch langnescere, lugere; madayati (causalform)
stöbe sein, to be proud, nach Wilson. Mit ud praef. ver-
stärkt sich der sinn zu insanire. Davon mada, frende, Inst,
ßtolz, trunkenheit, toUheit; matta, freudig, betrunken,
stolz, wüthend u. s. w. Nahe verwandt ist die wrz. mand
(mandate) laetari, gaudere, inebriari; und dann dormire
{somno gaudere) languescere, lentum esse, wo man den
Übergang der bedeutungen leicht begreift; davon man da,
tranken, wahnsinnig, dumm, träge, krank, eigensinnig, ver-
ächtlich, schlecht u. s. w.
Zu matta stimmt ganz das lateinische mattus, be-
trunken, woher das italiänische matto, narr. Da man
auch matus findet, wo ein t eingebüfst scheint, so gehört
wohl auch dazu fidraiog, thöricht, eitel, prahleriseh, fua-
TiUy thorheit u. s. w.; und das doppelte t kommt wirklich
wieder zum Vorschein in Hesych. fAavtaßog^ neben /tta-
Taßog = fiwgog. Daraus erklärt sich die form fiavaog
ßStr fiaTaj:og*). Ob mattus aus madidus entstanden,
ist sehr zweifelhaft, obgleich die bedeutung dieselbe ist.
Der zweifei erstreckt sich aber auch auf madeo, dessen
sinn als betrunken sein ganz zum skr. mad stimmt, jedoch
nicht von dem begriffe der £reude, sondern von dem des
naisseins ausgeht. Oder wäre madeo eigentlich sich der
•) Ein aekundäres suffix ßo^/o = skr. taddh. va, in ke^ava und
anderffwo, ist man wohl berechtigt anzunehmen. Aufser fiäinaßoq zeigen
€8 ziemUch klar ^dvvaßo^ aus ndvira^ xavvaßoq aus xat^ij, noXoß^q
aus xoAoQ, oxd-oßoq aus ox&oq u. s. w. Andere ableitungen sind dunk-
ler; so xlxvßoq^ eule (auch xix?»^»?) vielleicht aus x^xv?, stark; /to-
Xcßoq^ fioXvßoq^ blei, als unreines (cf. fiokvp» und skr. mala, schmutz,
woraus bahn mala, blei, d.i. sehr schmutzig); d-ogvßnq^ l^nn (cf. skr.
dhärÄ, vox. Nigh. 1. 11). Wäre xaqaßoq^ krebs, nicht etwa bände
(scheeren) habend, aus skr. kara, band?
21*
334 Pictet
nftsse erfreuen, wie die pflaDzen? Noch weiter ab liegt a a-
Sdo)^ wegen der speziellen bedeatang des kablseins, die
den derivaten ausschliefslich zukommt.
Viel vollständiger findet sich die wrz. mad im celti-
schen yertreteti, und zwar nach allen Seiten hin. Im iri-
schen madh, entzückend, meadharach, meadhrach,
freudig, lustig, zeigt sich die grundbedeutung; in maoi-
dhim, prahlen, grofsthun, die des eitlen stolzes; in mad ha,
toUheit, madhanta, blöde, scheu, die der geistesstörung.
Das cymr. meddw, betrunken, com. medho, armor. mözö,
scheint aber sammt cymr. medd, ir. meadh, miodh,
meth, eher zum skr. madhu, fii&v u. s. w. zu gehören.
In beiden ästen hingegen findet sich eine merkwürdige
Übereinstimmung mit den sanskritischen ableitungen durch
ud, unmada, unmattatä, tollheit, unmatta, toll, ra-
send, betrunken; nämlich ir. oinmhitb, oinmhid, toU,
oinmhideacht, tollheit, cymr. ynfyd (yn-myd), ra-
send, ynfydu, tollsein, ynfydedd, raserei u. s. w. Ich
habe anderswo schon auf das begegnen der lautlichen Ver-
wandlung des ursprünglichen d zu n vor m, aufinerksam
gemacht*). Da diese euphonische regel aber sonst im cel-
tischen gar nicht gilt, so kann man bedenken tragen obige
formen unmittelbar zu vergleichen, und eine bildung der
celtischen Wörter mit dem negativen praef. an, in (= skr.
ana) vermuthen. Dafbr spricht nicht nur die ersische form
ainmhide, toll, sondern das armorische anmid, id., wo
an gewifs die negation ausdrückt Dagegen aber streitet
wieder das cymr. yn in ynfyd, welches sich bestimmt
vom cymr. negativen an scheidet. Und so bleibt die sache
dennoch unentschieden.
Dem sanskritischen matta begegnet noch das persi-
sche mast, betrunken, rasend, stolz, begierig, geil, mastf,
tmnkenheit, begierde u. s. w. In den germanischen und
lith. slavischen sprachen finde ich keine sicheren spuren
der wrz. mad in den obigen bedentungen; aber das altsl.
*) De Faffinit^ des langnefi celtiqnes avec Ic sanscrit p. 79.
die ^ten knmkheitwnanMm bei den Indogermanen. 9*25
moaditi, cunctari, m'dl", tardus, in"dlo8t', socordia,
scheinen za mand, lentam esse, languescere, zu gehören.
Aus dem bisher gesagten kann man schon sehen, dafs
unter unseren urahnen es nicht nur närrische leute, son-
dern audi trunkenbolde gab; was wenig befremden kann,
da der wein von der sündfluth her datirt und schon vater
Noah eben kern erbauliches beispid der mäfsigung in des-
sen genusse gegeben hatte.
2) Die skr. wrz. man (mannte) credere, cogitare,
scire, magni aestimare, nach der 10. classe flectirt (mftna-
yate) nimmt den sinn von magni se aestimare, superbum,
stultum, stupidum esse an; und es kommt davon mäna, stolz,
anmaCsung, einfUtiger mensch, barbar; mänin, anmaisend,
stolz u. s. w.; auch direkt aus man, manyu, stolz, zorn,
betrübnük Es ist gewifs ein tiefer zug in der spräche,
dafs diese begriffe aus derselben wurzd fliefsen, woher der
mensch, manu, manushya, mänava u. s. w. seinen
namen erhält, und so gerade das denken durch übermafs
zum stolze und zur narrheit wird. Zu dieser bedeutung
der wrz. man stimmt fiaivofiai^ rasen, toll sein, WOV09
fiTJvtg^ zorn und fjLavia, raserei u. s. w.; femer das iri-
sche mainigh, toUheit. Im altsL finden wir ob-manuti,
betrügen, verblenden; im illyr. aber manen, mahnit,
toll, po-mana, mahnitos, toUheit. Dazu lith. möniti,
verblenden, monai, gaukelwerk, Zauberei u. s. w.
Der sinn von manyu als betrübnifs erscheint auch
wieder im nord. mein, dolor, noza, ulcus, ags. man,
maene, facinus, nefas; ahd. mein, id. Aus gamains
vermuthet Grimm auch goth. main noxa.
Von der wrz. man kommt mati, verstand, und mit
Verneinung amati, Unverstand, als adj. aber so viel als
dushta, verächtlich, unvermögend, schlecht. Gleicher bil«
düng, aber ganz lateinisch, ist amens = demens (menti
= mati). Das irische amad, amadan, narr, amai-
deach, närrisch, vergleicht sich dagegen geradezu mit
Piotet
amati, da mad sonst nicht verstand bedeutet und nur in
composition erscheint*).
3) Eine im sanskrit isolirte wurzel des toUseins ist
lod, laud, 16t, auch rdd, raud, rant, insanire, desi-
pere, ohne eine einzige ableitung. Verwandte formen sind
wahrscheinlich rut, dolore affici; (10. r&tayati, irasci),
rat, vociferari, mngire, röt, loqui; femer lud, lul, agi-
tare, perturbare; lat, vociferari, puerilem esse r=r rat;
lad, lal, lallare u. s. w., so dafs der grundbegriff der des
wilden, unsinnigen, verworrenen Schreiens und redens zu
sein scheint. Aus der form lat allein entspringen lata,
lataka, narr, dummer kerl, verächtlicher mensch (auch
latta, ladda), l&ta, kindisches, tolles reden. Ueberall
schwankt die dentalstufe.
Zu lata, l&ta oder zu lad stimmt das persische lä-
dah, narr, einfältiger mensch; zur form lal aber läl,
stumm, und lälä, schwfitzer (beide bedeutungen vermitteln
sieh durch die des verworrenen stammelns und redens).
Damit identisch ist das cjmr. llelo, narr, und mit erhalt-
nem dentale ir. ladhan^ Btumm, Iddhna, stummheit;
armor. louad ist aber wieder der narr. — Im lithauiscben
finden wir letas, blöde, dumm, träge, schlecht, letunas,
dummer mensch, letummas, einfaltigkeit u. s. w.; mit d
aber ledakas, unnütz, faul, verdorben. Dazu russisch
Ij adasheil, schlecht, elend, poln. ladaiaki, id.; lada
(indekl.) irgend wer im verächtlichen sinne, ladaco, lie*
derlich, taugenichts. Im illyr. ludjak, wieder narr. —
Zu lut, rut, grundformen von 16t, raut, stellt sich wohl
das altsl. Ijut*', saevus, russ. Ijutyi, grausam, fürchter-
lich, und dieses f&hrt uns zu Ivtra, Xvcaa, wuth, toll-
heit.
Der form lad gehört goth. lats, ags. lat, laet, nord.
latr, ahd. laz, tardus, hebes (cf. Dief. g. w. 11. 129).
•) Cf. altir. for-met, memoria (Zeufa. 249); for-aith-raet, id. (762);
der-met, oblivio (884) auch der-mad (249); wo met =s mati.
die alten krankheitsiuuDen bei den Indogenuanen. 327
4) Aus der wrz. muh, couturbari animo, deficere anima,
caus. mohayati, stupefiicere, leiten mcb ab, moha, Ohn-
macht, geistesverwirrung, toUheit, Unwissenheit, betrübnüs,
mohana, betäubend, verblendend, muhira, muhera,
narr, tölpel, müdha, id. faullenzer, müdhatä, narrheit
u. 8. w. Mit muhera haben Pott und Benfey fiwQog
▼erglichen, ich glaube mit unrecht, wie es sich bald zeigen
wird« Mit mehr Sicherheit vergleicht sich fÄVxi'OQf geiler
mensch, da muhira, auch liebe, begierde, als geistverwir-
rend, und mohana, begattung, bedeuten. Zum partic.
müdha stimmt vielleicht das persische mndali, krank,
unwohl. Das ahd. möjan, mujan, fatigare, affligere,
nord. mya, molestare, wenn es hieher gehört, hätte den
endgnttural verloren, und stände fbr m dg j an, sowie m6 hl,
mühe, f&r mögt; in mödi, nord. mödr, müde, käme aber
der dental von müdha wieder zum Vorschein. Celtische
Verwandtschaften sind ir. muighim, ermatten, vergehen,
erlöschen, mugha, Vertilgung, auslöschung, müig, be-
trübniis, finsteres, mürrisches wesen, muigeachd, üble
laune. Dazu noch die namen des ranchs als betäubendes,
ir. much, cymr. mwg, com. mög, armor. möged. —
Bestimmtere anwendungen auf tollsein scheinen überall zu
fehlen.
5) Gleicher bedeutung mit muh ist die wrz. murch,
animo contnrbari, linqui animo, woraus unter andern ablei-
tungen mürkha, dumm, närrisch, unwissend. Pott (etym.
forsch. L 283) vergleicht treffend das lettische mulkis,
tölpel; es lehnt sich aber zunächst an altsl. mr'knuti^
mT^cati, russ. molc&tj, verstummen, schweigen. Ben-
fey's Zusammenstellung mit fid^yoe (gr. wurzellex. L 507)
ist dagegen schwerlich begründet. — Hier bietet uns wie-
der das celtische schöne Übereinstimmungen im ir. m Ur-
eas, betrübnüs, murcach, traurig, armor. morchi, be-
trüben, morch, morched, betäubung, trauer, demüthi-
gung, morcheduz, träge, betäubt, u. s. w. Es vergleichen
sich wohl auch das lat. murcidus, träge, und murcus.
338 ^'^^^
eigentlich träger, einfUtiger kerl, der sich yeretümmelte,
um dem kriegsdienste zu entgehen.
6) Von der sanskr. wrz. puth, segnem, pigrum esse,
kommt 9otha, narr, tölpel^ faullenzer, schelm. Verwandt
sind 9ant, ^aud, superbum esse, woher ^autira, (saun-
dira, stolz, paunda, betrunken u. s. w. — Beide bedeu-
tungen finden sich wieder im irischen suth&n, dummkopf^
schelm, betrüger, suthaireachd, betrfigerei, und sutal,
sotal, stolz, anmafsung, sotlach, anmafsend, sotlaighe,
schlecht, nichtswerth; soithir, stolz (genau = pautira),
sotaire, geck, eitler mensch. Daher gewifs das firanzo-
sische sot, sottise. Im lithauischen ist die wrz. sut
lebendig geblieben, und reich an ableitungen, mit dem sinne
aber des wüthenden tollseins, wie wir manyu, fiavia aus
man, superbum esse hervorgehen sahen. Lith. susti (praes.
suntu) ist toll, rasend werden; davon sautimas, sutti-
mas, susta; sustummas, toUheit, toben, wuth, muth-
willen, pa-suttis, närrisch, albern, pa-suttelis, ein tol-
ler mensch u. s. w.
Mit 9uth identisch ist wohl kuth, kunth, segnem,
pigrum esse, woraus kuntha, kunthaka, narr, tölpel,
faullenzer, kunthita, dumm. Cf. pers. kund, kundah,
id. — Wie wir eben im lithauischen den begriff des tobens
aus der wrz. puth sich entwickln sa^en, so finden wir
wieder, gegenüber von kuth, das irische cutha, tollheit,
raserei, wuth, cuthach, toll, rasend; aber auch, der ur-
sprünglichen bedeutung näher, cuthail, blöde, schüchtern.
7) Der wrz, div giebt Wilson, unter vielen bedeu-
tungen, auch die von to be mad, to be wild or infla-
ted with pride, passion u.s,w., bei Westergaard aber
findet sich nur, in diesem sinne, ebrium esse, desiderare,
cupere. Diese verschiedenen begriffe entflieisen wohl aus
der allgemeinen bedeutung von gaudere, ludere, jocari, wel«
che der wrz. div zukommt. Das abgeleitete deva, das
zugleich den narr, den tölpel und das kind bezeichnet, hat
die alten krankheitBnamen bei den IndogernumeiL 329
mehr den sinn des einfUtigen spielens als des tobens. Da
der narr aber auch dev&nämpriya und haripriya
heilst, von den göttem oder von Hari = Wishnu, geliebt,
so könnte man in deva geradezu den sinn eines göttlicfaen,
heiligen wesens suchen. Aehnliche vorsteUungen finden
sich, wie bekannt, bei vielen Völkern. Wie dem auch sei,
das irisch-ersiche daoi, wilder, böser mensch, aber auch
etultus, infirmus, impotens, bietet das einzige, mir bekannte,
analogon zu deva, und stimmt gut zur Wilson'sohen be-
deutung von div.
8) Zur wrz. sthül (10) pinguescere^ crescere, gehört
sthüla, grofs, dick, plump, und dann dumm, tölpelhaft,
unwissend. — Man erkennt darin leicht das lat. stultus,
stolidus; ferner das nord. stoltr, ahd. stolz, superbus,
fastus; ags. stolt aber, und engl, st out, stark, fest, derb,
wie sthüla in der eigentlichen bedeutung. — Hierzu auch
das irische stuirt, trotz, stolz, böse laune, stuirteam-
huil, trotzig, stolz, mürrisch u. s. w. ; sturranta hingegen
ist wieder grofs, dick, derb, wie auch das lith. st 6 ras.
9) Eine im sanskrit ganz unfruchtbar gebliebene, und
noch unbelegte wurzel, ist sür, pur, im sinne von immo-
bilem esse vel reddere (Westerg), nach Wilson to be stu-
pid, dull. Im irischen aber finden wir als ableitungen sui-
righ, narr, sor, soradh, hemmung, zögerung, unschltts-
sigkeit, im ersischen auch als verbum s5r, cunctare, hae-
sitare. Das cymrische bietet uns daf&r regelrecht die form
hur in hurt, hurth, dumm, tölpelhaft, hurtan (hult,
hultan), tölpel, hurtiaw, betäuben, dumm machen u.s. w.
— Es ist hier zu bemerken, dafs die celtischen sprachen,
öfter als alle übrigen, uralte, im sanskrit selbst unge-
bräuchlich gewordene, einzeln stehende und deswegen noch
unbelegte wurzeln und Wörter bewahrt haben; worauf schon
Bopp (Celt. sp. 4) aufmerksam gemacht hat. Dieser um-
stand giebt ihnen eine besondere Wichtigkeit f&r die ver-
gleichende Sprachkunde.
aao Pictot
10) Ein vedischer BOfidrack f&r narr, thor, ist mttrm,
mit yeroeinung amüra, nach Böfatl. vu Roth, irrthaznlo«.
nach Rosen (R. V. LXXII. 2. s. 144) non perturbatus; &uch
apramüra (ib. 179. 2). Beide formen finden sich vereint
im S&m. V. (prap. 1. dap. 8,2. ed. Stevenson), mürair
amüra, unter thoren kein thor. — Das wort scheint von
wrz. mü ligare, abzustammen, wiemüka, mätu8 = miita,
ligatus. Für das übergehen der bedeutungen vergleiche
man goth. dumbs, mutos nnd ahd. tumb, hebes.
Zu diesem müra nun stelle ich fAwgog, thöricht, dumoi
fiOiQiaf fiwQOTfjgy dummheit u. s. w., mit bessenn recbte
wie es scheint als zu muhSra. Dazu lat mörus, mo-
rio, narr.
11) Das skr. bar bar a, barvara, varvara ist nicht
nur ein barbar, em niedriger mensch, sondern auch ein
narr, ein dummkopf. Dals das wort onomatopoisch ist und
eigentlich, wie mieccha, das verworrene reden ausdrückt,
ist von Lassen gezeigt worden (Ind. I. 855). Der sinn von
varvara als krausgelockt ist auch der des verworrenseins,
nämlich der haare. Für die deutung Lassens sprechen,
aufser dem homerischen ßaQßaQOfpwvog (II. U. 867)
noch viele analogien. Schon im sanskrit ist varvara auch
das getose und gerassei der waffen, und varvari die sum-
mende biene*). Im persischen ist barbar geschwätzig, när-
risch, zanksüchtig, barbar, dumpfer schall, gemurmel,
balbalah, kluckem des wassers. (Cf. arab. barbarat,
murmeln eines zornigen, balbalat, Verwirrung der spräche
wie zu Babel, bulbulä, lärm der kameele n. s. w.) Hier
auch ßoQßoQv^o), und lith. burbul6ti, burbeti,
burbti, kluckem, summen, plätschern u. s. w.
Im irischen finden sich alle bedeutungen wieder« Zum
skr. barvara, narr, tölpel, pers. barbar, närrisch, ge-
schwätzig, stimmt burr, burraidh, dummkopf; (burr
ftlr burb wie borr für borb) zu barbara, ßaQßaQog,
borbar, borb, borr, grausam, wild, barbarisch; zu den
*) V^ I. 881. V. 141 f. dieser Zeitschrift^ K.
die alten krankheitenamen bei den Indogeimanen. 331
Wörtern des verworrenen tönens, borbh&n, gemurmel,
borbhanaim, murmeln (of. skr. varvan4, blaue fliege),
bururus, klunkern des wassers, burral, gescfarei des
Schmerzes u. s. w.
12) B&laka ist im sanskrit zugleich narr und kind;
der ursprüngliche sinn ist zweifelhaft, vielleicht der des
Schreiens (man vergL s. 47 in diesem bände die auf eine
vnirzel bhal oder bal zurückgefthrten Wörter, besonders
russ. balii, possenreifser, balj, narrenspossen, bal&katj,
schwatzen u. s. w.). Das persische bul, narr, könnte so-
wohl hierher als zum arab. balah, albern, einfältig, unwis-
send (wrz. baliha, stultus fiiit) gehören, welches wunderlich,
obgleich wohl zuf&llig, mit b&laka sich begegnet. Mit
dem persischen bul vergleicht sich aber geradezu das iri-
sche buile, baoil, narrheit, bille, narr. Näher noch zu
bälaka, und was merkwürdig ist, in seiner doppelten be-
deutung, stehen ir. balach, narr, und balachan, knabe.
Auch das armor. beulk^, dumm, stimmt schön zum sanskrit.
13) Dunkler abkunft ist das skr. pi^una, narr, dumm,
verächtlich, grausam, denn die wrz. pi^, formare, decorare,
giebt keine erklärung. Im lithauischen aber finden wir eine
wrz. pik mit dem begriffe des schlechten, des schädlichen
und vielen ableitungen, so peikti, verachten, tadeln, pik-
tas, böse, schlecht, besonders aber paikas, dumm, und
paikuttis, dummer mensch, vom skr. pipuna nur durch
das Suffix unterschieden.
14) Mehrere skr. Wörter für narr und narriieit hat un-
ter allen europäischen sprachen, so viel ich weifs, das iri-
sche allein aufbewahrt. Da sie sonst zu wenigen bemer-
kungen anlafs geben, so stelle ich sie hier kurz zusammen.
Skr. locaka, narrheit, dummheit, vielleicht aus wrz.
loc, loqui als geschwätzigkeit — Ir. logaidhe, narr, ers.
loguid, lüigean, id. Dafs hier g für c steht, zeigen
ir. loiceamhlachd, narrheit, aberwitz, welches ein loi-
392 Pictei
ceamhuil, närrisch voraussetzt ss= ers. loiceil, loicea-
lacfa, delirans.
Skr. drapa, narr, donimkopf (auch schlämm, koth und
hiinmell) Wilson giebt keine ableitung; es scheint aber
zur wrz. drp, superbire, laetari, zu gehören, woraus darpa,
stolz, Übermath. — Ir« drabh, narr. — *Die bedeutung
koth, schlämm, die ich damit nicht zu yermitteln weilk
(etwa aus drp im sinne von vezare?) findet sich auch wie-
der im ir. druaip, unrath, hefen, drabhog, id.; drab,
makel, fleck, drabhas, koth, drabaire, schmatziger
mensch u. s. w., wo das p zu b, bh sich senkt, wie in
drubh*).
Skr.amasa, dummheit, krankheit; ama, betäabong,
schrecken, krankheit u. s. w.; aus wrz. am (caus. amay ati)
beschädigen, befallen; krank sein. Wir betrachten hier
diese wurzel, die weiterhin ausibhrlicher zur spräche kommt,
nur in ihrer anwendung auf den begriff des irreseins. —
Dazu pers. amäs, betäubt; und dann noch bestimmter ir.
amh, amhas, narr, blöder oder vnlder mensch, amha-
sach, närrisch, stumpfsinnig, amhas 6g, närrin.
Skr. pämara, narr, dummkopf; eigentlich aussätziger,
von päman, aussatz, kratze. — Es vei^leicht sich pers.
pämas, geisteskrank. — Im irischen scheint camar&u,
narr, tölpel, zu entsprechen, wenn hier das c fCbr ursprüng-
liches p steht, wie in cuig =s panca, corcuir spur-
pur u. 8. w.
Skr. ha, narr (orig.?). Ist lautlich ganz das irische
go mit demselben sinne.
15) Ich komme nun zu Wörtern , ßXr die das sanskrit
zwar keine unmittelbaren analoga bietet, die aber meist aus
sanskritwurzeln oder aus begrifflich verwandten formen sich
erklären lassen. Da finden wir zuerst einen mehreren eu-
ropäischen sprachen gemeinschaftlichen namen des narren
uud der tollheit; russ. durj, odurj, narrheit, durak''.
*) Ob das deutache tropf mit dripa zusammenhibigt?
die alten krankheitsnamen bei den Indogermanen. 333
narr; poln. duren, id., durny, närrisch, albern; lith. dür-
nas, toll, wahnsinnig, narr, durnyste, Wahnsinn, durnü
zole, tollkraut u. 8. w. Im irischen entspricht ddr, al-
bern, dumm, duire, dummheit, dur&in, hartnäckiger narr,
durunta, mürrisch, finster, starr u. s. w. Dazu stimmt
das deutsche thor, thorheit Auch das lat. durus im
sinne von albern, dumm, plump, gehört wohl hierher. Es
scheint damit der begriff des harten, starren, der auch im
irischen hervortritt, zu gründe zu liegen. Das lat. durus
hat man zum skr. dhfra (aus wrz. dhr) gestellt, dessen
bedeutungen fest, streng, eigensinnig, faul, träge, gut pas-
sen. Noch näher aber liegt die wrz. dhür, laedere, wor-
aus dhürta, schädlich, schelmisch, tückisch, und schurke,
Schalk u. s. w. Da die begriffe des harten, bösen, schäd-
lichen, und auch des schelms und des narren, oft in ein-
ander übergehen, so scheint hiergegen nichts einzuwenden.
16) Zu stnpidus, st iipeo u.s. w. stimmt altsl. tu p'',
hebes (Dobr. Inst. 93), russ. tupöi, aus tupiti, obtündere.
Es gehört somit nicht zur skr. wrz. stubh, stumbh, stu-
pere, stupefacere, noch zu tubh, ferire, sondern zu tup,
tump, id. mit vorgesetztem s wie öfters. Diese formen
können verwandt sein, aber man mufs sie dennoch sorgfal-
tig unterscheiden. Der wurzel stumbh entspricht ahd.
stumm, mhd. stumb, stump, mutus; der würz, tubh
aber nord. thumbi, thumbari, dummer, stumpfer mensch,
thumbaz, indignanter mutescere, sammt rvipog, Stupidi-
tät, stolz, einbildung u. s. w. Verschieden sind wiederum
goth. dumb und daubs, wovon weiterhin. Diese Wörter
sind vielfach vermengt worden.
17) Das lateinische fatuus, dumm, albern, und be-
geistert, weissagerisch, lehnt sich zunächst an den namen
einer art von kobolden, fatui, welche nach Plinius die
ftauenzynmer plagte (h. n. 27. 12). Fatua war auch eine
göttinn = Fauna, bona dea, und daraus ist ital. fata,
span. hada, franz. fade, f6e geworden. — Im altir. ent-
spricht baith, stultus (Zenfs. C. G. 37), später baoth,
334 Pictet
baodh, ers. auch bäth, hk. — Ich vergleiche damit das
sanskr. bhata (vielleicht auch bhatu?), kobold, aus wrz.
bhat, decipere, faUere. — Aehnlich klingt goth. bauths,
surdas, mutas, etultus, aber mit stammhaftem ü, mid es
ist merkwürdig, dals es Mriederum ganz mit dem skr« bhüta,
kobold, böser geist, b ha ata, dämonisch, geisterhaft, zu-
sammenstimmt. Dieser bhüta (eigentlich wesen über-
haupt) war besonders in krankheiten geschäftig, daher
bhüta vikri7ä,faUsucht, bhütakranti, bhütasanjära,
bhütäve^a, besessensein. Die nahe beziehung dieser be-
griffe zu allen arten der geistesstörungen liegt am tage.
Ob russ. bui, narr, buistvo, tollheit, hierher gehören,
lasse ich dahin gestellt. Man vergl. ferner Diefenbach
goth. wörterb. I. 279 > wo viele anklingende formen zu-
sammengestellt sind.
18) Einige mehr vereinzelte germanische ausdrücke
betrachte ich hier zusammen.
a) Im goth. ist dvals, thöricht, dvalitha, thorhdt .
ags. dwelan, decipere, dwolian, errare, dwala^ dwo
error, d61, fatuus, stolidus; nord. dul, stultitia, arroganti
dulinn, inscius, caecus; ahdtol, tulisc, stultus, tola-
heiti, stultitia u. s. w. Der ursprüngliche begriff scheint
der des irrens, des trugs zu sein, und es vergleicht sich
regelrecht die skr. wrz. dhvr, curvare und laedere, turbare
(cf. adhvara, opfer als das nicht zu störende. Böhtlingk
und Roth). Mit der goth. form kommt das ir. dualaim,
fiUten, flechten, dual, locke als gekrümmte, überein.
b) Zwischen goth. -dum bs mutus imd daubs, obstina-
tus, pertinax, vermuthet Diefenbach einen nahen Zusammen-
hang, und dies bestätigt sich durch die gleiche bedeutung
von afdumbnan und afdobnan, mutescere. Aus beiden
formen gehen Wörter hervor, die auf geisteszerrüttungen
sich beziehen; nord. danfr, stultus, deyfa, hebetudo,
dofna, torpere, ahd. tumb, stultus, mutus, surdus, und
taup, taub, id. töpön, töbön, insanire, topaheit,
topazunga^ deliramentum, ftiror u. s. w. Da auch im
die alten krankheitsnamen bei den Indogermanen. 335
a. mhd. eine form tap, dap, erscheint, piteppan, be-
teben, betäuben (Dief. g. wtb. II. 614), so werden wir
wohl zur skr. wrz. dambh, decipere, fallere, geftlhrt, wor-
aus dambha, stolz, einbildung, trug, heuchelei u. s.w.
Das d ist hier unverschoben wie in dauhtar, und das u
kann in der wurzel selbst mit a gewechselt haben, wie
stubh und stambh, skumbh und skabh u. s. w.
c) Das goth. vöds, demens, ags. wdd, id. wödnes^
dementia; nord. ödr, furens, aedra, fiiror; ahd. w6ti,
wuoti, amentia, saevitia, stellt Diefenbach, ich glaube mit
recht, zur skr. wrz. vädh, bädh, badh, perturbare, ur-
gere, vexare; im desider. bibatsate, irasci.
d) Im skr. ist n arm an, spiel, lustigkeit, spa&, humor,
aus n r ducere, also eigentlich ein treiben, ein fiähren. Sollte
nicht damit auf irgend eine weise das nord. narr i, ahd.
.larro, zusammenhängen? — Wenn dem so wäre, was frei-
lich zweifelhaft bleibt, da die mittelglieder fehlen, so be-
stätigte sich wirklich der spafs den menschen und den nar-
tw aus derselben wurzel abzuleiten, denn skr. nara, mann,
.«J führer, kommt von wrz. nr.
19) In den celtischen sprachen giebt es noch mehrere
worter, die hierher gehören und mehr oder minder aus dem
sanskrit sich erklären lassen. Hier nur davon eine ge-
drängte Übersicht.
Ir. maille, narr, dummkopf. Cf. mall, träge, lang-
sam, maille, trägheit. Dazu stimmt russ. mljetj, betäubt
werden; meleda, zögerung u.s. w., vielleicht auch armen,
moli, narr. Die gemeinsame wurzel scheint skr. mlai,
languescere, marcescere, zu sein, woraus mläna, matt,
schwach, hinfällig u. s. w.
Altir. dasacht, insania (Zeufs. 6. C. 771); dasach,
dasidh, wild, wüthend; ers. dais, dois, narr, dumm-
kopf, däsaidh, däsannach, wüthend, wild, däsachd,
tollheit. — Cf skr. wrz. das, destruere, perdere, wovon
dasyu, wilder mensch, feind, räuber, barbar. — Dazu scheint
sich auch ags. teis, morbus, afflictio, plage, zu stellen.
336 Pictei
Lr. ers. saobh, n&rrisch, toll, dumm, irrig, blind a.8.1
Baobhaim, bethören, irre machen, bezaubern. — Aliz
saib, falsus (Zeuls 37), soibud, falsatio (768). Cf. sb
savya, links, zuwider, entgegengesetzt, verkehrt; und In
saevus, saevis, wild, wüthend, grausam u. 8.^w. — (^
scaevus und OTcatd^ damit identisch sind, scheint mir noei
immer zweifelhaft.
Lr. ers. dream&n, tollheit, wuth, dreamhnach, toL
rasend, dreamhnaim, aufwallen, wüthen. — Cf. dreimii
eifern, sich anstrengen, klettern, klinunen. Ich vergleich
skr. dram, errare, currere, SgifÄca u. s. w.
In den verschiedenen sprachen des Stammes finden s
noch eine menge von ausdrücken für die geistesstorungeL
die sich theils aus jeder spräche leicht erklären und thei^
ungewisser abkunft sind. Wir lassen sie f&glich bei seiu
um nicht zu weitläuftig zu werden. Aus dem bereits zu-
sammengebrachten kann man schon ersehen, wie grofs ä/
anzahl der berührungen zwischen allen ästen des stamme
in dieser hinsieht sich erweist. 1
n. Hautkrankheiten.
Nach den geistesstörungen sind es die bautkrankhei-
ten, welche das reichste material zu vergleichungen bieten.
Daraus kann man auf das hohe alter der psora schlieiseo^
was den hahnemannianem gewils zur freude gereichen wird.
1) Die kratze heifst im sanskr. khasa (vielleicht tos
khash, laedere, occidere); daraus khaskhasa, der mobi),
als die kratze vernichtend. Khasä ist auch der nameder
mutter der kobolde, so dafs mit der krankheit sich woli
der begriff eines bösen wesens verband. — Der wrz. khash
oder khas entspricht im pers. khastan, verwunden, ste-
chen, k hast ah, verwundet, krank, au%eregt, khas, schäd-
lich, böse, davon auch khast, starkes jucken eines kran-
ken. Im armen, aber ist khos geradezu kratze. — Wei-
ter gegen westen finden wir das altsL kaza, in pro-kaza»
die alten krankbeitsnamen bei den Indogermanen. 337
aussatz, gleichsam grofse krfltze; russ. id. Das zeitwort
kaziti ist bei Miklos. rad. slav. nur evirare; im poln. ka-
zi<5 erweitert sich aber die bedeutung zu verderben, be-
flecken, verwesen u. s. w. — Lith. ist sz^szas, schorf,
grind, räude, sz^sznis, ein grindiger mensch, szÄszti,
grindig werden; femer kästi (kkssn), graben, scharren,
kassyti, krauen, kratzen, striegeln u. s. w. Noch weiter,
und im fernsten westen begegnen wir dem cymr. cos, cosi,
kratze, cosi, kratzen, coswr, kratzer u. s. w.*).
2) Im Atharvaveda ist eine hautkrankheit, wahrscheinlich
die kratze**), unter dem namen takman angerufen (Roth,
z. L. d. V. 37)- Ein heilkraut kushtha, costus specio-
8US, heifst auch takmanapana, den takman tödtend.
Die Wurzel ist tak, tank, miserum esse, woraus tanka,
furcht, und ä tanka, krankheit, schmerz, fieber. Verwandt
scheint wrz. tanc, contrahere, coarctare***). Zu takman
stimmt, dem sinne nach, das pers. täkhtah, hautausschlag,
takhtan, ausbrechen (von blättern, finden u. s. w.). Sonst
hat sich das wort nur im irischen erhalten, wo die kratze
tachas, tochas heifst; davon tachaisim, kratzen, und
tachasach, krätzig.
3) Ein andres wort für kratze ist skr. päman, und
da der Schwefel p am agh na, pämäri, krätzevertilger oder
feind, genannt wird, so mufs er frühe schon als mittel ge-
gen diese krankheit bekannt gewesen sein. Es gebort zur
wrz. pä, tueri, wohl vom bedecken der haut. Von päman
kommt pämara, pämana, krätziger, verächtlicher, dum-
mer mensch, womit ich schon das irische camarän ver-
glichen habe (v. I. 14). Sonst scheint sich der name nir-
gends erhalten zu haben.
*) Diese wunel des kratzen» findet sich aacb im tUrk. kazy nnd im
mongol. choso.
*♦) takman kann wobl an der genannten stelle kaum kratze sein, da
pftman (kratze) als brudersobn desselben in v. 12 genannt wird. K.
•••) Zu tafic oder tak stellt sich vielleicht taceo, goth. thahan mit
dem begriffe des sich verschliefsens und traurig seinsj taciturnns =
moestas.
V. 6. 22
338 Pictet
4) Vom pers. kharidan, jucken, kratzen, kommeo
kh&rish, kh&rkhar, kratze. — Damit stimmt wiedenm
das irische carra, carraidha, kratze, schorf, grind, car-
räch, krätzig, carraid, plage, ärgernifs u. s. w. Im Sans-
kritist khara, kharu, heifs, scharf, stechend, hart, grau-
sam, wohl verwandt mit wrz. khur, rädere, fodere, scb-
dere. Doch ist auch das hebr. cheres, kratze, sammt
arab. kharasha, harasha, scabit, scalpsit, zu berück-
sichtigen.
5) Verschieden von khartdan scheint pers. garl-
dan, kratzen, jucken, woraus gar, gari, a-gar, gark,
kratze. — Vergleicht man damit gari, zerbrechlich, ja^
rifs, spalt, jarad, verwundet, jalidan, nagen u. s. w., so
wird man wohl zur skr. wrz. jf, confici, interfici, debilitari.
caus. interficere, geführt, wovon j ar 4, hinfälligkeit, schwack-
heit, jarat, jarin, verfallen, krank, jarjara, verwundet
beschädigt, krank. Da nun jr ftir ursprüngliches gr st^b
(cf. die verwandten wrz. gur und jur, laedere, interficere),
so gehört sicherlich dazu gara, krankheit, gift als tod-
tendes (also nicht von gr, glutire, da gifl eben keio^
speise ist).
Die wrz. jf ist weit verbreitet; wir müssen uns aber
hier mit einigen andeutungen über die ableitungen, die sieb
auf krankheit beziehen, begnügen. So scheint mir diese
Wurzel im lat. ae-ger, ae-gri-tudo zu stecken (etwa
ava-jr; anders Pott etym. forsch. I. 279). Im gothischen
ist kara, mit gesetzlicher lautverschiebung, die nagende,
plagende sorge, ags. c&ru, ahd. chara, id.; nord. kör,
karar, krankenlager, Sterbebett. Aus lijBL gelti, schmer-
zen, stechen, stammen gela, gelimas, grimmen, schmerz,
und gela, die rühr. Im irischen aber ist galar, gal-
radh, krankheit überhaupt. Mit dieser letzten form scheint
das armor. gal, franz. gale, kratze, zusammenzuhängen;
wenigstens wüfste ich fttr das französische wort keine an-
dere abkunft anzugeben. Zum pers. gark, kratze, stimßii
noch das ir. gearg, schwäre, beule; aber gearb, kratze,
die alten krankheiisnamen bei den Indogennanen. 338
gearba, blatter (sammt gearbaim, verwunden, verletzen),
hat ganz ein semitisches aussehen, denn hebräisch heibt
die kratze g&r&b, arab. jarab, ausjariba, scabiosos
fuit*).
6) Das skr. dardru, dardrü, dardü, dadru, da-
drü bezeichnet generisch die flechten (herpes); daraus dar-
düna, dadruna, mit flechten behaftet, dardrüghna,
dardraghna, dadrughna, Cassia, als die flechten ver-
tilgend. Die vollständige form dardru ist eine redupli-
cation der wrz. dr, dirompere, dilacerare, vom au&pringen
und schründen der haut. (Cf. dardara, gespalten, voll
risse). Dieses wort ist gewifs uralt, nach seiner weiten
Verbreitung zu schliefsen.
Im persischen zuerst finden wir dir ad, ringflechte,
im zusammenhange mit dirid, dird, zerreüsen, dard,
dardi, schmerz, krankheit, dardman, krank u.s.w.
Zur form dadru stimmt das lith. dederwyne, -nas,
hautflechte, dederwynotas, mit flechten behaftet. Das
einfache deder hat sich erhalten in dederzele, deder-
szpule, ritterspom, wohl als mittel gegen die krankheit
Eben so genau, und mit regelmäTsiger lautverschie-
bung, entspricht ags. tetr, teter, engl, tetter, tetter-
worm, ringflechte (cf. nord. tetur, tötr, res lacera);
ahd. zittaroch, impetigo, Scabies, auch zitdruas, viel-
leicht wegen druas, drüse etwas entstellt; mhd. zitte-
rieh, zittermahl*).
Das irische deir erscheint ohne reduplication; es be-
zeichnet aber ein anderes hautübel, den rothlauf. Dage-
gen finden wir den alten namen der flechte wieder im cymr.
darwden, dyrwden, armor. darouöden, dervo^den.
*) Ich erwähne noch eines celtischen namens der kratze und des aus-
satzes, ir. clamh, cymr. clafar, clefri, armor. klafivonr, anssfttziger.
Dazu cjmr. clafu, krank sein, claf, clwyf, krankheit, clefjd, fieber;
armor. kiaftv, kl all, krank, kleftved, krankheit n. s. w. — Za diesen for-
men stimmt die skr. wrz. kl am, defatigari, langaescere, woraus klama, kla-
matha, klamitira, kl&nti, mattigkeit, erschopfung u. s.w.
**) Auch nhd. noch zeter, die flechte. K.
22»
340 Pietet
Das frz. dartre ist mit dardru fast identisch. Man
leitet es gewöhnlich von Sagt 6g, geschunden^ ab, doch giebt
es meines wissens im griechischen keinen namen der flechte
von 8iQ<a. Das wort scheint auch den andern neulateini-
schen sprachen fremd, und so könnte es wohl von einer
altceltischen form stammen.
7) Im altslawischen heüsen die flechten lishai, russ.
id., poIn.liszai. Miklositch vergleicht A£/;|ff7V, möglich
mit recht; noch näher aber steht skr. rshya, eine art von
aussatz. Da es von rsh, ire, se movere (bei Böhtl. und
Eoth, bestimmter fliefsen, gleiten) abstammt, so kann es
ebensowohl die flechten bezeichnet haben,^von der flielsen-
den, kriechenden, leckenden ausbreitung. Daher auch der
name f^gnt^g^ und im skr. visarpa, rothlauf.
Die andern namen des aussatzes, deren ich im sans-
krit ungefähr zwanzig finde, weichen sonst alle von den
europäischen ab. Sogar von den neun persischen, die ich
kenne, stimmt kein einziger mit Sicherheit dazu, und das
armenische koti, aussätziger, kotuthiun, aussatz, begeg-
net allein dem gleichbedeutenden skr. kötha. So scheint
wohl diese fürchterliche krankheit den alten Ariern fremd
gewesen zu sein. Die einzige analogie zwischen osten und
Westen ist das pers. lürt, aussatz, und das armor. lor,
aussätziger, lornez, aussatz; sie erweist sich aber als
trüglich, denn lor ist zusammengezogen aus lovr = ir.
lobhar, luibhre, aus lepra. Das persische lüri hin-
gegen steht fbr lüshi, wie lüsh, aussätziger, bezeugt.
8) Der rothlauf, ignis sacer, heilst nord. äma, ags.
öma, Oman (homa bei Boxhom ist wohl falsche Schreib-
art). — Es vergleichen sich zunächst nord. ama, molesto,
ango, aml, amr, labor, ami, molestia; ags. ema, fraus,
om, rubigo (als leiden des eisens?); ahd. amar, mise-
ria u. s. w.
Diese formen f&hren uns zur skr. wrz. am (caus. äma-
yati) aegrotum esse, auch activ. laedere. Davon viele
die alten krankheitonamen bei den Indogermanen. 34|
ableitiiDgeD , wie ama, äma, &may.a, amata, amasa,
amtva u. 8. w. krankheit, leiden, tod, schrecken u. s« w. —
Im persischen stimmt dazu am ah, ämü, schwäre, beule,
vielleicht auch &mär, &marah, Wassersucht (wenn nicht
aus ä-mr?). — Ama als krankheit konnte in amu-letum
stecken, wenn es soviel als tod des unheils bedeutet,
wie das skr. rogaha, rogäntaka, heilmittel. Zum ve»
dischen ama, schrecken, betäubung, amavant, schreck-
lich, stimmen ir. omhan, furcht, omhnach, fürchterlich,
cymr. ofn, armor. aoun, aon, furcht u. s, w. « — Daneben
in weiterem sinne ir. amh, amm, böse, schädlich, amhail,
amuil, schaden, amhailt, tod, amhnns, Zerstörung,
amaran, unglück, elend; cymr. afar, schmerz, betrübnüs,
Sehnsucht u.s. w.
Aus dem begriffe des schädlichen entsteht der des un-
reif- und sauerseins, im skr. &ma, roh, unreif, amla, sauer.
Es ist ganz das griech. w/iiog^ ir. amh, roh, sauer, bitter,
cymr. of, roh. Zu amla lat amarus; vielleicht auch,
mit Verhärtung von m zu b, lith. eble, lab zum gerinnen
der milch.
Da im sanskrit amisha, ämisha, wollust, genuis,
begierde ausdrückt (auch fleisch als sitz der begierden),
also gleichsam ein geistiges kranksein, so wäre man leicht
versucht auch das lat amo, amor u. s. w. in diesen kreis
herein zu ziehen. Die liebe wird ja oft genug als krank-
heit vorgestellt; und ich gestehe, dalB die vergleichung mit
skr. kam (amor fbr camor) mir immer nicht recht ein-
leuchten will.
9) Der skr. name der blättern ist vasanta (auch rühr,
durchlauf) aus wrz. vas (väsayati) interficere (c£ vash,
TÜsh, üsh, id.), woher auch vasna, tod. — Diesem
vasna entspricht trefflich der form nach das ir. faisne,
xnasem, fasneog, blatter, finne u. s. w. Die wurzel aber
ist auch erhalten in fesaim, tödten, fasuighim, vertil-
gen, femer in basaim, tödten, b&s, tod (cf. sanskr. wrz.
bash = vash). — Zu vasna, eher als zu visha, möchte
342 Pictet
ich das lat. yenennm ftr vesnenam stellen; doch kann
visha, sammt seiner wrz. vish^ disjungere, mit vash ver-
wandt sein.
Die wrz. vas erscheint wieder im ags. wesan, mace-
rare, weosnian, wisnian, arescere (cf. lith. wysti, id.ahd.
wesandn, marcescere, flaccescere, nhd. verwesen; nord.
vaesa, inqnietare, vesna, depravari, vesla, miseria;
daraus wieder als hautübel vos, Scabies, postola, vosugr,
scabiosns. — Dazu wahrscheinlich auch russ. vosh', pob.
wesz, die schädliche, plagende laus.
Zu der form üsh, welche auch aegrotare, tnrbare be-
deutet, scheint das ir. eis, wild, toU, oiseach, tolles
weib, ers. öisealachd, tollheit, zu gehören.
10) Eine andere benennung der blättern ist im skr.
masftri, masftrikä, von masura, masüra, linse (Cicer
lens), womit die blatter verglichen wird. Eine davon verschie-
dene hautkrankheit, die aber nicht näher bezeichnet wird,
heifst gleicher weise m&sha, welches wort auchbohne be-
deutet (Phaseolus radiatus). Hier bietet sich nun eine über-
raschende ähnlichkeit mit dem ahd. meisa, nhd. masern,
engl, measles, auch ahd. misalsuht, lepra. Damit ver-
gleicht sich zunächst ahd. masar, maser, tuber ligni; nord.
mösr, ahom (cymr. masarn, id.), dessen holz besonders
maserig ist*). Es fragt sich nun, ob alle diese Wörter
mit den obigen sanskritischen zusammenhängen, so dais die
holzmaser auch ihren namen von der linsen- oder bohnen-
ähnlichen gestalt erhalten hätte. Mittelglieder fehlen leider
um diese frage au&uhellen. Im persischen allein stimmt
mäsah, mäsh, mushü, als hülsenfrucht, erbse, abernl'^ht
als krankheit Vielleicht findet sich noch irgendwo eine
bestätignng.
Der ursprüngliche sinn der sanskritwörter ist nicht recht
klar. Mäsha, bohne, könnte zu mash, ferire, gehören
(cf. mush, mus, ändere, frangere), vom aufbrechen, oder
*) Graff. voc. meisa vergleicht nord. masa ragari! aber BiÖm hat
nugari, mas, nugae, ineptiae, was ganz verschieden ist.
die alten krankheitsnameii bei den Indogeimanen. 343
stampfen der hülsenfrüchte; und masora za einer form
mas derselben wurzel.
11) Mehrere hautkrankheiten werden sonst noch nach
verschiedenen hülsenfrüchten und kömem benannt*). So
heifsen im sanskrit die blättern auch gnlt, eigentlich püIe,
kügelchen, und vielleicht erbse, wie golaka, pers. gulük
gnlül. — Der lith. name der masem jedrös, gedaros,
stimmt zum altsl. jadro, kern, poln. i^dra, böhm. g&dro
u. s. w. — Von der hirse, mUium, erhalten wie bekannt meh-
rere feine hautausschlSge ihre benennung. Daraus scheinen
sich mehrmals dunkle Wörter zu erklären, welche in einer
Sprache die krankheit und in einer andern die firucht bezeich-
nen. So pers. pös, ptst, kurd. pis, aussatz, armen, bisag,
blättern, womit sich skr. pepi (splitpease Ws.), lat. pisum
a. s. w. vergleichen. — Das pers. ctcak, blättern, hängt
wohl mit cacak, fleck, mal, zusammen, aber auch mit
sisak, siskak, hülsenjGrucht. In den slawischen sprachen
entspricht der name der linse, russ. cecevitsa, soce-
vitsa, poln. soczewica, illyr. socivitsa, böhm. soco-
wice und öocka. Das illyr. scesce, blättern, fbhrt uns
aber zum pers. cicak zurück. Man vergleiche dazu das
lat. cicer und das skr. ^äka, legumen. — Merkwürdig
treffen auch mss. 6spa, poln. ospa, illyr. ospize, blät-
tern, mit dem armen, osbn, linse, welches ich sonst nir<-
gends wiederfinde, zusammen.
Anzufahren ist noch die analogie von ir. ers. neasg,
blaUer^ beule, geschwür, mit dem pers. nazag, nazg,
kurd. nisk, linse. Das irische wort kann jedoch von nea-
saim, verwunden, stammen; und der zu&ll mag hier, wie
öfters, sein spiel treiben.
12) Hier noch nachträglich einige vergleichungen der
namen von einzelnen hautübeln^ die sich in den vorigen
nummem nicht unterbringen liefsen.
*) Allgemeiner aberglaube ist, dafs wer in den zwölften hUlsenfrUcbte
ifst, davon schwilren bekommt. K.
944 P><^^
Im Sanskrit ist piplu, fleck, muttermal (v. Nalos. 17« 5.
ed. Bopp). Bei Wilson wird es abgeleitet von api-plush?
urere, wohl ohne grund. Es scheint eine reduplizirte, un-
regelm&isige form von wrz. pul, magnom fieri, eigentlich
sich mehren, zu sein (cf. pr, implere und puru, multus).
Piplu, etwa fllr pipulu, pupulu, mag allgemeia ver-
schiedene arten von ausschlagen, blättern, sprossen, fiiesel
u. s. w. bezeichnet haben, als viel und schnell sich vermeh-
rende. Dazu stelle ich nun das lat. papula, poln. p^pel,
p^pel, bläschen, russ. pupyr', id. knospe; lith. pupüle,
pupele, pumpurras, knospe u. s. w. Das ags. pinpel,
engl pimple, hat das skr. piplu unversohoben erhalten.
Im cyrnrischen findet man nochpwmpl, beule und armer,
porbolen, pustola.
Das skr. vati, pustula (vid. Wilson zu raktavati)
aus wrz. vat, circumdare, dividere? (cf, vata, kugel, vati^
Bchaflaus) ist ganz das lith. wötis, schwäre, blutgeschwQr,
wotelis, blatter, wototas, wotingas, mit geschwüren
behaftet.
Ein anderes wort varati, pustula (Wilson zu rak-
tavara^i) erscheint wieder im russ. vered', poln* wrzod,
Ulcus; und im irischen frith, fleshworm, frithir, ge-
schwürig u. s. w.
Im Sanskrit bezeichnet alasa, geschwüre, schrunden
zwischen den fufszehen; aläsa eine geschwulst auf der
zunge. Dazu stimmt trefflich ir. ailse, krebs, krebsar%es
geschwür. — Eine andere bedeutung von alasa, alasa,
älasya ist stumpf, träge, matt^ und es ist merkwürdig,
dafs dieser zweite sinn sich ebenfalls im ir. aillse, zoge-
rung, nachlässigkeit, aillseach, nachlässig, vriiederfindet.
m. Fieber.
Wie es der fall ist bei krankheiten, die sich durch
stark hervortretende erscheinungen unterscheid^ sind die
benennungen des fiebers mehr auseinander gegangen als
diejenigen der hautübel. Es entlehnt meistens seine namen
aus einheimischen Wörtern des brennens und der hitze. So
die alten krankheitsnamen bei den Indogennanen. 345
skr. täpaka, pers. t&b, täw, von tap, urere, calefacere;
pers. garmish (armen, j er m) fieber und hitze (cf. sanskr.
gharma); gc. nvgsrog, Tivge^ig; goth. hei to, b rinn o,
ags. bryne-adi und swoladh (von swelan, urere);
lith. karsztis, fieber und hitze (karztas, heifs), und
sziltine, fieber aus sziltu, warm sein; russ. ognitsa,
illyr. oghniz vom altsl. ogn', feuer = skr. agni u. s. w.
Selten wird es von der kälte benannt, wie im nord. kalda,
köldu-syki, fieber, und von kälte und hitze zugleich in
kalda-heit, kalda-hitzug, hei&es fieber, öfters von
zittern und schaudern; so griech. azv^, (pQixt}, eigentlich
horror, tremor, ßgvx^Tog^ vom klappern und knirschen
der Zähne; ags. hridh-adl von hridhian, womit sich ir.
crith, oymr. cryd, fieber, von critaim, cry du, zittern,
vergleichen; russ. trjasavitsa, illyr. tresaviza, von
trjastj, schütteln, zittern (cf. skr. tras, id.). — Armor.
tersian, cynur. teirthion, fieber, klingen blos an, da sie
wohl von tertiana entlehnt sind.
Mehr als andere krankheiten wird das fieber als ein
persönliches wesen betrachtet, was wohl von seinen geheim*
nifsvollen, auffallenden erscheinungen herrührt. Im sanskrit
findet man tripäd, der dreü&fsige, und tri^iras, der
dreiköpfige, als namen des fieberkobolds, von der dreitägi-
gen Wiederkehr oder von den drei Wandlungen des anfalls,
firost, hitze, Schweifs. Im Yishnupurana (Wilson 594) kämpft
Krishna mit dem mächtigen Tri ^i ras, einer emanation
von Qiva; er vertreibt das ungeheuer, indem er in sich
selbst ein anderes fieber erzeugt, also ganz homöopathisch.
Bei den Griechen war ijTtiokoe, rjniaXogf fieber, aber
7)niciXi]g, TinioXfig, fjniaXTfjg, alp, incubus, aufsprin-
ger, wie ahd. rito, ags. rida, der reitende alp (Grimm.
D. M. 637). — Poln. ist licho, das böse, zugleich epilep-
tisches fieber und eine art gespenster; russ. heifst das fie-
ber lichomanka, lichorädka, etwa anziehung oder
freude des licho? Das lith. drügis, fieber, fieberfrost*)
*) Drügis bedeutet auch Schmetterling, wie im griech. finioloq zu-
gleich Schmetterling und fieber.
346 Pietet
erinnert an die vedische druh, weiblicher dämon (cf. Kuhn
in dies, zeitschr. I. 197), und an die drukhs, b5se gei-
ster der zendbücher. Kuhn vergleicht auch nord. draugr,
gespenst, und man kann das ir. droch, zwerg, und böse,
dazu stellen. Auch im cymrischen erscheint drwg, in
den bardischen triaden, als eine personification des bösen*).
Aufser den schon angegebenen hat das sanskrit noch
mehrere benennungen des fiebers, ätanka, auch krankheit
überhaupt (cf. armen, thank, rühr, und takman. IL 3),
mahägada, grofses übel, trtayaka, caturyaka, drei-,
viertägiges fieber, vätika, eigentlich wii^dig; visürita,
das sehr schädliche, von sür, laedere, occidere, hatäujas,
die kraft vernichtend u. s. w. Der einzige name aber der
mit europäischen übereinstimmt ist jvara, sanjvara,
jftrti, jürni, aus wrz. jvar, aegrotare, wohl verwandt
mit jval, ardere. Im persischen entspricht jawäz, mit z
für r wie öfters, jawzidan, krank, niedergeschlagen sein;
im russ. gorjacka, poln. gprasza, fieber, von gorjeti,
brennen = skr. jvar, jval; im cymr. gwrach, fieber (cf.
gwres, gwraid, hitze, gwrdd, brennend, gwraich,
funke u. s. w.). Im irischen ist gurt (^=^ skr. j Clrti) schmerz
und hitze, und gorn (= skr. jürni) die kraft und Wir-
kung des giftes.
Der zend. name des fiebere ist ya^ka, welches Roth
(Comm. z. Nir. 78) zur skr. wrz. yas stellt, mit der bedeu-
tung von sieden, sprudeln, sonst adniti, ä-yas, afiftigi, tor-
queri, ayäsa, mühsal, quäl, yasatva, tod u. s. w. Cf.
pers. y&s, furcht, schrecken. Für die bedeutung, die Roth
angiebt, spricht das ahd. jesan, jeran, gähren. — Mit
dem zend ya^ka aber vergleicht sich geradezu altsLjaza,
morbus, russ. jazja, id. jazva, pest, wunde, wozu sich
ir. easadh, krankheit, aise, eis, ess, tod, noch stellen
mögen.
