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Full text of "Zeitschrift für Bücherfreunde"

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ZEITSCHRIFT  FÜR  BÜCHERFREUNDE 


ZEITSCHRIFT 

FÜR 

BÜCHERFREUNDE 

ORGAN  DER  GESELLSCHAFT  DER  BIBLIOPHILEN 

BEGRÜNDET  VON  FEDOR  VON  ZOBELTITZ 

NEUE  FOLGE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

CARL  SCHÜDDEKOPF  und  GEORG  WITKOWSKI 


ERSTER  JAHRGANG 
ERSTE  HÄLFTE 


VERLAG  UND  DRUCK  VON  W.  DRUGULIN  IN  LEIPZIG 

1909 


Inhaltsverzeichnis. 

I.  Hauptblatt. 

Seite 

Blümml,  E.  K.:  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  Uhlands 

als  Volksliedforscher . 209 

Cf.:  Exlibris  von  Walter  Schiller.  Mit  7  Abbildungen . 216 

Deneke,  Otto:  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Goeschen  1787 — 1790 . 161 

Fgl.r  Eine  neue  Eichendorffausgabe .  40 

Häbler,  Konrad:  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts . 136 

Hennig,  Paul:  Biedermeier- Wünsche.  Mit  14  Abbildungen  auf  4  Tafeln  und  im  Text  .  33 

—  —  Griechische  und  lateinische  Klassiker,  nach  den  Handschriften  photographiert. 

Mit  2  Abbildungen . 145 

Hirschberg,  Leopold:  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe.  Mit  5  Ab¬ 
bildungen  . 183 

Ihringer,  Bernhard:  Quirinus  Kuhlmann.  Mit  einer  Abbildung . 179 

Kekule  von  Stradonitz,  Stephan:  Über  Zeitungsmuseen . 1 

Löffler,  Klemens:  Papst  Nikolaus  V.  als  Bücherfreund  . 174 

Luther,  Johannes:  Zwitterdrucke  der  Reformationszeit . 109 

Lux,  Josef  August:  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß . 152 

Mägr,  Anton  Stanislav:  Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun.  Mit  7  Abbildungen  ...  36 

Mayer,  Friedrich  Arnold:  Ein  Stammbuchblatt  von  Iffland.  Mit  einer  Abbildung  ....  208 

Milcke,  F.:  Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts.  Mit  2  Ab¬ 
bildungen  .  18 

Minde-Pouet,  Georg,  und  Schmidt,  Erich:  Abwehr . 220 

Minor,  Jacob:  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur.  Ein  bibliographischer  Versuch  .  64 

Pudor,  Heinrich:  Das  Papier  als  kunstgewerbliches  Material . 217 

—  —  Die  Raumlehre  im  Buchdruck .  24 

Sachs,  Hans:  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung.  Mit  3  Abbildungen  und 

5  Tafeln .  73 

Saß,  Johann:  Eine  seltene  Ausgabe  von  „Hermann  und  Dorothea“ . 221 

Schiller,  Walter:  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag.  Mit  16  Abbildungen  .  .  41 

Schleinitz,  Freiherr  Otto  von:  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache . 203 


VI 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Schmidt,  Fritz:  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes .  26 

Schneider,  Karl:  Die  Bibliothek  Petrarcas  und  ihre  Schicksale . 157 

—  —  Ein  Kupferstichdieb  des  XVIII.  Jahrhunderts . 222 

Schulz,  Hans:  Adam  Weishaupt.  Mit  einer  Abbildung . 194 

Schulz-Besser,  Ernst:  Das  Ahnenkreuz.  Ein  unbekanntes  Jugendwerk  Adolph  Menzels. 

Mit  einer  Abbildung . 150 

Seile,  Friedrich:  Deutsche  Buchkünstler  der  Gegenwart.  I.  Hugo  Steiner- Prag.  Mit 

2  Beilagen  und  44  Abbildungen .  81 

Steiner,  Emanuel:  Zur  Technik  des  Goldschnittes  . 115 

Volkmann,  Ludwig:  Musikalische  Bibliophilie.  Mit  18  Abbildungen  und  einer  Tafel  ...  12 1 

Westheim,  Paul:  Wir  brauchen  Illustratoren . 160 

Zaretzki,  Otto:  Eine  unbekannte  deutsche  Ausgabe  der  Horae  B.  M.V  aus  dem  XV.  Jahr¬ 
hundert.  Mit  einer  Abbildung .  22 


Beilagen. 

Biedermeier -Wünsche,  4  Tafeln  mit  8  Nachbildungen . 8,  16,  24,  36 

Bröker,  Wilhelm:  Flachland  (Dreifarbendruck) .  32 

Eine  Tafel  in  Vierfarbendruck  und  4  Tafeln  aufgeklebte  Originalbuntpapiere  zu  Sachs,  Moderne  Bunt¬ 
papiere  . 41,  48,  56,  64,  72 

Eine  dreifarbige  Tafel  zu  Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie . 128 

Zwei  Tafeln  zu  Seile,  Hugo  Steiner-Prag . . . 88,  104 

Ein  Kupferstich- Faksimile  zu  Schulz,  Adam  Weishaupt . 196 


II.  Beiblatt. 


Von  den 

Seite 

Amsler  und  Ruthardt-Berlin,  22. — 24.  April  .  .  .  Mai  2 

Ernst  Carlebach-Heidelberg . Juni  4 

Christie-London,  7. — 14.  Juni . Juli  2 

Karl  Groß,  Nachfolger-Heidelberg,  27.  April  bis  i.Mai. 

April  4 

J.  Halle-München,  15. — 18.  Juni . Mai  3 

Richard  Härtel-Dresden,  23. — 24.  April  ....  April  3 

—  —  — ,  im  Mai . April  4 

„Index  to  Book-Prices  Current“  für  die  Jahre  1897 — 

I9°6  .  . . August- September  3 

Leo  Liepmannssohn-Berlin,  21. — 22.  Mai . Juni  2 

Max  Perl-Berlin,  8. — 10.  März 

—  —  — -  7. — 8.  Mai 


Auktionen. 

Seite 

Sardous  Bibliothek-Paris' . Juni  4 

Sotheby-London,  18. — 19.  Februar . April  3 

—  —  22. — 23.  Februar  . April  3 

—  —  Ende  Februar . Mai  2 

—  —  18.  März . Mai  2 

—  —  19.  März . April  3 

—  —  29.  März . Mai  3 

—  —  6.  Mai . Juni  3 

—  —  23. — 24.  Mai . Juni  3 

—  —  14.  Juli . August-September  2 

Sotheby,  Wilkinson  &  Hodge,  Auktionskatalog  von 

1885 — 1909  . August- September  2 


Oswald  Weigel-Leipzig,  Anfang  Mai . April  4 


April  2 
April  4 


Neue  Bücher  und  Bilder. 

Boccaccio,  de  casibus  illustrium  virorum.  Französische  »Die  sechzehnte  Ehefreude“  bei  R.  Ludwig -Wien.  April  9 

Bearbeitung.  (J.  Rosenthal- München)  .  .  .  April  8  Fr.  Blei,  „Die  Puderquaste“  bei  H.v.  Weber- München.  April  10 

Hyperion,  herausgegeben  von  Fr.  Blei,  II.  Jahrgang  (bei  E.  Wasserzieher,  „Briefe  deutscher  Frauen“  bei  Ehler- 

H.  v.  Weber-München)  . April  8  mann-Dresden  .  • . April  II 


Inhaltsverzeichnis. 


VII 


Seite 

Rieh.  Zoozmann:  „Dante  in  Deutschland“,  Bibliographie. 

April  ii 

„Magister  Laukhards  Leben  und  Schicksale“  .  .  April  12 
„Taschenbuch  des  Bücherfreundes  für  1909“,  heraus¬ 
gegeben  von  G.  A.  E.  Bogeng . Mai  7 

Peter  Schöffers  Liederbuch,  Ausgabe  der  Gesellschaft 

Münchener  Bibliophilen . Mai  8 

Aus  dem  Frankfurter  Goethe-Museum.  I.  Bildwerke.  Mai  8 
Meyers  kleines  Konversationslexikon.  5.  Band  (N-Sch.) 

Mai  9 

Helmolt,  Weltgeschichte,  Band  IX . Mai  9 

„Die  Bücher  der  Bibel“,  herausgegeben  von  Rahlwes 

Mai  9 

Deutsche  Shakespeare  -  Ausgabe,  herausgegeben  von 

Friedrich  Gundolf . Mai  10 

Prätorius,  Exlibris-Werk  und  Illustration  zuLuckas  Roman : 

„Isolde  Weißhand“ . Mai  10 

Scarrons  Komödiantenroman,  Übersetzung  von  Fr.  Blei. 

Juni  8 

Fouques  Werke,  herausgegeben  von  Walther  Ziesemer.  Juni  8 
Die  Mode  im  XIX.  Jahrhundert,  Band  I  (1790 — 1817) 

und  Band  III  (1843 — 1870)  Juni  8 

„Notes  from  a  Painters  Life“,  by  C.  C.  Halle  .  .  Juni  9 
Goethes  Briefe  an  Philipp  Seidel,  2.  Auflage1  .  .  Juni  10 

Faksimile -Drucke  alter  Meister  . Juni  10 

Hermann  Müller-Bohn,  die  deutschen  Befreiungskriege. 

Juni  1 1 

Dr.  Martin  Luthers  erste  deutsche  Auslegung  des  Vater¬ 
unsers  von  1518,  Faksimiledruck . Juni  II 

„Vom  Christlichen  abschied  aus  diesem  tödlichen  leben 
des  Ehrwürdigen  Herrn  D.  Martini  Lutheri  (1546)“, 

Faksimile . Juni  II 

„Manuel  de  Bibliographie  biographique  et  d’Icono- 
graphie  des  femmes  c&ebres,  par  un  vieux  Biblio¬ 
phile“  (Ungherini) . Juni  II 


Seite 

Fonk,  „Die  Parabeln  des  Herrn  im  Evangelium  exe¬ 
getisch  und  praktisch  erläutert“,  dritte  Auflage. 

Juli  12 

„Hohenzollem- Jahrbuch“,  XII.  Jahrgang  ....  Juli  13 
Salzer,  Illustrierte  Geschichte  der  deutschen  Literatur, 

30.  Lieferung . Juli  7 

Heinses  Werke,  herausgegeben  von  Schüddekopf, 

7.  Band . Juli  7 

Deutsch- Österreichische  Klassiker- Bibliothek,  heraus¬ 
gegeben  von  Rommel . Juli  8 

Briefwechsel  zwischen  Clemens  Brentano  und  Sophie 

Mereau . Juli  8 

Ullstein,  Weltgeschichte:  Mittelalter . Juli  8 

Ebner,  „Magister,  Oberlehrer,  Professoren“  .  .  .  Juli  9 
Klausner,  „Die  Gedichte  der  Bibel“,  2.  und  3.  Auflage. 

Juli  9 

Leisching,  Katalog  der  Sammlung  Lanna-Prag  .  .  Juli  10 

Katalog  der  Bibliothek  Knaake  . Juli  10 

„Original  und  Reproduktion“,  herausgegeben  von  Loose. 

Juli  10 

Birkedal:  „William  Morris  og  hans  Betydning“. 

August-September  10 

Gregg,  Katalog  der  früheren  Shakespeare- Ausgaben. 

August- September  10 

Kersten,  „Der  exakte  Bucheinband“.  August- September  10 

Deutsche  Balzac-Ausgabe  des  Inselverlags,  7.  Band. 

August- September  II 

Festschrift  zum  50jährigen  Bestehen  des  Leipziger 

Künstlervereins . August-September  12 

„Faust,  I.  Teil“;  „Frau  Rat  in  ihren  Briefen“;  „Schillers 

Liebesfrühling“  bei  Amelang  .  August-September  12 

Pohle,  „P.  Angelo  Secchi“,  2.  Auflage. 

August-September  12 


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Kleine  Mitteilungen. 


Caran  d'Ache  (Emanuel  Poird)  f . April  8 

Bücherdiebstahl . April  8 

Angebot  der  Firma  E.  Appelhans  &  Co.  -  Braun¬ 
schweig  . April  8 

„Der  Bibliothekar“,  Monatsschrift  für  Arbeiter-Biblio¬ 
theken  . April  9 

Osw,  Weigel -Leipzig,  Nachtrag  zum  Knaakekatalog. 

April  10 

J.  Scheible  -  Stuttgart,  Antiquariat,  Katalog  .  .  .  April  10 
Diebstahl  einer  Bibelhandschrift  aus  dem  XIII.  Jahr¬ 
hundert  . April  I 

„Nachtwachen  von  Bonaventura“,  Autorschaft.  .  April  II 
Achim  von  Arnims  Werke,  Neudruck  von  Band  IV 

und  XII  der  22  bändigen  Gesamtausgabe  .  .  Mai  II 
Kritische  Gesamtausgabe  der  mittelalterlichen  Hand¬ 
schriftenverzeichnisse  Deutschlands  ....  Mai  II 
Soci6t6  de  rdproduction  des  dessins  de  Maitres  .  Mai  II 
Dante-Ausstellung  in  der  Rylands-Bibliothek  in  Man¬ 
chester  . Mai  II 

Deutscher  Bibliothekartag  am  3.  und  4.  Juni  1909.  Mai  II 
Bibliothek  des  Yildiz-Palastes  in  Konstantinopel  .  Mai  11 

Albert  Langen  f . Mai  1 1 

Ein  unbekanntes  Erzeugnis  des  frühen  Oxforder  Buch¬ 
drucks  . Mai  11 

Beschlagnahmungen . Mai  12 

Diebstahl  eines  Miniatur-Porträts . Mai  12 


Angebot  zur  Ordnung  und  Katalogisierung  von  Samm¬ 
lungen  und  Bibliotheken  ...  • . Mai  12 

Neue  Faustausgabe  bei  E.  Diederichs-Jena  ....  Mai  12 

Friedrich  Ebrard,  Jubiläum . Mai  12 

Moliere- Ausgabe  1773  . * . Mai  12 

„Erste  internationale  Jagdausstellung“  in  Wien  von 

Mai  bis  Oktober  1909 . Juni  12 

Preisausschreiben  des  „Vereins  zur  Verbreitung  guter 

volkstümlicher  Schriften“  . Juni  12 

„Vereeniging  voor  Letterkundigen“-Amsterdam,  Jahres¬ 
versammlung  .  •  ....  Juni  12 

Bibliothek  Niccolö  Anziani-Florenz  . Juni  12 

Darmstaedter,  „Autographen-Sammlung  zur  Geschichte 

der  Wissenschaften“  . Juni  12 

Bibliothek  Moritz  Heyne-Göttingen . Juni  12 

Ed.  Engel  über  Frau  von  Stein . Juni  13 

Ein  nubisches  Manuskript  des  Britischen  Museums 


Bücherverbote  in  Österreich . 

Samuel  Heinicke- Ausstellung  zu  Leipzig  vom  I. 


Gutenberg-Museum  in  Mainz . .  Juli 


Juni 

13 

Juni 

13 

Juni 

14 

“—IO. 

Juli 

IO 

Juli 

11 

Juli 

11 

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Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Ludwig  Traube  (f),  lateinische  und  griechische  Fach¬ 
bibliothek  und  paläographischer  Apparat  .  .  Juli  1 1 
Zwei  Blätter  der  von  Fust  und  Schöffer  in  Mainz  1462 

gedruckten  lateinischen  Bibel . Juli  1 1 

Über  die  Vorgeschichte  des  Volksbuchs  „Eulenspiegel“. 

Juli  12 

Urteil  wegen  Verbreitung  einer  unzüchtigen  Schrift. 

Juli  12 

Montaignes  Bibliothek  (Pierre  Villey).  August-September  13 
Piderit,  „Beyträge  zur  Vertheidigung  und  Erläuterung 
des  Canons  der  Heil.  Schrift  Und  der  Christlichen 
Religion  überhaupt.“  Zweyter  Beytrag  1776. 

August-September  14 

Kopenhagener  Kgl.  Bibliothek,  Permanente  Ausstellung. 

August-September  14 

Zum  Schicksal  der  Baskervilleschen  Typen. 

August-September  16 

Akademie-Preise  . August-September  16 

Jan  Veth,  Aufsatz  in  der  „Kunstchronik“. 

August-September  16 

Ein  Manuskript  Gottfried  Kellers,  Faksimileausgabe. 

August-September  17 
Heinrich  Seidels  Büchersammlung.  August-September  17 
Niederländische  Buchausstellung  in  Amsterdam,  Juni 

1910  August-September  18 


Seite 

Beschlagnahmungen . August-September  18  u.  19 

Urteil  wegen  Verbreitung  einer  unzüchtigen  Schrift. 

August- September  19 

Ausstellung  von  Bucheinbänden  und  Buntpapieren  im 
Prager  Technologischen  Gewerbemuseum 

August-September  19 

Rundschau  der  Presse. 

April  Seite  4;  Mai  Seite  3;  Juni  Seite  4;  Juli  Seite  3; 
August-September  Seite  3. 

Kataloge. 

April  Seite  12;  Mai  Seite  13;  Juni  Seite  15;  Juli 
Seite  14. 

Angebot. 

April  Seite  I ;  Mai  Seite  1 ;  Juni  Seite  I ;  Juli  Seite  I ; 
August-September  Seite  I. 

Nachfrage. 

April  Seite  I;  Mai  Seite  I;  Juni  Seite  I;  Juli  Seite  2; 
August-September  Seite  I. 


N amen  -  Register 

zur 

Zeitschrift  für  Bücherfreunde 

Neue  Folge.  1909/1910 

Band  I. 

Cg' 


Die  kursiv  gedruckten  Zahlen  verweisen  auf  das  Beiblatt. 


A. 


Abdul  Hamid  II,  n. 

Ache,  Caran  d’  I,  8. 

Achelis,  Thomas  II,  9. 

Achleitner,  Arthur  71. 
Adamek-Wien  35. 

Adelaide,  Madame  III,  4. 
Adelung  180. 

Ademar  von  Chabannais  147,  150. 
Adrianus  Valerius  215. 

Aelius  Adrianus  IV,  13. 
Aeschylus  148. 

Aesop  59,  147,  150. 

S.  Afra  22. 

Ahlefeld,  Charlotte  von  IV,  8. 
Albergati  174,  175. 

Albert,  E.  28,  32. 

Albert,  Joseph  31. 

Alberto  Enoche  176. 

Albertus  Magnus  70. 

Aldus  160. 

Alexander  Aphrodiseus  176. 
Alexander  d.  Gr.  44,  180. 
Alexander  II.  (Papst)  IV,  9 
Alfarage  Bada  Alschidda  49. 
Alkuin  III,  14. 

Allon,  W.  150. 

Alpertus  Mettensis  150. 

Alxinger  69, 

Ambrosius  160. 

Amelang,  C.  F.  II,  13;  V,  12. 
Amelung,  Heinz  IV,  8. 
d’  Amfreville  44. 

Amherst,  Lord  II,  3. 

Amman,  Jost  109. 

Amsler  &  Ruthardt  II,  2. 
d’  Andelot  V,  16. 

Andersen,  Anna  V,  10. 
Andersen,  Ch.  V,  10. 

Andersen,  H.  Christ.  59,  85—87, 
89.  92,  ioi,  103,  104,  106;  V,  14. 
Andrea  201. 

Angerer-Wien  31. 

Anicia  Juliana  148. 

Anonymus  Bernensis  119. 
Antonello  da  Messina  III,  11. 

S.  Antonius  91. 

Anziani,  Niccolö  III,  12. 
Aphrodite  64,  65. 

Appelhans  &  Co.  1,  8. 

Apuleius  158. 

Archimedes  65. 

Archytas  65. 

Aretino  /,  2. 

Arezzo,  Guido  von  127. 


Aristides  178. 

Aristophanes  65,  148,  161. 
Aristoteles  42, 175, 176,  178 ;  II,  12. 
Arlequin  58. 

Arndt,  Ernst  Moritz  191;  IV,  14. 
Arnhold  III,  14. 

Arnim,  Achim  von  40,  70;  I,  2; 

II,  11;  IV,  8;  V,  17. 

Arnim,  Bettina  von  35;  I,  11  ; 
IV,  8. 

Arnim,  Hans  von  65. 
Artaria-Wien  35. 

Assemani  177. 

Athanasius  175. 

Athos-Mönchen,  Paul  V,  14. 
August  von  Sachsen-Gotha  197. 
S.  Augustinus  22,  148,  159,  174, 
175.'  177- 

Aulnois,  Madame  d  42. 
Aurifaber,  Joh.  III,  11. 
Auvergne,  Jacques  d’  44. 
Averroes  175. 

Avicenna  55,  175. 


B. 

Baggesen,  Jens  198;  V,  14. 
Bach,  J.  194. 

Bach,  Joh-  Seb.  III,  2. 
Bachem,  J.  P.  222, 
Bachenschwanz  /,  12. 
Bachmann  III,  2. 

Baedecker  209. 

Baensch,  de  IV,  13. 

Baer  &  Co.  II,  3. 

Baif  V,  13, 

Bakes  II,  3. 

Baldelli  157. 

Baldini,  B.  II,  11. 
Baldovinetti,  Alessio  208. 
Balke,  Franz  III,  12. 

Balzac  I,  2;  V,  11. 
Barbaro,  Francesco  158. 
Bard,  Julius  38. 

Bardua,  Karolina  II,  9. 
Bargum,  G.  V,  15 
Barth  (Mystiker)  180. 
Barth-Leipzig  84. 

Barthold,  F.  W.  2. 
Bartholome  74. 

Barthut  181. 

Bartsch  35. 

Basedow  40, 

Basilius  175,  178. 
Baskerville,  John  V,  15. 


Bassi,  Andrea  de  V,  2. 

Bayly,  William  IV,  2. 
Baudissin  II,  10. 

Baudius  III,  2. 

Bauernfeld,  Eduard  von  34. 
Bayros,  Franz  von  /,  10. 

S.  Bazile  62. 

Beatrice  /,  11. 

Beauloy,  Henry  IV,  2. 
Beaumarchai  V,  15. 

Beccadelli  177. 

Beck  210, 

Beck,  K.  IV,  8. 

Becker,  Phil.  Aug.  40. 
Beethoven,  Ludwig  van  III,  2. 
Behrens,  Lilli  40/41,  48/49,  79. 
Behrens,  Peter  73,  79. 

Beil  210. 

Beitel,  Karl  77. 

Belani  71. 

Bellay,  du  V,  13 
Bellerophon  64. 

Bellmann,  Karl  IV,  10. 

Benda  66. 

S.  Benedict  22. 

Benintendi  157,  158. 
Bensserade  59. 

Benz,  Richard  60. 

Berger,  A.  von  71. 

Berger,  E.  117,  118. 

Bergerac,  Cyrano  von  65. 
Bergler,  35. 

Bergomensis,  J.  P.  IV,  2. 
Berlit,  Georg  V,  12. 
Bermann-Wien  35. 

Berneke,  Gustav  von  193. 
Bernhard  175. 

Bernhart,  Joh.  Bapt.  137. 
Bernsteen,  Simon  V,  10, 
Bernsteen,  Valborg  V,  10. 
Bernus,  Alex,  von  I,  4. 

Berri,  Herzog  von  IV,  2. 
Berthold  (Musiker)  III,  2. 
Bertuch  162,  165,  170. 
Bessarion  177,  178. 

Bethe,  E.  148,  150. 

Bidpai  62, 

Bierbaum,  Otto  Julius  80. 
Birkedal,  UfFe  V,  10. 

Fürst  Bismarck  III,  2,  9. 
Bismarck,  Graf  von  I,  4. 
Björnbo,  A.  A.  V,  15. 

Blaen,  Willem  Jansz.  V,  15. 
Blaimhofer,  Maximilian  68. 
Blair,  David  IV,  3. 

Blake,  William  ///,  3. 
Blanchard  66,  67. 


Blei,  Franz  37;  III,  8;  V,  17. 
Blum,  Hans  71. 

Blum,  Max  III,  12. 

Blum,  Rob.  III,  2. 

Blumauer  69. 

Blümml,  E.  K  211 — 217. 
Boccaccio  38,  59,  158,  159;  I,  8; 

IV,  2;  V,  13. 

Böcklin  74. 

Bode,  Wilhelm  III,  10 ;  V,  16. 
Bodemann  140. 

Bodenstedt  100. 

Bodmer,  J.  J.  65. 

Bodoni  IV,  2. 

Boethius  175. 

Bogeng,  G,  A.  E.  II,  7,  8. 
Bohatta,  H.  22. 

Bohle  74. 

Böhme,  F.  M.  213,  214. 

Böhme,  Jacob  180,  182. 

Böhmer,  A.  II,  11. 

Bohse,  August  60. 
Boileau-Despreaux  42;  IV,  2 
Boltz  von  Rufach  116,  119. 
Bonaparte,  Louis  IV,  3. 
Bonaventura  160  ;  I,  it. 

Bondi,  Georg  II,  10. 

Bong  &  Co.  III,  8. 

S.  Bonifacius  22. 

Bork  IV,  14. 

Bormann  193. 

Bornowsky,  Theodor  191. 
Borromeo,  F.  159. 

Böttger,  Adolf  193. 

Botticelli  II,  3,  11. 

Bouterweck,  Fr.  69. 

Bradshaw,  Henry  136,  137,  139. 
Brahms,  Joh.  III,  2. 

Braid,  James  208. 

Bramantes  II,  2. 

S.  Brandanus  22. 

Brandenburg,  Hans  70. 

Brassano,  Francesco  da  160. 
Bratring,  Fr.  W.  Aug.  69. 

Braun,  Placidus  137 — 139. 

Brehn,  Max  v.  III,  9. 

Breitkopf,  Christoph  Gottlob  133, 
135. 

Breitkopf,  Joh.  Gottlob  Immanuel 
129. 

Breitkopf  &  Härtel  131,  *33» 

13S  >  V,  12. 

Bremen,  Adam  von  V,  14. 
Brentano,  Clemens  von  40,  70; 

I,  2;  IV,  8;  V,  17. 

Brentano,  Sophie  von  I,  2. 
Bretzner,  Chr.  Fr.  68. 


II 


Namenregister.  Band  I. 


Breughel,  Pieter  III,  io. 

Breuil  /,  8. 

Bridport,  Graf  III,  3. 

Brigida  Willibrordus  22,  23. 
Bröker,  W.  W.  32,  32/33. 
Browning,  III,  9,  xo. 
Bruckmann-Dresden  35. 
Bruckmann,  F.  (A.  G.)  III,  9. 
Brückner  66. 

Brückner,  A.  (Historiker)  IV,  8. 
Brueninghaus,  Meta  105,  108. 
Brugmanns,  P.  A.  215. 

Bruhns  67. 

Brunelleschi  208. 

Brunet  I,  4. 

Brunsvig  59. 

Bube,  Wilh.  III,  12. 

Bucholz  67. 

Buddha  222 
Budge  III,  13. 

Bülow,  Gabriele  von  207. 
Burger,  Fritz  72 

Bürger,  Gottfr.  August  210 ;  I,  2; 
V,  12. 

Burger,  Konrad  138,  141,  142. 
Burgmaier  II,  2. 

Burkhardt,  C.  A.  H.  III,  10. 
Burleigh  II,  12. 

Burne-Jones  III,  9,  10. 

Burns,  Robert  I,  3  ;  II,  3  ;  IV,  3. 
Burton  53 

Busch-du-Fallois  Söhne  79. 
Büsing  70. 

Busoni,  Ferruggio  131,  135. 
Byron  IV,  3. 


c. 

Caesar  44. 

Cagliostro  194. 

Cailhava,  de  59 
Calvary  &  Co.  IV,  9. 

Calvo,  Fabio  II,  2. 

Campanella  65. 

Campbel  136,  137. 
Campe-Nürnberg  35. 

Canova  III,  9. 

Canzoniere  159,  160. 

Cardonne  61 — 63, 

Carl  IV.  IV,  9.  j 
Carlebach,  Ernst  III,  4. 
Carlstadt,  Andreas  Bodenstein 
von  X13,  114. 

Carrara,  Francesco  da  158,  159. 
Casanova  2;  I,  2. 

Castagno,  Andrea  del  208, 
Castiglione  V,  13. 

Catullus  160. 

Cavallo,  T.  66. 

Caxton,  William  II,  2. 

Caylus  61,  62,  63. 

Cazotte ,  Jean  Jaque  43,  61,  62. 
Celius,  Michael  III,  11. 

Celsus  175, 

Cennini  116,  119. 

Chamisso  ,  Adalbert  von  183, 
185,  188,  193,  I,  2. 

Charles  66,  67. 

Charvis  61. 

Chaucer  /,  3;  V,  2. 

Chavis,  Dom  Denis  62. 
Chodowiecki  40,  161,  164;  I,  4. 
Choffard  50,  61. 

Chopin  III,  2. 

Christian  II.  v.  Dänem.  V.  I4. 
Christian  III.  v.  Dänem.  V,  14. 
Christin  181. 

Chrysostomus  175,  178. 

Cicero  159 ;  III,  3. 

Claudin  139-141,  143,  145. 
Clauren  71. 

Cobden-Sanderson  152. 

Cobet  148. 

Cockerell  152. 

Coelde,  Dietrich  23. 

Colbert  44. 

Colchester,  Bischof  von  II,  2. 
Coligny,  Familie  V,  16. 
Collignon,  Jules  53.  54,  56,  57,  63 
Collijn,  Isak  144,  145. 

Colnaghi,  Martin  111,  10. 
Colombine  58. 

S.  Columba  23. 

S.  Columban  IV,  9. 

Columnas,  Francisco  de  V,  2. 
Colvin,  Sidney  207,  208. 
Comparetti,  Dom.  150. 

Congreve  209. 

Constable  208 
Constantin  180. 

Cook  IV,  2 


Cordara,  G.  Ces.  66. 

Corydale  III,  3. 

Cossel,  Luisa  von  209. 

Cotta  58. 

Coup,  Pierre  de  57 

Cranack,  Lukas  II,  3 ;  III,  10. 

Crane,  Walter,  V,  10, 

Cuppy,  Henry  II,  11. 

Cyrus  180. 

Cziak  68. 


D. 

Dädalus  65,  67,  70. 

Dahn,  Felix  192. 

Dalberg,  K.  Theod.  Ant.  M.  von 
201,  203 — 203. 

Dalberg,  Wolfg.  Heribert  von  204. 
Daniel  180. 

Dannecker  II,  9. 

Dante-Alüghieri  160 ;  /,  1 1 ;  ///,  3. 
Darmstacdter,  Ludw.  III,  12,  14. 
David  180;  IV,  9. 

David  I.  I.  IV,  8. 

Debschitz  87. 

Debucourt  IV,  2. 

Decazes  43. 

Dedicus,  Johannes  II,  12, 
DefFinger  II,  12. 

Deloe,  D.  III,  3. 

Degen  69,  70. 

Dehmel,  Rieh.  72,  98,  99. 
Deinhardstein  IV,  8. 

Delff,  W.  I.  V,  16, 

Delvaux  61. 

Demosthenes  176,  178. 

Deneke,  Otto  161  —  173. 

Denis  69. 

Derkinderen  III,  12. 

Desbillon  59. 

Dessauer,  Alois  74,  77. 
Deutrocolles  62. 

Deutschmann  von  Grimmburg, 
Frau  33. 

Deveria,  A.  61. 

Devrient,  Ludw.  V,  17. 

Dickens  85,  87,  102;  V,  2,  14. 
Didot,  Pierre  V,  15. 

Diederichs,  Eugen  37,  81,  89,  97, 
98,  199;  II,  12. 

Dietrich,  Albert  ///,  2. 

Dietter,  Chr.  Lndw.  69. 

Dighton  I,  3. 

Dinarzade  60. 

Dingelstedt,  Fr.  von  191. 
Diogenes  Laertius  175. 

Dionysius  (Pseudoareopagite)  182. 
Disraeli  205. 

Ditfurih,  F.  W.  von  212. 
Dominique  60. 

Donatelio  208. 

Dönniges  191. 

Donville,  F.  de  63. 

Dore  II,  10. 

Dorer-Egloff  173. 

Dorgerloh  151. 

Dormer,  Lord  III,  3. 

Drabitz  180,  181. 

Draebyn  III,  2. 

Drieberg,  von  63, 

Drucker,  A.  206. 

Drugulin,  W.  II,  13, 

Dryden  209. 

Ducos  du  Hauron  31. 

Duff,  Gordon  140. 

Dülberg,  Franz  II,  10. 

Dünn,  George  142. 

Düntzer  III,  13. 

Duquesne  44. 

Duquesnel  43. 

Duytschlender  24. 


E. 

Ebner,  Eduard  IV,  9. 
Ebner-Stuttgart  33. 

Ebrard,  Friedr.  II,  12. 

Eck,  Johann  113. 

Eckhardt,  Gottl.  Wilh.  66. 
Eckmann,  Otto  77 
Egerton,  Fr.  H.  V,  15. 

Eggestein,  Heinrich  137. 
Ehrmann,  Fr.  L.  66. 

Ehrmann,  Theoph.  Fr.  68. 
Eichendorff,  Joseph  von  40,  70, 

187,  193  5  4  2. 

Eichendorff,  Karl  von  40. 

Elias  180. 


Elisa  180. 

Ellinger,  Georg  91. 

Ellis,  William  Ashton  209. 
Elsheimer,  Adam  III,  10. 

Elsner  73. 

D'Elvaux,  48. 

Enea  Sdvio  176. 

Engel,  Eduard  III,  12. 

Engel,  Karl  172. 

Engel,  Leopold  194. 

Engelmann  161,  164. 

Enschede  139. 

Erasmus  von  Rotterdam  150,  180; 
HI,  2. 

Erdmann,  Otto  II,  10. 
Erk-Böhme  217. 

Erler  74. 

Erlichshaustn ,  Konrad  von  176. 
Ernst,  Otto  72. 

Ernst,  Paul  63. 

Ernst-Weimar  II,  ix. 

Ernst  II.  v.  Gotha  194. 

Essee,  Fedor  III,  14. 

Este,  Nicolaus  von  V,  2. 
Ettlinger,  Carl  II,  12. 

Ettmüller,  Ludwig  213. 

Eugen.  Prinz  I,  3. 

Eugen  IV.  (Papst)  175. 

Euklid  33,  173. 

Eusebius  175. 

van  Eyk  ii6j  III,  10. 

Eyth,  Max  72. 

Ezechiel  64. 


F. 

Farinata  /,  ix. 

Farrukhnaz  46,  51,  52,  56. 

Faujas  de  St.  Fond  66. 
Fechenbach ,  Karl  Freiherr  von 
10. 

Fechner,  M.  Joh.  179. 
Fehrenberg  214. 
leige,  Emilie  13t. 

Felder,  Fr.  M.  IV,  8. 

Feldmaier,  Joseph  197. 

Feldmann,  W.  73. 

Fichte,  Joh.  Gottl.  I,  12. 

Figdor,  Albert  (Wien)  33. 
Finiguerra,  Maso  207,  208. 
Fischart  216. 

Fischei,  O.  III,  9. 

Fischer  (Kupferstecher)  35. 
Fischer,  H.  211. 

Fischer,  Kuno  III,  4. 

Fischer,  S. -Berlin  II,  10. 

Fischer,  Th.  37. 

Fischer  &  Franke  III,  10,  11. 
Fitchner  206. 

Flammarion<  C.  71. 
Fleischel-Be’rlin  72. 

S.  Florian  22. 

Florio  V,  2. 

Flower,  R,  V,  15. 

Flügel  48. 

Fonck,  L.  IV,  12. 

Fontane.  Theodor  183,  186,  189, 
192 ;  /.  2. 

Forckenbeck,  Oskar  von  9,  10. 
Foucquet,  Jean  I,  8. 

Fouque  70;  III,  8. 

Francesca  da  Rimini  I,  11. 
Franke  15. 

Frankfurter,  Rieh.  O.  72. 

Franz  I.  v.  Frankr  ///,  3;  IV,  3. 
Fränzl,  Ferdinand  68. 

Franzos,  K.  E.  214. 

Fred,  W.  33. 

Fregosi  158. 

Freiligrath,  Ferdinand  183,  214. 
Frey,  Adolf  V,  16. 

Frey  tag,  Gustav  97,  III,  10. 
Friedensburg,  W.  IV,  8. 
Friedländer,  Ludwig  209. 
Friedländer,  Max  III,  10. 
Friedmann,  Oskar  72. 

Friedr.  Christian  von  Schleswig- 
Holstein  197 — 205. 

Friedr.  von  Sachsen- Weimar///,  2. 
Frtedr.  /.  (König)  IV,  13,  14. 
Friedrich  der  Gr.  /,  3;  III,  4  ; 
V,  14. 

Friedr.  Wilh.  der  gr.  Kurfürst 
III,  2 ;  IV,  13. 

Friedrich  Wilh.  II.  IV,  13. 

Friedr.  Wilhelm  III.  207. 

Friedr.  Wilh.  IV.  207  ;  IV,  14. 
Friedrich,  Woldemar  III,  11. 
Frisch-Berlin  31. 

Fritzsch,  Th  40. 


Froebel  206. 

Fuchs  40/41. 
Fuhrmann,  Otto  72. 
Fulda  67. 

Fust  IV,  11. 

Fyner,  Konrad  137. 


G. 

Gädertz,  K.  Th.  71. 

Gabler  190. 

Gatnsborough  208 ;  I,  3. 
Gaismaier  70,  71. 

Galenes  148. 

Galland  41—44,  49.  53,  35.  57, 
61. 

Garrik  IV.  2. 
le  Gascon  37. 

Gcibel,  Emanuel  183.  186,  192. 
Geiger- Augsburg  35. 

Geiger,  K.  //,  11. 

Geiger.  Willy  74. 

St.  Gelais,  Mcllin  de  159. 

Gelber,  Adolf 

Geliert,  Chr.  Fürchtegott  59. 
Gellius,  Aulus  160. 

Gemmingen  09. 

George,  Stefan  II,  10. 

S.  Gereon  23. 

Geyscr  164. 

Ghenett,  de  43,  61. 

Gianozzo  70 

Giesecke  &  Devrient  IV,  13. 
Gildemeister,  Frau  54. 

Gillray  /,  3. 

Gilm,  H.  von  IV,  8. 

Ginzkey,  Karl  Franz  72. 
Gladstone  I/I,  9,  10. 

Gleim,  Joh.  Wilh.  Ludw.  /,  21 

IV*  7- 

Gnad,  Milcna  72. 

Göchhausen,  Frl.  von  165; 

III,  10;  IV,  13. 

Godefroy  46,  61. 

Godwin  65. 

Goedecke  68,  71,  162. 

Goethe,  Joh.  Wolfg.  34,  38,  67, 
69.  92.95.98. 133.  »5«.  >61-173. 
191,  194,  206;  I,  2,  12;  II,  8, 
9.  12,  13;  III,  2,  10,  13;  IV,  7  j 
V,  13,  15. 

Goethes  Eltern  (Bild)  II,  9. 
Goethes  Mutter  67:  I,  11  :  //,  g; 
V,  12. 

Goethes  Schwester  II,  9. 

Golden,  Berta  II,  12. 

Görres,  Joseph  III,  13. 

Göschen, Georg  Joachim  161—173. 
Gottfried  v.  Straliburg  IV,  9. 
Gottsched,  Joh.  Christof  I.  2. 
Götz  1,  2. 

Gounod  /,  3. 

Gourmont,  R.  de  38. 

Gozzi  52,  57,  58,  63. 

Graesse  42,  55  ;  I,  4. 

Graham,  G.  F.  II,  3. 

Granier,  Herrn.  IV,  13. 

Gras,  Franz  138. 

Graupe,  Paul  V,  17. 

Green,  Kurt  71. 

Gregg,  Walter  W.  V,  10. 

Gregor  VII.  IV,  9. 

Gregor  IX.  V,  2. 

Gregor  von  Nazianz  175,  176,  178. 
Greif,  Martin  II,  13. 

Greve,  Felix  Paul  63. 

Grieben  209. 

Griesheim,  Philippine  von  /,  11. 
Griffenfeld,  Peter  V,  14. 
Grillparzer,  Franz  57;  I,  2;  IV,  8. 
Grimm,  Alb.  Ludw.  63. 

Grimm,  Jacob  216;  I.  2;  V,  14. 
Grimm,  Richard  V,  12. 

Grimm,  Wilhelm  216;  I,  2;  V,  14. 
Grimm,  Hermann  I\T,  8. 
Grimmelshausen  65,  70. 
Grisebacher  171. 

Gropius,  George  151,  152. 

Gross,  Karl  /,  4. 

Grote-Berlin  82,  88/89,  90—94, 
95,  100,  101. 

Grote-Wansee,  Otto  von  I,  2. 
Grotius  180. 

Gruber-Wien  35. 

Grün,  Anastasius  IV,  8. 
Grunenberg,  Johannes  112. 
Grüninger  142. 

Gruppe,  Otto  Friedr.  183 — 193. 
Gryphius  180. 

Gubitz-ßerlin  35. 


Namenregister.  Band  I. 


III 


Guericke,  Otto  von  IV,  13. 
Gueullette  42,  43. 
Guicciardini  V,  13. 

Guiclet,  Claude  45. 

Guiffrey,  Jean  II,  11. 
Guillerague  44. 

Gulhaar  179,  181. 

Gulliver  63. 

Gundelfinger,  Friedr.  97. 
Günderode  70. 

Gundolf,  Friedr.  II,  xo. 
Gustav  Adolf,  I,  3. 
Gutenberg  IV,  11. 
Gutknecht,  Jobst  114. 
Gutzkow  /,  2. 

Gwinner,  von  III,  14. 

Gyges  III,  2. 


H. 

Haase,  Prag  35. 
Habbel-Regensburg  40. 
Häbertlin,  K.  L.  71. 

Häbler,  Konrad  136—145. 
Häckel  82. 

Hadschi  Chalfa  48, 
Haessel-Leipzig  /,  12 ;  V,  16. 
Hagemann,  Fr.  Gust.  68. 

Hagen,  Fr.  H.  v.  der  58,  61. 
Hain  138. 

Haibon,  L.  M.  49,  61. 

Halle,  C.  C.  III,  9,  10. 
Halle-München,  J.  II,  3- 
Halling.  Karl  216,  217. 

Halm.  Friedrich  IV,  8. 

Ham  182 
Hambök,  J.  32. 

Hamilton,  Lady  /,  3;  II,  2. 
Hammer-Purgstall,  Jos.  von  48, 
49»  55- 

Hanschmann  200. 

Hantzsch,  Victor  II,  9. 

Harden  /,  2. 

Hardouyn  III,  3. 

Harnack,  Adolf  III,  14. 

Harrisse  141. 

Harrwitz,  Max  II,  7. 

Harsdörffer  V,  17. 

Hart,  Julius  I,  12. 

Harte,  Bret  V,  2. 

Härtel,  Richard  I,  3. 

Hartleb,  Herman  V,  17. 
Hartmann,  Moritz  IV,  8. 

Hartwig,  O.  146. 

Harun  al  Raschid  48,  52,  53,  55. 
Haslewood,  William  IV,  3. 
Hauff,  Wilhelm  55,  70. 
Hauptvogel,  M.  69. 

Haydn,  Joseph  IV,  3. 

Haym  209. 

Hebbel,  Friedrich  /,  2;  III,  2. 
Heer,  J.  C.  71. 

Hegel,  G.  W.  F.  206. 

Hegler  Müller  193. 

Hegner,  Jaques  II,  12. 

Heigelin  I,  12. 

Heine,  Heinrich  34;  /,  2;  IV,  10; 
V,  17. 

Heinicke,  Samuel  IV,  10. 
Heinrich  III.  III,  4. 

Heinse,  Wilhelm  I,  2;  IV,  7. 
Heitz  33. 

Heitz-Straßburg  I,  12. 

Hejermanns  72. 

Helmholtz  208,  209. 

Helmolt  II,  9. 

Hemsterhuis  IV,  7. 

Hendriksen,  Fr.  V,  10, 

Henkel  von  Donnersmark  ///,  14. 
Hennig,  Gustav  I,  9. 

Hennig,  Paul  33—36»  145— 150. 
Hennig  Witten  180. 

Henoch  180. 

Hensbroeck,  Boelle  van  140. 
Hentze,  Gudmund  V,  10. 
Heraclius  116,  119. 

Herbelot  41,  43,  47. 

Herder,  Gottfried  194;  I,  12: 

II,  9;  V,  14. 

Herdijk,  Pijancker  150. 
Herlossohn  71. 

Hermes  64. 

Hermogenes  178. 

Herodot  III,  2. 

Heroux,  Bruno  V,  12. 

Hesekiel,  Georg  192,  193. 

Hesse,  Hermann  IV,  9. 

Heuer,  O.  II,  8. 

Heymann,  E.  (Wien)  33. 

Heyne,  Moritz  ///,  12. 


Heyse,  Paul  72,  195. 

Hidber  212,  213. 

Hieber,  Max  128/129. 

Hieronymus  150,  160,  175. 
Hiersemann,  K.  W.  19;  IV,  10. 
Hilarius  175. 

Hilger,  J.  178. 

Hippokrates  55  . 

Hirsch,  Paul  131. 

Hirschberg,  Leopold  183 — 193. 
Hirzel  164;  III,  10. 

Hochdanz,  Emil  64/65,  79. 
Hochstetter  69. 

Hoffmann,  Alois  199,  201. 
Hoffmann,  E.  Th.  A.  38,  90,  91, 
93—96;  I,  2,  12;  V,  17. 
Hoffmann,  Joseph  77. 

Hoffmann,  Oskar,  72. 

Hoffmann  v.  Fallersleben  211, 
214 — 2x6. 

Hofmann,  Hans  70. 
Hofmannswaldau  V,  17. 

Holbein  II,  2. 

Holbein,  Hans  135. 

Holberg,  Ludwig  V,  14. 
Hölderlin,  Friedrich  70,  72;  I,  2. 
Hollond,  Robert  71. 

Holtei  71. 

Holten,  Otto  von  II,  10. 

Holtrop  136,  138 — 140. 
Holzrichter,  Emma  106,  107. 
Homann,  G.  II,  10. 

Homer  64,  70,  72,  148,  159,  178; 

III,  2;  IV,  2. 

Hoorn  214 — 216. 

Horatius  159,  775;  V,  13. 
Horatius  Bernensis  146,  148. 
Horn,  Franz  217. 

Horner  73. 

Hort,  IV,  12. 

Hostrup  V,  14. 

Houssaye,  A.  43. 

Hub.  Ignaz  183. 

Huber,  Franz  Xaver  68. 

Hubert,  Friedr.  110. 

Humboldt,  Alex,  von  67,  222. 
Humboldt,  Wilh.  von  207. 

Hunt,  Holman  III,  9,  10. 

Husnik  &  Häusler-Prag  31. 
Huygens,  Constantyn  V ,  16. 


I. 

Ibn  Sina  55. 

Ibsen,  Henrik  V,  14. 

Icarus,  Mr.  72. 

Iffland  210. 

Ignatius  175. 

Ihering  206. 

Ihringer,  Bernhard  179  —  182. 
Ikaro-Menippos  65. 

Ikaros  65,  71. 

Illgen  179,  181. 

Isabella  von  Arragonien  III,  3. 
Isidor  von  Rußland  178. 

Isidor  175. 

Isle-Adams,  Villiers  de  1’  37. 


J- 

Jacobi,  Fritz  und  Betty  IV,  7. 
Jacobsen,  J.  P.  V,  14. 
jacoby,  Daniel  194. 

Jaeschke,  E.  II,  11. 

Jaffe  73. 

Jaggard,  William  V,  3. 

Jannet,  P.  I,  10. 

Jansa,  Friedr.  III,  11. 

Japhet  182. 

Jessen,  Christian  197. 

Jessen  P.  78. 

Le  Jeune,  J.  C.  W.  214 — 216. 
Jocanus  180. 

Jocosio  Hilario  66. 

Johann  II.  von  Trier  II,  3. 
Johannes  180. 

Jokai  72. 

Jonas,  Justus  III,  11. 

Jonson,  Ben  V,  2. 

Jordan,  Charles- Eienne  IV,  14. 
Jordan,  Leo  65. 

Joseph  180. 

Josephus  159. 

Josua  180. 

Jovinianus  55. 

Julianus  (Pelagianer)  174. 
Junker,  Hermann  II,  9. 

Juvenal,  160,  V,  14. 


IC. 

Kahna,  R.  55. 

Kaiserer,  Jacob  69,  70. 

Kalixt  III,  178. 

Kämpen,  N.  G.  van  215. 
Kannegießer  I,  12. 

Kant,  Imanuel  194,  2C0,  202  ;/,  2,12. 
Karl  August  v.  Sachsen-W.  194. 
Karl  V.  IV,  3;  V,  14. 

Karl  VII.  IV,  2. 

Karl  d.  Gr.  III,  14. 

Karl  Theodor  v.  Bayern  194. 
Karl  von  Hessen  194. 

Karl-Emil,  Prinz  IV,  13. 
Karslake,  Frank  V,  2. 

Katharina  v.  Rußland  V,  15. 

S.  Katharina  22. 

Kauffmann,  Angelika  I,  11. 
Kaufmann,  G.  IV,  8. 

Kaulbach  III,  9. 

Kays,  John  IV,  11. 

Kayser,  Bücherlexikon  68. 

Kekule  von  Stradonitz,  Dr.  Ste¬ 
phan  1 — 18;  IV,  13. 

Keller,  Gottfried  71 ;  2 ;  V,  16, 17. 

Kelliher  &  Co.  207. 

Kemble,  J.  P.  IV,  2. 

Kerner,  Justinus  70,  187,  189. 
Kersten,  Paul  (Berlin)  75,  80 ;  V, 
10,  11. 

Kesaya  56. 

Keyserling,  E.  von  79. 

Kiesling,  Ernst  V,  12. 

Kinkel,  Gottfried  183,  184. 
Kinnaird,  Douglas  IV,  3. 
Kircher,  Athanasius  181,  182. 
Kistemaeker,  Henry  72. 

Kittel,  Paul  III,  11. 

Klausner,  Judith  IV,  9. 

Klausner,  M.  A.  IV,  9,  10. 

Klein  35. 

Kleist,  Heinrich  von  70,  102,  209; 

/,  2,  11  ;  III,  2  ;  V,  18,  19. 
Kleist,  Ulrike  von  V,  18,  19. 
Klinger,  Max  121,  135,  136;  /,  4; 
V,  1 2. 

Klinger,  Maximilian  I,  2. 
Klopstock  67,  72;  V,  14. 
Kluckhohn,  August  194. 

Knaake  113,  114;  I,  10. 

Knapp,  William  V,  10. 

Knebel  166;  III,  10. 

Knigge,  Adolf  Freih.  v.  67,  69, 19p 
Knoekel,  Hermann  II,  8. 

Knotet,  Richard  III.  11. 
Koberstein  61. 

Koch,  C.  IV,  9. 

Koettgen,  Hanna  104/105,  108. 
Kofer,  Reinhold  IV,  13. 

Köhler,  Hubert  II,  8. 

Kolb,  Alois  74. 

Kolbe  II,  9. 

Komorczynski  68. 

König,  Ludw.  III,  12. 

Kopisch,  August  183,  187,  189-191. 
Körner,  Gottfried  58. 

Kosch,  Wilhelm  40. 

Köster,  Albert  52,  67;  V,  12 
Kotter  181. 

Kotzebue  70. 

Kramp,  Chr.  66. 

Kratenas  148. 

Kratzenstein,  L.  G.  66. 

Krieger,  Bogdan  IV,  13. 

Krüger,  H.  II,  11. 

Krüger,  J.  C.  161, 

Kruse  210. 

Kuczynski  IV,  10. 

Kügelgen  II,  9. 

Kugler  183,  186. 

Kuhlmann,  Quirinus  179—182. 
Kulmans  Klavierfrüchte,  1696, 
Titel  128. 

Külpe  206. 

Kumpf,  Heinr.  II,  9. 

Kunze,  K.  II,  11. 

Kürnberger  IV,  8. 

Kürschner,  Joseph  3,  8. 

Kurt,  Rombach  III,  14. 

Kurz,  Heinrich  213. 

Kyiter,  Anker  77. 


L. 

Lactantius  160,  175;  II,  3. 
Lafontaine  59;  /,  2;  III,  4. 
Laharpe,  J.  Fr.  51. 

Lambert  (Paris)  31. 

La  Motte  59. 


Lämmle-München  33. 

Lana  65,  66. 

Landsberg,  Martin  144. 

Lang  &  Co.  III,  12. 

Langen,  Albert,  Verlagskatalog 
78;  II,  11. 

Langles,  M.  47. 

Langlois  jeune  47,  61, 

Larsen  39. 

Lasswitz,  Kurd  71. 

Lauber,  Diebold  40. 

Laukhard  /,  12;  IV,  9. 

Laumen,  Maria  II,  10. 

S.  Laurentius  22. 

Lavater,  Joh.  Caspar  67,  194. 
Leistikow,  Ernst  77,  80. 

Lechter,  Melchior  II,  10. 

Lederer,  Felix  101. 

Leeuwen,  J.  van  150. 

Lehrs,  Max  IV,  10. 

Leibnitz  V,  14. 

Leisching,  Julius  IV,  10. 
Leisewitz  I,  2. 

Leitzmann,  A.  67,  68. 

Lelio  pere  et  fils  60. 

Lenau  88,  89,  100,  103 ;  IV,  8. 
Lengefeld,  Karoline  V,  12. 
Lengefeld-Schiller,  Charlotte  V,i2. 
Lentner-München  33. 

Lenz,  J.  M.  Reinhold  I,  2. 
Leontius  Pilatus  159. 

Lepsius,  K.  Richard  9. 

Lesage  50,  58 — 60,  62. 

Lesowsky  73. 

Lessing,  G.  Ephraim  59;  I,  2. 
Leszcynska,  Marie  III,  4. 

Levy- Philadelphia  32. 

Leyde,  Ernst  151,  152. 

Libanius  178. 

Lichtenberg  67 — 69. 

Lichtenberger  II,  3. 

Liebermann,  E.  74. 

Liebeskind  131. 

Liebig,  Justus  von  84,  98,  192. 
Liepmannssohn,  Leo  III,  2.) 
Lilien,  E.  M.  II,  9. 

Liliencron,  R.  von  213,  214. 
Linke-Leipzig  68. 

Linnenmeyer,  August  40/41. 
Lippmann  207. 

Lips,  Kreidezeichnung  von  Goethe 
II,  9. 

Liselotte  I,  ir. 

Liszt,  Fr.  von  I,  4. 

Livius  146,  150,  158,  159,  176, 1 77. 
Lochner,  Stephan  III,  10. 

Loder  35. 

Loeben,  Graf  70. 

Löffler,  Karl  174 — 179. 

Loftus,  Lord  207. 

Lohenstein,  C.  von  V,  17. 
Loiseleur  Deslongchamps,  A.  49, 
52,  62. 

Loose,  Hans  IV,  10. 

Lorenz,  Ottokar  213. 

Lortzing  96,  98;  III,  2. 

Loth  de  Haes  179,  181. 

Lothar,  Kaiser  III,  13. 

Lotther,  Melchior  112,  113. 
Loubier  80. 

Luca  della  Robbia  208. 

Lucanus  160,  175. 

Lucas  IV,  12. 

Lucka,  Emil  II,  10. 

Lucretius  V,  13. 

Ludwig  II.,  (Bayern)  192. 

Ludwig  XII.  159. 

Ludwig  XIV.  41,  44,  45,  5°»  I59» 
Ludwig  XVI.  78. 

Ludwig  der  Deutsche  III,  13. 
Ludwig-Wien  /,  9. 

Luise  Eleonore  v.  Wreesch  IV 14. 
Luise,  Königin  IV,  13. 

Lukian  65. 

Lunardi,  Vinzenz  66. 

Luther,  Johannes  109— 114. 
Luther,  Martin  110,  112— 114,  179 
— 181 ;/,  3  ;//,  2,9;///,  11 ;  V,  14. 
Lux,  Jos.  Äug.  152— 157. 


M. 

Macaulay  1,  2. 

Macco,  Alexander  IV,  13. 
Macco,  Herrn.  Friedr.  IV,  13. 
Machiavelli  V,  13. 

Machlinia  V,  2. 

Macrobius  160. 

Maeterlinck  39. 

S.  Magdalena  22. 


IV 


Namenregister.  Band  I. 


Magnus,  Leonhard  A.  209. 

Mägr,  Anton  Stanislav  36 — 40. 
Mahomet  46. 

Maintenon  III,  8. 

Makart  III,  9. 

Malet,  Edward  207. 

Manetti  177. 

Mansfeld  33. 

Mantuani,  Jos.  150. 

Mantzius,  Karl  203. 

Marenholtz,  Frau  von  206. 

S.  Margareta  2 2 . 

Margarete  v.  Burgund  IV,  11. 

S.  Maria  22. 

Maria  Theresia  I,  ix. 

Maria  Antonie  Walpurgis  von 
Sachsen  131. 

Marillier  ^5 — 50,  61. 

Martin,  Atme  62. 

Masius  71. 

Maßmann,  H.  F.  2x1. 

Masuccio  52. 

S.  Matthäus  174,  176;  IV,  9,  12. 
Maude,  Captain  207. 

S.  Mauritius  23. 

Maxwell  31. 

Mayer,  Anton  68. 

Mayer,  Frau  Karl  33. 

Mayer,  Friedr.  Arnold  210. 
Mayer,  Karl  70,  187,  213. 

Mayer.  Richard  II,  9. 

Maynyal,  Guillaume  IV,  11. 
Maximilian  Joseph  von  Bayern  194. 
Medea  64,  65. 

Medici,  Cosimo  174. 

Meil,  J.  W.  161. 
Meisenbach-München  32. 

Mehl,  Karl  69., 

Melanchton  V,  14. 

Mellan  /,  4. 

Memmi,  Simone  159. 

S.  Mena  III,  13. 

Mendelsohn-Bartholdy,  Fel.  III,  2. 
Mendelsohn,  Robert  von  III,  14. 
Mennbier  73. 

Mensing,  Ant.  V,  16. 

Mentelin,  Johann  137. 

Menzel,  Adolf  35,  133,  150 — 152, 
160;  I,  2;  IV,  8. 

Mereau,  Sophie  IV,  8. 

Meredith  III,  9,  10;  V,  2. 
Merkur  69. 

Merlin  214. 

Merseburger,  Georg  96. 
Metternich  34. 

Meusebach,  K.  Hartwig  Gregor 
von  216. 

Meusel,  Friedr.  IV,  13,  14. 
Meyer,  C.  F.  I,  2. 

Meyr,  Melchior  190 — 192. 
Michelozzi  208. 

Miereveit  V,  16. 

Mieville  L.  211,  212. 

Milchsack,  Gustav  in. 

Milke,  F.  18  —  22. 

Millais  III,  9,  10. 

Milton  V,  2. 

Minckwitz  193. 

Minde-Pouet,  Georg  V,  19. 
Minor,  Jacob  64, 72, 166,  210;  IV,  7. 
Minos  65. 

Mirabeau  IV,  3. 

Mocles  46—50,  56,  58. 
Moerkerken,  P.  H,  van  III,  12. 
Moliere  II,  12. 

Molitor,  K.  II,  11. 

Molitor,  Matthieu  V,  12. 
Mommsen,  Hans  197. 

Mommsen,  Theodor  179. 

Moncrif,  Paradis  de  42. 
Monk-Mason,  Th.  71. 

Montaigne  V,  2,  12,  13. 
Montgelas,  Maxim.  Joseph  von 
200,  202. 

Montgolfier  66,  67. 

Moreau  d.  J.  II,  12;  III,  4. 
Morelli  157. 

Möricke,  Eduard  71,  189;  I,  2. 
Morris,  May  V,  10. 

Morris,  Max  67. 

Morris,  William  37,  39,  132,  153, 
221;  III,  9;  IV,  11;  V,  2,  10. 
Mortimer,  Rieh.  V,  16. 
Moscherosch  IV,  9. 

Moser,  Kolo  77. 

Moses  180. 

Moses,  Rabbi  (Maimonides)  175. 
Motte,  Benjamin  /,  3. 

Mouhy,  de  42. 

Mouryd  47. 

Mozart,  Leopold  III,  2, 

Mozart,  Woifg.  Amad.  184;  III,  2. 


Müchler,  Karl  54. 

Mühlthaler,  Eduard  32. 

Müller,  C.  F.  V,  15. 

Müller,  Georg  (Leipzig)  I,  12. 
Müller,  Georg  (München)  II,  13; 

III,  8;  IV,  8. 

Müller,  Hans  von  38. 
Müller-Bohn,  Herrn.  III,  11. 
Müntz-Fabre  175,  176,  178. 
Muretus  180. 

Murner,  Thomas  IV,  12. 

Murr,  C.  G.  von  66. 

Musäus,  J.  K.  A  54;  I,  2. 
Musaeus-Müller-Tieck  I,  2. 
Muther,  Richard  208. 


N. 

Nadler,  Jörge  110. 

Napoleon  I.  39,  15g,  204,  I,  3. 
Nelson  /,  3;  II,  2;  IV,  3. 

Nestle  (N.  Testam.)  IV,  12. 
Nestroy  IV,  8. 

Neubronner,  W.  179. 

Neuhäuser,  Katharina  III,  12. 
Neumann,  Marianne  104  105.  t<  6. 
Newsidler,  Hans  (Lautenbuch) 
126. 

Niccoli,  Niccolo  158,  175,  178. 
Niceron  57. 

Nicolai,  Friedr.  194;  /,  2;  V,  13, 
Nicolaus  V.  (Papst)  als  Bücher¬ 
freund  158,  174 — 179. 

Niemann,  August  72. 

Niendorf,  Anton  193, 

Niese,  Hansi  218,  220. 

Nietzsche,  Friedrich  207;  /,  2; 
III,  2. 

Nieuwenhuys  III,  12. 

Nijhoff,  Martinus  140. 

Nikolaus  von  Kues  175. 

Nikolaus  von  Lyra  175, 

S.  Nikolaus  22. 

Nointel,  de  44. 

Nolhac,  Pierre  de  157;  V,  2. 
Nordlinger,  Clara  207. 

Nordmann  179. 

Nougaret  43. 

Novalis  40;  I,  2. 


o. 

Obernetter-München  31. 
Oberstetter,  Hans  Edgar  128/129* 
Oehlenschlaeger,  Adam  V,  14,  13. 
Oesterheld  und  Co.  72. 

Olbrich,  Hugo  74. 

Omont,  H.  146,  150. 

Opitz  180. 

Orlik,  Emil  74. 

Orologio,  Dondi  dell’  159. 

S.  Oswald.  22. 

Othello  II,  10. 

Otmar,  Silvan  110;  III,  11. 
Ovidius  148,  160,  172  ;  V,  13. 


P. 

Paalzow,  Hanz  16. 
Padeloup  37,  39. 

Paganini  III,  2. 

Painter,  Michael  66. 

Pajot  de  St.  Croie  62,  63. 
Pallainolo  208. 
Pancatantram  56,  59. 
Panneau  II,  9. 

S.  Pantaleon  23. 

Panzer  136. 

Paponsek  73. 

Parceval,  Caussin  de  62. 
Parmenides  65. 

Pascal  59. 

Paul,  Bruno  74. 

Paul,  Jean  69. 

Pauli,  Gustav  IV,  10. 
Paulsen,  Friedrich  20b. 
Paulus  IV,  11. 

Le  Pautre,  Jean  I,  3. 
Pazaurek  33,  34,  36. 
Pegnitzschäfer  V,  17. 
Penicaud  II.,  III,  10. 
Perl,  Max  I,  2,  4. 

Perles,  Adele  221. 

Perotti,  Nikolaus  176. 
Perrault  42. 

Perseus  64, 

Perthes,  Friedrich  197. 


Peter  der  Gr.  V,  14. 

Peters  131. 

Petersen  108. 

Petis  de  la  Croix  42—44,  46 — 50, 
52.  53.  55—63- 
Le  Petit,  Jean  Fr.  IV,  2. 
Petrarca  157-160 ;  V,  13. 

Petri,  Adolf  IV,  11. 

Petrucci  129. 

Petrus  Alphonsus  62. 

Petrus  Lombardus  160. 
Pfistermeister,  von  192. 

Pfizer  187,  189. 

Pfiugk-Harttung,  J.  v.  IV,  8. 
Pfuel,  Ernst  von  V,  18. 

Pfülf,  Otto  11-14. 

Phaeton  64,  65. 

Phaidros  65. 

Phelipeaux  47. 

Philo  178. 

Piderit,  J.  R.  A.  V,  13. 

Pieper  &  Co.,  IV,  8. 

Pierrot  s8. 

Pilätre  tle  Rozicr  66,  67. 

Pilsburg  206. 

Pirro,  Antonio  di  169. 

Pius  II.  177. 

Planer-Wagner,  Minna  209 
Plato  65,  148,  178. 

Plautus  148,  160. 

Plinius  117,  159. 

Plutarch  178. 

Poe,  Edgar  Allan  72. 

Poeschel  &  Trepte.  36;  //,  it; 
/',  12. 

Poggio  37.  38,  158,  177. 

Pohle,  Joseph  222. 

Poire,  Emanuel  I,  8. 

Polcelli,  A.  IV,  3. 

Poltard,  A.  W.  II 11. 

Polwarth  II,  2. 

Polykarp  175. 

Pompadour,  Marquise  von  l  V,  3. 
Pomponius  Mela  160. 

Pongratz,  Andr.  III,  12. 

Pope  II,  2. 

Posse  5. 

Pourville  44. 

Praetorius,  F.mil  II,  10 
Practorius,  Johanna  II,  10. 

Prean,  Josephus  Jacobus  48. 
Premerstein,  Ant.  de.  150. 
Prierias,  Silvester  112. 

Prochaska,  Karl  IV,  8. 

Proctor  24,  137,  141,  142. 
Propertius  160. 

Psautier  de  St-Louis  150. 
Ptolemäus  175. 

Pudor,  Heinrich  24— 26,  219— 222. 
Puppini  73. 

Purry-Szechenyi  II,  12. 

Putnam  208. 

Pynson  II,  12. 


Q* 

Quaritsch  207. 

Querelles,  Chevallier  dt  IV,  2. 
Quir,  F.  de  III,  3. 


R. 

Raffael  II,  2. 

Rahbek,  Kamma  V,  15. 

Rahbek,  Knud  Lyne  210. 

Rahmer  ,  Sigismund  V,  18 — 20. 
Rahlwes,  F.  II,  9. 

Raimund,  Ferdinand  34,  69 ;  IV ,  8. 
Ramberg  58,  164. 
von  Ransonnet  31. 

Ratdolt,  Erhard  142. 

Rauch,  Wilh.  56/57,  79- 
Ravenna,  Giovanni  da  159. 
Raymond,  Pierre  III,  10. 
Reber-Sander,  Erna  107,  108. 
Recke,  Elisa  von  der  198. 
Reclam,  H.  H.  98 .  99. 

Redwitz  191. 

Reffaa-Effendi  62. 

Regener,  Erich  IV,  13. 

Reger,  Philipp  III,  2. 

Reichardt  /,  2. 
Reichhold-München  79. 
Reichmann,  C.  207. 

Reimer  187. 

Reimer,  Georg  109. 

Reinard,  M.  49. 

Reinecke,  Kinderlieder  135. 
Reinhard,  Marcus  22. 


Reinhold.  Karl  Leonhard  197. 
Reinhold  &  Lang  72,  73. 

Reinick  I,  2. 

Rembrandt  V,  16. 

Renard  37. 

Renner,  taul  III,  8. 

Reuß.  Ed.  II,  9. 

Reuß,  Peter  j.  08. 

Reuter,  Fritz  17. 

Reynolds  208. 

Riccoboni,  Luigi  60. 

Rtchmond,  John  //.  3. 

Richter,  Friedrich  II,  9. 

Richter,  Ludwig  135. 

Riemann  69. 

Riemann,  H.  126. 

Kteuzi  159. 

Rieu,  du  146,  148. 

Rinck  67. 

Ritschl.  Fr.  Wilh.  146. 
Robcspierre  198. 

Rochholz.  E.  L.  212.  213. 
Röchling,  Carl  III,  n. 

Roder,  C.  G.  126. 

Rodin  III,  9. 

Rohdc  42. 

Romagnesi  Co. 

Rommel,  Otto  IV,  8. 

Rommey  ;o3. 

Ronsard  V,  13. 

S.  Rosalia  91. 

Rosenbaum,  A.  68,  69,  7t. 

Rosen  hal-München  /,  8 ;  UI,  13 . 
Rosetti  Ul,  9. 

Rossini  Ul,  3. 

Rostagne.^Enr.  150. 

Roth,  Johann  179  —  181. 
Rowlandson  I,  4. 

Rüben,  R.  72. 

Rückert,  Friedr.  183 — 187,  189. 
Ruskin  207. 


s. 


Saadi  59.  62. 

Saar,  Ferdinand  von  72. 

Sachs,  Hans  209. 

Sachs-Berlin,  73 — 80. 

Sade  I,  2. 

Sadeh,  Scheikh  62. 

Sakleim,  Arthur  I,  t2. 

Salle,  Antoine  de  la  I,  to. 
Salmasianus  146. 

Salomo  53 — 55,  180;  IV,  9. 
Salomon,  L.  1. 

Salzberger  55. 

Salzer,  Anselm  IV,  7. 

Sandt,  Emil  72. 

Sardou,  Victorien  III,  4. 

Sattler,  Joseph  135. 

Sauer,  August  40. 

Scaliger  II.  180. 

Scarano  160. 

Scarron  III,  8. 

Schacht  68. 

Schacht,  Gust  Ferd.  II  .  10 
Schack,  A.  F.  von  192. 

Schack,  H.  E.  V.  14- 
Schahriar  51. 

Scheele  67. 

Scheherazade  46,  51- 
Scheible-Stuttgart  I,  i°- 
Schelling  190. 

Scherenberg,  Ch.  Fried.  186,  193* 
Scherl.  August  III,  14- 
Schiegg,  Ulbrich  66. 

Schiff,  Hermann  71. 

Schiffmann,  Konr.  IV.  n- 
Schikaneder,  Eman.  68. 

Schill  5. 

Schiller,  Friedrich  von  5*.  57 
58,  61,  63.  162,  191.  \92>  *99 
209;  /,  2.  12  ;  II,  9i  2»  ® 
IV,  7. 

Schiller,  Lotte  von  67;  I, 
Schiller,  Walter  41—63,  218,  221. 
Schilling,  Dieb.  197- 
Schimper,  Karl  192. 

Schirlentz,  Nickel  n3*  ,  , 

Schlegel,  August  Wilhelm  64;  /, 
2 ;  II,  10. 

Schlegel,  Caroline  IV,  8. 
Schlegel,  Fr.  /,  2  ;  II,  10. 
Schleinitz  ,0.  von  205— 209  ;  U,  3  > 
III,  4,  10,  13  \  IV,  3  S  V>  2- 
Schlesinger,  Max  10. 
Schlössel-Leipzig,  72. 

Schmeller  II,  9. 

Schmettow,  Adelheid  Amaha  IV, 


Schmid,  C.  H.  I,  2. 


Namenregister,  Band  I. 


V 


Schmidt,  Erich  69.  70,  167,  214, 
IV;  8;  V,  20. 

Schmidt,  Fritz  26 — 32. 

Schmidt  (Kiamer)  67. 

Schmidt  von  Werneuchen  192. 
Schnebel,  Carl  160. 

Schneider,  K.  V,  13,  15. 
Schneider,  Louis  IV,  14. 
Schnierer,  Josef  218. 

Schodeler,  Werner  213. 

Schöffer,  Peter  //,  8;  IV,  n. 
Schopenhauer  III,  2. 

Schorsch,  S.  61 
Schott,  Arthur  187,  189. 

Schröder,  F.  L.  197,  203,  204,  210. 
Schröder-Göttingen  IV,  12. 
Schubart  III,  2  ;  IV,  7. 

Schubert,  Franz  III,  2,  3. 
Schüddekopf  62,  73;  IV,  7. 
Schueren,  Gerardus  de  24. 
Schulz,  Hans  194 — 205. 
Schulz-Besser,  Ernst  150 — 152  ; 

V,  14. 

Schulze,  Berthold  70. 

Schultz,  Ad.  187. 

Schultz,  Franz  I,  11. 

Schumacher  179,  181. 

Schumann,  Paul  IV,  11. 
Schumann,  Robert  III,  3. 

Schur,  Ernst  III,  9. 

Schuster,  Georg  194. 

Schütz,  Ch.  IV,  3. 

Schwab,  Gustav  183,  187,  189, 
214,  216,  2x7. 

Schwarz,  Ignaz  69. 

Schwarzkopf,  Joachim  von  1,  2. 
Schwenke,  P.  II,  xi. 

Schwerin,  Freifrau  von  IV,  13. 
Schwerin,  Otto  von  IV,  13. 

Scott,  Walter  II,  3;  V,  14. 
Sealsfield,  Charles  IV,  8. 

Secchi,  P.  Angelo  222. 
Seckendorf  67. 

Seekatz  II,  9. 

Seeliger  Ew.  Gerh.  72. 

Seemann.  E.  A.  32;  V,  16. 

Seidel  69;  V,  17. 

Seidel,  Paul  IV.  i3>  I4- 
Seidel,  Philipp  III,  10. 

Seidl,  Joh'  Gabriel  IV,  8. 

Seitz,  Otto  III,  11. 

Seliger,  Paul  222. 

Seile,  Friedr.  81 — 108. 

Sem  182. 

Seneca  160,  175. 

Senefelder  130,  150. 

Serin,  Graf  Niclas  von  214. 
Servius  148. 

Sessa  71. 

Seta,  Lombardo  della  158. 
Seuffert  164,  167. 

S  Severin  22. 

Seymour  de  Ricci  IV,  ix. 

Sforza,  Alexandro  174. 

Sforza,  G.  175. 

Sforza,  Ludovico  (II.  Moro)  159. 
Shakespeare  52,  57,  206;  I,  3; 

II,  2.  10 ;  V,  10. 

Shelley  II,  3. 

Sickenberger  IV,  13. 

Siddons,  Mrs.  /,  3. 

Sijthoff,  A.  W.  145-147,  149. 
Silko  III,  13. 

Simrock,  Karl  52,  187,  190. 
Sinibaldi,  Antonio  III,  3. 

Sixtus  IV.  179. 

Smith,  Eider  &  Co.  207. 

Smith,  John  III,  3. 

Snell,  Johann  V,  15. 

Solinus  160. 

Somadeva  56,  59. 

Someren,  R.  H.  van  199. 
Sonnenschein  &  Co.  Swan  206. 
Sonntag,  Carl.jun.  36—40;  V,  11. 
Sotheby-London  139;  I,  3  ;  II,  2  ; 

III,  3;  IV,  3;  V,  2. 

Spahn,  Martin  1— 10;  16  —  18. 
Spamer-Leipzig  84. 


Spelterini  71. 

Sperling-Leipzig  90,  92,  95,  98. 
Speronte  133,  134. 

Speth,  M.  v.  71. 

Speyer,  Frau  III,  14. 

Stainberger,  Joh.  Bapt.  137. 
Stassen,  Franz  III,  11. 

Statius  175. 

Steffens,  Henrik  97,  98. 
Steigenberger,  Gerhoh  137—139 
Stein,  Frau  von  67;  III,  13. 

Stein,  Fritz  von  67. 

Steiner,  Emanuel  115 — 120 
Steiner,  Hans  Rudolf  212. 
Steiner,  Hugo  (Prag)  81 — xo8. 
Steiner,  Joh.  Rod.  212. 

Steiner,  Wernher  212,  213. 
Steinlen,  Aime  212,  213. 

S.  Stephan  22. 

Sterne,  Carus  I,  4. 

Stifter,  Adalbert  71 ;  IV,  8. 
Stock,  Eliot  V,  3. 

Stockerau  22. 

Stoddards,  J.  /,  3. 

Stöger  73.  . 

Stolberg- Stolberg,  Luise  193. 
Straparola  59. 

Strauch,  Ph.  214. 

Strauß,  Richard  III,  3. 

Streckfuß  I,  12. 

Stuck,  Franz  IV,  9. 

Studer,  G.  214. 

Suetonius  150. 

Sussex,  Herzog  von  IV,  2 
Sutlumene  46,  51,  52,  56,  60,  61 
Sütterlin,  L.  V,  11. 

Swift,  Jonathan  65;  /,  3;  II,  2; 
V,  12. 

Swinburne  III,  3,  9,  10. 


T. 

Tacitus  146,  148,  150;  V,  13. 
Talbot  32. 

Talleyrand  IV,  2. 

Tasso  IV,  3. 

Tatham,  Edw.  H.  R.  157. 
Taubmann  180. 

Techackert,  Paul  182. 

Tegner,  Hans  V,  10. 

Tennyson  I,  3;  II,  3;  III,  3- 
Terentius  146,  148,  149,  160;  IV,  3. 
Tertullian  175. 

Teutenberg,  Adolf  67, 
Theodoricus  24. 

Theophilus  118,  120. 
Therhoernen,  Arnold  23,  24. 
Thevenot  43,  47. 

Thiele,  Georg  150. 

Thierry-Poux  140. 

Thirsis  Minnewit  214 — 216. 
Thomas,  C.  209. 

Thomas  von  Aquino  160,  174. 
Thomson,  George  V,  2. 

Thoranc  II,  9. 

Thrud  71. 

Thurn,  Graf  von  214. 

Tieck,  Dorothea  II,  10. 

Tieck,  Ludwig  I,  2;  IV,  8. 
Tiele-Winkler  III,  14. 

Tiemann  38. 

Tille,  Alex.  II,  9. 

Tille,  Arnim  5,  8. 

Tobler,  L.  212,  213. 

Tommaso  Parentucelli  174. 
Tortello,  Giovanni  177. 

Tory,  Gottfr.  III,  3. 

Tolstoi,  Leo  64. 

Traube,  Ludw.  IV,  11. 
Trautmann  II,  9. 

Trenkwald,  H.  v.  135. 

Treuttel,  Carl  Friedr.  III,  2. 
Trowitzsch  (und  Sohn) -Frank¬ 
furt  a.  O.  35. 

Trübner  74. 

Truth  65. 


Tschudi  213. 

Tschudi,  H.  von  IV,  10. 
Turner  208. 

Tycho  Brahe  V,  14,  15. 


u. 

Ubisch,  Edgar  von  IV,  13. 
Uccello,  Paolo  208. 

Ugherini  III,  11. 

Ugolino  I,  ix. 

Uhland,  Emma  211. 

Uhland,  Ludwig  69,  70,  09,  100, 
187,  189,  193,  211— 217;  /,  2. 
Ullstein  &  Co.  160;  IV,  8. 
Ulrich,  Emil  31. 

Urbino,  Herzog  von  174,  178. 

S.  Ursula  23. 

Uzanne  38. 


V. 

Valerius  Maximus  160. 
Vanderhoeck  &  Ruprecht  110. 
Varro  160. 

Vasari  119,  208. 

Veber  43. 

Vedel,  A.  Sörensen  V,  15. 
Brüder  Veith-Augsburg  137. 
Venus  69. 

Vergilius  146,  157,  159, 175;  VI,  2; 

IV,  3;  V,  13. 

Vergilius  Mediceus  146. 

Vergilius  (Zauberer)  55. 

Verlaine  80. 

Verne,  Jules  71. 

Verovio,  Simone  129. 

Vespasiono  da  Bisttcci  174,  175» 

I77,  U8- 

Vestcott  IV,  12. 

Veth,  Jan  16. 

Viadu,  Octavio  V,  15* 

Victoria,  Königin  I,  3. 

Vierordt,  Heinr.  72. 

Vilion,  Franqois  38. 

Villey,  Pierre  V,  12,  13. 
Visconti,  Gian  Galeazzo  158,  159 
Vitruvius  160;  II,  2. 

Vitulo  175. 

Vogel,  H.  W.  30,  31. 

Vogel-Kurtz  (Neuyork)  32. 
Vogel-Ulrich  32. 

Vogeler,  Heinrich  39;  I,  11. 
Vogl,  Joh.  Nep.  IV,  8. 

Vogler  80. 

Voigt,  G.  176. 
Voigtländer-Leipzig  95. 

Volhard,  Jacob  84. 

Volkmann,  Ludwig  121 — 136.^ 
Voltaire  67,  193;  /,  2;  1 V,  3  ; 

V,  13. 

Voss  67. 

Voullieme  144,  145. 

Volz,  B.  G.  IV,  14. 

Vries,  Dr.  de  148,  150. 

Vulpius,  Christiane  III,  13. 
Vulturius,  K.  IV,  3. 


w. 

Wackenroder  /,  2. 

Wagenknecht,  Karl  III,  12. 
Wagner,  H.  L.  I,  2. 

Wagner,  Richard  /,  4. 

Wagner,  Richard  133,  192,  209; 
III,  2. 

Wahrmund  (Freyburg)  65. 
Waiblinger  70. 

Wallot,  Otto  II,  10. 

Walton,  Isaak  I,  3;  II,  2. 
Warnfried,  Paul  V,  14. 
Wasserzieher  I,  11. 

Watteau  III,  4. 

Watts  III,  9,  10. 

Weber,  Carl  Maria  von  III,  3. 


Weber,  Hans  von  37,  38. 
Wedekind,  Frank  IV,  9. 
Wedekind,  Georg  Freih.  von 
II,  10. 

Wegener,  Joh.  143. 

Weger,  Thomas  (Brixen)  138. 
Weichmann  I,  2. 

Weidmann  60. 

Weigel  182. 

Weigel,  Oswald  172;  I,  4,  10; 

1  V,  10. 

Weilen  68. 

Weise,  Christian  IV,  9. 
Weishaupt,  Adam  194 — 205. 

Well,  H.  G.  72. 

Wendeier,  C.  216,  217. 

Wenzel  172. 

S.  Wenzeslaus  22. 

Werner,  Alice  209. 

Werner,  Fritz  IV,  13. 

Werner,  Zacharias  70. 

Werthauer  III,  14. 

Werthes  58. 

Wessely,  Car.  150. 

Westen,  Walter  von  zur  75,  135. 
Westermann,  George  II,  9. 
Westbeim,  Paul  160. 
Wetterstrand,  Otto  208. 

Wetzel,  Fr.  G.  /,  11. 

Weule,  Karl  209. 
Weygand-Leipzig  164. 

Whistler  /,  3. 

Widmann,  J.  v.  71,  72. 
Wiegandt,  Ernst  40. 

Wielaad,  Chr.  M.  39,  67;  II,  9; 

V,  14. 

Wieland  der  Schmied  65. 
Wienbarg,  Ludolf  215,  216. 
Wiener,  Richard  218,  219. 
Wilde,  Oskar  38. 

Wilhelm  I.  IV,  13. 

Wilhelm  II.  III,  14. 

Wilhelm  von  Nassau  214,  215. 
Wilkinson  &  Hodge  V,  2. 
Williams  &  Norgate  209. 
Willibald  22. 

Wilmans  V,  17. 
Winter-Heidelberg  72. 

Wissowa,  Georg  150. 

Wohlrabe  IV,  9. 

Wolf,  Ferdinand  214. 

Wolf,  Nie.  139. 

Wolff,  Elisabet  105,  108. 

Wolff,  O.  L.  B.  215,  216. 

S.  Wolfgang  22. 

Wolkan,  R.  2x4. 

Worde,  Wynkyn  de  II,  12. 
de  Worde,  Wynken  IV,  11. 
Wychiff  II,  3. 

Wyss,  Rudolf  212,  213. 


X. 

Xenephon  Epesiacus  52. 


z. 

v.  Zach-Gotha  201. 

Zachariae,  A.  W.  71. 
Zamagna  65,  66  (Navis  aeria). 
Zangemeister,  Carl  150. 

Zangl,  Joseph  137. 

Zani,  Abbe  208. 

Zapp,  Arthur  IV,  12. 

Zaretzki,  Otto  22—24. 

Zedlitz  IV,  8. 

Zeiller  IV,  3. 

Zeissig,  Hans  V,  12. 

Zeitler  38 — 40. 

Zeppelin  72,  128/129,  135. 
Ziegler,  J.  IV,  3. 

Ziesemer,  Walther  III,  8. 
Zobeltitz,  Fedor  von  II,  8. 
Zola  I,  3;  V,  11. 

Zoozmann,  Richard  I,  12. 
Zschokke  71. 


A. 

„Aachener  Zeitungsmuseum“  9, 
10. 

Ablaßbrief  v.  1454  V,  14. 
Academie  für  graphische  Künste 
und  Buchgewerbe  Leipzig, 

Kgl.  87. 

Achatmarmor  76. 

Aerostatik  66. 

,, Agent,  Der“  (Zeitschrift)  65. 
Ahnenkreuz,  unbekanntes  Jugend¬ 
werk  A.  Wenzels.  150— 152. 
Akademiepreise  V,  15,  16. 
„Album  deutscher  Kunst  und 
Dichtung“  100. 

Album  Palaeographicum  150. 
Allgemeine  deutscheBibliothek  68. 
Allgemeine  deutsche  Biographie 
182,  194;  V,  13. 

,, Allgemeine  Zeitung“  (Cotta)  17. 
Altbüchermarkt  II,  8. 
Altertumskunde,  Verein  für  Nas- 
sauische  66. 

Ambrosiana  (Mailand)  157,  159. 
Amherster  Bibliothek  V,  2. 
Anastatischer  Druck  II,  11. 
Angewandte  Kunst  83. 

Anonyme  II,  8. 

Antarroman  48. 

Anthologia  Graeca  Heidelb  er- 
gensis  148. 

Antiphonarien  122,  128. 

Aquarelle  II,  3. 

Arabische  Quellenschriften  116. 
Archiological  Institute  of  America 
148. 

Ardinghello  IV,  7. 

„Arena“  83. 

,, Armee  Friedrichs  des  Gr."  150. 
Assisa  118. 

Ätzen  30,  32. 

Auktionen  171;  I,  2—4;  II,  2; 

III,  2 — 3;  IV,  2 — 3;  V,  1. 
Autographen  131,  133,  184,  185, 
187—189,  193,  210;  I,  3,  4; 
II,  2,  3,  8 ;  III,  2 — 4,  12  ;  1  V,  3  ; 
V,  2,  14,  15. 

Autographie  125. 

Autotypie  25,  28,  29,  31—33,  98, 
146. 

Autotypieklischees  30,  31. 


B. 

Bachgesellschaft  III,  2. 
Badeplatten  28. 

Ballone  volante,  il  69. 
Baskervillesche  Typen  V,  15. 
Basler  Universitätsbibliothek  182.  * 
Bastpapier  V,  15. 
Behrens-Antiqua  36. 

Berliner  Abendblätter  70. 

Berliner  Bibliophilenabend  136. 
Berliner  Blau  76. 

Berliner  kgl.  Bibliothek  77, 
112— 114;  III,  12,  13;  IV,  8,  11. 
Berliner  kgl.  Kunstgewerbemu¬ 
seum  74,  78. 

Berliner  Kupferstichkabinett  207. 
Berliner  Literatur-Archiv ,  Mit¬ 
teilungen  70. 

„Berliner  Lokalanzeiger“  5,  8. 
„Berliner  Presse“  (Verein)  17. 
Berliner  Secession  77. 

Berner  historischer  Verein,  Archiv 
212 — 214. 


Schlagwort-  Register 

o  o 


zur 

Zeitschrift  für  Bücherfreunde 

Neue  Folge.  1909/ 1910. 

Die  kursiv  gedruckten  Zahlen  verweisen  auf  das  Beiblatt. 


Berner  Stadtbibliothek  212. 
Beschlagnahmungen  II,  12; 

IV,  J2;  V,  17,  18. 

Bibel,  Franz  Stassen-  I,  9. 
Bibelausgabe.  Pariser  1567  129. 
„Bibliographical  Society“  IV,  11. 
Bibliographie  universelle  62. 
Bibliographisches  Institut  II,  9. 
Bibliophilie,  musikalische  121 

bis  136. 

Bibliothek  Petrarcas  und  ihre 
Schicksale  157 — 160. 
Bibliothekar,  Der  (Monatsschrift) 
/’.S- 

Bibliothekartag,  Deutscher  II,  11. 
Bibliothekswesen,  Zentralblatt  für 
178. 

Bibliotheque  orientale  (1667)  41. 
Biedermeier-Wünsche  33 — 36,  74, 
78. 

Bildblätter  85. 

Biographie  universelle  47. 
„Blaauwe  boekjes“  215. 

Blois,  Kgl.  Bibliothek  zu  159. 
Blattgoldschnitt  156. 

Blinddruck  115. 

Bogennorm  162 — 166,  172. 
Bolusauftrag  115,  117,  118 
„Book  of  Hours“  II,  2 ;  IV,  2 ; 

V,  2. 

Bookram  156. 

Bordüren  I,  4. 

Börsenblatt  /,  3;  II,  12,  13; 

III,  4;  IV,  ix,  12;  V,  18. 
Brahmsphantasie  121,  136. 
Brailletypen  V,  2. 
Braunschweigisch  herzogl.  Biblio¬ 
thek  I,  9. 

Braunschweigisches  Magazin  67. 
Brevarium  Benedictum  III,  2. 
Breviarum  Othinense  V,  15. 

, .Briefe  aus  Italien“  (Goethe)  38. 
Briefe  von  und  an  Uhland  211 — 217. 
Briefzeichen  101. 

British  Museum  113,  114,  207; 

II,  12 ;  III,  13  ;  IV,  9. 

British  Museum  Catalogue  136, 
137,  142 

Bromsilb.  Gelatinetrockenplatten 
27—29. 

Bromsilberkollodiumemulsion  28, 
29. 

Bucheinband,  Was  der  Biblio¬ 
phile  wissen  muss  152 — 157. 
Bucheinbände  von  Carl  Sonntag 
jun.  36 — 40. 

„Bücher  der  Bibel“  II,  9. 

,, Bücher  des  deutschen  Hauses“ 
85,  87,  102. 

, .Bücherlexikon"  68. 
Bücherliebhaberei,  Geschichte 
der  II,  8. 

Buchgewerbehaus,  Deutsches,  in 
Leipzig  12 1;  IV,  10. 
Buchgewerbemuseum  in  Leipzig 
123—125,  130. 

Buchkünstler  der  Gegenwart, 
Deutsche  81 — 108. 
Buchschmückler  83.  86. 
Buchschmückung  als  organischer 
Vorgang  83. 

Buntpapier  zum  Umschlag  154. 
Buntpapiere,  moderne  und  ihre 
Verwendung  73 — 80. 
Büttenpapier  und  büttenartiges 
75.  156,  166,  167,  170,  171J 

IV,  10;  V,  10. 

Byzantinische  Tafelmalerei  115, 
117,  119,  120. 


c. 

„Cabinet  des  Fees"  42,  43, 
45—5°.  61,  62. 
Caxtonbibliographie  IV,  11. 
Caxtondruckerei  ///,  3. 
Chaucerausgaben  152. 
Chinesisches  Papier  124. 
Christenspiegel  23. 

Chromo  —  direkt  32. 

Chronik  40,  222— 

Chronik,  Dieb.  Schillingsche  213. 
Claudine  von  Villa  Bella  162,  163, 
167. 

Clavigo  161,  163,  iU>,  167. 

Codex  Ambrosianus  148,  149. 
Codex  Bernensis  148. 

Codex  Dioscurides  (Wien)  148. 
Codex  Hannoveranus  150 
Codex  Heidelbergensis  148. 
Codex  LaurentianusMediceus  148. 
Codex  Leidensis  150. 

Codex,  niederösterreichischer  des 
XIII.  Jahrh.  18-22. 

Codex  Oxoniensis  Clarkianus  148. 
Codex  Ravennas  148. 

Codex  Sarravianus  148. 

Codex  Vindobonensis  150. 

Codex  venetus  A  Marcianus  148. 
Codex  Vossianus  147,  150. 
Collotype  142,  207. 
Comeniusgesellschaft,  Monats¬ 
hefte  297. 

Concordia-Berlin  72. 

„Contes  de  Fees“  42. 

„Contes  de  ma  mere  l'Oye“  42. 
„Contes  Tartares“  42. 
„Copperfield,  David“  V,  2. 
Cordiale  quattuor  novissimorum 
23- 

Cottasche  Ausgabe  von  Goethes 
Werken  171,  172. 

Culs  de  lampe  63. 


D. 

„Dädaleon“  65. 

„Daheim“  70. 

Delfter  Mädchen  74,  77. 
„Denkmäler  deutscherTonkunst“ 

131- 

Deutsche  Arbeit  (Verlag)  99,  102. 
Deutsche  Bibliothek,  Allgem.  68. 
Deutsche  Literaturzeitung  V,  19. 
Deutsche  Werke  in  englischer 
Sprache  205 — 209. 

„Deutscher  Literaturkalender“  8. 
Deutscher  Orden  177. 

Deutscher  Parnaß  (Minckwitz)  193. 
Dictionnaire  historique  des  Hom- 
mes  celebres  62. 

Directoire  III,  9. 

Discretion  des  Vorsatzpapieres  80. 
Divina  Commedia  159. 
Doppeldrucke  111,  114. 

Dracopie  32. 

Drahtheftung  37. 

Drehkarten  35. 

Dreifarbendruck,  Technik  und 
Entwicklung  26 — 32,  146. 
Dresdener  Abendzeitung  71. 
Dresdener  Kupferstichkabinett 
I5I- 

Druckermarken  139,  140,  143. 
Druckfarben  30. 

Drucktechnik  als  Bildmalerei  25. 


E. 

Ecole  nationale  acrostatique  7a 
Ecrase  80. 

Edda  V,  14. 

Egmont  161 — 163,  166,  170—172. 
Ehefreude.  Die  sechzehnte  I,  9. 
Einblattdrucke  II,  .. 
..Einhangen“  der  Bücher  156. 
Entsagen  der  Bücher  153. 
Einzeldrucke  Goethe'scher  Wetke 
bei  Goschen  (1787 — 1790) 
161-173. 

„Eirene“  65. 

Elias  64. 

„Elixiere  des  Teufels“  82.  88  ''7, 
9°.  9*.  93—95.  97.  98.  101. 
Email  translucides  208. 
Emaillierung  29. 

„Erbauungsbuch,  Weltliches“  95, 

98. 

Erotika  II,  8. 

Erwin  und  Elmire  162,  167. 
Esther,  Buch  IV.  9. 

Eton  College- Bibliothek  V,  10. 
Eulenspiegel,  Volksbuch  IV,  12. 
Euphorion  194,  214. 

Exlibris  83,  85,  104/105,  105 — 108. 

135,  218;  /,  4;  II,  xo. 

Exlibris  von  Walter  Schiller  218. 


F. 

Fächerkarten  35. 

„Fachkunde  für  Büchersammler" 

II,  8. 

Faksimilia  und  Faksimiledrücke 
20,  21,  23,  33—36.  65,  122—126, 
129,  130,  133,  140,  141,  144, 
147— 140, 181, 184, 185, 187—189, 
222;  UI,  10,  11,  13. 

Faltkarten  35.  _ 

Farbenautotypie  31. 
Farbenholzschnitt  26. 
Farbenlichtdruck  146. 
Farbenlithographie  26. 
Farbenreproduktion  26. 
Farbensensibilisatoren  30. 
Farbstrahlen  27.  _ 
Fassadendekoration  24. 

Faust  65,  67;  II,  12;  III,  11; 
V,  12. 

Faustfragment  (von  1790)  162,  163, 
166—173. 

Faust-Helenasage  54. 

Feinätzung  30. 

Fiesoie,  Bibliothek  zu  174. 

Figaro  I,  8. 

Flächengliederung  im  Buchdruck 
24- 

„Flatöbuch“  V,  14. 

Fleckmittel  II,  8. 

Fliegender  Holländer  71. 

„Flora  Danica-Initialen“  V,  10. 
Flüssigkeitsfilter  28. 

Foliodruck  110. 

Forckenbecksche  Sammlung,  In¬ 
halt  10. 

„Fortnightly  Review“  157. 
Frankfurter  Goethemuseum  172; 
II,  8. 

F  rankfurterKunstge  werbemuseura 
I35- 

Frankfurter  Stadtbibliothek  II,  12; 

IV,  7. 

„Frankfurter  Zeitung“  17. 


Schlagwortregister.  Band  I. 


VII 


Freiligrath-Album  183. 
„Fridericus  Rex“  (Zeitler)  39. 
Füllslücke  25. 


G. 


Gads  Danske  Magasin  V,  15. 
Galvanisierung  der  Klischees  30. 
Gästebücher  38,  39. 
Gebrauchsgraphik  74. 
„Gelegenheitskunst“  83. 
„Gemeinnützige  Wochenschrift“9. 
Genghiz-Can,  Histoire  du  grand 


44. 

Gerlachs  Jugendbücherei  85—89, 
92,  99,  103,  104,  106,  108. 
Gerlachs  Kinderbücherei  80 
Germania  213. 

„Geschichte  einer  Mutter“  iot, 
103,  104,  106. 

Geschwister,  die  161,  166. 
Gesellschaft  der  Bibliophilen  121. 
Gesellschaft  für  Typenkunde  143. 
Gesellschaft  für  vervielfältigende 
Kunst  in  Wien  I,  12. 

Gesta  Romanorum  55. 

Giessener  Bibliothek  67. 

Gil-Blas  50. 

Glanzvergoldung  117,  118. 
Glasfilter  31. 

Glasraster  32. 

„Glückhaftes  Schiff  von  Zürich“ 
(Fischart)  216. 

Glückwunschkarten  8/9,  16/17, 

24/25.  33-36,  36,  37,  74. 
Goethegesellschaft  69. 
Goethehaus  (Frankfurt)  II,  8. 
Goethesammlung  131. 

Goethes  Werke,  Einzeldrucke  bei 


Göschen  161—173. 

Goldene  Bulle  IV,  9. 
Goldgrundtechnik  116. 
Goldschnitt,  zur  Technik  des 
115— 120,  156. 

Götz  von  Berlichingen  161,  162, 
163,  165. 

Grauplatte  31. 

Grenzboten  67. 

Griffigkeit  des  Papiers  219. 
„Grosveuor- Gallery“  III,  9. 
Grundfarben  27. 

Grundfarbensystem  für  den  Drei¬ 
farbendruck  30. 

Grundgesetz,  biogenetisches  82. 
Gustavmarmor  76. 

Gutenbergbibel  152;  V,  15 
Gutenbergmuseum-Mainz  IV,  11. 


H 


Hadernpapier  (Zeitungen)  4. 
Hagada  55. 

Halbtonbilder  29. 
Halbtondiapositive  29. 
Halbtonnegative  29. 

Hamburger  Stadtbibliothek  113. 
Hamilton- Auktion  III,  3. 
„Handbibliothek“  zum  Zeitungs¬ 
archiv  18. 

Handbuch  der  Presse  3. 
Händelsammlung  131. 
Handschriftenkonservierung  5. 
Handschriftenverzeichnisse 

Deutschlands,  mittelalterliche 
II,  11. 


Handvergoldung  40,  41,  74,  116, 
152,  153,  155. 

Hannoversche  kgl.  öffentl.  Biblio¬ 
thek  140. 

Hannoverscher  Kurier  67. 

Hanseatischer  Geschichtsverein- 
Münster  IV,  12. 

Hebekarten  35. 

Heidelberger  Bibliothek  148. 

Heiland,  wiederkehrender  68. 

Hell-dunkel-Kontrast  25. 

Hempels  Klassiker  III,  8. 

Heraldik  I,  3. 

Hermann  und  Dorothea  34. 

Hesar  Efsane  48. 

Hexen,  Luftfahrten  der  65. 

„Hie  gut  Württemberg  allewege  !“ 
(Jahrbuch)  211. 

Himburg’sche  Sammlung  (Goethe) 
161. 

Hiob,  Buch  IV,  9,  10. 

Histor.-pol.  Blätter  f.  d.  kath. 
Deutschland  194. 

Historische  Wissenschaften,  inter- 
nat.  Kongreß  für  /,  4. 


Hochstift,  freies  deutsches  II,  8. 
Hohelied  IV,  9. 
Hohenzollernjahrbuch  IV,  13. 
Holländisches  Papier  (Göschen) 
170— 172 

Holzintarsia  155. 

Holzpapier  (Zeitungen)  4. 
Holzschnitte  23,  24,  63,  109,  135, 
140,  143  ;  I,  4;  II,  2  ;  IV,  2,  3; 
V,  2,10. 

Holztafeldruck  125. 

Horae  ad  usum  Galliae  II,  2. 
Horae  B.  M.  V.,  Deutsche  Aus¬ 
gabe  des  22 — 24. 

Horn-books  II,  8. 

Hortus  deliciarum  38. 

Hradschin  84. 

Hyperion  (Zs.)  I,  8. 

Hyperion  70. 


I 

Ilias  Homeri  148,  176. 

Illinois,  Universität  von  III,  12. 

Illuminatenorden  194,  197,  199, 
201,  202,  204. 

Illuminiertes  II,  2;  III,  3  ;  V,  2. 

Illuministen  116. 

Illustratoren  160. 

Illustration  88,  92,  99,  102. 

„Illustrierte  Märchen“  72. 

„Imitatio  Christi“  II,  3. 

Imprimerie  Nationale  141. 

Industrieband  152,  153,  155. 

Initialen  19,  21,  23,  81,  83,  85,  <9 
124,  128,  136,  139:  I,  4,  10;  II, 
10  ;  III,  14  ;  IV,  9;  V,  10. 

Incunabeln  18,  24,  136 — 140,  142 
bis  144;  V,  15. 

Innentitel  91,  97. 

Inselverlag  37,  39,  63;  /,  8;  IV, 
7,  8;  V,  11. 

Intimes  Theater  (Wien)  72. 

Iphigenie  auf  Tauris  161 — 163, 165, 
166. 

Irrgarten  der  Liebe  38. 


J 

Jagdausstellung,  internationale 
III,  12. 

Jahrbuch  deutscher  Nachspiele 
(Holtei)  71. 

Jahrbuch  für  Bücher- Kunde  und 
-Liebhaberei  //,  7. 

Jahrbücher  der  Literatur  (Wien)  48. 
JapanischesHandpapier2i9 ;  V,\n. 
Jenaer  allg.  Litteraturzeitung  162. 
Jery  und  Bätely  162,  163,  173. 
Jubiläumsmappe  für  Reclam  98. 
Jude,  ewiger  68. 


K 

Kalenderbilder  98,  99. 

Kanonbild  19. 

Kapitelköpfe  82,  83,  85,  95.  97, 101. 
Kapitelschlüsse  85,  95,  96. 
Karikaturen  (Originale)  I,  3,  4. 
Karlsruher  Künstlerbund  78. 
Katalog  Hauser  172. 
Kattundruckerei  77. 

Kaufmann  von  Venedig  II,  10. 
Kiebitzmarmor  76. 

Klappkarten  35. 

Klassiker,  griech.  und  lat,  nach 
Hss.  photographiert  145 — 150. 
„Klassikerbibliothek,  Deutsch- 
österreichische“  IV,  8. 
Klavierfrüchte  128. 
Kleisterpapiere  76,  79. 
Kleistertechnik  154. 
Knaake-Bibliothek  IV,  10. 
Knaakekatalog  I,  10. 

Kochs  Studien  70 
Kollodiumemulsion  29,  32. 

Kölner  Stadtbibliothek  22,  23. 
Kölnerschule  117. 

Kölnische  Zeitung  5,  8. 
Komplementärfarben  27,  28. 
Kongreß,  internationaler  für  hi¬ 
storische  Wissenschaften  1,  4. 
Kopenhagener Kgl.  Bibi. 198;  ^,14. 
Kopfleisten  83,  88,  92,  95,  96. 
Kopierraster  32. 

Koran  41,  55. 

,, Korrespondenzen“  derZeitungen 

3,  8. 


Kreuz-Zeitung  193. 

Kühlpsalter  (Kuhlmann)  182. 
Kulissenkarten  35. 
Kulturgeschichtliches  Allerlei  /,  4. 
Kunstgewerbemuseum,  Kgl.,  zu 
Berlin  74,  78. 

Kunstgewerbemuseum  in  Frank¬ 
furt  a.  M.  135 
Künstlers  Erdenwallen  15 1. 
Kunstmarkt  I,  3. 

Kupferstich  (Noten)  129. 
Kupferstiche  124,  128,  129,  136, 
1 37,  151,  161,  163,  164,  170,  207; 
/,  4;  II.  3;  IV,  10;  V,  15. 
Kupferstichkabinett ,  englisches 
208. 


L 

Lanna-  Sammlung  IV,  10. 
Lasurfarben  30. 

Laurentiana  146,  148,  159. 
„LebenFriedr.  d.Gr.“(Kugler)  150. 
Lebzeltertechnik  78. 
Ledereinband,  flexibler  155. 
Leidener  Bibliothek  148. 
„LeipzigerKalenderi909“96,98,99. 
Leipziger  Künstlerverein,  Fest¬ 
schrift  V,  12. 

Leipziger  Stadtbibliothek  129. 
Leipziger  Tageblatt  III,  2. 
Leydener  Papyrus  118. 

,  Liber  sacerdotum“  116,  117. 
„Librairie  Morgand“  III,  4. 
Licht,  farbiges  27. 

Lichtdruck28,  31,  33,  145. 
Lichtdruckätze  29. 

Lichtfilter  28. 

„Liedboekje“  (Hoorn)  214  —  2x6. 
Liederchronik,eidgenössische  212, 

2I3- 

Liederhandschrift,  Wernher  Stei- 
nersche  212,  213. 

Lila  162,  163,  167. 

Linienraster  29. 

Linoleumschnitt  76. 

Linzer  Studienbibliothek  IV,  11. 
Lisztsammlung  131. 

Literarisches  Echo  71. 
Literaturzeitung,  Allgem.  68. 
Lithographie  76,  78,  79,  99,  100, 
106,  124 — 126,  130,  139,  150;  7,4. 
Livres  d’heures  22. 

Lohengrin,  Brautlied  133. 
Lohgerbung  155. 

Lübecker  Frühdruck  144. 
Lufifahrten  in  der  deutschen  Li¬ 
teratur,  Die  64—73. 
„Luftmaschine,  die“  68. 
Lügendichtungen  65. 
Lumierefarbreproduktion  32. 


M 

Magasin  Encyclopediqne  47. 
Magazin  der  Wissenschaften  und 
Lit.  (Gemmingen)  69. 

Magna  Charta  IV,  9. 

Majuskeln  138,  142,  143. 

,, Maltechnik“  117. 

Mannheimer  Nationaltheater  204. 
Mannskopfsche  Sammlung  131. 
„Manuel  de  Bibliographie“  III,  11. 
Marburger  Staatsarchiv  V,  13. 
Marciana-Venedig  174,  177. 
Maria-Laach,  Stimmen  aus  11. 
Marianne,  Schwester,  und  ihre 
Liebesbriefe  39. 
Marionettentheater  64. 
Marmorierkunst,  türkische  und 
französische  77. 

„Marseillaise  der  Geusen  215. 
„März“  II,  11. 

Maschinenheftung  153. 
Mattvergoldung  117. 

Mehrdruck  112 — 114. 

Meister,  die  sieben  weisen  62. 
Memoiren  Casanovas  2 ;  I,  2. 
Mensuralnoten  127,  129. 
Menzelsammlung  II,  2. 

Merkur,  teutscher  67. 
Messingwalzendruck  78. 

Meyer ,  Kl.  Konversationslexikon 
II,  9- 

MikroskopischeD  rucke//,  8-,V,i$. 
,, Mille  et  une  Faveurs“  42. 
„Mille  et  une  Folies,  les“  43. 

,, Mille  et  une  Heures“,  les  43. 

,, Mille  et  un  quart  d'heures“  42, 
43,  60. 


„Mille  et  une  Soirees“,  les  43. 

Miniaturen,  Miniatoren,  Minia¬ 
turmalerei  19,  21,  115— 119,  123, 
128,  135,  148,  150,  174;  j,  3,  8, 
10;  II,  2,  12;  III,  3,  13,  14;  IV, 
2,  9J  V,  15. 

Minuskeln  138,  143 

„Missale  mixtum  Beati  Isidori“ 
V,  2. 

Missalien  124,  128. 

Mitschuldigen,  Die  161,  163,  165. 

Modeldrucke  77,  78, 

Model-  und  Walzenpapiere  76 — 78. 

Montierung  der  Klischees  30. 

Mopsje,  das  Hoornsche  215. 

Mozart-Bibliothek  131. 

von  MülinscheBibliothek(Bern'!2i3. 

Münchener  Akademie  der  Wissen¬ 
schaften  II,  11. 

Münchener  Allg.  Verlagsgesell¬ 
schaft  IV,  7. 

„Münchener  Bibliophile“  II,  8. 

Münchener  Kgl.  Hof-  und  Staats¬ 
bibliothek  /,  8 ;  II,  8. 

Münchener  Kurfürstl.  Bibliothek 
„  1 37 • 

MünchenerNeuesteNachrichten65. 

Münchener  Universitätsbibliothek 
lr3* 

Münzenkunde  /,  3. 

Musenalmanach  (Chamisso- 
Schwab)  186,  187. 

Musenalmanach  (Gruppe)  184, 
186 — 192. 

Musikbibliothek  v.  Peters  131. 

Musiksammlung,  Deutsche,  in 
Berlin  122. 


N 

Nassauische  Altertumskunde,  Ver¬ 
ein  für  66. 

„The  Nation“  IV,  11. 

„National  Lending  Library  for 
the  Blind“  V,  2. 

Nationalzeitung  IV,  12. 

Neapeler  Codex  116,  118,  119. 

Nederlandtsche  Gedenckclanck 
214,  215. 

Neubegeisterter  Böhme  (Kühl- 
mann)  179  —  182. 

Neue  Freie  Presse  68,  69,  71. 

„Neue  Rundschau“  53. 

Neumen  19,  122,  126,  127,  129. 

„New  Gallery“  III,  9,  10. 

Nibelungenlied  209. 

Niederländ.  Buchausstellung  in 
Amsterdam  V,  17. 

Nieritzscher  Volkskalender  191. 

Nordd.  Allg.  Zeitung  IV,  11. 

Notendruck  (Technik)  122 — 126. 

Notenhandschriften  123,  128. 

Notenschrift,  Veränderungen  126 
bis  127. 

Notenstich  122. 

Notentypendruck  126, 127, 129,131. 

Nubisches  Mskr.  III,  13. 

Nürnberger  Stadtbibliothek  114. 

Nürnberger  Typendoppeldruck 
124. 


o 

Ochsengalleverfahren  76,  77,  154. 
Odyssee  176. 

Österreichische  Rundschau. 
Österreichischer  Verein  lür  Biblio¬ 
thekswesen  22. 

Ölvergoldung  117. 

„Original  und  Reproduktion“  Zs. 
IV,  10. 

Orlandos  di  Lasso  Titelblatt  132. 
Orthochromatische  Platten  27. 
Oxforder  Buchdruck  II,  11. 


P 

Paläographisches  Album  150. 
Paläographie  IV,  11. 

„Pan“  /.  8. 

Panchromatische  Platten  27. 
Pantheon  Litteraire  62. 

Papier  als  kunstgewerbliches  Ma¬ 
terial  219 — 222. 

Papyros  25. 

Pariser  Anthologia  Latina  146. 
Pariser  Nationalbibliothek  159. 
Pariser  Kgl.  Bibliothek  48,  49. 


VIII 


Schlagwortregister.  Band  I. 


Paullini  Philos.  Feierabend,  Frz. 
179. 

Pegasus  64. 

Perfektibilistenorden  194. 
Pergamentmalerei  118. 
Pflichtexemplare  5,  15,  16 
Philologenversammlung  zu  Gotha 
1840  146. 

Phoebus  (Kleist)  I,  11. 
Photogravüre  146. 
Photolithographie  31,  146. 
Photomechanik  139. 

Phototypie  148. 

Pigmentfarben  27,  31. 

Plakate  135. 

Planetenromane  des  XVII.  Jh.  65. 
Planetenremane  des  XIX.  jh.  71. 
Plattendruck  II,  9. 

Polieren  desGoldschnitts  115 — 120. 
„Politische  Registratur“  in  Lan- 
denbach  10,  11 — 14. 

„Prag  zur  Zeit  unserer  Gro߬ 
eltern“  102. 

Prägepapiere  75. 

„ Prager  Phantasien“  99,  102. 
Prager  technologisches  Gewerbe¬ 
museum  V,  18. 

Prediger  Salomo  IV,  9. 

„Presse  als  Quelle  der  neuesten 
Geschichte  und  ihre  gegenwär- 
tigenBenutzungsmöglichkeiten“ 
1 — 18. 

Frißkarten  33. 

Propyläenausgabe  von  Goethes 
sämtl.  Werken  II,  13. 
Provinzialzentrale  für  Zeitungen  8. 
Psaligraphie  35. 

Psalmen  II,  9;  IV,  9. 

Psalterium  (1457)  IV,  11. 
Pseudonyme  II,  8. 

Punkturen  109. 

Punzieren  des  Schnittes  115,  117, 
120. 

„Puppenspiel“  Goethe  V,  13. 

Q- 

Quartdruck  109,  110. 

Quodlibet,  Theatralisches  69. 


R. 

Radierungen  I,  4. 

Rahmenvergoldung  115,  116,  119. 

Randleisten  23. 

Raster  29,  32. 

Raumlehre  im  Buchdruck  24 — 26. 

„Reformationsbibliographie  und 
Geschichte  der  deutschen 
Sprache“  109,  110. 

Register,  Prototypographisches 
II,  8. 

Reichsanzeiger,  Kaiserlich  priv. 
201. 

Reichsdruckerei,  Kaiserliche  141, 
207. 

Reichspost  (Wien)  66. 

„Reichszeitungsinstitut“  9. 

Reichszeitungsmuseum  1 ,  4 — 9, 

Reliefprägung  77. 

Renaissance  115,  120;  III,  3. 

Reproduktionstechnik  26. 

Requisiten  der  Biedermeier¬ 
wünsche  34. 

Restauration  III,  9. 

Retusche  29—31. 

Revue  des  Bibliotheques  146. 

Revue  retrospective  49. 

Rheinisch-Westphälische  Zeitung 
70,  71. 


Romantik  70,  97,  169;  III,  9. 
Romantik,  Märchendichtung  der 
60. 

Romeo  und  Julia  52;  II,  10. 
Rostocker  Theater  68. 

Rotdruck  23,  24  ;  II,  10. 
Rückenvergoldung,  Maschinelle 
J54 

Ruth,  Buch  IV,  9,  10. 
„Rylandsbibliothek“  II,  11. 


s. 

Sachsenspiegel  IV,  9. 

Santo  Spirito  (Florenz)  Bibliothek 
*74v  . 

Satzbild  25,  26. 

Schabkunstblätter  I,  4. 
Schablonentechnik  76. 
Schafpergameut  154. 

Scherz,  List  und  Rache  162,  163, 
I73- 

Schiller-Archiv  210. 

Schlemihl,  Peter  150. 

„Schloß  am  Meere“  99,  100. 
Schlußornamentstück  95,  96. 
Schöndruck  108,  110,  in,  114. 
„Schrank,  Der  oflne  99,  103 
Schweizerchronik,  Schodelers  197. 
Seemanns  Kunstgewerbeblatt  135. 
Seitensatz  85. 

SeitenzifFern  26. 

„Seleduladiversarum  artium“  116. 
,, Sermon  von  dem  Ablaß“  112. 
Shakespeare-Folioausgabe  V,  2. 
Silhouetten  II,  10. 

Simplicissimus  II,  10. 
Sinnornament  89. 

„Societe  de  reproduction“  etc. 
II,  11. 

Society  for  the  Promotion  of 
Helenic  Studics  148. 
„Sommernacht“  99,  I02. 
Spektralfarben  27. 

Spitzenkarten  35. 

Sprachverein,  Allgem.  deutscher 
73- 

Stammbuchblatt  von  Iffland  210. 
Stammbücher  39  s  /,  4  j  III,  2. 
„Standesamt“  für  Zeitungen  10. 
Steindruckpapiere  76,  78,  79. 
Stella  162,  163. 
Stempelvergoldung  115. 

Stettiner  Staatsarchiv  V,  19. 
Stoibergische  Bibliothek,  Fürst¬ 
lich,  Wenigerode  113. 
Straßburger  Mscr.  116,  119. 
Strathmore-Japan  /,  10. 

Streich-  und  Sprengpapiere  76. 
Strichätzung  141. 

Stuartepoche,  Kunst  der  III,  9. 
Sturm  und  Drang  169. 


T. 

Tabulaturen  126,  129. 

Tafelmalerei  116 — 119. 

„Tag",  der  I,  12. 

„Tägliche  Rundschau“  8. 

Talmud  55,  59. 

,, Taschenbuch  des  Bücherfreun¬ 
des“  II,  7. 

Tasso,  Torquato  162,  163,  167, 
168,  170 — 172. 

Tausend  und  ein  Tag,  erste 
deutsche  Ausgabe  51,  Co. 

Tausend  und  ein  Tag,  über  die 
Märchen  von  41 — 63. 

Tausend  und  eine  Nacht  41,  42, 
44-46,  48,  51,  53,  55,  57,  62. 


„Technik  der  Fresko-,  öl-  und 
Temperamalerei  des  Mittel¬ 
alters“  it8. 

Technik  des  Buchdrucks  im 
XVI.  Jahrh.  109. 

Tcilbilder  (Dreifarbendruck)  27, 

28. 

Temperamalerei  117,  118. 

Ternto  113,  114. 

Testament,  Altes  64.  148. 
Textbilder  85. 

Theatre  de  la  Foire  51,  58,  63. 
Tierformen,  Stilisierte  21. 
Titelblätter  und  Titelzeichnungen 
42—44,  51,  91,  93,  9t.  97.  99. 
128,  129. 132,  134,  135.  139.  140, 

143,  151,  161 — 173,  18t. 

„Tonic- sol-fa“  Notenschrift,  eng¬ 
lische  126,  129. 

Tragantgummi  76. 
Transparentkarten  35. 

Trionfo  della  fedeltä  131. 
Triumph  der  Empfindsamkeit  161, 
163,  166. 

Trockenfilter  28. 

Tübinger  Gelehrte  Anzeigen  68. 
Tübinger  kgl.  Universitätsbibi. 

211,  212,  214,  216. 
Tudorperiode,  Kunst  der  III,  9. 
Tunk-  und  Marmorpapiere  79. 
Türkischmarmor  76. 

Type  Facsimile  Society  13^,142, 

144,  145. 

Typenalphabete  137,  139. 
Typendoppeldruck,  Nürnberger 
124. 

Typenkundc  des  XV,  Jahrh  ,  zur 
136—I45- 


U. 

Überdeckungsfehler  31. 
Umdruckfarbe  29. 
Uncialhandschriften  146,  149,  150. 

Ungerfraktur  /A  13; . 

Upsalacr  Universitätsbibliothek 
144. 


V. 

Vatikanische  Bibliothek  146,  148, 
i59i  174.  175.  178.  179- 
Venetianische  Einbände  116. 
„Vereenigung  voor  Letterkundi¬ 
gen"  ///,  12. 

„Versammlung  deutscher  Philo¬ 
logen  und  Schulmänner  ‘  (44) 
109. 

„Der  Verschwender“  34. 
Victoriaepoche,  Kunst  der  III,  9. 
Vierfarbendruck  31. 

Vignetten  63,  85,  8;,  89,  98,  99, 
108,  136,  161,  163,  164;  IV,  2. 
Visconti.  Bibliothek  zu  Pavia  158, 
159,  178. 

Vögel,  die  (Goethe)  161,  163,  166. 
Volksbühne  64. 

Vorsatz,  Vorsatzpapier  48)49, 64/65, 
72/73»  79/So,  154,  156;  IV,  10, 

II. 

Vossische  Zeitung  73;  Illy  13. 


w. 

Wachstafelkladdebuch  V,  14. 
Wallraf-Richartz-Museum  III,  11. 
Watteau-Stiche  /,  3. 


Weihnachtsevangelium  des  Lukas 
39.  40. 

Weimarer  Au-gabc  von  Goethes 
Werken  161,  164,  166,  167; 

///  10. 

Weimarisches  Jahrbuch  für 
deutsche  Spr.,  Lit.  und  Kunst 

214. 

Weimarer  I  utherausgabe  110. 
Werkschulbücher  116. 

Werther»  Leiden  t6i  — 164;  V,  13. 
von  zur  Westensche  Sammlung 
rsx. 

Westermanns  Monatshefte  7t. 
Weygandsche  Buchhandlung 
(Leipzig)  164. 

Widerdruck  10-) — zu. 
WienerFideikommißbibliothek  69- 
Wiener  Jahrbücher  der  1  it.  48. 
Wiener  K..  K.  Hofbibi. othek  18, 
48,  148.  150,  210;  f/',  9. 
Wiener  kaufmännischer  Verein 

Wiener  Kongreß  34. 

Wiener  Musenalmanach  69. 
Wiener  Volkstheatcr  69. 

Wiener  „Zeit“  69 
Wilhelm,  Meister  ///.  10. 
Wochenschrift,  internationale  für 
Wissenschaft.  Kunst  und  Tech¬ 
nik  1 ;  V,  16. 

Wochenzeitung,  Deutsche  für  d. 

Nicderl.  und  Belgien  V,  17. 
Woellmer-Antiqua  //,  10. 
WoeflTenbüttlcr  Archiv  /,  9. 
Wolfenbüttler  herzogl.  Bibliothek 
1  *3- 

Wooley  Photographs  142,  144. 
„Worte  Napoleons“  47. 
Wörterbuch  der  Bücherkunde 

II,  8. 

Wunderhorn,  Des  Knaben  316 
217  ;  I,  2  j  /V,  8. 


X. 

Xenien  67. 


Y. 

Vilditz-Palast  II,  11. 


z 

Zapon,  Zaponierung  5 — 9,  15—17 
Zauberflöte  194. 

Zeitschrift  d.  deutschen  morgen¬ 
ländischen  Gesellschaft  55. 
Zeitschrift  f.  Bücherfreunde  135. 
Zeitungsarchiv  18. 
Zeitungsmuseen,  über  1  — 18. 
„Zeitungsmuseum,  Das“  ;  Zeit¬ 
schrift  f.  Zeitungswesen  10. 
Zeitungswesen,  Deutsches  (Ge¬ 
schichte)  1. 

Zentralbibliothek  für  Blinde  V,  2, 
GrafZeppelinmarsch(Titel)i28  129. 
Zierbuchstaben  143. 

Zierleisten  83.  85,  89,  92,  143  ;/,  4. 
Zinkdruckrotationsmaschine  125. 
Zinkographie  146. 

Ziselierung  des  Schnitts  115. 
Zornscher  Luftballon  135. 
Zugkarten  35. 

Zukunft  /,  2. 

Züricher  antiquarische  Gesell¬ 
schaft,  Mitteilungen  213. 
Zwitterdrucke  in  derReformations- 
zeit  109 — 114. 