Das lat. febris ist in mehrere sprachen eingedrun-
gen, ags. fefor, ahd. fiebar, poln. febra, ir. fiabhras
*) Cf. Le mystöre des bardes de Pile de Bretagne, in der bibl. univers.
de Genöve 1868. Novemb. p. 21.
die alten kzankheitsnameii bei den Jndogermanen. 847
u. s. w. Es scheint mir eigentlich feuer zn bedeuten, me
das skr. babhru, auch braun, lohfarbig, wohl von wrz.
bhf, assare, firigere, fervere? (sie Westerg.). In febris
hat die aspirata mit der media ihren platz vertauscht, wie
in fiber = skr. babhru, ratze, ichneumon. Noch näher
zu babhru steht februus, reinigend (wiepävaka, feuer
aus pü, reinigen); davon februa, die jährlichen reini-
gungsfeste im monate februarius, undfebrulis, febru-
tis als beiname der Juno. Ueber babhru als koboldund
beiname des Budra und seiner söhne, siehe das citat von
Aufrecht in dies, zeitschr. 17.251, und Kuhn I. 200.
IV. Husten.
Hier stehen die meisten glieder des Sprachstammes in
schönstem zusammenhange, ein beweis dals man sich von
jeher erkältet und viel gehustet hat. Ich stelle die formen
hier einfach zu einander, da sie sonst zu wenig bemerkun-
gen anlafs geben.
Skr. käs, tnssire, ingratum sonum edere, käsü, ver-
worrenes reden, käsa, käpa, husten. Namen verschie-
dener pflanzen als heilmittel, käsaghna^ käsamar-
dana u. s. w.
Pers. kok, kurd. qokia, husten = skr. kä^a. — Ar-
men, haz, altsl. kasheT, russ. id. poln. kaszel, illyr.
kasciagl, lith. kösti, husten, kosylys, der husten
u. s. w.
Ags. hwösta, nord. hösti, ahd. huosto u. s. w. (hw
= k wie im pronom. stamm hva = ka). — Doch könnte
es auch zur skr. wrz. 9vas, stridere, gehören. Zu käs
aber gewifs ags.has, raucus, hasnys, raucedo; nord. häs;
ahd. heis, heisi.
Ir. casachdach, ers. casad, casadaich, der hu-
sten. — CTmr. pasu, v. pe8wch(s). Armor. pas, paz;
com. päz.
Das lat. tussis hat man auch verglichen. Da aber
der Qbergang von k zu t zu den sehr seltenen gehört, so
346 Pictoi
möchte ich es eher zur sanskr. wrz. tus (t6sati) sonare,
stellen. Belegt ist sie zwar nicht, doch gesichert durch
das nord. thys, thausn, strepitus, tumultus, ags. thys,
procella, ahd, dösön, tosen, wofür Grimm III. 50 ein goth.
thiusan, thaus, thusun, sonare, vermuthet«
V. Erbrechen.
Dies ist mehr ein Symptom als eine eigentliche krank-
heit, auffallend ist aber das begegnen der hauptglieder des
Stammes in dessen benennungen.
Aus skr. yam, vomere, bilden sich vama, vami,
vamathu, yomitus, vami, vamana, allgemein morbus,
dolor, vamin, vamita, aeger. Es stimmen dazu, wie
bekannt, griech. kfiito^ lat. vomo, lith. w^mti, nord.
vaema, nauseare, voma, nausea, aegritudo quaevis, ags.
woma id. u. s.w.
Interessanter aber als diese allgemeinen analogien sind
die nebenbedeutungen, die sich aus wrz. vam entwickeln.
Formen und begriffe spielen hier öfters so seltsam durch-
einander, dafs man sich schwerlich überall zu recht findet
Hier nur einige andeutungen, um nicht zu sehr abzuschwei-
fen. Aus dem begriffe des ekels bilden sich skr. väma,
schlecht, verächtlich, niedrig; widrig, zuwider, entgegenge-
setzt, krumm, links u. s. w., vamat^, Verkehrtheit, Ver-
schlagenheit, muthwille, bosheit; v&mana, niedertrachtig,
niedrig, zwerghaft u. s. w. Ebenso im lat. vomicus,h&Is-
lich, schädlich aus vomo. — Im germanischen hängen wie-
derum goth. vamm, flecken, gavamms, unrein, ags.
wamm, waem, wom, flecken; wöm, übel, Sünde; nord.
vamm, vömm^ dedecus, vomr, nequam, ahd. wamm,
damna, wemmian, polluere u. s. w., mit obigem nord. ags.
voma, nausea; vaema, nauseare u. s.w. zusammen. Im
irischen stimmen dazu feamach, unrein, fuaim, flecken,
besudelung. So weit ist noch alles klar.
Woher kömmt aber zu skr. väma der entgegengesetzte
sinn von schön, lieblich, v am ata, liebenswürdigkeit; vä-
die alten kiankheitsiiainen bei den Indogennanen. 349
mila, hübech, schön, stolz etc. Warum ist v&ma, der lie-
besgott, und vämä, dasweib?*) Vergleicht man das ags.
weman, seducere, wemere, meretrix (ob auch wiman,
wuman, wemman, weib?), so scheint der begriff des
verRlhrens die bedeutungen zu vermitteln. Gehört nun das
irische fem, femen, weih zu yäm4, wiman, oder zum
ganz verschiedenen femina? Die entscheidung ist schwer,
da das armorikanische gwamm gewils nicht aus dem la-
teinischen entlehnt ist, und merkwürdigerweise einen ver-
ächtlichen sinn hat, wie das ags. wemere^).
Im sanskrit bezeichnet vämt weibliche thiere ver>
schiedener art, stute, eselin, schakalin, elephantin; dapafst
der begriff des verfuhrens wieder schlecht, und das wort
stellt sich eher zu väma, brüst, zitze, dieses aber zur wrz.
vam, die brüst als milchspeiende. Damit stimmt russ.
vymja, poln, wymi§, zitze.
Aus vam kommt ferner vamrä, vamri, kleine ameise,
ohne zweifei vom speien des scharfen saftes (cf. Kuhn in
der Zeitschrift III. 66). Durch valmika für vamrlka,
eigentlich ameisenhaufen, vermittelt Kuhn damit sowohl
formica, als fivQfiog^ fiVQfif]i^ ßvQjLia^,jeden{aliQ sehr
abweichende formen. Man hat dazu auch nord. maur,
schwed. myra, dän, myre u. s. w. gestellt (Forst, ib. 50),
eine weit verbreitete form, pers, mür, mör, mtrük, kurd.
meru, armen, mrjiun; altsl. mravli, russ. muravei^
poln. mröwka, illyr. mrav u. s. w.; ir. moirb, cymr. myr,
morion (pL agg.) myrionen, com. murrian, armor.
merionen (cf. finn. myyriäinen, kleine rothe ameise,
mid alban. mar&Ig). — AUen diesen formen zum gründe
liegt als die älteste das zend maoiri, welches bei Brock-
haus noch fehlt, aber mir vor einigen jähren von Burnouf
mitgetheilt wurde. Dieses maoiri nun müiste fbr mavri
und vamri stehen, wenn es sich mit dem sanskrit vermit-
teln soll; es könnte aber auch ganz verschieden davon sein.
*) Sie gehen alle auf die von mir II, 461 besprochene wnizel van,
lieben (Venus u. s. w.) zurück. K.
**) Gwamm, femme marine; Ü ne se dit quo par m^pris ou raillerie.
(Dict. de la VillemarquQ.
350 Pictet
um nach dieser absohweifiing zu unsenn gegenstände
zurückzukehren, so bietet uns das griech. k^vyio^ igevya),
vomere, eructare, eine zweite weit verbreitete wurzel des-
selben Sinnes wie vam. Im sanskrit ist ruj aber allge-
mein aegrotum esse, anch frangere, vezare; davon ruj,
rujä, roga, rugnati, krankheit, verderben. Man ver-
gleiche skr. vama und chardi, krankheit ans vam, chard,
vomere, und was die zweite bedeutung betrifft, das deut-
sche brechen, erbrechen. Zum sinne von kQvyia stim-
men die meisten europäischen sprachen; lat. rugo, ructo,
altsl. r'*gnuti, russ. rygat', poln. rzygad; lith. rügti;
ags. roccetan, ahd. ruchjan (ruminare); ir. rucht, ers.
raoichd, ructus u. s. w.
VI. Pest, seuche.
Hier haben wieder die sprachen meist eigene benen-
nungen, die vielfach aus den abergläubischen begriffen flie-
fsen, die man überall mit dem räthselhaften auftreten und
der Verbreitung der seuchen verband, üeber diese mytho-
logie der pest sehe man Grimm's d. mythol. nach. Im
sanskrit heifst sie krtyä, und dies auch Zauberei, und
name einer bösen weiblichen gottheit, welcher man zauber-
opfer brachte. Ein anderer name ist tikshna, eigentlich
schärfe, hitze, und dann gift, tod u. s. w. Als tödtende
wird die pest femer maraka, märt, aus wrz. mr ge-
nannt, und märt ist wiederum auch ein name der bösen
göttin Durga.
Aus derselben, &st allen indoeuropäischen sprachen
gemeinschaftlichen wurzel mr, stammen das pers. margä-
ii^^^^S) P®^9 ^^'^^^^ mor'\ pob. mör, böhm. mor, lith.
märas, martwe und das armor. mernent*). Andere
krankheitsnamen gleicher abstammung sind Utk nu-mir-
rulys, epilepsie (nu-mirti, sterben), griech. /lalgay fie-
ber, ir. muir, muireadh, aussatz u. s. w.
*) In Bostrenen's wörterb.; es fehlt bei la VUlemarqa^.
die alten krankheitsnamen bei den lodogernumen. 351
Das ahd.paIo, pestis, labes, ist ags. balew, balo,
exitium, malum, nord. böl, calamitas, bölv, dirae, goth.
balveins, cruciatus, balvjan, cruciare. Damit verwandt
scheint pers. bal&, unglück, Unheil. Noch näher steht
cymr. bala, pest, seache (cf. belu, verheeren, zerstören,
beli, Verheerung, bela, wolf u^s. w.). Im irischen ent-
spricht bealaim, sterben, builidh, a-bail, tod (cf. altir.
e-pil aus at-bil, mors e-peitu, interitus, at-bela, in-
terit. Zeufs. G. C. 266. 840). — Hier noch altsl. boljeti,
doloribus cmciari, boljezn', morbus, ill. bol id., poln. böl,
schmerz u. s. w. — Die skr. wurzel ist bhal, bhall, oc-
cidere, laedere, woraus bhalla, der bär, der also mit dem
cymr. bela, wolf, zusammentrijflä.
Mit dem ags. wöl, pestis, wael, strages, ahd. wuol,
wäl, id. nord. valr, strages hominum, vergleicht sich viel-
leicht cymr. gweli, wunde, ir. fuil, wunde, schwäre, und
fal, f ala, bosheit, feal, böse u. s. w. — Im sanskrit müTste
man eine wrz. val erwarten, fdr welche man nur bal, oc-
cidere, ferire, findet, jedoch ohne ableitungen und bis jetzt
unbelegt*).
Für das lat pestis haben wir schon drei verschie-
dene erklärungen, von Benary (Rom. lautl. I. 239) und Pott
(etym. forsch. I. 137) aus Ttig&cjj von Benfey (gr. wurzel-
lex. L 584) aus nd&(Oy patior, und neuerdings vonEbel
(in d/zeitschr. IV. 446) aus pedo (die stinkende). — Ben-
fey glaubt mit recht, dais pestis flQr pettis steht, und
dazu stimmt ganz trefflich das skr. patti, in ä-patti,
elend, Unglück, vi-patti, krankheit, tod. In patti, von
wrz. päd, ire, liegt eigentlich nur der begriff' des gehens,
wandems, und äpatti, äpad, äpada, calamitas ist so
viel als eventus (cf. irisch apadh, tod). So könnte pe-
stis geradezu die wandernde krankheit bezeichnet haben.
Im irischen ist t&mh, tom, taom, pest, tod, Ohn-
macht, anfall. temhe, tod, schwäche, krankheit. tamhan,
*) Das ags. codha, pest, krankheit (cf. nord. kodna, qvodna, mar-
cescere, ahd. quedilla, pnstnla, vaiix, iat yielleicht ss skr. gada, kraak-
heit, obgleich die dentalstnft nicht paAt
35) Pictet
dummkopf, tamhanta, dumm, tri^, tram*ig, t&mailt,
mattigkeit, schäm u. s. w., aas dem zeitworte t&maim,
dumpf sein, still sein, ruhen. Darin erkennt man leicht das
skr. tarn, confici moerore, languescere (caus. tamayati,
vexare, terrere); davon tamas, täma, schmerz, trauer,
angst, schrecken, übel u. s. w. — Cymr. entspricht twym,
hitze, twymyn, fieber, als schwächendes, ermattendes. —
Altsl. ist tomiti, vexare, circumagere, rufs. tomit\ quä-
len, ermüden, tomnyi, schwach, matt, tomnost\ mattig-
keit u. s. w. — Mit tam verwandt ist skr. tim, ttm, im-
mobilem esse (stupere) (cf. timira, dunkelheit aus tam).
Dazu pers. tim, tim ar, krankheit, trauer, ttmaw, dumm-
heit, timük, dumpf, traurig; und femer lat. timeo, ti-
mor (cf. tamayati, terrere), womit wieder ir. timim,
ftirchten, time^ furcht, timeach, fiirchtsam, überein-
kommen.
Das cymr. ch waren, pest, seuche, erinnert an russ.
chvorat^ krank sein, chworyi, poln. chory, krank
u. s. w. Das zusammentreffen ist aber nur scheinbar, da
cymr. chw für skr. sv steht, welches im slawischen sv
bleibt. Ich stelle deswegen ch waren zur wrz. svr, do-
lore vexari, und vergleiche ahd. sueran, dolore, suero,
suerado, ulcus, sanies, schwäre u. s. w. — Das russ.
chvorit' hingegen kann zur wrz. hvr, curvum esse, laedi,
afiSigi, gehören.
Der armorische name der pest bos, bösen ist wohl
das skr. vasna, tod; ir. b&s, id.; aus der schon firüher
bei den hautkrankheiten 9) abgehandelten wrz. vas, inter-
ficere.
Vn. Fallsucht und schlagflufs.
Die sprachen bieten uns hier nur seltne namensähnlich-
keiten, aber einige verwandte begriffe über das wesen die-
ser krankheiten, die von altersher der Wirkung böser geister
zugeschrieben werden.
Für faUsucht finden wir im sanskrit grahämaya,
das übel des Graha, eines bösen kobolds, welcher den kin-
die alten kiankheitBoamen bei den Indogennanen. $5^
dern besonders epfleptisdie krftmpfe gab. Bei den heid-
nischen europäischen Völkern waren ähnliche yorstellungen
im gai^e und einiges dayon ist noch übrig geblieben, wie
das norwegische dvergslagr jBQr lähmung, und das böse
wesen Ar fallsucht (Grimm. D. M. 1110). Mit dem chri*
stenthume sind aber meistens göttliche gewalten an die
stelle der dämonischen getreten. So im böhm. boij moc,
kraft Gottes, mhd. gotes slac, später gottes gwalt f&r
schlagflufs. Den Cymren ist die fallsucht gwialen Grist,
Christus ruthe, oderclefyd bendigaid, gesegnete krank-
heit; den Armoricanem drouk sant, heiliges übel, drouk
sant Jann, frz. mal de St. Jean. Ueberhaupt stellen
die Armoricaner fast alle krankheiten unter den schütz
der heiligen.
Im Sanskrit ist femer yätagrasta, fallsüchtig, eigent-
lich vom winde gefaist; und yäta, yfttaroga, wind, wind-
krankheit, vatarakta, windblut, yätapitta, windgalle,
sind namen der gicht und des flusses. Diese beziehung
des windes auf krankheiten findet sich auch im russ. po-
vjetrle, lith. pa-wetra, pest, im ags. lyft-adl, schlag-
flufs u. 8. w.*).
Andere indische namen der fallsucht wie apasmära^
pratana, bhramara, erklären sich von selbst, geben
aber zu keinen yergleichungen anlafs.
Für schlagflufs finden wir im sanskrit ayashtambha,
vishtambha, samstambha, aus wrz. stambh, immo-
bilem reddere, stupefacere, und hier bietet das lithauische
eine schöne Übereinstimmung in st&bas, stäb-ligga,
schlagfluls, aus stabdyti, hemmen, hindern u. s. w. —
Auch das deutsche stäupe, fallsucht (cf. ahd. stoupan,
turbare) stellt sich hierher oder zur verwandten skr. wrz.
stubh.
Eine menge krankheitsnamen gehören ausschliefslich
den besonderen sprachen, und erklären sich mehr oder min-
•) Ans skr. dhm&, dare, kommt 4dhmAna, Wassersucht. Vielleicht
hängt ags. dem, morbus, mit derselben wnizel zusammen.
V. 6. 23
354 Ebel
der daraus. Sehr viele sind ohne zweifei verloren gegan-
gen, und aus ihrer abwesenheit kann man keine schlflsse
auf das nichtvorhandensein der krankheiien selbst in älte-
ren Zeiten ziehen. Manches wird sich wohl noch aus ve-
dischen quellen ergänzen lassen.
Und so beschliefsen wir diese Untersuchung, und neh-
men abschied von allen diesen unheimlichen gasten mit
dem wünsche f&r unsere leser und f&r uns selbst, so wenig
als möglich von ihnen besucht zu werden.
Adolphe Pictet.
Gothische Studien.
5. gamaini — gamana.
Mittelst des oben besprochenen lautgesetzes mögen
sich noch manche einzelne seltsame gebilde erklären. Ver-
suchsweise «teile ich hier das adj. gamaini (dessen i-stamm
durch gamains, gamain, gamainjai, gamainjaim erwiesen
wird) und das neutrum gamana zusammen, die sich in
der form gerade so zu einander verhalten, wie die verbalia
auf -aini zu den infinitiven auf -an. Mögen andere meine
vermuthung prüfen, dafs beide von der nebenwurzel zu mä
in der bedeutung „gehen^ mi oder may abgeleitet sind,
so dafs gamana statt gamajana das „zusammengehen'^, ga-
maini entweder statt gamajini (aus gamajani) oder unmit-
telbar von der wurzel mit suffiz -ni*) gebildet den „mit-
gehenden** bedeutete (comes). Alle beachtung verdient we-
nigstens, dafs auch im oskischen ein neutrum comono mit
der bedeutung „comitium** dem lat. communis zur seite
steht, wie dafs lat. mos sich offenbar an dieselbe Wurzel
anschliefst. Lat. communis aus commoinis liefse sich
freilich auch (als commovinis) durch moveo mit der wur-
zel mä vermitteln, vergl. cura IV. 448; fttr das gothische
*) wie in skanni von wrz. skav (vgl. skaunjai Bom. 10, 15).
gothUche Studien. 355
nvttTste ich indessen kein beispiel, wonach etwa ganiaini
und gamana aus gamavini nnd gamavana entstanden sein
könnte.
6. Suffix -as.
-as als krtsuf&x findet sich in der gestalt -is aoiser
den lY. 328 zusammengestellten Wörtern, denen ich noch
das 1.81 besprochene ska]^is hätte beifbgen sollen, auch
in ]>evis Sovlog (Col. 3, 22. 4, 1), in der declination wie
jene als a-stamm behandelt, im geschlecht dem griech. äv-
SgdnoSov, lat. mancipium yergleichbar, welches dem ]^U8
(stamm J'iva) fem. ]>ivi gerade so zur seite steht wie qvens
dem qyino, fon dem d. funin; in der gestalt -s erscheint es
in ahs genau = lat. acus, -eris, dessen bedeutung nur
specieUer modificirt ist, als die des deutschen wertes (we-
gen der verwandten s. I. 353).
Als taddhitasuffix haben wir -s in veihs, vehsV. 54
geftmden, welches sich dem nord. hoens und weiter dem
ahd. -ir im plural gewisser Wörter yerglich. Dahin ist nun
wohl auch das -s von vaurts zu rechnen, welches ein
höchst interessantes gegenbild zu den ahd. pluralen auf-ir
liefert. Umgekehrt wie dort der sing, rein bleibt, der plu-
ral die erweiterung durch -ir annimmt, ist hier der plural
vom reinen stamme vaurti gebildet: vaurteis, vaurte,
vaurtim, vaurtins, der sing, dagegen durch -s erweitert, hin-
ter welchem sich aber das ursprOngliche i des Stammes
wieder angesetzt hat: vaurts, vaurtsais, vaurtsai, vaurts.
Am auffallendsten ist, dafs das wort trotz dieses Zusatzes
fem. geblieben ist; doch stimmt dazu das männliche ge-
schlecht in unseren pluralen: männer, götter, geister.
Wurzelverwandt scheint das slav. koren' (ursprünglicher
stamm koren), das sich auch in der entwicklung der be-
deutungen unserm würz anschUefst, man vgl. poln. korzen
Wurzel, pl. korzenie gewürz; dann wäre der lautverschie-
bung gemäfs hv der ursprüngliche anlaut des deutschen
Wortes.
23*
356 ^M
7. skevjan.
Das goth. skayjan ist in dieser Zeitschrift mehrfach
besprochen worden and seine Verwandtschaft mit skr. skav,
lat. caveo, gr. xosoj (statt „herodotisch" IV. 157 ist ^ionisch
dorisch^ za lesen) festgestellt; das ihm lautverwandte
skevjan bedarf noch der anfklämng, da Qrimm^s verglei-
chung des skr. xaj (zeitschr. I. 83) wenig Wahrscheinlich-
keit hat. Das eben besprochene ]>evis bringt mich auf den
gedanken, ob nicht auch in skevjan das e als nebenlaut
des ei zn fassen, also anf i zurOckznfilhren ist Die wtir-
zelform skiv, die sich uns dann ergäbe, würde vortreff-
lich zu der I. 301 gemuthmafsten nebenform civ zu skr.
wrz. cyu stimmen, jedenfalls aber skevjan sich genau an
die organische form dieser Wurzel *8kyu (Benfey gött.
anz. 1852. stück 55), somit auch an asvto und altpers.
shiyavftmiy anschliefseu.
Anhang zu 3. das nordische adjectivum.
Die endungen der starken adjectivflexion :
-ar
-r
-t
jyt
pl. -ir
•8
-rar
-ra
-"um
(-"u)
-ri
-"nm
-an
-t
-a
-a
-ar
weisen auf folgende ältere form zurück:
-r -ata -u pl. -eir -u -Ar
— f-ss -ir&r -ir&n
-ammu (?) -irei -amr
-äna -ata -&n, -&n -u -&r.
Den bindevocal im gen. sing, wage ich nicht zu bestim-
men, da dem goth. -is ein altsächs. -as gegenübersteht, und
im nord. selbst zwischen hans (=s hanassa) und ]>S88
(as ]^is8a) Zwiespalt herrscht; ebenso wenig lä&t sich ent-
scheiden, ob das u im dat. auf die vermuthungsweise an-
gegebene art (woßkr altsächs. -umu, ags. -um, selbst ahd.
-Smu angeführt werden könnte) oder durch den blofsen ein-
fiuls des m entstanden ist, wiewohl das u im plur. und die
gothiadM stttdlen. 9&7
alte form ]>eima neben )>eim mehr fQr die zweite annabme
zu sprechen scheinen. Das i im g. d. f. und g. pL wird
durch hennar henni (unsicherer durch ]>eirrar ]>eirri
)>eirra) erwiesen, das ä in den betreffenden formen durch
die analogie der substantivdeclination; das u im n. £ sg.
und IL a. n. pl. für altes & (im auslaut a) finden wir erhal-
ten im pron.. SU, durch den umlaut nachweisbar in der
declin. der subst (Wenn Bugge oben s. 59 zweifelt, ob
ahd. -az und -an einen yocal im auslaut verloren habe, so
ist im acc. sing., wenigstens fQr das altn. die grundform
-äna unzweifelhaft durch das bewahrte n, welches im ur-
sprünglichen auslaut überall geschwunden ist.) In zwei
puncten unterscheidet sich das nordische merklich vom go-
thischen, im dat. pL durch die bewahrung des unverstärk*
ten a (in der gestalt u) dem goth. ai gegenüber, worin es
sich der nebenform des slav. loc. pl. (Schleicher p. 246) ver-
gleicht, im nom. pl. masc. durch das r, wodurch das nord«
in diesem falle alterthümlicher erscheint als skr. lat. griech.
goth. slav. Diese treue bewahrung des ursprünglichen aus-
lautes ist indessen gewils nur scheinbar, in Wahrheit ist
wohl das r in eir nur späterer zusatz (gerade wie das s
im nhd. gen. bruders, das ja auch älter scheint als ahd.
pruader), aus der subst.-decl. herübergenommen, wie in
den lebenden dialecten das s im gen. plur. aus dem sing.
Sonst schliefsen sich die nord. formen, abgesehen von der
gewaltigen entstellung, die eine mehrfache Veränderung vor-
aussetzt, ziemlich treu an die goth. an. Wie im goth. fin-
det auch im nord. ein gegensatz zwischen gen. dat.
masc. und fem. sg. statt, dort durch a und ai, hier durch
bewahrung und ausstofsung des vocals, in vorhistorischer
gestalt des nord. durch ä und i bezeichnet, und wie dies
& durch contraction entstanden sein mufs, also mit dem
goth. a auf einen gemeinsamen ausgangspunkt (aja) zurück-
weist, so läfet sich auch das vorauszusetzende i nicht an-
ders als aus ei = goth. ai (aus aji) erklären. Wenn uns
hennar und henni den beweis lieferten, dafs i der aus-
gefallene vocal war, so beweisen andererseits hvatrar
ZM Ebel
hvatra hvatri, dais dieses i in den adjectiven keinen
Umlaut bewirkte, also gleich dem i des conj. praes. (s. West-
pbal IL 175) aus Älterem ai (nord. ei) hervorgegangen war.
Dieser scheinbare Widerspruch zwischen den formen des
pron. hann und denen des adjectivs beruht aber nidit etwa
auf einer anomalie auf der einen oder andern seite, son-
dern bietet uns nur einen neuen beweis f&r die Zusammen-
setzung des starken adjectivs. Weil nämlich hann seine
formen einfach vom stamme hana nach der pronominalregel
bildete, mufste hier das i von ir&r, irei (s: goth. izos,
izai) umlaut wirken, und es entstanden g. henirftr henirar,
henrar hennar, d. henirei heniri henri, henni, während das
aus ei entstandene i der adjectiva keinen umlaut bewirken
konnte. Diesen unterschied zwischen pron. und adj. be-
stätigt und durch ihn erklärt sich zugleich der noch mehr
in die äugen fallende gegensatz im acc« zwischen hann
(ebenso hinn) und hyatan, von denen jenes auf ein ein-
faches hanana, dies auf ein zusammengesetztes hvatäna
(ss hvatajana) zurückweist. Auffallend bleibt die verstüm-
melnug der neutralen endung zu -t, nicht nur im pron.
hitt, itt, wo diese Verkürzung des -ata zu erwarten war,
sondern auch im adj.- hvatt, wo man doch f&r -äta ans
-ajata höchstens -at erwarten könnte; namentlich deshalb
auffallend, weil jedes sonstige & (statt aja) treu bewahrt
erscheint Vergleichen läfst sich damit indessen das ahd.
blindaz dem sonst herrschenden e gegenüber. Als ein«-
fache casus erscheinen auch im nord. wie im goth. nom.
masc. und fem. sg. und gen. m. n. sg., aufserdem n. a. neutr.
pl., über die man im goth. zweifelhaft sein konnte, endlich
der instr. (dat. neutr.), als dessen nord. grundform -v!
in den einsilbigen pron. erscheint, dessen entstehung und
verhältnifs zum gothischen -e aber noch nicht hinreichend
klar ist.
Nov. 55. H. Ebel.
AfUrecht 359
rJTtiog.
Gehen wir auf die älteren etymologien von ijniog zu-
rück, so belehrt uns Eustathins, dafs einige es yon ijäio
abgeleitet haben, wogegen der gelehrte bischof bemerkt,
dafs damit die muta in xetrtiTuöiovTo und in in£ x i)ma
(paQfiaxa Tidaae sich nicht vertrage. Fol. 566, 40 (edit
Rom.) : xai arifAtiwaai, (hg %fH?,ovTab ro iimov, ou yag Xkyu
xa&rjTiiotovTo, älka xpiXäq xaxri7u6(ji>VTO. Sfjkop 3* avto xal
äv ToZg iifjg kx tqv hni v i]nia ^ccgfAaxa ndaanv. tüv Si
ye fiiff "OfifjQov Ttpeg köacvvov airrOy kx ro ^S(a naQayov-
reg. Eine andere, von den neueren meist adoptirte erklä-
^u>^g9 gibt das Etymologicum Magnum: rjmog' ovtfog ngo-
T6Q0V ixakeiTo 6 ^AaxkTjmog' i? ano tüv tQOTuav^ t] and
Tfjg tix^Tjg xal jrjg rüv x^^Q^^ 7]ni6Tf}Tog* (p xal yvvaixa
TiaQadiäwaiv 'Hni6vi}v^ k^ fjg avriß yevsa&ai 'läaova^ Ha-
vdxsiav' Jaxtmv iv vnoptvrifiaxi, AvxocpQOvog. iJTiiog ot]^
^aivti xvgiiog xov Xoyasfwv. Ilagd x6 inio x6 i,iya, imog
xai r,mog, 6 kp loyq) ndvxa noiäVj xal fir^ nd&w kx (ab-
xakijipacjg Ö6 xai 6 öid Xoyov ngoarjvrjg xai ngäog* xal
TJTtioixaxog, 6 iv koyoig ngaoxaxog xai tjavxog. Wäre diese
ableitung von £11 begründet, so erschiene äufserst auffal-
lend, dafs, während emelv und iTtog bei Homer gans un-
bezweifelbar ein digamma im anlaute zeigen, ijntog keine
spur davon, im gegentheil sicheren mangel desselben ver-
rathe. Man vergleiche nur ^, 830:
viC' vSaxi XiaQ^f ini 3' iJTiia (pdgfiaxa ndaae.
©, 40:
TiQotfQovi (iv&iofAaf iß-iXo) 3i xov {JTtiog eivau
Hätte es den Griechen nahe gelegen rjmog mit einetv
zu verbinden, so sollte man erwarten, dafs, wenn ein di-
gamma von anfang an da war, beide Wörter auf gleicher
lautlicher stufe erhalten worden wären. Femer glaube ich
nicht, dafs im bewufstsein eines etymologischen Zusammen-
hanges zwischen ijTtiog und sItibIv, Homer das adjectiv ^mo-
StüQog^ oder selbst späte dichter jjmoxHo, etwa „mit dessen
bänden sich reden läfst^ gebildet hätten. — Benfey's ab-
860 AMÜnfkt
leitang (warzellexicon 2, 356) von der wurzel vap schnei-
den, scheren, ist yielleicht im geiste Indiens gedacht, wo
liebende einander kratzen und beüsen, aas Hellas ist glei-
che liebesbeweisung nicht überliefert worden. Ebenso we-
nig stichhaltig ist die znsammenstellang von ijmog mit lat.
pius, die Ebel in dieser Zeitschrift IV, 447 gemacht hat.
Das umbrische und volskische bewahren das wort als
piho, das oskische vollständiger als piihio, das yon i}moc
ziemlich weit abliegt*).
Der homerische Sprachgebrauch verwendet tiniog als
attributvon personen in der bedeutui^: leutselig, freund-
lich, gütig, und v<m dingen im sinne y<m: heilsam,
zuträglich. Die stellen smd folgende. 6, 40. X, 184:
&dQ6Bi, TgiToyiveia, (plkov rixog'^ ov vv ti &vfi^
nQotfQovv fiväiofiai* ä&ika Si roi fjmog uvai.
„ich will dir zu willen sein**. V, 281:
TOfoi; yag xXtog ka&Xov amik^cav ^vioxoio^
finiovj o aq/w'cv fiaka nokXdxig vyQov (Katov
Xctitdwv xarixsvB, Xoiaaag vSari kevx^.
ß, 770:
ixvQog Si navijQ wg ^mog aUL
ß, 775:
oif yaQ xig fiOi ix aXXog hvl TQoiy svQ^tif
ipitog ovdi (pikogj ndvTBg S6 (ab nntp^lxaci^v.
A47:
naxiQ ia&Xov dnaikeaa^ og nox iv VfiiP
xoiaStaciv ßaalkevs, naxiiQ S* £g ijniog rjev.
fi, 230. 234 = «, 8. 12:
§41] Xig iu nQOfpQOiv ayavog xal ijmog iaxia
Gxrinxovxog ßaaiX^vg^ fAtjdi ipQtaiv aia/ia tXddgj
*} Cicero kommt beiMommsen, ünt dial p. 387, md Freund lex. B.r.
zur ehre „die Bchreibimg plins vorgezogen zn haben*. Beide haben da» citat
auf tren und glauben aus Forcellini abgeschrieben, ohne sich die mtthe za
geben nachzusehn, was denn eigentlich in Quintilian stehe. Dieser sagt blofs,
dafs Cicero aiio nnd Maiia gesprochen oder geschrieben habe. — Diejeni-
gen Übrigens, welche pius mit skr. prija vergleichen, mögen zusehn, wie sie
ttber das genannte oskische pifliio hinauskommen.
^«••c* 961
aXJC aUl x^^^^og r äij xai dUfvXa pi^oi,
wg ovTig fiifMVfirai 'OSvaatjog &Bioio
XaaVj oloiv avaoas, narrJQ S' wg riniog ^sy.
X, 337:
(J KiQXfj^ Ttwg yag /u< xiXtai, aoi ijmov üvai*
^dir wUlf&hrig za sein^. A, 441:
T^ vvv fiijnoTB xal av ywaixi mg ipuog eivai.
V, 314:
TOVTO* y iym 6v 6iS\ oti fjioi ndpog iinlri ^o&a
zliag hv Tgoifi nolBfjtl^ofiBV vhg L/jfaMiiv.
£, 139: ov yotQ h' ällov
i^niov äSB ävaxva TUxijöOfia^ onnod inil&Wy
oifS* Bt XBV noTQOg xai fAtixiQog avtig txwfjiai
ohcov.
o, 152: 17 yaQ i/MO^yB nar^Q tag riniog ^bv.
o, 490:
inBi avSgog Sai/iAat atpixBo noXka fiopjcag
^Ttiov^ og Sfj TOi nagixBi ßgäciv tb noaiv tb.
J, 218:
avTciQ knBi iäBV ibcog^ off i^fiBfSB mxQog oiavog^
alpi äx/AV^ijaag In aQ fjnia (papficcxa Bldfog
ndcaB,
A, 515:
Xrixqog yaq avfiQ noXkwv ävrä^iog äiJLiov
[lovg T ixta/ivBiVy kni r iJTtuc cpaguccxa nd(fCBiv*']
A, 830:
fijjQov 3' Ibcrafi oIlctoVj an avrov S' alfxa xbXcuvop
viC v8avi Xueg^y inl d* fjma (pdgfiaxa ndacB.
2^,361:
ol8a ydg &g roi &VfJi6g ipt arjj&saci' ipiXoiCiV
Tjnia SijvBa o28b.
Man yei^leicbe HesiocL Th. 236:
airoQ (NfiQia) xaXiovci yigovra
ovPBxa vijfiBQXijg tb xal ijmogy ovSi ß'BfUüxionv
Xiq&Bxaty aXXd Sixaia xal ^la Sr^VBa oidBV.
V, 327:
392 Aufrecht
Ti]XBfiäx(p 3i xe fiv&ov iy<l) xal fttitiQi ipaltiv
ijntoVf si C(pwiv XQa3it] äSoi apKpoxiQOiiv.
77, 73:
xdxa X6V q>€uyovTeg ivavlovg
nXiqauav vexvwv^ et (aov xfeiwv *Ayaukfivnv
iJTtia elÖBU].
„freundlicher gesinquiig gegen mich gewesen wäre^. v, 405.
o, 39:
avrog di nQwxusta cvßcittjv slaatpixia&cu,
og tot väv iniovQog^ bfifSg fSi roi rima oldeWy
näiSd TB aov <pi^Xiet xal ix^tpQOva IltiVBXomiav^
o, 557:
avßfittig
ha&Xog itov ivlavev, avdxTBCiv r^nia Bldcig.
Z, 251:
*iv&a ol finioSoDQog kvavrit] tjkv&B jMi?ri?(>.
Der spätere Sprachgebrauch weicht nicht ab, verwen-
det jedoch ijmog freier ab attribut von dingen. So Hesiod.
op. 787:
dlX Igifpovg rd^vsiv xal ndsa fjn^haVj
atjxov i dfAtpißaXBiv noifiviqlov riitiov ^i^ctQ.
»ein geeigneter tag**. Soph. Phil. 691:
og rdv d-BQpLOxdxav aifidäa xr/XiOfiivav ihciwv
iv&ijQOV nodog iimoust tpvlXoig
xaxevvdaeuv u. s. w.
"Hmog scheint mir eine yerbalableitung zu sein, gerade
so wie ay^og von a^oi, oQxiog von dqxiaiy dandoiog von
aandJ^ofxai^ xXomog von xXinxw, fuMx^g von ^Maau),
a(fdyiög von <T(pd^w. So wie nun äyiog dem sanskritischen
yajya, sacrificio colendus gegenübersteht, so entspricht
^niog einem skr. äpya, worüber im folgenden. Die Wur-
zel beider Wörter ist äp, apisci, das im sanskrit in dieser
form, im lateinischen als äp erscheint Man könnte nun
ijniog als erlangbar, erreichbar fassen, woraus sich
freundlich, gütig entwickeln konnte, wie in et^d^o Jo^
oder facilis; ich schlage jedoch einen ganz anderen weg
ein. Apiscor hat zur grundbedeutung nicht erlangen,
i7»M«. 368
sondern: ich binde mir an. Im frühesten culturzustande,
wo vieh (pecns » das gebundene) die einzige habe bildete,
erlangte man, indem man die wild lebenden oder erbeuteten
thiere unter eigenem dach und fache sich anband. Diese
bedeutung von apiscor beruht nicht auf eitler trftumerei,
sondern auf direkten thatsachen. Gang und gäbe zun&chst ist
aptus in der bedeutung yerbunden (apta et conneza, apta
et cohaerentia. Cic), und das yerb. apere, anbinden, ist
Ton Festus und Servius erhalten. Festus apud PauL Diac.
p. 16: Apex, qui est sacerdotum insigne, dictus est ab
eo, quod comprehendere antiqui vinculo apere dicebant.
Serv. ad Vii^. A. 10, 270: Apere veteres ritu flaminum
alligare dicebant, unde apicem dictum Yolunt*). Von die-
ser bedeutung der wurzel ap ausgehend, glaube ich, dais
ijniog zunächst verbunden, und zwar durch Verwandt-
schaft oder gesellschaftliches verhältnüs verbunden, heiJGse
und hieraus die gangbaren bedeutungen sich entwickelt
haben.
Zu nicht geringer bestätigung dieser erklärung dienen
zwei Wörter, die das älteste sanskrit aufiEuweisen hat: äpya
D. Verwandtschaft und verwandter, und äpi, verwandter.
Beide sind in den Veden stark vertreten, und einige stellen
werden hinreichen ihre bedeutung ins licht zu stellen.
1) ipya, Verwandtschaft.
Rv. I, 105, 13:
&gne tava tyäd ukthyäm dev^hv asty Itpyam.
„Agnis, deine Verwandtschaft mit den göttem ist preisens-
werth«. Rv. Vni, 10, 3:
yayor &sti pr& nah sakhy&m deveshv &dhj Spyam.
,,deren freundschaft zu uns, deren Verwandtschaft zu den
göttem innig ist**. VIII, 27, 10:
Ästi hi vah sajätyäm ri^ädaso döv&so ästy fipyam.
„götter, vemichter der feinde, gleicher abstammung seid
ihr, naher Verwandtschaft^.
*) Hieher gehört auch die glosse bei Paulus Diac. oxc: apo apud au-
tiquoB dicebatnr prohibe, compesce.
364 Aaftwsht
2) ^pya, yerwandter.
Rv. VII, 15,-1:
Upas&dyäya mtlhüsha isji juhat& havih |
Yo no n^dishtham l(pyam ||
„dem Agni, der uns nah verwandt, dem vielverehrten Spen-
der giefst die opferbutter in den mund^. VII, 32, 19:
nahi tv&d any&n maghavan n& äpyam vteyo Mi pita
can&.
„denn fireigebiger als du, Maghavan, ist kein anderer ver-
wandter, und wär^ es selbst unser vater^. VIU, 86, 7:
M& na indra p&r& vrinag bhävä nah sadbam2dyah |
Tv&m na ütf tv&m in na Spyam ma na indra para
vrinak || *)
„wir rufen dich, nicht weis' uns ab, nimm theil an unsrem
festgelag; denn hülfineich bist du, Indra, bist uns nah ver-
wandt: wir rufen dich, nicht weis' uns ab^.
3) äpi, verwandter.
IV, 25, 6:
niksushver Kpir n& sÜshk n& jämir dushprävyo Vahant^
av4cah.
„wer ihm nicht opfert, dem ist Indra nicht verwandter,
nicht freund, nicht bruder; wer ihn nicht preist, dem ist
er unnahbar und verderblich^. IV, 41, 2:
indr& ha yö v&run& cakra &pt devaü m&rtah sakhyftya
prÄyasvän |
sa hanti vntr£ samitheshu 9&trün avobhir vi mahidbhih
s4 pr& ^rinve ||
„der sterbliche, der Varuna und Indra durch opfergaben
sich erwirbt zu freunden, im kämpfe schlägt er feind und
Widersacher und wird berühmt durch ihren starken bei-
stand«. VI, 45, 17:
•) Vgl. VIII, 8, 1: Apir no bodhi sadbam&dyo Vfidhe.
yö grinatam id ^ithäpir ütf ^iv&h 8&khä |
s& tv&m na itidra mriiaya ||
^wer zn dir fleht, dem bist du hold, ein trener freund in
aller noth, o Indra, sei uns gnadenreich^.
Jenes 2pya, verwandter, entspricht dem i^mog
durchaus, und das neutrale geschlecht ist eine indische ei-
genthümlichkeit, die wir z. b. auch in mitra freund, yri-
tra feind, wiederfibden.
äv&Qconog.
Meine erklärung dieses wertes hat den beifall Ewald's
nicht gefunden, der, an einer altem festhaltend, in äp&go)"
nog ein mannsbild sieht, woflQr man etwa das eddische
manlikun anführen könnte. Indessen werde ich die
meinige weiter begründen. Ich habe seitdem das adver-
bialaffix tra in zwei griechischen bildungen gefunden. Zu-
nächst in äXkoTQiog, das von einem adv. aXXotgo = skr.
anyatra abstammt. Von einem vorausgesetzten aXloregos
kann es nicht ftkglich abgeleitet sein, da dieses wie die
übrigen formen auf reQog nur auf zwei gehen könnte. Die
aspirirte form erscheint sodann in ä&gooq^ das man, ohne
sich um bedeutung und accent zu kümmern, als „zusam-
men schreiend^ erklärt hat. Dieses a&gooQ steht f&r a&go^
log und ist von einem adv. äd-go abgeleitet, dem in den
veden sa-tri, zusammen, gegenüber steht. Gewöhnlich wird
dieses auf das vereintsein in der zeit (zusammen = stets)
übertragen, die ursprüngliche bedeutung ist jedoch in meh-
reren stellen erhalten. Vgl. z. b. Rv. VI, 46, 7:
yad indra nahushishv am ojo nrimnam ca krishtishu |
yäd v& p4nca kshitinam dyumnam & bhara satr£ vl9velni
paünsyä ||
„die kraft und mannhaftigkeit, die die abkömmlinge des
Nahusha besitzen, den rühm, der den f&nf stammen eigen,
bringe uns: insgesammt alle manneszier^.
Oxford. Th. Aufrecht.
M6 Leo Meyer
Die einsilbigen nomina im griechischen und
lateinischen.
Es ist eine früher viel verbreitete, durch die neaeren
sorgfältigeren sprachuntersuchungen aber schon in vielen
einzelnen punkten erschütterte ansieht, dals die einsilbigen
nomina im griechischen und lateinischen als die kürzesten
und einfachsten auch die ältesten und ursprünglichsten
seien. Unwahrscheinlich wird es schon dadurch, da£s wir
verhältnilsmäfsig die meisten im lateinischen, weniger im
griechischen, und im sanskrit, das wir doch auch zur ver-
gleichung heranziehen müssen, die wenigsten finden, also
im allgemeinen in späterer zeit ihre zahl sich mehrt
Wir glauben mit entschiedenheit aussprechen zu kön-
nen, dafs alle jene einsilbigen nomina unursprünglich und
verhältnifsmäfsig sehr jung sind, hingegen die ältesten no-
mina die zweisilbigen, die aus zwei einfachen dementen
bestehen, einem verbalen und einem pronominalen. Der
gesammte wertschätz der indogermanischen sprachen zer-
fällt nach seinen einfachsten elementen oder wurzeln in zwei
haupttheile, in die sogenannten verbalen und in pronomi-
nale wurzeln*), durch deren Verbindung fast alle Wörter,
mit ausnähme der verhältnifsmäfsig nicht sehr zahlreichen
reinen pronominellen bildungen, gebildet werden, so dais
ein jedes wirkliche wort aus mindestens zwei elementen
bestehen mufs.
Die sogenannten verbalwurzeln bezeichnen begriffe, wie
glänzen, tönen, wehen, gehen, fliefsen, sich bewegen u. dgl.,
also etwas dauerndes, gewissermafsen unauf hörendes; durch
hinzutritt des pronominalen, des hinweisenden, gewisser-
maßen momentanen dementes werden sie gleichsam ge-
bunden, zu etwas bestimmtem fixirt. So ist skr. päd ge-
hen, pada, dessen zweites a ein pronominales dement ist.
*) Ewald nennt die enteren begriffsworzeln, die letzteren ort«- oder
deutewnrzeln. AuaführL lehrb. der hebr. spräche 102 a, 106 a.
die einsilbigen nomina im griechlsclien und lateinischen. 367
etwas bestimmtes, zu dessen bezeichnung der begriff fixirt
ist, der fufs, gleichsam „der da geht^; skr. sur (eig. svar)
glänzen, daher sür-ya etwas bestimmtes, an dem das glän-
zen bemerkt wird, die sonne; skr. bah, wachsen, gebunden
durch das pronominale ma, daher goth. bag-ma, bäum; skr.
sü, erzeugen, daher sü-nu, der erzeugt ist, söhn; skr. nad,
rauschen, nad-a, flufs; cand, glänzen, cand-a, mond; kshi,
wohnen, kshi-ti, wohnung, erde u. s. w.
Einsilbig wnrden viele nomina durch ausstofsung von
lauten im innem ; so entstand, um zuerst die so beeinträch-
tigten sanskritischen formen anzugeben, skr. kshmä, f.
erde, aus kshamä, das daneben besteht; die gleichbedeu-
tenden vedischen gmä, f. und jmä f. aus gamäundjamä;
skr. Ted. gnä f. frau, aus ganä = griech. yvvfj. Da& skr.
pums, m. mann, männliches, verkürzt ist, zeigt der nom.
puman, voc. puman; Webers ansieht (zeitschr.V, 235), dafs
pums zu skr. push, nähren, gehöre und der nom. pumäns
abnorm weitergebildet sei, scheint bedenklich, Benfey (kurze
gramm. §. 498, 56) nennt die grnndform pumant. In eini-
gen casus und ableitungen tritt für skr. yuvan-, jung, das
verschränkte yün *) ein. Skr. räi, m. vermögen, reich-
thum = lat. rS, nom. res, steht nach Benfey (wurzellex.
2, 209) für rahi, rädhi**), von skr. ardh (rdh), wachsen.
Skr. strf, f. frau, steht nach allgemeiner annähme für sü-
tri, von skr. sü 2 a, gebären. Skr. snu, n. bergebene, tritt
in einigen fällen ein für sänu (Benfey, kurze gr. 494, 14
und siehe zeitschr. U, 462), und ebenso skr. jnu, n. knie,
für jänu, z. B. in abbi-jnu, adv. bis aufs knie. Ganz ähn-
lich haben wir neben skr. dam m. n. holz, = griech. öoqv,
*) Ans dieser form bildeten sich die gotbischen jugga, jnng, jnbiza,
jünger, und jnnda, f. Jugend, deren bildung auf den ersten blick nicht ganz
durchsichtig scheint, jon-da enthlllt das weibliche suffix dacsskr. tä; jugga
aber ist durch das suffix skr. ka gebildet (also = lat juvenco), mufste also
eigentlich ^junha lauten ; nh aber ist eine ungothische lautgruppe, der com-
parativ juhiza stiefs der formverläogemng wegen den nasal aus, im positiv
ging nh in gg (= ng) über, wie auch sonst oft, z. b. in gaggan, gehen, ne-
ben *gahti, f. gang.
**) So nUlt licht auf goth. nn-l#da, arm, eigentlich ohne venndgen.
^118 Leo Meyer
n. balken, schaft, das verkürzte skr. drA, zweig, baimi,
holz = griech. 3qv^ f. eiche, banm. Im gothischen lau-
ten die entsprechenden formen der letztgenannten Wörter
kniya, n. und triva, n.
Das griech. fivä^ f. mine, ist nicht ursprünglich grie*
chisch, sondern ägyptisch (Benfey wurzellez.2, 368> Griech.
^(ü, nom. m. ^wg^ lebendig, ist zusammengedrängt aus C^y
^uifOf wie (TcS, nom. m. cäg^ gesund, aus cäo und aoo.
Sfici^ nom. Sfidg^ m. sklav, unterjochter, von skr. dam, bin-
den, steht wahrscheinlich für Sfioto, SfAw^o; daher fmn. Sfiuij^
dfiotf^. Dieselbe entstehung ist zu vermuthen von &ei,
nom. ^dig, m. f. schakal^ goldwolf, neben i9*a»o, und auch
wohl von XQ^^ nom. XQ^S^ ™* haut, Oberfläche, neben ;|fpA»o,
woneben gleichbedeutend auch xQoa und XQ^^^y beide ans
XQOfUj und XQ^'^j ™' ^^™* XQ^S» Verengung nach aus-
stofs eines ursprünglichen Digamma ist auch sonst häufig,
so steht nXoVf nom. nXovg^ m. Schiffahrt, ftlr nkoo^ nkofo;
^oVy m. fluls, f&r 0qßo = skr. srava von sru, fliefsen; nvov^
m. wind, ftr nvopo^ zu skr. plu, flieisen, fliegen, wehen;
vov^ m. sinn, verstand, f&r vojro*); ähnlich ^Aoi7, nom.
fpXovg und q>Xi(üg^ m. Sumpfpflanze, rinde, haut; &qov^ m.
geschrei; ;^Aoi;, m. hellgrüne färbe, und;|fi/oi}, m. schmutz.
o7, nom. 61g, m. f. schaaf, aus ot, of^sskr. &yi, lat. övi,f.
Das von Hesychios bewahrte xav oder xav (die letztere
form die ältere), grofs, viel, gehört zu skr. tu, wachsen;
auch von den fomen ygavy yQijv, ygiiv, f. alte frau, ist
die zweisilbige die ältere. nalS^ nom. naig^ m. f. kind,
aus TtdiS, noftS, hängt zusammen mit skr. pu-tra, m. söhn
(Benfey wurafellex. 2, 73). wp {äipB^rai D. 5, 486), f. gat-
tin, aus oap, ojrag (Benfey wurzellex. 2, 7). Aa, nom. Xag^
m. stein, verkürzt aus käa, nom. Xaag s=s skr. grävan, stein
(zeitschr. Y, 152). ^oir, nom. (pcig^ m. mann = skr. bha-
vat, particip von skr. bhü, sein. /9<üx, nom. /9w|, m. ein
fisch, aus ßoax. ipcix^ nom« <fmg, n. (neben (fdog^ das Kuhn
*) Vielleicht für ureprOngÜches wofo ; darauf leitet das goth. ma-tni,
adj. klug, weise, aofpoq.
die eiüBÜbigen nomina im griechischen und lateinischen. 389
I zeitschr. I, 368 as skr. bhAaas folgt; bei Homer auch (powg)
I licht, yielleicht aus skr. **bh&Tat =ss bh&vin, glänzend, von
skr. bb& 2pa, glänzen, woneben auch skr. bbäs lap, glän-
zen, leuchten. atiJQry nom. ct^q, gen. 0n?ro^, n. stehen-
des fett, talg, aus criag, arefagt und axalxy nom. axalq
(attisch öT^\ n. teig, wahrscheinlich aus ursprünglichem
atofax (Benfey wurzellex. I, 638). Neben den formen
xavaxy xat/i^x, x^vx, xäßax (Ahrens in zeitschr. m, 174) er-
scheint auch das verkürzte xi;x, nom. xi;^, f. seemöve.
c2i Ax, nom. (JA|, f. forche, bei Homer nur acc. wXxa (D. XVni,
707 od. XVni, 375), ist verengt aus wixxxj avXax. tzq^Vj
m. vorsprung, gipfel, bergspitze, entstand aus Ttqmv^ nQtjeip;
StfSy nom. difg^ £ fackd, aus^a^^; ^V9y ^* herz, aus xiag^
f&r xiagS (Benfey wurzellez. 11, 155). 17p, n. firühling, aus
Ucegy ßlr ^saag (Aufrecht in zeitschr. I, 351) »s lat. vor,
n. firühling, aus verer, veser, skr. vasanti, frühling; ovx
(iJr), nouL ot/g, gen. oixog^ n. ehr, entstand aus ofaax,
afax = goth. ausan, lat. auri. Zu Ujennen ist hier auch
noch anXiqv^ m. milz=sskr. plihan, m. milz (für ursprüng-
liches ^splihan), dem entsprechend auch im latein spl6n,
m. erscheint; dafbr aber bei älteren mit Verstümmelung
des anlauts lien*) oder die vollere form Uini. Vielleicht
hängt damit zusammen auch lat rön, m. niere, wofbr alt
auch rien.
Aus dem lateinischen sind hieher zu ziehen auiser den
bereits genannten rd, vor, spldn und rdn noch aes**),
n. erz = skr. ayas, n. erz, eisen, püs, n. eiter, entstand
durch dasselbe neutrakufBz skr., as aus skr. püy (eig. pü)
la, faul werden, stinken, und lat. jus, n. recht, altlat jous
*) Mit ausfall des h ganz wie in via, f. weg, fda viha, veha =b goth.
viga, m. weg.
**) Genau entspricht goth. ais und würde entsprechen ein nhd. **%r,
woraus das ac^ectiv dren, ehern, sich bildete; hier aber wurde ein mttssiges
E hinzugethan: er-z, und Lessing schreibt sogar erzt. Ganz Ihnlich wie goth.
aiz entstand ohne zweifei nhd. hier =s goth. **biuz ss litt pi?as, braunbier,
eig. getränk, von skr. pfv, pib si pA, trinken, und wohl goth. diuz, n. thier,
dessen Zusammenstellung mit griech. ^q (z. b. zeitschr. III, 51) sehr wenig
gesichert ist.
V. 6. 24
370 1^0 Meyer
(Kuhn in zeitschr. iy,374 hält das vediscbe yos, abwehr
des bösen, identisch) wohl = skr. **yava8 von skr. yu,
binden, im zäum halten, einschränken. Vielleicht sind auch
lal crfts, n. schenke!, und rüs, n. land, so gebildet; das
letztere deutet Aufrecht (zeitschr. III, 247) aus **cms, von
skr. karsh, pflügen. Dasselbe suffix skr. as, doch männlich,
erkennen wir in flös, m. blume, zu skr. phull, Ip, sich
ausbreiten, blühen, vielleicht auch in mos, m. sitte, das
Schweizer (zeitschr. 11, 301) als „maafs^ deutet und mit
skr. mA, messen,, zusammenbringt. coh<vt, nom. cohors f.
gehäge, häufen, menge, scheint erst erweitert zu sein aus
cort, chort, das im auslaut verstümmelt ist. Für spe,
nom. spes, f. hoffiiung, gebrauchte noch Ennius das vollere
spere, nom. speres, ganz ähnlich dürfen wir vielleicht ne-
ben vi, nom. vis, f. kraft, aus dem pluralgenitiv vlrium
ein altes vtri vermuthen, das als abstractum neben vir, m.
mann, steht, wie das durch anderes suffix gebildete virtüt,
manuheit, männlichkeit, wie skr. virya, n. baft, neben skr.
vtrÄ, m. held. dit, nom. m. dis, reich, ist jüngere zusam-
mengezogene nebenform von divet, eig. partieip von skr.
div, glftnzen. Auch praed, nom. praes, m. bürge, scheint
im innem verstümmelt. Die ältere form für glös, gen.
glöris, f. Schwägerin, zeigt griech. yaixo, ydXow (f&r ya^
Ao<7a)?). Auch grü, nom. grus, nebenform (bei Pbädrus)
gruis, f. m. kranich, hat wie griech. yigavo ursprünglich
einen vocal zwischen g und r; zu gründe liegt skr. gar,
tönen; Ebel (zeitschr. IV, 345) hält fikr gemeinsame grund-
form ein skr. ^'garvant. Dieselbe Verstümmelung in plus,
mehr, ftkr ursprüngliches **pulius, zu skr. puru, pulu, viel.
Ganz ähnlich verlor das adverb clam, heimlich^ einen vo-
cal zwischen seinen ersten beiden consonanten und dasselbe
dürfen wir behaupten von trans, hinüber, jenseits, worin
Kuhn (zeitschr. II, 473) ein altes partieip von skr. tar, über-
schreiten, erkennt; eng damit zusammen gehört skr. tiri,
querdurch, querüber, und das adjectiv skr. tiryac = goth.
}>airh = nhd. durch.
Nur in wenigen Wörtern sehen wir die einsilbigkeit
die einsilbigen nomina im griechischen und lateinischen. 371
entstanden durch abwerfting des anlaute, so wahrscheinlich
in skr. nar (nr), woneben auch nara gebräuchlich ist, m.
mann =b griech. ävig, nom. ctvfjg^ m, mann, und in skr.
str, Stern (woneben auch t&rA, f. stem, zeitschr. I, 540)
= griech. äffriQ, nom. aarijQj m. stem, die wahrscheinlich
ein anlautendes a einbülsten (siehe Beufey wurzellex. I, 662 ;
Kuhn jedoch, zeitschr. IV, 4, stellt str und tar& zu skr. star,
ausbreiten), ganz wie z. b. das particip zu skr. as, sein :
sat, ftr **a8at, gut, vorzüglich, eig. seiend, dem griech.
ovT nom. m. wv^ und lat. *sent, nom. m. *sens, entspricht
in ab-sent, prae-sent, weshalb das nach Quintilian (inst.
VllI, 3) von Flavius dem griech. oifala nachgebildete ent,
nom. ens, n. ding, von einem unrichtigen sprachgefbhl zeugt.
Das vedische vi, m. f. und vt f. vogel, scheint aus **avi
= lat. avi, f. vogel, verstümmelt und gehört vielleicht nebst
griech. aUto för äjrsro zu skr. **av = v4, wehen, fliegen.
Das skr. danta, m. zahn, wofür in einigen casus dat ein-
tritt = lat. dent, nom. dens, m. zahn, goth. tunjm (aus
**tan]>u durch einfluTs des suffixes), ist ursprünglich parti*
cip zu skr. ad, essen, und steht Air adanta, adant, dessen
anlautender vocal bewahrt wurde in griech. öJoVr, nom.
ddovg^ m. zahn. Das sehr gebräuchliche präfix skr. *su,
gut, ist nach Benfey (wurzellex. I, 303) verstümmelt aus
vasu, gut, nach Aufrecht (zeitschr. IV, 279) aus asu, wie
das griech. ^i/, später «v, wohl, gut, schliefsen läfst. Im
erstem falle dürfen wir goth. mma, adj. weit, geräumig,
vergleichen, das bis auf das zugetretene sufiBx ma gewifs
identisch ist mit skr. uru (aus **varo), weit, griech. evgv.
Vielleicht ist auch skr. bhrü, f. augenbraue, hier zu nen-
nen, dem griech. ötpgv (wofiAr in der bedeutung hügel bei
Herodot die nebenform 6(pQvrj) entspricht; doch behauptet
Ahrens (zeitschr. III, 99) die ursprünglichkeit der form bhrü;
dann wäre eine Verstümmelung im anstaut oder im innern
wahrscheinlich.
Aus dem griechischen dürfen wir wohl hieherziehen
navT^ nom. nag, näöa, näv, das nach Benfey (wurzellex.
II, 167) verstümmelt ist aus anctvr^ ännccvr ^ skr. sa^vant,
24*
372 Leo Meiner
^a^vani, adj. (vedisch), fortdauernd, beständig; skr. ^a^vat
ady. immer. Curtius aber (zeitsohr. III, 404) deutet navr
aus dnem skr. **kft-vant, wie viele. Noch fllhren wir an
griech. xtid, nom. xrlg £ ==: IxviSy nom. hcrlg^ f. wiesei.
Förstemann (zeitsebr. I, 498) hftit die znsammensteUung bei
Graff (I, 238) mit ahd. iUitiso, n. iltis, für wahrscheinlich
und vermuthet eine ursprüngliche form IXxriS; Pott (etym.
forsch. I, 203) hingegen hält das anlautende i für zusatz;
Curtius (zeitschr. III, 407) nennt die wurzel he, beschädigen.
Weit häu6ger ist bei den einsilbigen nominibus die
Verstümmelung im auslaut durch Verkürzung oder gänz-
lichen abstofs des su£Bxes eipgetreten. Vielfach erscheinen
noch die volleren formen neben den verkürzten und beson-
ders im griechischen und lateinischen sehen wir oft die er-
steren im anfang von Zusammensetzungen bewahrt, woge-
gen auf der anderen seite auch bisweilen grade Zusammen-
setzung formverstümmelung veranlaTste. Mitunter bewahrte
die eine spräche die vollere form, während eine verwandte
nur die verstümmelte hat, und da dürfen wir der i^lgemei-
nen lautgeschichte nach in der regel annehmen, dais die
vollere, längere form die ursprünglichere sei: denn überall
bemerken wir, dafs im laufe der Sprachgeschichte formver-
kürzungen eintreten, etwaige spätere erweiterungen oder
Verlängerungen aber nur höchst vereinzelt und selten. Al-
lerdings wird sich nicht in jedem falle mit gleicher ent-
schiedenheit fär unsere gekürzten nomina die ältere län-
gere form hinstellen lassen, da viele der hier zu nennenden
Wörter noch genügender aufklärung entbehren, meistens
jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit.
Zuerst nennen wir diejenigen einsilbigen nomina, ne-
ben denen vollere formen noch vorhanden sind; wir gehen
wieder vom sanskrit aus. Neben skr. dös m. n. arm, tritt
in einigen fällen noch döshan ein (Benfey kurze gramm.
§. 498). Skr. dvär, f. thür, vedisch auch dur, m. hat zur
Seite dvära, n. thür; aulserdem griech. &vQa f., lat föri, f.
goih. daura, n. und daurön f. skr. nas, f. nase, das fbr
näsikä in Zusammensetzung und einigen casibus eintritt, ha-
die euusübigen nomina im griechischen und lateinischen. 373
ben wir unverstümmelt in lat. näßu, m. (alt auch n.), nhd.
nase. nip, f. nacht, steht neben ni^i. skr. uau, f. schiff
= griech. vat/, ist unverkürzt in lat. nävi, f. (vergl. Ebel
in der zeitschr. IV, 345) ; die verkürzte form erscheint aber
auch im latein in nau-frägd, wie au-cep, Vogelfänger, von
ävi, f. vogeL Für skr. g6, m. f. rind; f. erde, tritt in ei-
nigen Zusammensetzungen gava ein; im griechischen ent-
spricht sowohl ßov^ als yijj erde, letzteres zusammenge-
schoben aus yäjra^ das auf der andern seite auch zu yala
wurde, im lateinischen böv, nom. bös (aus bovs); alsgrund-
form im gothischen glaube ich kavi ansetzen zu dürfen mit
nom. sing, kös (fbr kavs), nom. pl. kaveis. skr. math, m.
rührkelle, tritt in einigen fällen ein Ar mathin, urspr. man*
than; ganz ähnlich skr. path, m. weg, fi)r pathin, urspr«
pimthan, womit Bopp (glossar s. 206) lat. pont, m. brücke,
vergleicht. Neben skr. päd, m. fiifs =« griech. 7t63 =r lat.
ped, stöht noch pada, n. fufis, und auch pftda; an das
letztere, doch mit anderem suf&x, lehnt sich unser fufs =
goth. fötu; neben skr. pur, f. Stadt, gleichbedeutend pura,
n. und puri, f. = griech. nok^. skr. vedisch m&h, adj.
grofs, erhaben, hat die volleren mäha, maha, mahat, auch
m4hi zur seite. skr. prtanä, f. beer, wird in einigen casibus
zu prt verkürzt; der männliche eigenname püshan zu
püsh (Benfey kurze gramm. §. 498); ähnlich mänsa, n.
fleisch, zu m&ns. Neben skr. mas, m. mond; monat, des-
sen organische form Benfey (a. a. o.) mänt nennt, »= griech.
/UT^i/ (ionisch nom. jU6^^), ist die vollere- form mäsa (aus
**man8a), m. monat, =» lat. mensi. Neben skr. diva, n.
himmel, erscheint das verkürzte weibliche, vedisch auch
männliche div, das einzige auf v auslautende nominalthema
im Sanskrit, womit skr. dyu, n. tag, himmel, luft, und mit
gunirtem vocal dy6*), f himmel, identisch sind; demletz-
*) Gleichwie skr. gö den accusativ g&m (aus g&vam, Benfey kurze gr.
§. 496) bildet, haben wir auch in den Veden von dyo den singularaccusativ
dyam, dem das homerische J^y genau entspricht, das einige male, z. b. U,
14, 2 66, den vers schliefst, wo einige das y ganz ungehörig zum folgenden
verse hinüberziehen.
374 I«M Meyw
teren entspricht griech. Zcv, nom. Z^ig^ gen. Jiog^asslar.
divas, and der erste theil des lateinUchen Jft-piter, als
dessen grundform wohlJöv, wegen des genitivs Jövis an-
zusetzen ist; ebenso wurde der pluraldativ bübus aus bdv-
bus. skr. r&j, m. könig, ss lat reg, nom. rex, tritt in
Zusammensetzung oft ein Ar das vollere r&jan. Neben skr.
y&r, n. wasser, ist gebräuchlicher v&ri, n. skr. f van, m.
hund, nom. f yA[n] =b griech. xvufVf gen. skr. ^n&s = griech.
xvpog, ist im lateinischen cäni, m. £; gothisch noch voller
hunda; in dem dazu gehörigen medischen 8paka(n)v xuya
xaliovai anäxa Mij3o^, Herodot 1, HO), dessen grundform
man nicht anäx^ nom. <r;fa|, nennen sollte, ist o£fenbar das
Suffix skr. ka. Neben skr. hrd, n. herz, das in einigen
casibus fbr hrdaya eintritt, haben wir im griechischen aulser
dem bereits erwähnten x^(», auch xagÖia^ lat^nisch nur
verkürzt cord, nom. cor, doch goth. hairtan, n.
Neben skr. kshamä, f. erde, =s lat. hümö, f. erde,, er-
scheint vedisch auch ksham, dem zunächst das griech«
Z^oPy nom. x^^^9 entspricht (s. Zeitschrift V, 1 63), ja mit
gänzlichem Verlust des m kshä. Dieselbe starke verstOm-
melung haben wir im griechischen Ja», zunächst för Swfjiy
weil fi im griechischen nicht auslauten kann, dann ftkr Sufucy
n. haus (il. I, 426: ;|foAxo/?ari^ 8w; od. I, 176: nfdiBQov
dw), nachgeahmt von Ennius im latein. do, fbr domum.
Ganz ähnlich stehtxpZ (ü. V,196. Vm,560. od. IV, 41. 604),
n. gerste, zunächst f&r xq^&^ dann f&r XQid^r^. Damit ver-
glichen wird auch Bopps (glossar s. 74) identificirang von
griech. xi nom. xi^, m. holzwurm, komwurm, mit skr. kita,
m. insect, wurm, sehr wahrscheinlich.
Aus dem griechischen sind auTserdem noch folgende
formen zu nennen: j^ijv, m. f . (ans j^i/i'o, /ayi^o), gans, =
skr. hansa, m. gans; im latein mit anderem suffix, auTser-
dem Verlust im anlaut, anser, m. ; die gothische grundform
wQrde **gan8i lauten, griech. (pQiv^ nom. (fQriv^ f. Zwerch-
fell, dann seele, geist, wird in der regel mit skr. präna, m.
bauch, athem, plur. leben, identisch gehalten, die Verschie-
denheit der grundbedeutung aber macht wohl eher einen
die einnlbigen nomina im griecUschen und lateinischen. 373
Zusammenhang mit dem oben beeprochenen plihan, m. milz,
wahrscheinlich. Dem griecL gi'v^ nom. ^4% später auch
giv^ f. nase, entspricht skr. ghräna, n. nase, von ghrä Ip,
riechen, dessen anlautendes gh abfiel und ä zu t geschwächt
wurde, griech. fAvg^ gen. iivog (aus fAvcog)^ m. maus, und
lat. müs, gen. müris (aus müsis), m. f. entsprechen dem
skr. müsha, m. maus, xi^q^ £ todesgöttin, tod, wahrschein-
lich ^ skr. käla, m. tod, todesgott. qx^Q^, m. dieb, und
lat. für, m. f. dieb, entsprechen den skr. cora =» caura,
m. dieb, von skr. cur Ip 10p, stehlen. Neben aA, nom.
aAg, f. meer, m. salz, erscheint im sanskrit noch saras, n.
see, salila, n. wasser; sarit, fluis; sala, wasser (Benfey wur-
zellex. I, 61); im lateinischen entspricht sal*), nom. säl,
m. n. salz, woneben auch bisweilen sale*), n. erscheint,
griech. vt/xr, nom. yt;£, f. nacht, und lat noct (zunächst
fllr nocti, daher gen. pL noctium), nom. nox, stützen sich
auf ein altes skr. nakta, das im adverb skr. naktam, nachts,
bewahrt wurde '^); das entsprechende goth. nahti, nom.
nahts, f. bildet ausnahmsweise noch den dat. plur. nahtam
(Mk. 5, 5). Das ganz ähnlich wie vmr verstümmelte gr.
ovvxj nom- oVi;^, m. nagel, =s skr. nakha, m. nagel, wurde
durch vortreten des o wieder zweisilbig. Das griech. ctlyy
nom. ai|, mit der bedeutung meereswoge, das Hesychius
anf&hrt {alyag ol JwQulg xa xvfxata, siehe £. Curtius^ Die
Jonier, seite 50), ist wohl von aiy, ziege, zu trennen und
scheint identisch mit skr. vSga, m. bewegung, andrang, von
skr. vij, bewegen. Die Verbindung aber von a 7/, nom. ai|,
f. ziege , mit skr. aja, m. Ziegenbock (z. b. zeitschr. I, 497)
ist der vocale wegen sehr bedenklich (s. Kuhn in zeitschr.
111,433). Moglicherweise konnte x^^9 (dat. pl. x^Q^h ^^^
*) Wegen des abfalls des e lassen sich aufser formen , wie auimal fttr
animAle (eig. animäli, wie einige casus noch zeigen) und ähnlichen auch die
verkürzten imperative die, dnc, fac, fer vergleichen, die keineswegs ursprüng-
lich sind. Auch den imperativ i (^ skr. ihi fttr **idhi, griech. XS-i), geh,
hat man für eine uralte, einfache form zu halten längst aufgehört und eine
Verstümmelung darin erkannt.
**) Vedisch auch sonst z. b. naktdshasä, nacht und morgen, RV. I,
96, 5 (zeitschr. V, 144).
376 L«o Key«
du. x*9^^^)j ^' huMl, dem entsprechend bei Lucilius ein
wohl nur entlehntes lat. hir Torkömmt, mit skr. kara, m.
band, identisch sein, gewöhnlich aber wird es mit skr. har,
greifen, fassen, zusammengestdli Neben &ijq (aus i9'€(»o),
m. thier, wildes thier, wof&r ftolisch ^i^q gesagt wird, ha-
ben wir lat. föra, f. wildes ihier; adj. ferö, wild. Dem
griech. avQiyyy nom. atgly^j f. zeile, reihe; nachtvogel,
ohreule, entspricht im lateinischen striga, daneben aber ist
auch strig, nom. strix, £ gebrändüich. Das homerische
U\ glatt, in der Verbindung Xig nir^^ glatter, schroffer
fels (Od. XTT, 64. 79), scheint zunftchst aus iUro, glatt, eben
(Benfey wurzeUex.!!, 122), verkürzt, womit kiaaOf wohl für
iUrfd, eng zusammengehört; auch Xicc^ nitQij haben wir
bei Homer, z. b. Od. m, 293. V, 412. X, 4.
Mehrfach stehen innerhalb des griechischen selbst die
volleren und verkfirzten formen neben einander. Neben
XQOxtjj f. einschlagfaden, erscheinen die vereinzelten xgojcay
acc sing, und xQoxag^ nom. pl., die eine verkürzte grund-
form xQox voraussetzen. Der homerische dativ alx/, ne-
ben aXxij^ £ kraft, setzt eine verstünmielte grundform äkx
voraus. Ganz ähnlich haben wir neben a'ixijj £ andrang,
bewegung, den plural äüceg, grundform ä'ix. Für nvytjj £
hinterer, ist später auch »v/, nom. nt;£, f. gebräuchlich;
fbr nrvx^ nom. mv^^ £ falte, erscheint, wenn auch nicht
in älterer zeit, auch nrux'ni ebenso f&r ^fiy^ nom. (^<J^, £
auch m. rifs, spalt, ein voUeres ^(ayi^. Neben ykavx^ nom.
/Aat;^, f. nachteule, werden auch yXavxo und ylaixa^ f. an-
geftkhrt. xag^ in der Verbindung inl xag^ auf den kop^
kopftber, ist nebenform von xaga^ n. kop£ Neben cxix,
nom. <rr/|, £ reihe, steht «rri^o, m. reihe, Ordnung; auch ein
atixv wird angegeben. Dann sind zu nennen ngox^ nom.
ngol^ £ seltner m. reh, imd ngoxdd^ nom. n^xdg^ £; Xiß^
nom. Alt/;, £ tropfen, trankopfer (nach Hesych. auch in der
bedeutung verlangen, und steiler fels), und h^ßadj nom. iU-
ßdg^ £ das tröpfelnde, das nafs, quell; y/qp, £ schnee, das
aber nur im acc. vi€pa vorkömmt, und vitpdS, nom. vupdg^
£ Schneeflocke; im lateinischen entspricht niv, nom. nix,£
die einsilbigen nomina im griechischen und lateinischen. 377
schnee, im gothischen mit unversehrtem anlaut nnd ver-
stärktem wmrzelvocal snaiva, m. yi^dx^ ^' Rachel der ähre,
ist nur in der mebrzahl gebräuchlich, daneben im Singular
yhoxiVy f. spitze. Saivy nom. 8a Ig^ f. und Salri], f. mahl,
gastmahl, gebraucht schon Homer neben einander, arvyf
nom. atv^j f. abscheu, hafs, hat ein sächliches crvyog, hafs,
zur Seite, (pgi'x^ nom. tpgii^ f. rauhe Oberfläche, das kräu-
seln, und (pglxtjy f. rauhheit, Schauder, stehen einander sehr
nah. ^ixV'> f* krümchen, bröckchen, nennt Hesychios ne-
ben ^p^x^ ^^^ ^^^9 ^'^' ^^ nv^v^ nom. mit Umstellung
nvv^ (s. Ebel in zeitschr. I, 295. IQ, 143), gen. nvxvog, f.
Volksversammlungsplatz in Athen, ist das v unzweifelhaft
ein verstümmeltes sufifix, ganz ähnlich wie lat. cäron, nom«
cäro, f. fleisch, in der flexion z. b. gen. camis verstümmelt
wird, und neben agvog, agvi^ S. schaf, ein ungebräuchlicher
nom. agijv, grundform ägiv, angefahrt wird.
AehnUche Verstümmelungen im auslaut finden sich na-
mentlich häufig in adjectivischen Zusammensetzungen, wo-
neben die einfachen adjectiva oft unversehrt blieben, so
können wir nennen a-ßXrix^ nom. m. aßki^g^ ungeworfen, ne-
ben /?Ai?ro, geworfen; a-/?pft5r, nicht verzehrt, und ßQwro^
eisbar, eig. gegessen; iifAir&viqT^ halbtodt, i9'y;;ro, sterblich,
eig. gestorben; a-^^Tfr, ungebändigt, einfach nicht ge-
bräuchlich; ä^xfirJTj unermüdlich, XfxrjTO, mit mühe gear-
beitet; i'Tttcir, nicht fallend, titwtoj fallend; ä-mijv, nicht
flügge, tttfjvoy befiedert, und andere.
Aus dem lateinischen sind folgende formen als im aus-
laut verstümmelt anzufahren: jus, gen. juris, n. brühe, =
skr. yüsha, m. n. brühe, lat. rös, gen. röris, m. thau, =
griech. Sqoco, f. thau = skr. rasa, m. saft, flüssigkeit. lat.
greg, nom. grex, m. heerde, menge, scheint identisch mit
skr. grha, m. haus, eig. menge, Verbindung, womit auch skr.
grama (aus **grahma), m. dorf, menge, zusanunenhängt. lat.
hiem, f. nom. hiems, £ winter, = skr. hima (aus **hyama),
m. Schnee, kälte, wurde trotz der Verstümmelung wegen
vocalisation des y wieder zweisilbig; bewahrt ist unversehrt
un auslaut die form in den adjectiven btmö, zweijährig, ff.
378 Lm Maytr
(Aufrecht in zeitschr. IV, 415). lat. Ö8, gen. öris, n. gesiciit,
sBs skr. Asya, n. gesiebt, woneben aber auch schon in den
▼eden das verkürzte fts, mund, vorkömmt, verlor dasselbe
sufiix, wie lat. söl, m. sonne, ss skr. sürya (aas ''svärya),
m. sonne; das griechische ^Xio (aas i^iXiOy qfaiXio) jedoch
ist davon zu trennen, hingegen entspricht griech. tfci^io,
woneben Hesychius die verkürzte form aaiQ anführt (siehe
Curtius in zeitschr. I, 31). Die n&ndiche Verstümmelung
haben wir wahrscheinlich in lat. pic, nom. pix, f. pech, =
griech. niaaa^ aus **mxia. nön, alt auch noenum, nönum,
nicht, eig. nicht ein, ist verstümmelt aus ne ünum, alt ne
oenum, wie unser nein aus ne ein. Das adverb sät, ge-
nug, ist aus gleichbedeutendem sätis verkürzt. Dem lat
mox, adv. schnell, bald, entsprechend erscheint in den ve-
den ein skr. makshü, adj. schnell. Dafs virö, m. mann =!=
skr. vtra, m. held; goth. vaira, m. manu, den nominativ vir,
nicht virus, bildet, ist weitergreifendes lautgesetz, womach
z. b. ager für agerus, agrus, grundform agrö «= skr. ajra,
m. feld. Neben stipet, nom. stipes, gen. stipitis, m. stock,
stamm, findet sich bei Petronius sttp, nom. stips. glüt,
nom. glüs, f. ist eine vereinzelte nebenform von glüten, n.
leim. Für Dit, nom. Dis, m. Pluto, findet sich auch noch
das vollere Dtti, nom. Ditis. Der ausruf pol ist verstüm-
melt aus Pollux. Neben v&s, gen. väsis, n. geflKs, er-
scheint auch, namentlich in älterer zeit väsö, nom. vftsum,
dessen plural väsa, väsorum der gebräuchliche blieb, lat.
söpi, saepi, nom. sSpes, saepes, f. zäun, verzäunung, erscheint
bisweilen, auch bei Cicero, verkürzt zu sep, saep, nom.
seps, saeps. Auch bei folgenden Wörtern finden wir ältere
volle nebenformen: fäc, nom. fax, alt auch föces, f. fackel;
frond, f. laub, nom. firons, alt auch frondis, daneben wird
auch angegeben fros und friis; früg, nom. frux, alt auch
frügis, f. frucht; merc, nom. merx, alt auch merces, f.
waare; trab, nom. trabs, alt auch träbes, f. balken; plöb,
nom. plebs, f. volk, alt auch plSbg, nom. plöbes. stirp, f.
stamm, hat für nom. etirps in den besten handschriften
die nebenformen stirpes und stirpis. Das verkürzte *pöt.
die einaUbigen nomioa im griechischen und lateinischen. 379
neben piHis, vermögend, das meist anflectirt gebraucht
wird, findet sich nur in Zusammensetzungen, com-pöt, nom.
m. compos, und pos-sum aus pot-sum; ebenso das ver-
kürzte *cöc nur in prae-cöc, nom. m. prae-cox, neben prae-
cöquö und prae-cöqui, frühreif; es gehört zu cöquere, ko-
chen, = skr. pac, Ipa, kochen, wie hiezu griech« nkstov^
reif, und nhd. reif zu skr. ^ri, 9pa, kochen.
Bei einigen lateinischen Wörtern erweist sich die un-
ursprünglichkeit der einsilbigkeit durch die consonanten-
verdoppelung in der flexion, die mit Sicherheit auf ursprüng-
lich vollere formen schliefsen läfst. So hat os, gen. ossis,
n.knochen, noch die alte nebenform ossö, bisweilen auch
ossu, das durch assimilation aus ostö entsprungen ist und
dem skr. ästhi, n» knochen, entspricht, wofür in einigen car
sibus asthan eintritt; dazu gehört griech ocxiov (siehe Kuhn
in zeitschr. III, 325). lat. as, gen. assis, m. einheit, verein-
zelt auch unverstümmelt assi, nom. assis, das auch in Zu-
sammensetzungen erscheint wie sem-issi neben semis, bessi
(aus bi + assi) neben dem gebräuchlicheren bes, ist viel-
leicht identisch mit skr. akshi, n. = aksha, n. äuge, äuge
im Würfel, Würfel, wie wir auch für lat axi, m. achse, =
skr. ak|ba, achse, bisweilen assi geschrieben finden; die-
selbe assimilation in griech. o0<7€, die beiden äugen, fär,
gen. farris (urspr. farsis?}, n, speit, dinkel, getraide, ist
vielleicht identisch mit goth. bans, n. gerste. fei, gen.
fellis (aus felvis?), n. galle, hängt zusammen mit griech.
XoXriy £ galle, und skr. harit, gelb, grün, mel, gen. mellis,
n. honig, vielleicht ursprünglich melli aus mel- vi =: skr.
madhu, n. honig, aus madhva, ist schwerlich unmittelbar
mit dem gleichbedeutenden griech. ^tlix^ nom. iiih,^ iden-
tisch, wenn nicht etwa dieses für ^eXfit steht.
Einige lateinische feminina, in deren flexion ein t her-
vortritt (meist mit vorhergehendem consonanten), das vor
dem nominativischen s ausfiel, sind ohne zweifei durch das
im Sanskrit sehr gewöhnliche abstractsuffix ti gebildet, das
wir z. b. noch in ihrem pluralgenitiv ti-um deutlich erken-
nen, art, nom. ars, gen. pl. arti-nm, f. kunst, steht nach
380 Leo Meyer
Bopp (glossar 81) für carti, von skr. kar, machen (ähn-
lich lat ämo = skr. kämayämi, ich liebe), wie auch griech.
tixvrjy kunst, zu skr. taksh, bereiten, machen, gehört, cöt,
nom. cds, f. Wetzstein, = einem skr. päti von skr. 9yd, 9yä
(eig. **a9-7ä), schärfen, dessen passivparticip p&ta oder (ita,
scharf, lautet, ddt, nom. d6s, f. gäbe, würde im sanskrit
lauten **däti, von skr. da, geben '^); im griechischen ent-
spricht das auch verkürzte ^cJr, nom. öwg^ f. gäbe. Das-
selbe suf&x haben wir wahrscheinlich auch in lat quigt,
nom. quies, f. ruhe, eig. das liegen, = skr. **9iy4ti, von 91,
liegen, gent, nom. gens, gen. pl. gentium, f. geschlecht,
zu skr. Jan, erzeugen**), fort, nom. fors, f. zufall, Schick-
sal. Vielleicht enthält auch cort (chort, cöhort), nom.
cors, f. häufe, menge, unser suffix. ment, nom. mens, alt
auch mentis, geist, verstand, «= skr. manti, wovon mit aus-
stofs des nasals skr. mäti und mit dehnungsersatz griech.
fAVri^ von skr. man, denken, mort, nom. mors, f. tod, zu
skr. mar, sterben, pult, nom. puls, f. brei, griech. nolro^
m. brei, zu pellere, stofsen, zerstofsen. spont, f. eigener
wille, willkühr, fast nur im ablativ sponte, selten im geni-
tiv spontis gebräuchlich, sort, nom. sors, alt auch sortis,
verlor vielleicht ein c in der anlautsgruppe und • könnte
dann zu skr. kr, kar (aus **8kf, **skar), auswerfen, aus-
streuen, wozu auch griech. xA^po, m.loos, gehören. Wahr-
scheinlich gehört hieher auch lit, nom. Its, f. streit, das
verstümmelt wurde aus älterem stlit***) (siehe Quintilian
I, 4, 16); dies hängt zusammen mit nhd. streiten und ent-
stand wahrscheinlich aus stUd-ti, wie z. b. miti, milde, aus
mild-ti. front, nom. frons, f. alt auch m. stim, wird ge-
*) Es findet sich noch im Rigv. in compositis z. b. dältivftra (I, 167. 8;
III, 51. 9) havy^&ti R. V, 26. 4; VI, 1. 9 und hat die gleiche bedeatung. K.
** j Es ist = skr. j4ti f. art, geschlecht, welches fttr janti steht. K.
***) Ganz tiisUch lautet stlSco, die ursprüngliche form von loco, m. ort,
dessen öfters wiederholte Zusammenstellung mit skr. loka, m. weit, also ganz
ungehörig ist. Es gehört vielmehr wie nhd. stelle = goth. **stalja, zu skr.
sthal, stehen, gleichwie aus dem einfacheren skr. sth&, stehen, sich das skr.
sth&na, n. ort, bildete. Das -co aber ist wahrscheinlich das nominalsuffix
skr. ka.
die einsilbigen nomina im grieduBchen nnd lateinischen. 381
deutet aus skr. bbrA-vant, mit aogenbrauen begabt (Benfey
t^urzellex. I, 100).
Die mascnlina auf nt sind vielleicht, wie dent, zafau,
sämmtlich alte früh unkenntlicb gewordene präsensparticipe.
mont, nom. mons, m. berg, läfst sich vielleicht identifici-
ren mit skr. mahant, grofs, eig. wachsend, von skr. mah,
wachsen; Bopp jedoch (siehe zeitschr. IQ, 399) vermuthet
Verstümmelung ans skr. himavant, m. schneebegabt, das als
bergname vorkömmt, fönt, nom. fons, m. quell, verlor
vielleicht in der anlautsgruppe ein r oder 1, das seinen as-
pirirenden einfiufs ssurücklieis (vergl. lat. piö = skr. priya,
Kuhn in zeitschr. Y, 216) und würde rieh dann mit skr.
plu =s lat. fluere, flieisen, verbinden, wozu wir auch griech.
(pgiaQT (aus q>QifccQT)y nom. (pQiag^ gen. q^giazog, n. brun-
nen, und goth. brunnan, m. quell, glauben stellen zu dür-
fen. Kuhn hingegen (in zeitschr. III, 399) identificirt fönt
mit skr. dhävant, dem particip zu skr. dhäv, laufen, wa^
sehen; Yarro und Festus führen es auf fimdere zurück,
pont, nom. pons, m. brücke, ist schon öfters (z. b. von
Kuhn in zeitschr. lY, 75) mit skr. pathin, f&r ursprüngliches
panthan, m. weg, zusammengestellt. Hier nennen wir auch
noch das adjectiv sont, nom. m. sons, schädlich, sträflich,
das nach unserer ansieht ein c in der anlautsgruppe ein-
büiste (vgl. nhd. soll = goth. skal) und 'ein altes particip
(kshayant) von skr. kshi (f&r ski) 10p, zernichten, verletzen,
beschädigen, ist, womit wir wahrscheinlich auch nhd. sünde
SB goth. ''^sundja, eig. Verletzung, in Zusammenhang brin-
gen dürfen. Dals wir neben lat. dent im sanskrit danta
haben, sahen wir schon oben.
Das lateinische lact, nom. lac, n. (alt auch m.) milch
= gr. ydXaxT (urspr. yXdxvo^ vgL yXaxto-q^dyo ^ 11. XIII, 6
und das homerische ykäysg, nom. yXdyog^ n. milch), nom.
ydlaj scheint ein altes durch suffix skr. ta gebildetes pas-
sivparticip zu sein. Seine Zusammenstellung mit skr. marj
(mjj, z. b. Benfey wurzellex. 11, 358), abreiben, nhd. melken,
bleibt der anlautenden consonanz wegen sehr bedenklich.
Der bei weitem gröfsere theil der noch zu nennenden
382 Leo Meyer
einsilbigen nomina im griechischen sowohl ab im lateini-
schen und auch im sanskrit, ist, wie es auch viele der be-
reits angefahrten sind, weiblichen geschlechts» Besonders
viele einsilbige nomina im sanskrit sind weibliche abstracta,
denen mehrfach gleichbedeutende fonnen auf & (bisweilen
auch i) zur seite gehn, die wir gewifs ftlr die ursprüng-
licheren halten dürfen. So haben wir skr. krudh, f. zoni,
und krudh&,f. zom; kshudh und kshudh&, f. hunger; ruj
und ruj&, f. krankheit; mrd und mrd&, f. erde, thon, koth;
ürj, f. st&rke, und ürj£, f. göttin der stärke; vedisch td,
f. Verehrung, opfer, und idä; vedisch kshap und kshapft,
* f. nacht. Neben skr. ruc, f. glänz, dem lat. lue, nom. lux,
f. licht, entspricht, erscheint gleichbedeutend skr. ruci, f.
Aufserdem sind von weiblichen abstracten zu nennen skr. gir,
f. stimme, gesang; tvish, glänz, licht; di9, gegend, him-
melsgegend; dht, geist, verstand; bh&s, glänz, höht; bhf,
furcht; mud, freude; yudh, kämpf; rush, zorn, wuth;
hrf, schäm. Dem skr. vac, stimme, rede, entspricht gr.
071^ nom. oipy f. stimme, rede, und lat vöc, nom. vox, £
stimme, skr. 'prat, glauben, erscheint nur in skr. (rad-da-
dhämi, ich schenke glauben, = lat. crMo, ich glaube, skr.
^rt, glück, heil, Schönheit, anmuth; auch name einer göt-
tin, womit abgesehen vom suffix auch lat. Ceres, n<Hn. Ce-
rSs, gen. Cereris, identisch ist. Yedische sind noch zu
nennen t&n, dehnung, ausdehnung; macht; opfer; dvish,
hafs, feindschaft; bhuj, genufs; mrdh, schlacht; vid, das
wissen; vrt, Wendung, thal; vrdh, wachsthum, segen;
vyush (aus vi-ush), das aufleuchten; ^ubh, glänz; sprdh,
kämpf. Weitere feminina sind skr. ap, f. wasser, nom. &p,
acc. &pam, das unzusammengesetzt fast nur im plural ge-
bräuchlich ist, wo das eintreten eines d ftr p vor den bh
anlautenden suffixen auffiillt, z. b. instr. pl. ad-bhis. skr. rc,
preisvers, lobvers. skr. *jam, gemahlin, und gleichbedeu-
tend *dam in den Zusammensetzungen jam-patt*)=s dam-
*) Ganz fthnlich sehen wir das erste glied einer Zusammensetzung Ter-
stammelt in griech. it^nora^ m. herr, =s skr. d4sa-pati (siehe z. b. zeitschr.
V, 161), herr der feinde, heir der nnterthanen, dessen erster theil im grie-
chischen nicht einfach erscheint.
die einsilbigen nomina im griechiBchen und. lateinischen. 883
patt, firau und mann, jyä, bogensehne) yergl. griech. /?<o,
m. bogen, sanskr. tvac, haut, baumrinde; drp, äuge (ve-
disch auch dr^A, m. äuge); dhur, deichsei; stim, bist;
bhü, erde; vish, mist, koih; sphic, hinterbacke,- sraj,
blumenkranz; sruc, opferlöffel. Yedische sind noch
kship, finger; vip, finger; vi^, haus, familie; plur. men-
schen; jür, alte frau (nur einmal im yeda, siehe zeitschr.
V, 147), eng verwandt mit gleichbedeutendem griech. ygccv;
tue, nachkommenschaft; ja, nachkommen, sprois; dru,
wasserkufe; van, liebe, Terehrung, geliebtes? (Benfey Sa-
maveda 163), daneben vana, n. Verehrung.
Einsilbige masculina erscheinen nur sehr wenige: skr.
glau, mond; krunc (auch f.), kiebitz; nt (auch f.), fbh-
rer. Yedisch: ydj, genösse; hrüt, beschädiger, feind;
nid, tadler, eig. tadel? (Benfey Samaveda 111). Neutra
sind nur kha, luft, himmel; svar, unfiectirt, himmel, wo-
neben sftra, m. sonne; vedisch y6s, freude, Seligkeit (Ben*
fey Samaveda); 9 am, oder ^a? (Benfey a.a.O. 180), heil,
glück. Ein paar vedische einsilbige adjectiva sind j ü (meist
in Zusammensetzung), eilend; vip, preisend; jy6k, adv.
lange, skr. nyac (aus ni-ac), kurz, niedrig, schlecht, wurde
nur durch liqaidining des i einsilbig. Zum schlufs nennen
wir die Zahlwörter dva, zwei, =s griech. dvo, lat duo, goth.
tva; tri, drei, := griech. r^/, lat. tri, goth. ^n und shash
(aus saksh), sechs, s= griech. S|, lat sex, goth. saihs, die
etymologisch sehr dunkel sind. Dafs griech. Mvy nom. slg^
m. filcc f. ^i/, n. aus skr. sama, all, ganz, gleich, entstand,
zeigten wir oben seite 163. 164. dus^ adv. übel, bös, =»
griech. Sug^ erscheint nur in Zusammensetzungen, skr. ^väs,
adv. morgen, = lat. cras; skr. hyas, adv. gestern, = gr.
Xd'ig = lat. heri*).
*) Eine änfserBt dankensweithe ziiBanimenstellnng von wurzelwöitem, die
ohne weiteres soffix als nomina gebraucht werden, hat Mr. Ad. Regnier in
seinem empfehlenswerthen (^tude sor Tidiome des V^dos et les origlnes de la
langue sanscrite. Premiere partie Paris 1855) gegeben; ich verweise in betreiF
der hier ausgelassenen (namentlich sind die reich rerseichneten in compositis
vorkommenden hier za wenig berücksichtigt) aaf das dortige verzeichnifs
p. 98 — 114. Zugleich wird man den vom Verfasser dort ausgesprochenen
384 Leo Meyer
Auch aus dem griechifichen steUen wir von den noch
übrigen einsilbigen nominibus die weiblichen als die zahlrei-
cheren voran: ßijx^ nom./9i7|, auch m. husten; yXavx^ nom.
ykavi^ eine pflanze, = lat« glauc, nom. glaux, £ (bei Pli-
nius XXVll, 9, 58); xgix^ nom. xgii^ ein vogel; tqixj nom.
&Qi^y gen. TQixog^ haar; Ai;//, nom. Xvyij schlucken, schluch-
zen; ntvyy^ nom. nrvy^^ ein wasservogel; nXäxy nom.
nka^^ flftche, ebene, = latlanc, nom. lanx, f. schlÜBsel,
Bchaale (zeitschr. III, 157); ^of/, bisweilen ^ft»/, nom. pa^^
^ctf|, beere; aagx^ nom. aag^^ nach Kuhn (zeitschr. II, 236)
nah verwandt mit skr. asrj, n. blut. OTQccYy'i nom. argay^y
das ausgepreiste, tropfen; ix, nom. 7|, name eines schäd-
lichen käfers bei Hesychios; (ploy^ nom. (pKo^^ flamme.
^in, nom. ^tt//, flechtwerk, binsen ; ^wn^ nom. ^tp, Strauch-
werk, reisig; daneben erscheint gleichbedeutend ^con^aJ, nom.
^fonaq^ {. aijnj nom. öijyjy auch m. = lat sSp, nom. sßps,
m. f. giftige schlänge, eidechse; än^ nom. o!^, äuge, ge-
siebt; fpkißy nom. (fXiipy blutader, ader. (p&sig^ auchm.
laus, gehört zu skr. kshur, kshar, schaben, kratzen. tpiS,
nom. i/z/V, krume; (^iy, nom. ^ifv, schaf. &%Vy nom. &igy
auch m. häufe, dünen, Strand, t'y, nom. tg^ sehne, mus-
kel, kraft; Kuhn (zeitschr. II, 133) stellt es = lat vi, nom.
vis, und erklärt das v aus einer erweiterung des Stammes,
wie in dem pronominellen ri, rivog. av^ nom. avg =» v,
nom. VQy f. auch m. schwein, sau, =: lat. sü, nom. süs, gen.
suis, f. m. schwein, gehört zu skr. sü-kara, m. schwein, das
augenscheinlich eine Zusammensetzung ist mit einsilbigem
ersten gliede; die weiblichen avaiva^ sau, und vaiva^ eig.
sau, dann hjäne, sind gebildet wie aus grundformen avcev
gnmdBätzen über die einBilbigen nomina beipflichten mllBseiii indem er ihnn
Ursprung fUr einen doppelten hält, n&mlich sie einestheils fttr identisch mit
der Wurzel, andemtheib durch yerBtUmmelung einsilbig geworden erklXrt.
Wenn unser verehrter mitarbeiter auch in den meisten der bisher betrachteten
fUle recht haben wird, eine ursprünglich zweisilbige form anzunehmen, so
können wir ihm dies doch nicht für die mit yerbalen wurzeln identischen
nomina einrttumen. Die indogermanischen sprachen haben ebenso gut einen
zustand der einsUbigkeit hinter sich als sie ihn, wie das englische am be-
sten zeigt, vor sich haben; das beweist aber, dafs beide wege zur etymolo-
gischen erklttrung einsilbiger nomina beschritten werden muTsten. K.
die einsilbigen nomina im griechischen und lateinischen. 3S5
und vav. Wahrscheinlich kommen auch die vereinzelten ho-
merischen casus Afr/ (II. XVIII, 352; XXIII, 254) und llxa
(od. 1,130) auf ein weibliches Air, nom.A/^ (gewebe?) zurück*
Die meisten noch zu nennenden einsilbigen nomina
männlichen geschlechts im griechischen bezeichnen thiere;
es sind Av/x, nom. Ivyl^^ luchs, dem das lat. lync, nom.
lynx, nur entlehnt ist; im ahd. luhs, thema luksi, ist si
su£Sx. (Tc/>i7x, nom. ctpril^^ wespe; tQfiy^ nom. r(>ai|, na-
ger, firesser, wurm; yvn^ nom. yv\p^ m. geier; d-qtn^ nom«
{^gltp^ wurm; T^r, nom. tip^ wurm; öxtin^ nom. axoi^j
eule, kauz; uvtn^ nom. xvltp = öxvtn, seltener axvtq>^
nom. Gxvltf)^ insect, ameise, knauser; yqvu^ nom. ygmlf^
greif; neben dem lateinischen gryph, nom. gryps, ist auch
gryphö gebräuchlich; das 2A].yQin6 bezeichnet gekrümmt,
mit gekrümmter nase. '^vv^ gall wespe; ;^77^, igel. xpaQ
= tpiJQ^ staar; das adyxpago bezeichnet staargrau, asch-
grau; Förstemann (zeitschr. 111,48) hält fbr identisch ahd.
stara, f. nhd. staar; auch darf man wohl nhd. sprehe dazu
stellen; in jenem falle wäre das verhältnifs umgekehrt wie
in sper-ling =: argov&o^ die höchst wahrscheinlich zusam-
menhängen (vgl. zeitschr. IV, 34); ganz entsprechend aber
wäre das verhältnils von nhd. streiten, goth. **streidan, mit
dem oben erwähnten vedischen sprdh, f. kämpf. A7, nom.
Xig (aufserdem bei Homer nur acc. A7v, II. XI, 580), löwe,
hängt ohne zweifei eng mit Aäovr, nom, U<ov^ löwe, zu-
sammen; vielleicht ist dieses gar kein fremdwort, wie man
anzunehmen pflegt (Benfey wurzellex. 2, X, hebr. läbi), son-
dern, da es für Xijrovr (vergl. mhd. lewe) steht, eine alte
participialform zu skr. lü, reifsen, zerreifsen. Aufserdem
sind männUehgeschlechtig xAoiv, zweig, schöfsling; xriv^
nom. xre/^, kämm, zu skr. kshan, verwunden schaben;
cq>riVy keil, wahrscheinlich = ahd. span, nhd. spahn, spohn
(Kuhn in zeitschr. IV, 15); &(ün^ nom. tJ^wt/;? Schmeichler;
xXdn^ nom. xXni^^ dieb; >lf/9, nom. Xiy/^ südwestwind;
nQfox^ nom. nQ(a^^ tropfen, und &rit^ nom. i^Tjg, leibeige-
ner, miethknecht.
Sächlich sind aufser den oben besprochenen formen
V. 6. 25
386 ^<> M«7w
Ton den einrilbigen nnr axagt^ nom. axcip^ gen. tncarog,
koth, nach Bcnfey = skr. ^akrt (ftkr **8akrt, **8krt), n.
koth, und nv g^ nom. nvQ^ feaer, das wahrscheinlich za
skr. pü, reinigen, erleuchten, gehört; Schweizer (zeitschr.
IQ, 380) setzt es = einem skr. **pava8, **pavar; das ent-
sprechende ahd. fior, goth. **fiura macht aber eine verstQm-
melnng im auslaut wahrscheinlich, so dafs die ursprüngliche
form vielleicht lautete ^pavara. Von einsilbigen adjectiven
bieten sich ßkdxj nom. m. ßXa^y schlaff, dumm, träge, zu
skr. mlai Ip, welken, matt werden; aufserdem nrax, nom.
m. ^ira|, und nroix, nom. m. mw^^ schüchtern, furchtsam
(besonders vom hasen), letztere beiden gehören wohl zu
skr. pat, fallen, fliegen; alle drei scheinen durch das suffix
skr. ka gebildet, das seinen yocal verlor, wie öfters im la-
teinischen z. b. in senec, nom. senex, wogegen der name
8eneca den vocal bewahrte; im griech. yvvahc, der bekann-
ten nebenform von ywtj^ sprang der vocal zurück, ywatx
ftkr yvvaxi^ w&hrend Ahrens (zeitschr. III, 86) z. b. den ge-
nitiv ywaixog seltsam aus einer form skr. jan^y&s deutet.
Wahrscheinlich haben wir eine adverbiale erstarrung des-
selben sujBSzes skr. ka in yvv^^ mit gebogenem knie, von
yow^ und vielleicht auch in tevI (aus nvy'Xaqi nvyfiij ist
faust), f&nstlings, und Aa| (fbr **xXd^^ Benfey wurzellex.
II, 316), mit der ferse. Das homerische Xln (Junii) bei
aXeltfuVf salben, meist vor kXaltp^ doch auch ohne die/s,
z. b. Od. VI, 227 gehört ohne zweifei zu skr. lip, salben,
bestreichen, ist aber übrigens nicht vöUig klar.
Im lateinischen überwiegen unter den einsilbigen no-
minibus die weiblichen wieder sehr; wir haben noch anzu-
fbhren arc, nom. arx, bürg; calc, selten m. nom. calx^
ferse; stein; wahrscheinlich hängen damit zusammen skr.
^lä, f. stein; griech. x^cXiXj nom. x^^^^ ™- f- ^deiner stein,
kies; skr. ^arka, kiesel (Benfey wurzellex. 11, 176); cruc,
nom. crux, beiEnnius m., kreuz; däp, nom. daps, festmahl;
faec, nom. faex, das unreine, hefen, bodensatz; falc, nom.
falx. fraud, nom. fraus, betrug, eigentlich Verletzung,
stellt Curtius (zeitschr. II, 399. 400) zusammen mit griech.
die einsilbigen nomina im griechischen und lateinischen. 387
&pavaiVj zerbrechen, gl and, nom. glans, eiohel, griecfa.
ßdkavo^ f. eichel; laud, nom. laus, f. lob, zu skr. ^ru, hö*
ren; leg, nom. lex, gesetz; nee, nom. nex, tod, zu skr«
na^, sterben; nuc, nom. nux, nufs; päc, nom. pax, ver-
trag, zu skr. pap, binden; nrb, nom. urbs, Stadt, hängt
gewifs eng zusammen mit orbi, m. kreis. Noch zieht man
hieher fauc, Schlund; öp, macht, vermögen; prec, bitte,
zu skr. prach, fragen; stip, gdd, beitrag, und vic, wecb«
sei, von denen aber die singnlarnominative faux, ops, prex,
stips und vix nicht vorkommen; Ops allerdings als name
einer gottin, wofbr Hygin Opis hat.
Männlich sind nur düc, nom. dux, f&hrer; gUs, nom.
glis, gen. gliris, bilchmaus; lär, nom. lär, nom. pl. lares,
alt läses, schutzgott des hauses, haus, wohnung; Itc, nom.
lix, asche; väd, nom. vas, bürge, und die namen N&r,
ein nebenflufs der Tiber, und Hart, nom. Mars, lieber
den letzteren handelt Corssen zeitschr. lU, 1 — 35 und deu*
tet ihn aus mas + t, der männliche, der erzeugende; die
nahestehenden formen Mämert und Marmar seien durch
reduplication daraus entstanden, Mavort aus Mamort; grund-
form sei Mas, da z. b. an einigen stellen bei Yarro und
Friscian Maspiter für Marspiter stehe. Die deutung von
Mart aus mas-t ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich; mas
selbst aber ist durchaus noch dunkel; Bopp (glossar 218)
vermuthet Verstümmelung aus skr. pdmams, männlich, mann;
Benfey (wurzellex. II, 36) stellt es nebst skr. manu, mann,
viroraus er auch den zweiten theil von pümams deutet, zu
skr. man, denken. Vielleicht gehört es zu skr. marsh (mrsh)
Ip, benetzen, befeuchten, erzeugen, das erinnert an skr.
varsh (vrsh) Ipa, ausgiefsen, benetzen, erzeugen, stark sein,
aus welchem letzteren z. b. griech. jrdQCeVy ägasv^ äfgsv,
nom. m. ägatjv^ ccQQtjv, hervorging. Vielleicht ist Mart ur-
sprünglich ein gott des Sturms und identisch mit skr. ma-
rut, m. wind, stürm, gott des windes*).
♦) Dieselbe ▼ermnthang hatte ich bereit« in Haapts «eitschr. V, 491
ausgesprochen. K.
25*
388 1^0 Meyer
Von einsilbigen nentris eind noch zu nennen die bei-
den unflectirten fas, recht, und git, gith (nebenform giti,
githi), römischer Schwarzkümmel, dann stl, gelbliche erde,
ocker, und das dem griechischen &vig, nom. Ovog^ n. r&uch-
werk, entsprechende thüs, auch tüs geschrieben, gen.
thüris, türis, Weihrauch, zu skr. dhü, dhüp, räuchern, wozu
auch nhd. duft. Von adjectiven aufser dem eben bespro-
chenen mas, gen.'märis, mfinnlich, nur triic, nom. trux,
grausig, hart Von sonstigen formen fbhren wir noch an
auiser dem eigenthümlichen frit, das oberste der ähre (bei
Yarro), die adverbia en, §iehe; cur, alt quor, warum, =
skr. ktttra, woher; vis, kaum, ursprünglich vielleicht Ticis
(zeitschr. III, 291) und vel, oder; das letztere, dessen deu-
tung aus Teile, wollen, unwahrscheinlich klingt, ist viel-
leicht ein abgeschwächter comparativ zu dem enklitischen
ye =s skr. vä, oder, mit Übergang you r in 1; höchst
wahrscheinlich aber hängt vä zusammen mit dem prono-
minellen skr. ava, ab, von, aus dessen Verbindung mit dem
pronominellen ta lat. aut hervorging und das comparativi-
sche nhd. oder (== skr. "avatara?).
Im deutschen giebt es den behandelten sanskritischen,
griechischen und lateinischen einsilbigen genau entsprechend
gar keine nomina, scheinbar allerdings sehr viele, da nach
einem durchgreifenden lautgesetz im gothischen alle the-
men auf a (aufser den weiblichen) und i im singulamomi-
nativ diese vocale einbüfsen, z. b. akra = skr. ajra, acker,
nom. sing, akrs, dat pl. akram ; fadi = skr. pati, herr, nom.
sing, fads, dat. plur. fadim, und in späterer zeit diese vo-
calverstümmelungen der suffixe noch weiter um sich grei-
fen, z. b« nhd. söhn = goth. sunu = skr. sünu.
Göttingen, den 28. april 1856.
Dr. Leo Meyer.
anzeige.
II. JLnxeige.
Das gothisqhe aiphabet Vulfilas und das runen-
aiphabet.
Eine sprachwiMenschafUiche untersnchung yoq JaliuB Zacher. Mit einer
Schrifttafel. Leipzig, F. A. Brockhaufl. 1855. XIV. 120 b*
Gestutct anf die arbeiten 7on W. Grimm, Manch, Eirchhoff,
y. Liliencron mid Mollenhoff unterwirft der Verfasser die bishe-
rigen resultate über die Ynlfilaschen und nmenalphabete einer
nochmaligen prafnng and sodit die bisher theils zweifelhalit, theils
anerklärt gebliebenen benennnngen der bachstaben und den nr-
sproxig ihrer zeichen weiter aufzahellen. Die umsieht und sach-
kenntnifs, mit welcher er dabei 2a werke geht, verdient alle an-
erkennang and man wird ihm in vielen seiner resultate unbedingt
beistimmen, namentlich darin, dafs Yulfila einzelne buchstaben
nicht unmittelbar aas der lateinischen schrift entnommen, son-
dern sein aiphabet aus einer glücklichen verbindang griechischer
und runischer alphabete entnommen habe. Besonderen dank ver-
dient der verf. für die mittheilang der runeninschrift des im mu»
seum zu Bukarest aufbewahrten goldringes, von dem jetzt wohl
ein gipsabdruck in seinen hfinden sein wird, so da(s auch die
beiden bisher dunklen zeichen vielleicht bald von ihm ihre erklär
rung erhalten werden.
Ueber die erklärung der einzelnen buehstabennamen, welche
der verf. liefert, ausfohrlicher zu handeln, mochte hier zu weit
führen; ich habe schon ausgesprochen, dafe man derselben meist
zustimmen mufs. Nur an wenigen stellen wäre eine gröfsere
strenge zu wünschen, wie z. b. s. 34 ff., wo der verf., auf Müllen-
hoffs auseinandersetzung gestützt, eine erklärang des runenna-
mens ear giebt, indem er denselben aus earh entstellt ansieht
und die bedeutung strahl und pfeil denselben beizulegen sucht
£r lehnt nämlich earh an skr. ark in arka n. s. w. und sagt da-
bei: „man fühlt sich versucht, auf diese wurzel ark verschiedene
schwierige Wörter zu beziehen, als goth. airknis omogy anairknis
dvoaiog^ airkni)>a ro yn^cwv; ahd. erchan, egregius, genuinus;
ahd. irch, irah, irach, nhd. irch weifs gegerbtes leder; femer den
sagenhaften, zu geheiligten zwecken gebrauchten, aus kinderau-»
Kuhn
gen gefertigten iarkDasteion, ags* eorcanstftn n. s. w.^ Einer
strengen prüfung der laatverhSItnisse fugen sich diese Wörter in
ihrer Termittlong mit wnrzel ark nicht, sondern sie weisen aof
skr. wrz. arj. Diese zeigt (bei Böhtlingk-Roth wtb. arj no. 5)
die bedeatnng f&rben, glänzen = raj, ranj, r&j and za dieser
nicht zu ark, welche allerdings damit in wurzelhafiter Verwandt-
schaft steht, gehörten von den obengenannten Wörtern ahd. irch,
irah, iracb, sowie altn. iarkn, ags. eorcan ; die allgemeine bedea-
tnng aller ist znnfichst „ weiss ^. Mit den letztgenannten beiden
Stimmt fiut genau sanskr. arjona, weifiB (der gegensatc krshna,
schwarz, wird mehrmab damit yerbunden), in weldiem ich den
vokal n erst als entartung aas a fasse; iarknasteimi ist also der
weifse stein, and wie ich Grimm RA. 923 entnehme, ist er ja ein
milchweillier opal, wozu man noch halte, dafs aach arjana zor
bezeichnang der milchfarbe verwandt wird (B. R. a. a. o. s. v. 1. a.).
Die Wörter airknis, onairknis, airkni]^a, ahd. ercfaan gehen aber
auf eine andere worzel arj, nSmlich no. 4 bei B. R. mit der be-
deatung sich strecken, aasgreifen (= o^</<o, regere, poirigere,
Aurgere n. s. w.), von der aach skr. |jo, gerade, richtig, rechtlich,
aufrichtig und mit gleicher metathesis der liquida wie im grie-
chischtti und lateinischen auch gothisch raih-ts stammt Wie
iarkn, eorcan auf aijuna zurückweisen, so scheint auch dem
ahd. ^t^han, genuinus, egregius ein arjona (od^ aijana) zur seite
zu stehen, wenigstens findet sich ein solches bei den lezikograr
phen mit der bedeutung ^der einzige söhn einer mutter^, was
ursprunglich vielleicht nur den rechten söhn im gegensatz za
söhnen desselben vaters von nebenfrauen bezeichnete (anders vermu-
then B. R. s. v.) ; mit metathesis schliefst sich an erchan wieder ahd.
reken, rein, unvermischt, unverworren, richtig, ordentlich.