Über  Zeitungsmuseen 

von 

Dr.  Stephan  Kekule  von  Stradonitz  in  Groß  -  Lichterfelde. 


ie  Geschichte  eines  Volkes 
ist  in  seinen  Zeitungen  zu 
finden,  hat  kein  Geringerer 
als  der  englische  Ge¬ 
schichtsschreiber  Macau- 
lay  gesagt,  und  schon  im 
Jahre  1795  schrieb  der 
Königlich  Großbritanni¬ 
sche  und  Kurfürstlich 
Braunschweigische  Ge¬ 
heime  Kanzlei-  und  Lega¬ 
tionssekretär  in  Berlin, 
^später  Ministerresident  in  Frankfurt  a.  M.,  Joachim 
von  Schwarzkopf,  in  einer  zu  Frankfurt  erschie¬ 
nenen  Schrift  „Über  Zeitungen“:  „Nur  die  Un¬ 
kunde  kann  eine  solche  Quelle  verschmähen. 
Einzelne  Blätter  haben  oft  einen  so  ausgezeich¬ 
neten  Wert,  daß  deren  Verlust  für  die  Ge¬ 
schichte  beinahe  unersetzlich  wäre.  Von  ge¬ 
wissen  Hauptereignissen,  von  Papstwahlen, 
Kaiserkrönungen  usw.  sind  die  Zeitungen  oft  die 
einzigen  archivarischen  Depositäre.“  Auch  L. 
Salomon  hat  in  seiner  „Geschichte  des  deutschen 
Zeitungswesens“,  Oldenburg  1900 — 1906,  man¬ 
ches  gute  und  zutreffende  Wort  über  den 
Wert  der  Presse  als  Geschichtsquelle  gesagt 
Allein  diese  und  andere  Rufe  verhallten,  in 
Deutschland  wenigstens,  ungehört. 

Nun  hat  ganz  neuerdings  Dr.  Martin  Spahn, 
ordentlicher  Professor  der  neueren  Geschichte  an 
der  Universität  zu  Straßburg  i.  E.,  und  zwar  beim 
z.  f.  B.  1909/1910. 


letzten  „Internationalen  Kongreß  für  historische 
Wissenschaften“  zu  Berlin  (6. — 12.  August  1908) 
unter  dem  Titel:  „Die  Presse  als  Quelle  der 
neuesten  Geschichte  und  ihre  gegenwärtigen 
Benutzungsmöglichkeiten“  einen  trefflichen  und 
anregenden  Vortrag  gehalten,  der  mittlerweile 
in  der  „Internationalen  Wochenschrift  für  Wissen¬ 
schaft,  Kunst  und  Technik“,  Beigabe  zur  „Mün¬ 
chener  Allgemeinen  Zeitung“,  2.  Jahrgang,  No.  37 
und  38  vom  12.  und  19.  September  1908  in  er¬ 
weiterter  Form  erschienen  ist. 

Der  Widerhall,  den  dieser  Vortrag  und  die 
in  ihm  enthaltene  Forderung  eines  „Reichs¬ 
zeitungsmuseums“  bei  der  Presse  selbst  gefunden 
haben,  läßt  es  gegenwärtig  als  aussichtsreicher 
wie  früher,  erscheinen,  von  dem  Werte  nicht 
nur  der  Zeitungen  für  die  Wissenschaft,  sondern 
auch  von  der  Notwendigkeit  ihrer  Sammlung, 
Aufbewahrung  und  Erhaltung  zu  sprechen. 

Manches,  was  mit  diesen  Dingen  im  Zu¬ 
sammenhänge  steht,  hat  mein  Nachdenken  seit 
Jahren  beschäftigt.  Insofern  meine  Arbeiten 
sich  auf  dem  Gebiete  der  Familiengeschichts¬ 
forschung  bewegten,  hatte  es  mir  nämlich  nicht 
verborgen  bleiben  können,  daß  die  alten  Zei¬ 
tungen,  um  zunächst  von  diesen  allein  zu  reden, 
wobei  unter  „alt“,  aus  zweierlei  nachher  ersicht¬ 
lichen  Gründen,  die  Zeit  vor  1848  oder  1860 
verstanden  werden  mag,  als  Quelle  für  die 
Familiengeschichtsforschung  von  unschätzbarem 
Werte  sind.  Und  zwar  kommen  in  den  „alten“ 


1 


2 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


Zeitungen  hierfür  nicht  nur  die  Familiennach¬ 
richten  im  engeren  Sinne,  also  die  Nachrichten 
über  Geburten,  Vermählungen  und  Sterbefälle, 
sondern  auch  Familiennachrichten  im  weiteren 
Sinne,  wie  Nachlaßteilungen,  Erbschaftsprozesse 
usw.,  und  endlich  die  personalgeschichtlichen 
Nachrichten,  wie  Ernennungen  und  Beförde¬ 
rungen,  Entlassungen  vom  Amte,  Eigentums¬ 
verkäufe,  Zwangsversteigerungen,  Bekannt¬ 
machungen  über  Aufgebote  Verschollener,  Un¬ 
glücksfälle,  Bestrafungen,  sonstige  Prozeßnach- 
richten  usw.  usw.  in  Betracht.  Kurz  —  und  das 
ist  eine  von  vornherein  wichtige  Feststellung 
gleichgültig,  von  welchem  Gesichtspunkte  der 
Benutzung  der  Zeitungen  aus  sie  gewonnen 
wird  —  es  ist  nicht  ausschließlich  der  amtliche 
und  der  sogenannte  „redaktionelle“  Teil  der 
Zeitungen,  der  wichtig  ist,  sondern  teilweise 
auch  der  Anzeigeteil. 

Die  Erkenntnis  über  den  Wert  der  alten 
Zeitungen  für  personalgeschichtliche  Unter¬ 
suchungen  ist  nun  ebenfalls  keineswegs  neu. 
Ich  verweise  zum  Belege  hierfür  nur  auf  eine 
Stelle  in  der  Einleitung  zu  F.  W.  Bartholds 
Buch  „Die  geschichtlichen  Persönlichkeiten  in 
Jacob  Casanovas  Memoiren“  mit  dem  Unter¬ 
titel:  „Beiträge  zur  Geschichte  des  achtzehnten 
Jahrhunderts“  (Berlin  1846,  Verlag  von  Alexan¬ 
der  Duncker),  wo  es  (Bd.  1,  S.  5f.)  heißt:  „es 
bietet  aber  neben  den  allgemeinen  Hilfsmitteln 
der  Geschichte,  Genealogie,  Chronologie  und 
den  Encyklopädien  und  Zeitungen,  die  Gegen¬ 
seitigkeit  und  die  soziale  Befreundung  der  Nota- 
bilitäten  des  XVIII.  Jahrhunderts  einen  so  un¬ 
übersehbaren  Stoff  für  diese  Art  der  ver¬ 
gleichenden  Kritik . daß  man  bei  einigem 

Geschick  und  literarischer  Spürkraft  auch  weni¬ 
ger  bedeutende  Personen  jener  Tage  während 
ihrer  ganzen  Bahn  fast  polizeilich  im  Auge  be¬ 
halten  kann,  ohne  gerade  die  französischen 
Zeitungen,  die  Leidener,  den  Reichspostreiter, 
die  Fremdenlisten  und  Gerichtsakten  zu  Hilfe 
zu  rufen.“ 

Für  kultur-,  kunst-  und  kunstge werbe  -  ge¬ 
schichtliche  Zwecke  war  ich  ebenso  zu  der 
Überzeugung  von  der  Bedeutung  der  Zeitungen 
allgemein  einerseits,  von  der  Bedeutung  nicht 
nur  ihres  amtlichen  und  redaktionellen,  sondern 
auch  ihres  Anzeigeteils  andrerseits  gelangt. 

Als  „Bibliophile“  hatte  ich  bei  Arbeiten  auf 
den  vorbezeichneten  Gebieten  reichlich  Gelegen¬ 


heit,  mich  von  der  Mangelhaftigkeit  der  Be¬ 
nutzungsmöglichkeiten  hinsichtlich  alter  Zei¬ 
tungen,  selbst  in  den  größten  öffentlichen  Bücher¬ 
sammlungen  Deutschlands  zu  überzeugen.  Ich 
hielt  aber  meinerseits  die  Zeit  noch  nicht  für 
gekommen,  diese  P'ragen  zur  Sprache  zu  bringen, 
und  begnügte  mich  mit  dem  Sammeln  von 
Stoff  dazu.  Auch  dieses  seit  Jahren.  Nun  hat 
Spahn  das  unleugbare  Verdienst,  sie  von  einem 
besonderen  Gesichtspunkte  aus  in  Pluß  gebracht 
zu  haben,  nämlich  von  dem  der  Erforschung 
des  innerpolitischen  Lebens,  der  Geschichte  der 
öffentlichen  Meinung  und  der  politischen  Par¬ 
teien.  Dieser  Gesichtspunkt  ist  offenbar  un¬ 
gleich  wichtiger,  als  der  Schwarzkopfs,  und 
nähert  sich  anscheinend  der  Ansicht  Macaulays. 
Er  ist  aber  sicher  ebenso  ungleich  wichtiger, 
als  der  Gesichtspunkt  des  Kultur-,  Kunst-  und 
Kunstgewerbe-Historikers,  des  Biographen  und 
des  F amiliengeschichtsforschers. 

Diese  Seite  der  P'rage  ist  so  bedeutsam,  der 
Schwierigkeiten  sind  unleugbar  so  viele,  daß 
eine  Beleuchtung  von  den  verschiedensten  Seiten 
her  eintreten  muß. 

Das  deutsche  Zeitungswesen  ist,  so  führt 
Spahn  aus,  in  seiner  gegenwärtigen  Entfaltung 
ein  Erzeugnis  der  Jahre  1859  bis  etwa  1890. 
Von  1859  an  erblühte  die  Presse  ungehindert. 
Ihre  bevorzugte  Aufgabe  war  von  nun  ab,  un¬ 
ermüdlich  und  erfolgreich  die  öffentliche  Mei¬ 
nung  zu  bearbeiten,  den  Gefühlen,  die  in  der 
Nation  aufwallten,  den  Bestrebungen,  durch  die 
die  Nation  politisch  und  sozial  vorwärts  will, 
überall  Gehör  zu  verschaffen.  Darüber  ver¬ 
banden  sich  die  Zeitungen  aufs  engste  mit  den 
politischen  Parteien  und  wurden  gleichsam  Or¬ 
gane  —  das  Wort  nicht  nur  im  übertragenen 
Sinne  genommen  —  der  Parteiverbände,  auf 
deren  Tätigkeit  der  Lebensprozeß  der  Parteien 
wesentlich  mitberuhte.  Dieser  Zusammenhang 
von  Presse  und  Partei  ist  für  das  Wachstum 
der  deutschen  Presse  bis  zur  vollen  Entfaltung 
von  der  größten  Bedeutung. 

Wenn  Spahn  dabei  allerdings  einflicht,  daß 
sich  „nach  dem  Jahre  1890  der  Zusammenhang 
von  Presse  und  Partei  anscheinend  wieder  ge¬ 
lockert  hat,“  so  ist  das  eine  Ansicht,  die  ich 
für  meine  Person,  nach  eigenen  Beobachtungen, 
nur  für  bedingt  richtig  ansehen  kann,  doch 
kommt  hierauf  in  diesem  Zusammenhänge 
wenig  an. 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


3 


Es  soll  aber  bei  dieser  Gelegenheit  der  Um¬ 
stand  wenigstens  berührt  werden,  daß  seit  dem 
Jahre  1890  etwa  neben  die  große  Zahl  der 
Nachrichtenblätter,  die  zugleich  politische  Blät¬ 
ter  sind,  und  neben  einige  große  „unabhängige“ 
Zeitungen,  eine  erhebliche  Anzahl  „parteiloser“ 
Blätter  („General -Anzeiger“)  getreten  ist,  die 
selbstverständlich  für  die  Geschichte  der  Par¬ 
teien  ohne  Wichtigkeit  sind,  aber  in  bezug  auf 
Kultur-,  Kunst-  und  Kunstgewerbegeschichte, 
Geschichte  der  öffentlichen  Meinung  usw.  ebenso¬ 
große  Bedeutung  beanspruchen  können1.  Das 
Verhältnis  der  „politischen“  Blätter  zu  den  Par¬ 
teien  hat  sich  meines  Erachtens  seit  1890  nicht 
verschoben. 

Nachdem  Spahn  so  das  Wechselwirken 
zwischen  Partei  und  Presse  und  die  gegenseitigen 
Beziehungen  zwischen  der  Geschichte  der  Par¬ 
teien  und  der  Geschichte  der  Presse  sehr  gut 
dargestellt  hat,  schildert  er,  davon  ausgehend, 
die  Presse  aber  immer  nur  als  Quelle  der  inner¬ 
politischen  Geschichte  ins  Auge  fassend,  sehr 
anschaulich  die  inneren,  im  Wesen  der  Sache 
liegenden  Schwierigkeiten,  die  sich  dem  Ver¬ 
treter  der  neueren  Geschichte,  wenn  er  die 
Presse  als  Quelle  benutzen  will,  entgegentürmen. 
Er  steht  einer  ungeheuren  Menge  von  Stoff 
gegenüber,  mit  dem  er  vorerst  gar  nichts  an¬ 
zufangen  weiß. 

„Es  ist,“  so  sagt  Spahn,  „völlig  unmöglich, 
die  nach  Hunderttausenden  und  Millionen  zäh¬ 
lenden  bedruckten  Blätter  großen  und  größten 
Formates,  welche  die  Presse  der  Forschung  dar¬ 
bietet,  sämtlich  durchzusehen.  Eine  Auswahl 
zu  treffen  ist  unvermeidlich.  Für  eine  solche 
Auswahl  aber  sowohl,  wie  auch  für  die  dem 
Forscher  aus  jeder  Zeitung  entsprudelnde  Über¬ 
fülle  von  Einzelheiten,  Nachrichten  und  Urteilen 
fehlt  es  vorderhand  an  zureichenden  Kriterien 
der  Sichtung  und  Bewertung.  Die  Verbindung 
zwischen  Presse  und  Partei  in  Deutschland  ist 
eine  primäre,  deshalb  sind  diese  Kriterien  erst 
in  langer  Beziehung  zu  suchen.“  Deshalb  muß, 
„außer  bei  Forschungen  durch  Meisters  Hand, 
auf  die  Benutzung  der  Presse  vorläufig  ver¬ 
zichtet  werden,  wo  es  sich  um  Beiträge  zu 


nationalgeschichtlichen  oder  gar  noch  über  das 
nationalgeschichtliche  Gebiet  hinausgehenden 
Problemen  allgemeiner  Art  handelt.  Für  solche 
umfassende  Untersuchungen  muß  die  Presse 
als  wissenschaftliches  Werkzeug  erst  brauchbar 
gemacht  werden.  Ihr  selbst,  der  Klarstellung 
ihrer  eigenen  Entwicklung  und  in  Verbindung 
damit  der  Geschichte  unserer  Parteien  müssen 
unsere  gemeinsamen  Anstrengungen  demnächst 
gelten.  Dabei  ist  aber  zu  beachten,  daß  auch 
die  Geschichte  der  Parteien  in  wesentlichen 
Zügen  noch  ebenso  unklar  ist  wie  die  der  Presse“. 
Und  weiter:  „Beide  müssen  gleichzeitig  und 
können  auch  nur  die  eine  durch  die  andere 
aufgehellt  werden,  denn  beide  sind  miteinander 
geworden  und  ihr  Wachstum  hat  sich  gegen¬ 
seitig  bedingt.  In  beiden  Fällen  haben  wir  es 
mit  sehr  verwickelten  und  regelmäßig  genau  zu 
analysierenden  geschichtlichen  Gebilden  zu  tun. 
Jede  Partei  beruht  auf  dem  Zusammenwirken 
oder  ringt  mit  dem  Gegeneinanderwirken  man¬ 
nigfaltiger  Bewegungen  in  der  Bevölkerung,  und 
ihre  Politik  unterliegt  fortwährend  dem  Wider¬ 
spiel  vielfach  auseinanderstrebender  Persönlich¬ 
keiten.  So  ist  auch  an  dem  Inhalte  einer  Zei¬ 
tung  das  persönliche  geistige  Eigentum  der 
Zeitung,  die  Beiträge  der  Redakteure  und  der 
ständigen  Korrespondenten,  von  dem  zu  unter¬ 
scheiden,  was  sie  aus  vervielfältigten  Korrespon¬ 
denzen  aufnahm  und  aus  anderen  Blättern 
ausschnitt,  sowie  von  dem,  was  ihr  einerseits 
aus  offiziösen  Quellen  im  Verborgenen  zufloß 
und  was  ihr  andrerseits  aus  der  Partei  durch 
gelegentliche  Mitarbeiter,  vorzüglich  aber  durch 
führende  Männer  zukam.  Namentliche  Zu¬ 
weisungen  sind,  sofern  sie  erfolgen  können,  da¬ 
bei  regelmäßig  von  großem  Werte.“  Und  ferner: 
„Je  vollkommener  eine  Zeitung  gewissermaßen 
in  ihre  organischen  Bestandteile  aufgelöst  werden 
kann,  je  besser  es  gelingt,  jeden  einzelnen  zu 
isolieren,  desto  verwendbarer  wird  sie  als  ge¬ 
schichtliche  Quelle.  Denn  in  demselben  Maße 
wird  es  möglich,  da  sich  Presse  und  Partei  ja 
niemals  decken,  nur  gegenseitig  illustrieren,  die 
Art  ihrer  Beziehungen,  die  Umstände  und  die 
Schranken  ihres  Einflusses  aufeinander  klar  zu 


1  In  dem  „Alphabetischen  Verzeichnis“  der  „politischen,  lokalen,  Anzeige-Blätter  und  dergl.“  (von  dem  also  die 
„Fachzeitschriften  und  Verwandtes“  ausgeschlossen  sind)  in  Joseph  Kürschners  „Handbuch  der  Presse“,  Berlin,  Eisenach, 
Leipzig  1902,  Vierter  Teil,  II,  nehmen  die  deutschen  parteilosen  Zeitungen  allein  283/4  Spalten  zu  je  80  Zeilen  ein.  Das 
vorbezeichnete  Werk  ist  für  manche  einschlägige  Fragen  noch  heute  unübertroffen.  Für  vielerlei  Ausführungen  in  der 
vorliegenden  Darstellung  hat  es  als  Unterlage  gedient. 


4 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


bestimmen,  beide  für  die  Zwecke  wissenschaft¬ 
licher  Untersuchung  deutlich  voneinander  ab¬ 
zurücken.  Damit  werden  wir  instand  gesetzt, 
vergleichend,  wie  alle  unsere  methodologische 
Tätigkeit  in  letzter  Zeit  ist,  der  Presse  für  die 
Partei  und  dem  Parteileben  für  die  Presse 
die  Kriterien  zu  entnehmen,  mit  deren  Hilfe 
wir  sowohl  die  aus  den  Zeitungen,  wie  auch 
die  aus  dem  Parteileben  uns  zuströmenden 
Einzelnachrichten  und  Einzelurteile  sichten  und 
bemessen  können.“  Und  endlich:  „Werden  wir 
erst  mit  unsern  preß-  und  parteigeschichtlichen 
Untersuchungen  weiter  fortgeschritten  sein  und 
der  Presse  dadurch  als  geschichtlicher  Quelle  jene 
Geschmeidigkeit  verliehen  haben,  die  unseren 
anderen  Quellen  schon  eigen,  so  ist  kaum  zu 
zweifeln,  daß  sie  allen  Geschichtschreibern 
der  jüngsten  Geschichte  die  wertvollste  Quelle 
von  allen  werden  wird.  Sie  hat  Vorzüge,  in 
denen  keine  andere  Quellengattung  mit  ihr  wett¬ 
eifern  kann.  Ihr  Nachrichtennetz  ist  unver¬ 
gleichlich  dicht  und  fast  lückenlos.  Unzählige 
wichtige  Vorgänge  bringt  sie,  fast  sogleich  nach¬ 
dem  sie  sich  vollzogen  haben,  unter  der  Wir¬ 
kung  verschiedenartiger  Beleuchtung  von  allen 
Seiten  her.  Vor  allem  aber  ist  die  Presse  außer¬ 
ordentlich  sensibel.  Kaum  daß  sich  im  Volks¬ 
oder  Staatsleben  ein  neues  regt,  daß  die  ersten 
feinen  Ursprünge  einer  kommenden  nationalen 
Bewegung  tropfenweise  zu  fließen  beginnen, 
reagiert  die  Presse  darauf.  Was  gäben  wir 
darum,  die  Vorbereitungen  gewaltiger  nationaler 
Begebenheiten  unserer  nationalen  Vergangen¬ 
heit  von  der  Art  der  Reformation  genau  fest¬ 
stellen  zu  können!  Für  die  ähnlich  starken  all¬ 
gemeinen  Bewegungen  des  XIX.  Jahrhunderts 
werden  wir  dank  der  Presse  schwerlich  dasselbe 
Bedauern  zu  empfinden  brauchen.“ 

Ich  kann  den  geistvollen  Ausführungen 
Spahns  nur  im  wesentlichen  zustimmen,  wes¬ 
halb  ich  mir  auch  erlaubt  habe,  sie  zum  Teil 
wörtlich  anzuführen. 

Jedenfalls  für  die  Geschichte  der  inneren 
Politik  seit  etwa  1850,  die  durch  die  Parteien 
entscheidend  beeinflußt  worden  ist,  und,  wenn 
nicht  alles  trügt,  auch  weiter  entscheidend  be¬ 
einflußt  werden  wird,  ist  die  Presse  die  vorzüg¬ 
lichste  Geschichtsquelle  und  wird  es  auch  für 
die  Zukunft  sein,  soweit  man  überhaupt  die 
weitere  Entwicklung  der  Dinge  vorauszusehen 
vermag. 


Daraus  ergibt  sich  nun  von  selbst  die  drei¬ 
fache  Forderung,  daß  die  Erzeugnisse  der  Presse 
seit  mindestens  1850  in  geeigneter  Weise  dau¬ 
ernd  erhalten  und  vor  Vernichtung  geschützt, 
daß  sie  gesammelt,  vereinigt  und  zusammen¬ 
gefaßt,  daß  sie  endlich  der  wissenschaftlichen 
Benutzung  leicht  zugänglich  gemacht  werden. 

Wie  sieht  es  nun,  diesen  Forderungen  gegen¬ 
über,  damit  gegenwärtig  aus,  mit  anderen  Wor¬ 
ten:  wie  sind  die  gegenwärtigen  und,  bis  zur 
Schaffung  neuer  Einrichtungen  und  Maßnahmen, 
zukünftigen  äußeren  Bedingungen  für  eine 
Sammlung,  Erhaltung  und  wissenschaftliche  Be¬ 
nutzung  der  Presse  ? 

Die  Antwort  fällt,  auch  abgesehen  von  dem 
sehr  wichtigen  Gesichtspunkt  des  Sammelns  und 
Aufbewahrens,  trübe  genug  aus. 

Seit  der  Mitte  des  XIX.  Jahrhunderts,  unge¬ 
fähr  dem  gleichen  Zeitpunkte  also,  in  dem  die 
Presse  anfängt,  für  die  innere  Geschichte  und 
namentlich  die  Geschichte  der  Parteien,  wichtig 
zu  werden,  werden  die  Zeitungen  allgemein  auf 
Holzpapier  und  nicht  mehr  auf  Hadernpapier, 
jedenfalls  nicht  auf  reines  Hadernpapier,  ge¬ 
druckt.  Das  Holzpapier  weiht  aber  den  auf¬ 
gedruckten  Inhalt  der  Zeitung  nach  kurzer  Zeit, 
höchstens  2 — 3  Menschenaltern,  der  Vernich¬ 
tung.  Dieser  Vernichtungsprozeß  kann  zwar 
durch  sachgemäßes  Auf  bewahren,  d.  h.  ein 
solches,  das  möglichst  vor  Feuchtigkeit  und 
Luftzutritt,  völlig  vor  Licht  schützt,  eine  Weile 
aufgeschoben,  nicht  aber  verhütet  werden.  Die 
Gefährlichkeit  des  Lichts  für  das  Holzpapier  ist 
eine  so  große,  daß  die  wissenschaftliche  Be¬ 
nutzung,  wenn  sie  erst  mehrere  Jahrzehnte  nach 
Erscheinen  der  betreffenden  Nummern  und  in 
größerem  Umfange  erfolgt,  trotz  der  geschützte¬ 
sten  Aufbewahrung  in  der  Zwischenzeit,  nur 
mit  dem  Zerfall  des  Papierstoffes  und  damit 
der  Zerstörung  der  betreffenden  Nummern  er¬ 
kauft  werden  könnte. 

Spahn  fordert  deshalb  für  die  Zukunft  und 
das  von  ihm  vorgeschlagene  „Reichszeitungs¬ 
museum“,  daß  von  jeder  Zeitung,  die  in  diesem 
Museum  aufbewahrt  werden  soll,  mindestens 
je  zwei  Stück  auf  beständigem,  nämlich  holz¬ 
freiem  Papier  gedruckt  werden  sollen,  das  heißt, 
er  forderte  dieses  in  seinem  mündlichen  Vor¬ 
trage  vor  dem  Historikerkongreß.  In  dem  er¬ 
weiterten  Abdruck  des  Vortrages  kann  ich  die 
Stelle  nicht  finden.  Wahrscheinlich  hat  sich 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


5 


Spahn  zwischen  Vortrag  und  Abdruck  von  der 
Undurchführbarkeit  dieser  Forderung  überzeugt 

Ich  habe  mich,  um  ein  Bild  von  der  Mög¬ 
lichkeit  und  den  Kosten  einer  solchen  Maßregel 
zu  bekommen,  mit  dem  „Berliner  Lokal -An¬ 
zeiger“  in  Verbindung  gesetzt,  und  folgende 
Auskunft  erhalten. 

Um  die  gewünschten  Sonderabzüge  des 
Blattes  auf  holzfreiem  Papier  täglich  herstellen 
zu  können,  müßte  zunächst  holzfreies  Papier  in 
Rollen  beschafft  werden.  Nachdem  die  ein¬ 
zelnen  Formen  die,  für  die  gewöhnliche  Aus¬ 
gabe  erforderliche,  Auflage  ausgedruckt  haben, 
müßten  die,  bis  dahin  benutzten  Rollen  des  ge¬ 
wöhnlichen  Papiers  gegen  die  Rollen  des  holz¬ 
freien  Papiers  ausgewechselt  werden.  Die 
Drucklegung  auf  einer  Schnellpresse  würde  gar 
nicht  durchzuführen  sein  (folgt  nähere  Begrün¬ 
dung  und  Angabe,  wie  es  gemacht  werden 
könnte).  Die  Arbeit  wäre  eine  sehr  schwierige, 
die  störend  auf  den  sonstigen  Betrieb  einwirken 
würde  und  die  Gesamtkosten  der  beiden  holz¬ 
freien  Exemplare  würden  sich  allein  für  den 
„Berliner  Lokal -Anzeiger“,  also  abgesehen  von 
den  anderen  Erzeugnissen  des  August  Seheri¬ 
schen  Verlages,  auf  fünfzig  Mark  täglich  stellen. 

Fünfzig  Mark  täglich,  das  sind  18250  Mark 
jährlich.  Mit  dieser  Feststellung,  die  allerdings 
in  bezug  auf  eine  hinsichtlich  der  Sonntags¬ 
nummer  ganz  besonders  umfangreiche,  aber 
hinsichtlich  der  Wochentagsnummern  nicht 
einmal  so  besonders  umfangreiche  Zeitung, 
getroffen  wurde,  ist  also  der  Gedanke,  die  Zei¬ 
tungen  zu  veranlassen,  täglich  je  zwei  (oder 
drei;  zwei  „Pflichtexemplare“  für  das  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum“  ein  Exemplar  für  den  Verlag 
selbst!)  auf  holzfreiem  Papier  herzustellen,  ein¬ 
fach  erledigt.  Es  ist  klar,  daß  man  die  Zeitungen 
nicht  zwingen  kann,  diese  Herstellung  auf  eigene 
Kosten  vorzunehmen.  Ebenso  klar,  daß  ein 
„Reichszeitungsmuseum“  derartige  Kosten  nicht 
würde  tragen  können,  denn  die  gesamten  lau¬ 
fenden  Ausgaben  hierfür  würden  sich,  bei  nur 
dreißig  verschiedenen  Zeitungen  auf  über 
500000  Mark  jährlich  belaufen.  Die  erst¬ 
erwähnte  Einrichtung  würde  überdies  nur  durch 
Gesetz,  und  zwar  durch  ein  Reichsgesetz,  durch 
eine  reichsgesetzliche  Regelung  von  Verpflich¬ 
tungen,  Pflichtexemplare  auf  holzfreiem  Papier 
zu  liefern,  erfolgen  können  und  daß  ein  der¬ 
artiger  Gesetzes  Vorschlag,  nach  dem  Vorstehen¬ 


den,  unter  keinen  Umständen  auf  Annahme  im 
Reichstage  würde  rechnen  können,  erscheint 
mehr  als  gewiß.  Außerdem  würde  aber  eine 
zukünftige  Herstellung  der  Zeitungen  auf  holz¬ 
freiem  Papier  für  die  Erhaltung  der  Zeitungen 
von  rund  1850  bis  zum  Augenblicke  der  Verkün¬ 
dung  des  betreffenden  Gesetzes  auch  gar  nichts 
mehr  helfen  und  gerade  für  die  Zeit  von  1859 
bis  1890  sind  ja  die  Zeitungen,  nach  Spahn, 
für  die  Ergründung  der  inneren  Geschichte 
Deutschlands  und  der  Geschichte  der  Parteien 
ganz  besonders  wichtig. 

Es  gilt  also,  auf  ein  anderes  Mittel  zur  Er¬ 
haltung  des  Vorhandenen  seit  der  Zeit  der  An¬ 
wendung  des  Holzpapiers  und  des  Zukünftigen 
zu  sinnen,  und  das  scheint  mir  die  Grundlage 
für  alle  weitere  Überlegung  zu  sein. 

Ein  solches  Mittel  ist  nun  in  der  Tat  bereits 
vorgeschlagen  worden,  und  zwar  zum  ersten 
Male,  wenn  ich  nicht  irre,  von  Dr.  Armin  Tille, 
in  der  „Kölnischen  Zeitung“,  Nr.  715  vom 
12.  September  1899.  Es  ist  die  Verwendung 
von  „Zapon“. 

Dieser  farblose,  dickflüssige  Lack,  eine  Lö¬ 
sung  von  Zelluloid  in  Amylacetat  und  Aceton, 
liefert  einen  durchsichtigen,  nicht  spröden,  aber 
sehr  harten ,  kaum  mit  dem  Fingernagel  ritz¬ 
baren  Überzug,  der  eine  Biegung  verträgt,  da¬ 
bei  nicht  rissig  wird  oder  abspringt,  sich  auch 
niemals  trübt  und  an  den  Gegenständen,  auf 
denen  er  angebracht  wurde,  kaum  sichtbar  ist. 
Er  haftet  auf  Holz,  Metall,  Papier  und  Perga¬ 
ment.  Holzstoffpapier  wird  durch  ihn  dauernd 
haltbar.  Die  Anbringung  ist  einfach  und  ver¬ 
hältnismäßig  billig.  Für  die  Erhaltung  alter  und 
wertvoller  Handschriften  ist  die  „Zaponierung“ 
bereits  vielfach  in  Gebrauch.  Näheres  hierüber 
ist  den  Schriften  von  Posse,  Handschriften¬ 
konservierung,  und  Schill,  Anleitung  zur  Er¬ 
haltung  und  Ausbesserung  von  Handschriften 
durch  Zaponimprägnierung,  beide  zu  Dresden 
1899  erschienen,  zu  entnehmen. 

Damit  ist  die  Frage,  wie  die  auf  Holzpapier 
gedruckten  Zeitungen  der  letzten  Menschen¬ 
alter  und  der  Zukunft  vor  dem  Verderben 
dauernd  bewahrt  werden  können,  beantwortet. 
Für  die  vorhergegangenen  Zeiten  erledigt  sie 
sich,  da  das  holzfreie  Papier  jener  Zeiten  be¬ 
kanntlich  außerordentlich  dauerhaft  und,  bei 
sachgemäßer  und  zweckentsprechender  Auf¬ 
bewahrung,  fast  unverwüstlich  ist. 


6 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


Immerhin  scheint  mir  auch  bei  Anwendung 
dieses  Erhaltungsmittels  die  Kostenfrage  im 
allgemeinen  und  die  Art  und  Weise,  wie  die 
„Zaponierung“  vorzunehmen  ist,  auf  die  ich  hier 
nicht  näher  eingehen  kann,  darauf  hinzuweisen, 
daß  in  einem  Zeitungsmuseum  nicht  eine  fort¬ 
währende  „Zaponierung“  der  vollständigen  Jahr¬ 
gänge  aller  aufbewahrungswürdigen  Zeitungen 
vorgenommen  werden  kann,  daß  vielmehr  eine 
Auswahl,  sei  es  nach  Nummern,  sei  es  nach 
Bestandteilen  des  einzelnen  Blattes,  stattfinden 
müßte. 

Damit  gelange  ich  zu  der  zweiten  Frage, 
die  eine  eingehendere  Erörterung  verdient,  als 
sie  ihr  von  Spahn  zuteil  geworden  ist,  der  Frage, 
was  von  den  Zeitungen  gesammelt,  erhalten 
und  dauernd  aufbewahrt  werden  muß. 

„Gesammelt  sollten  in  Zukunft  alle  Zeitungen 
werden.  Blätter  rein  lokaler  Bedeutung  sind 
sofort  von  dem  Plane  eines  Reichszeitunrrs- 

o 

museums  auszuscheiden.“  „Damit  wären  dann 
aber  auch  die  Möglichkeiten  einer  Auswahl  er¬ 
schöpft,  alle  übrigen  Zeitungen  sind  für  die 
Vereinigung  im  Reichszeitungsmuseum  in  Aus¬ 
sicht  zu  nehmen.“  Das  sind  die  Leitsätze,  die 
sich  bei  Spahn  finden. 

Auf  das  „Reichszeitungsmuseum“  selbst 
komme  ich  weiter  unten. 

So  einfach  und  so  allgemein,  wie  von  Spahn, 
lassen  sich  aber  meines  Erachtens  die ,  hier 
gleich  grundsätzlich  klarzustellenden,  Fragen 
nicht  beantworten. 

Um  zu  richtigen  Antworten  zu  gelangen 
wird  man: 

1.  allgemein  sich  den  theoretischen  und  ide¬ 
alen  Zustand  zu  vergegenwärtigen  suchen  müssen, 
der  zu  erstreben; 

2.  ebenso  allgemein  Zusehen  müssen,  was 
hiervon  praktisch  durchführbar  und  erreich¬ 
bar  ist; 

3.  weiter  sich  klar  zu  machen  haben,  womit 
etwa  zu  beginnen  wäre; 

4.  speziell,  um  zur  Beantwortung  dieser  drei 
Fragen  gelangen  zu  können,  als  Vorfrage,  sich 
einerseits  die  Arten  vor  Augen  führen  müssen, 
die  bei  den  Zeitungen  sachlich  zu  unterscheiden 
sind,  andrerseits  die  Teile,  in  die  jede  Zeitung 
inhaltlich  zerfällt. 

Über  die  zur  Erledigung  dieser  Vorfrage 
in  Betracht  kommenden  Gesichtspunkte,  hat 
sich  Dr.  Armin  Tille  in  trefflicher  Weise  am 


16.  März  1908  in  einem  Vortrage  im  Gewerbe¬ 
verein  zu  Dresden  (Bericht  über  das  Vereins¬ 
jahr  1907 — 1908  des  Gewerbevereins  zu  Dres¬ 
den,  Dresden  1908,  S.  71  ff.)  geäußert. 

Sachlich  unterscheidet  er:  allgemeine  poli¬ 
tische  Parteiblätter  für  das  ganze  Sprachgebiet. 
Provinzialzeitungen  und  Ortszeitungen.  Diese 
Dreiteilung  ist  nach  ihm,  wie  auch  unzweifelhaft 
richtig  ist,  seit  der  Mitte  des  XIX.  Jahrhunderts 
an  die  Stelle  der  alten  Zweiteilung  zwischen 
Zeitungen  und  Intelligenzblättern  getreten. 

Nun  ist  es  ja  ganz  gewiß  richtig,  daß  für 
die  Erforschung  des  innerpolitischen  Lebens,  der 
Geschichte  der  öffentlichen  Meinung  und  der 
politischen  Parteien  nur  die  allgemeinen  poli¬ 
tischen  Parteiblätter  für  das  ganze  Sprachgebiet 
und  die  großen  Provinzialzeitungen  in  Betracht 
kommen,  nicht  aber  die  kleinen  Provinzial¬ 
zeitungen  und  die  Orts-  (und  Kreisleitungen- 
Die  vorbezeichneten  Zwecke  erschöpfen  aber 
die  Bedeutung  der  Zeitung  keineswegs,  und, 
wenn  man  die  kultur-,  kunst-,  kunstgewerbe-, 
orts-,  familien-,  personal-  und,  was  sehr  wichtig 
ist,  wirtschaftsgeschichtlichcn  Seiten  der  Frage 
mit  würdigt  und  überhaupt  einmal  die  „Auf¬ 
bewahrungsfrage“  ins  Auge  faßt,  und  an  „ganze 
Arbeit“  denkt,  zeigt  sich  sofort,  daß  auch  die 
„Blätter  von  (bloß)  lokaler  Bedeutung“  der  Auf¬ 
bewahrung  und  Erhaltung  nicht  so  ohne  wei¬ 
teres  und  von  vorneherein  entzogen  werden 
dürfen.  Daß  man  vielmehr,  da  eine  oder  we¬ 
nige  „Aufbewahrungszentralen“  das  alles,  aus 
Gründen  des  Raumes,  nicht  aufbewahren  können, 
an  eine  Verteilung  und  verschiedene  Orte  der 
Aufbewahrung  wird  denken  müssen  (siehe 
unten). 

Etwas  anders  fällt  das  Ergebnis  aus,  wenn 
man  den  Inhalt  der  einzelnen  Zeitung  ins  Auge 
faßt.  Inhaltlich  sind  in  jeder  modernen  Zeitung, 
wie  Tille  gleichfalls  sehr  zutreffend  ausgeführt 
hat,  drei  ihrem  Wesen  nach  grundverschiedene 
Dinge  vereinigt:  Leitartikel  und  alle  politische 
Kritik;  Nachrichten  von  Ereignissen  und  alle 
Kundgebungen  zur  Beeinflussung  der  öffent¬ 
lichen  Meinung  (beides  als  „redaktioneller  Teil“) 
persönliche  Mitteilungen  (wirtschaftlicher  Art 
und  Familiennachrichten)  und  Annoncen  („In¬ 
seratenteil“). 

Da  als  ein  Mittel  für  die  dauernde  Erhal¬ 
tung  vorläufig  nur  die  „Zaponierung“  jedes  einzel¬ 
nen  Blattes  einer  Zeitung  in  Betracht  kommt, 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


7 


auch  die  Raumfrage,  wie  noch  zu  zeigen  sein 
wird,  eine  große  Rolle  spielt,  kann  das  nicht 
alles  aufbewahrt  werden,  wenigstens  nicht  dau¬ 
ernd.  Die  Annoncen  sind  von  der  Aufbewahrung, 
sowohl  von  der  zeitweiligen,  wie  der  dauernden, 
offenbar  völlig  auszuscheiden.  Umgekehrt  sind 
die  Leitartikel,  die  politische  Kritik,  die  Nach¬ 
richten  von  Ereignissen  und  alle  Kundgebungen 
zur  Beeinflussung  der  öffentlichen  Meinung,  also 
der  ganze  „redaktionelle  Teil“,  offenbar  mög¬ 
lichst  lange  aufzubewahren  und  das  Wichtigste 
davon  müßte  sogar  dauernd  erhalten,  also  „za- 
poniert“  werden. 

Hinsichtlich  der  persönlichen  Mitteilungen 
(wirtschaftlicher  Art  und  Familiennachrichten) 
wäre  gewiß  im  Interesse  der  Wirtschafts-  und 
der  Kulturgeschichte  einerseits,  der  Personal- 
und  Familiengeschichte  andrerseits,  eine  dau¬ 
ernde  Erhaltung,  also  „Zaponierung“,  gleichfalls 
sehr  erwünscht.  Allein  in  Rücksicht  auf  die 
Raum-  und  teilweise  auch  auf  die  Kostenfrage 
(Kosten  der  „Zaponierung“!)  wird  man  sich  hier 
bescheiden  müssen  und  sich  befriedigt  erklären 
können,  wenn  diese  persönlichen  Mitteilungen 
der  beiden  vorbezeichneten  Gattungen  ohne 
durch  „Zaponierung“  dauernd  haltbar  gemacht 
zu  werden,  so  lange  aufbewahrt  werden,  bis 
das  Holzpapier,  auf  das  sie  gedruckt  sind,  zu¬ 
grunde  geht.1 

Man  gelangt  also  auf  diesem  Wege  der  Be¬ 
trachtung  des  Inhaltes  jeder  einzelnen  Zeitung 
zur  Unterscheidung  von  drei  Gattungen: 

1.  Stoff,  der  dauernd  zu  erhalten,  also  zu 
„zaponieren“  ist; 

2.  Stoff,  der  möglichst  lange,  das  heißt  bis 
das  Holzpapier  zugrunde  geht,  zu  erhalten, 
aber  nicht  zu  „zaponieren“  ist; 

3.  Stoff,  der  gar  nicht  zu  erhalten  ist. 

Als  Schluß  dieser  Gedankenreihe  gewinne 
ich  also  das,  da  die  Raumfrage  eine  so  große 
Rolle  spielt,  sehr  wichtige  Ergebnis:  zu  sammeln 
und  vollständig  aufzubewahren  ist,  in  einem 
ersten  Stadium,  sehr  viel;  abgesehen  von  den 
„Annoncen“  fast  alles;  dauernd  zu  erhalten,  also 
zu  „zaponieren“,  ist  nur  eine  Auswahl.  Während 
der  späteren  Jahrzehnte  des  Sammelns  hat  also 
eine  Verarbeitung'  des  Gesammelten  aus  den 
vergangenen  Jahrzehnten,  verbunden  mit  einer 


„Zaponierung“  zur  dauernden  Erhaltung  des 
Geeigneten,  stattzufinden.  Nur  bei  einer  Be¬ 
folgung  derartiger  Leitsätze  kann  der  Raum¬ 
frage  bei  allen  zeitungsmusealen  Plänen  über¬ 
haupt  ins  Auge  gesehen  werden. 

Nachdem  so  versucht  wurde,  derFrage  näher 
zu  kommen  was  aufzubewahren,  was  dauernd, 
was  vorübergehend  aufzubewahren  ist,  kann 
auch  an  die  Untersuchung  des  „Wo“  der  Auf¬ 
bewahrung  herangegangen  werden. 

Spahn  verlangt  bekanntlich  ein  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum“  und  macht  zu  dieser  Forderung 
folgende  näheren  Ausführungen. 

„Gäbe  man  dem  Museum  in  territorialer  Hin¬ 
sicht  als  Reichszeitungsmuseum  die  höchstmög¬ 
liche  Ausdehnung,  so  würde  dadurch  eine  Aus¬ 
wahl  unter  den  Zeitungen  nach  ihrem  wissen¬ 
schaftlichen,  politischen  und  volkswirtschaftlichen 
Werte  erforderlich.  Alle  deutschen  Zeitungen 
lassen  sich,  da  es  ihrer  mehrere  Tausend  gibt, 
nicht  in  einem  einzigen  Gebäude  vereinen.  Es 
ist  auch  nicht  geboten.  Gesammelt  sollten  in 
Zukunft  alle  Zeitungen  werden.  Da  jedoch  ihre 
große  Masse  nur  lokale  Bedeutung  hat,  für  den 
Politiker  späterhin  gar  nicht  mehr,  für  den 
Volkswirtschaftler  kaum  noch,  für  den  Histo¬ 
riker  vorwiegend  zu  Zwecken  der  Lokalhistorie 
in  Betracht  kommt,  ist  der  gegebene  Ort  für 
ihre  Aufbewahrung  die  Stadt,  wo  sie  erscheinen. 
Damit  wären  dann  aber  auch  die  Möglichkeiten 
einer  Auswahl  erschöpft,  alle  übrigen  Zeitungen 
sind  für  die  Vereinigung  im  Reichszeitungs¬ 
museum  in  Aussicht  zu  nehmen.  Gewiß  werden 
auch  unter  ihnen  noch  Wertunterschiede  sicht¬ 
bar,  aber  sieht  man  genau  zu,  so  können 
höchstens  einzelne  Jahrgänge  einer  Zeitung, 
nicht  die  ganze  Zeitung  als  entbehrlich  gelten.“ 

Mit  diesen  Sätzen  kann  ich  mich  nicht  be¬ 
freunden.  Die  Gründe  sind  aus  dem  bereits 
Ausgeführten  ohne  weiteres  zu  entnehmen. 

Entsprechend  der  oben  gewonnenen  Er¬ 
kenntnis,  daß  sachlich  drei  Gattungen  von  Zei¬ 
tungen  zu  unterscheiden  sind,  wird  man  meines 
Erachtens  vielmehr  auch  dreierlei  Gattungen 
von  Orten  für  die  Sammlung,  Aufbewahrung 
und  Erhaltung  ins  Auge  fassen  müssen:  eine 
Zentrale  für  den  Gesamtstaat,  also  das  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum“  Spahns;  je  eine  Zentrale  für 


1  Dieser  Ausweg  dürfte  sich  auch  schon  deshalb  als  ausreichend  erweisen,  weil  ein  Teil  solcher  „persönlicher 
Mitteilungen“,  soweit  sie  nämlich  wichtig  und  von  allgemeinem  Interesse  sind,  seinen  Niederschlag  auch  im  redaktionellen 
Teil,  in  den  „Nachrichten  von  Ereignissen“  finden  dürfte. 


8 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen, 


die  Provinzial-  oder,  bei  Klein-  und  Mittelstaaten, 
für  die  Landespresse;  endlich  den  Ort  des  Er¬ 
scheinens  für  die  Ortszeitungen. 

Dabei  wird  man  aber  nicht  daran  denken 
dürfen,  daß  die  eine  örtliche  Art  der  Auf¬ 
bewahrung  die  andere  immer  auszuschließen 
hätte.  Manche  Zeitungen  müssen  sowohl  am 
Ort  des  Erscheinens,  wie  in  der  Provinzial¬ 
zentrale,  wie  im  „Reichszeitungsmuseum“  ihre 
Stätte  finden;  andere  am  Ort  des  Erscheinens 
und  in  der  Provinzialzentrale;  für  keine  würde 
die  Aufbewahrung  in  der  Provinzialzentrale  und 
im  „Reichszeitungsmuseum“  ausreichen,  die  Auf¬ 
bewahrung  am  Orte  des  Erscheinens  aber  ent¬ 
behrlich  sein;  für  fast  kein  Blatt  würde  es  sich 
empfehlen,  sie  zwar  am  Orte  des  Erscheinens 
und  im  „Reichszeitungsmuseum“  aufzubewahren, 
die  Provinzialzentrale  aber  zu  übergehen. 

In  das  „Reichszeitungsmuseum“  gehören  alle 
„allgemeinen,  politischen  Parteiblätter“;  wie  sie 
Tille  nennt,  ferner  diejenigen  großen  und  weit¬ 
verbreiteten  Zeitungen,  die  keine  bestimmte 
politische  Parteirichtung  verfolgen,  wie  z.  B.  der 
„Berliner  Lokal -Anzeiger“  und  die  „Tägliche 
Rundschau“. 

In  das  „Reichszeitungsmuseum“  gehören  aber 
auch,  was  äußerst  wichtig  ist  und  deshalb  keines¬ 
wegs  vernachlässigt  werden  dürfte,  alle  „ver¬ 
vielfältigten“  (wie  Spahn  sagt)  „Korrespon¬ 
denzen“,  die  allgemein  wichtig  sind. 

Diese,  den  täglichen  Bedarf  der  Zeitungen 
zum  Teil  deckenden  „Korrespondenzen“,  die 
durch  Druck  oder  irgendein  Umdrucksverfahren 
vervielfältigt  werden,  bedürfen  eines  näheren 
Eingehens.  Die  erste  ist  im  Anfang  der  30er 
Jahre  entstanden.  Allmählich  hat  sich  ihre  Zahl 
außerordentlich  vermehrt  und  der  Außenstehende 
würde  staunen,  wenn  er  genau  verfolgen  könnte, 
wie  stark  auch  die  ganz  großen  Zeitungen  unter 
Benutzung  von  Korrespondenzen  herausgegeben 
werden.  Außer  den  Mitteilungen  der  großen 
„Telegraphenbureaus“  (Wolff,  Reuter,  Havas, 
Assoziated  Press,  Stefani  usw.  usw.)  gibt  es 
politische  und  parlamentarische  Korresponden¬ 
zen,  herausgegeben  von  den  Regierungen  selber 
oder  von  den  Parteien,  Korrespondenzen  be¬ 
sonderer  Gruppen  oder  Interessenten,  Korre¬ 
spondenzen  privater  Personen,  die  aber  von 
Ministern,  Parteien,  Parteiführern,  Interessenten¬ 
gruppen,  einzelnen  Interessenten  usw.  beein¬ 
flußt  sind.  Dann  gibt  es  Handels-,  Börsen-  und 


volkswirtschaftliche  Korrespondenzen.  Endlich 
gibt  es  allgemein-wissenschaftliche  und  allgemein¬ 
gewerbliche.  Alle  diese  Gattungen  von  Korre¬ 
spondenzen  gehören  meines  Erachtens  in  das 
„Reichszeitungsmuseum“. 

Nicht  in  diese  große  Zentrale  für  den  Ge¬ 
samtstaat  gehören  meines  Erachtens  die  ört¬ 
lichen  Korrespondenzen  und  zwar  gleichgültig, 
ob  sie  offiziell  wie  die  Polizeiberichte,  oder  offi¬ 
ziös,  wie  die  magistrats  offiziöse  Berichterstattung, 
die  in  fast  allen  größeren  Städten  besteht,  oder 
private  Unternehmungen  von  Lokalreportern 
sind.  Diese  sämtlichen  örtlichen  Korrespon¬ 
denzen  würden  meines  Erachtens  die  einzig 
richtige  Stätte  ihrer  Sammlung,  Erhaltung  und 
Aufbewahrung  am  Urte  des  Erscheinens  finden. 
Einige,  und  zwar  die  wichtigsten,  müssen  außer¬ 
dem  in  die  zentrale  Aufbewahrungsstelle  der 
betreffenden  Provinz  oder  des  betreffenden 
Einzelstaates  gelangen. 

Nicht  in  das  „Reichszeitungsmuseum“,  aber 
auch  nicht  in  die  Provinzial-  usw.  Zentralen  ge¬ 
hören  die  rein  fachlichen  und  endlich  die  rein 
belletristischen  Korrespondenzen.  Beide  Gat¬ 
tungen  dürften  überhaupt  von  dem  Plane  der 
Sammlung,  Erhaltung  und  Aufbewahrung  gänz¬ 
lich  auszuscheiden  sein. 

Um  einen  Begriff  von  den  Zahlen  zu  geben, 
die  hier  in  Betracht  kommen,  führe  ich  an,  daß 
der  bekannte  „Deutsche  Literatur  -  Kalender“ 
von  Kürschner  über  fünfzig  „allgemeine,  poli¬ 
tische  und  volkswirtschaftliche“,  etwas  weniger 
als  ein  Dutzend  „örtliche“,  zehn  Korrespon¬ 
denzen  für  „Gewerbe,  Handel  und  Verkehrs¬ 
wesen“,  sechs  für  „Kunst  und  Wissenschaft“, 
vier  für  „Rechtswissenschaft“,  1  x/2  Dutzend  rund 
für  „Unterhaltung  und  Verwandtes“  und  end¬ 
lich  ein  knappes  Dutzend  Korrespondenzen  für 
„Verschiedenes“  verzeichnet,  daß  aber  alle 
diese  Zahlen,  wie  ich  aus  eigener  Wissen¬ 
schaft  bekunden  kann,  noch  viel  zu  niedrig  ge¬ 
griffen  sind. 

In  die  provinzialen  Zentralen  oder  die  Zen¬ 
tralen  der  Einzelstaaten  gehören  neben  den 
großen,  in  der  betreffenden  Provinz  erscheinen¬ 
den  „allgemeinen,  politischen  Parteiblättern“  alle 
Provinzial-  oder  Landeszeitungen,  ferner  die¬ 
jenigen  Korrespondenzen  derjenigen  vorbezeich- 
neten  Gattungen,  die  nicht  in  die  große  Zentrale 
für  den  Gesamtstaat  brauchen  und  innerhalb 
der  betreffenden  Provinz  usw.  erscheinen. 


ttdü$  tütrb  Gur em  GMtttf,  nid>t3  Gttrem 
Seben  fehlen, 

©eltebte  93epbe !  freuet  Gud>! 

1  $eiu  Selb  »ergälP  e$  Gud^!  Äcin  llnmutb 

nriifT  Gttcfe  quälen !  j||§ 
1  @ef)b  ftet»  an  trabren  ©titern  reid)! 


Abb.  i. 

Im  Original  ist  die  Füllung  des  Rahmens  auf  Seide  gedruckt. 


Abb.  2. 


Glückwunschkarten  aus  der  Biedermeier-Zeit. 


Z.  f.  B.  1909/1910.  Heft  1. 


Zu  Hennig:  Biedermeier-Wünsche. 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseeii. 


9 


Am  Orte  des  Erscheinens  selbst  wäre  der 
ganze  Rest  aufzubewahren. 

Dieses  also  die  Grundzüge.  Im  einzelnen 
wäre  dazu  noch  folgendes  zu  bemerken: 

Die  große  Zentrale  für  den  Gesamtstaat, 
also  das  „Reichszeitungsmuseum“,  hätte  ein 
Institut  seiner  und  eigener  Art  zu  sein,  dessen 
Inhalt,  Aufgabe  und  Arbeitsplan  durch  das 
Wort  „Museum“  nicht  erschöpft  wird.  Eher 
könnte  man  es  vielleicht  „Reichszeitungsarchiv 
und  -Bibliothek“,  am  richtigsten  wohl  „Reichs¬ 
zeitungsinstitut“  nennen.  Hierüber  und  die  Einzel¬ 
heiten  hierzu  wird  nachher  noch  besonders  und 
im  Zusammenhänge  zu  sprechen  sein. 

Die  provinzialen  Zentralen  wären  wohl  am 
besten  an  die  Landes-  oder  die  Provinzial- 
Archive,  in  einzelnen  Fällen,  da  auch  hier  die 
Raumfrage  (siehe  unten)  äußerst  wichtig  ist 
und  noch  andere  Gesichtspunkte  in  Betracht 
kommen  können,  an  die  „Landes-“  oder  „Pro¬ 
vinzial-“  oder  die  „Universitätsbibliotheken“  an¬ 
zugliedern.  Bei  beiden  Arten  von  Stellen  wären 
die  zur  Verwaltung  und  Verarbeitung  (Ausschei¬ 
den  des  Entbehrlichen  [siehe  oben  und  nachher 
unten],  „Zaponieren“,  Kontrahierung  der  Ein¬ 
gänge,  Registrierung,  Katalogisierung  usw.  usw.) 
erforderlichen,  sachkundigen  Arbeitskräfte  an 
sich  vertreten.  Daß  ohne  weiteres  nicht  in  ge¬ 
nügender  Zahl  vertreten,  kann  ebenso,  wie  das 
Nichtvorhandensein  des  erforderlichen  Raumes, 
füglich  nicht  bezweifelt  werden. 

Für  Mittel-  und  Kleinstaaten  fielen  diese 
Aufgaben  dem  „Landesarchiv“,  der  „Landes¬ 
bibliothek“  oder  der  betreffenden  Universitäts¬ 
bibliothek  zu. 

Es  darf  nun  gerade  in  diesem  Zusammen¬ 
hänge  nicht  unerwähnt  gelassen  werden,  daß 
Karl  Richard  Lepsius,  der  berühmte  Ägypto¬ 
loge,  seit  1873  Oberbibliothekar  der  Königlichen 
Bibliothek  zu  Berlin,  sich  im  Winter  1879,  also 
wenige  Jahre  vor  seinem  Tode,  „im  Laufe  einer 
Unterredung  über  die  periodische  Presse“  dahin 
geäußert  hat,  daß  er  sich  „mit  dem  Gedanken 
beschäftige,  Provinzial-Mittelpunkte  zu  schaffen 
zur  Unterbringung  und  dadurch  ermöglichten 
wissenschaftlichen  Verwertung  der,  ihrer  Natur 
nach,  flüchtigen  Preßerzeugnisse,  von  den  größten 
Organen  aller  Parteien  bis  hinab  zu  den  klein¬ 
sten  Lokal-  und  Winkelblättern,  deren  Massen- 


haftigkeit  es  durchaus  untunlich  mache,  sie,  was 
bei  Büchern  allenfalls  realisierbar  sei,  an  einem 
Orte  zu  konzentrieren.“1 

Es  zeigt  sich  also,  daß  ein  Fachmann,  wie 
Lepsius,  bereits  die  planmäßige  Verteilung,  wenn 
auch  nicht  Gliederung  der  Sammelstätten  ins 
Auge  gefaßt  hat,  und  daß,  worauf  ich  noch 
weiter  zurückkomme,  auch  er  bereits  die  Un¬ 
möglichkeit  der  Durchführung  bloß  einer„Reichs- 
zentrale“  erkannte,  so  wie  sie  von  Spahn  ge¬ 
dacht  zu  sein  scheint. 

Als  Aufbewahrungsstätten  „am  Ort  des  Er¬ 
scheinens“  können,  sobald  man  sich  die  Orga¬ 
nisation  bis  in  alle  Einzelheiten  durchgeführt 
denkt,  nur  die  Rathäuser  oder  besonderen  städ¬ 
tischen  Archive  bei  städtischen,  die  Landrats¬ 
ämter  oder  die  Kreishäuser  bei  ländlichen  Ge¬ 
meinwesen  in  Betracht  kommen. 

Das  wäre  also  der  theoretisch  zu  erstrebende 
und  ideale  Zustand. 

Wendet  man  sich  nun  der  Frage  der  Durch¬ 
führbarkeit  und  Erreichbarkeit  zu,  so  ist  leicht 
einzusehen,  daß  der  Gedanke,  in  dieser  drei¬ 
fachen  Gliederung  an  Sammelstellen  der  vor- 
bezeichneten  drei  Gattungen  die  vollständigen 
Jahrgänge  aller  in  Betracht  kommenden  Zei¬ 
tungen  dauernd,  das  heißt  in  „zaponiertem“  Zu¬ 
stande  aufzubewahren,  an  der  Raumfrage  und 
auch  an  der  Kostenfrage  scheitern  muß.  A11 
der  Raumfrage  sowohl  bei  dem  „Reichszeitungs¬ 
museum“,  wie  bei  den  provinzialen,  wie  bei  den 
einzelstaatlichen  Landeszentralen,  wie  bei  den 
städtischen  Zentralen  großer  Städte,  in  denen 
viele  Zeitungen  erscheinen.  Belanglos  wäre  die 
Raumfrage  nur  an  solchen  Orten,  an  denen 
bloß  ein  paar  Lokalblätter  erscheinen. 

Es  muß  also  eine  Auswahl  stattfinden. 

Und  diese  Auswahl  kann  naturgemäß,  wenn 
sie  befriedigend  sein  soll,  nicht  derart  erfolgen, 
daß  hier  und  da  oder  auch  in  einem  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum“  einige,  die  sogenannten  „wich¬ 
tigsten“  und  „größten“  Zeitungen  gesammelt, 
aufbewahrt  und  erhalten  werden,  sondern  es 
müßte  eine  Auswahl  nach  sachlichen,  nach 
inneren  Gesichtspunkten  sein,  eine  Verarbeitung. 

Um  zur  Klarheit  hierüber  zu  gelangen,  dürfte 
es  der  richtige  Weg  sein,  die  Ansätze  zeitungs¬ 
musealer  Natur  zu  untersuchen,  die  bereits  vor¬ 
handen  sind. 


1  Ich  entnehme  diese  interessante  Tatsache  der  „Gemeinnützigen  Wochenschrift“  (Würzburg),  Jahrgang  1886,  No. 
und  12  („Aachener  Zeitungs-Museum“  von  Forckenbeck). 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


2 


IO 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


Es  sind  zwei  Versuche,  die  hier,  soweit 
Deutschland  in  Frage  steht,  allein  in  Betracht 
kommen:  Oskar  von  Forckenbecks  Zeitungs¬ 
museum  in  Aachen,  auf  das  Dietrich  Schäfer 
beim  Historikerkongresse  in  der  an  den  Spahn- 
schen  Vortrag  sich  anschließenden  Aussprache 
verwies  und  das  infolgedessen  auch  Spahn 
nunmehr  im  Abdrucke  seines  Vortrages  er¬ 
wähnt  (Sp.  1208),  und  des  verstorbenen  Frei¬ 
herrn  Karl  von  Fechenbach  „Politische  Re¬ 
gistratur“  zu  Schloß  Laudenbach  bei  Aschaffen¬ 
burg,  die  Spahn  merkwürdigerweise  gar  nicht 
zu  kennen  scheint  und  die  auch  auf  dem  Kon¬ 
gresse  bei  der  Aussprache  von  keiner  Seite 
erwähnt  wurde,  trotzdem  sie  mir  wenigstens 
für  die  Erkenntnis  der  hier  zur  Erörterung 
stehenden  Gesichtspunkte  ebenso  bedeutsam  er¬ 
scheint,  wie  die  Schöpfung  Forckenbecks. 

Letztere,  das  Lebenswerk  eines  weitblicken¬ 
den  Mannes,  deren  Dasein  er  erst  im  Jahre 
1886  der  Öffentlichkeit  bekanntgegeben  hat, 
verdankt  ursprünglich  einer  bloßen  Sammellieb¬ 
haberei,  die  sich  diesesmal  auf  Zeitungen  rich¬ 
tete,  ihr  Entstehen.  „Kuriose“  Zeitungsnummern 
zu  sammeln,  war  wohl  der  erste  Gedanke. 

Dabei  schwebte  dem  Sammler  aber  doch 
schon  frühe  eine  Art  „Standesamt“  für  Zeitungen 
vor,  daß  die  erste  Nummer  jedes  deutschen 
Blattes,  die  Nummer  des  Überganges  zu  einem 
größeren  Formate,  besonders  ausgestattete  Fest¬ 
oder  Jubiläumsnummern  (zu  Festen  oder  Ge¬ 
denktagen  des  betreffenden  Blattes),  endlich, 
eintretenden  Falls,  die  letzte  Nummer  enthalten 
sollte,  und  so  „entwickelte  sich  allmählich  der 
Gedanke  eines  Zeitungsmuseums.  Forckenbeck 
erkannte,  wie  gerade  die  Zeitungen  in  seiner 
Zeit  ein  getreues  Spiegelbild  des  gesamten 
Lebens  eines  Volkes  bieten,  und  seine  Sammel¬ 
absicht  erweiterte  sich  demgemäß  dahin,  durch 
Sammlung  und  planmäßige  Aufbewahrung  von 
Zeitungsnummern,  die  über  außergewöhnliche 
und  denkwürdige  Ereignisse,  sei  es  aus  der 
Geschichte  des  deutschen  Volkes,  sei  es  aus 
dem  Leben  der  Städte  oder  hervorragender 
Männer,  berichten,  für  zukünftige  Historiker 
und  Kulturhistoriker  reiches  und,  weil  unmittel¬ 
bar  aus  den  Tatsachen  geschöpft,  wertvolles 
und  verläßliches  Material  zusammenzutragen.“  1 


Wesentlich  anregend  wirkte  hierbei  auf  ihn 
Max  Schlesinger,  seit  1885  sein  ständiger  Mit¬ 
arbeiter,  der  seit  Forckenbecks  Tode  bis  zur 
Gegenwart  der  alleinige  Leiter  des  Aachener 
Zeitungsmuseums  ist. 

So  erwuchs  neben  der  vorbezeichneten  „zei¬ 
tungsstatistischen“  Abteilung  der  Forckenbeck- 
schen  Sammlung  die  „zweite  und  ihrer  Wich¬ 
tigkeit  nach  hauptsächlichste“  Abteilung  des 
Museums:  die  historische  und  kulturhistorische. 
Dabei  wurde  die  Presse  auch  des  Auslandes 
insofern  mit  in  Betracht  gezogen,  als  „sie  in 
ihren  Spalten  deutsche  Männer,  deutsche  Ver¬ 
hältnisse  und  in  Deutschland  stattgehabte  Er¬ 
eignisse  behandelt  oder  über  weltgeschicht¬ 
liche  Ereignisse  berichtet“.  So  sind  „umfang¬ 
reiche  Hohenzollern-Mappen  entstanden,  die  in 
l  ausenden  von  Nummern  Beiträge  zur  Zeit  und 
Geschichte  von  drei  deutschen  Kaisern  liefern; 
Stöße  von  Hunderten  von  Zeitungen,  die  sich 
auf  das  Papstjubiläum  oder  das  Haus  Wettin 
und  seine  Jubelfeier  anläßlich  des  800jährigen 
Bestehens“  beziehen.  „Kein  bedeutender  Mann 
aus  unseren  Tagen  fehlt,  von  dessen  Leben 
und  Taten  nicht  die  im  Museum  vorhandenen 
Blätter  beredtes  Zeugnis  ablegen.“  Besonders 
wichtige  Bismarck-  und  Moltke  -  Sammlungen 
sind  angelegt  worden.  „Kein  wichtiges  Ereignis 
vollzog  sich,  ohne  daß  seine  von  Augenzeugen 
entworfene  und  in  den  flüchtigen  Tageszeitungen 
niedergelegte  Schilderung  im  Museum  auf¬ 
bewahrt  wurde.“  „Die  dritte  Abteilung  des 
Museums  umfaßt  die  , Kuriosa',  allerlei  Seltsam¬ 
keiten  und  Abnormitäten,  wie  sie  ja  auch  das 
Zeitungswesen  zuweilen  zutage  fördert.“2 

Im  Oktober  des  Jahres  1892  hatte  das  „Zei¬ 
tungsmuseum“  einen  Sammlungsbestand  von 
rund  fünfzigtausend  Nummern.  Dabei  konnte 
mit  dem  Museum  im  Anfang  Mai  1890  die  Ein¬ 
richtung  einer  großen  Lesehalle  derart  ver¬ 
bunden  werden,  daß  im  großen  Saale  des  Stadt¬ 
theaters  zu  Aachen  alle  diejenigen  Zeitungen, 
Zeitschriften  und  Fachblätter,  die  dem  Museum 
aus  allen  Weltteilen  regelmäßig  zugingen,  über 
hundert  an  der  Zahl,  zur  unentgeltlichen  Be¬ 
nutzung  auslagen. 

Nach  dem  am  29.  Juli  1898  erfolgten  Tode 
Oskars  von  Forckenbeck  übergab  seine  Witwe 

Herausgeber 


1  Das  Zeitungs  -  Museum.  Zeitschrift  für  Zeitungswesen.  Organ  des  Zeitungs  -  Museums  in  Aachen, 
und  Redakteur:  Max  Schlesinger.  IV.  Jahrgang,  Nr.  3  vom  Oktober  1902,  Seite  2. 

2  Das  Zeitungsmuseum  usw.  II.  Jahrgang,  Nr.  2  vom  I.  April  1890,  Seite  2. 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


II 


die  gesamten  Bestände  des  Zeitungsmuseums 
der  Stadt  Aachen  mit  der  Bedingung,  daß  es 
fortgesetzt  und  der  Forschung  zugänglich  ge¬ 
macht  werde.  Da  die  Stadt  mangels  der  er¬ 
forderlichen  Räumlichkeiten  und  Geldmittel  bis¬ 
her  nicht  in  der  Lage  war,  dieser  Verpflichtung 
nachzukommen,  ruhen  die  Bestände  der  Samm¬ 
lung  auf  dem  Speicher  der  Aachener  Stadt¬ 
bibliothek.  Neue  Zeitungsnummern,  die  ein- 
gehen,  kommen  ebenfalls  dorthin.  In  wirklicher 
Blüte  steht  also  eigentlich  nur  noch  die  eben¬ 
falls  von  Max  Schlesinger  geleitete  „Lesehalle“ 
des  Zeitungsmuseums,  deren  jährlich  rund  2000 
Mark  betragende  Kosten  von  der  Stadt  be¬ 
stritten  werden. 

Soviel  hierüber. 

Über  die  „Politische  Registratur“  des  Frei¬ 
herrn  von  Fechenbach  hat  Otto  Pfülf,  S.  J.,  in 
den  „Stimmen  aus  Maria -Laach“,  Jahrg.  1902, 
Heft  9,  unter  dem  Titel:  „Die  Rüstkammer 
eines  modernen  Politikers“,  mit  dem  Untertitel: 
„Des  Reichsfreiherrn  von  Fechenbach -Lauden¬ 
bach  Politische  Registratur“,  eingehend  berichtet. 
Ich  entnehme  das  Nachfolgende  dieser  Dar¬ 
stellung  : 

Mehr  als  25  Jahre  hat  der  Freiherr  gesammelt. 
„Für  jede  der  obschwebenden  wirtschaftlichen 
und  sozialen  Fragen  wurde  zunächst  die  Fach¬ 
literatur  in  möglichster  Vollständigkeit  be¬ 
schafft,  desgleichen  die  gesamte  einschlägige 
Broschürenliteratur.  Ständig  wurden  21  Zeit¬ 
schriften  für  die  „Registratur“  in  Kontribution 
gesetzt;  20  Zeitungen  (so  viele  wenigstens  bis 
zum  Tode  Bismarcks;  später  15)  gehörten  zum 
„eisernen  Bestände“;  85  andere,  darunter  die 
angesehensten  Blätter  des  Auslandes,  wurden 
periodisch  gehalten,  so  daß  bald  ganze  Quar¬ 
tale,  bald  ganze  Jahrgänge  zur  Beleuchtung 
eines  einzigen  Gegenstandes  der  Registratur 
einverleibt  wurden.  Enthielt  die  Nummer  einer 
Zeitschrift  oder  Zeitung  Wichtiges  für  mehrere 
verschiedene  Fragen,  so  wurden  für  gewöhnlich 
so  viele  Nummern  nachbestellt,  als  Gegenstände 
des  Interesses  vorhanden  waren,  manchmal  bis 
zu  zehn  Exemplaren.  Es  versteht  sich  von 
selbst,  daß  auch  die  stenographischen  Berichte 
der  Verhandlungen  des  Reichstages,  des  preu¬ 
ßischen  Abgeordnetenhauses  und  der  bundes¬ 
staatlichen  Landtage  Aufnahme  fanden,  die 
Beratungen  der  preußischen  Generalsynoden, 
des  Oberkirchenrates  und  dergleichen.  Auch 


die  Berichte  der  Kongresse  durften  nicht  fehlen, 
der  Wortlaut  wichtiger  Reden  bei  öffentlichen 
Versammlungen,  desgleichen  die  Berichte  über 
Enqueten  (z.  B.  über  Sonntagsruhe,  Kohlen¬ 
arbeiterstreik,  die  internationale  Arbeiterschutz¬ 
konferenz  usw.).“ 

Das  Mindestmaß  täglicher  Arbeit  des  Frei¬ 
herrn  an  der  „Registratur“  betrug  in  ruhigen 
Zeiten  zwei  bis  drei  Stunden  täglich.  In  er¬ 
regten  Wochen  waren  oft  bis  zehn  Stunden 
intensiver,  täglicher  Arbeit  notwendig. 

„Beginnt  irgendeine  wichtigere  Frage  die 
öffentliche  Aufmerksamkeit  auf  sich  zu  ziehen, 
so  wird  ....  die  Stellungnahme  der  verschie¬ 
denen  Parteien  verfolgt.  Für  jede  der  Parteien 
wie  auch  für  die  Reichs-  oder  Staatsregierung 
dient  dann  ein  eigener  Umschlag  oder  eine 
Mappe,  in  welcher  Zeitungsblätter  und  Bro¬ 
schüren  sich  sammeln.  Handelt  es  sich  um 
eine  wichtige  Gesetzesvorlage,  so  erhält  zuerst 
die  Materie  der  Vorlage  ihre  Mappe.  Besondere 
Umschläge  dienen  für  die  Behandlung  derselben 
in  den  betreffenden  gesetzgebenden  Körpern, 
und  zwar  in  allen  drei  Lesungen,  eventuell  in 
den  Beratungen  der  Kommission.  Dann  werden 
die  Stimmen  der  Presse  und  der  Parteien  für 
die  Vorlage  und  jene  gegen  die  Vorlage  mit 
aller  erreichbarer  Vollständigkeit  zusammen¬ 
gestellt  und  auch  hier  wieder  nach  den  Parteien 
geordnet.  Zusammengehörige  Umschläge,  alle 
genau  etikettiert,  werden  vereinigt  in  Mappen, 
die  gleichfalls  eine  sorgfältige  und  detaillierte 
Inhaltsangabe  übersichtlich  auf  der  Außenseite 
tragen.  Drei  bis  fünf  solcher  oft  zum  Zer¬ 
springen  angefüllten  Mappen  werden  in  starker 
Pappumhüllung  zu  einem  Bande  zusammen¬ 
getan,  der  Band  hinwieder  ist  nach  Hauptab¬ 
teilung,  Abteilung,  Nebenabteilung  auf  dem 
Rücken  bezeichnet,  numeriert  und  oft  auch  mit 
Jahreszahl  versehen.“ 

Soweit  Pfülf  über  die  von  Fechenbach  an¬ 
gewendete  Sammel-  und  Arbeitsmethode.  Den 
Inhalt  schildert  Pfülf  folgendermaßen : 

Es  sind  29  Hauptabteilungen  vorhanden.  Die  2gste 
enthält  den  gesamten  politischen,  publizistischen,  sozial¬ 
politischen  Schriftwechsel  des  Freiherrn,  scheidet  also 
für  die  vorliegende  Betrachtung  aus. 

Von  den  übrigen  Hauptabteilungen  erscheint  jede 
als  eine  vollständige,  in  sich  abgerundete  Spezial¬ 
sammlung. 

Ich  greife  einige  allgemein  interessierende  Beispiele 
heraus. 


12 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


Die  Hauptabteilung  I  führt  die  Bezeichnung: 
„Wirtschaftspolitik“.  Sie  zerfällt  in  fünf  Abteilungen. 
Das  Weitere  ergibt  nachstehende  Übersicht. 

1.  Die  Handwerkerfrage.  Handwerkerbewegung 
seit  Aufhebung  der  Zünfte.  —  Literatur  über  die  Be¬ 
wegung.  —  Handwerker-Vereinigungen.  —  Einwirkung 
durch  die  sozialkonservative  Vereinigung.  —  Der  West- 
und  Ostdeutsche,  der  Bayrische  Handwerkerbund.  — 
Handwerkertage  (Statuten,  Programme,  Adressen).  — 
Stellungnahme  innerhalb  der  parlamentarischen  Körper¬ 
schaften.  —  Gesetzgebung.  —  Korrespondenz  mit  den 
Handwerkerführern.  —  Diversa  über  die  Bewegung. 

2.  Die  Arbeiterfrage.  Die  Bewegung  seit  1848.  — 
Literatur  zur  Arbeiterfrage.  —  Produktiv- Genossen¬ 
schaften,  französische  und  andere.  — Anteil  am  Netto- 
Gewinn.  —  Arbeiter-Vereinigungen.  —  Gewerkschaften, 
englische  und  deutsche.  —  Literatur  und  Statistik  über 
die  Gewerkschaften.  —  Die  Arbeiter  der  Großindustrie.— 
Die  der  Klein- und  Hausindustrie.  —  Kinder- und  Frauen¬ 
arbeit.  —  Der  Achtstundentag.  —  Die  Streiks.  —  Litera¬ 
tur  und  Geschichte  derselben.  —  Die  Streiks  im  Alter¬ 
tum.  —  Englische,  außerdeutsche,  deutsche  Streiks 
(sämtliche  seit  1880  mit  allen  Details  und  allen  Phasen 
ihres  Verlaufs). — Die  Kartelle  undTrutz-Vereinigungen 
der  Großindustrie.  —  Arbeiterschutz,  Versicherungs¬ 
gesetze,  deren  Geschichte  und  Verhandlung  im  Reichs¬ 
tag.  —  Die  kaiserlichen  Erlasse  vom  4.  Februar  1890. — 
Der  internationale  Arbeiterschutz-Kongreß  zu  Berlin. — 
Die  Arbeiterschutz-Gesetzgebung  im  Staatsrat.  —  Die 
Versicherungen  im  einzelnen:  Kranken-,  Unfall-,  Alters¬ 
und  Invaliden -Versicherung.  —  Sistierung  der  Arbeiter¬ 
schutz-Gesetzgebung.  —  Bismarck— Stumm  oder  Hinz- 
peter?  —  Berlepsch,  Rottenburg.  —  Die  Arbeiterpresse.— 
Arbeitervereine,  katholische,  protestantische. 

3.  Die  Agrarfrage.  Bewegung  der  landbautrei¬ 
benden  Bevölkerung.  —  Literatur.  —  Geschichtliches 
über  die  Entwicklung  der  bäuerlichen  Verhältnisse, 
sozial,  politisch,  wirtschaftlich. —  Bauernvereinigungen, 
ihre  Programme  und  Statuten.  —  Die  Vereinigungen 
im  einzelnen:  der  Westfälische,  Rheinische,  Schlesische, 
Hessische,  Fränkische,  Bayrisch-christliche,  Schwä¬ 
bische  Bauernverein;  die  Bauernbündler ;  der  Bund 
der  deutschen  Landwirte.  —  Die  Presse  der  deutschen 
Agrarbewegung.  —  Die  Gesetzgebung.  —  Differential- 
Tarife.  —  Identitätsnachweis.  —  Verschuldung  des  länd¬ 
lichen  Grundbesitzes.  —  Vorschläge  zur  Grundent¬ 
lastung.  —  Kreditverhältnisse.  —  Wucher  auf  dem 
Lande.  —  Körner-,  Mehl-  und  Brotpreise.  —  Produk¬ 
tionskosten.  —  Schutzzölle.  —  Produktenbörse.  — 
Ländliche  Arbeiterfrage  (Leutenot).  —  Die  moderne 
liberale  Gesetzgebung  zur  deutschen  Landwirtschaft. — 
Konkurrenz  mit  dem  Auslande.  —  Statistisches.  — 
Verschiedenheiten  in  den  landwirtschaftlichen  Verhält¬ 
nissen  auf  deutschem  Gebiet. 

4.  Deutsche  Industrie.  Großindustrie. —Statistik. — 
Presse.  —  Kartelle,  Schutzvereinigungen,  Syndikate.  — 
Gesetzgebung.  —  Handelsverträge.  —  Geschäft  unbe¬ 
rührt  von  Ehre  und  Patriotismus  (vier  Bände  behandeln 
hier  nur  konkrete  Fälle  von  größtem  Interesse  auch  in 
politischer  und  sozialpolitischer  Hinsicht).  —  Gro߬ 
industrie  und  Sozialdemokratie.  —  Einfluß  auf  die  mora¬ 


lischen,  religiösen,  wirtschaftlichen,  sanitären  Verhält¬ 
nisse  der  Bevölkerung.  —  Auffallender  Mangel  der 
Gesetzgebung.  —  Vorschlag  einer  stufenweisen  Ver¬ 
staatlichung  der  Großindustrie.  —  Die  Klein-  und  Haus¬ 
industrie.  —  Das  Berg-  und  Hüttenwesen. 

5.  Staats- und  Privatmonopole.  Staatsmonopole. — 
Gesetzvorlage  über  Branntweinmonopol.  —  Reichstags¬ 
verhandlungen  1885— 1886.  — Literatur  für  und  gegen. — 
Projekt  eines  Petroleummonopols.  —  Literatur  über 
alle  .Stadien,  welche  diese  Frage  bis  jetzt  durchlaufen. 

Die  Hauptabteilung  VII  führt  die  Bezeichnung: 
„Parteien  im  Reiche“.  Sie  enthält  folgende  Abteilungen: 

1.  das  Zentrum,  dessen  ganze  äußere  und  innere 
Geschichte  von  Anfang  bis  jetzt  (Windhorst  allein  sind 
vier  Bände  gewidmet);  2.  die  Deutschkonservativen 
seit  1876;  3.  die  Nationalliberalen;  4.  die  Freikonser¬ 
vativen;  5.  die  Freisinnigen;  6.  die  Antisemiten;  7.  die 
Christlich-Sozialen;  8.  die  Sozialnationalen;  9.  die  Süd¬ 
deutsche  Volkspartei ;  10.  die  Rechtspartei;  11.  die 
Elsässer  und  Dirnen;  12.  die  Polen;  13.  Agrarier; 
14.  Vereinigungen  verschiedener  Art.  Letztere  Ab¬ 
teilung  enthält  folgende  Neben-  oder  Unterabteilungen : 
„Evangelisch-soziale“  und  „Kirchlich-soziale“  Vereini¬ 
gung;  Bimetallisten  -  Bund ;  Alldeutscher  Verband; 
Kolonialverein;  Evangelischer  Bund;  Gustav  Adolf- 
Verein;  Protestantenverein;  Judenschutz-Truppe;  Ka¬ 
tholischer  Volksverein;  Windhorstbund;  „Freie  Ver¬ 
einigung  der  Frondeure“;  Sozialkonservative  Vereini¬ 
gung;  Deutsche  Adelsgenossenschaft;  Vereinigung 
katholischer  Edelleute  (in  Rheinland-Westfalen,  Schle¬ 
sien,  Baden  -  Hessen-Unterfranken);  die  Vereinigung 
„Deutscher  Landwirtschaftsrat“;  der  Deutsche  Flotten¬ 
verein  (für  Inland,  für  Ausland);  Verein  für  Sozialpolitik 
(Katheder-Sozialisten);  Verein  der  Berg- undHüttenleute. 

In  der  Hauptabteilung  VIII  „Die  Hohenzollem“ 
gibt  es  eine  Abteilung  3,  die  dem  jetzt  regierenden 
Kaiser  gewidmet  ist.  Sie  gliedert  sich  in  drei  Unter¬ 
abteilungen:  „Prinz  Wilhelm“;  „Kronprinz  Wilhelm“ 
und  „Kaiser  Wilhelm“.  Eine  „Nebenabteilung“  ent¬ 
hält  die  sämtlichen  kaiserlichen  Erlasse  an  Volk,  Armee 
und  Marine.  In  den  übrigen  76  Bänden  dieser  Ab¬ 
teilung  finden  sich  „alle  Reden  und  Ansprachen  des 
Kaisers,  die  Thronreden  eingeschlossen  .  .  .  ,  die  Kom¬ 
mentare  in  den  öffentlichen  Blättern  und  die  Beurtei¬ 
lung  durch  die  verschiedenen  Parteiorgane  .  .  .  Alles 
ist  vorhanden,  was  überhaupt  an  Reden  des  Kaisers 
irgendwie  in  die  Öffentlichkeit  gedrungen  ist,  auch 
noch  so  kurze  und  gelegentliche  Ansprachen.  Des¬ 
gleichen  sind  über  alle  Reisen  des  Kaisers,  alle  Aus¬ 
flüge,  Empfänge,  Besuche  fremder  Höfe,  Jagden  und 
sonstwüe  nennenswerte  tägliche  Erlebnisse  die  Berichte 
einregistriert.  Die  Urteile  aller  Parteien  und  Partei¬ 
richtungen  über  Worte  und  Taten  des  Kaisers  sind 
ebenso  eingeordnet,  wie  die  im  Laufe  der  Zeit  über 
die  allerhöchste  Person  in  der  Presse  Frankreichs, 
Englands,  Rußlands  und  des  Auslands  überhaupt  her¬ 
vorgetretenen  Urteile.  Kurz  alles,  was  über  den  Kaiser 
öffentlich  gesagt  und  geschrieben  wurde,  sowie  alles, 
was  der  Monarch  selbst  gesagt  oder  getan  hat,  findet 
sich  hier  für  die  Zukunft  aufbewahrt  auf  Grund  der 
Berichte  von  30—35  Tageszeitungen,  aller  bedeutenderen 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


13 


Wochen-  und  Monatsschriften  und  der  gesamten 
Broschürenliteratur.“  (Pfülf.) 

Die  Hauptabteilung  X  enthält:  „Kulturhistorisches“. 
Die  erste  Abteilung  dieser  Hauptabteilung  z.  B.  enthält 
die  sämtlichen  Weihnachts-,  Neujahrs-,  Oster-  und 
Pfingstartikel  aus  etwa  100  Tagesblättern  während  der 
letzten  20  Jahre. 

Die  Hauptabteilung  XI  enthält  ausschließlich  „Per¬ 
sonalien“.  „Da  sind  zunächst  die  Nekrologe  aller  be¬ 
deutenderen  Männer  Europas,  die  seit  den  achtziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  aus  dem  Leben  ge¬ 
schieden  sind,  d.  h.  überhaupt  aller,  welche  irgendwie, 
wenn  auch  unrühmlich,  vor  der  großen  Öffentlichkeit 
sich  bekannt  gemacht  haben.  Daran  reihen  sich  die 
Biographien,  biographische  Notizen  und  persönliche 
Angelegenheiten  von  Staatsmännern,  Generalen-,  Künst¬ 
lern,  Gelehrten,  Politikern,  auch  von  dunkeln  oder 
schwierigen  Existenzen  der  verschiedensten  Art.  Hier 
figurieren  an  der  Spitze,  mit  Milan  von  Serbien  und 
Ferdinand  von  Bulgarien,  Crispi  und  Baron  v.  Hirsch 
(der  „Türkenhirsch“),  neben  Rektor  Ahlwardt  der  ehe¬ 
malige  Kreuzzeitungs- Redakteur  Freiherr  v.  Hammer¬ 
stein  ;  neben  Gestalten  wie  den  Herren  v.  Tausch, 
v.  Lützow  und  Leckert  (4  Bände)  die  beiden  Thümmel 
(2  Bände),  Pastor  Schwalb,  Dr.  Hans  Blum;  endlich  . . . 
Dr.  Karl  Peters,  Kanzler  Leist,  Assessor  Wehlan,  Herr 
Schröder  usw.“  (Pfülf.) 

Die  Hauptabteilung  XII  betrifft  „die  Sozialdemo¬ 
kratie“.  Sie  enthält  folgende  Abteilungen  und  Unter¬ 
abteilungen  : 

jO;fTi.  Für  und  gegen  die  Sozialdemokratie.  —  Ursachen 
der  Entstehung  und  Weiterentwicklung.  —  Geschichte 
der  Sozialdemokratie,  in  Deutschland,  in  anderen  Län¬ 
dern.  —  Mauserungen.  —  Personalien  ihrer  Führer.  — 
Alte,  neue  und  neueste  Differenzen. 

2.  Die  Parteitage:  Alle  einzeln,  vom  Tag  zu  Wyl 
in  der  Schweiz  bis  zu  dem  von  Lübeck  1901.  —  Offizielle 
Berichte.  —  Beurteilung  durch  die  Presse  im  In-  und 
Ausland. 

3.  Der  Weltfeiertag  (1.  Mai).  —  Ursprüngliche  Be¬ 
deutung.  —  Zunehmende  Teilnahmslosigkeit. 

4.  Die  Finanzen  der  Sozialdemokratie  (Quittungen). 

5.  Statistisches. 

6.  Verhältnis  zur  Religion. 

7.  Sozialdemokratie  und  Heer. 

8.  Sozialdemokratie  und  Berufsstände.  —  Die  Pro¬ 
duktivstände.  —  Die  Arbeiter  der  Großindustrie  — 
dersonstigen  Gewerbe. — Erd-  und  Gelegenheitsarbeiter. 
—  Landwirtschaftliche  Arbeiter.  —  Besitzende  Bauern.— 
Die  kleinen  Handwerksmeister.  —  Die  Bazar-Sklaven.  — 
Gelehrten-Proletariat.  —  Niedere  Beamte  in  Staats-, 
Kommunal-,  Privatdiensten.  —  Akademische  Jugend.  — 
Kaufmännisches  Proletariat.  — —  Agitation  unter 
Handlungskommis  —  unter  den  Lehrern  —  unter  den 
Kellnern  —  unter  den  Seeleuten. 

9.  Die  Gewerkschaften.  —  Sozialdemokratische. — 
Unabhängige.  —  Katholische,  Protestantische.  —  Die 
„christlichen“  Gewerkschaften.  —  Gewerkschaften  in 
England.  —  Streiks  derselben.  —  Der  Londoner  Dock- 
arbeiter-Streik  und  Kardinal  Manning.  —  Der  große 
Metallarbeiter-Streik. 


10.  Die  Sozialdemokratie  außerhalb  Deutschlands. 

11.  Sozialdemokratische  Unterhaltungslektüre. 

12.  Sozialdemokratische  Poesie. 

13.  Sozialdemokratie  und  Juden. 

14.  Sozialdemokratie  und  Frauenfrage. 

15.  Sozialdemokratische  Presse. 

16.  „Unter  dem  neuen  Kurs“  (Verurteilungen  und 
Straffälle). 

17.  Arbeiter-Sanitätskommissionen. 

18.  Sozialistengesetz  (die  Reichstagsverhandlungen 
in  allen  Stadien,  Preßurteile,  Agitationen). 

Die  Hauptabteilung  XIII  betrifft  „Die  anarchistische 
Bewegung“,  sie  enthält  folgende  Abteilungen;  Literatur 
über  Anarchismus.  —  Geschichte.  —  Die  Attentate  — 
in  Deutschland  (Polizeirat  Stumpf  in  Frankfurt;  auf  dem 
Niederwald)  —  im  Ausland.  —  Die  Anarchistenattentate 
Frankreichs  seit  zwanzig  Jahren.  —  Attentate  in  Italien, 
England,  Irland,  Spanien,  Amerika,  Rußland,  Schweiz.  — 
Anarchismus  und  Sozialdemokratie. —  Der  Nihilismus. 
—  Der  Materialismus  als  Vorfrucht.  —  Die  Nietzsche- 
sche  Philosophie. 

Ich  erwähne  noch  die  Hauptabteilung  XXIII,  die 
dem  deutschen  Adel  gilt,  die  Hauptabteilung  XXV, 
die,  als  solche,  die  Aufschrift  „Diversa“  hat  und  in  zwei 
Abteilungen:  „Politische  Diversa“  und  „Unpolitische 
Diversa“  zerfällt.  Die  Abteilung  „Politische  Diversa“ 
enthält  sechs  Bände  über  den  Grafen  Caprivi,  ebenso- 
viele  über  den  Reichskanzler  Fürsten  Hohenlohe,  Stoff 
über  den  Freiherrn  Marschall  von  Bieberstein,  den 
jetzigen  Botschafter  am  Goldenen  Horn,  Bötticher,  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Bülow,  den  Grafen  Posa- 
dowsky  usw.  In  der  Abteilung  „Unpolitische  Diversa“ 
ist  die  ganze  Kotze -Schräder- Affäre,  die  Kiderlen- 
Wächter-Sache  mit  dem  entsprechenden  Bande  des 
Kladderadatsch“  und  allen  Berichten  über  das  daraus 
erfolgte  Duell  zu  finden. 

Die  Hauptabteilung  XXVI  betrifft  die  „protestanti¬ 
schen  Angelegenheiten“,  die  Hauptabteilung  XXVII 
die  „katholischen  Angelegenheiten“.  Von  der  zuerst 
genannten  verwahrt  Abteilung  I  nur  die  Bekennt¬ 
nisse,  Klagen  und  Schilderungen  über  die  Mißstände 
des  heutigen  Protestantismus,  ausschließlich  aus 
protestantischem  Munde  und  von  berufener  Stelle,  aus 
den  Verhandlungen  der  General-  und  Landes-Synoden, 
des  Kirchenrates  und  anderer  streng  konfessioneller 
Versammlungen.  Diese  Klagen  allein  füllen  fünf  Bände 
mit  zwanzig  Mappen,  jede  Mappe  mit  gegen  sechs  Um¬ 
schlägen,  in  deren  jeder  fünf  bis  sechs  Nummern,  im 
ganzen  600  bis  800  Nummern.  Diese  erste  Abteilung 
wird  an  Umfang  noch  weit  übertroffen  durch  die 
zweite,  welche  die  von  protestantisch-kirchlicher  Seitein 
Presse,  Versammlungen,  Kundgebungen  ausgehenden 

„Angriffe  gegen  die  Katholiken  verwahrt“ . Sechs 

solcher  Abteilungen  eine  interessanter  als  die  andere, 
machen  diese  Hauptabteilung  aus. 

Die  dritte  dieser  „Abteilungen“  ist  ganz  ausschlie߬ 
lich  dem  Hofprediger  Dr.  Stöcker  gewidmet.  Es  sind  fünf 
Bände  mit  zwanzig  Mappen,  „und  die  ganze  Abteilung, 
in  zwölf  Unterabteilungen  eingeteilt,  zählt  über  15  Bände, 
welche  Stöckers  ganze  politische  und  soziale  Tätigkeit 
während  der  letzten  25  Jahre  umschließt“.  (Pfülf.) 


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Kekule,  Über  Zeitungsmusetn. 


Zum  Schlüsse  gebe  ich  noch  eine  vollständige  Über¬ 
sicht  über  die  Hauptabteilung  XXVIII  die  den  Fürsten 
Bismarck  betrifft.  Sie  gliedert  sich  in  folgende  acht 
Abteilungen: 

1.  Geschichtliches  über  dieFamilie  und  denFürsten. 
Die  Bismarck  in  Stendal  als  Gewandschneider  und 
Geldwechsler.  —  Entwicklung  der  Familie.  —  Familien¬ 
geschichte.  —  Biographien  des  Fürsten.  —  Bismarck- 
Literatur  in  chronologischer  Ordnung.  —  Bismarck  und 
die  Produktivstände  (Landbautreibende,  Bund  der 
deutschen  Landwirte,  Handwerker,  Arbeiter.)  —  Bis¬ 
marck,  Protestantismus  und  Landeskirche.  —  Bismarck 
und  die  katholische  Kirche  vor  dem  Kulturkampf.  — 
Anfang  und  Verlauf  des  kirchlichen  Kampfes.  —  Feind¬ 
seligkeiten  und  Verdächtigungen  gegen  die  Katholiken 
nach  erfolgter  Amtsentlassung.  —  Bismarck  und  die 
Sonntagsruhe.  —  Selbstwidersprüche  und  objektive 
Unwahrheiten.  —  Überhebungen  Bismarcks:  Selbst¬ 
überhebung  und  Beräucherung  durch  die  dienstbare 
Presse  (die  ,,Tinten-Kulis‘‘). 

2.  Bismarck  und  Sozialdemokratie.  Grundirrtum 
und  Hauptfehler.  —  Bismarck  und  Lassalle.  —  Von 
Lassalles  Tod  bis  zum  Tag  von  Eisenach  1864 — 1S69. 

—  Nach  den  Attentaten.  —  Vorlage  und  Durchbringung 
des  Sozialistengesetzes.  — Verlängerungen  desselben.  — 
Aufhebung  resp.  Zurückziehung.  —  Nach  Bismarcks 
Entlassung.  —  Die  Scharfmacherpartei.  —  Anreizung 
zur  akuten  Revolution. 

3.  Bismarck  und  der  Parlamentarismus.  Vor  der 
Ernennung  zum  Minister.  —  Die  Konfliktszeit.  —  Nach 
dem  Kriege  1866.  —  Als  Reichskanzler.  —  Nach  der 
Amtsentlassung. 

4.  Die  Geburtstage  (von  1S85 — 1898).  Der  70.  Ge¬ 
burtstag:  Ehrungen,  Schenkungen,  der  Silberschatz  der 
rheinisch- westfälischen  Großindustriellen.  —  Der  Stamm¬ 
baum.  —  Poetische  Verherrlichungen.  —  Der  Otto- 
Pfennig.  —  Geschichte  und  Literatur  dieser  Spende.  — 
Verwendung  der  Spende.  —  Ursprüngliche  Absicht, 
spätere  Änderung.  —  Das  zweite  Gut  Schönhausen.  — 
Renitenz  des  württembergischen  Landeskomitees.  — 
Stiftung  für  unterstützungsbedürftige  Akademiker.  — 
Zuwendungen  derselben.  —  Der  achtzigste  Geburtstag. 

—  Unter  dem  Zeichen  der  Versöhnung. 

5.  Die  Fronde  gegen  den  Kaiser.  Fronde  des 
aktiven  Kanzlers.  —  Versuche,  die  kaiserliche  Sozial¬ 
politik  zu  kontrekarrieren.  —  Die  Situation  unmittelbar 
vor  der  Entlassung.  —  Die  Entlassung,  ihre  Umstände 
und  unmittelbare  Folgen.  —  Abreise  von  Berlin.  — 
Friedrichsruhe.  —  Das  wirkliche  Heim.  —  Bon  mots 
des  Herzogs  von  Lauenburg. —  Die  Fronde  des  Kanzlers 
a.  D.  —  Die  Organisation  der  Fronde.  —  Die  „unter¬ 
irdische  Taktik“. —  Der  Stilicho-Artikel  im  „Deutschen 
Tageblatt“.  —  Die  Aera  der  Interviews.  —  Reihenfolge 
der  Interviewer.  —  Redseligkeit  des  Herzogs  von 
Lauenburg.  —  Erlasse  an  sämtliche  deutsche  Bot¬ 
schafter  und  Gesandten  am  23.  Mai  1890.  —  Die 
„Versöhnungspolitik“.  —  Die  Kölnische  Zeitung.  — 
Lage  vor  der  Wiener  Reise.  —  Die  Hochzeit  des  Grafen 
Herbert.  —  Weg  über  Berlin-Dresden.  —  Auf  dem 
Potsdamer  Bahnhof.  —  Erlaß  vom  9.  Juni  1892  an  den 
Botschafter  Prinzen  Reuß.  —  Wirkung  auf  Bismarck. 


—  Die  Uriasbriefe.  —  Rückreise  über  Munchen-Augs* 
burg-Weimar-Jena.  —  Rede  auf  dem  Marktplatz  zu 
Jena.  —  Die  Kur  in  Kissingen.  —  „Vergnügungszuge“ 
und  Ovationen.  —  Reden  des  Fürsten.  —  Krankheit 
im  Herbst  1893.  —  Der  Kaiser  läßt  durch  Dr. 
Schwenninger  berichten.  —  Chronologie  der  Fronde 
bis  zu  den  Präludien  der  Versöhnung.  —  Die  „Ver¬ 
söhnung“.  —  Die  Flasche  alten  Stein.  —  Der  neue 
graue  Mantel.  —  Einladung  zur  Feier  des  Militär 
jubiläums.  —  Besuch  in  Berlin.  —  Gegenbesuch  des 
Kaisers  in  Friedrichsruhe.  —  Bismarcks  sonderbare 
Tischrede.  —  Die  „schleichende  Fronde“.  —  Verrat 
des  deutsch  russischen  Abkommens.  —  Der  Reichs¬ 
und  Staatsanzciger.  —  Stadien  der  Fronde  bis  zu 
Bismarcks  Tod.  —  Nach  dem  Tode.  —  Nachträgliches. 

6.  Diversa.  Die  Bismarckpressc.  —  Bismarck  als 
Reichstagsabgeordneter.  —  Geschichte  der  Wahl.  — 
„Tätigkeit“  als  Abgeordneter.  —  Nichtpolitisches: 
Familie,  Fürstin  Bismarck,  Gräfin  Rantzau  usw.  —  Graf 
Wilhelm.  —  Graf  Herbert. 

7.  Artikel  unter  Chiffre  F.  L.  (Fechcnbach-Lauden- 
bach)  „aus  zwölf  politischen  Tagesblättern,  1883 — 1893; 
chronologisch  geordnet,  alle  direkt  auf  Bismarck  be¬ 
züglich,  unter  Anknüpfung  an  konkrete  Vorkommnisse“. 
(Pfülf.) 

8.  Bismarck  nach  dem  Tode.  „Alles,  was  seit  dem 
Ende  des  ersten  Kanzlers  in  Preßorganen  überdenseiben 
geschrieben  wurde  (bis  1899  waren  es  acht  Bande), 
überdies  alle  Werke,  Bücher  und  Broschüren.“  (Pfulf.) 

Ich  kann  hiermit  die  Übersicht  über  diese, 
zweifellos  großartig  angelegte  und  durchgefuhrte, 
„politische  Registratur“  schließen  und  will  nur 
noch  bemerken:  einmal,  daß  deren  Schöpfer 
am  14.  Marz  1907  zu  Würzburg  gestorben  ist 
Er  hat  seine  Sammelarbeit  bis  zu  seinem  Tode 
eifrig  fortgesetzt,  während  die  Pfülfsche  Über¬ 
sicht,  wie  angegeben,  aus  dem  Jahre  1902 
stammt.  Es  ist  also  offenbar  noch  eine  be¬ 
trächtliche  Vermehrung  eingetreten.  Sodann, 
daß  sich  die  Sammlung  noch  gegenwärtig  im 
Schlosse  Laudenbach  bei  Aschafifenburg  be¬ 
findet  und,  mit  Erlaubnis  der  Witwe  des  Frei¬ 
herrn,  benutzt  werden  kann.  Endlich,  daß  ich 
im  vorstehenden  selbstverständlich  überall  die 
eigenen  Bezeichnungen  des  Sammlers  für  die 
Hauptabteilungen,  Abteilungen  und  Unterab¬ 
teilungen  in  ihrem  Wortlaute  wiedergegeben 
habe,  soweit  mir  dieser  zugänglich  war. 

Jedenfalls  scheinen  mir  diese  beiden  Samm¬ 
lungen,  die  Forckenbecksche  und  die  Fechen- 
bachsche,  zu  beweisen,  daß  eine  „Verarbeitung“ 
der  Presse  möglich  ist.  Sie  scheinen  mir  weiter 
wesentliche  Fingerzeige  darzubieten,  wie  sie 
stattfinden  kann.  Schlechthin  als  Muster  für 
eine  derartige  „Verarbeitung“  in  „Zeitungs- 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen» 


iS 


museen“,  wie  sie  hier  skizziert  werden,  wird  das 
in  ihnen  angewendete  Verfahren  kaum  dienen 
können.  Läßt  sich  das  Forkenbecksche  Ver¬ 
fahren  vielleicht  als  eine  „Auswahl  (im  wesent¬ 
lichen)  nach  Nummern“,  das  Fechenbachsche 
vielleicht  als  eine  „Auswahl  nach  Ausschnitten“ 
kennzeichnen,  so  würde  vielleicht  eine  Verbin¬ 
dung  beider  Verfahren  eintreten  müssen.  Ab¬ 
gesehen  selbstverständlich  von  den  besonderen 
Zwecken,  die  Forckenbeck  und  Fechenbach, 
jeder  in  seiner  Weise,  verfolgt  haben. 

Auf  alle  Fälle  wird  das  „Reichszeitungs¬ 
museum“,  wenn  es  zustande  kommt,  Sorge 
tragen  müssen,  die  Bestände  beider  Sammlungen 
so  schnell  als  möglich  zu  erwerben. 

Nachdem  nun  so  in  einem  Exkurs  die  „Mög¬ 
lichkeit“  einer  zeitungsmusealen  „Verarbeitung“ 
erwiesen  ist  und  dem  „Wie“  dieser  Verarbeitung 
durch  die  Betrachtung  der  Versuche  Forcken- 
becks  und  Fechenbachs  näher  zu  kommen  ge¬ 
sucht  wurde,  nehme  ich  den  Faden  der  geord¬ 
neten  Betrachtung  wieder  auf. 

Es  trifft  sich  glücklich,  daß  das  Holzpapier 
der  heutigen  Zeitungen  wenigstens  ungefähr 
zwei  Menschenalter  lang  der  Vernichtung  stand¬ 
hält  und  wenigstens  ein  paar  Jahrzehnte  hin¬ 
durch  in  einem  Zustande  verbleibt,  daß  mit 
der  „Zaponierung“  erst  nach  Ablauf  dieser 
Jahrzehnte  begonnen  zu  werden  braucht.  Es 
liegt  also  die  Möglichkeit  vor,  zunächst  einige, 
etwa  zwei  bis  drei,  Jahrzehnte  hindurch  ledig¬ 
lich  zu  sammeln  und  aufzubewahren,  während¬ 
dessen  „einzurichten“  und  dann  gleich  mit  der 
Verarbeitung  hinsichtlich  der  Auswahl  und 
dauernden  Erhaltung  des  Ausgewählten  durch 
„Zaponierung“  zu  beginnen  und  so  wieder  Raum 
für  die  Eingänge  neuer  Jahrzehnte  zu  gewinnen. 
Auswahl  und  „Zaponierung“  hätten  nach  den 
bereits  dargelegten  Gesichtspunkten  zu  erfolgen. 

Nun  darf  man  sich  aber  keiner  Täuschung 
darüber  hingeben,  daß  es  für  alle  Zeiten  eine 
Utopie  sein  wird,  die  Schaffung  solcher  Ver- 
arbeitungs-  und  „Zaponierungs“- Möglichkeiten 
auch  an  den  kleinen  örtlichen  Zentralen  zu  er¬ 
hoffen.  Hier,  am  „Orte  des  Erscheinens“,  wird 
man  sich  also,  abgesehen  von  den  großen 
Städten,  die  eigene  „Zeitungsmuseen“  einrichten 
oder  mit  dem  städtischen  Archiv  oder  der 
Stadtbibliothek  verbinden  können,  lediglich  dar¬ 
auf  beschränken  müssen,  die  ganzen  Jahrgänge 
vollständig  zu  sammeln  und  aufzubewahren  und 


es  Orts-  und  Familienhistorikern  usw.  zu  über¬ 
lassen,  den  gesammelten  Stoff  vor  dem  Zerfall 
im  spezialgeschichtlichen  Interesse  zu  verwerten. 

Es  ist  nun  leicht  einzusehen,  daß  die  Schaf¬ 
fung  derartiger  Zeitungssammelstätten  in  der 
angegebenen  dreifachen  Gliederung,  auch  ab¬ 
gesehen  von  der  Schaffung  oder  Bereitstellung 
der  Räumlichkeiten,  der  Bestellung  oder  Ver¬ 
mehrung  des  Personals,  der  Bewilligung  der 
nötigen  Mittel  usw.,  allein  schon  von  dem  Ge¬ 
sichtspunkte  der  Herbeischaffung  des  Stoffes 
aus,  eine  gesetzliche  Regelung  der  Lieferung 
von  „Pflichtexemplaren“  erfordern  würde.  Und 
zwar  könnte  eine  Pflichtexemplarspflicht  für  ein 
„Reichszeitungsmuseum“,  die  sich  also  über 
das  ganze  Reich  erstreckt,  nur  reichsgesetzlich 
geschaffen  werden,  selbst  wenn  das  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum“  selbst  und  alle  Mittel  zu  seiner 
Erhaltung  und  Verwaltung  durch  Spenden  der 
beteiligten  Kreise  (Verleger  usw.)  aufgebracht 
werden.  Die  Pflichtexemplarspflicht  für  die 
Provinzial-  oder  Landeszentralen  und  ebenso 
für  die  Ortszentralen,  ebenso,  wie  die  Schaffung 
selbst  dieser  Provinzial-  oder  Landeszentralen 
und  der  Ortszentralen  könnte  nur  auf  dem 
Wege  der  Landesgesetzgebung  in  ebensovielen 
Ländern  erfolgen,  als  das  Deutsche  Reich  Einzel¬ 
staaten  besitzt.  Erst,  wenn  das  alles  geschaffen, 
geregelt  und  eingerichtet  wäre,  könnte  man  von 
einer  vollkommenen  Organisation  für  den  Ge¬ 
samtstaat  sprechen. 

Der  gegenwärtige  Zustand  im  Deutschen 
Reiche,  in  bezug  auf  die  Abgabe  von  Pflicht¬ 
exemplaren,  über  den  die  Schrift  von  Franke, 
die  Abgabe  der  Pflichtexemplare  von  Druck¬ 
erzeugnissen,  Berlin  1889,  eingehende  Auskunft 
gibt,  ist  den  oben  dargelegten  Forderungen 
gegenüber,  man  kann  nur  sagen,  höchst  mangel¬ 
haft,  weil  die  Ablieferung  von  Pflichtexemplaren 
nicht  einmal  allgemein  und  einheitlich  vorge¬ 
schrieben  ist. 

Das  Deutsche  Reich  als  solches,  kennt  die 
Abgabe  von  Pflichtexemplaren  noch  gar  nicht. 
In  Preußen  müssen  in  den  sogenannten  „alt¬ 
preußischen“  Provinzen  die  Verleger  je  ein 
Pflichtexemplar  an  die  Königliche  Bibliothek  zu 
Berlin  und  an  die  Universitätsbibliothek  der 
betreffenden  Provinz  abgeben.  In  den  „neuen“ 
Provinzen  je  ein  Exemplar  an  die  Universitäts¬ 
und  an  die  Provinzial-  oder  Landesbibliothek. 
In  Schleswig- Holstein  liefert  der  Verleger  ein 


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Kekule,  Über  Zeitungsmuseeo, 


Exemplar  an  die  Universitätsbibliothek  in  Kiel, 
der  Drucker  ein  solches  an  die  königliche  Biblio¬ 
thek  zu  Berlin.  Bayern,  Württemberg,  Hessen, 
Anhalt,  Schwarzburg- Sondershausen  und  Lü¬ 
beck  haben  gleichfalls  die  Abgabe  von  Pflicht¬ 
exemplaren.  In  anderen  Einzelstaaten  fehlt  sie 
gänzlich.  Nicht  einmal  in  Preußen  ist  also  die 
Frage  einheitlich  geregelt,  aus  den  „neuen“ 
Provinzen  erhält  die  Königliche  Bibliothek  nichts, 
und  in  einer  ganzen  Reihe  von  Einzelstaaten 
fehlt  es  an  entsprechenden  Maßnahmen  gänzlich. 

Diese  Andeutungen  müssen  hier  genügen. 

Sie  ergeben  jedenfalls  schlagend,  daß  der 
Gedanke,  in  verhältnismäßig  kurzem  Zeitablauf 
in  ganz  Deutschland  den  Instanzenzug,  um 
es  so  auszudrücken,  von  örtlichen,  Provinzial¬ 
oder  Landeszentralen  und  endlich  einer  Reichs¬ 
zentrale,  mit  dem  planmäßigen  Hand-in-Hand- 
arbeiten  dieser  drei  Instanzen,  wie  es  doch 
unerläßlich  wäre,  verwirklicht  zu  sehen,  nicht 
so  schnell  ausführbar  ist. 

Dazu  käme  dann  weiter  noch  die  Schaffung 
der  Räume  und  die  Bestellung  des  Personals, 
nenne  man  es  kurz:  die  verwaltungstechnische 
Seite  der  Sache  mit  den  erforderlichen  Mitteln. 
Es  soll  auf  diese  Dinge  im  einzelnen  nicht 
weiter  eingegangen  werden.  Die  Verwirklichung 
solcher  Wünsche  wird  sicher,  wenn  sie  in  Deutsch¬ 
land  überhaupt  je  erfolgt,  mehrere  Menschen¬ 
alter  auf  sich  warten  lassen.  Was  als  schnell 
und  nach  Möglichkeit  den  Bedürfnissen  ent¬ 
sprechend  schaffbar  und  überhaupt  erreichbar 
übrig  bleibt,  ist:  das  „Reichszeitungsmuseum“ 
und  die  reichsgesetzliche  Lieferung  von  Pflicht¬ 
exemplaren  für  ein  solches.  Hier  trifft  also 
mein  Ergebnis  mit  der  Forderung  Spahns  nach 
einem  „Reichszeitungsmuseum“  wieder  zusam¬ 
men  und  solange  die  reichsgesetzliche  Lieferung 
von  Pflichtexemplaren  das  „Reichszeitungs¬ 
museum“  nicht  von  allen  Sorgen  um  die  Her- 
beischafifung  des  Stoffes  befreit,  müßte  die  Ehren¬ 
pflicht  aller  Zeitungen  und  Korrespondenzen 
vollständige  Jahrgänge  und,  nach  Möglichkeit, 
Reihen  vom  ersten  Erscheinen  an,  an  das 
„Reichszeitungsmuseum“  abzuliefern ,  aushelfen. 
Dazu  würde  aber  vor  allem  gehören,  daß  auch 
alle  Zeitungen  und  Korrespondenzen  sich  der 
Ehrenpflicht  erst  einmal  bewußt  werden,  sich 
selbst  in  vollständigen,  guten,  gebundenen  Exem¬ 
plaren  aufzuheben.  Ich  verhehle  nicht,  daß  es 
ein  Lieblingsgedanke  von  mir  ist,  daß  die 


Schriftleitungen  oder  die  Herausgeber  oder  die 
Verleger  aller  Zeitungen,  Korrespondenzen  usw. 
dazu  erzogen  oder  noch  besser,  durch  Kund¬ 
gebungen  von  maßgebenden  Stellen  aus  dazu 
veranlaßt  werden  müssen,  diese  Ehrenpflicht 
zu  erfüllen.  Noch  mehr:  daß  sie  dazu  erzogen 
und  veranlaßt  werden  müssen,  den  zukünftigen 
Zeitungsmuseen  in  der  oben  geschilderten,  drei¬ 
fachen  Gliederung  vorzuarbeiten,  indem  sie  ihre 
Erzeugnisse  in  mindestens  je  sechs  vollstän¬ 
digen  Exemplaren  auf  heben,  von  denen  zwei 
für  das  „Reichszeitungsmuseum“,  ein  weiteres 
für  die  zukünftige  Provinzial-  oder  Landeszen¬ 
trale,  das  vierte  für  die  Ortszentrale,  das  fünfte 
und  sechste  für  das  Archiv  oder  die  Bibliothek 
der  betreffenden  Schriftleitung  selbst  zu  be¬ 
stimmen  sind.  Daß  alle  diejenigen  Blätter, 
Korrespondenzen  und  Zeitschriften,  bei  denen 
es  auf  die  Kosten  nicht  so  sehr  ankommt, 
mindestens  eines  dieser  sechs  Exemplare  voll¬ 
ständig  „zaponieren“  lassen  und  in  diesem  Zu¬ 
stande  aufheben  müßten.  Daß  alle  Zeitungen 
usw.,  bei  einem  etwaigen  Eingehen,  diese  sechs 
Exemplare,  oder  wenigstens  ein  „zaponiertes“, 
oder  allermindestens  ein  vollständiges  un-„zapo- 
niertes“  Exemplar,  je  nachdem,  solange  das 
„Reichszeitungsmuseum'  noch  nicht  besteht, 
an  die  betreffende  Universitäts-  oder  Provin¬ 
zial-  oder  Landesbibliothek  freiwillig  schenken 
müßten,  wenn  die  Lieferung  von  Pflichtexem¬ 
plaren  nicht  vorgeschrieben  ist.  Wenn  es  wahr 
ist,  was  Dr.  Hans  Paalzow  in  seinem  Aufsatz 
„Der  Plan  eines  Reichszeitungsmuseums“  (Die 
Woche,  Heft  43  vom  24.  Oktober  1908)  ver¬ 
sichert,  daß  jede  Redaktion  alle  Nummern  ihrer 
Zeitung  sammelt,  daß  „in  jeder  größeren  Re¬ 
daktion  mehrere  Exemplare  des  eigenen  Blattes 
gebunden  werden“,  so  wäre  ein  wesentlicher 
Teil  der  vorstehenden  Forderungen  in  der 
Praxis  ja  schon  erfüllt  und  der  übrige  Teil 
nicht  allzuschwer  erfüllbar.  Allerdings  muß 
mit  Nachdruck  betont  werden,  daß  das  bloße 
Einbinden  die  Erhaltung  nur  für  einige  Zeit 
gewährleistet,  aber  nicht  für  die  Dauer,  daß 
vielmehr  die  „Zaponierung“  hinzutreten  muß, 
wenn  die  Erhaltung  für  die  ferne  Zukunft  ge¬ 
sichert  sein  soll. 

Leider  will  es  mir  aber  scheinen,  als  ob 
das  Verständnis  für  die  innere  Berechtigung 
der  Forderung  des  „Selbstaufhebens“  mindestens 
eines,  und  zwar  „zaponierten“  Exemplares  einem 


Abb.  3. 

Das  Original  ist  mit  einem  Bande  versehen,  durch  dessen  Zug  die  Blumen 
aus  den  Vasen  an  Streifen  mit  Devisen  emporwachsen. 


Glückwunschkarten  aus  der  Biedermeier-Zeit. 


Z.  f.  B.  1909/1910.  Heft  1 


Zu  Hennig-  Biedermeier-Wünsche 


Kekule,  Über  Zeitungsmuseen. 


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großen  Teile  der  in  den  Schriftleitungen  ma߬ 
gebenden  Personen  noch  fehle,  denn  als  ich 
den  Versuch  machte,  diese  Forderung  in  der 
Ballspende  der  diesjährigen  Ballfestlichkeit  des 
Vereins  „Berliner  Presse“  in  scherzhafter  Form 
zum  Ausdruck  zu  bringen,  wurde  dieser  Beitrag 
nicht  abgedruckt,  obgleich  ich  zu  einem  solchen 
ausdrücklich  aufgefordert  worden  war. 

Ich  wende  mich  nun  noch  zu  einigen  Einzel¬ 
heiten  in  der  Einrichtung  des  geforderten 
„Reichszeitungsmuseums“  selbst. 

Bleibt  als  zunächst  erhoffbar  nur  dieses 
übrig,  so  muß  es,  falls  nicht  unwiederbring¬ 
licher  Schaden  geschehen  soll,  das  Gebiet  seiner 
Sammeltätigkeit  für  den  Anfang  weiter  aus¬ 
dehnen,  als  es  notwendig  wäre,  wenn  daneben 
schon  Provinzial-  oder  Landes -Zentralen  und 
Orts -Zentralen  bestünden.  Von  den  Zeitungen 
müßte  es  sammeln:  nicht  nur  alle  „allgemeinen 
politischen  Parteiblätter“  und  die  großen  und 
weit  verbreiteten  Zeitungen,  die  keine  bestimmte 
politische  Parteirichtung  vertreten,  sondern  alle 
wichtigen  Provinzialzeitungen.  Von  den  Korre¬ 
spondenzen  müßte  es  alles,  außer  den  rein  fach¬ 
lichen  und  den  belletristischen  Korrespondenzen, 
auf  bewahren.  Alles  in  vollständigen  Jahrgängen, 
ohne  zunächst,  nach  Verarbeitung,  etwas  aus- 
scheiden  zu  dürfen.  Daneben  hätte  eine  Ver¬ 
arbeitung  und  „Zaponierung“  aus  Doppelexem¬ 
plaren  stattzufinden.  Zeitschriften  wären  in  die 
Verarbeitung  mit  einzubegreifen,  aber,  sie  da¬ 
neben  vollständig  aufzubewahren,  dürfte  sich 
erübrigen,  da  dieses  in  den  großen  Bibliotheken 
schon  stattfindet  und  nicht  aufhören  dürfte. 

Das  wäre  der  Übergangszustand,  so  lange 
keine  Provinzial-  oder  Landeszentralen  oder  ört¬ 
liche  Zentralen  bestehen,  und  es  müßte  gehofft 
werden,  nach  höchstens  einem,  allerhöchstens 
zwei  Menschenaltern  infolge  der  Schaffung  von 
diesen  Sammelstätten  „erster“  und  „zweiter  In¬ 
stanz“  und  durch  den  dann  erst  möglichen 
Beginn  der  Ausschaltung  ganzer  Jahrgänge, 
nach  Verarbeitung  im  „Reichszeitungsmuseum“ 
nach  den  oben  dargelegten  Grundzügen,  letzteres 
entlasten  zu  können. 

Ich  kehre  nun  noch  zu  dem  zurück,  wie 
Spahn  sich  das  „Reichszeitungsmuseum“  denkt. 

Außer  seinen,  schon  oben  im  Wortlaut 
wiedergegebenen  Sätzen  kommen  hier  noch 
die  nachfolgenden  Ausführungen  von  ihm  in 
Betracht. 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


Über  die  Notwendigkeit,  daß  ein  Zeitungs¬ 
museum  für  das  ganze  Reich  gefordert  werden 
muß,  daß  große  Landes-  oder  Provinzialzentralen 
nicht  ausreichen  würden:  „Die  Presse  ist  ihrer 
ganzen  Entwicklung  nach  als  deutsche  Presse 
erwachsen.  Sie  trug  am  meisten  dazu  bei,  daß 
unser  Volk  sich  von  den  Banden  des  ihm  an¬ 
erzogenen  partikularistischen  Denkens  befreite. 
Man  würde  ihr  Gewalt  antun,  wenn  man  sie 
bei  ihrer  Sammlung  wegen  der  Zugehörigkeit 
ihrer  Druckorte  zu  den  Einzelstaaten  sogleich 
wieder  auseinanderrisse,  und  man  würde  ihre 
Benutzung  dadurch  sogleich  der  Gelehrtenwelt, 
wie  allen  anderen  ohne  triftigen  Grund  er¬ 
schweren.  Einerseits  lassen  sich  Zeitungsbände 
ihres  Gewichtes  wegen  nur  schwer  und  kost¬ 
spielig  versenden;  ihr  Papier  würde  bei  häu¬ 
figer  Versendung  noch  schneller  vernutzt  wer¬ 
den,  als  es  ohnehin  unvermeidlich  ist.  Andrer¬ 
seits  macht  das  Studium  der  Zeitungen  wegen 
der  Überfülle  an  Einzelheiten,  mit  der  es  zu 
kämpfen  hat,  wünschenswert,  daß  der  Benutzer 
soviel  Vergleichsstoff  wie  möglich  zur  Stelle 
hat,  um  sich  über  jede  Frage  sofort  allseitig 
Aufklärung  zu  verschaffen.  Die  Cottasche 
, Allgemeine  Zeitung'  nur  in  einem  süddeutschen, 
die  frankfurter  Zeitung'  nur  in  einem  nord¬ 
deutschen  Zeitungsmuseum  —  man  braucht  die 
beiden  Möglichkeiten  sachkundigen  Männern 
bloß  vorzulegen,  um  sie  zu  überzeugen,  daß 
eine  Teilung  der  Zeitungen  eine  unpraktische 
Maßregel  sein  würde.“ 

Soweit  diese  Sätze  Spahns  für  ein  „Reichs¬ 
zeitungsmuseum''  plädieren,  sind  sie  vortrefflich. 
Soweit  sie  gegen  die  Schaffung  von  Provinzial¬ 
oder  Landeszentralen  und  Ortszentralen  neben 
dem  „Reichszeitungsmuseum“  verwendet  werden 
können,  kann  ich  sie  nicht  billigen  und  muß 
auf  das  bereits  Gesagte  verweisen. 