Den schlufs des kleinen bnches bildet eine Untersuchung über
die mne eolh, die der verf. selbst nur mehr als vermuthung denn
als sichere resultate herbeifahrend betrachtet wissen will. Indem
er davon ausgeht, dafs eolh in der Zusammensetzung mit sand
den bemstein bezeichnet und eich die bedeutung von elenhirsch
hat, weifs er beide in der weise zu vermitteln, dab diesem stamme
die bedeutung des sonnenglanzes gemeinsam gewesen sein müsse,
was er durch etymologische und mythologische Streifzüge auf dem
gebiete der deutschen und verwandten sprachen in scharfsinniger
weise zu stützen sucht Diese bedeutung führt ihn dann zu der
rune des namens zurück, von der er annimmt, dafs ihr name
nrspraoglieh anders nämlich ag8 hvSol nnd hveol gelmitet habe
and ein zeichen f&r hy gewesen and dafo der name alknfihlig,
als das zeichen überflüssig und seine bedentong yerdnnkelt wurde,
in eolh entstellt seL Als bedentong für jenes hveol sacht er die
▼on rad nachzuweisen und stützt den Übergang zur bedeatang
von eolh durch die mythologische bedentsamkeit des sonnenrades.
Gewifs hat diese auseinandersetzung mancherlei schwache punkte,
die sich auch der Yert selber am wenigsten verhehlt, aber man
wird sie sicherlich auch mit vergnügen lesen und zugeben mos»
sen, dafs hier wenigstens anhal^unkte für die erklfirung des räthh
selhaflen runennamens gegeben seien, die vielleicht andere zu
festen resoltaten zu fahren verstehen.
A. Eohn.
m. JHIflcellen.
Lateinisches.
1) auriga.
Die IV, 42 ausgesprochenen zweifei an der richtigkeit der
vergleichang von armentum mit skr. arvant theile ich um so
mehr, als dem skr. arvant begrifflich nicht armentum sondern
jumentum entspricht, armentum als bezeichnung des rindes nur
zu sehr an arare erinnert Die beiden virgilstellen scheinen mir
ebenfalls eher für als gegen die filtere etymologie zu sprechen.
In dem „bellum haec armenta minantnr^ liegt gerade ziem-
lich deutlich ausgesprochen, dafe pferde eigentlich keine armenta
sind; und wenn Virgil die hirsche armenta nennt, so hat man
den doppelten gegensatz einerseits zwischen taorus and armen^
tum, andererseits zwischen armentum und pecus za berocksich-
tigen, wonach in der betreffenden stelle das rudel hirsche theils
im gegensatz zu den tres cervi ductores, theils als hochwild durch
armenta bezeichnet sind. —- Dagegen dürfen wir vielleicht in ei-
nem andern, bis jetzt immer noch nicht befriedigend erklärten
Worte das griech. avQog und somit auch das entsprechende sans-
kritwort soeben, nämlich in auriga, welches in seiner bildung
zu sehr an biga und qoadriga erinnert, als dafs man nicht ver-
309 EM
suchen sollte, es ans anri^jaga £0 erklftren, so daCs es eigentlich
den ^ rosseanscfairrer % dann erst den ^rosselenk«^ bedeutete,
vergl. Ovid's: carras aoriga paterni. Wer an dem angenomme-
nen lautttbergange von arr in aar dem lat nervös =i ^evQ^^p ge-
genüber anstofs nehmen sollte, der bedenke, dafs ea im latein. eine
dorchaus unbeliebte, an eine gar nicht seltene Verbindung ist,
also sehr wohl erv nnverruckt bleiben ond doch arv in aar fiber-
gehn konnte. Aach erscheint scauras ganz analog aas scarvos
gebildet (vergl. CHaiQm isxi^am ond die skr. wrz. skal =: *akar,
wozu etwa aoch khara, der esel, wegen seines schlechten gan-
ges gehören mag) und in plautns, d. L plataos = nlarig^ er-
scheint die metathesis sogar neben einer mata; parvoa darf man
nicht dagegen anfahren, da paocos, paallos, goth. favai zeigen,
dafs es mit navqog nichts zu than hat.
Hinsichtlich des xitravQog = gandharva bemerke ich
hier nar vorl&ofig, dafs ich erstlich keine Volksetymologie im
griechischen worte finden kann, da der Grieche begriff und
namen eines rosses wohl noch zu klar im worte fohlte und hörte,
zweitens, worauf ich noch später in einem aafsatze fiber die Um-
wandlung alter aspiraten zurückkommen werde, gar kein beden-
ken trage, xsptim und gandhaye gleichzusetzen, und im grie-
chischen die sinnliche grandbedeutung der wurzel erhalten zu
glanben, so dafs beide Wörter in jeder hinsieht sich decken und
den ^rossestachler^ bezeichnen würden.
2) ruo.
Man hat ruo meist sammt gica dem skr. sru gleichgestellt;
so natürlich aber ^ auch ein abfall des s wäre, so weist doch die
anwendung des lateinischen wortes („stürzen, laufen, eilend
seltner „fllefsen^) auf eine wurzel von allgemeinerer bedeutung
hin. Eine solche liegt uns aber im skr. dru vor, das den grund-
b^rriff einer raschen bewegung enthält und dabei speciell auch
zur bezdchnung des flielsens verwendet wird. Bleiben wir also
aach für ^«oo bei der beigebrachten ableitung stehen, so werden
wir doch rao dem skr. dru zuweisen, das ja im lateinischen
seinen ursprünglichen anlaut dr in r schwächen mufste.
3) veru.
Einschiebung eines v hinter gutturalen, die nachher den ab-
fall der muta zur folge hat, so dafs es den anschein gewinnt,
mifceUen. d93
als vertrfite das ▼ den guttariül, ist im lateinisdien etwae gans
gewöhnliches, vgl. Terrnis = krmi, venio = gam; insofern lafst
sich also gegen Benfey's ableitang des lat. veru ans der wnrzel
hvr nichts einwenden. Die dabei angenommene bedeutung „dreh-
spiefs*' ist jedoch zn eng gefafst; schon bei Yirgil Aen. 1,212
kann man sweifeln» ob venia dort wirklich bratspiefse sind, und
die vollständigere form verata (IV, 344) fahrt Gell. X, 25 am-
drücklich unter den waffen an. Dies verata steht aber zu veru
so ziemlich in demselben Verhältnisse wie doQara zn dd^, und
es fragt sich, ob wir nicht der fibereinstimmang in der bedeu-
tung spiefs folgen und auch eine identit&t des lateinischen und
des ^echischen Wortes annehmen dürfen. WSnn sich aus deru
ein dvem entwickelte, was ich freilich noch mit keinem analogen
beispiele beweisen kann, worauf indessen vielleicht das o des
griech. do^ deutet, so lag die Verstümmelung des anlaute in v
ebenso nahe wie in viginti u. &., und wir dürfen dann folgende
gleichung aufstellen, die ich mitforschem zur prüfung übergebe:
veru : do^ : dliru : triu
r= genu : yowv : j&nu : kniu.
4) vagus.
Die ursprüngliche aspirata bleibt bekanntlich im lateinischen
Inlaut nur ausnahmsweise als solche, namentlich in veho und
traho, w&hrend sie gewöhnlich in media übergeht; es hat sonach
nichts befremdendes, wenn in verschiedenen gebilden aus dersel-
ben Wurzel aspirata und media neben einander erscheinen. Ein
interessantes beispiel der media in der wurzel trah hat Benary
in tragala hingestellt, ebenso verhält sich aber vagus zu veho.
Formell entspricht vagus etwa einem skr. v&ha, in der bedeutung
unserm „ fahrig % vagari ist gewissermafsen das med. pass. zu
vexare.
H. Ebel.
1) 9peregh — sphurj — asparagus.
Im Ya^na X, 11. 12 (= Ys X, 5. 4) heifst es: varedhayauyha
ma na vaca .... vi9pe9ca paiti fra^peregh^ vi9pe9ca paiti fra-
▼ftkhfihe d.i. ^wadise (o Goome) an aUen schSfaüngeii, an allen
eweigen durch meine rede^. Dm nun mit dem leisten worte zu
beginnen, so flbersetst Neriosengh fravakhsha durch mallava, was,
obwol es die lesart beider handschriften ist die ich kenne, in
pallava geändert werden mnfs, da auch die Huzvlüresch- Überset-
zung t&k, zweig, hat Die ableitnng des wortes aus vakhah,
wachsen, liegt auf der band, Fra^pereghö giebt Nerios. durch
^&kha, zweig, was sich schon dem zusammenhange nadi em-
pfiehlt und auch eine weitere bestätigung erfa< durch neup. a^-
parag (<f) r^O herba flava tingendo inserviens und aq[>aragham,
basilicum. Demnach wird mit fra^peregha der zartere, mit fhip
▼äkhsha aber der stärkere schöfaling bezeichnet werden müssen.
Die Wurzel ^peregh, auf die das erstere wort zurückgeföhrt wer-
den mufs, wird dem skr. sphuij entsprechen, giebt also einen
neuen beleg, dafe skr. ph nach s einem unaspirirten p in den
dbrigen sprachen entspricht. In den germanischen sprachen
möchte wol engl, sprig, unser spriefsen hieher gehören, in den
classischen aber danoLgayoff^ asparagus, das aber, wie mir scheint
ein fremdwort ist, welches, nach dem roi^gesetzten a zu schlie-
fsen, durch semitische Vermittlung ins abendland kam, denn die
Semiten lieben die vorsetzung eines a, wenn ein wort mit einer
doppelconsonanz anfängt, weil es ihnen schwer fällt, diese aus-
zusprechen.
2) ndqig — pere.
Obwol O. Curtius in dieser zeitschr. I, 35 den namen UoQtg^
schon richtig von der wurzel pere abgeleitet hat, so ist es viel-
leicht nicht unnütz einige worte noch hinzuzufügen» Es findet
sich diese wurzel namentlich im Vendidad häufig, so steht z. b. in
Yd. IX fgd. die 1. pers. imp. perenäne. Ich halte die wurzel
für die nämliche wie pere transgredi, es ist eigentiich ausziehen
gegen jemand. Abgeleitet ist das subst. pairika, peri, fee im
Avesta bekanntlich ein böses wesen. Im neupersischen endlich
ist nabard, krieg hieher zu ziehen, was einem (uns nicht erhalte-
nen) älteren nipereta entspricht
Spiegel.
miaceU«!!. 805
Griechische ableitungen vom stamme des
relativmns,
Griech. i'tSQog stellt sich hinsichtlich des sufGbces dem no-
TSQog u. 8. w. gleich. Was aber ist «? Die von Bopp (glossar)
vorgeschlagene zusammenstellang mit skr. itara befriedigt nicht
Eher könnte man an den pronominalstamm sa denken, aber
auch dieser mofs dem näheren anspräche des relativstamm es
weichen: heQog ist genau gleich skr. y ataras. Sicher wii'd diese
an sich annehmbare Zusammenstellung durch vergleichung von
ksl. jetor" „quidam^, wo freilich das e nur zufällig zusammen-
trifft, indem es ein durch das vorhergehende j gewirkter amlaut
ist Um die durchaus vom relativum sich entfernende bedeutung
dieser formen zu verstehen, erinnere man sich, dafs gelegentlich
im zend, ja selbst im sanskrit in der Verbindung tja das rela-
tivum auf seine bedeutung verzichtet Dasselbe geschieht im
griechischen in den Verbindungen ^ d'og aal og I917 und ablei-
tungen, wie (Sg. Im lithauischen ist jis, ji reines demonstrativum,
ebenso ksl. i, ja, je. Zu demselben stamme gehört griech.
hcd-reQog^ ixcb-atog. Das zu gründe liegende ixa (warum aber a?)
vergleicht sich dem ksLjak" „qualis** weitergebildet jakov" ^qua-
lis^. Doch ist die Übereinstimmung nicht völlig, denn ksl. a
weist auf frühere vocall&nge, die die verwandten lithauischen for-
men koks „quantus" toks „tantus*' aufweisen, vgl. ksl. kak" =
kakov" „qualis^, tak" = takov" „talis^. Das kirchenslawische
ist reich an diesen Weiterbildungen von pronominalstammen
durch k. So hat es fiir den begriff „talis" noch 9ik''; onakov"
(s. Schleicher, kirchensl. formenlehre). In den übrigen verwand-
ten sprachen scheint die bildungsweise selten. Aufser dem aller-
dings ziemlich verbreiteten stamm skr. eka (cfr. ksl. n-iek"to
„nemo*', lith. n-iekas „nullus^) finde ich nur einmal das altpers.
thakati; häufig in der angäbe von daten „thakata aha tja tum
accidit ut^, welches Benfej (glossar zu den keilinschriften) nur
höchst gezwungen als instrumental eines participiums perfecti der
Wurzel taksh, tvaksh deutet Mir scheint es, wie gesagt, tum zu
bedeuten, wo denn das suffiz dem griech. te in aots aXkot6 zu
vergleichen ist, so dafs das schliefsende a, wie im altpersischen
gewöhnlich, verlängert worden ist Das zweite beispiel ist das
osk. eko (worüber Bugge in dieser zeitschr. Y, 2), welches man
996 Lottaer
nicht mit skr. ^a vergleichen darf, \reSl sonst osk. ei stehen
wurde. Es entsteht vielmehr aas einem voraaszusetsenden aka.
— Zum pronominalstamm ja gehört wohl auch elg*). Doch
dies scheint eine weitere begrundung nöthig zu machen.
Eis und verwandte pronomioalbildungen.
Wie wir so eben den pronominalstamm ka in Verbindung
mit anderen stammen gesehen haben, so wird bekanntlich aach
na (isolirt in nf) vielfach componirt mit anderen pronominal-
stammen. Die fälle sind folgende:
1) a-na. Skr. anena n. s. w., lith. anas, ana „iUe^ = ksl.
on^' ona ono. Hierher gehören auch die altitalischen formen osk.
inim „et^ = lat ^nim. Ferner der umbrische pronominalstamm
eno, wovon z. b. enumek „et% der, wie die verwandte lateini-
sche form zeigt, nichts mit skr. ena zu thun hat
2) i-na scheint blofs im deutschen vorzukommen. Denn dies
ist offenbar die grundform von goth. jains, ahd. (j) ener, altn.
Snn, inn. Im gothischen ist hier gebrochenes ai anzunehmen,
das gelegentlich auch vor anderen consonanten als r und h za-
gegeben werden mufs. Namentlich noch in vaila, wie altn. vel,
ahd. wela lehren. Diphthongisches vaila würde durchaas nicht
in die ablautsreihe valjan, viljan (altn. vili auch = „gaudinm*')
passen, j ist also in jains anorganischer zasatz.
3) e-na. Skr. Sna-m a. s. w., lat oinos, griech. oiptf a. s. w.
4) ta-na. Griech. j^-fcg^ altpreufs. tan's „ille^ fem. tenna,
nn scheint unorganisch.
5) ka-na. Zunficbst in der enclitischen partikel skr. cana
=: lat. cun(que), goth. hun. Aber auch selbständige formen die-
ser Verbindung mangeln nicht Altn. hann dat hon-um ^is^. Die
abwesenheit der interrogativen bedeutung hat nichts befremden-
des, da sie auch in goth. hi (himma daga u. s. w., ags. he hi-m)
fehlt Dieselbe bedeutungswandlung bietet ja auch das lat. in
(hi-c und) ci-tra, ferner auch das lithauische und slawische. Denn
lith. szis, szi „hie'' = ksl. 9i, Qija, ^e können nicht, wie bisher
geschehen, mit skr. sja verglichen werden, weil lith. sz immer
auf ursprüngliches k weist (szirdis = cor; neszu „fero* = ifeyx;
*) Dem hm. Verfasser war der aafsatz des hm. dr. Meyer, oben s. 161 ff.,
wie das datum dieses aufeatzes ergiebt, noch nicht bekannt; hier bleibt das
femlmnnm ^/a unberUclEsichtigt. — K.
miaceUen. 897
szimtas = centam, auch szcszi = ^sex*, wo freilich aufser dem
lithauiBchen nnr das zend. khsvash den ursprünglichen k-laut auf-
weist). Urform des lithanisch-slavischen pronomens ist also kya,
vergl. zend. kya ^quae'^, lat. qaia. Um aber auf die erweitemng
des interrogativstammes durch na zurückzukommen, so fehlt sie
ebenfalls im lithauischen nicht; denn die form kieno ,,cujus^ ist
deutlich ein genitiv eines verlornen nominativs kienas. Ob übri-
gens diese form so vereinzelt dasteht, wie man nach Mielcke
glauben müfste?
6) Selbst der schon zusammengesetzte stamm aniya ^alius^
findet sich im altpersischen erweitert durch n a. Wenigstens Ififst
der instrumentalis aniyan& kaum eine andere erklärung zu, da
die einschiebung von n im instrumental dem altpersischen, wie
dem zend fremd ist. Nach so vielen analogieen wird man wohl
weiter keine bedenken tragen
7) die Verbindung ia-na in IV- zu erkennen, so dafs das o
des ursprünglichen Stammes unterdrückt ist. Sonst vergleiche das
oben über ixaatog irsgog gesagte.
Lateinische wortdeutungen.
1) D^mum, d^niqne, donec.
Dafs demum, denique, donec zusammenh£ngen, ist wohl all-
gemein anerkannt Auch dafs die sufBxe nique nee (cfr. doni-
cum) mit dem griech. ruia von ijvixay r^vUa^ njjfUa identisch
sind, ist klar. Das -mum aber von demum hat ein schlagendes
analogon in ksl. onamo „illuc^, ina-mo „m^oxrfi^^ kamo „quo%
jamo ^quo^ (relatio), wo wir nicht nur dieselbe neutrale form
des Suffixes haben, sondern auch das a auf ursprungliche länge
des auslautenden stammvocales, wie im lateinischen^ zurückweist
Der bei den lat. pronominibus zu gründe liegende pronominal-
stamm da ist zwar selten, aber von Bopp in der vergleichenden
grammaük genügend nachgewiesen.
2) Barba.
Dafs barba mit altn. baH$r, ahd. hart, ksl. brada, litb. barzda
verwandt ist, ist klar genug. Doch das b scheint Schwierigkei-
ten zu machen. Es steht aber einfach für f und dieses für th,
also ganz wie in raber, über, gegen i^v&Qdg^ ov<>aQ. '
998 LoMaer
Griechische Worterklärungen.
1) Wurzel fiavS.
Skr. mandira „stabalum^ ist Ifingst mit fAcivd-ga verglichen.
Die Wurzel aber scheint dunkel. Einiges licht jedoch Mit auf
sie durch die verwandten worter fiavdvg ^eine art obergewand%
fAttfSaXog „riegel^. Die gmndbedeutung der wurzel mnfs also
^ verschliefsen, umschliefsen ^ sein. Im germanischen vergleicht
sich altn. möttull, ahd. mantal. Dafs ahd. t geblieben ist, erklärt
sich, wie in bittar gegen goth. baitrs, aus der vorauszusetzenden
Urform mantls, denn zl ist ebenso wenig eine hochdeutsche lant-
verbindnng, als zr.
2) Movaa.
Movffa wird allgemein von fidoi abgeleitet Dies ist aber
entschieden falsch. Das richtige lehren von selbst die griechi-
schen dialecte. Dor. Mmaa, fioL Molaa, att Movaa verhalten
sich ganz wie die accusative dor. roig, fiol. toig^ zovg oder noch
genauer, wie die feminina der participia praesentis ^idcocro, di-
doiaa, didovca. Urform ist also Movria^ und dies ist ein deut-
liches femininum zu fiavtig, ,, Seherin^ ist aber ohne zweifei ein
viel treffenderer name für die muse als das farblose und eigent-
lich sinnlose ^die strebende^.
Deutsche etymologieen.
1) Giban.
Die germanische wurzel gab scheint ganz allein zu stehen,
denn die von Bopp versuchte Verbindung mit skr. gph dürfte wohl
niemand einleuchten. Verwandt scheint indessen lith. gab-enn
^affero, ich bringe herbei* (nach Mielcke).
2) Wurzel fath, fad.
Die skr. wrz. path ist aufser in ags. p&dh, engl, path, ahd.
pfad, in denen unregelmäfsiger weise die lautverschiebung man-
gelt, auch in ihrer organischen form fath vorhanden in goth.
fin]?an, ahd. findan, fintan, altn. finna. Die Urbedeutung ist be-
miaceUeD. IM
wahrt in ahd. fendo ^pedes^ (:= einem goth. fan]>ia). Aber
auch das verbam hat sie festgehalten in der vereinzelten altn.
form ^ek fatt^ „ibam^, zu dem ein (wie es scheint mangelnder
infinitiv) finda sich verhalten wurde, wie binda zu ek batt, vinda
zu ek vatt. — Für die entwickelung der bedeutung vgl. invenio.
[Fundum und fundinn, funt$um und fnntSinn stehen ja nochi ne-
ben funnum, funninn, vergl. Grimm gramm. I, 915. — K.].
3) Wurzel skal, hal.
Ahd. scellan und hSllan, imperfecta mhd. schal, hal — schnl-
len, hüllen weisen auf die wurzeln skall, hall. Diese sind un-
ter einander identisch, das vorgeschobene s hat in der ersteren
form (wie in stautan = s. tud) die lautverschiebung gehindert
Griechisch vergleicht sich hbX in xeXaQv^fo, nfXadito^ die selbst
denominativa von :iikabog und ungebräuchlichem xe^o^o^ sind.
Die Urbedeutung ist also tonen, eine bedeutung, die skr. kal-a
„leniter sonans^ ebenfalls darbietet. Zu derselben wurzel gehört
griech. xodeo), lat calo (calumnia, calendae), ahd. halon, holon
4) Laian.
Goth. laian „illudere^ ist als schwesterform anzusehen zu
litt, loti =: ksl. lajati = lat. latrare, mit denen es formell genau
stimmt, auch in der länge des Stammes, wie das praeteritum
lailo lehrt. Das i des präsens ist, wie im lith. lo-ju, character
der 4. classe.
5) Veita.
Altnord, veita „dare^ ist deutlich caussale von vita „scire*'
(cfr. beita „incitare** von bita „mordere**). Nur scheint die be-
deutung nicht recht zu stimmen. Darüber aber klärt die sans-
kritwurzel vid auf, die aufser ihrer gewohnlichen bedeutung in
der form vindami auch die bedeutung „invenio, adipiscor** zeigt
Davon auch im sanskrit das caussale prativedayami „tradere^
(s. Bopp glossar). Die beiden wurzeln vid sind übrigens ur-
sprunglich identisch, nur mufs man als die Urbedeutung von bei-
den „videre^ anerkennen. Dann ist die entwickelung der bedeu-
tung ähnlich wie in goth. usskavjan sis = griech. ayievaCBG^ai
von skavjan „videre**.
400 Schleicher, miscellen.
6) Eine germanische desideraÜTform.
Ahd. hiosen ist eine desiderativform von inrrz. hin. Qotih. h£tten
wir hlodan imperf. hlosai-da zu erwarten; wo das sai auf's ge-
naueste der griech. desiderativendoDg <sei in iQya-CH-tOj yelM-ael-a,
dga-cei-oa u. s. w. entspricht, nur dafs im griechischen der charac-
ter der 10. classe, der hier dem sanskritischen desiderativen s
▼ermnthlich als eine art vei^udgang für die vorn verloren ge-
gangene redoplication angefügt ist, vollständiger in der form eio
aus ^0 bewahrt ist. Das ksl. cF'ishati mit gleicher bedeatung
entspricht dem deutschen auf's genaueste, denn sha ist assimila-
tion ans ^ie (^ia), in 9r'i9-ie-ti aber vertritt ie (ia) ein früheres ai,
wie stets im kirchenslavischen.
Potsdam, den l.M&rz 1856. C. Lottner.
Auhns, a^mantam, kamna.
Zu V, 136 (auhns, ofen = a9nas, stein) vergl. meine
kirchensl. grammatik s. 97, ksl. kamy (masc, stamm kam an,
kamen, stein = a^man), Böhmisch kamna (plur. neutr. ofen;
vergl. skr. a9manta neutr.). Es liegt also der Übergang der be-
deutnng „ stein ^ in die von „ofen^ in drei sprachen unseres
Stammes vor, nfimlich im indischen, deutschen und slawischen.
Schleicher.
perttus, ambttuB.
Zwei und mehrsilbige worter haben im lateinischen in der
regel ein früher auslautendes i abgeworfen, so namentlich die
prfipositionen per gegen negi, skr. pari, amb gegen äfitpi^ in ge-
gen skr. ni statt ani, red gegen prati; wie das letztere noch in
redivivus eine spur des alten auslauts aufweist, so ist derselbe
auch in betre£f von per und amb noch nachweisbar in den bei-
den participlen peritus, ambitus, deren langes i sich nur aus der
Verschmelzung des i der präposition und desjenigen der verbal-
worzel erklärt
A. Kuhn.
Gcdrackt bei A. W. Schade in Berlin, Grttnstr. 18.
I. Abhandlangeii.
Altitalisches.
1) Zur umbrischen conjugation.*
In der umbrischen formenlehre konnte beim ersten ent-
würfe die conjugation am wenigsten befriedigend dargestellt
werden, teils weil gewisse tempora dem inhalte der Sprach-
denkmäler zufolge gar nicht, einige formen, namentlich der
ersten person, sehr selten vorkommen mnlsten, teils weil
die eigentQmlichkeit der nächstrerwandten oskischen con-
jugation noch höchst ungenügend erkannt war, so dafs
selbst über die bildung der am häufigsten vorkommenden
dritten person grofse Unklarheit herrschte. Seitdem aber
allmählich an den verschiedenen bildungen der dritten per-
son der im classischen latein fast gänzlich *) verwischte
untarschied voller und stumpfer endungen im oski-
schen nachgevdesen ist**), stellt sich auch im umbri-
*) Kur das -o im prttsens und im zusammengesetzten futurum (-bo und
-ero) zeigt noch einen gegensatz zum am, -im, -em der pittterita und con-
junctive; eine eigentumliche abstumpfnng tritt in der S. pl. pf. auf, wo ich
vennuthe, dafs das -runt einer späteren periode angehört als -re, gerade wie
im neuhochdeutschen (spurweise schon im mittelhochdeutschen) bmders statt
bruder im genitiv eingetreten ist.
**) Den stufengang in der feststellung der formen zeigen diese zeitschr.
II. 58. Hall, monatsschr. 1852, s. 821 fgd. Kirchhoff, stadtrecht von Ban-
tia 8. 6 fgd. Bugge in dieser zeitschr. III. 422 und V. 6 - 8.
V. 6. 26
402 ^*>«'
sehen verbum vieles in ganz anderem lichte dar. Im os-
kischen tritt ein entschiedener gegensatz zwischen dem -t
im sing., -et oder -nt im plur. der ursprünglich starken
und dem -d im sing., -ns im plur. der ursprünglich schwa-
chen formation hervor; jene formen sind dem präsens und
den futuren, diese dem conjunctiv und den präteriten eigen.
(Unzweifelhaft richtig hat Bugge stait und staiet als in-
dicativformen bestimmt, und eituns wird, so ansprechend
Corssen's deutung als *ituunt (V. 129) scheinen mag, doch
nie als indicativ gelten dürfen; will man nicht eben conj.
eituins hinein corrigiren, was durch die vielen ligaturen
der inschrift begünstigt würde, aber dem deicans der TB.
widerspräche, so läfst sich die form nicht anders erklären,
als durch die annähme einer dem oskischen eigentümlichen
pluralbildung des imperativs.) Denselben gegensatz star-
ker und schwacher form haben wir also auch im umbri-
schen verbum zu erwarten: präsens und futura müs-
sen -t und -nt, conjunctiv und präterita - und
-ns in 3. sing, und plur. zeigen. Und in der that
tritt dieser unterschied aUen Verstümmelungen zum trotz,
die im einzelnen stattgefunden haben, noch deutlich genug
in den Überresten der spräche hervor.
In 3. sing, sind uns die vollen formen im präsens
est und ti^it, im fut 1 fust (s. unten), fuiest, forest,
prupehast, partes t, habiest, heriest, ee$i^ im fut. 2 ate-
rafust = andersafust, tust, sesusi u. s. w., in 3. pl. im
präs. sent und furfant^ im fut. 1 furent, im fut. 2 benu-
rent, fakurent, ambrefurent, pepurkurent, prusi-
kurent, dersicurent, eiscfirent^ haburmt, procanurent er-
halten, und wenn die pluralform im fiit. 1 staheren ver-
stümmelt erscheint, so können wir wenigstens nicht zvirei-
feln, dafs hier nicht s, sondern t abgefallen ist. (Die star-
ken endungen widersprechen der darstellung der futurbil-
dung in §§. 55 und 57 der umbrischen formenlehre.)
Schwache formen zeigen dagegen in 3. sing, die
conj. si, heriiei heriei heri (s. unten), fa^ia feia, tera
dersa dirsa, fuia, habia,portota^ kupifiaia, denen viel-
altiUliBchcs. 403
leicht auch dia VI. a. 20 (etwa = dicsi) zuzurechnen ist,
und das perf. rere,
in 3. plur. die conj. sins = sis, dinans = dirsas^ ar-
habas (neirhabas etwa aus nei arhabas?), etaian$^=t
etaiaSy jedenfalls also auch die perf., wenn gleich wir nicht
wissen, wie die verschiedenen formen, die darauf anspnich
zu machen scheinen, zu bestimmen und zu erklären sind.
Wir können daher nicht zweifeln, dafs wie im plural das
umbr. -ns dem oskischen (in deicans, fufans^ patensins)
begegnet, so auch im Singular rere dem osk. deded, por^
taia dem deivaid an die Seite zu stellen, mithin in allen
diesen formen nicht t, sondern d abgefallen ist, und zwar
nicht zufällig, wie A. K. I, 82 annahmen, sondern nach
demselben gesetze, nach welchem der ablativ ohne aus*
nähme das d verloren hat; trebeit VI. a. 8 kann also kein
conjunctiv sein. Nur hat das umbrische im Vorzüge vor
dem oskischen im conj. pr. der a-conjugation das volle -ia
(aus -iad) bewahrt, wie portaia gegen deieaid zeigt.
Eine grofse Schwierigkeit bietet bis jetzt nur der pl.
pf. ind. dar, für den wir unter zwei oder gar drei formen
die wähl haben: 1) eitipes, stiteteies oder stitiste-
teies (?), 2) benuso, covortusoj 3) sesure (?), fefure.
Nach analogie des osk. üpsens, teremnattens und des
volskischen sistiatiens können wir nur in eitipes und
dem räthselhaften sti(tis)teteies eine 3. pl. pf. suchen,
und darauf deutet der Zusammenhang von Y. a. ganz ent-
schieden hin, denn eßuk frater Atiieriur eitipes oder
frater Atiieriur esu eitipes kann doch nichts anders
heiisen als: fratres Atidii hoc oder haec decreverunt; so
scheint denn auch in dem kvestretie usaie (odernsape)
svesuvüv9isti(tis)teteie8 am ende von Lb. und II. a.
ein: quaestura (vgl. uhtretie) — statuerunt um so mehr
anzunehmen, als das schlufswort die auffallendste ähnlichkeit
mit volsk. sistiatiens zeigt. Das picenische sesure ist
zu zweifelhaft und das fefure in IL a. 4 zu undeutlich,
um dagegen in betracht zu kommen. Mit mehr schein
könnte man benuso und covortnso für perfectformen erklfir
26*
404 Ebel
reD, wie ebenfalls von A. K. geechehn ist, und alle Schwie-
rigkeiten hinsichtlich dieser formen vermögen wir allerdings
nicht zu heben. An den drei stellen, wo dieselben vor-
kommen, Vl.b« 64 — 65 passen nur perf. oder fuL ex. in
den Zusammenhang, nach strenger consecutio temporum ei-
gentlich nur fut. ex. Dafbr halten wir nun diese formen
um so lieber, als die angefügte silbe -us (als rest von
-fus) oskisch, also wahrscheinlich auch umbrisch, nur im
fut. 2, nicht im perfectum auftritt, und als ein abfall des
-nt uns in der enclitica hont öfter beg^net, -ns dage-
gen wohl in -s verstümmelt, aber nicht abgefallen erscheint,
somit "uso nur rest einer vollen endung sein könnte, die
wir im perfect nicht voraussetzen dürfen. Gegen die deu-
tnng des -uso als 3. pl. fiit. erregen bedenken nur das un-
mittelbar daneben stehende -urent und der sonst regelmä-
ßige Übergang des s in r zwischen vocalen auf den denk-
mlQem der späteren periode, der hier sogar im altumbri-
schen durchgedrungen ist. In dieser verzweifelten läge ist
vielleicht noch ein aus weg möglich. Wir wissen, dais die
3. sing. fut. bisweilen in -es, -us abgestumpft erscheint,
wenn auch nicht so häufig als A. K. angenommen haben
(auf der ersten tafel herrscht durchaus die 2. person vor),
z. b. VI. b. 23 ape habina purdinsus^ eroni poi habina ptir-
dinsu$t^ ^.pone poplo afero heries; wir sehen ferner, dafs
gerade an unserer stelle sing, und plur. einigemal plötzlich
wechseln, z. b. 53 ape Acesoniame hebetafe benust, enom
termnuco stahituto, vergl. 56. 62. 63; endlich werden wir
unten sehen, dafs herifi von panta, wozu es gehört, durch
einen ganzen satz getrennt ist. Sollten nun nicht benuso,
coeortuso in benus^ covortus (statt benust, covorfust) und
ho (statt hont) zerlegt, und hont als eine pleonastische Wie-
derholung des in sururont und erafont steckenden hont an-
gesehen werden können, so dafs z. b. erafont tia pora be-
nuso hielse: eadem via qua venerit item?
Konnten wir in dieser beziehung nicht alle Schwierig-
keiten lösen, so vermögen wir dagegen eine form nachzu-
weisen, die man bis jetzt im umbrischen nicht erkannt
altitaÜBches. 405
hatte, und zwar genau in der gestalt, die sich nach ana-
logie des oskischen erwarten liefs, nämlich den conj. perf.
Im oskischen conj. perf. endigt die 3. sing, auf -id, die
3. plur. auf -ins, während das fut. ex. -us einfilgtund die
volleren endungen -t und -et annimmt: ygL hipid^ fefudd^
tribarakattlns, gegen hipusty fefacust, tribarakat-
tuset. Im umbrischen conj. pf. können wir also dem -ust
und -urent des fut. 2 gegenüber nur -i und -ins erwar-
ten, wie wir es in combißangi wirklich finden. Wenn wir
auch das np in combißangust combißangiust und purdinQust
purdingiust (wozu höchst wahrscheinlich auch alinsust VL a. 7
gehört) nicht zu erklären vermögen, so leuchtet doch ein,
dafs cambifiangi und cambifian^st sich genau so verhalten
wie osk. hipid und hipust; auch pafst VI. b. 52 neip am^
boltu prepa desva combißangi nichts so gut in den Zusam-
menhang als ein conjunctiv: nee ambulato, priusquam
-am conspexerit. Ob auch ceheß VL a. 20 ein conj. pf.
sei, vielleicht mit vuku kukehes oder vukuku kehes
in. 21 zusammenzustellen, mufs vorläufig dahin gestellt
bleiben. £ine dritte ähnliche form herifi gehört wohl
nicht hierher (s. unten). Dagegen können wir uns, da das
i des conj. sicher lang ist, nicht wundem, wenn auf älte-
ren tafeln ein e statt dessen erscheint; ich halte daher auch
ise Lb. 8 für einen conj. pf. von der wurzel I = E.
Somit hätten wir den unterschied starker und schwa-
cher endungen wie im oskischen, so auch im umbrischen
activ wenigstens in der 3. sing, und plur. durchweg wie-
der gefunden. Das ursprüngliche -ti ward umbr. osk. zu
-t, ursprüngliches -nti umbrisch zu -nt, während im osk. -nt
oder -et (nie -ent) eintrat; ursprüngliches »t ging im oski-
schen in -d über und fiel als solches im umbrischen ganz
ab, ursprüngliches -nt ging oskisch und umbrisch in -ns
über; als einzelne und regellose Verstümmelungen stehn im
umbrischen der abfall des t (in habet, -st, -nt) und der
ausfall des n in ns da. Es entsteht nun die frage, ob im
passiv nichts dem analoges gefunden wird. Vom oski-
schen passiv sind uns leider zu dürftige reste erhalten,
40tt Ebel
als dafs wir ein bestimmtes urteil fällen könnt«); den
entschiedenen indicativformen sakarater Ag. 21 und ein-
der TB. 21 stehn die scheinbaren conjunctive sakahiter
Ag.l9 und lamatir TB. 21 ohne augenfälligen unterschied
zur Seite, comparascuiter TB. 4 erscheint ganz räthselhaft,
da das -us auf fut. ex. zu deuten scheint, ein solches aber
ohne Umschreibung schwerlich in irgend einer italische
Sprache gebildet ist*). Im umbris chen deutet allerdings
einiges auf einen solchen unterschied auch im pasdv hin.
Die 3. sing. conj. endigt n&mUch auf -tur (oder -tu), die
3. pL auf -ntu(r) jünger -itdtt(r) in mugatu^ emantur,
terkantur, iursiandu, und wenn hereitu = heritu VI. a.
27. 37. 47. b. 29 und eretu ü. a. 4. von dem vorange-
henden pusi neip = puze neip (ut ne) regiert wird, so
ist auch darin ein conj. pass. zu vermuthen. Diesem -tur
gegenüber erscheint aber ein -tir in der von Bugge (III. 37
dieser zeitsehr.) nachgewiesenen futurform ostensendi, ein
-ter in herter, das wir unten als präsensform besprechen
werden, sowie im marsischen ferenter (der bronze von
Rapino), und in der abgestumpften form wechseln hcrte
V. a., herti V. b. und hertei. Wollen wir also nicht einen
regellosen Wechsel zwischen u, e und i annehmen, so müs-
sen'wir e und i als der stärkeren, u als der schwächeren
form eigenthümlich ansehen; dann hat sich die abgestumpfte
conjunctivform das passiv -r mittelst des bindevocals u ver-
bunden, wie es im lateinischen überall geschehn ist, die
ursprüngliche form des ind. prSs. und fut. dagegen (-ti,
<-nti) entweder ohne bindevocal oder, da das nebeneinander
bestehen von e, i, ei auf länge deutet, mit einem geschwäch-
ten bindevocal (wie in Fisimy woneben Fisei, aus Fisiam),
der dann mit dem -i der activendung zu -e, i, ei contra-
hirt wurde. Ist unsre Voraussetzung richtig, so stehen sich
also im passiv das -ter oder -ttr (teir) des ind. präs.
und fut. und das -tur des conj. (und vermuthlich des im-
perfects, dessen gestalt wir weder im activ, noch im pas-
*) Vergl. jodoch lat turbassitur, juBsitur, mercaaeitur.
altitalisches. 407
siv keimen) geradeso gegenüber, wie im aotiv das ursprüng-
liche -ti dem ursprünglichen -t; doch können wir, weil
uns die analogie des oskischen im stich läfst, hier nicht
mit derselben Sicherheit den nachweis f&hren wie im actiir.
2) HER.
Wir haben uns oben, um den gang der Untersuchung
nicht aufzuhalten, die besprechung einiger formen der wur-
zeln HER und FU versagen müssen, die wir jetzt nach-
zuholen haben; zunächst HER.
So sicher die bedeutuug dieser wurzel = velle, und
der dem lat. vel analoge gebrauch einiger formen dersel-
ben, so unsicher ist doch grolsentheils die bestimmung der
einzelnen formen; namentlich kommen hier heriei = he-
riiei, heris, heri, herter herte herti hertd, herifi
in betracht. Vollständig klar und unzweifelhaft festgestellt
ist eigentlich bisher nur die geltung des her in pisher
VI. b. 41 als 3. sing, praes. (statt hert) und der beiden
futurformen 2. sing, heries I. b. 10 und 3. smg. heriest
Vn. a. 52 (in heries verstümmelt VI. b. 48 und vielleicht
n.b. 21).
herter dagegen mufs zwar nach form und Zusammen-
hang eine verbalform sein, was pusme herter II. a. 40
am schlagendsten beweist, esunu fuia herter HI. 1 sehr
gut zuläist, kann aber wegen des r am ende auf den älte-
ren tafeln unmöglich eine 2. plur. sein, wie A. K. wollten;
dies r lälst vielmehr nur eine deutung zu, als 3. sing, praes.
pass., analog dem osk. f>incier und dem activen her{t). Der
sinn ist also „es wird gewollt^, = libet, placet, nicht er-
heblich verschieden von dem tipit U.a. 17, nur nicht, wie
die herausgeber gethan, mit licet zu vergleichen, zu dem
beide ausdrücke vielmehr in einem gewissen gegensatze
stehen als gelinde bezeichnungen eines soll: esunu fuia
herter das opfer soll geschehn; pusme herter ist in
seiner beziehung zum ganzen weniger klar, so dals wir
nicht wissen, ob der dativ zum passiv gehört (dat. grae-
408 ISbel
cus): cui übet = qui yult, oder von dem zn sapplirendeo
verbum des hauptsatzes abhängt. Dazu stimmt nun dem
sinne nach ganz vortrefflich die form herte V. a« oder
herti V. b., einmal auch heriei VII. b. 2, und der abfall des
r im passiv hat nach der analogie von emantu, iursianduj
mugatu, ostensendi gar kein bedenken, den vocal Wechsel,
namentlich das ei, haben wir oben zu erklären versucht;
wir sehen daher alle diese formen als verschiedene gestal-
tungen der grundform ^herteir an und übersetzen YH. b.
quum juvencae torreantur placet, V. b. Clavemii dent pla-
cet u. s. w. Wenn in V. a. der sinn nicht überall ganz
klar ist, so liegt der grund nicht im herte. Wenn wir
nun weder in her(t) noch in herter ein i fanden, so kön-
nen wir das i, welches in heries, heriest auftritt, auch
nicht f&r so wesentlich halten, dafs wir in heris und
heri, die zwar conjunctionsartig gebraucht erscheinen,
aber doch offenbar überall wirkliche verbalformen, nicht
conjunctionen sind, indicativformen erkennen mü&ten; das
i scheint nur vor vocalen zu stehen, vor consonanten der
endung dagegen auszufallen, so dafs die 2. sing, praes« aller
Wahrscheinlichkeit nach hers lauten mülste. Wir erken-
nen daher in heris und heri conjunctivformen, analog
dem lat. velis. Die vollständigste form ist heriiei (11. a. 16
heriiei fapiu = velit facere), das sich zn heriei (VJLh. 3
heriei rofu heriei peiu mag er rothe, mag er schwarze wol-
len) verhält wie triiuper zu. trioper^ nicht wesentlich ver-
schieden ist herie (VI. b. 19. 20 ebenfalls disjunctiv ge-
braucht). Contrahirt erscheint die 3. sing, in heri (iy.26
svepis heri = si quis velit) heri (disjunctiv gebraucht
VI. a. 57. b. 46, vermuthlich auch 11. b. 9. 10, wo es aber
auch 2. sing, sein könnte). Die 2. sing, kommt nur con-
trahirtvor: heris La. 4. b. 6, verstümmelt in heri offen-
bar La. 4 (heris vinu heri puni), aller Wahrscheinlich-
keit nach also auch I. a. 22, wie wir überhaupt auf der er-
sten tafel die zweite person finden, während die 6te und
7te die dritte person gebrauchen. Die grundform heriei
vergleicht sich dem altlateinischen siem sies siet, die ver-
altitaliflclies. 409
stümmeluog der zweiten person finden wir in sei si = sir
wieder.
Eine 3. sing. conj. praes. pass. haben wir schon oben
in dem pu$i neip herUu der gebetformehi vermuthet, müs-
sen es aber theils der nebenform pnze neip eretu, theils
des unklaren Zusammenhanges wegen unentschieden lassen^
ob dasselbe unserer wurzel angehört, etwa als ein depre-
catives ut ne placeat (tibi) gleich unserm: ,,das wolle gott
nicht^. Formell würde sehr gut passen
hert : hertfer = heri : heritur.
Das nur einmal vorkommende herifi konnte der form
nach eine 3. sing. conj. perf. sein, doch lä&t der Zusammen-
hang in V. b. panta muta fratru Atiierin mestru
karu, pure ulu benurent, arferture eru pepurku-
rent herifi, etantu mutu arferture si diese deutung
nicht zu, da weder ein perf. zum fiit. ex. noch die 3« sing.
zur 3. plur. in pepurkurent pafst; somit kann herifi
kaum etwas anders sein ab entweder der ablativ eines
i-stammes oder, wofür traheorßVlI. a. 25 zu sprechen scheint,
ein adverbium, dem sich prüfe einigermalsen vergleichen
läfst. Jedenfalls dürfen wir aus dem pt^fter = quilibet so-
viel entnehmen, dals das wort nicht so gleichgiltig fQr den
Zusammenhang ist, als die Übersetzung bei A. K. voraus-
setzt, sondern ein nach belieben ausdrückt, zunächst
auf panta bezüglich, so dalB wir pantaherifi mit quan-
tamvis (im sinne von quantamcunque) zu übersetzen ha-
ben: quantamcunque multam firatrum Atidiorum major pars,
qui illo venerint, adfertori esse poposcerint, tanta multa
adfertori sit.
3) ES und FU.
Oben ist mit Mommsen gegen Kirchhoff und die ge-
wöhnliche annähme fust ab fiit. 1 gefaist; es sollen hier
mehrere formen der wurzel FU besprochen werden, deren
geltung noch nicht hinreichend festgestellt ist.
Wie im lateinischen ergänzen sich auch im oskischen
und umbriscben ES und FU in der conjugation. üeber-
410 Bbel
einstimmend bilden alle drei sprachen von ES den ind.
praes. (osk. lat sum, osk. ambr. lat. est, osk. set^=: umbr.
sent = lat sunt) und den inf. (osk. ezum = umbr. crom
s=r lat. esse), umbriech und lateinisch den conj. praes.
(umbr. sir si sei = lat. sies sis, umbr. si == lat. siet
Bit, umbr. sins sis = lat. sient sint). Offenbar ausein-
ander gehn sie im imperativ (osk. estud = volsk. es tu
= lat. esto, umbr. dagegen futu, plur. fututo). Bis hier-
her ist alles völlig klar, zweifei können nur bei den formen
von Pü eintreten.
Nur im oskischen belegt sind fufans CA. 10 und
fusld CA. 19. -fufans, das sich durch sein-ns als 3. pL
eines conj. oder prät. kund giebt, kann, da einen conj. der
Zusammenhang, ein perf. das a der endung aussdüiefsi,
nur imperf. oder plusquamperf. sein; zwischen diesen bei-
den formen ist aber die entscheidung nicht so leicht, als
es scheinen könnte. Eine einfache bUdung kann fufans
nicht sein, da eine solche, wenn wir den mangel eines aug-
ments und guna's voraussetzen wollten, doch nur *fuans
oder ^fuvans lauten könnte; ist es aber eine zusammen-
gesetzte, so entspricht das -fans dem lat-bant (dessen
entstehung aus -bavant wohl immer noch trotz Curtius^
einwendungen am wahrscheinlichsten ist), und dann fehlt
der beweis dafbr, daCs fu-fans ein imperfect, wozu *fans
allein ausreichen würde, und nicht vielmehr ein plusquam-
perfect sei, selbst wenn man lat. essem gegen Bopp und
Curtius als Zusammensetzung der wurzel ES mit sich selbst
ansehn will. Das latein. fuerant kann die Sache begreif-
licherweise auch nicht entscheiden, da wie im umbr. futu
gegen lat. esto, so auch hier das osk. -fans statt des lat.
-erant zur bildung des plusquamperfectums verwenden
konnte, und selbst der sinn der stelle läfst uns im stich,
denn ligatüs fufans läfst sich auf drei weison übersetzen:
legati (als subst.) erant, (legati als particip, also =) dele-
gati erant imd delegati fuerant. Da wir nun weder wis-
sen, ob ligatüs hier subst. oder particip ist, noch in der
analogie des römischen Sprachgebrauchs eine sichere ent-
altitolisches. 411
Scheidung f&r erant oder fiierant finden können, so mnfs
diese frage noch als eine offene betrachtet werden, bis voll*
ständigere analeren fbr das eine oder andere gefiinden sind.
fusid ist von Monunsen, früher auch von Cortius
und von mir, als futurum gefafst worden, das im jüngeren
dialecte der TB. zu fust zusammengezogen wäre. Seitdem
aber die umbriseben Sprachdenkmäler erschienen sind, hat
Kirchhoff (allgem. monatsschrift 1852, s. 821), so viel ich
weifs, zuerst fusid als conj. perf. gedeutet, da sich fust
auch im umbriseben als futurum wiederfand; die richtig-
keit dieser formbestimmung kann nicht mehr bezweifelt
werden, seitdem Bugge den unterschied voller und stum-
pfer formen im oskischen nachgewiesen hat. Dadurch wird
zugleich meine II, 59 ausgesprochene vermuthnng, dals
CA. 23 fuvid zu lesen sei, zweifelhaft; ist auch diese in-
schrift leider so verstümmelt, dais das erste fusid in sei-
ner bedeutung für den Zusammenhang unklar ist, so geht
doch aus dem tribarakattins 48. und patensins 51.
so viel klar hervor, dafs ein fusid mit imperativischem
sinne in zeile 23. keinem bedenken unterliegt, somit weder
estud noch fuvid nothig ist. — Dies fusid entspricht
übrigens nicht nur dem lat fuerit einigermafsen, sondern
auch noch genauer den altlat. formen au8im,faximu.s.w.;
zugleich zeigt es, dais bei fufans wenigstens der mangel
der reduplication nicht als beweis ttr die imperfectnatur
gelten darf.
Im umbriseben allein belegt sind fefure(?), fuiest,
scheinbar auch fuia. — Wäre die stelle, in der fefure
allein vorkommt, II. a. 3. 4 verständlicher, als sie uns bis
jetzt ist, so würden wir darüber urteilen können, ob fe-
fure eine 3. conj. perf. von fu wäre, was die form aller-
dings zuliefse; vergleiche umbr. dersicu$t mit osk. dicust
und hinsichtlich des wechseis von e und i altes her t er
herte mit neuem herti^ hertei, wonach fefure osk. fusid
entsprechen könnte. Leider ist jedoch nicht einmal klar,
wie nach Ausscheidung der anscheinenden abl. abs. karne
speturie Atierie aviekate die worte pere — aiu urtu
412 Bbel
fefare zu oonstruiren sind; wir können also auch nicht
entscheiden, ob fefare der wurzel FU angehört — fuiest
in V. a. 8. 9 pihaklu pune tribri^u fuiest ist offen-
bar ein fut. 1 und als solches auch von A. K. gefa&t wor-
den; ich kann mich aber mit der Übersetzung erit nicht
einverstanden erklären, sondern sehe fuiest als fut. von
*fuiu = lat. fio an, welches ich aus *fovio foio von
FU (wie forem aus ^foverem, da man doch Übergang
von u in o im lateinischen nicht annehmen kann, und wie
bont aus bonoi) entstanden glaube*), und finde in unserer
stelle genau den sinn des lat fio als passivs von facio wie-
der: quum piaculum trittys fiet, wenn eine dreizahl als sühn-
opfer geopfert werden wird (vgl. den appositiven gebrauch
in den foimeln auf tafel VI. a, namentlich 54. comohota
tribrisine buo peracnio pihaclo). Ist das fuiest ein lat
fiet, dann erklärt sich auch das feste i hier sowohl wie in
fuia = fiat als dem präsensstamme angehörig (s. umbr.
sprachdenkm. II, 320).
Umbr. fuia dürfen wir nämlich nicht von osk. fuid
isolirt betrachten; sie gehören zusammen wie umbr. und
osk. fast Osk. fuid hat man bis jetzt freilich immer mit
sit übersetzt, wo&r das scheinbare fehlen des *sid im os-
kischen und die scheinbare analogie des lat. fiiat zu spre-
chen schien. Allein erstlich ist, wenn auf den uns bekann-
ten denkmälem kein sid vorkommt, damit nicht sein nicht-
Vorhandensein bewiesen; zweitens mü&te nach dem, w^as
wir bisher vom osk. conjunctiv wissen, dem lat fuat eher
ein osk. *fuad gegenüberstehen; endlich entspricht osk.
fuid dem umbr. fuia gerade wie osk. deieaid dem umbr.
poriaia. Wenn nun schon überhaupt ES und Fü sich
nie ganz decken, wie ags. bSo, slav. b^d^ als fut dem
präs. @om, jesm' gegenübersteht, lat fore dem esse,
und nur in einigen formen wie forem und essem der
*) Die bedeutUDg ich trete ins sein, d. h. ich werde, tritt gerade
so im faturbilder -syftmi auf, skr. d&sy&mi drückt genaa das 83rnthetiach
ans, was ich werde geben analytisch.
altitalisches. 413
unterschied mehr verwischt ist, so sind wir von vornherein
durch nichts berechtigt, umbr. fuia und si nur als gleich-
bedeutende nebenformen anzusehen; namentlich aber kön-
nen wir formen wie arhabas gegenüber das i von fuia
nicht als blofsen conjuncüvcharacter betrachten, sollte auch,
wie fuid vermuthen läfst, präsens- und moduscharacter sich
darin gemischt haben. Ich sehe daher in fuia ebenfalls
ein lat. fiat, und finde dies auch dem sinne sowohl im
umbr. esnnu fuia herter III, 1 = sacram fiat placet,
als im osk. pr. censtur Bansae nipis fuid nei svae q. fust
u. s. w. angemessener, als ein sit.
Mehr Schwierigkeit macht fust. Ist nämlich fuiest
== fiet, so liegt in der form allerdings keine ndthigung
mehr, fust als fuerit und nicht als erit zu fassen, da sich
fust von der wurzel FU ebenso leicht als fut. 1 ableiten
läfst, wie umbr. prupehast vom stamme peha-, osk.
censazet von censa-^ aufserdem jedes zeichen eines tempns
der Vergangenheit fehlt, während dem osk. dicust ein umbr.
dersicust gegenübersteht, und osk. dicust selbst vne hipust
sich wenigstens durch vocalwechsel vom deic- und hafi-
der präsenszeiten unterscheidet. Dafs die abgeleiteten verba
ihr fiit. 2 mit -fust oder -ust bilden, beweist auch nichts
fQr das einfache fust, da ja im lat. venero, veneram auch
nur die endung der präsenszeiten ero, eram erscheint (nur
dafs in den übrigen personen des iut. der conj. eingetreten
ist, am klarsten in venerint). Auch ist in den meisten
stellen ein fuerit mindestens überflüssig, so tab« VI. a. 7
sve mujeto fust, b. 39. 40. 41 persnis fust, 42. VII. a. 45
= I. b. 39. V. a. 19 purditom fust, I. b. 7 = VI. b. 47 ocar
pihos fust, V. a. 22 ape frater ^ersnatur furent, in
einigen sogar störend, wie VII. b. 1 pisi panupei fratrexs
fratrus Atierier fust, V. a. 4. 11 arfertur pisi pumpe
fust, TB. 19 pis cevs Bantins fust censamur, 22. poet
eizeis fust pae ancensto fust, 23. svae praefucus pod post
exac Bansae fust. Nur im letzten abschnitt der TB. pr.
censtur Bantins nipis fuid nei svae q. fust giebt man frei-
lich das fuerit ungern auf, und ich weiis hier kein anderes
414 Eb«l
auskonftsmittel als den amtstitel f&r bleibend anzusehen, so
dafs praetor nicht blofs den wirklichen, sondern auch dra
gewesenen, den vir praetorius bezeichnet Wenigstens scheint
mir das immer noch natürlicher, als dem oben angefahrten
beispiele ein faerit aufzuzwingen gegen den sinn nnd ge-
gen die analogie, auf die uns selbst fusid hinweist; man
vei^leiche hipid und hipust^ tribarakattins und triba-
rakattuset, und man wird gewiis nicht geneigt sein, ne-
ben fusid ein fiit 2. fust zu statuiren, woi&r sich im os-
kischen eher ein *fusust oder *fufust, im umbrischen
allenfalls auch ein 'fefust erwarten liefse.
Darf ich eine vermuthung aussprechen, so stelle ich
mir die zusammengesetzten weiten von FU im oskischen
in folgender gestalt vor: perf. ind. *fued ^fuens, conj.
fus^id *fusins, plusquamperf. *fufad fufans, fut. ex.
*fufu8t *fufu8et. Dafs ein fut. ex. *fufust neben ei-
nem conj. perf. fusid möglich war, zeigt das umbr. ise
L b« 8, das schwerlich etwas anderes als conj. perf. sein
kann, neben eftut VI. b. 47; durch das s von ise scheint
aber auch die möglichkeit ausgeschlossen, dafs fefure in
der oben angedeuteten weise der wurzel FU angehöre. Es
ist sogar nicht unmöglich, dafs uns im umbr. ""fufust in
der Zusammensetzung erhalten ist. Wenn wir nämlich das
compositum aterafust betrachten, so mufs uns auffallen,
dafs, fust=:fuerit gesetzt, die umbr. form einem lat. *de«
daverit entsprechen würde, wogegen sie, wenn man fust
= erit annimmt, dem lat dederit gerade nicht widerspricht.
Von abgeleiteten verbis der a-conjugation sind bisher keine
beispiele eines fut ex. gefunden, als combißan^usty welches
einen fremdartigen einschub zwischen stamm und endung
zeigt; dagegen erscheint V. a. 20 eine wunderbare zusam-
menstellimg ape subra spafu fust, wo die herausgeber
spatu vermuthen. Das verbum spa- scheint zwischen
activer nnd deponentialer flexion zu schwanken, denn wir
finden subra spahmu VI. b. 17 := subra spahamu VII. a. 39
neben subra spahaiu VI. b. 41; bei der unklaren construc-
tion in unserer steUe, wo das subject mehrfach wechselt,
altitalisches. 415
liefse sich nnn recht wohl denken, dafs in diesem satse
der arfertnr wieder subject wäre wie in ape apelnst,
sonach wäre es nicht finmöglich, dafs wir ohne weitre an-
dening nur spafufust zu verbinden und hierin ein ftit«
ex., einem lat. -averit entsprechend, vor uns hätten. Wo
so vieles unklar ist wie hier, darf ja wohl auch die ver-
muthung ihr heil versuchen, sobald sie sich nur an irgend
welche analogien anlehnen kann; so empfehle ich denn
meine vermuthung der prüfiing der mitforscher auf diesem
gebiete.
4) Die enclitica -pid, pct, que.
Das -que, welches dem fragepronomen und seinen
ableitungen im lateinischen angehängt wird (vergl. quisque,
uterque, -cunque = älterem -quomque, utique, usque, ubi-
que, quoque) scheint auf den ersten blick vom -que „und*^
nicht wesentlich verschieden. Dafs es aber nothwendig da-
von zu trennen ist, wenn es sich auch als eine ableitung
desselben pronominalstammes kund giebt, darüber kann seit
der entdeckung des osk. -pid (in pütürüspid, püterei-
pid, püturu[mpid], pükkapld) eigentiich kein zwei-
fei sein, wenngleich die formerklärung dadurch noch kei-
neswegs festgestellt ist; das -que „und^ erscheint freilich
nur in nep (neip TB. 15), aber diese eine form reicht
schon hin, um den unterschied erkennen zu lassen. Das
ursprünglich vocalisch auslautende -que =: skr. ca, griech.
Tc, goth. -h{va) (IV, 142) hat im oskischen nach stehen-
dem gesetze sein e verloren, wie pon = quunde, pan =
quande*), während das lateinische in der abwerfnng des
e = a schwankt, atque neque neben ac nee, das um-
brische in pune pone^ pane den vocal behalten, in neip
(nep) abgeworfen hat. Peter hat dies -pid dem skr. -cit
•) Ich weiche deshalb auch von Corssen's sonst trefflicher deutung des
osk. -en (V, 124) insofern ab, als ich lieber das lat. in de darin finden
möchte mit assimilation und abwurf; auch umbr. eine VI. a. 10. 11 konnte
hierher gehören.
416 £bel
verglichen, obwohl die bedentung nicht genau stimmt; das
oskische liefse etwa auch an das neutrum quid denken;
in beiden fällen wäre aber nicht abzusehen, woher die lat
form que ohne endconsonanten stammte. Das umbrische
widerlegt beide annahmen und weist uns zugleich auf die
einzig mögliche erklärung hin. Im umbrischen erscheint
das neutr. pron. in der gestalt perd (die nebenformen &
bei A. K.) mit -e componirt, die enclitica dagegen als -pe
in pumpe = cunque, putrespe = utrisque, ape, als
-pei in panupei = quandoque, podruhpei = utroque, apei;
die constante Schreibung pei (nur ape findet sich auch auf
jüngeren tafeln) zeigt, dals das e der encl. lang ist, wider-
legt also die annähme (sprachdenkm. I, 30), dais -pe un-
mittelbar aus dem neutr« pid heryorgegangen sei, da sich
sonst nie verl&ngerung in folge eines consonantenabfalls zeigt
Ist aber umbr. -pe mit osk. -pid und lat. -que iden-
tisch, so mufs im lateinischen eine yerkürzung eingetreten
sein, wie wir sie überall da anzunehmen haben, wo auslau-
tendes e nicht aus a hervorgegangen ist; das osk. i kann
Verkürzung erfahren haben, es kann aber auch, wie ligatüs
und andere falle zeigen, die ursprüngliche lange bewahrt
haben. Die grundform ist offenbar queid oder peid, d.h.
der ablativ, der uns noch im lat. qut freistehend, in
quippe, quin, quidem statt quidam (quodanmiodo),
nequiquam (nequidquam, nequicquam) componirt erhalten
ist: im lateinischen ist zunächst abfall des d, wie nach
langen vocalen stehend, sodann Verkürzung des ei in der
enclise eingetreten, während sich im freien zustande die
länge in qut erhalten hat; wir gewinnen also einen neuen
beleg zu der V, 189 fgd. ausgesprochenen ansieht über
das lat. e im auslaute; das umbrische hat wie immer das
auslautende d abgeworfen, das oskische in seinem -pid
die Urform am treusten bewahrt.
5) pert und per.
Bei Corssen V, 101 finde ich eine ansieht wieder, die
ich vor Jahren in einem hm. dr. Aufrecht zugesandten, ver-
altitalisches. 417
mathlich verloren gegangneo nachtrage zu meinem oskischen
im zweiten bände dieser Zeitschrift ausgesprochen hatte, dafs
nämlich in ampert das pert des CA. enthalten, pert
viam mit ultra viam zu übersetzen sei; da ich indessen
nicht in allen puncten mit 0. Übereinstimmen kann, andrer-
seits aber durch seine besprechung auf neues gekommen
bin, wird eine nochmalige behandlung dieses punctes nicht
ungerechtfertigt erscheinen.
Zunächst sind pert mit dem accusativ und das umbr.
per, welches dem ablativ sufiSgirt wird, streng zu scheiden.
1) pert mit dem accusativ hängt offenbar mit skr.
param = osk. perum, mit paratas, paratra und dem
griech. nigav zusammen, sowie mit dem pron. para „der
andre^, als erste bedeutung ergiebt sich danach entweder
an der andern seite oder nach der andern seite,
so dafs pert viam genau einem ultra, trans viam ent-
spricht. Von der verbalen abstammung des pron. para,
somit auch unseres pert, kann ich mich jedoch so wenig
Überzeugen, wie von der Verwandtschaft des lat. pars; fbr
skr. para hat immer noch die ableitung aus apara viel
itkr sich, und lat. pars stellt sich offenbar zunächst dem
griech. nogelv und Ttengtofiivog*) an die seite. Dage-
gen zieht Corssen mit vollem rechte das umbr. pert spi-
nia herbei, das aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls einen
accusativ enthält, von A. K. aber doch mit recht in per
geändert scheint: wollen wir auch auf das nur einmal vor-
findliche her statt hert nicht allzuviel geben, so erscheint
doch auch post auf den altern tafeln beständig zu pus
abgestumpft, so dafs in älterer zeit ein regelmäfsiger ab-
fall sich vorbereitet zu haben scheint, dem später zum teil
wieder einhält gethan wurde, vergl. trijuper irioper und
*) Ebenso wie ntitgat^iroq zu noqtXv verhält sich ilfiagfidvij zuf/t-
ftoQt, und wenn Benfey (wnrzellex. 11, 40 und gött. anz. 1851, stück 141)
den Spiritus asper ftlr unorganisch erklärt, so ist vielmehr seine vergleichnng
von fitiQOfiai und skr. mfsh falsch, und fieCgofiai gehört, wie ti'fiaQtat,
fftfioQt, a/ifioQoq zeigen, zu skr. smar (smir), hat aber die sinnliche
grundbedeutung besser bewahrt, von der wir auch zur erklärung von a/i-
ßgorov =s fjfiaQtov leichter gelangen, als von der des skr. smr.
V. 6. 27
418 £bel
das altlat pos, das jedenfalls nicht grandform, sondern
abstompfung des später wieder herrschenden post ist
Vollständig identisch mit osk. pert scheint mir jetzt auch
das lat. per, welches ich früher mit pari neQi zusam-
mengestellt habe, nnd wie im lateinischen per und trans
vielfach verwechselt werden, so beschränkt sich auch osk.
pert nicht auf die bedeutung „jenseits, über*; vielmehr
tritt in pertumum das »per* völlig so auf wie in dem da-
mit identischen lat. perimere* Nach meiner ansieht be-
deutet also
osk. pert = umbr. lat. per teils ^nach der andern
Seite*: 1) durch, 2) über, teils „an der andern seite*:
3) jenseits; es erscheint bald als präposition mit dem
acc, — pert viam, per(t) spinia(m), per pontem — ,
bald als präfix — osk. pertumum = lat. perimere, umbr.
pertentu — , bald als aifix. In letzterer bezieh ung sind
besonders wichtig die zahladverbia
osk. petiropert {petirupert) „viermal* und umbr. trij u-
per 3= trioper „dreimal*, die sich dem lat parumper
tantisper semper an die seite stellen, aber bisher noch
von niemand, auch von Corssen nicht, richtig analysirt sind.
Alle erklärer haben übersehen, dafs per hier nicht dem
stamme, sondern dem acc. pl. neutr. angehängt ist, so dafs
petiropert und trijoper die ursprüngliche form ist, also
eigentlich nichts weiter ausgedrückt ist, als durch drei,
durch vier, gerade wie lat semper nichts weiter besagt
als durch eins (sem = Hv aus samam, wie in den
V, 165 angefahrten formen simples und singuli) d. h.
in einem fort Sehr geistig gefafst ist das ultra im
ampert der TB., welches ich heute noch wie früher
als an- pert deute, d. h. non ultra. Die präposition in
kann oskisch nur en lauten (vgl. IV, 142. V, 62. 185.210);
das griech. afio ist offenbar aus dem organischeren auo
geschwächt, müfste also osk. ""sam oder sem werden; das
einzige, was lautlich noch möglich wäre, am — statt amfi —
(wie. in amvianud, amnud) läTst der sinn nicht zu; also
bleibt nichts übrig, als in an- das negationspräfix , das
altitalischea. , 419
UDS in dieser gestalt aus ancensfo bekannt ist, wiederzu-
finden, so auffallend es erscheinen mag, dafs eine präposi-
tion mit an-, nicht mit ni- zusammengesetzt ist.
2) per, dem ablativ sufSgirt, ist bis jetzt nur im um-
brischen nachgewiesen und zwar an allen dem verständnifs
erschlossenen stellen mit der bedeutung für; es kann aber
wohl nicht zweifelhaft sein, dafs die grundbedeutung, wie
im lat. pro, dessen stelle es vertritt, vor ist, wie sie in
den ableitungen perne und pernaio noch deutlich auf-
tritt. Im lateinischen und oskischen scheint diese prSr
Position, wie im umbrischen als präfix, gänzlich zu fehlen
— denn umbr. perakni entspricht offenbar lat. perenni,
entweder mit per = pert, oder vom pronomen para wie
perendie, und perakri, peretom dürften schwerlich
ein „vor'* oder „für" enthalten — dagegen tritt sie merk-
würdiger weise auf romanischem Sprachgebiet wieder auf
im ital. per, welches pert und per in sich vereinigt. Wenn
aber dem ital. per span. portug. altfranz. por, neufr. pour
zur Seite steht, so entsteht doch die frage, ob nicht das
vielbesprochene lat. por- in porricio porrigo polliceor por-
tendo (II, 477; III, 157. 250. 395) und das umbr. pur- in
purdiio u. s. w. nur eine Variation der umbrischen präpo-
sition ist. Als unmittelbare Umstellung von pro können
wir wenigstens por- nicht ansehen, da lat. prdd offenbar
ein ablativ, also schon eine abgeleitete form ist; eherliefse
es sich mit griech. ngo, skr. pra vergleichen, doch sind
wohl auch diese nur Verkürzungen eines volleren Stammes,
wie er uns im griech. nägog^ skr. puras entgegentritt, in
weiteren ableitungen im griech* nagal^ Ttagd^ lat. prae ss
umbr. pre und lat. pr6{d), umbr. pru- (in prusikurent
u. 8. w.). Das adverbium porro ist gewifs von Corssen
(IQ, 252) richtig als comparativ aus ^portro gedeutet
worden. — Wir finden aber auch im oskischen noch eine
form, die sich sicherlich nur auf dies per zurückf&hren
läTst, nämlich das seinem wesentlichen begriffe nach schon
von Lange bestimmte peremusi der TB., das somit formell
einem lat. prompserit am nächsten kommt.
27*
4M , £b«l
Schliefslich noch eine vennuthang über die form von
pertemutt und peremust Auffallend scheint, daüs periumum
assimilation erfahren hat, während die beiden fut. ex da-
von frei geblieben sind; wir finden aber gerade bei emo
im lateinischen das perf. £mi, und ebenso entspricht umbr.
benust dem lat. ytoerit; sollte nun nicht in -emust und
benust auch oskisch (und umbrisch) das e lang sein^ und
seiner Iftnge wegen der assimilation widerstanden haben?
6) Suffix -ion und -tion.
Den umbrischen stammen natin, tribri^in, ferin,
die lateinischen auf -ion und -tion entsprechen, hatBugge
y, 3 sehr sinnig das osk. tangin beigesellt, von dem uns
gen. tangineis^ acc. tanginom^ abl. tanginüd tanginud
erhalten sind. Hätte Corssen den aufsatz von Bugge schon
gekannt, als er (Y, 111) nachwies, dafs der trennungspunct
in medicaU inam TB. 16 zu tilgen sei, so h&tte er gewifs
statt der wenig ansprechenden annähme eines Substantivs
auf -tino hierin ebenfalls den acc. eines fem. medicaiin
gesucht, das sich als f&nftes beispiel den oben genannten
an die seite stellt. Wir dürfen dies um so sichrer anneh-
men, als medicatinam einerseits dem medicaiud gegenüber-
steht wie lat. actio dem actus, andrerseits dem t anginem
wie lat. lectio dem legio, umbr. natin dem tribri^in.
Ein sechstes derartiges wort scheint das agine derbronze
von Rapino 7. Sin jovias agine iafcesuc agine asum
zu bieten, vielleicht ein ablativ wie umbr. tribrisine. Von
den lat. formen unterscheiden sich die genannten jedenfalls
darin, dafs sie (wie lien Anien nerien) einen kurzen vo-
cal hinter dem i gehabt haben, denn ein langes u oder o
(wie der nom. tribri(;iu zeigt) wäre gewifs so wenig ver-
schwunden wie im ablativ der io- stamme Fisiu, Jtmu,
(Auch konnte sich -ti, was doch d^ hauptbestandteil
dieser suf&xe ist, eben sowohl mit -an als mit -van zu
einem neuen suffix verbinden.) Wie sind aber diese ver-
kürzten formen entstanden? Durch syncope oder contrac-
«lütaliBches. 421
tion? Für eine syncope des zweiten vocals (wie im lat.
carnis^ oak. cameis neben nmbr. karu) liefse sich der
nominativ der o-declination , namentlich Tratitis, Koisis
anfahren, fbr ausfall des ersten i vor dem zu e oderi ge-
schwächten o oder u die conjunctive habas, tmigaiu. Eine
contraction aus ie, wozu sich io geschwächt h&tte (wie
im loc. Fisiem statt Fisiam)^ scheint aber doch eher an-
zunehmen, da auch der acc. Fisim wegen der nebenformen
Fisei, Grabave, und weil das o sonst im acc. mase. und
nom. acc. neutr. nie- (wie im nom. masc, vor s) ausgestolsea
ist, schwerlich als syncopirte, vielmehr als contrahirte form
anzusehen ist; ich setze also nation natien natin als
die yermnthliche entwicklungsreihe dieser formen an«
7) Fragen und bedenken.
Tab. Ig. VI. a. 7 sve mujeio fust ote pisi arsir andere
sesust^ disleralinsmt enthält offenbar eine bestimmung fbr
den fall, dafs das silentium verletzt wird; zu erwarten ist
eine Vertagung der opferhandlung. Sollte nicht in diskr
eine form von diget verborgen sein, und dies dem osk. »icel
entsprechen, in alt ein analogon entweder des rom. aliua
oder des osk. allo liegen, so dafs die vermuthlich entstell-
ten werte ein alio die bärgen? In IL b. 21 sqq. vitlu
vufru pune heries fa^u, eruhu ti9lu seste Juve-
patre würde wenigstens ein eodem die nicht gerade wi-
dersinnig sein, und in U. a.15 huntia katle tifel sta-
kaz est deutet das folgende sume ustite u. s. w. auch
auf eine Zeitbestimmung, in III, 25 tif^lu sevakni fei tu,
27 tiplu sevakni naratu liefse sich ein die sollenni
auch wohl erklären.
I. b. 20 armamu kateramu Ikuvinu = VI. b. 56
arsmahatno caterahamo Jotinur ist bis jetzt noch ganz un-
klar, da Ijotinur nom. oder voc. pl., arsmamo caierdsno l.pl.
act. oder pass. sein kann, und keines der beiden verba uns
bekannt ist. arstiM- scheint dem lat. armare zu entspre-
chen, etwa in weiterem sinne „rüsten^, catera^ erinnert an
422 £bel
caterva; sollte der aus Weisung der firemdea ein »wir rfi-
steu, wir schaaren uns, Iguviner^ als anfforderung folgen?
Ueber tuder gehen die herausgeber zu leicht hinweg;
todcame tuder VI. a. 10. 11 deutet auf ein neutrum con-
sonantischer endung, und todceir tuderus widerspricht nicht,
dagegen weist handra esto iudero, porsei subra screihtar
sent^ z. 15 auf ein masc, und tuderor toicar z. 12 aufser-
dem (wenn man frater Atiersiur vergleicht) auf einen
o-stamm. Will man nicht fehler annehmen, so bleibt nichts
übrig, als zwei Wörter, ein neutrum tuder und ein masc.
tuder (statt tuderos) anzuerkennen; dann ist aber auch
noch nicht erwiesen, dafs hondra und subra den geuitiv
regieren, denn man kann eben sowohl tuderof als tuderom
ergänzen.
Bei Corssen's behandlung der „locative** auf -im
u. s. w. (V, 119) sind mir starke bedenken aufgestofs^i.
Darüber, dafs tibi ubi ibi wirklich aus formen auf
-bhyam hervorgegangen sind, kann wohl kein zweifei sein,
aber dafs dein exin proin und ähnliche formen unmitr-
telbar aus -m entstanden wären, widerspricht den lateini-
schen Sprachgesetzen, die m am ende bisweilen abfallen,
aber nie zu n werden lassen. Dafs kein in und un vor-
kommt, deutet auch daraufhin, dafs dein proin exin
aus de in de u. s. w. (in folge des überlieferten accents
d^inde) verkürzt sind; unquam gehört vollends nicJht
hierher, es ist aus quumquam cunquam wie uter aus
cuter entstanden; und en darf wohl von ecce nicht ge-
trennt werden, dieselbe noch unbekannte grundform scheint
dort mit dem jGragenden -ne (vgl. viden statt videsne), hier
mit dem deiktischen -ce componirt; vom osk. -en habe
ich oben gesprochen. In den localen ablativen kann fer-
ner -de sicher nicht, wie oben behauptet wird, aus die
entstanden sein; das ist wohl überhaupt unmöglich, dafs
Zeitbezeichnungen auf räumliche anschauungen übertragen
werden, während das umgekehrte (inde — deinde, hinc —
abhinc) ungemein häufig ist; ohne eine solche Voraussetzung
lä&t sich aber in diesen partikeln ein dies nicht erklären.
altitalisches. 423
(Dagegen kann pridem sehr wohl ein diem enthalten.)
Endlich scheint es mir sehr inconsequent, den umbr. ziel-
locativ im sing, zu bezweifeln und im plural festzu-
halten, während doch alle sprachen im plural weit eher
Verwischung der casusunterschiede zeigen. Ich bin viel-
mehr jetzt zu der Überzeugung gelangt, dais auch der ru-
helocativ im umbr. plural verschwunden und durch eine
wirkliche composition (fesner-en, fontlir-en, wo s wie
in eront in r übergegangen) ersetzt ist; im sing, halte
ich Ijovinem, totem, Fisiem, ocrem für die echte lo<
cativform, die sich dem lat. -im an die seite stellt, und
finde in ioteme Ijoeinem ein suffigirtes -en, welches der
im schwinden begriffenen form zur stütze beigegeben wurde,
ebenso wie im polnischen und russischen z. b. der locativ
(präpositiv), im celtisohen der dativ nie ohne präposition
erscheint.
April 1856. H. Ebel
Denken und sprechen.
1.
Wir nennen ein ding ein etwas, in welchem eine an-
zahl eigenschaften, durch eine innere beziehung zusammen-
gezogen, ein sinnliches ganzes bilden. Diese beziehung zu
sich selbst als ganzem bildet das ding, ist das wesen des
dinges — wo diese beziehung aufhört, hört das ding auf.
Dieses aufsichselbstbezogensein, dieses insichselbstzusam-
mengezogensein drückt unser altes Zeitwert dingan aus,
was freilich unsere althochdeutschen sprachreste nicht mehr
aufweisen, wohl aber die angelsächsische mundart in dem
starken Zeitwerte ]>ingan (ge]>ang, ge)>imgon, ge]>ungen).
Dies bedeutet also: Etwas rechtes sein, etwas zu bedeuten
haben, ein ansehen, gewicht haben, schwer sein. Das Sub-
stantiv )>ing heilst also ursprünglich: Jedes, was eine be-
deatung, beziehung, ein ansehen, ein gewicht, einen schwer-
424 Leo
punkt in sich hat, nachdem es sich als ein ganzes zusam-
menziefat; es ist der gegensatz der einfachen, blofs abstrac-
ten gedankenbildungen: ein ding. Das particip ge)»ungen
begegnet auch in adjectivischer Verwendung mit der be-
dentung: beziehungsvoll, gewichtig, schwer, gravis, emeri-
tus. Das Substantiv ge]>ang bedeutet: ansehen, gewicht.
Es begegnet in Salomon and Saturn ed. Kemble p. 180,
wo von den acht pfunden, aus denen Adam geschaffisn sein
soll, die rede ist; da heiTst es: fifle väs gifepund, )>anon
him väs geseald se fät and ge]>ang — das fbnfte war ein
gnadenpfund, wodurch ihm zugetheilt ward fett und ge-
wicht — oder: schwere, ansehen, bedeutung. Noch zwei
andere substantiva sind zu berücksichtigen — nämlich:
ge]>inc9 (gewöhnlich falsch: gej^ynctS geschrieben), welches
die art der inneren beziehung bezeichnet, die schwere, die
würde, den zustand, den stand, den plan, die art und ord*
nung einer sache in sich selbst: firmamentum, ordo, g^ra-
dus, initium, propositum — und sodann, weil es in der re-
gel zur Verwendung kommt, wo von einem ausgezeichneten
gewicht, stand, von einer hohen Ordnung die rede ist: ho-
nor, culmen, summitas. Das c in diesem worte ist offen-
bar nur durch die folgende aspirata statt g herbeigeführt
und ward sehr schwach gesprochen, denn öfter begegnet
auch nur die Schreibung: ge]>inht$, ja! sogar blois gej>ind.
— Das andere wort ist ge]>inc (för ge]>ingc — denn hier
ist der gutturale auslaut verhärtet, weil wahrscheinlich in
älterer sprachstufe noch ein, später abgefallener, endconso-
nant sich anschlofs). Dies bedeutet: das innere abwägen,
das erwägen, ermessen, die berathung — und dann auch
die raths- oder gerichtsversammlung, wo erwogen und er-
messen wird. Dies wort ist auch althochdeutsch vorhan-
den und lautet: gading oder gewöhnlich blois ding.
Von dem zuletzt erwähnten worte giebt es im angel-
sächsischen zwei denominativa; nämlich: gel>ingan (prät
ge]>ingde) d. h. einem zu erwägen geben, einem zur^eD,
bei einem vermitteln, mitigare; das andere ]>ingian (prät.
Jyingode) d. h. in einer erwägung, in einer rathsversamm-
denken nnd sprechen. 425
luDg, gerichtsversammlung sprechen; gründe, gemcbte zur
erwägung bringen. Es wird mit der präposition ät ge-
braucht, wenn die erwägung fbr einen anderen statt hat:
)>ingian ät sumum, intercedere pro aliquo, ftbr jemanden in
einer beratbung oder vor einem gerichte f&rsprech sein.
Mit vilS componirt, heifst es : mit einem anderen eine sache
durch erwägung aufs reine bringen — Ti8]>ingian , mit je-
mandem sich auseinandersetzen, vertrag scbliefsen.
Zunächst sei uns erlaubt von der Wortfamilie, so weit
wir sie übersehen, einen blick rückwärts zu werfen, ob sich
nicht in älteren sprachniedersetzungen verwandtes finden läist.
Es zeigt sich aber nirgends etwas hierhergehdriges als im
Sanskrit das thema tanj, welches seinen lauten nach in
regelrechter Verschiebung den deutschen stamm )»ing er-
giebt; denn sanskritisches t entspricht fast immer deut-
schem ]», neuhochdeutschem d z. b. tan ^ ]>enian; trsch
= l^yrstan; tala = |>^lu; tun = ]7y!nan; tvan<5 = ]>vingan;
tri = ]>ri; trd = ]>re6tan u.s. w. — ebenso sanskritisches
j deutschem g z. b. buj = beögan; gaj = cigan u. s. w.
und dafs das a des Stammes sich im deutschen präsens in
der regel in i schwächt, ist allbekannt. Also tanj ent-
spricht lautlich genau deutschem J^ing. Tanj bedeutet:
contrahere, coarctare, und mit deutschen verbalformen las-
sen sich zunächst tanakti = ]>inge8 und tatanja = )>ang
vergleichen. Unser wort ]>ingan wird demnach seine be-
deutung: „ein ansehen, gewicht haben^, „etwas wirkUches
sein^ aus dem grundgedanken ableiten: „sich zusammen-
ziehen; sich auf sich, in sieb, nach einem Schwerpunkte
hin zusammenziehen; coarctari, cogi.
Das Präteritum von )>ingan lautet )»ang — begegnet in
den erhaltenen sprachresten aber nicht, sondern lä/st sich
nur aus dem participio ge]>ungen und aus dem abgeleite-
ten Substantive ge|>ang erschliefsen ; und wird wohl in der
regel auch, gleich dem particip, nur in der componirten
form (also: ge)»ang) verwendet worden sein. Von ihm aber
ist ein factitivum abgeleitet, welches ursprünglich |>engian
gelautet haben mufs; aber durch die assimilation des bil-
426 Leo
dungs-i ist das vorhergehende g verhärtet und so lautet
das wort {»encan. Es entspricht in der form ganz dem
sanskritischen caasativ tanjayati, contrahendum curat,
contrahentem facit Ursprünglich mufs es also bedeuten:
machen, dafs etwas zu sich eine beziehong, daTs es eine
bedeutung, einen inneren Schwerpunkt, ein gewicht bekömmt
— also: eine sache in deren eigner natur und bedeutung
erwägen, deren gewicht, deren Schwerpunkt feststellen —
mit einem worte, es ist unser wort: denken. „Denken^
also steht zu „dingen^ in einem ganz ähnlichen inneren
zusammenhange des sinnes, wie lateinisches cogitare zu
cogere,
2.
Gerade die entgegengesetzte vorstellungsgrundlage hat
unser wort: sprechen. Auf diese grundbedeutung des
wertes weist noch das althochdeutsche : spr^hhiloht, ma-
culosus, mit flecken besprengt, und arsprehhilin, macu-
losum fieri, mit flecken wie besprengt werden, hin — denn
die grundbedeutung ist: besprengen, sprengen, spargere.
Ofienbar geht es zurück auf das sanskritische thema: spr^,
conspergere, attingere, besprengen, berühren und ist mit
lateinischem spargere ebenfalls in Urverwandtschaft. Wenn
auch sonst sanskritisches p meist in deutsches f übergeht,
hält es sich doch in der Verbindung sp meist z. b. spand
= spanan; inlautendes deutsches c oder ch entspricht aber
nicht selten sanskr. p oder sh z. b. mr^ = meolc (milch);
zuweilen auch an- oder auslautendes z. b. pat = cvidan;
parv = ceorfan; vip = vic u. s. w. Der geistig in sich
zusammenziehenden, zu Vorstellungen und begriffen zusam-
menziehenden, vereinenden thätigkeit des denkens gegen-
über erscheint das sprechen als ein wiederauseinanderspren-
gen der gedanken in deren einzelne elemente, wie diese
sinnlich als worte heraustreten.
Die angelsächsische mundart zeigt unser altes spr^hha,
macula, wie es sich aus sprShhiloht erschliefsen läTst, nicht
auf — aber da sie neben sprScan eine weichere wortform
denken und sprechen« 427
besitzt, die das r ausgeworfen hat, also sp&can lautet, so
gehört offenbar zu sprScan das wort: specce, welches also
unserem worte sprehha entspricht, aber wohl andere be-
deutung hat Es bedeutet: schlacke, scoria — falls nicht
blofs das daneben stehende wort syndran zu scoria gehört
und spöcce zu dem fast unmittelbar vorhergehenden: ma-
culis — denn es begegnet das wort nur als gloss. (Haupt
IX, 421). Doch kann spöcce recht gut eine schlacke d.h.
einen abfall, ein loses stück (ein sparsum) bedeuten, da im
altnordischen sprek ebenso ein holzstückcben , einen lo-
sen spahn bedeutet. Daneben hat die altnordische mund-
art auch sprekla, macula — aber in der bedeutung: spre-
chen kein hiehergehöriges verbum.
In süddeutschen mundarten findet sich noch: der
sprage, das spregkl, das sprigkel, macula. Dürin-
gen kennt noch in seiner mundart das alte sprehhiloht in
der form: sprickelicht, und auch das wort sprickel,
macula, so z. b. heifsen die unter dem namen Sommerspros-
sen bekannten hautflecke in Düngen : sommersprickeln.
Mit dem sanskritischen thema spr^ ist übrigens wohl
identisch das thema prsh (spargere, efiundere, irrigare),
so wie die themen: sparsh und parsh (madefieri); und
spap, pash, pas (tangere, serere), in welchen letzteren
ebenso, wie in dem angelsächsischen specan neben spre-
can, das r Terschwunden ist. Auch das litauische hat
nur noch einen rest ohne r — nämlich: spakas, der tro-
pfen, das pünctchen, fleckchen — falls nicht auch szpar-
was, bunt, gesprenkelt zu derselben Wortfamilie gehört.
3.
Zusammenziehen im geiste und auseinandergiefsen, aus-
sprengen mit dem munde, das sind die beiden thätigkei-
ten, die unsere Wörter dingen und sprechen ausdrücken
— denken aber besagt das sichzusammenziehenlassen, das
zu Vorstellungen und begriffen der dinge werdenlassen. Ich
achte, man kann nicht sinniger und tiefer das wesentliche
der beiden Wirksamkeiten bildlich darstellen, als unsere
4M Leo
Sprache wirklich gethan hat Die spräche ist denken in
dessen äoTserlicher Zersetzung, es ist ein sprengen der ge-
danken in kleine theilchen, aus denen sich ihre darsteUong
im sprechen zusammensetzen mufs; es ist ein besprUheo
und besprengen des hörenden im geiste. Der ge danke
dagegen ist wesentlich ein inneres inbeziehnngsetzen und
zusammenziehen der dinge ans einzekien Wahrnehmungen
in Vorstellungen, aus Vorstellungen in begriffe a.8.w., im-
mer aus der peripherie nach einem Schwerpunkte hin.
Von dem präteritum des wertes jnngan (von ]^ang) ist
noch ein substantivum abgeleitet, welches ehemals mit ei-
nem flexionsconsonanten ausgelautet haben muls, dessen
abfall doch die Verhärtung des auslautes des Stammes hin-
terlassen hat; es lautet angekächsisch ]>anc (gothisch noch
]>agk-s). Es hat denselben sinn, wie unser deutsches wort
gedanke: d. i. die innere zusammenziehung, beziehung, ver-
bindimg. Gewöhnlicher wird es in der componirten form
ge]>anc, auch in der einfachen ]>anc gebraucht. In der ein-
fachen form aber hat es auch (wie im gothischen) noch die
bedeutung unseres neuhochdeutschen wertes: dank, gra-
tiarnm actio — also auch: Zurückbeziehung, beziehung,
zusammenziehung mit jemandem, dem man diese beziehung
schuldig ist, dem man dadurch verbunden ist; und von dem
Worte in dieser bedeutung ist wieder ein denominativum
gebildet: )>ancian (prät ]>ancode) gratias agere, gratias
habere. Endlich von dem plural des präteriti des Wortes
)>ingan (]>ungon, gewöhnlicher gej'ungon) ist ebenfalls eine
weitere verbaiform abgeleitet, die eigentlich )>yngian lauten
sollte, aber wegen der assimilation des i und wegen da-
durch bewirkter Verstärkung des den stamm auslautenden
consonanten wirklich: (»yncan lautet. Ableitungen verba-
ler form von dieser lautstufe haben immer einen intensiven
oder augmentativen sinn z. b. beogan : bogan; biddan :
bflBdan; ctdan : cidan; cviCan : cvissan; hnipan : hnaepan;
deofan : dufan; dreösan : drusian; teöhan : tygan; sprScan :
sprsecan u. s. w. u. s. w. Auch in unserem falle ist die in-
tensive bedeutung sichtbar, denn dünken (]>yncon) ist in-
doDken und sprechen. 429
tensiver als denken. Wenn einem etwas dflnkt, greift
man mit den beziehongen über das klar und einfach vor-
liegende hinaus und findet da noch merkmale f&r das ding,
findet da noch eine beziehung, zieht noch da in eine Vor-
stellung zusammen, wo die einfachen data, die zu solcher
susanunenziehung wirklich berechtigen, fehlen und von dem
denkenden supplirt werden. Das dünken greift weiter und
die subjective thätigkeit ist darin mächtiger als beim
denken.
Uns sind die den werten: sprechen und denken ur-
sprünglich zu gründe liegenden sinnlichen bilder ganz aus
der Vorstellung entschwunden, wenn wir uns der worte be-
dienen. Den gang, der zu solchem entschwinden führt,
können wir uns versinnlichen an dem worte: begreifen.
Dies ist ja ursprünglich, eben wie das davon abgeleitete:
begri£P, auch ein ganz sinnliches bild, ein zusammenfassen
mit den fingern der band. Aber wenn wir das wort brau-
chen, denkt man gewifs höchst selten an das sinnliche bild
— verschwände aJso das simplex: greifen in seiner noch
stets sinnlichen bedeutung aus der spräche, so würde bald
jedermann eben so wenig mehr eine Vorstellung haben, dafs
begreifen ursprünglich etwas sinnliches bedeute, als jetzt
jemand eine Vorstellung davon hat, dafs ^dingen, denken,
sprechen^ ursprünglich sinnliche bilder sind.
Da die sanskritthemata tanj und spr^ noch keine
geistige beziehung haben; die gothischen sprachreste uns
nur ]>agkian {Sta?.oyiCs(T&ai^ av?*Xoyi^Ba&ai) und ]>agks
(X^Q^) bieten, aber nichts von sprikan, mufs die geistige
Verwendung jener sinnlichen bilder ziemlich spät eingetre-
ten sein. Jedes falles (mag sie noch so naiv in unbewufs-
tem natürlichen tacte vor sich gegangen sein) legt sie aber
zeugnüs ab von der angebomen tiefe und richtigen auffas-
sung der deutschen Völker. Je genauer man überhaupt
eindringen wird in die bedeutung und geschichte der ein-
zelnen Wörter unserer spräche, je mehr wird man sich über-
430 Leo
zeugen, dafs die deutschen Völker nicht erst mit dem, was
neuerdings civilisation genannt wird, eine tiefe bildang ih-
res geistes begonnen haben — dafs letztere vielmehr so
alt ist, als diese Völker selbst, und unabhängig von der
fOlle der äuüseren mittel des genusses und der beqnemlich-
keit, welche die angebome fähigkeit eher erschlaffen und
lahm legen als erwecken.
H. Leo.
Der obige au&atz war der redaction noch vor dem
erscheinen der abhandlung Jacob Grimmas über den Per-
sonenwechsel in der rede zugegangen, welche in zwei aus-
laufen die Worte der rede und des denkens gleichfalls be-
handelt und zu anderen resultaten gelangt. Da indeis
Grimm s. 61 in betreff des Wortes denken sagt, er habe
gründe und zweifei mitgetheilt, ohne schon entscheiden zu
wollen, so wird es auch gerechtfertigt erscheinen, wenn
hier noch einer andern ansieht räum gegeben wird. Wenn
übrigens unser verehrter mitarbeiter den begriff denken sich
in, wie mir scheinen will, etwas zu abstracter weise, die nahe
an die poetische Vorstellung vom goldenen Zeitalter grenzt, ent-
wickeln läfst, so soll davon doch keineswegs ein einwurf gegen
die lautliche Zusammenstellung der wurzel mit skr. tanj erho-
ben werden. Aufrecht hatte I, 353 j)agkjan mit dem altlat.
tongere = nosse und dem osk. tangino ä= jussus, decretum
zusammengestellt, was mir als sicher erscheint; deshalb
möchte die sinnliche bedeutung der wurzel vielleicht die
des ordnens sein, welche im griechischen rdaaio zu tage
liegt. Wenn Grimm s. 55 über sprechen bemerkt, dals es
zu brechen gehalten werden darf, so verdient bemerkung,
dafs Shakespeare to break noch in dem sinne von reden von
etwas, eröffnen gebraucht, Mach. I, 7. What beast was
't then, That made you break this enterprise to me? Auch
Halliwell dict. s. v. hat „to break with a person, to open
a secret to him". break und sprechen würden sich also ver-
halten wie bröde zu spröde, briuze zu spriuze.
A. Kuhn.
bericht über die neueren encheinmigen auf dem gebiete der Zeitschrift 431
Bericht über die neueren erseheinungen auf
dem gebiete der Zeitschrift.
Bereits am Schlüsse des vorigen bandes beabsichtigte
ich in einem kurzen überblick darzuthun, wie sich in den
letzten jähren ein erfreuliches leben auf dem gebiete der
vergleichenden Sprachforschung gezeigt habe, allein andere
arbeiten und die menge des vorliegenden Stoffes fär die
Zeitschrift lielsen es gerathen erscheinen den bericht noch
zu verschieben; ich hole daher jetzt nach, was ich damals
versäumte, indem ich zugleich die erseheinungen des letz-
ten Jahres mit in den kreis der darstellung ziehe. Ehe ich
jedoch zur betrachtung des einzelnen übergehe, darf ich
nicht unbemerkt lassen, dafs ich auf Vollständigkeit in die-
sem überblick keinen anspruch mache und im allgemeinen
die in zeitschriflen erschienenen aufsätze von demselben
ausgeschlossen habe.
Wenden wir uns zunächst zum gebiet der germani-
schen sprachen, so ist hier vor allem Jacob und Wil-
helm Grimmas deutsches Wörterbuch zu nennen,
welches jetzt bis zur vierten lieferung des zweiten bandes
(bis der, die, das) vorgerückt ist Der umfang und die
tiefe der hier niedergelegten forschungen machen dasselbe
zu einem national werk, das sich würdig den grofsartigen
schöpfiiDgen des älteren der beiden brüder zur seite stellt
und dessen werth durch die kleinliche mäkelei, die hier
und da etwas vermifst, nicht beeinträchtigt werden kann.
Denn so dankenswerth auch viele der von Sanders im pro-
gramm eines neuen Wörterbuchs der deutschen spräche
(Leipzig 1854) sowie in einzelnen aufsätzen von Herrigs
archiv gelieferten nachtrage sind, so wenig gerechtfertigt
ist doch die art und weise, wie sie vorgebracht werden
und D. Sanders wird erst durch sein in aussieht gestelltes
Wörterbuch zu zeigen haben, dafs er der aufgäbe mehr ge-
wachsen war. An das Grimms'che werk schlieist sich Be-
necke-Müller's mittelhochd. Wörterbuch, bd. I.
Leipz. 1854; bd. IL heft 1, bearbeitet von Fr. Zamcke, wür-
432 Kahn
dig an; wie jenes zeigt es uns bei den Stammwörtern die
entwickelung der spräche durch alle germanischen dialekte,
wodurch die etymologische forschung eine sichere grund-
lage bei ihren Untersuchungen gewinnt. Denn wenn auch
im Grimmschen werke bei der yergleichung der st&mme
mit denen der verwandten sprachen, namentlich mit denen
des Sanskrit, vielleicht hie und da ein zu kühner griff ge-
than ist, so hat doch die Sprachwissenschaft im grofsen
und ganzen nur den erheblichsten nutzen aus diesen for-
schungen, da sehr häufig weder die ursprüngliche form noch
der Inhalt eines worts von dem beschränkten Standpunkt ei-
ner spräche aus erkannt werden können. Aus dieser erkenn t-
nlTs scheint auch Holm boe's (det norske sprogs vae-
sentligste ordforraad etc.) versuch einer vergleichnng
des nordischen mit dem sanskrit und den übrigen verwandten
sprachen hervorgegangen, der bereits in dieser Zeitschrift
(in, 222 ff.) besprochen wurde, nur ist zu bedauern, dafs
der verf. zu demselben nicht so gerüstet war, wie es die
heutige Wissenschaft verlangen mufs. Andere lexikalische
arbeiten auf dem gebiete der deutschen sprachen sind För-
stemann^s altdeut. n amenbuch, welches von Mafsmann
lY, 227 besprochen wurde und jetzt bereits bis zum schlnfs
des ersten bandes gediehen ist; der verf. arbeitet gegen-
wärtig an dem zweiten bände, welcher die Ortsnamen ent-
halten und dessen erste lieferung nächstens erscheinen wird ;
für die im westlichen Deutschland vorkommenden Ortsna-
men ist die von Diefenbach Y, 223 ff. besprochene abband-
lung Grandgagnage^s sur les anciens noms de
lieux dans la Belgique Orientale von Wichtigkeit.
Als eine ungemein dankenswerthe arbeit begrüfsen wir fer-
ner Kosegarten's Wörterbuch der niederdeut-
schen Sprache, das Woeste in einem der nächsten
hefte unserer Zeitschrift ausftihrlicher besprechen wird;
es wird bei den jähre lang eifrig fortgesetzten Studien
des Verfassers eine wesentliche lücke unserer ^Jexikogra-
phie ausftkllen und dem ungemein reichen Sprachstoffe, der
im niederdeutschen niedergelegt ist,, die Würdigung ver-
bericht ttber die neneren enoheinungen auf dem gebiete der zeitscliriil. 433
schaffen die ihm gebührt. Einen beitrag znm niederdeut-
schen Wörterbach enthielten auch die bereits von Woeste
(IV, 219) angezeigten niederd. geistlichen lieder, her-
ausg. Yon Hölscher, Berlin 1854, doch wird noch man-
ches darin der berichtigung bedürfen. Das sorgfältige glossar
Pfeiffer's zu seinem Nicolaus von Jeroschin sowie
die grammatisch wichtige einleitung desselben über das mittel-
deutsche habe ich (III, 447) schon besprochen, ich scUiefse
ihm hier noch Rufs wurm^s spräche der Inselschwe-
den (sonderabdruck aus des Verfassers interessantem werke
Eibofolke oder die Schweden an den küsten Ehstlands und
auf Bund), Beval 1855 an, welches nebst einem gramma-
tischen überblick und sprachproben ein glossar enthält, des-
sen inhalt sowohl durch alterthümlich bewahrtes als durch
anderswoher entlehntes viel wichtiges bietet« Von den deut-
schen lehnwörtern handelt eine als einladungsschrift zur
prüfiing der Zöglinge des Beheim-Schwarzbachschen insti-
tuts im jähre 1856 zu Ostrowo erschienene abhandlung un-
seres mitarbeiters dr. Ebel in trefflicher weise und liefert
namentlich ein nach dem alter der entlehnung geordnetes
verzeichnifs entlehnter Wörter vom 7. — 12. Jahrhundert, Den
schlufs dieser lexikalischen arbeiten möge endlich die kleine
filr das Studium der althochd. dichter sehr lehrreiche Schrift
Friedr. Pfeiffer's, das rofs im altdeutschen, Breslau
1855, bilden, in welcher er nach weise der indischen lexi-
kographen nicht nur alle ausdrücke fbr pferd, sondern auch
alle den körperbau, das leben, die ausrüstung, das reiten,
ziehen u. s. w. betreffenden ausdrücke zusammengestellt und
mit zahlreichen stellen der althochd. dichter belegt hat.
Yon grammatischen arbeiten auf dem gebiete der deut-
schen dialekte sind, aufser Weinhold's wichtiger schrift
über die deutsche dialektforschung, Wien 1853 (be-
sprochen von Pr. Pfeiffer III, 144), die bereits mehrfidtig
neuen arbeiten den anstofs gegeben hat, zu nennen: Ko-
ber stein, dritte abhandlung über den österreichischen
dichter Peter Suchenwirt, Naumbui^ 1853. 4., mit
welcher der die flexion behandelnde theil zum abschlufs
V. 6. 28
434 Kuhn und EM
gelangt. Die hier bis in die äofsersten- abw^chungen vom
gewöhnlichen Sprachgebrauch eindringende forschung kann
allen arbeitem auf demselben gebiete zum muster dienen.
An diese arbeit schliefsen wir Hardt: vokalismus der
Sauermundart des grofsherzogthums Liuxemburg, eine
bereits im jähre 1843 erschienene abhandlung, deren aorg-
ftltige durchfthrung es bedauern läfst, dafs die consonanten
noch nicht in gleicher weise vom verf. bearbeitet sind. Ebenso
dankenswerth ist die abhandlung von Pro£ L au eher t:
lautlehre der mundart von Rottweil und umgegend,
Bottweil 1855, welche sowohl die vokale als die consonan-
ten umfaist. Einen neueren versuch einer zusammenstel-
Inng s&nuntlicher Schriften über die mundarten sowie der
in ihnen verfafsten Schriften hat endlich in anerkennens-
werther weise Trömel: die deutschen mundarten,
Halle 1854, gemacht.
In einer ausführlichen abhandlung behandelt Jacob
Grimm den Personenwechsel in der rede, Berlin
1856, zunächst nur in betreff der deutschen sprachen, doch
auch vielfUtig aus den verwandten bestätigung oder widerspiel
herbeiziehend, wodurch mehrfach auch zu etymologischen
Seitenblicken sowohl im text als in besonderen ausläuGoi
veranlassung gegeben wird, von denen ich bereits oben
8. 430 den Ober die Wörter des denkens und der rede za
nennen veranlagst war. In einer inauguraldissertation han-
delt *Kohn, de verbo germanico tuen et verbo
germanico iddja. Bonn 1854*) fleifsig und grQndlich,
bisweilen etwas weitschweifig, doch leider in ungeniefsbarem
latein geschrieben; verf. weist gegen verschiedene hypothesen,
namentlich Grimmas, mit vergleichung aller dialectischen for*
men nach: 1) tuen conjugirt nirgends schwach und ist
identisch mit dem hOlfsverbum des präf. -da, 2) es ist kein
ablautendes, sondern reduplicierendes verbum, die wurzel
nicht did, sondern d6 = skr. dhä, das präsens ursprüng-
lich ohne, in einigen späteren formen jedoch auch mit bio-
devocal, das präteritum ursprünglich *dad6 dada, goth.
*) Die mit einem * Tersehenen theile des berichts rühren von hm. dr.
Ebel her.
bericht über die neaeren eiBcheinmigen auf dem gebiete der Zeitschrift 435
*dida, als suffix in -da verkürzt; die länge im plural wird
als ersatz des abgefallenen wurzelvocals (dSdum statt da-
döum), die 2. pers. sing, nicht recht befriedigend erklärt;
3) werden die neuem dialectformen nnd das subst dSds er-
klärt, die vergleicfaung von taujan abgewiesen; 4) iddja
steht ftlr idida (die reduplication wegen der schwäche der
Wurzel i beibehalten), aber nicht durch metathesis, sondern
durch ausstofsong des d, dann mit nnorganischer Verdopplung
aus idja, die pluralformen sind durch falsche analogie des
sing, aus id^dum entstanden, das ags. eode ohne redupli-
cation wegen des stärkeren eo. Die neuhochdeutsche parti-
kel nicht mit rüchsicht auf die urverwandten n-partikeln
einiger schwestersprachen behandelt in der einladungs-
Schrift zur 300jährigen Jubelfeier des gymnasiums zu Lissa
Olawsky, Lissa 1855. Ich bedaure auf den inhalt die-
ser gediegenen schrift jetzt nicht weiter eingehen zu kön-
nen, da sie mir erst während der abfassung dieses berichtes
zuging, vielleicht komme ich indefs in besonderer bespre-
chung auf dieselbe zurück. Kegel handelt de syllabae
a ad formanda adverbia substantivis vel adjectivis in Ungua
Anglioapraefixaeorigine ac natura, Gotha 1855, indem
er aufser den zahlreichsten föllen, wo das präfix aus ags. on
entstanden ist, noch eine reihe anderer beispiele nachweist,
in denen das präfix sowohl anderen ags. als auch franz.
präfixen oder präpositionen seinen Ursprung verdankt. Die
abhandlung ist ein erfreulicher beitrag zur lehre von der
englischen Wortbildung; wie wenig erschöpfend dies a bis
jetzt in engl, grammatiken behandelt wurde, sieht man aus
Goold Brown grammar of english grammars p. 423.
Wenden wir uns nun zu den klassischen sprachen, so
ist es zunächst erfreulich zu bemerken, wie das verglei-
chende Sprachstudium in immer weiteren kreisen festen
boden gewinnt und selbst diejenigen sich von seiner Wich-
tigkeit zu überzeugen beginnen, welche bisher nicht selten
noch mit vornehmer geringschätznng auf seine resultate
herabzusehen pflegten. Mehrfältig begegnet man in werken
altklassischer philologen eines schüchternen hinweises auf
28*
490 Kahn and Ebel
diese oder jene durch vergleichnng gewonnene etymologie
und die zeit wird bald vorüber sein, wo einer der geist-
reichsten Vertreter der neueren ricfatung seine Untersuchung
lieber mit den Worten abbrach: Verum etiam haec diffi-
cultas fortasse solvi potent. Id autem cum fieri non pos-
sit, quin oculi eorum, qni puritatem antiquitatis stadiomEn
peregrinis vocabulis allatis inquinari censeant, band parvo
indicorum, slavioorum, lituanicorum vocabulorum numero
offendantur, praesenti tempore omitto« Soll der Unterricht
in den klassischen sprachen in wahrhaft lebendiger weise
betrieben werden, so kann man der etymologie nicht ent-
rathen, so mufs das, was in der muttersprache Sprachge-
fühl ist, in dem schüler durch entwickelung des bewufst-
seins vom etymologischen zusammenhange der Wörter er-
setzt werden, denn wenn auch in jeder spräche sich dunkle
Wörter finden und das sprachgefQhl hier und da durch fal-
sche analogieen irre geleitet worden ist, so ist doch die
Wortbildung im ganzen und grofsen in den klassischen spra-
chen noch so durchsichtig, dafs dieselben durch weckung
des etymologischen Verständnisses in hohem grade an leben
gewinnen mOssen. Mit recht dringt daher G. Cnrtius in
seiner zur feier des geburtsfestes Friedrich VII. im jähre
1854 zu Kiel gehaltenen rede darauf, auch in die schulen
die resultate der neueren forschungen einzuflkhren , und in
der that ist es unmöglich, wenigstens in den oberen und
mittelklassen viele erscheinungen der deklination und con-
jugation im griechischen und lateinischen erklärend zu be-
sprechen, ohne die durch die historische und vergleichende
Sprachforschung gewonnenen thatsachen zu berQcksichtigen.
G. Cnrtius hat daher schon im jähre 1852 selbst den gelun-
genen versuch gemacht, das von der theorie geforderte prak-
tisch ins werk zu setzen und die einftlhrung seiner griech.
grammatik auf den österreichischen gymnasien, deren
Übersetzung ins italienische, sowie das erscheinen der schon
1855 nöthig gewordenen zweiten aufläge zeugen hinläng-
lich fbr die zweckmäfsigkeit der ausf&hrung. Einer von
Curtius Schülern hat jetzt auch den versuch f&r das latei-
beridbt Über die neaeren ersdieinangen auf dem gebiete der Zeitschrift. 437
nische unternommen, nämlich: Yaniöek in seiner latein.
Schulgrammatik, th. I. formenlehre, Prag 1856, und wir
werden auf dies buch wegen der fikrs lateinische praktisch
noch viel wichtigeren frage noch einmal zurückkommen.
Ihm reiht sich die abhandlungvonM. Schinnagl, bemor-
kungen über die hauptdeclinationen der Latei-
ner, an ( Programm des obergymnasiums zu den Schotten
in Wien, 1855), welche hauptsächlich nach Bopp,. aber
auch mit benutzung von Krüger, Schneider und Härtung
die theorie der declination in allgemein fafsUcher weise dar-
stellt und dieselbe den schülem der oberen klassen zugäng-
lich gemacht wissen wilL — Von diesen mehr auf das prak-
tische gerichteten Schriften wende ich mich zu denen von
ausschlieislich wissenschaftlichem gehalt, indem ich nament-
lich die bedeutendste erscheinung auf dem gebiete der la-
teinischen grammatik: Weil undBenloew's accentua-
tion latine, Berlin und Paris 1855 voranstelle, deren be-
sprechung Benary Y, 312 bereits begonnen hat und näch-
stens fortsetzen wird, die das auch flQr den rein klassischen
Philologen in mehrfacher hinsieht wichtige buch in so ho-
hem mafse verdient Wenn dies buch zu gleicher zeit auch
über den lateinischen vokalismus manches licht verbreitet,
so geschieht dies in noch höherem maafse durch Dietriches
commentatio de vocalium quibusdam in lingua
latina affectionibus, Hirschberg 1855, welche Corssen
unten s. 442 ff. ausführlicher gewürdigt hat. Die f&r die ge-
schichte der lateinischen spräche äufserst wichtigen unter- .
suchungen RitschTs sind ihren hauptresultaten nach von
Schweizer U, 350; IV, 60 ff. zusammengestellt, einige punkte
aus demselben gebiet hob Ebel IV, 288 hervor aus Fleck-
eisen: zur kritik der altlateinischen dichterfrag-
mente bei GeUius, Leipzig 1854. Wenn sich aus Ritschl's
abhandlungön auch mehrfach wichtige resultate ftlr die
Schreibung und etymologie der eigennamen ergeben, so bleibt
es zu bedauern, dais für eine vollständige Sammlung dieses
so wichtigen theils der spräche noch so wenig geschehen
ist; einen schönen beitrag zu einer solchen Sammlung lie-
438 Kuhn und Kbel
ferte Fr. Ellendt de cognomine et agnomine Ro-
mano, Begimontii Prassorum 1853. Wie wichtig derar-
tige speciakammlungen fbr die geschicfate der spräche seien^
ist wohl keinem ein zweifei und auch in anderen zweigen
der Sprachwissenschaft macht sich ihre nothwendigkeit gd-
tend, so fordert G. Curtius in seinem auf der phüologen-
versammlung zu Hamburg 1855 gehaltenen vertrag andeu-
tungen tlber das yerhältnifs der lat. spräche zur
griechischen zu einer Sammlung der griechischen Wörter
der lateinischen spräche auf, indem er zugleich tlber die
verschiedenen kategorieen der lehnwörter sowie namentlich
tlber die dem schiflbwesen entnommenen sich ausläfst und
durch kurze winke andeuet, dais vieles, was man bisher
als entlehnung 'angenommen, sich aus einer gemeinsam grie-
chisch-italischen Sprachperiode erkläre. Zur näheren fest^
Stellung dieses noch vielfach dunklen punkts in der ge-
schichte der lateinischen spräche werden die forschungen
auf dem gebiete der italischen dialekte mehr und mehr bei-
tragen. Einige auf dem gebiete des oskischen erschienenen
Schriften behandeln Kirchhoff und Schweizer in dies, zeitschr.
m, 126. 203; einen neuen bearbeiter fanden die oskischen
und sabellischen denkmäler in prof. Huschke (El-
berfeld 1856), dessen arbeit im nächsten hefte uns. Zeitschrift
vonCorssen ausftlhrHcher besprochen werden wird. Das etrus-
kische betreffend ist uns zugegangen: *Lettera d^Ario-
danteFabretti sopra due iscrizioni etrusche (aus
der Rivista Contemporanea) 1855, dieser aufsatz vermag das
dunkel, das bis jetzt über der etrusk. spräche liegt, auch nicht
zu erhellen; der hr. verf. giebt zwar einige casus der 2ten
declination an (nom. aule, gen. aules, dat. aulesi, acc. lupum),
bleibt aber die beweise schuldig, und dafs er osk. statüs
noch als nom. sing, anföhrt, erweckt eben kein günstiges
vorurtheil. Wir schlieJsen diese übersieht von Schriften
auf dem gebiete der ital. sprachen mit einer kleinen syn-
tactischen abhandlung: '^Aubert, beitrage zur la-
teinischen grammatik I. Christiania 1856. Sie han-
delt über einige arten des lateinischen genitivs — 1) gen.
bericht über die neueren encbeianngen aaf dem gebiete der zeitsduift. 439
qualitatis, 2) gen. einea snbstantivs mit gerundiy in prft-
dicirung und appowtion, 3) gen. definitivus (epexegeticus)
besonders beim gerundium, 4) gen. partium, 5) einen sonder-
baren gebrauch des gen. gerundii (statt des infinitivs) — mit
logischer schärfe, die bisweilen an Spitzfindigkeit grenzt.
Auf einige streitige punkte näher einzugehn, yerstattet uns
der räum nicht.