Über  die  Beibringung  der  Mittel  zur  Be¬ 
gründung  und  Verwaltung  des  „Reichszeitungs- 
museums“  sagt  Spahn:  „Sollte  der  Plan  eines 
Reichszeitungsmuseums  verwirklicht  werden,  so 
würde  die  Begründung  wie  die  Verwaltung  des 
Museums  beträchtliche  Summen  beanspruchen. 
Darüber  ist  keine  Täuschung  möglich.  Es  ist 
kaum  zu  erwarten,  daß  der  Staat  in  absehbarer 
Zeit  den  notwendigen  Betrag  völlig  beschafft. 
Möge  also  der  Staatshilfe  die  Initiative  Privater 
voraneilen,  der  die  anderen  Völker  ihre  Zeitungs¬ 
sammlungen  verdanken.“ 

3 


i8 


Milcke,  Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts. 


Über  ein,  dem  „Reichszeitungsmuseum“  an¬ 
zugliederndes,  „Zeitungs- Archiv“  sagt  er:  „Auf¬ 
gabe  dieses  Archivs  wäre  es,  eine  umfassende, 
nach  Schlagwörtern  geordnete  Registratur  aller 
Zeitungsartikel  und  -Nachrichten,  die  zu  fach¬ 
männisch-journalistischer  Beurteilung  beachtens¬ 
wert  erscheinen,  zu  Nachschlagezwecken  her¬ 
zustellen.  Sie  würde  vorzüglich  den  Redak¬ 
tionen,  dem  Politiker  und  Volkswirtschaftler, 
zur  Orientierung  jedoch  auch  dem  Historiker 
zugute  kommen.  Auch  sie  wäre  ein  nützliches 
und  bisher  versäumtes  Werk.  Denn  die  Re¬ 
gistrierung  sogar  des  Inhalts  der  eigenen  Zeitung 
liegt  bei  fast  allen  unseren  Redaktionen  im 
argen.“ 

Und  über  die  mit  dem  Museum  wie  mit 
dem  Archive  zu  verbindende  „Handbibliothek“ 
sagt  er  endlich:  „in  sie  gehören  alle  Bücher 
und  Aufsätze  zur  Geschichte  und  Technik  des 
Zeitungswesens,  ferner  alle  noch  aufzufindenden 
vervielfältigten  Zeitungs -Korrespondenzen,  so¬ 
dann  alle  Parlamentsberichte  und  Drucksachen 
der  Parlamente,  wie  der  öffentliche  Zwecke 
verfolgenden  Gesellschaften  und  Vereine,  end¬ 
lich  die  Flugschriften  des  XIX.  Jahrhunderts  und 


der  Gegenwart.  Das  Ideal  wäre,  wenn  auch 
eine  Handschriftensammlung  nicht  fehlte.  Sie 
wäre  die  rechte  Heimstätte  insbesondere  für 
den  Nachiah  von  Journalisten  und  Parlamen¬ 
tariern,  der  heute  noch  zum  unersetzlichen  Ver¬ 
luste  für  unsere  Wissenschaft,  nur  zu  oft  dem 
Untergange  preisgegeben  wird.“ 

Abgesehen  davon,  daß  die  „Handschriften- 
Abteilung“  eine  besondere,  von  der  „Hand¬ 
bibliothek“  völlig  getrennte  „Abteilung“  sein 
müßte;  abgesehen  davon,  daß  Spahn  hier  als 
Bestandteile  der  „Handbibliothek“  Dinge  an¬ 
führt,  die  meines  Erachtens  in  das  Zeitungs¬ 
museum  selbst  gehören,  stimme  ich  auch  diesen 
Gedanken  vollkommen  bei.  Durchweg  gibt 
Spahn  treffende  Anregungen,  wenn  auch  daran 
im  einzelnen  Verschiedenes  auszusetzen  sein 
mag,  wie  auch  die  vorstehenden  Ausführungen 
nur  von  neuem  weitere  Anregungen  geben 
sollen,  während  die  Ausarbeitung  detaillierter 
Pläne  den  Vertretern  der  Bibliothekswissenschaft 
zu  überlassen  sein  dürfte. 

Die  Initiative  und  Opferwilligkeit  der  be¬ 
teiligten  Kreise  möge  aber  bald  das  „Reichs¬ 
zeitungsmuseums“  ins  Leben  rufen! 


Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts. 

Von 

F.  Milcke  in  Leipzig. 

Mit  zwei  Abbildungen. 


mie  Aufhebungsprotokolle  österreichi¬ 
scher  Klöster  aus  den  ersten  Regie¬ 
rungsjahren  Josephs  II.,  wie  sie  hie  und 
da  in  geschichtlichen  Sammelwerken  veröffent¬ 
licht  sind,  müssen  den  Bücherfreund  geradezu 
wehmütig  stimmen.  Es  ist  ja  sicherlich  man¬ 
ches  wertvolle  Buch  damals  aus  den  Kloster¬ 
räumen,  in  denen  es  begraben  lag,  in  die 
Wiener  Hofbibliothek  oder  in  die  würdigen 
Hände  eines  Kenners  und  Forschers  gelangt, 
und  viele  Tausende  von  Bänden,  die  damals 
zugrunde  gingen,  mögen  ja  auch  noch  heut  als 
belanglos  und  überflüssig  gelten;  aber  ebenso 
sicher  ist  es,  daß  unzählige  Pergamenthand¬ 


schriften  und  Inkunabeln  verzettelt  und  ver¬ 
nichtet  wurden,  und  zwar  nicht  durch  rohe  Sol¬ 
daten-  oder  Bauernhorden,  sondern  durch  rechts¬ 
gelehrte  kaiserlichkönigliche  Kommissarien  und 
vereidigte  Taxatoren.  Was  fragten  diese  biedern 
Rationalisten  und  treuen  Beamten  eines  zentra¬ 
listischen  Staatssystems  nach  den  alten  theologi¬ 
schen  und  liturgischen  Folianten  r  Das  Papier 
mochte  in  die  Stampfmühle  wandern  und  das 
Pergament  wurde  für  wenige  Kreuzer  an  den 
Goldschläger  und  den  Buchbinder  verkauft.  Viel¬ 
leicht  hat  manch  ein  Kommissär  doch  ein  wenig 
gestutzt  und  gezögert,  wenn  ihm  beim  flüchtigen 
Durchblättern  der  Handschriften  die  farbenpräch- 


Milcke,  Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts. 


19 


tigen  Miniaturen  und  Initialen  auffielen,  —  aber 
nein,  das  war  ja  gotisch,  und  „gotisch“  war 
gleichbedeutend  mit  „barbarisch“.  So  ist  es  denn 
gekommen,  daß  von  den  Pergament-Manuskrip¬ 
ten  und  den  reichen  Bücherschätzen,  welche 
die  österreichischen  Klöster  und  Kirchen  einst 
besaßen,  so  sehr  wenig  auf  unsere  Zeit  ge¬ 
kommen  ist. 

Ein  höchst  wertvoller  liturgischer  Perga¬ 
mentkodex  niederösterreichischer  Herkunft,  aus 
der  Blütezeit  frühmittelalterlicher  Kunstübung 
ist  vor  kurzem  in  den  Besitz  des  Herrn  Karl 
W.  Hiersemann  in  Leipzig  gelangt.  Es  ist  dies 
ein  Missale  mixtum,  eine  lateinische  Pergament¬ 
handschrift  aus  der  Mitte  des  XIII.  Jahrhunderts 
(ca.  1240),  aus  Stockerau,  274  Bll.  in  folio, 
linksseitig  beschrieben,  mit  einem  blattgroßen 
und  einem  etwas  kleineren  Kanonbilde,  einer 
7  y2  cm  hohen  Miniatur,  mehreren  gleichfalls  in 
Gold  und  Farben  gemalten  Prachtinitialen,  ferner 
50  großen,  im  Stil  der  Schottenmönche  orna¬ 
mentierten  mehrfarbigen  Initialen  und  zahllosen 
kleineren  von  3  bis  6l/2  cm  Größe,  sowie  mit  vielen 
Neumen  und  einzelnen  Lesezeichen  für  den 
liturgischen  Vortrag.  Der  Text  ist  von  mehreren 
Schreibern  des  XIII.  Jahrhunderts  geschrieben, 
mit  späteren  Zusätzen,  Eintragungen  und  Rand¬ 
bemerkungen.  Querstehende  Randnoten  am 
äußersten  Rande,  Inhaltsangaben  in  ganz  win¬ 
ziger  Schrift  enthaltend,  sind  schon  bei  der 
Herstellung  des  ersten  Einbandes  teils  ganz  ab¬ 
geschnitten,  teils  mehr  oder  minder  vom  Messer 
berührt  worden.  Seit  dem  XV.  Jahrhundert  ist 
der  Band,  wie  die  späteren  Randnoten  bezeugen, 
nicht  beschnitten  worden.  Gegenwärtig  befin¬ 
det  sich  der  Kodex  in  einem  modernen,  ge¬ 
diegenen  englischen  Maroquin-Einband  (ca.  1850) 
mit  Goldpressung  und  einer  dem  „Schatz- 
behalter“  entlehnten  Kreuzigungsszene  auf  dem 
vorderen  Deckel. 

Die  Handschrift  ist  ein  Meßbuch,  welches 
neben  den  Messen,  Lektionen,  Antiphonen  usw. 
der  gesamten  Kirche  die  für  die  spezielle 
Diözese  geltenden  Festtagslektionen  und  son¬ 
stige  Zusätze  umfaßt.  Als  solches  ist  die  Hand¬ 
schrift  von  seltener  Vollständigkeit  und  ganz 
ungewöhnlichem  Umfange.  Die  556  Seiten 
bilden  ein  wohlgeordnetes,  unteilbares  Ganzes, 
trotz  der  verschiedenen  Hände,  die  daran  ge¬ 
arbeitet  haben.  Der  Canon  missae,  der  die 
Mitte  des  Bandes  einnimmt,  ist,  wie  immer,  in 


größerer  Schrift  ausgeführt  und  hebt  sich  auch 
durch  seine  reichere  künstlerischeAusschmückun^ 

o 

vom  übrigen  Text  ab.  Man  kann  bemerken, 
daß  alle  größeren  Anfangsbuchstaben,  ab¬ 
gesehen  von  den  drei  zum  Kanon  gehörigen, 
durchaus  demselben  scharf  charakterisierten 
Stil  angehören.  Der  Text  ist  in  der  Haupt¬ 
sache  als  von  zwei  Schreibern  herrührend  zu 
bezeichnen,  von  denen  der  eine  den  ersten  Teil, 
bis  zum  Kanon  geschrieben  hat;  fremde  Zusätze 
von  späteren  Händen  finden  sich  hier  nur 
auf  dem  ursprünglich  weiß  gebliebenen  ersten 
und  letzten  Blatt  des  Kalendariums;  von  dem 
anderen  Schreiber,  dessen  Schrift  im  Verfolg 
der  Arbeit  allmählich  kleiner  und  eleganter 
wird,  rührt  der  zweite,  hinter  dem  Kanon  be¬ 
ginnende  Teil  des  Manuskriptes  her,  in  welchem 
die  mit  XLII,  XLVIIII  und  LVI  bezifferten  Blätter 
spätere  Zusätze  aufweisen,  ebenso  in  dem  mit 
Neumen  versehenen  Exultet,  gleich  hinter  dem 
Kanon,  und  in  einigen  daran  anstoßenden 
Partien. 

Beide  Schriften  liegen  jedoch  kaum  einige 
Jahrzehnte  auseinander,  und  sind  jedenfalls  am 
gleichen  Orte  entstanden. 

Das  ältere  Kanonbild  (Abb.  1)  auf  Blatt 
3a  des  Kanon  unten,  i8i/2XX4  cm,  zeigt  auf 
dem  etwas  abgeriebenen  Goldgründe  in  blauem, 
roten  und  grünen  Rahmen  Christus  am  Kreuze 
mit  Maria  und  Johannes  in  prächtiger  Aus¬ 
führung.  Ungewöhnlicherweise  hat  das  Kreuz 
die  Gestalt  eines  grünen  Baumstammes  mit 
zwei  herabgebogenen  und  abgeschnittenen 
Asten.  Die  Heiligenscheine  sind,  um  sie  vom 
Goldgrund  abzuheben,  in  Farben  gehalten,  die 
Gewänder  in  wundervoll  matten  und  gegen 
einander  abgestimmten  Tönen.  Maria  in  wasser- 
farbenem,  grünbläulichen  Untergewand  mit 
Goldsaum,  über  welches  ein  mattfleischfarbener, 
innen  hellgrüner  Mantel  herabfällt.  Der  Mantel 
ist  auf  dem  Kopfe  über  einen  Hut  von  alt¬ 
griechischer  Form  (wie  bei  den  Tanagrafiguren) 
gezogen,  so  daß  er  nicht  nur  das  ganze  Gesicht, 
sondern  auch  das  blonde  Haar,  welches  in 
Wellen  auf  die  Schultern  fällt,  sehen  läßt.  Maria 
blickt  mit  gefalteten  Händen  zu  dem  Gekreuzig¬ 
ten  auf.  Johannes  trägt  ein  langes,  hellgrünes, 
goldbordiertes  Gewand,  mit  einem  kurzen 
wasserfarbenen,  innen  hochroten  Mantel  dar¬ 
über;  er  hält  den  Kopf  geneigt,  doch  ist 
seine  Gebärde  lebhaft  schmerzerfüllt,  fast  leiden- 


20 


Milcke,  Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts. 


Abb.  i.  Kanonbild  auf  Blatt  3a. 


schaftlich.  Während  Gewandung  und  Falten-  rücken  ansetzen.  Realistisch,  in  etwas  harten 

wurf  bei  beiden  Figuren  an  die  Antike  erinnern,  Formen  ist  auch  der  Körper  des  Gekreuzigten 

ist  den  Gesichtern  in  sehr  realistischer  Weise  modelliert,  mit  herausgedrückter  Hüfte  und 

der  Ausdruck  der  Trauer  durch  stark  hervor-  mageren  Gliedmaßen,  die  Beine  in  der  Stellung 

gehobene  Stirnrunzeln  verliehen  worden,  die  als  etwas  verdreht,  wie  man  dies  gerade  in  den 

schmale,  belichtete  Bögen  direkt  an  den  Nasen-  deutschen  Schulen  der  Zeit  findet.  Christus 


21 


Milcke,  Ein  wertvoller  niederösterreichischer  Kodex  des  XIII.  Jahrhunderts. 


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Abb.  2.  Initiale  W. 


trägt  ein  grünes,  innen  matt-fleisch¬ 
farbenes  Lendentuch.  Neben  der 
Prachtinitiale  T  (Te  igitur)  findet  sich 
am  Rande  eine  zweite  Miniatur, 

7t/2  cm  hoch:  ein  knieender  Geist¬ 
licher  in  der  Tonsur,  in  weißem, 
gelb  schattierten  Kleide  und  rotem, 
hellgrün  gefütterten  Überwurf,  mit 
betend  erhobenen  Händen;  auch 
dieses  Bild  von  ungemein  sorgsamer 
und  gelungener  Ausführung.  —  Ein 
ziveites  Kanonbild ,  wenig  später  als 
das  erste  und  wohl  am  selben  Orte 
entstanden,  findet  sich  zwischen  dem 
Kalendarium  und  den  mit  Neumen 
versehenen  Messen  am  Anfang  und 
mißt  2gX2öl/2  cm.  Dieses  hervor¬ 
ragende  Stück  mittelalterlicher  Ma¬ 
lerei  hat  zunächst  einen  Goldrahmen 
mit  farbigem  Blattschmuck,  Akanthus- 
gewinde  in  Grün,  Blau,  Zinnober  und 
einem  mattgelblich  getönten  Rosa, 
sodann  einen  gestanzten  Bildgrund 
von  kleinen,  goldenen  und  farbigen 
Karrees.  Auf  dem  grünen  Rasen  des 
Vordergrundes  steht  links  Maria,  blau 
gekleidet  mit  weißem  Kopftuch,  die 
Hände  vor  der  Brust  zusammenge¬ 
legt,  das  tränenreiche  Antlitz  etwas 
geneigt ;  rechts  die  etwas  zu  ge¬ 
drungen  geratene  Gestalt  desjohannes 
mit  flachsblondem,  gewellten  Haupt¬ 
haar,  vorschreitend,  mit  einer  Geste  der  rechten 
Hand,  unter  dem  linken  Arme  ein  Buch  haltend; 
karmoisinfarbenes  Untergewand  und  weinroter 
Mantel.  Die  Gestalt  des  Gekreuzigten  ist  etwas 
konventionell  in  den  mageren  Formen  der  ro¬ 
manisch-gotischen  Schule  behandelt,  dagegen 
zeigt  sein  Haupt  mit  einer  grünen  Dornenkrone 
und  halbgeschlossenen  Augen  die  Kunst  des 
Malers  in  einem  weit  vorgeschrittenen  Stadium 
der  Entwicklung.  Die  Köpfe  sind  von  großen, 
goldenen,  blau  ornamentierten  Heiligenscheinen 
eingerahmt.  Die  Rückseite  dieses  bedeutenden 
Miniaturblattes,  das  ursprünglich  wohl  für  ein 
anderes,  vielleicht  unvollendet  gebliebenes  Me߬ 
buch  bestimmt  war,  ist  leer. 

Das  im  Kanon  übliche  W  (=  vere  dignum) 
ist  neunmal  am  Eingang  der  Abschnitte  wieder¬ 
holt,  noch  einmal  kleiner  über  der  ersten  Seite 
und  ganz  groß  bei  den  Worten  vere  dignum 


des  Sanktus,  auf  blauem  und  goldenen  Grunde 
in  der  Art  der  übrigen  Prachtinitialen,  welche 
diesen  Abschnitt  zieren,  das  heißt  mit  rosa¬ 
farbigen  Buchstaben  und  ebensolchen  symme¬ 
trischen  Ranken,  die  in  dreiteilige,  grüne,  stili¬ 
sierte  Blätter  endigen  (Abb.  2).  Die  zahlreichen 
übrigen,  durch  den  ganzen  Kodex  zerstreuten 
Initialen  sind  Produkte  einer  Kunstübung,  die 
von  den  missionierenden  Iren,  Angelsachsen  und 
Schottenmönchen  ausgegangen  war.  Charak¬ 
teristisch  für  diese  Art  der  Buchornamentik  ist 
die  mannigfache  Verwendung  stilisierter  Tier¬ 
formen:  Raubtiere,  Vögel,  Drachen  bilden  den 
Buchstabenkörper  oder  schmücken  ihn  in  Ver¬ 
bindung  mit  Laub,  Rankenwerk  und  Trauben. 
(Fische  kommen  nur  auf  der  primitivsten  Stufe 
dieser  Kunst  vor.)  Eigentümlich  ist  auch  der 
hellgrüne  Grund  dieser  Initialen,  ein  Charakteristi¬ 
kum,  das  sich  in  der  nordischen  Kunst  bis  nach 


22 


Zaretzki,  Eine  unbekannte  deutsche  Ausgabe  des  Horae  B.  M.  V.  aus  dem  XV.  Jahrhundert. 


Island  hinauf  wiederfindet.  —  Daß  die  Schreiber 
des  Missale  etwa  in  einem  der  zahlreichen 
Schotten-(Benediktiner-)Klöster  Südost-Deutsch¬ 
lands  oder  der  deutschen  Ostmark  zu  suchen 
seien,  geht  nicht  nur  aus  der  Ornamentik  hervor, 
sondern  auch  aus  den  Namen  der  Heiligen,  die 
im  Kalender  und  in  den  liturgischen  Abschnitten 
aufgeführt  werden  (Bonifacius,  Willibald,  Oswald, 
Brigida  Willibrordus,  Brandanus  usw.).  Daneben 
Heilige  der  Diözese  Regensburg,  zu  der  die 
Schottenklöster  gehörten.  Da  jedoch  weder  die 
Feste  des  heiligen  Benedikt  noch  die  anderer 
Ordensheiliger  besonders  hervorgehoben  sind, 
kann  das  Missale  nicht  zum  Gebrauch  eines 
Klosters  selbst  bestimmt  gewesen  sein.  Be¬ 
sondere  Berücksichtigung  finden  dagegen  die 
Heiligen  Florian,  Margareta,  Maria,  Magdalena, 
Afra,  Laurentius,  Augustinus,  Katharina,  Niko¬ 
laus  und  Stephan,  die  in  Süddeutschland  vielfach 
als  Kirchenpatrone  Vorkommen.  Weisen  schon 
diese  Namen  deutlich  auf  das  alte  Norikum 
(ebenso  wie  die  Heiligen  Severin,  Wolfgang  u.  a.), 
so  deutet  die  mehrfache  Erwähnung  des  heili¬ 
gen  Wenzeslaus  auf  die  Nähe  von  Böhmen. 
Unter  dem  13.  Oktober  und  in  einigen  Partien 
des  ersten,  ältesten  Teiles  findet  sich  „Cholo- 
mannus  conf.“  (schon  die  Schreibung  des 


Namens  ist  für  Österreich  charakteristisch!)  — 
nicht  zu  verwechseln  mit  dem  ungarischen 
Könige  Koloman.  Die  Leidens-  und  Grabes¬ 
stätten  dieses  Bekenners  sind  Stockerau  und 
Melk  (Molk)  an  der  Donau.  Da  die  Abtei 
Melk  aus  dem  oben  erwähnten  Grunde  nicht 
in  Betracht  kommen  kann,  ist  wohl  die  Pfarr¬ 
kirche  von  Stockerau  mit  Sicherheit  als  die¬ 
jenige  zu  bezeichnen,  für  deren  Gebrauch  das 
Meßbuch  bestimmt  war.  Es  findet  sich  auch 
unter  dem  5.  Juni  eingetragen:  Dedicatio  cap¬ 
pelle  Sei.  Laurentij  super  Danubium,  ein  weiterer 
sicherer  Anhaltspunkt  für  die  Heimat  des  Kodex. 

Für  die  Entstehungszeit  des  Missale,  resp. 
seiner  ältesten  Bestandteile,  kommt  der  Um¬ 
stand  in  Betracht,  daß  der  Kalender  den 
heiligen  Franziskus  von  Assisi  (1 228  kanonisiert), 
aber  noch  nicht  das  Fronleichnamsfest  (zuerst 
1246,  allgemeiner  1264  gefeiert)  aufführt.  Die 
Handschrift  dürfte  also  vor  der  Mitte  des 
XIII.  Jahrhunderts  ( etwa  1240)  entstanden  und 
vollendet  sein.  —  Der  Gedächtnistag  eines 
Laien  unter  dem  6.  Februar  ist  leider  fast  ganz 
ausradiert  und  nicht  mit  Sicherheit  zu  lesen; 
vielleicht:  „Hainricus  dictus  Heligmannus“,  wahr¬ 
scheinlich  ein  Donator  oder  Wohltäter  der 
Kirche. 


Ein  unbekannte  deutsche  Ausgabe  des  Horae  B.  M.  V. 

aus  dem  XV.  Jahrhundert. 

Von 

Dr.  Otto  Zaretzki  in  Köln. 


Mit  einer  Abbildung. 


jn  den  Mitteilungen  des  Österreichischen 
Vereins  für  Bibliothekswesen  Jahr¬ 
gang  11  (1907)  hat  H.  Bohatta  eine 
Zusammenstellung  der  Livres  d’heures  (Horae 
B.  M.  V.,  Horas,  Getijden)  des  XV.  und  XVI. 
Jahrhunderts  mit  Ausnahme  der  für  Salisbury 
und  York  gedruckten  gegeben,  soweit  sie  in 
den  gedruckten  Bibliographien  und  Katalogen 
aufgeführt  sind.  Der  Verfasser  hat  in  dieser 
verdienstlichen  Übersicht  992  Ausgaben  ver¬ 


zeichnet.  Unter  diesen  findet  sich  nur  eine 
einzige  in  deutscher  Sprache,  die  von  Marcus 
Reinhard  zu  Kirchheim  (Klein  Troyga)  1491 
gedruckt  worden  ist.  Die  Stadtbibliothek  in 
Köln  besitzt  nun  eine  frühe  deutsche  Ausgabe 
der  Horae,  die  bisher  allen  Bibliographen  un¬ 
bekannt  geblieben  ist.  Sie  entstammt  der  Biblio¬ 
thek  der  katholischen  Gymnasien  in  Köln 
und  ist  anscheinend  vordem  in  Kölner  Privat¬ 
besitz  gewesen.  Es  ist  ein  Büchlein  in  8°,  das 


Zaretzky,  Eine  unbekannte  deutsche  Ausgabe  des  Horae  B.  M.  V.  aus  dem  XV.  Jahrhundert. 


23 


in  unversehrtem  Zustande  wenigstens  192  Blätter 
enthalten  muß  (a4 — u4.  x4  —  z4.  e4),  die  Seite 
mit  18  Zeilen.  In  dem  vorliegenden  Exemplare 
fehlen:  Blatt  1  (Titel?),  4  Blätter  in  Bl.-Lage  8 
(bi  und  ij  mit  den  zugehörigen  Blättern),  und 
am  Schluß  mindestens  1  Blatt.  Ich  gebe  zu¬ 
nächst  die  Beschreibung,  soweit  das  nach  dem 
unvollständigen  Exemplare  möglich  ist. 

Bl.  2a  m.  Holzschnitteinfassung  Z.  1  rot: 
ffye  begynnent  nufer  lieruer  ||  t>raumen  ge^ijbe. 
De  metten.  ||  Schwarz:  (f?)<£re  boe  Dp  my  || 
lippen  ...  Bl.  41 a  m.  Sign,  e  i  [verdruckt 
für  fi]  Z.  8:  bis  in  emid^eit  2tmen.||Bl.  4ib 
Holzschnitt:  Christus  am  Kreuz,  Maria 
und  Iohannes,  mit  Einfassung.  Bl.  42a  Z.  1 
rot:  fjye  begynnen  be  formte  ||  cruifi  ge^ijbe. 
De  metten.  ||  Schwarz:  (ff)  <£re  boe  Dp  my|| 
ne  lippen.  ...  Bl.  5ia  m.  Einfassung  Z.  1 
rot:  ffye  begynne  bes  tilgen  geifte  ||  ge= 
fiijbe.  Dye  metten.  ||  Schwarz:  (ff)<£re  bo 
Dp  my  ||  ne  Iyppen  ...  Bl.  88a  Z.  10:  bijt 
in  emiefieit  hinten.  ||  Bl.  88 b  Holzschnitt: 
Büßer  vor  Christus,  mit  Einfassung. 

Bl.  89a  m.  Einfassung  Z.  1  rot:  fjye 
begynne  be  feuen  pfalmen  ||  ber  peni= 
tencien  fco  buyteffd]e.  ||  Schwarz: 

(ff)  <£re  in  binre  d’||  bolgenfyeit  [!]  en  || 
ftraiffe  mycb  ||  neit  ...  Bl.  1 1 2a 
leer,  Il2b  Holzschnitt:  Fegefeuer, 
mit  Einfassung  Bl.  113a  m.  Sign, 
pi  Z.  1  rot:  ffyr  begynt  be  üigilie  in 
buyt  ||  fdien.  Dilejri  quouia  eyaubiet.  || 
Schwarz:  (3)  €1]  mynbe  mant  ber 
here  fal  d’  ||  fioeren  be  (tymme  myns 
gebebes||. . .  Bl.  191h  Z.  18:  mit  allen 
ben  gfyene  bie  bidj  lieff  || 

Die  Heiligen  -  Litanei,  die  u.  a.  S. 

Gereon,  S.  Mauritius,  S.  Pantaleon,  S. 

Brigida,  S.  Columba  und  S.  Ursula  auf 
führt,  weist  uns  auf  Köln  hin;  die 
Sprache  ist  kölnisch  und  auch  der 
Buchschmuck  ist  es,  wenigstens  finden 
sich  die  Randleisten  und  Holzschnitte 
zum  Teil  in  der  deutschen  Ausgabe  des 
Cordiale  quattuor  novissimorum,  Köln, 
Koelhoff  1487,  und  den  gleichfalls  von 
Koelhoff  zwei  Jahre  später  gedruckten 
Christenspiegel  Dietrich  Coeldes  wieder. 

Die  Horae  enthalten  die  Randleisten 
unversehrter  und  vollständiger,  als  die 
Drucke  Koelhofifs,  in  denen  überall  die 


zum  Textanfang  nicht  passenden  großen  Initialen 
entfernt  worden  sind;  die  Randleisten  sind  offen¬ 
bar  für  den  Druck  der  Horae  hergestellt  worden. 
Daraus  dürfen  wir  schließen,  daß  die  Horae 
älter  sein  werden,  als  die  Drucke  Koelhofifs. 
Ein  Kalender,  der  auf  die  Zeit  der  Entstehung 
einen  Rückschluß  gestattete,  scheint  der  Kölner 
Ausgabe,  wenigstens  nach  den  Signaturen  und 
dem  im  alten  Einbande  erhaltenen  Exemplare 
der  Kölner  Stadtbibliothek  zu  urteilen,  nicht 
beigegeben  zu  sein. 

Der  ganze  Druck  ist  mit  einer  Type  her¬ 
gestellt,  die  auf  den  ersten  Blick  mit  der  von 
Arnold  Therhoernen  oft  gebrauchten  Type  1 
(Burger,  Tafel  180.1)  identisch  zu  sein  scheint. 
Der  bei  allen  Teil-  und  Kapitelüberschriften, 
und  sogar  auch  bei  kleineren  Abschnitten  des 
Textes  angewandte  Rotdruck,  wie  ihn  Ther¬ 
hoernen  in  seinen  Drucken  bis  zum  Jahre  1475 
liebte,  verstärkt  noch  den  Eindruck,  daß  wir 
es  hier  mit  einem  Therhoernenschen  Druck¬ 
erzeugnis  zu  tun  haben.  Allein  bei  genauerer 


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24 


Pudor,  Die  Raumlehre  im  Buchdruck. 


Prüfung  stellt  sich  heraus,  daß  die  Type  der 
Horae  mit  der  Therhoernens  nicht  identisch 
sein  kann,  da  sie  schärfer  ist  und  Charaktere 
enthält,  die  sich  bei  Therhoernen  nicht  nach- 
weisen  lassen.  Zu  diesen  gehört  besonders 
das  charakteristische  kleine  z,  das  sich  be 
Therhoernen  nicht  findet,  auch  nicht  in  den 
deutschen  Teilen  des  Duytschlenders  von 
Gerardus  de  Schueren,  ferner  das  kleine,  eigen¬ 
artig  geformte  s.  20  Zeilen  der  Type  der  I  lorae 
messen  89/90,  von  der  Type  1  Therhoernens 
dagegen  98  bis  100  mm.  Vielleicht  aber  ist 
die  Type  der  Horae  identisch  mit  der  bei 
Theodoricus  vorkommenden,  die  Proctor  meines 
Erachtens  mit  Recht  von  der  Type  Therhoer¬ 
nens  getrennt  hat.  Die  zur  Vergleichung  zu 
Gebote  stehenden  Proben  dieser  Typengattung 
sind  jedoch  nicht  ausreichend,  um  eine  sichere 
Entscheidung  treffen  zu  können. 


Die  Kölner  Ausgabe  der  I  lorae  enthält  auch 
noch  drucktechnische  Eigentümlichkeiten ,  wie 
ich  sie  in  den  mir  zu  Gesicht  gekommenen 
Kölner  Drucken  des  XV.  Jahrhunderts  sonst 
nicht  wiedergefunden  habe.  Während  bei  den 
größeren  Abschnitten  die  Initialen  handschriftlich 
(rot)  eingetragen  sind,  sind  bei  den  Satz- 
anfängen  im  Text  fast  durchweg  die  ersten 
Buchstaben  rot  gedruckt  und  zwar  mit  Ver¬ 
salien,  die  von  dem  Schriftcharakter  der  Text¬ 
type  abweichen.  Merkwürdigerweise  ist  der 
Rotdruck  zuerst  hergestellt  und  dann  der  übrige 
Text  hinzugedruckt.  Das  Ineinanderfügen  des 
zweifachen  Satzes  ist  dem  Drucker  nicht  immer 
ganz  gelungen,  an  zahlreichen  Stellen  ist  der 
schwarze  Druck  auf  den  roten  geraten.  —  Nach 
allem  zählt  das  seltene  Büchlein  zu  den  inter¬ 
essantesten  Kölner  Inkunabeln,  die  uns  erhalten 
sind. 


Die  Raumlehre  im  Buchdruck. 

Von 

Dr.  Heinrich  Pudor  in  Leipzig. 


on  Raumlehre  und  Raumkunst  pflegt 
man  heute  auch  in  denjenigen  Ge¬ 
bieten  der  Kunst  und  des  Kunstge¬ 
werbes  zu  sprechen,  welche  es  im  Grunde  nur 
mit  der  Fläche,  nicht  mit  dem  Raume  zu  tun 
haben,  also  in  der  Malerei,  in  der  Graphik,  in  der 
Textilkunst  und  im  Buchgewerbe.  Die  Gesetze 
der  Flächenverteilung  kommen  andererseits  in 
den  Raumkünsten  insoweit  in  Frage,  als  es  sich 
dort  um  die  Dekoration  der  Flächen  handelt, 
denn  Räume  werden  begrenzt  durch  Flächen.  In 
den  Raumkünsten  steht  freilich  die  Flächenfrage 
erst  in  zweiter  Linie,  in  erster  kommt  es  dort 
auf  den  Körper,  auf  die  Maße,  auf  den  Raum  an 
und  nur  in  Verfallzeiten  der  Kunst  werden  auch 
hier  Flächenfragen  in  den  Vordergrund  gestellt, 
wie  in  der  Barockzeit  die  Fassadendekoration. 

Wir  haben  es  hier  mit  der  Raumlehre  als 
Flächenverteilung  im  Buchdruck  zu  tun.  Die 
zur  Verfügung  stehende  Fläche  ist  die  Seite 
eines  Blattes.  Diese  Seite  hat  eine  bestimmte 
Größe  in  der  Form  eines  Rechteckes.  Die 
Druck-  und  Farbenwerte,  die  auf  diese  Seite 


gesetzt  werden,  ordnen  sich  der  Gesamtfläche 
unter  und  zwar  einmal  der  P'arbe  nach  und 
zweitens  der  Fläche  nach.  In  letzterer  Beziehung 
teilen  sie  die  Gesamtfläche  in  mehrere  kleinere 
Flächen  oder  bilden  Ruhepunkte,  Sammelpunkte, 
Zierpunkte  auf  der  Fläche.  Flächen  werden 
begrenzt  durch  Linien,  Linien  durch  Punkte. 
Linien  und  zu  Linien  zusammengesetzte  Punkte 
oder  Schriftzeichen  teilen  die  Hauptfläche  und 
schaffen  kleinere  Felder  oder  Flächen,  wie  wir 
in  diesem  Falle  besser  sagen  wollen,  die  in 
einem  gewissen  Verhältnis  zur  Gesamtfläche 
stehen.  Dazu  kommt  die  Wirkung  der  Farbe. 
In  den  meisten  Fällen  handelt  es  sich  hierbei 
um  schwarze  oder  doch  dunkle  Druckfarbe  auf 
weißem  oder  hellem  Papier.  Jedes  auf  die  helle 
Fläche  einer  Seite  gesetzte  Druckzeichen  läßt 
eine  Schwarzweiß  -  Wirkung  und  einen  Hell¬ 
dunkel-Kontrast  entstehen,  welcher  eine  ganz 
bestimmte  ästhetische  Wirkung  auf  den  Gesichts¬ 
sinn  und  auf  das  Gefühl  hervorruft. 

Beide  Momente,  die  Flächengliederung  in 
Felder  durch  Linien  und  Punkte,  und  der  Hell- 


Abb.  5. 


Im  Original  nei^t  sich,  durch  Ziehen  an  einem  Papierbande 
das  Mädchen  zum  Kusse  herab. 


Abb.  6. 

Die  Vorderwand  des  Häuschens  ist  aufklappbar,  man  erblickt  darin  ein  Liebespaar. 


Glückwunschkarten  aus  der  Biedermeier-Zeit. 


z.  f.  B. 


1909/1910.  Heft  1 


Zu  Hennig:  Biedermeier-Wünsche. 


25 


Pudor,  Die  Raumlehre  im  Buchdruck. 


dunkel -Kontrast  wirken  nun  zusammen.  Außer 
der  Flächengliederung  muß  jede  Seite  auch 
eine  bestimmte  Schwarz-weiß-Wirkung  ergeben. 
Welcher  Art  diese  Wirkung  ist,  hängt  von  dem 
Verhältnis  der  schwarzen  und  weißen,  der 
dunklen  und  hellen  Werte  ab.  Für  die  Kunst 
dieser  Flächengliederung  und  des  Flächen¬ 
schmuckes  Regeln  aufstellen  zu  wollen,  wäre 
—  wenigstens  soweit  die  Illustration  als  Bild 
in  Betracht  kommt,  nicht  viel  anders,  als 
wollte  man  dem  Maler  vorschreiben,  wie  er 
die  Fläche  seines  Tafelgemäldes  gliedern  solle. 
Nicht  nur,  daß  es  unzählige  Möglichkeiten 
dieser  Flächengliederung  gibt,  so  kommt  es 
auch  ganz  und  gar  auf  die  Absichten  an,  die 
der  Künstler  in  ästhetischer  und  vor  allem 
psychischer  Richtung  auf  den  Beschauer  aus¬ 
üben  will.  Wohl  aber  darf  gefordert  werden, 
daß  derjenige,  welcher  durch  Schwarzweiß- 
Wirkung  künstlerische  Werte  herstellen  will,  vor 
allem  eben  den  Kontrast  von  Schwarz  und 
Weiß,  von  Hell  und  Dunkel,  und  zwar  einmal 
innerhalb  der  Zeichnung  selbst  und  zweitens 
im  Verhältnis  zu  dem  Papierrand  und  der  Größe 
der  umgebenden  Papierfläche  vor  Augen  habe. 

Es  kommt  also  darauf  an,  einmal  die  Zeich¬ 
nung  in  die  Papierfläche  hineinzukomponieren 
und  zweitens  innerhalb  der  Zeichnung  ein  ästhe¬ 
tisch  wirkendes  Verhältnis  der  schwarzen  und 
weißen  Werte  herzustellen.  Die  ideale  Illustra¬ 
tionsart  ist  der  Holzschnitt,  weil  er  in  sich  selbst 
dem  Typendruck  am  nächsten  kommt.  Die 
Autotypie  schafft  eine  Art  Seitenfläche  zweiter 
Ordnung,  beim  Holzschnitt  allein  wirkt  die  Illu¬ 
stration  so,  als  ob  der  Künstler  in  die  weiße 
Fläche  der  Seite  zeichnet  oder  malt.  Dies 
letztere  ist  aber  eben  nun  in  höherem  Maße 
beim  Typendruck  der  Fall,  der  das  Handmalen 
und  Zeichnen  in  nahezu  vollkommener  Weise 
auf  maschinellem  Wege  ersetzt.  Typendruck, 
der  heute  fast  immer  in  gedankenloser  Weise, 
rein  dem  Zopf  und  Herkommen  nach,  ausgeübt 
wird,  kann  eine  Kunst  sein  und  ist  es  im  Grunde 
so  gut  als  der  Holzschnitt.  Abhängig  aber  ist 
diese  künstlerische  Behandlung  des  Typen¬ 
druckes  nicht  nur  von  den  Typen  selbst,  son¬ 
dern  vor  allem  von  der  Art  und  Weise,  wie 
die  Typen  auf  der  Fläche  der  Papierseite  ver¬ 
teilt  werden  und  welche  Schwarzweiß -Wirkung 
sie  auf  der  Fläche  der  Seite  ergeben.  Wenn 
nicht  der  Holzschnitt  künstlerisch  im  allgemeinen 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


so  herunter  wäre,  würde  ich  sagen,  man  solle 
jede  Seite  so  setzen,  als  ob  man  es  mit  Holz¬ 
schnitten  zu  tun  habe.  Oder  man  kann  auf  die 
Japaner,  Chinesen,  Assyrer,  Ägypter  hinweisen, 
denen  das  Schriftzeichen  noch  als  ein  Bild  galt, 
das  sie  auf  den  Papyros  malten,  mit  Pinsel  und 
Tusche,  nicht  wie  wir  mit  Feder  und  Tinte. 

Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  sehen  wir, 
wie  viel  Berechtigtes  in  der  neuen  Bewegung 
auf  dem  Gebiete  des  Buchdruckes  trotz  vieler 
Unklarheiten  und  Exzentrizitäten  enthalten  ist. 
Früher  ließ  man  z.  B.  den  Satz  einer  Seite  da 
enden,  wo  der  Gedanke  endet,  also  mitten  in 
der  Zeile  und  mitten  in  der  Seite.  Der  Setzer 
setzte  die  Typen  lediglich  als  Elemente  der 
Worte,  Begriffe  und  Gedanken,  nicht  aber  zu¬ 
gleich  als  Bilder,  als  Zeichnungen,  als  Schwarz¬ 
weißwerte.  Die  neuen  Bestrebungen,  die  Zeile 
zu  füllen,  das  Satzbild  zu  schließen,  das  Seiten¬ 
bild  abzurunden,  haben  noch  manches  Unklare 
und  Pedantische,  aber  zugrunde  liegt  ihnen 
die  Erkenntnis  oder  die  mehr  oder  weniger 
dunkle  Ahnung,  daß  der  Buchstabe  ein  schwarzes 
Bild,  eine  Silhouette  auf  der  weißen  Fläche  der 
Seite  schafft,  daß  auch  die  Drucktechnik,  um 
es  scharf  auszusprechen,  eine  Art  Bildvialerei  ist. 

Wenn  wir  den  Buchdruck  in  dieser  Weise 
als  Bildmalerei  auffassen,  müssen  wir  jede  rein 
konventionelle  Satzgruppierung  ablehnen.  Die 
Auszüge  müssen  gefüllt  werden,  nicht  zwar  mit 
Schmuckstücken,  die  völlig  anders  geartet  sind, 
als  die  Buchstaben,  wohl  aber  mit  Füllstücken, 
die  im  Charakter  der  betreffenden  Schrifttype 
gehalten  sind  und  nicht  herausfallen.  Und  des¬ 
gleichen  müssen  die  Seitenausgänge  gefüllt 
werden  oder  aber  abgegrenzt  werden,  am  ein¬ 
fachsten  durch  Linien,  deren  Stärke  und  Platz 
aber  mit  feinem  Gefühl  bestimmt  werden  müssen. 
Die  Größe  der  Type  muß  der  Größe  der  Seiten¬ 
fläche  entsprechen,  die  Ausschließung  muß  eine 
derartige  sein,  daß  das  Satzbild  eine  das  Auge 
befriedigende  Harmonie  der  stehenbleibenden 
weißen  Papierwerte  und  der  deckenden  schwarzen 
Schriftwerte  ergibt.  Die  Schrift  selbst  soll  wie 
Holzschnitt  wirken,  sie  soll  aussehen,  als  ob  sie 
nur  dazu  da  wäre,  die  weiße  Papierfläche  in 
einzelne  helle  Flächen  und  Linien  aufzulösen. 
Sie  soll  aber  zugleich  „knapp“  sein  und  scharf, 
durchaus  sachlich,  die  sinnvolle  Form  eines 
Buchstabens  so  knapp  als  möglich  darstellen, 
während  alle  rein  dekorativen  Schnörkel  und 

4 


2  6 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


Anhängsel,  wie  man  sie  leider  auch  an  modernen 
Schriften  vielfach  findet,  durchaus  zu  verwerfen 
sind.  Und  die  Schrift  soll  nicht  eigentlich  auf 
der  Seite  stehen,  sondern  in  der  Seite  stehen, 
d.  h.  die  Schriftfarbe  soll  vom  Papier  aufgesogen 
sein,  so  daß  es  scheint,  als  ob  die  aufgedruckte 
Schrift  dem  Papiere  eingemahlen  sei. 

Was  nun  das  Satzbild  einer  Seite  betrifft, 
so  entsteht  die  Frage,  ob  es  einer  Zusammen¬ 
fassung  bedarf,  derart,  dass  die  Satzfläche  durch 
umrahmende  Linien  zusammengeschlossen  wird. 
Diese  Linien  können  aber  natürlich  nicht  eng 
an  den  Satz  geklebt  werden,  sondern  sie  stehen 
ein  oder  mehrere  Zentimeter  ab.  Dazwischen 
ist  Papierfläche.  Also  fassen  diese  Linien,  wie 
man  sieht,  nicht  eigentlich  das  Satzbild  zu¬ 
sammen  —  dieses  wird  vielmehr  durch  die  gleich¬ 
bleibende  Höhe  und  Breite  der  Zeilen  schon 
genügend  zusammengeschlossen  —  sie  bilden 
auch  nicht  eigentlich  eine  Umrahmung  des  Satz¬ 
bildes  —  denn  sie  stehen  ja  außerhalb  des 
Kolumnensatzes  —  sondern  sie  vorbereiten  ledig¬ 
lich  in  vergrößertem  Maßstab  das  Satzbild  seinen 
Ausmessungen  nach  und  vermitteln  zwischen 


den  Ausmessungen  der  Seitenfläche  und  denen 
der  Satzfläche.  Sie  sind  also  offenbar  keineswegs 
notwendig,  vielmehr  oft  hinderlich  —  letzteres 
dann,  wenn  sie  zu  fett  sind  —  und  für  den 
strengen  Stil  jedenfalls  zu  verwerfen.  Sie  sind 
aus  demselben  Grunde  auch  dann  zu  verwerfen, 
wenn  sie  den  Zweck  haben,  die  Seitenziffern  zu 
umschließen.  Die  Seitenziffern  stellen  der  Kunst 
des  Buchdruckers  fast  immer  ein  Bein.  Wohin 
soll  er  sie  setzen?  Es  bleibt  nichts  übrig,  als 
sie  in  die  Mitte  der  ersten  Zeile  der  Kolumne 
zu  setzen  und  die  Zeile  rechts  und  links  von 
den  Ziffern  mit  Füllstücken  im  Charakter  der 
Schrift  zu  schließen,  so  daß  die  oberste  Zeile  als 
Ziffernzeile  das  Kopfstück  der  Kolumne  bildet. 

Im  allgemeinen  muß  der  Setzer,  wie  gesagt, 
vor  allem  beachten,  daß  sein  Material  nicht  nur 
Type  und  Farbe,  sondern  vor  allem  das  Papier 
ist,  in  dessen  helle  Fläche  er  die  dunklen  Schrift¬ 
zeichen  hineinsetzt.  Von  dem  Verhältnis  der 
hellen  Werte  des  freibleibenden  Papieres  zu  den 
dunklen  Werten  der  Buchstaben  wird  daher 
die  ästhetische  Wirkung  der  bedruckten  Seiten¬ 
fläche  abhängen. 


Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 

Von 

Professor  Fritz  Schmidt  in  Karlsruhe. 


ie  Reproduktionstechnik  steht  im  Zei¬ 
chen  der  Farbe.  Man  kann  heute 
kaum  ein  Buch  mit  Abbildungen  oder 
eine  illustrierte  Zeitschrift  aufschlagen,  ohne  auf 
eine  oder  mehrere  farbige  Beilagen  zu  stoßen. 
Selbst  die  Mehrzahl  der  Witzblätter  beschränkt 
sich  nicht  mehr  auf  einfarbige,  schwarze  Bilder, 
sondern  bietet  ihren  Lesern  die  wertvolleren  oder 
interessanteren  in  mehr  oder  weniger  guter  far¬ 
biger  Ausführung.  Und  überall  strebt  und  ver¬ 
langt  man  nach  möglichst  vollkommener,  natur¬ 
getreuer,  bildlicher  Wiedergabe  farbiger  Objekte 
zu  mäßigem  Preise.  In  edlem  Wettstreit  bemüht 
sich  eine  stattliche  Anzahl  graphischer  Kunst¬ 
anstalten,  ausgerüstet  mit  allen  erdenklichen 
technischen  Hilfsmitteln,  unter  Benutzung  der 


von  emsigen  Forschern  gefundenen  Verbesse¬ 
rungen  und  unterstützt  durch  einen  Stab  gut 
geschulter,  äußerst  geschickter  Mitarbeiter,  die 
Palme  zu  erringen  und  die  Fach-  und  Laien¬ 
welt  durch  immer  bessere  Erzeugnisse  in  Atem 
zu  halten.  Es  ist  geradezu  erstaunlich,  was 
heute  auf  dem  Gebiete  der  Farbenreproduktion 
geleistet  wird. 

Lange  bekannt  und  sehr  viel  angewendet 
sind  für  farbigen  Bildschmuck  in  Büchern,  Zeit¬ 
schriften  und  einzelnen  Kunstblättern  der  Farben¬ 
holzschnitt  und  die  Farbenlithographie.  Handelt 
es  sich  dabei  um  wenige  Farben,  in  denen  die 
Ausführung  namentlich  in  großen  Formaten, 
geschehen  soll,  so  geben  diese  Verfahren  wohl 
Resultate,  die  mäßigen  Ansprüchen  genügen; 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


2  7 


sobald  indes  die  Ansprüche  an  die  Wieder¬ 
gabe  vieler  gebrochener  Farben  steigen,  wird 
die  Herstellung  zu  umständlich  und  daher  zu 
zeitraubend  und  zu  teuer.  Von  anderen  Ver¬ 
fahren  hat  in  den  letzten  Jahren  der  Dreifarben¬ 
druck  festen  Fuß  gefaßt  und  gewinnt  immer 
mehr  an  Boden,  ein  Verfahren,  das  von  größter 
Bedeutung  ist,  weil  damit  nicht  nur  eine  gute, 
sondern  auch  schnelle  und  billige  Reproduktion 
farbiger  Originale  möglich  ist.  Sehen  wir,  in 
welchem  Maße  es  den  Bedürfnissen  und  An¬ 
forderungen  Rechnung  trägt. 

Der  Dreifarbendruck  beruht  auf  der  Tat¬ 
sache,  daß  der  Eindruck  sämtlicher  Farben 
mit  all  ihren  Abstufungen  durch  drei  richtig 
gewählte  Grundfarben  und  deren  Mischungen 
hervorgerufen  werden  kann.  Um  die  für  solche 
drei  Grundfarben  genau  abgestimmten  Klischees 
für  den  Druck  zu  erhalten,  müssen  zunächst 
die  Farben  der  Vorlage  zerlegt  werden.  Diese 
ebenso  wichtige  wie  schwierige  Aufgabe  über¬ 
nimmt  die  Photographie. 

Wir  wollen  versuchen,  uns  eine  Vorstellung 
davon  zu  machen,  doch  zuvor  einige  allgemeine 
Betrachtungen  vorausschicken.  Es  darf  als  be¬ 
kannt  vorausgesetzt  werden,  daß  das  weiße 
Licht  aus  farbigen  Bestandteilen  besteht,  deren 
charakteristische  wir  im  Spektrum  als  Violett, 
Blau,  Grün,  Gelb,  Orange  und  Rot  empfinden 
und  Spektralfarben  nennen.  Die  Summe  aller 
farbigen  Strahlen  gibt  also  Weiß.  Es  läßt  sich 
dies  aber  auch  aus  einer  viel  kleineren  Zahl 
von  Farbstrahlen  bilden,  z.  B.  aus  nur  drei,  etwa: 
Rot,  Grün  und  Blau.  Manchem  Leser  mag  es 
merkwürdig  und  unglaublich  erscheinen,  daß 
durch  Mischung  von  Rot,  Grün  und  Blau  Weiß 
entstehen  soll.  Allerdings  würde  eine  Mischung 
von  Körper-  oder  Pigmentfarben,  wie  wir  sie 
in  den  Aquarell-  oder  Öl-  oder  sonstigen  Maler¬ 
farben  besitzen,  niemals  Weiß,  sondern  in  voller 
Sättigung  ein  mehr  oder  weniger  unreines 
Schwarz  ergeben.  Aber  es  handelt  sich  im 
obigen  Beispiele  um  farbiges  Licht  und  dieses 
verhält  sich  in  vielen  Stücken  ganz  anders  als 
Pigmentfarben.  Tatsächlich  kann  man  sich 
von  der  Richtigkeit  der  Behauptung  überzeugen, 
wenn  man  Licht  von  zinnoberroter,  gelbgrüner 
und  marineblauer  Farbe  im  richtigen  Verhältnis 
auf  einer  weißen  Fläche  in  einem  einzigen  Punkte 
zusammenfallen  läßt.  Nimmt  man  aus  diesem, 
Weiß  ergebenden  rot- grün- blauen  Strahlen¬ 


gemisch  eine  der  Farben,  z.  B.  Blau,  heraus,  in¬ 
dem  man  sie  einfach  abdeckt  oder  mit  einem 
diese  Lichtart  verschluckenden,  vorgeschalteten 
Glas-  oder  Flüssigkeitsfilter  abfängt,  so  bekommt 
man  von  dem  übrigbleibenden  Grün  und  Rot 
den  Eindruck  von  Gelb.  Grüne  und  rote  Strah¬ 
len  liefern  sonach  gelbes  Licht.  Farben,  die 
sich  zu  Weiß  ergänzen,  heißen  Komplementär- 
(Ergänzungs-)Farben.  Gelb  (gebildet  aus  Grün 
und  Rot)  ist  demnach  in  dem  angeführten  Falle 
die  Komplementärfarbe  von  Marineblau  u.  s.  f. 
Von  drei  zu  Weiß  sich  ergänzenden  Farbstrahlen 
sind  je  zwei  zusammen  die  Komplementärfarbe 
zu  dem  dritten. 

Beim  Dreifarbendruck  haben  wir  es  einerseits 
mit  Farbstrahlen  (bei  der  Aufnahme')  anderer¬ 
seits  mit  Pigmentfarben  (beim  Druck)  zu  tun. 

Denken  wir  uns  weiter  das  ganze  Spektrum 
in  drei  Teile  geteilt,  so  können  wir  davon  mit 
Hilfe  der  Photographie  drei  Aufnahmen  machen, 
von  denen  jede  ein  Drittel  des  ganzen  Spek¬ 
trums  darstellt  und  damit  die  Unterlage  für 
den  Dreifarbendruck  abgibt.  Die  Farbenzer¬ 
legung  geschieht  derart,  daß  die  eine  Teilauf¬ 
nahme  der  Hauptsache  nach  alle  violetten  und 
blauen  Töne  der  Vorlage,  eine  zweite  die  Farb¬ 
töne  von  Grün  und  Gelb  und  die  dritte  alle 
Töne  von  Orange  und  Rot  umfassen.  Die 
Schwierigkeit  der  glatten  Lösung  liegt  darin, 
daß  nur  dann  befriedigende  Dreifarbendrucke 
zu  erwarten  sind,  wenn  nicht  nur  die  drei  Teil¬ 
bilder  die  sämtlichen  Farbentöne  richtig  wieder¬ 
geben,  sondern  wenn  die  Negative  auch  genau 
gleichen  Charakter  haben.  Der  ersten  For¬ 
derung  werden  vorläufig  die  lichtempfindlichen 
photographischen  Platten  nicht  völlig  gerecht. 
Selbst  die  Verwendung  von  besonderen  Licht¬ 
filtern  bei  der  Aufnahme  ist  nicht  imstande, 
die  den  Platten  fehlende  Blaugrün- Empfind¬ 
lichkeit  zu  ersetzen. 

Die  in  Betracht  kommenden  Platten  des 
Handels  sind:  die  gewöhnlichen,  fast  nur  violett 
und  blau  empfindlichen  Bromsilbergelatine- 
Trockenplatten,  ferner  die  sogenannten  farben¬ 
empfindlichen  oder  orthochromatischen  Platten, 
die  sich  von  den  gewöhnlichen  dadurch  unter¬ 
scheiden,  daß  sie  durch  Zusatz  besonderer 
Farbstoffe  auch  für  Grün  und  Gelb  empfindlich 
gemacht  sind  und  schließlich  die  rot  empfind¬ 
lichen  oder  die  panchromatischen  Platten,  die 
für  das  ganze  Spektrum,  also  auch  für  Orange 


28 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


und  Rot  empfindlich  sind.  Da  die  käuflichen 
farbenempfindlichen  Platten  aber  nicht  immer 
den  hohen  Anforderungen  genügen,  so  werden 
häufig  in  den  Reproduktionsanstalten  die  ge¬ 
wöhnlichen  Platten  durch  Baden  in  geeigneten 
Farblösungen  sensibilisiert  (Badeplatten).  Aber 
auch  dabei  gelingt  es  zurzeit  noch  nicht,  die 
Platten  für  Blaugrün  empfindlich  zu  machen  — 
ein  Übelstand,  dem  es  mit  zuzuschreiben  ist, 
daß  bei  den  fertigen  Drucken  das  Rot  iiber- 
wiegt.  Außer  den  Trockenplatten  hat  sich  in 
Reproduktionsanstalten  die  Bromsilberkollo¬ 
diumemulsion,  namentlich  die  von  Dr.  Albert- 
Miinchen,  eingebürgert,  die  vorzüglich  farben¬ 
empfindlich  gemacht  werden  kann.  Mit  dieser 
Kollodiumemulsion  werden  sorgfältig  gereinigte 
Glasplatten  kurz  vor  Gebrauch  übergossen.  Zu 
den  Aufnahmen  darf  man  jedoch  nicht  ab¬ 
wechselnd  Trocken-  oder  Badeplattcn  und  Kol¬ 
lodiumemulsion  verwenden,  sondern  es  müssen 
die  drei  Teilnegative  entweder  nur  mit  dem 
einen  oder  dem  anderen  Präparat  hergestellt 
werden,  weil  die  Abstufung  der  mit  den  beiden 
Materialien  erzielten  Negative  verschieden  ist, 
für  den  Dreifarbendruck  aber,  wie  eben  gesagt, 
Negative  von  ganz  gleichem  Charakter  un¬ 
erläßlich  sind. 

Zur  Unterstützung  der  besseren  Farben¬ 
spaltung  werden  bei  den  Aufnahmen  noch 
Lichtfilter  verwendet,  die  als  Trocken-  oder 
Flüssigkeitsfilter  vor  oder  hinter  dem  Objektiv 
oder  in  der  Blendenebene  oder  unmittelbar  vor 
der  Platte  angebracht  werden.  So  wird  zur 
Aufnahme  mit  gewöhnlicher  Platte  entweder 
gar  kein  oder  ein  blaues  oder  violettes  Filter, 
zur  Aufnahme  mit  gelbgrünempfindlicher  (ortho¬ 
chromatischer)  Platte  ein  grünes  oder  gelbes 
Filter  und  zur  Aufnahme  mit  rotempfindlicher 
Platte  ein  orangerotes  Filter  verwendet.  Diese 
Filter  lassen  die  Strahlen  der  Eigenfarbe 
ungehindert  hindurchgehen ,  während  sie  die 
anderen  Lichtstrahlen  mehr  oder  weniger  stark 
zurückhalten.  Trockenfilter  sind  entweder  in 
der  Masse  gefärbte  planparallele  Glasscheiben 
oder  weiße  Spiegelscheiben,  die  mit  gefärbtem 
Kollodium  oder  Lackschichten  überzogen  sind. 
Zuweilen  sind  es  gefärbte  Gelatine-  oder  Kollo¬ 
diumhäutchen.  Flüssigkeitsfilter  bestehen  aus 
Glaskuvetten  mit  planparallelen  Wänden,  die 
mit  geeigneten  Farbstofflösungen  gefüllt  werden. 
Ob  man  Trocken-  oder  Flüssigkeitsfilter  ver¬ 


wendet,  ist  gleichgültig,  nur  ist  es  nötig,  da  die 
Filter  die  Bildgröße  beeinflussen,  bei  allen  drei  Teil¬ 
aufnahmen  Filter  von  gleicher  Dicke  zu  wählen. 

In  welcher  Weise  übrigens  die  Platten  sensi¬ 
bilisiert  und  die  Filter  gewählt  werden  müssen, 
hängt  von  dem  Farbensystem  der  zum  Druck 
bestimmten  Farben  ab.  Theoretisch  richtig 
wäre  die  Wahl:  Gelb,  Purpur,  Blaugrioi.  Am 
meisten  gebräuchlich  sind  jedoch,  aus  später 
zu  erörternden  Gründen,  die  Druckfarben  Gelb, 
Rot  und  Blau.  Selbstverständlich  werden  die 
drei  Aufnahmen  bei  gleicher  Stellung  des 
Apparates  bei  derselben  Beleuchtung  hinter¬ 
einander  gemacht. 

Die  so  gewonnenen  schwarzen,  negativen 
Teilbilder  repräsentieren  jetzt  in  ihren  Schwärzen 
einerseits  den  Violett-  und  Blaugehalt,  anderer¬ 
seits  den  Grün-  und  Gelb-,  bezw.  Orange-  und 
Rotgehalt  des  Originals.  Die  durchsichtigen 
oder  halbdurchsichtigen  Stellen  der  Negative 
repräsentieren  dagegen  den  Anteil  der  bei  den 
Aufnahmen  jeweils  ausgeschalteten  Farbstrahlen, 
die  in  ihrer  Gesamtheit  durch  die  Komplemen¬ 
tärfarben  vertreten  werden.  Kopiert  man  solche 
Negative,  so  stellen  deren  Bilder  von  der  ge¬ 
wöhnlichen  Platte  den  gelben  Anteil,  von  der 
gelbgrünempfindlichen  Platte  den  roten  Anteil 
und  von  der  rotempfindlichen  Platte  den  blauen 
Anteil  dar.  Es  müssen  folglich  auch  beim 
späteren  Pressendruck  die  gelbe  Farbe  zum 
Druck  vom  Klischee  des  erstgenannten  Negativs, 
die  rote  Farbe  zum  Druck  vom  Klischee  der 
gelbgrünen  Platte  und  die  blaue  Farbe  zum 
Druck  vom  Klischee  der  rotempfindlichen  Platte 
genommen  werden. 

Als  Drucktechniken  sind  für  den  Dreifarben¬ 
druck  lediglich  zwei  von  praktischer  Bedeutung: 
der  Lichtdruck  und  die  Autotypie.  Der  Licht¬ 
druck  ist  jenes  Verfahren,  das  auf  der  Ver¬ 
wendung  von  Gelatineschichten  als  Druckstock 
beruht.  Diese  Schichten  werden  hergestellt 
durch  Auflösen  von  Gelatine  in  Wasser  und 
Zusatz  von  Kaliumbichromat,  Aufgießen  dieser 
Flüssigkeit  auf  dicke  Glasplatten  und  Trocknen 
in  einem  geheizten  Kasten,  wobei  die  Schicht 
eine  wurmförmige  Struktur  erhält,  ein  Runzelkorn, 
das  für  das  normale  unbewaffnete  Auge  kaum 
wahrnehmbar  ist  und  die  Aufgabe  hat,  die  gleich¬ 
mäßigen  Tonflächen  in  kleine,  druckfähige  Ele¬ 
mente  zu  zerlegen.  Das  Kopieren  dieser  nun¬ 
mehr  lichtempfindlichen  Platte  erfolgt  hinter 


29 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


einem  seitenverkehrten  Negativ,  dann  wird 
gewaschen  und  schließlich  getrocknet  Un¬ 
mittelbar  vor  dem  Druck  wird  das  fertige  Licht¬ 
druckklischee  mit  einer  Flüssigkeit,  der  Licht¬ 
druckätze,  bestehend  aus  einer  Mischung  von 
Glyzerin,  Wasser,  Ammoniak  und  anderen  Zu¬ 
sätzen,  schwach  befeuchtet,  wodurch  die  beim 
Kopieren  unbelichtet  gebliebenen  Bildstellen 
Wasser  annehmen,  die  belichteten  nicht.  Wird 
ein  solches  gefeuchtetes  Klischee  mit  fetter 
Farbe  eingewalzt,  so  haftet  die  fette  Farbe  nur 
an  den  Stellen,  wo  die  Gelatine  kein  Wasser 
angenommen  hat,  während  sie  an  den  anderen 
Stellen  abgestoßen  wird.  Der  Lichtdruck  liefert 
bei  kleinen  Auflagen  sehr  geschlossene,  fein 
abgestufte  Drucke.  Da  jedoch  die  Gelatine 
von  der  Temperatur  und  der  Luftfeuchtigkeit 
des  Arbeitsraumes  und  anderen  Zufälligkeiten 
stark  beeinflußt  wird,  auch  keine  große  Zahl 
brauchbarer  Drucke  von  einer  Platte  gibt  und 
namentlich  bei  größeren  Auflagen  Drucke  von 
recht  erheblicher  Ungleichheit  liefert,  so  ist  der 
Lichtdruck,  obschon  sich  prächtige  Dreifarben¬ 
drucke  damit  herstellen  lassen,  doch  kein  dafür 
besonders  geeignetes  Verfahren. 

Anders  verhält  es  sich  mit  der  Autotypie. 
Sie  ist  für  den  Dreifarbendruck  wie  geschaffen. 
Man  versteht  unter  Autotypie  ein  Hochdruck¬ 
verfahren,  wobei  Zink-  oder  Kupferklischees 
mit  in  Punkte  und  Linien  zerlegten  Halbton¬ 
bildern  verwendet  werden.  Unter  Halbton  sind 
die  Mitteltöne  verstanden. 

Die  Auflösung  eines  Bildes  mit  Halbtönen 
in  feine  Punkte  oder  Linien  geschieht  bei  der 
photographischen  Aufnahme  durch  Einschalten 
eines  Systems  von  auf  einer  Spiegelglasplatte 
eingravierten  und  dann  geschwärzten,  sehr  feinen 
parallelen  oder  sich  kreuzenden  Linien,  eines 
sogenannten  „Rasters“  dicht  vor  der  lichtempfind¬ 
lichen  Platte.  Das  Licht  muß  also  erst  den 
Raster  durchdringen,  ehe  es  auf  die  licht¬ 
empfindliche  Platte  fällt.  Hierbei  bildet  sich 
der  Halbton  nicht  mehr  als  geschlossene  Fläche, 
sondern  in  größere  und  kleinere  Punkte,  bezw. 
Linien  aufgelöst,  ab.  Wird  ein  einfacher  (kein 
Kreuz-)Linienraster  benutzt,  so  erfolgt  die  Zer¬ 
legung  durch  Drehen  des  Rasters  während  der 
Aufnahme  um  dreißig  und  mehr  Grad.  Ist  der 
Raster  richtig  gedreht,  auch  sein  Abstand  von 
der  Platte  angemessen,  ferner  die  Form  und 
Größe  der  Blende  gut  gewählt  und  die  Expo¬ 


sition  richtig  getroffen,  so  zeigt  die  Aufnahme 
in  den  Lichtern  weit  auseinanderstehende,  sehr 
feine  Punkte,  in  den  Halbtönen  etwas  größere 
und  in  den  Schatten  so  große  Punkte,  daß  sie 
sich  berühren  und  so  Linien  bilden,  die  sich 
kreuzen.  Andernfalls,  wenn  die  Verhältnisse 
nicht  stimmen,  bemerkt  man  eine  durchweg 
scharfe,  gleichmäßige,  harte  Kreuzliniatur  oder 
eine  moireartige  Musterung. 

Für  Rasteraufnahmen  sind  Gelatinetrocken¬ 
platten  unbrauchbar  und  Kollodiumemulsions¬ 
platten  geben  im  allgemeinen  nicht  die  erforder¬ 
liche  Schärfe.  Man  macht  daher  meist  die 
Dreifarbenaufnahmen  zunächst  ohne  Raster, 
stellt  von  den  Halbton-Negativen  mit  gewöhn¬ 
lichen  Gelatinetrocken-  oder  nassen  Kollodium¬ 
platten  Diapositive  her  und  macht  davon  erst 
auf  nassem  Wege  (mit  Jodsilberkollodium)  die 
Aufnahmen  mit  Raster.  Darin  liegt  zugleich 
ein  besonderer  Vorteil  —  man  kann  die  Halb¬ 
ton-Negative  und  -Diapositive  ausgiebig  retu¬ 
schieren,  was  beim  Dreifarbendruck  von  größter 
Bedeutung  ist. 

Die  Raster- Negative  werden  nach  dem 
Trocknen  auf  völlig  ebene,  hochpolierte  Zink¬ 
oder  Kupferplatten  kopiert,  die  zuvor  mit  einer 
Mischung  von  Ammoniumbichromat  mit  Eiweiß 
oder  Fischleim  oder  mit  einer  Asphalt- Benzol¬ 
lösung  übergossen  und  dann  getrocknet  wurden. 
Diese  Überzüge  sind  im  trocknen  Zustande  licht¬ 
empfindlich  und  werden  bei  Belichtung  unter 
dem  Negativ  bei  Tages- oder  starkem  elektrischen 
Bogenlichte  an  den  vom  Licht  getroffenen 
Stellen  unlöslich,  während  die  Schicht  an  allen 
unbelichteten  Stellen  löslich  bleibt.  Nach  dem 
Kopieren  wird  das  Bild  mit  Umdruckfarbe  dünn 
überwalzt,  dann  die  Platte  in  kaltes  Wasser 
gebracht  und  mit  einem  Wattebausch  so  lange 
überfahren,  bis  die  nicht  festhaftende  Farbe 
entfernt  ist  und  das  Bild  rein  und  scharf  da¬ 
steht.  Nach  leichtem  Abbrausen  und  Trocknen 
staubt  man  mit  feinstem  Asphalt-  oder  Kolo¬ 
phoniumpulver  ein  und  entfernt  den  Überschuß 
mit  einer  weichen  Bürste  oder  einem  Pinsel  und 
erwärmt  schließlich  die  Platte  so  lange,  bis  der 
Asphalt  eben  schmilzt.  Die  lichtempfindliche 
Mischung  von  Fischleim  und  Bichromat,  auf 
Kupferplatten  aufgetragen,  dient  als  Grundlage 
für  das  Emaille- Verfahren,  wobei  das  Bild  nach 
dem  Kopieren,  Waschen  und  Trocknen  ein¬ 
gebrannt  (emailliert)  wird.  Der  belichtete  oder 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


30 


angeschmolzene  Asphalt  bezw.  die  Emailleschicht 
dienen  als  Schutzmittel  bei  der  weiteren  Be¬ 
handlung  des  Klischees. 

Es  gilt  jetzt,  die  Lichter  des  Bildes  in  die 
Zink-  oder  Kupferoberfläche  einzugraben.  Zu 
diesem  Zwecke  wird  die  Platte  in  verdünnte 
Salpetersäure  bezw.  Eisenchloridlösung  gelegt, 
geätzt.  Überall  da,  wo  das  Metall  von  dem 
Asphalt  oder  dergleichen  bedeckt  ist,  kann  die 
Ätzflüssigkeit  nicht  angreifen;  dagegen  löst  sie 
das  Metall  dort,  wo  es  blank  liegt,  mehr  und 
mehr  auf,  es  entstehen  Vertiefungen. 

Das  Atzen  geschieht  außer  dem  Anätzen 
mindestens  noch  zweimal,  bis  die  nötige  Tiefe 
erreicht  ist.  Nach  jedem  Mal  wird  die  Flatte 
abgewaschen,  mit  Gummilösung  übergossen, 
getrocknet,  mit  Ätzfarbe  überwalzt,  mit  einem 
in  Wasser  getauchten  Schwamm  überwischt, 
abgespült,  getrocknet,  mit  Kolophoniumpulver 
eingestaubt  und  dieses  angeschmolzen.  Nach 
der  letzten  Feinätzung,  wobei  die  genügend 
geätzten  Stellen  vorher  abgedeckt  wurden,  wird 
das  Bild  mit  Petroleum  und  feinem  Holzsä<re- 

o 

mehl  oder  mit  Pottasche  und  Borstenbürste 
gründlich  gereinigt.  Zum  genauen  Passen  für 
das  Übereinanderdrucken  wurden  von  Anfang 
an  Paßkreuze  eingeätzt.  Weisen  die  Andrucke  * 
Mängel  der  Farbenwiedergabe  auf,  so  werden 
die  Platten  stellenweise  einer  Nachätzung  und 
später  einer  Retusche  mit  Stichel,  Roulette  und 
Polierstahl  unterworfen. 

Sollen  die  Klischees  große  Druckauflagen 
aushalten,  so  werden  sie,  weil  das  Zink  zu  weich 
ist,  auf  galvanischem  Wege  verkupfert,  verstählt 
oder  vernickelt.  Zur  Vervielfältigung  der  teueren 
Drei-  oder  Vierfarben- Autotypieklischees  ver¬ 
wendet  man  dünne,  weiche  Bleiplatten.  Die 
Klischees  werden  weiter  hergerichtet,  indem 
man  sie  montiert:  die  Ränder  der  Platten  werden 
mit  der  Kreissäge  abgesägt  und  das  ganze 
Klischee  wird  bis  auf  4  bis  5  mm  vom  Bild 
entfernt,  sauber  rechteckig  gehobelt  und  rings 
herum  mit  dem  Facettenhobel  oder  der  Frais¬ 
maschine  bearbeitet.  Nunmehr  wird  es  auf  ein 
entsprechend  großes  Stück  Eichen-  oder  Maha¬ 
goni-  oder  Weißbuchenholz  aufgenagelt,  die 
Holzplatte  auf  der  Hobelbank  sauber  und  recht¬ 
winklig  gestoßen  und  schließlich  das  Ganze  auf 
die  genaue  Schrifthöhe  untersucht,  die  gleich 
derjenigen  der  Buchdrucklettern  22  mm  be¬ 
tragen  muß. 


Der  Pressendruck  erfolgt  durch  Einwalzen 
der  Klischees  mit  fetter  Farbe,  die  nur  an  der 
ebenen  Oberfläche  des  Metalls  haften  bleibt 
Legt  man  das  Papier,  das  eine  glatte,  saug¬ 
fähige  Oberfläche  besitzen  muß,  wie  sie  die 
Kunstdrück-,  Kreide-  und  Chromopapiere  be¬ 
sitzen,  auf  und  läßt  das  Ganze  durch  die  Buch¬ 
druckpresse  laufen,  so  wird  die  Farbe  an  das 
Papier  abgegeben.  Es  entsprechen  also  bei 
diesem  Hochdruck  die  eingewalzten  Stellen  den 
Schatten,  die  von  Farbe  freigebliebenen  Ver¬ 
tiefungen  des  Metalls  den  Lichtern  des  Bildes. 

Bezüglich  der  Druckfarben  stellte  Professor 
II.  W.  Vogel  den  Satz  auf:  „Jeder  Farbstoff  ist 
komplementär  zu  denjenigen  Farbstrahlen,  die 
er  verschluckt.  Daher  solle  man  mit  denselben 
Farben  drucken,  die  zum  Sensibilisieren  der 
Platten  benutzt  werden.“  Da  aber  die  Farben¬ 
sensibilisatoren  keine  geeigneten  Druckfarben 
sind,  so  suchte  man  ähnliche  Pigmente.  Man 
fand  solche  für  den  Dreifarbendruck  in  Chrom¬ 
gelb,  Krapplack  und  Pariser-  oder  Miloriblau. 
Dieses  Grundfarbensystem  ist  deshalb  gewählt, 
weil  sich  durch  Mischen  von  Körperfarben  kein 
reines  Gelb  erzielen  läßt.  Es  muß  deshalb 
Gelb  eine  der  Grundfarben  sein  und  daraus 
ergibt  sich  die  Wahl  der  beiden  übrigen. 

Die-  zum  Druck  bestimmten  Farben  sollen 
äußerst  transparent  sein,  in  gesättigtem  Ton 
übereinandergedruckt  Schwarz,  bei  gleicher  und 
abnehmender  Sättigung  alle  Stufen  des  neu¬ 
tralen  Grau  geben.  Dieser  Forderung  genügen 
aber  die  Farben  in  bezug  auf  das  neutrale  Grau 
nicht.  Sie  werden  in  der  Reihenfolge  Gelb,  Rot, 
Blau  von  den  entsprechenden  Klischees  auf 
einem  und  demselben  Papier  genau  passend 
übereinander  gedruckt.  Maßgebend  für  diese 
Reihenfolge  ist  der  Umstand,  daß  selbst  die 
durchsichtigsten  Lasurfarben,  sobald  sie  ziemlich 
satt  aufgetragen  werden,  die  Wirkung  der  unter 
ihnen  liegenden  Schicht  bedeutend  beeinträch¬ 
tigen.  Das  auffallende  weiße  Licht  wird  beim 
Durchgänge  durch  die  Farbschichten  in  dem 
Maße  verändert,  wie  die  einzelnen  Farben  Licht 
absorbieren.  Es  gelangt  also  nur  der  Rest  des 
von  der  Papierunterlage  zurückgeworfenen  und 
von  neuem  filtrierten  Lichtes  in  unsere  Augen. 

Eine  der  wesentlichsten  Schwierigkeiten  beim 
Dreifarbendruck  ist  das  Ausgleichen  der  Un¬ 
vollkommenheit  bei  der  Mischung  übereinander 
liegender  Farbstoffschichten,  der  sogenannte 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


31 


„ Überdeckungsfehler  Die  obenliegende  Farb- 
schicht  drängt  sich  stets  auf  Kosten  der  unten¬ 
liegenden  vor,  daher  müssen  die  ersten  zwei 
Drucke  viel  gesättigter  in  der  Farbe  ausgeführt 
werden,  als  es  das  Mischungsgesetz  verlangt. 
Da  Chromgelb  die  deckendste  der  drei  Farben 
ist  und  andererseits  das  Überwiegen  des  zu¬ 
letzt  gedruckten  Blau  am  wenigsten  stört,  so 
ergibt  sich  die  erwähnte  Reihenfolge  der  Drucke 
von  selbst.  Der  Überdeckungsfehler  ist  be¬ 
sonders  bei  Wiedergabe  der  gebrochenen  Töne 
unangenehm  fühlbar.  Er  kann  nur  durch  sorg¬ 
fältige  Retusche  gemildert  werden.  Bei  der 
Farbenautotypie  liegen  die  Verhältnisse  insofern 
günstig,  weil  neben  der  Substanzmischung  auch 
teilweise  Strahlenmischung  zustande  kommt, 
wodurch  ein  reinerer  Farbeneindruck  hervor¬ 
gerufen  wird.  Substanzmischung  entsteht  durch 
Vereinigung  von  Pigmentfarben  durch  Mischen 
oder  durch  Übereinanderlegen  in  transparenten 
Schichten,  Strahlenmischung  durch  Nebenein¬ 
anderstellen  der  Pigmentfarben  in  Form  feiner 
Linien  oder  Punkte.  Sind  die  Linien  oder 
Pünktchen  sehr  klein,  so  ist  das  Auge  unfähig, 
sie  einzeln  wahrzunehmen,  wohl  aber  empfindet 
es  die  Strahlenmischung  als  Mischfarbe.  Druckt 
man  von  den  Autotypieklischees,  die  mit  vor¬ 
teilhafter  Rasterwinklung  hergestellt  sind,  die 
Bilder  in  den  drei  Farben  übereinander,  so 
liegen  an  den  hellen  Stellen  verschieden  ge¬ 
färbte  Punkte  nebeneinander  und  erzeugen  eine 
Strahlenmischung.  An  den  dunklen  Stellen 
überdecken  sich  aber  die  verschiedenen  Farben 
und  bilden  eine  Substanzmischung.  Die  Auto¬ 
typie  ist  aus  diesem  Grunde  besonders  für  den 
Dreifarbendruck  geeignet.  Gegenüber  dem 
Lichtdruck  bietet  sie  die  weiteren  Vorteile,  daß 
die  Arbeit  des  Feuchtens  wegfällt,  die  Klischees 
gegen  äußere  Einflüsse  unempfindlich  sind  und 
eine  große  Auflage  aushalten  und  daß  eine 
große,  gleichmäßige  Druckauflage  möglich  ist. 

Mit  dem  Dreifarbendruck  erzielt  man  keine 
befriedigenden  Resultate,  wenn  im  Original  rein 
grüne  neben  rein  violetten  Farbtönen  vorhanden 
sind.  In  solchen  Fällen  wendet  man  den  Vier¬ 
farbendruck  an  unter  Benutzung  von  vier  Platten, 
nämlich  für  Gelb,  Rot,  Blau  und  Grün.  Sind  im 
Original  viel  neutrale  graue  Töne  vorhanden,  so 
wird  eine  mit  neutralem  Grau  zu  druckende  Platte 
als  vierte  herangezogen.  Die  Grauplatte  mildert 
die  oft  aufdringliche  Farbigkeit  der  Drucke, 


bewirkt  dadurch  einen  ruhigeren,  vornehmeren 
Eindruck  und  gibt  zugleich  sattere  Schwärzen. 

Die  Mißerfolge  beim  Druck  sind  mannig¬ 
facher  Art:  ein  einziges  Versehen  bei  der  Farben¬ 
gebung  kann  die  ganze  Auflage  verderben, 
ebenso  können  schlechte  Eigenschaften  der 
Druckfarbe  zu  unangenehmen  Überraschungen 
führen  und  ferner  können  allerhand  Ursachen, 
z.  B.  Verschieben  der  Formen,  Dehnen  des 
Papiers  durch  ungleiche  Luftfeuchtigkeit  usw., 
das  genaue  Passen  der  Formen  untereinander 
verhindern.  Neuerdings  sind  Maschinen  zum 
Drucke  von  Drei-  und  Vierfarbenautotypien 
in  einem  einzigen  Arbeitsvorgänge  konstruiert 
worden  z.  B.  die  von  Lambert-Paris.  Sie  eignen 
sich  aber  nur  zur  Herstellung  billiger  Massen¬ 
auflagen. 

Was  die  geschichtliche  Entwicklung  des 
Dreifarbendruckes  anbelangt,  so  sind  die  Prin¬ 
zipien  wohl  erstmals  von  Maxwell  1861  aus¬ 
gesprochen  worden.  Er  schlug  vor,  von  einer 
farbigen  Vorlage  drei  verschiedene  photogra¬ 
phische  Negative  durch  Ausschalten  bestimmter 
Farben  herzustellen.  Freiherr  von  Ransonnet 
empfahl  1865  drei  photographische  Aufnahmen 
unter  Benutzung  von  gelben,  roten  und  blauen 
Filtern  zu  machen,  danach  drei  geeignete  Stein¬ 
druckplatten  herzustellen  und  dann  mittelst 
Photolithographie  die  drei  einfarbigen  Bilder  in 
den  geeigneten  Farben  genau  passend  über¬ 
einander  zu  drucken.  Ducos  du  Hauro7i  war 
der  erste,  der  1869  auf  photographischem  Wege 
erzeugte  Dreifarbenbilder  vorlegen  konnte.  Diese 
Resultate  waren  naturgemäß  noch  recht  mangel¬ 
haft,  weil  es  dazumal  noch  keine  farbenempfind¬ 
lichen  Platten  gab.  Erst  als  1873  von  H.  W 
Vogel  die  sensibilisierende  Wirkung  von  Farb- 
zusätzen  zur  photographischen  Schicht  gefunden 
wurde,  konnte  etwas  Besseres  erwartet  werden. 
Joseph  Albert  -München,  der  Vater  des  Licht¬ 
drucks,  stellte  1874  als  erster  in  Deutschland 
Dreifarbenlichtdrucke  mittels  photographischer 
Teilnegative  und  Glasfilter  ohne  die  geringste 
Retusche  her.  Von  Ende  der  siebziger  bis 
Ende  der  achtziger  Jahre  vorigen  Jahrhunderts 
zeichneten  sich  durch  treffliche  Farbenlichtdrucke 
aus  die  Anstalten  von  Obernetter- München, 
Albert  Frisch- Berlin,  Hus?iik  &  Häusler- Prag 
und  Angerer  -Wien.  1889  stellte  Chromolitho- 
graph  Emil  Ulrich  in  Berlin  Naturfarbendrucke 
in  drei  Farben  aus,  die  Aufsehen  erregten  und 


32 


Schmidt,  Die  Technik  und  Entwicklung  des  Dreifarbendruckes. 


1892  zur  Gründung  einer  Farbenlichtdruck¬ 
anstalt  Vogel -Ulrich  führten. 

Die  Autotypie  wurde  für  den  Dreifarben¬ 
buchdruck  zuerst  von  Dr.E.  Albert- München, 
dem  Sohne  Jos.  Alberts,  1886  benutzt,  doch 
kam  es  damals  zu  keinem  Auflagedruck,  son¬ 
dern  nur  zu  Probedrucken.  Die  erste  Auflage 
in  Farbenbuchdruck  wurde  nach  dem  Verfahren 
von  Vogel- Kurtz  in  Neuyork  1889  hergestellt. 

An  der  Ausbildung  der  Raster,  die  Talbot 
im  Jahre  1852  in  Gestalt  schwarzer  Gaze  zum 
Kopieren  verwendete  und  die  später  aus  Seiden¬ 
oder  Drahtgewebe  und  schließlich  als  Linia- 
turen  auf  Glas  hergestellt  wurden,  haben  be¬ 
sondere  Verdienste:  Meisenbach  -  München  und 
Max  Z^jz-Philadelphia.  Seit  1873  werden  die 
Glasraster  in  Amerika  bei  der  Aufnahme  vor 
der  Platte  verwendet.  1891  erhielt  Dr.  Albert 
ein  Patent  auf  eine  Rasterdrehung  um  30  Grad, 
womit  alle  Vorbedingungen  für  die  weitere  Ent¬ 
wicklung  des  Dreifarbenbuchdruckes  gegeben 
waren.  Ein  bekannter  Dreifarben -Buchdruck, 
der  seinerzeit  sehr  beachtet  wurde,  ist  der 
von  Eduard  Mühlthaler  (Firma:  J.  Hamböck- 
München)  1900  angefertigte  Bismarckkopf  nach 
einem  Original  von  Lenbach.  1907  versuchte 
Dr.  Albert  die  Verwendung  von  Filtern  durch 
seine  Kollodiumemulsion  „Chromo  direkt“  auf¬ 
zuheben.  Noch  sei  erwähnt,  daß  Dr.  Albert 

1893  ein  Patent  auf  einen  Kopierraster  erhielt, 
der  dazu  dient,  die  drei  Teilaufnahmen,  die  zu¬ 
nächst  ohne  Raster  gemacht  werden,  im  Kopier¬ 
rahmen  auf  Metall  zu  kopieren  und  in  Raster 
zu  zerlegen.  1909  erschien  ebenfalls  von  Albert 
eine  Verbesserung  des  Kopierrasters  und  eine 
neue  Erfindung,  die  „Dracopie“.  Bei  der  Dra- 
copie  werden  die  Kupfer-  oder  Zinkplatten  vor 
dem  Auftrag  der  lichtempfindlichen  Schicht  mit 
einem  Überzug  vorpräpariert,  der  sich  beim 
Entwickeln  der  kopierten  Platten  an  den  un¬ 
belichteten  Stellen,  wo  die  Säure  später  ein¬ 
wirkt,  löst  und  den  Zweck  hat,  das  öftere  Ein¬ 
walzen  der  Platten  zu  vermeiden,  indem  diese 
Schicht  die  verschiedenen  Ätzungen  aushält. 

Das  Jahr  1907  brachte  insofern  einen  tech¬ 
nischen  Erfolg,  als  es  Mühlthaler  im  September 
desselben  Jahres  gelang,  die  ersten  Lumiere- 
Farbreproduktionen  in  sehr  befriedigender  Weise 
in  Dreifarbenautotypie  herzustellen.  Seit  dieser 


Zeit  hat  sich  diese  Technik  weiter  verbessert. 
—  So  hochentwickelt  sich  nun  gegenwärtig 
die  Dreifarbendrucktechnik  zeigt  und  so  sehr 
wir  die  ausgezeichneten  Leistungen  vieler  gra¬ 
phischer  Kunstanstalten  bewundernd  anerkennen, 
so  müssen  wir  doch  der  Wahrheit  die  Ehre 
geben  und  die  bittere  Tatsache  nicht  ver¬ 
schweigen,  daß  der  Dreifarbendruck  wirklich 
naturgetreue  Bilder  nicht  ohne  weiteres  liefern 
kann,  daß  vielmehr  alles,  was  Hervorragendes 
auf  diesem  Gebiete  geleistet  wird,  der  Haupt¬ 
sache  nach  äußerst  geschickter  Bearbeitung  der 
Aufnahmeplatten  und  Klischees  usw.  zu  ver¬ 
danken  ist.  Man  bedenke  nur,  daß  die  P'arben- 
wiedergabe  schon  dadurch  falsch  wird,  wenn 
bei  der  Herstellung  der  drei  Negative  und  der 
drei  positiven  Drucke  die  Abstufungen  auch 
nur  eines  einzigen  Teiles  von  der  Norm  ab¬ 
weichen;  dadurch  werden  aber  sämtliche  Farben 
im  fertigen  Bilde  störend  verändert.  Ob  es 
je  gelingen  wird,  auf  diesem  Wege  ohne  be¬ 
deutende  manuelle  Nachhilfe  naturwahre  Bilder 
zu  erzielen,  ist  zum  mindesten  fraglich.  So 
lange  sich  die  einzelnen  Stufen  des  Verfahrens 
nicht  zwangsläufig  abwickeln,  ist  die  Aussicht 
dazu  nicht  vorhanden  und  es  wird  wohl  nach 
wie  vor  die  geschickte  Hand  helfend  eingreifen 
müssen,  um  die  Unvollkommenheiten  der  photo¬ 
mechanischen  Erzeugnisse  zu  beseitigen.  Nichts¬ 
destoweniger  haben  wir  alle  Ursache,  den  Drei¬ 
farbendruck  als  einen  wichtigen  Kulturfaktor 
freudig  zu  begrüßen,  denn  er  ist  dazu  berufen, 
billige  farbige  Reproduktionen  der  Meisterwerke 
der  Malerei  und  des  Kunstgewerbes  in  wenigstens 
annähernder  Treue  in  breite  Schichten  des 
Volkes  zu  tragen  und  so  auch  dem  einfachen 
Manne  Gelegenheit  zu  geben,  sich  an  den 
Kunstschöpfungen  zu  erfreuen  und  am  geistigen 
Leben  der  Gegenwart  teilzunehmen. 

Zum  Schluß  sei  noch  auf  den,  diesem  Auf¬ 
satz  beigegebenen  vorzüglichen  Dreifarbendruck, 
die  Reproduktion  des  Gemäldes  „Flachland“ 
von  W.  IV.  Broker  hingewiesen,  der  uns  größte 
Hochachtung  abnötigt.  Er  entstammt  dem  Ver¬ 
lage  von  E.  A.  Seemann,  der  durch  seine  um¬ 
fangreichen  Sammlungen  „Alte  Meister“,  „Die 
Galerien  Europas“  und  „Meister  der  Farbe“  das 
Meiste  für  die  Verwertung  des  Dreifarbendruckes 
zur  Förderung  der  Kunstbildung  geleistet  hat. 


Biedermeier -Wünsche. 


Von 

Paul  Hennig  in  Charlottenburg. 

Mit  14  Abbildungen  auf  vier  Tafeln  und  im  Text. 


ie  Neujahrskarte,  der  Glückwunsch  mit 
Bildzier  und  Reimspruch,  ist  heute  ent¬ 
artet  zum  banalen,  häufig  unsauberen 
Spaß  niederer  Klassen.  Den  Menschen 
höherer  Kulturschichten  mangelt  die  naive  Hin¬ 
gabe  an  das,  was  sich  von  vornherein  als  nur 
adoptierte  Erfindung  des  Herstellers  kundgibt; 
sie  verschmähen  das  Massenprodukt,  weil  es 
ihrer  Differenziertheit  keinen  Widerhall  entgegen¬ 
tönt,  und  wählen  lieber  die  nüchterne  Formel  und, 
wenn  möglich,  den  sichersten  und  —  bequemsten 
Weg:  das  Schweigen,  wenn  das  profanum  vulgus 
durch  sein  „Prosit  Neujahr!“  empfindlichere  Ohren 
langweilt  und  verletzt. 

So  ist  es  gekommen,  daß  die  bildgeschmückte 
Glückwunschkarte  verkommen  mußte.  Aber  es  hat 
eine  lange  Zeit  gegeben,  in  der  sie  als  liebens¬ 
würdiges  Erzeugnis  einer  unverächtlichen  Klein¬ 
kunst  in  zahlreichen  Einzelwerkchen  alljährlich  auf 
dem  Markte  erschien. 

Von  den  Neujahrswünschen  des  XV.  Jahr¬ 
hunderts,  die  uns  Heitz  durch  glücklichen  Sammel¬ 
eifer  wieder  zugänglich  machte,  bis  gegen  die  Mitte 
des  XIX.  Jahrhunderts  hat  ihre  Entwicklung  alle 
Stadien  der  großen  Kunst  begleitet,  charakteri¬ 
stischer  für  das  Fühlen  der  einzelnen  Epochen  als 


Abb.  ge 


manches  Werk  monumentaler  Meisterschaft,  weil 
hier  genau  der  Geschmack  der  Masse  getroffen 
werden  mußte,  um  den  Erfolg  zu  gewährleisten. 
Und  zwar  in  Bild  und  Wort,  so  daß  hier  auch 
ein  kleines  Kapitel  jener  noch  nicht  geschriebenen 
Kunst-  und  Literaturgeschichte  des  Niveaus  zu 
konstruieren  wäre,  die  historischer  Erkenntnis  der 
Wandlungen  des  deutschen  Volksgeistes  besser 
dienen  würde,  als  die  vornehme,  bisher  viel  zu 
ausschließlich  kultivierte  Betrachtung  der  Höhen¬ 
kunst. 

Das  letzte  Stadium  des  bildlichen  Glück¬ 
wunsches,  der  noch  als  künstlerische  Leistung 
gelten  darf,  führt  uns  ein  neues,  feines  Werk  vor.1 

Ein  Bilderbuch  zum  beschaulichen  Betrachten 
in  Mußestunden,  zugleich  ein  Medium,  um  uns  im 
Geiste  in  jene  schönen  Zeiten  der  Großeltern  ver¬ 
setzen  zu  können,  wo  man  von  der  heutigen  Un¬ 
rast  noch  keine  Spur  empfand,  wo  man  immer 
Zeit,  viel  Zeit  hatte  zu  beschäftigtem  Müßiggang 
und  zu  Gevatterschnack,  eine  köstliche  Gabe. 

Pazaurek  hat  in  Reichenberg  1904  und  in 
Stuttgart  1907  Ausstellungen  von  Neujahrkarten 
veranstaltet;  aus  ihnen  ist  dies  Werk  hervor¬ 
gegangen,  das  in  erster  Linie  Schätze  des  vor¬ 
nehmsten  Sammlers  der  Gegenwart,  des  Herrn 
Dr.  Albert  Figdor  in  Wien,  ferner  solche  aus 
den  Kartensammlungen  der  Frau  Karl  Mayer, 
der  Frau  Deutschmann  von  Grimmburg  und 
des  Herrn  Dr.  A.  Hey  mann  in  Wien,  sowie 
der  Herren  Lämmle  und  Lentner  in  München 
heranziehen  konnte. 

Das  Buch  bietet  durch  mehrere  hundert 
Abbildungen  in  Autotypie  und  Lichtdruck 
eine  reiche  Auswahl  des  Erfreulichsten,  was 
das  kleine  Genre  hervorgebracht  hat;  nur 
bedürfte  es,  um  den  richtigen  Eindruck  zu 
erwecken,  der  Farbe,  die  als  unentbehrlicher 
Faktor  überall  mitspricht  und  mit  den  gefühl¬ 
vollen  Devisen  und  den  niemals  derben  Sujets 
der  Bildchen  gemeinsam  die  beabsichtigte 
Wirkung  auch  in  uns  auszulösen  vermag. 

Leider  hat  der  Verlag  nur  eine  farbige 
Tafel  beigegeben;  wir  haben  deshalb  für 
unsere  kolorierten  Abbildungen  andere  Vor¬ 
lagen  (aus  einer  Leipziger  Privatsammlung) 
gewählt. 


1  Biedermeier-Wünsche ,  herausgegeben  von  Pro¬ 
fessor  Dr.  Gustav  E.  Pazaurek.  Kleinfolio-Tafeln  in 
Licht-  und  Farbendruck  nebst  illustriertem  Text.  Stutt¬ 
gart,  Julius  Hoffmann,  Verlag.  In  Kalikomappe,  Quer¬ 
format.  (Preis  40  M.) 


Z.  f.  B.  1909/19 10. 


5 


34 


Hennig,  Biedermeier-Wünsche. 


Abb.  io. 


Immerhin  kann  man  durch  umfangreiche  be¬ 
schreibende  Bücher  nicht  intimer  mit  dem  Leben 
zur  Biedermeierzeit  vertraut  werden ,  als  durch 
das  hingebende  Betrachten  dieses  Albums  und 
die  Lektüre  des  vorangeschickten  Textes  des 
Herausgebers. 

In  der  Sorglichkeit  der  Ausführung  groß,  in 
der  äußern  Erscheinung  bald  anmutig,  bald  be¬ 
scheiden,  auch  etwas  unbeholfen,  viel  Handarbeit 
voll  Mühseligkeit  aufweisend,  bilden  diese  Karten 
einen  Gegensatz  zur  heutigen  Kraftbetonung  und 
der  Sucht  nach  Effekt  um  jeden  Preis,  und  be¬ 
rühren  uns  auch  darum  so  ungemein  sympathisch. 
Alle  die  mitwirkenden  Kräfte :  Dilettanten,  Maler, 
Kupferstecher,  Radierer,  Illuminierer,  Lithographen 
und  die  Kunstgewerbler  der  „Papierkonfektion“ 
kann  man  sich  lebhaft  vorstellen  in  ihrer  behag¬ 
lichen,  sinnigen  Tätigkeit;  wahrhaft  nervenberuhi¬ 
gend  wirkt  die  Betrachtung  der  kleinen  Gebilde 
aus  jener  Blütezeit  des  Philistertums. 

Pazaurek  setzt  die  Zeit  der  Biedermeier- 
Wünsche  an  das  letzte  Ende  des  XVIII.  Jahr¬ 
hunderts  und  bis  1833,  also  etwa  in  die  Periode 
vom  Erscheinen  von  Goethes  „Hermann  und  Doro¬ 
thea“  bis  zu  Raimunds  „Verschwender“.  Das 
Regime  des  Fürsten  Metternich,  das  dem  harm¬ 
losen  Bürger  die  Tabakspfeife  konfiszierte  oder 
den  Bart  gewaltsam  rasieren  ließ,  bildete  in  Öster¬ 
reich  den  Hintergrund.  Die  politischen  und  sozialen 
Verhältnisse  waren  nichtsweniger  als  rosig,  man 
wollte  nach  den  glanzvollen  Tagen  des  Wiener 
Kongresses,  der  Wien  zum  ersten  und  letzten  Male 
zum  Mittelpunkt  der  ganzen  Kulturwelt  gemacht 
hatte,  kein  kraftvolles  Geschlecht  heranwachsen 
lassen,  man  brauchte  nur  widerspruchslosen  Ge¬ 
horsam  gegen  die  „von  Gott  eingesetzte  Obrigkeit“. 
Um  des  lieben  Friedens  halber  gab  der  „be¬ 
schränkte  Untertanenverstand“  nach,  konzentrierte 
sich  ganz  auf  den  Beruf  und  die  bescheidene 
Häuslichkeit  und  wurde  verschüchtert,  bescheiden, 
unendlich  genügsam.  Man  fand  die  höchste  Selig¬ 
keit  in  einer  behaglich  angerauchten  Meerschaum¬ 


spitze;  auch  der  Horizont  der  sittigen  Hausfrau 
ging  über  die  lavendelduftige  gute  Stube,  in  der 
alles  fein  säuberlich  zugedeckt  war,  nicht  viel 
hinaus.  —  „In  Wien  geht  nichts  vor.  Nun  denn 
—  aus  nichts  wird  nichts“  meint  Bauernfeld,  und 
Heine  sagt  (1822):  „Berlin  ist  ein  großes  Kräh¬ 
winkel“.  Selbst  Goethe,  der  doch  allen  großen 
Problemen  gewiß  nicht  fern  stand,  ist  die  personi¬ 
fizierte  Bescheidenheit,  wenn  er  sagt  „wüßte  nicht, 
was  sie  besseres  erfinden  könnten,  als  wenn  die 
Lichter  ohne  Putzen  brennten“.  Der  Glaube  an 
alles  Großzügige  war  verloren  gegangen,  nur  der 
Sinn  für  solide  und  ruhige  Schlichtheit  war  ge¬ 
blieben.  Eine  solche  Stimmung  wird  in  uns  aus¬ 
gelöst,  wenn  wir  die  Biedermeier-Wünsche  be¬ 
trachten. 

Freundschaft  und  Liebe,  die  erstere  häufig  als 
Deckmantel  der  letzteren  benutzt,  bildeten  das  weit¬ 
aus  überwiegende  Thema  der  Wunschkarten.  Amo¬ 
retten  als  Helfershelfer  wurden  stark  beschäftigt, 
Urnenaltäre  und  Freundschaftstempel  waren  viel 
benutzte  Requisiten.  Die  Poesie  mit  Gänsefüßchen 
kam  stark  in  Anwendung. 

„Was  war  aus  dem  Xeujahrswunsch  des  Meisters 
E.  S.  vom  Jahre  1466  im  Laufe  der  Zeit  gewor¬ 
den!“  ruft  Pazaurek  mit  Recht  aus,  wobei  er  die 
Technik  im  Auge  hat.  Gerade  weil  man  in  vielen 
Fällen  noch  den  Kupferstich  anwendet,  in  dem 
aber  die  weichliche  Punktiermanier  den  charakter¬ 
vollen  Linienstich  verdrängt  hat.  Handzeichnung 
und  Handmalerei  auf  Papier,  Pergament,  Seide, 
ja  in  seltenen  Fällen  wunderlicherweise  auf 
förmliche  Spinngewebe  oder  Eihaut  sind  beliebt, 
Putten  finden  viel  Anwendung.  Damen  sticken  in 
Seide  oder  —  wie  wir  schon  aus  den  Briefen  der 


Äbb.  11 


Hennig,  Biedermeier-Wünsche. 


35 


&()'  2th*g  Je&j&h/j'i  _b! 


Abb.  12. 

Bettina  von  Arnim  wissen  —  „mit  Flitter  und 
Goldbouillon“;  auch  flechten  sie  Papierstreifen  und 
Stoffbändchen ,  Kinder  benutzen  die  Ausstech¬ 
nadel  für  die  Umrisse.  Daß  dabei  viele  herzlich 
schwache  Leistungen  herauskamen,  läßt  sich  denken. 
Verleger  benutzten  daher  bald  die  herrschende 
Liebhaberei,  indem  sie  den  Kupferstichabdruck 
oder  ein  gedrucktes  Gedicht  auf  Seidenstoff  oder 
rosa  Gelatinepapier,  seltener  Spitzenkarten  aus 
Papier  oder  Prägedruckkarten,  ähnlich  den  dama¬ 
ligen  Besuchskarten  und  damit  im  Durchschnitt 
vielfach  Besseres  in  den  Handel  brachten.  Den 
geprägten  Papierkarten  folgten  bald  geprägte  Atlas- 
und  Staniolkarten,  die  der  Festigkeit  halber  mit 
starkem  Karton  unterklebt  wurden.  Dies  geschah 
bereits  zu  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts;  auf  den 
geklebten  Karten  fußt  die  ganze  weitere  Entwick¬ 
lung  der  Technik. 

Nachdem  erst  einmal  die  Scheu  vor  dem  Ein¬ 
griff  der  Schere  überwunden  war,  kam  man  auch 
bald  dahin,  Seidenbändchen  mit  Aufdruck,  z.  B. 
zur  Verbindung  zweier  Amoretten  oder  zur  Ein¬ 
rahmung  eines  Mittelfeldes,  anzuwenden.  Die 
Scherenarbeit  (Psaligraphie  genannt)  war  sehr 
mühsam  und  erforderte  viel  Übung  und  Geschick¬ 
lichkeit,  aber  es  kam  den  Dilettanten  ja  nicht 
darauf  an,  eine  Arbeit  öfter  vorzunehmen,  bis  sie 
gelang. 

Klapp-,  Hebe-  und  Faltkarten,  Press-,  Kulissen- 
und  Spitzenkarten  werden  beliebt.  Transparent-, 
Zug-,  Fächer-  und  Drehkarten  wie  auch  zahlreiche 
andere  Kombinationen  kommen  in  den  Verkehr. 
Die  Mode  begehrte  ferner  bewegliche  Figuren  mit 
einem  oder  mehreren  Hebeln,  bezw.  Zügen  und 
Gelenken.  Selbst  kompliziert  ausgeschnittene  und 
kunstreich  zusammengelegte  Täschchen  kommen 
vor.  Häufig  wird  mit  Hilfe  dieser  Gelenke  der 
Kuß  als  vorübergehender  angenehmer  Moment 
sinnig  dargestellt.  Die  Herzen  werden  stark  stra¬ 
paziert,  sie  müssen  sich  teilen,  hämmern  lassen 
und  in  Flammen  aufgehen. 


Der  Spaß  beruht  dabei  auf  der  Überraschung. 
Beim  Ziehen  des  herausragenden  Papierbandes 
flattern  aus  dem  Baum,  vor  dem  der  Liebende 
steht,  Vögel  auf,  die  der  Geliebten  auf  Papier¬ 
streifen  seine  Gefühle  künden.  Oder  Rosen  blühen 
aus  den  Vasen  und  sagen  der  Freundin,  was  im 
zarten  Busen  des  Mädchens  ihr  zugewünscht  wird. 
Oder  das  Häuschen  unter  Weiden  klappt  seine 
Vorderwand  zurück  und  zeigt  ein  eng  um¬ 
schlungenes  Paar.  Oder  ein  Gelatineblättchen 
deutet  das  Wasser  des  Flusses  an,  in  dem  das 
Antlitz  der  Geberin  sich  spiegelt,  umgeben  von 
sinnigen  Worten.  Auf  diese  kleinen  Überraschungen 
müssen  freilich  unsere  Bilder  verzichten.  Sie 
können  nur  eines  der  beiden  Stadien  dieser  Ver¬ 
wandlungskarten  wiedergeben.  Aber  der  Humor 
und  die  bescheidene  Anmut  bleiben  auch  so 
gewahrt,  und  die  Freude  daran  wird  durch  den 
nicht  gerade  erheblichen  Wert  der  Leistung  kaum 
getrübt. 

Denn  im  Durchschnitt  waren  es  höchstens 
kunstgewerbliche  Erzeugnisse,  doch  wurden  auch 
bisweilen  wirklich  tüchtige  Kupferstecher  wie 
Bartsch,  Bergler,  Fischer,  Klein,  Loder,  Mansfeld 
für  die  Wunschkarten  herangezogen.  Sie  schufen 
ein  Genre,  dem  selbst  der  jugendliche  Menzel 
noch  bisweilen  gern  seinen  Zeichenstift  zur  Ver¬ 
fügung  stellte. 

Als  Verleger  findet  man  auf  den  Wunschkarten 
u.  a.  folgende  Firmen  angegeben:  J.  Adamek,  Wien 

—  Artaria,  Wien  —  J.  Bermann,  Wien  —  Bruck¬ 
mann,  Dresden  —  Fr.  Campe,  Nürnberg  —  Ebner, 
Stuttgart  —  Jos.  Geiger,  Augsburg  —  G.  Gruber, 
Wien  —  C.  F.  Gubitz,  Berlin  —  J.  Haase,  Prag 

—  Trowitzsch  (auch  Trowitzsch  &  Sohn),  Frank¬ 
furt  a.  O.  und  Küstrin.  Nachbildungen  herüber 
und  hinüber  gehörten  damals  zur  straflosen  Selbst¬ 
verständlichkeit,  ganze  Serien  wurden  ungeniert 


Abb.  13. 


36 


Mägr,  Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun. 


entlehnt,  durch  schlechte  Abklatsche  bisweilen 
stark  vergröbert. 

Immerhin  sagt  Pazaurek  mit  vollem  Recht: 
„Eine  geradezu  staunenswerte  Ideenfülle,  viel  An¬ 
mut  und  Grazie,  mitunter  wirklich  nette  Wortspiele, 
überall  schlicht  bürgerliche  Liebenswürdigkeit,  bis¬ 
weilen  echte  Gemütstöne  —  das  ist  der  Inhalt 
der  Biedermeier- Wunschkarten,  —  die  uns  manch¬ 


mal  zu  kindlich,  ja  kindisch  anmuten.  Aber  wir 
dürfen  nicht  vergessen,  daß  unsere  Zeit  mit  jenen 
Tagen  in  ihrem  Urteil  nicht  ganz  übereinstimmt  .  .  . 
Und  bleibt  als  Bodensatz  ein  Teilchen  schlichter 
Alt-Wiener  Liebenswürdigkeit  und  milder  Grazie 
übrig,  so  könnte  dies  als  Ferment  für  die  Weiter¬ 
entwicklung  in  Kunst  und  Kunstgeschichte  nicht 
gerade  schaden." 


Abb.  14. 


Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun. 

Von 

Anton  Stanislav  Mägr  in  Leipzig. 

Mit  sieben  Abbildungen. 


Menn  man  die  Bestrebungen  des  zeit- 
genössischenKunstgewerbes  prüfend  über¬ 
schaut,  so  erkennt  man,  daß  sich  das 
Niveau  der  gewerblichen  Arbeit  wesent¬ 
lich  gehoben  hat.  Aber  noch  gibt  es  ungezählte 
Dokumente  von  Geschmacklosigkeit  und  Stilwidrig¬ 
keit  auf  allen  Gebieten  gewerblicher  Tätigkeit.  Was 
das  Buchgewerbe  anlangt,  so  scheint  es,  als  habe 
gerade  die  neuere  Zeit  eine  Reaktion  auf  den  Plan 
gerufen.  Imitiertes  Leinen,  Pergament  und  Kunstleder 
sind  Produkte  unserer  Tage,  und  die  Maschinenarbeit 
hat  nur  zu  oft  minderwertige  Erzeugnisse  zutage 
gefördert.  Dazu  kommen  noch  Mißverständnisse 
und  Karikaturen  der  wirklich  wertvollen  Ten¬ 


denzen.  So  ist  denn  jede  Kraft,  die  sich  in  den 
Dienst  der  guten  Sache  stellt,  dankbar  zu  begrüßen, 
denn  die  beste  Propaganda  ist  die  der  Tat;  über¬ 
zeugend  wirken  nur  handgreifliche  Beispiele  guter, 
solider  Arbeit,  die  die  schlechte  Ware  verdrängen 
muß.  Einen  solchen  Mitarbeiter  begrüßen  wir  in 
Carl  Sonntag  ju?i .,  der,  von  Haus  aus  Buch¬ 
händler  und  Antiquar,  vor  einem  Jahre  in  Leipzig 
eine  Buchbindewerkstatt  eröffnet  hat  und  nun  einen, 
hier  bereits  angezeigten,  Katalog  veröffentlicht.  Von 
Poeschel  &  Trepte  in  der  neuen  schönen  Behrens- 
Antiqua  gedruckt,  präsentiert  er  sich  äußerlich 
überaus  vornehm  und  gibt  eine  programmatische 
Übersicht  über  die  Tätigkeit  der  jungen  Firma. 


Abb.  7. 


Abb.  8. 


Glückwunschkarten  aus  der  Biedermeier-Zeit. 


Z.  f  B.  igo9/r9io.  Heft  1. 


Zu  Hennig:  Biedermeier- Wünsche. 


Mägr,  Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun. 


37 


In  einer  „an 
die  Bücher¬ 
freunde“  ge¬ 
richteten  Vor¬ 
rede  enthält  er 
zunächst  eine 
prinzipielleDar- 
legung,  die  mit 
einem  histori- 
schenÜberblick 
beginnt.  Jeder, 
der  mit  Büchern 
zu  tun  hat, 
schätzt  die  buch¬ 
gewerblichen 
Erzeugnisse  der 
Vergangenheit. 

Auch  ohne 
gerade  an  die 
besten  Leistun¬ 
gen  der  Pade- 
loup,  le  Gascon 
u.  a.,  an  die 
Grolier-  und 
Maioli- Bände 
zu  denken,  wird  man  zugeben,  dab  auch  die 
gewöhnlichen  Arbeiten  in  Material  und  Technik 
von  hoher  Qualität  sind. 

Die  neue  Zeit  räumte  hier  wie  auch  ander¬ 
wärts  gründlich  auf.  Der  Großbetrieb  und  die 
Maschine  traten  die  Herrschaft  an;  man  begann 
schnell  zu  arbeiten  und  erzielte  billige  aber 
schlechte  Ware.  Das  Material  wurde  minder¬ 
wertiger,  das  Leder  wurde  mit  zerstörenden  Säuren 
gegerbt,  gespalten  oder  gar  imitiert.  Die  Massen¬ 
fabrikation  führte  zur  Drahtheftung,  dem  Schrecken 
aller  Bücherfreunde ;  der  Buchkörper  wurde  in 
Decken  gehängt,  die  schablonenmäßig  vorher  her¬ 
gestellt  wurden.  Dabei  aber  sollte  der  Schein  ge- 
gewahrt  werden.  Die  Bünde  wurden  nachgeahmt; 
ein  protzenhaft  -  barbarischer  Geschmack  feierte 
wilde  Orgien  in  Ornamenten  aller  Zeiten  und  Stil¬ 
arten. 

Es  mußte  eine  Reaktion  kommen.  Und  sie 
kam.  Aus  England,  wo  man  die  gute  Hand¬ 
werktradition  nie  ganz  verloren  hatte,  und  wo 
das  Buchgewerbe  sich  immer  auf  achtbarer  Höhe 
hielt.  Eugen  Diederichs  konnte  noch  1904  be¬ 
haupten,  die  englischen  Bücher  stünden  turmhoch 
über  dem  Niveau  der  deutschen.  Morris  und 
seine  Schüler  formulierten  die  Prinzipien,  denen 
das  Gewerbe  zu  folgen  habe  und  traten  durch 
Wort  und  Tat  für  sie  ein.  Die  Bewegung  griff  auf 
das  Festland  über  und  zeitigte  erfreuliche  Früchte. 

Auch  Carl  Sonntag  jun.  ist  bei  den  Engländern 
in  die  Schule  gegangen  und  bekennt  sich  zu  ähn¬ 
lichen  Anschauungen.  Am  Schluß  seiner  Vorrede 
gibt  er  Rechenschaft  über  die  Aufgabe,  die  er  sich 
gestellt  hat.  Er  will  in  derselben  gediegenen,  hand¬ 
werklichen  Weise  arbeiten,  dabei  aber  den  mo¬ 
dernen  Anforderungen  und  Verhältnissen  durchaus 


Rechnung  tragen.  Das  ist  zu  betonen.  Morris 
und  seine  Freunde  standen  zum  Teil  aus  sozial¬ 
ethischen  Motiven  der  Maschine  skeptisch  gegen¬ 
über.  Wir  aber  wollen  keine  Romantik  treiben 
und  die  Zeit  nicht  zurückschrauben.  Die  Maschine 
ist  da,  wir  wollen  sie  nicht  beseitigen,  sondern  sie 
richtig  gebrauchen,  ihr  nicht  „Arbeit  zumuten,  die 
sie  nicht  leisten  kann“.  „Es  ist  nicht  die  Maschine 
an  sich,  die  die  Arbeit  minderwertig  macht“,  heißt 
es  in  der  Rede,  die  Professor  Th.  Fischer  während 
der  Verhandlungen  des  Deutschen  Werkbundes 
hielt.  Es  kommt  in  erster  Linie  auf  die  Güte  des 
Materials  an;  alle  Materiallüge  ist  zu  verwerfen, 
wie  auch  jede  Imitation  technischer  Einzelheiten 
zu  vermeiden  ist.  Carl  Sonntag  hat  insbesondere 
den  Versuch  gemacht,  die  alte  bestbewährte  Me¬ 
thode,  die  Bünde  durchzuziehen,  handgestochene 
Kapitale  zu  verwenden  und  das  Leder  direkt  auf 
den  Rücken  zu  kleben,  wieder  zu  Ehren  zu  bringen. 
Die  so  entstehenden  Bünde  sind  nicht  nur  deko¬ 
rativ,  sie  wirken  schön  als  konstruktive  Formen. 
Besonderen  Wert  legt  er  auf  sauberen  und  ge¬ 
schmackvollen  Titelaufdruck. 

Wer  seine  Bücher  binden  läßt,  wird  immer 
darnach  trachten,  ihnen  einen  dem  Wert,  Inhalt 
und  Zweck  entsprechenden  Einband  zu  geben.  Es 
gibt  nun  eine  Menge  von  Büchern  geringen  Um¬ 
fanges  und  wenig  bedeutenden  Inhaltes,  für  die  der 
Katalog  Pappbände  vorschlägt.  Man  ist  in  letzter 
Zeit  vielfach  auf  Pappbände  zurückgekommen, 
so  der  Insel -Verlag  mit  seinen  Zwei-Markbüchern 
u.  v.  a.  Sie  sind  billig,  hübsch  und  auch  haltbar. 
Hans  von  Weber  in  München  hat  einige  seiner 
letzten  Veröffentlichungen:  Renards  Doktor  Lerne , 
Villiers  de  l’Isle- Adams  Edisons  Weib  der  Zukunft 
und  Bleis  Puder¬ 
quaste  in  dieser 
Art  bei  Carl 
Sonntag  binden 
lassen.  Die 
bunten  Bänd¬ 
chen  sehen  sehr 
gefällig  aus. 

Dauerhafter 
als  Pappbände 
sind  naturge¬ 
mäß  Ganz¬ 
leinenbände,  sie 
eignen  sich  gut 
für  vielge- 
brauchteBücher 
mittleren  Um¬ 
fanges.  Als 
jedem  zugäng¬ 
liches  Beispiel 
eines  solchen 
Struktur  -  Ganz¬ 
leinenbandes, 
der  ja  an  sich 
nichts  Neues 

darstellen  will,  Abb.  2. 


38 


Mägr,  Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun. 


Abb.  3. 

mögen  R.  de  Gourmonts  Komödien  einer  Fr  an 
(bei  Hans  von  Weber)  erwähnt  werden.  Nach 
diesen  immerhin  einfachen  Arbeiten  verzeichnet  der 
Katalog  weitere  aus  wertvollerem  Material:  Halb¬ 
pergament-  und  Halblederbände  mit  farbigem  oder 
Goldschnitt  und  buntem  oder  einfarbigem  Überzugs¬ 
papier.  Der  Titel  wird  auf  ein  ebenfalls  farbiges 
Lederschild  gedruckt.  Es  sind  Entwürfe  von 
solchen  von  Carl  Sonntag  gezeichnet  und  auch 
ausgeführt  worden.  Auf  der  Ausstellung  im 
Leipziger  Buchgewerbehaus  (Dezember  1908)  war 
Boccaccios  Dekameron  (in  der  Insel -Ausgabe)  zu 
sehen.  Die  Zeichnung  des  Rückens,  ein  Pflanzen¬ 
motiv  mit  sparsam  verteilten  Blättern,  konnte  zwar 
die  Tiemannsche  des  Original¬ 
bandes  nicht  ersetzen,  wirkte  in 
ihrer  Einfachheit  aber  doch 
recht  gut. 

„Halbleder-“  und  „Ganz¬ 
leder  -  Bibliotheksbände“  sind 
wohl  vorwiegend  für  größere 
wissenschaftliche  Werke  gedacht, 
und  wie  die  Abbildung  zeigt, 
äußerlich  sehr  einfach  gehalten. 

Auch  ihnen  wird  Haltbarkeit 
—  bei  der  genannten  Art  von 
Büchern  sehr  erwünscht !  — 
nachgerühmt,  eine  Eigenschaft, 
die  jeder  zu  würdigen  weiß, 
der  viel  mit  Büchern  arbeitet, 
nämlich  die,  daß  sie  sich  flach 
bis  zum  Rücken  aufschlagen.  Es 
wird  das  durch  die  Methode 
auf  Bänder  zu  heften  und  das 
Leder  direkt  auf  den  Rücken 
zu  arbeiten  erreicht. 

In  dieser  Weise  sind  übrigens 
alle  bisher  erwähnten  Einbände 
hergestellt,  wenigstens  was  das 


Abb.  4. 


Heften  anlangt.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  nun¬ 
mehr  zu  beschreibenden,  dadurch,  daß  weniger  kost¬ 
bares  Material  verwandt  wurde.  Als  Ganzpergament¬ 
band  mit  farbigem  oder  Goldschnitt  und  farbigem 
Rückenschild  hat  Carl  Sonntag  für  Julius  Bard  in 
Berlin  die  Luxusausgaben  der  letzten  Bände  des 
Hortus  deliciarum  sowie  die  numerierte  Ausgabe 
von  Hoffmanns  M nster  Floh  (für  den  gleichen  Verlag 
von  Hans  von  Müller  herausgegeben)  so  gebunden. 
Auf  der  Leipziger  Ausstellung  wurde  eine  ähnliche 
Arbeit  vorgelegt.  —  Es  waren  Meister  Francois 
Vi/ions  Werke  (bei  Zeitler),  die  mit  ihrem  ziegel¬ 
roten  Rückenschild  und  den  durchgezogenen  Bün¬ 
den  mit  Glück  eine  dem  Inhalt  entsprechende  Alter¬ 
tümlichkeit  anstrebten.  Das 
Pergament  gestattet  auch  den 
Titel  schwarz  oder  zwei-  und 
mehrfarbig  zu  schreiben. 

Immer  aber  haben  Perga¬ 
mentbände  neben  dem  Vorzug 
großer  Dauerhaftigkeit  einen 
massiven,  gediegenen  Charakter, 
etwas  Marmornes  und  Kühl- 
Strenges  im  Gegensatz  zu  Leder¬ 
bänden,  die  weicher,  zarter, 
wärmer  möchte  man  fast  sagen 
anmuten.  Die  Ausstellung  zeigte 
auch  hiervon  bemerkenswerte 
Proben,  Bände,  die  jeden 
überflüssigen  Schmuckes  ent¬ 
behren,  aber  mit  großer  Sorg¬ 
falt  gearbeitet  sind.  Zu  nennen 
wären:  ein  Exemplar  einer  fran¬ 
zösischen  Ausgabe  von  Poggios 
Facetien  (Abb.  1)  (in  schiefer¬ 
blauem  Seehundleder),  Goethes 
Briefe  aus  Italien  (bei  Bard), 
(Abb.  5)  Wildes  Dorian  Gray 
(bei  Zeitler)  und  Uzannes  Physio- 


Magr,  Bucheinbände  von  Carl  Sonntag  jun. 