Gehen wir zum griechischen über, so ist oben bereits
der in einer neuen aufläge erschienenen grammatik von
Curtius gedacht, derselbe handelt in dem lectionskatalog
der Kieler Universität, sommer 1855 de nomine Homeri,.
indem er die von Holtzmann in dieser Zeitschrift I, 483 ff-
versuchte erklärung des namens sowohl sachlich als sprach-
lich zurückweist (was über X(}ai7tv6g gesagt wird, ist indels
nicht ausreichend und die Zusammenstellung von xagn, xgcen
mit hloufan, krypti ist wegen des Unterschieds der vokale
bedenklich); ausführlicher wird die annähme Welckers, daTs
in Homeros ofÄOv und ägeiv stecke, erwogen, dieselbe aber
ebenfalls und zwar aus sprachlichen gründen verworfen und
endlich nach MüUenhoffs vorgange die sehr ansprechende
vermuthung ausgesprochen, dafs die epischen dichter sich,
wie die mittelhochdeutschen, geselle und gehelfe, zuerst
ofXYiQOh genannt, dafs aus diesen dann Homeriden und schliefs-
lich ein eponymos Homeros geworden sei. — Dem infi-
nitiv der homer. spräche ist die inauguralschrift unse-
res mitarbeiters, dr. Leo Meyer (Göttingen 1856), gewid-
met, in welcher er zuerst die bildung desselben mit ver-
gleichung der verwandten formen bespricht und dann die
Syntax desselben im Homer in ausftihrlicher darstellung ab-
handelt; das hauptresultat spricht der verf. zum schlufs
dahin aus, „daüs der infinitiv bei Homer noch nicht das
ist, was man später darunter sich vorzustellen gewohnt ist,
der allgemeinste ausdruck des verbs ohne alle nebenbezie-
hung, sondern dafs ihm noch eine viel bestimmtere und
zwar futurische richtung, die aus seiner dativischen bildung
hervorgeht, eigen ist^. -*- *Sachs, de digammo ejusque
usu apud Homernm et Hesiodum capita VI. (inau-
440 Kiilin und Ebel
goraldiflsertation). Berlin 1856. 1) de digammi natura no-
mine signis, 2) digamma non soli Aeolicae dialecto tribn-
endum est, 3) quid veteres de digammo statuerint? 4) quo-
modo recentionibus temporibus de dig. judicatum sit? 5) de
digammi immutationibus ejusque eclipsi sive metathesi,
6) de dig. usu apud Homerum Hesiodnmqne — enthält
eine fleifsige zuBammenstellung der digammaspuren in den
dialecten, woran es namentlich bei Hoffinann fehlt, ist aber
weder auf ausreichende Sprachstudien basirt, noch mit ge-
höriger berücksichtigung der Hoffinann'schen forschungen
gearbeitet, so dafs cap. 5. 6. viel unsicheres und selbst ent-
schieden falsches enthalten. — lieber denselben gegenständ
handelt noch ein bereits firüh^ erschienenes programm:
Commentationis philologicae de digammate Ho-
mericis carminibus restituendo pars I. (de universo
digammate) scripsit dr. Johannes Carolns Pohl, Bres-
lau 1854, dessen Verfasser zwar leider das mannichfach
sichere au&chlüsse gewährende sanskrit weniger berfick-
sichtigt hat (ad sanscritam vero rarius, quam par erat, pro
Tocavi; ipse enim huius linguae imperitissimus sum, in alio-
rum autem verba perpctao iurare me puduit), die frage
aber einer so gründlichen Untersuchung unterwirft, dafs wir
auf seine arbeit zurückzukommen gelegenheit nehmen werden.
Die personalendungen des griech. verbums und
ihre entstehung behandelt dr. Karl Burkhard in einem pro-
gramm des k. k. evangel. gymnasiums zu Teschen, 1853,
bringt jedoch im ganzen wenig neues, wenn gleich es selb-
ständig gefunden sein mag, da der verf. schliefslich sagt,
dafs er weder Bopps vergleichende grammatik noch Cur*
tius sprach vergleichende beitrage erhalten konnte (I). Ueber
Bopps vergleichendes accentuationssystem nebst
einer gedrängten darstellung der grammat. Übereinstimmung
des sanskrit und griechischen, Berlin 1854, hat Schweizer
bereits in dieser Zeitschrift IV, 292 — 312 ausfbhrUch be-
richtet und damit sind wir am schluls unseres berichts über
werke, die allgemeinere fragen der griechischen grammatik
behandeln. Einzelnes betreffend, hat profcKey's abhand-
bericht über die neueren erBcheinusgen auf dem gebiete der Zeitschrift. 441
lang über die präposition avd bereits IV, 217 eine
beurtheilung durch Ebel erfahren und wir mochten dem hm.
Terfaeser den räum zu einer erwiederung, welche V, 72 ab-
gedruckt ist, nicht versagen; seine yergleichung von ävd
mit ad, von 8v(a und vsvoo^ die sich besonders auch auf
ähnlichen Wechsel der consonanten im wälschen stützte,
ist neuerlich auch von AujQrecht im Journal of the philol.
Society, London 1 856 p. 47 ff. (übersetzt in den beitragen
I. p. 103) angefochten worden. *Van derHaeghen, de
l^etymologie du mot Nsikog^ Faubourg de Louvain
1855, sucht gegen Delatre, der im Athenaeum fran^ais NeZ-
kog aus skr. nilas blauschwarz (= hebr. 'frpw) erklärt hatte,
wie gegen die erklärnng^n der Orientalisten aus "iiHS fluvius
oder btid vallis, fluvius die ableitung Bock's aus altägypt.
Ne-ei-log (g = frz. j) esse, facere, adluere aufrecht zu er-
halten. Credatludaeus Apellal — *Prench, synonymns
of the new testament (2. edit. London 1854), stellt die
unterschiede, so weit beobachtung des gebrauchs und ein-
zelstudium der spräche ausreichen, meist mit glücklichem
takt fest, entbehrt aber bei gelegentlich herbeigezogenen
Sprachvergleichungen eines sicheren halts. In noch viel
höherem maafse ist das letztere aber der fall in Pyl's my-
tholog. beitragen, th. 1. Grei&wald 1856, welches be-
reits von Mannhardt V, 226 besprochen ist; mit den grie-
chischen Inschriften aus vorhomerischer zeit (s. 46) schei-
nen wir mit diesem buche in das mythische Zeitalter der
etymologie zurückversetzt, wenn wir etymologischen Zu-
sammenstellungen wie segnen mit sanctus, sacer, äyiog, yaj,
anc (p.38), cultus mit heiligkeit (ib.), ritus mit ri und ire, eifc^
(s. 41), feriae festus mit Ugog (s. 41) und dieses wertes wie-
der mit weihen (s. 39) finden, oder wennNiobe ohne weiteres
aus vv^ und ßaivHV abgeleitet wird (s. 130) oder das X in
'Evvahog als aus a entstanden erklärt wird u. dgl. m. Sa-
pienti sati — Den bericht Überschriften, welche erschei-
nungen mehrerer oder aller sprachen des gebiets behandeln
oder historische resultate aus der Sprachvergleichung ziehen,
legen wir aus mangel an räum fbr das nächste heft zurück.
44^ Gomen
II. Anzeige.
De yocalium quibusdam in lingua latina
affectionibus
Programm des dir. prof. dr. A. Dietrich. Hirsefaberg 1856.
Der hr. veif. des vorstehenden programmes hat sich bereits
durch seine früheren kleineren Schriften: ^Commentationis de
quibasdam consonae v in lingua latina affectionibas
(1843). Commentationes grammaticae duae I. de lite-
rarum in lingua latina transpositione II. De vocali-
bns latinis subjecta littera affectis^ (1846) sowie durch
einen anÜBatz in dieser Zeitschrift (I, 543) Y,zur geschiehte
des lateinischen accentes^ anerkannte Verdienste um die la-
teinische lautlehre erworben, indem er mit ebenso strenger und
besonnener methode als feiner beobachtung den bestimmenden
einflüssen der vokalwandelungen in der lateinischen spräche nach-
geforscht hat Das neueste programm, das hier vorliegt, ist als
eine fortsetzung der namentlich in den beiden ersten schriflen
angefangenen forschungcn anzusehn, und wird von allen Sprach-
forschern, denen es nicht auf dickleibige bücher sondern auf
stichhaltige eigebnisse ankommt, gewifs willkommen geheifsen
werden. Die schrift handelt zuerst von der assimilation, dann
von der dissimilation der vocale. In der behandlung der as*
similation unterscheidet der hr. verf. eine annähernde ansglei-
chung der vocale und eine vollständige gleichsetzang«
Als beispiele der ersten art vergleicht er die bildungen eam, eo,
eum mit is, id, item, ibi, ita; eo, eunt mit Ire; queo,
queam mit quire; mens, meo, meam mit mi, mihi; deus
mit divus; Teanum, Teate mit osk. Tianud, Tiati und
schliefst, dafs in allen diesen fällen folgendes a oder o, u vor-
hergehendes i zu e gewandelt habe, dafs nach der Stellung der
Sprachwerkzeuge beim aussprechen allerdings jenen vocalen när
her liegt als i. Ich mufs bedenken tragen für mehrere der hier
angeführten wortformen der ansieht D.'s unbedingt beizutreten.
Was zunächst die formen eam, eo, eum anbetri£Et, so erscheint
der pronominale stamm i in der gestalt e auch in der ältesten
form des nom. plur. e-eis und des abl. pl. e-eis auf Inschriften
(Sc de Bacc), die uns überliefert ist, und aus der die form eis
anMige. 443
des nom. pl. (tab. Bant. 1. repetond.) und des aM. pl. zusammen-
gezogen 18t. Diese sind freilich aas einer arsprunglichen e-ois
entstanden und somit könnte auch hier das e des pronominal-
stammes dnrch folgendes o bestimmt sein. Aber die bei Festus
überlieferten altlateinischen formen em = eom, em-em=:eun-
dem zeigen das e auch vor folgendem consonanten; das e ist
also nicht aasschlief slich durch folgendes a, o, u herbeigefahrt,
und es mufs. noch ein anderer gmnd dafor vorhanden gewesen
sein. Ich stehe nicht an diesen mit Aufrecht in der vocalsteige-
rong zu finden, die eintrat, wenn der pronominalstamm i dnrch
angefagtes a oder o, u erweitert wurde. Die formen eis (für
18 1. repet), eidem (fSr idem Mil. Popiliar.) neben i-dem, i-ta,
i-tem, i-bi, und die spondeische messung des dativs ^i bei
Piautas, Terenz und Lucrez (vgl. Fleckeisen, Jahns jahrb. LXI,
17 f.) sind nur so Terständlich. Der hr. verf. bezweifelt, wie mir
scheint, mit unrecht die Wirksamkeit des guna im lateinischen.
In folge der trübnng lateinischer diphthongen zu einlantigen ISn^
gen ist die vocalsteigerung vielfach schwer nachzuweisen, aber
einige schlagende beispiele sind im altlateinischen doch noch vor-
zufinden. Wenn gr. wrz. Im- durch vocalsteigerung zvilein-m
und durch ablautung zu X«-Xoi-ffa wurde, so zeigt lat fides
neben di-feid-ens (epigr. Soran.) und foid-ere (1. Jul. muni^
eip.) denselben hergang, und ich sehe nicht ab, wie man sonst
fid-es, per-fid-us neben con-fid-o, in-fid-us und foed-ns
erklären will. Auch kann man doch Louc-anom (t Scipion.),
Louc-ina (J. R. N. 6762. Ritschi de Mil. Fopil. p. 4) neben
Leuc-esie (carm. Saliar.) und jiavx-iog und lüc-erna ver-
glichen mit griech. XevH-6g und a/iqpc-^tT^c-j/ nicht anders ver-
stehen, als dafs ein ü durch vocalsteigerung zu ou und eu ge-
hoben wurde. Es ist also auch nicht zu zweifeln, dais in screib-o
neben /^aqp-oo, deic-o neben in-dic-o, ju-dic-o, douc-o
neben düc-e u. a. vocalsteigerung stattfand, und dafs sich daher
zum grofsen theil der Wechsel der vocallängen in vielen lateini-
schen wortstfimmen schreibt. Auch die altlateinischen formen
ei-tur (tab. Aletrin.), ad-ei- tur (J. R. N. 3889), ab-ei (Or. 4848)
und die oskischen ei-tuns, ei-tua (d. zeitschr. V. p. 129) von
der Verbalwurzel i- stehen doch neben i-tum, wie griech. «7-f«i
neben i-iiev d. h. ei ist durch vocalsteigerung aus i entstanden.
Aus diesen gründen pflichte ich auch der auffassung D.'s nicht
bei, dafs deus aus dius durch assimilation entstanden sei. Die
444 Gonsen
formen dii, diis beweisen das nicht; man kann es als erwiesen
ansehen aas handschriften und inschriften, dafs ii in vorac^nstei-
scher zeit überhaupt nicht gesprochen und geschrieben ward; also
sind auch dii, diis spfite formen für dei, deis, wie ii, üb für
ei, eis oder iei, ieis und ebenso ist dibus aus deibos ver-
schmolzen. Auch bei lat deus spielt die TOcalsteigeFong eine
rolle so gut wie skr. dSvas durch guna von wrz. div (splen-
dere) entstanden ist Die altlat formen deivo (t Pisaor.), dei-
vae (t Roman.)) deivinam (dedic. vic. Furf.), d^vas (t Bohl
Ritschi, fict litt lat p. 26), die volskische deve = divae, die
oskische deiyai = divae müssen doch zu wrz. div in demsel-
ben yerhfiltnifs gestanden haben wie ei-tnr zu wrz. i, ei-dem
zu wrz. 1, di-feid-ens zu wrz. f id u. a. Die wurzel div erlei-
det ja anch in den italischen sprachen, wo sie in der gestalt dju
auftritt, vocalsteigerung des o zu ou, woraus bei folgendem vo-
cal ov ward in lat Djovis, Jovis, osk. diovei, iovei. Ans
der filtesten lateinischen form d^vos also ist nach bekannten
lautvorgfingen deus geworden. Ich weiche also darin vom verf.
ab, dafs ich in formen wie eum, deus, eo das ^ aus vocalstei-
gerung eines i entstanden erkläre; dieses e muTste sich nach dem
später zur geltung gelangten lautgesetz vor folgendem vocal na-
turlich zu e kürzen. Ich stimme aber D. darin bei, dafs der
zwischen S, ei, i schwankende ton (vgl. z. b. auf einer inschrift
Veturis, Veiturios, Vituriorum) des aus i durch vocalstei-
gerung entstandenen lautes in jenen formen anch im nenlateini-
sehen auf e fixirt blieb wegen des folgenden vocals a, o, o, wäh-
rend sich doch sonst seit der augusteischen zeit für altes e, et 1
festsetzte. Ich wollte nur die vocalsteigerung im lateinischen ge-
gen D.'s zweifei wahren.
Für meus nimmt der hr. verf. mit recht die form mi-us
als diejenige an, von der man ausgehen müsse, gestützt auf das
zeugnifs des Velius Longus (p. 2236. P.). Dazu finde ich einen
beleg in der form mi-eis (tit Scipion.) so wie in der umbrischen
form ti-om = te und in der oskischen si-om = se, formen
die darauf hinweisen, dafs mi, ti flr tvi neben tu, si für svi
neben su auf italischem boden die grundformen des Personalpro-
nomens waren wie im griech. -fit, -<ti, -ti sich als die ursprüng-
lichen personalendungen zeigen in ei-jui, 8(T-<ri, e<r-7i. Ich sehe
aber keinen rechten gmnd zu der vermuthung, dafs me-us aus
me-iu-s (vgl. griech. efie-io) entstanden sei, glaube vielmehr
anzeige. 445
dafs die possessiva me-u-s, ta-u-s, su^n-s wie die griecbi*
sehen ifiogt aog, og rein darch anfugong eines o von den stfim-
men der personalpronomina gebildet worden sind. Durch dieses
o ward dann, wie D. meint, das i za e assimiliert, was um so
naturlicher war, als die filtesten lateinischen Inschriften das i von
den i-stämmen überhaupt häufig durch e wiedergeben. Es fragt
sich nur, wie sind aas italischen gmndformen mi, ti, si für das
Personalpronomen die accnsative me, te, se za erklaren und
wie die ablative m^, tS, s^, eine frage ^ auf die D. nicht ein-
geht Für die accnsative weisen uns die nmbrisch-oskischen for-
men ti-om, si-om den weg, die den schlnfs erlauben, dafs es
auch im lateinischen ursprüngliche accusativformen me-om,
te-om, se-om, durch assimilation aus mi-om, ti-om> si*om
entstanden, gab; das schliefsende m dieser formen verklang und
fiel ab wie nach ausweis der Inschriften so häufig in der ältesten
wie in der spätesten lateinischen spräche; von me-o, te-o, se-o
schwächte sich das auslautende o zu e wie in den voeativformen
der o-stämme Marce, Romane u. a., und indem ee zu e zer-
flofs, ward ans me-e, te-e, se-e, mS, te, sd. So ist die vo-
callänge dieser formen gerechtfertigt Die ablativformen m^,
te, se sind natürlich aus med, tSd, sed entstanden, und diese
formen aus mi-ed, si-ed, ti-ed (vergl. es-set für es-siet) wie
facilumed aus facilumo-ed. Dafür dafs alle lateinischen ad-
verbien auf e von o-stämmen wie docte, probe solche ursprüng-
liche ablativformen auf ed sind wie facilumed, will ich anderen
orts weitere nachweise geben.
Der hr. verf. zeigt weiter, dafs in formen wie aureolus,
corneolus, luteolus, caseolus, balneolum, cereolus,
filiolus, viola, patriciolus, senariolus, hariolus, scio-
lus, violentus, vinolentus, sanguinolentus, formidolo-
^us der vorhergehende hellere vocal e oder i verhinderte, dafs
altlateinisches o sich zu u verdunkelte, was um so einleuchtender
ist, als sonst 1 seine Wahlverwandtschaft; zu u darin bethätigt,
dafs es vor sich a, e, i oft in diesen vocal umwandelt, wie dies
D. schon früher trefflich nachgewiesen hat. Der hr. verf. geht
hierauf p. 4 zu der vollständigen ausgleichung der vocale
über, die durch zwischen gestellte consonanten getrennt sind,
und bespricht zuerst die umlautung von Stammsilben durch
vocalassimilation. Diese wird natürlich mit Pott in nihil, ni-
mis, nimirum für ne-hilum, ne-mis, ne-mirum erkannt
446 Oofsatn
F8r die antennichang ober die formen ne, nei, ni wäre die be-
natcnag von Bitschis nachweis (rhein. mns. VIII, 483) förderlich
gewesen, dafs in filtesten selten ne vorwiegend war, in der zeit
der hannibalisdien und der maoedonischen kriege nei und dane-
ben ni gebrfinchlicher war, spfiterbin ne wieder vortrat. D/s
ansieht, dafs man wegen neque, nequeo u.a. eine doppdite
form nS (nei, ni) und n£ annehmen müsse, halte ich für un-
richt%, verzichte indefs hier auf eine begrfindung meiner aoaicht.
Auch in mihi, tibi, sibi verdankt das erste i dem zweiten seine
existenz, oder vielmehr, wie ich es nach dem oben gesagten aus-
drücken würde, seine erhaltnng zumal im vergleich mit ombr.
mehe, tefe. Fein und scharfsinnig sind hierauf eine anzahl von
wortformen besprochen, in denen Fött unrichtig umlantung des
stammvocals durch die assimilirende kraft des vocals in der ab-
leitungssilbe annimmt, und es ist nachgewiesen, wie diese lant-
wechsel anderen Ursachen, namentlich dem einflufs folgender con-
sonanten zuzuschreiben sind (p. 6. 7). Viel häufiger ist die vo-
calassimilation in ableitungssilben, und zwar werden von
derselben am häufigsten die vocale i und u betroffen. Um diese
zu untersuchen, bespricht D. zuerst den mittelton. Zwischen
, . . _ . i i ' . i
u und 1 m wortformen wie optumus, maxumus, minumas,
monumentum, existumat, intubus, mancapium u. a., den
Schneider (I, 19 f.) nach den angaben der grammatiker ausführ-
lich behandelt und als verschieden vom griech. v ansieht Der
hr. verf. glaubt, dafs dieser vocal ein mittelton zwischen o, u,
i, e gewesen sei, wie ihn die englische spräche in wortern wie
but, diction, doctor, member u. a. hören läfst, und dafs
sich dieses ganz kurz gesprochene 8 je nach umständen, nament-
lich je nach dem folgenden consonanten, zu o, u, e, i habe aus-
prägen können. Eine stütze scheint diese ansieht zu finden in
den formen des gerundinms, deren älteste ondus ist, dann un-
d u s , daneben aber schon seit der zeit der macedonischen kriege
endus z. b. faciondam (Orut. 95. 6), faciundum (J.B.N.
3563. a. Ch. 106), faciendam (Sc. de Baccan. a. Ch. 186; Or.
3808. a. Cb. 111), facienda (T. Aletrinat a. Ch. 140-130). Aber
Quintilian, Priscian, Velius Longus und andre grammatiker spre-
chen doch zu entschieden und ausdrücklich nur von einem mit-
telton zwischen u und i; ich kann mich nicht überzeugen, dafs
ihnen die hinneigung zu o und e entgangen wäre, wenn jener
mittelton der erwähnte englische laut gewesen wäre. Ich bestreite
anzeige. 447
damit nicht, dafB ein solcher ubergangstan o zu Zeiten im latei-
nischen gehört worden sei; man sprach nicht heote inloco and
morgen illico, hente tempori und moigen temperi; ich zweifle
ebenso wenig, daCs es im volksmunde einmal einen übergangs-
laut a gab und dafs mittelst dieses aus capio concipio ans
pars expers ward. Aber diese ubergangslaute haben keine
dauernde und feste existenz in der spräche gehabt, und die aus-
spräche entschied sich nach kurzem schwanken für einen der bei-
den zunächst liegenden ausgeprägten vocale. Aber jener nber-
gangslaut zwischen u und i ist, wie die Inschriften bezeugen, von
der ältesten bis in die späteste zeit der lateinischen spräche ge-
blieben und hat dauerndes bürgerrecht im vocalismus der spräche
genossen. In der älteren volksthümlichen spräche und später im
munde des landvolkes ist er dem u sehr ähnlich gewesen, das
bezeugen inschriften, handschriften und ausdruckliche aussagen
der alten grammatiker, im munde der gebildeten und der haupt-
städter näherte er sich in den letzten Zeiten der republik dem
i mehr, doch drang Cäsars Schreibung i für den laut noch nicht
durch. Schliefslich ist derselbe aber doch auch im yolksmunde
fast durchgehends zu i geworden; das zeigen die italienischen
formen ottimo, massimo, intimo, libito u. a.; ich wnfste
nur monumento zu nennen, wo er sich zum u ausgeprägt hat,
wie dies zu allen zeiten die häufigere form gewesen ist neben
monimento und monemento. Der unterschied zwischen griech.
i; und diesem übergangslaut kann nur feinen obren hörbar ge-
wesen sein, da Marius Victorinus (p. 2458 P.) diesen geradezu
durch griech. v ausdrucken will. Dafs das griech. v dem lat u
näher lag als dem lat. i, geht daraus hervor, dafs etwa bis zur
zeit der eroberung Galliens auf den lateinischen inschriften gr. v
in griechischen wortern immer durch lat u , nie durch lat. i aus-
gedrückt wird, und dafs beiden sprachen gemeinsame wortstämme,
die im griechischen v haben, im lateinischen sehr häufig u, sehr
selten i zeigen z. b. q)vyi^ fuga, gpvco fuo, jugum ^vyovmH,
(Schneid. I, 41). Der lateinische mittelton i mnfs daher in alter
zeit, wo er dem u sehr ähnlich war, dem griech. v doch wohl im
wesentlichen gleich geklungen haben; als aber um Cäsars zeit
sich derselbe im munde der gebildeten dem i mehr zuneigte, un-
terschied er sich vom v; darum bezeichnete ihn kaiser Claudius
durch einen besonderen buchstaben Ir, wie die form desselben
zeigt, als eine abart des i, und es ist erklärlich, wenn Quindlian
448 Gonsen
(XII, 10. 27) im munde seines Tolkes keinen dem grieefa. v ganz
entsprechenden vocal klingen horte.
Das stamme n in bildangen wie pericalum, vincolnm
u. a. neben den in der filteren rolksthfimlichen spräche gebrfiach-
licheren formen periclam, vinclum (vergL Ritschi. t. Aietiin.
p. IX. titMummian. p. XIY) die den ombiischen wie pihacio,
katle, vitlu, puplo o. a. entsprechen, vergleicht d» verf. treflT-
lieh mit dem hebräischen schewa forte. Schlagend ist auch
der vergleich des oskischen vocaleinschnbs mit dem schewa.
Wie n&mlich im hebrfiischen durch den vocal der folgenden silbe
bestimmt wird, welcher stamme vocal als schewa gehört wird^
so wird bei dem oskischen vocaleinschub zwischen zwei conso-
nanten durch den vocal der folgenden silbe bestimmt, welcher
stamme vocal zwischen den beiden vorhergehenden consonanten
dorchlautet: vergl. Sakoro, Sakarater, zicolom, ziculnd,
zicelei, comono, comenei. Zu dieser art stummer oder ii^
rationaler vocale gehört auch das e in dexterum neben dex-
tram, superi neben supra n. a. Ebenso fasse ich den vocal-
einschnb eines u in drachnma, Alcumena u.a. eines i in te-
china mina u. a. Dem oskischen vocaleinschub verwandt ist
die durch ein i der folgenden silbe veranlafste umlautung eines
o oder u vor folgendem 1 zu i, insofern in beiden ffillen der vo-
calische laut der vorhergehenden silbe assimilirt wird. Beispiele
für diese umlautung sind consilium, facilis, familia vergli-
chen mit consul, facul, famulus und zahlreiche namen wie
Avilius, Canilius, Lucilius, Muticilius, Pacilius, Pon-
tilius, Procilius, Sextilius, Tantilius, Titilius, Tur-
pilius, Venilius, neben verwandten namensformen wie Avo-
leius, Canuleius, Luculeius u. a. (Bitschl ind. schol. hib.
1853. 1854. p. V.); während formen wie nuculeus, aculeus
zeigen, dafs e keine umlautende und assimillrende Wirkung auf
ein o, u der vorhergehenden silbe übte. In bildungen wie len-
tulitas, garrulitas, famulitium, occulitus hatte nach D.
der farblose und gleichgültige kurze bindevocal ebenfalls nicht
umlautende kraft; in aesculinus, catulinus, figulinus etc.
lautete das i der vorletzten silbe altlat. ei, d.h. es war ein mit-
telton zwischen i und e, daher assimilirte es den vocal der vor-
hergehenden silbe nicht Weiterhin stellt nun der verf. in ab-
rede, dafs die bildungen inquilinus, sterquilinus, Tarqui-
nius, Quirites verglichen mit incola, stercus, sterculius.
Tarehon, Cares, ans diesen fonnen entstanden seien, indem
nrsprfingliches c sich za qn trübte nnd durch das i der Torlets-
ten Silbe das o oder n der drittletsten zu i amgelaatet wurde.
Dies geschieht offenbar auf grond der froher Tom verf. (de qoi-
busd. conson. v in ling. lat afifectionibas p. 4) aufgestellten an-
sieht vom lat. qu, das er aberall für filter hfilt als c, wo es an
dessen stelle erscheint und immer entstanden aas einem ar-
sprongliehen kv. Dieser ansieht widersprechen aber bestimmte
sprachliche thatsachen. Formen wie inqaola oder inqailat
sterqaas xl a. giebt es nicht, neben inqainare ist nur coe-
nam, nicht qaoenum za finden, neben Qaerqaetalanas nor
qaercus nicht qnerqaus, die herleitong der Quirites yon
der sabinischen Stadt Gares oder ron dem sabinischen wort cn»
ris = hasta ist geschichtlich wohl begründet Die Schreibart qa
für ? ist erst aaf romischem boden entstanden, da das 9 aas
dem koppa des dorisch -sikalischen alphabets herübeigenommen
ist, wfihrend kein anderes italisches aiphabet dieses zeichen kennt,
kann also aach nicht die verbindong von zwei consonanten be-
seichnen. Wenn das ombrische ond oskische das lat. q darch
kv ausdrückt (vergl. umbr. kvestar, osk. kvaisstor, latein.
qaaestor), das griechische durch xov (Kovagtivog), xo
(^Koivtog) oder blols durch x (TaQXfSpiog)^ so zeigt sich darin
die Verlegenheit einen laut auszudrücken, für den kein schriftzei-
chen vorhanden ist So bezeichnet auch die lateinische schrift
den altumbrischen consonanten 4 durch rs, weil ihr ein eigenes
zeichen für diesen mittelton fehlt. Endlich zeigt das sanskrit, so
viel ich weifs, in keinem falle kv an stelle eines lat. q, sondern
k, 9, c oder p, das griechische, umbrische, oskische meist p,
seltner k. Q ist also jedenfalls ein einiger consonant, und zwar
der übergangslaut zwischen dem kehllaut k und dem lippenlant
p, der entsteht, indem man zu gleicher zeit, wo man den ansatz
macht, das k aus der kehle hervorzustoüsen, die lippen wie zur
ausspräche eines u oder v zusammenzieht, dann die lippen ö&et
und den hauch ausstofst Den so entstandenen labialen hauch
des kehllaates drückte die lateinische schrift durch das zum q
gesetzte u aus; doch findet sich daneben auf inschriften und al-
ten handschriften die Schreibung q ohne beisatz eines u, und
diese ward von einzelnen grammatikern als die richtige angese-
hen. Dieses qu nun ist überall auf lateinischem boden aus c
entstanden, wenn es sich auch schon auf sprachdenkmilem aus
V. 6. 29
4S0 ConMD
der seit der paoischen kriege findet. Ich mnÜB demnJidi geges
D. annehmen, dafs inqnilinas, sterquilinium, Tarqui-
nias, Qairites aus incola, stercus, Tarchon, Gares
dnrch die asnmilirende kraft dea i der ableitiingssilbe nmgelao-
tet Bind.
Solcke nmlaatende kraft des i wird, wie der verf. weiter
nachweist, gehindert dnrch folgende labialen m, b, p, y In Po-
stnmins, mannbiae, ancnpinm, VesuTius, Lanavinm.
Binflafs des vocals der folgenden dlbe auf die umlaatoiig des
▼orhergehenden nimmt der verf. aach an, wenn er die ansichl
aofsteUt, daTs quaestara nnd qnaesitarns nnd ähnlieh gebil-
dete formen neben qnaestor, quaestores, quaestoribus ihr
n dem schweren Tocal a oder o, n der endsübe verdanken, da&
▼on volo and daonas ursprüngliche formen velo und duenas
waren, deren e erst dnrch einfiufe des yoihergehendeo ▼ zu o
ward; diese amlaatnng aber unterblieb in bene, Telim wegen
des e, i der letzten silbe. Wortformen, die D. nicht erwähnt, in
denen ich aber nicht anstehe aasimilirenden einfla£s dea vocals
der vorletzten silbe auf den vocal der drittletzten anzunehmen,
sind socordia für secordia, solvo für seluo, illecebrae
neben illicio, Sispita neben Sospita.
Aber die vocalassimilation ist nicht blola ruckwirkend, aach
auf den vocal der folgenden silbe kann der vocal der vorherge-
henden assimiUrenden einflufs üben. So sind nach D. die snpei^
lative aof issimas entstanden, indem das i der drittletzten silbe
das u der vorietzten sich assimilirte; nachdem das i hier platz
gegriffen, ward es auch in den superlativformen, die mit dem
snfifix thno oder imo gebildet sind und die kein i in der vorher-
gehenden silbe zeigen, wie optimus, maximus, pulcherri-
mns and in Wörtern mit ähnlichem ansgang üblich wie legiti-
mus, existimo, lacrimae besonders durch Cäsars einflufs.
Indessen da das i sich schon aof denkm&lern ans der zeit der
Gracchen und des Cimbernkrieges findet, wie testimonium (tab.
Baut), proximnm, vadimonium (1. Thoria), so findet der
verf. das verfahren mit recht bedenklich, in dem text des Cicero
und anderer Schriftsteller fiberall die formen issumus herstellen
zu wollen, wie dies z. b. Madvig (Cic. de finib.) thut. Was der
verf. hier aus sprachlichen gründen schMe&t, bestätigt auch die
neuere handschriftenkunde, da die besten handschriften des Ver-
gil, Plinins und Cicero neben formen wie proxumus, maxu-
451
tnuBj minumnSy postarnns entweder ansacbliefslich odergaoc
vorwiegend die formen auf -issimos haben (vgl. Vergil. ed. Wag^
ner. Billig. Plin. FmeL LXIX. LXXI. Halm Analecta Tolliana
Fase. I. p. VI. Zur handscbriftenknnde der Giceronischen Schrif-
ten p. 17)9 wfihreod für Plautos jetxt überall die formen auf is-
snmas hergestellt sind (Ritsehl. ProlL p. XCV. Fleckeisen. Epist
Critic. p. ym). Mit dem was oben aber den mittelton a gesagt
ist, stimmt es genau fiberein, dafe man za Flautas zeit -issn*
mus (cf. probisnma J. R. N. 5820, amantissnmai J. B. N.
1623), za Giceros und Yergils -issimas gesprochen. Wie
in dieser snperlativform, ist in sibilns und sibilare das zweite
i durch das erste bewirkt (vgl. (Tt^^ooi); in calamus und ca-
lamitas hat das erste a verhindert, daüs das zweite zu i odera
ubeiiging, wie dies sonst der fkll ist in griechischen Wörtern, die
auf lateinischem boden verpflanzt sind wie xQatndXti crapnla,
rQvravri trntina n. a.; in obolus, somnolentns hat das
erste o das zweite verhindert, wie sonst gewöhnlich vor 1 sich
cu n zu verdankein,* ebenso ist nach verL in semel neben se-
mol, semal, simul das zweite e dem ersten zazaschreiben und
das gleiche ist for segetes, tegetes, hebetes, teretes, in«
terpretes neben caelites, eqnites a. a. anzunehmen.
Der letzte abschnitt der vorliegenden schrift handelt von der
dissimilation* Als eine Wirkung der dissimilation sieht es der
verf. mit recht an, dafs uu und vu vor mitte des letzten Jahr-
hunderts a. (%• nicht geschrieben und gesprochen wurde, sondern
stets uo, vo; dafs auch ii in derselben zeit vermieden wurde
entweder durch die Verschmelzung zu i (gen. Claudi Terenti)
oder durch die Schreibung und ausspräche iei (municipieis)
oder durch dissimilation des zweiten i zu e (vgl. conieciant
T. Baut, adiese, adieeet, adiesent Sc. de Baccan.). Den
letzteren weg schlug die spräche ein in den bildungen societas,
pietas, anxietas, satietas, ebrietas neben auctoritas,
dignitas u.a.; ferner in arietis, abietis neben limitis, gur-
gitis, in hietare, variegare neben clamitare, levigare,
clarigare. Die formen Neriene, Nerienis neben Nerio,
Anien Anienis neben Anio Anionis (Ebel d. zeitscbr. I.
p. 307) will der verf. nicht hierherziehen, weil der nominativ
Ani^n mit langem e gemessen erscheint und weil überdies beide
Wörter sabinischen Ursprunges seien. In alienus, lanienus,
Avienus, Oallienus dissimilation anzuerkennen, ist dem verf.
29*
482 Conteii
bedenklich wegen der bfldangen terrenns, serenas, Alfe-
nuB, avena, arena, catena, cantilena, venenum, die kea
i vor e haben. Ich theile dieses letzte bedenken nicht. Ueber-
blickt man die grofse sahl von namen wie Aienns, Albienos.
Allienns, Annienos, Anfidienus, Avidienns, Avienns.
Avillienas, Anlienus, Betiliena, Catienns, Ceciena,
Gorienas, Gopiennius, Didienns, LartiennSyMamienns,
Matienns, Metidiena, Massienns, Multienas, Passie*
nus, Peticienus, Sallienns, SalFidienas, Satrienas,
Septimiena, Teltienus, Titienns, Trebelliena, Veltie-
nns, ferner: Aiedius, Anaiedins, Aatiedias, Atiedius,
Alfiedias, Numiedins, Petiedius, Teiedia, Vibiedias
(vgl. Mommsen inscr. regn. Neap.), nnd vergleicht damit die tliat-
sache, dafs bildongen auf -iinus oder iidius nie voriLommen,
während die bildmigen inus, inias, idns, idias der lateini-
schen spräche so gelfiafig sind, so mnfs man doch schliefsen, dafs
das vorhergehende i der grand far die erscheinnng des e in je-
nen namen ist. Da non diese namen meist erscheinen anf dem
gebiete, wo einst die oskische nnd die sabellische spräche lebte,
stimme ich der ansieht Ebels nnd Fleckeisens bei, dafs ans Anto
Nerio : Ani^nis, Neri^nis geworden sei im gegensatz sn ho-
minis Apolltnis von homd Apollo, nm den gleichklang ii
sn vermeiden, wie lien ans demselben gründe lienis bildete (vgl.
Fleckeisen: znr kritik der altlat dichterfragm. bei Gellios p. 33)l
Der vocativ Nerien*e»s, der einen gleichlautenden nominativ
voraassetzt, ist vom verkürzten stamm Nerien gebildet dorch
antreten eines e wie der name Pal-e-s von wnrzelpal (hüten);
die nominative Ner-ia xmdNeQ'iptjf die daneben noch erwähnt
werden, sind im suffix verschieden von Ner-io. Ebenso scheint
der nominativ Ani^nus im snfBz verschieden von Anio, näm-
lich dieselbe adjectivbfldnng wie Alli^nns, Aufidienns n. a.
Diese adjectivform aber ward leicht der anlafs Anidn nnd Anie-
nis za messen znmal far das bedürfnifs des hexameters« Zu
den beispielen der dissimilation rechnet D. anch ambiegnns
f&r ambegnus, zasammengesetzt ans ambi nnd agnus, das
eigentlich hätte ambi-ignus lauten müssen. Der verf geht hier-
bei von der Voraussetzung aus, dafs agnus so gesprochen sei, als
stände das n vor g und sei ein nasal oder ein n-adulterinum,
wie es Nigidius Figulns nannte. Aber die alten grammatiker
kennen ein solches nur in wortem, wo es wirklich vor g, c oder
aitteige. 453
q geschrieben ist, wie anguis, ancora, nanqnam o.a. (Schnei-
der I, 317} keiner von ihnen sagt, daCs dasselbe auch in Wörtern
^ie magnus, agnus, regnum, Signum, malignus, beni-
gnus, privignus gesprochen worden sei Dafs aber die con«
sonantenverbindnng gn ein i vor sidb verlangte, mufis idi eben-
falls bestreiten. Ans malignus, benignus, privignus folgt
das nicht. Privi-gnus ist rasammengesetzt ans den stammen
privo und geno und bedeutet wörtlich « eines einzelnen sohn%
nfimlioh söhn nur eines von zwei eheleuten, d. h. Stiefsohn des
anderen; der stamm privo hat wie gewöhnlich das auslautende
o durch u zu i abgeschwficht Mali-gnus und beni-gnns sind
ganz ebenso gebildet; sie enthalten die adjectivst&mme malo,
beno, aber nicht die adverbien male bene und bedeuten „vom
schlechten geboren, vom guten geboren^. Auch dignus, pi-
gnus, ignis, lignum haben für jene behauptung keine be-
weisende kraft) dig-nns liegt, wie mir scheint, dig-itns nfiher
als dec-et (ygl.Hom. UQ lös ixet og) pig-nus scheint aUerdings
von pag-o (pac-iscor) zu kommen; aber daneben steht auch
pig-er; bei ignis neben skr. agni kann das i der endung den
vorhergehenden vocal assimilirt haben, so dafs er zu i nicht zu
e wurde; die efymologie von lig-num ist ganz unsicher. Ich
finde also die Schwächung des a zu e vor zwei consonanten in
ambiegnns und ambegnus ebenso gerechtfertigt wie in bien-
ninm, inermis u. a. und kann hier keine dissimilation sehen*
Dissimilation des vor i stehenden vocals findet D. in meio aus
migio im vergleich mit mingo griech. ogiix^y in peior (dies,
zeitscbr. III, 202) im genit und dat eins, ei und in der bildung
der namen auf eio wie Pompeius u. a. Von dem pronominal-
stamme i und dessen vocalsteigerung zu ^ ist schon oben die
rede gewesen; über die bildung der namen auf eio habe ich
meine von des veif. abweichende ansieht bereits ausgesprochen
(d. zeitschr. V, 88 — 94). Auch in septeiuges neben biiuges
sieht der verf. ein beispiel der dissimilation; in rio-curus und
strio-porcus verhinderte das vorhergehende i den auslautenden
stammvocal des ersten bestandtheiles der Zusammensetzung, wie
sonst gewöhnlich, zu i zu sinken; in unius, utrius, illiusu.a.
verhinderte das i das folgende u vor s zu i zu sinken, wie dies
in den gewöhnlichen genitiven auf is der fall ist, verglichen mit
den iQteren formen Yener-us, Castor-us, Gerer-us, sena-
tn-OB.
4M Kuhn misceUe.
Mag man aoch einzelnen ansichteD des verf« nicht belpflidi-
ten, so sind doch diese in schlichtem und anspruchslosem ge-
wande auftretenden forschnngen über die pathoiogie der laute
anregend und fruchtbar und gewähren stets einen tieferen ein-
blick in das leben und weben der spräche. Man kann daher
nur wünschen, dafs sie fortgesetzt und su einem gröiseren gan-
aen ausammengefafst werden. Dazu wollte ich hi^ mein acherf-
lein beitragen«
Pforte. Corssen.
Wa. Miseellen.
cella, xaXldf hille.
In dem prooemium zum lectionskatalog der Kieler oniverai-
tftt, sommersem. 1856, hat Curtins die Verwandtschaft des griech.
9(aXia mit dem lat cella besprochen und in ihnen nur gleichheit
der wurzeln, nicht der suffixe angenommen, indem er durch Tei>
glelchung von oXkogiai mit salio, alXog mit aüus zeigt, dafs ein
lat. 11 nicht aus li , Ij entstehen könne. Ich möchte darauf noch
nicht allzugrofoes gewicht legen, da dergleichen assimilationen
nicht immer fiberall in der spräche durchdringen, wie für das
lateinische wem'gstens die ursprüngliche consonantengruppe 1t
zeigt, die uns bald in ursprünglicher reinheit wie in salvus, «-
yns u. 8. w. entgegentritt, bald in der assimilation wie in p
pallidus verglichen mit ahd. falo, falw, nhd. falb (vgl. ahd. c.
chalw mit lat cahus) oder in sollus vei^lichen mit oiog, ovXog^
skr. sarva. Wenn Curtius daher sagt, dafs er cella wie tabella
von tabula, anellus von anulus abgeleitet halten möchte, so scheint
dem auch noch cellula entgegenzustehen, obgleich sich bei dem
schein einer reinen stammbüdung in ceUa allenfalls davon auch
ein neues deminntivum gebildet haben könnte. Ich mag diese
bedenken hier nicht zur entscheidung bringen, da mir nur daran
liegt auch aus dem deutschen ein wort desselben Stammes jenen
beiden anzureihen. In den niederslichsischen bauemh&usern be-
zeichnet nfimlich die hille den ort über den viehställen, wo ge-
sinde und kinder zu schlafen pflegen und wo zugleich heu, stroh,
feurungsmaterial u. dgl. aufbewahrt werden; es schliefst sich also
ganz an den begriff des lat cella und griech. xaXU als auf bewah-
rungsort für vorräthe und Wohnort der Sklaven an. Aber wie im
Grohnuim miscelle^ 45^
lateinischen ist auch hier zwar die wnrzel (ahd. bel-«n, lat cel-
are) klar, doch die ableitung dunkel, indem neben dem westfal.
hille ein osnabr. hyle (=: hile, soviel mir erinnerlich auch hiele
gesprochen) und ein pommersches bilde (vgL D&hnert s. v.) steht.
A. Kuhn.
vulfas, vigas.
Herr Bngge hat sich in dieser Zeitschrift (V, 60) gegen Schlei-
chers annähme einer ahd. grundform vulfas vigas erklärt und das
ahd. wolf, weg, auf vulfs und vigs zurückgeführt Es müTste so-
dann bereits vor der trennung der germanischen sprachen das
got lautgesetz, wonach ein prim&res a der endsilbe ausfällt, in
geltung gewesen sein. Da£s aber dieses auslautsgesetz damals
noch nicht bestand, geht am deutlichsten aus dem nom. Mng. der
masc adjectiva hervor, welcher alsdann im ahd. plint, entsprechend
dem got. blind-s, aber nicht plinter gelautet hätte.
Die endnng -er im althochdeutschen, gegenüber dem bloCsen
-s des gotischen, liefert ein sicheres zeugnifs, dafs die grundform -as
zur zeit der germanischen Sprachtrennung wirklich noch vorhan-
den war, und beweist zugleich, dafs in der deutschen Ursprache
ein primäres a der endsilbe noch nicht ausgeworfen ward. Dies
gesetz entwickelte sich erst nach der trennung in den verschie-
''^yien dialecten, im althochdeutschen erst dann, nachdem das ur-
-%)gliche as in er entstellt war und die assimilation durch fol-
f ^< //des a (brechung) bereits begonnen hatte. £s scheint mir aber
dieses resultat für die construirung der deutschen grundsprache
von Wichtigkeit
Was herr Bugge weiter dagegen anfuhrt^ dürfte gleichfalls
nicht stichhaltig sein. Und wenn sich wirklich für „der, sehs^
keine entsprechenden grundformen auffinden liefsen, so waltet
hier eben keine assimilation durch folgendes a, sondern Schwä-
chung des wurzelvocals. Auch im altnordischen finde ich nichts,
was der ansieht des herm prof. Schleicher widerspräche.
Beifügen will ich nur noch — was bisher übersehen ward —
dafs auch der alte genitiv auf -as (tagas Bib. 8. 10. jahrh.) sich
nicht aus dem gotischen herleiten lasse. Beide fahren auf eine
gemeinsame grundform dag»-sja zurück.
J. Virgil Grohmann.
I. Sachregister.
AbschwILchimgeii, stlrkere in Parti-
keln geir5hnlich 186.
Acc«nt die kraft der einzelnen ailbe
die andern silben an sich zu achlie-
fsen 818.
AccQBfttiv auf kn im Utein. nnr yon
femin. 191.
Adjectiv; flexion des altnord. 856 —
858; starke flexion dea gothischen,
gebildet dnrch suaanunenaetznng
mit pronomen ja 804; in der fle-
xion werden die stammTocale i
nnd n fast dvchweg vor i, ei, j
der ableifeangsBuffixe nnterdrückt,
a oft 808.
Aapirate bleibt selten im lateinischen
inUut, geht meist in media über
898; tritt oft ein vor ^, iL im
griechischen 220.
Assimilation bei orsprttngUchem a im
griechischen yorwirkend nnd rück-
wirkend 61, 62.
Anslautendes in im lateinischen nur
in prttpos. in 185.
Binderocal, der sogenannte, in grie-
ohiflchen und lateinischen Zusam-
mensetzungen, ist meist ursprung-
lich themaauslautend 164.
Declination. Substontivatämme auf i
wandeln ahd. im gen. plur. das 1
in j, werfen es aber im goth. ganz
aus 60.
Diphthongische laute am reichsten
entfaltet im oskischen, weniger im
altlateinischen, am mindesten im
umbrischen 94.
Doppelconsonanz. ahd. worter mit
ausnahmslos nnzertrennter anlanta^
gruppe gr oder kr enthalten niclit
präfix ga 157.
Dual, allmihlich yerdritngt im deut-
schen, zuerst aus declination, dann
aus conjugation, zuletzt auch aus
der comparation 311.
Einsilbigkeit lat worter an verdopp-
Inng der consonanz in der flexion
als unursprttnglich zu erkennen
879.
Genitiy plnr. von o-, i- und conso-
nantenstämmen im oskischen im-
mer um, von a-stämmen azurn 119.
Gutturale fallen lat oft aus 240.
Imperativ. Urform des goth. hatte
suiflx dhi 58.
Kasusendungen, in osk. locativ 5.
Kausalia, durch reduplic. und aya
gebildete 209.
Komparativbildung im goth. durch
oza und iza 309; die letztere al-
ter 811.
Konjugation in a überwiegt im os-
kischen 96, auch im latein. 99.
Konjugationsendangen. Unterschied
voller und stumpfer im osk. 8, 401 ;
im lat. flut völlig verwischt 401;
derselbe gegensatz starker und
schwacher form im umbr. 402;
im osk. bei verben 8. plur. ind.
BS 7 ; d in 8. sing. ind. im osk.
8, 9, bisweilen dafür t 8; im
sing. ind. praes. wandelte das ahd.
das am in u, während goth. das
Sacfavegitttf.
457
m abfiel 65; in der Lsing. conj.
praes. wandelte goth. das m in u,
wUirend es im ahd. abfiel 56
griech. fu fiel ab nach bindero-
cal, fi wurde in r verwandelt 55
n&mi und ndmi verwandt 289.
KoDJnnctiy perfecti im mnbr. 406
im goth. liegen im plnr. und dnal
formen mit i, im eingnlar formen
mit Ja zu gnmde 56 ; die Urfor-
men im goth. praeterit. 55; im
ahd. der 6- nnd d-coi\jagation
wurde hiatos durch einaehab von
j oder contraction getilgt 57.
Konsonanten :
b lat. inlaut. Ar th, f 897.
bh oft verhärtet zu p altiriach 86.
c für p im irischen 882.
cl anlaut. lat nicht unbeliebt, doch
flOlt bUweilen c ab 187.
d vor n wird m irisch 824; vor
j eintretend 60; lat d iHr
griech. X 152; lat d wechselt
mit 1 152; Übergang von d in
r gewöhnlich 162; d und iL
griech. selten vertauscht 237;
d vor r abfallend im anlaut im
Ut. 892.
f Übergang in p selten im osk.
und umbr. 1.
g ans y 221.
^eingeschoben nach ;^ 168; ge-
zischte ausspräche des |> alt 176.
h dehnungszeichen im osk. 7.
j ttbergang in g 174.
11 nicht aus Xr im griech. 140;
XX aus ^^ 146 ; lat. 1 Ar skr.
d 152; griech. X ans S 162;
lat 1 für griech. ^ 162 ; U ahd.
oft aus ]Ü 206.
m des acc. in consonant declinar
tion aus umbr. sprachbewuTst-
sein noch nicht geschwunden 4 ;
fi anlaut bisweilen für v 146.
n anlaut wird bisweilen d 214;
r griech. im auslaut und anlaut
bisweilen aus m entstanden 168.
ph nach s im skr. in verwandten
meist p 894.
r skr. sehr oft fttr 1 in verwand-
ten 208; fUlt oft aus, beson-
ders neben gutturalen und la-
bialen 218.
8 zwischen vocalen wird r im
umbr« 404; s im skr. vor s
wird t 58 ; s anlaut wird griech.
spir. asper oder lenis, letzteres
oft bei urspr. sv 69; lat in-
und auslaut wie im lakoniaohen
wird oft r 218.
st und sp wechseln im anlant 886.
T griech. vor a und t wird a 62 ;
t in lat vor t wird oft s und
zieht dann oft den fibergang
des folgenden t in s nach sich
68; th skr. im griech. fast im-
mer ein&ch % 261; abfall von
auslant t im oak. und aldat
417.
ts im slav. ftbr urspr. k 88.
V im lat hinter gutturalen ein-
geschoben, die dann selbst ab-
fiOlen 892.
B im osk. vertritt einen Zungen-
laut und s 10.
Konsonantenverbindungen: urspr. tr
wird goth. )»r, ahd. dr 64; unpr.
dhr, goth. dr, ahd. tr 54 ; urspr.
dhv wird goth. dv, ahd. tw, mhd.
zw 54; urspr. tv wird goth. |>v,
ahd. dw, mhd. tw, nhd. zw 54;
urspr. dr, goth. tr bleibt stehn
auf dieser stufe 54 ; aniser hr und
ar jede r-verbindung im lat an-
lant möglich 216; von anlaut pr
ftllt im lat bisweilen p, biswei-
len r ab 216; anlautend ng im
griech. nicht ungewöhnlich, doch
ftült bisweilen q aus 217.
Lautliche anihnelung romanischer
Wörter an deutsche 14.
Lautnmstellung von skr. ar in ra
160.
Lautverschiebung im ahd. oft auf
dritter stufe, wo im goth. auf er-
ster 52; die Ordnung der deut-
schen auch in Uteren sprachen
festzuhalten 188.
Locativendung im, in im lat meist
bei o-stämmen 120; oskisch fim,
n, en 125; in 127; im 128.
Mietathesis der aspiration im griech.
66; des q im griech. 217, 256.
Nasale; ihr einfiufs auf gestaltung
von urspr. a im griech. 63.
Nomina, die einsUbigen griech. und
lat nnunprünglich, die Utesten
die zweisilbigen 866 ; werden ein-
458
Sadnegistar.
silbig dvrcli ansstoTsang Ton hui-
ten im innem 867; durch abwer-
AiDg de« anUnts 871 ; um hAuflg-
sten durch verstttmmliing im aua-
laut 872 ; sehr viele einsilbige im
griech., latein. und sanskx. sind
weiblich 882.
OxytODimng nrsprOnglich mehrfach
aach im latein. 288.
Passiv; bildong des goth. 800.
Pmfixe: slir. bhi für abhi, wie pi
für api 26.
Pronomina; weiteibildnngen durch k
im sUvischen hKufig 896; geni-
tive auf ins und dative auf i im
latein. 190; stamm ja oder t mit
adjectir. nnd pronom. sugesetst
im deutschen und Ist 190.
RedupUcirende verba im goth. ver-
hältnifsmlthig jung 161.
Spiritus asper im griech., wo ver-
wandte sprachen vocalisehen an-
laut haben 66; bisweilen aus der
mitte in anlaut versetzt 66; ge-
wöhnliche Vertreter von s 164;
bisweilen füllt diefs urspr. s ganz
ab 165; oft ftlr sv 282.
St&mmei nominale auf atn, lat. zn-
nilchst von verben auf are 112;
fast alle consonantisch auslauten-
den im griech. und latein. lauten
nrspr. vocalisch aus 164.
Substantiva auf atu im osk. folgen
der o-decL 111.
Suffixe. Vor goth. ti, di, |>i stets
die kflrzeste verbalform gesucht
160.
a) gothische, ahd.:
an neben jan 158.
ani 802.
di, yi 159.
eini 808.
h 237.
i^& 808.
ir 855.
is 356.
U 54.
na 54.
ni 802.
r 287.
ra 54.
s 855.
ti 158, 808.
tnma 811.
. 811.
^ti 808.
b) griechische:
aioq 274.
ßoy^o 823.
«OS, tttt 274, 276.
^^o 865.
M» 274.
td aus ptc. a(n)t gesdiwiUdit 1 8:
»09 810.
»oc 274, 280.
*Ti^ 24«.
Wxa 897.
<nl» desideiativbildend 400.
at 268.
T17T 808,
Toc €9.
TQo 866.
c) lateinische:
aejo 88.
aeo 90.
aio 89.
as, s 869, 870.
atu 112.
bt altlat. bei 120.
ce, c 287.
CO 288.
die, dem 123.
do verbal 94.
eijo 88.
ejo 88.
ejus 52, 280.
eo 91.
6ta 10.
eus 52, 279.
id aus ptc. a(n)t gesdiwücht 185.
idus 186.
im, in 120.
fo, 10 91.
i6n 4, 420.
is 110.
ius 810.
li, ri 129.
niqne, nee 897.
BUS 6.
pe 198.
si 104.
tat 808.
te 104.
ti verstümmelt 879.
tion 4, 480.
tra 289.
tricus 238.
tut, tu 240.
SMhngiator.
iS9
d) nmbriflche, OBkücbe:
aiano 89.
ayo 88.
aio 89.
eijo 88.
ejo 88.
fe 121.
ijo 88.
in 420.
ino 118.
io 91.
ion 4.
mo 91.
BO 84.
noB 6.
08 6.
li 129.
ti 106.
tin 420.
tion 4.
ta 131.
e) sanskrit:
as 64.
t 276.
dya 88, 280.
ka, aka, ika 287.
tara 811.
tas 69.
ti 879, 169.
tya 69.
tra 866, 287.
na 142.
ma 166.
yA 276.
f) slayiflche:
mo 897.
Umlaut im deatschen entwickelt wie
im zend 281.
Verba cauaalia im sanskrit gebildet
durch p 160; mehrere griechische
auf liquida entsprechen skr. caa-
salien 203.
VerkOizungen von fonnen im lauf
der Sprachgeschichte sehr häufig
872.
Verstümmelung des auslauts zusam-
mengesetzter adjectiva im griech.
377; Verstümmelung von Suffixen
in veden 218.