39 


\Y  KARL  L  ARSEN  \b 
y  SCHWESTER  MARI  ANNA  V 
UND  »IRR  LIEBESBRIEFE 


LEIPZIG  IM  INSRL- 
v  VERLAG  1905  / 


Abb.  6. 

logie  desjquais  de  Paris ,  sämtlich  in  dunkelblaues 
Saffian  auf  Bünde  gebunden.  Dünne  Goldlinien 
teilen  die  Vorderflächen  auf  und  bilden  Rahmen 
für  die  Titel.  Ebenso  schlicht  präsentierten  sich 
Wielands  Oberon  und  Verseerzählungen  (Insel -Ver¬ 
lag),  das  eine  in  olivgrünes  Maroquin  mit  rotem 
Rückenschild,  das  andere  in  tiefrotes  Maroquin 
gekleidet. 

Bei  allen  diesen  Arbeiten  lag  der  Hauptton 
auf  solider  Technik  und  bestem  Material.  „Of  all 
things  not  wanted  at  the  present  day,  the  thing 
that  is  least  wanted  is  Ornament“ 
meint  Morris.  Damit  ist  aber  der 
Schmuck  nun  nicht  überhaupt  ver¬ 
worfen.  Es  ist  nur  anzuerkennen,  wenn 
zu  den  fundamentalen  Bedingungen 
noch  die  erläßlichen  treten. 

Carl  Sonntag  hat  auch  in  dieser 
Richtung  Versuche  angestellt  und  eine 
Anzahl  von  Luxuseinbänden  ange¬ 
fertigt  ,  die  ein  schönes  Können 
verraten.  So  hat  er  die  Liebesbriefe 
der  Schwester  Marianne  von  Larsen 
(Abb.  6)  in  ein  Niger-Maroquin  von 
stumpfem  Rot  gebunden.  Die  natür¬ 
liche  Narbung  gestattet  dem  Licht 
ein  bewegtes  Spiel  auf  der  Fläche. 

Die  Einbandzeichnung,  ein  stilisiertes 
Pflanzenornäment  mit  je  einer  Blüte 
in  den  vier  Ecken  ist  reich  und  ge¬ 
schmackvoll.  In  dem  ovalen  Feld, 
das  sie  freiläßt,  steht  in  einer  Antiqua 
von  klaren  und  angenehmen  Formen 


der  Titel.  In  ein  ähnliches  Maroquin  sind  die  Worte 
Napoleons  (bei  Zeitler)  (Abb.  2)  gekleidet.  Der 
Schmuck  mit  dem  N  in  der  Mitte  des  Vorder¬ 
deckels  ist  sehr  hübsch  und  steht  dem  reicheren 
des  Originalbandes  kaum  nach.  Trefflich  gelungen 
mit  seiner  Verwendung  von  Rokokomotiven  auf  dem 
Rücken  ist  der  grüne  Maroquinband  des  Zeitlerschen 
Fridericus  Rex.  Dasselbe  gilt  für  den  gleichfalls 
grünen  Einband  der  neuen  Ausgabe  von  Bierbaums 
Irrgarten  der  Liebe  (Abb.  4).  Die  zierlich  gezeich¬ 
nete  einfache  Herzmotive  aufvveisende  Titel¬ 
vergoldung  paßt  sehr  gut  zu  der  Ausstattung  des 
Buches  von  Heinrich  Vogeler  und  wirkt  vornehmer 
als  die  des  Verlegereinbandes. 

Ein  Exemplar  der  heute  selten  gewordenen 
ersten,  von  Lechter  geschmückten  Ausgabe  von 
Maeterlincks  Schatz  der  Armen  hat  einen  dunkel¬ 
grünen  Saffianeinband  erhalten,  dessen  drei  blind- 
gepreßte  Kelche  an  den  Schmuck  des  Buches 
anklingen.  Besonderes  Interesse  heischen  einige 
Gäste-  und  Stammbücher  (Abb.  3).  Das  eine 
der  Gästebücher,  dessen  Titelzeichnung  durch 
Lederauflage  verziert  ist,  erscheint  besonders  an¬ 
sprechend.  Die  Stammbücher  in  Queroktav,  wie 
sie  zur  klassischen  und  romantischen  Zeit  üblich 
waren,  sollten  für  die,  die  dem  Kultus  des  Stamm¬ 
buches  noch  huldigen,  die  einzige  Möglichkeit 
dazu  bilden.  Noch  weiter  in  die  Vergangenheit 
reicht  die  auf  Seite  18  abgebildete  schöne  Kopie 
eines  Padeloup-Einbandes  zurück.  —  Wie  in  allem 
Historismus,  so  liegt  auch  hier  zweifellos  eine  Klippe 
verborgen:  wir  sollen  aus  den  Bedingungen  unserer 
Zeit  heraus  schaffen  und  empfinden  und  alle  Stil¬ 
meierei  meiden.  Doch  hegt  hier  die  Sache  insofern 
etwas  anders,  als  alte  Bücher  oft  nicht  einen  nur 
antiquarischen  Wert  haben,  so  Werke  der  schönen 
Literatur.  Und  da  ist  nicht  einzusehen,  warum 
man  sie  nicht  entsprechend  binden  lassen  sollte. 
Wenn  es  gut  und  verständig  gemacht  wird,  ent- 


Abb.  7. 


40 


Chronik. 


steht  gewiß  etwas  Wertvolles.  —  Ähnlich  liegen 
die  Dinge  bei  dem  geschriebenen  Evangeliar  (Abb.  7) 
und  einem  zweiten,  das  auf  der  mehrfach  erwähn¬ 
ten  Ausstellung  zu  sehen  war.  Vom  Standpunkt 
der  Typengußmaschine  kann  man  ja  die  Kunst 
des  Bücherschreibens  als  Anachronismus  ablehnen. 
Und  in  der  Tat  wird  niemand  daran  denken, 
eine  allgemeine  Rückkehr  zum  Zeitalter  der  Mönche 
und  Diebold  Laubers  zu  predigen.  Aber  in  be¬ 
sonderen  Fällen  kann  man  schon  darauf  zurück¬ 
greifen.  Der  Liebhaber  erlesener  Dinge  —  und 
warum  sollte  man  es  nicht  sein?  —  ist  in  der  Lage, 
das  eine  oder  das  andere  Buch,  das  ihm  beson¬ 
ders  wert  ist,  in  einem  einzigen  Exemplar  her- 
stellen  lassen  zu  können.  Das  kann  aber  nur  in 
dieser  Form  geschehen,  denn  ein  in  einem  Exem¬ 


plar  gedrucktes  Buch  ist  genau  genommen  eine  con- 
tradictio  in  adjecto.  Überdies  sei  daran  erinnert, 
daß  auch  für  die  Titel  gedruckter  Werke  geschriebene 
Vorlagen  benutzt  werden,  und  Dr.  '/.eitler  meint,  daß 
klassische  Schönheit  nur  einem  solchen  zukommt. 

Allen  kann  man  es  nie  recht  machen,  und 
mancher  wird  hie  und  da  etwas  bemängeln.  Im 
großen  und  ganzen  aber  wird  man  der  von  Carl 
Sonntag  jun.  geleisteten  Arbeit  und  dem  darin 
bewiesenen  Können  seine  Anerkennung  nicht  ver¬ 
sagen,  vielmehr  gern  zugeben,  daß  mit  Erfolg 
versucht  wird,  Gutes  zustande  zu  bringen  und 
die  gewerbliche  Arbeit  zu  veredeln.  Wenn  er  — 
was  man  nur  wünschen  kann  —  Auftraggeber  in 
genügender  Zahl  findet,  so  darf  man  wohl  noch 
manchen  schönen  Band  von  ihm  erwarten. 


<#£> 

Chrom  k. 


Eine  neue  Eichendorffausgabe. 

Ein  äußerst  verdienstvolles  Werk  wird  jetzt  durch 
den  Verlag  von  J.  Habbel  in  Regensburg  unternommen. 
Unter  Mitwirkung  von  Philipp  August  Becker  heraus¬ 
gegeben  von  Wilhelm  Kosch  und  August  Sauer  ge¬ 
langen  in  diesem  Verlage  ,, Sämtliche  Werke  des  Frei¬ 
herrn  Joseph  von  Eichendorff“  zur  Ausgabe.  Das 
Werk  ist  als  historisch -kritische  Gesamtausgabe  des 
Dichters  geplant  und  wird,  mit  einer  Biographie,  Ein¬ 
leitungen  und  Anmerkungen  versehen,  in  zwölf  Bänden 
erscheinen.  Mehr  als  mancher  andre  Romantiker 
lebt  Eichendorff  mit  seinen  nie  welkenden  Liedern  im 
Herzen  des  Volkes,  das  immer  wieder  seine  schlichten 
Weisen  singen  und  seinen  Taugenichts  lesen  wird.  An 
einem  vollwertigen  literarischen  Denkmale,  das  ihm 
wohl  in  gleichem  Maße  wie  etw-a  Novalis,  Brentano, 
Arnim  usw.  gebührt,  hat  es  aber  bis  heute  gemangelt. 
Dem  soll  nun  die  große  in  zwölf  Bänden  erscheinende 
kritisch -historische  Gesamtausgabe  abhelfen,  die  zu 
veranstalten  der  obengenannte  Verlag  als  eine  längst 
gebotene  Ehrenpflicht  betrachtet.  Jeder  Band  soll  für 
sich  abgeschlossen  sein,  der  Inhalt  den  strengsten 
literarisch -kritischen  Anforderungen  entsprechen.  Ein 
vollständiges  Namen-  und  Sachregister,  sowie  sämtliche 
Lesarten  soll  der  Schlußband  enthalten.  Zahlreiche 
bisher  unbekannte  Handschriften  liegen  dieser  Aus¬ 
gabe  zugrunde,  die  einzusehen  dem  Herausgeber 
Wilhelm  Kosch  u.  a.  durch  die  Mithilfe  des  Freiherrn 
Karl  v.  Eichendorff  ermöglicht  wuirde.  Der  1.  Band 
(der  11.  Band  in  der  ganzen  Reihe)  ist  bereits  er¬ 
schienen  und  enthält  zum  ersten  Male  in  Vollständig¬ 
keit  die  Tagebücher  Eichendorffs.  Keine  schönfärbe- 
rischen  Schilderungen,  keine  kunstvollen  Perioden, 
vielfach  nicht  einmal  zusammenhängende  Sätze  stellen 
sich  uns  in  den  schlicht  und  ursprünglich  geschriebe¬ 
nen  Tagebüchern  Eichendorffs  dar.  Dennoch  ent¬ 


halten  sie,  wie  der  Herausgeber  Kosch  mit  Recht  sagt, 
eine  Fülle  vornehmlich  kulturhistorischen  Materials, 
aus  den  vergilbten  Blättern  steigt  die  ganze  Tauge¬ 
nichtsromantik  lebendig  und  bezaubernd  empor.  Auf 
diese  Tagebücher  wird  noch  in  ausführlicherer  Weise 
zurückzukommen  sein.  Einstweilen  sei  darauf  ver¬ 
wiesen,  daß  der  vorliegende  Band  sehr  gut  ausgestattet, 
gediegen  gebunden,  auf  gutem  Papier  und  in  schönen 
Lettern  gedruckt  ist.  Er  ist  mit  einer  Reihe  von  Bild¬ 
nissen  geschmückt,  darunter  einer  prächtigen  farbigen 
Kopie  nach  einem  im  Besitze  des  Freiherrn  Karl  v. 
Eichendorff  in  Wiesbaden  befindlichen  Bilde,  und  mit 
vielen  anderen  Beilagen  versehen;  nebstbei  enthält  er 
zum  Schlüsse  ein  ausführliches  Personenregister,  sowie 
selbstverständlich  auch  die  nötigen  das  Verständnis 
der  Tagebücher  erleichternden  Anmerkungen.  Jeder 
Band,  durchschnittlich  500  Seiten  stark,  kostet  bei 
Subskription  auf  alle  12  Bände  geheftet  M.  2.50,  in 
Leinen  M.  3,  in  Halbfranz  M.  3.75.  Einzelne  Bände 
geheftet  M.  4,  in  Leinen  M.  4.50,  in  Halbfranz  M.  5.25. 
Der  Preis  des  einzelnen  Liebhaberbandes  in  Ganz¬ 
pergament  stellt  sich  auf  M.  10.  Außerdem  soll  noch 
eine  Volksausgabe  zum  Preise  von  ca.  M.  2  für  den 
Band  veranstaltet  werden.  Die  Gesamtausgabe  soll 
nach  dem  Herausgeberplane  im  Jahre  1911  vollständig 
vorliegen.  Wir  begrüßen  dieses  Unternehmen,  das  in 
dem  Verlage  Habbel  eine  so  werktätige  Unterstützung 
findet,  aufs  Beste  und  wmnschen  der  schönen  Ausgabe 
recht  viele  Freunde  aus  dem  Kreise  der  Bibliophilen. 

Fgl 

Im  Verlag  von  Ernst  Wiegandt  in  Leipzig  wird 
Anfang  Juni  erscheinen:  Basedows  Elementarnverk  mit 
100  Kupfertafeln  von  Chodowiecki  u.a.,  herausgegeben 
von  Dr.  Th.  Fritzsch.  Der  Subskriptionspreis  ist  bis 
zum  1.  Mai  18  Mark,  dann  28  Mark  für  das  gebundene 
Exemplar,  für  Luxusdrucke  40  Mark. 


Alle  Rechte  Vorbehalten.  —  Nachdruck  verboten. 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Prof.  Dr.  Carl  Schüddekop /-Weimar,  Grunstedterstr.  16.  Druck  u.  Verlag  v.  IV.  Z>rttg-«/frc-Leipzig,  Königstr.  io 


Fuchs,  die  Frau  in  der  Karikatur,  Kleisterpapier  von  Lilli  Behrens, 

Rücken  blaues  Saffianleder  mit  Pergamentauflage  und  Handvergoldung,  gebunden  von  Buchbindermeister 

August  Linnenmeyer,  Berlin. 


Z.  f.  B.  1909/1910. 


Heft  2.  Tafel  1. 


Zu  Sachs  :  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 

Von 

Walter  Schiller  in  Wien. 

Mit  16  Abbildungen. 


Der  erste  Band  von  Les  Mille  et  une  Nuit, 
i  Contes  Arabes  erschien  im  Jahre  1704 
I  in  Paris ,  es  war  die  erste  Ausgabe 
in  einer  europäischen  Sprache  und 
Galland,  der  Übersetzer  und  Bearbeiter,  er¬ 
hoffte  einen  großen  Erfolg.  Durch  zwei  Eigen¬ 
schaften  vor  allem  andern,  so  führt  er  in  der 
Vorrede  aus,  sollten  die  neuen  Märchen  das 
Gefallen  der  Leser  erregen;  durch  die  Phan¬ 
tastik  der  wunderbaren  Begebenheiten,  die  sich 
in  bunter  Fülle  durchweben  und  verflechten, 
und  durch  die  Treue  der  Sittenschilderungen) 
die  die  Bräuche  und  Gewohnheiten  des  Morgen¬ 
landes  vorführen. 

Und  wirklich  hatte  sich  Galland  über  die  Ge¬ 
schmacksrichtung  des  französischen  Publikums 
nicht  getäuscht.  Das  Interesse  für  den  moham¬ 
medanischen  Orient  war  einerseits  durch  die 
kriegerischen  Unternehmungen  an  der  Nordküste 
Afrikas,  die  in  dem  dreimaligen  Bombardement 
Algiers  gipfelten,  anderseits  durch  den  lebhaften 
überseeischen  Handel,  der  sich  von  der  Türkei 
über  Kleinasien  bis  tief  nach  Persien  erstreckte, 
z.  f.  B.  1909/1910. 


erregt  worden  und  in  der  zweiten  Hälfte  des 
XVII.  Jahrhunderts  hatte  man  auch  begonnen, 
sich  eingehender  mit  den  orientalischen  Sprachen 
zu  beschäftigen. 

Ludwig  XIV.  hielt  an  seinem  Hofe  eine 
Anzahl  gelehrter  Orientalisten ,  die  als  Dol¬ 
metscher  im  mündlichen  und  schriftlichen  Ver¬ 
kehr  mit  den  Souveränen  des  Morgenlandes 
dienten,  nachdem  sie  sich  durch  jahrelange 
Studienreisen  die  Sprachen  im  Mutterlande  an¬ 
geeignet  hatten.  Von  diesen  Männern  stammen 
die  ersten  gelehrten  Arbeiten  über  die  Litera¬ 
turen  des  Orients,  so  beispielsweise  die  Biblio- 
theque  orientale,  die  Herbelot  1667  in  Paris  her¬ 
ausgab,  von  ihnen  stammen  auch  die  ersten 
bedeutenderen  Übersetzungen,  wenn  man  von  den 
Bestrebungen  der  Renaissance  auf  diesem  Gebiete 
absieht,  die  sich  übrigens  selbst  in  ihren  hervor¬ 
ragendsten  Leistungen,  wie  etwa  in  der  italie¬ 
nischen  Übersetzung  des  Koran,  die  1547  i*1 
Fano  gedruckt  wurde,  nicht  lange  erhielten. 

Der  Zeitpunkt,  in  dem  Galland  mit  seiner  Über¬ 
setzung  auftrat,  war  für  die  Aufnahme  der  orienta- 

6 


42 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


lischen  Dichtungen  besonders  günstig;  denn  sie 
mündeten  in  einem  Augenblicke  in  die  literarischen 
Strömungen  Frankreichs  ein,  in  dem  sie  nicht 
nur  historisches  Interesse,  sondern  auch  Be¬ 
deutung  für  die  Gegenwart  gewinnen  konnten. 

Der  Kampf,  den  Perrault  für  den  Wert  und 
die  Freiheit  der  zeitgenössischen  Literatur  gegen 
den  antikisierenden  Formalismus  Boileaus  auf¬ 
genommen  hatte,  war  auf  seinem  Höhepunkte 
angelangt,  und  Perrault  hatte  als  praktisches 
Beispiel  für  seine  Ansichten  im  Jahre  1697  die 
„ contes  de  ma  mere  l'Oye “  herausgegeben. 
Damit  hatte  er  eine  Dichtungsgattung  einge¬ 
führt,  deren  Form  frei  von  allen  aristotelischen 
Regeln  war  und  deren  Vollendung  seinem  Zeit¬ 
alter  Vorbehalten  zu  sein  schien;  denn  die  an¬ 
tiken  Werke  dieser  Art  waren  damals  fast  un¬ 
bekannt,  sie  wurden  erst  im  XIX.  Jahrhundert 
von  Grässe  bibliographisch  erschlossen  und  von 
Rohde  literarisch  gewürdigt. 

Die  neue  Gattung  erwarb  sich  bald  einen 
großen  Anhang  und  neben  den  französischen 
Volkserzählungen  dienten  die  orientalischen 
Märchen,  die  nach  und  nach  in  den  Über¬ 
setzungen  bekannt  wurden,  als  willkommene  und 
viel  bewunderte  Vorbilder.  Eine  der  vielen 
Nachfolgerinnen,  die  Perrault  unter  den  vor¬ 
nehmen  Damen  des  französischen  Adels  fand, 
Madame  d'Aulnois,  vereinigte  mit  glücklicher 
Hand  in  den  „ contes  de  Fees “  die  einfachen  Vor¬ 
gänge  der  heimischen  Erzählungen  mit  dem  phan¬ 
tastischen  Apparat  der  orientalischen  Märchen. 

Immerhin  zählten  aber  die  Werke,  die  man 
bis  zu  jener  Zeit  übersetzt  hatte,  nicht  zum  be¬ 
deutendsten,  was  die  persische  oder  arabische 
Literatur  zu  bieten  vermag.  Als  daher  die 
Märchen  von  Tausend  und  einer  Nacht  er¬ 
schienen,  die  alle  die  charakteristischen  Schön¬ 
heiten,  die  man  an  den  orientalischen  Märchen 
schätzen  gelernt  hatte,  in  höchster  Vollendung 
zeigten,  da  errangen  sie  einen  großen  und  nach¬ 
haltigen  Erfolg,  sodaß  bis  zum  Jahre  1729  die 
5.  Auflage  erscheinen  konnte  (Abb.  3). 

Es  ist  natürlich  und  begreiflich,  daß  diese  bei¬ 
fällige  Aufnahme  eine  Schar  von  Nachahmungen 


Contes  Tartares. 


Abb.  1.  Titelkupfer  der  dritten  Ausgabe  von  Gueullette, 

Les  mille  et  un  quart  d'heure. 

hinter  sich  zog.  Dichter  und  Literaten  be¬ 
mühten  sich,  Form  und  Inhalt  des  vielbewun¬ 
derten  Originals  nachzuahmen,  und  wie  groß 
die  Zahl  dieser  Kopien  ist,  zeigt  eine  Übersicht 
über  jene  Werke,  welche  selbst  den  Titel  von 
Galland  entlehnen,  ganz  abgesehen  von  allen 
contes  Ar  ab  es ,  Turcs ,  Persans,  Orient anx ,  die 
sich  inhaltlich  mehr  oder  weniger  eng  an  ihr 
Vorbild  anschließen.  Da  ergibt  sich  folgende 
stattliche  Liste: 

Les  mille  et  un  jours,  contes  persans,  trad. 
en  frangais  par  Petis  de  la  Croix,  Paris  1710 — 12, 
5  vol. 

Les  mille  et  un  quart  d'heures ,  contes  tar¬ 
tares  (par  Gueidlette ),  Paris  1715,  2  vol. 

Les  mille  et  une  Faveurs  (par  Paradis  de 
Mo?icrif),  Paris  1716. 1 


1  Bei  diesem  Werk  zeigt  sich  besonders  deutlich,  wie  der  Titel  bei  solchen  Büchern  ohne  inneren  Grund,  nur  der 
Nachahmung  halber,  gewählt  wurde.  Es  erschien  zum  erstenmal  1715  als  „Avantures  de  Zdloide  et  Amanzarifdine“* 
Erst  bei  der  zweiten  Auflage  1716  gab  ihm  Paradis  de  Moncrif,  —  pour  se  mettre  ä  la  mode,  wie  es  in  der  Einleitung 
des  32.  Bandes  des  Cabinet  des  Fees  treffend  heißt  —  den  Titel  „les  mille  et  une  Faveurs“.  Ein  später  erschienenes, 
gleichbetiteltes  Buch:  Les  mille  et  une  Faveurs,  contes  de  cour,  tires  de  l’ancien  gaulois  par  la  reine  de  Navare  (le  Che¬ 
valier  de  Mouhy),  Londres,  1740  in  4,  1783  in  5  und  1784  in  8  Bänden  hat  mit  dem  Werke  Moncrifs  nichts  zu  tun. 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


43 


LES  MILLE 

E  T  U  N 

QIJ  ART- D’H EURE. 
CONTES  TARTARES, 

Ornes  de  Figures  en 
Tailles-Douces. 

TOME  L 


A  UTRECHT, 

Chez  ETIENNE  NEAULME, 
M.  DCC.  XXXVII. 


Abb.  2.  Titel  der  dritten  Ausgabe  von  Gueullette, 

Les  mille  et  un  quart  d’heure. 

Les  mille  et  une  Henres,  contes  peruviens 
(par  Gueullette ),  Amsterdam  1733 — 34,  2  vol. 

Les  mille  et  une  Soirees  (par  Gueullette ).  La 
Haye  (Paris)  1749,  3  vol. 

Les  mille  et  une  Folies,  contes  frangais,  par 
M.  N.  (. Nougaret )  Paris  1771,  4  vol.1 

Fast  alle  diese  Werke  sind  in  Frankreich 
entstanden  und  die  exotische  Abstammung  auf 
dem  Titel  ist  nur  fingiert.  Während  Galland  die 
orientalischen  Märchen  für  französische  Leser 
bearbeitete,  suchten  die  andern,  wenn  sie  auch 
manchmal  die  Motive  der  Erzählungen  dem 
großen  Sagenschatz  des  Morgenlandes  ent¬ 


nahmen,  ihre  durchaus  französischen  Erzeug¬ 
nisse  in  orientalisches  Kostüm  zu  kleiden  und  mit 
orientalischem  Aufputz  zu  verbrämen. 

Darum  wurden  diese  Werke  auch  bald  ver¬ 
gessen  und  sind  heute  verschollen,  beinahe  Rari¬ 
täten.  Nur  zwei  von  ihnen  bilden  eine  Ausnahme. 
Das  Buch  von  Thomas-Simon  Gueullette,  „Les 
mille  et  un  quart  d’heure“,  wurde  1723  in  Paris 
bei  Saugrain,  1737  in  Utrecht  bei  Neaulme 
(Abb.  1  und  2)  und  1786  im  „cabinet  des 
Fees“  wieder  abgedruckt  (diesen  Erfolg  verdankt 
das  Werk  hauptsächlich  dem  Umstande,  daß 
es  einerseits  wirklich,  wenigstens  teilweise,  auf 
alte ,  meist  italienische  Quellen  zurückgeht, 
andrerseits  aber  nirgends  eine  gewisse  ironische 
Anmut  verleugnet);  das  zweite  Werk  sind  die 
„ mille  et  un  jours “  von  Petis  de  la  Croix.  Sie 
sind  vielfach  abgedruckt  und  übersetzt  worden 
und  haben  sich  so,  in  immer  neuen  Ausgaben, 
beinahe  il/2  Jahrhunderte  erhalten.  Franzö¬ 
sische  und  italienische  Dramatiker  haben  sie 
für  die  Bühne  bearbeitet  und  manche  Er¬ 
zählung,  die  sich  in  den  heutigen  Kinderbüchern 
als  herrenloses  Märchengut  findet,  geht  auf 
Tausend  und  einen  Tag  zurück.  Dieses  Fort¬ 
leben  in  mannigfacher  Gestalt  danken  die 
Märchen  ihrem  Alter  und  ihrer  Abstammung; 
sie  sind  nicht  späte,  farblose  Nachahmungen, 
sondern  uraltes  Sagengut;  darüber  kann  kein 
Zweifel  bestehen,  wenn  man  auch  über  die  Einzel¬ 
heiten  ihrer  Herkunft  vielleicht  nie  genaueres 
erfahren  wird. 

Der  Herausgeber  Petis  de  la  Croix  war  kein 
phantasiebegabter  Schriftsteller  wie  Gueullette 
oder  Nougaret,  er  war  ein  ebenso  emsiger  wie 
nüchterner  Gelehrter.  Schon  sein  Vater,  neben 
Tlievenot  und  Herbelot  einer  der  bedeutendsten 
Orientalisten  jener  Zeit,  bekleidete  seit  dem 
Jahre  1652  das  Amt  eines  secretaire  interprete 
du  roi  für  Arabisch  und  Türkisch;  letztere 
Sprache  beherrschte  er  so  weit,  daß  er  eine 
„histoire  de  France“  ins  Türkische  übersetzte, 
was  seine  Zeitgenossen  als  ein  besonders  ge¬ 
eignetes  Mittel  anerkannten,  um  den  Ruhm 


1  Auch  ein  Werk  von  Cazotte,  dem  Verfasser  von  „Biondetta  ou  le  diable  amoureux“  und  „Le  Lord  impromptu“ 
gehört  hierher,  nämlich :  „Les  mille  et  une  Fadaise“.  Andere  Bücher  wieder  entlehnen  nur  den  formelhaften  Titel,  ohne 
inhaltlich  etwas  mit  den  Märchen  zu  tun  zu  haben,  so  z.  B.  „Les  mille  et  une  Calomnies,  ou  Extraits  des  correspondances 
privees  dans  des  journaux  anglais  et  allemands  pendant  le  ministere  de  M.  le  duc  Decazes,  Paris,  Dentu  1822'*;  ein 
seltenes  Erotikum  ist:  „Tausend  und  eine  Ausschweifung  oder  Bekenntnisse  einer  vornehmen  Standesperson,  Paris  1 792/93-‘ ‘ 

Der  neueren  Zeit  gehören  an  „Les  mille  et  un  nuits  parisiennes  par  A.  Houssaye“  und  eine  Parodie  „Contes  des  dix 
mille  et  deux  nuits  par  Felix  Duquesnel“  mit  ausgezeichneten  Illustrationen  von  Veber. 


44 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Frankreichs  bis  in  die  entferntesten  Länder  zu 
verbreiten. 

Von  Colbert ,  der  durch  die  gelungene 
Übersetzung  eines  türkischen  Gedichtes  auf  ihn 
aufmerksam  geworden  war,  angeregt,  verfaßte 
er,  nach  Vorarbeiten,  die  sich  über  zehn  Jahre 
erstreckten,  eine  Geschichte  des  großen  Tschingis- 
kan,  für  den  man  damals  bedeutendes  Interesse 
hegte,  weil  man  ihn  ebenso  wie  Alexander  den 
Großen  und  Cäsar  als  Vorläufer  des  Sonnen¬ 
königs  in  der  Weltherrschaft  auffaßte. 

Die  Vollendung  dieses,  seines  Hauptwerkes 
hat  Petis  allerdings  nicht  mehr  erlebt;  das 
reiche  Material,  das  er  bei  seinem  Tode 
hinterließ,  wurde  von  seinem  Sohne,  der  eben¬ 
falls  Frangois  mit  dem  Vornamen  hieß,  gesichtet 
und  verarbeitet,  und  im  Jahre  1710  unter  dem 
Titel  „  Hi s toi re  du  gr and  Genghiz-Can,  Premier 
empereur  des  Mogols  et  Tartares“  herausge¬ 
geben. 

Dieser  Francois  Petis  de  la  Croix,  der 


Abb.  3.  Titelkupfer  des  vierten  Bandes  der 
, .Mille  et  une  nuit  (5.  ed.  A  la  Haye  1729). 


Jüngere ,  folgte  in  Beruf  und  Stellung  seinem 
Vater,  übertraf  ihn  aber  bald  an  wissenschaft¬ 
licher  Bedeutung  und  staatlichen  Ehren.  Er 
war  1653  in  Paris  geboren;  kaum  sechzehn  Jahre 
alt,  wurde  er  auf  Veranlassung  Colberts,  der 
schon  der  Gönner  des  Vaters  gewesen  war,  zu 
Studienzwecken  nach  dem  Orient  gesandt.  In 
Alep  hielt  er  sich  volle  drei  Jahre  auf,  die  er 
dazu  verwendete,  um  Arabisch  und  Türkisch 
zu  lernen;  er  beherrschte  diese  Sprachen  bald 
in  so  hohem  Grade,  daß  ihn  die  französische 
Regierung  damit  betraute,  einen  Staatsvertrag, 
den  der  Gesandte  de  Nointel  mit  der  Pforte 
geschlossen  hatte,  zu  übersetzen  —  ein  Zeichen 
ehrenden  Vertrauens  für  den  jungen  Gelehrten. 

Der  weitere  Verlauf  seiner  Studien  führte  ihn 
nach  Arabien,  von  wo  er  nebst  Pflanzen  und 
Samen  für  die  königlichen  Gärten  auch  eine 
Anzahl  von  Manuskripten  und  Medaillen  und 
200  Maroquinhäute  für  die  königliche  Bibliothek 
nach  Paris  sandte.  Über  Mossul  und  Bagdad 
gelangte  er  nach  Ispahan,  wo  er  im  August 
1674  ankam;  dort  hielt  er  sich  so  lange  auf,  bis 
er  das  Persische  samt  seinen  Dialekten  erlernt 
hatte,  und  begab  sich  dann  über  die  Türkei  auf 
die  Rückreise.  In  Konstantinopel  wurde  er  von 
Guilleragues  freundlich  empfangen  und  in  seinen 
Studien  tatkräftig  unterstützt. 

Es  ist  dies  derselbe  Guillerague, dessen  T ochter, 
der  Marquise  d’O  Galland  seine  mille  et  une  nuit 
mit  begeisterten  Worten  der  Dankbarkeit  gegen 
sie  und  ihren  Vater  widmete;  denn  auch  er  hatte 
bei  seinem  Aufenthalt  in  Konstantinopel  die 
Unterstützung  Guilleragues  in  reichem  Masse 
genossen. 

1680  kam  Petis  de  la  Croix  nach  Frank¬ 
reich  zurück  und  wurde  dauernd  damit  be¬ 
traut,  die  Schriftstücke  des  diplomatischen  Ver¬ 
kehrs  mit  den  mohammedanischen  Mächten 
zu  übersetzen;  so  übersetzte  er  z.  B.  1 68 1  den 
wichtigen  Vertrag  zwischen  Frankreich  und 
Marokko.  Im  Jahre  1682  wurde  er  secretaire 
interprete  pour  les  langues  orientales;  als  secre¬ 
taire  de  l’ambassade  au  roi  de  Maroc  kam  er 
nach  Nordafrika,  wo  er  als  Dolmetsch  im  Ge¬ 
folge  der  französischen  Feldherrn  Duquesne, 
Pourville  und  dAmfreville  vortreffliche  Dienste 
leistete  und  sich  auch  durch  Unbestechlichkeit 
und  Unparteilichkeit  auszeichnete. 

Nach  Paris  zurückgekehrt,  wurde  er,  als  im 
Jahre  1692  Jacques  di  Auvergne  starb,  als  dessen 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Abb.  4.  Geschichte  des  Abulcasem. 
Aus  dem  Cabinet  des  Fees  Bd.  XIV. 
Gez.  von  Marillier,  gest.  von  De  Ghendt. 


Nachfolger  Professor  der  arabischen  und  syrischen 
Sprache,  später  auch  secretaire  interprete  du  roi 
wie  einst  sein  Vater.  In  seinem  Alter  zog  er  sich 
vom  Hofe,  wo  er  infolge  seines  stillen  Wesens 
und  seines  bescheidenen  Auftretens  sich  keine 
entsprechende  Stellung  hatte  schaffen  können, 
ganz  zurück,  um  nur  seinen  Studien  zu  leben. 

Noch  in  späten  Jahren  lernte  er  bei  Gelegen¬ 
heit  eines  Briefes,  den  der  König  von  Äthiopien 
an  Ludwig  XIV.  schrieb,  äthiopisch  und  fertigte 
Übersetzungen  aus  dieser  Sprache.  Er  starb, 
60  Jahre  alt,  am  4.  Dezember  1713  in  Paris. 

Von  seinen  historischen  und  geographischen 
Schriften  sind  die  wichtigsten:  Voyage  en  Syrie 
et  en  Perse  (1670— 1680),  Canon  du  Sultan 
Soliman  II  ou  Etat  politique  et  militaire  des 
archives  des  Princes  ottomans ,  Paris  1725,  aus 


45 


dem  Türkischen,  und  eine  Jdstoire  de  Lotus  XI V“, 
die  er  nach  dem  Vorbild  seines  Vaters  in  ara¬ 
bischer  Sprache  ausarbeitete. 

Der  schönen  Literatur  gehören  an  „Histoire 
de  la  Sultane  de  Perse  et  des  vizirs,  contes  turcs , 
Paris  1707“  und  das  Buch,  das  seinen  Namen 
berühmt  gemacht  hat,  „les  mille  et  un  jours, 
contes  Persans ,  Paris  1710 — 12“. 

Ein  großangelegtes  Geschichtswerk  ,,1’histoire 
du  Timur  Bec“  wurde  erst  nach  seinem  Tode 
im  Jahre  1722  von  seinem  Sohne  heraus¬ 
gegeben.  Dieser,  ebenfalls  Frangois  mit  Namen, 
hatte  Fleiß  und  Begabung  von  seinem  Vater 
geerbt  und  folgte  ihm  in  allen  Stücken.  Auch 
er  studierte  sechs  Jahre  lang  in  der  Türkei  und 
in  Kleinasien  die  Landessprachen  und  wurde 
nach  seiner  Rückkehr  Jahre  hindurch  mit  der 
Übersetzung  aller  Verträge  zwischen  Frankreich 
und  den  orientalischen  Staaten  betraut.  Er 
wurde  secretaire  interprete  de  la  marine,  ein 
Amt,  das  früher  schon  ein  Onkel  seines  Gro߬ 
vaters,  Claude  Guiclet,  bekleidet  hatte,  später 
interprete  des  langues  orientaux  ä  la  Bibliotheque 
du  Roi,  und  1744  Professor  der  arabischen 
Sprache  am  College  royal.  Wenn  er  auch 
hauptsächlich  im  Staatsdienste  tätig  war  —  zu¬ 
meist  fungierte  er  als  Dolmetsch  bei  Audienzen — , 
so  verdanken  ihm  doch  einige  interessante  Werke, 
hauptsächlich  Übersetzungen  aus  dem  Tür¬ 
kischen,  ihre  Entstehung.  Erstarb  175  r,  kaum 
fünfzig  Jahre  alt,  in  Paris;  und  da  er  keinen 
Sohn,  sondern  nur  zwei  Töchter  hinterließ,  so 
erlosch  mit  ihm  dieses  Orientalistengeschlecht, 
das,  an  die  Dynastien  der  Hofbeamten  im  alten 
Ägypten  erinnernd,  beinahe  zwei  Jahrhunderte 
lang  durch  vier  Generationen  im  Dienste  Frank¬ 
reichs  und  seiner  Plerrscher  gewirkt  hatte. 

Die  erste  Ausgabe  von  Tausend  und  ein 
Tag  erschien  in  den  Jahren  1710  —  1712  in  Paris; 
sie  führt  den  Titel:  Les  Mille  et  un  Jour  |  Con¬ 
tes  Persans  |  Traduits  en  Frangois  j  Par  M.  Petis 
de  la  Croix  |  Doien  des  Secretaires  Interpretes 
du  |  Roi,  Lecteur  &  Professeur  du  j  College 
Royal.  5  Bände  in  12.  Schon  die  äußere  Aus¬ 
stattung  zeigt  die  Abhängigkeit  von  Tausend 
und  einer  Nacht;  nicht  nur  Format,  Papier  und 
Typen  stimmen  überein,  auch  die  innere  Ein¬ 
teilung  und  die  Anordnung  der  Überschriften 
ist  genau  kopiert.  Eingeleitet  wird  das  Werk 
durch  eine  Vorrede,  die  sich  nahezu  in  allen 
spätem  Ausgaben,  wiederholt  findet ;  sie  ist  für 


46 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


die  Art  des  Verfassers 
so  charakteristisch  und 
für  die  Entstehungs¬ 
geschichte  der  Mär¬ 
chen  so  wichtig,  daß 
eine  wörtliche  Wieder¬ 
gabe  gerechtfertigt  er¬ 
scheint.  Sie  lautet: 

„Nous  devons  ces 
contes  au  celebreDervis 
Mocles,  que  la  Perse 
met  au  nombre  de  ses 
grands  personnages. 

II  etait  chef  des  sofiis 
d’Ispahan  et  il  avait 
douze  disciples  qui  por- 
taient  de  longues  robes 
de  laine  blanche.  Les 
grands  et  le  peuple 
avaient  pour  lui  une 
veneration  singuliere  ä 
cause  qu’il  etait  de  la 
race  de  Mahomet,  et 
ils  le  craignaient  parce 
qu’il  passait  pour  un 
savant  cabaliste.  Le  roi 
Schah  Soliman  meme 
le  respectait  ä  un  point 
que  si  par  hasard  il  le 
rencontrait  sur  son 
passage,  ce  prince  des- 
cendait  aussitöt  de  che- 
val  et  lui  allait  baiser 
les  etriers. 

Mocles  etant  encore  fort  jeune  s’avisa  de 
traduire  en  persan  des  comedies  indiennes,  qui 
ont  ete  traduites  en  toutes  les  langues  orien¬ 
tales  ;  et  dont  on  voit  ä  la  bibliotheque  du  roi 
une  traduction  turque  sous  le  titre  de  Alfarage 
Bada  Alschidda  ce  qui  signifie  „la  joie  apres 
l’affliction“.  Mais  le  traducteur  persan,  pour 
donner  ä  son  ouvrage  un  air  original  mit  ces 
comedies  en  contes,  qu’il  appela  Hezaryek-Rouz , 
c’est-ä  dire  Mille  et  un  jours.  Il  confia  son 
manuscrit  au  sieur  Petis  de  la  Croix,  qui  etait 
en  liaison  d’amitie  avec  lui  ä  Ispahan  en  1675, 
et  meme  lui  permit  d’en  prendre  une  copie. 

Il  semble  que  les  Mille  et  un  Jours  ne  soient 
rien  autre  chose  qu’une  imitation  des  Mille  et 
une  Nuits.  Effectivement,  ces  deux  livres  ont 
la  meme  forme.  Il  y  a  dans  leurs  desseins  un 


contraste  comme  dans 
leurs  titres.  Dans  les 
Mille  et  une  Nuits ,  c’est 
un  prince  prevenu  con- 
tre  les  femmes,  et  dans 
les  Mille  et  un  Jours , 
c’est  une  princesse 
prevenue  contre  les 
hommes.  Il  est  ä  croire 
que  l’un  de  ces  ouv- 
rages  a  donne  l’occa- 
sion  de  faire  l’autre ; 
mais  comme  il  n’y  a 
point  d’epoque  aux 
contes  arabes,  on  ne 
saurait  dire  s’ils  ont 
dte  faits  avant  ou  apres 
les  contes  persans. 

Quoi  qu’il  en  soit, 
les  Mille  et  un  Jours 
doivent  divertir  les  per- 
sonnes  qui  ont  lu  avec 
plaisir  les  Mille  et  une 
Nuits,  puisque  ce  sont 
les  niemes  mceurs  et  la 
meme  vivacite  d’imagi- 
nation.  Mais  les  lec- 
teurs  qui,  dans  les 
contes  arabes,  ont 
trouve  mauvais  qu’on 
n’ait  pas  donne  ä 
Scheherazade  une  in- 
tention  de  persuader 
par  ses  fables  ä  Schah- 
riar  qu’il  y  a  des  femmes  fideles,  car  veri- 
tablement  eile  parait  n’avoir  pour  but  que  de 
prolonger  sa  vie  sans  chercher  ä  detromper  le 
sultan  des  Indes ;  ceux,  dis-je,  qui  ont  fait  cette 
critique  ne  feront  pas  le  meme  reproche  ä 
Dervis  Mocles.  Sutlumene  se  propose  de  com- 
battre  la  prevention  de  la  princesse  et  va  tou- 
jours  ä  sa  fin.  Dans  tous  ses  contes  il  y  a 
des  epoux  ou  des  amans  fideles.  On  voit  qu’elle 
s’applique  ä  guerir  Farrukhnaz  de  son  erreur, 
sans  toutefois  que  la  necessite  qu’elle  s’impose 
de  ne  se  point  detourner  de  son  but  fasse  tort 
ä  la  variete  d’evenemens  que  demandent  ces 
sortes  d’ouvrages.“ 

Der  Derwisch  Mocles  ist  also  nach  der  An¬ 
gabe  von  Petis  der  Verfasser,  oder  wenigstens 
Bearbeiter  der  Märchen.  Obwohl  Petis  sonst 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


47 


unbedingt  glaubwürdig 
ist  —  er  hat  sich,  im 
Gegensätze  zu  seinen 
Fachgenossen,  die  über 
den  Orient  meist  in  der 
phantastischen  Art  des 
Orients  selbst  berich¬ 
teten,  immer  streng  an 
die  T  atsachen  gehalten, 
wahrscheinlich  aus 
Nüchternheit  und 
Mangel  an  Phantasie 
—  so  ergeben  sich  hier 
begründete  Zweifel. 

Es  läßt  sich  nir¬ 
gends  über  den  Der¬ 
wisch  Mocles  etwas 
Näheres  erfahren,  nicht 
einmal  sein  Name  in 
irgendeinem  orienta- 
listischen  Werke  ermit¬ 
teln.  Die  Angaben,  die 
die  Biographie  univer¬ 
selle  über  ihn  macht, 
entstammen  zum  Teil 
dieser  Vorrede,  zum 
Teil  sind  sie  dem  Be¬ 
richt  von  Petis  de  la 
Croix  über  seine  Orient¬ 
reise  entnommen,  der 
unter  dem  Titel  „Ex- 
trait  du  Journal  du  sieur 
Fr.  Petis  fils,  professeur 
en  arabe,  et  secretaire 
interprete  entretenu  en  la  marine,  renfermant 
tout  ce  qu’il  a  vu  et  fait  en  Orient,  durant 
dix  annees  qu’il  y  a  demeure  par  l’ordre  de  sa 
Majeste“  im  5.  Band  des  Magasin  Ency- 
clopedique  1808  von  M.  Langles  veröffentlicht 
wurde. 

In  dem  Kapitel  über  seinen  Aufenthalt  in 
Ispahan  erzählt  Petis  von  seinen  Bemühungen, 
das  Persische  zu  erlernen:  „Je  cherchai  quelqu’un 
qui  le  süt  mais  je  n’en  pus  trouver  pour  de 
l’argent,  et  je  fus  oblige  de  m’adresser  ä  un 
grand  superieur  ä  l’ordre  des  Mevlevy.  J’y  fus 
conduit  par  un  de  ses  amis  et  je  ne  lui  eus 
pas  plutöt  fais  mon  compliment,  qu’il  m’offrit 
ses  soins  pour  l’intelligence  du  Mesnevy;  et  il 
me  permit  durant  quatre  ou  cinq  mois  de  le 
voir  tres-souvent  pour  l’apprendre;  cet  etude 


me  reussit,  et  enfin  ce 
religieux  n’etant  pas 
homme  ä  prendre  de 
l’argent  de  moi,  je  lui 
fis  present  de  trois 
grands  bassins  de  por- 
celaine  qu’il  accepta. 
II  se  nommoit  Dervycli 
Moqles,  et  il  travailloit 
ä  etablir  une  nouvelle 
secte  pour  les  moins 
de  douze  disciples  nom- 
mes  Mouryd  qu’il  avoit 
en  particulier  et  qui 
etoient  autres  que  les 
religieux  du  couvent ; 
j’ai  ecrit  ailleurs  quel 
homme  c’etait  et  ce 
qu’il  savoit  faire; 
comme  il  avoit  la  capa- 
cite  d’etre  chef  de  parti, 
je  sus  que  la  cour  le 
faisoit  observer;  et  ainsi 
j’eus  des  mesures  ä 
prendre  pour  le  voir.“ 
Das  ist  alles,  was 
sich  über  den  Derwisch 
Mocles  ermitteln  läßt, 
und  man  muß  immer¬ 
hin  die  Möglichkeit  zu¬ 
geben,  daß  Petis  den 
Derwisch  erfunden  und 
als  Urheber  der  Mär¬ 
chen  unterschoben  hat, 
wenn  auch  die  Annahme  einer  Fiktion 
etwas  Merkwürdiges  und  Befremdliches  hat, 
zumal  bei  dem  Umstand,  daß  Langles  die 
Schilderungen  und  Berichte  des  Journals 
genau  geprüft  und  auf  Grund  eines  Vergleichs 
mit  den  Werken  Herbelots,  Thevenots  und 
späterer  Forscher  für  wahrheitsgetreu  befunden 
hat.  Auch  hätte  die  Fiktion  kaum  großen  Wert 
gehabt,  da  das  Journal  zu  Lebzeiten  seines 
Autors  nicht  veröffentlicht  wurde. 

Petis  überreichte  es  im  Jahre  1694  dem  Staats¬ 
sekretär  Phelipeaux  und  konnte  also  auf  ein  Be¬ 
kanntwerden  im  Publikum  nicht  rechnen;  es  ist 
auch  kaum  anzunehmen,  daß  er  16  Jahre  vor  der 
Herausgabe  der  Märchen  schon  daran  dachte, 
die  Fiktion  ihres  Ursprunges  durch  eine  Stelle 
in  seinem  Reisebericht  zu  stützen. 


48 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Abb.  7.  Geschichte  des  Prinzen  Seyfel  Mulouk. 
Aus  dem  Cabinet  des  Fees  Bd.  XV. 

Gez.  von  Marillier,  gest.  von  D’Elvaux. 


Von  dieser  Seite  her  läßt  sich  also  nichts  be¬ 
stimmtes  über  die  Abstammung  der  Märchen  und 
in  zweiter  Linie  über  ihre  Echtheit  ermitteln ;  es 
bleibt  noch  eine  zweite  Angabe  Petis,  die  eine 
Prüfung  zuläßt,  das  in  der  Vorrede  zitierte  Manu¬ 
skript  in  der  königlichen  Bibliothek  zu  Paris.  Aber 
auch  diese  Untersuchung  gibt  keinen  sicheren 
Aufschluß  über  die  Märchen.  Der  österreichische 
Orientalist  Josef  v.  Hammer- Pur gstall  entdeckte 
unter  den  orientalischen  Manuskripten  der  Wiener 
Hofbibliothek  eine  Handschrift,  die  in  Titel  und 
Inhalt  mit  der  erwähnten  in  Paris  befindlichen 


cenau  übereinstimmt.  In  dem  Catalonus  Co- 
dicum  arabicorum  persicorum  turcicorum  Biblio- 
thecae  Caesareae  Regiae  Vindobonensis,  den  er 
im  zweiten  Band  der  „Fundgruben  des  Orients“ 
veröffentlichte,  beschreibt  er  sie  folgendermaßen: 
171,  Gaudium  post  afflictionem  Collectio  narra- 
tionum  fabulosarum  turcicarum  de  1001  nocti- 
bus  et  aliis.  Hadschi  Chalfa  duo  alia  opera 
arabia  sub  hoc  titulo  refert,  quae  cum  nostro 
nihil  commune  habent ;  codex  sub  eodem 
titulo  existit  in  Bibliotheca  Regia  Lutetiensi 
Nro.  CCCLXXXII  sed  nullum  herum  quatuor 
operum,  nobis  hucusque  cognitorum  continet 
fabulas  a  Petis  de  la  Croix  sub  nomine  1001 
dierum  vulgatas,  quas  hoc  titulo  inscriptas  af- 
firmat;  et  quas  donec  textum  originalem  ali- 
cubi  existere  nobis  non  constabit,  apocryphas 
ab  autore  solummodo  ex  variis  fontibus  con- 
gestas  aut  in  imitationem  1001  noctium  com- 
positas  fuisse,  censemus. 1 

Hammer  faßte  also  die  Märchen  als  eine 
Fälschung  auf  und  gab  dieser  Ansicht  noch 
öfter  Ausdruck.  Im  6.  Band  der  Wiener  „Jahr¬ 
bücher  der  Literatur“  1819  bespricht  er  eine 
Neuausgabe  des  arabischen  Antarromanes  und 
macht  in  einer  Anmerkung  darauf  aufmerksam, 
daß  sich  bei  den  Literarhistorikern  des  Orients 
zwei  voneinander  unabhängige  Märchensamm- 
lungen  als  Tausend  und  eine  Nacht  verzeichnet 
finden;  er  fährt  dann  fort:  „Um  der  Vermutung 
keinen  Raum  zu  geben,  daß  unter  einem  der  zwey 
Hesar  Efsane  betitelten  Werke  vielleicht  die  unter 
dem  Titel  der  tausend  und  eines  Tages  bekannten 
Mährchen  gemeint  seyen,  wiederholen  wir  hier 
die  schon  zweymal  (im  Kataloge  der  orientalischen 
Handschriften  der  Wiener  Bibliothek  Nr.  17 1 
und  im  Morgenblatte)  öffentlich  zur  Sprache  ge¬ 
brachte  Anklage  literarischen  Betruges,  dessen 
sich  Petis  de  la  Croix  durch  Zusammenstoppe- 
lung  der  persisch  sein  sollenden  Mährchen  des 
tausend  und  eines  Tags,  aus  dem  Türkischen 
mit  französischen  Zusätzen  bearbeitet,  schuldig 
gemacht  hat;  indem  sowohl  der  Derwisch  Mocles, 
den  er  als  Quelle  anführt,  eine  lügenhafte  Er¬ 
findung  ist,  als  das  Buch  Freude  auf  Leid,  das 


1  In  dem  letzten  Katalog  der  orientalischen  Handschriften  der  Wiener  Hofbibliothek  von  Flügel,  1865 — 67,  findet 
sich  das  Manuskript  als  Nr.  798:  „Das  Buch  der  Freude  nach  der  Bedrängnis“,  von  unbekanntem  Verfasser  und  nirgends 
eine  Spur  von  Identität  mit  dem  von  Hadschi  Chalfa  erwähnten  türkischen  Werk  dieses  Titels  in  dreizehn  Kapiteln  von 
Muhammed  Bin  ‘Umar  al  Halabi.  —  Das  vorliegende  enthält  gegen  zwanzig  größere  und  kleinere  Erzählungen  aus  der 
Zeit  Harun-al  Raschids  und  später,  ein  Kaffeehausexemplar  usw.  Bl.  139  lautet  eine  Inschrift:  „Josephus  Jacobus  Prean 
a  Zallauzen  hunc  librum  a  castris  Turcarum  Dornum  portavi.  Anno  quo  a  nostris  liberata  de  Turcis  Vienna.“ 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


49 


er  als  die  auf  der  königlichen  Bibliothek  befind¬ 
liche  Quelle  angibt,  ganz  andern  Inhalts  ist.“ 

Wenn  man  den  Forschungen  Hammers 
Glauben  schenkte,  wäre  Petis  de  la  Croix  selbst 
der  Verfasser  der  Märchen  und  somit  ein  litera¬ 
rischer  Betrüger;  dem  widerspricht  aber  seine 
vielgerühmte  Ehrlichkeit  ebenso  wie  seine  oft 
gerügte  Phantasielosigkeit,  und  auch  gegen  die 
Untersuchungen  Hammers  läßt  sich  mancher 
Einwand  erheben. 

Wenn  die  Märchen  wirklich  mit  der 'Hand¬ 
schrift  nichts  zu  tun  hatten,  so  setzte  sich 
Petis  durch  den  Hinweis  auf  sie  der  Be¬ 
schämung  aus,  daß  ein  Sprachkundiger,  der 
türkisch  zu  lesen  vermochte  —  und  solche  gab 
es  damals  in  Paris  viele  — ,  die  Fälschung  hätte 
aufdecken  können.  Die  Literaturgeschichte  zeigt, 
daß  die  Fälscher  mit  Vorliebe  an  verloren  ge- 
gangeneUrkunden  und  Handschriften  anknüpfen, 
aber  die  Berufung  auf  ein  Manuskript,  das  in 
einer  öffentlichen  Bibliothek  der  allgemeinen 
Benützung  freisteht,  wäre  unglaubhaft  plump. 

Es  ist  viel  wahrscheinlicher,  daß  das  Manu¬ 
skript,  welches  Hammer  in  der  Pariser  Bibliothek 
gelesen  hat,  garnicht  dasjenige  ist,  auf  das  sich 
Petis  in  der  Vorrede  bezieht,  zumal  es  nicht 
die  geringste  Ähnlichkeit  mit  den  Märchen  hat. 
Das  richtige  Manuskript  scheint  auch  A.  Loise- 
leur  Deslongchamps,  ein  Pariser  Orientalist,  der 
1838  „Les  mille  et  un  jours“  neu  herausgab, 
nicht  gefunden  zu  haben;  im  Vorwort  seiner 
Ausgabe  schreibt  er: 

La  plupart  de  ces  contes  se  retrouvent  dans 
le  roman  turc  intitule  Alfarage  Bada  Alschidda, 
que  Petis  indique  comme  ayant  servi  au  der- 
viche  Mocles,  et  dont  il  existe  au  departement 
des  manuscrits  de  la  bibliotheque  du  roi  des 
traductions  partielles  composees  par  des  jeiines 
de  langue\  d’autres  contes  se  retrouvent  dans 
un  recueil  en  langue  persane,  ainsi  que  M.  Rei- 
naud  a  eu  l’occasion  de  la  reconnaitre ;  plusieur 
enfin  ont  une  origine  indienne  bien  constatee 

1  Auch  Galland  hat  ein  gleichbetiteltes  Werk  gekannt. 
Im  „Journal  de  Galland  pendant  son  sejour  dans  le  Levant 
(T 6 73)“  veröffentlicht  in  der  Revue  retrospective ,  seconde 
serie,  tome  XII  findet  sich  folgende  Stelle:  „Je  lus  dans  le 
livre  intitule  Farage  bada  alchidda  (la  joie  apres  le  chagrin) 
l’histoire  ou  fable  d’un  architecte  de  la  ville  de  Bim  etc.  .  . 
Die  nun  folgende  Geschichte  zeigt  aber  keine  Ähnlichkeit 
mit  einem  der  von  Pötis  veröffentlichten  Märchen;  es  scheint 
also  auch  dieses  Buch  nichts  mit  dem  von  Petis  genannten 
zu  tun  zu  haben. 

Z.  f.  B.  1909/1910  . 


ainsi  qu’on  le  verra  dans  les  notes.  L’authen- 
ticite  de  ces  charmans  recits  ne  peut  peut  donc 
pas  etre  revoquee  en  doute.“  Durch  den  Nach¬ 
weis  der  Märchen  in  alten  Werken  ist  ihre  Echt¬ 
heit  bestätigt;  da  aber  hier  nur  von  Teilen  einer 
Übersetzung  die  Rede  ist  und  Loiseleur  ein 
genauer  Kenner  der  Pariser  Bibliotheken  war, 
kann  man  wohl  annehmen,  daß  das  Original¬ 
manuskript  verloren  gegangen  ist,1  und  damit 
schwindet  die  letzte  Möglichkeit,  je  etwas  Ge¬ 
naueres  über  den  Ursprung  der  Märchen  zu 
erfahren. 

Wenn  auch  alle  von  Petis  angegebenen 
Quellen  versagen,  so  bleibt  doch  noch  ein  letztes 
Auskunftsmittel,  die  Untersuchung  des  Werkes 
selbst.  Eine  eingehende  Betrachtung  der  Mo¬ 
tive  der  einzelnen  Märchen  und  der  Komposi¬ 
tion  des  ganzen  muß  erkennen  lassen,  ob  es 


Abb.  8.  Geschichte  des  Bedreddin  Lolo. 
Aus  dem  Cabinet  des  Fees  Bd.  XV. 
Gez.  von  Marillier,  gest.  von  L.  M.  Haibon. 

7 


50 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Abb.  9.  Geschichte  der  Geisterbrüder  Ady  und  Dahy. 
Aus  dem  Cabinet  des  Fees  Bd.  XV. 

Gez.  von  Mariliier,  gest.  von  Choffard. 


sich  um  eines  jener  altorientalischen,  planvoll 
aufgebauten  Sammelwerke  handelt,  oder  ob 
Petis  unzusammengehörige  Erzählungen  aus  ver¬ 
schiedenen  Büchern  entnommen  und  zusammen¬ 
gestellt  hat. 

Freilich  wird  auch  das  Ergebnis  dieser 
Prüfung  durch  zwei  Umstände  in  seinem  Werte 
vermindert,  wenn  nicht  überhaupt  in  Frage 
gestellt.  Den  ersten  gibt  Petis  selbst  an:  das 
Werk  ist  unvollständig;  den  zweiten,  daß  es 
überarbeitet  ist,  verschweigt  er.  Zu  Beginn 
des  5.  Bandes  der  ersten  Ausgabe  findet  sich 
ein  Avertissement  du  Traducteur:  Comme  Der- 
vis  Mocles  s’est  sans  doute  propose  de  rendre 
son  Ouvrage  aussi  utile  qu’agreable  aux  Musul- 
mans,  il  a  rempli  la  plupart  de  ses  Contes  de 
faux  Miracles  de  Mahomet,  ainsi  qu’on  le  peut 


voir  dans  quelques-uns  de  ce  Volume;  mais  je 
n’ai  pas  voulu  traduire  les  autres,  de  peur 
d’ennuyer  le  Lecteur.  II  y  a  des  Contes  encore 
qui  sont  si  licencieux,  que  la  bienseance  ne  m’a 
pas  permis  d’en  donner  la  traduction.  Si  les 
Moeurs  des  Orientaux  peuvent  les  souffrir,  la 
purete  des  nötres  ne  sauroit  s’en  accommoder. 

J’ai  donc  ete  oblige  de  faire  quelque  de- 
r angement  dans  l’Original,  pour  suivre  toujours 
la  meme  liaison  des  Contes.  On  passe  tout 
d’un  coup  du  203°  Jour  au  960°.  Mais  ce  pas- 
sage  se  fait  de  maniere  cju’il  ne  sera  senti  que 
de  ceux  qui  s’amuseront  ä  compter  les  Jours. 
Pour  les  autres  Eecteurs,  ils  ne  s’en  apper- 
cevront  pas,  et  ils  liront  le  Livre  entier  sans 
faire  reflexions  que  les  Milles  et  un  Jours  n’y 
sont  pas  tous  employes.“ 

Durch  die  große  Lücke  in  der  Mitte  muß 
notwendigerweise  die  Komposition  durchbrochen 
werden;  es  fehlen  ja  über  750  Tage  und  das 
ist  mehr  als  drei  Viertel  des  ganzen  Buches. 
Die  beiden  unzusammenhängenden  Bruchstücke 
können  nur  eine  ungenaue  Vorstellung  vom  Auf¬ 
bau  des  Werkes  geben.  Aber  auch  der  Ein¬ 
blick  in  die  Einzelheiten  der  Form,  in  die  stili¬ 
stischen  Eigenheiten  der  Darstellung  ist  sehr 
erschwert  durch  die  Tatsache,  daß  nicht  eine 
getreue  Übersetzung,  sondern  eine  Bearbeitung 
vorliegt,  von  der  sich  kaum  mehr  ermitteln  läßt, 
wie  weit  sie  vom  Original  abweicht. 

Petis  de  la  Croix,  der  in  der  Angabe  der 
Quellen  so  ausführlich  und  genau  ist,  hat  doch 
etwas  mitzuteilen  unterlassen,  daß  er  nämlich  einen 
Mitarbeiter  hatte.  Durch  den  langen  Aufenthalt 
im  Auslande  und  die  andauernde  Beschäftigung 
mit  fremden  Sprachen  war  ihm  die  Übung  im 
Französischen,  zumal  in  der  Schrift,  soweit  ab¬ 
handen  gekommen,  daß  er,  wie  seine  Zeit¬ 
genossen  berichten  und  seine  Übersetzung  der 
Geschichte  Ludwig  XIV.  beweist,  das  Türkische 
und  Persische  besser  beherrschte  als  seine 
Muttersprache. 

Er  hatte  daher  nicht  den  Mut  und  das 
Selbstvertrauen,  die  Märchen,  so  wie  er  sie 
übersetzt  hatte,  vor  die  Öffentlichkeit  zu  bringen 
und  gab  sie  deshalb  Lesage,  der  sich  durch 
die  Übersetzung  des  Gil-Blas  großes  litera¬ 
risches  Ansehen  errungen  hatte,  zur  Durch¬ 
sicht.  Dieser  nun  erledigte  seine  Aufgabe  mit 
solcher  Gründlichkeit,  daß,  wie  es  in  einer  zeit¬ 
genössischen  Kritik  heißt,  beinahe  ein  neues 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


51 


Werk  entstand.  Er  war  so  bescheiden,  seinen 
Namen  auf  dem  Titel  nicht  nennen  zu  lassen; 
doch  entschädigte  er  sich  dafür,  indem  er  in 
der  Folgezeit  einige  Märchen  als  Vaudevilles 
für  das  Theatre  de  la  Foire  bearbeitete,  ohne 
jedoch  die  Quelle  anzugeben;  davon  soll  später 
noch  die  Rede  sein. 

So  wie  es  bei  Tausend  und  einer  Nacht,  beim 
persischen  Papageienbuch,  bei  der  Geschichte 
von  den  vierzig  Vezieren  und  überhaupt  bei 
den  meisten  orientalischen  Sammlungen  der 
Fall  ist,  sind  auch  bei  Tausend  und  einem  Tag 
die  einzelnen  Märchen  von  einer  Rahmenerzäh¬ 
lung  umfaßt. 

Ihr  Inhalt  ist  folgender.  Die  junge  und 
schöne  Prinzessin  von  Kaschmir  Farrukhnaz 
hat  eines  Nachts  einen  merkwürdigen  Traum; 
sie  sieht,  wie  ein  Hirsch,  der  sich  in  einer 
Schlinge  gefangen  hat,  von  einer  Hirschkuh  be¬ 
freit  wird  und  unmittelbar  darauf  erscheint  ihr 
die  Hirschkuh,  wie  sie,  im  Netz  verstrickt  und 
vom  Hirsch  im  Stich  gelassen,  hilflos  zugrunde 
geht.  Nach  diesem  Traum  ist  F'arrukhnaz  von 
der  Untreue  alles  Männlichen  überzeugt  und 
schlägt  unerbittlich  jeden  Prinzen  aus,  der  sich 
als  Freier  naht.  Der  König,  ihr  Vater,  bietet 
alle  Mittel  auf,  um  ihren  Sinn  zu  ändern,  doch 
vergebens;  endlich  macht  sich  Sutlumene,  die 
greise  Amme  der  Prinzessin,  erbötig,  sie  durch 
die  Erzählung  alter  Märchen  umzustimmen. 
Der  König  gibt  erfreut  seine  Erlaubnis  und  so 
erzählt  Sutlumene  jeden  Tag  der  Prinzessin, 
wenn  sie  aus  dem  Bad  steigt,  im  Kreise  der 
Mägde  ein  Märchen,  tausend  und  einen  Tag 
hindurch. 

Dieser  Rahmen  bietet  nun  freilich  nicht 
die  Schönheiten  wie  in  Tausend  und  einer 
Nacht  die  Erzählung  der  Erlebnisse  des  Königs 
Schahriar.  Vor  allem  fehlt  die  Spannung,  die 
die  Gefahr,  in  der  Scheherazade  immer  schwebt, 
erzeugt;  sie  kämpft  um  ihr  Leben  und  es  ge¬ 
lingt  ihr,  den  König  so  zu  fesseln,  daß  er  mit 
Ungeduld  von  Nacht  zu  Nacht  die  Folge  der 
Märchen  erwartet.  Sutlumene  hingegen  muß 
jedesmal  die  Prinzessin  um  Erlaubnis  bitten, 
wenn  sie  eine  neue  Erzählung  beginnen  will. 
Auch  wirken  die  Märchen,  in  der  Enge  des 


Abb.  10.  Titelkupfer  der  ersten  deutschen  Ausgabe  von 
Tausend  und  ein  Tag  (Leipzig  1745). 

Schlafgemachs  erzählt,  tiefer  auf  die  Phantasie 
als  im  freien  Garten,  sie  heben  sich  vom  Dunkel 
der  Nacht  farbiger  und  lebendiger  ab,  als  vom 
lichten  Tag  und  am  Schlüsse  erscheint  die  Be¬ 
kehrung  des  gereiften  Königs,  der  durch  Er¬ 
fahrung  verbittert  wurde,  viel  bedeutender  als 
die  Zähmung  eines  spröden  Mädchens,  dem  ein 
Traum  den  Kopf  verwirrt  hat.1 

Um  so  genauer  ist  aber  innerhalb  des  Rahmens 
die  Komposition  gewahrt;  trotzdem  ein  großes 
Stück  aus  der  Mitte  fehlt,  läßt  sich  deutlich  sehen, 


1  J-  Fr.  Laharpe  vertritt  in  seiner  Kritik  die  entgegengesetzte  Ansicht:  les  mille  et  une  nuits  n’ont  d’autre  but  que 
d’amuser  un  sultan  par  des  contes  pour  l’empecher  de  faire  mourir  sa  femme  qui  ies  lui  raconte.  Le  but  des  mille  et 
un  Jours  est  plus  raisonnable:  II  s’agit  de  prouver  ä  une  princesse  prevenu  contre  les  hommes  qu’ils  peuvent  etre  fideles 
en  amour. 


52 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


wie  die  Märchen  in  Form  einer  Steigerung  anein¬ 
andergereiht  sind.  Das  ergibt  sich  schon  aus  den 
Einwürfen,  die  Furrukhnaz  nach  jedem  Märchen 
macht;  sie  ist  nie  befriedigt  von  den  Beispielen 
männlicher  Treue  und  Sutlumene  muß  immer  noch 
schönere,  noch  überzeugendere  Fälle  anführen. 

Die  erste  Geschichte  berichtet  von  dem 
Jüngling  Abulcasem,  der  so  reiche  Schätze  be¬ 
saß,  daß  ihn  selbst  Harun  al  Raschid  beneidete, 
und  dennoch  unglücklich  war,  weil  er  die  Ge¬ 
liebte  seiner  Jugend  verloren  hatte  und  sie  doch 
nicht  vergessen  konnte  (Abb.  4).  Hier  handelt 
es  sich  noch  um  zeitlich  begrenzte  Treue  und 
Furrukhnaz  ist  unzufrieden,  weil  Abulcasem  ein 
einzigesmal  durch  die  Versuchungen  eines  schönen 
Mädchens  in  seiner  Treue  zur  Entschwundenen 
schwankend  wird. 

Daraufhin  erzählt  nun  Sutlumene  die  Ge¬ 
schichte  des  Königs  Ruzvanschad,  der  seine 
Liebe  zur  Prinzessin  Cheheristany  bis  in  den 
Tod  bewahrte;  auch  die  folgenden  Geschichten 
enthalten  ähnliches,  nur  kommt  noch  ein  Motiv 
hinzu:  die  Frauen  sind  spröde  abweisend  und 
lohnen  die  Liebe  der  Männer  mit  Undank. 


Die  Bekehrung  einer  solchen  Männerfeindin 
bildet  den  Inhalt  des  Märchens  vom  Prinzen 
Kalaf  und  der  Prinzessin  von  China  (Abb.  6); 
diese  Geschichte,  die  mehr  den  Charakter  einer 
Novelle  trägt,  steht  mit  Absicht  in  der  Mitte  der 
ganzen  Reihe,  hat  sie  doch  eine  Königstochter 
zur  I  Ieldin,  die  von  grundlosem 1 2  Männerhaß  zur 
mitfühlenden  Liebe  geführt  wird,  in  deren  YVand- 
lungFarrukhnaz  ein  Abbild  ihres  eigenen  kommen¬ 
den  Schicksals  voraussehen  kann  (Abb.  7). 

Es  folgt  nun  eine  größere  Gruppe  von  Er¬ 
zählungen,  die  wieder  in  einen  eigenen  Rahmen 
eingefügt  sind :  der  König  Bedreddin  Lolo 
sucht  einen  vollkommen  glücklichen  Menschen, 
um  seinen  pessimistischen  Vezier  zu  widerlegen, 
der  die  Möglichkeit,  daß  es  einen  solchen 
Menschen  überhaupt  gibt,  bestreitet*  (Abb.  8). 
Zuerst  forscht  er  bei  den  hervorragenden  Männern 
seines  Gefolges,  dann  begibt  er  sich  an  den  I  Iof 
des  Hormoz,  der  den  Beinamen  „der  König 
ohne  Kummer“  führt,  und  dort  trifft  er  auch 
Abuluaris,  den  großen  Reisenden.  Alle,  mit 
denen  er  zusammenkommt,  befragt  er,  ob  sie 
vollkommen  glücklich  seien,  und  sie  erzählen 


1  „Cette  fiere  princesse,  ä  qui  tous  les  hommes  paraissaient  meprisables,  tant  sa  beaut£  l’a  rendu  vaine  etc.  .  .  .“ 
Bei  Gozzi  sagt  Turandot: 

Aborrimento  estremo, 

Ch’  ho  al  sesso  vostro,  fa  ch’io  mi  difenda 
com’io  so,  com’io  posso,  a  viver  lungi 
da  un  sesso,  che  abborrisco. 

Bei  Schiller  lautet  die  Stelle: 

Ich  sehe  durch  ganz  Asien  das  Weib 
Erniedrigt  und  zum  Sklavenjoch  verdammt, 

Und  rächen  will  ich  mein  beleidigtes  Geschlecht 
An  diesem  stolzen  Männervolke,  dem 
Kein  andrer  Vorzug  vor  dem  zarten  Weibe 
Als  rohe  Stärke  ward. 

Schiller  gibt  also  eine  Motivierung.  Siehe  auch  A.  Köster,  Schiller  als  Dramaturg. 

2  Sehr  interessant  ist  die  Lebensgeschichte  des  Veziers,  die  er  selbst  dem  König  erzählt:  als  Page  am  Hofe  zu 
Schiras  verliebt  er  sich  in  die  Prinzessin  und  wird  von  ihr  wieder  geliebt;  angesichts  der  Aussichtslosigkeit  dieser  Liebe 
verfällt  die  Prinzessin  auf  ein  verzweifeltes  Mittel.  Sie  will  sich  durch  ein  giftiges  Blatt,  das  sie  sich  ins  Ohr  steckt,  in 
einen  mehrere  Tage  dauernden  Scheintod  versenken;  dann  würde  man  sie  als  tot  betrauern  und  feierlich  aufbahren,  ihre 
vertraute  Freundin  aber  würde  sie  wecken  und  sie  könnte  dann  ungehindert  mit  dem  Geliebten  entfliehen.  Der  Plan 
gelingt  nur  zum  Teil;  Zelica  hat  dem  Pagen,  um  ihn  zu  überraschen,  nichts  von  ihrem  Vorhaben  mitgeteilt  und  so  ge¬ 
schieht  es,  daß  er  auf  die  Kunde  von  ihrem  Tode,  in  der  Verzweiflung  des  ersten  Schmerzes,  aus  Schiras  flieht;  die 
Prinzessin,  die  nach  ihrem  Erwachen  davon  vernimmt,  macht  sich  auf,  ihn  zu  suchen.  Erst  nach  jahrelangen  Irrfahrten 
finden  die  Liebenden  einander.  Wie  man  sieht,  stimmt  diese  Erzählung  in  ihren  Motiven  mit  Shakespeares  „Romea  und 
Julia“  überein.  Die  Fabel  dieses  Stückes  geht  aber  über  eine  altitalienische  Novelle  des  Masuccio  auf  den  Roman 
„Anthia  und  Habrokomes“  des  Xenophon  Epesiacus  zurück.  Da  nun  Xenophon  in  Kleinasien  lebte  und  wirkte,  ist  es 
leicht  möglich,  daß  sein  Roman  und  das  von  Pötis  übersetzte  Märchen  aus  derselben  Quelle  stammen.  Auf  diesen  inter¬ 
essanten  Zusammenhang,  den  Simrock  in  den  „Quellen  Shakespeares“  nicht  erwähnt,  hat  zuerst  A.  Loiseleur-Delongchamps 
aufmerksam  gemacht.  Übrigens  kommt  das  Motiv  des  künstlichen  Scheintodes  noch  in  einem  anderen  Märchen  von 
Tausend  und  ein  Tag  vor,  nämlich  in  der  Geschichte  des  Abulcasem;  der  Vezier  Abulfatah  versetzte  den  Abulcasem 
durch  ein  Pulver,  das  er  ihm  in  den  Wein  schüttet,  in  einen  todesähnlichen  Schlaf.  Er  läßt  ihn  unter  Trauerfeierlich¬ 
keiten  in  eine  Gruft  bringen,  dort  erweckt  er  ihn  durch  Waschungen  mit  heißem  Wasser,  und  sucht  ihm  dann  durch 
Foltern  das  Geheimnis  seines  Schatzes  abzupressen. 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


53 


Abb.  ii.  Les  mille  et  un  jours  (Paris  1844). 
Introduction.  Holzschnitt  von  Collignon. 


ihm  daraufhin  die  Geschichte  ihres  Lebens. 
Und  da  ergibt  es  sich  denn,  daß  sie  alle  trotz 
dem  äußerlichen  Schein  unglücklich  sind,  am 
tiefsten  der  „König  ohne  Kummer“;  der  Grund 
des  Leides  ist  bei  den  einen  die  Untreue,  bei  den 
anderen  der  Verlust  der  unwandelbar  Geliebten; 
nur  ihre  eigene  Treue  ist  ihr  Unglück. 

Nach  dieser  Gruppe  von  Märchen  kommt 
die  große  Lücke.  Die  drei  abschließenden  Er¬ 
zählungen  hängen  wieder  dadurch  zusammen, 
daß  sie  von  zwei  Männern  dem  Kalifen  Harun 
al  Raschid  erzählt  werden;  sie  führen  ein  neues 
Motiv  ein,  eine  Umkehrung  des  Grundmotivs, 
doch  von  gleicher  Tendenz:  auch  wenn  ein  Mann 
untreu  ist,  kann  ihn  weibliche  Treue  bekehren. 

So  werden  in  dem  ersten  Märchen  die  Geister¬ 
brüder  Ady  und  Dahy  (Abb.  9)  von  dem  Fluch 
ewigen  Greisentums,  dem  sie  infolge  ihres  Ver¬ 
rates  verfallen  sind,  durch  zwei  liebende  Mädchen 
befreit  und  im  letzten  triumphiert  die  treue  Repsima 
über  vier  treulose  Männer  und  führt  sie  auf  den 
rechten  Weg.  So  schließt  die  Komposition  des 
Werkes,  nachdem  jedes  Märchen  von  irgend¬ 
einem  Sieg  der  Treue  berichtet  hat,  in  voll¬ 
kommener  Weise  mit  einer  Apotheose  der  aus¬ 
harrenden  Liebe. 

Der  Stolz,  mit  dem  Petis  de  la  Croix 
in  der  Vorrede  vom  Aufbau  seines  Buches 


spricht,  ist  ganz  begründet 
und  gerechtfertigt.  Auch  der 
Vorwurf  der  Planlosigkeit, 
den  er  gegen  die  Aneinander¬ 
reihung  der  Märchen  in 
Tausend  und  einer  Nacht 
erhebt,  war  der  Galland- 
schen  Ausgabe  gegenüber 
am  Platze;  er  hat  sich  auch 
so  lange  erhalten  wie  diese 
Ausgabe  und  ist  nicht  eher 
geschwunden  als  bis  man 
durch  Burton  das  Original 
in  seiner  wahren  Gestalt 
kennen  lernte.  Erst  auf 
Grund  dieser  Fassung  hat 
Adolf  Gelber  in  den  letzten 
Jahren  die  Komposition  von 
Tausend  und  einer  Nacht 
überzeugend  nachgewiesen.1 
Wenn  man  die  Märchen 
von  Tausend  und  ein  Tag  nach  Ort  und  Zeit 
der  Handlung  untereinander  vergleicht,  so 
zeigen  sich  bedeutende  Verschiedenheiten.  Die 
große  Abwechslung  in  den  Schauplätzen  drängt 
sich  dem  Leser  geradezu  auf;  denn  alles  Geo¬ 
graphische  und  Ethnologische  ist  mit  beson¬ 
derer  Ausführlichkeit  und  Genauigkeit  behan¬ 
delt;  die  berühmten  Eingangssätze  von  Tausend 
und  einer  Nacht,  die  die  Sassaniden  in  China 
regieren  lassen,  finden  kein  Analogon.  Oft 
wird  der  Gang  der  Erzählung  durch  eingehende 
Schilderungen  der  Länder  und  ihrer  Sitten 
unterbrochen  und  aufgehalten;  manche  Ge¬ 
bräuche,  die  jedem  Orientalen  selbstverständlich 
sein  müssen,  werden  ausführlich  beschrieben 
und  erklärt,  ein  Beweis  dafür,  daß  diese  Stellen 
auf  Petis  zurückgehen,  der  hier  dem  franzö¬ 
sischen  Leserpublikum  zuliebe,  das  zur  Unter¬ 
haltung  auch  die  Belehrung  wünscht,  seine 
Gelehrsamkeit  ausbreitet. 

Die  meisten  Märchen  spielen  auf  mohamme¬ 
danischem  Boden  in  Basra,  Damaskus,  Bagdad 
oder  Kairo,  ein  kleiner  Teil  in  China;  der 
Schauplatz  der  Rahmenerzählung  ist  Kaschmir. 
Auch  zeitlich  sind  die  Märchen  durchaus  ver¬ 
schieden. 

Am  ältesten  dürften  diejenigen  sein,  die  im 
Zusammenhang  mit  der  salomonischen  Legende 


1  So  in  einem  Vortrag  im  Wiener  kaufmännischen  Verein  am  27.  Januar  1908.  Siehe  auch  die  „Neue  Rundschau“, 
9.  Heft,  Sept.  1907 :  W.  Fred,  Die  Erzählungen  aus  tausend  und  ein  Nächten. 


54 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Mit  dem  Sagenkreis  Salomons  verwandt 
ist  auch  ein  anderes  Märchen,  wenn  er 
selbst  auch  darin  nicht  genannt  ist,  näm- 


stehen;  Salomo  spielt  in  ihnen  eine  ähnliche 
Rolle,  wie  in  den  älteren  talmudischen  Sagen; 
er  erscheint  vor  allem  als  oberster  Herr  aller 
Geister.  Auch  sein  Ring  kommt  in  einem  der 
Märchen  vor  und  zwar  in  folgendem  Zusammen¬ 
hang.  Der  Prinz  Seyh-el  Muluk  verliebt  sich 
in  das  Porträt  eines  schönen  Mädchens,  er  zieht 
aus,  um  das  Urbild  zu  suchen  und  gelangt 
nach  vielen  und  fruchtlosen  Abenteuern  in  den 
Besitz  des  Ringes  Salomonis.  Er  befragt  einen 
der  Geister,  die  ihm  nun  untertan  sind,  über  das 
Bildnis  und  erfährt  zu  seinem  Kummer,  daß  es 
die  Prinzessin  Bedi  al  Jemal  darstellt,  die,  zu 
Lebzeiten  die  Geliebte  Salomos,  schon  vor 
langen  Jahren  gestorben  ist.1  Die  Ähnlichkeit 
dieses  Märchens  mit  der  Faust-Helenasage  ist 
auffallend;  in  beiden  Fällen  handelt  es  sich  um 
die  ziellose  Liebe  zu  dem  Phantom  einer  längst 
Dahingeschwundenen. 


lieh  die  Geschichte  von  Ladlallah,  die  in 
die  Geschichte  Kalafs  eingeschoben  ist : 
König  Ladlallah  erfahrt  von  einem  Derwisch 
das  Geheimnis,  aus  dem  eigenen  Leib 
heraus  und  in  fremde  tote  Körper  hinein¬ 
zufahren.  Zur  Probe  schlüpft  er  vor  den 
Augen  des  Derwisch  in  ein  erlegtes  Reh, 
aber  diesen  Augenblick  benützt  der  Der¬ 
wisch,  fährt  in  den  herrenlosen  Leib  des 
Königs  und  begibt  sich  als  solcher  in 
den  Palast.  Während  er  nun  in  der  Gestalt 
des  Königs  dessen  Stelle  beim  Volk  und 
bei  der  Königin  einnimmt,  irrt  Ladlallah  im 
Walde  als  Reh  umher.  Bald  findet  er 
aber  eine  tote  Nachtigall  und  schlüpft  in 
sie;  er  fliegt  zum  Palast,  beobachtet  das 
Treiben  des  falschen  Königs  und  weiß 
durch  seinen  Gesang  die  Aufmerksamkeit 
der  Königin  zu  erringen.  Sie  laßt  den 
Vogel  fangen,  hält  ihn  in  einem  Käfige  in 
ihrem  Gemach.  Da  stirbt  eines  Tages  ihr  Hund; 
Ladlallah  nimmt  die  Gelegenheit  war  und  schlüpft 
aus  dem  Vogelleib  in  den  Leichnam  des  Hundes, 
die  Nachtigall  fallt  tot  zu  Boden.  Die  Königin 
ist  über  den  Verlust  ihres  Lieblingsvogels  un¬ 
tröstlich;  um  sie  zu  beruhigen,  verspricht  ihr 
der  König,  der  ja  in  Wirklichkeit  der  Derwisch 
ist,  den  Vogel  wenigstens  zeitweise  zu  beleben. 
Er  schlüpft  in  die  Vogelleiche;  aber  diesen 
Moment  nimmt  F'adlallah  wahr,  er  verläßt  den 
Hundeleib  und  fahrt  wieder  in  seinen  alten  (ihm 
angehörigen)  vom  Derwisch  verlassenen  Körper; 
er  tötet  sofort  die  Nachtigall  und  in  ihr  den 
Derwisch  und  nachdem  er  so  seinen  Gegner 
aus  der  Welt  geschafft  hat,  regiert  er  noch  lange 
Jahre  ungestört  und  in  Erieden.2 

Dieses  Märchen  ist  wahrscheinlich  eine  durch 
die  Lehre  von  der  Seelenwanderung  beeinflußte 
Abzweigung  der  Sage  von  der  Heimsuchung 


1  Eine  Stelle  in  diesem  Märchen  —  die  Erweckung  der  Malika,  die  ein  Dämon  aus  verschmähter  Liebe  durch  einen 
Marmortalismän  in  tiefen  Schlaf  versetzt  hat,  —  hat  auffallende  Ähnlichkeit  mit  dem  Beginn  des  dritten  Buches  der 
„Chronika  der  drei  Schwestern“  von  I.  K.  A.  Musäus.  Das  ist  wahrscheinlich  keine  Zufälligkeit;  wenn  Musäus  die  Märchen 
auch  als  Volksmärchen  veröffentlichte,  so  hat  er  doch  getrachtet,  sie  durch  mannigfache  Zutaten,  die  er  meist  den  orien¬ 
talischen  Märchen  entnahm,  der  Mode  anzupassen.  Er  schreibt  1780  in  einem  Briefe  an  Frau  Gildemeister:  „Ich  sammle 
dazu  (zu  den  Volksmärchen)  die  trivialsten  Ammenmärchen,  die  ich  aufputze  und  noch  zehnmal  wunderbarer  mache,  als 
sie  ursprünglich  sind“.  Ein  solcher  Aufputz  dürfte  auch  die  erwähnte  Stelle  sein,  zumal  es  sehr  wahrscheinlich  ist,  daß 
Musäus  bei  seiner  großen  Belesenheit  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag  kannte. 

2  Eine  freie,  aber  sehr  geschickte  Nacherzählung  dieses  Märchens  enthält  das  Büchlein:  Kleine  Märchen  aus  dem 
Morgenlande;  herausgegeben  von  Karl  Müchler,  Berlin  bei  C.  Guien,  1802,  unter  dem  Titel  „Fadallah“. 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


55 


Salomos,  die  in  den  älteren  semitischen  Legenden 
ziemlich  verbreitet  ist.  Im  Talmud  findet  sie  sich 
Gittin  68b;  der  König  der  Dämonen  Aschmedai 
entlockt  Salomo  durch  eine  List  den  Ring.  Sobald 
er  das  Kleinod  in  seinem  Besitz  hat,  schleudert 
er  den  König,  über  den  er  nun  Macht  hat, 
400  Parasangen  weit  fort  und  setzt  sich  an  seine 
Stelle;  Salomo  aber  muß  als  Bettler  in  der 
Fremde  irren  und  nur  durch  eine  List  gelingt 
es  ihm  wieder,  Aschmedai  zu  vertreiben.1  Das 
Somadeva  enthält  eine  ähnliche  Sage;  im  4.  Ka¬ 
pitel  des  1.  Buches  verläßt  Indradatta  seinen 
Körper  und  fährt  in  den  Leichnam  des  Königs 
Nanda.  Auch  im  Koran  findet  sich  etwas  ähn¬ 
liches  und  zwar  38,  33:  Wir  haben  auch  den  Sa- 
lomon  weiter  probiert  und  auf  seinen  Thron 
einen  Körper  (ein  Geistergespenst  in  Menschen¬ 
gestalt)  gesetzt.  Ein  letzter  Ausläufer  dieser 
Legende  ist  das  Märchen  „Kalif  Storch“  von 
Wilhelm  Hauff. 

Einer  späteren  Zeit  gehören  die  Erzählungen 
an,  die  sich  um  die  Gestalt  des  Harun  al  Ra¬ 
schid  gruppieren.  Sie  unterscheiden  sich  in 
keinem  Punkte  sonderlich  von  den  entsprechen¬ 
den  Märchen  in  Tausend  und  einer  Nacht;  auch 
hier  finden  wir  Dschafar  den  Vezier,  Sultanum, 
die  Favoritin  und  die  übrigen  wohlbekannten 
Figuren,  auch  hier  macht  Harun  in  verschiedenen 
Verkleidungen  seine  Streifzüge. 

Eine  weitere  Gruppe  von  Märchen,  die  Aben¬ 
teuer  des  großen  Reisenden  Abuluaris  enthaltend, 
gehört  wahrscheinlich  zu  den  Reisen  des  Sindi- 
bad,  die  sich  auch  in  einer  sieben  Reisen  um¬ 
fassenden  Redaktion  in  Tausend  und  einer  Nacht 
finden. 

Am  spätesten  entstanden  dürfte  die  Geschichte 
des  Avicenna  sein ;  daß  hier  wirklich  der  große 
Arzt  gemeint  ist,  zeigen  die  verschiedenen  Über¬ 
einstimmungen  mit  dem  historischen  Ibn  Sina. 
So  wie  dieser  wird  der  Avicenna  des  Märchens 


in  Afchena  geboren;  er  studiert  in  Bochara, 
beschäftigt  sich  mit  Medizin,  Chemie,  Mathe¬ 
matik  und  Theologie,  liest  Euklid  und  Hippo- 
krates  und  schreibt  als  Großvezier  an  hundert 
Bücher  über  die  verschiedensten  Materien.  Erst 
im  weiteren  Verlauf  der  Geschichte  gewinnt  er 
legendäre  Züge  und  wird  schließlich  zu  einem 
mächtigen  aber  wankelmütigen  Magier,  der  Herr 
über  alle  Geister  ist,  eine  ähnliche  Figur,  wie 
etwa  der  Zauberer  Vergilius  im  christlichen 
Mittelalter. 

Aus  einer  späteren  Zeit  dürfte  auch  die 
Geschichte  von  Culuf  und  der  schönen  Dilara 
sein,  da  in  einer  Aufzählung  neben  Griechen¬ 
land,  der  Türkei,  China  und  anderen  Ländern 
auch  Deutschland  erwähnt  wird.  Es  ist  aber 
möglich,  daß  das  nur  eine  nachträgliche  ana¬ 
chronistische  Einschiebung  ist,  wie  auch  eine 
andere  Stelle  in  derselben  Geschichte,  in  der 
von  Violinen  erzählt  wird. 

Wenn  man  das  ganze  Werk  in  seiner  Mannig¬ 
faltigkeit  und  Vielgestaltigkeit  überblickt,  so 
kann  man  auch  hier  fragen,  wie  Galland  in  der 
Vorrede  von  Tausend  und  einer  Nacht:  com- 
ment  pourra-t-on  croire  qu’un  seul  homme  ait 
eu  l’imagination  assez  fertile,  pour  suffire  ä  tant 
de  fictions?  Ganz  gewiß  hat  Petis  die  Märchen 
nicht  erfunden,  wie  es  Hammer  annimmt;  man 
kann  dem  stillen  und  trockenen  Gelehrten,  als 
der  er  übereinstimmend  geschildert  wird,  nicht 
diese  Fülle  von  Gestaltungskraft,  diesen  Reich¬ 
tum  an  Phantasie  zuschreiben.  Auch  sprechen 
die  Motive,  die  in  dem  Werke  verwendet  sind, 
und  die  Art  ihrer  Verbindung  untereinander  für 
das  hohe  Alter  der  Märchen ;  man  muß  sie  nur 
mit  den  ungefähr  gleichzeitigen  pseudoorien¬ 
talischen  Märchendichtungen,  etwa  mit  den 
voyages  de  Zulma  dans  les  pays  des  Fees  ver¬ 
gleichen,  um  den  großen  Unterschied  zwischen 
Nachahmung  und  Original  zu  sehen. 


1  Siehe  auch  Dr.  Salzberger,  Die  Salomosage  in  der  semitischen  Literatur,  Berlin,  Nikolassee,  1907,  ferner  auch 
M.  Grünbaum,  Neue  Beiträge  zur  semitischen  Sagenkunde,  Leiden  1893;  ausführlicher  noch  behandelt  M.  Grünbaum  diese 
Sage  in  der  Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen  Gesellschaft,  31.  Band,  1877,  in  einem  Aufsatz,  Beiträge  zur 
vergleichenden  Mythologie  aus  der  Hagada;  er  zieht  zum  Vergleiche  eine  Stelle  aus  der  Pesikta  des  R.  Kahna  heran: 
Zur  selben  Stunde  stieg  ein  Engel  hernieder,  nahm  die  Gestalt  Salomons  an  und  nahm  dessen  Thron  ein.  Salomon  irrte 
umher,  von  der  Türe  eines  Lehrhauses  zu  der  eines  andern  wandernd,  und  sagte :  Ich,  Kohelet,  war  König  über  Israel. 
(Koh.  I,  12.) 

In  diesen  Kreis  gehört  auch  die  Sage  vom  Kaiser  Iovinianus  aus  den  gesta  Romanorum,  Kap.  59,  die  Graesse  in 
seiner  Ausgabe  (in  den  erklärenden  Anmerkungen)  merkwürdigerweise  mit  einem  andern  Märchen  von  1001  Tag,  mit  der 
histoire  du  jeune  roi  de  Thibet  et  de  la  princesse  des  Naimans,  in  Zusammenhang  bringt.  —  Kap.  17 1  der  gesta  Roma¬ 
norum  ist  verwandt  mit  der  histoire  de  Nasiraddote  roi  de  Moussel,  d’ Abderrahmane ,  marchand  de  Bagdad  et  de  la 
belle  Zeyneb,  1001  Tag,  976.  Tag. 


56 


Schiller,  Über  das  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Es  bliebe  noch  die  Annahme,  daß  Petis  die 
Märchen  aus  verschiedenen  Quellen  gesammelt, 
redigiert  und  durch  die  Rahmenerzählung  zu 
einem  einheitlichen  Werke  verbunden  hat.  Dem 
widerspricht  aber  die  streng  durchgeführte  Kom¬ 
position;  es  wäre  kaum  möglich  gewesen,  so 
viele  Märchen  zu  finden,  die  dieselbe  Tendenz 
haben;  und  wäre  selbst  dies  gelungen,  so  hätten 
die  Märchen  immer  den  inneren  Zusammen¬ 
hang  entbehrt  und  nie  eine  solche  Steigerung 
gebildet. 

Darum  ist  jeder  Zweifel  an  der  Echtheit  der 
Märchen,  soweit  sie  von  Sutlumene  erzählt 
werden,  ausgeschlossen ;  hingegen  ist  es  mög¬ 
lich,  daß  Petis  die  Rahmenerzählung,  die  beim 
Original  vielleicht  fehlte  oder  verstümmelt  war, 
aus  seinem  eigenen  geringen  Gestaltungsver¬ 
mögen  gebildet,  oder  aus  anderen,  minder¬ 
wertigen  Werken  ergänzt  hat.  Denn  abgesehen 
davon,  daß  diese  Erzählung  durch  ihre  gequälte 
Erfindung  von  der  ungezwungenen  Fügung  der 
übrigen  absticht,  birgt  sie  zwei  auffallende  Wider¬ 
sprüche:  der  eine,  daß  Sutlumene  der  Prinzessin, 
die  doch  eine  eifrige  Verehrerin  des  Gottes 
Kesaya  ist,  unausgesetzt  Geschichten  erzählt, 
in  denen  der  Mohammedismus  verherrlicht  wird, 
und  der  andere,  daß  die  Prinzessin  schließlich 
garnicht  durch  Sutlumene  und  ihre  Märchen 
bekehrt  wird,  sondern  durch  den  Oberpriester  des 
Kesaya,  an  den  sie  sich,  erschüttert  durch  eine 


Abb.  13.  Les  mille  et  un  jours  (Paris  1844). 
Geschichte  Maleks.  Holzschnitt  von  Collignon. 


schwere  Krankheit  ihres  Bruders,  wendet  Von 
ihm  erfährt  sie,  daß  ihr  Kesaya  wegen  ihres 
Männerhasses  zürnt ;  aber  das  vermag  sie  noch 
nicht  umzustimmen,  erst  der  Anblick  zweier 
Bilder,  die  der  schlaue  Oberpriester  im  Tempel 
hatte  anbringen  lassen  und  von  denen  das  eine 
eine  Hinde  von  einem  I  lirsch  aus  der  Schlinge 
befreit,  das  andere  einen  Hirsch  von  einer  1  linde 
verlassen  darstellt  —  also  gerade  umgekehrt, 
wie  in  ihrem  Traum  —  bewirkt  den  Umschwung. 

Sie  tut  Buße  und  bald  stellt  es  sich  heraus, 
daß  der  Oberpriester  der  Freund  eines  in  die  Prin¬ 
zessin  verliebten  Fürsten  ist  und  die  Verkleidung 
nur  angenommen  hat,  um  die  Werbung  besser 
zu  vollbringen.  Farrukhnaz  lernt  den  Fürsten 
selbst  kennen  und  lieben  und  heiratet  ihn  auch 
schließlich. 

Dieser  alberne  Schluß,  der  das  Werk  um 
seine  ganze  Wirkung  bringt,  weil  er  die  Er- 
zählung  der  Märchen  als  ganz  zwecklos  und 
überflüssig  erscheinen  läßt,  und  so  dem  Haupt¬ 
teil  des  Buches  seine  Berechtigung  raubt,  ist 
sicher  eine  späte  Plrgänzung,  und  es  ist  mög¬ 
lich,  daß  man  Petis  de  la  Croix  dafür  verant¬ 
wortlich  machen  kann. 

Aber  man  wird  ihn  entschuldigen  in  An¬ 
betracht  des  großen  Verdienstes,  das  er  sich 
durch  die  Übersetzung  der  Märchen  erworben 
hat,  die  sicher  zum  schönsten  und  interessantesten 
gehören,  was  der  Märchenschatz  des  Orients 
nur  bieten  kann. 

Ein  Umstand  wäre  noch  zu  erwähnen;  auch 
wenn  man  davon  ausgeht,  daß  die  ioci  Tage 
wirklich  in  Persien  entstanden  sind,  der  Zeit¬ 
punkt,  an  dem  die  uns  überlieferte  Fassung 
redigiert  wmrde,  läßt  sich  auch  nicht  annähernd 
feststellen.  Nur  eines  ist  sicher:  die  1001  Tage 
sind  jedenfalls  später  entstanden,  als  die  beiden 
großen  indischen  Sammlungen,  das  Somadeva, 
und  das  Pancatantram;  vergleicht  man  nun 
diese  beiden  Bücher  mit  den  1001  Tagen,  so 
ergibt  sich,  daß  viele  der  persischen  Märchen 
um  Erweiterungen  oder  Lokalisierungen  der  in¬ 
dischen  Erzählungen  sind.  Wenn  man  daraus 
auch  nicht  schließen  darf,  daß  wirklich  ein 
Mocles  die  Märchen  nach  indischen  Dramen 
bearbeitete,  so  erscheint  doch  der  indische  Ur¬ 
sprung  der  iooi  Tage  sichergestellt. 

Das  Buch  hatte  beim  Publikum  einen  recht 
günstigen  Erfolg;  das  geht  aus  einem  Aver¬ 
tissement  hervor,  das  den  2.  Band  einleitet: 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


57 


Lorsqu’on  a  fait  imprimer  le  premier 
tome  de  ces  contes  on  n’en  avait  pas 
traduit  davantage,  et  avant  que  d’en 
donner  d’autres,  on  voulait  täter  le 
goüt  du  public.  Apres  tous  les  Contes, 
qui  avaient  dejä  paru,  on  craignait  d’en 
hazarder  de  nouveaux,  quoiqu’on  n’ig- 
norät  pas  que  ces  sortes  de  livres  sont 
toujours  de  debit  quand  ils  sont  amu- 
sants;  mais  le  succes  qu’il  en  a  a  excite 
le  traducteur  ä  entreprendre  ce  travail 
dans  ses  momens  de  loisir,  de  sorte 
que,  malgre  les  occupations  qu’il  a 
d’ailleurs,  nous  esperons  qu’il  nous  fouf- 
nira  tous  les  mois  un  volume  de  ses 
Mille  et  un  Jours. 

Für  den  Erfolg  des  Werkes  spricht 
auch  der  Umstand,  daß  es  noch  während 
des  Erscheinens  nachgedruckt  wurde, 
und  zwar  durch  den  Buchhändler  Pierre 
de  Coup  in  Amsterdam  in  den  Jahren 
17 II  — 13.  Dieser  Nachdruck  hat  eben¬ 
falls  fünf  Bände  und  ist  in  jeder  Be¬ 
ziehung  eine  genaue  Kopie  der  Original¬ 
ausgabe.  Auch  von  der  literarischen  Kritik 
wurden  die  Märchen  freundlich  aufgenommen.  So 
schreibt  Niceron  in  seinen  „Memoire s  pour  ser- 
vir  ä  l'histoire  des  komme s  illustres  dans  la 
republiqne  des  lettres “  bei  der  Besprechung  von 
Tausend  und  einer  Nacht:  M.  Galland  n’a  pü 
decouvrir  en  quel  temps,  ni  par  qui  cet  ouvrage 
a  ete  compose.  Les  Contes  qu’il  renferme 
pechent  presque  toujours  par  le  defaut  de  vrai- 
semblance,  ceux  des  Mille  et  un  Jour  dont  M. 
Petis  de  la  Croix  a  traduit  une  partie  du  Per- 
san  sont  bien  plus  ingenieux  et  plus  vraisem- 
blables,  quoique  le  merveilleux  y  regne  aussi 
quelquefois,  suivant  le  goüt  des  Orientaux. 

Es  ist  merkwürdig,  daß  diese  Beurteilung  dem 
Buche  auch  in  der  Folgezeit  treu  geblieben  ist. 
Während  man  anTausend  und  einer  Nacht,  wie  es 
Galland  gehofft  hatte,  die  Phantastik  bewunderte, 
fand  Tausend  und  ein  Tag  immer  nur  Anerken¬ 
nung  wegen  der  Wahrscheinlichkeit  und  Möglich¬ 
keit  der  Vorgänge,  und  des  Mangels  an  wunder¬ 
baren  und  unglaubwürdigen  Vorkommnissen.1 


Abb.  14.  Les  mille  et  un  jours  (Paris  1844). 

Conclusion.  Holzschnitt  von  Collignon. 

Diese  Vorzüge,  die  wir  heute  eher  als 
Mängel  empfinden,  haben  in  der  Folgezeit  auch 
Gozzi  bewogen,  das  Märchen  von  Kalaf  und  der 
Prinzessin  von  China  für  die  Bühne  zu  bearbeiten. 
So  schreibt  er  in  der  Vorrede  zu  seiner  Turan- 
dot,  fiaba  Chinese  teatrale  tragicomica,  nach¬ 
dem  er  die  Anschauung  seiner  Gegner  über 
den  Erfolg  des  „Corvo“2  „che’l  faceto  della 
valenti  maschere  che  avevan  pochissima  parte 
e’l  mirabile  delle  apparizioni  e  delle  trasforma- 
zioni  d’un  uomo  in  istatua  e  d’una  statua  in 
uom  fossero  le  sole  cause  della  resistenza  for- 
tunata  di  quell  opera“  widerlegt  hat,  folgendes: 
Cotesti  ingrati  furon  cagione  ch’io  scelsi  dalle 
Fole  Persiane  la  ridicola  Fola  di  Turandot  per 
formarne  una  Rappresentazione,  bensi  colla 
maschere,  ma  appena  fatte  vedere  e  col  solo 
fine  di  sostenerle  e  spoglia  affatto  del  magico 
mirabile,  —  und  weiter,  colla  semplicitä  di  questa 
ridicola  Fiaba,  senza  malie  e  transformazioni 
proccurai  di  scemare  un  discorso  sul  merito 
delle  trasformazioni,  che  non  mi  piaceva  quan- 
tunque  lo  scorgessi  senza  riflesso  alla  veritä, .... 


1  Merkwürdig  ist  dabei,  daß  manche  Märchen  beiden  "Werken  gemeinsam  sind;  so  findet  sich  z.  B.  die  Geschichte 
der  schönen  Amya  aus  1001  Tag  in  1001  Nacht,  593.  Nacht. 

2  Grillparzer  schreibt  in  seiner  Selbstbiographie  über  dieses  Stück:  „Meiner  ganzen  Einbildungskraft  bemächtigte 
sich  Gozzis  Rabe  in  deutscher  Übersetzung,  den  ich  Goethes,  Schillers  und  Shakespeares  Dramen  weit  vorzog.“  Unter 
den  dramatischen  Fragmenten  Grillparzers  finden  sich  Bruchstücke  von  zwei  verschiedenen  Übersetzungen  des  Raben. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  8 


58 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


la  Fiaba  di  Turandot,  Principessa  Chinese,  posta 
in  apparecchio  di  que  casi  impossibili,  que  si 
vedranno,  e  che  con  poco  impiego  delle  valenti 
maschere,  e  senza  il  mirabile  magico  di  appa- 
rizioni  e  trasformazioni . . . 

Von  Gozzi  hat  Schiller  das  Stück  übernommen 
und  auf  diesem  Umwege  haben  die  Märchen  Petis’ 
auch  Eingang  in  die  deutsche  Literatur  gefunden. 
Über  die  Absichten,  die  Schiller  bei  der  Über¬ 
setzung  und  Bearbeitung  der  Fiaba  tragicommedia 
verfolgte,  geben  zwei  Briefstellen  den  besten  Auf¬ 
schluß»;  die  eine  aus  einem  Schreiben  an  Gottfried 
Körner  vom  1 6.  November  1801:  „Obgleich  ich 
an  der  Handlung  nichts  zu  ändern  weiß,  so 
hoffe  ich  doch,  ihm  (dem  Stück)  durch  eine 
poetische  Nachhilfe  bei  der  Ausführung  einen 
höheren  Wert  zu  geben.  Es  ist  mit  dem  größten 
Verstand  komponiert,  aber  es  fehlt  ihm  an  einer 
gewissen  Fülle  an  poetischem  Leben.  Die 
Figuren  sehen  wie  die  Marionetten  aus,  die  am 
Draht  bewegt  werden;  eine  gewisse  pedantische 
Steifigkeit  herrscht  durch  das  Ganze,  die  über¬ 
wunden  werden  muß.  Ich  habe  also  Gelegen¬ 
heit,  mir  einiges  Verdienst  zu  erwerben,  und 
die  6 — 7  Wochen,  die  auf  dieses  Geschäft  gehen 
mögen,  werden  nicht  verloren  sein.“  Die  andere 
Stelle  vom  2.  Januar  1802:  „Er1  kann  sich  ganz 
nach  der  prosaischen  Übersetzung  des  Gozzi 
richten,  welche  Werthes  gemacht  hat,  weil  in 
dem  wesentlichen  nichts  von  mir  geändert  ist.“ 

Gozzi  war  nicht  der  erste,  der  einen  Teil 
von  Tausend  und  einen  Tag  dramatisierte;  schon 
vor  ihm  waren  einige  von  den  Märchen  für  die 
Bühne  bearbeitet  und  erfolgreich  aufgeführt 
worden  und  zwar  durch  den  Mitarbeiter  Petis 
de  la  Croix’,  durch  Lesage .  F.  H.  von  der  Hagen 
hat  zuerst  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  auf 
diese  Weise  die  Märchen,  die  vor  der  Be¬ 
arbeitung  durch  Mocles  indische  Dramen  waren, 
durch  die  Umarbeitung  für  die  Bühne  wieder 
ihre  alte  ursprüngliche  Form  erlangt  haben. 

Lesage  war  Jahre  hindurch  mit  Feuereifer  für 
das  neuentstandene  Theatre  de  la  Foire  be¬ 
schäftigt,  das  sich  aus  den  Marktproduktionen 
von  Seiltänzern  und  anderem  fahrenden  Volk 
zu  einer  überaus  beliebten  und  besuchten  Vaude¬ 
villebühne  entwickelt  hatte.  Für  dieses  Theater 
lieferte  er  eine  große  Anzahl  von  Stücken,  im 
ganzen  über  88;  sie  halten  die  Mitte  zwischen 


Komödie  und  Singspiel  und  zeichnen  sich  alle 
durch  ihre  burleske  Komik  aus.  Eine  derbe 
Lustigkeit  erfüllt  die  buntabwechselnden  Szenen, 
in  denen  teils  nach  volkstümlichen  Melodien 
gesungen,  teils  in  kurzen  Reimen  gesprochen 
wird.  Als  handelnde  Personen  sind  zumeist  die 
altgewohnten  Masken  der  Stegreifkomödie  ver¬ 
wendet;  neben  Pierrot  und  Colombine  tritt  als 
Hauptperson  Arlequin  in  den  verschiedensten 
Kostümen  auf,  einmal  als  König  oder  Minister, 
dann  wieder  als  Abenteurer  oder  Bettler,  immer 
aber  als  der  alte  Spaßmacher,  der  durch  seine  meist 
pantomimischen  Scherze  für  Heiterkeit  sorgt. 

Die  Stoffe  zu  den  Stücken  hat  Lesage 
bald  den  italienischen  Komödien,  bald  den  grie¬ 
chischen  Heldensagen,  bald  wieder  den  orienta¬ 
lischen  Märchen  entnommen  und  neben  Tausend 
und  einer  Nacht  hat  ihm  auch  Tausend  und 
ein  Tag  als  Quelle  gedient.  So  ist  eines  seiner 
frühesten  Stücke  „ Arlequin  Mahomet,  Piece  d’un 
Acte,  representee  ä  la  Foire  de  Saint  Laurent 
1714“  eine  Bearbeitung  der  „histoire  de  Malek 
et  de  la  Princesse  Schirine“  aus  Tausend  und 
ein  Tag.  Der  Inhalt  des  Märchens  ist  folgen¬ 
der:  die  Prinzessin  Schirine  wird  von  ihrem 
Vater  auf  einem  Turm,  getrennt  von  jedem 
Verkehr  mit  der  Außenwelt,  eingeschlossen  ge¬ 
halten,  um  eine  alte  Prophezeiung  zu  vereiteln, 
daß  einst  ein  Mann  sie  betrügen  werde.  Aber 
der  Prinz  Malek  kommt  auf  einem  Wunderkoffer 
durch  die  Luft  zur  ihr  geflogen;  er  gibt  sich 
als  Mohammet  aus,  bittet  um  ihre  Hand,  die  ihm 
der  alte  König  mit  Freuden  gewährt.  Am  Vor¬ 
abend  der  Hochzeit  fliegt  er  hoch  über  die 
Stadt  und  brennt  von  oben  ein  Feuerwerk  ab, 
um  den  begeisterten  Einwohnern  das  Schau¬ 
spiel  des  auf  flammenden  Wolken  thronenden 
Propheten  zu  gewähren.  Dann  senkt  er  sich 
wieder  zur  Erde  und  versteckt  seinen  Koffer 
wie  bisher,  an  einem  verborgenen  Platz  im 
Walde;  als  er  aber  nach  kurzer  Zeit  dorthin 
zurückkehrt,  da  hat  ein  Funken,  der  vom 
Feuerwerk  zurückgeblieben  war,  den  Koffer  an¬ 
gezündet  und  zu  Asche  verbrannt.  So  hat  der 
Prinz  das  notwendige  Requisit,  um  weiter  den 
Propheten  spielen  zu  können,  eingebüßt;  so  muß 
er  der  Prinzessin  für  immer  entsagen,  ohne  sie 
doch  je  vergessen  zu  können ;  er  ist  einer  jener 
Männer,  die  dem  Könige  Bedreddin,  der  das 


1  Ramberg,  der  die  Zeichnung  für  einen  Kupferstich  liefern  sollte.  Der  Stich  kam  aber  nicht  zu  stände  und  die 
erste  Ausgabe,  1802  bei  Cotta,  erschien  unillustriert. 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Glück  sucht,  die  Geschichte  ihres  Mißgeschicks 
erzählen. 

Das  Märchen  ist  indischen  Ursprungs;  das 
Motiv  von  der  eingesperrten  Königstochter,  zu 
der  der  Geliebte  durch  die  Luft  geflogen  kommt, 
ist  angedeutet  im  Somadeva,  i.  Buch,  3.  Kap.; 
das  Pancatantram  enthält  eine  mit  der  per¬ 
sischen  Fassung  nahezu  übereinstimmende  Er¬ 
zählung:  der  Weberin  Visnu’s  Gestalt,  i.Buch,  8; 
nur  daß  hier  Visnu,  aus  Angst,  ein  Mißerfolg 
seines  betrügerischen  Doppelgängers  könnte  ihn 
selbst  um  alles  Ansehen  bei  den  Menschen 
bringen,  gute  Miene  zum  bösen  Spiel  macht 
und  dem  Weber  schließlich  zum  Sieg  über  die 
Feinde  des  Königs  und  damit  zur  Königstochter 
verhilft.  In  einer  mit  der  persischen  Fassung 
übereinstimmenden  Form  findet  sich  dasselbe 
Märchen  bei  Andersen,  und  zwar  unter  dem  Titel 
„Der  fliegende  Koffer“;  es  ist  nahezu  unverändert, 
nur  ist  sich  in  der  Mitte  noch  das  Märchen 
von  den  Schwefelhölzchen  eingeschoben.  Es 
ist  wahrscheinlich,  daß  Andersen  Tausend  und 
ein  Tag  gekannt  und  auch  benützt  hat.  So  ist 
das  bekannte  Märchen  „Der  Reisekamerad“ 
nichts  als  eine  freie  Bearbeitung  der  Historie 
vom  Prinzen  Kalaf;  die  grausame  Prinzessin, 
die  jedem  Freier  drei  Fragen  stellt,  der  gut¬ 
mütige,  alte  König,  der  mit  jedem  neuen  Opfer 
Mitleid  empfindet,  der  kühne  Jüngling,  der  sein 
Leben  an  seine  Liebe  wagt,  sie  alle  finden  sich 
bei  Andersen  wieder.  Ein  andres  Andersensches 
Märchen,  die  Geschichte  vom  bösen  Fürsten, 
stimmt  in  seinen  Grundzügen  mit  der  Geschichte 
von  Dakianos  und  den  sieben  Schläfern  überein,1 
die  ihrerseits  wieder  auf  den  Rosengarten  des 
Saadi  zurückgeht;  sie  findet  sich  abgedruckt  in 


59 


der  Ausgabe  von  Tausend  und  ein  Tag  aus  dem 
Jahre  1828.2 

Was  Lesage  betrifft,  so  hat  er  das  Märchen 
von  Malek  und  der  Prinzessin  Schirine  ziemlich 
frei  bearbeitet.  An  die  Stelle  des  Malek  tritt 
Arlequin,  als  bankerotter  Kaufmann,  der  auf 
seinem  Koffer  den  Häschern,  die  ihn  gefangen 
nehmen  wollen,  vor  der  Nase  wegfliegt;  dazu 
singt  er:  „Un  petit  moment  trop  tard,  La  Justice 
est  venue.“  Er  wirbt  nicht  selbst  um  die  Prin¬ 
zessin,  sondern  befreit  sie  hur  im  letzten  Mo¬ 
ment  als  deus  ex  machina  mit  seinem  P'euer- 
werk  von  einem  lästigen  Freier,  einem  lächer¬ 
lichen  „Khan  der  Tartaren“,  den  der  alte  König 
ihr  aufzwingen  will.  Der  Kupferstich,  der  in 
der  Ausgabe  des  Theatre  de  la  Foire  aus  dem 
Jahre  1721  dem  Stück  vorangeht,  zeigt  Harle- 
quin  in  der  Mitte  des  Hintergrundes  schwebend, 
wie  er  nach  allen  Richtungen  Feuerstrahlen 
entsendet,  im  Vordergrund  rechts  entsetzt  und 
bestürzt  den  König  und  den  Prinzen,  links  die 
Prinzessin  und  ihre  „suivante“.  Auch  ein  anderer 
Autor  hat  dasselbe  Märchen  zu  einem  Stück  ver¬ 
arbeitet,  M.  de  Cailhava  in  seinem  Cabriolet  volant. 

Lesage  hat  noch  aus  Tausend  und  ein 
Tag  entnommen  „Arlequin  Hiilla“,  das  ist  die 
Geschichte  von  Kuluf  und  Dilara,  dann  „la  prin- 
cesse  de  Carisme“ ,  die  Geschichte  des  Königs 
Hormoz  und  schließlich  noch  „ Le  Jeune  vieillard“, 
die  Geschichte  der  Geisterbrüder  Ady  und  Dahy. 

Alle  diese  Stücke  wurden  vom  Publikum 
beifällig  aufgenommen  und  oft  aufgeführt;  wie 
beliebt  diese  Gattung  war,  zeigt  folgender 
Umstand:  im  Jahre  1726  führten  die  come- 
diens  Italiens  du  Roy  ein  Schauspiel  auf,  das 
den  Titel  „  Les  cornediens  Esclaves“  führte, 


1  In  dieser  Geschichte  fragt  der  Jüngling  Dschemlicha:  „Hat  ein  Mensch,  der  sich  nicht  einmal  von  einer  Fliege 
befreien  kann,  wohl  viel  Gewalt  über  die  Natur?“  Das  Märchen  von  Andersen  schließt  mit  den  Worten:  sie  trieben 
ihren  Spott  mit  dem  wahnsinnigen  Fürsten,  der  Gottes  Reich  stürmen  wollte  und  schon  von  einer  einzigen  kleinen  Mücke 
überwunden  wurde. 

Eine  ähnliche  Geschichte  in  den  talmudischen  Legenden  findet  sich  auch  Baba  Bathra  73  b;  Raba  bar  Chana 
erzählt  von  einem  Meerungeheuer,  das  ein  kleiner  Wurm,  der  ihm  in  die  Nase  gekrochen  war,  tötete;  es  war  so  groß, 
daß  es  im  Todessturze  sechzig  Städte  zerstörte,  die  aber  aus  seinen  Knochen  wieder  aufgebaut  wurden.  Es  handelt  sich 
hier  um  ein  weitverbreitetes  Fabelmotiv;  es  findet  sich  bei  Aesop.  CXLIX,  bei  Bensserade  CV,  bei  La  Motte,  3.  Buch, 
Fabl.  9,  bei  Lafontaine  Lib.  II,  Fabl.  IX,  bei  Desbillon,  Lib.  III,  Fabl.  XVII,  bei  Geliert,  I.  Buch,  „Das  Pferd  und  die 
Bremse“,  und,  mit  der  entgegengesetzten  Moral,  bei  Lessing,  „Der  Löwe  und  die  Mücke“. 

Interessant  ist  eine  Variante  der  Fabel,  die  sich  bei  Desbillons,  Lib.  XI,  Fabl.  2 6  findet:  die  Entscheidung  im 
Kampf  zweier  großer  Heere  wird  durch  Fliegenschwärme  herbeigeführt,  die  die  Elefanten  des  im  Unrecht  befindlichen 
Teiles  verscheuchen.  Auch  in  dieser  Form  findet  sich  die  Fabel  bei  La  Motte  livre  3,  fabl.  9.  Pascal  spielt  in  einem 
seiner  Fragmente  (367  der  Ausgabe  von  Brunsvig)  auf  sie  an:  „La  puissance  des  mouches;  elles  gagnent  les  batailles“. 

2  Andere  Märchen  Andersens  gehen  auf  italienische  Quellen  zurück,  so  der  Rosenelf  auf  Boccaccio,  IV,  5j  »der 
kleine  Klaus  und  der  große  Klaus“  stimmt  zum  Teil  mit  der  Geschichte  vom  Priester  Scarpacifico,  I,  3,  aus  den  notti 
piacevoli  des  Straparola  überein. 


6o 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


mit  folgendem  Inhalt:  eine  kleine  Truppe  fran¬ 
zösischer  Schauspieler  erleidet  Schiffbruch  und 
wird  an  eine  fremde  Insel  verschlagen;  die  Ein¬ 
wohner  nehmen  die  Fremden  sofort  gefangen 
und  der  König  der  Insel  fragt  sie  nach  ihrem 
Beruf.  Sie  antworten  mit  Stolz,  sie  seien  come- 
diens  du  roy;  das  versteht  aber  der  Wilde  nicht, 
weil  er  noch  nie  ein  Theater  gesehen  hat  und 
daher  auch  nicht  weiß,  was  ein  Schauspieler  ist. 
Um  ihm  das  zu  erklären,  führen  die  Komödianten 
sogleich  vor  ihm  drei  kleine  Stücke  auf,  die 
die  drei  Hauptgattungen  ihrer  Kunst  repräsen¬ 
tieren  sollen;  und  zwar  „Arlequin  tourjours 
Arlequin“,  ein  Stück  im  italienischen  Geschmack, 
dann  „Arcagambis“,  eine  Tragödie  im  alten  Stil 
und  schließlich  „L’Occasion“,  eine  opera  comique. 

Der  Erfolg  der  comediens  Esclaves,  in 
denen  der  alte  Theaterkniff  „die  Bühne  auf  der 
Bühne“  in  geschickter  und  amüsanter  Weise 
verwendet  ist,  war  so  groß,  daß  die  Autoren 
—  es  sind  ihrer  vier,  Dominique,  Romagnesi, 
Lelio  pere1  et  fils  —  eine  Fortsetzung  schrieben, 
die  im  März  des  Jahres  1728  aufgeführt  wurde. 
Sie  enthält  ebenfalls  drei  Einakter;  der  mittlere, 
„Arlequin  Hulla“,  ist  nur  eine  gekürzte  Neu¬ 
bearbeitung  des  gleichnamigen  Stückes  von 
Lesage.  Daß  man  als  typischen  Vertreter  für 
die  ganze  Gattung  der  „piece  Italienne“  gerade 
eine  von  den  Märchenbearbeitungen  Lesages 
gewählt  hat,  ist  ein  Zeugnis  für  die  Beliebtheit 
dieser  Stücke;  wie  auch  der  Titel,  in  dem  das 
Fremdwort  „Hulla“  ohne  Erklärung  gebraucht 
ist,  zeigt,  daß  man  beim  Publikum  eine  genaue 
Kenntnis  der  Märchen  und  Vertrautheit  mit 
ihren  Ausdrücken  voraussetzte.  — 

Trotzdem  „les  mille  et  un  jour“  allgemeine 
Anerkennung  fand  und,  wie  es  scheint,  auch 
viel  gelesen  wurde,  kam  es  später  nur  zu  wenigen 
Neuausgaben,  die  überdies  durch  lange  Zwischen¬ 


pausen  voneinander  geschieden  sind.  Zeitlich 
die  nächsten  sind  die  beiden  folgenden:  Les 
milles  et  un  jour,  contes  persans  trad.  en  fran- 
gois  par  Petis  de  la  Croix,  Utrecht  1732,  160, 
5  tomes  und  Les  mille  et  un  jour,  Contes  Per¬ 
sans,  traduits  en  Frangois  par  M.  Petis  de  la 
Croix,  a  Paris  par  la  Compagnie  des  Libraires, 
MDCCLXVI,  5  tomes.  Textlich  ist  der  ersten 
Ausgabe  gegenüber  nichts  verändert,  nur  die 
Einschaltungen  zwischen  den  einzelnen  Er¬ 
zählungen  sind  weggelassen,  ebenso  die  Ein¬ 
teilung  des  Ganzen  in  Tage  aufgegeben.* 

Zwischen  diese  beiden  französischen  Aus¬ 
gaben  fällt  eine  deutsche:  |  Tausend  |  und  |  Ein 
Tag  |  Das  ist:  |  Persianische  1  Iistoricn  |  und  aller- 
ley  Liebes.  |  Intriguen,  |  Anfangs  aus  der  Per- 
sianischen  |  Sprache  in  die  Frantzösische  über¬ 
setzt  |  von  |  Hm.  Petis  de  la  Croix,  |  Decan  der 
Königl.  Dollmetzscher  j  und  Prof,  des  Königl. 
Colleg.  |  zu  Pariß;  |  Anietzo  ins  Hoch-Teutsche 
gebracht.  |  Leipzig,  in  Weidmännischen  Buch¬ 
laden  |  1745,  ein  Band  in  8A  Die  etwas  un¬ 
beholfene  Übersetzung  hält  sich  ungemein  ge¬ 
nau  an  den  französischen  Text;  besonders  die 
ersten  Erzählungen  sind  beinahe  wörtlich  über¬ 
tragen,  oft  ist  sogar  der  französische  Ausdruck 
beibehalten;  es  finden  sich  Stellen  wie:  „Kann 
ein  so  mechanter  Vater  eine  so  gar  genereuse 
Tochter  gezeuget  haben?“  oder  „Abandonirt 
Madame,  so  encouragirte  er  sie,  eure  Sorgen“; 
im  weiteren  Verlauf  wird  die  Übersetzung  aller¬ 
dings  freier  und  auch  etwas  gewandter. 