Vocale:
a anlautend eingebtUkt 871 ; a und
i gothischer themen fl&llt im
nom. sing, ab 888; a tritt im
griech. zu femln. I 164; lat a
an- und mhmtend vor einÜEusher
eonsonanz aufser r in i aber-
gehend, vor doppelconsonanz
und r in e ; doch viele ausnah-
men 181; a eingeschoben zur
milderung zweier consonanten
266; a im goth. comparativ ver-
längerte sich, erhielt sich vor i
oder wurde zu i verkürzt 310;
. a urspr. oft im ahd. bewahrt,
wo goth. i oder n eintrat 69;
a im griech. geschwächt bei be-
lastung durch zutretende en-
dungen 62 ; ausL a wird griech.
oft o, bisweilen «62; auslant.
urspr. ä im griech. oft verkürzt
64; verhältnils vor a und e
ähnlich wie ver a und ij 66;
a im ahd. wo goth. i 62.
ad altiranisch wird später e, bis-
weilen diefs vor ^ in i ge-
schwächt 820.
ai goth. vor a wurde ^j, verlor
dann das j 66.
an in goth. conj. aus am 67.
e lat. an- tmd inlant ftlr urspr. a
182; e im deutschen und sla-
vischen aus i, im latein. umge-
kehrt 188 ; e lat. in vielen wur-
zeln auch vor einfach cons. nicht
zu i geschwächt 184; in ab-
werAing von esaa schwankt
das latein 416; auslaut. e fällt
oskisch ab 416; 6 lat. aus skr.
6 62 ; auch lat. e aus skr. e 62 ;
verhältnifs von griech. « und o
66; griech. f und o nicht be-
liebig eintretend für a 194;
ausspräche des goth. 6 kam dem
engL ee =s i sehr nah 178 ; ver-
hältnifs von e und i im latein.
181 ; in endsilben vor einfachen
conson. 184; e und i wechselt
im lat. in wurzeln mit urspr. a
184; e lat bisweilen aus wur-
zelhaftem i 186; e lat auslau-
tend meist aus S oder ei 189;
e lat auslaut wurde i, nicht
i zu e 193; 6 in 6. decL lat.
aus ai oder ä 192.
ei goth, aus ij 808.
eu unbelebte Verbindung im latein.
892.
i latein. auslant in mehnübigen
Sachragiflter.
wSriem oft abgeworfen 400;
lat i für a 181, 182, 289; i
lat vor 1 und S fUlt tau, 1 vor
ihnen wird mit ihnen siuim-
mengezogen 190; i griech. in
vorige silbe Übergesetzt 256.
o in osk. nie aus nrspr. n 2 ; o in
slav. nnd deutsch, ans n, im
lat umgekehrt 188.
n verschwunden im altslav. igaSO;
goth. u vor nasalen fttr altes a
211; slav. n oft aus Klterem
an, am 212; lat. n bisweilen
fttr giiech. w 258 ; fibertritt von
V cum o in vorausgehender
Silbe 285.
Yocalanfttgnng nach anslaut. conson.
im goth. und neugriech. 60.
Yocalassimilation im latein. 442 ff.
nicht blofs rOckwirkend, auch auf
folg. vocal 450.
Yocaldlssimilation im latein 451.
Vocaleinschub im osk. 448.
Yocalsteigerung im latein 4t4S.
Yocalverstftrkung vertritt nasaHm.
10.
Wortdehnung im romaiÜBclieii dw^
deutschen einfluft 19.
Wortwechsel im romaniachen durc:
deutschen einfluTs 16.
Wurzeln, es nnd ta. ergiases siel
im oskischen und umbrisdieM wi^
im lateinischen 409; zerfallen t
verbale und pronominale 366.
Zusammensetzung; in ihr oft vollere
formen bewahrt 872; oft veras-
laTst sie gerade formveiBtlliojBe^
lung 872; in ihr oft scheinbs
hiatus im griechischen, wo zwei-
tes {^ed mit cons. auslautete 249;
viele im griechischen enthalten ak
erstes glied abstracta auf o» (nach
Pott) 268.
n. Wortregister.
A. Deutsche sprachen.
1) GothiBCh.
ahs 855.
aihva 71.
aina 163.
airknis 890.
aiz 869.
akra 888.
aljas 239.
anhns 400,
ausan 869.
bagma 867.
balveins 851.
bans 879.
basi 72.
185.
batiza 810.
bau]>8 884.
binz 869.
bliggvan 59.
bmkjan 219.
bmnnan 881.
dags 286.
daubs 884.
dann! 802.
dauni 872.
dis 60, 52.
diuz 869.
dorbiza 176.
driusan 212.
drunjus 240.
du 60, 52.
dnb^ 212.
dul]7i 160.
dumbs 884.
dvals 884.
H 177.
fadi 888.
fastan 240.
favai 892.
finj^an 898.
fiura 886.
fotns 878.
fireis 220.
frijdn 220.
Mm 212.
Wortragistor.
461
SadUiggs 172.
gagr^fti 169.
^aliza 176.
gamaini 864.
gamana 864.
gansi 874.
gatairan 170.
giban 898.
gira 178.
gr^ftui 160.
fpimoii 168.
C^tans 168.
gup 286.
hails 27.
hairtan 874.
hamfiB 212.
hi 896.
hindar 287.
hin 286.
hlaifs 188.
hlusan 400.
hoemisc 176.
hun 896.
bunda 874.
hus 212.
hvar 287.
hv6paii 161.
ibuks 69.
in 211.
ingdallus 171.
inu 69.
jains 896.
jdr 174.
jugga 867.
juhiza 867.
jnnda 867.
kam 888.
kaum 808.
kniva 868.
k6s 878.
laisan 399.
lata 326.
leik 84.
leikan 88.
leikeU, Idkeis 82, 88.
leiks 38.
l£p 176.
liabe 86.
Inbja 86.
labjaleisei 86.
manrgiiu 69.
mitan 46.
miton 46.
nahti 876.
ragin 69.
raihto 890.
nima 871.
sakan 27, 28.
saljan 166.
ÜB 176.
sann 89.
selB 166.
sidns 242.
nnni 803.
skat^is 866.
Bkdvjan 866.
snaiva 877.
BDittra 868.
sdkjan 27.
Btalja 880.
streidan 886.
sulja 166.
siuidja 881.
snnifl, sunja 89.
flunu 888.
triggvs 60.
triu 170.
triva 868.
taD|m 871.
tvaddjd 60.
ubizya 69.
vfar 287.
Qhtvd 186.
luileda 867.
US 211.
usskayjan sis 899.
yair 878.
ramm 848.
vara 169.
vatd 60.
vaurta 866.
yeiha, vdha 866, 64.
viga 869.
vipra 289.
vdds 886.
volla 142.
bagkjan 8.
^ahan 887.
>airh 870.
f9T 287.
^dria 866.
2) AlthochdevtsclL
abah, abiih 69.
aigi 280.
airin 280.
840.
anu, ano 69.
ar, ur, ir, er 211, 212.
axtkt 47.
bart 397.
chara 888.
chnripiz 68.
der, daa 214.
ding 424.
ddsön 848.
taer 896.
erchan 890.
fatar 68.
fendo 899.
flndan 898.
fiur 386.
focal 63.
G6z 168.
grAvo, gravio 167.
graw 283.
hachal, hachnl 69.
haldn, holön 399.
heilisön 87.
beis, heisi 847.
hellan 899.
hlosdn 400.
hiatar 64.
hnax 69.
huosto 847.
hwerban 266.
hwerbo 266.
Uan, Ulan 206.
illiÜBO 872.
irch, irah, irach 390.
jesan, jeran 846.
kisimt 89.
lachan 88.
Ifthhl 82.
laz 826.
Inhs 886.
Inppi 86.
Inppdn 86.
mantal 898.
maaar 842.
-mein 826.
meisa 842.
miealoaht 342.
mdjan 827.
morgan 69.
mujan 827.
narro 836.
opaea, obisa 69.
otar 64.
oyan 186.
469
Woitngister.
palo 851.
pellan 47.
pior 286.
piost 286.
pittar 54.
pliwan 60.
poran 281.
quedilla 851.
ragSTi ragin 59.
reken 890.
riuzan 257.
ntchjan 860.
raota 260.
rozjaii 257.
sAlig 166.
scellan 899.
sellan 155.
ailabar 59.
snottar 64.
Span 886.
Btara 885.
stolz 829.
stamm 383.
snana, suona 89.
sneran 352.
suero 352.
snmna 61.
tanp 884.
toi 834.
tdpdn, t^bdn 884.
triwi 60.
tumb 884.
ur 212.
velt 230.
w&l 851.
wamm 848.
wara 249.
wazzar 60.
wfzago 46.
wnol 851.
za, zno 52.
zar, zir 52.
zer 60.
zittaroch 839.
zweio 60.
3) Itttellioclideiitseli.
l&chenaere 82.
snone 89.
Zitterich 889.
4) ABgelsichsbeb.
EftgUscb.
ansverian 74.
balew, balo 851.
bellan 47.
ekrü 888.
codha 851.
coUa 31.
dara 170.
dem 858.
ddl 884.
dngan 74.
dweian 884.
ema 840.
eorcan 890.
folde 280.
g^atas 168.
gebinc 424.
gepincS 424.
ge]>ingan 424.
gotan 158.
hael 87.
baebian 87.
has 847.
breov 288.
hmtan 257.
hwösta 847.
lacan 88.
laeca, Idee 81.
laecan 83.
laeoe 88.
lic 88.
lician 88.
Uf 86.
lyb, lib 86.
m&n 325.
measles 842.
midgemm 139.
dma, dman 840.
pädh 898.
pinpel 844.
roccetan 850.
sahte, seht 27.
sprig 894.
Btolt 829.
stoat 829.
Band 89.
teis 835.
teter, tetr 889.
thys 848.*
>ing 428.
>ingan 428.
>iDgian 424.
|>3rQcan 428.
yare 249.
wamm, waem 848.
weman 849.
wemere 849.
weosnian 342.
wesan 842.
wita 45.
witega 45.
w61 851.
5) Attslchfllsch.
ehu 71.
lacan 88.
selmo 155.
6)Altnordlsoh.
ama 840.
Ama 840.
barSr 897.
belia 47.
böl 851. :
buna 218. *
danfr 884.
dörr 170.
dul 884.
dynja 240.
enn, inn 896.
fatt 899.
finna 898.
fold 230.
Frigg 219.
gotar 158.
bann 396.
bAs 347.
heiUa 87.
hoens 54.
bdsü 847.
iarkn 890.
iarknasteinn 890.
iSftirr 154.
ior. 71.
karar 838.
koUr 81.
kor 888.
laeknari 82.
lif 86.
lubbi 86.
manr 849.
mein 825.
WortregUter.
463
mddr 827.
mösr 842.
m5ttull 398.
mya 827.
narri 885.
saell 155.
sakna 27.
salr 155.
B&tt 27.
Belja 155.
Sif 214.
Btoltr 829.
tetur 889.
thnmbi 888.
tbys 848.
vaema 848.
vaesa 842.
valr 851.
veita 899.
vesna 842.
vitkr 45.
voma 348.
vomr 848.
.V08 842.
7) levhoclidevtsch.
bier 869.
bohren 281.
denken 426.
ehern 869.
eilen 205.
graf 155—161.
Utis 872.
masem 842, 284.
mastbaum 284.
melken 880.
moos 284.
nein 878.
oder 888.
Ofen 134.
pfad 898.
reif 879.
spahn, spohn 885.
Sperling 885.
sprechen 427.
sprehe 385.
spriefsen 894.
staar 885.
Staupe 858.
stelle 880.
streiten 880| 385.
Sünde 881.
thier 869.
thor 883.
tropf 832.
weichen 249.
weide 820.
zeter 889.
B. Griechische spracheiL
877.
V 877.
• 862.
64.
^? 877.
j^cMTTCia 271.
'jQ 282.
ätlla$ 282.
'A&firä 288.
d&(f6oq 865»
'Atdfia, "A'^mvivi; 249,
278.
attToq 871.
alua 67.
oß 875.
axfifi<; 877.
*^Ai7KT« 270.
aXXoftai^ 249.
dlloTQioq 865.
oA? 875.
^10 206—209.
Ufjtn^a^ äfia^a 68.
dfiaQTaru 66| 67.
dra 64, 78.
dv^Q 871.
dv&iftfnoq 868.
ajra£ 165.
änaq 871.
a;iiloo 165.
diiTfiP 877.
aTtTioq 877.
doa 65.
a^i 62.
dQtvficu 195.
'AQa^PO^^ 268.
a^^K, dgcfpf 887, 164.
dtrnoQayoq 894.
'AuxXfiTnoq 42.
dai-^Q 871.
daxv 64.
avoq 287.
avQoq 891.
avtlua 65.
av«, av« 67.
ßd^o^, ß^p&oq 63.
ßd^ßoQoq 880, 221.
ßüXiQO 141.
BiXXi(}otp6»zfl<: 147.
ßioq 883.
880.
f#»V> www.
/9ia£ 886
ßOQßo^lfl^Oi
ßovc 878.
^S 868.
T'ara 878.
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(Tvou^a 884.
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TavCt Tai;? 868.
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Tol/o? 4.
TO^Cftv 170.
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vffi^ 62.
vii 884.
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;^^»y 163, 874.
Xtov 163.
j^oÄiJ 879.
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I iyfiv 292.
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äXi 869.
(i?^oc 841.
Sq 368.
(uoa 1 74.
*nQtl&vM 279.
««$ 895.
C. Italische sprachen.
1) Utelnisch.
acns 856.
ndeps 152.
adorior 208.
aeger 888.
aes 869.
agnoscere 78.
amaras 841.
amb 1, 400.
ambitiis 400.
amo, amor 341, 880
amuldtvin 841.
an 211.
animal 875.
V. 6.
30
Vf oFiraguwT«
«DMr 874.
dit 870.
bomon 168.
i^H»« 868.
Dia 878.
hnmUis 168.
apiflcor 862.
diu 128.
bnirnu 163, 874.
snnaitiim 891.
do 874.
ibi 120.
an 879.
dooeo 188.
ignis 181.
M 870.
donec 897.
imber 182.
»nrig» 891.
dos 880.
in 185, 211.
Mit 70, 888.
danu 888.
increscdo 7 o. -*•■
etU 871.
en 124.
index 188. *>--'
baccA 72.
enim 896.
ingnen 181. iuf-
balare 47.
ena 871.
intas 69. ' 1 .
barba 887, 142.
ezemplnm 182.
judex 188. n.
bes 879.
exim 128.
Jnpiter 374.
bo8 878.
exsmiiifl 182.
Jos, nebt 869.
bma 91.
eTin 422.
Jos, biflbe 877.
bnatam 248.
far 879.
lac 881.
eaakbs 184.
fatnns 883.
lanx 884.
ealo 899.
fayflla 297.
lar 887.
calx 886.
fax 878.
latrare 899.
canis 874.
febris 846, 847.
lanras 247.
caTQB 299.
febniiiB 847.
Uns 887, 188.
Ceres 882.
fei 879.
lego 88.
cicer 848.
fiber 847.
über 219.
€i«, citra 287, 896.
ficus 4.
liberi 219.
dam 870.
figo 4.
libum 138.
dnnia 288.
firmns 182.
lien 869.
coelum 299.
flofl 870.
ligo 88.
cobon 870, 880.
fODB 881.
lis 880.
columbo 212.
forare 281.
Llternnm 188.
combnro 248.
fonnica 349.
locus 880.
comes 187.
fon 880.
longinqnus 122.
fötns 297.
lorica 162.
cor 874.
foyere 296.
ludere 137.
con, cboxt 870, 880.
frans 886.
lux 382.
cos 880.
frons, lanb 878.
madeo 828.
craa 888.
frons, stim 880.
mage 198.
eredo 882.
frnor 218.
malus 235.
craoT 238.
frnx 878.
Mars 887.
crns 288, 870.
ftingor 218.
mas 887, 234.
crasta 288.
ftmgus 182.
mascnluB 234.
crox 288.
ftir 875.
mattos 828.
Cumae 258.
galea 31.
mederi, medicus 46, 51.
eanque 896.
gens 380.
meditari 46, 52, 152.
cor 888.
gigno 210.
mel 879.
-de 128.
glans 887.
mens 880.
decQfl 188.
glanx 884.
mensis 878.
dein 128, 422.
glos 870.
merx 878.
deinde 128.
glns 878.
mitis 380.
demnni 897.
grex 877.
modus 46.
denique 897.
gras 870.
mons 381.
dens 871, 881.
heri 883.
mors 880.
dens 444.
hiems 877.
morns 380.
digitoB 188.
hinc 122.
mos 354, 870.
dignns 188.
hir 876.
mox 878.
murcidiiB 827.
murciiB 827.
miu 875.
muscus 284.
mustela 284.
mustns 284.
mutua 880.
'»sus 878.
isitas 272.
quam 416.
70.
ia 117.
^B 892.
x 887.
t 876.
..on 878.
noverca 289.
nox 875.
ob 1, 2.
oinoB 896.
orior 66.
OS, gesiebt 878.
08, knochen 879.
OVIS 868-
pandere 6.
papula 844.
Parca 250.
pars 104, 289, 417.
parvns 892.
passus 6.
patere 6.
patina 6.
paucus 892.
pax 887.
pedes 187.
per 400, 418.
-per 418.
perenni 419.
perinde 128.
peritoB 400.
perjunts 75.
pes 878.
pestis 851.
pisnm 843.
piuB 216, 860.
pix 878.
plautus 392.
plebs 878.
plus 870.
podex 189.
ponB 878, 881.
por 419.
porta 104.
po8 878.
Woitregiater.
poeanm 878.
poBt 5.
praecox 879.
praea 870.
privignns 239, 453.
privus 289.
proin 128, 422.
proinde 118.
puber 285.
PablicoU 268.
publicufl 288.
puber 285.
pner 235.
pnlfl 880.
puB 285, 369.
puBUB 285.
pateo 235.
qul 416.
quia 897.
quidem 416.
quies 880.
quin 416.
quippe 416, 198.
quiBpiam 193.
radioB 260.
ramuB 260.
raucuB 238.
ravis 238.
ravoB 233.
red 400, 193.
regere 890.
ren 369.
res 192, 367.
rex 374.
roB 877.
ruber 897.
rudis 883.
mgo, meto 850.
mo 392.
rus 870.
saevuB 886.
sagana 29.
Bagax 27, 240.
aagena 27.
sagina 27.
sagio 27.
aal 375.
Banare 88.
Baugnis 27.
sat 878.
Bcaevus 886.
scauroB 892.
BecQxiB 129.
IsegniB 27.
467
semel 165.
aemper 109.
aenex 886.
aena 871.
aepa, saeps, zaua 878.
aeps, eidechse 884.
Signum 27.
simitur 289.
aimplex 165.
singulua 165.
aino 289.
aol 878.
eolari 155.
Bolea 155.
Boleo 242.
solna 155, 242.
Bona 381.
sorbeo 255.
aors 880.
apes, sperea 370.
spien 869.
Bpona 380.
Btipa 878.
Btirps 378.
Stils 880.
stlocua 380.
stolidua 829.
striga, strix 876.
stultus 329.
stupiduB 833.
Bub 1.
subinde 123.
suescere 242.
aus 884.
taceo 887.
thua 888.
timeo 852.
tongdre 8.
trabs 878.
tragula 893.
trans 870.
tristiB 182.
tussis 847.
über 397.
ubi i20.
uncuB 182.
unda 282.
unuB 162.
urbs 387.
vacca 71.
vadnm 282.
vaguB 898.
▼aa 378.
ve 888.
30*
4C8
Wortxvgister.
▼el 888.
TeUns 142.
venennm 842.
Tenio 893.
Ter 888.
vereor 66.
Tennis 898.
yenres 164.
Tera 898.
Tia 869.
vigmti 898.
viUus 142.
vir 878.
vis 870.
Titricns 289.
rix 888.
vomicos 848.
Tomo 848.
▼ox 882.
yhIhhs 66.
2) OfUiob. 8ibiil86lL
Acum 182.
afkdAiim 96.
Aisemim 127.
lunfir 1.
amnud 84^87.
ampeit 108, 418.
avü 70.
censanm 97.
Gomono 364.
dsketasiof 1.
deketasis 189.
eisod 2.
eitoa 181.
eitnns 129, 180, 402.
eko 896.
feflioss 4.
fiructatiiif 4.
ftifane 410.
i^id 412.
(Wd 411.
Q«neto 10.
imaden 126.
inim 896.
lamatun 97.
medicatinom 111.
miricaum 97.
nerum 116.
op 1, 2.
opsA 10.
opsaiun 97.
pat 6.
patensiiis 6.
pert 101, 417, 418.
pertamum 107.
petiropert 107, 418.
pid 416.
pomtiB 110.
postin 4, 6.
preivanm 97.
profaum 98.
proterpam 81.
pukalaum 98.
regaiim 98.
saahtom 10.
sakaraum 98.
Safinim 127.
Sangos 29.
slaag{ 1.
Btafet 6.
tacosUm 119.
tadait 94_100.
tanginod 8.
teremnaum 98.
Ufa 98.
tristaum 98.
urnst 114.
valaemon 87.
veiaom 98.
vezkef 9.
8) Umbrisch.
ambr, ampr, amb 1.
an 211.
bennso 404.
cehefi 406.
combifianfi 406.
covortnso 404.
eno 896.
enumek 396.
feftire 411—414.
fü 409.
fula 412.
fuiest 411.
füst 418.
her 407.
herifi 409.
ife 121.
ise 414.
pd 416.
perakni 419.
pert 101.
pur 102, 419.
pnstin 4, 6.
stahl, Stahl 7.
sub 1.
tefe 121.
tr^juper 418.
up 1.
Ute, ote 70.
4) FrauBsisclL
accolnter 22.
avaler 22.
avenir 22.
averon 14.
battre 18.
bmgnon 16.
ohemin 19.
compter 21.
conter 21.
cour 17.
dartre 889.
fade, t49 888.
feu 16.
gale 888.
g&ter 16.
haut 14.
heingre 14,
böte, hdtel 21.
huppe 14.
hurler 14.
Jen 19.
laisser 17.
las 17.
malade 28.
mener 20.
parole 19.
penser 28.
Sergeant 14.
sot, BOttise 828.
tailler 18.
voyage 19.
5) ItaUeBlsch. Sp&.
nisch. Poitaglesisch.
WalacUsch.
bailar 19.
baUare 19.
bäte 18.
battere 18.
bruno 16.
cammino 19.
Wortregister.
469
fata 883.
gritar 15.
iufanteria 21.
laso 17.
lesk 17.
malato 23.
matto 823.
per 412.
rosso 18.
D. SanskritspracheiL
1) Sanskrit
ana 896.
anagharshi 162.
aniya 897.
anu 211.
ap 382.
api 198.
abhicftra 85.
abhishanga 25.
ama 832, 841.
amasa 832, 841.
amisba 841.
amla 841.
aram 65.
aij 890.
arjuna 390.
arvant 891.
füasa 344.
a^na 186.
a^manta 186.
&di, &diina 162.
&p{ 368.
üpja 868.
äma 841.
Idasa 844.
ta 378.
äsya 878.
iyarmi 195«
i4 382.
!r 198.
ukshan 71.
opacära 85.
ura 142.
üra^a 148, 147.
ürft 142.
ur&9& 142.
ürj 882.
ürna 142.
rju 890.
rshya 840.
^ka 395.
Ina 896.
ö(,'ha 262.
kala 399.
kalya 38«
k&8 847.
kftya 86.
kjrtyi 850.
k]p 160.
kötha 840.
kravya 288.
kil4 138.
kra9 288.
krüra 238.
krdda 238.
klama 389.
kflhap 882.
ksham, kshA 168, 874.
kshamA 168.
kshndh 882.
kshmft 867.
khara, esel 392.
khara, kham, heSTs 888.
gandbayd 392.
gandhaiva 392.
gara 338.
garat, garva 66.
g4li 81.
gnli 843. .
gnA 367.
gm& 867.
grAma 877.
gha 64.
cana 396.
car 85.
cikitsft 45.
cdra 875.
cya 856.
Jari 388.
JÄgr 66.
j&ti 880.
jAyu 48.
jäla 31.
j41i 81.
jür 146.
jmA 867.
takman 887.
tanc 887.
tanj 426.
tantra 49.
tamas 852.
t&paka 845.
tim 852.
tiksh9& 850.
tvac 146.
danta 871.
dambha 885.
daridrä 66.
dardru, dardü 839.
dasyu 151, 885.
dati 380.
däsa 151.
div 878.
dur 372.
d^va 829.
dös 372.
dyu 878.
dyö 878.
dravya 43.
dr&pa 882.
dvär 372.
na 896.
nakta 875.
nar 871.
nara 335, 871.
narman 335.
nas 872.
ni 211, 400.
nif 878.
nis 185, 211.
nau 878.
patti 851.
path 878.
päd 373.
p&man 887.
pämara 882, 887.
pipln 844.
pifima 881.
pums 235, 867, 887.
pur 878.
pü 40.
pe9i 843.
priya 816, 219.
plihan 869.
barbara,barvara221, 880.
bal 851.
bfOaka 881.
47§
WortngisUr.
hhB\a 884.
lang 88.
svatas 69.
bhal, bhaU S61.
lata 326.
syasr 235.
bhaUa 851.
ling 33.
ba 64.
bfaishaj 25.
1Ü& 139.
bimi 163.
bhüta 884.
lubh 86, 87.
brd 374.
bbMiaja 25.
lubhiU 86.
bbra 871.
Idcaka 881.
mai\i 41.
Idbha 86.
mati 880.
ratt 844.
maUi 878.
Tafbara 49.
2) ZeBd (Altpors.
mad 828.
vadb 232.
madhya 45.
vadha 282.
aniyanA 897.
manti 880.
van 388.
adva 162.
mand 828.
yamrA, yamif 849.
Muyaflb 897.
maadira 898.
varatf 344.
ÜiakatA 895.
maraka 850.
varpa 148.
p^}^ 394.
maa 288.
yaryl 148.
pairika 894.
maaüra 288.
yarvara 141, 830.
masüif 842.
yaaanta 841.
bbisbajyaü 25.
masta 284.
yasna 341.
frafperegba 894.
mastu 238.
yAma 848.
mAdh 45.
mab 878.
yftmA 349.
maddba 46.
mänaa, 288.
yAmana 849.
maoiri 349.
man 850.
yAmi 849.
ya9ka 846.
m&^a 288, 842.
yA 70.
vaSti 820.
mAa 878.
yAr 874.
vaidbi 232.
mtoara 288.
yAra9i 148.
yimAdba 45.
m6h 45.
vi 871.
sbiyayAmiy 356.
mitb, mdth 51.
yid 899.
spaka (medisch) 374.
mithas 51.
yimAdb 46.
midh 45.
vUöbba 86.
muhira 827.
yi 871.
miuhka 288.
yrtra 148, 150.
8) levpenisdi.
inüka 880.
v6ga 875.
mü4ba 827.
yaidya 44.
af^Anab 39.
müia 880.
9abala 148, 149.
a&ün 39.
mrd 882.
9Anrara 149.
amAs 382.
mddb 45.
9afyant, 9a9yat 372.
ardA 48.
medba 46.
9Aka 843.
Amah, Amü 341.
mddhi 45.
9AÜ 880.
AmAr 841.
mdha 827.
fdtha 328.
kök 847.
Tavana 221-228.
9au94a 828.
kimd 828.
y&pana 42.
9rat 882.
kbarfdan 888.
yipya 42.
9rdni 233.
khast 886.
yävay&mi 50.
fvan 374.
kbastan 386.
yöga 80.
sakta 27.
kbArish 838.
raj, tk} 890.
sanga 37.
gar, gari, gark 338.
ri^ 874.
sanj 26.
garidan 338.
r&ji 1.
sat 871.
gnlAk 343.
nie 882.
satrA 865.
cArah 35.
n^ 850, 882.
sama 164.
cicak 848.
nij& 850.
saya, sayana 88.
jawAz 846.
r4i 867.
sa 371.
jAl 81.
rdgahan 48.
sükara 384.
j6k 161.
Wortregister.
471
täkhtah 387.
tab 345.
lim, timar 852.
ttmaw 352.
dard 889.
d&ra 49.
dirad 839.
dird 839.
nabard 894.
nazag, nazg 848.
p&mas 832.
pisishk, pisisk 25, 26.
pes, pisi 848.
barbar 880.
balä 351.
balbalah 880.
y^krhkr 880.
-Iah 47.
astik, bizshik 25.
bnfida 820.
buridan 281.
bürden 231.
bul 881.
ftuün 89.
marg&marg 860.
mast 824.
m&jidan 41.
m&Bah, mAsh 842.
magh 41.
mudah 827.
mür, mdr 849.
14k 82.
l&dah 826.
lüii 840.
sbawidaa 89.
shünist 89.
Bhüyidan 89.
4) ArmenfaMli.
anmid 824.
bisag 848.
giukh 48.
gias 48.
haz 847.
iw (ossetisch) 162.
jerm 845.
jez 161.
koti 340.
khos 886.
mi 162.
mok 41.
moli 885.
mijian 849.
mü 162.
osbn 848.
pjishg 26.
pjshgatbiun 26.
thank 846.
E. Celtische sprachen.
1) Irisch.
aillse 844.
ailse 844.
aise 846.
amad 825.
amaideach 825.
amh, amhas 882.
amh, amm 841.
amhail 841.
an, aon 168.
arlnighlm 84.
bdith, baoth 888.
balacb 881.
balachan 881.
h6s 852.
basaim 841.
bealaim 851.
baie 881.
biseach 26.
borbar, borr 880.
borbbdn 881.
biiile,*baoil 881.
builidh 851.
burr, bnrraidh 880.
biirral 381.
bnnmis 331.
call 88.
caUna 89.
camar&i 382, 887.
carra, carraidha 838.
casachdach 847.
einmal 80.
clamh 889.
crith 845.
cro, croan 86.
cning 30.
cutba 828.
cnthail 828.
daoi 829.
dasach, dasidh 885.
deir 889.
drab 832.
dreamin 886.
dreimim 836.
dmaip 882.
dnibh 882.
dnal 83i.
dnire 883.
dur 838.
danmta 338.
each 162.
easadh 846.
easlnighim 84.
eis 846.
faidh 45.
faisne 841.
fal 851.
feamach 848.
fem, fernen 349.
fesaim 841.
fiothnaise 45.
freapaire 48.
firith 844.
galar, gabradh 338.
galiath 31.
geallaim 81.
gearb 888.
gearg 888.
geasa 48.
geillim 81.
gioUa 81.
gins 43.
go 382.
goro 346.
gort 846.
ioca 30.
iog 80.
iogain 80.
ladhan 826.
leagh, leigh 82.
leaghadh 88.
legi, leighi 82.
Ugh 83.
lobhar 840.
logaidbe 881.
loiceamhlachd 831.
472
Woitregiater.
Inb, Inba 87.
lubaim 87.
Inbha 87.
luibin 87.
loibh 87.
loighim, lughaim 84.
Im, Inis 87.
Insrög 87.
madh 824.
maille 335.
mainigh 826.
maU 385.
maoidhim 824.
meadfa 46, 824.
meas 45.
moirb 849.
mach 827.
mngfaa 827.
maigfaim 827.
muir, mnireadh 350.
mnrcas 327.
neach 162.
neasg 348.
oinrnhid 824.
oiB 842.
omhan 841.
piseog 26.
piseogaidhe 26.
preabaim 48.
nicht 350.
sabh 89.
sagaidh 28.
säi 28.
saib 386.
saobh 836.
seagba 28.
8^00, s^an 89.
sighe 28.
sfghe 29.
sighid 29.
fliöghach 28.
soighim 28.
soiihir 828.
sor, soradh 829.
aotaire 828.
sotlach 828.
stairt 329.
stnrranta 829.
Sttbha 89.
anirigh 829.
sntal 828.
snthän 828.
tachas, tochas 387.
tachaisim 887.
fjunftinfi 352.
Umh, tom 861.
toibe 48.
timim 862.
uiliocadh 48.
2) Kjmriseli.
afar 341.
aoan 841.
arsang 29.
baU 851.
baUaw 47.
b«la 851.
chwaren 852.
clafar 839.
cos, cosi 387.
danrden 339.
gol 31.
gweU 851.
gwiddan 46.
gwrach 346.
hurt, hurth 829.
lach, iachad 80.
Heg 88.
Uelo 826.
U6b 87.
Uog 83.
llogawd 83.
Uw 84.
masam 342.
meddw 824.
meidr 46.
mwg 827.
myr 849.
of 841.
ofh 341.
pasu 347.
pwmpl 344.
sagiaw 28.
sanga 28.
segan 28.
Bwyn 40.
twym 352.
twymyii 352.
3) Armorisch.
beolk^ 331.
bos, bösen 852.
darou^den 339.
gaU 31.
gal 388.
g61ei 81.
gwamm 349.
lad 30.
Iklafio, klafi 389.
lor 340.
lorbein 87.
loaad 326.
merionen 849.
memeat 350.
moged 827.
morchi 827.
pas, paz 347.
porbolen 844.
tezsian 845.
F. Lettisch- slavische sprachexL
1) UttbaiiiBcli.
anas 896.
barzda 897.
bnrbeti, burbti 830.
burbuloti 380.
byliti 47.
czelas 88.
czerai 35.
d^derwyne 339.
dederzele 889.
düroas 833.
eble 341.
gabenn 898.
gajas 48.
g^a, gelimas 838.
gela 388.
gelti 338.
gydytojis 43.
gyti 43.
isz 213.
jedr68 343.
jis 395.
kisti 337.
Wortregister.
473
kei^ti 86.
keryczoB 85.
kieno 897.
klepas 138.
koks 895.
kösti 847.
kraujas 233.
ledakas 826.
lekorus 82.
letas 836.
loti 399.
manga 41.
mlü-as, martwe 850.
möniti 325.
mulkis 827.
neszu 396.
paikas 881.
pas 5.
peikti 331.
piktas 881.
pivas 869.
prisegti 28.
papüle 844.
nigti 350.
sagtis 28.
segimas 29.
segti 28.
sdgti 29.
sUbaa 353.
ßt<$ju 7.
Bt6TB8 829.
Busti 328.
snt 828.
szdszaB 837.
Bzeszi 397.
Bzimtas 897.
Bzirdis 896.
Bzis 896.
tans 896.
toks 895.
waistas, waikstas 44.
wedu 232.
w^mü 348.
wid, wyd 44.
wiena 162.
wötis 344.
wysti 342.
2) AltdavUch.
balii 47.
balstvo 47.
boljeti 851.
brada 397.
car 85.
carovati 85.
91, 9ija, ^e 396.
cHshati 400.
dVaw 170.
drjewo 170.
gon'znati 48.
i, ja, je 395.
iga 30.
inamo 897.
iz' 213.
jak" 895.
jakoT"' 395.
jaza 846.
jedino 162.
jetor" 895.
kak" 895.
kamy 400.
kashel' 847.
kaziü 887.
koren* 855.
lajati 399.
lekarj 32.
lishai 840.
Ijek" 82.
Ivnt" 326.
rnnmnti 827.
monditi 325.
mravti 849.
m'dl'* 825.
niz' 218.
obmanuti 825.
on" 896.
onamo 897.
OBJazati 28.
posagnati 28.
prisjaga 29.
prokaza 386.
r"gnuti 350.
Bjagnuti 28.
stoja 7.
tak", takov"
tometi 852.
tsjer 38.
tnp" 333.
vidjeti 45.
v'^tor^'k" 289
z"drav" 44.
895.
3) Riusisch.
bal^katj 47.
bfly 47.
bnc 334.
cecevitsa 843.
chvorat' 862.
dorak" 382.
daij 382.
goijacka 346.
jazja 346.
Ijadashcii 326.
meledä 835.
mljetj 835.
molcÄtj 327.
mor" 860.
maravei 849.
odurj 832.
öspa 343.
pupyr 844.
lygat' 350.
trjastj 845.
ttipöl 838.
vered* 344.
vjedün" 44.
vbhia 143.
vosb' 342.
vymja 849.
zdorovyT 44.
j 4) PoliilB€lL BBhmisch.
myrisch.
baluch 47.
böl 351.
diiren' 338.
goic 48.
goisty 43.
bus 212.
isvidati 44.
ladaiaki 826.
ladako 326.
liBzai 330.
Indjak 326.
manen 325.
mröwka 849.
ospa 343.
osdraviti 44.
sdrav 44.
wesz 342.
wiedma 44.
wjesctica 46.
! wtdrek 289.
' zdrowy 44.
474
Verbesserungea.
Seite 54 zeile 2 v. u. au statt an. s. 249 z. 6 v. u. K. statt L.
^ 64 „ 7 ▼. o. tilge das komma s. 306 im paradigma lies blmda(j)iios
hinter tr. und blinda(j)izo.
s. 54 z. 8 V. 0. tilge das komma hin- s. 824 z. 10 v. a. armenisch statt tr-
ter dhr. moriseh*
s. 61 z. 16 u in tt statt u in tt. ß, 839 z. 16 v. o. zetrissen statt zer-
s. 62 z. 4 lies i^mda«. reifsen.
8. 64 z. 16 den statt dafl. s. 869 z. 1 lies setzt statt folgt nod
8. 65 z. 16 ein statt im. z. 18 a/'O'eiT statt o^nr.
s. 66 z. 8 gaiut statt garat. s. 878 z. 8 v. n. Zijv statt gij»>«
8. 70 z. 18 zugesetztes statt zasam- s. 884 z. 20 gifw sUtt ^«V.
mengesetztes. s. 885 z. 7 luhsi statt loksi.
8. 91 z. 8 y. n.; s. 92 z. 8 v. o. und s. 890 ist diese Seitenzahl aosgefiiUeiL
s. 105 z. 4 Ritschi statt J^tscheL s. 898 z. 2 v. n. lies: varedhayagoba
s. 160 z. 3 fest statt rast. mana.
8. 161 z. 2 V. u. jez statt jes. s. 894 z. 1 v. o. Haoma statt Gnome.
8. 162 z. 14 mü statt mv^u.^ s. 408 z. 1 cns statt cas.
8. 185 z. 13 Cereris statt eereris.
Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstr. 18.
VERZEICHNISS
VON
WERKEN
ADS DEM GEBIETE DER
SPRACHFORSCHUNG
ERSCHIENKK
in Berlin«
September 1867.
BERLIN,
I QEDBUCKT BKI A. W. SCHADB, OR0N8TRA88B 18.
I 1857.
A. Ällgememe Sprachwissenschaft.
System der Sprachwissenschaft, von K. W. L. Heyse.
Nach dessen Tode herausgegeben von Dr. H. Steinthal,
Privatdoeenten an der Universität zu Berlin. 1856. gr. 8.
geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
Darch die Veröffentlichung dieseB Werkes, das die allgemeinen Er-
gebnisse der neueren Sprachwissenschaft mit seltener Klarheit, Kürze
und Uebersichtlichkeit darstellt, wird nicht nur allen Sprachforschem
von Fach, zu welcher Richtung sie sich auch bekennen mögen, sondern
überhaupt Allen, die irgend ein Interesse an Sprachwissenschaft nehmen,
ein nicht geringer Dienst erwiesen sein. Ein BeurtheUer (Georg Curtius)
im literar. Gentralblatt sagt über dieses Werk:
„Dies Werk, in welchem wir eine der gediegensten Arbeiten auf dem
Gebiete der Sprachwissenschaft zu begrüfsen haben, ist die reife Frucht
eines yorzugsweise der allgemeinen Sprachforschung gewidmeten Lebens.
— Durch den Reichthum des Inhaltes und die glückliche Form ist es
geeignet, für längere Zeit ein Hauptwerk für alle hier einschlagenden
Forschungen zu bleiben. Ganz besonders aber möchten wir es allen
Denen empfehlen, welche an Schule und Universität Sprache zu lehren
berufen sind^' u. s. w.
üeber den Ursprung der Sprache von Jacob Grimm.
Aus den Abhandlungen der königlichen Akademie der Wis-
senschaften vom Jahre 1851. Dritte Auflage. 1852. gr. 8.
geh. 15 Sgr.
Es war vor allem die Thunlichkeit einer Untersuchung über den
Ursprung der Sprache zu erweisen. Nachdem hierauf dargethan wor-
den, dafs die Sprache dem Menschen weder von Gott unmittelbar aner-
schaffen, noch geoffenbart sein könne, wird sie als Erzeugnifs freier
menschlicher Denkkraft betrachtet. Alle Sprachen bilden eine geschieht-
Allgemeine Sprachwissenschaft.
liehe Gemeinschaft und knüpfen die Welt an einander. In ihrer Ent
Wicklung werden drei Hauptperioden unterschieden, welche mit meister-
hafter Feinheit und Durchsichtigkeit geschildert werden.
Der üriprong der Sprache im Zusammenhange mit den
letzten Fragen alles Wissens. Eine Darstellung der An-
sichten Wilhelm eon Humboldts, verglichen mit denen Her-
ders und Hamanns von Dr. H. Steinthal. 1851. gr. 8.
geh. 15 Sgr. (Vergl. S.S.: Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag denn Verfasser vorzQglicb daran, die Gebildeten übediaupt,
besonders aber die Metaphysiker und Psychologen auf die hohe Wich-
tigkeit der Frage nach dem Ursprünge der Sprache dadurch aufmerksam
zu machen, dafs er den Zusammenhang derselben mit dem Verhältnifs
Ton Gott und Menschen, Unendlichem und Endlichem, Leben und Tod,
Allgemeinem und Einzelnem nachwies. Aufserdem hat er seine früheren
Arbeiten über W. t. Humboldt hiermit ergänzen gewollt.
üeber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues
und ihren EinfluTs auf die geistige Entwickelung des Men-
schengeschlechts von Wilhelm von Humboldt. 1836.
gr. 4. geh. 4 Thlr.
In diesem Werke hat der berühmte Verfasser den Kern seiaes
idealen Lebens niedergelegt. Wie er darin eine Anschauungsweise der
Sprachwissenschaft rem Standpunkte der Weltgeschichte aus begründet,
eben so sehr lehrt er darin eine Weltanschauung Ton dem Standpunkte
der Sprache ans. Beginnend mit der Betrachtung der die geistige Ent-
wickelung des Menschengeschlechts hauptsächlich bestimmenden Momente
($. 1 — 6) gelangt er zur Sprache, als einem Torzugiichen ErklSnmgs-
grunde jenes Entwickelungsganges ($.7). Er zeichnet die Richtung Tor,
welche die Sprsoliforsohung zu nehmen hat, um ihren Gegenstand in
dieser Weise zu beurtheilen ($.8) und wird dadurch zu einer tieferen
Darlegung des Wesens der Spra<^e geführt (g. 9— 12). Sodann genauer
auf das Sprachverfahren eingehend, stellt er die allgemeinsten und alle
Theile der Sprache durchdringenden Eigenthümlichkeiten derselben dar
{%. 13 — 18), nach welchen er sie classificirt (§. 19). Als den Punkt
aber, von dem die Vollendung der Sprache, ihre EntwickelnngsfShigkeit
und ihr Einflufs auf den Volksgeist abhängt, hebt er die gröfsere oder
geringere Stärke der synthetischen Kraft derselben hervor und führt
den Nachweis sowohl rücksichtlich der indoeuropäischen, als der semi-
tischen, amerikanischen nnd der einsylbigen Sprachen (§.21 — 24). Die
Beantwortung der Frage, ob der mehrsilbige Sprachbau aus der Ein-
silbigkeit hervorgegangen sei, bildet den Schlufs ($. 25) dieses grofii-
artigen Werkes.
Allgemeine Sprachwissenschaft.
Grammatik y Logik und Piychologie, ihre Principieti und
ihr VerhÄltnifs zu einander, von Dr. H. Steinthal, Pri-
yatdocenten f&r allgemeine Sprachwissenschaft an der Uni-
versität zu Berlin. 1855. gr. 8. geh. 2 Thlr. 15 Sgr.
In diesem Bache stellt der Verf., dessen frühere kleine Schriften
eine nngewdhnliohe Aufmerksamkeit erregt bähen, seine sprachwissen-
schaftliche Grund ansieht in erwünschter Ansfiihrlicbkeit dar. Sein Be-
mühen ist vorzüglich darauf gerichtet, den Begriff der innem Sprachform
zu entwickeln, hierdurch der Grammatik einen eigenthümlichen Boden
anzuweisen, sie besonders scharf von der Logik abzuscheiden und mit
der Psychologie in enge Verbindung zu bringen. Das Buch zerfHUt in
drei Theile. Der erste weist die falsche Begründung durch die Logik
zurück ; Her zweite stellt ausfabrlicb das YerhältniTs zwischen Logik und
Grammatik dar, wobei die wichtigsten Punkte dieser beiden Wissen-
schaften vergleichend zur Sprache kommen; der dritte, der aber die
H&lfte des Buches umfafst, legt die eigenthümlichen Principien der
Grammatik und ihr psychologisches "Wesen dar.
Veber den Hatnrlaut von Joh. Carl Ed. Buschmann.
[Besondrer 'Abdruck aus den Abhandlungen der Königl.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre
1852.] 1852. gr. 4. geh. 15 Sgr.
Der Verf. bemüht sich zu zeigen, dafs aus der Thatsache, dafs
für die Begriffe der nächsten Verwandtschaftsverhältnisse fast in allen
Sprachen ähnlich klingende Laute vorhanden sind, kein Schlufs auf eine
rilgemeine Verwandtschaft der Sprachen gezogen werden dürfe. Er be-
zeichaet diese einfachsten, aus dem Monde der Kinder zuerst vernom-
menen und folglich den Kindern geläufigsten Laute, die eben deshalb
von allen Völkern in gleicher Weise auf die Begriffe von Vater, Mutter
u. s. w. übertragen werden, mit dem Namen Naturlaut und stellt sie
für grofse Reihen von Sprachen in Tabellen auf.
Die Sprachwisseniohaft Wilheim von HumboMü und die
Hegeische Philosophie von Dr. H. Steinthal. 1848. gr. 8.
geh. 20 Sgr. (Vergl. S. 8: Sprachwiss. Abhandl.)
Es lag dem Verfasser ^nächst und zu allermeist daran, die Unhalt-
barkeit der dialektischen Methode Hegels dadurch zu beweisen, dafs er
zu zeigen suchte, wie diese über sieh selbst hinaus zur genetlfichen treibt,
welcher Wilhelm v. Humboldt huldigt. Hierauf giebt er eine Darst^l»
lang der Grundlagen und des Ziels der Sprachwissenschaft Humboldt^s
mit beständiger Zurückweisung der unberechtigten Forderungen und
gehaltlosen Leistungen der Dialektik.
Allgemeine Spnu^wissenichaft
Die Clasfification der Sprachen dargestellt als die Ent-
wicklung der Sprachidee von Dr. H. Steinthal. 1850.
gr. 8. geh. 15 Sgr.
(Yergl. S. 8. Sprachwissenschaft!. Abhandl.)
Diese Schrift enthält znerst eine Kritik der bisherigen Sprscbclassi-
fieationen und damit der heutigen Sprachwissenschaft überhaupt. Beson-
ders ausführlich wird Wilhelm v. Humboldt nach seiner genialen, wie
nach seiner mangelhaften Seite dargestellt- Darauf giebt der Verfasser
nach einer neuen AufTassungs weise des Wesens der Sprache eine Ein-
theilung der Sprachen in dreizehn Classen nach einer den naturlichen
Pflanzen- und Thiersjstemen analogen Methode.
üeber den Dnalis von Wilhelm von Humboldt.
1828. gr. 4. 12iSgr.
Diese Abhandlung durfte ans manchen Gründen Hiunboldt^s schönste
und tiefste Arbeit genannt werden; auch wirft sie auf viele wichtige
Stellen seines gröfseren Werkes ein sehr erwünschtes Licht. Die No(h-
wendigkeit solcher Untersuchungen über einzelne grammatische Formen
wird vom Verfasser selbst im Eingange dargestellt. I^ach der Ueber-
sieht des rSnmlichen Umfanges der SprachstSmme, in denen sidi die
Dualform findet, wird die Natur derselben zuerst nach der Beobachtung
der Sprachen selbst bestimmt, dann in tiefster Weise aus allgemeinca
Ideen abgeleitet, mit Berücksichtigung der phantasievollen und rein ver-
ständigen Seite der Sprache.
üeber die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem
Pronomen in einigen Sprachen von Wilhelm von Hum-
boldt. 1830. gr. 4. 10 Sgr.
Eine Darstellung des Pronomens selbst leitet diese Abhandlung ein^
in welcher durch das Beispiel der Pronomina der Sprache der Tonga-
oder Freundschaftsinseln und anderer malayischer Sprachen, ferner der
chinesischen, japanischen und endlich besonders der armenisdien Sprache
gezeigt wird, wie die Pronomina aus den Ortsadverbien hergenommen
werden können.
De pronomine relative commentatio philosophico- philo-
logica cum exeursu de nominativi particula. Scripsit
H. Steinthal, Dr. Adjecta est tabula lithographica signa
Sinica eontinens. 1847. gr. 8. geh. 20 Sgr.
(Vergl. S. 8. Sprachwissenschaft!. Abhandl.)
per Verfasser sucht die Bedeutung des Pronomen relativum für da^
Allgemeine Sprachwissenschaft
Satzgefüge aufzufinden. Die Untersuchung beginnt mit dem einfachsten
Satze. Indem nämlich der Verfasser sogleich von Anbeginn die philo-
sophische Reflexion mit den Thataachen yerbindet und nach der gegen-
seitigen Durchdringung beider strebt, zeigt sich, dafs in den niedriger
stehenden Sprachen daa Pronomen relatiyum schon zur Bezeichnung der
einfachsten SatzverhSltnisse , rorzüglich aber als Partikel des Attribut«
verwandt wird. Stufenweise wird die weitere Entwickelung des Satzes,
die schärfere Absonderung und formelle Ausbildung des Pronomen re-
latiyum, wie endlich in immer steigender Vollendung der Organisation
der Sprachen verfolgt, welche drei Punkte, als mit einander Hand in
Hand gehend, in engerem Zusammenhange betrachtet werden. Diese
kleine Schrift, die erste des Verfassers, enthält den Keim zu allen sei-
nen folgenden Arbeiten und ist besonders ein guter Kommentar zu sei-
ner Classification der Sprachen.
Franennanien am Blumen von Jacob Grimm, vorge-
lesen in der akademie am 12. Februar 1852. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 12Sgr.
Zwei sprachvergleichende Abhandlungen:
1) Ueber die Anordnung und Verwandtschaft des
Semitischen, Indischen, Aethiopischen, Alt -Persischen imd
Alt-Aegyptischen Alphabets.
2) Ueber den Ursprung und die Verwandtschaft der
Zahlwörter in der Indogermanischen, Semitischen und Kop-
tischen Sprache,
von Dr. Richard Lepsius. 1837. gr. 8. geh. 1 Thlr.
Der Verfasser fuhrt in der ersten Abhandlung mit Scharfsinn und
Gelehrsamkeit die SStze durch, dafs 1) die Ordnung der Buchstaben im
alten semitischen Alphabete nach einem organischen Principe, gemacht
ist, dafs diese Anordnung aber 2) genau Und vom ersten Buchstaben
an mit der historischen Entwickelung des Sprachorganiamus überein-
stimmt, woraus folgt, dafs 3) d^ semitische Alphabet sich nur allmählig
und zugleich mit der Sprache selbst so gebildet habe, wie wir es vor-
finden. Hierdurch wird sein Ursprung in die Anfinge der Geschichte,
und jedenfalls vor die Trennung des semitischen, ägyptischen und indo-
europäischen Stammes gesetzt. Dies fuhrt auf eine Vergleichnng des
semitischen Alphabeta' mit dem indischen und den Hieroglyphen, und
wird der gemeinschaftliche Ursprung dieser drei erhärtet. Dasselbe
doppelte Interesse, die Verwandtschaft jener drei Sprachstämme, wie den
umigen organischen Zusammenhang von Sprache und Schrift nachzuwej«
8 AI]g«meme Sprachwissenschaft.
sen, herrscht auch in der xweiten Abhaadltmg. Es wird demgemSAi aoDMr
der Verwandtschaft der Sgyptisdien) semitischeii und indo-enropäisciieii
Zahlen anch die Uebereinstimnituig zwischen der Bildung cter Zahl'vrörter
dnrch Znsamniensetfimg mit dem ägyptischen Ziffersysteme Ton der Zahl
vier an bis sehn daigelegt. Die durdians einfachen drei ersten Zah-
len aber werden anf PronominalstSmme snrüekgelftlHrt. Der TerlSaMier
geht hierauf su den Sporen des Duodeoimaisystems nnd dem De«imal-
system über und schlieft nach einer Abschweifting über die Büdang
der Ordinalia das Gänse mit einer Nachweisnng der ursprünglichen
Femininfonnen der Zahlwörter.
Die Entwicklung der Schrift. Nebst einem offenen Send-
schreiben an Herrn Praf. Fott Von Dr. H. Steinthal.
1852. gr. 8. geh. 22J Sgr. ( Vergl. das folgende Werk.)
Diese Abhandlang serfSUt in einen allgemeinen und einen besondem
Theil. Im erstem wird der Begriff der Schrift erörtert, wobei der Verf.
in seiner bekannten Weise an W. v. Homboldt anknüpft, ihn kritisirend,
begründend und weiterfahrend. Sein Gesicbtspankt ist der psychologi-
sche, von welchem aas im andern Theile der Abhandiang die verschiede-
nen Schriftarten ris die Entwieklangsstnfen des Begriffes der Schrift in
folgender Reihenfolge dargestellt werden: Die Sohriftmalesei der wilden
Nordamerikaner und der Mexikaner; die Bilderschrift der Chinesen and Ae-
gyptec, welche mit einander TeigÜohen werden. Den übrigen bekannteren
Schriftarten, welche leichter eriedigt werden konnten, wird in der Ent-
wicklaagsreihe, die endlich mit den Raneu schliefst, die ihnen gebüh-
rende Stelle angewiesen. — Das Sendschreiben stdH dM Verf. Yerhfilt-
nifs sa Humboldt dar and besprieht die innere Form nnd die Classi-
fication der Sprachen.
Gesaaunelte spraehwissensdiaftliche Abhandlnngen von
Dr. H. Steinthal. 1856. gr. 8. geh. 1 Thlr. 15 Sgr.
SSmmtliohe bisher einzeln erschienene Abhandlangen: De pEOn<^
mine relative; Die E^raphwüsensehaft Wilhelm von Hnm-
boldti; Die Claifification der Spraohen; Der Ursprung der
Sprache; Die EntwicUnng der Schrift (zusammen ca. 34 Bogen,
im Ladenpreise von über 3 Thlr.), sind hier anf den Wansch des Herrn
Yer^sers za einem Bande mit besonderem Titel yereinigt^
Indogermanische Sprachen. Im Allgemeinen.
B. Indogermanische Sprachen.
Im AllgemeineiL
üeber die Hamen dei Dannerf. Eine akademische Ab-
haodlüDg, vorgelesen am 12. Mai 1853. Von Jacob Grimm.
1855. gr. 4. geh. 12 Sgr.
Diese Abhandlung giebt die Etjmolögieen der Ansdrücke für Don-
ner in der deutschen sowie in den übrigen indogermanischen Sprachen.
£s werden aber auch die finnischen (oder uralischen) Sprachen zur
Yergleichung herbeigezogen, wobei sich überraschende Zusammenstim-
mungen in Laut und Begriff ergeben. Diese erhalten noch tiefere und
umfassendere Bedeutung dadurch, daCi sie Hand in Hand mit mytholo-
gischen Beziehungen gehen. Vier Ezcurse dienen zur Ergänzung und
genaueren Begründung einzelner Punkte. Namentlich zeigt Auslauf A,
dafs aufser den yorgefnhrten Beziehungen zwischen finnischer und deut-
scher Zunge in den Namen des Donners auch sonst noch ein Zusammen-
treffen beider nicht selten ist und Anslanf C betrachtet die griechische
Motionsform vc, tXa,
Ueber den Liebesgott von Jacob Grimm. Gelesen in
der Akademie am 6. Januar 1851. 1851. gr. 4. geh.
(Vergriffen.) 7^ Sgr.
Veber den Personenwechsel in der Bede, von Jacob
Grimm. Aus den Abhandlungen der König]. Akademie
der Wissenschaften zu Berlin 1856. gr. 4. cart. 22 Sgr.
Vergleichende Chrammatik des Sanskrit, Send, Armeni-
schen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen,
Gothischen und Deutschen von Franz Bopp. Zweite,
gänzlich umgearbeitete Ausgabe. Erster Band. Erste Hälfte.
1856. Zweite Hälfte. 1857. gr. 8. geh. ä 2 Thlr.
Die vergleichende Grammatik, das Endergebnifs der vielseitigen
Forschungen des Yerfassers, hat tot allen übrigen Werlcen desselben
10 Indogermaniflche Sprachen. Im AUgemeinen.
der Sprachvergleichung einen festen Grund und Boden geschaffen. Der
Zweck der darin geführten Untersuchungen ist ein doppelter. Wenn
einerseits nachgewiesen wird, dafs die indo-europSischen Sprachen in den
von ihnen ausgebildeten Sprachformen entweder eine vollkommene Iden-
tität zeigen oder zur Darstellung derselben sich verwandter Mittel be-
dienen, ist andererseits das unablässige Streben des Verfassers darauf
gerichtet, der Entstehung und Bedeutung dieser Sprachformen anf die
Spur zu kommen und so den Organismus des Sprachkörpers zu erken-
nen. Dient die erstere dieser engverknüpfteu Richtungen vorzüglich
dazu, die Geschichte der Sprache aufzuhellen, so sucht die andere das
Wesen derselben zu ergründen, d. h. in der letzten Instanz den Schleier
zu lüften, > welcher das Yerhaltnifs zwischen dem Gedanken und dem
lautlichen Ausdruck desselben bedeckt hKlt. —
Diese neue umgearbeitete Auflage erscheint in drei Bftnden von
dreifsig bis vierzig Bogen zum Preise von 4 Thlr. für den Band, wel-
cher Preis aber nur bis zum Erscheinen des dritten Bandes
gilt; sobald das Werk vollständig geworden, tritt unwiderruflich ein
Ladenpreis von 15 Thlr. für das ganze Werk, und von 5 Thlr. für die
einzelnen Bände ein.