Als  Titelkupfer  enthält  diese  Ausgabe,  die 
heute  schon  recht  selten  ist,  eine  rohe  Kopie  des 
Titelkupfers  der  ersten  französischen  Ausgabe: 
durch  eine  architektonische  Umrahmung  blickt 
man  in  den  Park  des  königlichen  Palastes  von 
Kaschmir;  rechts  vorne  im  Vordergrund  sitzt 
Sutlemene  und  erzählt  der  Prinzessin,  die  in 


1  Der  Theatername  von  Luigi  Riccoboni  aus  Modena,  dem  ersten  Liebhaber  der  Truppe. 

2  Mit  der  Begründung:  parce  que  cela  ne  sert  qu’ä  la  (la  narration)  faire  languir  et  qu’ä  ennuyer  le  lecteur,  qui 
par  ce  retranchement  lira  les  contes  sans  s’appercevoir  qu’ils  sont  interrompus.  Auch  diese  Weglassung  ist  nur  eine 
Nachahmung.  Vor  dem  7.  Band  der  ersten  Ausgabe  mille  et  un  nuits  steht  ein  Avertissement:  Les  Lecteurs  de  deux 
Premiers  Volumes  de  ces  Contes,  ont  dte  fatiguez  de  l’interruption  que  Dinarzade  apportoit  ä  leur  lecture.  On  a  rem£die 
ä  ce  ddfaut  dans  les  Volumes  qui  ont  suivi.  On  ne  doute  pas  qu’ils  ne  soient  encore  plus  satisfaits  de  celui-ci,  oü  ils 
ne  seront  plus  arretez  par  les  autres  interruptions  ä  chaque  nuit.  II  suffit  qu’ils  soient  instruits  au  dessein  de  l’Auteur 
Arabe  qui  en  a  fait  le  Recueil. 

3  Bei  demselben  Verlage  erschien  später  auch  eine  Übersetzung  von  mille  et  une  quart  d’heure:  Die  Tausend  und 

Eine  Viertel -Stunde,  bestehend  in  artigen  und  lesenswürdigen  Tartarischen  Geschichten,  Mit  Kupfern  gezieret  Leipzig, 
In  der  Weidmännischen  Handlung.  1753»  2 3  Bänden.  Eine  deutsche  Übersetzung,  die  Richarch  Benz  in  seinem  Buch 

„Märchendichtung  der  Romantik“  zitiert,  „August  Bohse,  Tausend  und  ein  Tag,  Lpz.  8°,  1730“,  war  mir  leider  nicht 
erreichbar. 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


6 1 


einem  steineingefaßten  Teich  badet,  die  Märchen; 
im  Hintergrund  sieht  man  einige  phantastisch 
gekleidete  Gestalten,  die  im  Parke  spazieren 
gehen.  (Abb.  i  o.) 

Im  Jahre  1788  erschien  wieder  eine  deutsche 
Übersetzung:  Tausend  und  ein  Tag,  persische 
Erzählungen  aus  dem  Französischen  des  Petis 
de  la  Croix  übersetzt  von  S.  Schorch,  Leipzig 
1788,  3  Bde.,  8;  Koberstein  zitiert  diese  Aus¬ 
gabe  im  zweiten  Band  seines  Grundriß  der  Ge¬ 
schichte  der  deutschen  National-Literatur. 

In  dem  großen  einundvierzigbändigen  Sam¬ 
melwerk:  Cabinet  des  Fees  ou  collections  choisie 
des  contes  des  fees  et  autres  contes  merveil- 
leux,  Amsterdam,  Geneve  et  Paris,  1785 — 89, 
das  alle  bedeutenderen  Märchen  enthält,  die  im 
Laufe  des  XVIII.  Jahrhunderts  in  Frankreich 
erschienen  sind,  fehlt  auch  Tausend  und  ein 
Tag  nicht.  Die  Bände  XIV  und  XV  bringen 
einen  getreuen  Nachdruck  der  ersten  Ausgabe. 
C.  P.  Marillier,  der  das  ganze  Werk  illustrierte, 
lieferte  zu  jeden  der  beiden  Bände  drei  blatt¬ 
große  Kupferstiche,  die  von  de  Ghendt,  Gode- 
froy,  Langlois,  Delvaux,  Haibon,  und  Choffard 
gestochen  wurden.  Sie  gehören  zu  den  besten 
des  ganzen  Werkes  und  zeigen  alle  die  charak¬ 
teristischen  Eigenheiten,  die  die  Zeichnungen 
Marilliers  kenntlich  machen;  die  puppenhaften 
Figuren  mit  den  zierlich-kleinen  Händen  und 
Füßen  und  den  großen  theatralischen  Gebärden, 
die  zu  der  Starrheit  der  Gesichter  in  einem 
merkwürdigen  Widerspruch  stehen;  die  pein¬ 
liche  Sorgfalt  und  Sauberkeit  in  der  Durch¬ 
führung  aller  Details,  namentlich  bei  der  Stoff¬ 
behandlung,  und  die  Vorliebe  für  merkwürdige 
Beleuchtungseffekte,  die  das  meist  seitlich  ein¬ 
fallende  Licht  hervorruft.  (Abb.  4 — 9.)  Am 
interessantesten  ist  vielleicht  der  Kupfer  zur 
Geschichte  des  Prinzen  Kalaf.  Marillier  hat  den 
Vorwurf  seiner  Darstellung  nicht  der  Haupt¬ 
handlung,  sondern  derVorgeschichte  entnommen. 
Es  ist  die  Szene  dargestellt,  wie  Kalaf  dem  Khan 
von  Berlas  seinen  wieder  eingefangenen  Falken 
überreicht.1  (Abb.  6.) 

Im  Jahre  1826  erschien  eine  Ausgabe  in  drei 
Bänden  Großoktav  in  Paris  bei  Bechet  aine. 
Jeder  Band  enthält  eine  Radierung  von  A.  De- 


veria;  zum  Schlüsse  sind  noch  die  contes  Turcs 
angefügt. 

Wesentlich  verschieden  von  den  bisherigen 
Ausgaben  ist  die  nächste:  Les  mille  et  un  jours, 
contes  orientaux,  traduits  du  turc  du  persan  et 
de  l’arabe,  par  Petis  Delacroix,  Galland,  Car- 
donne,  Charvis  et  Cazotte,  Paris,  Rapilly  1828, 
5  Bände  in  8°.  Auch  sie  wurde  ins  Deutsche 
übersetzt  und  zwar  von  Heinrich  Friedrich  von  der 
Hagen ,  dem  Verfasser  der  Gesamtabenteuer; 
der  Titel  der  Übersetzung  lautet:  Tausend  und 
ein  Tag,  Morgenländische  Erzählungen.  Aus 
dem  Persischen,  Türkischen  und  Arabischen 
nach  Petis  de  la  Croix,  Galland,  Cardonne, 
Charvis  und  Cazotte,  dem  Grafen  Caylus  und 
anderen  übersetzt  von  H.  F.  von  der  Hagen. 
Prenzlau,  zweite  wohlfeile  Ausgabe,  1836.  Im 
Verlag  von  F.  W.  Kalbersberg  in  1 1  Bänden. 
Wie  schon  der  Titel  zeigt,  handelt  es  sich 
hier  nicht  um  einen  bloßen  Nachdruck  der  von 
Petis  herausgegebenen  Märchen,  sondern  um 
eine  stark  vermehrte  und  erweiterte  Ausgabe; 
die  alten  „mille  et  un  jours“  bilden  nur  den 
Grundstock  des  etwa  auf  den  vierfachen  Um¬ 
fang  erweiterten  Werkes.  Zwischen  die  letzte 
Erzählung  der  Sutlumene  und  den  abschließen¬ 
den  Teil  der  Rahmenerzählung  ist  eine  große 
Anzahl  der  verschiedensten  orientalischen  Mär¬ 
chen  eingeschoben,  die  aber  in  gar  keinem  Zu¬ 
sammenhang  mit  dem  ursprünglichen  Werke 
stehen.  Daher  fehlt  auch  jede  Komposition 
und  die  konsequent  durchgeführte  Einteilung  in 
Tage  erscheint  als  sinn-  und  zwecklos,  zumal 
das  Ganze  schließlich  doch  nicht  1001,  sondern 
nur  761  Tage  hat. 

In  dieser  erweiterten  Fassung  ist  das  Werk 
wirklich,  was  man  von  der  alten  Ausgabe  mit 
Unrecht  behauptet  hatte,  eine  Anthologie  ohne 
inneren  Zusammenhang.  Allerdings  sind  die 
Märchen  sehr  gut  ausgewählt;  dafür  sprechen 
schon  die  Namen  der  Übersetzer,  die  fast  alle 
eine  bedeutende  Rolle  in  der  Märchenforschung 
des  XVIII.  Jahrhunderts  gespielt  haben.  Der 
Anteil  der  einzelnen  Übersetzer  an  dem  Buche 
läßt  sich  mit  Sicherheit  nur  bei  jenen  Märchen 
bestimmen,  die  auch  anderweitig  erschienen  sind, 
was  bei  der  Mehrzahl  der  Fall  ist. 


1  Bei  Schiller  I,  1.  Kalaf:  Dem  Khan  von  Berlas  war  ein  edler  Sperber 

Entwischt,  den  er  in  hohem  Werte  hielt. 

Ich  fand  den  Sperber,  überbracht  ihn  selbst 
dem  König. 


62 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


Auf  Chavis  und  Cazotte  gehen  dreißig  Mär¬ 
chen  zurück,  die  sich  unter  dem  Titel  „suite 
des  mille  et  une  nuits“  als  Fortsetzung  des 
cabinet  des  Fees,  Band  XXXVIII  bis  XLI 
finden.  Dom  Denis  Chavis,  ein  Araber  von  Ge¬ 
burt  und  Priester  der  congregation  de  St.  Bazile, 
hatte  die  Märchen  übersetzt  und,  weil  er  das 
Französische  nur  mangelhaft  beherrschte,  die 
Übersetzung  Jean  Jaque  Cazotte,  dem  Autor  von 
Biondetta  ou  le  Diable  amoureux  und  Le  Lord 
Impromptu ,  zur  Ausarbeitung  übergeben,  ein 
Vorgang,  der  an  das  Zusammenarbeiten  von 
Petis  und  Lesage  erinnert.  Die  Mehrzahl  dieser 
Märchen  hat  Caussin  de  Parceval  im  Jahre  1806 
in  den  8.  und  9.  Band  seiner  Ausgabe  von 
Tausend  und  eine  Nacht  aufgenommen. 

Einen  weiteren  Teil  des  Werkes  bilden  die  in 
der  Geschichte  des  Königs  Moradbak  vereinigten 
Märchen;  sie  stammen  vom  Grafen  de  Caylus,  der 
sie  zum  Teil  frei  erfunden,  zum  Teil  auf  seiner 
Orientreise  in  den  Jahren  1715  — 1717  gesammelt 
hat.  Sie  finden  sich  in  seinen  oeuvres  badines 
complettes,  Amsterdam  et  Paris  1787  Band  VII 
und  im  cabinet  des  Fees  Band  XXV. 

Ein  abgeschlossenes  Ganzes  bilden  auch  die 
Geschichten  der  „vierzig  Veziere“.  Sie  gehen 
auf  eine  türkische  Bearbeitung  eines  arabischen 
Romanes  von  Scheikh  Sadeh  zurück  und  haben 
eine  große  Ähnlichkeit  mit  der  Geschichte  des 
Königs  Sindibad,  der  auch  in  1001  Nacht  und 
zwar  in  der  fünften  Nacht  erwähnt  wird,  und 
mit  der  im  Mittelalter  sehr  verbreiteten  Sage 
von  den  sieben  weisen  Meistern. 

Der  erste,  der  einen  Auszug  aus  der  Ge¬ 
schichte  der  40  Veziere  übersetzte,  war  Petis 
de  la  Croix;  das  Buch  erschien  1717  in  Paris 
als  „Histoire  de  la  sultane  de  Perse  et  des  visirs, 
contes  turcs  composes  en  langue  turque  par 
Chez  Zade  et  traduits  en  Frangois“  und  wurde 
später  ebenfalls  in  das  Cabinet  de  Fees,  Band 
XVI,  aufgenommen. 

Außer  den  genannten  in  sich  geschlossenen 
Märchensammlungen  findet  sich  in  dieser  Aus¬ 
gabe  von  „Mille  et  un  jours“  noch  eine  reiche 
Anzahl  selbständiger  Märchen,  Fabeln,  Legenden 
und  Sagen  der  verschiedensten  Art;  sie  ent¬ 
stammen  zum  größten  Teil  den  „melanges  de 


la  litterature  orientale“  von  Cardonne,  die  1770 
in  Paris  erschienen  sind. 

Im  Jahre  1838  erschien  wieder  ein  Neudruck 
der  alten,  ursprünglichen  Fassung  und  zwar  im 
Pantheon  Litteraire,  einer  großangelegten,  alle 
Wissensgebiete  umfassenden  Sammlung,  die  sich 
bis  heute  im  regulären  Buchhandel  erhalten  hat. 
Das  Buch  führt  den  Titel:  „Les  mille  et  un 
jours,  contes  Persans  traduits  en  Frangais  par 
Petis  de  la  Croix,  suivis  de  plusieurs  autres 
recueils  de  contes,  traduits  des  langues  orien¬ 
tales.  Nouvelle  edition,  accompagnce  de  notes 
et  de  notices  historiques  par  A.  Loiseleur  Des - 
longchavips ,  publice  sous  la  direction  de  M.  Aimö 
Martin.  Paris,  Auguste Desrez,  MDCCCXXXVIII. 
Es  ist  ein  genauer  und  unveränderter  Abdruck 
der  Ausgabe  von  1710,  nur  vermehrt  durch 
einige  Anmerkungen  und  eine  ausgezeichnete 
Einleitung,  in  der  Loiseleur  Delongchamps  die 
Angaben  der  Bibliographie  universelle  und  des 
Dictionnaire  historique  des  Hommes  celebres 
über  Petis  de  la  Croix  vielfach  berichtet  und 
ergänzt.  Diese  Ausgabe,  die  außer  mille  et  un  jour 
noch  die  historie  de  la  sultane  de  Perse  et  des 
Vizirs,  die  Fables  Indiennes  de  Bidpai,  den  „jard 
in  des  roses“  des  Saadi  und  eine  reiche  Sammlung 
indischer,  persischer,  türkischer  und  chinesischer 
Novellen  enthält,  ist  eine  der  wenigen,  die  heute 
noch  im  Sortimentsbuchhandel  Vorkommen. 

Noch  einmal  ist  es  zu  einer  neuen  Bearbeitung 
des  Werkes  gekommen.  Die  Veranlassung  dazu 
bot  ein  Manuskript,  das  ein  junger  Orientalist, 
Pajot  de  St.  Croix,  während  eines  Aufenthalts 
in  Kairo  von  einem  Gelehrten  namens  Reffiaa- 
Effiendi  geschenkt  bekommen  hatte.  Es  enthielt 
neben  einigen  Märchen  aus  1001  Nacht  eine 
Fülle  unbekannter  und  noch  unveröffentlichter 
Erzählungen,  die  Pajot  sämtlich  als  erster  über¬ 
setzte.  Die  besten  und  passendsten  unter  ihnen 
wurden  ausgewählt  und  in  Tausend  und  ein 
Tag  eingefügt, 1  ebenso  auch  einige  kleinere 
Geschichten  von  Cardonne,  Caylus  und  Deut- 
rocolles,  wogegen  mehrere  von  den  alten  Er¬ 
zählungen  entfielen;  das  ganze  wurde  in  sechs 
Serien  und  jede  Serie  wieder  in  einzelne  Tage 
geteilt.  Das  Werk,  daß  auf  diese  Weise  ein 
ganz  verändertes  Aussehen  bekam,  erschien  als 


1  Unter  ihnen  ist  besonders  die  Geschichte  der  Moschee  von  Theilun  bemerkenswert,  die  eine  interessante  Fassung 
der  Sage  von  der  Messingstadt  enthält  (siehe  auch  Tausend  und  eine  Nacht,  566.  bis  578.  Nacht);  eingeschoben  ist  die 
„Geschichte  der  leichtgläubigen  Frau“,  die  sich  auch  in  1001  Nacht,  584.  Nacht  und  in  der  „disciplina  clericalis“  des 
Petrus  Alphonsus  cap.  XIV  findet. 


Schiller,  Über  die  Märchen  von  Tausend  und  ein  Tag. 


63 


„Les  mille  et  un  jours  contes  Persans,  Turcs 
et  Chinois  traduits  par  Petis  de  la  Croix,  Car- 
donne,  Caylus  etc.,  augmentes  de  nouveaux  con¬ 
tes  traduits  le  l’Arabe  par  M.  Pajot  Sainte-Croix“, 
1843  in  zwei  Bänden,  1844  und  1848  in  einem 
Band.  Die  beiden  letzteren  Ausgaben  hat  Jules 
Collignon  mit  einer  großen  Anzahl  von  Holz¬ 
schnitten  geschmückt.  Es  sind  teils  größere 
Illustrationen,  deren  Wirkung  aber  durch  eine 
gewisse  Steifheit  im  Figuralen  beeinträchtigt 
wird,  teils  Vignetten  und  culs  de  lampe,  die  sich 
besonders  durch  anmutige  ornamentale  Erfin¬ 
dung  auszeichnen.  (Abb.  n — 14,  Anfangs-  und 
Schlußvignette.) 

Noch  wäre  eine  moderne  Ausgabe  zu  er¬ 
wähnen:  Les  Mille  et  un  Jours,  contes  orientaux 
traduits  par  Petis  de  la  Croix,  notices  et  notes 
par  F.  de  Donville,  Paris,  Garnier  freres,  1899. 
Weder  die  Einleitung,  die  im  Tone  einer  Causerie 


gehalten  ist,  noch  die  Anmerkungen,  die  sich 
zumeist  auf  die  Übersetzung  persischer  Aus¬ 
drücke  beschränken,  bringen  neue  Aufschlüsse 
über  das  Werk.  Auch  verliert  die  Ausgabe 
dadurch  an  Wert,  daß  einige  Märchen,  darunter 
gerade  die  schönsten,  wie  z.  B.  die  Geschichte 
von  Kalaf  und  Turandot,  weggelassen  sind.  — 
Eine  moderne  deutsche  Ausgabe  fehlt  bis  jetzt. 

Heutzutage  sind  die  Märchen  fast  vergessen 
und  auch  von  den  vielen  Bearbeitungen  hat  sich 
kaum  eine  behauptet;  das  Theatre  de  la  Foire 
besitzt  höchstens  noch  kulturhistorischen  Wert, 
die  habe  dramatiche  von  Gozzi  sind  trotz  ihrer 
einstigen  Beliebtheit  und  Verbreitung  eine  anti¬ 
quarische  Seltenheit  geworden  und  selbst  Schillers 
Turandot  wird  kaum  mehr  aufgeführt.  Nur  in 
Kindernbüchern 1  findet  sich  noch  hier  und  da 
ein  oder  das  andere  Märchen,  bearbeitet  und 
verstümmelt  bis  zur  Unkenntlichkeit.2 


1  Als  trauriges  Beispiel  dieser  Art  nenne  ich:  Märchen  aus  tausend  und  ein  Tag,  für  die  Jugend  bearbeitet  von 
Albert  Ludwig  Grimm,  Leipzig  o.  J.  Bezeichnend  für  diese  „Bearbeitung“  ist  die  Einleitung: 

„Kommt  herbei!  kommt  herbei,  Kommt  und  vertraut  Euch  meiner  Führung! 

Ihr  meine  lieben,  fröhlichen,  jugendlichen  Freunde!  In  einen  neuen  Wundergarten  will  ich  Euch  begleiten. 

So  ruft  Euch  der  alte  Gärtner  zu,  den  Ihr  wohl  noch  kennet.  Es  ist  derselbe,  der  Euch  einst  den  Wundergarten  der 
arabischen  Märchenwelt  der  iooi  Nacht  eröffnete,  nachdem  er  zuvor  alles  schädliche  Gewürm,  alle  giftigen  Pflanzen  und 
Blumen  daraus  vertilgt  und  jede  Gefahr  sorgfältig  abgewendet  hatte.“  —  So  hat’s  der  „alte  Gärtner“  auch  mit  iooi  Tag 
gemacht.  Aber  er  hat  sich  nicht  begnügt  nur  die  „giftigen  Pflanzen“  zu  vertilgen,  sondern  er  hat  an  ihre  Stelle  seinen 
eigenen  Kohl  gepflanzt;  der  arme  „Wundergarten“  ist  kaum  wiederzuerkennen. 

2  Während  der  Drucklegung  dieses  Aufsatzes  zeigt  der  Inselverlag  in  Leipzig  eine  neue  Ausgabe  von  Tausend 
und  ein  Tag,  ausgewählt  und  eingeleitet  von  Paul  Ernst,  übersetzt  von  Felix  Paul  Greve,  in  4  Bänden,  an;  sie  wird,  so 
wie  die  Hagensche  Ausgabe,  nebst  iooi  Tag  eine  Auslese  der  besten  orientalischen  Märchen  enthalten  und  sich  in  Aus¬ 
stattung  und  Format  an  die  schöne  Ausgabe  der  iooi  Nächte  des  Inselverlags  anschließen. 


Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


Ein  bibliographischer  Versuch. 

Von 

Professor  Dr.  Jacob  Minor  in  Wien. 


uft,  Wasser,  Feuer  und  Erde  müssen 
poetisiert  werden!  So  hat  vor  ioo 
Jahren  W.  Schlegel  ausgerufen;  und 
das  XIX.  Jahrhundert  hat  dann  zunächst 
ein  ungeheures  Heer  von  Elementargeistern 
in  der  Dichtung  gesehen,  ehe  man  anfing, 
die  Natur  von  innen  heraus  zu  poetisieren. 
Im  XX.  Jahrhundert  wird  die  Parole  lauten: 
Die  technischen  Errungenschaften,  welche  die 
Elemente  bezwungen  haben  und  durch  die 
unser  ganzes  modernes  Leben  völlig  umge¬ 
wandelt  worden  ist,  müssen  poetisiert  werden! 
Die  Poesie  des  Posthorns  muß  durch  eine  Poesie 
der  Eisenbahn,  des  Rades,  des  Automobils  und 
des  Flugschiffes  ersetzt  werden.  Ob  und  in¬ 
wieweit  das  den  Künstlern  gelingen  wird,  ist 
eine  der  wichtigsten  Fragen  der  Poetik  der 
Zukunft.  Von  dem  Gelingen  oder  Nichtgelingen 
wird  es  abhängen,  ob  die  Dichtung  der  Zukunft 
eine  realistische  Verkörperung  der  Gegenwart 
sein  wird;  oder  ob  die  Menschen  im  XX.  Jahr¬ 
hundert  die  Befriedigung  ihrer  künstlerischen 
Bedürfnisse  wieder  in  der  idealen  Ferne  oder 
in  der  romantischen  Vergangenheit  suchen 
werden.  Vorausbestimmen  läßt  sich  darüber 
gar  nichts.  Doch  darf  darauf  hingewiesen  wer¬ 
den,  daß  in  der  bildenden  Kunst  die  Darstel¬ 
lung  rein  technischer  Objekte  schon  wiederholt 
von  einem  echten  künstlerischen  Erfolg  be¬ 
gleitet  war. 

Heute  schon  kann  man  kaum  mehr  eine 
Zeitung  in  die  Hand  nehmen,  ohne  dem  Flug¬ 
problem  in  dichterischer  Verwertung  zu  be¬ 
gegnen.  Wiederholt  ist  man  dabei  auch  schon 
auf  die  Vergangenheit  aufmerksam  geworden, 
indem  man  bei  Schriftstellern  früherer  Jahr¬ 
hunderte  auf  vereinzelte  Stellen  stieß,  welche 
die  dichterische  Verwertung  der  neuesten  tech¬ 
nischen  Erfindungen  vorwegzunehmen  schienen. 
Die  Erkenntnis  aber,  daß  diese  letzte  Errungen¬ 
schaft  der  Technik  gerade  die  erste  war, 
die  in  der  Literatur  benützt  worden  ist,  ist 
noch  nirgends  zutage  getreten.  Als  kürzlich 
auf  einer  Wiener  Bühne  ein  Luftschiff  erschien, 


waren  Autoren,  Publikum  und  Kritik  der  Mei¬ 
nung,  daß  sie  etwas  ganz  neues  geboten  hätten; 
während  das  Luftschiff  doch  schon  am  Anfang 
des  XIX.  Jahrhunderts  auf  der  Volksbühne 
und  sogar  im  Marionettentheater  ein  garnicht 
seltenes  Spektakel  gewesen  ist.  Auch  in  der 
Literatur  gehört  es  im  letzten  Viertel  des 
XVIII.  Jahrhunderts  bereits  zu  den  stereotypen 
Motiven  und  Requisiten. 

Jede  große  Erfindung  beruht  auf  einem 
Bedürfnis  der  Menschheit  und  auf  einem  Wunsche 
der  Menschen.  Es  wird  wohl  kaum  je  einen 
Menschen  gegeben  haben,  dem  der  Wunsch, 
fliegen  zu  können,  nicht  wenigstens  im  Schlafe 
beigekommen  ist.  Von  dem  jungen  Tolstoi 
erzählt  man  sich,  daß  er  sich  mit  neun  Jahren 
einbildete,  fliegen  zu  können:  mit  den  Händen 
flatternd  warf  er  sich  aus  dem  dritten  Stock¬ 
werk  hinaus,  glücklicherweise  ohne  erheblichen 
Schaden  zu  nehmen.  Und  daß  dieser  Wunsch 
und  das  Bedürfnis  auch  den  Menschen  der 
Urzeit  und  der  Vorzeit  nicht  unbekannt  war, 
davon  zeugen  die  Mythen  und  die  Sagen 
der  verschiedensten  Nationen.  In  der  Bibel, 
die  ja  einen  regen  Verkehr  zwischen  der  Erde 
und  dem  Himmel  zur  Voraussetzung  hat,  findet 
man  im  Alten  Testament  bei  dem  Propheten 
Ezechiel  (Kap.  i)  die  Schilderung  eines  Luft¬ 
schiffes,  das  uns  ganz  moderne  Vorstellungen 
erweckt;  und  im  Neuen  Testament  fährt  Elias 
in  einem  feurigen  Wagen  gegen  Himmel.  Bei 
Homer  sind  alle  Götter  des  Fluges  mächtig; 
Hermes  bedient  sich  der  Flügel,  Aphrodite 
eines  Taubengespannes.  Die  Zauberin  Medea 
fährt  auf  einem  Drachenwagen  davon ;  das  be¬ 
deutet  aber  keinen  modernen  Drachenflieger, 
sondern  einen  Wagen,  der  von  Drachen  als 
Zugtieren  gezogen  wird.  Helios  (oder  wie  er 
auch  sonst  heißt:  Titan,  Hyperion)  lenkt  den 
Sonnenwagen,  mit  dem  sein  Sohn  Phaethon 
verunglückt.  Bellerophon  hat  sein  Flügelroß 
Pegasus  (aber  der  Poeten-Pegasus  ist  bekannt¬ 
lich  keine  griechische  Vorstellung),  Perseus  be¬ 
dient  sich  wie  Hermes  der  Flügelschuhe. 


pRi 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


65 


Phaethon  und  Ikaros,  der  mit  seinem  Vater 
Dädalos  aus  der  Gefangenschaft  des  Minos 
entfliegt,  aber  der  Sonne  zu  nahe  kommt  und 
mit  geschmolzenen  und  verbrannten  Flügeln 
stürzt,  sind  die  ältesten  verunglückten  Luft¬ 
schiffer,  welche  die  Welt  kennt.  Dädalos  aber, 
der  für  sich  und  seinen  Sohn  Flügel  aus  Federn 
hergestellt  hat,  die  durch  Wachs  und  Garn 
verbunden  waren,  ist  der  erste  Mensch,  der 
einen  Flugapparat  erfunden  hat;  es  war  nur 
schuldiger  Dank,  wenn  Herr  von  Drieberg  seine 
neue  Flugmaschine  „das  Dädaleon“  (1845)  ge_ 
nannt  hat.  Aus  der  griechischen  Dichtung 
kommen  Aristophanes  als  Begründer  des  Vogel¬ 
staates  und  Lukian  in  Betracht,  der  in  seiner 
„Wahrhaftigen  Geschichte“  den  Luftkrieg 
zwischen  den  Seleniten  und  den  Sonnenbewohnern 
schildert1.  In  der  germanischen  Mythologie 
finden  wir  ein  genaues  Seitenstück  zu  dem 
Griechen  Dädalos  in  Wieland  dem  Schmied, 
der  gleichfalls  aus  der  Gefangenschaft  in  einem 
selbstgeschaffenen  Federkleid  entflieht;  nach 
einer  andern  Version  freilich  verdankt  er  die 
Flugkraft  dem  Schwanring,  durch  den  er  in 
die  Gestalt  eines  Schwanes  verwandelt  und 
des  Fliegens  mächtig  wird.  Bei  den  Luft¬ 
fahrten  der  Hexen  dagegen,  die  sich  der  un¬ 
möglichsten  Vehikel  (Besen,  Bock  usw.)  be¬ 
dienen,  und  in  den  Lügendichtungen  wird  die 
technische  Seite  ganz  unberücksichtigt  gelassen; 
weniger  ist  das  bei  dem  Mantel  des  Doktor 
Faust  der  Fall,  den  man  sich  als  ein  weit  aus¬ 
gebreitetes,  von  der  Luft  getragenes  Tuch  zu 
denken  hat,  auf  dem  Faust  und  der  gewichtlose 
Teufel  stehend  dahinfahren. 

In  der  schönen  Literatur  erscheint  das  Luft¬ 
schiff  zuerst  in  einer  Gattung,  mit  der  es  auch 
später  in  genauer  Verbindung  geblieben  ist: 
nämlich  in  der  der  Planetenromane,  unter  denen 
zunächst  die  Reisen  nach  dem  Mond  die  belieb¬ 
testen  waren.  Um  dahin  zu  gelangen,  erfindet 
sich  der  Held  bei  Cyrano  von  Bergerac  ver¬ 
schiedene  Arten  von  Flugmaschinen2.  Schon 
zwanzig  Jahre  früher  (1638)  hatte  aber  der  Eng¬ 
länder  Godwin  eine  Mondreise  geschrieben,  die 
zehn  Jahre  später  von  dem  Franzosen  Baudoin 


und  zwanzig  Jahre  später  von  unserem  Grim¬ 
melshausen  (Der  fliegende  Wandersmann  nach 
dem  Mond  1659)  bearbeitet  wurde:  hier  werden 
in  Nachahmung  des  Taubengespannes  der 
Aphrodite  und  des  Drachenwagens  der  Medea 
Adler  und  Geier  als  Zugtiere  verwendet,  aber 
auch  der  Magnetismus  wird  zu  flugtechnischen 
Zwecken  ausgenützt,  wie  später  in  der  Erzählung 
von  Truth. 

Alles  das  sind  Träume  und  Wünsche,  die 
sowohl  der  ersten  wissenschaftlichen  Begründung 
des  Flugproblems  als  den  ersten  technischen 
Versuchen  vorausgehen.  Es  verdient  aber  doch 
Beachtung,  daß  Cyrano  von  Bergerac  in  der 
Verwertung  des  archimedischen  Prinzips  mit 
der  ersten  theoretischen  Begründung  des  Luft¬ 
ballons  durch  den  Jesuiten  Lana  (1670)  genau 
zusammentrifft.  Cyrano  denkt  an  einen  Flug¬ 
apparat  aus  mit  Tau  gefüllten  Flaschen;  Lana 
an  ein  Luftschiff,  das  von  luftleeren  Metall¬ 
blechkugeln  getragen  wird.  Wie  aktuell  am 
Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts  die  Frage 
war,  das  beweist  ein  Artikel  über  die  Erfindung 
eines  Luftschiffes  in  der  folgenden  Zeitschrift: 
„Der  von  Haus  aus  neu  bestellte  Agent,  mit 
allerhand  kurieusen  Missiven,  Briefifen,  Me- 
morialen,  Staffeten,  Correspondencen  und  Com¬ 
missionen  nach  Erfordernis  der  heutigen  Staats¬ 
und  gelehrten  Welt.  Der  dritten  Fonction  erste 
bis  zwölfte  Epoche.  Freyburg  bey  Wahrmund“ 
1708.  Auf  den  ersten  wirklichen  Aufstieg  in 
Lissabon  1709  bezieht  sich  die  in  einem  Fak¬ 
similedruck  vorliegende  Schrift:  „Nachricht  von 
dem  fliegenden  Schiffe,  so  aus  Portugal  den 
24.  Junii  in  Wien  mit  seinem  Erfinder  glücklich 
angekommen.  Vom  neuen  nach  dem  allbereit 
gedruckten  Exemplar  in  die  Naumburger  Meß 
gesandt  Anno  1709“.  Die  Ankunft  in  Wien 
ist  Fiktion  oder  Ironie;  denn  der  Ballon  blieb 
an  dem  Königspallast  in  Lissabon  hängen. 
Bodmer,  der  in  seinem  „Noah“  (1750)  dem 
Patriarchen  das  Fernrohr  nicht  vorenthält, 
nimmt  natürlich  auch  an  dem  Anachronismus 
des  Luftschiffes  keinen  Anstoß.  Swift  aber 
hatte  im  Anschluß  an  Godwin  und  Cyrano  in 
Gullivers  Reisen  (1726)  nicht  bloß  ein  Luftschiff, 


1  Auch  in  der  Eirene  des  Aristophanes,  in  dem  Ikaro-Menippus  von  Lukian,  im  Phaidros  von  Plato  und  bei  Par- 
menides  kommt  das  Motiv  vor,  wie  mich  Hans  von  Arnim  belehrt;  und  des  Archytas  als  des  ältesten  Flugtechnikers 
gedenkt  schon  Zamagna  im  XVIII.  Jahrhundert. 

2  S.  Leo  Jordan,  München,  Neueste  Nachrichten  1908,  Beil.  84.  —  Ob  Cyrano  nicht  von  Campanellas  Sonnenstaat 
beeinflußt  ist. 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


9 


66 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


sondern  eine  fliegende  Insel,  ein  von  Menschen 
bewohntes  Eiland,  vorgeführt.  In  lateinischen 
Versen  feierte  ein  Jesuit  in  Rom  genau  nach 
seines  Ordensbruders  Lana  Programmschrift 
das  Luftschiff:  Zamagna  Bern.  (S.  J.)  Navis 
aeria  et  elegiarum  monobiblos,  Romae  1768 
(neu  herausgegeben  von  Michael  Painter,  Wien 
1784;  siehe  Wiener  Reichspost  vom  19.  Februar 
1909,  Nr.  50);  und  nach  Brückners  Monographie 
über  den  Komponisten  Benda  (S.  45)  soll  es 
sogar  schon  1759  in  der  Oper  eine  Rolle  ge¬ 
spielt  haben. 

Das  technische  Zeitalter  beginnt  für  die 
Luftschiffahrt  mit  den  achtziger  Jahren  des 
XVIII.  Jahrhunderts.  1782  ließ  in  England 
Cavallo  Papierballons  steigen  (vgl.  T.  Cavallo, 
Geschichte  und  Praxis  der  Aerostatik,  aus  dem 
Englischen  übersetzt,  mit  2  Tafeln,  Leipzig, 
1786).  1783  folgten  in  Frankreich  die  Brüder 

Montgolfier,  ihres  Zeichens  Papierfabrikanten, 
mit  ihren  Heißluftballonen,  und  gleich  darauf 
der  Physiker  Charles  mit  seinen  Wasserstoff¬ 
ballonen,  die  alle  zuerst  ohne  Bemannung  auf- 
stiegen.  In  Deutschland  wurden  diese  Ver¬ 
suche  namentlich  durch  den  Bericht  des  P'ran- 
zosen  Faujas  de  Saint  Fond  bekannt,  der  nicht 
weniger  als  dreimal  ins  Deutsche  übersetzt 
wurde.  Noch  im  Jahre  1783  erschien  eine 
Übersetzung  in  Wien:  Faujas  de  Saint  Fond, 
Beschreibung  der  Versuche  mit  der  Luftkugel, 
welche  sowohl  die  Herren  Montgolfier,  als 
andere  gemacht  haben,  mit  9  Kupfern,  Wien 
1783“.  Am  meisten  gelesen  und  am  weitesten 
verbreitet  war  die  Bearbeitung  von  C.  G.  von 
Murr:  „Der  Herren  Stephan  und  Joseph  von 
Montgolfier  Versuche  mit  der  von  ihnen  er¬ 
fundenen  aerostatischen  Maschine.  Auszug  aus 
der  französischen  Beschreibung  von  Faujas  de 
Saint-Fond.  Mit  8  Kupfern,  Nürnberg  1784“. 
Eine  dritte  Übersetzung  erschien  zu  Leipzig: 
„ Faujas  de  St.  Fond ,  Beschreibung  der  Ver¬ 
suche  mit  den  aerostatischen  Maschinen  der 
Herren  von  Montgolfier.  Aus  dem  Französischen 
übersetzt  mit  8  Kupfertafeln.  Leipzig  1784“. 
Außerdem  gab  ein  Deutscher,  Fr.  L.  Ehrmann, 
eine  besondere  Schrift  unter  dem  Titel  heraus: 
„Montgolfier’sche  Luftkörper  oder  aerostatische 
Maschinen.  Nebst  Beschreibung  der  zwo  ersten 
Reisen  durch  die  Luft,  mit  2  Kupfern,  Stra߬ 
burg  1784“.  In  Versen  wurde  Montgolfier  von 
Gottlieb  Wilhelm  Eckhardt  gefeiert:  „Mongol- 


fiers  Luftball,  eine  poetische  Declamation, 
Berlin  1784“;  aber  auch  ein  Satiriker  ließ  sich  ver¬ 
nehmen:  „Simon  Magus  mit  der  Blase,  oder: 
eine  feine  lustige  Historia,  wie  die  Menschen¬ 
kinder  auf  Erden  getrieben  haben  große  Zau¬ 
berei  mit  allerhand  Blasen,  darauf  sie  haben 
wollen  von  dannen  ziehen  ...  Von  einem  böh¬ 
mischen  Leiermann  vor  vielen  Iuirsten  und 
Herren  besungen  in  zierlichen  Reimlein  ver¬ 
fasset  und  letztlich  herausgegeben  von  Jocosio 
Hilario“  (o.  O.  1784,  54  S.).  Hier  wird  das 
Luftschiffen  also  im  Spaße  als  Zauberei  aus¬ 
gegeben,  wie  spater  von  Kerner  als  Teufelswerk. 

Zu  gleicher  Zeit  ließ  auch  in  Deutschland 
der  Benediktiner  Ulrich  Schiegg  im  Reichsstift 
Ottobeuren  Luftballons  steigen  und  ein  paar 
Memminger  Bürger  folgten  seinem  Beispiel. 
Jenseits  des  Kanals  aber  arbeitete  Vinzenz 
Lunardi,  der  über  seine  Fahrten  zwei  Jahre 
später  selber  berichtete:  „Vinc.  Lunardi,  An 
account  of  the  aerial  voyages  in  Scotland  in 
a  series  of  letters,  London  1786“;  sein  Aufstieg 
wurde  noch  im  Jahre  1784  in  einem  Kupfer¬ 
stich  verewigt.  Das  fieberhafte  Interesse,  das 
ganz  Europa  damals  ergriffen  hat,  wird  auch 
noch  durch  die  folgenden  Titel  bezeugt:  „G. 
Ces.  Cordara,  Capitolo  sopra  il  pallone  volante, 
Roma  1784“;  „Kurz  gefaßte  Beschreibung  der 
ersten  aerostatischen  Maschinen  nebst  Be¬ 
schreibung  der  zwo  ersten  Reisen  durch  die 
Luft,  mit  3  Kupfern,  Lyon  1784“;  „L.  G. 
Kratzenstein,  l’art  de  naviguer  dans  l’air,  Copen- 
haven  1784“;  (Chr.  Kramp)  „Geschichte  der 
Aerostatik,  historisch,  physisch  und  mathe¬ 
matisch  ausgeführt,  2  Theile,  Straßburg  1784“ 
(mit  dem  Bilde  Montgolfiers). 

Während  aber  die  Montgolfiers  ihren  Ballon 
von  Pilätre  de  Rozier  in  die  Luft  führen  ließen, 
der  bald  darauf  mit  ihm  verunglückte,  und  auch 
Charles  selber  erst  einmal  aufgestiegen  war, 
hatte  sich  inzwischen  Blanchard  bereits  der 
Charliere,  des  Feuerluftballons,  zu  Berufszwecken 
bemächtigt  und  durch  seine  kühne  Überfliegung 
des  Kanals  am  7.  Januar  1785  ungeheures 
Aufsehen  gemacht.  Er  verstand  es,  die  Zeit¬ 
genossen  nicht  bloß  durch  sein  Experiment, 
sondern  auch  durch  seine  kühne  Persönlichkeit 
zu  fesseln,  die  von  allen  Seiten  die  größte  Be¬ 
wunderungerfährt.  Seine  Luftreisen  imjahre  1785 
sind  neuerdings  in  den  Annalen  des  Vereins 
für  nassauische  Altertumskunde  (XXXVI.  Band 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


1906)  beschrieben  worden;  Fritz  von  Stein  sah 
ihn  in  demselben  Jahre  in  Frankfurt  aufsteigen 
(Charlotte  von  Schiller  und  ihre  Freundei,  415). 
Er  selber  hat  seine  Luftfahrten  meines  Wissens 
erst  1787  beschrieben:  „Blanchard  aeronaute, 
Abrege  de  mes  avantures  terrestres  depuis  le 
mois  de  janvier  1787,  au  pays  de  la  liberte“, 
Novembre  1787.  Seinen  Aufstieg  in  Nürnberg 
am  12.  November  1787,  den  er  irrtümlich  als 
den  ersten  in  Deutschland  bezeichnet,  hat 
G.  Freytag  in  den  „Bildern  aus  der  deutschen 
Vergangenheit“  (IV.  Band,  6.  Kapitel  =  Werke 
XXI,  299 ff.;  zuerst  in  den  Grenzboten  1864,  II, 
336  ff.)  auf  Grund  einer  zeitgenössischen  Flug¬ 
schrift  geschildert.  Den  Braunschweiger  Auf¬ 
stieg  vom  10.  August  1788  behandeln  Knigges 
Roman  „Die  Reise  nach  Braunschweig“  (Hann¬ 
over  1792)  und  zahlreiche  Einzelschriften  (un¬ 
vollständig  verzeichnet  im  Braunschweigischen 
Magazin  1908,  Nr.  5).  In  Berlin  hat  ihn  am 
29.  Sept.  1788  der  junge  Alexander  von  Hum¬ 
boldt  aufsteigen  sehen,  der  zwei  Tage  später 
in  einem  Brief  an  Wegener  ausführlich  über 
seine  Persönlichkeit  und  über  seine  Maschine 
berichtet  (Briefe  an  Wegener,  herausg.  von 
A.  Leitzmann,  Leipzig  1896,  S.  26.  1 03  f. ;  Bruhns’ 
Biographie  I,  72).  Mit  Versen  hat  sich  schon 
am  30.  Januar  1785  der  Halberstädter  Klamer 
Schmidt  „An  Blanchard,  als  er  seinen  Flug 
über  den  Kanal  getan  hatte“  gewendet  (Leben 
und  auserlesene  Werke,  Stuttgart  und  Tübingen 
1827,  II,  129.)  Fulda,  der  Verfasser  der  „Tro¬ 
galien  zur  Verdauung  der  Xenien“,  hat  den 
Luftschiffer  noch  1797  gegen  die  Xeniendichter 
in  Anspruch  genommen  (Nr.  44): 

„Leicht  ist  das  Werk,  doch  enthälts  viel  Plumpes. 

Also  fuhr  Blanchard 

Mit  dem  leichten  Ballon  über  den  Pas  de  Calais“; 
und  Voß  verspottete  die  alten  Metriker  mit 
folgendem  „feurigen  Satz  für  die  Baßgeige“: 

„Freund,  komm  heut  Nachmittag  her,  sieh  Herrn 

Blanchards  neu  Luftschiff  hoch  aufziehn“, 

der  einen  Hexameter  vorstellen  soll.  In  feier¬ 
lichen  lateinischen  Distichen  hatte  dagegen 
Seckendorff  schon  1785  den  Sturz  von  Blan¬ 
chards  Rivalen  Pilätre  de  Rozier  besungen,  der 
bei  dem  Versuch  den  Kanal  von  Boulogne 
aus  zu  überfliegen  durch  Platzen  des  Ballons 
mit  seinem  Genossen  Romain  in  die  Tiefe 
stürzte :  „Polydaei  Nemaei  Carmina  Varia  Selecta, 
Latina  et  Graeca  1785“  S.  65  (Bibliothek  in 


67 


Gießen;  Mittheilung  von  Rita  Minor):  Epita¬ 
phium  Pilastri  Romanique  unä  sepultorum. 
Daß  in  der  Totenklage  um  diesen  ersten  ver¬ 
unglückten  Luftfahrer  Daedalus  oft  genug 
herangezogen  wird,  versteht  sich  von  selbst. 

Um  diese  Zeit  begann  das  Luftschiff  auch 
die  Großen  unserer  Literatur  zu  interessieren. 
Auch  hier  geht  Wieland,  der  jeder  Neuigkeit 
seine  Aufmerksamkeit  schenkte,  voran :  er  schrieb 
im  Teutschen  Merkur  1783  (IV,  69 f.)  über  „die 
Aeropetomanie“  (d.  h.  die  Kunst  zu  fliegen) 
und  1784  (I,  69  f.  und  i4of.)  über  die  Aero¬ 
nauten.  Aber  auch  Klopstock  sagte  in  einem 
Gespräch  mit  Rinck  (Tagebuch  183),  er  freue 
sich  sehr,  daß  er  das  noch  erlebt  habe;  mit 
Charles  ginge  er  selbst  gleich  in  die  Luft,  wie 
er  im  Schlafrock  und  in  der  Mütze  dastehe, 
käme  aber  Montgolfier,  so  würde  er  sich  vorher 
anziehen  und  bedenken  —  er  war  also  für  den 
Wasserluftballon  von  Charles  gegenüber  dem 
Heißluftballon  von  Montgolfier.  Mit  heller  und 
fast  kindlicher  Freude  begrüßte  Goethe,  wie 
seine  gleichzeitigen  Briefe  an  Lavater  und  die 
Frau  von  Stein  zeigen,  die  neue  Erscheinung; 
und  noch  aus  später  Erinnerung  hat  er  sie  als 
„weltbewegend“  anerkannt.  Er  hat  auch  gleich 
im  Faust  von  ihr  Gebrauch  gemacht  und  den 
Mephisto  ein  bißchen  „Feuerluft“  bereiten  lassen, 
worunter  aber  nicht,  wie  Morris  meint,  erwärmte 
Luft,  sondern  Brenngas  zu  verstehen  ist,  wie 
sich  aus  Lichtenbergs  Briefen,  wo  die  Erfin¬ 
dung  dem  berühmten  Scheele  in  Schweden 
zugeschrieben  und  ihre  Darstellung  ausführlich 
geschildert  wird  (II,  26),  deutlich  ergibt;  auch 
Goethe  war  also  für  die  Charlieren  gegenüber 
den  Montgolfieren,  wie  Klopstock.  Der  Grund 
wird  wohl  gewesen  sein,  daß  Dr.  Bucholz,  der,  wie 
wir  aus  denselben  Briefen  erfahren  (II,  104),  den 
Weimarischen  Herrschaften  Experimente  mit 
den  Montgolfieren  vormachte,  mit  ihnen  kein 
Glück  hatte.  Auch  später  hat  Goethe  bekannt¬ 
lich  im  Faust  von  den  Luftfahrten  wiederholt 
Gebrauch  gemacht;  und  er  vergleicht  nicht 
bloß  Voltaire  mit  einem  Luftballon,  das  Bild 
von  den  Montgolfieren  blieb  ihm  auch  in  Schriften 
und  Briefen  geläufig.  Seine  Äußerungen  über  die 
Luftschiffahrt  hat  Adolf  Teutenberg  im  Hannover¬ 
schen  Kurier  (1908,  Nr.  27691)  keineswegs 
vollständig  zusammengestellt.  Daß  auch  die 
Frau  Rat  mit  Leib  und  Seele  bei  der  neuen 
„Kunst“  (denn  als  solche  erschien  sie  den  Zeit- 


68 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


genossen  des  Berufsluftschiffers)  war,  würden 
wir  nicht  anders  erwarten,  auch  wenn  es  nicht 
durch  ihre  Briefe  (Ausgabe  von  Köster  I,  132 
150,  187;  II,  224)  bezeugt  wäre.  Von  der  tech¬ 
nischen  Seite  mußte  sie  natürlich  am  meisten 
Teilnahme  und  Verständnis  bei  dem  Physiker 
Lichtenberg  finden,  dessen  Briefe  und  Schriften 
aus  jenen  Jahren  fast  auf  jeder  Seite  davon 
Zeugnis  geben  und  den  Laien  auch  heute  noch 
über  die  wissenschaftlichen  Prinzipien  am  besten 
orientieren,  die  damals  in  Frage  standen.1 

Wie  man  nun  im  XVIII.  Jahrhundert  ge¬ 
wohnt  war,  an  die  Wanderungen  des  ewigen 
Juden  oder  des  wiederkehrenden  Heilands  oder 
irgend  einer  erfundenen  Person  Schilderungen 
geschichtlicher  und  geographischer  Zustände 
zu  knüpfen,  so  konnte  das  Luftschiff  un¬ 
möglich  zu  solchen  Zwecken  unbenützt  bleiben. 
Es  war  ja  nicht  bloß  die  Eroberung  der  Luft, 
sondern  auch  die  Erhöhung  und  Erweiterung 
des  Gesichtskreises,  die  man  sich  von  ihm  ver¬ 
sprechen  durfte.  In  England  erschien  schon 
1785  in  2  Bänden:  „The  aerostatic  Spy:  or 
Excursions  with  a  Ballon  .  .  .  By  an  aerial 
Traveller.  London,  Symonds“.  Dieses  Werk 
wurde  in  den  folgenden  Jahren  wiederholt  ins 
Deutsche  übersetzt;  freilich  scheint  es  sich  dabei 
meistens  nur  um  Titelauflagen  zu  handeln.  Kaysers 
Bücherlexikon  (6,  351)  verzeichnet:  „Der  aero- 
statische  Zuschauer,  oder  Streifereien  mit  einem 
Luftschiffe,  aus  dem  Englischen,  Leipzig  1787, 
Schneider  (2  Theile)“.  Eine  spätere  Ausgabe: 
„Der  aerostatische  Zuschauer  oder  Beschreibung 
einer  Luftreise  nach  verschiedenen  Weltgegen¬ 
den,  besonders  in  Rücksicht  auf  ihre  Bewohner. 
Aus  dem  Englischen,  Leipzig,  Schneider  1788 
(2  Theile,  296  S.)“  ist  in  der  Allg.  Literatur¬ 
zeitung  1787,  IV,  616  f.,  in  der  Allg.  Deutschen 
Bibliothek  1789,  II,  596,  und  in  den  Tübinger 
Gelehrten  Anzeigen  1788,  S.  584  besprochen. 
Eine  bloße  Titelauflage  scheint  auch  zu  sein: 
„Wie  gehts  auf  der  Welt,  oder  Besuche  in 
allen  vier  Welttheilen,  unter  Führung  eines 
Genius.  Aus  dem  Englischen,  Leipzig,  Schneider 
1789,  2  Theile,  296  Seiten“,  angezeigt  in  der 
Allg.  Literatur-Zeitung  1790,  I,  460  (bei  Kayser 


6,  227  unter:  Leipzig,  Linke,  1790).  Weniger 
Glück  scheint  ein  weibliches  Seitenstück  des 
Aeronauten,  in  Versen,  gehabt  zu  haben;  es 
ist  nicht  übersetzt  worden:  „The  female  Aero¬ 
naut,  a  poem,  dedicated  to  Mrs.  Errington. 
London,  Swift  1785.  4“. 2 

Für  die  Schnelligkeit,  mit  der  sich  die 
niedere  Literatur  sofort  des  volkstümlichen 
Stoffes  bemächtigte,  sprechen  die  folgenden 
Titel: 

Friedrich  Gustav  Hagemann,  Die  Luftkugel. 
Ein  Beitrag  zur  Bibliothek  theatralischer  Schnur¬ 
ren,  aus  einer  Geschichte  unseres  aerostatischen 
Jahrhunderts.  Hamburg  1784. 

Anton  Mayer,  Die  Luftkugel,  Ballett,  Köln 
o.  J.  (Riemann,  Opernlexikon:  ca.  1796). 

Theophilus  Friedrich  Ehr  mann,  Der  Luft- 
ivagen  oder  die  Reise  in  den  Mond.  Aus  dem 
Französischen,  Straßburg  1785  (nach  Kayser 
auch  schon:  Leipzig  1784). 

(Anonym):  Die  Lufttnaschine  oder  die  ent¬ 
führte  Jüdin,  Ballett,  in  Rostock  am  4.  Juli  1784. 
gegeben  (Schacht,  Gesch.  des  Rostocker 
Theaters  62). 

Emanuel  Schikaneder:  Der  Luftballon,  Sing¬ 
spiel,  Musik  von  Benedikt  Schack  (Cziak),  Salz¬ 
burg  1786  (Riemann;  fehlt  bei  Komorczynski 
und  bei  Weilen,  Gödeke  V,  310). 

Christoph  Friedrich  Bretzner:  Die  Luftbälle 
oder:  Der  Liebhaber  ä  la  Montgolfier ,  Leipzig 
1786  (=  Schauspiele  von  Bretzner  III;  in  Rostock 
nach  Schacht  62  u.  d.  T.:  „Die  beiden  Luftbälle“ 
gegeben);  als  Singspiel,  mit  Musik  von  Fer¬ 
dinand  Fränzl,  Straßburg  1788.  (In  der  Neuen 
Freien  Presse  vom  23.  Dezember  1908  Nr.  15928 
wird  im  Hinblick  auf  Schiller  Brief  an  Huber  vom 
16.  Mai  1786  die  Vermutung  ausgesprochen, 
daß  Schiller  für  dieses  Singspiel  Fränzls  einige 
Arien  gedichtet  habe.) 

Peter  Reuß,  der  Sohn :  Der  Luftballon.  Sing¬ 
spiel,  Augsburg  o.  J.  (Fernbach). 

(. Maximilian  Blaimhofer):  Die  Luftschiffer 
oder  der  Strafplanet  der  Erde,  Singspiel. 
Augsburg,  Stage  1786  (auch  Leipzig  1787  und 
Köln,  Imhof  1787). 

{Franz  Xaver  Huber):  Die  Luftfahrt  in 


1  Ich  gebe  die  Stellen  nach  der  Ausgabe  von  Leitzmann  und  Schüddekopf,  Leipzig  1901 — 4,  genau  an:  II  94,  98, 
104,  Io6f.,  HO — Il6,  121 — 6,  I28f.,  134,  139,  176,  181,  I92f.,  208,  235.  237,  238,  249  f.  (Anmerkungen  393  ff.,  400, 
405).  III  40  ff.,  204 f.,  249,  251  (Anmerkung  306).  In  den  sehr  sorgfältigen  Anmerkungen  findet  man  auch  die  ein¬ 
schlägigen  Schriften  Lichtenbergs  verzeichnet. 

2  Die  Mitteilungen  über  die  beiden  englischen  Werke  und  die  Übersetzungen  verdanke  ich  A.  Rosenbaum. 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


69 


Augsburg ,  ein  komisches  Heldengedicht.  Ge¬ 
druckt  im  Monde  1787. 

(Anonym):  II  Ballone  volante ,  l’asino  e  il 
cavallo;  Apologi  Borgiani,  Napoli  1789. 
(A.  Rosenbaum.) 

Christian  Ludwig  Dietter:  Der  Luftballon, 
Singspiel,  Stuttgart  (Riemann:  ca.  1789). 

Friedrich  B  ( outerweck ) :  Der  Luftball.  (Ge¬ 
dicht  in  Bürgers  Akademie  der  schönen  Rede¬ 
künste,  ersten  Bandes,  drittes  Stück  S.  342,  1791.) 

Adolf  Freiherr  von  Knigge :  Die  Reise  nach 
Braunschweig.  (Roman.)  Hannover  1792  (s.oben). 

{Friedrich  Wilhelm  August  Bratring) 1 ;  Die 
Luftjagd ,  am  22.  Mai  von  Berlin  gesehen  und 
bewundert.  Ein  komisches  Gedicht.  Berlin  1800. 
Teilweise  abgedruckt  bei  Geiger,  Berliner  Ge¬ 
dichte,  Berlin  1890,  S.  15 1  bis  156,  wo  S.  i5of. 
auch  ein  Gedicht:  „ Der  AeronauC  von  Seidel. 

In  Wien  war  man  von  Anfang  an  den  Be¬ 
strebungen  der  Luftschiffer  mit  Aufmerksamkeit 
gefolgt;  und  Hochstetter  hat  in  Gemmingens 
Magazin  der  Wissenschaften  und  Literatur 
(1784  und  1785)  darüber  berichtet.2  Schon  in 
Alxingers  „Doolin  von  Mainz“  (1787)  bedient 
sich  der  Held  Bertrand  des  Luftschiffes.  Im 
Wiener  Musenalmanach  wird  1790  (S.  108)  die 
Liebe  mit  einem  Lufballon  verglichen,  der 
zuerst  hoch  über  dem  Irdischen  dahinschwebt, 
sich  aber  bald  wieder  auf  die  Erde  senkt. 
Blumauer  verwendet  es  zu  parodistischen 
Zwecken  in  der  Aeneide.  In  würdigerer  Form 
stellt  der  greise  Denis  in  seinem  Schwanen¬ 
gesang  „Die  Aeonenhalle“  (1800;  Lit.  Nachlaß, 
Wien  1801,  S.  100  ff.)  die  neue  Erfindung  mit 
den  größten  Erfolgen  des  scheidenden  Jahr¬ 
hunderts  zusammen.  Zu  Anfang  des  neuen 
Jahrhunderts,  als  das  Interesse  für  die  Luft¬ 
schiffahrt  in  Deutschland  schon  stark  in  Ab¬ 
nahme  begriffen  war,  haben  hier  bald  nach¬ 
einander  zwei  seltsame  Köpfe  mit  „neuen  Ge¬ 
danken“  eine  Zeitlang  Aufsehen  gemacht.  Ohne 
von  den  Planetenromanen  des  XVII.  Jahr¬ 
hunderts  eine  Ahnung  zu  haben,  ließ  der 
biedere  Jacob  Kaiserer  seine  Erfindung  zur 
Wahrung  der  Priorität  im  Universitäts-Archiv 
versiegelt  niederlegen,  ehe  er  sich,  durch  einen 
französischen  Bürger  in  seinem  Anspruch  be¬ 
droht,  zur  Veröffentlichung  entschloß.  Seine 
Schrift  „Über  meine  Erfindung,  einen  Luftballon 


durch  Adler  zu  regieren,  Wien  bei  Löschen¬ 
kohl,  1801,  mit  1  großen  Tafel,  16  S.  40“, 
ist  einUnikum  der  Wiener  Fideikommißbibliothek; 
nach  einem  Katalog  von  M.  Hauptvogel  in 
Gotha  (Nr.  XXX)  muß  aber  ein  Faksimiledruck 
in  letzter  Zeit  veranstaltet  worden  sein.  Einige 
Jahre  später  machte  der  Wiener  Uhrmacher 
Degen  mit  seiner  Flugmaschine  Aufsehen  auch 
außerhalb  von  Österreich:  Goethe  wurde  auf 
ihn  aufmerksam  gemacht  (Schriften  der  Goethe¬ 
gesellschaft  18.  Band,  S.  219,  380);  Uhland 
schreibt  am  23.  April  1812  an  Kölle  (Erich 
Schmidt  S.  22):  „Was  die  Flugmaschine  betrifft, 
so  bewahre  der  Himmel  den  Almanach  vor 
ihrem  Schicksal;  sie  ist  bereits  zusammenge¬ 
schlagen,  nachdem  angesehene  Personen  die¬ 
selbe  in  Augenschein  genommen;  die  Gerüchte 
darüber  sind  sehr  mannigfaltig  und  unsicher“. 
Über  seine  Flugversuche  ist  neuerdings  in  der 
Neuen  Freien  Presse  vom  9.  August  1908, 
Nr.  15793  und  in  der  Oesterreichischen  Rund¬ 
schau  XVI.  Band,  3.  Heft,  S.  209  ff.  berichtet 
worden.  Wie  wenig  Vertrauen  man  damals 
der  Frage  nach  der  Lenkbarkeit  des  Luft¬ 
ballons  entgegenbrachte,  das  beweist  eine  in 
einer  Berliner  Zeitschrift  erschienene,  mir  nur 
aus  einem  Separatabdruck  bekannte  Abhand¬ 
lung:  „Kurze  Geschichte  der  Luftschiffkunst 
und  Übersicht  der  Ursachen,  warum  es  nie 
möglich  seyn  wird,  Luftbälle  .  .  .  mit  mensch¬ 
lichen  Kräften  nach  Willkür  zu  lenken“  (1809, 
86  S.  12°).  Das  Wiener  Volkstheater  ließ 
sich  dadurch  nicht  abhalten,  den  Luftballon  für 
seine  Zwecke  auszunützen.  Karl  Meisl  läßt 
in  seiner  mythologischen  Karikatur:  „die  Ent¬ 
führung  der  Prinzessin  Europa“  (1816)  den 
Merkur  im  Luftballon  und  die  Venus  in  ihrem 
Taubenwagen  auf  die  Bühne  kommen  (Thea¬ 
tralisches  Quodlibet,  Pesth  1 820,  I,  I  ff.)  und  in 
Raimunds  „Diamant  des  Geisterkönigs“  wird 
der  Luftballon  von  einem  Kolibri  kutschiert. 

Unter  den  Schriftstellern,  die  am  Beginn 
des  XIX.  Jahrhunderts  obenan  standen,  hat 
sich  keiner  so  sehr  für  das  Luftschiff  inter¬ 
essiert,  wie  Jean  Paul.  Schon  in  seiner  „Aus¬ 
wahl  aus  des  Teufels  Papieren“  (1789)  kommt 
es  vor.  Die  Stelle  im  Kampanerthal  (1798), 
wo  der  Chiaur  in  den  Luftball  steigt,  hat 
Lichtenbergs  Bewunderung  erregt;  der  Titan 


1  Den  Verfasser  hat  A.  Rosenbaum  ermittelt. 

2  Vgl.  Iganz  Schwarz  in  der  (Wiener)  Zeit  vom  15.  November  1908,  Nr.  2208. 


70 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


(1801)  enthält  in  seinem  komischen  Anhang 
die  Geschichte  des  Luftschiffers  Gianozzo;  und 
ein  Jahr  später  finden  wir  das  Luftschiff  in  der 
„wunderlichen  Gesellschaft  in  der  Neujahrsnacht“ 
(1802)  wieder.  (Vgl.  Hans  Brandenburg  in  der 
Rheinisch-WestphälischenZeitungi9o8,  Nr.  1242; 
mir  unzugänglich.)  Für  die  Romantiker  hätte 
es  freilich  recht  nahegelegen,  ihren  sehnsüch¬ 
tigen  Trieb  ins  Weite  anstatt  an  die  Wolken 
oder  an  das  rauschende  Bächlein  an  den  Luft¬ 
ballon  zu  knüpfen.  Das  ist  aber,  so  viel  ich 
sehe,  nirgends  geschehen.  Eichendorff  hat  zwar 
einen  Luftballon  aufsteigen  gesehen  (Tagebücher 
72  f.),  aber  in  seinen  Dichtungen  kommt  er 
nicht  vor.  Doch  ist  das  Luftschiff  von  den 
Romantikern  keineswegs  unbeachtet  gelassen 
worden.  Einer  von  den  vielen  Brüdern  Bren¬ 
tanos  scheint  sich  im  Traum  für  den  Erfinder 
des  Luftballons  gehalten  zu  haben,  wie  Clemens 
in  dem  Terzinengedicht  erzählt,  mit  dem  er  die 
Rosenkranzromanzen  einleitet. 

„Seht  hin, 

Spricht  er:  ,Seht  hin,  Geliebte,  seht,  es  schwebet 

Der  Luftball  hoch,  ich  habe  ihn  erfunden!1 

Dann  wirft  er  sich  im  Bette,  hoch  erhebt 

Die  Füße  er,  das  Haupt  hängt  er  nach  unten.“ 

In  dem  zweiten  Teil  der  Kronenwächter  von 
Arnim  macht  sich  der  Bruder  des  Grafen  von 
Stock  wie  Dädalus  Flügel,  um  zur  Geliebten  in 
das  gegenüberliegende  Nonnenkloster  zu  fliegen; 
und  in  der  Päpstin  Johanna  begegnet  man  einem 
Luftschiff.  Auch  bei  der  Günderode  kommt  das 
Motiv  vor  (Büsing,  Reihenfolge  der  Gedichte 
der  Günderode  S.  1 10  und  Anm.).  Wenn  Fouque 
am  22.  September  1812  an  A.  Wagner  schreibt 
(Mittheilungen  aus  dem  Berliner  Literatur- Archiv 
1898,  S.  104):  „Es  gibt  eine  Geschichte,  wie 
ein  Mann  mehrere  Adler  an  sich  festgeknüpft 
habe  und  so  im  Stande  gewesen  sei  zu  fliegen“, 
so  denkt  er  wohl  an  Grimmelshausen,  nicht  an 
Kaiserer.  In  den  „Hesperiden“  des  Grafen 
Loeben  (1816)  findet  sich  ein  Sonett  von 
(Zacharias)  Werner:  „Die  Luftschiffahrt“  (S.  102). 
Am  meisten  hat  sich  bekanntlich  Kleist  in  den 
Berliner  Abendblättern  mit  dem  Flugproblem 
beschäftigt;  die  Artikel  von  Kleist  selber  findet 
man  in  der  Ausgabe  von  Erich  Schmidt,  IV, 
201 — 207  (vgl.  die  Literatur  in  den  Anmer¬ 
kungen  und  die  Wochenschrift  Daheim  1908, 
XLIV,Nr.  52).  Berthold  Schulze  in  Kochs  Studien, 
VII,  35 8 ff.  verweist  gelegentlich  der  Kleistischen 


Artikel  auch  auf  das  „Russisch-Deutsche  Volks¬ 
blatt“  von  Kotzebue,  wo  „Der  I  limmelsbotc“, 
d.  h.  der  Luftballon  zur  Versendung  geheimer 
Briefschaften,  ein  stehender  Artikel  sei. 

Bei  keinem  anderen  deutschen  Stamm  war 
der  Drang  sich  in  die  Luft  zu  erheben  und  zu 
fliegen  so  stark,  wie  bei  dem  phantasievollen 
Volk  der  Schwaben.  I  Iier  konnte  Kerner  den 
Ludwigsburger  Totengräber  beobachten,  der 
sich  einbildete,  fliegen  zu  können  (Gaismaier, 
IV,  224  f.);  hier  war  auch  der  Schneider  von 
Ulm  zu  Hause,  auf  den  der  Vers  gemacht  wurde: 
„Der  Schneider  von  Ulm, 

Hat’s  fliag’n  probiert, 

No  hat  en  der  Teufel, 

In  d'  Donau  nei  g’führt.“ 

Unter  den  Schwaben  hat  Hölderlin  einen 
Hyperion  geschrieben  und  Waiblinger  einen 
Phaethon;  beide  haben  ihren  Helden  einen 
Beinamen  des  Helios,  des  Lenkers  des  Sonnen¬ 
wagens,  gegeben.  Und  es  sind  wohl  eigene 
Worte  des  wahnsinnigen  Hölderlin,  welche 
Waiblinger  seinem  Phaeton  in  den  Mund  legt: 
„Möcht’  ich  ein  Komet  sein?  Ich  glaube.  Denn 
sie  haben  die  Schnelligkeit  der  Vögel,  sie 
blühen  von  Feuer  und  sind  wie  Kinder  an 
Reinheit.  Größeres  zu  wünschen  kann  nicht 
des  Menschen  Natur  sich  vermessen.“  Wilhelm 
Hauff  hat  eine  humoristisch-satirische  Rede 
geschrieben,  in  welcher  der  Held  „sich  zu  der 
Luft-Gondel-Compagnie  versetzen  läßt,  welche 
damals,  da  die  Kunst,  in  der  Luft  zu  fechten, 
noch  in  der  Wiege  lag,  für  die  gefährlichste, 
aber  auch  ruhmvollste  galt“  (1827;  Hans  Hof¬ 
mann,  W.  Hauff,  S.  73  und  225!.);  keine  Phan¬ 
tasterei,  denn  in  Frankreich  bestand  in  der  Tat 
eine  Ecole  nationale  aerostatique  zu  Meudon  seit 
1794,  nachdem  der  Luftballon  schon  in  der 
Schlacht  bei  Fleurus  militärischen  Zwecken 
gedient  hatte.  Uhland  in  seinem  Drama  „Ludwig 
der  Bayer“  führt  einen  Fahrenden  Albertus  (seil. 
Magnus)  ein,  der  den  Österreicher  mittels  eines 
Faustmantels  aus  der  Gefangenschaft  befreien 
will.  Am  interessantesten  ist  wohl  das  wider¬ 
spruchsvolle  Verhalten  des  Romantikers  Kerner 
zu  der  neuen  Erfindung.  In  seiner  Jugend 
hatte  er  mit  Vergnügen  einen  Luftballon  auf 
dem  Marionettentheater  gesehen  (Mayer,  Uhland, 
I,  1 5 1  f.) ;  in  den  Reiseschatten  stichelt  er  nicht 
bloß  auf  die  Degenische  Flugmaschine,  sondern 
er  führt  in  dem  „Totengräber  von  Feldberg“ 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


7 1 


einen  Luftfahrer  ein,  der  im  Traum  zu  fliegen 
glaubt  (Gaismaier,  III,  213 fl;  139 fl).  1826  hat 
er  dann  dieses  Stück  in  die  Gedichte  auf¬ 
genommen  und  mit  der  warnenden  Überschrift 
„Ikarus“  versehen ;  1845  endlich  ist  im  Morgen¬ 
blatt  sein  Gedicht  „Unter  dem  Himmel“  (später: 
„Im  Grase“)  erschienen,  wo  den  Dichter,  der 
wieder  geträumt  hat,  daß  er  fliege,  sein  Liebchen 
belehrt,  daß  die  Kunst  zu  fliegen  vom  bösen 
Feinde  komme.  Also  genau  so,  wie  in  dem 
volkstümlichen  Spruch  auf  den  Schneider  von 
Ulm!  Darauf  hat  bekanntlich  Gottfried  Keller 
(Werke  X,  128  ff.)  mit  den  Versen  geantwortet: 
„Dein  Lied  ist  rührend,  edler  Sänger“.  In  neuerer 
Zeit  hat  sich  A.  von  Berger  auf  die  Seite  Kellers 
(Neue  Freie  Presse  19.  VII.  1908),  J.  V.  Widmann 
(a.  o.  O.  12.  VIII.  1908)  auf  die  Seite  Kerners  ge¬ 
schlagen.  Mörike  knüpft  die  Sehnsucht  gern 
an  das  Bild  vom  Luftschiff,  dessen  er  sich  in 
Briefen  (I,  53,  101)  und  auch  in  der  Mozart- 
Novelle  bedient;  in  den  Regenbrüdern  läßt  er 
den  Schulmeister  eine  Luftfahrt  auf  einer  Wolke 
machen. 

In  der  Unterhaltungsliteratur  begegnet  das 
Luftschiff  wiederum  öfter  in  den  20er  Jahren: 
Holteis’  Erzählung  „Der  Luftball“  in  der  Dres¬ 
dener  Abendzeitung  1819  (17.  September); 
Sessa,  Die  Luftschiffer,  Posse  in  1  Akt  (zuerst 
in  Holteis’  Jahrbuch  Deutscher  Nachspiele, 
3.  Jahrgang  1824);  H.  E.  R.  Belani  (=  K.  L. 
Häbertlin,  Gödeke,  VI,  415),  Das  Runenhaus 
und  die  Luftfahrten,  eine  Doppel-Novelle  1825 
(nach  A.  Rosenbaums  Mitteilung  zuerst  in 
Zschokkes  Erheiterungen  1825,  dann  in  Beianis’ 
Schriften,  Braunschweig  1827,  Band  X);  Herloß- 
sohn  (=  Clauren),  „Der  Luftballon  oder  die 
Hundstage  in  Schilda“,  ein  glück-  und  jammer¬ 
volles  Schau-,  Lust-  und  Thränenspiel  in  be¬ 
liebigen  Akten,  Leipzig,  1827“. 

Es  wird  nun,  in  den  Zeiten  der  Juli-  und 
der  Februarrevolutionen,  in  der  Literatur  recht 
still  über  die  Luftschiffahrt  oder,  wie  man 
damals  auch  sagte,  die  Luftschwimmkunst 
(A.  W.  Zachariae,  Geschichte  der  Luftschwimm- 
kunst  von  1783  bis  zu  den  Wendelsteiner  Fall¬ 
versuchen,  Leipzig  1828).  Sogar  die  berühmte 
Ballonfahrt  von  London  nach  Weilburg  im 
Jahre  1836  hat  in  der  Literatur  nur  eine  offi¬ 
zielle  Beschreibung  erhalten:  F— c  und  Sch. 
„Die  Reise  der  Herren  Kurt  Green,  Robert 
Hollond  und  Thomas  Monk — Mason  von  Lon¬ 


don  nach  Weilburg  am  7.  und  8.  November 
1836  in  dem  Luftschiffe  Royal-Vauxhall-Nassau. 
Mit  einer  Geschichte  der  Aeronautik  und  einer 
Lithographie  (das  Niedergehen  des  Ballons), 
Weilburg  1837“;  doch  hat  Mörike  Greens  Luft¬ 
ballon  noch  1851  aufsteigen  sehen  (Briefe  an 
M.  v.  Speth,  S.  63).  Stifter  in  seiner  Erzählung 
„Der  Kondor“  (zuerst  in  der  Wiener  Zeitschrift 
1840)  charakterisiert  ein  über  die  Grenzen  der 
Weiblichkeit  hinausstrebendes  Mädchen  durch 
den  Wunsch,  an  einer  Ballonfahrt  zu  wissen¬ 
schaftlichen  Zwecken  teilzunehmen;  sie  sinkt 
aber  in  Ohnmacht,  als  das  Luftschiff  sich  er- 
erhebt,  denn  „das  Weib  verträgt  den  Himmel 
nicht“.  Daß  sich  Fritz  Reuter  in  den  „Ollen 
Kamellen“  über  die  Luftschiffahrt  unterhält, 
darauf  hat  K.  Th.  Gädertz  jüngst  in  der 
Rheinisch- Westphälischen  Zeitung  1908,  Nr.  971 
aufmerksam  gemacht.  Dagegen  dürfte  der 
Titel:  „Luftschiffer,  Roman  von  Hermann  Schiff, 
Hamburg,  Hoffmann  und  Campe  1854“  bei 
Reher  verdruckt  sein;  denn  überall  sonst  lautet  er: 
„Luftschlösser“.  In  dem  „Fliegenden  Holländer“ 
aber  findet  sprachlich  dieselbe  Verwechslung 
der  Elemente  statt,  die  wir  umgekehrt  soeben 
in  der  „Luftschwimmkunst“  gefunden  haben. 

Eine  neue  Periode  beginnt  mit  den  Planeten¬ 
romanen  des  XIX.  Jahrhunderts,  die  ein  Motiv 
des  XVII.  wieder  aufgreifen.  Luftfahrten  kommen 
in  den  Romanen  von  J.  Verne,  C.  Flammarion 
und  Kurd  Laßwitz  allenthalben  vor;  aber  nicht 
immer  ist  das  Vehikel  ein  Luftballon,  wie  in 
J.  Vernes  „Cinc  semaines  en  ballon“  (1863) 
oder  in  Laßwitz’  „Auf  zwei  Planeten“.  Dieser 
Gattung  gehören  wohl  auch  noch  Masius’ 
„Luftreisen  und  Ballonfahrten“  ( 1 884)  an.  Durch 
seine  Beschreibung  der  mit  dem  Kapitän  Spel- 
terini  unternommenen  Luftfahrten  ist  J.  C.  Heer 
zuerst  bekannt  geworden  (Im  Ballon  1892).  In 
der  Novelle  finden  wir  das  Motiv  etwas  später 
in  Hans  Blums  „Versuchsballon“  (Westermanns 
Monatshefte,  Dezember  1898)  und  in  Thruds 
„Das  lenkbare  Luftschiff“  (Neue  Freie  Presse, 
5.  Februar  1902),  im  Romane  erst  wieder  nach 
fünfzehn  Jahren:  Arthur  Achleitner,  „Die  Luft¬ 
schiffer“  (Berlin  1904). 

Dieser  Roman  gehört  schon  der  letzten 
Periode  an,  der  Zeit  der  neuesten  technischen 
Erfolge,  wo  jeder  Zweifel  an  der  Möglichkeit 
verstummte  und  man  an  die  Erfüllung  der  viel¬ 
tausendjährigen  Sehnsucht  zu  glauben  begann. 


72 


Minor,  Die  Luftfahrten  in  der  deutschen  Literatur. 


Seit  dem  Jahre  1906  ist  das  Luftschiff  aus 
der  Literatur  nicht  mehr  verschwunden;  es 
herrscht  eine  ähnliche  Hochflut,  wie  in  den 
80er  Jahren  des  XVIII.  Jahrhunderts.  An  der 
Spitze  steht  des  Dichter-Ingenieurs  Max  Eyth 
posthumes  Werk:  „Der  Schneider  von  Ulm, 
Geschichte  eines  zweihundert  Jahre  zu  früh  Ge¬ 
borenen“,  (2  Bände,  Stuttgart  1906).  Komische 
Verwertung  findet  das  Motiv  in  Emil  Sandts 
„Cavete!  Eine  Geschichte,  über  deren  Bizarrerien 
man  nicht  ihre  Drohungen  vergessen  soll“ 
(1907);  und  in  den  Dichtungen  für  Kinder: 
Richard  Dehmel,  Fitzebutze,  Traumspiel  in 
5  Aufzügen  (Berlin  1907)  und  Karl  Franz  Ginz- 
key,  Hatschi-Bratschis  Luftballon.  Die  zahl¬ 
reichen  dichterischen  Grüße,  die  die  Fahrten 
des  Grafen  Zeppelin  im  August  1908  begleitet 
haben,  verzeichnet  das  Literarische  Echo  im 
X.  Jahrgang,  Sp.  1643  f.  Auf  ihn  bezieht  sich 
auch  Otto  Ernsts  „Tartuff  der  Patriot,  ein 
satirischer  Schwank  in  3  Akten“  (1908)  und 
Otto  Fuhrmann,  „Von  Eulenburg  zu  Zeppelin“, 
Zeitroman  (Berlin  1908).  In  dem  Stil  des 
Planetenromanes  bewegt  sich  August  Niemann: 
„Aetherio,  eine  Planetenfahrt“  (Regensburg  1909). 
Als  Zukunftsromane  geben  sich:  Dr.  Oskar 
Hoffmann,  „Die  Eroberung  der  Luft,  Kultur¬ 
roman  aus  dem  Jahre  1940“,  Berlin  und  Leipzig 
1908,  und  (anonym)  „Luftschiff  Nr.  13,  ein 
Zukunftsroman“  (Leipzig,  bei  Schlössel  1908). 
Etwas  früher  dürften  Ewald  Gerhard  Seeligers 
„Der  Schrecken  der  Völker,  ein  Weltroman“, 
der  mir  erst  in  der  vierten  Auflage  (Berlin, 
Concordia  1908)  bekannt  geworden  ist,  und 
Richard  O.  Frankfurters  „Das  Heil  der  Höhe“, 
Roman,  Berlin  (Oesterheld  &  Cie.)  1908,  er¬ 
schienen  sein.  Die  letzten  Dichtungen,  von 
denen  ich  erfahren  habe,  sind  Milena  Gnads 
„Hans  Christoffs  Luftschiffahrt  nach  Amerika“ 
(in  den  „Illustrierten  Märchen“)  und  der  Schwank 
„Das  Entführungsbureau“  von  Oskar  Friedmann 
und  Fritz  Burger,  der  Anfangs  1909  im  Intimen 
Theater  (Wien)  aufgeführt  wurde  und  in  dem 
man  „das  erste  lenkbare  Luftschiff  auf  der 
Bühne“  zu  sehen  bekam. 

Daß  die  Männer  der  älteren  Generation  auch 
jetzt  noch  mit  zwiespältigen  Empfindungen  in 
die  Zukunft  blickten,  darf  uns  nicht  Wunder 
nehmen.  Ferdinand  von  Saar,  der  die  Flug¬ 
maschinen  1899  als  fin  de  siede  betrachtete, 
sagt  zwei  Jahre  später:  Automobil  und  Luftschiff 


gehören  der  Jugend  und  einer  glücklichen  Zu¬ 
kunft  (Ausgabe  von  Minor  III,  65,  IV,  42).  Auch 
PaulHeyse  (Menschen  und  Schicksale,  Charakter¬ 
bilder,  Stuttgart  1908)  wird  der  neuen  Zeit 
völlig  gerecht.  Heinrich  Vierordt  dagegen 
spottet  in  seinen  „Deutschen  Hobelspänen“ 
(Heidelberg,  Karl  Winter  1908)  über  die  „Luft¬ 
schiftriesendrachenzigarre“  mit  einem  wahrhaft 
Klopstock’schen  Wortungetüm.  J.  V.  Widmann 
hat  in  einem  schönen  und  warmen  Artikel 
(s.  oben)  um  Schutz  für  den  „heiligen  Aether“ 
Hölderlinischen  Angedenkens  gebeten. 

Auch  fremdländische  Dichtungen,  die  diesen 
Lieblingsstoff  der  letzten  Jahre  behandeln,  haben 
in  Deutschland  mehr  Beachtung  gefunden,  als 
ihnen  ohne  die  lebhafte  Bewegung  des  Tages 
zuteil  geworden  wäre.  So  hat  man  auf  Jokais 
älteren  „Roman  des  künftigen  Jahrhunderts“ 
und  auf  Edgar  Allan  Poe  wieder  hingewiesen. 
Viel  gelesen  wurden  im  Original  und  in  der 
Übersetzung  die  beiden  Romane  H.  G.  Wells: 
„Der  Luftkrieg“  (The  war  in  the  air,  deutsch: 
Minden  1908  und  Stuttgart  1909)  und  Tono- 
Bungay  (London  1909),  von  denen  der  erste  den 
Weltkrieg  der  Zukunft  durch  die  deutschen  Luft¬ 
schiffe  entscheiden  läßt.  In  den  Niederlanden 
hat  sich  Hejermanns  mit  dem  Flugproblem 
satirisch  befaßt:  „Geflügelte  Thaten,  einige  ent¬ 
setzenerregende,  herzbeklemmende,  aber  keines¬ 
wegs  unmoralische  Familienabenteuer“  (deutsch 
von  R.  Rüben,  Berlin,  E.  Fleischel  1907)  und 
neuestens  auch  unter  dem  Pseudonym  Mr.  Icarus 
Forens  in  „De  groote  vlucht“  (Der  große  Flug), 
Satire  in  4  Aufzügen.  Zuletzt  hat  Henry  Kiste- 
maeker,  bekannt  als  Spezialist  in  Automobil¬ 
romanen,  in  französischer  Sprache  den  Stoff 
behandelt:  Aeropolis,  komischer  Roman  1909. 

Mit  der  literarischen  hängt  endlich  auch  die 
sprachliche  Seite  des  Themas  zusammen.  Wie 
jede  neue  Kunst  oder  Erfindung,  so  muß  sich 
auch  die  Eroberung  der  Luft  ihre  neue  Sprache 
schaffen.  Wie  schwankend  sie  bis  in  die 
neueste  Zeit  war,  haben  uns  schon  die  Bücher¬ 
titel  der  früheren  Jahrhunderte  gezeigt.  In  der 
Luft  fahren,  in  der  Luft  fliegen,  in  der  Luft 
schiffen  oder  schwimmen :  nach  drei  Elementen 
wird  die  neue  Kunst  benannt;  und  wenn  man 
noch  die  Feuerluft  zum  Auftrieb  hinzunimmt, 
dann  hat  man  gar  alle  vier  Elemente  beisammen. 
In  neuerer  Zeit  beginnt  man  hier  bereits  zu 
unterscheiden  begonnen;  man  redet  von  Fliegen 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


73 


bloß  bei  den  Flugapparaten,  mit  denen  sich 
ein  Mensch  in  die  Luft  erhebt,  und  bei  den 
Flugmaschinen,  die  sich  aus  eigner  Kraft  in  die 
Luft  erheben;  man  redet  aber  von  Luftschiffen, 
die  Menschen  in  die  Luft  zu  tragen  vermögen. 
Über  die  sprachliche  Seite  der  Frage  hat  zu¬ 
erst  W.  Feldmann  in  der  Vossischen  Zeitung 
1907,  Nr.  31 1  gehandelt;  später  hat  sich  die 
Zeitschrift  des  Allgemeinen  Deutschen  Sprach- 
vereines  in  ihrem  XXII.  und  XXIII.  Jahrgang 
wiederholt  mit  ihr  beschäftigt  und  auch  die 
technische  Literatur  hat  natürlich  oft  genug 
die  Notwendigkeit  erkannt,  auf  sie  einzugehen. 

Es  fällt  mir  selbstverständlich  nicht  ein, 
diese  Bibliographie  für  vollständig  zu  halten.  Wer 
seine  Kinderschuhe  in  der  Literaturgeschichte 
einmal  ausgetreten  hat,  weiß,  daß  Vollständig¬ 
keit  in  solchen  Dingen  überhaupt  nicht  zu  er¬ 


reichen,  aber  auch  gar  nicht  zu  wünschen  ist. 
Es  tritt  bei  solchen  Stoffsammlungen  an  einem 
gewissen  Punkt  immer  eine  Sättigung  ein,  wo 
man  weder  mehr  an  Umsicht  noch  an  Einsicht 
gewinnt,  wo  es  sich  dann  nur  mehr  um  die  An¬ 
häufung  von  Titeln  und  Zitaten  handelt.  Einen 
ungefähren  Überblick  über  das  Thema  und 
über  die  verschiedenen  Seiten  seiner  bisherigen 
poetischen  Verwendung  werden  diese  Blätter 
doch  gegeben  und  den  Leser  überzeugt  haben, 
daß  es  sich  nicht  um  vereinzelte  und  zusammen¬ 
hangslose  Erscheinungen  handelt.  Größere 
Lücken  auszufüllen,  wird  den  Lesern  dieser 
Zeitschrift  wie  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  in 
Jahr  und  Tag  Gelegenheit  genug  geboten 
werden.  Ist  nur  erst  einmal  eine  Rubrik  er¬ 
öffnet,  dann  weiß  man  auch,  wo  man  seine 
Lesefrüchte  unterbringen  kann. 1 


Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 

Von 

Dr.  Hans  Sachs  in  Berlin. 


Mit  3  Abbildungen  und  einer  Tafel. 


er  Kunst  des  Buchbindens  ist  im  XIX. 
Jahrhundert  durch  die  sich  immer  mehr 
vervollkommnende  Maschinenarbeit  ein 
arger  Feind  erwachsen.  Sie  erleichterte 
dem  Publikum  durch  die  in  tausenden  von  Exem¬ 
plaren  hergestellten  Fabrik-  und  Verlegereinbände 
die  Anschaffung  bereits  gebundener  Bücher;  die 
Aufträge  fiir  kunstvoll  mit  der  Hand  hergestellte 
Bucheinbände  wurden  immer  seltener  und  blieben 
schließlich  auf  einen  Kreis  von  Bibliophilen  und 
Liebhabern  eines  künstlerischen  Bucheinbandes  be¬ 
schränkt,  deren  Zahl  noch  vor  etwa  20 — 30 
Jahren  bei  uns  in  Deutschland  eine  erschreckend 
geringe  war.  Seit  dieser  Zeit  ist  der  Luxusbuch¬ 
einband  wieder  mehr  zu  Ehren  gekommen,  durch 
neue  Ornamentik,  neue  Techniken,  neue  Aus¬ 
drucksformen  wurde  die  Kunst  des  Buchbindens 
wieder  frisch  belebt  und  heute  wächst  die  Zahl 
derer,  die  ihr  eine  sorgsame  Pflege  und  künst¬ 
lerisches  Interesse  entgegenbringen,  wieder  in  er¬ 
freulicher  Weise. 

Das  Material  für  diese  Luxuseinbände  ist  das¬ 
selbe  geblieben,  seit  man  überhaupt  darauf  bedacht 
war,  dem  Buche  eine  feste  und  solide  Hülle  zu 
geben,  die  es  vor  Beschädigung  aller  Art  schützt. 


Es  ist  Pergament  oder  das  mit  Handvergoldung 
verzierte  Leder,  das  uns  in  den  verschiedensten 
Sorten,  in  mannigfachster  Bearbeitung  entgegen¬ 
tritt.  So  erfreulich  auch  die  Leistungen  sind,  die 
wir  namentlich  in  Deutschland  hier  zu  verzeichnen 
•haben,  nachdem  uns  England  und  Frankreich  in 
der  Neubelebung  des  Luxuslederbandes  um  bei¬ 
nahe  zwei  Jahrzehnte  vorausgegangen  sind,  so 
haftet  diesen  Einbänden  doch  der  große  Fehler 
ihres  verhältnismäßig  hohen  Preises  an.  Ohne 
den  Besitzern  wertvoller  Bucheinbände  zu  nahe 
treten  zu  wollen,  muß  ich  gestehen,  daß  ihr  Besitz 
in  meinen  Augen  manchmal  eher  einen  Schluß 
auf  die  Mittel  des  Besitzers  als  auf  seine  künst¬ 
lerische  oder  ästhetische  Kultur  zuläßt.  Diese 
prägt  sich  viel  eher,  viel  bezeichnender  in  den 
hunderten  von  scheinbar  nebensächlichen  Kleinig¬ 
keiten  aus,  die  der  Einzelne  zu  seinem  täglichen 
Gebrauche  bestimmt.  Es  ist  die  „Ästhetik  des 
Unbedeutenden“,  wie  ich  mich  ausdrücken  möchte, 
an  der  man  vielleicht  den  künstlerischen  Ge¬ 
schmack  des  Einzelnen  bemessen  darf.  Man  setzt 
sich  an  eine  reich  besetzte  Tafel,  die  in  herr¬ 
lichstem  Blumenschmuck  prangt,  speist  von  Tellern, 
deren  Muster  und  Verzierung  Peter  Behrens’  oder 


1  Einige  auf  der  Korrektur  gemachte  Zusätze  verdanke  ich  den  Damen  Elsner,  Horner  und  Puppini,  und  den 
Herren  Jaffe,  Lesowsky,  Mennbier,  Paponsek,  Stöger  und  C.  Schüddekopf. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  IO 


74 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


Bruno  Pauls  Kopf  entstammt,  schlürft  den  Sekt 
aus  Gläsern,  deren  kühner  Schwung  in  Hugo  Ol¬ 
brichs  Künstleratelier  geboren  wurde,  viel  mehr 
als  alles  das  kann  das  Aussehen  der  Menukarte 
verraten,  die,  als  ob  sie  garnicht  dazu  gehörte, 
ihr  papiernes  Dasein  dazu  mibbraucht,  um  unser 
Auge  mit  den  süßlichsten  Rosenranken,  einem 
goldverzierten  Rokokodurchbruch,  einem  lieb¬ 
lichen  Tannenzäpfchen  oder  einer  sinnlosen  Mond¬ 
landschaft  zu  beleidigen.  Und  während  der  Gast¬ 
geber  erzählt,  welches  erlesene  Kunstwerk  von 
Erler  oder  Bohle  er  aus  der  letzten  Ausstellung 
für  seinen  Salon  rettete,  während  er  über  Bartho¬ 
lome  und  Liebermann,  Böcklin  und  Triibner  nach¬ 
schwatzt,  was  ihm  seine  Tageszeitung,  was  ihm 
der  Kunstkritiker,  der  natürlich  an  seiner  Tafel 
saß,  vorher  berichtete,  da  lohnt  es  sich  einmal 
einen  Blick  auf  seinen  Schreibtisch  und  die  Neu¬ 
jahrskarten  zu  werfen,  die  er  alljährlich  zu  ver¬ 
schicken  pflegt.  Sie  erheben  schwere  Anklage 
gegen  ihren  Käufer,  denn  sie  sind  schauderhaft, 
süßlich,  geschmacklos  bis  zum  äubersten.  Ich 
möchte  übrigens  nicht  mibverstanden  werden  und 
darf  vielleicht  deshalb  meine  kleine  Exkursion  in 
die  Ästhetik  des  Unbedeutenden  noch  einen  Augen¬ 
blick  weiterführen.  Ich  verlange  natürlich  nicht, 
dab  nun  jeder,  dem  nur  ein  bißchen  künstlerisches 
Gefühl  eigen  ist,  für  jede  Menukarte,  die  die 
Speisen  eines  Diners  verraten  soll,  einen  Ernst 
Liebermann  oder  Emil  Orlik  bemüht  und  ihre  ad 
hoc  gelieferten  Arbeiten  in  Drei-  oder  Vierfarben¬ 
druck  übertragen  läßt.  Ich  verlange  nicht,  dab 
nun  jeden  Briefbogenkopf,  jede  Familiennachricht, 
die  in  die  Welt  hinausgeht,  eine  Radierung  von 
Alois  Kolb  oder  Willy  Geiger  ziert.  Es  kann 
jemand  sicherlich  ein  grober  Kunstfreund,  ein 
verständnisvoller  und  feinsinniger  Förderer  der 
schönen  Künste  sein,  er  richtet  aber  nur  sein 
Interesse  auf  die  großen  Werke  der  Malerei  und 
Plastik  und  spricht  —  und  auch  seinen  Stand¬ 
punkt  müssen  wir  achten  —  der  Kunst  die  Be¬ 
rechtigung  ab,  ein  alltägliches  Ereignis,  die  Be¬ 
kanntmachung  einer  Familienangelegenheit  mit 
ihrem  Geiste  zu  erfüllen,  er  sieht  vielleicht  nur 
Spielerei  in  jeglicher  Art  von  Gebrauchsgraphik. 
Was  ich  verlange,  ist  nur,  daß  unsere  gebildeten 
Kreise  aufhören,  die  Industrie  der  Millionen  ge¬ 
schmackloser  Erzeugnisse,  die  Industrie  der  Stil- 
losigkeiten  und  Banalitäten  zu  unterstützen.  Es 
gibt  genügend  Künstler,  und  es  gibt  schon  genug 
gutes  Material  für  Menukarten,  Glückwunsch¬ 
karten  und  ähnliches,  und  wem  es  überflüssig  er¬ 
scheint,  die  Kunst  hier  ein  Wort  mitsprechen  zu 
lassen,  der  wähle  das  Nichtssagende  und  Unper¬ 
sönliche,  das  Unaufdringlichste  und  Ruhigste,  lasse 
dem  Papierhändler  seine  Kirschenbouquets,  die 
Delfter  Mädchen  und  unverstandenen  Biedermeier¬ 
schnörkel  und  begnüge  sich  mit  Monogramm  und 
Goldrand. 

Ich  kam  von  meinem  eigentlichen  Thema 
scheinbar  weit  ab  und  doch  führt  mich  der  Gast¬ 


geber  mit  seinen  Menu-  und  Glückwunschkarten 
wieder  darauf  zurück.  Ich  selbst  nehme  nämlich 
sehr  gern  eine  ähnliche  Gelegenheit  wahr,  um 
mich  von  dem  künstlerischen  Empfinden  eines 
Menschen  zu  überzeugen.  Es  ist  die  Besichtigung 
einer  Büchersammlung,  mag  sie  groß  sein,  mag 
sie  nur  ein  paar  Dutzend  Werke  enthalten.  Nicht 
die  Prachteinbände  der  Verlegerwerke,  nicht  die 
kostbarsten  Lederarbeiten  mit  Goldverzierung  sind 
es,  die  meinen  Blick  zuerst  fesseln  und  mein  Ur¬ 
teil  über  das  künstlerische  Empfinden  des  be¬ 
treffenden  Besitzers  beeinflussen,  sondern  die  ein¬ 
fachen  schlichten  Bände,  die  auf  seinen  persönlichen 
Wunsch  entstanden  und  von  ihm  selbst  beim 
Buchbinder  bestellt  der  ganzen  Bibliothek  eine 
höchst  charakteristische  Note  verleihen  können. 
Sicherlich  haben  es  alle,  die  wirklich  bestrebt 
sind,  ihren  liebgewordenen  Büchern  ein  dem  In¬ 
halt  angemessenes  und  würdiges  Äußere  zu  geben, 
auf  dem  das  Auge  mit  Wohlgefallen  haften  bleiben 
kann,  und  denen  doch  die  Mittel  fehlen,  ein 
jedes  Buch  in  einen  Ganzlederband  mit  Handver¬ 
goldung  einzubinden,  mit  großer  Freude  begrüßt, 
daß  eine  schon  in  früheren  Jahrhunderten  ge¬ 
pflegte  Handwerkskunst  von  der  Industrie  des 
XIX.  Jahrhunderts  wieder  aufgenommen  und  von 
Künstlern  und  Kunsthandwerkern  von  neuem  be¬ 
lebt  worden  ist,  die  Fabrikation  der  Buntpapiere. 
Bei  verständigem  Gebrauch,  harmonischer  Zu¬ 
sammenstellung  und  diskreter  Auswahl  ihrer  Er¬ 
zeugnisse  setzt  sie  auch  den  minder  bemittelten 
Bücherfreund  instand,  seine  geistigen  Kostbar¬ 
keiten  in  gediegener  und  feierlicher,  dabei  durch¬ 
aus  individueller,  seinem  ureigensten  Geschmacke 
entsprechender  Weise  aufzuheben.  Es  war  ein 
bemerkenswertes  Verdienst  der  Leitung  des  Kgl. 
Kunstgewerbe-Museums  zu  Berlin,  dab  sie  vor  zwei 
Jahren  eine  Sonderausstellung  von  Buntpapieren 
veranstaltete,  die  durch  reiches  Material  über  Ge¬ 
schichte,  Wesen  und  Technik  der  Buntpapiere  auf¬ 
klärte  und  zeigte,  wie  viel  Gutes  auf  diesem  Ge¬ 
biete  schon  geleistet  worden  ist. 

Nicht  alle  unserem  Auge  bunt,  das  heißt  farbig 
erscheinenden  Papiere  können  wir  als  „Bunt¬ 
papiere“  bezeichnen.  Vielmehr  verstehen  wir  dar¬ 
unter  nur  solche,  die  nach  der  Fabrikation  des 
Papieres  mindestens  auf  einer  Oberfläche  verziert 
sind,  und  zwar  durch  Aufträgen  von  Farben,  Bronzen, 
Lacken,  gleichviel  ob  durch  Handbearbeitung  oder 
Maschinendruck.  Ist  hingegen  bereits  während 
der  Papierfabrikation  ein  Farbstoff  hinzugesetzt,  so 
haben  wir  nur  „gefärbte  Papiere“  oder  „farbige  Roh¬ 
papiere“  vor  uns,  die  uns  hier  nicht  interessieren. 

Als  das  Geburtsjahr  der  Buntpapierindustrie 
pflegt  man  das  Jahr  1808  zu  nennen,  in  dem  der 
Bankier  Alois  Dessauer  in  Aschaffenburg  die  Pa- 
pierfärbeeinrichtung  eines  kleinen  Buchbinders 
übernehmen  mußte.  Von  dort  verbreitete  sie  sich 
weiter  und  fand  bald  auch  in  anderen  Städten 
eine  Heimat,  wie  Fürth,  Dresden,  Breslau,  Kassel, 
namentlich  seit  dem  Beginn  der  Maschinenpapier- 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


75 


Abb.  x. 


fabrikation  im  Jahre  1820,  die  etwa  20  Jahre 
später  auch  in  der  Buntpapierindustrie  das  hand¬ 
gefertigte  Papier  zu  verdrängen  begann.  Trotz¬ 
dem  wissen  wir,  daß  alte  Kunsthandwerker  schon 
lange  vor  dem  Jahre  1808  eine  Reihe  guter  Bunt¬ 
papiere  ersonnen  und  fabriziert  haben,  ja,  daß 
diese  in  manche  Registratur  und  Gerichtsschreiberei, 
als  Aktendeckel  oder  Hüllen  von  Kirchenrech¬ 
nungen,  eine  muntere  Fröhlichkeit,  eine  lustige 
Farbensymphonie  gebracht  haben,  die  gegen  das 
Grau  oder  Blau  unserer  heutigen  Kanzleien  merk¬ 
würdig  absticht. 

Da  hatte  man  früher  Prägepapiere,  ähnlich 
den  Ledertapeten,  welchen  durch  gravierte  Messing¬ 
platten  echte  Metalle  aufgeprägt  wurden,  nachdem 
die  Papierbögen,  die  aus  handfestem  Büttenpapier 
bestanden,  mit  einer  dunklen  Grundfarbe  gestrichen 


waren.  Wir  kennen  aus  jener  Zeit  reizvolle 
Muster  im  Ranken-  und  Bänderwerk  des  deutschen 
Barockstiles,  Blumen  und  graziöse  Schnörkel  im 
zierlichen  Rokoko,  zwischen  denen  sich  Heilige 
oder  Tiere  tummeln;  auch  Deckel  und  Vorsätze 
türkischer  Einbände  aus  dem  XVII.  Jahrhundert, 
in  denen  übermütige  Farbenfreudigkeit  mit  zarter 
inniger  Beschaulichkeit  abwechsek,  sind  uns  er¬ 
halten  geblieben.  Von  diesen  Zeichen  einer 
früheren  Buntpapierkunst  soll  hier  nicht  ge¬ 
sprochen  werden.  Nur  von  den  neueren  Erzeug¬ 
nissen  der  Buntpapierfabrikation  und  ihrer  Ver¬ 
wendung  möchte  ich  heute  einiges  berichten,  wo¬ 
bei  sich  naturgemäß  mancher  historische  Rückblick 
ergeben  wird. 

Nach  ihrer  Fabrikation  unterscheidet  man  sehr 
viele  Arten.  Kersten,  der  in  dieser  Zeitschrift  im 


76 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


Jahre  1900  einen  sehr  lesenswerten  größeren  Ar¬ 
tikel  über  das  Buntpapier  und  seine  Verwendung 
veröffentlichte,  kennt  an  100  von  einander  ab¬ 
weichende  Arten  der  Herstellung.  Für  uns  dürften 
wohl  heute  nur  fünf  nach  der  Art  ihrer  Fabri¬ 
kation  von  einander  verschiedene  Papiere  in  Be¬ 
tracht  kommen: 

1.  Streich-  und  Sprengpapiere,  denen  sich  die 
Aufsprengpapiere  anschließen, 

2.  Tunk-  und  Marmorpapiere, 

3.  Model-  und  Walzendruckpapiere, 

4.  Steindruckpapiere, 

5.  Kleisterpapiere. 

Neuere  Bestrebungen  haben  daneben  noch  den 
Linoleumschnitt  eingeführt,  von  dem  die  Bogen 
farbig  abgezogen  werden;  auch  die  Schablonen¬ 
technik  hat  neuerdings  reizvolle  Flächenmuster 
aufzuweisen. 

Die  einfachste  und  wohl  älteste  Art,  Papier 
farbig  zu  verzieren,  dürften  wir  in  der  Streich-  und 
Sprengtechnik  sehen,  bei  der  die  Farben  mittels 
Pinseln  oder  Bürsten  auf  das  Papier  aufgetragen 
wurden;  auch  feine  Gittersiebe  wurden  verwendet, 
mit  deren  Hilfe  man  kleine  Tropfen  andrer  Farbe 
dunkel  auf  hell  oder  hell  auf  dunkel  aufsprizte, 
ähnlich  wie  wir  noch  heute  mit  den  bekannten 
Spritzapparaten  allerhand  Muster  und  Ornamente 
auf  glattem  Papier  hervorbringen.  Wir  brauchen 
es  kaum  zu  bedauern,  daß  die  Industrie  des 
XIX.  Jahrhunderts  auch  diese  Handtechnik  in 
Maschinenarbeit  übernahm.  Das  in  endlosen 
Rollen  von  der  Papierbereitungsmaschine  ab¬ 
laufende  Papier  wird  heute  mechanisch  mit  Bürsten, 
Pinseln  und  Sieben,  mit  Säuren  und  Salzen  gleich¬ 
artiger,  regelmäßiger  und  sauberer  bearbeitet,  als 
dies  die  Handtechnik  vermochte.  Auf  diese  Weise 
stellt  man  heute  den  Kiebitzmarmor,  den  Türkisch¬ 
marmor  und  viele  andere  her,  die  wegen  ihrer 
großen  Billigkeit  z.  B.  sehr  viel  zu  Schulbüchern 
verwandt  werden.  Und  ich  glaube,  daß  es  man¬ 
chem  Leser  ähnlich  ergeht  wie  mir,  der  ich  mit 
dem  Begriffe  meiner  lateinischen  Schulgrammatik 
stets  auch  gleich  den  Gedanken  an  ein  hellbraun¬ 
dunkelbraun  gesprenkeltes  Papier  verbinde.  Die 
Technik  dieser  Papiere  hat  sich  in  kaum  mehr  zu 
übertreffendem  Grade  vervollkommnet,  doch  stehen 
sie  künstlerisch  auf  einem  bedauerlich  niedrigen 
Niveau.  Ich  meine,  daß  die  P'ortschritte  der  mo¬ 
dernen  P'arbenchemie  und  -technik  genügend  neue 
Mittel  bieten,  um  auch  saft-  und  kraftvollere,  im 
Muster  nicht  so  öde  und  langweilige  Papiere  an¬ 
zufertigen. 

Nach  ganz  ähnlichem  Verfahren  wird  auch  die 
Gruppe  der  sogenannten  Aufsprengpapiere  herge¬ 
stellt,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  hier  die 
Farbe  selbst  erst  im  Augenblicke  des  Aufspritzens 
entwickelt  wird.  Ein  Beispiel  soll  dies  verständ¬ 
licher  machen.  Allgemein  bekannt  ist  ja  das  Ge¬ 
heimnis  der  „sympathetischen“  Tinte:  Man  schreibt 
mit  einer  wässrigen  Lösung  von  gelbem  Blut- 
laugensalz,  welches  so  schwach  gelb  gefärbt  ist, 


daß  nach  dem  Eintrocknen  von  einer  Schrift 
nichts  mehr  zu  sehen  ist.  Überfährt  nun  aber  der 
Eingeweihte  hernach  den  Bogen  mit  einem  Pinsel, 
den  er  in  eine  ebenfalls  nur  ganz  schwach  ge¬ 
färbte  Eisenchloridlösung  taucht,  so  tritt  die  Schrift 
dunkelblau  hervor;  es  hat  sich  durch  Vermengen 
der  beiden  chemischen  Substanzen  eine  dritte, 
neue  gebildet,  das  Berliner  Blau,  welches  tief 
dunkelblau  gefärbt  ist.  Genau  das  Gleiche  voll¬ 
zieht  sich  bei  der  Herstellung  der  Aufspreng¬ 
papiere,  die  ebenfalls  chemischen  Prozessen  ihre 
Entstehung  verdanken:  Nachdem  die  Bogen  mit 
einer  Abkochung  von  Kreuzbeeren,  den  bekannten 
Früchten  des  Kreuzdornes,  oder  anderen  Säften 
bestrichen  sind,  werden  mit  Pinseln  oder  Sieben 
Tupfen  gewisser  Eisensalzlüsungen  aufgesprengt. 
Es  entsteht  nun  überall  da,  wo  diese  Salze  mit 
der  noch  nicht  ganz  trockenen  Kreuzbeerenbrühe 
auf  dem  Papier  in  Berührung  kommen,  eine  neue 
chemische  Verbindung,  die  sich  deutlich  durch 
andere  Farbe  markiert.  Stets  sind  die  so  ent¬ 
stehenden  Flecken  scharf  konturiert  und  außerdem 
mit  einem  dunklen  Saume  umgeben,  woran  sie 
als  Aufsprengpapiere  leicht  kenntlich  sind.  Hier¬ 
her  gehört  der  Gustav-  und  der  Achatmarmor. 

Künstlerisch  weit  höher  steht  die  zweite  Gruppe, 
die  der  Tunk-  oder  Marmorpapiere,  da  selbst  bei 
ausgedehntester  Verwendung  und  Vervollkommnung 
der  Maschinenarbeit  ihre  Fabrikation  ich  möchte 
sagen  persönlicher,  individueller  ist,  und  charak¬ 
teristische  Handarbeit  aufweist.  Der  Geschmack 
des  Fabrikanten,  die  Fähigkeiten  seiner  künst¬ 
lerischen  und  technischen  Angestellten  und  nicht 
zuletzt  das  Geschick  eines  geübten  Arbeiters  geben 
hier  den  Ausschlag  für  das  gute  Gelingen. 

Der  Name  Marmorpapiere  kennzeichnet  die 
Technik  durchaus  nicht,  obwohl  er  von  alters  her 
für  diese  Art  der  Buntpapiere  gebraucht  wird. 
Wir  sprechen,  wie  wir  vorhin  sahen,  heute  auch 
bei  der  Streich-  und  Sprengtechnik  von  Marmor¬ 
papieren  (Türkisch-Marmor  usw.)  und  ersetzen  bei 
dieser  zweiten  Art  von  Buntpapieren  den  Namen 
Marmorpapiere  weit  besser  durch  den  der  Tunk¬ 
papiere.  Zu  ihrer  Herstellung  wird  ein  flaches 
Becken  mit  einer  schleimigen  Masse  aus  Wasser 
und  isländischem  Moos  oder  Tragantgummi  gefüllt. 
Auf  diesen  schleimigen  Grund  wird  mittels  eines 
Pinsels  Farbe  aufgetropft,  die  mit  Ochsengalle 
oder  einem  anderen  Treibmittel  versetzt  ist.  Die 
Farben  schwimmen  nun  auf  der  Oberfläche  und 
werden  durch  das  Treibmittel  mehr  oder  minder 
stark  auseinander  und  gegeneinander  getrieben, 
ohne  sich  zu  vermischen.  So  entstehen  marmor¬ 
artige  Muster.  Man  kann  mit  dem  Pinsel  oder 
einem  Reisstrohbesen  neue  Tropfen  darauf  und 
dazwischen  spritzen  und  die  buntesten  Farbenbilder 
hervorrufen.  Durch  mechanische  Eingriffe  kann 
man  die  Farben  auch  bestimmter  mustern.  Mit 
einem  hölzernen  Stift,  einem  Pinselstil,  durch 
Kämme  von  verschiedener  Weite,  durch  Dreh¬ 
ungen  und  andere  Bewegungen,  die  man  mit  dem 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


77 


Becken  ausführt,  kann  man  andere  Muster  ziehen 
und  neue  Motive  zeichnen.  Nun  legt  der  Hand¬ 
werker  auf  die  Farbschicht  einen  Bogen  weißen 
Papiers,  der  die  Farbe  ansaugt,  hebt  ihn  schnell 
wieder  ab,  läßt  die  überschüssige  Flüssigkeit  ab¬ 
tropfen  und  hängt  ihn  zum  Trocknen  auf.  Jeder 
Bogen  wird  einzeln,  von  der  Hand  des  Arbeiters 
getunkt.  Und  die  Farbschicht  ist  jedesmal  zer¬ 
stört,  muß  von  dem  Schleimgrund  abgestrichen 
und  für  den  nächsten  Bogen  ganz  neu  hergestellt 
werden.  Hier  haben  wir  charakteristische  Einzel- 
und  Handarbeit;  kein  Bogen  gleicht  völlig  dem 
anderen.  Die  Technik  scheint  aus  der  Türkei  zu 
stammen,  denn  die  eingangs  schon  erwähnten 
türkischen  Einbände  und  Vorsätze  des  XVII.  Jahr¬ 
hunderts,  deren  die  hiesige  Königliche  Bibliothek 
prachtvolle  Beispiele  besitzt,  zeigen  diese  Kunst 
in  hoher  Blüte.  Auch  die  Franzosen  des  XVIII. 
Jahrhunderts  haben  die  Marmorierkunst  mit 
Meisterschaft  geübt.  Der  schon  erwähnte  Bankier 
Alois  Dessauer  begründete  in  Aschaffenburg  durch 
fabrikmäßige  Herstellung  dieser  Handpapiere  eine 
Industrie,  die  heute  tausende  von  Arbeitern  be¬ 
schäftigt  und  dem  deutschen  Werkfleiß  auch  auf 
dem  Weltmärkte  alle  Ehre  macht.  Man  bereicherte 
die  alten  Muster  und  ging,  ermutigt  durch  die 
Fortschritte  der  modernen  Farbenchemie,  zu  neuen 
Farbenkompositionen  über.  Der  durch  sie  natur¬ 
gemäß  bedingten  Verflachung  und  Verödung  un¬ 
seres  Farbengefühls,  das  in  den  siebziger  und 
achtziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  einen 
bedauerlichen  Tiefstand  erreichte,  sind  erfreulicher¬ 
weise  einzelne  Künstler  und  Kunsthandwerker  ent¬ 
gegengetreten,  die  durch  neue  Motive  und  Farben¬ 
kompositionen  diese  Handwerkskunst  von  neuem 
belebten  und  dem  Bücherfreunde  und  Buchbinder 
neue  Anregung  gaben.  In  Deutschland  hat  Otto 
Eckmann,  der  feinsinnige  Zeichner  und  Kolorist, 
die  ersten  anziehenden  Experimente  mit  neuartigen 
Tunkpapieren  gemacht.  Wundervolle  Farbenkom¬ 
positionen,  changierende  Muster,  regellos  ver¬ 
laufende  und  doch  wieder  wirkungsvoll  in  den 
Rahmen  eines  kleinen  Blattes  gespannte  Motive 
finden  wir  in  seinen  Tunkpapieren,  Muster  und 
koloristische  Wirkungen,  die  sich  schwer  be¬ 
schreiben  lassen.  Einmal  hat  er  in  übersprudelnder 
Laune  den  farbigen  Schleimgrund  mit  einem 
dicken  Schwamm  bearbeitet,  ein  andermal  mit 
zartesten  Kämmen  die  Oberfläche  gefurcht,  hat 
hier  ein  Pfauenauge,  da  zierliche  Blüten,  dort 
spinnwebenartige  Fäden  aus  seinem  toll  durchein¬ 
ander  gewirbelten  Arbeitsfelde,  dem  farbigen 
Schleimgrunde,  förmlich  herausgefischt. 

In  ähnlichem  Sinne  hat  Ernst  Leistikow,  der 
Bruder  des  verstorbenen  Führers  der  Berliner 
Secession,  in  Bromberg  gearbeitet;  wenn  sie  uns 
heute  auch  schon  etwas  wild  und  unruhig  er¬ 
scheinen  und  an  die  Zeit  der  sich  gewaltsam 
bahnbrechenden  ersten  Bestrebungen  des  modernen 
Kunstgewerbes  erinnern,  so  verdienen  sie  doch 
als  erfreuliches  Zeichen  einer  wiedererwachenden 


individuellen  Handwerkskunst  Beachtung.  Leisti¬ 
kow  arbeitete  mit  Ölfarben,  die  in  ähnlicher  Weise 
verwandt  wurden  wie  die  Ochsengallefarben,  ist 
aber  ohne  jede  Kenntnis  dieser  Technik  zu  seinem 
eigenen  Verfahren  gelangt.  Meist  ist  das  Blatt 
von  einer  dunkleren  Farbe,  von  der  sich  hellere 
wild  durcheinander  wirbelnde  Wellen  abheben,  die 
in  harmonischem  Farbenkontrast  zu  der  Grund¬ 
farbe  stehen.  Leistikow  erinnert  mich  in  diesen 
Arbeiten  oft  an  den  Dänen  Anker  Kyster,  den 
bekannten  Meister  in  der  Technik  des  Lederbandes 
und  der  Handvergoldung,  dessen  Arbeiten  auf 
dem  Gebiete  der  Buntpapiere  ich  allerdings  nicht 
sonderlichen  Geschmack  abgewinnen  kann.  Sie 
sind  trotz  eines  feinen  Farbensinnes  etwas  aus¬ 
druckslos  oder  im  Muster  zu  grob. 

Eine  besondere  Farbenfreudigkeit  spiegeln  die 
Arbeiten  der  Künstler  und  Kunsthandwerker  wieder, 
die  sich  in  Wien  in  den  Wiener  Werkstätten  zu 
gemeinsamer  Arbeit  vereinigt  haben.  Kolo  Moser, 
Joseph  Hoffmann,  Karl  Beitel,  deren  kunstgewerb¬ 
liche  Tätigkeit  ja  allgemein  bekannt  ist,  verwirren 
uns  in  ihren  Vorsatz-  und  Einbandpapieren  oft 
durch  das  kunterbunte,  bisweilen  bis  zur  Exzentrik 
gesteigerte,  das  Auge  irritierende  Spiel  von  Farben 
und  drolligen  Einfällen.  Polypenartige  Gewächse, 
Tupfen  von  der  Form  eigenartig  gestalteter  Ge¬ 
bilde,  die  wie  Mikroben  aussehen,  verschlungene 
Faserbildungen,  leuchtend  rote  und  blaue  Kugeln 
auf  gesprenkeltem  Grund,  Fische  oder  Vögel,  die 
sich  aus  buntverschlungenen  Ornamenten  lösen, 
alles  das  sind  nur  Worte,  die  die  Eigenart  dieser 
Arbeiten  kaum  wiedergeben  können.  Man  muß 
diese  Papiere,  dieses  Gewirr  von  Farben  in  der 
Verwendung  bewundert  haben,  um  die  richtige 
Schätzung  dafür  zu  haben.  So  sah  ich  jüngst  ein 
einfaches  Notizbuch,  in  schwarzweiß  gesprenkeltes 
Papier  gebunden,  auf  das  große  blaue  Tupfen  auf¬ 
gesprengt  waren;  dieselbe  blaue  Farbe  kehrte  in 
einem  schmalen  Bande  wieder,  das  den  daran 
hängenden  Bleistift  umschlang.  Erst  solche  Bei¬ 
spiele  illustrieren  wirksam  den  künstlerischen  Wert 
dieser  Papiere. 

Über  den  Model -  und  Walzendruck,  der  um 
die  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  aufkam  und  die 
bis  dahin  fleißig  geübte  Reliefprägung  ersetze,  läßt 
sich  nicht  viel  sagen.  Ein  Vorbild  gab  die  Kattun¬ 
druckerei,  die  mit  sogenannten  Holzmodeln  ihre 
Muster  aufdruckte.  Diese  Model  sind  Hartholz¬ 
klötze,  meist  aus  Buchsbaum  hergestellt,  in  die 
mit  dem  Stechzeug  des  Holzschnitzers  die  Zeich¬ 
nung  vertieft  und  negativ  eingeschnitten  wurde. 
Man  fand,  daß  die  Holzmodel,  mit  der  man 
den  Baumwollenstoff  musterte,  sich  ebenso  gut 
auch  auf  Papier  abdrucken  ließ.  Man  druckte 
einfarbig  oder  mittels  mehrerer  Blöcke  mehrfarbig, 
auf  weißes  oder  gefärbtes  Papier,  selbstverständlich 
mit  der  Hand,  und  hielt  sich  an  die  bis  dahin 
gepflegten  farbenfreudigen  Flächenmuster  der 
Kattundruckerei  mit  dem  bewegten  großblumigen 
Rokoko  oder  den  Streifen,  Streumustern  und 


73 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


gleichen  Arbeitswerkzeuges,  der  Holzmodel.  — 
Mit  den  Fortschritten  der  Industrie  ging  man 
dann  in  der  Buntpapierfabrikation  allmählich 
zu  den  billigeren  Messingwalzen  über  und  be¬ 
druckte  mit  ihnen  endloses  Rollenpapier.  #  Wir 
kennen  diese  frühen  Walzendruckmuster  noch 
von  den  ausdruckslosen,  üden  Rückseiten  der 
Spielkarten,  wo  es  erst  in  den  letzten  Jahren 
ganz  allmählich  von  geschmackvolleren  Fabri¬ 
katen  abgelöst  wird.  Trotzdem  mub  ich  ge¬ 
stehen,  dab  ich  persönlich  es  bedaure,  daß 
diese  Herstellungsart  der  Buntpapiere,  wie  mir 
Fachleute  versicherten,  vollkommen  eingeht. 
Denn  sie  erzielen  mit  ihren  simplen  antikisieren¬ 
den  Mustern  manchmal  höchst  ansprechende 
Wirkungen,  die  von  anderen  Techniken  kaum 
erreicht  werden  können  und  würden  sicherlich  bei¬ 
spielsweise  für  Vorsatz  und  Einbandpapiere  kleiner 
Notizbücher  weit  erfreulicher  wirken  als  die  nur 
leider  allzubekannten  blauroten  Tunkpapiere. 

Die  gröbere  Vervollkommnung  unserer  Druck¬ 
verfahren  seit  dem  Beginn  des  XIX.  Jahrhunderts 
hat  auch  der  Buntpapierindustrie  manches  Neue 
gebracht.  Am  wichtigsten  ist  wohl  der  Stein¬ 
druck  geworden,  der  sich  zu  einer  ausgedehnten 
Industrie  entwickelt  hat  und  für  Deutschland 
technisch  und  wirtschaftlich  von  hoher  Bedeutung 
geworden  ist.  Mit  ihm  begannen  allmählich  wieder 
frische  leuchtende  Farben  das  Buntpapier  aus 
seiner  farblosen  Langweiligkeit  herauszureiben. 
Jessen,  der  verdienstvolle  Leiter  der  Bibliothek 
des  Königlichen  Kunstgewerbe-Museums  in  Berlin, 
hatte  für  die  eingangs  erwähnte  Ausstellung  einen 
kleinen  höchst  instruktiven  Führer  herausgegeben, 
in  welchem  er  von  dieser  Art  der  Buntpapiere 
folgendes  sagt:  „Welche  Motive  im  einzelnen  ge¬ 
wählt  sind,  ist  gleichgültig;  man  kann  in  alten 
und  in  neuen  Ornamenten  geschmackvoll  und  ge¬ 
schmacklos  arbeiten.  Gegen  Modetendenzen  und 
Modenamen,  deren  die  Industrie  noch  immer  zu 
bedürfen  glaubt,  wie  etwa  die  sogenannte  Bieder¬ 
meierei,  sei  man  auf  der  Hut.  Nur  wenn  statt 
dessen  die  künstlerischen  Grundsätze  wieder  zu 
Worte  kommen,  wird  auch  bei  den  Buchbindern 
der  alte  Sinn  für  Farbenwerte  und  Flächenzeich¬ 
nung  sich  wieder  herstellen.“ 

Vom  künstlerischen  Gesichtspunkte  nehmen 
heute  unter  den  lithographierten  Buntpapieren 
zweifellos  die  Arbeiten  des  Karlsruher  Künstler¬ 
bundes  die  erste  Stelle  ein.  Seine  Mitglieder 
wissen  seit  langem,  dab  es  nicht  mehr  genügt, 
neue  Erfindungen  nur  zu  zeichnen  oder  zu  malen 
oder  gar  unzureichende  Skizzen  in  die  Werkstatt 
zu  schicken.  Die  rechte  Grundlage  aller  Formen¬ 
bildung  im  Kunstgewerbe  geben  vielmehr  die 
Technik  und  das  Material.  Deshalb  übertragen 
sie  selbst  seit  langem  die  Druckmuster  für  Bunt¬ 
papiere  selbst  auf  den  Stein.  Auch  im  übrigen 
Deutschland  fehlt  es  nicht  an  künstlerischem 
Nachwuchs  für  diese  neuen  Ansprüche  unserer 
Zeit.  An  verschiedenen  Orten  sind  ältere  und 


kleinen  Blumen  des  Stils  Louis  XVI.  Oft  betrieben 
sogar  die  Kattundruckereien  selbst  eine  kleine 
Nebenfabrikation  von  Buntpapieren  unter  Ver¬ 
wendung  ihrer  Model,  so  in  Augsburg,  Wien,  Ve¬ 
nedig.  Auch  diese  fröhlichen  Modeldrucke  finden 
wir  am  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts  im  Re¬ 
gierungsbezirk  Frankfurt  a.  O.  als  Aktendeckel 
oder  Umschläge  alter  Kirchenrechnungen.  Eine 
reizvolle  Abwechslung  brachte  man  noch  in  die 
Muster  hinein,  indem  man  eine  grobe  Anzahl 
kleiner  Messingstiftchen  in  die  Model  hineinschlug, 
die  nur  wenig  aus  dem  Holz  herausragten  und 
vor  dem  Druck  mit  einer  Bronze  bestrichen  wurden. 
Sie  musterten  den  Hintergrund  des  später  farbig 
abgezogenen  Bogens  in  eigenartiger  Weise. 

Noch  in  einem  anderen  Gewerbe  hat  man 
übrigens,  um  dies  hier  einmal  kurz  zu  streifen, 
solcherlei  Holzmodel  in  ausgedehntem  Mabe  ver¬ 
wendet,  in  dem  der  Honigbäcker  oder  Lebzelter, 
wie  sie  damals  noch  hieben.  Das  Muster,  das 
der  runde,  rautenförmige  oder  sechseckige  Kuchen 
später  zeigen  sollte,  wurde  recht  tief  aus  der 
Buchsbaummodel  herausgearbeitet,  sodann  prebte 
der  Lebzelter  den  dichten,  zähen,  gewöhnlich  aus 
Roggenmehl  bereiteten  Honigteig  hinein ,  nahm 
ihn  dann  vorsichtig  heraus,  trocknete  ihn  und  ging 
nun  erst  ans  Backen,  wobei  freilich  die  schönen 
scharfen  Konturen  der  Holzmodel  zum  Teil  wieder 
verloren  gingen.  Es  ist  jedenfalls  interessant  zu 
beobachten,  wie  damals  die  Kattundruckerei,  die 
Buntpapierfabrikation  und  die  Honigbäckerei 
Hand  in  Hand  gingen,  unter  Ausnützung  des 


Abb.  2 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


79 


jüngere  Kräfte  voll  Eifer  und  Begabung  dabei, 
die  Kunst  des  lithographischen  Buntpapieres  zu 
pflegen,  so  in  den  Kunstgewerbe-  und  Handwerker¬ 
schulen  in  Berlin,  Düsseldorf,  Dessau,  Magdeburg, 
Elberfeld  usw.  Von  großen  Firmen,  welche  die 
Buntpapierindustrie  mit  Steindruck  auf  eine  künst¬ 
lerisch  höhere  Stufe  zu  bringen  bestrebt  sind, 
möchte  ich  ganz  besonders  die  Anstalten  von 
Emil  Hochdanz  in  Stuttgart,  von  Busch-du-Fallois 
Söhne  in  Crefeld  und  Reichhold  in  München 
nennen.  Bedeutende  Künstler  haben  es  nicht  ver¬ 
schmäht,  durch  Entwerfen  von  Vorwürfen  für  litho¬ 
graphische  Buntpapiere  diese  Industrie  künstlerisch 
zu  beeinflussen,  ich  nenne  nur  Sattler,  E.  R.  Weiß, 
Hupp,  Pankok. 

Als  letzte  Gruppe  endlich  will  ich  noch  die 
Kleisterpapiere  kurz  besprechen.  Nicht  als  ob  ihre 
Anfertigung  ein  Erfolg  der  Neuzeit  wäre.  Im 
Gegenteil.  Schon  im  XVIII.  Jahrhundert  ist  diese 
Kunst  in  primitiver  Weise  von  den  alten  Buch¬ 
bindern  gepflegt  worden.  Aber  ich  sehe  gerade 
in  ihnen,  in  ihrer  Neubelebung,  ein  Wieder¬ 
erwachen  individueller  ästhetischer  Handwerkskunst, 
eine  Rückkehr  zur  künstlerischen  Durchbildung 
des  wohlfeilen  Bucheinbandes.  Ja,  noch  mehr; 
die  rasche  Vertrautheit  mit  dem  Material,  die 
technisch  einfachen  Handwerksmittel  ermöglichen 
es,  dem  künstlerisch  veranlagten  Bücherfreunde 
selbst  diese  Kunst  in  kurzer  Zeit  zu  erlernen 
und  seiner  Bibliothek  eine  durchaus  persönliche 
Note  zu  verleihen.  Auch  diese  Papiere  hat 
man  bereits  maschinell  herzustellen  versucht. 
Daß  der  feine  Reiz,  der  gerade  hier  in  der 
Anfertigung  durch  die  Hand  liegt,  gänzlich 
verloren  gehen  muß,  zeigen  die  Erzeugnisse 
dieser  Industrie.  Man  bedarf  nur  eines  ein¬ 
fachen  Buchbinderkleisters,  der  mit  einer  soge¬ 
nannten  Erdfarbe  zusammengerieben  wird.  Be¬ 
streicht  man  den  Papierbogen  mit  diesem  Ge¬ 
misch,  legt  zwei  derartig  vorbereitete  Bogen  mit 
der  Farbseite  aufeinander,  und  bestreicht  oder 
beklopft  nun  mit  einer  Bürste  oder  anderen 
Instrumenten  gleichmäßig  die  Rückseite,  so 
erhält  man  nach  dem  vorsichtigen  Abziehen  der 
Bogen  voneinander  eine  eigenartige  Musterung. 
Man  kann  natürlich  in  der  farbigen  noch 
feuchten  Kleistermasse  allerhand  Zeichnungen 
anbringen,  mit  einem  Kamm,  Streichhölzern 
oder  gezahnten  Brettchen,  mit  Pinsel  oder 
Finger,  mit  Schwamm  und  Hasenpfote,  durch 
Eindrücken  von  Holzstempeln  oder  Spitzen 
und  Borten. 

Zahllos  sind  die  Möglichkeiten,  nach  eigenem 
Geschmack  auf  diese  Weise  ornamentale  oder 
pflanzliche,  stilisierte  oder  naturgetreue  Muster 
dem  Papiere  aufzuprägen,  durch  Kombination  ver¬ 
schiedener  Farben  neue  Effekte  hervorbringen. 

Die  freie,  oft  dem  Zufall  überlassene  Willkür  im 
Zusammenfließen  der  Farben,  die  wir  bei  den 
Tunkpapieren  kennen  lernten,  macht  hier  einem 
zielbewußten  Streben  nach  den  von  der  künst¬ 


lerischen  Eigenart  des  Einzelnen  diktierten  Aus¬ 
drucksformen  Platz,  es  bleibt  echte  Handarbeit. 
In  diesem  Sinne  müssen  auch  die  Papiere  von 
Frau  Lilli  Behrens,  der  Gattin  von  Professor  Peter 
Behrens,  und  Wilhelm  Rauch  in  Hamburg  beurteilt 
und  geschätzt  werden.  Mit  gutem  Recht  dürfen 
wir  in  Frau  Behrens  die  Wiederbeleberin  dieses 
Kunstwerkes  sehen,  die  mit  reicher  Phantasie  und 
zartem  Farbengefühl  die  verschiedenartigsten 
Blätter  geschaffen  hat.  Halbgeöffnete  Muscheln, 
in  wenigen  Exemplaren  auf  graugrünem  Meeres¬ 
grund  regellos  gestreut,  hellbraune  Blüten  aus 
dunkelrotem  Geäst  sich  lösend,  zierliche  grüne 
Zweige  mit  den  Ansätzen  kleiner  rosafarbiger 
Knospen,  zarte  Wolkenmuster,  sie  alle  verraten 
feinen  Farbensinn  und  innige  Liebe  zum  Handwerk. 

In  den  Blättern  Wilhelm  Rauchs  feiert  diese 
Kunst  ihre  höchsten  Triumphe.  Sie  beschreiben 
hieße  auch  hier  ihre  Wirkung  beeinträchtigen.  So 
ungemein  fein  und  zart  wirkt  sein  Tannenzweig-, 
Kätzchen-,  oder  Rosenmuster,  daß  man  über  die 
mit  ihnen  gebundenen  Bücher  die  Hand  mit 
derselben  Andacht,  mit  demselben  Frohgefühle 
der  Schönheit  gleiten  läßt,  wie  über  den  schönsten 
feinsten  Lederband.  Auch  Kersten  in  Berlin  übt 
diese  Kunst  in  vollendeter  Weise. 

Schließlich  sei  der  Vollständigkeit  halber  auch 
auf  die  bekannten  japanischen  Vorsatzpapiere  hin¬ 
gewiesen.  Sie  sind,  wie  es  scheint,  mit  gravierten 
Holzwalzen  gedruckt  und  können  mit  ihren  zum 


Abb.  3. 


8o 


Sachs,  Moderne  Buntpapiere  und  ihre  Verwendung. 


Teil  recht  reizvollen  Mustern  wie  dem  grauen  mit 
den  Seerosen  auch  gewissen  Anspruch  auf  unser 
Interesse  machen.  Sie  sind  allerdings  nicht  japa¬ 
nisch,  sondern  japanisierend,  d.  h.  für  europä¬ 
ischen  Geschmack  hergerichtet.  In  japanischen 
Büchern  habe  ich  sie  bisher  nicht  gefunden. 
Unter  der  Flagge  der  Buntpapiere  segeln  seit 
vielen  Jahren  schließlich  eine  Unmenge  schauder¬ 
hafte  Surrogate,  Imitationen  von  Leder,  Seide, 
Leinen,  Holz  usw.  Wir  müssen  sie  mit  allen 
möglichen  Mitteln  bekämpfen.  Denn  das  echte 
Buntpapier  ist  ein  Papier  und  will  nichts  anderes 
sein,  nichts  anderes  Vortäuschen.  Es  soll  das  ge¬ 
färbte  individuell,  eigenartig  und  für  seine  Be¬ 
stimmung  besonders  behandelte  Papier  sein  und 
sich  nicht  schämen,  „nur“  Papier  zu  sein. 

Was  nun  die  Verwendung  der  Buntpapiere  zu 
Bucheinbänden  betrifft,  bei  der  freilich  der  per¬ 
sönliche  Geschmack  noch  ein  gewichtiges  Wort 
mitspricht,  so  hat  man  zwischen  Vorsatz  und 
Uberzugpapier  wohl  zu  unterscheiden;  freilich  wird 
gelegentlich  manches  Papier  der  einen  Art  auch 
für  den  anderen  Fall  zu  brauchen  sein.  Die 
Hauptsache  ist,  daß  Überzug  und  Vorsatz  sowohl 
zueinander  wie  auch  zu  dem  Rücken  und  den 
Ecken  des  Buches  harmonisch  abgestimmt  sind. 
Dies  gilt  in  gleicher  Weise  von  der  Farbe,  von 
der  Größe  des  Musters,  von  seiner  Stilart  und 
ähnlichen  Erwägungen.  Hat  man  z.  B.  ein  in 
zartem  Braun  gehaltenes  Blumenmuster  der  Rauch- 
schen  Papiere  als  Überzug  bestimmt,  dann  wird 
man  den  Vorsatz  möglichst  ebenfalls  in  braun 
oder  braunrot  wählen,  doch  stets  so,  daß  einmal 
die  Farben  zueinander  passen  und  weiter  der  Vor¬ 
satz  in  Farbe  und  Muster  diskreter  und  bescheidener 
ist  als  der  Überzug  und  nicht  etwa  mit  diesem 
wetteifern  will.  Den  Rücken  und  die  Ecken, 
welch’  letztere  natürlich  eventuell  fortfallen  können, 
denke  ich  mir  in  passendem  braunen  sämischen 
oder  verkehrten  Kalbleder,  den  ein  goldgerändertes 
Rückenschildchen  von  tiefdunkelbraunem  Ecrase 
oder  Saffian  ziert.  So  wird  auch  das  Buchäußere 
zu  einem  einheitlichen  Ganzen  werden.  Ganz 
besonders  muß  man  darauf  achten,  daß  das  Muster 
der  Buntpapiere  im  richtigen  Verhältnis  zu  der 
Größe  des  Buches  steht.  Wir  werden  ein  Ver- 
lainesches  Gedichtwerk  nicht  mit  den  Riesenwellen 
eines  Leistikowschen  Papieres  umgeben  und  werden 
ein  großes  Mappenwerk  nicht  in  das  zierliche 
leichte  Rankenwerk  eines  Voglerschen  Papieres 
einbinden.  Nicht  ganz  einverstanden  bin  ich  mit 
den  Andeutungen  Kerstens  in  dem  vorhin  er¬ 
wähnten  Aufsatze,  in  welchem  er  für  jede  Art 
Buch  oder  Heft,  sei  es  Gebetbuch,  Schreibheft 
oder  Geschäftsbuch  eine  Norm  für  die  Wahl  des 
Bandes  und  Bezugpapieres  vorschlägt.  Ich  meine, 
daß  sich  Regeln  da  überhaupt  nicht  aufstellen 
lassen;  ein  geübtes  und  künstlerisch  empfindendes 


Auge  wird  stets  das  Rechte  finden.  Die  hier  ab¬ 
gebildeten  Bücher,  die  ich  meiner  eigenen  Biblio¬ 
thek  entnommen  habe,  zeigen  wohl  am  besten, 
wie  ich  mir  die  Verwendung  künstlerischer  Bunt¬ 
papiere  vorstelle  und  in  welcher  Weise  ich  diese 
verwerte.  Auch  Otto  Julius  Bierbaums  Ansicht 
kann  ich  mich  nicht  anschließen,  der  einmal  sagt: 
„es  ist  stilwidrig  und  geschmacklos,  wenn  der  Vor¬ 
satzschmuck  den  Inhalt  des  Buches  deutlich  illu¬ 
striert“.  Man  wird  freilich  nicht  versuchen,  für 
ein  medizinisches  Werk  durchaus  ein  aus  Schädeln 
oder  stilisierten  Knochen  bestehendes  Vorsatzpapier 
ausfindig  zu  machen,  doch  finde  ich  z.  B.  Kinder¬ 
bücher,  deren  Vorsätze  Kinderreigen,  Tierbilder  usw. 
—  man  denke  nur  an  die  reizende  Ausstattung 
der  Gerlachschen  Kinderbücherei  —  zeigen,  sehr 
reizvoll. 

Was  von  der  Diskretion  des  Vorsatzpapieres 
gesagt  wurde,  gilt  in  verstärktem  Maße  von  dem 
Buchschnitt.  Er  nimmt  das  kleinste  und  be¬ 
scheidenste  Plätzchen  in  der  äußeren  Erscheinung 
des  Bucheinbandes  ein  und  muß  als  solcher  sich 
in  seiner  Farbe  durchaus  unaufdringlich  verhalten, 
er  darf  weiß  oder  vergoldet  oder  einfarbig  ange¬ 
strichen  sein,  der  Farbe  von  Überzug  und  Vorsatz 
natürlich  entsprechend.  Ganz  reizvoll  kann  es 
gelegentlich  sein,  ihn  in  demselbem  Muster  zu 
marmorieren  wie  das  Papier  des  Deckels.  Recht 
merkwürdig  aber  nimmt  sich  eine  kürzlich  auf  den 
Markt  gebrachte  Erfindung  aus,  mit  deren  Hilfe, 
wie  es  in  dem  Prospekt  heißt,  es  nunmehr  mög¬ 
lich  ist,  eine  „ungeteilte  Harmonie  zwischen  Decke, 
Vorsatzpapier,  Schnitt  und  Gedankenwelt  des 
Autors  herzustellen“,  und  zwar  durch  Aufdrucken 
und  Aufprägen  von  Ornamenten,  Vignetten,  Em¬ 
blemen,  Symbolen  aller  Art  auf  die  Schnittfläche 
des  betreffenden  Buches.  Nun,  man  kann  in  dem 
Bemühen,  dem  Buche  ein  individuelles  Gepräge 
zu  geben  oder  den  Künstlern  ein  neues  Feld  ihrer 
Betätigung  zu  eröffnen,  auch  über  das  Ziel  hinaus¬ 
schießen.  Es  gibt  Dinge,  denen  man  beim  besten 
Willen  nicht  mit  der  Kunst  beikommen  darf. 

Was  Loubier  in  seinem  bekannten  Werke  über 
den  Bucheinband  sagt,  gilt  auch  hier:  „Der  Fabrik¬ 
einband  des  Verlegers  kann  den  Einzeleinband 
der  Handbuchbinderei  niemals  ersetzen.  Der 
letztere  behält  seinen  höheren  Wert  wegen  der  ge¬ 
diegeneren  dauerhaften  Arbeit  und  wegen  des  edleren 
Materials“  und  wie  ich  selbst  hinzufügen  möchte, 
wegen  der  persönlichen  Note,  die  der  Besitzer, 
der  Besteller  nach  eigenem  Geschmacke,  selbst 
hineinlegen  kann.  Die  Fabrikation  der  Buntpapiere 
gibt  uns  die  beste  Gelegenheit  zur  künstlerischen 
und  ästhetisch  wertvollen  Ausgestaltung  unserer 
Bibliothek.  Die  liebevolle  Beschäftigung  mit  un¬ 
seren  Bucheinbänden  gibt  uns  reiche,  künstlerische 
Anregung,  sie  stärkt  unser  Stilgefühl  und  erweist 
unseren  Büchern  die  ihnen  zukommende  Achtung. 


Alle  Rechte  Vorbehalten.  —  Nachdruck  verboten. 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Prof.  Dr.  Carl  Schüddekopf-Vt eimar,  Grunstedterstr.  16.  Druck  u.  Verlag  v.  IV.  Drugulin-Le'vpzig,  Königstr.  io. 


Kopfleiste.  „Arena“,  Berlin. 


Deutsche  Buchkünstler  der  Gegenwart. 

I.  Hu^o  Stein  er -Prass 

o  o 

Von 

Dr.  Friedrich  Seile  in  Leipzig. 

Mit  zwei  Beilagen  und  44  Abbildungen. 


enn  ihrs  nicht 
fühlt,  ihr  wer- 
det’s  nicht  er¬ 
jagen!  Einen 
Künstler  kann 
man  erleben 
oder  man  kann 
unfähig  sein,  ihn 
zu  erleben,  nie 
aber  kann  man 
über  einen 
Künstler  ent- 
giiltig  schreiben. 
Ebenso  ist’s  mit 
Büchern,  man 
kann  nicht  ent- 
gültig  darüber 
schreiben,  man 
kann  nur  ein  Er¬ 
lebnis  darstellen, 
das  man  mit  einem  Buche  gehabt  hat,  wie  man 
einen  Künstler  nur  als  Erlebnis  darstellen  kann. 

Auch  die  neue  Buchkunst  ist  etwas,  worüber 
man  nicht  entgültig  schreiben  kann,  denn  sie 
ist  etwas  Lebendiges,  Werdendes.  Für  jeden 
wird  sie  ein  anderes  Erlebnis  darstellen,  denn 
jedem  begegnen  andere  Bücher,  andere  Buch¬ 
künstler  in  anderer  Gruppierung,  anderer  Folge. 

Nun  will  ich  hier  anderen  Menschen,  be¬ 
sonders  kultivierten  Menschen ,  die  Bücher¬ 
freunde  sind,  darstellen,  wie  ich  die  buch- 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


schmückende  Kunst  Hugo  Steiners-Prag  schaf¬ 
fend  und  in  ihren  Schöpfungen  vor  mir  sehe.  Ich 
muß  vorausschicken,  daß  ich  mich  nicht  Bücher¬ 
freund  nennen  darf.  Ich  kann  mit  Büchern 
nicht  Freundschaft  halten.  Ich  vermeide  den 
geselligen  Verkehr  mit  Büchern.  Mir  entartet 
jede  kultivierte  Beziehung  zu  Büchern  sofort  zu 
persönlichem  Lieben  oder  Hassen. 

Wenn  ich  mich  an  meine  Aufgabe  mache, 
die  Arbeit  eines  Buchkünstlers  darzustellen, 
wird  also  wohl  nur  ein  sehr  persönliches 
Stimmungsbild  herauskommen.  Aber  ich  habe 
in  jener  persönlichen  Reizbarkeit  einen  äußerst 
wachen  Instinkt  dafür,  ob  ein  Buch,  das  ich 
liebe,  durch  seinen  Schmuck  meine  Zuneigung 
steigert,  oder  ob  ein  gehaßtes  Buch  seine 
Häßlichkeit  im  Schmuck  noch  betont.  Ich 
glaube,  daß  alle  Kritik,  die  einigermaßen  et¬ 
was  taugt,  nur  ein  durch  Allgemeinbildung 
temperiertes  Lieben  oder  Flassen  sein  muß,  und 
der  beste  Kritiker  wird  noch  immer  der  mit  den 
schärfsten,  wachsten  ästhetischen  Instinkten  sein. 

Wenn  diese  Instinkte  auch  im  Verlauf  der 
Betrachtungen  mitsprechen  werden,  so  kann 
ich  nichts  dazu  und  dagegen  tun,  meine  Auf¬ 
gabe  und  Absicht  ist  einzig  die,  die  schaffende 
Arbeit  eines  Achtundzwanzigjährigen  darzu¬ 
stellen.  Diese  Arbeit  ist  eine  lebhafte  Entwick- 
lung  und  steht  als  solche  in  einer  andern  höhe¬ 
ren  Entwicklung,  die  wir  die  neue  deutsche 
Buchkunst  nennen.  Sie  ist  in  dieser  eine  Kraft 


1 1 


82 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


und  ein  Trieb,  und  niemand  überschaut  heute 
die  Gesamtheit  der  Kräfte  und  Triebe  des 
großen  Entwicklungsganges  der  neuen  Buch¬ 
kunst.  Ich  habe  vor  mir  eine  Kraft,  gekräftigt 
und  kräftigend,  einen  Trieb,  treibend  und  ge¬ 
trieben  im  Unübersichtlichen,  im  Unbeschreib¬ 
lichen,  das  jeder  anders  sieht,  jeder  anders  be¬ 
wertet.  Ich  werde  mich  hüten ,  die  Arbeit 
Steiners-Prag  zu  bewerten;  ich  habe  gefunden, 
daß  Buchhändler  das  immer  am  ersten  und 
besten  tun. 

Aber  ich  habe  doch  etwas  sehr  Wichtiges, 
Allgemeingültiges  gerade  an  der  Künstlerarbeit 
Steiners  herausgefunden,  sie  bietet  in  auffallend 
lückenloser  Durchführung  eine  Bestätigung  des 
bekannten  lio genetischen  Grundgesetzes  für  das 
wichtige  Gebiet  der  Ästhetik,  zu  dem  sie  gehört. 

Das  Gesetz  lautet:  Die  Entwicklung  des 


Einzelnen  ist  eine  kurze  und  schnelle  Wieder¬ 
holung  der  Entwicklung  des  Ganzen.  Es  ist 
von  Hiickel  als  Grundgesetz  der  Entwicklung 
alles  Organischen  gefunden  worden.  Hier  sei 
es  auf  die  Buchkunst  und  einen  Buchkünstler, 
einen  beliebigen  Buchkünstler  als  gutes  Bei¬ 
spiel,  angewendet.  Ich  glaube,  es  ist  dies  der 
beste,  vielleicht  der  einzige  Weg,  sich  in  den 
Organismus  einer  Kunst,  einer  Künstlerpersön¬ 
lichkeit  hineinzufinden,  sich  in  die  wirkenden, 
webenden  Kräfte  eines  Ganzen  oder  eines  Ein¬ 
zelnen  einzufühlen.  Jedenfalls  ergibt  dieser  Weg 
immer  ein  darstellbares,  mitteilbares  Erlebnis  in 
Kunstdingen ;  denn  jenes  Gesetz  ist  der  ruhende 
Mittelpunkt  in  dem  flirrenden  Kreisen  und 
Wechselspiel  der  ästhetischen  Nuancen.  Von 
ihm  aus  kann  man  zu  jeder  künstlerisch  indi¬ 
viduellen  Peripherie  gelangen. 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


83 


Die  neue  Buchkunst  dient  keinem  Stil,  stellt 
selbst  keinen  Stil  dar,  das  heißt,  sie  begreift 
sich  heute  als  etwas  Organisches,  Schöpferi¬ 
sches,  ist  nicht  in  einer  in  Gesetzen  gebundenen 
Form  erstarrt.  Sie  hat  für  sich  selbst  den  Be¬ 
griff  :  Gelegenheitskunst  gefunden.  Ich  möchte 
einen  scharfen  Unterschied  zwischen  diesem 
Begriff  und  dem  Ausdruck:  angezvandte  Kunst 
machen. 

Die  angewandte  Kunst  war  ein  Anfang,  ein 
Übergang  für  die  zur  besonderen  Kunstart: 
Raumkunst,  Buchkunst,  Szenenkunst  usw.  über¬ 
gehenden  Gruppen  freier  Künstler,  die  sich  mit 
ihrem  Können  an  gestellte  Gelegenheitsaufgaben 
banden:  einen  Raum,  ein  Buch,  eine  Szene  usw. 
zu  schmücken.  Sie  wandten  die  Kunst  bei 
solchen  gelegentlichen  Aufgaben  an.  Die  Leute 
des  Übergangs  waren  dann  Dekorateure,  Buch- 
schmücker,  Kulissenmaler.  Sie  waren  Künstler 
und  für  die  Gelegenheit  „angewandte  Künstler“. 

Was  sich  in  rascher  Entwicklung  heute  zur 
Raumkunst,  Buchkunst,  Szenenkunst  ausgebaut 
hat,  ist  etwas  für  sich,  hat  zu  seinen  Zwecken 
neuartige  künstlerische  Kräfte  und  Einzelne 
ausgebildet:  die  Gelegenheitskünstler.  Ich  unter¬ 
scheide  also  scharf  zwischen  Buchschmückler 
und  Buchkünstler,  zwischen  Buchschmuck  und 
Buchkunst. 

Die  Gelegenheiten  der  Buchkunst  sind  die 
Wortkunstwerke  jeder  Art,  die  für  die  Allge¬ 
meinheit  vervielfältigt  werden  sollen;  das  heißt 
also,  daß  eigentlich  jedes  Manuskript  eine  Auf¬ 
gabe  für  die  Buchkunst  darstellt.  Daß  es 
Schriftsteller  und  Verleger  gibt,  die  das  noch 
nicht  einsehen,  ist  bedauerlich,  und  jedes  Manu¬ 
skript,  das  (geschäftlich  betrachtet)  die  Arbeit  des 
Buchkünstlers  nicht  tragen  kann,  ist  (kulturell 
betrachtet)  nicht  wert,  daß  es  gedruckt  wird. 

Weil  also  die  Buchkunst  ein  Organisches 
und  jedes  Buch  (als  Manuskript)  ein  Organis¬ 


mus  ist,  so  ist  jede  Buchschmückung  ein  orga¬ 
nischer  Vorgang,  eine  Befruchtung  der  Buch¬ 
kunst  durch  das  Buch.  Jedes  literarische  Werk 
hat  im  Titel  seinen  Kopf,  in  der  Einteilung 
seine  Gliedmaßen,  im  Stoff  das  Blut,  in  der 
Stoffbehandlung  den  Herzschlag.  Das  Ganze  ist 
ein  Eigenes.  Keins  gleicht  dem  andern,  jedes 
hat  andere  Beziehungen  seiner  inneren  Funk¬ 
tionen,  andere  Wirkungen  nach  außen. 

Es  ist  eine  Gemeinheit,  das  Eigene  zu  kaser¬ 
nieren,  uniformieren  zu  wollen;  der  neuen  Buch¬ 
kunst  danken  wir  diese  Erkenntnis;  in  ihr  ver¬ 
einen  sich  die  Bestandteile  und  Schmuckteile 
der  Buchform  zu  immer  neuen  ästhetischen 
Einheiten.  Einband,  Exlibris,  Titel  oder  Dop¬ 
peltitel,  Schnitt,  Vorsatzpapier,  Bilder,  Bilder 
im  Text,  Kapitelköpfe,  Zierleisten,  Initialen, 
Typen  — ,  nur  als  in  Wechselwirkung  vonein¬ 
ander  abhängige  Teile  einer  lebendigen  Einheit: 
des  Buchs,  versteht  sie  die  neue  Buchkunst. 

Sie  entwickelt  diese  ihre  Einheiten  immer  freier, 
mannigfacher,  verfeinerter  in  Auslese  zahlloser 
Betätigungen,  versuchender  Wirkungen,  für  die 
sie  kein  anderes  Gesetz  anerkennt,  als  das  der 
organisch  wechselwirkenden  Einheit.  Innerhalb 
dieses  Gesetzes  sind  die  Wirkungsmöglichkeiten, 
die  formfindenden  Versuche  so  zahlreich  wie 
die  Gelegenheiten  der  neuen  Kunstbetätigung 
überhaupt,  das  heißt,  sie  sind  unendlich  und  un¬ 
endlich  variabel. 

Es  ist  ein  hoher  ästhetischer  Genuß,  dieses 
innerlich  Lebendige  einer  neuartigen  künstleri¬ 
schen  Schöpfung  heute  in  auserlesenen  Biblio¬ 
theken  zu  fühlen.  Man  fühlt  sich  von  einer 
Anzahl  vollkommner  künstlerischer  Bildungen 
umgeben,  deren  jede  ihr  eigengeprägtes  Wesen 
und  Wirken  in  sich  trägt  nach  jenem  einen 
grundlegenden  ästhetischen  Lebensgesetz.  Mit 
einem  Handgriff  nach  dem  und  jenem  Buch, 
mit  tastendem  Prüfen  des  Materials,  mit  einem 


Kopfleiste. 


„Arena“,  Berlin. 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


84 


Pergamentband  mit  Goldpressung.  Verlag  von  Johann  Ambr.  Barth  in  Leipzig. 

Ausgeführt  von  der  Spamerschen  Buchbinderei,  Leipzig. 


gleitenden  Durchblättern  und  einem  nur  an¬ 
schauenden  Blick,  der  nicht  lesen  will,  fühlt 
man  dann  das  Wirken  der  neuen  Buchkunst. 

Ein  neues  künstlerisch  geschaffenes  Buch  er¬ 
leben,  heißt  also  die  künst¬ 
lerische  Gelegenheit  seiner 
Schöpfung  begreifen. 

Jede  Begegnung  wird  da 
anders  sein,  denn  die  Ge¬ 
legenheit  wird  immer  an¬ 
ders  sein.  Ein  Manuskript 
ohne  derart  differenzierte 
Individualität  ist  keine 
Gelegenheit  für  ein  künst¬ 
lerisches  Buch;  dies  ist 
gegeben  in  unserer  indivi¬ 
dualistisch  differenzierten 
Kultur. 

Dies  ist  nicht  etwa 
nur  ästhetische  Theorie, 
sondern  glücklicherweise 
heute  schon  praktische 
Geschäftskunde  der  besten 
Verlagsfirmen.  Zeitgemäß 
wird  sich  hier  jedem 


Bücherfreund  der  Einfühlungskreis  beschränken. 
Die  Individualität  eines  literarischen,  überhaupt 
irgendeines  Schriftwerks  erfordert  naturgemäß 
eine  individuelle  Verwandtschaft  dessen,  der 
das  Werk  an  sich  und  in 
seinem  künstlerischen 
Eigenleben  als  Buch  aus¬ 
schöpfen  will.  Es  bilden 
sich  freie  Gruppen  von 
künstlerischen  Büchern 
und  von  modernen 
Bücherfreunden.  Es  ist 
wahrscheinlich,  daß  sich 
die  Gruppen  noch  mehr 
und  mehr  zerteilen.  Dafür 
wird  das  Erlebnis  mit 
jedem  einzelnen  Buch 
immer  intensiver.  Der 
„Bücherwurm“  wird  mehr 
und  mehr  zur  historischen 
Monstrosität. 

Die  Tatsache,  daß  in 
den  letzten  Jahren  eine 
ganze  Reihe  glücklicher 
Schöpfungen  an  Druck- 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


35 


typen  entstanden  sind,  ist  eine  Ent¬ 
wicklungsnotwendigkeit  in  dieser 
Richtung.  Wir  genießen  heute  mit 
wahrem  ästhetischen  Gefühl  die 
Harmonie  eines  Buchinhalts  mit  der 
Kraftstufe  und  Ausprägsamkeit  der 
Type,  in  der  er  gesetzt  ist,  wir 
haben  einen  sicheren  Instinkt,  ob 
ein  Werk,  das  eindringlich  zu 
unserem  Hirn  oder  Herzen  redet, 
uns  in  den  Maßverhältnissen  der 
Spatien,  der  Zeilen,  des  Seitensatzes, 
der  Seiten  hemmungslos  im  Gleich¬ 
takt  der  intellektuellen  Arbeits¬ 
leistung  oder  der  Stimmungspulse 
trägt,  ob  uns  die  Auftakte  wieder¬ 
kehrender  Zierleisten  erfrischen,  ob 
eine  Initiale  uns  stärkt  im  kräftigen 
Atemholen  zum  nächsten  Sprunge 
des  Gedankens  oder  der  Vorstellung, 
ob  Kapitelkopfe  und  Schlüsse  nötig 
oder  gefällig  sind,  um  uns  die 
Pausen  des  Aufnehmens  mit  spie¬ 
lender  Zerstreuung  oder  sammeln¬ 
der  Bildsymbolik  zu  füllen,  ob  uns 
Textbilder  die  Anschauung  lücken¬ 
los  und  kräftig  gestalten,  ob  Bild¬ 
blätter  die  Flucht  der  Kapitel  zu 
einer  Anschauungseinheit  des  Gan¬ 
zen  auf  bauen,  ob  mit  Titel  und 
Vorsatz  ein  thematisches  Präludium 
harmonisch  anklingt,  ob  da  der 
Einbanddeckel  einklingen  darf,  oder  ob  er  nur 
mechanischen  Zwecken  der  Handhabung  und 
allgemein  ästhetischen  und  qualitätachtenden 
Wünschen  des  Besitzers  Rechnung  tragen  soll 
und  ob  schließlich  unser  Exlibris  wie  ein  Familien¬ 
dokument  der  Buchindividualität  mitzugeben  ist. 

Über  all  dem  Einzelnen  muß  aber  immer 
als  sicheres  Fühlen,  als  ästhetischer  Genuß  das 
Bewußtsein  herrschen,  daß  ein  Organisches, 
Einheitliches,  in  sich  Einziges  geschaffen  ist, 
dessen  Teile  alle  in  ihren  Funktionen  in  Wechsel¬ 


wirkung  stehen,  um  den  lebendigen  Eindruck 
zu  geben,  der  sich  zur  zusammenklingenden 
Doppelindividualität  mit  dem  Werkinhalt  eint, 
so  daß  Leser,  Buchinhalt  und  Buchform  einen 
reinen  Dreiklang  bilden. 

Dem  Leser  begegnet  im  künstlerischen 
Buche  Geschaffenes ,  der  Buchkünstler  erlebt 
in  sich  das  künstlerische  Schaffen,  den  Ent- 
stehungsprozeß  des  Buches.  Wenn  er  ihn  nicht 
als  einen  organischen  Prozeß  begreift,  in  dem 
alle  Teile  die  Lebenskraft  des  Ganzen  bedingen, 


Vignette  aus  „Andersen“.  Gerlachs  Jugendbücherei. 


86 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


ihre  Wirkungskraft  selber  nur  als  Teil  des 
lebendig  entstehenden  Ganzen  gewinnen,  dann 
ist  er  kein  neuer,  kein  rechter  Tuchkünstler. 
In  dieser  Bedingung  ist  aber  auch  das  allein¬ 
gültige  Gesetz  seines  Schaffens  gegeben, 
innerhalb  desselben  hat  er  völlige  individuelle 
Freiheit. 

Zunächst  die  Freiheit  der  Wahl  seiner  Ge¬ 
legenheit  für  eine  Schöpfung.  Es  muß  jedesmal 
eine  kulturelle  Zuchtwahl  sein.  Es  liegen  eine 
Menge  lebensunfähiger  Mißgeburten  auf  dem 
Büchermarkt,  die  aus  der  wahllosen  Zuchtlosig¬ 
keit  unfähiger  Buchschmückler  stammen.  Die 
Spezialisierung  der  Produktion  ist  nicht  nur  eine 
Tatsache  der  volkswirtschaftlichen,  sondern  auch 
der  kulturschaffenden  Entwicklung.  Die  besten 
Buchkünstler  bauen  durchaus  nicht  alle  Gebiete 
der  Bücherei  an;  sondern  nur  noch  die  ihnen  inner¬ 
lich  eigenen  bauen  sie  aus.  Die  individuellen 
Mannigfaltigkeiten  der  Verfeinerung  und  Ab¬ 
klärung  im  Ausbau  jedes  Gebiets  sind  völlig 
unbeschränkt,  das  wissen  wir  heute.  Individu¬ 
elle  Klotzigkeiten  betören  heute  nur  noch  die 
unreife  Jugend.  Die  Verfeinerung  und  Aus¬ 
gleichung  jeder  künstlerisch  organischen  Buch¬ 
schöpfung  bleibt  aber  immerdar  bestimmt  und 
individuell  unterschieden  durch  dreierlei:  erstens 
durch  die  gewählte  Gelegenheit  der  Aufgabe, 
zweitens  durch  die  Harmonie  dieser  Aufgabe 
mit  der  intimen  kulturellen  Persönlichkeit  des 
Buchkünstlers,  drittens  —  und  das  ist  das 
schöpferisch  Wesentlichste —  durch  die  indivi¬ 
duelle  Formensprache  des  Buchkünstlers. 

Zur  Übergangszeit  der  Buchschmückler  war 
der  dritte  Punkt  noch  vernachlässigt.  Wenn 
da  ein  Künstler  nur  ein  Buch  fand,  dem  er 
innerlich  als  Kulturmensch  nahe  stand,  dann 
„stattete  er  es  aus“  —  wie  eine  Schwieger¬ 


mutter  die  Braut  —  „wie  es  Mode  war  und  so 
schön  wie  möglich“.  Aber  der  lebendige 
Leib  ist  schöner  und  wichtiger  als  zwei  Dutzend 
Nachthauben  mit  Spitzen.  I  leute  hat  der  Buch¬ 
künstler  das  Bewußtsein,  daß  er  das  Eebendig- 
Schöne,  das  künstlerische  Buch  schaffen  muß, 
und  hat  sich  selbst  die  Empfindung  dafür  ge¬ 
schärft,  ob  ihm  die  eine  Gelegenheit  nicht  etwa 
nur  den  lebenvortäuschenden  Aufbau  einer 
Strohpuppe  gestattet,  während  eine  andere, 
seiner  Formensprache  und  seinem  Formgefühl 
wahlverwandt,  ihm  eine  Schöpfung  in  organi¬ 
scher  Plinheit  und  natürlichem  reinem  Ebenmaß 
auslösen  muß.  Denn  die  P'ormkeime  mit  allen 
individuellen  Gestaltungsmöglichkeiten  ruhen  in 
seinem  Künstlertum. 

Von  der  Gelegenheit  einer  schöpferischen 
Aufgabe  befruchtet,  entwickelt  sich  Teil  an  Teil, 
differenzieren  sich  Teilgruppen  zu  schmücken¬ 
den  Funktionen,  zu  ordnenden  Funktionen,  alle 
Teile  sind  wirkend  zu  einander  bezogen,  das 
Ganze  lebt  als  ein  Organismus,  der  in  individu¬ 
eller  Vollkommenheit  die  Möglichkeiten  der 
Formkeime  ausgebildet  hat;  ein  Buchkunstwerk 
ist  entstanden.  Die  künstlerische  bewußte  Zucht¬ 
wahl  besonders  auch  in  Hinsicht  auf  die  Mög¬ 
lichkeiten  individueller  künstlerischer  Formgebung 
führt  natürlich  zu  einer  ganz  besonders  kräfti¬ 
gen,  klaren  Ausbildung  der  Eigenform  in  den 
Schöpfungen  eines  solchen  neuen  Buchkünstlers. 

So  wäre  nun  ein  Urbild  des  neuen  Buch- 
ktinstlers  gewonnen,  dem  durchaus  nichts  sche¬ 
matisch  Gesetzliches  oder  Stilistisches  anhaftet, 
was  die  Entwicklung  der  Einzelindividualität 
in  freiem  Kräftespiel  stören  könnte.  Der  Name 
Steiner-Prag  ist  hier  des  längeren  nicht  mehr 
gefallen.  Der  Buchkünstler  Steiner-Prag  kann 
als  sehr  eindrucksvolles  Beispiel  der  lebendigen 


37 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


individuellen  Möglichkeit  dargestellt 
werden  und  kann  nur  so  dargestellt 
werden. 

Nichts  liegt  mir  ferner,  als 
behaupten  zu  wollen,  daß  Steiner- 
Prag  ein  vollkommenes  Beispiel, 
sozusagen  die  Individuation  des 
Idealbildes  selbst  sei,  aber  er  stellt 
ein  bewußtes  Streben  nach  dem 
neu  Typischen  dar.  Eine  künstleri¬ 
sche  Entwicklung  schöpferischer 
Darstellungs-  und  Anschauungs¬ 
elemente  aus  systematischem  Stu¬ 
dium,  wie  bei  einer  freikünstleri¬ 
schen  Persönlichkeit,  erübrigt  sich 
bei  Steiner -Prag,  denn  er  ist  mit 
seinen  buchkünstlerischen  Gelegen¬ 
heiten  gewachsen ;  ich  habe  bei 
persönlichen  Begegnungen  mit  ihm 
immer  mit  Interesse  beobachtet, 
wie  er  ganz  in  eine  neue  schöpferi¬ 
sche  Gelegenheit  eingelebt,  frühere 
Buchschöpfungen  eigner  Hand 
scharf  kritisierte,  weil  im  neuen 
Erlebnis  kein  Raum  für  frühere 
Ergebnisse  vorhanden  war. 

Daß  er  in  Prag  geboren  ist, 
in  Prag  und  München  Kunstschüler 
war,  ist  tatsächlich  fast  spurlos  in 
seiner  Werkkunst.  Was  er  gelernt 
hat,  war  einzig  freie  und  klare 
Ausdruckssicherheit  für  das,  was  er 
an  individueller  Formensprache  später  gegeben 
hat.  In  München  hat  er  dann  an  den  Versuchs¬ 
ateliers  von  Debschitz  als  Lehrer  einige  Zeit 
gewirkt,  darauf  in  Barmen,  und  jetzt  ist  er 
Lehrer  an  der  Königlichen  Akademie  für 
graphische  Künste  und  Buchgeiverbe  Leipzig. 
Da  in  seinem  individuellen  F'ormgefühl,  in 
seiner  eigenartigen  Formensprache  auffallend 
mitteilbare  Elemente  liegen,  so  war  sein  Einfluß 


bei  Debschitz  und  in  Barmen  sehr  ausgeprägt 
in  der  dekorativ  formalen  Art  der  Arbeiten 
seiner  Schüler;  dasselbe  hat  sich  in  gewissem 
Grade  auch  in  Leipzig  gezeigt,  jedoch  gibt  hier 
die  glänzende  Organisation  der  Lehranstalt,  die 
ganz  und  gar  auf  die  neue  Buchkunst,  wie  wir 
sie  oben  darzustellen  versuchten,  eingestellt  ist, 
Gelegenheit,  daß  Steiner  nicht  nur  in  schmücken¬ 
den  Formentwicklungen  sondern  in  organischer 


Schlußvignette  aus  „Andersen“. 


Gerlachs  Jugendbücherei. 


88 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


Der  Lenz. 

Illustration  als  Kopf  für  ein  Gedicht  von  Lenau. 
Gerlachs  Jugendbücherei. 


Vereinigung  aller  buchkünst¬ 
lerischem  Lebenselemente 
zum  Gelegenheitswerk  vor¬ 
bildlich  wirken  kann.  Die  Be¬ 
deutung  Leipzigs  als  Bücher¬ 
markt  und  Sitz  moderner 
buchtechnischer  Großbe¬ 
triebe  unterstützt  natürlich 
auch  praktisch  Steiners 
eignes  Wirken  und  vermittelt 


liehen  künstlerischen  Leben 
erhalt. 

Die  Lebenselemente  jedes 
künstlerischen  Buches  sind 
die  Typen  seines  Satzes. 
Es  sind  gleichsam  die  Zellen, 
deren  Gewebe  die  Grund¬ 
lage  des  organischen  Auf¬ 
baus  bilden.  Steiner- Prag 
hat  noch  nicht  die  eminente 
Aufgabe  gelöst,  eine  Schrift 
zu  entwerfen,  die  über  alle 
technischen ,  psycho  -  physio¬ 
logischen  und  formal-ästheti¬ 
schen  Grunderfordernisse 
hinaus  seine  persönlichsten 
Künstlercharaktere  in  der 
formstrengen  Beschränkung 
der  Eigentype  kristallisiert. 
Steiner  betont  heute  mit 
Recht,  daß  in  den  alten 
Schriften  schon  die  vollen¬ 
dete  Formmöglichkeit  ge¬ 
geben  ist,  und  mit  einer  per¬ 
sönlich-ästhetischen  Abwäg¬ 
ung  das  vorläufig  Wünsch¬ 
bare  ihm  bieten  kann,  bis  er 
auch  einmal  aus  Eigenem 


auch  seinen  Schülern  Gelegenheiten  zu  wirken¬ 
der  Arbeit. 

Um  ihn  selber  darzustellen,  möchte  ich  und 
muß  ich  einzig  seine  buchkünstlerischen  Ge¬ 
legenheitswerke  hier  aufzeigen :  es  ist  notwendig 
so,  daß  die  menschliche  Persönlichkeit  dort  zu¬ 
rücktritt,  wo  jede  Aufgabe  so  mit  der  Persön¬ 
lichkeit  verschmelzen  muß,  daß  diese  in  jener 
aufgegangen  zu  sein  scheint.  Das  gezeigte 
Material  ist  aus  verschiedenen  Bucherscheinun¬ 
gen  herausgenommen.  Wäre  Steiner  ein  voll¬ 
kommenes  Beispiel  neuer  Buchkunst,  so  wäre 
eine  solche  Auslese  undenkbar,  denn  es  würde 
ein  Zerreißen  von  Organismen  bedeuten,  man 
müßte  denn  in  Reproduktionen  ein  Einzelwerk 
in  seinem  Gesamteindruck  zu  rekonstruieren 
versuchen.  Steiner  ist  jetzt  auf  dem  Wege, 
bald  solche  Forderung  stellen  zu  können.  Heute 
lest  er  uns  noch  Buchteile  im  einzelnen 
vor,  und  es  mag  meine  Aufgabe  sein,  so¬ 
weit  die  Darbietungen  zusammenzuschließen, 
daß  das,  was  vorgezeigtes  Präparat  in  Repro¬ 
duktion  ist,  wieder  etwas  von  seinem  ursprüng- 


eine  lebensechte  Schrift  entwirft.  Er  betont  mit 
ebensoviel  kritischer  Schärfe  wie  Berechtigung, 
daß  die  Schöpfung  einer  Schrift  ein  künstleri¬ 
sches  Entwicklungsende,  kein  Anfang  sein  darf, 
und  verwendet  für  seine  persönlich-künstlerischen 
Bedürfnisse,  soweit  das  jeweilige  Gelegenheits¬ 
werk  eine  geschriebene  Schrift  in  Reproduktion 
tragen  darf  und  soll,  eine  schlanke  strebende 
Antiqua,  deren  Nuancen  mit  den  Anwendungs¬ 
gelegenheiten  variieren. 

Unter  den  Schmuckteilen  eines  Buches  wird, 
je  mehr  das  Ganze  organisches  künstlerisches 
Leben  hat,  um  so  reichlicher  die  Ornamentik 
des  Buchkünstlers  das  Ganze  durchwachsen. 
Steiner-Prag  hat  nun  einen  wundervoll  eigen 
ausgeprägten  Ornamentsinn.  Das  Ornament  ist  ja 
überhaupt  das  Sinnbild  künstlerisch  organischen 
Wachsens:  ich  kenne  keinen  größeren  Genuß  bei 
Werkstättenbesuchen,  als  einen  Künstler  bei 
ornamentalem  Entwerfen  zuzuschauen,  ganz  im 
Gegenteil  empfinde  ich  das  Zuschauen  bei  der 
Entstehung  eines  Gemäldes  eines  Bildwerks 
gerade  bei  großen  Künstlern  fast  peinlich. 


Vollbild  aus  „Die  Elixiere  des  Teufels“. 


Verlag  G.  Grote,  Berlin. 


Z.  f.  B.  1909/1910.  Heft  3.  Tafel  x. 


Zu  Seile  •  Hugo  Steiner-Praj 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


89 


Vignette  aus  „Andersen* 


Das  Ornament  ist  das 
Sinnbild  nicht  nur  des  künst¬ 
lerisch  organischen  Wach¬ 
sens,  sondern  alles  organi¬ 
schen  Wachsens  überhaupt; 
eine  einzige  Bruchstelle,  die 
das  Zirkulieren  lebendiger  Kräfte  im  Ornament 
hemmt,  ist  der  Tod  des  Ganzen,  andererseits  ist 
der  laterale  Bau  jedes  Ornaments,  der  bilaterale 
Bau  des  gezeichneten  Ornaments ,  die  künstleri¬ 
sche  Verklärung  natürlichen  Wachstums. 

I ie  Ornamentik  Steiners -Prag 
möchte  ich  besonders  ausführ¬ 
lich  darstellen,  wie  ich  sie  als 
ästhetischen  Genuß  erlebe. 
Steiner  nimmt  das  Linien-  und 
Formenspiel  weder  rein  als 
konstruktives  Element,  noch 
rein  als  naturalistisches  Ele¬ 
ment,  er  nimmt  die  figürliche 
Form  weder  rein  dekorativ  noch  rein  illustrativ 
im  Ornamentstück,  er  vereinigt  vielmehr,  oder 
besser  gesagt:  ihm  vereinen  sich  vielmehr  diese 
vier  elementaren  Arten  des  Ornaments  zu  einem 
Organon,  das  ein  ewig  veränderliches  Spiel  be¬ 
lebter  Zier,  zierlichen  Lebens  scheint  und  jedes¬ 
mal  zu  seiner  Bestimmung  im  Gelegenheitswerk 
erst  erwächst,  wobei  das  eine  oder  andere  jener 
vier  Elemente  bald  die  Formen  bedingend,  bald 
in  den  andern  Formen  bedingt  erscheint. 

Dieses  scheinbar  selbständige  Wachsen  des 
Ornaments  zu  seinem  Gelegenheitszweck  ist 
bei  Steiner  ganz  eigenartig  und  sehr  augen¬ 
fällig,  seine  Lebensbedingungen  fließen  völlig 
aus  dem  Sinn  der  Werkgelegenheit,  wachsen 


Gerlachs  Jugendbücherei. 

ganz  in  das  Organische  des  Buchinhalts  selbst 
hinein.  Die  rein  ästhetische  Wirkung  empfindet 
man  unnachdenklich  als  schön,  aber  gleich¬ 
zeitig  klingt  aus  den  Formen  halb  suggestiv, 
halb  gedanklich  symbolisiert  der  Sinn  des  Werks. 


Man  begegnet  gleichzeitig 


dem  Geistigen 


und 


Initial  für 
Eugen  Diederichs 
Verlag,  Jena. 


Ästhetischen  des  Buchkünstlers  und  gleichzeitig 
auch  dem  Geistigen  und  dem  Wollen  des 
Schriftwerks  in  Steiners  Gelegenheitsornamentik; 
ich  möchte  das  Wesen  seines  Ornaments  in 
dem  Charakter  als  „ Sinnornament “  zusammen¬ 
fassend  bezeichnen. 

Es  werden  dieser  Abhandlung  eine  Fülle  von 
Beispielen  von  Steiners  Ornamentkunst  beige¬ 
geben.  Da  sind  zunächst  die  Initialen.  Wenn 
auch  heute  noch  nur  in  seltenen  Glücksfällen 
dem  neuen  Buchkünstler  sein  Recht  wird,  auf 
die  Gestaltung  des  Satzes  einzuwirken,  die  Be¬ 
tonung  der  Abschnitte,  der  Kapitelköpfe  und 
Enden,  der  Seitenform  ist  doch  schon  seinem 
künstlerischen  Bedürfnis  Gelegenheit  zur  Ge¬ 
staltung.  Die  wenigen  Initialen  hier  im  Text 
sind  übernommene  Beispiele,  die  eben  nur  das 
Leben  der  Ornamentform  Steiners  in  Initialen 
zeigen  sollen  in  der  schönen 
zwischen  Maß ,  Ornamentsinn  und 
für  Satz  und  Buchinhalt. 

Steiner  liebt  es,  die  Textseiten  mit  Zierleisten 
zu  schmücken.  Da  betont  er  im  fortlaufenden 
Text  nur  die  Breite  des 
Satzes,  und  elegantes  Linien¬ 
werk  spannt  sich  schlicht 
zu  einer  mittleren  Betonung 
feinbewegter  dekorativer 
Form,  die  um  die  Seiten¬ 
zahl  wächst  oder  mit  Natur¬ 
formen,  zuweilen  gar 


Abwägung 

Bedeutung 


zart  Figürlichem 


mit 
in  den 
Textsinn  einklingt.  Er  ist 
dabei  Meister  jeden  Form¬ 
lebens  der  bewegten,  jeder 
Formbildung  der  unbelebten 
Welt,  ihm  stehen  schon  für 
solche  wenig  auffällige  Zier¬ 
stücke  Gestirne,  Pflanzen, 


12 


Luxusband,  schwarzes  Leder  mit  roter  Auflage  und  Goldprägung.  Ausgeführt  von  der  Buchbinderei  H.  Sperling  in  Leipzig.  Verlag  G.  Grote,  Berlin 


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Innentitel. 


Verlag  G.  Grote,  Berlin 


92 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


Klassikerband,  Grünes  Leder  mit  Goldprägung.  Verlag  G.  Grote,  Berlin. 

Ausgeführt  von  G.  Sperling  in  Leipzig. 


Pflanzenteile,  Tierisches,  Menschliches,  Land¬ 
schaftliches,  Symbolisches  so  unendlich  mannig¬ 
fach  in  Maß  und  Formnuance  zu  Gebote,  daß 
er  sie  organisiert,  ohne  daß  der  Leser  empfindet, 
daß  da  ein  eigenwilliges  Leben  nebenher  wirkt, 
für  ihn  kommt  daraus  nur  ein  unbewußtes 
ästhetisches  Behagen  beim  Wandern  des  Auges. 

Sobald  eine  Textseite  oben  einen  Abschnitt¬ 
anfang  bringt,  unten  einen  Abschnitt  endet, 
genügt  der  bescheidenste  Raum  dem  Künstler, 
die  Zierleiste  stärker  als  Sinnbild  zum  Text  zu 
bewußtem  Bild -Erleben  für  den  Leser  zu 
formen.  Ich  bringe  da  ein  paar  sehr  frühe 
Arbeiten  Steiners-Prag.  Zwei  Winternächte  sind 
landschaftlich  ebenso  eindrucksvoll  gestimmt 
wie  linear  und  in  Schwarz -Weiß -Wirkung  klar 
und  kräftig. 

Auch  aus  den  kleinen  Bändchen,  die  Steiner 
vor  mehreren  Jahren  schon  für  Gerlachs  Jugend¬ 
bücherei  gearbeitet  hat,  möchten  wir  einige 
Beispiele  heranziehen.  Da  ist  eine  sehr  schmale 
Leiste:  eine  Burg  in  der  Ebene  auf  hohem  Wall, 
vorn  ein  Weg  mit  hellen  lustigen  Bäumchen; 
in  Baumgruppen  endet  das  Zierstück,  ein 
Schlußstück  zu  einer  einzigen  kleinen  Seite  von 


Andersens  alternder  Weltfriedenstimmung:  Ein 
Bild  vom  Burgwall  ans.  PA  ist  beileibe  keine 
Illustration;  Andersens  Stimmung  ist  herbstlich, 
Steiners  Ornamentleiste  ist  lustiger  Lenz,  aber 
sie  ist  ein  tragendes  Parallclglied  im  künst¬ 
lerischen  Buchwerk  und  will  nicht  mehr  sein. 
Ebenso  ist’s  mit  dem  Tannenbauin.  Die  Ge¬ 
schichte  Andersens  erzählt  eine  Moral,  Steiners 
Kopfleiste  gibt  eine  Formimpression  aus  der 
Natur  und  zwei  groteske  Raben.  Sind  diese 
mehr  ornamentales  Stückchen  oder  mehr  Mär¬ 
chenmoral  ?  Das  lebendige  persönliche  Mit¬ 
schwingen  des  künstlerischen  Schmucks  im 
Inhaltseindruck,  das  ist  jedenfalls  das  Feine. 

Die  Beispiele  bringen  weiterhin  den  Bieder¬ 
meierteetisch  zu  Andersens  Geschichte  einer 
Teekanne.  Es  ist  noch  fast  eine  Leiste,  nimmt 
allerdings  die  Hälfte  der  kleinen  Buchseite  ein, 
ist  in  seiner  künstlerischen  Lebendigkeit  fast 
Illustration,  vermeidet  alle  plumpsende  Märchen¬ 
bildmanier,  denn  es  ist  nur  eine  Teekanne,  kein 
zappelndes  Märchending.  Der  Text  läuft  auf 
der  nächsten  Seite  weiter,  es  ist  also  kein 
Schlußstück  —  was  ist’s:  Ein  Teil  eines 
künstlerischen  Buchs,  fein  und  lustig  lebendig. 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


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Verkleinerte  Titelseiten  aus  E.  T.  A.  Hoffmanns  „Elixiere  des  Teufels“  Verlag  G.  Grote,  Berlin. 


Verkleinerte  Titelseiten  aus  E.  T.  A.  Hoffmann  ,,Die  Elixiere  des  Teufels 


94 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


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Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


95 


Ich  möchte  gleich 
hier  weitergehen  zum 
künstlerischen  Wesen 
Steiners  in  Kapitelkop- 
fen  und  Schlußstücken. 

Die  Gedächtnissäule 
Vergiß  mein  nicht  ist 
Schlußstück  zu  dem 
traurigen  Ende  der  Tee¬ 
kanne  als  Scherbe. 

Andersens  poetischer 
Sinn  wird  dort  nach¬ 
denklich  und  von 
blasser  Schwermut.  In 
Steiners  Schlußstück 
ist  das  Märchen  schon 
längst  vorbei  und  das 
poetische  Sinnieren 
feinsten  Empfindens  er¬ 
hält  Bildform,  Zierform. 

Doch  das  sind  alles 
Arbeiten  von  1904, 
sind  Steiners  Anfänge, 
sind  buchkünstlerische  Präludien. 

Ich  muß,  um  Steiners  Ornamentik  gerecht 
zu  werden,  jetzt  auf  sein  erstes  großes  Gelegen¬ 


heitswerk  hinweisen,auf 
sein  Buchkunstwerk: 
Die  Elixiere  des  Teufels 
von  E.  T.A.  II (ff manu, 
mit  Zeichnungen  von 
Hugo  Steiner -Prag. 
Berlin  1906.  Grote  sehe 
l  Verlagsbuchhandlung. 
Ich  bringe  in  Repro¬ 
duktion  vier  vollstän¬ 
dige  Seitenbilder.  Die 
erste  Seite  (280)  gibt 
eine  Kopfleiste,  die 
einem  fast  rein  linearen 
Bewegungssinn  Aus¬ 
druck  findet,  und  dann 
ein  streng-  und  fein- 
gliedriges  Schlußorna¬ 
mentstück.  Ich  möchte 
dabei  besonders  nur  auf 
die  elegante  Gesamt¬ 
wirkung  der  Seite  hin- 
weisen  und  auf  das 
Vibrierende  im  Schlußstück,  das  ganz  streng 
ornamental  aufgebaut,  zwischen  wucherndem 
Aufstreben  und  breitem  Ruhen  schwebt;  das 


Brauner  Lederband  mit  Blind-  und  Goldprägung. 
Ausgeführt  von  H.  Sperling  in  Leipzig. 

R.  Voigtländers  Verlag,  Leipzig. 


Halbpergamentband.  Hellgrünes  Überzugpapier,  Goldprägung.  Ausgeführt  von  H.  Sperling  in  Leipzig. 


Verlag  G.  Grote,  Berlin. 


96 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


Monatsbild  (Mai)  aus  „Leipziger  Kalender  1909“. 


Verlag  Georg  Merseburger,  Leipzig. 


scheinbar  streng  pflanzlich  elementar  konstruiert 
ist  und  doch  etwas  von  Tierkopfform  an¬ 
klingen  läßt.  Das  Lebendige  dieses  formal 
ganz  strengen  Ornaments  wird  erst  der  ganz 
fühlen,  der  einerseits  den  christkatholisch  mysti¬ 
schen  Charakter  von  Hoffmanns  malerisch 
phantastischer  Dichtung  erlebt  und  anderer¬ 
seits  Steiners  künstlerische  Durchgestaltung 
dieses  Charakters  im  Buchkunstwerk  des  Grote- 
schen  Verlags. 


Die  andre  Seite  (283)  ist  das  Ende  des 
Werks.  Die  Kopfleiste  ist  im  Linearen  sehr 
still,  im  Mittelstück  sehr  reich  und  edel  bei 
aller  Schlichtheit.  Das  Schlußstück  trägt  auf 
pflanzlichen  und  figürlichen  Vertikalstrebungen 
eine  köstliche  Kurve,  die  sich  ganz  vorsichtig  zum 
Kreis  in  den  Raum  vortasten  möchte;  das 
Sinnbildliche ,  die  Abgeschlossenheit  der  Heiligen 
im  Blütenhain,  drängt  sich  garnicht  vor,  ordnet 
sich  willig  dem  ornamentalen  Liniensinn  unter. 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


Hier  findet  sich  auch  eine  ganz  einfache  Probe 
geschriebener  Schrift. 

Als  weitere  Seitenbilder  möchte  ich  noch 
die  Köpfe  der  ersten  Kapitel  vorweisen; 
ziemlich  schwer  liegt  auf  den  Seiten  der  stark 
bildhafte  Kopf,  gefaßt  in  einem  ebenso  formen- 
reichen  wie  elegant  disponierten  Ornament¬ 
rahmen.  Man  möchte  mit  sich  streiten,  ob  der 
Rahmen  dekorativer  ist  oder  das  Bild.  Das 
Heiligenbild  vorn,  mit  dem  baumumstandenen 
Klostervorplatz  oder  die  Steinbank,  es  ist  doch  nur 
fast  zur  Naturfrische  belebtes  dekoratives  Stück. 

Ehe  ich  wieder  zu  loser  Beispielfolge  zurück¬ 
kehre,  aus  der  doch  schließlich  lebendig  die 
Idee  des  Gesamtbuchkunstwerks  erkennbar  sein 
soll,  wie  sie  aus  der  künstlerischen  Persönlich¬ 
keit  Steiners  wachsen  möchte,  möchte  ich 
noch  das  Gelegenheitswerk  der  „Elixiere“ 
möglichst  durch  Beispiele  gerundet  darstellen. 


97 


Die  Reproduktion  des  schönen  Buciititels  kann 
trefflich  die  detaillierte  sinnomamentale  feinste 
Vornehmheit  der  Durchführung  wiedergeben, 
und  die  lebendige  Einheit  des  Ganzen  aus  un¬ 
zähligen  Organen  ornamentaler  Elemente.  Der 
Buchsinn  erscheint  hier  konzentriert  in  einer  in 
allen  Abwägungen  geklärten  Sinnkunst  eines 
wesentlichen  Buchteils,  des  wesentlichsten 
inneren  Teils  des  Buches. 

Die  Einbanddecke  zu  den  Elixieren  erscheint 
formal  strenger,  in  sinnvollem  Ausdruck  deut¬ 
licher  wirken  wollend  und  gleichzeitig  auf  edle 
Materialverwendung  im  Entwurf  konstruiert. 
Endlich  hat  Steiner  für  dies  Buch  auch  noch 
große  Blätter  geschaffen,  die  wie  ein  phantasti¬ 
scher  Zyklus  der  Griffelkunst  den  großen  Rhyth¬ 
mus  der  Hoffmannschen  poetischen  Mystik  der 
„Elixiere“  für  die  Anschauung  wiederholen.  Diese 
Blätter  sind  die  Hauptglieder  des  Buchkunst- 


Sebenserinnerungen 
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Innentitel. 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


Eugen  Diederichs,  Verlag,  Jena. 

13 


98 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


Luxusband,  dunkelbaues  Leder  mit  Goldprägung. 
Ausgeführt  von  H„  Sperling,  Leipzig. 


werks,  fast  selbständig  in  ihrem  künstlerischen 
Eigenleben  und  doch  auch  Sinnbilder  des 
Romans,  geschöpft  aus  dessen  reinster  seeli¬ 
scher  Kontemplation.  Ich  gebe  eins  nach  dem 
Original  in  Autotypie :  Im  Beichtstuhl. 

Das  auffallende  Wachsen  der  eigen  charak¬ 
terisierten  Buchkunst  Steiners  durch  die  Ab¬ 
klärung  und  Wesenserneuerung  in  neuen  Wir¬ 
kungsgelegenheiten  soll  weiterhin  zunächst  ein 
zu  einem  eigenartigen  Organismus  erschaffener 
doppelseitiger  Innentitel  in  Reproduktion  zeigen, 
es  ist  der  Doppeltitel  zu:  Henrik  Steffens  (Verlag 
Eugen  Diederichs ,  Jena),  eine  Arbeit  Steiners 
aus  jüngster  Zeit.  Zu  Steffens  ist  auch  der 
Bucheinband  reproduziert  und  außerdem  weitere 
Bucheinbände ,  die  in  neuerer  Zeit  entworfen  und 
ausgeführt  wurden.  Goethes  Werke  (zweimal)  und 
ein  Weltliches  Erbauungsbuch,  ein  Band  Justus  von 
Liebig  und  eine  Mappe  zum  Jubiläum  des  Verlags 
Reclam  (Erscheinen  des  5000.  Bändchens). 

Bei  allen  diesen  Bucheinbänden  ist  das 
Lebendige  des  Ornaments  streng  gebändigt,  nur 
in  bedeutenden  Kurven  und  Raumteilungen  zu¬ 
meist  ausdrucksvoll  spielend,  bewußt  auf  Mit¬ 
wirkung  vornehmen  Eindrucks  der  Material¬ 
verwendung  und  Prägung  berechnet,  und  alle 
Zier  deutlich  zu  Dienst  der  Schrift  gestellt,  die 
in  Kraft  und  Fluß  der  Formen  auf  den  Buch¬ 


zweck  und  den  Flächenraum  des  Deckels  be¬ 
messen  wird.  Für  die  Reclamsche  Prunkmappe 
hat  Steiner  noch  eine  Rahmenzeichnung  eines 
Einlageblattes  gearbeitet,  die  hier  als  Rahmen 
einer  Widmungsinschrift  Dehmels  mit  dieser 
reproduziert  ist.  Ein  Vergleich  dieses  Rahmens  mit 
dem  Buchtitel  der  „Elixiere“  gibt  eine  Fülle  von 
dekorativen  Wesensparallelen,  andererseits  auch 
mit  Deutlichkeit  die  Wesensänderungen  im  buch 
künstlerischen  Ausdruck,  deren  unter  verschie¬ 
denen  Werkgelegenheiten  eine  adapte  aber  in 
sich  selbst  gegründete  Buchkünstlernatur  fähig  ist. 

Was  an  künstlerischer  Arbeit  von  Steiner 
in  Entwürfen  von  Schmuckstücken  geleistet  ist 

o  9 

für  Aufgaben,  die  außerhalb  der  eigentlichen 
Buchkunst  liegen,  wohl  aber  ihr  wesensverwandt 
bleiben,  erweisen  Kalenderbilder.  Aus  dem 
Leipziger  Kalender  K/Off  sei  hier  nur  ein  Maibild 
reproduziert,  das  gleichzeitig  eine  Huldigung  für 
den  Leipziger  Tondichter  Lortzing  darstellt.  Es 
ist  augenscheinlich,  wie  in  solch  ein  Bild  von  Zeit- 
und  Jahresstimmung  der  ganz  persönlich  lebendige 
Sinn  und  Ausdruck  dekorativer  Formcngebung 
eingedrungen  ist,  so  innig  die  Naturstimmung  an 
sich  auch  künstlerisch  gefühlt  ist;  ich  möchte  fast 
sagen,  daß  auch  hier  in  jedem  Striche  der  Buch¬ 
künstler  lebendig  ist  und  das  Wesen  seinerForm- 
anschauung  der  Natur  aufprägt.  Umgekehrt  ist 
in  der  wunderschönen  Titel  Vignette:  In  Memo- 


Jubiläumsmappe,  Pergament  mit  Goldprägung 
Ausgeführt  von  Hübel  &  Denck,  Leipzig. 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


99 


Umrahmung  für  ein  Gedenkblatt. 


riam  W.  P.  (zur  Edition  einer  Traueransprache) 
die  Naturharmonie  des  Blühens  und  Sterbens 
in  einer  völligen  Empfindungskeuschheit  aus¬ 
gedrückt,  obgleich  die  Naturformen  alle  eine 
edle  ornamentale  Durchgestaltung  zeigen. 

Man  erfährt  bei  Steiner  die  rasche  Entwick¬ 
lung  zu  ausgeprägt  eigenwilliger  Formgebung 
recht  deutlich  bei  einem  kurzen  Überblick  über  die 
nicht  in  dem  hier  entwickelten  Sinne  buchkünst¬ 
lerischen  ,  sondern  mehr  illustrativ  buch- 
selimückenden  Arbeiten,  die  er  in  verschiedenen 
Verlagsaufträgen  ausführte.  Steiner  kann  die 
Natur  sehr  wohl  natürlich-lebendig,  aber  er  will 
sie  dekorativ-lebendig.  Bis  dieser  Wille  sich 
schaffensfrei  und  ausdrucksklar  durchsetzen 
konnte,  bedurfte  es  einer  lebhaften  intensiven 
schöpferischen  Kräfteanspannung. 

Aus  ganz  früher  Zeit  der  Kunstarbeit  Steiners 
stammt  Das  Schloß  am  Meere .  Es  ist  eine 
Bildbeigabe  zu  Uhlands  bekanntem  Gedichte. 
Die  Naturphantasie  des  Künstlers  übertrumpft 
weit  den  Dichter,  der  das  Schloß  nur  als 
Staffage  eines  hehren  Familiendramas  nimmt. 
Steiner  erlebt  in  dem  Blatte  einen  Tagesab¬ 
schied  in  Einsamkeit  und  Glut,  und  alle  Formen 
wachsen  in  der  Kraft  der  Stimmung,  wurzeln 
aber  im  Grunde  ihrer  Naturwahrscheinlichkeit. 


Späterhin  hat  Steiner  in  farbigen  Lithographien 
diese  phantastischen  Steigerungen  der  Natur¬ 
formen  noch  weiter  ins  Grandiose  getrieben. 

Hier  mögen  weiter  zwei  Proben  aus  einer 
größeren  illustrierenden  Arbeit  aus  den  Prager 
Phantasien,  Verlag  der  Deutschen  Arbeit ,  Prag 
1905,  folgen.  Hier  ist  auch  die  Natur  der 
Phantasie  vermählt,  aber  die  Phantasie  ist 
poetisch  verinnerlicht  ins  Stimmungsvolle  ver¬ 
senkt,  so  daß  sie  aus  der  Natur  ein  Stimmungs¬ 
gedicht  oder  einen  Traum  vergangner  Zeit  leicht 
und  in  verblassender  Wirklichkeit  formt.  Die 
Sommernacht  ist  ein  Gedicht  aus  Nacht,  Sternen 
und  Mondlicht,  die  Großvatergestalten  in  dem 
kleinen  Stadtivinkel  erwachen  zu  einem  ver¬ 
späteten  Leben  und  haben  es  Steiner  für  immer 
angetan,  haben  auch  immer  etwas  preziös  Un¬ 
wirkliches  an  sich  (zum  Vergleich:  die  Leipziger 
Kalenderbilder). 

Zu  einem  Band  Lenau  aus  Gerlachs  Jugend¬ 
bücherei  gehört  die  kleine  bunte  Interieurecke, 
sie  steht  vor  dem  Gedicht  Der  offene  Schrank. 
Was  wir  eben  über  das  Auf  leben  der  guten 
alten  Zeit  sagten,  bleibt  hier  bestätigt  bestehen, 


Titelvignette  für  eine  Trauerrede. 


100 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


Uhland,  „Das  Schloß  am  Meere“.  Verlag  G.  Grote,  Berlin. 

Illustration  aus  Bodenstedt  „Album  deutscher  Kunst  und  Dichtung“. 


das  Gestaltungssentiment  Steiners  hat  sich  mit 
Lenaus  zager  Schwermut  gefunden. 

Die  Farbigkeit  hat  für  Steiner  immer  nur 
die  Bedeutung  des  Tragenden,  Stimmenden, 
Stillenden  für  graphische  Arbeit  gehabt.  Er 
verwendet  die  Farbe  gern,  aber  nie  laut,  nie 
lebhaft,  seine  Farbe  ist  keines  Schreis,  keiner 
Aufdringlichkeit  fähig.  Die  verblassenden  Mög¬ 


lichkeiten  farbiger  Lithographie  sind  ihm  daher 
besonders  lieb,  die  Höhung  einer  Zeichnung 
mit  nur  einem  delikat  eingewebten  Farbton  ge¬ 
lingt  ihm  zu  vibrierender  Lebendigkeit.  Neben 
dem  ebengesagten  Allgemeinen  über  Steiners 
Steinkunstneigung  bleibt  zu  den  lithographischen 
Originalblättern,  die  im  Handel  sind,  im  be- 
sondern  nicht  mehr  viel  zu  sagen.  Mir  liegt  nur 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


IOI 


daran,  deutlich  auf  das  Sinnbildliche  der  Natur¬ 
stimmung  in  Naturformen  und  Gestalt  hinzu¬ 
weisen,  und  wie  sich  auch  hier  daraus  die 
organisch  einheitliche  dekorative  Wirkung  solcher 
phantastischer  Blätter  ergibt,  die  ihnen  einen 
lebendigen  künstlerischen  Eigenwert  sichert. 

Als  ein  glänzendes  Beispiel  einfarbig  gehöhter 
Zeichnung  ( technisch  gesehen ),  als  glänzendes 
Beispiel  buchkünstlerischen  individuellen  Lebens 
hoch  über  den  kleinen  Zwecken  der  Illustration 
( ästhetisch  erlebt)  möge  das  Blatt  zu  Andersens: 
Geschichte  einer  Mutter  betrachtet  werden, 
das  zu  der  Stelle  der  Erzählung  führt,  wo 
dem  Leser  „die  alte  Totengräberfrau,  die  das 
große  Treibhaus  des  Todes  beaufsichtigt“,  be¬ 
gegnet.  Es  ist  ein  nachtbläuliches  Aufwachsen 
und  kristallisches  Anschießen  von  architektoni¬ 
schen  Massen  aus  dem  Erdinnern  in  die  Nacht- 


Briefzeichen. 


fernen  der  Sterne;  hierzu  geht  Farbe  und 
Formenkraft  in  Eins,  und  im  Naturlebendigen 


Kapitelkopf  aus  „Elixiere  des  Teufels“. 


Verlag  G.  Grote,  Berlin. 


102 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


psycho  -  physischen  Groteske  Kleists :  Marquise 
von  0.  zuerst  aufgeführt.  Die  theatralisch  ver¬ 
schärften  Komplikationen  einer  Skandalanekdote 
läßt  Steiner  in  greller  Lebendigkeit  eines  Bühnen¬ 
lichts  aufzucken,  in  dem  alle  Feinheiten  seines 
belebten  Schaffens  in  einigermaßen  masken¬ 
hafter  Schärfe  verhärten. 

Wie  ganz  verändert  lebt  derselbe  Künstler, 
dieselbe  persönliche  Kunstform  sich  in  Dickens 
Weihnacht s ge  schichten  ein!  Der  behagliche 
sinnierende  englische  Erzählergeist  selber  er¬ 
scheint  in  den  Bildern  lebendig;  unsichere 
Visionen  nächtlicher  Räume,  durch  ein  schwer¬ 
blütiges  Temperament  gesehen,  das  sucht  sich 
Steiner  heraus  und  lebt  sich  dort  in  ein  fremd¬ 
völkisches  Geistesleben  ein,  das  seine  Lebens¬ 
wirklichkeit  anders,  dämmernder  begreift,  so 
lustig  und  alltäglich  es  sich  gebärden  mag. 

Aus  einem  Zyklus  „Prag  zur  Zeit  unserer  Großeltern“.  .  .  .  . 

Ein  Huschen  von  Schatten,  ein  sich  gespenstisch 
wurzelnd,  treibt  die  künstlerische  Lebenskraft  der  gestaltendes  Mondlicht,  gibt  Steiner  fast  greif- 
Anschauung  eine  den  Bildraum  sprengende Phan-  bar,  und  man  erlebt  mehr  als  ein  Gelegenheits- 
tasie.  Das  Wuchernde  der  Formelemente  er-  bild  zu  einer  Erzählung,  nämlich  das  Einleben 
scheint  nur  teilweise,  die  Starre  des 


Todesgedankens  nicht  brechend. 

Anders  ist  das  in  dem  Blatt  zur 
gleichen  Erzählung:  Die  Mutter  läßt  den 
frierenden  Dornbusch  von  ihrem  Herzblut 
trinken.  Das  Organische  triumphiert  im 
poetischen  Gedanken  wie  in  der  strebenden 
zerbrechlichen  Form  eisiger  Dürre  des 
Dornbuschs,  die  Naturformen  sind  zu  einer 
wundervollen  ornamentalen  Kraft  der 
Schwarz- weiß- Wirkung  künstlerisch  um 
gedacht  und  zum  Sinnbild  des  Gefühls 
gesteigert. 

Von  hier  aus,  wo  Steiner-Prag  schon 
sein  Eigenstes ,  wo  er  seine  lebendige 
Welt  der  Zierform  gefunden  hat  und  für 
ihn  alles  nach  dem  immanenten  Gesetze 
der  Kunst,  der  Graphik  im  besonderen, 
sein  bildhaftes  und  sinnbildliches  Eigen¬ 
leben  in  jeder  Werkgelegenheit  entwickelt, 
ist  der  reine  Illustrator  Steiner-Prag  nicht 
mehr  denkbar,  der  Buchkünstler  wird  in 
jeder  Aufgabe  neu  und  doch  sich  immer 
selber  gleich  lebendig  und  erlebenswert. 

Wenn  überhaupt  ein  Auftrag  an  sich 
rein  illustrativ  genommen  werden  konnte, 
so  war  es  der,  den  Steiner  1907  vom  '  ^D!((ltIlM()(  ' 

Verlag  der  Bücher  des  deutschen  Hauses  ion  aui  ei„B  Zyklll«  ,.P„äer  Ph>„»,i=„-. 

erhielt.  Es  sei  hier  Steiners  Blatt  zu  der  (Deutsche  Arbeit,  Verlag ) 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


103 


Lenau,  „Der  offene  Schrank“  Gerlachs  Jugendbücherei. 


Andersen,  „Geschichte  einer  Mutter'1 


Gerlachs  Jugendbücherei. 


Andersen,  , .Geschichte  einer  Mutter“. 


Gerlachs  Jugendbücherei. 


des  Künstlers  in  die  neuen  Charaktere  einer 
Dichtung;  dabei  gewinnt  das  entstehende  Kunst¬ 
werk  ein  seltsames  Eigenleben,  das  organisch 
aus  der  Dichtung  wächst,  aber  gleichzeitig  ein 
künstlerischer  Eigenorganismus  wird. 

Es  ist  nicht  möglich  über  die  Arbeit  eines 
noch  nicht  Dreißigjährigen  einen  Abschluß  zu 
finden.  Aber  ein  schönes  Kapitel  am  Ende 
dieser  Betrachtung  bieten  die  Arbeiten  Steiners, 
die  er  als  Exlibris  geschaffen  hat. 

Wenn  man  die  neue  Buchkunst  so  erlebt, 
wie  sie  sich  heute  mehr  und  mehr  zum  schöp¬ 
ferischen  Organismus  entwickelt,  der  seine 
Kräfte  in  Einzelschöpfungen  künstlerischer  Buch¬ 
individualitäten  ausströmt,  dann  entwickeln  sich 
für  das  Exlibris  auch  ganz  neue  organische 
Funktionen.  Der  deutsche  Kaiser  hatte  sich  für 
die  verschiedenen  Abteilungen  seiner  Bibliothek 
neuerdings  verschiedene  Exlibris  bestellt  und 
einen  ziemlich  unpersönlich  heraldisch -sche¬ 
matischen  Charakter  jedesmal  vorgeschrieben. 


Solche  Rücksicht  auf  Charaktere  von  Buch¬ 
gruppen  und  Büchern  unter  rücksichtsvoller 
Anpassung  des  Persönlichen  des  Besitzers  an 
die  Wesensart  der  Bücherinteressen  entspricht 
durchaus  nicht  dem  modernen  Brauch  der 
neuerwachten  lebhaften  Interessen  am  Exlibris, 
bringt  aber  doch  Erwägungen,  die  für  die 
Zukunft  der  Buchkunst  fruchtbar  werden  müssen. 

Die  Wünsche  und  großen  und  kleinen  Eitel¬ 
keiten  der  Besteller  haben  uns  in  den  letzten 
Jahren  eine  Art  von  Exlibris  beschert,  in  denen 
die  Künstler  um  jeden  Preis  auf  die  Ideenjagd 
und  auf  den  Originalitätsmarkt  um  jeden  Preis 
gehen.  Es  hat  sich  selbst  unter  den  Händen 
der  allerbesten  Buchkünstler,  die  Maß  und 
Geschmack  zu  wahren  wußten,  doch  eine  Art 
„Schlagerkunst  für  Exlibris“  entwickelt,  die  die 
Persönlichkeit  des  Bestellers  in  einer  meist 
unnatürlichen  Charakterschärfe  oder  Berufs¬ 
reklame  symbolisieren  und  den  schaffenden 
Künstlern  selbst  eine  plakatartige  Abbreviatur 


Seile,  Hugo  Steiner- Prag. 


105 


Z.  f.  ß.  1909/1910. 


14 


•  'JTEINER-P«AC>  1907 


i  o6 


Seile,  Hugo  Steiner-Prag. 


Andersen,  Geschichte  einer  Mutter.  Gerlachs  Jugendbücherei. 


für  innerlich  und  äußerlich 
Kurzsichtige  abnötigen,  so 
daß  die  Exlibrissammler 
heute  ganz  außerhalb  der 
Kreise  der  Bibliotheksbe¬ 
sitzer  und  Bücherfreunde 
denkbar  werden,  daß  gleich¬ 
zeitig  allmählich  das  Exlibris 
selbst  seinen  organischen 
Zusammenhang  mit  der 
Entwicklung  der  Buchkunst 
verliert.  Wenn  das  Problem 
heute  noch  nicht  eklatant 
ist,  latent  ist  es  jedenfalls, 
und  das  Entwicklungstempo 
der  Buchkunst  ist  heute  sehr 
rasch,  wird  durch  Buch¬ 
künstlerpersönlichkeiten  wie 
Steiner -Prag  lebhaft  ge¬ 
fördert. 

Steiner-Prag  hat  in  seinen 
Exlibris  zunächst  die  Persön¬ 
lichkeit  des  Auftraggebers 
nur  soweit  symbolisch  oder 
phantastisch  aufleben  lassen, 
wie  diese  mit  seiner  eignen 
schöpferischen  Künstlerart 
harmoniert,  der  führende 
Gedanke  liegt  dabei  zu¬ 
grunde,  daß  der  Besteller  das  Werk  nur  erleben 
kann,  wenn  er  sich  in  die  Künstlernatur  des 
Ausführenden  einleben  kann  und  die  Bücher 
liebt,  die  den  Künstler  zu  organischen  Schöp¬ 
fungen  neuer  Buchkunst  innerlich  verwandt 
anregen,  daß  weiter  die  Bibliothek  des  Exlibris¬ 
besitzers  auf  diese  lebendige  Buchkunstart 
ungefähr  gestimmt  ist. 

Es  ist  auch  tatsächlich  eine  Lebensfrage 
des  Exlibris,  daß  es  das  Persönliche  des  Buch¬ 
eigentümers  nur  soweit  anklingen  läßt,  wie  dies 
im  lebenden  ornamentalen  Organismus  des 
Blattes  aufgeht;  daß  ferner  alle  seine  ästheti¬ 
schen  Abwägungen  der  Formen  und  der 
Schmuckcharaktere  in  dem  einen  Gesetze  sich 
gründen,  daß  die  Buchkunst  das  Gelegenheits¬ 
werk  zu  einem  organischen  Ganzen  erschaffen 
möchte,  dessen  Funktionen  das  Exlibris  be¬ 
reichern  aber  nicht  stören  oder  gar  zerstören 
darf. 

Steiner  nun  hat  weiterhin  auch  das  Exlibris 
formal  so  ausgebildet,  daß  alle  Elemente  seines 


ornamental  lebendigen  Einfühlens  in  die  Natur 
spielend  Zusammengehen  und  künstlerisch  fein¬ 
lebendige  Ausdruckseinheiten  bilden,  die  ihre 
starke  dekorative  Wirkung  ganz  vorsichtig  aus 
Schrift,  Bild  und  Ornament  entwickeln. 

Die  lithographische  OngmaXboigdibc  Marianne 
Neumann  mag  besonders  glücklich  einer  solchen 
Vereinigung  noch  zarte  Farbigkeit  hinzufügen, 
im  allgemeinen  vermeidet  Steiner  Farbigkeit 
im  Exlibris  und  höht  auch  nur  selten  mit  einer 
Farbe  die  reine  Schwarz- Weiß- Wirkung.  Diese 
an  sich  ist  ihm  ja  unerschöpflich,  der  Form- 
und  Linienreichtum  möchte  überfließen,  wenn 
ihn  nicht  das  Gesetz  der  organischen  Wechsel¬ 
wirkung  aller  Teile  zu  bewundernswürdiger 
Strenge  dekorativer  Geschlossenheit  bändigte. 
Im  Exlibris  Emma  Holzrichter  könnte  man 
vorwiegend  Stilstrenge  suchen,  wenn  nicht  so¬ 
fort  die  lebendige  Fülle  in  allen  Teilen  dem 
betrachtenden  Blick  das  phantastische  Natur¬ 
erlebnis  der  Landschaft  aufgehen  ließe.  Noch 
strenger,  in  den  Teilen,  dafür  individueller 


io8 


Seile,  Ilugo  Steiner- Prag. 


empfunden  ist  das  Exlibris  Elisabet  lYolff\ 
Persönliches  klingt  deutlich  in  Vase  und  Noten¬ 
buch,  um  so  strenger  ist  die  Landschaft  in 
dekorativen  Linien  geführt,  auf  Schwarz- Weib- 
Wirkung  bedacht.  Die  beiden  Exlibris  Meta 
Brüninghaus  und  Erna  Reber- Sander  sind 
eigentlich  nur  freiere  Äußerungen  der  Lebens¬ 
anschauung  des  Künstlers  Steiner,  dessen 
Lebenstraum  dieser  Rosenstrauch,  bltitenübersät, 
die  Welt  duftend  umspannend,  darstellt;  archi¬ 
tektonische  Sinnbilder  vollendeter  Form  ragen 
schlank  und  klar  in  der  Ferne.  Damit  trägt 
einfach  der  Künstler  sein  Buchkünstlertum  in 
die  Bibliothek  eines  ihm  innerlich  nahestehen¬ 
den  Menschen. 

Die  beiden  letzten  Exlibris  endlich  Hanna 


Koettgen  und  Felix  Lederer  sind  üppig  wuchernde 
phantastische  Naturstücke;  das  eine  weiblich 
zart,  das  andre  männlich  vollkräftig  in  seinem 
kleinen  Format  empfunden.  Jedes  könnte 
wieder  Grundlage  einer  erschöpfenden  Betrach¬ 
tung  der  zu  jedem  Zwecke  organisch  leben¬ 
digen  Arbeit  Steiners  sein.  Genug! 

Nur  noch  einen  Wunsch  zum  Plnde.  Steiner- 
Prag  hat  viele  gelegentliche  Aufgaben  gelöst, 
hat  auch  vor  sich  eine  Menge  Gelegenheiten 
zu  buchkünstlerischer  Betätigung,  mögen  ihm 
immer  die  rechten  künstlerischen  Gelegen¬ 
heiten  zur  Entwicklung  sich  bieten,  denn  er  ist 
noch  jung  genug,  um  von  wesentlicher  Be¬ 
deutung  auch  in  der  Zukunft  deutscher  Buch¬ 
kunst  zu  bleiben. 


Schlußvignette.  Gerlachs  Jugendbücherei. 


Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


Von 

Dr.  Johannes  Luther  in  Greifswald.1 


ie  heutzutage  scheinbar  schon  bis  an 
die  Grenze  der  Leistungsfähigkeit  vor¬ 
gedrungene  Technik  des  Buch-  und 
Zeitungsdruckes  mit  ihrem  Walzendruck,  ihren 
selbsttätigen  Setz-  und  Ablegemaschinen,  läßt 
uns  kaum  noch  ein  Bild  der  Anfänge,  in  und 
mit  denen  diese  Kunst  groß  geworden,  vor  die 
Augen  treten.  Eine  Reihe  von  Abbildungen 
indessen,  die  aus  früherer  Zeit  erhalten  sind, 
machen  uns  die  Technik  der  Druckerei  vor  den 
Erfindungen  der  Neuzeit  anschaulich;  im  be¬ 
sonderen  wird  uns  die  Tätigkeit  des  Buch¬ 
druckers  des  XVI.  Jahrhunderts  auf  einem 
(wiederholt  reproduzierten)  Holzschnitte  des 
Jost  Amman  aus  dem  Jahre  1568  dargestellt. 

Darnach  war  der  Hergang  beim  Drucken 
folgender:  Auf  eine  (weiche)  Unterlage  wird  der 
für  den  Druck  bestimmte  Papierbogen  mit  Hilfe 
zweier  ihn  durchlochenden  Spitzen  (Punkturen) 
so  befestigt,  daß  er  sich  nicht  verschieben  kann; 
auf  ihn  wird  ein  dünner  Rahmen  gelegt,  der 
in  der  Art  einer  Schablone  nur  die  für  den 
Druck  bestimmten  Stellen,  den  Schriftspiegel, 
offen  läßt;  die  von  dem  Rahmen  gedeckten 
und  vor  der  Berührung  mit  Druckerschwärze 
geschützten  Stellen  bilden  die  Ränder  der  Druck¬ 
seiten;  der  so  gedeckte  und  gleichzeitig  fest¬ 
gehaltene  Bogen  wird  dann  auf  den  inzwischen 
geschwärzten  Satz  umgeschlagen,  die  ganze 
Form  unter  die  „Presse“  geschoben,  und  dann 
„gedruckt“.  In  noch  früherer  Zeit  mögen  die 
Handleistungen  noch  einfachere  gewesen  sein; 
indessen  führen  uns  die  aus  jener  ältern  Zeit 
erhaltenen  Darstellungen  von  Druckpressen  die¬ 
selben  nur  in  dem  Augenblick  vor,  in  welchem 
bereits  „gedruckt“  wird,  so  daß  die  vorangehen¬ 
den  Handgriffe  nicht  daraus  ersichtlich  sind. 

Bei  dieser  Druckweise  konnte  natürlich  immer 
nur  eine  Seite  des  für  den  Druck  bestimmten 
Bogens  bedruckt  werden,  und  erst,  nachdem 


dieses  vollendet,  auch  die  andre  Seite;  den 
Druck  der  ersten  nannte  man  den  Schöndruck, 
den  der  zweiten  den  Widerdruck.  Im  Folioformat, 
bei  welchem  der  Bogen  zu  zwei  Blatt,  gleich 
vier  Blattseiten,  bedruckt  wird,  wurden  dem¬ 
entsprechend  zuerst  Blattseite  eins  und  vier, 
später,  wenn  dieses  beendet,  Blattseite  zwei  und 
drei  bedruckt  (vgl.  Fig.  1).  Im  Quartformat 
wurden  auf  diese  Weise  im  Schöndruck  zuerst 
Seite  eins,  vier,  fünf,  acht,  im  Widerdruck  Seite 
zwei,  drei,  sechs,  sieben  hergestellt  (vgl.  Fig.  2). 
Bei  kleineren  Formaten  wurde  die  Verteilung 
natürlich  entsprechend  umständlicher. 

Es  fragt  sich  nun,  in  welcher  Weise  der 
Satz  für  einen  ganzen  Bogen  hergestellt  wurde. 
Hierfür  lagen  hauptsächlich  zwei  Möglichkeiten 
vor.  Erstens  konnte  der  Text,  in  der  Weise 
wie  es  heute  Brauch  ist,  erst  in  Fahnen  gesetzt, 
und  dann  durch  das  Umbrechen  auf  die  einzelnen 
Seiten  verteilt  werden;  in  diesem  Falle  konnte 
man,  wie  wir  es  heutzutage  gar  nicht  anders 
gewohnt  sind,  eine  völlige  Ebenmäßigkeit  in 
der  Höhe  des  Schriftspiegels,  also  bei  gleich¬ 
mäßiger  Type  gleiche  Zeilenanzahl  für  jede 
Seite  erreichen.  In  diesem  Falle  mußte,  wenn 
nicht  zwei  Pressen  für  den  Druck  eines  Bogens 
gleichzeitig  zur  Verfügung  standen,  der  Satz 
für  den  Widerdruck  so  lange  unbenutzt  liegen 
bleiben,  bis  der  Schöndruck  vollendet  war.  Die 
zweite  Möglichkeit  war  die,  daß  man  den  Text 
des  Manuskriptes  auf  Grund  von  Zeilen-  und 
Silbenzählung  oder  ähnlicher  Berechnungsweise 
einteilte,  dann,  um  möglichst  bald  mit  dem 
Drucke  beginnen  zu  können,  zuerst  die  lür  den 
Schöndruck  bestimmten  Seiten  setzte,  und 
während  dieser  bereits  unter  der  Presse  war, 
nunmehr  die  Form  für  den  Widerdruck  herstellte. 
Für  letzteres  Verfahren  spricht  die  Mehrzahl 
der  Anzeichen,  vor  allem  aber  der  Umstand, 
daß  in  der  weitaus  überwiegenden  Mehrzahl  der 


1  Dieser  Aufsatz,  der  vor  fast  zwölf  Jahren  geschrieben  wurde,  und  auf  dessen  „bevorstehende“  Veröffentlichung 
in  dieser  Zeitschrift  ich  bereits  in  meiner  Schrift  „Die  Reformationsbibliographie  und  die  Geschichte  der  deutschen 
Sprache.  Vortrag,  gehalten  auf  der  44.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Dresden.  Berlin,  Georg 
Reimer.  1898“  Seite  29  hinweisen  konnte,  gelangt  erst  jetzt  zum  Abdruck.  Indessen  ist  der  Gegenstand  auch  bis 
heute  noch  von  keiner  Seite  behandelt.  J.  L. 


I  IO 


Luther,  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


Schöndruck.  Widerdruck. 


4  ;  1  2:3 


Figur  1. 


Reformationsdrucke  die  Zeilenzahl  der  einzelnen 
Seiten,  selbst  wenn  sie  gleichmäßig  mit  der 
gleichen  Texttype  bedruckt  sind,  selten  auf 
mehreren  aufeinanderfolgenden  Seiten  überein¬ 
stimmt,  ein  Mangel,  der  bei  vorangehendem 
Fahnensatz  vermieden  worden  wäre. 

Noch  eines  dritten  Weges  muß  indessen 
gedacht  werden,  der  bei  Foliodrucken  wohl  in 
Anwendung  gelangen  konnte.  Die  Foliodrucke 
der  Reformationszeit  sind  zum  größten  Teile 
in  Lagen  von  je  drei  Bogen,  also  zu  sechs 
Blättern  mit  zwölf  Seiten,  hergestellt.  Hier  war 
die  Möglichkeit  des  gleichzeitigen  Satzes  für 
alle  zwölf  Seiten  selbst  in  großen  Druckereien 
ziemlich  ausgeschlossen,  aber  auch  die  berech¬ 
nende  Verteilung  des  Manuskriptes  wäre  hier 
auf  erheblich  größere  Schwierigkeiten  gestoßen 
als  etwa  im  Quartdruck.  Daher  ist  die  An¬ 
nahme  nicht  zu  umgehen,  daß  in  diesen  Fällen 
die  Blattseiten  einzeln  nacheinander  gesetzt  und 
ebenso  einzeln  in  die  Presse  gewandert  sind, 
indem  der  Bogen  in  der  Mitte  gefalzt  und  nur 
mit  der  einen  Blattseite  dem  Drucke  ausgesetzt 
wurde.  Bei  dieser  Druckweise  konnte  der 
Schriftspiegel  mit  Leichtigkeit  die  gleiche  Höhe 
für  das  ganze  Werk  innehalten,  und  sie  hat 
zweifellos  schon  in  ältester  Zeit  Anwendung 
gefunden. 

Das  „einseitige“  Druckverfahren  brachte  es 
nun  ganz  von  selbst  mit  sich,  daß,  wenn  der 
Schöndruck  eines  Bogens  vollendet  war  und 
der  Widerdruck  bereits  begonnen  hatte,  der 
Satz  des  Schöndrucks  alsbald  wieder  ausein¬ 
andergenommen  und  „abgelegt“  wurde,  um  für 
den  Satz  des  nächsten  Bogens  Verwendung  zu 
finden.  Diesem  Verfahren  entspringt  eine  Reihe 


von  Drucken ,  die  trotz  ihrer  Wichtigkeit  für  die 
Bibliographie  der  Refonnationszeit  bisher  noch 
nicht  besonders  behandelt  sind ,  und  die  ich  mit 
dem  Namen  „ Zwitterdrucke“  belegt  habe.1 

Der  Aufschwung,  den  das  Buchdruckerge¬ 
werbe  in  der  Reformationszeit  nahm,  war  gewaltig. 
Die  Ideen,  denen  der  wittenbergische  Mönch 
Ausdruck  verliehen  hatte,  versetzten  die  ganze 
Welt,  Hoch  und  Niedrig,  in  Aufregung.  Ein 
Lesebedürfnis,  wie  man  es  vordem  nicht  gekannt, 
stellte  sich  ein.  In  rascher  Folge  ging  Flug¬ 
schrift  auf  Idugschrift  von  dem  sächsischen 
Ländchen  aus,  Freunde  und  Feinde  griffen 
gleichfalls  zur  I^eder.  Was  am  meisten  begehrt 
wurde,  wurde  natürlich  am  meisten  gedruckt, 
und  vor  allen  Dingen  schnell.  Da  es  keinen 
Schutz  des  geistigen  Eigentums  gab,  so  wurden 
die  Bücher  der  Reformatoren,  besonders  ihres 
Führers  Martin  Luther,  allerorten,  sobald  ein 
Exemplar  angelangt  war,  nachgedruckt.  Da 
der  Nachdruck  kein  Diebstahl  war,  so  handelten 
große  und  kleine  Druckereien  gleicherweise;  ein 
Silvan  Otmar  in  Augsburg  druckte  in  schönen 
Ausgaben  ebenso  ruhig  lutherische  Schriften 
nach  wie  sein  Landsmann  Jörge  Nadler  in  unan¬ 
sehnlichen.  So  ging  eine  Hochflut  von  Büchern 
plötzlich  über  die  Lande. 

Bei  der  Eile,  die  Druckern  sowohl  wie  Nach¬ 
druckern  geboten  erschien,  war  es  namentlich 
in  kleineren  Druckereien  um  so  mehr  nötig, 
den  Satz,  sobald  er  nach  dem  Drucke  einer 
Bogenhälfte  wieder  frei  wurde,  sofort  für  den 
weiter  folgenden  Text  zu  verwenden. 

Nun  geschah  es,  daß  der  Drucker,  nachdem 
er  einen  Teil  der  Schrift  gedruckt  hatte,  merkte, 
daß  das  unter  der  Presse  befindliche  Buch 


1  Die  Bezeichnung  „Zwitterdrucke“  ist,  nachdem  ich  sie  in  meiner  oben  genannten  Schrift  „Die  Reformations¬ 
bibliographie“  a.  a.  O.  gebraucht  hatte,  bereits  in  die  Literatur  übernommen.  Zuerst  verwandte  sie  daraufhin  Friedrich 
Hubert  in  seinem  Buch  „Die  Straßburger  liturgischen  Ordnungen  im  Zeitalter  der  Reformation.  Göttingen,  Vandenhoeck 
&  Ruprecht.  1900“  Seite  XVII,  später  auch  die  Bibliographie  in  der  Weimarer  Lutherausgabe. 


Luther,  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


I  I  I 


Schöndruck. 


Widerdruck. 


einen  größeren  Absatz  finden  würde,  als  er 
ursprünglich  berechnet  hatte,  er  also  eine  größere 
Anzahl  von  Exemplaren  drucken  dürfe,  als  er 
für  den  bis  dahin  fertigen  Teil  aufgelegt  hatte. 
Das  Richtigste  war  in  diesem  Falle,  wenn  das 
Geschäft  Gewinn  versprach,  sofort  mit  dem 
Druck  einer  neuen  Auflage  zu  beginnen.  Und 
das  geschah  auch.  Aber  die  Berechnung  ging 
noch  weiter.  Es  wurde  gleich  von  dem  Augen¬ 
blicke  an,  in  welchem  der  Drucker  eine  größere 
Auflage  für  wünschenswert  und  vorteilhaft  hielt, 
sowohl  von  dem,  was  ge?' ade  unter  der  Presse 
war,  als  von  dem  Rest  des  Buches  die  be¬ 
schlossene  größere  Anzahl  von  Exemplaren  ge¬ 
druckt,  während  der  bis  dahin  nur  in  geringerer 
Auflage  gedruckte  erste  Teil  neu  gesetzt  und  neu 
gedruckt ,  und  dann  mit  den  mehr  ge  druckten 
folgenden  Bogen  ebenfalls  zu  einheitlichen  Exem¬ 
plaren  verbunden  wurde. 

Nehmen  wir  an,  ein  Buch  in  Quartformat 
ist  auf  vier  Bogen  berechnet.  Die  beiden  ersten 
Bogen  sind  gedruckt,  und  zwar  in  einer  Auflage 
von  hundert  Exemplaren;  der  Druck  des  dritten 
Bogens  hat  begonnen.  Bei  diesem  dritten  Bogen 
wird  die  Erhöhung  der  Auflage  um  weitere 
hundert  Exemplare  beschlossen.  Es  werden 
daher  Bogen  drei  und  vier  sofort  in  der  höheren 
Auflage  von  zweihundert  Stück  gedruckt;  Bogen 
eins  und  zwei,  deren  Satz  längst  abgelegt  war, 
werden  neu  gesetzt  und  in  der  Anzahl  derjenigen 
hundert  Exemplare,  um  welche  die  Auflage 


vermehrt  wurde,  in  dieser  neuen  Form  gedruckt; 
und  diese  hundert  neugedruckten  Exemplare 
werden  dann  mit  den  hundert  mehr  gedruckten 
Bogen  drei  und  vier  zu  vollständigen  und  ein¬ 
heitlichen  Exemplaren  der  betreffenden  Schrift 
verbunden. 

Solche  nebeneinander  entstandenen  Drucke 
habe  ich  mit  dem  Namen  „Zwitterdrucke“  belegt, 
und  zwar  erstens  aus  dem  Grunde,  weil  sie 
weder  ganz  gleich  noch  ganz  verschieden  von¬ 
einander,  sondern  beides  zum  Teil  sind,  dann 
aber  auch  zum  Unterschied  von  den  durch 
Gustav  Milchsack  zuerst  in  ihrem  Wesen  auf¬ 
deckten  und  beschriebenen  „Doppeldrucken“, 
welche  Druckpaare  vorstellen,  die  anscheinend 
völlig  gleich,  in  Wirklichkeit  aber  völlig  ver¬ 
schieden  sind,  und  die  in  ihrer  Art  ebenfalls  im 
XVI.  Jahrhundert  bereits  Vorkommen.1 

Die  Zwitterdrucke  zerfallen  in  zwei  Arten. 
Bei  der  einen  von  ihnen  schließt  der  Unter¬ 
schied  wie  in  dem  eben  angeführten  Beispiel 
mit  dem  Abschluß  eines  Bogens;  bei  der  anderen 
aber  mitten  im  Bogen  selbst,  d.  h.,  schon  beim 
Drucken  des  Widerdrucks,  als  der  Schöndruck 
dieses  Bogens  bereits  vollendet  und  dessen  Satz 
schon  wieder  auseinandergenommen  war,  wurde 
die  Mehrauflage  beschlossen  und  ausgeführt. 
In  letztem  Falle  wurde  also  der  Widerdruck  erst 
in  der  ursprünglichen  Auflage  vollendet,  dann 
aber  seinerseits  als  Schöndruck  für  die  be¬ 
schlossene  Mehrauflage  verwendet.  Ist  die  erstere 


1  G.  Milchsack  in  den  Erläuterungen  und  Beispielen  zur  „Instruktion  für  die  Bearbeitung  des  alphabetischen  Zettel¬ 
katalogs  in  der  Herzoglichen  Bibliothek  zu  Wolfenbüttel.  Wolfenbüttel,  Julius  Zwissler  i.  K.  1893“  Seite  29 ff. 


Luther,  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


I  12 


Art  der  Zwitterdrucke  schwerer  zu  erkennen, 
so  ist  die  letztere  dafür  um  so  interessanter. 
Bei  jener  ersten  Art,  bei  der  also  der  Mehr¬ 
druck  mit  einem  neuen  Bogen  begann,  muß 
nämlich  in  Betracht  gezogen  werden,  daß  man 
durchaus  nicht,  wenn  man  zwei  Drucke  an¬ 
scheinend  dieser  Art  vor  sich  hat,  sofort  auf 
Zwitterdrucke  schließen  darf.  Es  kann  sehr 
wohl  der  Fall  vorliegen,  und  er  tritt  häufig 
genug  ein,  daß  das  eine  von  beiden  Exemplaren 
nur  künstlich  aus  zwei  verschiedenen  Auflagen 
der  betreffenden  Schrift  zusammengesetzt  ist, 
was  bei  der  äußeren  Ähnlichkeit  verschiedener 
Auflagen  einer  Schrift  aus  derselben  Druckerei 
nicht  schwer  war,  sei  es  nun,  daß  ein  Liebhaber, 
dem  es  nur  um  den  Text  zu  tun  war,  oder 
jemand,  der  neue  Werte  schaffen  wollte,  aus 
zwei  defekten  Exemplaren  verschiedener  Auf¬ 
lagen  einen  einheitlichen  Text  zusammenstellte. 
Bei  dieser  Art  der  Zwitterdrucke  kann  stets  erst 
die  Auffindung  eines  zweiten  Exemplars  für 
jeden  der  beiden  Drucke  oder,  wenn  nur  für 
den  einen  Druck  ein  zweites  Exemplar  vorhanden 
ist,  der  Nachweis,  daß  der  erste  Teil  des  anderen 
Druckes  mit  keinem  sonst  bekannten  Drucke 
übereinstimmt,  die  Erklärung  als  Zwitterdruck 
sichern.  Bei  der  zweiten  Art  aber,  bei  der  der 
Mehrdruck  mit  einer  Bogenhälfte  beginnt,  genügt 
natürlich  schon  ein  einziges  Paar  für  die  Er¬ 
klärung  als  Zwitterdruck;  von  dieser  ist  auch 
die  Entdeckung  ausgegangen. 

Einige  Beispiele  mögen  die  gegebene  Dar¬ 
stellung  sichern  und  erläutern. 

Ich  gebe  zunächst  einige  Beispiele  aus  der 
zweiten,  leichter  erkennbaren  Gruppe. 

Am  interessantesten  und  kennzeichnendsten 
sind  hier  solche  Druckpaare,  welche  nur  einen 
einzigen  Druckbogen  umfassen,  dessen  erste 
Bogenseite  also  verschiedenen  Satzes  ist,  während 
die  zweite  gleichen  Satz  aufweist. 

Solch  ein  Fall  liegt  z.  B.  vor  von  der  Schrift 
Luthers  „Ein  Sermon  von  Ablaß  und  Gnade“ 
aus  dem  Jahre  1518.  Der  Titel  lautet  gleich¬ 
mäßig  in  beiden  Drucken: 

<£ynn  Sermon  non  bem  2tbla§  ||  ernnb  gnabe/ 
burd]  beit  toirbigen  boctozü  ||  2T(artinü  Cutter 
2Iuguftiiter  ||  tju  tt)itfenbergf.  || 

Der  Drucker  ist  laut  Impressum  Johannes 


Grunenberg  [alias  KhauJ  in  Wittenberg;  die  letzte 
Seite,  Seite  acht,  ist  nicht  bedruckt.  Dieses 
Zwitterpaar  hat,  obwohl  der  Titel  in  beiden 
Drucken  buchstäblich  übereinstimmt,  auf  Seite 
eins  (dem  Titelblatt),  Seite  vier  und  fünf  (Seite 
acht  ist,  wie  angegeben,  leer)  verschiedenen  Satz, 
dagegen  auf  der  ursprünglichen  Widerdruckseite, 
d.  i.  Seite  zwei,  drei,  sechs,  sieben,  gleichen  Satz. 
Man  stellt  verschiedenen  oder  gleichen  Satz  am 
leichtesten  fest,  wenn  man  auf  den  zwei  zu 
vergleichenden  Seiten  je  einen  und  denselben 
Buchstaben  der  ersten  Zeile  mit  einem  solchen 
der  letzten  Zeile  verbindet,  und  nun  untersucht, 
ob  alle  an  dieser  Linie  gelegenen  Buchstaben 
in  beiden  Drucken  genau  untereinander  stehen. 
Ist  es  der  Fall,  so  ist  der  Satz  derselbe,  ist  es 
nicht  der  Fall,  so  ist  er  verschieden;  denn  ein 
Verschieben  des  Satzes  während  des  Druckes 
war  ohne  besondere  Eingriffe  nicht  möglich, 
da  er  ebenso  fest  eingeschraubt  wurde,  wie  dies 
heutzutage  geschieht. 1  In  der  Kegel  erleichtern 
auch  einzelne  kleine  Textabweichungen,  die  in 
jener  Zeit  bei  neuem  Satz  sehr  leicht  genommen 
wurden,  die  Bestimmung  für  Verschiedenheit 
des  Satzes.  So  weichen  die  beiden  obenge¬ 
nannten  Drucke  z.  B.  auf  der  dem  verschieden¬ 
artigen  Satz  zugehörigen  Seite  vier  darin  ab, 
daß  der  eine  Druck  in  Zeile  drei  biffe  gegen 
bijjc  des  anderen  Druckes,  gute  gegen  guten,  in 
Zeile  fünf  Heunbe  gegen  Hennben  aufweist  usw. 
Beide  Drucke  befinden  sich  auf  der  Königlichen 
Bibliothek  in  Berlin. 

Ein  anderes,  gleichfalls  nur  einen  Quart¬ 
bogen  umfassendes  Paar  von  Zwitterdrucken 
ist  die  Schrift  eines  Gegners  Luthers,  des  Sil¬ 
vester  Prierias,  die  Luther  nicht  besser  erwidern 
zu  können  glaubte,  als  indem  er  sie  selbst  noch¬ 
mals  drucken  ließ,  und  ihr  nur  eine  dringende 
Empfehlung  an  den  Leser  hinzufügte,  dies  Mach¬ 
werk  doch  ja  zu  lesen.  „Has  Syluestri  mei 
Replicas,  tibi:  optime  lector:  enixe  commendo. 
Commendatione  enim  mirum  in  modum  in- 
digent“,  sagt  Luther  auf  dem  Titel  seiner,  der  vor¬ 
liegenden  Ausgabe.  Sie  ist  hergestellt,  allerdings 
ohne  daß  der  Drucker  sich  genannt  hat,  von 
Melchior  Lotther  in  Leipzig,  der  in  der  ersten 
Zeit  vielfach  Druckaufträge  von  Luther  erhielt. 
Auch  bei  diesem  Paar  ist  Seite  eins  (das  Titel¬ 
blatt),  vier,  fünf,  acht  verschieden,  Seite  zwei, 
drei,  sechs,  sieben  gleich.  Es  genügt  daher 
die  Wiedergabe  der  Titel: 


1  Siehe  auch  Milchsack  a.  a.  O.  Seite  31  f. 


Luther,  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


Eepltca.  5-  Syluefilftri  prieriat^,  (acri  Pa= 
latij  2lpofto=  ||  lict  ETagiftri,  2lö.  5*  ETartinum  || 
Cutter  ©rbinis  <£rmitaru.  ||  MARTINVS 
LVTHER,  OPTIMO  ||  LECTORI  SALV- 
TEM.  ||  Has  Sylueftri  mei  Replicas  .  .  . 

und: 

Hepliea.  5-  Sylue=||ftri  prieriat^,  (acri  Pa= 
latij  21  po=  ||(tolici  ETagiftri,  2lö.  5.  2T(artinü  || 
£utl]er  0:binis  <£remitaru.  ||  ETartinus  Cutter, 
optimo  Cectori  ||  Salutem.  ||  Has  Sylueftri 
mei  Replicas  .  .  . 

Exemplare  des  ersteren  Druckes  befinden 
sich  auf  der  Königlichen  Bibliothek  in  Berlin, 
in  der  früheren  Luthersammlung  des  Pfarrers 
Knaake  und  auf  der  Herzoglichen  Bibliothek 
in  Wolfenbüttel,  des  zweiten  in  der  Sammlung 
des  Pfarrers  Knaake  und  auf  der  Bibliothek 
des  British  Museum  in  London. 

In  diesen  eben  beschriebenen  Fällen  war, 
wie  aus  der  Untersuchung  hervorgeht,  und  wie 
es  auch  eigentlich  zu  erwarten  ist,  die  mit  der 
Blattseite  eins  als  dem  Titelblatt  beginnende 
Bogenseite  zuerst  gedruckt,  und  mußte  daher 
für  den  Mehrdruck  erneuert  werden.  Der  um¬ 
gekehrte  Fall,  daß  die  mit  der  Blattseite  zwei 
beginnende  Bogenhälfte  zuerst  im  Satz  fertig¬ 
gestellt  war  und  daher  auch  zuerst  gedruckt 
wurde,  liegt  vor  in  einem  Paar  von  Zwitter¬ 
drucken  derjenigen  Predigt,  welche  Luther  auf 
seiner  Reise  zum  Reichstag  in  Worms  im  Jahre 
1521,  auf  dem  er  seine  Lehre  vor  Kaiser  und 
Fürsten  verteidigen  sollte,  in  Erfurt  gehalten 
hat.  Luther  hatte  sie,  wie  in  der  Mehrzahl 
der  überlieferten  Drucke  angegeben,  „auf  Bitten 
vortrefflicher  und  gelehrter  Leute  ohne  vorher¬ 
gehenden  Fleiß  oder  sonderliche  Studierung  ,in 
der  Eile‘  getan“,  und  ebenso  eilig  und  vielfach 
ist  sie  dann  gedruckt  worden.  In  dem  vor¬ 
liegenden  Zwitterdruck  dieser  Predigt  also  haben 
Titelblatt  und  Seite  vier  und  fünf  (Seite  acht 
ist  leer)  gleichen  Satz,  Seite  zwei,  drei,  sechs, 
sieben  dagegen  verschiedenen.  Der  Titel  lautet 
dementsprechend  gleichmäßig  in  beiden  Drucken: 
<£yn  Sermon  V.  ETar||tini  Cutters  (0  er  auff 
bem  fyynerceg  3U  ||  K.  ET.  gen  Woimhfy  3U 
3yfyen/  auf  ||  bit  poztrefticher  rmb  rnl  gelarter/ 1| 
ane  uozgefjebe  fleyf/  aber  fun=||berlid]e  (hu 
btrung  in  ber  eyle  ||  3U  (Erffurbt  getfyan  .  .  . 
[In  Einfassung.] 

Für  die  Verschiedenheit  des  Satzes  auf  der 
Kehrseite  des  Bogens  mögen  als  Beispiel  die 
z.  f.  B.  1909/1910. 


1 13 

Abweichungen  genügen,  die  sich  schon  in  der 
ersten  Zeile  auf  Seite  zwei  zeigen,  wo  der  eine 
Druck  mit  Sermon  T).  ETartin  Sutfyer,  der  andere 
mit  Sermon  V.  ETartini  Cutters  beginnt.  Ich 
kenne  noch  vorhandene  Exemplare  dieser  bei¬ 
den  Drucke  für  den  einen  im  Besitze  der  König¬ 
lichen  Bibliothek  zu  Berlin  sowie  in  der  früheren 
Luthersammlung  des  Pfarrers  Knaake  und  in 
der  Bibliothek  des  British  Museum  in  London, 
für  den  anderen  Druck  auf  der  Universitäts¬ 
bibliothek  in  München,  auf  der  Fürstlich  Stoi¬ 
bergischen  Bibliothek  zu  Wernigerode  und  eben¬ 
falls  im  Besitze  des  British  Museum. 

Bei  umfangreicheren  Werken  gestaltet  sich 
die  Untersuchung  auf  Zwitterdrucke  naturge¬ 
mäß  etwas  schwieriger.  Ein  solcher  Fall  liegt 
vor  in  dem  Bericht  über  die  Leipziger  Dispu¬ 
tation  des  Jahres  1519,  deren  Streitpunkte  zu¬ 
erst  zwischen  Johann  Eck  und  Carlstadt,  zum 
Schluß  aber  auch  zwischen  Eck  und  Luther 
ausgefochten  wurden.  Der,  wieder  ohne  Drucker¬ 
angabe,  von  Melchior  Lotther  in  Leipzig,  bei 
welchem  Luther  während  der  Zeit  der  Dispu¬ 
tation  auch  abgestiegen  war,  gedruckte  Bericht 
über  diese  Disputation  umfaßt  fünfzehn  Bogen  in 
Quarto.  Aber  schon  beim  zweiten  Bogen  merkte 
der  findige  Melchior  die  größere  Absatzfähigkeit 
und  begann  mehr  zu  drucken.  So  kommt  es, 
daß  nur  Bogen  21,  ein  Ternio,  also  von  sechs 
Blättern,  und  die  Vorderseite  von  Bogen  23  neu¬ 
gedruckt  zu  werden  brauchten,  während  die 
Rückseite  von  Bogen  3  und  mit  ihr  die  folgen¬ 
den  Bogen  gleich  in  höherer  Anzahl  hergestellt 
wurden.  Trotz  des  verschiedenen  Satzes  ist 
allerdings  der  Titel  in  beiden  Drucken  gleich¬ 
lautend;  er  beginnt: 

T)i(putatio  ||  excellentium.  D.  doctorü  Io- 
hannis  Eccij  &  ||  Andrej  Caroloftadij  q  cepta 
eft  Lipi?  ||  XXVII.  Iunij.  AN.M.D.XIX.|| . . . 

Ein  Exemplar  des  ersten  Druckes  befindet 
sich  auf  der  Königlichen  Bibliothek  in  Berlin, 
des  zweiten  auf  der  Stadtbibliothek  in  Hamburg. 

Noch  interessanter  gestaltet  sich  die  Sach¬ 
lage  bei  einem  Buche  von  fünf  Bogen  in  Quarto. 
Es  ist  die  Schrift  Andreas  Bodensteins  von 
Carlstadt  „Von  Abthuung  der  Bilder“,  durch 
Nickel  Schirlentz  zu  Wittenberg  im  Jahre  1522 
gedruckt,  dem  Jahre,  in  welchem  Luther  in 
seiner  erzwungenen  Muße  auf  der  Wartburg  die 
Übersetzung  der  Bibel  begann,  und  Carlstadt 
inzwischen  in  Wittenberg  gerade  durch  vor- 

15 


Luther,  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit. 