In drei Jahren wird dasselbe vollständig erschienen sein. Die erste
Abtbeilung des zweiten Bandes wird nächste Oster- Messe ausgegeben
werden.
Vergleichendei Acoentaationssystem nebst einer gedrängt
ten Darstellung der grammatischen Uebereinstimmungen des
Sanskrit und Griechischen von Franz Bopp. 1854. gr. 8.
geh, 2 Thlr.
In der indo -europäischen Sprachfamilie lassen in Bezug auf die
Accentuation nur das Sanskrit und das Griechische eine durchgreifende
Vergleichung unter einander zu. Um die Uebereinsiimmung beider Spra-
chen hinsichtlich ihres Accentoationsverfahrens in allen Einzelnheiten
nachzuweisen, war es nothwendig den ganzen Sprachorganismus in Be-
trachtung zu ziehen, so dafs die obige Schrift aufser der vergleichenden
Aocentuationslehre, die ihre eigentliche Bestimmung ist, auch die Grund-
züge einer vergleichenden Formenlehre der betreffenden Sprachen dar-
bietet, wobei es nicht vermieden werden konnte, gelegentlich auch an-
deren Gliedern der indo-europäischen Sprachfamilie einen Blick zuzu-
wenden. Am ausführlichsten ist die Wortbildung behandelt worden und.
am Schlüsse eine tabellarische Znsammenstellung der gewonnenen Re-
sultate gegeben, wodurch Jeder leicht zu der Ueberzeugung gelangen
wird, dafs in diesem Theile der Grammatik die Jahrtausende, welche das
Griechische vom Sanskrit trennen, es nicht vermocht haben, in Bezug
anf Form und Betonung in der einen o4er andern der verglichenen Spra*
IndogeAnamsche Sprftchen. Im Allgemeinen. 11
eben solche Aenderangen heryorzubringen, die nar einen angenbUcklicben
Zweifel an der urspünglicben Identität derselben veranlassen könnten.
üeber einige Demonstrativitämme und ihren Zusammen-
hang mit verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im
Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von Franz
Bopp. 1830. gr. 4. 7i Sgr.
Ueber den Einfluss der Fronomina auf die Wortbildung
im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen von
Franz Bopp. 1832. gr. 4. 7^ Sgr.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschnng auf dem
Gebiete des Deutschen, Griechischen und Lateinischen,
begründet von Dr. Theodor Aufrecht, Privatdocenten
an der Universität zu Berlin, und Dr. Adalbert Kuhn»
Professor am Cölnischen Gymnasium ebendaselbst, fortge-
führt von letzterem. Band I— VI 1851—57. cart. ä 3J Thlr.
Der Band von 6 Heften zum Subscriptionspreise von 3 Thlr.
Band VII Heft 1 erscheint noch im Laufe des Jahres 1857.
Diese Zeitschrift will durch eine kritische Ergründung der genann^
ten drei Sprachen, besonders aber des etymologischen Theils derselben,
deren urspriingliche Form wiederaufbauen und indem sie auf die fnibe-
sten Perioden derselben zurückgeht und dem Gange der Sprache folgt,
also genetisch, die Bedeutung der ausgebildeten Formen erforschen. —
Zu diesem Zweck wendet sich die Untersuchung bald einer der drei
Sprachen unter Berücksichtigung ihrer Dialekte mehr oder weniger aus-
schliefsHch zu, bald vergleicht sie zwei derselben oder alle drei unter
einander, indem sie, wo es erforderlich ist, das Sanskrit als die älteste
Schwester dieser drei zu Rathe zieht. Hierdurch fSUt nicht selten Licht
auf die älteste Geschichte der europäischen Yolksstämme und namentlich
auf den Znsammenhang derselben in der Periode ihrer Sprachbildung.
Durch die Beschränkung auf eine kleinere Zahl von Sprachen wird
der Vortheil erreicht, die einzelnen Sprachen schärfer zu erfassen, als es
bei der Ausdehnung über ein gröfseres Gebiet möglich wäre; für die
gewählten Sprachen aber entschied man sich, weil sie unter den indo-
europäischen zu der reichsten Entwickelung gelangt sind und ferner weil
die Werke, die in denselben niedergelegt, fiir unsere Bildung so bedeut-
sam sind, dafs ihre Grammatik der gründlichen Erforschung wohl vor-
züglich würdig ist. Durch Besonnenheit der Methode, sowie durch Klar-
heit und Bündigkeit der Darstellung wird sich die Zeitschrift jedem Phi-
lologen empfehlen,
12 Indogermanische Sprachen. Sanskrit.
Beitrage nr Tergleichenden Spraehforschiuig auf dem
Gebiete der arischen, celtiscfaen und slawischen Sprachen,
herausgegeben Ton A. Kuhn nnd A. Schleicher. Sup-
plement zur Zeitschrift fikr vergleichende Sprachforschung.
I. Bd., Heft 1. 1856. Heft 2. 1857. gr. 8. geh. k 1 TUr.
Der Zeitochrilt für yeigleichende Sprachforschm^ treten hiermit
Supplementhefte an die Seite, in welchen diejenigen Sprachen des indo-
germanischen Sprachstammes rergleichend behandelt werden sollen, die
bei der Zeitschrift gmodsatzlich ausgeschlossen werden, also namentlich
das Sanskrit, die slawischen nnd ceitischen Sprachen.
Ans dem reichen Inhalte der ersten beiden Hefte begnügen wir nns
folgende Arbeiten hier anzufahren: Schleicher, Knrser abrifs der ge-
schichte der slawischen spräche; Spiegel, CjmsundKurtt. Cambjses
und Kamboja; Kiepert, Andentungen zu Untersuchungen über den an-
scbeB oharacter der medischen spräche; Pott, Ueber die erste peraon
des imperativs: Miclosioh, Verbaintensiya im altsloyeniaehen; Fi et et,
Iren nnd Arier; Aufrecht, Celtica; Spiegel, Zur altbaetrischen sjn-
taz; Bugge, Vermischtes aus der spräche der Zigeuner; Ebel, Celtische
Studien; Whitney, Beiträge zur theorie des sanskrit yerbalaccents;
Miolosich, Das suffix*^ (-n) im alfsiovenischen.
Sanskrit.
Olottarinm Sanskritum in quo omnes radices et vocabola
usitatissima explicantnr et cum vocabulis Graecis, Latinis,
Germanicis, Litthuanicis , Sclavicis, Celticis eomparantur a
Francisco Bopp. Fase. tres. 1847. gr. 4. 6ThIr. 20Sgr.
Für die Leetüre der bis jetzt zugSnglichsten und yerbreitetsten
Sanscritwerke bestimmt, hat das Glossar den Vorzug, dafs die Bedeu-
tungen derWörter nicht auf frühere Autorität angenommen, sondern
fast durchgängig aus den behandelten Schriftstellern nachgewiesen sind.
Wichtig wird es überdies durch die Fülle^yon Wortyergleichnngen aus
dem gesammten Bereich der verwandten Sprachen und die kritiscbe Un-
tersuchung des Wnrzelyorrathes.
Atharva-Yeda-Sanhita, herausgegeben von R. Roth und
W.D.Whitney. Erste Abtheilung. 1855. hoch 4. geh.
8 Thlr. Zweite Abtheilung (das zwanzigste Buch des
Atharva-Veda.) 1856. hoch 4. geh^ 1 TUr. 15 Sgr.
Indogermanische Sprachen. Sanskrit 13
Hiermit ist der Tc4^t diißsea Yeda rollstäiidig ausgegeben.
Die dritte Abtheilung wird eine Einleitung in den Atharva-Veda,
kritische und erklärende Noten und verschiedene andere Beilagen ent-
halten.
Tke white Tajweda edited by Dr. Albrecht Weber.
Parti. The Y^asaneyi-Sanhitä in the M&dfayandina and
the K&nva*Qäkhft with the commetitary of Mahidhara.
1849 — 52. gr. 4. cart. 21 Thb. 20 Sgr.
Part II. The Qatapatha - Br&hmana in the M&dhy-
andina-Q&kha with extracis made from the commentarieci
of Säjana, Harievämin and Dvivedaganga. 1849 — 56.^
gr. 4. cart. 24 Thlr. 20 Sgr.
Part III. The Qrautasütra of Kätyäyana with extracts
from the commentaries of Karka and Yäjnikadeva. No.l — 3.
1856. 57. gr. 4. geh. 9 Thlr.
Brahma-Vaivarta-ParAni specimen. Textum e codice ma-
nuscripto bibUothecae regiae Berolinensis edidit interpreta-
tionem Latinam adjecit et commentationem mythologicam
et criticam praemisit Ad. Er. Stenzler. 1829. 4. 20 Sgr.
Diluvium cum tribus aliis Mahä-Bharati praestantissimis
episodiis primus edidit Franciscus Bopp. Fasciculus
primus, quo continetur textus Sanscritus. 1829. 4.
2 Thh-. 20 Sgr.
Hierzu die deutsche Uebersetzung :
Die Sündfluth, nebst drei anderen der wichtigsten Epi-
soden des MahÄ-BhÄrata. Aus der Ursprache übersetzt
von Franz Bopp. 1839. 8. 20 Sgr.
Ghatacarparam, Das zerbrochene Gefäfs, ein sanskriti-
sches Gedicht, herausgegeben, übersetzt, nachgeahmt und
erläutert von G. M. Dursch. 1828. 4. 20 Sgr.
K8liitt9avan9avallcharitam, a Chronicle of the family of
B&ja Krishnachandra of Navadvtpa, BengaL Edited and
translated by W. Pertsch. 1852. gr. 8. geh. 2 Thlr.
XAlaviUt und Agnimitra. Ein Drama des Kälidäsa in
flinf Akten. Zum ersten Male aus dem Sanskrit übersetzt
von Albrecht Weber. 1856. 8. geh, 1 Thlr.
14 Indogennanische Sprachen. Griechisch.
Pftraskarai Gfrlhya-Sutra. -^ Glückwansch Sr. Bxcellenz
Herrn Freiherm Alexander von Humboldt zum 4. Au-
gust 1855 dargebracht von Dr. Adolph Friedrich Stenz-
1er, ord. Prof« der orientalischen Sprachen an der König!.
Universität zu Breslau. Nebst einem Bruchstück aus Paras-
karas Darstellung der heiligen Gebräuche der Inder. 1855.
gr,4. geh. 7J Sgr.
üpalekha de Eramap&tha libellus. Textum Sanscritom
recensuit, varietatem lectionis, prolegomena, versionem La-
tinam, notas, indicem adjecit Dr. G. Pertsch. 1854.
gr. 8. geh. 1 TUr. 10 Sgr.
ITrvasia» fabola Calidasi. Textum Sanscritum edidit, in-
terpretationem Latinam et notas illustrantes adjecit Ro-
bertus Lenz, Dr. Ph. 1833. 4. geh. 4 TMr.
T^jnavalkya's Gesetzbuch, Sanskrit und Deutsch heraus-
gegeben von Dr. Ad. Fr. Stenzler. 1849. gr, 8. geb.
2 Tbk. 20 Sgr.
Griechisch.
De nomimun Graeoomm formatione linguarum cognata-
rum ratione habita scripsit Dr. G. Curtiua 1842. gr. 4
geh. 20 Sgr.
Die Wortbildung war, wie sehr auch deren Wichtigkeit seit Butt-
mann einleuchtete, der Schwierigkeiten wegen, die sich bei Beschränkung
auf die eine Sprache überall darboten, in den Grammatiken stiefmütter-
lich und überdies stets so behandelt worden, dafs prim&re und secun-
däre Ableitungen zusammengeworfen wurden. Der Verfasser spricht
sich zuerst über den Unterschied beider aus und geht sodann, nachdem
die wichtige Yoruntersuchung über gewisse, weder zur Yerbalwurzel,
noch zum Affix gehörige euphonische Laute erledigt ist, zur Darstellung
der griechischen primären Wortbildung über. Die ableitenden AfBxe
sind hier nach ihrer formellen Verwandtschaft geordnet, ihre Entstehung
und ihr Verhältnifs zu den identischen lateinischen und sanskritischen,
sodann die mannigfachen Umgestaltnngen nachgewiesen, welche einzefaie
Indogermanische Sprachen. Griechifch. 15
im Griechischen erfahren haben. Die Klarheit der Darstellung macht
die Abhandlung selbst dem in der Sprachvergleichung minder Geübten
fruchtbar.
Etymologisches .Wörterbuch der griechischen Sprache
zur Ueberaicht der Wortbildung nach den Endsylben ge-
ordnet von Dr. W. Pape. 1836. Lex. 8. 2 TUr. 15 Sgr.
Die mit vieler Emsigkeit und Aufopferung ausgeführte Arbeit des
Verfassers fuhrt uns gleichsam in den Haushalt der griechischen Sprache
ein. Die nach den Endungen übersichtlich geordnete Zusammenstellung
der Wörter gereicht zu mannigfachem Nutzen: bei dem Nomen und den
Partikeln lernen wir, obgleich eine strenge Sonderung der Einsicht des
Lesers überlassen bleibt, die mit gleicher Ableitungs- oder Flexions-
endung gebUdeten Wortstamme kennen, während bei der Conjugation
es von Wichtigkeit ist, den ganzen Yorrath der den einzelnen Classen
anheimfallenden Verben übersehen zu können. Aber auch für die Accent-
lehre ist der möglich gemachte Ueberblick willkommen, und für die
Composition, deren wissenschaftliche Bearbeitung noch mangelt, besteht
keine ähnlich reiche Sammlung.
De coi^ugatione in (m linguae Sanscritae ratione habita
scripsit Dr. A. Kuhn. 1837. 8. 10 Sgr.
Die Conjugation auf /«i, die in unseren Grammatiken noch im-
mer als die nnregehnäfsige betrachtet wird, erweist sich durch Ver-
gleichung des verwandten Sprachkreises als die ursprüngliche und die-
jenige, welche Personalendungen und Eigenthümlichkeiten der Conjugation
am treuesten bewahrt hat. Der Verfasser, welcher sich eine möglichst
erschöpfende Behandhing jener Conjugation zur Aufgabe gestellt hat,
betrachtet zunächst die Personalendungen, denen mit Hülfe des Sanskrit
sowohl ihre ältere Form, als (und hierbei namentlich bietet sich eine
Reihe scharfsinniger Beobachtungen dar) ihre Bedeutung nachgewiesen
wird. Der zweite Theil des Buches behandelt sodann die Bildung der
einzelnen Zeiten mit durchgängiger Hervorhebung der dieselben unter-
scheidenden MerkmaTe und untersuchender Berücksichtigung der Dialect-
eigenheiten.
Grammatik der griechischen Tulgarsprache in historischer
Entwicklung von Prof. Dr. F. W. A. MuUach. 1856.
gr. 8. geh. 2 TUr. 20 Sgr.
Diese Grammatik, der eine umfassende, aus den Quellen geschöpfte
Geschichte der griechischen Sprache von den ältesten Zeiten bis jetzt
als Einleitung in 47 §$. (107 SS.) vorangeht, ist als eine wichtige £r^
gfinzung der bisherigen griechischen Grammatiken zu betrachten, die nur
die Sohriftspracfae fu behandeln pflegen.
16 Indogenuaiisdie ßpracheo. LateinUch und Altitalisch.
Qraamitik des Vaiitettaiiienflielieii Bpraehgebffmselui. Im
Antchluste an Ph« Buttmann's Griechische Grammatik
bearbeitet von Alex. Buttmann. Erste Abtheiliiiig.
Formenlehre. 1857. gr. 8. geh. 10 Sgr.
Lateinisch und Altitalisch.
Thiorie ginirale de raocentnatton latine saivie de re*
cherches sur les inscriptions accentu^es et d^un examen des
▼ues de M. Bopp sur Fhistoire de Taccent par Henri Weil
et Louis Benloew, Professeurs de faculte. 1855. gr. 8*
geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
Der lateinische Accent hat noch xa wenig die Aufmerksamkeit der
Grammatiker auf sich gezogen. Einfacher als der griechische, bietet er
doch der interessanten Erscheinungen gar viele dar. GegenwSrtige Be-
arbeitung desselben darch zwei Philologen, welche Schüler ,Böckh*8
und Bopp^s zugleich sind und mit der genauesten Kenntnifs des kla«-
zischen Alterthums, die Ergebnisse, die Principien und die Methode der
neuen comparativen Grammatik verbinden, dijrfle jene Lücke in der phi-
loleigiiQhen Forschung fast ToUstüadig ausfüllen. Der lateinische Accent
wird hier nicht blos an sidi und nach seinem vielseitigen Einflüsse auf
die Gestalt und Ab&nderung der Wörter betrachtet, es wird ferner hier-
bei nicht blos nach wahrhaft geschichtlicher Methode seine Entwicklung
in den verschiedeneu Epochen des Lebens der lateinischen Sprache ans-
filhrlieh dargestellt; sondern es wird auch am Accente die Stellung nach-
gewiesen, welche überhaupt die lateinische Sprache in der Geschichte
des iado-europSischen Stammes einnimmt, indem sie in die Mitte tritt
zwischen das alterthumlichere Accentuationssystem des Sanskritischen
und Griechischen einerseits und das der modernen Sprachen andrerseits.
Die ninbrischen Sprachdenkmaler. Ein Versuch zur Deu-
tung deraelben von Dr. S. Th. Aufrecht und A. Kirch-
hoff. (1849 — 51.) Zwei Theile in einem Bande, gr.4.
mit 10 Hth. Tafebi. 1851, cart. lOThbr.
Die lateinische Sprache, welche in Folge der wenigen literarischen
Ausbildung, die ihr in ältester Zeit zu Theii wurde, bis die Bdcannt-
schaft mit der griechischen Literatur ihren Einflnfs ausübte, in einem fort-
Indogennanische Sprachen. Lateinisch und Altitalisch. 17
wiUirendeii Anflösungsprocesse begrifTen war, mufs durch die Yerglei-
chung mit den italischen Sprachüberresten mannigfache Aufklärung erlan-
gen, gerade so wie die einzelnen griechischen oder deutschen Mundarten
in dem sie zusammengehalten werden, einander vielfach ergänzen und
erläutern.
Die umbrischen Sprachreste, welche wegen ihres bedeutenden Um-
fanges schon früher Gegenstand angestrengter Forschung gewesen waren,
gewähren das doppelte Interesse, dafs aus ihnen einerseits eine ziemlich
vollständige Uebersicht des umbrischen Idioms sich zusammenstellen
läfst, andererseits ihr Inhalt viele Seiten des römischen religiösen Lebens
in helles Licht setzen kann. Die Lösung dieser zweifachen Aufgabe war
der Zweck des vorliegenden Werkes. Zunächst kam es darauf an, eine .
möglichst erschöpfende Grammatik der umbrischen Sprache zu schaffen
und den Nachweis zu liefern, daf^ dieselbe mit der lateinischen in
schwesterlichem Verhältnisse stehe. Der erste Band beschäftigt sich
nun damit, die umbrische Laut- und Formlehre zu entwickeln, wobei
die Analogie mit den verwandten Sprachen durchgängig zu Grunde ge.
legt wurde. Die Lautlehre beginnt mit dem Vokalsystem, erweist des-
sen Uebereinstimmung mit dem lateinischen namentlich in der Abneigung
gegen die Diphthonge und sucht den Ursprung der einzelnen Vokale
durch Herbeiziehung eines gröfseren Sprachkreises zu ergründen. Auch
bei den Konsonanten ist überall deren Entstehungsgeschichte und Ver-
hältnifs zu einander erforscht worden, so dafs der noch in unseren Ta-
gen sehr vernachlässigten lateinischen Lautlehre nicht geringer Aufschlufs
daraus erwächst. Noch wichtiger wird aber die Formenlehre, weil das
Umbrische viele Flexionen besitzt, welche im Lateinischen entweder ver-
altet oder verstümmelt sind. Die Darstellung begnügt sich aber nicht
mit der Zusammenstellung der ähnlichen oder identischen Formen, son-
dern sucht wo möglich deren Ursprung zu ermitteln.
Im zweiten Theile werden die im ersten aufgestellten Fonnen aus-
führlich begründet und die sprachliche Deutung der Denkmäler so geübt,
dafs die Verfasser sich stets der Grenzen bewufst bleiben, welche durch
die Dunkelheit des Gegenstandes gesteckt sind und deren Ueberschrei-
tung ihre Vorgänger in sehr sonderbare Verirrungen geführt hatte. Durch
das beigefügte vollständige Glossar und den genauen Abdruck der Tafeln
sind die Leser nach allen Seiten in den Stand* gesetzt, sich ein selbst-
ständiges UrtheU zu verschaffen und die noch nicht zum Abschlufs ge-
langte Forschung weiterzuführen.
18 Gcnnaoische Sprachen.
Germanische Sprachen.
Creseentia ein niderrheinisches Gedieht aus dem zwölf-
ten Jahrhundert, herausgegeben von OekarSchade. 1 8d3.
gr. 8. geh. 1 Thlr.
Der Herausgeber hat in obigem Gedicht, das bis jetzt in der fCaiaer-
chronik als dasn gehörig und davon untrennbar betrachtet wurde, ein
aelbständiges strophisches Werk von einem andern Verfasser, als dem
Redactor der Kaiserchronik, erkannt. In der Einleitung weist derselbe
snm ersten Male in einigen anderen Gedichten des zwölften Jahrhunderts
eine feste Regel des Versbaues und der Sprachform nach. •—
Ue deutschen Ortsnamen mit besonderer Berücksichti-
gung der ursprünglich wendischen in der Mittelmark und
Niederlausitz von AI. Buttmann, Professor. 1856. 8. geh«
17i Sgr.
„Wir unsererseits wünschen der kleinen Schrift besonders deshalb
eine allgemeinere Beachtung, weil sie einige sehr wichtige Pundament«!-
s&tze iiber die Entstehung und die Umwandclung von Ortsnamen auf
eine klare und überzeugende Weise zur Anschauung bringt, — Lehr-
sätze, welche nicht blos für Deutschland, sondern für alle diejenigen
L&nder gelten, in denen Völker verschiedener Zunge gelebt haben/*
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde.
üeber die Badeutnng des Namens der Städte Berlin und
Cöln von C. A. P. Mahn. 1848. 8. geh. 5 Sgr.
lieber den Ursprung und die Bedeutung des Hamens
Preussen von C. A. F. Mahn. 1850. 8. geh. 5 Sgr.
Der Verfasser prüft die vor ihm versuchten Erklärungen der Namen
Berlin und Preufsen, und da sie sich unhaltbar zeigen, giebt er neue,
welche, die Schwierigkeiten, die den früheren entgegenstanden, vermei-
dend, auch durch positive Gründe höchst wahrscheinlich, um nicht zu
sagen gewifs, gemacht werden. Der Werth der beiden Arbeiten wird
nicht blos durch andere gelegentliche Etymologien, sondern auch dadurch
erhöht, dafs der Akt der Namengebung an Völker und Städte naofa allen
Möglichkeiten dargelegt wird und dadurch für alle hierher gehörenden
Untersuchungen anregende Fingerzeige gegeben werden.
Littaoiflch - SUvisch. 1 9
Stymologiflche TTntersuchungen über geographische Hamen
TOD C. A. F. Mahn, Dr. Erste Lieferung. Einleitung.
Bedeutung -des Flursnainens Spree. 1856. 8. geh. 5 Sgr.
Aufser der ausfuhrlichen Erklärung des Namens der Spree werden
in der Emieitung und sonst gelegentlich neue und hinlSnglich entwickelte
Deutungen der Namen Italien, Germanen, Skandinavier, Pelasger, Sicu-
1er, Serben, Skythen, Iberer und des Teltowgaus aufgewiesen und ver-
sucht» welche die aus den falsohen und mifslungenen Etymologieen ge-
zogenen Folgerungen und Ergebnisse aufheben oder bedeutend modifi-
ciren.
Littauisch - Slavisch.
üeber die Sprache der alten Preussen in ihren verwandt-
schaftlichen Beziehungen von Franz Bopp. Gelesen in
der Akademie der Wissenschaften am 24. Mai 1849, am
25. Juli 1850 und am 24. Februar 1852. 1853. gr. 4.
geh. 1 Thhr.
Utit gewohnter Meisterschaft unterwirft der Verfasser in dieser Schrift
das einzige zuverlässige altpreufsische Sprachdenkmal, das uns erhalten
ist, die Uebersetznng nämlich des kleinen Lutherischen Katechismus, einer
grammatischen Sichtung, und zwar hauptsächlich diejenigen Formen, die
dem Littauischen und Lettischen gegen&ber besondere Beachtung ver«
dienen, insofern sie diese mehrfach durch treuere Bewahrung des ur-
spriinglichen Gepräges übertreffen. Somit bildet diese Schrift einen höchst
willkommenen Beitrag zu der „Vergleichenden Grammatiic", in welcher
nur das Littauische zur Vergleichung mit den indo- germanischen Spra-
chen herangezogen ist. In der fiioleitung wird auch die allmähUge Ab-
trennung der letzteren von der asiatischen Muttersprache besprochen und,
wie bisher, die Absondening der lettisch-slavischen Idiome von derselben
später gesetzt, als die der klassischen, germanischen oder keltischen.
Littanische Volkslieder, gesammelt, kritisch bearbeitet
und metrisch fibersetzt von G. H. F. Nesselmann. Mit
einer Musikbeilage. 1853. Lex. 8. geh. SThk.lOSgr.
Bei der Wichtigkeit der littanisohen Sprache für die vergleichende
Erforschung der indo -europäischen Sprachen durfte eine Sammlung lit-
tanischer Volkslieder mit gegenüberstehender ^ dem Text möglichst
wörtlich sich anschliefsender — Uebersetzung von grofsem Interesse für
20 Celtisch.
Sprachforscher sein. — Der Herausgeber benutzte alles ihm nur ii^od
erreichbare gedruckte, wie handschriftliche Material. Hierdurch, sowie
durch Correctheit des Textes und Genauigkeit der Ueberseisnng l&fst die
Sammlung alle früheren weit hinter sich. Auch der strophischen Ab-
theilung wurde sorgfältig Rechnung getragen.
Celtisch.
üeber Marcellns Bnrdigalensis von Jacob Grimm.
Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 28. Juni
1847. 1849. gr. 4. geh. 15 Sgr. '
Ein Buch dt medicamentis ^ welches von Marcellus mit dem Beina-
men Burdigalensis oder Empiricus, dem Leibarzte Theodosius des Grofsen,
geschrieben ist, vom medicinischen Standpunkte aus unbedeutend, er-
schlofs dem sinnigen Auge des Verfassers nach anderer Seit« hin einen
anziehenden Sdiatz. Marcellus nämlich, von Geburt, wie der erste Bei-
name ausdrückt, ein Gallier (aus Bourdeaiuc), thcilt hin und wieder gal-
lische Kräutemamen mit, welche in dieser Abhandlung den entsprechen-
den Wörtern der heutigen keltischen Dialekte gegenübergestellt werden
und unverkennbar anzeigen, dafs die im 4. Jahrhundert in Aqnitanien
herrschende Sprache sich mehr der irischen und gälischen Mundart, als
der armorischen anschliefst. Dann werden die abergläubischen, von Mar-
cellus aus dem Munde des Volkes erkundeten Heilmittel, gewifs von
hohem Alterthum und weiter Verbreitung, mitgetheilt, und darauf hin-
gewiesen, wie sie die alten Zustände, die Poesie und Sitte der euro-
päischen Völker mannigfach aufbellen. Ganz unmittelbar für die Sprach-
wissenschaft aber ist die Erklärung einer bisher unverständlichen Formel
wichtig, in welcher nunmehr das überhaupt bekannte älteste Denkmal
gallischer Sprache aufgewiesen wird.
üeber die Marcellischen Formeln von Jacob Grimm
und Adolph Pictet. Aus den Abhandlungen der konigl.
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855. gr. 4.
geh. 8 Sgr. .
Die in der vorhergehenden Schrift gemachte Entdeckung, dafis ein-
zelne der von Marcellus Burdigalensis, einem aus Aquitanien gebürtigen
Gallier, verzeichneten abergläubischen Heilformeln und Zaubersprüche
in keltischer Sprache abgefafst seien und aus ihr gedeutet werden könn-
ten, wird weiter verfolgt Schon gegebene Erklärungen werden mit
neuen Beweisen unterstützt, andere neu dargeboten.
Romanische Sprachen. 21
Bomanische Sprachen.
Etymologische Untersuchungen auf dem Gebiete der Ro-
manischen Sprachen von C. A. F. Mahn, Dr. Specimen
I— Vin oder No. t— 56/ 1855. 8. 16 Sgr.
Diese Untersuchnngen sind gewissermafsen als eine Fortsetzung und
Ergänzung von Diez^ etymologischem Wörterhuch der Romauischen
Sprachen zu betrachten, indem der Verfasser hauptsächlich solche roma-
nische Wörter einer in der Regel ausführlicheren etymologischen Unter-
suchung unterwirft, von denen Diez noch keine Etymologie gegeben liat
oder bei denen er eine Frage nach der8cll>en aufwirft oder bei denen
endlich der Verfasser mehr oder weniger von Diez abweicht.
De elemenüs Germanids potissimum linguae Franco-
gallicae scripsit Lndovicus Schacht, Phil. Dr. 1853.
gr. 8. geh. 12 Sgr.
Der Verfasser stellt in einem Glossarium möglichst vollständig alle
durch das Deutsche etymologisch erklärbaren Wörter der französischen
Sprache zusammen. Eiqe vorangeschickte allgemeine Einleitung setzt die
historischen und verwandtschaftlichen Beziehungen des Französischen zum
Deutschen wie zu seinen übrigen Bestandtheilen auseinander.
Syntax der nenfranzösischen Sprache. Ein Beitrag zur
geschichtlich -vergleichenden Sprachforschung von Dr. Ed.
Mätzner. Zwei Theile. 1843. 45. gr. 8. 4 Thlr.
Die bisher gewöhnlich nur auf den etymologischen Theil der Sprach-
wissenschaft angewandt« vergleichende Methode liefert hier auch in der
Syntax die schönsten Ergebnisse. Zur Erklärung der französischen Con-
structionen sucht der Verfasser zunächst in den verschwis^rten roma-
nisdien Sprachen, besonders auch im Altfranzösischen und Provenzalischen
die analogen Erscheinungen auf. Er dehnt aber den Kreis der Ver-
gleichung auch auf die klassischen Sprachen und endlich selbst auf die
semitischen aus. Dabei besitzt der Verfasser die so seltene Vereinigung
umfassender historischer Forschungen mit einem tiefen philosophischen
Blick. Von den beiden Theilen behandelt der erste den Satz, der andere
das Satzgefüge und die Periode.
22 RoüiaiuMhe Spmches.
Altfinuizösische Lieder, berichtigt und erläutert mit Be-
zug auf die provenzalische, altitalienische und mittelhoch-
deutsche Liederdichtung nebst einem altfranzösischen Glossar
von Eduard Mätzner. 1853. gr.8. geh. 2Thlr. 15 Sgr.
Diese Satnmlang von altfransösischen Liedern bietet nicht sowohl
einen jener Text-Abdrucke nach französiscben Handscbriften) üe sa Tie»
len Stellen jedes Yerstandnifs unmöglich erscheinen lassen,! sondern Tiel-
mebr eine kritische Bearbeitung bereits anderweitig publicirter Texte,
durch welche dieselben erst recht leserlich werden. — Mit dieser kriti-
schen Behandlung hängt die Deutung eng zusammen. Zur Erläuterung,
theilweise selbst zur Wortkritik, wurden von^ Herausgeber die alütalia-
nischen, wie die provenzalischen und mittelhochdeutschen Ijrischen Dich-
tungen herbeigezogen. Abgesehen von dem Nutzen, den eine derartige
Vergleichung nach dieser Seite hin gewährte, ist es aber auch an und
fujr sich interessant, die wesentlichen der mittelalterlichen Kunstljrik Ter-
schiedener Länder gemeinsamen Züge zu verfolgen, und auch hierauf
waren die Bemühungen des Herausgebers gerichtet.
Das Glossarium endlich ist dazu bestimmt, minder Geübten das Stu-
dium einer veralteten Sprache zu erleichtem, ohne deren gründliche Er-
forschung die Kenntnifs des Neu französischen lüdcenhaft bleiben mnCs.
£s berücksichtigt die Abstammung der Worte und giebt zugleich die
nächst verwandten Wortformen der westromanischen Idiome, sowie des
Englischen.
Die Werke der Troubadours, in provenzalischer Sprache,
nach Raynouard, Rochegude^ Diez und nach den Hand-
schriften. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Mahn.
Lyrische Abtheilung. Bd. I. 1846. 8. geh. 2 Thlr.
Bd. n. Lief. 1 u. 2. 1855. 57. 8. geh. ä 15 Sgr. Bd. IV.
1853. 8. geh. 2 Thlr.
Epische Abtheilung. Bd. L Girariz de Roasilho,
nach der Pariser Handschrift herausgegeben von Dr. C.
Hof mann, Prof. an der Universität zu München, Mit-
glied der König!. Bayerischen Akademie der Wissenschaf-
ten. Lief. 1 — 3. 1855 — 57. 8. geh. ä 15 Sgr.
Eine neue Ausgahe sämmtlicher Werke der proyenzalischen Trou-
badours war wegen der Seltenheit und Unyo]lständigkeit des bekannten
Rajnouard''schen Werkes nothwendig geworden, besonders auch seitdem
man immer allgemeiner su erkennen anfing, dafs aufser dem historisdien
RomaniBclie Sprachen. 23
und litterarUchen Interegse der provenzaliechen Sprache fQr das Studium
der romanUchen Sprachen dieselbe Wichtigkeit zukommt, als der gothi-
schen für das der germanischen Sprachen.
Der erste Band der lyrischen Abtheilung enthSlt aufser der ausführ-
lichen Vorrede, in welcher auf den Nutzen und die Wichtigkeit des
Studiums der proyenzalischen Sprache und Litteratur aufmerksam ge-
macht, und besonders die Wichtigkeit desselben für die historische und
vergleichende Sprachforschung hervorgehoben wird, in chronologischer
Ordnung 277 Gedichte vpn 20 'Troubadours in einem höchst corrccten
Abdruck.
Lieferung 1. und 2. des zweiten Bandes enthalten die Dichter Peiroi
und Guillem von Saint- Didier, den Mönch von Montaudon^ 21 Gedichte
von Arnaui Daniel, und etwa 14 Gedichte (von 60) des Gaucelm Faidit.
Der vierte Band umfafst sämmtliche gröfsere und kleinere Gedichte,
99 an der 2ahl, eines der umfangreichsten und bedeutendsten Dichter,
des Oiraut Riquier, und zwar ganz neu nach den beiden Pariser Ori-
ginalhandschriften herausgegeben.
Die bis jetzt ausgegebenen drei Lieferungen des ersten Bandes der
epischen Abtheilung der Werke der Troubadours enthalten den ganzen
Text des Girarix de Rouilho. Die vierte und letzte Lieferung wird die
Einleitung und die kritischen und erklärenden Anmerkungen und ein
Glossar enthalten.
Die Biographieen der Troubadours, in prövenzalischer
Sprache. Herausg^eben von Dr. C. A. P. Mahn. 1853.
8. geh. 15 Sgr.
Eine neue und besondere Ausgabe der Biographieen der Troubadours
in provenzalischer Sprache schien wunschenswerth, nicht nur an und
für sich wegen des anziehenden und oft sehr merkwürdigen litterarischen
und geschichtlichen Inhalts, sondern auch weil dieselben in Folge ihrer
Leichtigkeit und Verständlichkeit als erstes Lese- und Uebungsbuch fUr
Anfänger dienen können, die durch dieselben sehr zweckmSfsig auf die
Lesung der bei weitem schwierigeren Gedichte selbst vorbereitet werden.
Einen besonderen Vorzug erhfilt diese neue Ausgabe dadurch, dafs die
ersten 48 Biographieen, vermöge einer von dem Herausgeber gemachten
Abschrift, treu nach den Pariser Handschriften gegeben werden; die
übrigen sind nach Raynouard abgedruckt. Einige kritische Bemerkungen
und wörtliche Uebersetzungen sind beigefügt worden.
Gedichte der Troubadours in provenzalischer Sprache,
zum ersten Mal und treu nach den Handschriften heraus-
gegeben. Mit kritischen und erklftrenden Anmerkungen von
24 Iberisch-BasIÜBch.
Iberisch - Baskiscli.
Prüfung der Untersnchungeii über die Urbewohner ,Hi-
spaniens vermittelst der baskischen Sprache von Wilhelm
von Humboldt. 1821. 4. geh. 2 Tht. 10 Sgr.
Diese Schrift enthält nicht blos eine Kritik der früheren so dürflli-
gen und unvollkommenen Untersuchungen über die ürbewohner Spaniens.
Vielmehr wird mit musterhafter Gründlichkeit und Klarheit dargethan,
dafs die vielen altiberischen, von 'Griechen und Römern überlieferten
Ortsnamen aus der vaskischen Sprache herstammen, und somit die That-
Sache zur GewiTsheit erhoben, dafs die heutige Sprache der Yasken,
natürlich mit den durch die Zeit hervorgebrachten YerSnderungen, auch
die der alten Iberer war, und dafs ferner diese nur ein Volk mit nur
1
Dr. C. A. F. Mahn. Bd.L Lief. 1 — 5. 1856. 8. geh.
2 Thlr. 15 Sgr. Bd. IL Lief. 1. 2. 1856. 57. ä 15 Sgr.
Gegenwärtige Ausgabe von Gedichten der Troubadours in proFen-
zalischer Sprache ist dazu bestimmt, die kritische Ausgabe sämmtlicher
Werke der Troubadours mit Vcrglcichung aller Handschriften vorzabe-
reiten, dieselbe einstweilen zu ersetzen, und auch nachher noch einen
urkundlich -handschridlichcn Werth zu behaupten. Die Gedichte sind
daher ganz treu nach bestimmten Handschriften gegeben, und die Be-
sprechung und Verbesserung des Textes ist den kritischen Anmerkungen
überwiesen. Es sind im Ganzen 300 Lieder und gröfsere Gedichte, die
hier gröfstentheils zum ersten Mal gedruckt erscheinen Die Zahl der
ungedruckten verhält sich zu den bereits gedruckten wie 250 : 50.
Sämmtliche Gedichte sind aus sieben Handscliriften der Pariser Kaiserl.
Bibliothek und des Arsenals, sowie aus vier englischen Handschriflen
gezogen, die durch ein Zusammentreffen von günstigen UmsUinden wie-
der neu aufgefunden und zum Theil in Besitz von Privatpersonen and
au schwer zugänglichen Orten in die Hände des Herausgebers gelangten.
Peire Yidal's Lieder, herausgegeben von Dr. K. Bartscli,
Conservator der Bibliothek am Germanischen Museum. 8.
geh. 1857. 2 Thlr.
Kritisch bearbeiteter Text mit ausführlicher Einleitung über des
Dichters Leben, metrische und sprachliche Eigenthümlichkeiten, Reim-
verzeichnifs, Glossarium u. s w.
Aegyptisch. 25
einer yon den celtischen ganz verscliledenen Sprache ausmachten und
als die ursprunglichstea Bewohner über die ganze Halbinsel verbreitet
waren, nnr mit Gelten untermischt und theil weise zu Celtiberem yer-
schmolzen; denn die vereinzelten punischen und griechischen Colonieen
können, wie die römischen Besatzungen, nicht in Betracht kommen. *
Denkmäler der baskischen Sprache. Herausjiregeben von
Dr. C. A. F. Mahn. 1857. 8. geh. (Unter der Presse).
EntiiSlt hauptsfichlich seltene unzugängliche oder ganz unbekannte
Baskische Texte z. B. aus dem Neuen Testament von 1571, aus Azular^s
Gneroco guero von 1642, aus Oi'henart^s und Garibay^s Sprichwörtern,
epische Gedichte über den Cantabrischen Krieg und die 'Schlacht bei
Roncesfalles, Urkunden aus dem 6. und 8. Jahrhundert, Uebersetzungen
aus den klassischen Sprachen, ganz besonders bisher unbekannte kleinere
Lieder
C. Aegyptisch.
De natura et indele linguae popularis Aegyptiorum die-
seruit H. Brugsch. (fasciculus prior.) 1850. gr. 8. geh.
15 Sgr.
Grammaire dimotiqne contenant les principes g6n6raux
de la langue et de Pecriture populaires des anciens Egyp-
tiens par Henri Brugsch, de Funiversitö royale de Berlin.
Avec un tableau de signes demotiqaes et dix planches j
annexöes. 1855. fol. cart. 25 Thir.
Diese Grammatik enthält eine yollatandige uud wissenschaftliche
Darstellung desjenigen ägyptischen Dialectes, welcher zu den Zeiten der
letzten Pharaonen, der Griechen und Römer in Aegypten gesprochen und
geschrieben wurde. Nicht nur sind die grammatischen Formen und ihre
graphische Darstellung bis in die kleinsten Details wiedergeftinden, son-
dern auch mit reichlichen Beispielen unterstützt worden, welche sich
dem Verf. in allen Mnseen Europas und in Aegypten in Falle darboten.
26 Aeitfptisch.
Um die Einheit dei Gänsen and die Braachbarkeit für du Stndiam
des AegyptiBGhen ca erhöhen, hat der Verf. überall die etwaige eaC»
aprechende hieroglyphiache Form (mit steter Hinweiaung auf die Gram-
maire ^gyptienne ChampoUion's d. j.) in Parallele gestellt nnd naturiicsb
als Haapibeweiamittel für die Richtigkeit der gewonnenen grammatlachen
Bedeutung das Koptische herbeigezogen, gestutzt auf die Grammatiken
Peyroii'«, Yorzuglich aber Sehtüarixe'i, Um ein Beispiel für die Aus-
dehnung der gewonnenen Formen zu geben, welche im Vergleich mit
Champollion^s eben genannter hierogljphischer Grammatik weit über
dieselbe hinausgeht, so bemerken wir, dafs vom Verbnm allein achtzehn
verschiedene Formen aufgefunden worden sind, wahrend deren Zahl in
Hieroglyphischen kaum die Hälfte davon übersteigt.
Zehn Tafeln geben die genauesten und treneaten Facsimiles von
verschiedenen demotisohen Insdiriflen ans den Museen von Paris, Ley-
den, Turin, Dresden und aus Aegypten.
Die Verlagshandlnng hat zu diesem Werke die ganze demotiscbe
Schrift in mehr als dreihundert Haupttypen schneiden und giefsen lassen,
worüber das folgende „MAnaire*^ Auskunft zu geben bestimmt ist.
Ximoire sur la reproduction imprim^e des caract^res
de TancieDiie Venture demotique des Egyptiens, au moyen
de types mobiles et de Pimprimerie; par Henry Qrugscb,
de PuniversitÄ royale de Berlin. 1855. 4. geh. 7\ Sgr.
Koptische Grammatik von Dr. M. G. Schwartze,
ehem. Pro£ der Koptischen Sprache an der Kgl. Friedrich
Wilhelms -Umversität zo Berlin, herausgegeben nach des
Verfassers Tode von Dr. H. Steinthal, Docenten an der-
selben Universität. 1850. gr. 8. cart. 5 Thb. 10 Sgr.
Diese GrammatiJc liefert die Tbatsachen so vollständig und sorgfältig,
wie sie bisher nocli nirgends gefunden worden sind. Dabei erstreckt
sie sich über alle drei koptischen Dialecte in gleicher Weise. Was ihr
aber den gröfsten Vorzug giebt, ist die comparativ- genetische Methode,
welcher überhaupt die neueste Sprachwissenschaft ihren Aufschwung
verdankt, und welche hier vom Verfasser mit Scharfsinn und Umsicht
angewandt ist. Es ist hier zum ersten Male eine wissenschaftliche Laut-
lehre der koptischen Sprache gegeben, welche die sichere Basis für die
Formenlehre bildet. Höchst schfitzenswerthe Notizen über die Syntax sind
aus den Papieren des* Verfassers vom Herausgeber angehängt.
Semitische Sprachen. — * Arabisch. Syrisch. 27
I). Semitische Sprachen«
Arabisch*
Ibn 'Aldis Commentar zur Alfijja des Ibn Mälik aus dem
Arabischen zum ersten Male übersetzt von P. Dieterici,
Dr. Ph., a. o. Professor an der Universität zu Berlin. 1852.
gr. 8. geh. 4 Tbk*
Syrisch.
Lezicon lingnae Syriacae. CoIIegit digessit edidit 6e-
orgius Henricus Bernstein. Fascicubis primus. Fol.
2 Thlr. 20 Sgr.
S«it einer Reihe von Jahren wurde dem Erscheinen des obigen
Werkes mit Verlangen entgegengesehen. Es ist bekannt (vgl. Zeitschrift
d. deutschen morgenl. Gesellschaft Bd. III. \Si9. S. 385), dafs der Ver-
fasser desselben Ifinger als ein Menscbenalter hindurch Vorarbeiten zu
einem ausführlichen syrischen Wörterbnche gemacht, zu dem Ende alle
gedruckt rorl legenden syrischen Schriften aufmerksam durchgelesen und
sorgf<ig ezcerpirt, Reisen nach England und Italien zur Benutzung der
dortigen Bibliotheken fOr seine Zwecke unternommen und das dem sy-
rischen Lexikographen unentbehrliche syrisch -arabische Wörterbuch des
Bar-Bahlul sich abschriftlich verschafft, sowie Auszüge aus dem des
Bar -Ali gemacht hat
Nach diesen Vorbereitungen wurde ihm durch v. Frfihn's Vermit-
telung die Vergünstigung zu Theil, aus Lorsbach^s Vorarbeiten zu einem
syrischen Wörterbuche, welche dieser Gelehrte seinem Handexemplare
von Castelli- Michaelis Lezicon beigeschrieben und welche sich in dem
RomSnzoiTschett Museum zu St. Petersburg befinden, mit Allerhöchster
Erlaubnifs Sr. Majestät des verewigten Kaisers Nikolaus auf knrze Zeit
zur Durchsicht und Benutzung zugesandt zu erhalten. Zu gleichem
Zwecke wurde ihm auch Arnoldi'^s Handexemplar des Castelli -Michael,
syrischen Wörterbuches, welchem der Besitzer Zusätze und Berichtigun-
gen beigefügt hat nnd welches Eigentbum der Universit&ts- Bibliothek
in Marburg geworden ist, durcn die Güte des Herrn Bibliothekars mitp
getheilt.
28 Finnisch -Urtarische Sprachen.
AU nun diese reichen Materialien beisammen waren und der Ver-
fasser Tor acht Jahren an die Ausarbeitung des Werkes ging, schuf er
im Verein mit dem verstorbenen schwedischen Professor Tallberg and
•einerseits in der Absicht, aie für das Lexicon zo benutzen, eine n^ae
syrische Schrift, mit welcher auch die Breslauer Universität« • Bach-
druckerei durch die Liberalität des Herrn Ministers v. Raumer £xceUenz
versehen worden ist und welche dem Werke nicht nur zur besooderen
Zierde gereicht, sondern auch den grofsen Gewinn gewahrt, dafs es an-
ter den Augen des Verfassers gedruckt und der Druck von ihm selbst
fiberwacht werden kann.
Wir haben die Ausgabe des Werkes in Heften beschlossen, um den
Orientalisten stets möglichst schnell die vollendeten Abtheilungen des-
selben zur Benutzung zu übergeben. Hefte von 18 — 20 Bogen werden
in möglichst kurzen Zwischenräumen dem gegenwärtigen folgen.
Zum Schlüsse unserer Ankündigung erlauben wir uns auf die Worte
hinzuweisen, welche einer der ersten Kenner der sjrischen Sprache,
Herr Professor Dr. Rödiger in Halle, nach der Einsicht in die ersten
Bogen dieses Werkes über dasselbe (Zeitschrift der deutschen morgenL
Gesellschaft Bd. IX. IS5ö. S. 760) ausgesprochen hat:
„Uraa Ich t«b Bemsieln's Syrischem Leilkcn cesehen habe, ent-
„■prlcht T^llsitodiv den h«hen Erwariangeu, 4%m wir d«v«u hef:tcB.
„Es Ist die reire rrocht Jahrelangen tmermadllchen FlelAes, der um-
„■Ichilgsten und sergfllltlcaien Benntsunc eines reichen handschrlfi-
„llchen Materials, der anscedehntesten Lectllre ifnd einer muater-
„hafVcn Akribie, ein Werk, auf welche* die deutsche WlaseDsehafl
„Siels sein wird.« *
£• Finnisch-taxtaxische Sprachen.
Ueber die Sprache and Schrift der tJig^en von Julius
Klaproth. Mit einer Kupfertafel und einer Vignette.
(Nur in zweihundert Exemplaren gedruckt.) fol. Vergl.
über dieselbe S. 31- unter Verzeichnifs.
Diese Abhandlung ist von einer älteren unter demselben Titel er-
schienenen desselben Verfassers zu unterscheiden. Hier werden aus
einem uigurisch- chinesischen Vocabular, welches ans dem kaiserlichen
UebersetKungsinstitute zu Peking stammt und jetst in der Bibliothek xu
Malayisch-polynesische Sprachen. 29
Paris sich befindet, die in ihm enthaltenen achthnndert niguriachen Wör-
ter mitgetheilt und mit den entsprechenden anderer türkisch-tartarischer
Dialecte zasammengestellt AaCserdem werden drei nigurische Schreiben
an die chinesischen Kaiser der Dynastie Ming als Sprachprobe gegeben.
Hierauf folgt die aus Abulgasi und besonders den chinesischen Schrift-
stellern geschöpfte, theilweise durch europäische Zeugniste bestätigte
Geschichte der Uignren, welche die. einstige Macht dieses Stammes nnd
übereinstimmend mit der Sprache seinen türkischen Ursprung und seine
Verschiedenheit von den Tanguten beweist Die uigurischc Schrift ist
eine Tochter der syrischen und Mutter der mongolischen, kalmückischen
und mandschurischen, wie sowohl die Form der Buchstaben selbst, als
auch einheimische Schriftsteller lehren.
Das Zahlwort in der tschndischen Spraohdasse, wie
auch im Türkischen, Tungusischen und Mongolischen von
Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Akade-
mie a. d. J. 1853. 1853. gr. 4. geh. 15 Sgr.
F. Malayisch-polynesische Sprachen.
Heber die Kawi- Sprache auf der InselJava, nebst einer
Einleitung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprach-
baues und ihren Einflufs auf die geistige Entwicklung des
Menschengeschlechts von Wi Ihelra vonHumboIdt Drei
Bände. 1836. gr. 4. 18 Thk. 15 Sgr.
Der erste Band dieses Werkes enth< aufser der Einleitung, Ton'
der die oben aufgefiihrte Schrift ein besonderer Abdruck ist, das erste
Buch : über die Verbindung zwischen Indien und Java. Da die Kawi-
Sprache das Erzeugnifs dieser Verbindung ist, so wird hier gewisser-
mafsen die Entstehung derselben nachgewiesen. Die Verbreitung des
Buddhismus über Java und andere Inseln des östlichen Archipels wird
aus den Ueberresten von Tempeln und BUdwerken, Inschriften und
Sagen, wie auch aus einzelnen Kennzeichen aufs Gründlichste darge-
than. — Das zweite Buch (II. Bd.) enthält die Analyse der Kawi-Sprache.
I^ach einigen Notizen über die Literatur nnd die Hülfsmittel zur Erfor-
äO Malayiflch-polyiiMisclM ^Hmehen.
•chnng deraelben wird Um graaimaligGhe Fonn, wie sie sich ans der
behatflamsteii Betrachtmig der Texte ergab, datgesiellt, lun die ^atur der-
selben ta bestimmeii und sa zeigen and mit Beweisen so belegen, wie
sie in dem Kreise der Sprachen, cn welchen sie zn redinen iBt, daaai-
ficirt werden mnfs. — Dies nöthigte den Yeriasser im dritten Bnciie
snf den malsjischen Spraohstamm überhaupt einzugehen. Nach der ali-
gemeinen Charaoterisinuig und Eintheilung desseLben weiden gueiat die
einzelnen Sprachen des westlichen Zweiges mit dem beksnnten feinen
Takt des Verfassers för Auffassung eigenthümlicher Gestaltungen Tor^
geführt. —
Der dritte Band umfafst die Sprachen der Südsee-Inseln, den andern
Zweig des malayisdien Stammes. Diese leider ron Humboldt nicht voll-
endeto Arbeit hat ihre Ergänzung durch einen jüngeren, auf dem Gebiete
der Sprachwissenschaft rühmlichst bekannten Gelehrten, Herrn Professor
BuichmanUf erhalten, welcher in umfassendster Weise nidit nnr die
Sprachen der Südsee-Insein unter sich, sondern auch diese mit dem oben
erwähnten westlichen Zweige, den im engem Sinne malayisch genannten
Sprachen, Terglichen hat.
üeber die Verwandttehaft der malayisch-polynesischen
mit den indisch-europäischen Sprachen von Franz Bopp.
1841. gr. 4. 2 Thb-. 20 Sgr.
Der berühmte Verfasser führt in dieser Abhandlung den Beweis, dafs
der maiayisch-polynesisohe Sprachsweig ein Abkömmling des Sanskrit-Stam-
mes ist, dafs er zu demselben in einem tochterlichen Verhältnisse steht^ wäh-
rend die meisten europäischen Sprachklassen dem Sanskrit schwesterlich
die Hand reichen, £s wird die Annahme gerechtfertigt, dafs das Sans-
krit, und zwar zu einer Zeit, wo es in noch ursprünglicherem Zustande,
als in welchem es uns bekannt ist, sich befand, und viel durchgreifender
und gewaltsamer als das Lateinische in die romanischen Spradien, in
die malayisch-poljrnesischen sich aufgelöst habe. Letztere sind nur
Trümmer eines yerfallenen Sprachorganismus, sie sind aus der gram-
matischen Bahn, in der sich ihre Muttersprache bewegt hat, herans-
getreten. Die Untersuchung kann sich darum hier nidkt mit der Gram-
matik beschäftigen, sondern es werden Wörter ans allen Redetheiien
mit Sanskritwörtem yerglichen, und ihre auffallende Aehnlichkeit mit
denselben bestätigt die obige Ansicht.
Chinesisch und Hinterindisch. 31
Q. Chinesisch und Hinterindisch,
Vocabalarium Sinicnm concinnavit Gnilelmus Schott«
1844. gr. 4. geh. 1 TUr. 10 Sgr.
Znr Beorteiiimg der annamitisohen Schrift und Sprache
Ton Wilhelm Schott. Aus den Abhandlungen der Kö-
niglichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1855.
gr. 4. geh. 8 Sgr.
Die Abbandinng stellt die Eigenthömlichkeiten der annamitisohen
Schrift und Sprache dar, und zwar die letstere in den Lauten der gram*
malischen. Construction , im Gegensatz zur chinesischen. Ein Anhang
erklärt die Namen Annam, Tnog-Kingl (Tonquin) und Gonchinchina.
▼erseichniss der Chinesischen und Mandschuischen Bü-
cher und Handschriften der König!. Bibliothek zu Berlin.
Verfafst von JuliusKlaproth. Herausgegeben auf Befehl
Seiner Majestät des Königs von Preufsen. Paris 1822.
gr. fol. (188 pp. u. Vni.) Angehängt ist eine Abhand-
lung: Ueber die Sprache und Schrift derUiguren. (68 pp.)'
Mit einer Kupfertafel und einer Vignette. (Nur in zwei«
hundert Exemplaren gedruckt.) Vergl. über dieselbe S. 28.
d. V. fol. IGThlr. 15 Sgr.
Chmesische Sprachlehre von Wilhelm Schott. Zum
Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstunterweisung.
1857. gr. 4. geh. 2 Thlr. 20 Sgr.
32 Amerikaiiische Sprachen.
E. Amerikanische Sprachen.
üeb«r die Aitekisehen Ortsnamen von Job. Carl Ed.
Buschmann. Erste Abtheilung. [Besondrer Abdruck aus
den Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin aus dem Jahre 1852.] 1853. gr. 4.
geh. 2 Thlr.
Inhalt: I. Einleitung. II. Aztlan und die azCeki«che Sprache.
III. Merkwürdigkeiten der mexikanischen Sprache. IV. Hieroglyphiache
GemÜlde. V. Einwanderung tou Norden. VI. Wanderungen and älteste
Geschichte. VII. Verbreitung aztekischer Ortsnamen im Allgemeinen
und im nördlichen Mezicol VIII. Guatemala. IX. Nicaragua. X. Gua-
temala (Schlnfs). XI. W^iederkehr der Ortsnamen.
I>er athapaakische Sprachstamm dargestellt von Joh.
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
König!. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855. 1856.
gr. 4. cart. 2 Thlr.
Die Sprachen Kizh und Vetela von Nen-Califomien von
Joh. Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
König]. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1855.
1856. gr. 4. geh. 12 Sgr.
Die Pimasprache und die Sprache der Koloschen von Joh.
Carl Ed. Buschmann. Aus den Abhandlungen der
Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1856.
1857. gr, 4. cart 1 Thhr.
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