114 


liegende  Schrift  den  Bildersturm  heraufbeschwor. 
Der  Druck  der  Schrift  wurde  gleich  an  zwei 
Stellen,  dem  Anfang  und  der  Mitte,  Bogen  21 
und  Bogen  T>,  begonnen.  Auch  hier  war  zuerst 
eine  zu  geringe  Auflage  in  Aussicht  genommen, 
die  dann  während  des  Druckes  vergröbert  wurde. 
Daher  waren  von  zwei  Seiten,  dem  Schöndruck 
von  Bogen  21  und  demjenigen  von  Bogen  T>, 
zu  wenig  Exemplare  abgezogen.  Auf  diese 
Weise  ist  der  Doppeldruck  sowohl  beim  ersten 
Bogen  2f  wie  beim  vierten  Bogen  D  zu  kon¬ 
trollieren.  Die  Vorderseite  des  Bogens  21  ist 
in  dem  Zwitterpaar  verschieden,  die  Rückseite 
und  Bogen  23  und  Bogen  T  sind  gleich  im  Satz; 
ebenso  ist  die  Vorderseite  des  Bogens  X>  ver¬ 
schieden,  die  Rückseite  desselben  und  Bogen  £ 
aber  gleich.  Der  Titel  des  einen  Druckes  lautet: 
Don  abtuhung  ber  23ylber/  ||  Dnb  bas  feyn 
23etbler  ||  tmtfyer  ben  £fyT||ften  feyn  fall.  || 
Carolftatt,  in  ber  CI]ri[tlid]c  ||  ftatt  IDittenbcrg.  || 
[In  Einfassung.] 

Der  Titel  des  zweiten  weicht  ziemlich  er¬ 
heblich  ab: 

Don  abtufyung  bei*  23ylber/ 1|  Dnb  bas  fcyn 
23etbler  ||  untrer  ben  <0}rb||ften  fcyn  fob|| 
len.  ||  v  ||  £aroI[tatt  in  ber  (Cfyriftlicfie  ||  ftatt 
IDittcnbcrg.  ||  [In  der  gleichen  Einfassung.] 
Schließlich  möge  auch  noch  von  den  un¬ 
gleich  schwieriger  zu  erkennenden  und  nur  auf 
Grund  umfangreicheren  Materiales  zu  sichern¬ 
den  Zwitterdrucken  der  ersten  Gruppe,  bei 
welcher  der  Mehrdruck  mit  einem  neuen  Bogen 
beginnt,  noch  ein  Beispiel  hier  Platz  finden. 
Es  ist  eine  Ausgabe  von  Luthers  Großem  Sermon 
gegen  den  Wucher,  erschienen  in  beiden  Drucken 
unter  dem  Titel: 

(£in  ferrnon  non  bem  ||  roucher.  Doctozis  2ITar= 
tini  Cutter  ||  21uguftincr  311  mittenbergf.  || 

Er  ist  zwar  ohne  Angabe  von  Ort  und  Jahr 


und  Drucker  erschienen,  aber  wahrscheinlich 
von  Jobst  Gutknecht  in  Nürnberg  1519  gedruckt. 
Die  beiden  Drucke,  die  mir  vorliegen,  sind  in 
Quarto  gedruckt,  Bogen  21  und  23  haben  je 
vier  Blätter,  Bogen  £,  der  letzte,  ist  ein  Ternio, 
hat  also  sechs  Blätter.  Solche  Ternionen  wurden 
in  der  Weise  gedruckt,  daß  in  der  einen  Form 
ein  gewöhnlicher  Quartbogen,  welcher  Blatt  eins, 
zwei,  fünf,  sechs  des  Ternio  umfaßte,  gedruckt 
wurde,  der  Rest,  Blatt  drei  und  vier  umfassend, 
in  einer  neuen  Form.  Der  Ternio  darf  also 
technisch  in  zwei  Bogen  zerlegt  werden.  In  den 
vorliegenden  Drucken  ist  nun  außer  den  zuletzt 
gedruckten  zwei  Blättern,  also  Blatt  £3,  £4, 
alles  Übrige,  Bogen  21  und  23  sowie  Blatt  eins, 
zwei,  fünf,  sechs  von  Bogen  £  verschiedenen, 
und  nur  die  Einlage,  Blatt  £  3,  £4,  gleichen 
Satzes.  Die  oben  erörterte  Möglichkeit  einer 
bloß  äußerlichen  Einschiebung  aus  einer  neuen 
Auflage  des  Buches  wird  in  diesem  Falle  da¬ 
durch  ausgeschlossen,  daß  ich  von  beiden 
Gestaltungen  des  Druckes  je  drei  Exemplare 
kenne,  von  dem  einen  auf  der  Königlichen 
Bibliothek  zu  Berlin,  in  der  früheren  Sammlung 
des  Pfarrers  Knaake  und  in  London  auf  dem 
British  Museum,  von  dem  andern  Druck  außer 
auf  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin  und  in 
der  früher  Knaakeschen  Sammlung  auch  auf 
der  Stadtbibliothek  zu  Nürnberg. 

Diese  Beispiele  mögen  für  den  Nachweis 
der  Zwitterdrucke  in  der  Reformationszeit  ge¬ 
nügen.  Die  Erkenntnis  derselben  ist  nicht  nur 
für  die  Technik  der  Buchdruckerei  jener  Zeit 
von  Wert,  sondern  sie  gibt  auch  einen  Finger¬ 
zeig,  welchen  Schriften  und  Literaturströmungen 
die  Gunst  und  das  Lesebedürfnis  des  Volkes 
besonders  lebhaft  zuteil  wurden,  da  naturgemäß 
nur  bei  solchen  Schriften  eine  Vermehrung  ihrer 
Auflage  noch  während  des  Druckes  stattfand. 


Zur  Technik  des  Goldschnittes. 

Von 

Emanuel  Steiner  in  Basel. 


s  scheint  noch  niemandem  ernstlich  auf¬ 
gefallen  zu  sein,  daß  die  Freude  am 
Goldschnitte  eines  beliebigen  Buches 
ein  Überbleibsel  jener  noch  mehr  oder 
weniger  barbarischen  Freude  am  Metalle  an  sich 
ist,  welche  wir  bei  den  Miniaturen  des  Mittelalters 
und  bei  der  byzantinischen  Tafelmalerei  finden. 
Während  die  beiden  letzteren  Techniken  nicht 
mehr  geübt  werden,  scheint  es  den  Anschein 
zu  haben,  daß  die  erstere  noch  lange  nicht  aus¬ 
sterben  wird.  Aber  nicht  um  Kritik  zu  üben 
möchte  ich  diese  Tatsache  konstatieren  —  das 
ästhetische  Moment  beschäftigt  mich  nicht  — sondern 
versuchen  möchte  ich,  zu  zeigen  wie,  trotz  ihrer 
Selbständigkeit  und  Verschiedenheit,  diese  Tech¬ 
niken  auf  einen  Ursprung  mehr  oder  weniger 
zurückgehen. 

Ich  bitte  den  Leser,  sein  teures  Buch  (vielleicht 
und  wahrscheinlich  in  zweifachem  Sinne)  zur  Hand 
zu  nehmen  und  sich  vor  allem  zu  erfreuen  an 
dem  Glanze  des  edeln  Metalles,  das  der  Schnitt 
des  Buches  trägt.  Die  Last  ist  allerdings  keine 
große,  aber  es  ist  echtes  Gold,  so  echt  wie  das 
Gold  am  Ringe  das  der  Finger  trägt  und  das 
nur  einen  Prozentsatz  unedeln  Metalles  duldet  und 
diesen  nicht  ohne  Ausweis.  Wie  kommt  das  Gold 
nun  aber  auf  den  Schnitt?  Die  Sache  wäre  einfach, 
wenn  man,  wie  viele  Leute  irrtümlich  meinen,  das 
Gold  aufstreichen  könnte.  Aber  die  Mühe  ist  eine 
große  und  schier  unglaubliche  um  die  Freude  am 
Glanze  des  Goldes  zu  befriedigen. 

Bevor  ich  auf  die  Hauptsache  eingehe,  will 
ich  kurz  den  Hergang  dieser  Vergoldetechnik 
schildern,  einmal  um  das  weitere  verständlicher 
zu  machen  und  dann,  weil  diese  Technik  allein 
noch  in  Übung  (ausgenommen  die  für  Rahmen¬ 
vergoldung)  und  für  manchen  Leser  vielleicht  ihre 
Vorführung  von  um  so  größerem  Interesse  ist. 

Das  Buch,  das  einen  Goldschnitt  erhalten  soll, 
wird  in  einem  bestimmten  Zustande  in  der  Schneide¬ 
maschine  glatt  geschnitten.  Darauf  wird  es  zwischen 
Brettern  in  einer  Handpresse  so  fest  eingepreßt, 
daß  der  Schnitt  eine  Fläche  und  einen  Wieder¬ 
stand  bildet,  welcher  jegliches  eventuelle  Ein¬ 
dringen  von  Wasser  verhindert.  Für  die  Ver¬ 
goldung  ist  der  Schnitt  nun  aber  noch  lange  nicht 
glatt  genug.  Er  wird  nun  mit  einer  Schabklinge 
so  lange  behandelt,  bis  die  Fläche  einen  elfenbein¬ 
artigen  Glanz  erhält.  Der  Staub,  der  sich  bei 
dieser  Arbeit  gebildet  hat,  wird  nun  weggebürstet, 
und  ein  Korn-Kleister  mit  einem  feuchten  Schwamme 
auf  dem  Schnitt  verrieben  und  sofort  mit  feinen 
Papierspänen  der  mattgewordene  Schnitt  ab¬ 
gerieben  und  poliert.  Auf  die  glänzende  Fläche 
folgt  nun  der  Bolusauftrag  als  Untergrund  für  die 


Vergoldung.  Wenn  er  trocken  ist,  wird  er  ab¬ 
gebürstet.  Das  Gold  wird  nun  in  entsprechend 
große  Stücke  geschnitten  und  mit  verdünntem  Ei¬ 
weiß  aufgetragen.  Dies  geschieht  auf  verschiedene 
Weise  und  erfordert  in  jedem  Falle  Geschick  und 
große  Übung.  Das  Eiweiß  ist  so  reichlich  auf- 
getragen  worden,  daß  das  Gold  mehr  oder  weniger 
darauf  schwimmt.  Die  Presse  wird  nun  so  gewiegt, 
daß  das  Eiweiß,  das  sich  entweder  auf  die  eine 
oder  andere  Seite  mehr  geneigt  hat,  noch 
einmal  auf  der  Fläche  läuft;  dann  wird  die  Presse 
schnell  umgedreht,  um  das  Eiweiß  unter  dem  Golde 
ablaufen  zu  lassen.  Wäre  die  Bewegung  un¬ 
geschickt,  so  würde  der  Abfluß  auf  den  einen  der 
andern  Schnitte  fallen.  Nun  gilt  es  den  richtigen 
Zeitpunkt  abzuwarten  um  die  weitere  Behandlung 
vorzunehmen.  Die  Temperatur  spielt  eine  große 
Rolle.  Es  handelt  sich  um  das  Polieren  des  Gold¬ 
schnittes.  Ist  der  Schnitt  noch  zu  naß,  oder  die 
Bretter,  an  die  er  stößt,  so  rächt  sich  die  Täuschung 
schwer  und  in  einer  Sekunde  ist  die  Hoffnung, 
anstandslos  über  die  Fläche  zu  kommen,  zerstört, 
und  die  Arbeit  muß  von  vorne  angefangen  werden. 
Doch  wir  sind  an  der  anstandslosen  Entwicklung. 
Ein  gewachstes  Papier  wird  auf  die  Schnittfläche 
gelegt  und  mit  einem  Achate,  den  man  in  einer 
Führung  fest  in  die  Schulter  lehnt,  darüber  ge¬ 
fahren.  Dies  geschieht  in  vorsichtigem  Hin-  und 
Herschieben  des  geschliffenen  Steines.  Nun  wird  das 
Papier  weggehoben  und  der  Schnitt  mit  einem 
seidenen,  mit  feinem  Wachs  bestrichenen  Lappen 
abgewischt.  Dies  geschieht  einige  Male  mit  Unter¬ 
bruch  durch  erst  sanfterem,  dann  immer  kräftigerem 
Drücken  und  Polieren  mit  dem  Achatstein.  Es 
folgt  nun  noch  ein  eventuelles  Ziselieren  und 
Punzieren  des  Schnittes,  und  willig  erduldet  die 
Fläche  das  Schlagen  mit  Punze  und  Hammer. 

Über  den  Ursprung  dieser  gewiß  eigenartigen 
Technik  läßt  uns  die  einschlägige  Literatur  voll¬ 
ständig  im  Stiche.  Wir  kennen  wohl  die  Ent¬ 
wicklung  des  Bucheinbandes  und  seiner  Einzel¬ 
heiten,  aber  bei  der  Vergoldetechnik  angelangt 
bleibt  die  Forschung  immer  stehen,  auch  da,  wo  sie 
eine  streng  wissenschaftliche  ist.  Und  dies  liegt 
meines  Erachtens  an  dem  sehr  heikein  Stoff,  der 
zu  seiner  Behandlung  Kenntnisse  voraussetzt,  die 
scheinbar  abseits  liegen.  Nun  möchte  ich  nicht 
behaupten  das  Problem  gelöst  zu  haben,  doch 
glaube  ich  in  folgendem  zu  zeigen,  wie  es  gelöst 
werden  muß. 

Die  Übung,  den  Buchschnitt  zu  vergolden,  fällt 
wohl  zusammen  mit  der  neuen  Technik,  welche 
die  Renaissance  der  Buchbinderei  brachte,  und 
die  aus  dem  Orient  kam  —  der  Stemp  z\vergoldung. 
Im  Gegensatz  zu  dem  Blinddruck  wurden  die 


1 1 6 


Steiner,  Zur  Technik  des  Goldschnittes. 


Ornamente  auf  den  Buchdecken  vergoldet.  Die 
Technik  des  Goldschnittes  ebenfalls  dem  Morgen¬ 
lande  zuschreiben  zu  wollen^  halte  ich  nicht  für 
richtig  und  zwar  aus  verschiedenen  Gründen. 

Vor  allem  weisen  die  orientalischen  Einbände 
nur  weihen  oder  farbigen  Schnitt  auf.  Auch  finden 
sich  keine  venetianischen  Einbände  mit  gold¬ 
verzierten  Buchschnitten,  die  auf  orientalischen 
Einfluß  deuten  könnten.  Bei  diesen  Einbänden 
fragt  es  sich  überhaupt,  wie  weit  man  gehen  darf 
mit  der  Zuschreibung  selbst  der  Handvergolde- 
technik.  Die  orientalische  Technik  der  Dekorations¬ 
weise  ist  heute  noch  ein  Rätsel,  in  jedem  Falle 
weicht  sie  ab  von  der  noch  heute  üblichen  des  Abend¬ 
landes.  Daß  diese  Einbände  die  frühesten  sind, 
die  wir  kennen,  bei  denen  als  Dekorationsmittel 
auf  der  Buchdecke  Gold  auftritt,  ist  für  unsere 
Technik  nur  insofern  maßgebend,  als  sie  den  An¬ 
stoß  zu  einer  neuen  Verzierungsweise  gegeben 
haben  kann.  Die  Technik  des  Morgenlandes  ist 
uns  bis  heute  fremd  geblieben  und  hat  sich  bei 
ihrem  Auftreten  lokal  begrenzt.  Sie  kann  auch 
damals  nur  von  orientalischen  Meistern  ausgeführt 
worden  sein  und  gehörte  nur  einer  vorübergehenden, 
vorbereitenden  Periode  an. 

Die  Aufgabe  ist  noch  ungelöst,  zu  untersuchen 
wo  der  Goldschnitt  zuerst  auftritt.  Es  ist  möglich 
aber  nicht  sicher,  daß  er  in  Italien  zuerst  in 
Übung  war.  Bekannt  sind  italienische  Vorsatz¬ 
papiere  mit  Vergoldung;  aber  die  Vergoldung  des 
Buchschnittes  ist  schon  in  der  Idee  einer  Möglich¬ 
keit  eine  weit  größere  Leistung  als  die  Vergoldung 
eines  Blattes  Papier. 

Näher  liegt  es,  an  die  in  ihren  Anfängen  aller¬ 
dings  viel  weiter  zurückliegenden  Miniaturmalereien 
zu  denken,  wo  die  metallische  Wirkung  des 
Goldes  auf  wunderbare  Weise  auf  dem  Pergament¬ 
blatte  festgehalten  wurde.  Und  von  diesen  Kunst¬ 
werken  der  Illuministen  werden  wir  immer  weiter 
zurückgeführt  mit  der  Goldgrundtechnik  in  der 
Tafelmalerei  bis  zu  ihren  Anfängen.  Selbst  in 
der  Technik  der  Rahmenvergoldung  finden  wir 
verwandtschaftliches  und  wir  kommen  schließlich 
zu  dem  Resultat,  daß»  es  nur  der  genialen  Idee 
brauchte,  um  das  Rezept  auf  den  Buchschnitt  zu 
übertragen. 

Ob  sich  noch  irgendwo  Werkbücher  finden,  in 
denen  Rezepte  für  den  Buchschnitt  aufgezeichnet 
sind,  weiß»  ich  nicht.  Ich  kann  mich  darum  nur 
an  Handschriften  halten,  welche  unsere  Sache 
mehr  oder  weniger  berühren  und  in  einer  Über¬ 
setzung,  soweit  diese  nötig  ist,  vorhanden  sind. 

In  erster  Linie  haben  wir  uns  an  die  arabischen 
Quellenschriften  zu  halten,  nicht  etwa  allein  aus 
dem  Grunde,  weil  die  frühesten  Einbände,  bei 
deren  Dekoration  Gold  auftritt,  morgenländische 
sind,  sondern  weil  die  arabischen  Quellen  die  ur¬ 
sprünglichsten  sind. 

Die  späteren  Handschriften  des  Mittelalters, 
die  für  uns  in  Betracht  kommen,  gehen  alle  mehr 
oder  weniger  auf  diese  arabischen  Quellenschriften 


zurück  und  wir  werden  in  der  Folge  sehen,  wie 
im  Norden  und  Süden  die  technischen  Mittel  ähn¬ 
liche,  wrenn  nicht  gar  dieselben  sind. 

Als  Quelle  arabischen  Ursprunges  kommt  für 
uns  das  „Liber  sacerdotum “  des  XIII.  Jahrhunderts 
in  Betracht.  Auch  die  „ Seledula  diversarum  Ar- 
tium “  des  deutschen  Mönches  Theophilus  ist  für 
uns  von  Interesse  (XI. — XII.  Jahrhundert).  Ebenso 
die  Bücher  des  Heraclius  des  XIII.  Jahrhunderts. 

Dem  XIV.  Jahrhundert  gehört  der  Neapeler 
Kodex  an,  den  wir  zu  zitieren  haben  werden. 
Für  den  Süden  kommt  dann  noch  das  Traktat 
Cenninis  „von  der  Malerei“  in  Betracht  (XV.  Jahr¬ 
hundert).  Für  den  Norden  ist  für  uns  das  Stra߬ 
burger  Manuskript  vom  Ende  des  XIV.  Jahrhunderts 
von  Wert,  dann  die  Rezepte  des  Boltz  von  Ru- 
fach  (XVI.  Jahrhundert). 

Was  später  an  Rezepten  in  Büchern  auftritt, 
ist  in  der  Regel  nichts  als  Wiederholung,  der  oft 
die  Begründung  in  der  Praxis  mangelt. 

Es  ist  bekannt,  welch  große  Rolle  der  Aber¬ 
glaube  in  den  früheren  Rezeptbüchern  spielt.  In 
den  zitierten  Büchern  werden  wir  allerdings  wenig 
damit  zu  tun  haben.  Um  so  mehr  sind  diese  von 
Wichtigkeit  hauptsächlich  in  bezug  auf  die  früheren 
Techniken  der  Malerei.  Ohne  sie  würde  noch 
mehr  in  Dunkel  gehüllt  sein,  was  zu  wissen  von 
größter  Bedeutung  ist.  Denn  gerade  auf  dem 
Gebiete  der  Malerei  herrscht  heute  eine  beispiel¬ 
lose  Unsicherheit  in  der  Beherrschung  der  tech¬ 
nischen  Mittel,  und  vergeblich  hat  sich  die  Wissen¬ 
schaft  bis  heute  bemüht,  das  Geheimnis  zu  ent¬ 
decken,  das  z.  B.  die  Bilder  der  Brüder  van  Eyck 
so  wunderbar  erhalten  auf  unsere  Zeit  gebracht  hat. 

Ist  in  bezug  auf  die  reinen  Maltechniken  das 
Ergebnis  kein  so  dankbares  wie  es  zu  erhoffen 
war,  da  ein  wichtiger  Faktor,  das  Bindemittel,  in 
seiner  Darstellung  oft  unklar  und  unsicher  ist,  so 
ist  dagegen  die  Ausbeute  um  so  reicher,  wo  es 
sich  um  die  Techniken  handelt,  die  teilweise 
auch  als  Vorarbeiten  für  den  Maler  dienend,  für 
unsere  Studie  von  großem  Interesse  sind. 

Es  ist  für  mich  sehr  wahrscheinlich,  daß  der 
Goldschnitt  seine  Anwendung  erstmalig  einem 
Mönche  verdankt.  Die  Miniaturmalereien  haben 
die  bedeutendsten  Schöpfer  im  Kloster  gefunden. 
Der  Einband  zu  den  Handschriften  wurde  im 
Kloster  hergestellt.  Die  Mu߻e,  mit  der  die  Arbeit 
ausgeführt  wurde,  ließ  es  zu,  alle  gewünschten 
Proben  eingehend  anzustellen.  Die  gewonnenen 
Resultate  wurden  in  Form  von  Rezepten  nieder¬ 
geschrieben,  und  fortwährend  ergänzt  und  erweitert 
kamen  sie  auf  spätere  Generationen. 

So  wurde  z.  B.  die  Behandlung  des  Leders 
aus  arabischen  Handschriften  genommen  und  ging 
in  die  späteren,  mittelalterlichen  über. 

Eine  ähnliche  Bedeutung  kommt  den  Werk¬ 
schulbüchern  zu,  die  gewöhnlich  als  Geheimnis 
sorgfältig  aufbewahrt  wurden. 

Wenn  man  diese  Sammlungen  von  Rezepten 
verfolgt,  so  steigt  einem  überhaupt  das  Gefühl 


Steiner,  Zur  Technik  des  Goldschnittes. 


ii  7 


auf,  daß  unsere  Leistungen  in  mancher  Beziehung 
doch  recht  bescheidene  sind.  Es  ist  keine  undank¬ 
bare  Mühe,  sich  durch  die  Fülle  dieser  Erfahrungen 
hindurchzuarbeiten,  und  oft  ist  man  erstaunt  ob 
der  Eigenart  und  Beharrlichkeit  mit  der  so  wunder¬ 
same  Werke  geschaffen  wurden. 

Das  Gold,  das  edelste  aller  Metalle,  hatte  nicht 
nur  erstlich  die  Bestimmung,  rein  als  solches  zu 
wirken,  es  diente  bald  auch  zu  kostbarer  Ver¬ 
kleidung  und  als  Folie  einer  bildmäßigen  Dar¬ 
stellung.  In  letzterer  Beziehung  ist  die  byzan¬ 
tinische  Technik  und  Manier  bis  ins  späte  Mittelalter 
—  zuletzt  von  der  Kölnerschule  geübt  worden. 

Wir  können  nur  die  Hauptmomente  dieser 
ganz  raffinierten  Techniken  berühren,  wie  sie  für 
die  Tafelmalerei  Verwendung  fanden,  um  nicht 
von  unserer  Sache  allzusehr  abzukommen.  Wenn 
dies  scheinbar  dennoch  geschieht,  so  muß  zur 
Entschuldigung  gesagt  werden,  daß  es  sich  hier 
um  eine  Untersuchung  handelt,  bei  der  es  darauf 
ankommt  den  Ursprung  einer  Technik  zu  finden, 
daher  denn  auch  mehr  Anhaltspunkte  als  positive 
Ergebnisse  gegeben  werden  können. 

Das  Gold  spielte  also  eine  bedeutende  Rolle 
in  der  Malerei,  und  darum  sind  auch  die  Rezepte 
zu  seiner  Darstellung  sehr  zahlreich. 

Der  Aberglaube  hat  sich  von  jeher  bis  auf 
unsere  Zeit  naturgemäß  am  meisten  mit  der  Her¬ 
stellung  dieses  edeln  Metalles  befaßt.  So  finden 
wir,  um  einige  kleine  Kuriositäten  anzuführen,  z.  B. 
im  Uber  sacerdotum “  ein  Rezept  um  Gold  zu 
machen,  das  sich  in  späteren  Manuskripten  mehr 
oder  weniger  verändert  findet  und  dessen  eines 
Berger  zitiert.1  Es  heißt  da:  „Item  wiltu  gold 
machen  damit  man  vergulden  mag,  so  nym  einer 
schwarzen  hennen  aij  und  mach  es  durch  an  einen 
ort  gar  wenig  und  geuß  das  wasser  daruß  und 
laß  den  dottern  darinne  beleihen,  und  geuß  gleich 
als  vil  quecksilbers  hinwider  ein  als  des  weißen 
ist  gewesen  und  vermach  das  loch  mit  wachs  und 
leg  es  under  ein  pruthennen  und  laß  gleich  als 
lang  under  ir  ligen  als  dise  ayr,  so  prut  sich  der 
totter  und  das  quecksilber  under  einander  und 
wirt  gleich  als  gut  als  zerlassen  gold,  dann  das 
es  dick  ist.  Das  nym  dann  und  raib  es  mit 
vischgallen  oder  mit  angstein  (Bernstein)  der  gel 
ist  und  mit  dem  besten  den  man  finden  kan,  und 
mag  untz  das  gleich  dünn  werd,  daß  man  damit 
schreiben  mag  und  wirt  schön  goldin  geschrift, 
man  mag  auch  damit  vergülden  und  malen  was 
man  wil  das  es  njemant  erkennen  mag  von  anderem 
gold.“ 

Noch  mehr  von  dieser  arabischen  Phantasie 
bringt  das  älteste  in  deutscher  Sprache  gedruckte 
„Kunstbüchlin,  gerechten  gründlichen  Gebrauchs 
aller  kunstbaren  Werckleut,  Augspurg  1535.“  Um 
Gold  zu  gewinnen  ist  es  dort  nötig,  Molche  zu 
fangen,  diese  dann  mit  Messing  zu  füttern,  wodurch 
sich  dieses  in  Gold  verwandelt  (!). 


Nicht  nur  in  der  Goldgewinnung,  sondern 
auch  bei  der  Behandlung  mit  Gold  war  für  den 
Maler  die  Arbeit  bedeutend  komplizierter. 

Die  Rezepte  für  Vergoldung  bei  der  Tafel¬ 
malerei  variieren  in  den  verschiedenen  Manu¬ 
skripten.  Sie  beziehen  sich  in  der  Hauptsache 
auf  Matt-  und  Glanzvergoldung.  Wie  bei  unserer 
in  Frage  kommenden  Technik  spielt  der  Bolus 
und  das  Ei  eine  große  Rolle.  Das  letztere  war 
schon  bei  Plinius  für  alle  Vergoldungen  ohne 
Feuer  in  Gebrauch.  In  der  Temperamalerei  hat 
es  von  jeher  und  auch  heute  noch  eine  wichtige 
Rolle. 

Was  die  Tafelvergoldung  anbelangt,  so  müssen 
wir,  wie  schon  betont,  absehen  von  ihrer  inter¬ 
essanten  Mannigfaltigkeit  in  bezug  auf  Modellierung 
oder  Belebung  durch  Punzen,  durch  Unterlegen 
von  Zinnfolien  usw.  und  hier  nur  kurz  den  Her¬ 
gang  der  Arbeitsweise  der  einfachen  Vergoldung 
darstellen. 

Die  Holztafel  wird  sorgfältig  nach  den  ver¬ 
schiedenen  Vorschriften  mit  Leim  und  Gips  grun¬ 
diert.  Nachher  wird  sie  geschabt  und  geschliffen. 
Es  folgt  nun  die  Aufzeichnung  mit  Silberstift,  Kohle 
oder  Tusche.  Nun  folgt,  der  Bemalung  voraus,  als 
der  wichtigste  Teil  der  Arbeit  die  Vergoldung. 

Die  Tafel  wird  für  Glanzvergoldung  mit  Bolus, 
von  Eiweiß  aufgenommen,  überfahren. 

Dieser  Bolus  war  bei  den  byzantinischen 
Meistern  armenischer,  der,  nicht  wie  unser  heutiger, 
im  Handel  erhältlicher  sogenannter  französischer 
eine  Fett-  oder  Seifenmischung  hatte.  Ein  solcher 
Fettgehalt  war  für  die  Haltbarkeit  schon  in  der 
Grundierung  berücksichtigt.  Das  rötliche  Boliment 
hatte  natürlich  dieselbe  Aufgabe  wie  bei  unserer 
Vergoldetechnik,  nämlich  das  Feuer  des  Goldes 
zu  erhöhen.  Es  folgt  nun  das  Auflegen  des 
Goldes.  Dies  geschieht  mit  einem  „Anschießer“. 
Der  Grund  wird  Stück  für  Stück  entsprechend 
angefeuchtet  wiederum  mit  Eiweiß  oder  Wasser 
und  Branntwein. 

Das  Gold  wurde  oft  zwei-  bis  dreifach  auf¬ 
gelegt.  Nach  dem  Glätten  folgt  das  eventuelle 
Punzieren. 

Eine  andere  Art  von  Vergoldung  will  ich  nur 
andeuten.  Es  handelt  sich  um  die  Mattver¬ 
goldung  mittelst  Beizen.  Es  ist  die  Ölvergoldung, 
wie  sie  in  den  zitierten  Manuskripten  erwähnt  und 
veranschaulicht  ist.  Im  Gegensatz  zur  Glanz¬ 
vergoldung  erfolgt  hier  die  Arbeit  nach  der  Be¬ 
malung. 

Auch  der  Vergoldung  der  Rahmen  sind 
Notizen  gewidmet,  doch  sind  die  Methoden  der 
für  Tafelvergoldung  so  ähnlich,  daß  sie  wohl  über¬ 
gangen  werden  können. 

Viel  näher  unserer  Technik  führt  uns  die 
Technik  der  Miniaturmalerei.  Die  Rezepte,  wenn 
auch  ohne  starke  Abweichungen,  sind  in  ungleich 
größerer  Zahl  vorhanden.  Dies  hat  seinen  Grund 


1  Berger,  Beiträge  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Maltechnik,  München  1897. 


1 1 8 


Steiner,  Zur  Technik  des  Goldschnittes. 


hauptsächlich  darin,  daß  die  Maler  und  Hand¬ 
werker  des  Schreibens  nicht  so  kundig  waren  wie 
die  Mönche,  welche  die  Miniaturmalerei  haupt¬ 
sächlich  pflegten.  Während  bei  den  Maler- 
Handwerkern  die  Überlieferung  mehr  mündlicher 
Natur  war  und  somit  leichter  verloren  ging, 
nahmen  sich  die  Mönche  gerne  die  Gelegenheit 
ihre  Rezepte  zu  fixieren. 

Die  Rezepte  für  Goldschrift,  welche  schon  in 
den  ältesten  Manuskripten  zahlreich  sind  —  auch 
der  Leydener  Papyrus  bringt  schon  solche  — 
haben  für  unsere  Untersuchung  weniger  Interesse. 
Wir  haben  uns  vielmehr  mit  den  vergoldeten  Aus¬ 
zierungen  zu  beschäftigen,  wo  Blattmetall  in  Frage 
kommt.  Bei  der  Verfolgung  des  Entwicklungs¬ 
ganges  bei  der  Arbeit  sind  wir  nicht  wenig  erstaunt, 
dieselbe  Technik,  wie  sie  bei  der  Tafelarbeit  geübt 
wurde,  zu  finden. 

Das  Pergament  erhält  an  der  zu  schmückenden 
Stelle  einen  Gipsgrund,  wie  die  zu  vergoldende 
Tafel.  Es  kommen  wohl  auch  Abweichungen  vor 
wie  bei  der  Behandlung  der  Tafeln,  wie  wir  noch 
sehen  werden,  aber  im  allgemeinen  ist  im  Mittel- 
alter  wenigstens  die  Technik  überall  dieselbe. 

Es  handelt  sich  bei  der  Pergamencmalerei  um 
die  Glanzvergoldung;  die  Vergoldung  mittelst  der 
Beizen  beschränkt  sich  auf  die  Tafel-  und  Wand¬ 
malerei,  wo  sie  vornehmlich  Anwendung  findet. 

Es  kommen  zwei  Methoden  in  Betracht,  ein¬ 
mal  die  ältere  von  Theophilus  beschriebene  als 
nasses  Verfahren  und  die  spätere,  ausschließlich 
angewandte,  das  trockene  Verfahren. 

Theophilus  benützt  für  die  Stellen,  die  Glanz 
erhalten  sollen,  kein  Blattmetall,  sondern  das  Gold 
in  Pulverform.  Bei  ihm  mangelt  der  Kreidegrund. 
Er  nimmt  Minium  mit  Zinnober,  fügt  diesen  Farben 
Wasser  und  Eiweiß  bei  und  trägt  es  auf  die  zu 
vergoldenden  Stellen.  Das  Goldpulver  wird  dann 
mit  dünnem,  warmem  Hausenleim  angerührt  und 
mit  dem  Pinsel  aufgetragen.  Nachher  wird  das 
Gold  mit  einem  Zahne  geglättet. 

Im  Neapeler  Kodex,  welcher  in  bezug  auf  die 
Darstellung  der  Technik  der  Miniaturmalerei  von 
hohem  Interesse  ist,  kommt  die  Methode  des  Theo¬ 
philus  schon  nicht  mehr  in  Betracht,  und  es  wird 
nur  das  trockene  Verfahren,  mit  Blattmetall  und 
terris  (Grund)  erwähnt. 

Einen  Auszug  dieses  Kodex  in  deutscher  Über¬ 
setzung  bringt  Berger  in  seinem  Buche  „Quellen 
und  Technik  der  Fresko-,  01-  und  Temperamalerei 
des  Mittelalters“  (München  1897).  Unter  Rubrik 
XIII  (De  Assisa  ad  ponendum  aurum  in  carta) 
übersetzt  er: 

„Die  Assisa,  um  Gold  aufzusetzen,  wird  auf 
vielfache  Art  gemacht.  Doch  gebe  ich  eine  er¬ 
probte  und  gute  Anweisung:  Nimm  gebrannten 
und  sorgfältig  bereiteten  Gips  (gessum  coctum  et 
curatum),  welchen  die  Maler  auf  Bildern  benutzen, 


nämlich  den  feineren,  soviel  du  magst,  dazu  */, 
Teil  vom  besten  armenischen  Bol,  reibe  dies  sorg¬ 
fältig  bis  zur  größten  Feinheit  auf  dem  Steine 
und  lasse  es  trocknen;  nimm  davon  einen  Teil 
(und  bewahre  den  anderen  auf);  reibe  Hirschleim 
oder  Pergamentleim  dazu  und  füge  etwas  Honig 
bei,  soviel  als  zum  Süßwerden  (dulcificare,  ver¬ 
süßen)  nötig  ist.  Trachte  weder  zu  viel  noch  zu 
wenig  von  dem  Honig  beizumischen,  sondern  der¬ 
art,  daß,  wenn  du  eine  Quantität  auf  die  Zunge 
bringst,  du  kaum  den  Geschmack  des  Süßen 
habest.  Und  wisse,  daß  für  ein  kleines  Gefäß, 
wie  es  die  Maler  haben,  zwei  Messerspitzen 
genügen,  mehr  würde  die  Masse  verderben.  Ist 
es  gut  gerieben,  so  gib  es  in  ein  glasiertes  Gefäß, 
schütte  Wasser  darauf,  so  daß  es  bedeckt  ist, 
ohne  sich  mit  der  Masse  zu  vermengen.  Vor 
dem  Gebrauch  schütte  das  Wasser  ab  und  gib 
acht,  die  Materie  nicht  zu  vermischen,  und  jedes¬ 
mal,  wenn  du  Assisa  legen  willst,  versuche  auf 
einem  besonderen  Blatte,  ob  es  gut  ist  und  trocknet. 
Lege  etwas  davon  auf*  und  versuche,  ob  es  sich 
gut  glätten  läßt.  Merke:  wenn  es  zu  viel  Tempera1 2 
oder  zu  viel  Honig  enthielte,  so  verbessere  mit 
etwas  gewöhnlichem  Wasser  in  dem  Gefäß;  es 
wird  desto  besser,  wenn  es  einige  Zeit  steht  und 
schütte  das  Wasser  dann  sorgsam  ab.  Ist  aber 
stärkere  Tempera  nötig,  gib  etwas  Leim  oder 
Zucker  oder  Honig  nach  Bedarf  hinzu.  In  diesen 
Dingen  gilt  mehr  die  Erfahrung,  als  die  geschriebene 
Anleitung;  ich  erspare  mir  deshalb  ein  Weiteres. 
Dem  Wissenden  genügt  das  Wenige.“ 

Rubrik  XIV  (De  modo  utendi  ea)  bringt  die 
Verwendung: 

„Sobald  die  Buchstaben  usw.  aufgezeichnet 
sind,  müssen  die  Stellen,  auf  welchen  man  Gold 
aufsetzen  will,  erst  mit  Leim  bestrichen  werden. 
Erweiche  ein  kleines  Stück  Hirschleim  oder  Fisch¬ 
leim  im  Munde,  bis  es  weich  wird  und  streiche 
die  Stellen  gut  damit  ein,  das  Blatt  (Pergament) 
wird  für  die  Assisa  empfänglicher.  Manche  geben 
über  die  ganze  Malerei  vorher  eine  Lage  Leim; 
das  ist  aber  nicht  nötig,  wenn  das  Pergament 
rauh  ist.  Man  kann  dasselbe  weicher  machen 
mit  Leim  und  Honigwasser.  Nimm  dann  die 
Assisa  mit  Wolle  oder  besser  mit  einem  besonderen 
Pinsel  und  gib  eine  Lage  davon;  wenn  diese  fast 
trocken  ist  gib  eine  zweite  und  wiederhole  dies 
zwei-  oder  dreimal  und  sorge  dafür,  daß  der 
Grund  weder  zu  dünn,  noch  zu  dick  ist,  sondern 
entsprechend.  Ist  das  trocken,  so  schabe  mit 
einem  Messer  und  reinige  mit  der  Hasenpfote. 
Nimm  dann  geschlagenes  oder  mit  dem  Feder¬ 
brech  bereitetes  Eierklar,  wie  es  die  Maler  haben; 
wenn  alles  ganz  zu  Schaum  geworden,  gieße 
Wasser  zu,  oder  guten  weißen  Wein,  oder  ein 
wenig  Lauge  (lixivio),  oder  ohne  etwas;  entferne 
den  Schaum  von  der  Oberfläche  und  die  untere 


1  Wahrscheinlich  ist  das  Gold  gemeint.  Anm.  d.  V. 

2  Hier  ist  das  Bindemittel  für  Gips  und  Bolus  gemeint.  Anm.  d.  V. 


Steiner,  Zur  Technik  des  Goldschnittes. 


Flüssigkeit  ist  gut.  Überstreiche  damit  sorgfältig 
den  Assisagrund.  Schneide  das  Gold  in  Stücke 
und  drücke  dieselben  in  den  Grund,  wenn  nötig 
mit  Wolle,  an.  Sobald  es  trocken  ist  um  den 
Glättstein  zu  ertragen,  glätte  mit  dem  Zahn  oder 
dem  Amethyst,  wie  die  Maler  die  Bilder  auf 
Buchsbaum  oder  anderem  Holze  vergolden.  Man 
kann  auch  Linien  ziehen  und  punktieren  (lineare 
aut  granectare).  Fehlerhafte  Stellen  bessere  mit 
Eiklar  aus  und  drücke  mit  der  Wolle  die  Stelle 
fest.  Sobald  alles  geglättet  ist1  reinige  mit  der 
Hasenpfote  und  glätte  die  fehlenden2  Stellen,  bis 
alles  gut  ist. 

Es  gibt  noch  andere  Methoden,  aber  diese  ist 
bei  den  Miniaturisten  die  gebräuchlichste.“ 

Auch  wir  wollen  es  mit  der  vollständigen  An¬ 
führung  dieses  Rezeptes  bewenden  lassen,  da  es 
für  unsere  Zwecke  genügend  Aufschluß  gibt,  und 
nur  noch  einige  kleine  kurz  berühren,  die  für  uns 
von  mehr  oder  weniger  Interesse  sind. 

Der  Honig  spielt  eine  wichtige  Rolle,  um  das 
Gold  geschmeidig  zu  halten  und  das  Brechen  zu 
verhindern.  Auch  Ohrenschmalz  dient  zu  diesem 
Zwecke.  Der  Eiweißbereitung  wird  natürlich  oft 
gedacht. 

Im  Neapeler  Kodex  übersetzt  der  verdienstvolle 
E.  Berger  unter  Rubrik  XVI  (de  clara  ovorum 
et  quomodo  praeparatur)  folgendes: 

„Das  Klare  von  Hühnereiern  wird  am  besten 
so  gemacht:  nimm  frische  Eier,  eines,  zwei  oder 
mehr,  je  nachdem  du  nötig  hast,  schlage  sie  vor¬ 
sichtig  auf,  trenne  das  Weiße  von  dem  Gelben, 
ohne  sie  zu  vermischen,  entferne  den  „Hahn“ 
(gallaturam)  aus  ihnen,  und  schütte  es  in  eine 
gläserne  Schüssel.  Am  besten  mit  einem  neuen 
Meerschwamme,  oder  wenn  du  keinen  hättest,  mit 
einem  gut  ausgewaschenen,  den  du  mit  der  Hand 
zusammenquetschest,  lasse  dann  das  ganze  Eierklar 
in  den  Schwamm  sich  einsaugen  und  sorge  dafür, 
daß  der  Schwamm  so  groß  ist,  um  die  Menge  in 
sich  aufzunehmen.  Hernach  drücke  so  lange  die 
Masse  in  der  Schale  aus  und  nimm  sie  wieder 
mit  dem  Schwamme  auf,  bis  es  schaumig  wird 
und  wie  reines  Wasser  abläuft;  damit  wird  ge¬ 
arbeitet.  Und  wenn  du  es  längere  Zeit  konser¬ 
vieren  willst,  ohne  daß  es  riecht  und  in  Fäulnis 
gerät,  so  gib  es  in  eine  Glasflasche  mit  etwas  rotem 
Realgar  (risalgallo),  ungefähr  eine  Bohne  groß 
oder  höchstens  zwei,  ein  wenig  Kampfer,  oder 
zwei  Gewürznelken,  damit  erhält  es  sich. 

Wenn  du  Gold  mit  Ei  auf  legen  willst,  dann 
schlage  es  zu  Schaum  mit  dem  Federbrecher 
oder  gespaltenem  Schilfrohr,  wie  es  oben  gesagt  ist.“ 

Unter  Rubrik  XVIII  (De  aqua  mellis  vel  zuc- 
chari)  ist  folgendes  übersetzt  von  Honig-  oder 
Zuckerwasser : 


1  r9 

„Dieses  ist  zum  Mischen  des  Leimes  oder  Ei¬ 
weiß  sehr  wichtig;  nimm  Honig,  so  rein  und  hell 
wie  möglich,  köll  ihn  in  einem  breiten  Gefäß, 
auf  schwachem  Feuer;  entferne  den  Schaum,  bis 
es  ganz  klar  ist;  dann  erst  gib  Wasser  hinzu  und 
lasse  aufschäumen.  Gib  etwas  Eierklar  mit  Wasser 
hinzu,  wie  es  die  Apotheker  machen;  ganz  wenig 
Honig  genügt.  Lasse  den  Honig  nebst  dem  Eier¬ 
klar  kochen,  bis  das  Wasser  fast  verdampft  ist 
und  filtriere  in  eine  Flasche.  Ebenso  bereite  die 
Zuckertempera. 

Man  kann  sich  die  Arbeit  auch  ersparen  und 
Zucker  oder  Honig  mit  oder  ohne  Wasser  ver¬ 
wenden,  es  ist  aber  besser,  die  Flüssigkeit  ist 
klar;  Kandiszucker  ist  besser  als  gewöhnlicher.“ 3 

Bei  Heraclius  wird  das  Eiweiß  mit  Wasser¬ 
zugabe  7 — 8  mal  durch  einen  leinenen  Filter 
gelassen. 

Der  Anonymus  Bernensis  verwirft  dieses  Re¬ 
zept,  weil  das  Bindemittel  von  der  Hand  des¬ 
jenigen,  der  es  durchdrückt,  Schmutz  annimmt, 
und  gebraucht  das  zu  Schaum  geschlagene  Eiklar. 
Bei  dieser  Methode  wird  vorgeschrieben,  den 
Schaum  über  Nacht  stehen  zu  lassen,  während 
das  Rezept  bei  Heraclius  eine  sofortige  Benutzung 
gestattet. 

Das  Rezept  Vasaris  bei  Cennini,  wo  dem 
Bindemittel  junge  Feigentriebe  beigefügt  werden, 
welche  eine  schnelle  Lösung  des  Eiklar  herbei¬ 
führen,  bezieht  sich  nicht  auf  die  Vergoldung  son¬ 
dern  auf  die  Temperamalerei.  Das  Eigelb  wird 
nämlich  mit  verwendet. 

Das  Straßburger  Manuskript  nimmt  zur  Kon¬ 
servierung  des  Eiweiß  Essig  und  Salmiak.  Boltz 
nimmt  Rosen-  oder  Lilienwasser,  Gewürznelken 
und  Realgar,  wie  es  das  Neapeler  Manuskript 
vorschreibt. 

Während  die  Techniken  der  Tafel-  und  Miniatur¬ 
malerei  verloren  gingen  und  nicht  mehr  geübt 
werden,  so  übt  der  Buchbinder  eine  Technik  un¬ 
bewußt,  welche  er  in  ihrem  Ursprünge  grauen 
Zeiten  verdankt.  In  der  Rahmenvergoldung  ist 
es  ebenso. 

Denn  diese  Techniken,  die  einander  so  ähnlich 
sind,  daß  in  der  oft  ungeordneten  Reihenfolge 
der  Rezepte  schwer  zu  unterscheiden  ist,  für  wel¬ 
chen  Zweck  das  Rezept  bestimmt  ist  —  diese 
Techniken  gehen  alle  auf  einen  Ursprung  zurück. 

Die  Goldauszierungen  der  Miniaturen  sind  nur 
die  Konsequenz  der  Technik,  wie  wir  sie  in  den 
ältesten  Zeugen  der  Tafelmalerei,  der  byzantini¬ 
schen,  kennen.  Aber  die  Technik  ist  auch  dort 
nicht  neu,  wenn  auch  erweitert,  sondern  geht  zurück 
bis  auf  die  Verzierungen  wie  sie  an  ägyptischen 
Mumiensärgen  und  Mumienmasken  der  späteren 
Zeit  figurieren. 


1  Soll  wohl  heißen  „trocken  ist“.  Anm.  d.  V. 

2  Soll  wohl  heißen  „Fehler-Stellen“.  Anm.  d.  V. 

3  Der  letzte  Absatz  spricht  deutlich  dafür,  daß  das  Präparat  als  Bindemittel  für  die  Farben  oder  für  den  Grund 
bestimmt  ist.  Anm.  d.  V. 


120 


Steiner,  Zur  Technik  des  Goldschnittes. 


Aus  leicht  verständlichen  Gründen  kann  die 
Anwendung  des  Goldschnittes  nicht  so  weit  zurück¬ 
gehen  und  erst  da  in  Frage  kommen,  wo  die 
Niederschrift  in  Buchform  gefaßt  wird.  Dazu 
kommt  die  Bedingung  einer  guten  Bindetechnik, 
von  einer  künstlerischen  Absicht  ganz  abgesehen. 
Beide  Faktoren  haben  in  der  Renaissance  erst 
ihre  Höhe  erreicht,  welche  Zeit  eine  Glanzperiode 
nicht  nur  der  großen  Künste,  sondern  auch  des 
Kunstgewerbes  war. 

Es  ist  kein  Zweifel,  daß  der  erste  Goldschnitt¬ 
macher  die  Rezepte  kannte,  welche  für  die  Tafel- 
und  innere  Buchvergoldung  am  Tageslichte  lagen. 
Sehr  wahrscheinlich  ist  es  ferner,  daß  er  sich  selbst 
versuchte  in  der  Goldauszierung  der  Bücher.  Als 
Klosterbruder  hat  er  sie  vielleicht  geschrieben, 
gemalt  und  eingebunden. 

Es  war  eine  ganz  geniale  Idee,  den  Versuch 
zu  wagen  und  den  Buchschnitt  mit  Gold  zu  be¬ 
legen.  Wir  können  uns  wohl  denken,  daß  dieses 
Experiment  nicht  gleich  von  Erfolg  gekrönt  war. 
Vielleicht  wurde  zuerst  versucht  durch  Aufstreichen 
von  flüssigem  Gold,  dessen  Herstellung  wohl  be¬ 
kannt  und  geübt  war,  ein  Resultat  zu  erzielen. 
Dann  wird  der  Versuch  gemacht  worden  sein,  den 
Buchschnitt  zu  glätten,  und  die  Einsicht  mußte 
kommen,  daß  dies  nur  durch  festes  Zusammen¬ 
pressen  der  Blätter  möglich  sei.  Damit  war  schon 
viel  gewonnen,  und  es  konnte  der  große  Schritt 
gewagt  werden,  und  der  Buchschnitt  mit  Blattgold 
belegt  werden. 

Daß  eine  möglichst  glatte  Fläche  die  Vor¬ 
bedingung  zu  dem  Experiment  war,  wußte  man 
von  der  Tafelvergoldung  wie  von  der  Buchver¬ 
goldung.  Wenn  wir  heute  Papierspäne  zum 
Polieren  der  Schnittfläche  benutzen,  so  muß  gesagt 
sein,  daß  man  schon  bei  der  byzantinischen  Tafel¬ 
vergoldung  ein  ähnliches  Mittel  benutzte,  nämlich 
getrocknete  Schachtelhalme.  Schon  bei  Theo¬ 


philus  finden  wir  eine  Stelle,  die  darauf  hinweist. 
C.  XIX  bringt  folgende  Anweisung:  „nach  diesem 
(Bereitung  des  Leimes)  nimm  wie  Kalk  gebrauten 
Gips  oder  Kreide,  mit  der  die  Häute  weiß  ge¬ 
färbt  werden  und  vermahle  sie  sorgsam  mit  Wasser 
auf  dem  Steine,  dann  gib  es  in  einen  Scherben, 
gieße  Leim  von  jenem  Leder  darauf  und  stelle 
es  auf  Kohlen,  daß  der  Leim  flüssig  werde  und 
streiche  es  so  sehr  dünn  auf  das  Leder.1  Dann, 
wenn  das  trocken  wurde,  trage  etwas  dichter  auf, 
und  wenn  nötig,  ein  drittes  Mal.  Sobald  es 
vollkommen  trocken  ist  nimm  das  Kraut  Schachtel¬ 
halm,  welches  den  Binsen  ähnlich  wächst  und 
Knoten  hat;  nachdem  du  es  im  Sommer  gesammelt 
hast,  dörre  es  an  der  Sonne  und  reibe  mit  diesem 
den  weißen  Grund,  bis  er  gänzlich  glatt  und  hell  ist.“ 

War  einmal  der  Versuch  von  Erfolg  gekrönt 
—  die  Überraschung  wird  keine  kleine  gewesen 
sein  —  so  lag  es  nahe,  das  auf  dem  Goldschnitte 
zu  üben,  was  auf  den  Goldgründen  der  Tafeln 
geübt  wurde:  das  Punzieren  des  Goldschnittes  war 
das  nächstliegende.  —  Es  wäre  eine  interessante 
Aufgabe  zu  untersuchen,  wo  und  zu  welcher  Zeit 
der  Goldschnitt  zuerst  auftritt. 

Was  ich  in  diesem  kleinen  Beitrage  gebracht 
habe  bezweckt  nur,  zu  zeigen  wo  die  Anhalts¬ 
punkte  gesucht  werden  müssen  und  zugleich  die 
interessante  Tatsache  zu  illustrieren,  wie  Techniken 
verschiedener  Erzeugnisse  ineinander  gegriffen  haben 
und  es  teilweise  auch  heute  noch  tun  und  wie 
die  Berührungspunkte  viel  größere  gewesen  sein 
müssen,  als  dies  heute  bei  unserer  Arbeitsmethode 
möglich  ist.  Was  bei  der  Kunst  der  Renaissance 
auffällt,  wird  uns  auch  bei  unserer  Betrachtung 
bewußt:  Der  Mensch  jener  Zeit  wrar  universaler 
und  nicht  so  exklusiv  wie  wir.  Eine  solche  Zeit 
ist  ihrer  Vorzüge  wegen  zu  beneiden. 


1  Es  handelt  sich  um  Gipsgrund  auf  Leder  und  Holz. 


Alle  Rechte  Vorbehalten.  —  Nachdruck  verboten. 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Prof.  Dr.  Carl  SchüddekopfNf  eimar,  Grunstedterstr.  16.  Druck  u.  Verlag  v.  IV.  Dritgitlin-Leipzig,  Königstr.  io. 


Max  Klinger,  Das  Fest.  Aus  der  Brahmsphantasie. 


Musikalische  Bibliophilie. 

Von 

Dr.  Ludwig  Volkmann  in  Leipzig.1 
Mit  18  Abbildungen. 


Das  musikalische  Druckerzeugnis  ist 
i  gegenüber  dem  literarischen  leider 
J  heutigen  Tages  noch  ein  Stiefkind , 
wenigstens  was  das  Interesse  an  seiner 
äußeren  Erscheinung  und  an  seiner  bloßen 
Existenz  als  solcher  betrifft.  Es  sei  deshalb  ge¬ 
stattet,  die  Aufmerksamkeit  der  Bücherfreunde, 
oder  doch  der  musikliebenden  unter  ihnen,  auf 
dieses  schöne  und  noch  recht  dankbare  —  weil 
relativ  unbebaute  —  Feld  der  Betätigung  und 
des  Sammelns  in  besonderer  Weise  hinzulenken, 
wobei  es  sich  natürlich  nicht  um  eine  wissen¬ 
schaftliche  Erschöpfung,  sondern  nur  um  einige 
praktische  Hinweise,  Mitteilungen  und  An¬ 


regungen  zu  weiterer  eigener  Beschäftigung 
handeln  kann.  Wie  sehr  das  gedruckte  Musik¬ 
werk  dem  Literaturwerk  im  allgemeinen  Be¬ 
wußtsein  nachsteht,  ergibt  sich  schon  schlagend 
aus  dem  Gebrauch  unserer  Sprache;  wenn  wir 
für  das  Gebiet  der  Musik  nach  einem  gleich¬ 
wertigen  Ausdruck  für  das  kurze  und  so  um¬ 
fassende,  charakteristische  Wort  „Buch“  suchen, 
so  bemühen  wir  uns  vergebens  und  müssen 
uns  schließlich  wohl  oder  übel  mit  dem  schreck¬ 
lichen  Ausdruck  „ Notenheft “  begnügen,  wobei 
uns  denn  sogleich  allerlei  zerfahrene  und  zer¬ 
flederte  Jammerexistenzen  ins  Gedächtnis  flattern, 
wie  sie  in  jedem  „besseren“  Hause  und  wohl 


1  Nach  einem  am  29.  November  1908  bei  der  Generalversammlung  der  Gesellschaft  der  Bibliophilen  im  Deutschen 
Buchgewerbehause  zu  Leipzig  gehaltenen  Vortrage,  der  durch  eine  besondere  Ausstellung  erläutert  wurde.  Gleichzeitig 
war  die  v.  zur  Westensche  Sammlung  von  Notentiteln  usw.  ausgestellt. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  16 


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Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


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Neumen.  Aus  einem  um  das  Jahr  1000  geschriebenen  Antiphonar. 


gar  bei  uns  selbst  ihr  kümmerliches  und  un¬ 
ästhetisches  Dasein  fristen,  während  das  Buch 
in  starkem,  schönen  Gewände  immer  mehr  den 
Stolz  des  Gebildeten  zu  bedeuten  beginnt.  In 
der  Tat,  das  lose  oder  nur  leicht  broschierte 
Notenheft  scheint  wenig  geeignet,  schon  um 
seiner  Erscheinung  willen  begehrt  oder  geliebt 
und  gepflegt  zu  werden,  und  bei  solchen  Zu¬ 
ständen  ist  es  vielleicht  fast  etwas  kühn,  an  eine 
„musikalische  Bibliophilie“  zu  denken;  denn  ge¬ 
wiß  muß  zunächst  überhaupt  erst  einmal  der 
Begriff  des  musikalischen  Buches,  der  musika¬ 
lischen  Bibliothek  zum  Allgemeingut  werden, 
wovon  wir  leider  noch  weit  entfernt  sind.  Aber 
im  Wunsche  kann  man  ja  gern  schon  etwas 
weiter  greifen,  besonders  einem  Publikum  gegen¬ 


über,  das  in  diesen  Dingen 
voranzugehen  gewöhnt  ist ; 
und  wenn  es  nach  der  Be¬ 
gründung  der  Deutschen 
Musiksammlung  in  Berlin 
vielleicht  in  absehbarer  Zeit 
zum  guten  Ton  gehören 
wird,  eine  leidliche  und  prä- 
sentable  musikalische  Biblio¬ 
thek  aufweisen  zu  können, 
so  werden  wohl  auch  die 
wenigen  musikalischen  Biblio¬ 
philen,  die  Deutschland  jetzt 
zählt,  nicht  mehr  ganz  so 
vereinzelt  bleiben. 

Mit  der  stiefmütterlichen 
Behandlung  der  Musikalien 
im  allgemeinen  hängt  es 
nun  besonders  zusammen, 
daß  auch  die  Kenntnis  der 
Technik  des  Notendruckes 
weit  weniger  verbreitet  ist 
als  diejenige  der  Buchher¬ 
stellung;  auch  gibt  es  ja  in 
der  Tat  nur  eine  kleine  An¬ 
zahl  von  Musikdruckereien, 
während  jedermann  leicht 
Gelegenheit  findet,  einmal 
einen  Blick  in  eine  typo¬ 
graphische  Anstalt  zu  werfen. 
So  mag  hier  ein  kurzes 
Wort  über  die  Herstellung 
der  Noten  vorausgeschickt 
werden.  —  Weitaus  über¬ 
wiegend  ist  heute  bekannt¬ 
lich  der  Notenstich.  Auf  sorgfältig  polierten 
Platten,  die  aus  einer  Mischung  von  Zinn  und 
anderen  Metallen  bestehen  (seltener  aus  Zink), 
wird  die  betreffende  Komposition  erst  mit 
einem  Stift  flüchtig  skizziert,  nachdem  die  Noten¬ 
linien  mit  dem  „Rastral“,  einem  fünfschneidigen 
Instrument,  vorgezogen  sind.  Dabei  muß  natür¬ 
lich  alles  verkehrt,  also  von  rechts  nach  links, 
stehen,  um  dann  beim  Druck  richtig  zu 
kommen,  was  erhebliche  Übung  erfordert  Nun 
werden  die  verschiedenen  gleichartigen  Zeichen: 
Schlüssel,  Vorzeichnungen,  Notenköpfe,  Tempi, 
Textworte  usw.  mit  Stahlstempeln  durch  einen 
leichten  Hammerschlag  in  das  Metall  eingeprägt, 
die  Taktstriche,  Balken  und  Bindebogen  aber 
aus  freier  Hand  mit  dem  Stichel  graviert.  Der 


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Notenhandschrift  des  XV.  Jahrhunderts  mit  Miniaturen.  fBuchgewerbemuseum,  Leipzig.) 


124 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


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Aus  einem  Missale  von  1492.  Nürnberger  Typen-Doppeldruck  mit  eingemalten  Initialen. 

(Buchgewerbemuseum,  Leipzig) 

Druck  erfolgt  selten  direkt  von  den  so  erhaltenen  ausgaben  verwandt  wird.  Meist  nimmt  man 

Platten,  da  dieser  Prozeß  —  der  genau  wie  bei  vielmehr  nur  einen  direkten  Abzug  mit  sehr 

einem  Kupferstich  auf  der  Handpresse  vor  sich  strenger  Farbe  von  jeder  Platte,  und  zwar 

geht  —  zu  umständlich  und  teuer  ist,  und  nur  auf  Blätter  chinesischen  Papieres,  die  dann 

noch  für  gewisse  Monumentalwerke  und  Luxus-  gleich  zu  4  oder  8  auf  einen  lithographischen 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


125 


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bfchuQcr  w^rbe/5fi  aller  fryfl/allmecbttig  ifl 1/  fey  nn  gwalc  mt$ 
man  bef  etitien/laßt  ftcb  ein  matter  nenncn/tCrwswet?  minbfi/ 
ifl  tncin  rfiw/tobtfimb  tmb  (>dl/tain  »rtgefell/  Wiber  bifen  gor  t 
batibttogen/o  bene  got/»o*  frotfo  mag  mein  b«r$  auff  fp:mgc* 
25  3Pt» cb  tfi/metn  glacibin^befwm  (Cb:ifJ/fetn  fim/t>om  baili' 
gm  gaip  empfangen/(ßcrö(£toft>cr  alt  fötibeti  li(J/ wolr  Pont»/ 


Aus  ..Etlich  christlich  Lobgesang“  Wittenberg  1523.  Holztafeldruck. 
(Buchgewerbemuseum,  Leipzig.) 


Stein  (neuerdings  auch  Zinkplatte)  gelegt  und  Überdrucken  aufbewahrt.  Als  billigerer  Ersatz 
auf  diesen  „übergedruckt“  werden,  worauf  der  für  den  Stich  greift  auch  die  AutograpJiie  mehr 
Druck  vom  Stein  in  der  Schnellpresse  bogen-  und  mehr  um  sich ;  die  Noten  werden  auf 
weise  erfolgt,  wie  bei  jeder  anderen  Litho-  präpariertes  Papier  mit  fetthaltiger  Tinte  ge- 
graphie. 1  Der  Stein  wird  nach  dem  Druck  schrieben,  auf  Stein  übertragen  und  so  gedruckt, 
jedesmal  abgeschliffen,  die  Platte  zu  neuen  wobei  jedoch  das  Original  zerstört  wird,  so  daß 

1  Für  sehr  große  Auflagen  dient  die  Zinkdruck-Rotationsmaschine,  auf  die  hier  nicht  näher  eingegangen  werden 


kann. 


126 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


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Aus  Hans  Newsidlers  Lautenbuch. 
(Deutsche  Lauten-Tabulatur.)  Nürnberg,  1536. 


für  jeden  neuen  Druck  neu  geschrieben  werden 
müßte,  was  die  Anwendung  des  Verfahrens 
beschränkt.  —  Der  Noten-Typendruck  (Huch¬ 
druck)  ist  wegen  der  großen  Umständlichkeit 
der  vielen  kleinen  typographischen  Teilchen 
und  Zeichen  verhältnismäßig  teuer,  und  wird  mit 
Vorteil  besonders  für  Werke  mit  vielem  Text 
(Liederbücher  usw.)  verwandt.  Unsere  bei¬ 
gegebene  Probe  erläutert  dies  ohne  weiteres, 
indem  einmal  die  geschlossene  Notenzeile  ab¬ 
gedruckt  ist,  und  darüber  dieselbe  Zeile  in 
ihre  Teilchen  zerlegt,  so  daß  man  erkennt,  wie 
jedes  Zeichen  noch  die  entsprechenden  kurzen 
Linienansätze  haben  muß,  damit  sich  das  Ganze 
dann  zusammenfügt.  Der  Druck  erfolgt  auf 
der  gewöhnlichen  Buchdruck-Schnellpresse,  und 
da  hierfür  eine  zeitraubende  „Zurichtung“  er¬ 
forderlich  ist,  die  beim  Steindruck  wegfällt,  so 
lohnt  sich  der  Noten-Typendruck  auch  aus 
diesem  Grunde  mehr  für  Liederbücher  usw., 
die  in  großen  Auflagen  gedruckt  werden, 
während  man  von  eigentlichen  Notenwerken 
weit  geringere  Mengen  herzustellen  pflegt.  Die 


Titelblätter  werden  gleichfalls  entweder  in 
Steindruck  oder  in  Buchdruck  hergestellt; 
während  der  Buchdruck  mit  Schrift  und 
Ornament  schöne,  einfach-vornehme  Wir¬ 
kungen  zu  erzielen  vermag,  ist  die  freiere 
Lithographie  naturgemäß  für  bildliche  Aus¬ 
schmückung  aller  Art  das  bevorzugte  Ver¬ 
fahren. 

Dies  also  die  heutige  Technik  der 
Notenherstellung,  die  sich  freilich  erst  ganz 
allmählich  zu  diesen  Formen  ausgebildet 
hat;  ein  Blick  auf  die  historische  Entwick¬ 
lung,  die  zuvor  durchlaufen  werden  mußte, 
bietet  dem  Bücherfreund  manches  Inter¬ 
essante.1  Dem  Druckwerk  geht  natürlich 
auch  auf  diesem  Gebiete  die  Handschrift 
voraus,  wie  beim  Buch;  die  Notenschrift  selbst 
aber  hat  im  Laufe  der  Zeit  weit  größere  Ver¬ 
änderungen  erlitten,  als  die  Buchstabenschrift. 
Im  Altertum  bediente  man  sich  zur  schriftlichen 
Fixierung  der  Noten  der  Buchstaben  des  Alpha¬ 
betes,  die  über  die  Worte  geschrieben  wurden 
und  so  in  einem  allmählich  immer  komplizierter 
ausgebildeten  System  die  Höhe  der  Töne  be- 
zeichneten.  Doch  ging  diese  Art  der  Noten¬ 
schrift  mit  der  übrigen  griechischen  Kultur 
durch  die  Völkerwanderung  so  vollständig 
verloren,  daß  im  VII.  Jahrhundert  n.  Chr. 
ein  gelehrter  Bischof  die  Ansicht  aussprechen 
konnte,  es  sei  überhaupt  unmöglich,  Töne 
schriftlich  festzuhalten.  Aber  schon  bald  da¬ 
nach  hatte  man  die  Aufgabe  auf  neuem  Wege 
gelöst,  und  zwar  diesmal  nicht  mit  Hilfe  von 
Buchstaben,  sondern  durch  besondere,  haken¬ 
artige  Zeichen,  die  als  „ Neumen “  bekannt  sind 
und  durch  das  ganze  frühere  Mittelalter  in  Übung 
blieben.  Die  Neumenschrift  war  freilich  ein 
sehr  unzulängliches  Ausdrucksmittel,  und  brachte 
lediglich  die  relative  Höhe  der  verschiedenen 


1  Näheres  darüber  findet  sich  in  der  ausgezeichneten  Abhandlung  von  Prof.  H.  Riemann  über  „Notenschrift  und 
Notendruck“  in  der  Festschrift  der  Firma  C.  G.  Röder  in  Leipzig,  1896. 


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Englische  „Tonic-sol-fa“  Notenschrift.  (Buchstaben-Noten.) 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


127 


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Töne  zueinander,  nicht  aber  den  Zeitwert  usw. 
zur  Anschauung.  Sie  wurde  über  den  Text 
geschrieben,  und  es  traten  als  Hilfsmittel  erst  eine, 
dann  zwei  Linien  hinzu,  bis  Guido  von  Arezzo 
um  das  Jahr  1026  ein  System  von  vier  Linien 
einführte  —  die  Vorläufer  der  heutigen  fünf 
Notenlinien.  Die  Neumen  selbst  nahmen  gleich¬ 
zeitig  mehr  und  mehr  eine  quadratische  Gestalt 
an,  und  unmittelbar  hieran  schlossen  sich  in  der 
äußeren  Form  die  eckigen  Mensuralnoten  an, 


welche  zuerst  im  XI.  Jahrhundert  auftraten  und 
nun  als  wichtigen  Fortschritt  die  Bezeichnung 
der  Tondauer  neben  der  Höhe  brachten.  Hiermit 
war  prinzipiell  das  noch  heute  geltende  System 
der  Notenschrift  gefunden,  und  an  demselben 
ist  seither  nur  noch  in  Einzelheiten  ausgebaut, 
nicht  aber  grundsätzlich  geändert  worden.  So 
traten  im  XIV.  Jahrhundert  die  Taktstriche 
hinzu,  die  eckige  Form  ging  in  neuerer  Zeit 
(XVII.  Jahrhundert)  in  die  runde  über  und 


dergleichen  mehr,  was  hier  zu  weit  führen 
würde.  —  Wie  die  Buchmanuskripte,  so  wurden 
auch  die  Notenhandschriften  reich  und  prächtig 
mit  Initialen  und  Miniaturen  geschmückt,  und 
namentlich  die  Kirchen  und  Klöster  wetteiferten 
in  der  Herstellung  besonders  kostbarer  Missalien, 


Antiphonarien  usw.  Als  dann  die  Drucker¬ 
kunst  auftauchte,  versuchte  man,  wiederum 
wie  beim  Buch,  auch  in  der  Musik  möglichst 
getreu  den  Eindruck  der  Handschrift  zu  wahren 
und  wiederzugeben,  ja  man  begegnete  der 
Schwierigkeit  des  gleichzeitigen  Druckes  von 


Titel  zum  Graf  Zeppelin-Marsch  von  Oberstetter. 
Verlag  von  Max  Hieber,  München. 


Z.  f.  B.  1909/1910.  Heft  4.  Tafel  1. 


Zu  Volkmann:  Musikalische  Bibliophilie. 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


129 


PSIAVME  I,  CL  MA, 
j  I  (t  thantt  teuxfent  bitn-hturtuv,  qu:  reiemurs  ln  ma-uvi  &  h  ttnfsil  dei  ntxu- 

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ttutrxire. 

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L  E  S  PSEAVMES  MI  SEN 

RIME  FRANCOISE  PAR 
Clemgnt  Marot,  &  Theodo¬ 
re  de  Bcze. 


*<►» 

1» 


f  EtftmMwa  vn  arbregrand  &  beau, 

Ftinrs  itl  lw|  d'vn  ciair  courant  rutfTeau, 
EiquifoofrutÄtu  fa  apporte: ' 

Buquel  enfsi  la  f,teille  ne  chet  morte: 
ftguVa  ttl  bomme,&  tont  ce  qu’t!  fera 
ToiöowM  heureux  St  proipere  fera. 

f  Mai*  les  petucrx  n’auront  telies  vertu*: 
Akpisftftont  fetnbiablc*  aux  feftuf, 
fj  Et  a  U  pouete  au  gre  du  vem  chatfee, 

PSEAVME 
<Urveh-4K  etmmtmi  Dtuid  (y  [in  rty  turne 
1  CbrSß  (y  dt  f*  >t  rtgnt. 


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Parquov  fera  knreaufe  renuerfee  „ 

En  iugcmentjS:  tuusccs  reprouu«  " 

Au  rang  des  bonstiHcrvmt  point  trouuer, 

f  Car  f  Eterocl Ses  lüfte»  cognoift  bien. 

Et  eft  fongneux  St  d'eux,Sr  de  leut  bien; 
Pounant  aurom  fehcitd  qui  dwre. 

E-t  povir-autant  qu’il  n’a  ne  fotn  ne  eure 
Dev  fnal-viuans.le  chcntin  qti'ils  ttcndroitt, 
Eu*  &  leurs  falfts  cn  ruine  viendront.  j 

,1.  CL.  MA,  .  .  ; 

1 1 n4ye figm-t  &  indubitMt  fnphttie  dt  Itfttt 


Öurtjuoy  Font  bniit&rs’af&tnblentlrsgens'Cioel  le  folfe  a  murmu  rer  les  rneinc^ 

;  ®our<jBOf  lonu^^^p|tip!e$xi» Itget»»  Amcttre  fiH^wteeo  trejirl  fe  vt\w>  Bande/,  ft 


Äutleagranstois  de  (ater  re  ,  £t  ks  Primat*  out  feien  ttutt  pre  fit  ine  De  ronfpi  rer ,  Sc 

f - - - - - - - - - * _ Aa.jÜj. —  __ 


Pariser  Bibelausgabe  1567.  Einfacher  Notentypendruck. 
(Stadtbibliothek,  Leipzig.) 


Linien  und  Noten  zuerst  sogar  dadurch, 
daß  man  die  Linien  allein  druckte,  und 
die  Noten  mit  der  Hand  hinein  schrieb. 

Später  druckte  man  auch  die  Noten, 
und  zwar  meist  in  anderer  Farbe, 
nämlich  die  Linien  rot  und  die  Noten 
schwarz.  Die  ältesten  Notendrücke 
erfolgten  wohl  von  Holztafeln,  auch 
Metallplatten,  aber  fast  gleichzeitig 
wurde  auch  die  eigentliche  Typo¬ 
graphie,  d.  h.  der  Druck  mit  beweg¬ 
lichen  Lettern,  auf  die  Wiedergabe  der 
Musik  angewandt,  ein  Verfahren  das 
im  XVI.  Jahrhundert  zuerst  von  Petrucci 
in  Venedig  in  umfassenderer  Weise  ge¬ 
übt  und  von  Johann  Gottlob  Immanuel 
Breitkopf  im  XVIII.  Jahrhundert  auf  das 
vollkommenste  technisch  durchgebildet 
wurde,  so  daß  es  seitdem  möglich 
wurde,  Linien  und  Noten  in  Buchdruck 
gleichzeitig  zu  drucken  (siehe  S.  127).  — 
Während  nun  die  Neumen  und  die 
sich  daraus  entwickelnden  Mensural- 
noten  vorwiegend  für  Vokalmusik  Ver¬ 
wendung  fanden,  war  nebenher  für  die 
Instrumente  (namentlich  Orgel  und 
Laute)  seit  dem  XV.  Jahrhundert  noch 
eine  andere  Notationsweise  in  Übung, 
die  sogenannten  Tabulaturen,  worin 
die  Töne  mit  Buchstaben  oder  Ziffern 
bezeichnet,  die  Zeitwerte  aber  durch 
besondere  Zeichen  ava-eben  sind.  Diese 

o  o 

letzteren  bestehen  häufig  in  senk¬ 
rechten  Strichen  mit  einem  oder 
mehreren  kurzen  Querstrichen  zur  Be¬ 
zeichnung  der  Viertel,  Achtel,  Sech¬ 
zehntel,  und  es  leuchtet  auf  den  ersten 
Blick  ein,  daß  gerade  diese  Elemente,  kombiniert 
mit  der  Mensuralnotierung,  einen  wichtigen  Be¬ 
standteil  der  heutigen  Notenschrift  ausmachen. 
Reste  von  Ziffern-  oder  Buchstaben-Notierung 
finden  sich  übrigens  auch  heute  noch,  freilich 
mehr  als  „Eselsbrücken“  für  Leute  die  keine 
Noten  lesen  können.  Es  sei  nur  an  die  eng¬ 
lischen  „  Tonic-Sol-fa- Ausgaben“  für  Chöre,  an 
die  Noten  für  Harmonika,  Akkordzither  und  der¬ 
gleichen  erinnert.  Sonst  aber  scheint  die  Noten¬ 
schrift  zu  einem  entschiedenen  Abschluß  ihrer 
Entwicklung  gelangt  zu  sein,  und  alle  Neuerungs¬ 
versuche  —  die  fast  jedes  Jahr  regelmäßig  wieder¬ 
kehren  —  sind  bisher  völlig  erfolglos  geblieben, 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


was  zur  Warnung  für  erfindungslustige  Leser 
hier  bemerkt  sei. 

Kehren  wir  indes  zur  historischen  Entwick¬ 
lung  des  Notendruckes  zurück.  Bis  zum  Ende 
des  XVI.  Jahrhunderts  blieb  der  Typendruck 
allein  herrschend;  im  Jahre  1586  aber  ließ 
Simone  Verovio  in  Rom  sein  erstes  Musikwerk  in 
Kupferstich  folgen,  und  dieser  wurde  bald  außer¬ 
ordentlich  beliebt  für  den  Notendruck,  namentlich 
wegen  der  leichten  und  freien  Art  in  der  sich 
dabei  allerlei  Ornamente  und  Illustrationen  mit 
anbringen  ließen.  Steht  doch  die  Graphik  des 
XVII.  Jahrhunderts  überhaupt  unter  dem  Zeichen 
des  Kupferstichs!  Um  1725  wurde  dann  in 

17 


130 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


England  der  weitere  Fortschritt  gemacht,  daß 
man  statt  Kupferplatten  solche  aus  Zinn  und 
Blei  usw.  benutzte,  wodurch  man  fast  gleich¬ 
zeitig  auf  den  Gedanken  kam,  die  feststehenden 
Zeichen  mit  Stempeln  einzuschlagen  und  nur 
noch  die  Linien,  Bogen  usw.  zu  gravieren  (siehe 
oben).  Um  1800  endlich  erfand  Alois  Sene- 
felder  den  Steindruck ,  der  alsbald  auch  für  die 
Herstellung  von  Noten  angewandt  wurde,  und 
zwar  in  der  Weise,  daß  man  direkt  auf  den 
Stein  schrieb  und  davon  druckte.  Senefelder 
selbst  hat  Musikstücke  in  dieser  Weise  verviel¬ 
fältigt,  die  heute  zu  den  größten  Seltenheiten 
gehören.  Wirklich  fruchtbar  wurde  der  Stein¬ 
druck  erst,  als  man  ihn  durch  das  Überdruck¬ 
verfahren  mit  dem  Stich  kombinierte,  und  seit 
1863  die  Steine  auch  auf  der  Schnellpresse 
drucken  konnte,  womit  das  noch  heute  übliche 
Verfahren  erreicht  war. 

Schon  aus  diesen  kurzen  Andeutungen  über 


die  historische  Entwicklung  der  rein  technischen 
Seite  der  Musikherstellung  geht  hervor,  daß 
hier  ein  interessantes  und  sehr  fruchtbares 
Spezialgebiet  für  einen  echten  und  rechten 
Bibliophilen  gegeben  ist,  wobei  wir  zunächst 
vom  inhaltlichen,  künstlerischen  Interesse,  von 
der  Musik  selbst,  noch  ganz  abstrahiert  haben. 
Tatsächlich  gehören  musikalische  Erst-  und 
Frühdrucke  der  verschiedensten  Art  zu  den 
größten  Seltenheiten,  was  namentlich  auch 
durch  die  durchschnittlich  überhaupt  kleineren 
Auflagen  des  Musikdruckes  gefordert  wird; 
die  Antiquarkataloge  weisen  bereits  recht  er¬ 
hebliche  Preise  für  solche  Dinge  auf,  und  wer 
sich  manches  davon  noch  sichern  will,  tut  gut 
es  bald  zu  versuchen.  Wie  anders  noch  stellt 
sich  nun  gar  die  Frage  dar,  wenn  wir  auch 
das  eigentlich  musikalische  und  musikhistori¬ 
sche  Interesse  mit  in  Betracht  ziehen,  und 
dabei  bedenken,  daß  die  Musik  keine  engen 


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„Der  Brand  von  Altötting“.  Von  Alois  Senefelder  auf  Stein  geschriebene  Noten. 
(Buchgewerbemuseum,  Leipzig.) 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


131 


geographischen  Grenzen  kennt, 
sondern  ein  völkerverbindendes 
Kulturelement,  eine  überall  ver¬ 
ständliche  internationale  Welt¬ 
sprache  bildet!  Um  so  mehr  ist 
es  zu  verwundern,  daß  unter 
den  Bibliophilen  so  gar  ein¬ 
seitig  das  Interesse  für  das 
eigentliche  Buch  überwiegt,  daß 
die  Zahl  der  Liebhaber  und 
Sammler,  die  sich  auch  oder 
sogar  vorherrschend  mit  Musik 
beschäftigen,  eine  so  überaus 
geringe  ist.  An  die  musikali¬ 
schen  unter  den  Bibliophilen 
ergeht  daher  der  Ruf,  dies 
schöne  und  anregende  Sonder- 
gebiet  mehr  als  bisher  als 
solches  zu  erkennen  und  zu 
pflegen,  im  Interesse  der  Sache 
und  zu  ihrer  eigenen  Freude 
und  Förderung.  Wie  und  nach 
welchen  Gesichtspunkten  dies 
etwa  in  ganz  verschiedener 
Weise  geschehen  könne,  dafür 
seien  zum  Schluß  noch  einige 
kurze,  praktische  Hinweise 
gegeben. 

Der  nächstliegende  und 
selbstverständlichste  Gesichts¬ 
punkt  wird  immer  der  rein 
historische  sein,  ob  man  nur 
die  musikgeschichtliche  Ent¬ 
wicklung  speziell  ins  Auge  faßt 
oder  diejenige  der  Noten¬ 
herstellung.  Dafür  kommen 
natürlich  vor  allem  Frühdrucke 
und  Erstausgaben  in  Betracht, 
aber  auch  Neudrucke  älterer  Musik,  wie  sie 
namentlich  in  den  ,, Denkmälern  Deutscher 
Tonkunst “  und  verwandten  musikgeschicht¬ 
lichen  Publikationen  anderer  Länder  vorliegen. 
Die  großen  Gesamtausgaben  der  Klassiker  der 
Musik  werden  dabei  den  Grundstock  bilden; 
die  ganze  einschlägige  historische  und  bio¬ 
graphische  Literatur  wird  nicht  zu  umgehen 
sein,  und  auch  Porträts,  Abbildungen  von 
Instrumenten,  endlich  Autographen  und  der¬ 
gleichen  können  zu  schöner  Bereicherung  des 
Gesamtbildes  dienen  (Musikbibliothek  Peters  in 
Leipzig;  Sammlung  Manskopf  in  Frankfurt). 


Porträt  der  Kurfiirstin  Marie  Antonie  Walpurgis  von  Sachsen. 

Sie  hält  die  Partitur  ihrer  Oper  „Trionfo  della  fedeltä“,  von  Breitkopf  1754  als  erstes 
größeres  Werk  mit  seinen  verbesserten  Notentypen  gedruckt. 

(Original  im  Besitz  von  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig.) 


Der  Privatsammler  kann  das  Gebiet  etwas 
enger  fassen,  indem  er  sich  auf  die  Werke  eines 
einzelnen  Meisters  je  nach  seiner  Lieblings¬ 
neigung  beschränkt,  und  hier  möglichste  Voll¬ 
ständigkeit  der  Ausgaben  sowie  alles  biographi¬ 
schen  Materiales  anstrebt.  Ein  Beispiel  hierfür 
ist  etwa  die  Mozart-Bibliothek  des  Herrn  Paul 
Hirsch  in  Frankfurt  a.  M.,  die  Liebeskindsche 
Händel-Sammlung  in  Leipzig,  die  Lisztsamm¬ 
lung  des  Pianisten  Busoni  u.  a.  m.  —  Andere 
wieder  werden  versuchen,  sämtliche  Kompo¬ 
sitionen  von  Texten  eines  Dichters  zu  erlangen, 
wie  denn  z.  B.  die  Goethesammlung  des  Herrn 


i32 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


LIBRO 

DE  VILLANELLE,  MORESCHE, 

ET  ALTRE  CANZONI, 

A.  4.  j.  6.  &c  8.  voci. 

2fr 

DI  ORLANDO  DI  LASSO. 
CANTO. 


IN  A  R  I  G  1. 

"Ter  Adrianoie  Roy  &  Roberto  Ballard. 

Stampatori  Regij 
M.  D.  LXXXI. 

Con  priuileggio  de  fua  Magefta per  dieci  annj. 


Titelblatt  Orlandos  di  Lasso.  1581, 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


133 


Richard  Wagner,  Brautlied  aus  Lohengrin. 
Autograph  im  Besitz  von  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig 


Dr.  A.  Kippenberg  in  Leipzig  auch  in  dieser 
Hinsicht  sehr  reich  ist.  Es  ist  bekannt,  wie 
selten  und  wertvoll  etwa  das  erste  Liederheft 
Goethes  mit  den  Kompositionen  des  jungen 
Breitkopf  geworden  ist!  —  Nicht  reizlos  wäre 
es  auch,  den  musikalischen  Schöpfungen  von 
Fürstlichkeiten  besonders  nachzugehen,  die  be¬ 
kanntlich  gerade  auf  diesem  Gebiete  gelegent¬ 
lich  weit  über  den  Dilettantismus  hinausge¬ 
gangen  sind. 

Auch  nach  musikalischen  Gruppen  kann  das 
Interessengebiet  begrenzt  und  dadurch  ent¬ 
sprechend  vertieft  werden  —  es  sei  nur  etwa  an 


die  Sondergebiete  der  Oper,  der  Volksweisen, 
der  Kirchenmusik,  oder  der  erst  neuerdings 
recht  gewürdigten  exotischen  Musik  erinnert. 
Dabei  wäre  wiederum  den  verschiedensten 
Ausgaben  des  gleichen  Werkes  Beachtung  zu 
schenken,  wofür  etwa  Sperontes’  ,, Singende 
Muse  an  der  Pleiße “  ein  klassisches  Beispiel 
bietet,  die  seinerzeit  alsbald  in  einer  ganzen 
Reihe  von  Nachdrucken  erschien  und  neuerdings 
mehrfach  wieder  publiziert  worden  ist.  —  Nicht 
vergessen  dürfen  wir  hier  auch  die  Gelegen¬ 
heitskompositionen,  die  so  überaus  zahlreich  sind, 
daß  man  fast  die  gesamte  politische  Geschichte 


134 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


Titelblatt  von  Speronte,  Singende  Muse  an  der  Pleiße.  1736. 


Volkmann,  Musikalische  Bibliophilie. 


135 


der  neueren  Zeit  an  ihrer  Hand  durchwandern 
kann;  ja  eine  moderne  Notendruckerei  kann 
bestimmt  darauf  rechnen,  daß  jedes  einigermaßen 
wichtige  Tagesereignis  nach  kürzester  Frist  sich 
in  einem  Druckauftrag  auf  den  entsprechenden 
Marsch  oder  Hymnus  widerspiegelt,  ob  es  sich 
nun  um  die  Einnahme  von  Port  Arthur,  um 
den  Grafen  Zeppelin1  oder  die  holländische 
Thronerbin  handelt.  In  früherer  Zeit  war  dies 
schon  ebenso,  und  die  Kompositionen  aus  Anlaß 
von  Friedensschlüssen,  fürstlichen  Hochzeiten 
und  dergleichen  sind  Legion.  Erst  kürzlich  war 
in  München  Gelegenheit,  die  Festkantate  zur 
Eröffnung  der  Nürnberg-Fürther  Eisenbahn 
wieder  zu  hören! 

Endlich  —  last  not  least  —  die  künstlerische 
Ausstattung,  ein  Gesichtspunkt,  der  natürlich 
bei  allen  anderen  Gruppen  gleichzeitig  mit  be¬ 
achtet  und  gepflegt  werden  kann,  und  der  hier 
besonders  hervorgehoben  zu  werden  verdient. 2 


Titelblatt  von  Josef  Sattler  zu  Busoni,  Geharnischte  Suite 

Es  ist  nicht  möglich,  dieses  reiche  und  schöne 
Gebiet  hier  auch  nur  annähernd  zu  erschöpfen, 
und  einige  Andeutungen  müssen  ge¬ 
nügen.  Allein  schon  die  Notentitel 
haben  ja  von  altersher  den  Künstlern 
so  viel  Gelegenheit  zur  Betätigung  ge¬ 
boten,  daß  man  in  ihnen  eine  ganze 
große  kunstgeschichtliche  Entwicklung 
sich  deutlich  widerspiegeln  sieht,  so  bei 
uns  in  Deutschland  von  Hans  Holbein 
über  Ludwig  Richter  und  Adolf  Menzel 
bis  auf  Max  Klinger  und  Josef  Sattler, 
gewiß  ein  lohnendes  Sammelgebiet  so 
gut  wie  Exlibris  oder  Plakate!  Sodann 
der  innere,  ornamentale  oder  bildliche 
Schmuck.  Da  sind  die  mit  Miniaturen 
gezierten  Handschriften  und  ältesten 
Drucke,  dann  tritt  der  Holzschnitt  in 

1  Schon  im  Februar  1784  wurde  nach  den 
Büchern  der  Firma  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig 
ein  von  Christoph  Gottlob  Breitkopf  selbst  kom¬ 
ponierter  „Englischer  Tanz  auf  den  Zornschen 
Luftballon“  in  200  Exemplaren  gedruckt,  wovon 
leider  nichts  mehr  vorhanden  ist.  Welches  Ver¬ 
gnügen  für  einen  Bibliophilen  wäre  es,  einen 
solchen  Druck  heute  zu  finden ! 

2  Im  Januar  1909,  also  nach  Abhaltung 
des  diesen  Zeilen  zugrunde  liegenden  Vortrages, 
hat  gerade  im  Kunstgew'erbemuseum  zu  Frank¬ 
furt  a.  M.  eine  schöne  Ausstellung  illustrierter 
Notenwerke  stattgefunden,  worüber  H.  v.  Trenk- 
wald  im  Maiheft  des  Seemannschen  Kunstgewerbe¬ 
blattes  berichtet  (mit  Abbildungen.)  Über  AToten- 
titel  vgl.  den  Aufsatz  von  W.  v.  zur  Westen  im 
XII.  Jahrgang  dieser  Zeitschrift,  Seite  104  ff. 


Titelzeichnung  von  Ludwig  Richter  zu  Reinecke,  Kinderlieder. 


136 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


sein  Recht ,  der  später  vom  Kupferstich  ver¬ 
drängt  wird.  Vignetten,  Initialen  usw.  tragen 
jeweilig,  ernst  oder  graziös,  den  Stilcharakter 
der  Zeit;  Opern  werden  mit  reichen  Szenen¬ 
bildern  illustriert,  Tänze  durch  Darstellungen 
erläutert,  Musiker  und  Instrumente  abgebildet, 
bis  in  neuerer  Zeit  auch  eine  freiere  bildliche 
Begleitung  des  musikalischen  Inhaltes  sich  ein¬ 
stellt,  als  deren  bisher  wohl  höchste  Leistung 
Max  Klingers  Brahmsphantasie  gelten  darf,  die 
nicht  sowohl  eine  Illustration ,  als  vielmehr  eine 
kongeniale  bildnerische  Nachschöpfung  bedeutet. 
Und  wie  auf  allen  Gebieten  des  Lebens  heute 
die  „Kunst  im  Leben  des  Kindes“  eine  besondere 
Rolle  zu  spielen  begonnen  hat,  so  auch  hier: 
die  Zahl  künstlerisch  geschmückter  Noten-  und 
Liederbücher  für  Kinder  ist  schon  jetzt  in  den 
verschiedenen  Kulturländern  eine  nicht  geringe, 
und  noch  ständig  im  Wachsen  begriffen.  Dato 
schließlich  dem  Einband  entsprechende  Be¬ 


achtung  zu  schenken  ist,  bedarf  kaum  be¬ 
sonderer  Erwähnung,  denn  Schale  und  Kern 
gehören  zusammen  und  dürfen  einander  zum 
mindesten  nicht  widersprechen. 

Was  hier  gegeben  werden  konnte,  sind,  wie 
vorausgeschickt,  nur  Grundlinien,  flüchtige  Um¬ 
risse,  die  ein  jeder  nach  Wunsch  und  Neigung 
sich  weiter  ausfüllen  mag.  Ihr  Zweck  ist  nicht, 
zu  belehren,  sondern  anzuregen  und  gewisser¬ 
maßen  den  Appetit  zu  Weiterem  zu  reizen; 
und  dieser  Zweck  dürfte  schon  dann  als  teil¬ 
weise  erreicht  gelten,  wenn  überhaupt  der  Be¬ 
griff  einer  „Musikalischen  Bibliophilie “  als  fest 
umrissenes  Sondergebiet  allgemein  zum  Be¬ 
wußtsein  gelangte  und  demgemäß  in  den 
Sammlungen,  Katalogen,  Diskussionen,  Abhand¬ 
lungen,  Zeitschriften  nicht  allenfalls  als  ge¬ 
duldete  Nebensache,  sondern  als  gleichberech¬ 
tigter  Zweig  neben  die  altgefestigte  eigentliche 
Bücherliebhaberei  träte. 


Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts.' 

Von 

Direktor  Prof.  Dr.  Konrad  Häbler  in  Berlin. 


ährend  die  Beschäftigung  mit  den 
Wiegendrucken  unleugbar  in  allen 
ihren  Formen  eine  starke  Beimischung 
von  Bibliophilie  an  sich  hat,  gibt  es  natürlich 
weite  Kreise  der  Bibliophilen,  die  den  Inkuna¬ 
beln  durchaus  kein  Interesse  abzugewinnen  ver¬ 
mögen.  Wenn  ich  es  trotzdem,  einer  Auf¬ 
forderung  des  Vorstandes  folgend,  unternehme, 
Sie  von  einem  Gegenstand  der  Inkunabel¬ 
forschung  zu  unterhalten,  so  bin  ich  mir  bewußt, 
daß  das  für  manche  von  Ihnen  eine  Zumutung 
bedeutet,  und  ich  werde  mich  bemühen,  Ihre 
Geduld  auf  keine  zu  harte  Probe  zu  stellen. 

Der  jüngst  erschienene  erste  Band  des 
Catalogue  of  books  prmted  in  thc  XVth  Century 
now  in  the  British  Museum  nimmt  in  seiner  Ein¬ 
leitung  für  das  Kleeblatt  Bradshaw-Campbell- 
Holtrop  das  Verdienst  in  Anspruch,  zuerst  auf 

1  Vortrag,  gehalten  am  Berliner  Bibliophilen-Abend, 
im  März  1909. 


die  Erforschung  der  Wiegendrucke  die,  wie  er 
sich  ausdrückt,  naturwissenschaftliche  Methode, 
wir  würden  wohl  eher  sagen  die  Methode  der 
exakten  Wissenschaften,  zur  Anwendung  ge¬ 
bracht  zu  haben.  Als  ein  Vorläufer  von  ihnen 
wird  lediglich  Panzer  anerkannt,  der  mit  der 
Gruppierung  der  Inkunabeln  nach  Druckorten 
und  Druckern  den  Weg  zu  einer  vergleichen¬ 
den  Methode  geebnet  habe.  Ich  kann  nicht 
umhin,  in  diesem  LTrteile  eine  gewisse  Unge¬ 
rechtigkeit  zu  erblicken.  Gewiß  erkennen  alle 
modernen  Inkunabelforscher  mit  Bereitwillig¬ 
keit  an,  daß  Henry  Bradshaws  in  so  beschei¬ 
dene  Formen  gekleidete,  sachlich  aber  so  aus¬ 
gezeichnete  Untersuchungen  über  einzelne 
Gebiete  des  Frühdruckes  den  Ausgangspunkt 
gebildet  haben  für  diejenige  Entwickelung,  die 
die  Inkunabelforschung  hauptsächlich  im  letzten 
Jahrzehnt  genommen  hat.  Auch  daß  Holtrops 
Werk  trotz  technischer  Unzulänglichkeit  in  der 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


137 


gleichen  Richtung  vorbildlich  gewesen  ist,  wird 
niemand  bestreiten  wollen,  und  Campbells 
Annalen  des  niederländischen  Frühdruckes, 
wenn  sie  auch  nach  verschiedenen  Richtungen 
hin  beträchtlich  hinter  den  Arbeiten  seiner  be¬ 
rühmten  Fachgenössen  zurückstehen,  haben 
immerhin  das  Verdienst,  den  Stoff  eines  be¬ 
stimmt  abgegrenzten  und  deshalb  wirklich  in¬ 
tensiv  zu  überschauenden  Gebietes  zusammen¬ 
fassend  und  mit  der  notwendigen  Vertiefung 
behandelt  zu  haben.  Wo  es  sich  aber,  wie  bei 
dem  Katalog  des  Britischen  Museums,  um 
einen  Überblick  über  die  Vorgänger  Bradshaws 
und  Proctors  auf  dem  Gebiete  der  Erforschung 
der  Frühdrucke  durch  -  die  Untersuchung  ihrer 
Typen  handelt,  hätten  meines  Erachtens  die 
Namen  der  Forscher  nicht  verschwiegen  werden 
dürfen,  die  zuerst  den  Versuch  gemacht  haben, 
die  alten  Drucke  in  ihre  kleinsten  Bestandteile, 
die  einzelnen  Lettern,  aufzulösen,  und  aus 
deren  Beschaffenheit  und  Verwendung  zurück 
zu  dem  Gesamtwerk  der  ganzen  Druckstätte 
vorzudringen. 

Im  allgemeinen  gilt  Placidus  Braun  als  der 
erste,  der  die  alten  Drucke  in  dieser  Weise 
behandelt  hat.  In  Wirklichkeit  ist  er  wohl 
nur  der  Nachahmer  eines  Beispieles,  das  frei¬ 
lich  des  geringen  Umfanges  wegen,  über  den 
es  sich  erstreckt,  ziemlich  in  Vergessenheit  ge¬ 
raten  ist.  Ich  muß  gestehen,  daß  ich  selbst 
die  Bekanntschaft  damit  erst  den  Vorarbeiten 
zu  diesem  Vortrag  verdanke,  und  die  über¬ 
raschende  Entdeckung  hat  mich  unsicher  ge¬ 
macht,  ob  nicht  etwa  auch  dieses  Werkchen 
schon  noch  einen  früheren  Vorgänger  gehabt 
haben  mag.  Sagen  wir  also  nicht:  „die 
älteste“,  sondern  nur  die  älteste  mir  bekannt 
gewordene  Probe  von  Typen  der  Wiegendrucke 
findet  sich  in  der  „Literarisch-kritischen  Abhand¬ 
lung  über  die  zwo  allerälteste  gedruckte 
deutsche  Bibeln,  welche  in  der  kurfürstlichen 
Bibliothek  in  München  aufbewahrt  werden.  Mit 
Anhang  und  vier  Kupfertafeln.  Von  Gerhoh 
Steigenberger,  reguliertem  Chorherrn  von 
Polling,  kurfürstlichen  wirklichen  geistlichen  Rat 
und  Hofbibliothekar,  der  kurfürstlichen  Akade¬ 
mie  der  Wissenschaften  frequentierendem  Mit- 
gliede.  München,  gedruckt  bei  Joseph  Zangl, 
bürgerlicher  Stadtbuchdrucker  1787“  in  40.  Aus 
dem  Vorwort  dieses  Schriftchens,  dessen  In¬ 
halt  uns  heute  nicht  näher  berührt,  geht  her- 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


vor,  daß  die  Reproduktionen  von  Herrn  Joh 
Bapt.  Bernhart  herrühren,  „so  in  diesem  Fache 
eine  besondere  Geschicklichkeit  besitzt,  und  die 
Alphabete  der  ersten  Buchdrucker  sammelt“. 
Gestochen  sind  die  Tafeln  von  einem  Herrn 
Zimmermann,  über  den  ich  nähere  Angaben 
nicht  beibringen  kann.  Zeichner  und  Stecher 
haben  jedenfalls  auf  den  vier,  dem  Buche  bei¬ 
gegebenen  Tafeln  recht  Tüchtiges  geleistet, 
und  die  Art  und  Weise,  in  der  die  Reproduk¬ 
tionen  gestaltet  sind,  verdient  unsere  höchste 
Anerkennung.  Es  werden  nämlich  von  zwei 
Typen  des  Johann  Mentelin,  von  drei  Typen 
des  Heinrich  Eggestein  —  das  eine  Alphabet  ist 
zweimal  in  verschiedener  Vollständigkeit  auf¬ 
genommen  —  und  zwei  Typen  des  Konrad 
Fyner  nicht  nur  die  vortrefflich  nachgezeich¬ 
neten  Alphabete  wiedergegeben,  sondern  es 
sind  ihnen  auch  auf  jeder  der  vier  Tafeln 
Textproben  beigefügt,  wenn  auch  von  geringem 
Umfang  und  mehr  aus  sachlichen  als  typologi- 
schen  Gründen,  die  es  aber  doch  ermöglichen, 
die  in  ihre  Bestandteile  aufgelöste  Type  auch  in 
Bezug  auf  ihre  Gesamtwirkung  zu  beurteilen. 
Wir  finden  also  eigentlich  hier,  wenn  auch  mit 
den  Unzulänglichkeiten,  die  die  freihändige 
Übertragung  auf  ein  anders  geartetes  Repro¬ 
duktionsmittel  —  die  Kupferplatte  —  bedingt, 
schon  die  Forderungen  erfüllt,  die,  wie  wir 
sehen  werden,  erst  in  den  modernsten  Werken 
der  Inkunabelforschung  zu  voller  Anerkennung 
gelangt  sind. 

Es  scheint  mir  zweifellos,  daß  von  diesen 
Tafeln  Placidus  Braun  die  Anregung  dazu  er¬ 
halten  hat,  seiner  „Notitia  historico-litteraria  de 
libris  ab  artis  typographicae  inventione  usque 
ad  annum  MD  impressis  in  bibliotheca  liberi 
ac  imperialis  monasterii  ad  SS.  Udalricum  et 
Afram  Augustae  extantibus.  Augustae  Vin- 
delicorum,  sumptibus  Fratrum  Veith  biblio- 
polarum  1788  und  89.“  40,  auf  11  Kupfertafeln 
75  Alphabete  von  Typen  der  Wiegendrucker 
beizugeben.  Auch  diese  Typenalphabete  — 
sie  sind  von  Joh.  Bapt.  Stainberger  gestochen, 
ein  Zeichner  wird  nicht  besonders  namhaft  ge¬ 
macht  —  sind  ausgezeichnet  gearbeitet.  Natür¬ 
lich  gewinnen  die  Buchstaben  durch  das  Über¬ 
tragen  auf  die  Kupferplatte  einen  besonderen 
Charakter,  eine  Eleganz  und  Schärfe,  wie  sie 
beim  Typendruck  mit  seiner  wechselnden  Ein¬ 
färbung  und  unsichereren  Abpressung  nicht 

18 


138 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


möglich  ist.  Aber  die  charakteristischen  Eigen¬ 
arten  der  zahlreichen,  überwiegend  aus  deut¬ 
schen  Drucken  entnommenen,  dem  Inkunabel¬ 
forscher  wohl  vertrauten  Schriftarten  sind  ganz 
vorzüglich  zu  erkennen.  In  Bezug  auf  die 
Methode  bleiben  aber  die  Braunschen  Tafeln 
doch  schon  hinter  denen  von  Steigenberger 
zurück.  Von  einer  Wiedergabe  von  Textproben 
hat  Braun  vollkommen  abgesehen.  Er  gibt 
allerdings  die  Alphabete  der  Majuskeln  und 
Minuskeln,  aber  ohne  Berücksichtigung  von 
Ligaturen  und  Akzentbuchstaben,  während 
Steigenberger  doch  wenigstens  einige  der  häu¬ 
figer  auftretenden  Spezialzeichen  in  seine  Alpha¬ 
bete  aufgenommen  hatte. 

An  Steigenberger  und  Placidus  Braun 
schließt  als  dritter  sich  an  Franz  Gras  mit 
seinem  „Verzeichnis  typographischer  Denkmäler, 
welche  sich  in  der  Bibliothek  des  regulierten 
Chorherrenstiftes  des  heiligen  Augustin  zu  Neu¬ 
stift  in  Tyrol  befinden“.  Das  Buch  besteht  aus 
zwei  Teilen  und  einem  Nachtrage,  von  denen 
der  erste  Teil  ganz  dem  XV.,  der  zweite  dem 
XVI.  und  XVII.  Jahrhundert  gewidmet  ist, 
während  der  Nachtrag  zwar  beiden  Teilen  gilt, 
sich  aber  überwiegend  mit  Frühdrucken  be¬ 
schäftigt.  Erschienen  ist  das  Buch  in  „Brixen, 
gedruckt  bey  Thomas  Weger,  hochfürstlicher 
Hofbuchdrucker“,  im  Jahre  1789 — 91,  also  fast 
gleichzeitig  mit  Braun.  Der  erste  und  zweite 
Teil  enthalten  je  sechs,  der  Nachtrag  noch 
zwei  Tafeln  mit  insgesamt  12 1  Alphabeten, 
die  fast  ohne  Ausnahme  aus  Wiegendrucken 
entnommen  sind.  Gras  hat  dieselben  nicht  nur 
selbst  gezeichnet,  sondern  auch  eigenhändig  in 
Kupfer  gestochen.  Es  ist  das  gewiß  eine 
höchst  anerkennenswerte  Leistung  für  den 
jugendlichen  Bibliothekar,  als  den  er  sich  im 
Vorwort  bekennt,  und  manche  seiner  Alpha¬ 
bete  sind  ihm  gar  nicht  schlecht  ge¬ 
lungen.  In  ihrer  Mehrzahl  aber  reichen  sie  an 
seine  Vorgänger  bei  weitem  nicht  heran.  Die 
kräftigen,  satten  Buchstabenformen  unserer 
oberdeutschen  Frühdrucker  sind  in  den  dünnen 
Konturen  der  Gras’schen  Kopien  kaum  wieder¬ 
zuerkennen.  Er  hat  sich  auch  an  Alphabete 
von  weitverbreitetem  Charakter  herangewagt, 
hat  aber  in  ihnen  die  besonderen  Merkmale 
entweder  nicht  zu  erfassen  oder  wenigstens 
nicht  herauszuarbeiten  vermocht.  Jedenfalls 
haben  seine  Tafeln  im  Gegensatz  zu  den  vor¬ 


genannten  heute  für  die  Forschung  gar  keinen 
Wert  mehr. 

Es  wird  manchen  der  Herren  erinnerlich 
sein,  daß  Konrad  Burger  der  Jahresveröffent¬ 
lichung  für  1900  der  Type  Facsimile  Society 
die  Abzüge  von  drei  Gras’schen  Tafeln  als 
Kuriosa  beigegeben  hat,  die  er  aus  Neustift 
erhalten  hatte.  Er  hielt  sie  alle  drei  für  un¬ 
bekannt,  das  trifft  aber  nur  für  Tafel  I  zu. 
Diese  ist  offenbar  ein  erster  Versuch,  den 
Gras  schließlich  selbst  ob  seiner  Unzulänglich¬ 
keit  verworfen  hat.  Nr.  2  und  3  der  von  Burger 
gestifteten  Tafeln  stimmen  aber  ganz  mit  den 
beiden  überein,  die  Gras  in  dem  1791  erschie¬ 
nenen  Nachtrage  gebracht  hat. 

Das  Studium  der  Inkunabeln  auf  Grund 
ihrer  Typen,  wie  wir  ihm  in  dieser  Gruppe 
begegnen,  ist  dann  für  lange  Zeit  eingcschlafen. 
Es  mag  vielleicht  sein,  daß  eine  oder  die  an¬ 
dere  Monographie  der  nächsten  Jahrzehnte,  die 
etwas  der  Art  enthält,  mir  entgangen  ist  Mit 
Sicherheit  läßt  es  sich  aber  behaupten,  daß 
das  Verfahren  der  Steigenberger-Braun-Gras 
nicht  Schule  gemacht  hat,  und  daß  diese  Be¬ 
trachtungsweise  der  Wiegendrucke  in  den 
Hintergrund  trat.  Der  Altmeister  der  In¬ 
kunabelforschung,  Hain,  hat  sich  bekanntlich 
nicht  in  dieser  Richtung  betätigt,  und  seine 
Typenbestimmungen,  auch  bei  den  Drucken, 
die  er  wirklich  selbst  gesehen  hat,  sind  keines¬ 
wegs  seine  starke  Seite.  Tatsächlich  müssen 
wir  bis  auf  das  in  den  Jahren  1857 — 68  er¬ 
schienene  Werk  von  Holtrop  herabgehen,  um 
von  einem  Wiederaufleben  der  Inkunabeltypen¬ 
forschung  berichten  zu  können. 

Die  „Monuments  typographiques  des  Pays- 
Bas  au  quinzieme  siede“  sind  nun  allerdings  in 
mehr  als  einer  Richtung  den  Versuchen  des 
XVIII.  Jahrhunderts  bei  weitem  überlegen. 
Dort  war  man  darüber  nicht  hinausgegangen, 
aus  dem  zufälligen  Besitz  einer  einzelnen 
Sammlung  Typenproben  zu  geben,  die  im 
Grunde  doch  ohne  ernstliche  leitende  Gesichts¬ 
punkte  aus  einem  Stoff  von  schier  unerme߬ 
licher  Fülle  herausgegriffen  waren.  Holtrop 
beschränkte  sich  auf  das  ziemlich  eng  begrenzte 
Gebiet  des  niederländischen  —  belgischen  und 
holländischen  —  Frühdruckes.  Auf  diesem 
beschränkten  Gebiete  aber  suchte  er  vollständig 
zu  sein,  und  er  hat  dies  erstrebte  Ziel  auch 
wirklich  so  weit  erreicht,  daß  wir  nach  fast 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


139 


einem  halben  Jahrhundert  intensiver  Arbeit  auf 
diesem  Felde  nur  eine  ganz  kleine  Zahl  von 
Schriftarten  haben  ausfindig  machen  können, 
die  ihm  entgangen  waren.  Ein  erster  Wurf 
mit  einem  derartig  glänzenden  Ergebnis  ist  der 
Beweis  für  die  überaus  große  Gediegenheit  der 
hier  geleisteten  Arbeit.  Obwohl  nun  Holtrop 
bewußt  das  Ziel  vor  Augen  hatte,  Typenproben 
von  allen  in  den  Niederlanden  während  dem 
XV.  Jahrhundert  zur  Verwendung  gelangten 
Schriftarten  zu  geben,  so  hat  er  doch  von  der 
Wiedergabe  von  Typen alphabeten  so  gut  wie 
vollständig  abgesehen ;  die  drei  bis  vier  Proben 
dieser  Art  machen  den  Eindruck,  als  seien  sie 
rein  zufällig  entstanden,  und  betreffen  auch 
keine  Typen,  an  die  sich  besondere  Probleme 
knüpfen.  Überhaupt  reicht  Holtrops  Werk  für 
das  detaillierte  Studium  der  Unterschiede  der 
fast  gleichartigen  Typen  nicht  aus.  Gerade 
unter  den  niederländischen  Drucken  gibt  es 
drei  bis  vier  Gruppen,  in  denen  Typen  von  fast 
gleicher  Beschaffenheit  in  den  Händen  von 
einer  Anzahl  verschiedener  Drucker  Vorkommen. 
—  Bei  der  Gelegenheit  möchte  ich  gleich  be¬ 
merken,  daß  ich  mit  Enschede  nicht  überein¬ 
stimmen  könnte,  wenn  er  in  seinem  neuesten 
Werke,  in  das  ich  bis  jetzt  nur  einen  flüchtigen 
Blick  zu  werfen  vermochte,  etwa  wirklich,  wie 
es  mir  schien,  den  Beweis  versuchen  sollte,  eine 
der  verbreitetsten  Gruppen  der  Art  gemein¬ 
sam  auf  den  Hendrik  Lettersnider  zurück¬ 
zuführen.  Der  Umstand,  daß  ein  paar  Drucker 
sich  als  Typengießer  bezeichnen,  hat  mehr  als 
einen  Forscher,  z.  B.  auch  Claudin  in  bezug 
auf  Nie.  Wolf  in  Lyon,  zu  ganz  falschen  Auf¬ 
fassungen  geführt.  Die  Versorgung  fremder 
Druckereien  mit  fertigem  Typenmaterial  ist  bis 
zum  Ausgang  des  XV.  Jahrhunderts  eine  durch¬ 
aus  ungewöhnliche  Erscheinung.  Wer  jemals 
Gelegenheit  gehabt  hat,  Verträge  zwischen 
Druckern  und  Auftraggebern  aus  dem  XV.  Jahr¬ 
hundert  zu  studieren,  der  wird  finden,  daß  jede 
Druckerei  einen  Typengießer  als  unentbehr¬ 
lichen  Bestandteil  ihrer  Mannschaft  aufwies, 
schon  deshalb,  weil  die  Typen  der  ältesten 
Druckzeit  offenbar  aus  ziemlich  weichem  Metall 
hergestellt  wurden,  sich  rasch  abnutzten,  und 
deshalb  sehr  oft  erneuert  werden  mußten. 

Aber  kehren  wir  zu  Holtrop  zurück.  Die 
eben  angedeuteten  Probleme  hat  Holtrop,  trotz 
der  Freundschaft  mit  Bradshaw,  der  sie  ja  mit 


besonderer  Schärfe  formuliert  hatte,  nicht  zu 
lösen  versucht.  Er  gibt  nur  ZEtVproben  —  im 
Gegensatz  zu  Typenalphabeten  —  wieder,  und 
zwar  in  recht  verschiedener  Reichhaltigkeit,  je 
nachdem  ihn  die  Vorlagen  interessierten.  Be¬ 
sonderes  Augenmerk  widmete  er  dagegen  dem 
Buchschmuck.  Von  den  Initialen  reproduziert 
er,  wo  immer  möglich,  die  ganzen  Serien,  und 
seine  Sammlung  von  Druckermarken  und  Titel¬ 
holzschnitten  ist  relativ  entschieden  reicher  aus¬ 
gestattet,  als  die  Typenproben. 

Was  uns  heute  besonders  die  inneren  Vor¬ 
züge  von  Holtrops  Werk  zu  verschleiern  ge¬ 
eignet  ist,  das  ist  die  Reproduktionstechnik. 
Holtrops  Monuments  sind  auf  lithographischem 
Wege  hergestellt,  aber  natürlich  nicht  auf 
photomechanischem  Wege,  sondern  durch 
Pausen  auf  den  druckenden  Stein.  Für  den 
damaligen  Stand  der  lithographischen  Technik 
mag  das  Werk  vielleicht  eine  hervorragende 
Leistung  bedeutet  haben.  Heute  sind  wir 
durch  die  photomechanischen  Verfahren  so 
verwöhnt,  daß  uns  die  unsichere  Linienführung 
der  Holtropschen  Lithographien  an  allen  Enden 
stört,  und  es  läßt  sich  gar  nicht  leugnen,  daß 
die  Feinheiten,  die  gelegentlich  zu  Hilfe  ge¬ 
nommen  werden  müssen,  um  zwei  anscheinend 
identische  Typen  doch  noch  als  Original  und 
Nachschnitt  zu  unterscheiden,  mit  einem  Re¬ 
produktionsmaterial  wie  das  von  Holtrop  nicht 
zu  erkennen  sind.  Es  wäre  aber  ungerecht, 
daraus  einen  Vorwurf  gegen  Holtrop  zu  kon¬ 
struieren.  Die  Schuld  trägt  ausschließlich  der 
Stand  der  Technik,  und  ich  nehme  keinen  An¬ 
stand  zu  behaupten,  daß  Holtrops  Monuments 
als  Gesamtleistung  das  Beste  sind,  was  wir  bis 
zum  Ausgang  des  XIX.  Jahrhunderts  auf  diesem 
Gebiete  besessen  haben. 

Holtrops  Beispiel,  das  Studium  der  In¬ 
kunabeltypen  auf  geographische  resp.  politische 
Gruppen  zu  beschränken,  hat  nun  in  einem 
ganz  anderen  Umfange  Schule  gemacht,  als  die 
universelleren  Anläufe  von  Steigenberger  und 
Braun.  Es  ist  nicht  meine  Absicht,  Sie  durch 
Aufzählung  aller  der  Monographien  zu  ermüden, 
die  die  Druckergeschichte  einer  Stadt,  oft  auch 
nur  einer  einzelnen  Offizin  mit  Hilfe  der  Re¬ 
produktion  von  Typenproben  —  allerdings  fast 
ausschließlich  in  der  Form  von  Textproben  — 
zu  fördern  gesucht  haben.  Auch  diejenigen 
allgemeineren  Werke,  die  wie  Sothebys  Typo- 


140 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


graphy  of  the  fifteenth  Century  (London  1845) 
oder  Bodemanns  Xylographische  und  typogra¬ 
phische  Inkunabeln  der  Königlichen  öffentlichen 
Bibliothek  zu  Hannover,  1 866,  oder  selbst  Lipp- 
manns  Druckschriften  des  XV. — XVIII.  Jahr¬ 
hunderts,  Berlin  1884 — 87,  nur  mehr  oder  we¬ 
niger  von  dem  zufälligen  Bestände  einer 
einzelnen  Sammlung  ausgehen,  oder  von  be¬ 
stimmten  nicht  unmittelbar  von  der  Erforschung 
der  Wiegendrucke  entnommenen  Gesichts¬ 
punkten  aus  zusammengestellt  sind,  will  ich 
übergehen,  obwohl  ich  anerkenne,  daß  ihre 
Faksimilia  für  die  Fortschritte  der  Reproduk¬ 
tionstechnik  vielfach  interessant  und  dem  In¬ 
kunabelforscher  in  einzelnen  Fällen  auch  heute 
noch  von  Nutzen  sind.  Aber  ich  möchte  mich 
jetzt  darauf  beschränken,  Ihnen  nur  diejenigen 
allgemeinen  Werke  vorzuführen,  die  die  Er¬ 
forschung  der  Typen  der  ältesten  Drucker  nach 
bestimmten  wissenschaftlichen  Gesichtspunkten 
zu  fördern  unternommen  haben. 

Als  erster  nach  Holtrop  erschien  im  Jahre 
1890  Thierry-Poux  auf  dem  Plane  mit  seinen 
„Premiers  monuments  de  l’imprimerie  en  France 
au  XV.  siede“.  Es  ist  das  erste  Werk  zur 
Typenkunde,  das  sich  die  Fortschritte  der 
Photographie  zunutze  gemacht  hat,  und  seine 
vorzüglichen  Aufnahmen  sind  noch  heute  — 
besonders  da  Claudins  großes  Werk  noch 
immer  keinen  Vollender  gefunden  hat  —  für 
den  Inkunabelforscher  von  höchstem  Werte. 
Aber  auf  40  Tafeln,  auch  wenn  sie  280  ein¬ 
zelne  Faksimilia  enthalten,  war  natürlich  die 
Fülle  des  Stoffes  nicht  zu  erschöpfen.  Für 
die  provinzialen  Pressen,  die  ja  selten  über  ein 
reichhaltiges  Typenmaterial  verfügten,  ist 
Thierry-Poux  noch  heute  fast  ausreichend.  Wer 
sich  aber  darauf  verlassen  wollte,  mit  seiner 
Hilfe  Drucke  von  Paris  und  Lyon,  oder  auch 
nur  von  Rouen  auf  ihren  Ursprung  zu  be¬ 
stimmen,  der  würde  sich  den  größten  Irre¬ 
führungen  aussetzen.  Eine  Vollständigkeit,  wie 
Ploltrop  sie  anstrebte,  hat  allerdings  Thierry- 
Poux  wohl  nicht  beabsichtigt;  anderseits  ist  er 
aber  auch  dabei  nicht  stehen  geblieben,  nur 
die  premiers  monuments  jeder  Presse  zu  geben; 
er  bietet  so  viel,  daß  man  unwillkürlich  auf  die 
Forderung  der  Vollständigkeit  gedrängt  wird; 
sie  zu  erreichen  hat  er  aber  doch  niemals 
einen  ernstlichen  Anlauf  genommen. 

In  weit  glücklicherer  Lage  befand  sich  da 


sein  englischer  Nachfolger  Gordon  Duff.  Die 
Druckertätigkeit  Englands  im  XV.  Jahrhundert 
war  eine  so  beschränkte,  über  die  Hauptpunkte 
fand  er  das  Feld  so  gut  vorbereitet,  daß  er 
mit  den  65  Abbildungen  seines  Buchs:  „Early 
English  printing,  London  1896“,  nicht  nur  sämt¬ 
liche  Typen  englischer  Wiegendrucke  —  mit 
Unterscheidung  der  unbedeutenderen  Varietäten 
—  durch  Reproduktion  ganzer  Textseiten  ver¬ 
anschaulichen,  sondern  sogar  noch  einige  be¬ 
sonders  nahe  verwandte  ausländische  Typen 
zum  V ergleich  heranziehen  konnte.  Aber  wäh¬ 
rend  Thierry-Poux  noch  reichlich  Titelblättern 
und  dergleichen  auf  seinen  Tafeln  Platz  ge¬ 
gönnt  hatte,  hat  Duff  sich  schon  ganz  auf  die 
Druckermarken  beschränkt.  Auch  seine  Ab¬ 
bildungen  sind,  wie  die  von  Thierry-Poux,  photo¬ 
graphisch  hergestellt. 

Dem  Erscheinungsjahr  nach  müßte  ich  hier 
Claudins  Monumentalwerk  einreihen;  im  Ernste 
ist  aber  meine  „Tipografia  Iberica“  nicht  nur 
früher  abgeschlossen,  sondern  auch  früher  be¬ 
gonnen  worden.  Meine  Tipografia  steht  in 
reproduktionstechnischer  Beziehung  entschieden 
hinter  den  meisten  Werken  dieser  Gattung 
zurück.  Wenn  das  im  Vorworte  nicht  deut¬ 
licher  ausgesprochen  ist,  so  geschah  dies  dem 
Pierausgeber,  Herrn  Boele  van  Plensbroek,  dem 
Schwiegersöhne  und  Kompagnon  von  Martinus 
Nijhoff  zuliebe,  der  selbst  nach  Spanien  ge¬ 
fahren  war,  um  dort  die  von  mir  bezeichneten 
Aufnahmen  zu  machen.  Ich  muß  gestehen, 
daß  es  in  meiner  Laufbahn  als  Inkunabel¬ 
forscher  ein  schwarzer  Tag  gewesen  ist,  als 
Herr  Boele  nach  Dresden  kam,  und  mir  nicht 
etwa  seine  photographischen  Aufnahmen,  son¬ 
dern  —  die  Abzüge  der  fertigen  Klischees 
vorlegte.  Da  es  aber  natürlich  ein  Ding  der 
Unmöglichkeit  war,  die  vielfach  unter  den  un¬ 
günstigsten  Bedingungen  auszuführenden  Auf¬ 
nahmen  zu  wiederholen,  und  da  durchaus  keine 
Gewähr  dafür  vorhanden  war,  daß  mit  den 
großen  finanziellen  Opfern  tatsächlich  Besseres 
erreicht  werden  würde,  so  hieß  es  eben,  sich 
bescheiden.  Doppelt  hart  war  es  aber  unter 
diesen  Umständen,  daß  die  Firma  Martinus 
Nijhoff  sich  auch  dazu  nicht  bewegen  ließ,  die 
Tafeln  etwas  mehr  unter  Berücksichtigung 
ästhetischer  Gesichtspunkte  zu  arrangieren, 
sondern  auf  der  Überfüllung  der  einzelnen 
Blätter  mit  bis  zu  fünf  Klischees  bestand.  Aber, 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


wenn  der  Autor  die  Ausstattung  seines 
Werkes  nicht  aus  eigenen  Mitteln  bezahlen 
kann  —  und  in  der  glücklichen  Lage  bin  ich 
leider  noch  nie  gewesen  —  so  ist  er  eben  dem 
Verleger  auf  Gnade  und  Ungnade  überliefert. 

Da  war  freilich  Mr.  Claudin  in  einer  wesent¬ 
lich  günstigeren  Lage.  Die  „Histoire  generale 
de  l’imprimerie  en  France“  war  nämlich  zunächst 
weit  weniger  als  große  wissenschaftliche  Leistung 
geplant,  sondern  sie  sollte  in  erster  Linie  Zeug¬ 
nis  ablegen  für  die  Leistungsfähigkeit  der  Im- 
primerie  Nationale  auf  dem  Gebiete  der  mo¬ 
dernen  Reproduktionstechnik.  Und  das  hat  sie 
getan.  Die  farbigen  Tafeln  des  Claudinschen 
Werkes  erscheinen  wenigstens  für  meinen  von 
intimster  Sachkenntnis  ungetrübten  Blick  als 
etwas,  was  ich  in  gleicher  Vollkommenheit 
jedenfalls  in  keinem  Werke  gefunden  habe,  das 
wissenschaftlichen  Zwecken  dienen  will.  Leider 
war  Mr.  Claudin  bei  aller  Begeisterung  und 
Hingabe  für  das  Werk  in  Bezug  auf  Typen¬ 
kunde  der  Aufgabe  nicht  voll  gewachsen,  die 
er  sich  stellte.  Wie  er  einst  Mr.  Harrisse 
aufs  Eis  gelockt  hat  mit  dem  Aufsatz  über 
die  „Quelques  alphabets  d’imprimeurs  bälois  et 
leurs  derives  en  France“,  so  hat  er  auch  selbst 
niemals  den  scharfen  Blick  erlangt,  um  in 
mehreren  anscheinend  gleichartigen  Typen  die 
unterscheidenden  Punkte  zu  erfassen.  Ich  be- 
daure,  behaupten  zu  müssen,  daß  einzelne 
seiner  Klischees  durch  Retuschierung  an  ihrer 
Authentizität  Einbuße  erlitten  haben,  und  daß 
seine  Alphabete  keineswegs  alle  auf  unbedingte 
Zuverlässigkeit  Anspruch  erheben  können.  Aber 
was  in  den  drei  erschienenen  Bänden  —  auch 
der  vierte  ist  zum  größten  Teile  noch  vom 
Autor  selbst  im  Satz  durchkorrigiert  hinter¬ 
lassen  worden  —  an  wissenschaftlicher  Arbeit 
steckt,  ist  denn  doch  etwas  ganz  Hervorragen¬ 
des.  Allerdings  ist  Claudin  zu  spät  sich  darüber 
klar  geworden,  daß  es  seine  Pflicht  gewesen 
wäre,  sich  mit  Proctors  Index  auseinanderzu¬ 
setzen.  In  den  beiden  Paris  betreffenden  Bänden 
fehlt  manche  von  Proctor  nachgewiesene  Type, 
werden  manche  Ergebnisse  von  Proctors 
Forschungen  nicht  verwertet.  Im  dritten  Bande 
zahlt  Claudin  die  Schuld  einigermaßen  heim, 
indem  er  in  bezug  auf  die  ältesten  Lyoner 
Drucke  Proctor  unzweifelhaft  ins  Unrecht  setzt. 
Der  Hauptwert  von  Claudins  Werk  liegt  aber 
überhaupt  nicht  in  den  wissenschaftlichen  Er¬ 


141 


gebnissen,  sondern  in  der  Methode,  in  der  er 
das  Typenstudium  behandelt  hat.  Zum  ersten 
Male  wird  in  großem  Umfange  der  Grundsatz 
durchgeführt,  daß  zu  jeder  Gruppe  von  Repro¬ 
duktionen  ein  Alphabet  der  Type  gehört,  in 
der  die  Druckwerke  hergestellt  sind.  Indem 
dies  Alphabet  einem  bestimmten  Drucke  ent¬ 
nommen  wurde,  ergaben  sich  aus  der  Ver¬ 
gleichung  alle  die  Wandlungen,  die  die  Type 
durchgemacht  hat.  Claudin  hat  öfter  mehrere 
Alphabete  zeichnen  lassen,  die  sich  nachträg¬ 
lich  nur  als  Phasen  ein  und  derselben  Type 
herausgestellt  haben.  Und  da  er  in  der  glück¬ 
lichen  Lage  war,  Faksimilia  geben  zu  können, 
so  viel  er  nur  wollte,  hat  er  der  Forschung 
selbst  da,  wo  er  einmal  irrte,  meistens  selbst 
das  Korrektiv  für  seine  Fehler  an  die  Pland 
gegeben.  Jedenfalls  ist  Claudins  Werk  unbe¬ 
dingt  monumental,  und  es  ist  nur  zu  beklagen, 
daß  es  wohl  niemals  dazu  kommen  wird,  daß 
auch  andere  Gebiete  des  Frühdruckes  in  so 
glänzender  Weise  durch  zahllose  Reproduk¬ 
tionen  vor  unseren  Augen  neu  erstehen  können. 

Neben  diesen  landschaftlich  begrenzten 
Illustrationswerken  zur  Typenkunde  der  Wiegen¬ 
drucke  gingen  seit  1892  eine  Reihe  von  anderen 
her,  die  einen  allgemeineren  Charakter  trugen. 
Wenn  die  Imprimerie  Nationale  sich  bei  Ge¬ 
legenheit  der  Pariser  Weltausstellung  von  1900 
veranlaßt  fühlte,  mit  einem  Werke  wie  das 
von  Claudin  vor  die  Öffentlichkeit  zu  treten, 
so  war  dabei  wohl  ohne  Zweifel  die  Rivalität 
gegen  die  deutsche  Reichsdruckerei  nicht  un¬ 
beteiligt,  die  eben  seit  1892  die  „Monumenta 
Germaniae  et  Italiae  typographica“  herausgab, 
deren  Auswahl  in  den  Händen  von  Konrad 
Burger  lag  —  und  noch  immer  liegt.  An  sich 
verdient  diese  Publikation  die  unbedingteste 
Anerkennung.  Auf  die  Auswahl  der  wieder¬ 
zugebenden  Proben  ist  die  größte  Sorgfalt  ver¬ 
wendet  worden,  und  die  Leistungen  der  Reichs¬ 
druckerei  in  der  Technik  der  Strichätzung  sind 
in  hohem  Grade  anerkennenswert.  Die  Monu¬ 
menta  sind  nur  dadurch  ein  wenig  in  Mißkredit 
gelangt,  daß  der  Herausgeber  sich  gewaltig  in 
der  Berechnung  der  zu  bewältigenden  Aufgabe 
verrechnet  hat  und  darüber  bis  jetzt  nicht  hat 
dazu  gelangen  können,  die  Veröffentlichung  zu 
einem  Abschluß  zu  bringen.  Der  Gedanke,  auf 
300  Tafeln  sämtliche  Druckertypen  Deutsch¬ 
lands  und  Italiens  zu  veranschaulichen,  war 


142 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


allerdings  unausführbar;  mehr  und  mehr  hat 
sich  der  Herausgeber  auf  Deutschland  allein 
zurückziehen  müssen.  Auch  da  kann  er  natür¬ 
lich  mit  300  Tafeln  nicht  vollständig  sein;  er 
würde  aber  sich  und  der  Forschung  am  besten 
dienen,  wenn  er  wenigstens  die  noch  ausstehen¬ 
den  100  Blatt  so  rasch  und  so  schön  wie 
möglich  herausbrächte. 

Als  Proctor  seine  Typenforschungen  in  Eng¬ 
land  begann,  entstanden  fast  gleichzeitig  zwei 
neue  Unternehmungen,  die  sich  die  Reproduk¬ 
tion  von  Typenproben  der  Wiegendrucke  zur 
Aufgabe  stellten.  Proctor  selbst  gründete  die 
Type  Facsimile  Society ,  die  alljährlich  einen 
Band  von  ca.  50  Reproduktionen  nach  Inku¬ 
nabeldrucken  an  ihre  Mitglieder  verteilt  hat. 
Sie  sind  in  „collotype“  hergestellt,  einem  mir 
nicht  näher  bekannten  photomechanischem  Ver¬ 
fahren.  Daneben  hat  der  glückliche  Besitzer 
einer  der  größten  und  interessantesten  Samm¬ 
lungen  von  Wiegendrucken,  Mr.  George  Dünn 
auf  Woolley  House  bei  London,  nach  Inkuna¬ 
beln,  die  sich  in  seinem  Besitze  befinden,  eine 
Sammlung  von  nicht  weniger  als  500  Repro¬ 
duktionen  in  photographischer  Wiedergabe  in 
kleiner  Auflage  in  den  Handel  gelangen  lassen. 
Beide  Unternehmungen  sind  insofern  neuer¬ 
dings  verschmolzen,  als  Mr.  Dünn  es  über¬ 
nommen  hat,  die  letzten  Hefte  der  Type  Fac¬ 
simile  Society,  die  sich  aufzulösen  beschlossen 
hat,  zu  redigieren. 

Während  die  Type  Facsimile  Society  haupt¬ 
sächlich  seltene,  vielfach  sogar  nach  ihrem  Ur¬ 
sprung  nicht  bestimmbare  Typen  veranschau¬ 
lichte,  haben  die  Woolley  Photographs  mehr 
darin  ihre  Aufgabe  gesucht,  möglichst  zahlreiche 
Proben  aller  Typen  der  bekannten  Drucker  zu 
geben.  Beide  Unternehmungen  aber,  ebenso 
wie  die  Monumenta  von  Burger,  haben  durch¬ 
gängig  nur  einzelne  Textseiten,  und  zwar  meist 
reine  Textseiten,  ohne  illustratives  Beiwerk  zur 
Anschauung  gebracht. 

Den  allerneuesten  Versuch  von  wissen¬ 
schaftlichen  Typenproben  des  XV.  Jahrhunderts 
hat  der  im  Eingang  erwähnte  „Catalogue  of 
early  printed  books  in  the  British  Museum“ 
unternommen.  Konrad  Burger  hat  im  ersten 
Hefte  der  Monumenta  typographica  ein  von 
ihm  entdecktes  Blatt  des  Erhard  Ratdolt  aus 
seiner  Augsburger  Tätigkeit  wiedergegeben,  auf 
welchem  dieser  Drucker  Proben  von  allen  den 


Schriftarten  zusammengestellt  hat,  die  sich  in 
seinem  Besitz  befanden,  und  die  er  damit  seiner 
Kundschaft  zur  Verfügung  stellte.  Mit  diesem 
Blatt  lassen  sich  am  besten  die  Illustrationen 
vergleichen,  welche  die  1  lerausgeber  des  British 
Museum  Catalogue  ihrem  Werke  beigegeben 
haben.  Sie  reproduzieren  eine  Probe  von  jeder 
Type  der  Wiegendrucker,  die  in  den  Beständen 
des  British  Museum  vertreten  ist,  aber  diese 
Proben  sind  allerdings  von  so  bescheidenem 
Umfange,  daß  ihrer  zehn  bis  zwölf  auf  einer 
Polioseite  Platz  haben.  Auch  diese  Tafeln  sind 
mit  großer  Sorgfalt  und  wissenschaftlicher  Ge¬ 
wissenhaftigkeit  zusammengestellt.  So  weit  es 
irgend  möglich  war,  haben  die  Herausgeber 
stets  solche  Stellen  zur  Wiedergabe  gewählt, 
in  denen  das  Majuskcl-M,  das  Ordnungsprinzip 
meines  Typenrepertoriums,  vorkommt.  Und  da 
die  Engländer  das  Typenmaß  von  20  Zeilen 
ganz  allgemein  zur  Bezeichnung  der  Typen 
jedes  einzelnen  Druckers  angewendet  haben, 
erhalten  ihre  Tafeln  entschieden  etwas  von 
dem  Charakter  eines  universellen  Typenatlas. 
Allerdings  aber  mit  zwei  Einschränkungen:  auf 
ihren  Tafeln  fehlen  alle  die  Typen,  die  im 
British  Museum  nicht  vertreten  sind.  Was  für 
ein  beträchtlicher  Prozentsatz  aller  bekannten 
Typen  das  schließlich  doch  ist,  darüber  wird 
man  sich  erst  klar,  wenn  man  Proctors  oder 
mein  eigenes  Verzeichnis  z.  B.  der  Grüninger- 
schen  Typen  mit  den  Tafeln  des  British  Mu¬ 
seum  Catalogue  vergleicht.  Und  dann:  diese 
Textproben  von  wenigen  Zeilen  reichen  ja  ge¬ 
wiß  dazu  aus,  festzustellen,  mit  welchen  Typen 
eines  bestimmten  Druckers  man  es  zu  tun  hat, 
wenn  dieser  als  Hersteller  des  Druckwerkes  be¬ 
kannt  ist.  Aber  die  Ermittelung,  wer  einen  Druck 
in  irgend  einer  der  weitverbreiteten  deutschen, 
italienischen,  französischen  oder  niederländischen 
Schriftarten  hergestellt  haben  könnte,  ist  mit 
dem  Illustrationsmaterial  des  englischen  Kata- 
loges  ein  Ding  absolutester  Unmöglichkeit.  Was 
die  Engländer  entschuldigt,  ist  eben  nur,  daß 
etwas  der  Art  auch  gar  nicht  in  ihrer  Absicht 
gelegen  hat.  Und  wenn  man  die  Tafeln  des 
endgültigen  Kataloges  vergleicht  mit  dem,  was 
Rob.  Proctor  dem  ersten  Bande  seines  Kata¬ 
loges  der  Drucke  von  1501  — 1520  als  orien¬ 
tierendes  Hilfsmittel  für  die  Erkennung  der 
Typen  beigegeben  hatte,  wird  man  noch  zu 
einem  besonders  wohlwollenden  Urteil  gelangen; 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


143 


denn  diese  Tafeln,  bei  denen  ein  klares  metho¬ 
disches  Prinzip  beim  besten  Willen  nicht  heraus¬ 
zuerkennen  ist,  boten  allerdings  noch  viel 
weniger  eine  Handhabe  für  die  intensive  Art 
der  Forschung,  die  Proctors  System  der  Typen¬ 
vergleichung  im  allgemeinen  doch  unbedingt 
erforderte. 

In  den  letzten  Jahren  des  XIX.  Jahrhunderts 
hatte  ich,  durch  Proctors  Index  veranlaßt,  das 
System  des  Typenstudiums,  das  ich  mir  zu¬ 
nächst  für  die  spanischen  Drucker  zurecht¬ 
gemacht  hatte,  zu  dem  Typenrepertorium  der 
Wiegendrucke  ausgestaltet.  Eigentlich  schwebte 
mir  dabei  die  Absicht  vor,  die  Notwendigkeit 
der  Faksimilia  überhaupt  zu  beseitigen,  und  ich 
glaube  allerdings  auch  heute  noch,  daß  man 
sich  unter  den  ca.  60  Repräsentanten  nur  aus 
dem  XV.  Jahrhundert  der  oberrheinischen  Type, 
die  Joh.  Wegener  monographisch  behandelt 
hat,  bei  weitem  rascher  mit  Hilfe  des  Typen¬ 
repertoriums  zurecht  finden  wird,  als  mit  eben- 
sovielen  Reproduktionen.  Meine  Mitforscher 
aber  waren  davon  nicht  zu  überzeugen,  und 
wenn  ich  es  auch  selbst  zunächst  abgelehnt 
habe,  eine  Gesellschaft  für  Typenkunde  des 
XV.  Jahrhunderts  ins  Leben  zu  rufen,  so  habe 
ich  ihr  doch,  seit  sie  zur  Tatsache  geworden 
ist,  die  wärmsten  Sympathien  entgegengebracht, 
nicht  deshalb,  weil  sie  sich  als  letztes  Ziel  ge¬ 
steckt  hatte,  einen  vollständigen  Atlas  zu  den 
Tausenden  von  Schriftarten  zu  bringen,  die 
mein  Typenrepertorium  nachweist,  sondern 
deshalb,  weil  ich  anerkenne,  daß  mit  ihr  und 
durch  sie  auf  dem  Wege  der  Erforschung  des 
Frühdrucks  über  meine  eigenen  Arbeiten 
hinaus  eine  Förderung  der  Wissenschaft  zu 
erreichen  ist. 

Die  Gesellschaft  für  Typenkunde  ist  von 
der  Überzeugung  ausgegangen,  daß  die  Repro¬ 
duktion  einer  einzelnen  Seite  eines  Wiegen¬ 
druckes  unmöglich  genügen  kann,  ein  vollstän¬ 
diges  Bild  der  darin  zur  Verwendung  gelangten 
Drucktypen  zu  vermitteln,  auch  dann  nicht, 
wenn  mit  peinlicher  Sorgfalt  darauf  Bedacht 
genommen  wird,  daß  eine  möglichst  große  An¬ 
zahl  von  charakteristischen  Elementen  in  das 
Faksimile  aufgenommen  wird.  Um  in  den 
großen  Gruppen  völlig  gleichartiger  Schrift¬ 
formen  eines  gemeinsamen,  scharf  ausgeprägten 
Typus  noch  unterscheidende  Merkmale  heraus¬ 
zufinden,  muß  man  das  ganze  Letternalphabet 


jedes  einzelnen  Druckers  vor  Augen  haben, 
und  zwar  nicht  nur  das  Alphabet  der  Majuskeln 
und  Minuskeln,  sondern  auch  die  Ligaturen, 
Akzentbuchstaben  und  Spezialzeichen,  mit  einem 
Worte  den  ganzen  Lettern  Vorrat,  über  den  der 
Drucker  bei  der  Herstellung  seiner  Erzeugnisse 
verfügt  hat.  Die  Gesellschaft  erkannte  es  des¬ 
halb  als  eine  Verpflichtung  an,  von  jeder  Type, 
die  sie  veranschaulicht,  ein  Alphabet  zusammen¬ 
stellen  und  kopieren  zu  lassen.  Diese  Aufgabe 
ist  nicht  ganz  einfach.  Um  die  Verwendungs¬ 
möglichkeiten  einer  Inkunabeltype  zu  er¬ 
schöpfen,  wird  in  den  meisten  Fällen  ein  ein¬ 
zelner  Druck  nicht  ausreichen.  Die  Type 
bedarf  verschiedener  Zeichen,  wenn  sie  für 
einen  lateinischen  Text  oder  für  einen  Text  in 
den  Vulgärsprachen  verwendet  wird;  die  Ak- 
zessoria  der  Type  werden  große  Verschieden¬ 
heiten  aufweisen,  wenn  sie  in  einem  juristischen 
oder  wenn  sie  in  einem  liturgischen  Werke 
Verwendung  findet.  Aus  diesem  Grunde  sieht 
die  Gesellschaft  in  den  Claudinschen  Alpha¬ 
beten,  die  immer  nur  auf  einem  Einzeldruck 
beruhen,  noch  nicht  das  Ideal  der  Wiedergabe 
des  Alphabetes  einer  Inkunabeltype.  Viel¬ 
mehr  sucht  sie,  wenn  auch  nicht  immer  gleich 
im  ersten  Anlaufe,  jede  Type  durch  möglichst 
alle  ihr  zugänglichen  Drucke  zu  verfolgen, 
auch  deshalb,  um  die  Wandlungen,  die  sich 
etwa  im  Laufe  der  Zeit  in  einer  Type  nach- 
weisen  lassen,  nicht  nur  aufzuspüren,  sondern 
auch  festzulegen  und  zu  veranschaulichen. 
Ebenso  wie  die  Lettern,  sucht  sie  das  übrige 
Druckmaterial  jedes  Typographen  zusammen¬ 
zustellen  und  zur  Darstellung  zu  bringen,  vor 
allem  die  Zierbuchstaben,  Zierleisten,  Drucker¬ 
marken,  Titelbilder.  Es  würde  allerdings  zu 
weit  gehen,  wollte  man  auch  in  der  Wieder¬ 
gabe  der  illustrativen  Holzschnitte  Vollständig¬ 
keit  anstreben;  aber  Proben,  und  zwar  da,  wo 
verschiedene  Holzschneider  am  Werke  gewesen 
sind,  Proben  von  der  Eigenart  eines  jeden  von 
ihnen,  gehören  unbedingt  in  den  Rahmen  dessen 
hinein,  was  die  Gesellschaft  bringen  will. 

Neben  der  Auflösung  des  Druckes  in  seine 
Bestandteile,  der  Wiedergabe  des  Materiales 
jedes  einzelnen  Druckers  soll  aber  auch  der 
Gesamteindruck  der  Type  vorgeführt  werden, 
und  deshalb  bringt  die  Gesellschaft  gerade  so, 
wie  es  alle  ihre  Vorgängerinnen  getan  haben, 
für  jede  Type  auch  eine  oder  nach  Bedarf 


144 


Häbler,  Zur  Typenkunde  des  XV.  Jahrhunderts. 


mehrere  ganze  Seiten.  Denn  die  Verschieden¬ 
heit  beruht  nicht  immer  in  der  Verschieden¬ 
heit  der  Bestandteile,  sondern  vielfach  auch  in 
der  verschiedenen  Art  ihrer  Zusammensetzung. 
Die  Wiedergabe  bloßer  Alphabete,  wie  bei 
Braun  und  Konsorten,  würde  die  Gesellschaft 
genau  so  dem  Vorwurf  der  Einseitigkeit  aus¬ 
setzen,  wie  sie  ihn  wegen  der  Wiedergabe 
bloßer  Textseiten  gegen  die  Monumenta  typo- 
graphica,  die  Woolley  Photographs,  die  Type 
Facsimile  Society  erhebt.  Die  Gesellschaft 
macht  es  sich  jetzt  schon  zur  Regel,  wenn 
irgend  möglich  jedes  Typenalphabet  wenigstens 
auf  zwei  Tafeln  in  Verwendung  zu  zeigen:  ein¬ 
mal  in  einem  lateinischen  und  das  andere  Mal 
in  einem  deutschen  resp.  anderen  vulgärsprach¬ 
lichen  Text. 

Neben  dem  Alphabet  und  dem  Faksimile 
einer  Seite  enthält  aber  jedes  Blatt  auch  noch 
einige  Notizen,  die  seine  Brauchbarkeit  erhöhen 
sollen.  Selbstverständlich  trägt  es  den  Namen 
des  Druckers  und  die  Bezeichnung  der  Type 
mit  der  Ziffer  des  Typenrepertoriums.  Ebenso 
selbstverständlich  die  Angabe,  welcher  Vorlage 
(nach  Druck  und  Seite  desselben)  und  welchem 
Exemplare  dieser  Vorlage  das  Faksimile  ent¬ 
nommen  ist.  Außerdem  aber  ist  in  der  rech¬ 
ten  oberen  Ecke  die  typische  Form  des  M, 
die  dem  Alphabete  eigen  ist,  und  das  Maß  von 
20  Zeilen  angegeben,  d.  h.  die  Bezeichnungen, 
unter  denen  das  Typenrepertorium  die  Schrift¬ 
art  registriert.  Es  geschieht  dies,  damit  der 
Benutzer  die  Blätter  nicht  nur  nach  der  Pro¬ 
venienz,  nach  Druckorten  und  Druckern,  son¬ 
dern  beliebig  sich  auch  nach  stilistischen  Ge¬ 
sichtspunkten  ordnen  kann.  Endlich  wird  am 
Fuße  des  Blattes  mit  einigen  Worten  auf  die 
charakteristischen  Eigentümlichkeiten  der  Type 
hingewiesen,  und  es  werden  besonders  diejenigen 
Punkte  hervorgehoben,  durch  die  sich  die  Type 
von  den  nächstverwandten  Schriftarten  unter¬ 
scheidet.  Jedes  Blatt  stellt  also  auch  eine  ge¬ 
wisse  Summe  von  wissenschaftlicher  Arbeit  dar, 
und  zu  dieser  bekennt  sich  denn  auch  immer 
einer  der  Mitarbeiter  der  Gesellschaft  mit  seinem 
Namen. 

Die  Prinzipien,  wie  ich  sie  Ihnen  hier  ent¬ 
wickelt  habe,  sind  nun  allerdings  nicht  von 
Anfang  an  in  vollem  Umfange  zur  Richtschnur 
genommen  worden,  sondern  sie  haben  sich 
zum  Teil  erst  schärfer  herausgebildet  in  der 


zweijährigen  Tätigkeit,  die  die  Gesellschaft  jetzt 
hinter  sich  hat.  Die  ersten  Hefte  waren  selbst¬ 
verständlich  mehr  oder  weniger  Versuche,  an 
denen  die  Gesellschaft  technisch,  wirtschaftlich 
und  wissenschaftlich  ihre  Kräfte  und  Methoden 
erproben  mußte.  Diese  Arbeit  hat  fast  ganz 
allein  der  erste  Sekretär  der  Gesellschaft,  Dr. 
Isak  Collijn  von  der  Universitätsbibliothek  von 
Upsala,  auf  sich  genommen;  seiner  schier  un¬ 
erschöpflichen  Arbeitskraft,  seiner  begeisterten 
Hingabe  an  die  Sache  und  seiner  außerordent¬ 
lichen  Geschäftsgewandtheit  ist  das  Zustande¬ 
kommen  der  Gesellschaft  auf  durchaus  inter¬ 
nationaler  Basis  in  allererster  Linie  zu  danken. 
Er  hat  auch  im  ersten  Jahre  der  Gesellschaft 
die  Lasten  der  Arbeit  ganz  allein  getragen; 
erst  später  haben  sich  zu  der  Arbeitszentrale 
in  Upsala-Stockholm  weitere  Arbeitsstellen  in 
Kopenhagen  und  in  Berlin,  vorübergehend 
auch  schon  in  Paris  hinzugesellt,  und  es  steht 
zu  hoffen,  daß  sich  nach  Bedarf  noch  weitere 
Arbeitsstätten  werden  bilden  lassen. 

In  den  ersten  Heften  war  ein  fester  Arbeits¬ 
plan  noch  wenig  ausgeprägt,  doch  verdankten 
auch  da  nur  vereinzelte  Blätter  dem  Zufall  ihre 
Aufnahme.  Einesteils  verfolgte  —  und  verfolgt 
noch  heute  —  die  Gesellschaft  den  Zweck, 
solche  Typen  zur  Anschauung  zu  bringen,  die 
erst  nach  dem  Abschluß  meines  Typenreper¬ 
toriums  bekannt  geworden  waren  oder  einem 
bestimmten  Drucker  hatten  zugesprochen  wer¬ 
den  können.  Anderseits  zieht  sich  durch  die 
meisten  der  bisherigen  Hefte  eine  Untersuchung 
hindurch,  die  darauf  gerichtet  ist,  den  Lübecker 
Frühdruck  nach  seinen  Wurzeln,  seinen  Er¬ 
scheinungen  und  seinen  Derivaten  zu  erforschen. 
Jedenfalls  wird  jetzt  schon  keine  Type  —  es 
sei  denn,  daß  es  sich  um  eine  neue  Entdeckung 
handelt  —  aufgenommen,  die  nicht  in  irgend¬ 
einer  logischen  Beziehung  zu  schon  Gebotenem 
oder  gleichzeitig  Erscheinendem  steht.  Wie  in 
meiner  Untersuchung  über  die  Identität  des 
Capotius-Druckers  mit  Martin  Landsberg,  so 
liegt  stets  der  Zusammenstellung  der  Typen 
irgend  ein  wissenschaftliches  Problem  zugrunde. 
Es  braucht  dies  aber  nicht  ein  rein  typen- 
kundliches  zu  sein.  Mit  großer  Genugtuung 
hat  die  Gesellschaft  das  Anerbieten  von  Herrn 
Prof.  Voullieme  angenommen,  das  gesamte 
Material  der  Kölner  Inkunabeldrucker  zu  be¬ 
arbeiten.  Das  letzte  Heft  für  1908  hat  den 


Hennig,  Griechische  und  lateinische  Klassiker  nach  den  Handschriften  photographiert. 


145 


Anfang  dieser  Arbeit  gebracht,  ein  zweites,  für 
1909  bestimmtes  Heft  ist  fast  vollendet.  An 
Stelle  der  typenkundlichen  Gesichtspunkte  sind 
also  hier  historisch-geographische  getreten,  und 
die  Gesellschaft  hat  die  Freude  erlebt,  daß 
dieses  Vorgehen  nicht  nur  allseitige  An¬ 
erkennung  gefunden,  sondern  bereits  zur  Nach¬ 
ahmung  anspornend  gewirkt  hat.  Jedenfalls  ist 
in  dem  Kölner  Hefte  die  wissenschaftliche 
Durcharbeitung  ganz  besonders  gewissenhaft 
gehandhabt  worden,  und  da  wir  in  der  glück¬ 
lichen  Lage  sind,  hier  in  Berlin  in  der  Hilfs¬ 
arbeiterin,  die  das  Zeichnen  der  Typen  über¬ 
nommen  hat,  die  beste  Kraft  unter  den  gegen¬ 
wärtig  für  die  Gesellschaft  tätigen  gewonnen  zu 
haben,  so  ist  das  Heft  auch  nach  dieser  Rich¬ 
tung  hin  besonders  gut  ausgefallen.  Ich  hoffe, 
daß  das  zweite  Kölner  Heft,  das,  wie  gesagt, 
schon  weit  vorgeschritten  ist,  dank  der  peinlich 
sorgfältigen  und  strengen  Überwachung  durch 
Professor  Voullieme  und  dank  der  fortschreiten¬ 
den  Fertigkeit  unserer  Zeichnerin  sich  noch 
wirkungsvoller  gestalten  wird,  als  das  erste. 

Die  Gesellschaft  hat  im  Jahre  1907  zwei 
Hefte  mit  60,  im  Jahre  1908  drei  Hefte  mit 
90  Blatt  an  ihre  Mitglieder  ausgegeben.  Das 
ist  gewiß  eine  beachtenswerte  Leistung,  wenn 
man  in  Betracht  zieht,  daß  der  Mitgliedsbeitrag 
nur  25  Mark  beträgt.  Die  Type  Facsimile 
Society  mit  einem  Beitrag  von  einem  Pfund 
hat  es  niemals  über  50  Blatt  gebracht.  Bei 
dem  Vergleiche  ist  aber  zu  bedenken,  daß  die 
Type  Facsimile  Society  nur  Faksimilia,  keine 


Alphabete  gebracht  hat.  Nun  kosten  uns  ja, 
Gott  sei  Dank,  unsere  Alphabete  nicht  ganz 
so  viel,  wie  Herrn  Claudin,  der  mir  anvertraute, 
daß  er  für  jedes  Alphabet  25  Franks  bezahlen 
müsse.  Immerhin  sind  die  Kosten  des  Zeich¬ 
nens  recht  erheblich,  ganz  davon  abgesehen, 
daß  jedes  Alphabet  doch  auch  ein  Klischee 
von  beträchtlichen  Dimensionen  erfordert.  Die 
finanzielle  Frage  ist  denn  auch  für  die  Gesell¬ 
schaft  für  Typenkunde  eine  noch  nicht  völlig 
gelöste  Schwierigkeit.  In  dem  Prospektus  war 
der  Hoffnung  Ausdruck  gegeben,  daß  die  Ge¬ 
sellschaft  ihren  Mitgliedern  alljährlich  100  Blatt 
für  ihren  Beitrag  werde  liefern  können,  und  es 
bestehen  im  Schoße  der  Gesellschaft  noch 
mancherlei  schöne  Pläne,  wie  die  Veröffent¬ 
lichungen  noch  wissenschaftlich  wertvoller  zu 
machen,  technisch  noch  vorzüglicher  zu  ge¬ 
stalten  sein  möchten.  Aber  zu  alledem  gehört 
Geld  und  wieder  Geld.  Mit  167  Mitgliedern 
kann  die  Gesellschaft  selbst  mit  einem  Ver¬ 
waltungsgenie  wie  Dr.  Collijn  an  der  Spitze 
vorläufig  an  eine  Erhöhung  ihrer  Leistungen 
nicht  denken.  Aber  wir  hoffen,  daß  je  mehr 
das,  was  bisher  geleistet  worden  ist,  bekannt 
und  gewürdigt  wird,  desto  mehr  auch  sich 
Interessenten  und  Freunde  finden  werden,  die 
der  Gesellschaft  durch  ihren  Beitritt  zur  Er¬ 
reichung  ihrer  hochgesteckten  Ziele  helfen 
wollen,  und  wenn  mein  Vortrag  in  dieser  Rich¬ 
tung  auch  einen  kleinen  Erfolg  erzielen  könnte, 
so  würde  ich  mir  das  als  eine  besonders  will¬ 
kommene  Belohnung  anrechnen. 


Griechische  und  lateinische  Klassiker 

nach  den  Handschriften  photographiert. 

Von 

Paul  Hennig  in  Charlottenburg. 


Mit  zwei  Abbildungen. 


odices  graeci  et  latini  photographice 
depicti  duce  Scatone  de  Vries“  (Leiden, 
Verlag  von  A.  W.  Sijthoff)  — ■  so  lautet 
der  schlichte  Titel  eines  großartigen 
Unternehmens,  das,  seit  vielen  Jahren  von  Ge¬ 
lehrten  gewünscht  und  erstrebt,  nicht  an  die  Öffent¬ 
lichkeit  treten  konnte,  bis  1896  ein  opfermutiger 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


Verleger  das  ganze  Risiko  und  eine  gewaltige 
Arbeit  auf  sich  lud.  Heute  liegen  elf  Foliobände 
im  Umfange  von  insgesamt  2598  Blatt  und  fünf 
Supplemente  Lichtdruckreproduktionen  nebst  be¬ 
schreibendem  Text  vor.  Wenn  man  von  Büchern 
im  allgemeinen  schon  sagen  zu  dürfen  glaubt 
„habent  sua  fata  libelli“,  hier  trifft  es  ganz  gewiß 

19 


146 


Hennig,  Griechische  und  lateinische  Klassiker  nach  den  Handschriften  photographiert. 


zu.  Die  Schwierigkeiten,  derartige  Handschriften 
in  möglichster  Vollständigkeit  ausfindig  zu  machen 
und  die  Erlaubnis  zu  erlangen,  sie  photographisch 
aufnehmen  lassen  zu  dürfen,  wie  auch  die  Um¬ 
ständlichkeiten  und  Risiken  der  Aufnahmen  selbst 
an  Ort  und  Stelle  kann  sich  der  Laie  unmöglich 
vorstellen.  Es  ist  selbstredend  ausgeschlossen, 
daß  solche  kostbare  Handschriften  die  Mauern 
der  Bibliotheken,  deren  unschätzbaren  Besitz  sie 
bilden,  verlassen  dürfen.  Die  enormen  Kosten 
einer  Publikation,  wie  die  „Codices  graeci  et  latini“ 
aber  in  Einklang  zu  bringen  mit  einem  Verkaufs¬ 
preise,  der  bei  der  beschränkten  Absatzmöglichkeit 
und  den  dadurch  bedingten  kleinen  Auflagen  die 
Anschaffung  möglichst  erleichtert,  das  gehört  zu 
den  verlegerischen  Kunststücken,  die  nur  selten 
gelingen.  Auch  der  Leidener  Verleger  der  Codices 
graeci  et  latini  wird  vielleicht  noch  ein  Jahrzehnt 
und  mehr  Zeit  brauchen  um  nur  seine  Anlage¬ 
kapitalien  hereinzubringen,  hat  er  doch  den  Laden¬ 
preis  so  niedrig  bemessen,  daß  auf  das  Blatt  im 
Durchschnitt  wenig  mehr  als  eine  Mark  entfällt. 

Inzwischen  ist  kürzlich  soeben  ein  Auszug  aus 
dem  großen  Werke,  54  Tafeln  in  Großfolio  mit  Text 
unter  dem  Titel:  „Album  palaeographicum,  Tabu- 
lae  LIV  selectae  ex  cunctis  iam  editis  tornis  codi- 
cum  graecorum  et  latinorum,  photographice  de- 
pictorum,  duce  Scatone  de  Vries,  bibliothecae 
universitatis  Leidensis  praefecto“  erschienen  (Preis 
24  M.),  welcher  wohl  geeignet  sein  dürfte,  dem 
großen  Werke  den  Weg  zu  weiterer  Verbreitung 
zu  bahnen. 

Der  große  Nutzen,  den  die  Reproduktion  alter 
Handschriften  für  das  wissenschaftliche  Studium 
haben  kann,  wird  seit  langem  anerkannt.  Schon 
im  XVII.  Jahrhundert  sind  verschiedene  derartige 
Nachbildungen  zustande  gekommen,  die  für  jene 
Zeit  sehr  merkwürdig  waren.  Das  Bedeutendste 
davon  wird  angeführt  in  den  „Listes  des  recueils 
de  facsimiles  et  des  reproductions  de  manuscrits 
conserves  ä  la  Bibliotheque  Nationale“,  zusammen¬ 
gestellt  von  Omont  in  der  Revue  des  Biblio- 
theques,  Mai-Juin  1903. 

Diese  Art  der  Nachbildungen  ist  jedoch  jetzt 
als  veraltet  zu  bezeichnen,  seitdem  im  XIX.  Jahr¬ 
hundert  auf  diesem  Gebiet  eine  allgemeine  Um¬ 
wälzung  durch  die  Erfindung  und  Entwickelung 
der  Photographie,  vor  allem  aber  durch  die  aus 
dieser  hervorgegangenen  mechanischen  Verviel¬ 
fältigungsverfahren  entstanden  ist;  man  denke  an 
die  Photolithographie,  die  Photogravüre,  die  Zinko¬ 
graphie  und  Autotypie,  samt  dem  Dreifarbendruck. 
Erst  als  es  ermöglicht  wurde,  auf  rein  mecha¬ 
nischem  Wege  getreue  Abbildungen  direkt  nach 
den  Originalen  herzustellen  und  durch  den  Druck 
zu  vervielfältigen,  konnte  man  Handschriften  so 
wiedergeben,  daß  sie  ein  getreues  Bild  des  Ur¬ 
sprünglichen  ohne  irgendwelche  Irrtümer  oder 
Verstümmelungen  darstellen.  Wie  hoch  die 
Leistungen  auf  diesem  Gebiete  gediehen  sind, 
davon  liefern  die  Farbenlichtdruck-Reproduktionen 


im  Breviarium  Grimani,  das  demnächst  mit  Lie¬ 
ferung  12  vollständig  vorliegen  wird,  den  ekla¬ 
tantesten  Beweis. 

Friedrich  Wilhelm  Ritschl,  der  in  so  mancher 
Hinsicht  seiner  Zeit  weit  voraus  war,  hat  schon 
vor  70  Jahren  daraufhingewiesen,  welchen  großen 
Nutzen  zuverlässige  Reproduktionen  haben  können 
und  welche  Handschriften  in  erster  Linie  dadurch 
zu  allgemeiner  Kenntnis  gebracht  werden  sollten. 
Auf  der  Philologenversammlung  zu  Gotha  am 
30.  September  1840  machte  er  Mitteilung  von 
seinen  Plänen  für  einen  „codex  palaeographicus“ 
und  für  die  vollständige  lithographische  Faksitni- 
lierung  ganzer  Codices.  Infolge  Zusammentreffens 
ungünstiger  Umstände  aber  ist  aus  diesen  Projekten 
nichts  geworden.  Nur  ab  und  zu  gab  in  den 
folgenden  Jahren  eine  große  Bibliothek  ein  Bei¬ 
spiel,  indem  sie  eine  oder  mehrere  ihrer  Kostbar¬ 
keiten  durch  Reproduktion  zugänglich  machte, 
aber  für  die  meisten  öffentlichen  Bibliotheken  und 
vor  allen  Dingen  für  Privatgelehrte  war  es  fast 
unmöglich,  auch  nur  das  Wichtigste  anzuschaffen. 

Selbst  die  energischen  Bemühungen  des  Dr. 
O.  Hartwig  in  Halle,  eine  internationale  Gesell¬ 
schaft  für  Herausgabe  der  wichtigsten  Codices  zu 
begründen,  hatten  nur  geringen,  bei  weitem  für 
die  Verwirklichung  unter  Deckung  der  Selbstkosten 
unzureichenden  Erfolg.  Auch  ein  Rundschreiben 
des  Dr.  du  Rieu  in  Leiden  hatte  wohl  zahlreiche 
rühmende  Anerkennungen  von  Gelehrten  aus  aller 
Welt,  aber  nur  sehr  ungenügende  Anmeldungen 
für  Mitgliedschaft  zur  Folge.  Erst  das  Angebot 
des  bekannten  Leidener  Verlegers  A.  W.  Sijthoff, 
ganz  auf  eigenes  Risiko  photographische  Verviel¬ 
fältigungen  einer  Serie  von  zwölf  der  berühm¬ 
testen  klassischen  griechischen  und  lateinischen 
Handschriften  nach  Angabe  von  Dr.  du  Rieu  zu 
publizieren  und  zwar  ohne  den  Abnehmern  eine 
Verpflichtung  zum  Abonnement  aufzuerlegen,  führte 
zur  Verwirklichung  der  so  lange  angestrebten 
Ziele.  Dr.  du  Rieu  sollte  die  wissenschaftliche 
Leitung  übernehmen  und  jedes  Jahr  ungefähr  ein 
Band  erscheinen.  Die  Herausgabe  sollte  sofort 
und  energisch  in  Angriff  genommen  werden. 

Solche  hochherzigen  Vorschläge  und  Aner¬ 
bietungen  konnten  wohl  Annahme  finden.  Dr.  du 
Rieu  ging  ungesäumt  energisch  an  die  Vorberei¬ 
tungen. 

Den  Plan,  den  ältesten  Terentius  und  den 
besten  Virgilius  aus  dem  Vatikan,  beide  Uncial- 
Handschriften,  in  die  erste  Serie  aufzunehmen, 
konnte  man  fallen  lassen,  da  bekannt  wurde,  daß 
diese  vorzüglichen  vatikanischen  Codices  auf 
Kosten  des  Papstes  vervielfältigt  werden  sollten. 

Man  wählte  den  Virgilius  Mediceus  aus  dem 
V.  Jahrhundert  und  den  Berner  Horalius  aus  dem 
IX.,  die  Pariser  Anthologia  Latina  aus  dem  \  II. 
oder  VIII.,  den  Salmasianus,  den  Livius  derselben 
Bibliothek  aus  dem  V.  und  VI.  Jahrhundert  und  den 
einzigen  Tacitus  der  Laurentiana  aus  dem  IX. 
Jahrhundert.  Die  Schrift  aller  dieser  Codices  ist 


Hennig,  Griechische  und  lateinische  Klassiker  nach  den  Handschriften  photographiert. 


147 


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Aus  dem  illustrierten  lateinischen  Aesop  in  der  Handschrift  des  Ademar,  Codex  Vossianus.  Reprod.  Sijthoff,  Leiden. 


148 


Hennig,  Griechische  und  lateinische  Klassiker  nach  den  Handschriften  photographiert. 


durch  Faksimilia  bekannt,  sie  sind  auch  von  den 
tüchtigsten  Herausgebern  als  die  ehrwürdigsten 
und  vorzüglichsten  anerkannt,  so  daß  das  Studium 
der  Klassiker  durch  sie  sehr  gefördert  werden 
wird. 

Dasselbe  gilt  von  den  griechischen  Codices, 
die  Dr.  du  Rieu  in  erster  Linie  auswählte,  von 
dem  Aeschylus  der  Laurentiana  aus  dem  X.  und 
XI.  Jahrhundert,  der  Ant/iologia  Graeca  der 
Heidelberger  Bibliothek,  wovon  ein  Teil  in  Paris 
auf  bewahrt  wird,  dem  Wiener  Dioscuridcs  des 
VI.  Jahrhunderts  mit  sehr  merkwürdigen  Minia¬ 
turen,  der  Ilias  Homers  des  Codex  Ambrosianus, 
der  auch  Zeichnungen  enthält  und  der  Oxforder 
Platohandschrift  von  895,  die  Professor  Cobet 
weit  über  den  Pariser  Plato  stellte. 

Für  den  ersten  Band  ward  eine  der  ältesten 
und  besten  griechischen  Handschriften  des  alten 
Testaments ,  der  Codex  Sarravianus  gewählt,  wovon 
ein  Teil  (260  Seiten)  in  Leiden,  ein  anderer 
(44  Seiten)  in  Paris  und  ein  Blatt  in  Petersburg 
aufbewahrt  wird.  Diese  berühmte  Bibelhandschrift 
als  Ganzes  in  einem  Bande  wiederzugeben  als 
erstes  Stück  der  grobartigen  Publikation  der 
„Codices  graeci  et  latini“  erscheint  in  der  'Fat  in 
hohem  Grade  sinnreich. 

Als  zweiter  Band  erschien  der  Codex  Bernensis 
363  Hora tii  earmina,  Ovidii  Mctamorphoses,  frag- 
nentirn  Servii  et  aliorum  opera  grammatica,  S. 
Augustini  de  dial.  et  de  rhetor.  Es  ist  die  älteste 
und  beste  Handschrift  des  Horaz,  der  Fragmente 
der  Metamorphosen  Ovids  usw.,  der  einen  Schatz 
mittelalterlicher  Gelehrsamkeit  enthält. 

Beim  Erscheinen  dieses  zweiten  Bandes  mubte 
die  Anzeige  von  dem  Ableben  des  Dr.  du  Rieu 
erfolgen.  Zugleich  wurde  mitgeteilt,  dab  dessen 
Nachfolger  im  Amte  an  der  Leidener  Bibliothek, 
Dr.  de  Vries,  die  Leitung  des  Unternehmens  über¬ 
nommen  habe.  Seitdem  ist  die  Veröffentlichung 
in  dem  von  Dr.  du  Rieu  angedeuteten  Sinne  stetig 
fortgeschritten. 

Als  Band  III  und  IV  erschien  Platos  Codex 
Oxoniensis  Clarkianus  von  895.  Es  ist  dies  eine 
der  wertvollsten  und  besten  Handschriften  von 
griechischen  Klassikern,  die  auf  uns  gekommen 
sind. 

Den  Band  V  bildet  des  Plautus  Codex  Heidel- 
bergensis  von  1613  Palatinus  C.,  der  verviel¬ 
fältigt,  zusammen  mit  den  in  Professor  Lindsays 
Buche  „The  Codex  Turnebi  of  Plautus“  veröffent¬ 
lichten  Faksimilia  ein  Material  bilden  wird,  wie 
es  ein  solches  in  derselben  Vorzüglichkeit  kaum 
für  einen  andern  klassischen  Schriftsteller  gibt. 

Band  VI  brachte  Homeri  Ilias,  Codex  venetus 
A.  Marcianus;  die  Reproduktion  dieses  hoch¬ 
berühmten  Kodex  wurde  ermöglicht  durch  persön¬ 
liche  Unterhandlungen  des  Herausgebers  Dr.  de 
Vries  mit  dem  italienischen  Unterrichtsminister 
und  dem  Bibliothekar  des  Marciana. 

Der  erste  Teil  des  Tacitus ,  Codex  Lauren- 
tianus  Mediceus  68  II  erschien  als  Band  VII. 


Die  berühmten  Codices  Medicei  bilden  die  Grund¬ 
lage  des  Textes  der  Annales  und  Historiae  des 
Tacitus  und  sind  von  hervorragender  Bedeutung 
für  textkritische  und  palaeographische  Studien. 

Als  VIII.  Band  erschien  Terentius ,  Codex 
Ambrosianus  H.  75.  Bei  der  Vorarbeit  zu  den 
Reproduktionen  dieses  illustrierten  Kodexes  erfuhr 
man,  dab  die  Verwaltung  der  Vatikanischen  Biblio¬ 
thek  eine  Reproduktion  der  Miniaturen  ihrer 
eigenen  Handschrift  vorbereitet.  Man  entschloß 
sich  daher,  diese  Gelegenheit  zu  benutzen,  um 
ein  Werk  zustande  zu  bringen,  das  nicht  nur  für 
die  Kenntnis  der  genannten  Handschrift  selbst 
wertvoll  sein  würde,  sondern  auch  von  höchstem 
Interesse  für  das  Studium  aller  noch  vorhandenen 
illustrierten  Terentius-Handschriften  weiden  könnte. 
Zu  diesem  Zweck  wurde  eine  grobe  Anzahl  Photo¬ 
graphien  angefertigt  aus  sämtlichen  bekannten 
Handschriften  des  Terenz,  welche  Bilder  enthalten, 
einschlieblich  des  berühmten  Codex  Vaticanus 
waren  es  fünf  Codices:  ein  Pariser,  zwei  Leidener, 
ein  Oxforder  und  ein  Römischer.  So  hat  man 
den  Codex  Ambrosianus  möglichst  ergänzt  und 
eine  Übersicht  dieser  ganzen  Gruppe  illustrierter 
Handschriften  gegeben,  die  durch  die  Einleitung 
aus  der  Feder  des  Professor  Bethe,  alle  bekannten 
illustrierten  Terentius-Handschriften  behandelnd, 
einen  ganz  besonderen  Wert  erhalten  hat. 

Aristophanis  Codex  Ravennas  bildet  den 
IX.  Band.  Dieser  Kodex  war  nur  selten  zu¬ 
gänglich,  er  bildet  aber  mit  dem  Codex  venetus 
zusammen  die  Grundlage  für  den  Text  der  Komö¬ 
dien  des  Aristophanes.  Schon  vor  etwa  sechs 
Jahren  hat  Dr.  de  Vries  in  Italien  persönlich  die 
vorbereitenden  Schritte  getan,  um  diese  beiden 
kostbaren  Handschriften,  oder  wenigstens  eine 
durch  Phototypie  allgemein  bekannt  zu  machen. 
Mittlerweile  fabten  das  Archiological  Institute  of 
America  und  die  englische  Society  for  the  Promo¬ 
tion  of  Helenic  Studies  einen  ähnlichen  Plan. 
Sie  haben  sich  aber  in  anerkennenswerter  Weise 
mit  dem  Herausgeber  und  dem  Verlage  der  Leidener 
Publikation  dahin  verständigt,  dab  die  beiden 
Gesellschaften  den  Codex  Venetus  zur  Repro¬ 
duktion  wählten,  der  Codex  Ravennas  dagegen  in 
der  Leidener  Ausgabe  erscheinen  sollte. 

Als  Band  X  erscheint  der  Codex  Dioscurides. 
Codex  Aniciae  Julianae  picturis  illustratus,  nunc 
Vindobonensis.  Dieser  berühmte,  kostbar  aus¬ 
gestattete  Dioskurides- Kodex  der  Wiener  Hof¬ 
bibliothek,  um  das  Jahr  512  n.  Chr.  für  die 
Kaisertochter  Anicia  Juliana  in  Byzanz  geschrieben 
und  gemalt,  ist  der  älteste  Zeuge  für  Text  und 
Illustrationen  der  sogenannten  alphabetischen 
Rezension  der  dioskurideischen  Pflanzenbeschrei¬ 
bungen,  welchen  auch  Fragmente  des  Krateuas 
und  Galeties  beigefugt  sind,  sowie  eine  Reihe 
kleinerer,  reich  mit  Text,  Tier-  und  Pflanzen¬ 
bildern  illustrierter  Schriften.  Nicht  nur  textkritisch 
ist  dieser  Kodex  von  hervorragender  Bedeutung, 
sondern  auch  als  einzigartiges  Denkmal  zur 


Hennig,  Griechische  und  lateinische  Klassiker  nach  den  Handschriften  photographiert. 


149 


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Ttituut^-'  tpflif cif;  cjiiuihöc  U  UTtltmf  G'i:| 
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Aus  dem  Terentius:  Codex  Ambrosianus  H.  75.  Reprod.  Sijthoff,  Leiden. 


Geschichte  der  Botanik ,  indem  seine  bisher  so  gut 
wie  unbekannten  Pflanzenbilder  zum  großen  Teile 
auf  Originale  des  ersten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
zurückgehen.  Fast  auf  das  Jahr  datierbar,  enthält 
dieser  Kodex  unschätzbares  Material  für  die  Paläo- 


graphen ,  welche  ihre  Kenntnis  der  Unzialschrift 
des  beginnenden  VI.  Jahrhunderts  hauptsächlich 
aus  ihm  schöpften.  Den  Kunsthistoriker  interessieren 
außer  den  Pflanzenbildern,  welche  durch  Jahrhun¬ 
derte  die  Illustrierung  botanischer  Werke  beeinflußt 


Schulz-Besser,  Das  Ahnenkreuz. 


150 


haben,  namentlich  die  berühmten,  zum  Teil  auf 
bester  antiker  Tradition  fußenden  Einleitungs¬ 
miniaturen,  welche  jetzt  zum  erstenmal  in  der 
Größe  des  Originals  reproduziert  wurden.  Für 
die  Erforscher  des  Mittelgriechischen  und  die 
Orientalisten  sind  die  nachträglich  beigeschriebenen 
vulgärgriechischen,  arabischen,  türkischen  und  per¬ 
sischen  Ptlanzennamen  von  großer  Wichtigkeit. 

Livius ,  Codex  Vindobonensis  Lat.  1  5  erscheint 
als  XI.  Band.  Es  ist  ein  Uncialkodex  aus  dem 
V.  Jahrhundert,  jetzt  im  Besitze  der  K.  K.  Hof¬ 
bibliothek  in  Wien,  früher  im  Kloster  zu  Lorsch, 
welcher  die  einzige  Quelle  bildet  für  die  fünfte 
Dekade  des  Livianischen  Geschichtswerks.  Aus 
ihm  wurde  die  Editio  princeps  jener  Bücher  1531 
mit  Einleitung  des  Desiderius  Erasmus  von  Rotter¬ 
dam  bei  Froben  in  Basel  hergestellt.  Seit  der 
Zeit  war  die  Handschrift  für  die  Textkritik  und 
für  paläographische  Studien  wiederholt  Gegenstand 
eifriger  Forschungen. 

Neben  der  vorstehend  erwähnten  großen  Serie 
von  elf  umfangreichen  Bänden  erschien  seit  dem 
Jahre  1902  eine  Folge  von  kleineren  Supplement¬ 
bänden,  von  denen  bis  jetzt  vorliegen: 

Suppl.  1.  Hicronymi  Chronicorum  Codicis 
Floriacensis  uncialis  fragmenta  Leidensia,  parisiana, 
Vaticana.  Praefatus  est  Traube. 

Suppl.  II.  Les  Miniatures  du  Psautier  de  Saint- 
Louis.  Manuscrit  de  Leyde  Preface  de  Omont  M.  H. 

Suppl.  III.  Der  illustrierte  lateinische  Acsop 
in  der  Handschrift  des  Ademar,  Codex  Vossianus  Lat. 
Einleitung  und  Beschreibung  von  Dr.  Georg  Thiele. 

Suppl.  IV.  Taciti  Germania  et  Dialogus  de 
oratoribus.  Suetoni  de  viris  illustribus  fragmentum 
Codex  Leidensis.  Praefatus  est  Georgius  Wissowa. 


Suppl.  V.  Alpertus  Mettensis  de  diversitate  tem- 
porum  und  de  Theodorico  1  episcopo  Mettensi. 
Codex  Ilannoveranus.  Einleitung  von  Dr.  C  Pi- 
jancker  Herdijk. 

Wir  wollen  nur  zu  Suppl.  III  noch  bemerken, 
daß  diese  im  Anfang  des  XI.  Jahrhunderts  im 
Kloster  St.  Martial  bei  Limoges  vom  Presbyter 
Ademar  von  Chabannais  entstandene  Handschrift 
neben  dem  paläographischen  und  textkritischen 
Wert  noch  einen  besonderen  durch  die  beigefügten 
Illustrationen  besitzt,  die  hier  zum  ersten  Male  voll¬ 
ständig  reproduziert  sind  und  überall  antike  Tra¬ 
ditionen  zeigen.  An  die  Fabeln  schließt  sich  un¬ 
mittelbar  eine  Sammlung  von  Rechenrätseln  von 
stark  humoristischer,  zuweilen  volkstümlicher  Fär¬ 
bung  an,  welche  bisher  noch  ganz  unbeachtet 
blieben,  jetzt  vollständig  publiziert,  viel  Interesse 
beanspruchen  werden. 

Die  Einleitungen  zu  den  elf  großen  Codices 
lieferten:  II.  Omont,  IV.  Alton ,  Carl  Za  tigernd  st  er, 
Dom.  Comparetti ,  Enr.  Rostagnc ,  E.  Bethe ,  J.  van 
Lecuwen,  Ant.  de  Premer stein,  Car.  Wessely  und 
Jos.  Mantuani. 

Dureh  dieses  großartige  Verlagswerk  sind  über 
2600  Blatt  ko  d barster  Handschriften  dem  Studium 
der  Gelehrten  erschlossen ,  aber  auch  nach  mensch¬ 
lichem  Ermessen  für  alle  Zeiten  vor  der  Vernich¬ 
tung  bewahrt  worden. 

Zur  Orientierung  über  das  wert-  und  verdienst¬ 
volle  Unternehmen  sei  der  vorerwähnte,  im  gleichen 
Formate  und  derselben  Ausstattung  erschienene 
Auszug  unter  dem  Titel:  „ Album  Palaeographicum1 
mit  erläuterndem  Text  von  Dr.  de  Yries  empfohlen, 
den  wohl  jede  gute  Buchhandlung  zur  Ansicht  zu 
beschaffen  in  der  Lage  sein  dürfte. 


<#£> 


D  as  Ahnenkreuz. 

Ein  unbekanntes  Jugendwerk  Adolph  Menzels. 

Von 

Ernst  Schulz-Besser  in  Leipzig. 

Mit  einer  Abbildung. 


Inter  den  illustrierten  Büchern  des  XIX. 
Jahrhunderts  stehen  die  von  Adolph 
Menzel  geschmückten  in  der  Gunst  der 
Bibliophilen  mit  an  erster  Stelle.  Die 
„Armee  Friedrichs  des  Großen“  in  Lithographien 
mit  der  Feder,  seine  berühmten  Holzschnitte  zu 
Kuglers  „Leben  Friedrichs  des  Großen“,  1839' — 42 
entstanden,  die  Illustrationen  zum  Peter  Schlemihl 
und  andere  Meisterstücke  sind  so  bekannt,  daß 
ihre  Nennung  genügt,  um  alle  diese  Werke  eines 
gottbegnadeten  Künstlers  vor  unsern  Augen  er¬ 


stehen  zu  lassen.  Menzel  hat  vor  allem  in  seinen 
jungen  Jahren  eine  rege  graphische  Tätigkeit  ent¬ 
faltet.  Er  begann  als  Lithograph.  Schon  als 
sechzehnjähriger  Jüngling  sah  er  sich  gezwungen, 
nicht  nur  für  sich,  sondern  auch  für  die  des 
Vaters  beraubte  Familie  den  Lebensunterhalt  zu 
schaffen;  dazu  mußten  seine  Kenntnisse  in  der 
Kunst  Senefelders  dienen,  die  er  bereits  in  der  Werk¬ 
statt  des  Vaters  in  Breslau  erlernt  hatte.  Da  galt  es 
denn,  häufig  sehr  gleichgültige  Gelegenheitsarbeiten 
auszuführen,  und  die  Bitterkeiten  des  Künstler- 


Schulz-Besser,  Das  Ahnenkreuz. 


151 


berufes  schildert  der  erst  Achtzehnjährige  in 
dem  berühmten  Zyklus  „Künstlers  Erden¬ 
wallen“  in  Anlehnung  an  Goethes  Dichtung. 

Aber  zu  der  Not,  der  er  gehorchen  muhte, 
kommt  der  eigene  Trieb,  er  arbeitet  auch 
die  weniger  interessanten  Aufträge  mit  voller 
Hingabe  seines  geistigen  und  technischen 
Könnens.  Sein  Ruhm  wächst,  und  nun  ent¬ 
stehen  eine  Reihe  kostbarer  Schöpfungen, 
die  dem  Graphiker  Menzel  einen  Ehrenplatz 
für  alle  Zeiten  sichern. 

Zu  seinen  interessantesten  Jugendarbeiten 
gehören  die  30  Illustrationen  zu  einem  Kinder¬ 
buche  der  Emilie  Feige  (der  Name  ist  Pseu¬ 
donym),  das  1836  bei  Gropius  in  Berlin  unter 
dem  Titel  „Der  kleine  Gesellschafter“  erschien. 

Man  kennt  davon  ungefähr  sechs  Exemplare. 
Fleißige  Kinderhände  haben  dafür  gesorgt, 
daß  es  tüchtig  zerlesen  und  der  Preis 
gehörig  in  die  Höhe  getrieben  wurde.  Das 
Büchelchen,  das  ursprünglich  einen  Taler 
gekostet  hat,  brachte  bereits  im  Jahre  1898, 
als  es  das  Dresdener  Kupferstichkabinett  auf 
einer  Berliner  Auktion  erwarb,  900  Mark, 
und  des  bekannten  Menzel -Bibliographen 
Dorgerloh  Exemplar  erzielte  kürzlich,  ob¬ 
gleich  im  Texte  nicht  ganz  vollständig,  den 
ansehnlichen  Betrag  von  750  M. 

Das  graphische  Jugendwerk  Menzels  ist 
nun  kürzlich  um  ein  hochinteressantes  Stück 
vermehrt  worden,  das  vor  wenigen  Wochen 
in  Leipzig  auftauchte  und  auf  welches  ich 
bereits  im  „Kunstmarkt“  hingewiesen  habe. 

Es  ist  der  mit  der  Feder  auf  Stein  gezeich¬ 
nete  Titel  einer  romantisch  angehauchten 
Jugendschrift : 

Das  Ahnenkreuz  oder  die  Wege  der 
göttlichen  Fürsehung.  Eine  Erzählung  für 
die  Jugend  von  Ernst  Leyde.  Mit  einem 
Titelkupfer.  Berlin,  Verlag  von  George 
Gropius,  1838  (Lithogr.  Titel,  3  Blätter, 

101  und  3  Seiten  Anz.) 

In  dieser  entzückenden  Zeichnung,  die 
wir  hier  in  Originalgröße  wiedergeben,  zeigt 
sich  des  Künstlers  eminente  Meisterschaft  in 
Wiedergabe  momentaner  Beobachtung,  seine 
glänzende  Beherrschung  der  Verkürzungen,  die 
außerordentliche  Genauigkeit ,  mit  der  er  alle 
Einzelheiten  darzustellen  wußte,  bis  zu  den  Falten 
in  den  Gewändern  und  im  Zaumzeug  der  Pferde. 
Die  Anordnung  der  Hauptmomente  dieser  Er¬ 
zählung  in  Form  eines  Kranzes,  der  den  Titel 
umgibt,  ist  ihm  vollkommen  gelungen,  und  originell 
ist  die  Idee,  die  drei  wichtigsten  Personen  in  Form 
eines  Kreuzes  unten  hinzustellen.  Dadurch,  daß 
alle  Pferde  sich  im  schnellsten  Tempo  bewegen, 
bekommt  die  ganze  Zeichnung  etwas  ungemein 
Lebendiges. 

Die  Erzählung  selbst  ist  sehr  einfach.  Auf 
einem  Schlosse  lebt  im  Kreise  seiner  noch  immer 
eines  Stammhalters  entbehrenden  Familie  ein  edler 


der 


Graf,  verehrt  von  den  „Untertanen“.  Als  der 
langersehnte  Sproß  eintrifft,  herrscht  große  Freude, 
besonders  bei  der  Komtesse,  die  sich  nicht  von 
ihrem  Bruder  trennen  kann  (Wiege  links  unten); 
der  Diener  reitet  in  das  Dorf  (die  Darstellung 
geht  links  weiter),  um  allen  die  Nachricht  zu  über¬ 
bringen;  die  Mutter  des  Grafen  kommt  vierspännig 
gefahren.  (Der  fromme  Sinn  der  Familie  wird 
durch  die  Bibel  oben  symbolisiert.)  Das  Kind 
wird  geraubt,  aber  für  ertrunken  gehalten  und  be¬ 
trauert.  Der  im  Wasser  gefundene  Hut  des  Knaben 
mit  dem  Trauerkranz  .steht  oben  an  der  Spitze 
des  Bildes.  Inzwischen  wird  der  Junge  als  Seil¬ 
tänzer  von  seinem  Entführer  ausgebildet  (rechts 
oben).  Die  Schwester  verfällt  einer  langen  Krank¬ 
heit  (Medizinflaschen)  und  gründet  nach  ihrer 
Genesung  eine  Warteschule  (Kinder,  rechts).  Nach 


152 


Lux,  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 


einer  Reihe  von  Jahren  reist  die  gräfliche  Familie 
nach  dem  Süden  (rechts)  und  findet  dort  den 
totgeglaubten  Knaben  wieder.  Auch  das  Erbstück 
des  Hauses,  das  Ahnenkreuz,  welches  als  Er¬ 
kennungszeichen  dient,  ist  noch  vorhanden.  Vater, 
Sohn  und  der  Räuber  als  Hauptfiguren  stehen 
unten,  in  Kreuzform  angeordnet,  zusammen.  — 
So  also  hat  der  junge  Menzel  eine  fromme,  ro¬ 
mantisch  angehauchte  Jugendschrift  illustriert!  Sein 
graphisches  Werk  ist  um  ein  wertvolles  Stück 
bereichert  worden. 

Das  mir  vorliegende  scheint  das  einzige,  noch 
erhaltene  Exemplar  zu  sein;  so  erklärt  sich  auch 


der  Umstand,  daß  diese  reizende  Arbeit  Menzels 
bisher  unbekannt  bleiben  konnte.  Ich  möchte 
bei  dieser  Gelegenheit  darauf  himveisen,  daß  in 
der  gleichen  Zeit  im  Gropiusschen  Verlage  noch 
mehrere  andere  Jugendschriften  Ernst  Leydes  er¬ 
schienen  sind,  bei  denen  es  in  den  damaligen 
Ankündigungen  auch  nur  heißt  „mit  einem  Titel¬ 
kupfer“.  Leider  habe  ich  von  diesen  noch  kein 
Exemplar  feststellen  können.  I)a  aber  Menzel  in 
den  betreffenden  Jahren  für  Gropius  arbeitete,  so 
ist  es  gar  nicht  ausgeschlossen,  daß  auch  diese 
Titelkupfer  von  seiner  Hand  herriihren. 


Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 

Von 

Joseph  August  Lux  in  Dresden. 


e  große  Tradition  der  deutschen  Luch¬ 
kunst  ist  den  Deutschen  von  einem  Eng¬ 
länder  wieder  ins  Bewußtsein  gerufen 
worden.  William  Morris  war  es,  der,  ent¬ 
zückt  von  der  Schönheit  der  42zeiligen  Gutenberg¬ 
bibel,  als  Dilettant  gleichsam  daran  ging,  ein  neues 
Buchwerk  zu  schaffen,  das  in  Papier,  Druck,  Aus¬ 
stattung  und  Bucheinband  die  hohe  Tradition  wieder 
aufzunehmen  und  fortzuentwickeln  imstande  war.  Er 
schnitt  zum  Beispiel  die  Lettern  seiner  berühmten 
Chaucer- Ausgaben  selbst,  überwachte  die  Herstellung 
des  Papiers,  besorgte  den  Druck  in  seiner  eigenen 
Presse  und  verlegte  sich  aufs  Buchbinden.  Ein 
Freund  William  Morris,  der  Advokat  Cobden- 
Sanderson,  wurde  Buchbinder  und  begann  nach 
den  berühmtesten  Mustern  der  alten  Buchbinde¬ 
kunst  herrliche  Einbände  mit  reicher  Hand¬ 
vergoldung  herzustellen.  Eine  große  Schule  ging 
von  diesen  Männern  aus.  Cockerell,  ein  Schüler 
Cobden-Sandersons  beschrieb  in  seinem,  auch  in 
Deutschland  bekannten  Handbuch  die  Technik 
des  handwerklichen  Einbandes.  Viele  Frauen  in 
England  wendeten  sich  seither  der  Buchbindekunst 
zu,  bildeten  dortselbst  Innungen  und  Schulen  und 
fanden,  ein  sehr  wichtiges  Moment,  lohnenden  Ab¬ 
satz  für  ihre  Kunsterzeugnisse.  Denn  in  England 
hat  keineswegs,  geradeso  wie  in  Frankreich,  der 
Kunstliebhaber  aufgehört  eine  Kulturaufgabe  zu 
erfüllen.  Diese  Leute  sammelten  nicht  nur  gute 
Erzeugnisse  des  persönlichen  Kunstfleißes,  sondern 
sie  bezahlten  auch  einen  angemessenen  Preis 
dafür.  Für  einen  guten,  künstlerischen  Buch¬ 
einband  bezahlt  der  englische  Kunstfreund  Preise, 
die  in  Deutschland  fabelhaft  erscheinen  würden. 
Auch  der  französische  Kunstfreund  zahlt  in  gleicher 
Angemessenheit.  Wenngleich  in  Frankreich  die 


Buchbindekunst  einem  weniger  historisch  diszipli¬ 
nierten  Geschmack,  sondern  mehr  der  bizarren 
Laune  folgt.  Es  muß  aber  hervorgehoben  werden, 
daß  Frankreich  seit  jeher  über  die  vorzüglichsten 
kunstgewerblichen  Kräfte  verfügt  hat.  Diesen 
Kunstliebhabern  zu  Dank,  konnte  ein  hochquali¬ 
fizierter,  künstlerisch  inspirierter  Gewerbestand 
immer  bestehen.  Die  Leistungen  in  jenen  Län¬ 
dern  sanken  niemals  auf  jenes  schauderhafte  Ni¬ 
veau  herab  wie  in  Deutschland,  wo  den  Künstlern 
im  Gewerbe  jenes  materielle  Rückgrat  fehlte  und 
der  Billigkeit  wegen  die  Industrie  alles  machen 
mußte.  In  der  Bucheinbandkunst  herrschte  der 
fürchterliche  Prachteinband,  ein  durchaus  industri¬ 
elles  Surrogat,  das  lächerliche  Produkt  eines  zur 
Protzenhaftigkeit  und  Unechtheit  verkommenen 
Geschmackes.  Erst  seitdem  die  englische  Be¬ 
wegung  und  ihre  Erzeugnisse  auf  dem  Kontinent 
bekannt  wurden,  es  ist  kaum  mehr  als  ein  Jahr¬ 
zehnt  her,  begann  auch  in  Deutschland  ein  neuer 
Aufschwung  im  Buchgewerbe.  Einige  bekannte 
Verleger  legten  auf  Type,  Papier  und  Druck¬ 
ausstattung  erhöhtes  Augenmerk,  der  industrielle 
Einband  verbesserte  sich,  seitdem  die  deutschen 
Ornamentkünstler  für  Bucheinbände  und  Buch¬ 
ausstattungen  zeichneten,  einzelne  Amateure,  die 
sich  der  Buchbindekunst  zuwandten,  eröffneten 
kleine  Werkstätten,  und  wir  erlebten  nach  und  nach 
einen,  wenn  auch  bescheidenen  Aufschwung  der 
Buchbindekunst  in  Deutschland,  dem  schon  zu¬ 
nächst  deshalb  kein  außerordentliches  Gedeihen 
beschieden  sein  kann,  weil  es  hier  an  Liebhabern 
fehlt,  die  ein  entsprechend  hohes  Geld  für  Ein¬ 
bände  anlegen,  um  wirklich  seltene  Kunstwerke 
hervorzurufen.  Trotzdem  hat  sich  die  Zahl  der 
Bibliophilen  und  derjenigen,  die  dem  Bucheinband 


Lux,  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 


153 


ein  erhöhtes  Interesse  zuwenden  und  gelegentlich 
einen  handwerklich  durchgeführten  Bucheinband 
ihr  eigen  nennen  wollen,  sehr  vermehrt.  Es  ist 
mit  Vergnügen  festzustellen,  daß  ihre  Zahl  eigent¬ 
lich  wächst,  und  daß  diejenigen,  die  sich  aus  der 
Buchbindekunst  eine  Lebensaufgabe  gemacht  haben, 
nach  und  nach  einen  Abnehmerkreis  erreichen 
können,  der  ihnen  die  Wahrung  künstlerischer 
Grundsätze  bei  einem  halbwegs  gesicherten,  wenn 
auch  bescheiden  gefristeten  Dasein  gewährt.  Ich 
weiß  nicht,  ob  die  Museen  und  Mustersammlungen 
der  Kunstgewerbeschulen  in  Deutschland  schon 
so  weit  sind,  zu  verstehen,  daß  ein  kostbarer,  mit 
reicher  Handvergoldung  versehener  Einband,  minde¬ 
stens  auf  mehrere  hundert  Mark  zu  stehen  kommt, 
wenn  nur  die  monatelange  Arbeitsmühe  des  Her¬ 
stellers  gerechnet  wird,  der  somit  noch  lange 
keinen  Künstlerpreis  fordert.  Erst  kürzlich  wurde 
mir  ein  Fall  bekannt,  daß  eine  deutsche  Kunst¬ 
gewerbeschule  samt  Museum  ein  Preisausschreiben 
für  einen  kunstgewerblichen  Einband  zu  einem 
Gesangbuch  erließ,  der  den  Betrag  von  25  Mark 
nicht  übersteigen  durfte.  Das  nennt  man  Kunst¬ 
förderung  .  . .  Wie  soll  dabei  etwas  herauskommen, 
das  wesentlich  über  dem  Industrieeinband  steht? 
Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  daß  sich  für  25  Mark 
nicht  ein  anständiger  Kunsteinband  hersteilen  läßt, 
ein  Pappband  etwa  mit  eigenen  Buntpapieren. 
Oder  ein  kleiner  Pergamentband  mit  etwas  Hand¬ 
vergoldung.  Die  Masse  der  Buchfreunde  wird  ja 
allerdings  sich  an  mäßige  Preise  halten  müssen,  wenn 
es  sich  um  schöne  Einbände  für  eine  größere 
Zahl  von  Büchern  handelt,  wenngleich  es  nicht 
ausgeschlossen  und  sogar  sehr  wünschenswert  ist, 
daß  auch  der  Buchliebhaber  dahin  kommt,  gelegent¬ 
lich  für  ein  einzelnes,  ihm  besonders  wertvolles 
Buch  einen  höheren  Betrag  auszusetzen,  um  einem 
Buchkünstler  eine  größere  Aufgabe  zu  geben. 

Damit  es  dahin  komme  ist  Voraussetzung,  daß 
der  Buchfreund  ein  mehr  als  oberflächliches  Urteil 
über  die  Eigenschaften  des  handwerklich  gebun¬ 
denen  Buches  besitzt  und  namentlich  wisse,  worin 
sich  ein  solches  Buch  von  dem  Industrieband 
unterscheidet.  Diesem  Zweck  sind  die  folgenden 
Zeilen  gewidmet. 

Vorerst  möchte  ich  feststen en,  daß  für  den 
billigen  Massenbedarf  der  Industrieeinband,  wie  er 
von  guten  Verlegern  für  billiges  Geld  geliefert 
wird,  seinen  Zweck  vollständig  erfüllt.  Er  hat 
sich  in  geschmacklicher  Hinsicht  durch  Klischee¬ 
aufdruck  nach  guten,  modernen  Entwürfen  und 
anständigen  Typen  sehr  vervollkommnet.  Nach 
der  Billigkeit  stellt  er  das  Äußerste  dar,  das  man 
verlangen  kann,  und  nach  der  Qualität  das 
Höchste,  das  für  eine  solche  Billigkeit  erreichbar 
ist.  Es  muß  anerkannt  werden,  daß  die  Industrie 
unter  solchen  Bedingungen  mehr  zu  leisten  nicht 
imstande  sein  kann.  Es  gibt  natürlich  auch 
in  diesen  modernen  Massenerzeugnissen  ein  Mehr 
und  ein  Weniger  an  gutem  Geschmack,  wenn 
man  aber  in  seiner  Wahl  vorsichtig  ist,  so  kann 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


man  es  dahin  bringen,  daß  die  Bücherreihen  im 
Schrank  ein  durchaus  solides  Aussehen  erlangen. 
Aber  irreführend  ist  es,  wenn  Einbände  von  M.  1  — 
oder  M.  2 —  den  Vermerk  tragen:  „Mit  der  Hand 
gemacht“.  Immer  steckt  im  wesentlichen  ein 
Maschinenprodukt  dahinter.  Der  unbefangene  Käufer 
läßt  sich  allerdings  täuschen  und  glaubt,  was  be¬ 
sonderes  zu  bekommen,  ohne  zu  bedenken,  daß 
für  M.  2 —  nicht  gegeben  werden  kann,  was  ver¬ 
sprochen  und  daher  erwartet  wird.  Selbstver¬ 
ständlich  sind  die  inneren  Bedingungen  der  Her¬ 
stellung  vollständig  anders  als  beim  handwerklichen 
Einband.  Die  inneren  Bedingungen  aber  sind 
für  den  äußeren  Unterschied  der  Erscheinung 
maßgebend. 

Der  Unterschied  beginnt  schon  bei  der  Hef¬ 
tung  der  Bogen.  Während  es  der  Kunstbuch¬ 
binder  unter  Umständen  in  der  Hand  hat,  die 
gedruckten  Bogen  selber  zu  falten  und  die  Druck¬ 
spiegel  von  je  zwei  gegenüberliegenden  Seiten 
genau  aufeinanderzupassen,  kann  sich  der  Industrie¬ 
buchbinder  um  diese  Feinheiten  nicht  kümmern. 
Wir  finden  oft  ganz  anständige  Bücher,  in  denen 
die  Druckspiegel  der  beiden  gegenüberliegenden 
Seiten  verschoben  erscheinen,  die  eine  Druckseite 
ein  wenig  höher  oder  vom  inneren  Rand  ein 
wenig  weiter  entfernt,  oft  ein  klein  wenig  schief, 
die  ersten  Merkmale  einer  nicht  persönlich  genau 
abgestimmten  Arbeit.  Freilich  kann  daran  auch 
die  Druckerei  schuld  sein.  Nach  dem  Beispiel 
der  altdeutschen  Buchdruckkunst,  von  William 
Morris  erneuert,  soll  der  innere  Rand  des  Seiten¬ 
paares  am  schmälsten  sein,  dann  folgt  mit  zu¬ 
nehmender  Breite  der  obere  Rand,  der  seitliche 
äußere  und  schließlich  als  der  breiteste  der  untere 
Rand.  Französische  Bücher  beachten  diese  Regel 
gewöhnlich  nicht;  auch  bei  den  neuen  deutschen 
kommt  es  selten  vor. 

Ein  großer  Übelstand  der  Maschinenheftung 
besteht  darin,  daß  Kopf  und  Schwanz  jeder  Lage 
von  dem  Faden,  der  herumgehen  muß,  eingerissen 
wird.  Bei  der  Handheftung  ist  das  Einreißen 
durchaus  vermieden.  Im  gebundenen  Zustand 
macht  sich  dieser  Übelstand  nicht  sofort  bemerk¬ 
bar.  Wir  beklagen  ihn  erst,  wenn  wir  dem  Buch 
einen  neuen,  besseren  Einband  geben  wollen  und 
kostspielige  und  zeitraubende  Ausbesserungen  an 
den  eingerissenen  Blättern  vorgenommen  werden 
müssen.  Handelt  es  sich  von  Haus  aus  um  ein 
wertvolles  Buch,  so  ist  der  Gedanke  peinlich,  daß 
jedes  Blatt  durch  die  Maschinentechnik  eingerissen 
werden  soll.  Wir  würden  schon  aus  diesem 
Grunde  den  Kunstbuchbinder  aufsuchen,  um  bei 
seltenen  und  kostbaren  Büchern  über  diesen  Punkt 
beruhigt  zu  sein.  Bei  ganz  billigen  und  schleuder¬ 
haft  gebundenen  Industriebüchern  kommt  auch  die 
Drahtheftung  vor,  von  der  unter  allen  Umständen 
abzuraten  ist,  auch  wenn  es  sich  um  verzinkte 
Drähte  handelt,  die  das  Rosten  verhüten  sollen. 

Eine  große  Unsitte  ist  das  Einsägen  der  Bücher, 
was  leider  auch  vielfach  von  Handbuchbindern 


20 


154 


Lux,  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 


geschieht,  wenn  sie  ihre  Bücher  auf  Bünde  heften. 
Damit  diese  Bünde  im  Rücken  nicht  hervorstehen, 
wird  das  Papier  eingesägt  und  der  Bund  in  den 
Hohlraum  versenkt.  Das  geht  natürlich  auf  Kosten 
der  Unversehrtheit  des  inneren  Zustandes  und 
wird  zum  Gegenstand  des  Bedauerns,  wenn  solch 
ein  Buch  einmal  umgebunden  werden  muß.  Bei 
handgebundenen  Büchern  ist  der  Wunsch  be¬ 
rechtigt,  auf  Band  zu  heften,  um  das  Einsägen  zu 
ersparen,  und  auf  Bünde  nur  dann  zu  heften, 
wenn  es  sich  um  einen  Lederband  handelt,  bei 
dem  die  Bünde  außen  sichtbar  bleiben  sollen. 

Der  gewöhnliche  Buchbinder  von  heutzutage 
gibt  zwar  seinen  Lederrücken  den  Anschein  von 
erhabenen  Bünden,  die  in  der  Tat  eingesägt  sind 
und  dem  Buch  keinen  anderen  Werkcharakter 
geben,  als  ihn  die  gewöhnlichen  Leinenbände  haben. 
Diese  sogenannten  falschen  Bünde  sind  eine 
Täuschung,  die  bereits  seit  hundert  Jahren  ein¬ 
geführt  ist.  Bei  echten  Bünden  wird  natürlich 
durch  das  Öffnen  des  Buches  der  Lederrücken 
eingeknickt,  wodurch  die  Rückenvergoldung  sehr 
hergenommen  wird.  Mit  dem  Aufkommen  ma¬ 
schinell  gedruckter  Rückenvergoldungen,  die  eine 
starke  Inanspruchnahme  überhaupt  nicht  ver¬ 
tragen,  wurde  das  Einbiegen  des  Rückens  als 
lästig  empfunden,  und  sie  wurden  steif  gemacht 
wie  jeder  andere  billig  gebundene  Leinenband. 
Um  aber  dennoch  den  dekorativen  Charakter  der 
erhabenen  Bünde  zu  wahren,  der  auch  ein  will¬ 
kommener  Ausgangspunkt  für  die  Dekoration  ist, 
wurden  falsche  erhabene  Bünde  angebracht,  die 
indessen  gar  keinen  funktionellen  Wert  haben. 
Der  heutige  Kunstbuchbinder  wird  nicht  mehr 
das  Herz  zu  solchen  Fälschungen  haben.  Er 
wird  bei  Lederbänden  erhabene  und  somit  echte 
Bünde  machen,  wenngleich  zugegeben  wird,  daß 
ein  solcher  Band  sich  nicht  so  glatt  aufschlägt 
wie  der  Maschinenband.  Dafür  hat  er  die  Merk¬ 
male  der  unvergleichlich  höheren  Solidität  und 
Meisterlichkeit.  Man  muß  sich  eben  daran  ge¬ 
wöhnen,  ein  solches  Buch  als  eine  Persönlichkeit 
zu  behandeln,  die  ihre  Vorzüge  und  auch  ein 
ganz  klein  wenig  ihren  Eigensinn  hat,  den  Eigen¬ 
sinn,  der  unter  solchen  Umständen  immer  noch 
eine  Tugend  ist.  Der  Maschineneinband  dagegen 
ist  tot.  Totes  Massengut.  Es  verlangt  keine 
individuelle  Behandlung.  Er  ist  Dutzendware,  eine 
Nummer.  Der  handwerkliche,  altmeisterliche  Ein¬ 
band  dagegen  ist  ein  Charakter.  Und  wer  Bücher 
liebt  und  versteht,  wird  seine  Freude  an  den 
Besonderheiten  des  Charakters  haben.  Denn 
diese  Besonderheiten,  dieses  Charakteristische, 
dieses  Individuelle,  das  sind  ja  die  Fundamente 
seiner  künstlerischen  Wesenheit. 

Der  Buchliebhaber  wird  auch  dem  sogenannten 
Kapital,  das  ist  jenes  farbige  Endchen  an  Kopf 
und  Schwanz  des  Buches,  sein  Interesse  zuwenden. 
Wenn  es  beim  Industrieeinband  oder  beim  ge¬ 
wöhnlichen  Buchbindereinband  überhaupt  vor¬ 
kommt,  so  ist  es  eine  gewebte  Borte,  die  an¬ 


geklebt  wird,  und  die  zur  Toilette  des  Buches 
gehört  wie  etwa  Hemdkragen  und  Manschetten 
zur  städtischen  Männerkleidung.  Beim  Kunst¬ 
einband  ist  dieses  Kapital  handgenäht  in  mehreren 
Farben,  die  koloristisch  zur  übrigen  Buchausstattung 
gestimmt  sind  und  daher  künstlerisch  mitwirken. 
Dieses  handgenähte  Kapital  ist  nicht  bloß  an¬ 
geklebt,  sondern  wird  wie  bei  der  altmeisterlichen 
Technik  mit  mehreren  Stichen  an  den  äußeren 
Bogen  befestigt. 

Für  die  farbige  Erscheinung  des  Buches  ist 
besonders  das  Vorsatzpapier  maßgebend  und  beim 
Pappband  natürlich  auch  das  Buntpapier,  das  für 
den  Umschlag  verwendet  wird.  Diese  Buntpapiere 
stellt  sich  der  Kunstbuchbinder  selbst  her,  ent¬ 
weder  im  Wege  des  Ochsengalleverfahrens  oder 
der  Kleistertechnik,  denn  der  Ehrgeiz  des  Kunst¬ 
buchbinders  strebt  danach,  lauter  Unika  zu  er¬ 
zeugen  und  seine  Werke  dadurch  vorteilhaft  von 
der  Industrieuniform  zu  unterscheiden.  Es  gibt 
auch  maschinell  hergestellte  Buntpapiere  dieser 
Art,  die  sich  dem  Kenner  jedoch  sofort  verraten, 
weil  sie  in  ihrem  Aussehen  maschinentot  sind, 
während  die  handgefertigten  Papiere,  davon  jedes 
einzelne  Blatt  Original  ist,  nicht  nur  farbig  eine 
köstliche  Frische  und  ein  starkes  Eigenleben  be¬ 
wahren,  sondern  der  Phantasie  des  Herstellers 
immer  wieder  Anregung  zu  neuen  Erfindungen 
geben.  Dafür  genügt  allein  schon  der  Hinweis, 
daß  diese  handgefertigten  Buntpapiere  in  ihrem 
Muster  niemals  ganz  gleich  ausfallen  können, 
selbst  wenn  diese  Gleichheit,  aus  was  immer  für 
einem  Grunde,  angestrebt  wäre.  Der  Kunst¬ 
buchbinder  wird  diese  Gleichheit  nicht  im  Muster, 
sondern  bloß  in  der  Farbe  anstreben,  in  dem 
Ausnahmefall,  da  er  eine  größere  Anzahl  zusammen¬ 
gehöriger  Bücher  als  Pappbände  zu  binden  hat. 
Und  der  Liebhaber  wird  ihm  für  die  leichten 
Variationen  dieser  bloß  koloristisch  zusammen  ge¬ 
stimmten  Bände  viel  Dank  wissen.  Wenn  es  dem 
Kunstbuchbinder  gelingt,  in  Farbe  und  Muster 
seiner  von  ihm  für  jeden  Zweck  eigens  gefertigten 
Buntpapiere  ein  annäherndes  charakteristisches  Ver¬ 
hältnis  zum  Buchinhalt  zu  erreichen,  so  ist  der 
Gipfel  der  Wünsche  erstiegen.  Daß  auch  Leinen¬ 
bände  farbig  behandelt  werden  können  wie  diese 
Buntpapiere,  soll  in  diesem  Zusammenhang  an¬ 
gedeutet  werden. 

Pergamentbände  kommen  auch  im  industriellen 
Herstellungswege  vor  und  werden  namentlich  von 
Buchhändlern  bevorzugt,  die  eine  sogenannte 
Bibliophilenausgabe  neben  der  gewöhnlichen  Aus¬ 
gabe  des  Werkes  veranstalten  wollen.  In  der 
Regel  aber  ist  diese  in  Pergament  gebundene 
Bibliophilenausgabe  durch  kein  anderes  Merkmal 
von  der  gewöhnlichen  industriellen  Herstellung  zu 
unterscheiden,  als  dadurch,  daß  als  Pergament 
der  Billigkeit  wegen  das  mindere  Schafpergament 
gewählt  wird.  Dazu  kommt  ein  goldener  Klischee¬ 
aufdruck,  und  die  Sache  ist  fertig.  Die  Sache  ist 
immer  ihren  Preis  wert.  Wir  dürfen  uns  aber 


Lux,  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 


155 


nicht  verhehlen,  daß  dem  wirklichen  Buchliebhaber 
und  der  Buchkunst  auf  diese  Weise  gar  nich 
geholfen  ist.  Der  Industrie-Pergamentband  ist 
genau  so  tot  wie  jeder  gewöhnliche  Leinen-  oder 
Pappband.  In  seiner  maschinenmäßigen  Härte 
unterscheidet  er  sich  oft  auf  den  ersten  Blick  gar 
nicht  von  einem  kartonierten  Umschlag  aus  weißem 
Papier.  Der  kunsthandwerkliche  Pergamenteinband 
ist  mit  größeren  Finessen  gearbeitet.  Der  Kunst¬ 
buchbinder  verschmäht  gewöhnlich  die  billigen 
Sorten  des  Pergaments;  er  heftet  das  Buch  auf 
Pergamentstreifen,  läßt  diese  Pergamentstreifen  in 
den  Fälzen  das  Buchdeckels  sichtbar  hervortreten 
und  zieht  sie  oft  noch  vorn  heraus,  damit  sie  als 
Verschluß  des  Buches  dienen  können.  Irgend¬ 
einen  Verschluß  muß  ein  solcher  Pergamentband 
immer  haben,  sei  es,  daß  er  zum  Binden  ein¬ 
gerichtet  oder  mit  einer  Schließe  versehen  ist. 
Ein  guter,  handwerklich  gearbeiteter  Pergament¬ 
band  würde  sich  immer  werfen.  Er  gibt  niemals 
Ruhe.  Pergament  ist  launisch  wie  das  Wetter, 
macht  alle  Temperatur-  und  Feuchtigkeitsunter¬ 
schiede  mit  und  würde,  wenn  das  Buch  nicht  mit 
Schließen  oder  Bändern  versehen  wäre,  sich  immer 
verziehen,  wenn  der  Einband  überhaupt  gut  und 
fest  sitzt. 

Der  Kunstbuchbinder  wird  Lederbände  niemals 
anders  als  mit  erhabenen  und  daher  echten  Bün¬ 
den  anfertigen.  Der  sogenannte  flexible  Leder¬ 
einband,  der  in  der  Industrie  vorkommt,  genügt 
nur  sehr  geringen  Anforderungen,  sowohl  was 
Technik  als  Qualität  und  Haltbarkeit  betrifft. 
Der  flexible  Ledereinband  ist  eigentlich  gar  kein 
richtiger  Einband.  Er  ist  gearbeitet  wie  ein 
provisorischer  Kalikoeinband,  nur  mit  dem  Unter¬ 
schied,  daß  statt  Kaliko  irgendein  sehr  dünn 
geschabtes  minderwertiges  Leder,  das  die  Narbung 
einer  besseren  Sorte  vortäuscht  und  mit  Mode¬ 
farben  gefärbt  ist,  verwendet  wird.  Die  innere 
Beschaffenheit  des  Buches,  die  Heftung,  die  ganze 
technische  Herstellung  ist  genau  dieselbe  wie  bei 
dem  industriellen  Durchschnittseinband.  Es  ist  vor 
allem  fürs  Auge  gemacht.  Kein  Kunstliebhaber 
wird  sich  mit  einem  solchen  flexiblen  Ledereinband 
begnügen,  wenn  es  sich  darum  handelt,  einem  be¬ 
sonderen  Werk  eine  erhöhte  künstlerische  Aus¬ 
zeichnung  durch  den  Einband  zu  gewähren.  Daß 
der  Kunstbuchbinder  bei  seinen  Lederbänden 
trachten  wird  gute  lohgegerbte  Ledersorten  zu  er¬ 
langen,  würde  sich  zwar  von  selber  verstehen, 
allein  es  ist  dabei  zu  berücksichtigen,  daß  solche 
Sorten  im  Preise  sehr  hoch  stehen.  Die  gang¬ 
baren  Sorten,  die  obendrein  die  marktgängige 
Wohlfeilheit  haben,  sind  in  ihrer  Qualität  selten 
einwandfrei.  Das  erklärt  sich  schon  aus  dem 
chemischen  Verfahren  der  Gerbung,  dem  nach 
wenigen  Jahrzehnten  der  allergrößte  Teil  der  in 
den  letzten  20 — 30  Jahren  gebundenen  Bücher 
zum  Opfer  fallen  wird.  Der  gesteigerte  Bedarf  an 
guten,  dauerhaften  Ledersorten  wird  auch  darin 
eine  Besserung  herbeiführen.  Einstweilen  hat 


diese  Besserung  eine  sehr  langsame  Gangart.  Für 
den  Kenner  ist  es  ein  Greuel,  in  minderen  Leder¬ 
arten  den  Charakter  besserer  Ledersorten  imitiert 
zu  sehen,  was  leider  noch  fast  ganz  allgemein 
der  Fall  ist.  Anstatt  dem  Leder  seine  charakte¬ 
ristische  Oberfläche  zu  erhalten,  wird  Schafleder 
wie  Kalb-,  Saffian-  oder  Schweinsleder  bearbeitet 
oder  so  geglättet,  daß  es  keinen  bestimmten 
Charakter  mehr  hat,  während  Ziegenleder  mit 
allen  möglichen  Narben  versehen,  und  Schweins¬ 
leder  wie  Levant-Saffian  genarbt  wird.  Alles  dies, 
sowie  der  Gebrauch  mineralischer  Säuren,  nament¬ 
lich  der  Schwefelsäuren,  beim  Färben,  das  Prägen 
des  Leders  unter  schwerem  Druck,  um  die  künst¬ 
liche  Narbung  herzustellen,  das  Schaben  dicker 
Häute,  wobei  die  zähen  Fasern  des  inneren  Teiles 
der  Häute  weggeschnitten  werden,  sind  die  wesent¬ 
lichen  Ursachen  der  Herabminderung  des  Leder¬ 
bandes.  Nachdem  aber  diese  Surrogate  allgemein 
vorherrschend  und  die  Ledersorten  von  unver¬ 
fälschter,  guter  Qualität  Ausnahmen  sind,  so  ergibt 
sich,  daß  diese  Ausnahmen  nur  um  einen  teuren 
Preis  erhältlich  sind.  Man  verwundert  sich  daher 
mit  Unrecht  über  den  unverhältnismäßig  hoch 
scheinenden  Preis,  der  für  einen  solchen  gediegenen 
Kunsteinband  verlangt  werden  muß.  Oft  ist  an 
einem  solchen  soliden  Werk  gar  kein  äußerer 
Schmuck,  wodurch  das  Staunen  über  diese  „sünd¬ 
hafte“  Teuerung  noch  größer  wird.  Mit  Unrecht. 
Die  Sache  wird  erst  wirklich  teuer,  wenn  der 
Kunstbuchbinder  den  Einband,  nachdem  technisch 
und  handwerklich  das  Beste  geschehen  ist,  zu 
schmücken  anfängt.  Er  sucht  entweder  durch 
mühsames  Einlegen  andersfarbiger  Ledersorten  ein 
Muster  hervorzubringen,  das  in  der  Technik  der 
Holzintarsia  verwandt  ist,  oder  er  bedeckt  Rücken 
und  Deckel  mit  einer  Handstempelvergoldung, 
die  darin  besteht,  daß  ein  mehr  oder  minder 
reiches  Muster  mit  Hilfe  kleiner  Handstempel, 
Linien,  Punkte  oder  sonstigen  ornamentalen  For¬ 
men  aufträgt  und  sonach  seine  mehr  oder  minder 
reiche  und  verschlungene  Zeichnung  aus  kleinen 
Ornamenten  aufbaut.  Dadurch  erhebt  sich  der 
Bucheinband  immer  mehr  auf  die  Höhe  der  Kunst 
und  wird  den  Werken  der  alten  Goldschmiede¬ 
kunst  immer  mehr  vergleichbar  und  ebenbürtig. 
Es  gibt  zwar  zahlreiche  Menschen,  die  viele 
hunderte,  ja  sogar  tausende  von  Mark  auf  einen 
modernen,  aber  durchaus  maschinell  gearbeiteten 
Schmuck  mit  Brillanten  ausgeben,  aber  es  gibt 
außerordentlich  wenig  Liebhaber,  die  mehrere 
hundert  Mark  für  ein  Werk  der  Buchbindekunst 
dieser  Art  übrig  haben,  wenngleich  es  feststeht, 
daß  eine  solche  Schöpfung,  vorausgesetzt  daß  sie 
gelungen  ist,  einen  unvergänglichen  Kunstwert 
besitzt.  In  England  und  Frankreich  gibt  es  be¬ 
stimmt  solche  Kunstfreunde.  Ob  auch  in  Deutsch¬ 
land,  habe  ich  noch  nicht  in  Erfahrung  bringen 
können. 

In  Deutschland  sagt  uns  jeder  Gebildete,  daß 
solche  Vergoldung,  als  Klischee  auf  dem  Buch- 


Lux,  Was  der  Bibliophile  vom  Bucheinband  wissen  muß. 


156 


deckel  aufgepreßt,  dieselben  Dienste  leiste,  daß  es 
billig  zu  stehen  käme  und  daher  vorzuziehen  sei. 
Das  ist  der  allgemeine  Standpunkt.  Ich  wüßte 
nicht,  was  dagegen  einzuwenden  wäre.  Man  kann 
mit  Leuten  nicht  über  eine  Sache  diskutieren,  die 
sie  von  vornherein  für  einen  Wahnsinn  halten. 

Wir  müssen  uns  sagen,  daß  wir  von  dem 
Kunstbuchbinder  auch  einfache  Leinenbände  haben 
können,  die  alle  Merkmale  der  persönlichen 
meisterlichen  Herstellung  haben  und  dennoch 
verhältnismäßig  billig  zu  stehen  kommen,  weil  das 
Material  nicht  kostspielig  ist  und  keine  beson¬ 
deren  Schwierigkeiten  bereitet.  Für  den  gewöhn¬ 
lichen  Bibliotheksband  werden  wir,  wenn  wir  nicht 
Liebhaber  von  Pappbänden  sind,  dem  Leinen¬ 
band  unbedingt  den  Vorzug  geben.  Er  kann 
trotz  seiner  Billigkeit  die  persönliche  Marke  der 
Meisterlichkeit  im  guten  handwerklichen  Sinn 
haben.  Wir  können  unsere  Einbände  sogar  in 
weißer  Leinwand  binden  lassen  mit  einem  spar¬ 
samen,  geschmackvollen  Aufdruck  versehen,  wenn 
wir  das  englische  Bookram  verwenden,  das  ab¬ 
waschbar  ist.  Einen  weißen  Leinenband  zu  haben, 
der  mit  einem  feuchten  Lappen  abzuwischen  ist, 
falls  er  beschmutzt  wurde,  das  ist  eine  reizvolle 
Aussicht.  Es  muß  aber  konstatiert  werden,  daß 
es  deutsche  Fabrikate  dieser  waschbaren  Leinwand 
in  nicht  empfehlenswerter  Güte  gibt.  Der  ge¬ 
wöhnliche  Kalikoeinband,  der  uns  an  englischen 
Buchausgaben  besticht,  hat  eigentlich  nicht  die 
Geltung  eines  Einbandes,  wenngleich  eine  reiche 
Goldverzierung  nach  dem  Entwurf  bekannter  und 
moderner  Künstler  aufgeprägt  ist.  Das  Buch  ist 
in  einen  solchen  Kalikoband  nur  eingehängt,  und 
harrt  der  Möglichkeit,  einmal  durch  einen  guten, 
dauerhaften  Einband  ausgezeichnet  zu  werden. 
Broschürte  Bücher  nach  Art  der  deutschen  gibt 
es  in  einer  guten  englischen  Buchhandlung  kaum. 
Das  nach  englischen  Begriffen  broschürte  Buch 
ist  entweder  in  einem  solchen  Kalikoband  oder 
in  einen  provisorischen  Pappband  „eingehängt“. 

Über  das  „Einhängen“  ist  ein  Wort  zu  ver¬ 
lieren.  Der  deutsche  Buchbinder,  sowohl  der 
industrielle  wie  der  kunsthandwerkliche,  pflegt  alle 
seine  ernst  gemeinten  Einbände  bloß  einzuhängen. 
Das  heißt,  es  werden  die  Bünde  oder  Bänder  des 
gehefteten  Buches  an  die  inneren  Decken  des 
Einbandes  angeklebt  und  von  dem  umgeklebten 
Vorsatzpapier  festgehalten.  Es  versteht  sich  von 
selbst,  daß  ein  solches  eingehängtes  Buch  nicht 
gerade  sehr  solid  im  Buchdeckel  sitzt.  Die  alte, 
heute  nur  mit  seltenen  Ausnahmen  geübte  Meister¬ 
technik  hat  sich  mit  dem  Einhängen  nicht  begnügt. 
Sie  hat  die  Bänder  ohne  Bünde  durch  die  Buch¬ 
deckel  mehrmals  durchgezogen  und  dann  fest¬ 
geklebt,  so  daß  ein  unzerstörbarer  Zusammenhang 
zwischen  Buch  und  Buchdeckel  erzielt  wurde.  Es 
wäre  zu  wünschen,  daß  diese  Praxis  für  jeden 
ernst  gemeinten,  kunsthandwerklichen  Einband  und 
seien  es  auch  nur  Leinen-  oder  Pappbände,  die, 
namentlich  was  die  letzteren  betrifft,  nichtsdesto¬ 


weniger  auf  einer  außerordentlichen,  künstlerischen 
Höhe  stehen  können,  wieder  allgemein  auf¬ 
genommen  werden  würde.  Natürlich  von  Kunst¬ 
buchbindern.  Bei  den  anderen  ist  nicht  daran 
zu  denken,  schon  wegen  der  maschinell  tech¬ 
nischen  Verschiedenheit.  Daß  dieses  „Ein¬ 
ziehen“  statt  des  „Einhängens“  sehr  viel  müh¬ 
samer,  zeitraubender  und  daher  kostspieliger  ist, 
versteht  sich  von  selbst.  Aber  die  erhöhte  innere 
Gediegenheit  rechtfertigt  diesen  Mehraufwand. 

Daß  die  Industrie  auch  Bücher  mit  Gold¬ 
schnitt  liefert,  ist  bekannt.  Über  die  Minder¬ 
wertigkeit  solcher  Goldschnitte  ist  kein  Wort  zu 
verlieren.  Etwas  anderes  ist  es  mit  dem  Gold¬ 
schnitt,  den  der  Buchbinder  mit  Blattgold  erzielt, 
wenn  wir  es  von  ihm  verlangen.  Der  durch¬ 
schnittliche  Geschmack  sieht  sein  Ideal  in  einem 
Goldschnitt,  der  hart  und  glänzend  ist  wie  eine 
metallische  Fläche.  Der  Kunstbuchbinder  hin¬ 
gegen  will  seinem  Goldschnitt  doch  den  Papier¬ 
charakter  wahren.  Er  wird,  wenn  es  die  Aufgabe 
verlangt,  die  Blätter  vor  dem  Heften  vergolden, 
so  daß  auch,  ungeachtet  einer  leichten  Verschie¬ 
bung  der  Lagen,  die  etwa  tiefer  liegenden  ein¬ 
zelnen  Blätter  noch  ihren  Goldschnitt  haben.  Da 
sich  bei  dem  Vergolden  vor  dem  Heften  niemals 
die  Blätter  wieder  so  scharf  aneinanderstoßen 
lassen,  so  wird  man  nie  den  Eindruck  verlieren, 
daß  man  es  mit  Papierlagen  zu  tun  hat,  deren 
Kanten  mit  Gold  bedeckt  sind.  Erst  so  hat  man 
den  rechten  Materialausdruck  gewonnen. 

Die  Qualität  des  Papieres  hat  der  Buchbinder 
selbstverständlich  nicht  in  der  Hand.  Es  kann 
oft  Gegenstand  allgemeinen  Bedauerns  sein,  daß 
die  Mehrzahl  der  Bücher  heute,  noch  selbst  bei 
guten  Verlagsanstalten,  an  Qualität  mehr  als  genug 
zu  wünschen  übrigläßt.  Eine  Untersuchung  will 
festgestellt  haben,  daß  infolge  der  chemischen 
Prozesse  bei  der  modernen  Papierfabrikation  gut 
neun  Zehntel  der  heutigen  gedruckten  Literatur 
binnen  einem  halben  Jahrhundert  in  Staub  zer¬ 
fallen  sein  wird.  Der  übergroße  Teil  des  gegen¬ 
wärtigen  Literaturschaffens  hat  somit  nicht  Aus¬ 
sicht  einer  ferneren  Nachwelt  überliefert  zu  werden. 
Das  mag  beklagenswert  erscheinen  oder  im 
Gegenteil,  jenachdem  man  Ursache  hat.  Natür¬ 
lich  freuen  sich  in  gleicher  Weise  der  Buchlieb¬ 
haber  und  der  Kunstbuchbinder,  wenn  sie  es 
ausnahmsweise  einmal  mit  guten  Papierqualitäten 
zu  tun  kriegen.  Moderne  Verlagsanstalten  haben 
ja  die  anerkennenswerte  Gewohnheit,  von  ihren 
neuen  Werken  eine  bestimmte  Anzahl  von  Exem¬ 
plaren  auf  Bütten  abzuziehen  und  damit  die  Un¬ 
sterblichkeit  zu  retten.  Die  Bibliophilen  wachen 
eifrig  auf  Erhaltung  des  Büttenrandes  und  ver¬ 
bieten  in  der  Regel  dem  Kunstbuchbinder,  der 
einen  soliden  Einband  besorgen  soll,  das  Buch 
zu  beschneiden,  es  sei  denn  die  obere  Kante,  die 
mit  einem  Goldschnitt  versehen  wird.  Die  Er¬ 
haltung  des  Büttenrandes  hätte  einen  Sinn,  wenn 
die  Blätter  für  die  Größe  des  Buches  eigens 


Schneider,  Die  Bibliothek  Petrarcas  und  ihre  Schicksale. 


157 


angefertigt  wären,  nur  einmal  in  der  Mitte  gefaltet 
werden  brauchten,  so  daß  jedes  Blatt  seinen 
eigenen  Büttenrand  besitzt.  Das  ist  nun  aber 
gewöhnlich  keineswegs  der  Fall.  In  der  Regel 
wird  der  Büttenbogen  auf  acht  oder  auf  16  Blätter 
gefaltet,  so  daß  bestenfalls  auf  vier  Blätter  mit 
Büttenrand,  vier  Blätter  kommen,  die  aufgeschnitten 
werden  müssen  und  daher  keinen  echten  Bütten¬ 
rand  haben.  Dazu  kommt,  daß  der  unregelmäßig 
verlaufende  Büttenrand  das  saubere  und  gleich¬ 
mäßige  Aussehen  des  Buches  sehr  stört.  Außer¬ 
dem  läßt  sich  nur  schlecht  blättern,  die  unregel¬ 
mäßig  vorstehenden  Blätter  erweisen  sich  als  vor¬ 
zügliche  Staubsammler  und  sind  bei  dem  er¬ 
schwerten  Blättern  naturgemäß  der  Anfettung 
durch  die  Finger  und  somit  der  Beschmutzung 
ausgesetzt.  Kurz  gesagt,  es  ist  schwer  möglich, 
einem  solchen  Buch  dauernd  das  gute  Aussehen 
zu  erhalten.  In  solchen  Fällen  wird  es  sich  un¬ 
bedingt  empfehlen,  den  Büttenrand  nach  allen 
Seiten  zu  beschneiden  und  den  Goldschnitt  nach 
allen  drei  Seiten  herumzuführen,  wenn  das  Buch 
einen  guten  Kunsteinband  empfängt. 

Daß  der  Buchbinder  seinen  Bänden  eine  Lage 
Schutzblätter  vorheftet,  hat  seinen  guten  Grund. 


Beim  Öffnen  des  Buches  hat  die  erste  Lage  immer 
die  Neigung  sich  ein  wenig  vorzuschieben.  Damit 
nicht  das  Buchinnere  davon  betroffen  wird,  heftet 
der  Buchbinder  diese  Lage  vor.  Der  Industrie¬ 
buchbinder  tut  dies  nicht. 

Der  Bücherfreund,  der  seine  Einbände  schont, 
lege  sie,  wenn  sie  nicht  im  Schrank  stehen,  nach 
Gebrauch  auf  das  Gesicht.  Bei  der  starken  In¬ 
anspruchnahme  der  ersten  Lagen  eines  Buches 
hat  dieses  leicht  die  Neigung  nach  oben  auf¬ 
zuklappen.  Dem  kann  auf  diese  Weise  wirksam 
entgegengearbeitet  werden. 

Es  gibt  natürlich  noch  eine  Menge  feinere 
Unterschiede  in  der  künstlerischen  Qualität,  die 
man  aus  der  Erfahrung  heraus  allmählich  kennen 
lernt.  Diese  allgemeinen  Grundsätze,  die  über 
die  handgreiflichen  Unterschiede  unterrichten,  zu 
schließen,  sei  als  allgemeine  Regel  nicht  vergessen, 
daß  ein  Buch  erst  dann  geschmückt  zu  werden 
verdient,  wenn  hinsichtlich  der  handwerklichen 
Qualität  und  der  Materialqualität  das  Äußerste 
geschehen  ist.  Wenn  dann  noch  Geld  und  Zeit 
übrigbleibt,  dann  möge  zur  Verschönerung  ge¬ 
schehen,  was  in  den  Kräften  liegt. 


Die  Bibliothek  Petrarcas  und  ihre  Schicksale. 

Von 

Karl  Schneider  in  Berlin. 


leber  das  Schicksal  der  Bücherschätze, 
die  der  berühmte  italienische  Humanist 
und  Sänger  der  unvergänglichen  Can- 
zonen  an  Laura  hinterlassen  hat,  hat  in 
der  „Fortnightly  Review“  (Juni  1908)  Edward 
H.  R.  Tatham  im  Anschluß  an  Pierre  de  Nolhacs 
ausgezeichnetes  Werk  „Petrarque  et  l’Humanisme“ 
und  in  teilweiser  Ergänzung  desselben,  einen  län¬ 
geren  Artikel  veröffentlicht.  Da  die  darin  mit¬ 
geteilten  Forschungsergebnisse  manche  irrige  An¬ 
sichten,  die  bisher  über  das  Schicksal  der  Biblio¬ 
thek  des  berühmten  Humanisten  bestanden,  zu 
berichtigen  geeignet  sind  und  überhaupt  eine 
Menge  interessanten  Materials  zur  Geschichte  des 
italienischen  Bücherwesens  enthalten,  dürfte  ein 
kurzer  Auszug  aus  diesem  Aufsatz  wohl  auch  den 
Lesern  dieser  Zeitschrift  nicht  ohne  Interesse  sein. 

Es  ist  lange  angenommen  worden,  daß  Petrarca 
seine  Bibliothek  als  den  Grundstock  zu  einer 
öffentlichen  Bibliothek  der  Stadt  Venedig  hinter¬ 
lassen  habe,  wo  sie  an  der  Westseite  der  Markus¬ 
kirche  untergebracht  worden  wäre  und  260  Jahre 
lang  unbeachtet  gelegen  hätte,  bis  nach  Ablauf 
dieser  Zeit  ein  bloßer  unbedeutender  Rest  —  17 
Stück  —  in  hoffnungslos  zerstörtem  Zustand  auf¬ 


gefunden  worden  wäre.  Diese  Annahme  trug 
natürlich  nicht  gerade  zum  Ruhme  Venedigs  unter 
den  Literaturfreunden  bei,  und  es  fehlte  nicht  an 
einzelnen  Stimmen  italienischer  Gelehrter,  wie 
Morelli  und  Baldelli,  die  geneigt  waren  sie  zu  be¬ 
zweifeln,  und  sie  fanden  eine  Stütze  für  ihre  Ver¬ 
mutungen  solcher  Tatsachen  in  der  Erhaltung  des 
Petrarcaschen  Virgil  in  der  Ambrosiana  zu  Mai¬ 
land;  allein  die  alte  Ansicht  über  den  Untergang 
der  Bibliothek  blieb  doch  die  herrschende  — 
merkwürdigerweise  genau  ebenso  lange  wie  die 
vermutete  Vernachlässigung  seiner  Bücherschätze 
in  der  Markuskirche  —  nämlich  260  Jahre. 

Was  läßt  sich  nun  aber  über  die  Verfügungen 
des  Dichters  bezüglich  seiner  Bibliothek  und 
deren  letzte  Schicksale  wirklich  feststellen?  Im 
Sommer  1362,  als  Petrarca  durch  die  Pest  von 
Mailand  nach  Padua  und  von  da  weitergetrieben 
wurde,  faßte  er,  da  Krieg  und  schlechte  Wege 
eine  Reise  nach  Frankreich  oder  Deutschland  un- 
rätlich  erscheinen  ließen,  den  Entschluß,  nach 
Venedig  überzusiedeln,  wo  er  vor  Krieg  und  Pest 
gleichzeitig  sicher  war.  Er  besaß  dort  in  dem 
Kanzler  der  Republik,  Benintendi,  einen  Freund; 
und  es  wurde  zwischen  ihnen  vereinbart,  daß 


i58 


Schneider,  Die  Bibliolliek  Petrarcas  und  ihre  Schicksale. 


Petrarca  seine  Bücher  der  Markuskirche  als  Ver¬ 
mächtnis  hinterlassen  würde,  falls  ihm  der  Rat 
der  Stadt  bis  zum  Eintritt  dieses  Ereignisses  eine 
passende  Wohnung  in  der  Stadt  zur  Verfügung 
stellte.  Das  Memorandum,  in  dem  dieser  Vor¬ 
schlag  gemacht  wurde,  wird  heute  noch  im  Archiv 
von  Venedig  aufbewahrt.  Der  Grobe  Rat  ging 
auch  auf  den  Vorschlag  ein  und  stellte  Petrarca 
den  Palazzo  di  Due  Torri  an  der  Riva  degli 
Schiavoni  zur  Verfügung,  ein  noch  heute  stehendes, 
wenn  auch  gegen  damals  sehr  verändertes  Ge¬ 
bäude,  in  dem  Petrarca,  soweit  es  seine  Unbe¬ 
ständigkeit  zuließ,  von  1362  bis  1367  wohnte;  er 
scheint  diese  Wohnung  endgültig  erst  1369  ver¬ 
lassen  zu  haben,  als  er  sich  das  bekanntlich  noch 
völlig  wohl  erhaltene  Haus  zu  Arqua  erbaute. 
Die  Gründe,  die  Petrarca  zur  Aufgabe  von  Venedig 
bewogen,  sind  nicht  ganz  aufgeklärt.  Von  mancher 
Seite  wird  der  Grund  darin  gesucht,  daß  einige 
junge  averroistische  Freidenker  in  Venedig,  die 
ihn  als  einen  guten,  aber  unwissenden  Mann  an¬ 
gegriffen  hatten,  und  gegen  deren  Überhebung  er 
dann  ein  sarkastisches  Pamphlet  richtete,  ihm  den 
Aufenthalt  in  der  Stadt  verleidet  hätten:  doch  hat 
diese  Annahme  wenig  für  sich,  wahrscheinlich  ist, 
daß  Petrarca  aus  Gesundheitsrücksichten  und  wegen 
seiner  Freundschaft  mit  Francesco  da  Carrara, 
dem  Herrn  von  Padua,  dorthin  übersiedelte.  Sein 
Freund  Benintendi  war  damals  schon  tot,  und  ob¬ 
wohl  er  zahlreiche  andere  Freunde  in  Venedig 
hatte,  so  mochte  er  sich  doch  dort  seit  dessen 
Tode  in  geistiger  Hinsicht  vereinsamt  fühlen.  Man 
hat  häufig  angenommen,  daß  damit  alle  Beziehun¬ 
gen  Petrarcas  zum  Rat  Venedigs  aufgehört  hätten, 
doch  trifft  diese  Annahme  nicht  zu;  denn  Petrarca 
wurde  vier  Jahre  später,  als  Carrara  gute  Be¬ 
ziehungen  zur  Republik  erwünscht  sein  mußten, 
von  Francesco  als  Gesandter  nach  Venedig  ge¬ 
schickt,  muß  also  noch  persona  grata  bei  den 
Nobili  gewesen  sein.  Bedeutungsvoller  aber  noch 
ist  die  Tatsache,  daß  Petrarca  in  seinem  1370 
niedergeschriebenen  Testament,  das  sehr  viele 
minutiöse  Angaben  enthält,  seiner  Bücher  keinerlei 
Erwähnung  tut,  außer  eines  kleinen  Breviariums, 
das  er  in  Venedig  gekauft  hatte  und  das  er  darum 
als  in  jenem  Vermächtnis  nicht  inbegriffen  er¬ 
achten  mochte.  Sicherlich  ist  diese  Unterlassung 
auffällig,  -doch  beweist  sie  nicht,  daß  die  Bücher 
schon  in  den  Verwahr  der  Republik  übergegangen 
waren.  Es  ist  vielmehr  zweifelsfrei  festgestellt, 
daß  Petrarca  seine  Bücher  mit  sich  in  Arqua  hatte. 
Wahrscheinlich  ist  vielmehr,  daß  er  sich  durch 
den  vollkommen  rechtsgültigen  Vertrag  mit  Venedig 
gehindert  fühlte,  eine  Verfügung  hinsichtlich  seiner 
Bücher  zu  treffen;  daß  aber  Carrara,  der  stark 
literarische  Neigungen  hatte,  und  im  Jahre  1370 
mit  Venedig  in  wenig  guten  Beziehungen  stand, 
der  Meinung  war,  daß  diese  Vertragsbestimmung 
nicht  zur  Wirklichkeit  werden  solle,  und  daß  daher 
das  Schweigen  des  Testaments  in  bezug  auf  Pe¬ 
trarcas  Bibliothek  das  Ergebnis  eines  Kom¬ 


promisses  zwischen  diesem  und  Francesco  ist.  Es 
sind  keine  Anzeichen  vorhanden,  daß  Venedig 
seine  Erbschaftsansprüche  jemals  ausdrücklich 
geltend  machte;  doch  erklärt  sich  dies  zur  Genüge 
aus  dem  gespannten  Verhältnis  der  Republik  mit 
Carrara,  der  in  dem  Krieg  mit  Chioggia,  bald 
nach  Petrarcas  Tode,  beinahe  den  Untergang  der 
Stadt  herbeigeführt  hätte. 

Was  aber  war  dann  das  wirkliche  Schicksal 
dieser  Bücher?  Obwohl  ihr  Besitzer  sie  in  jenem 
Venediger  Memorandum  als  ,, weder  sehr  zahlreich 
noch  wertvoll“  beschrieben  hat,  war  ihr  Schicksal 
doch  der  Gegenstand  ängstlicher  Sorge  unter  den 
literarischen  Freunden  des  Dichters,  hauptsächlich 
weil  sie  einige  der  dichterischen  Werke  Petrarcas, 
wie  das  lateinische  ,,Africa“  und  die  italienischen 
,,Trionfi“  enthielten,  die  nie  in  die  Öffentlichkeit 
gedrungen  waren.  Wir  erfahren  aus  einem  Brief 
Boccaccios  an  den  Schwiegersohn  des  Dichters,  im 
November  1374,  daß  dieser,  damals  selbst  am 
Rande  des  Grabes  stehend,  Gewißheit  haben 
möchte,  daß  bezüglich  der  Petrarcaschen  Bibliothek 
keine  vorschnelle  Entscheidung  getroffen  würde. 
Er  scheint  dabei  vor  allem  Petrarcas  angeblichen 
Wunsch  im  Auge  gehabt  zu  haben,  daß  „Africa“ 
den  Flammen  übergeben  würde.  Diesem  Wunsche 
Boccaccios  wurde  hinsichtlich  der  Originalwerke 
Petrarcas  entsprochen,  und  Carrara  betraute  Pe¬ 
trarcas  Freund,  Lombardo  Deila  Seta,  als  eine 
Art  literarischen  Testamentsvollstreckers  mit  der 
Aufgabe,  die  Bücher  von  den  berühmten  Männern 
(De  viris  illustribus)  nach  dem  Plane  des  Ver¬ 
fassers  zu  vervollständigen.  Über  das  Schicksal 
der  eigentlichen  Bibliothek  Petrarcas  fehlen  uns 
dagegen  zuverlässige  Angaben.  Sechzig  Jahre 
nach  dessen  Tode  stellte  Poggio  in  seiner  Grab¬ 
rede  auf  den  Gelehrten  Niccolo  Niccoli  fest,  daß 
diese  Bücher  verkauft  und  unter  verschiedene  Be¬ 
sitzer  zerstreut  worden  seien.  Der  Livius  des 
Petrarca  war  in  Sarzana,  dem  Wohnsitz  des  ge¬ 
nuesischen  Herzogshauses  der  Fregosi;  der  Apuleius 
gehörte  dem  Humanisten  Papst  Nikolaus  V.;  an¬ 
dere  Bücher  können  um  diese  Zeit  in  Florenz, 
Mailand,  Mantua  und  Padua  nachgewiesen  werden. 
Von  den  69  Manuskripten  des  Dichters  war  nur 
eines  in  Venedig,  aber  nicht,  wie  heute,  in  der 
Bibliothek  von  San  Marco,  sondern  im  Besitz  des 
Humanisten  Francesco  Barbaro. 

Die  weitaus  größere  Anzahl  der  heute  vor¬ 
handenen  Bücher  des  Dichters  war  gegen  das 
Ende  der  XIV.  Jahrhunderts  in  der  Bibliothek  der 
Visconti  zu  Pavia;  und  dieser  Umstand  kann 
nahezu  als  ein  Beweis  dafür  gelten,  daß  sie  nach 
des  Dichters  Tode  von  Carrara  erworben  worden 
waren.  Dieser  war  im  Jahre  1388  von  dem 
Herrn  von  Mailand,  Gian  Galeazzo  Visconti,  im 
Bunde  mit  der  Republik  Venedig  geschlagen, 
Padua  von  den  Mailändern  genommen  und  er 
selbst  als  Gefangener  nach  Verona  gebracht 
worden.  Sein  Besieger  war  wieder  selbst  ein 
Freund  der  Literatur  und  der  Schriftsteller,  und 


i59 


Schneider,  Die  Bibliothek  Petrarcas  und  ihre  Schicksale. 


so  ist  es  begreiflich,  wie  auch  durch  die  halb 
verwischten  Inschriften  auf  den  Pavianer  Manu¬ 
skripten  erwiesen  wird,  daß  auch  Carraras  Biblio¬ 
thek  einen  Teil  der  Beute  bildete.  Unter  diesen 
Büchern  waren  sehr  wertvolle  Stücke,  wie  die 
Übersetzung  des  Homer  in  lateinische  Prosa  von 
Leontius  Pilatus,  die  auf  Kosten  Petrarcas  und 
Boccaccios  hergestellt  worden  war.  Dieses  jetzt 
verschollene  Buch,  das  an  seinem  Rand  Anmer¬ 
kungen  von  Petrarcas  eigener  Hand  trug,  wurde 
von  den  italienischen  Humanisten  des  XV.  Jahr¬ 
hunderts,  die  wohl  wußten,  daß  es  von  Petrarca 
stammte,  eifrig  studiert. 

Die  weiteren  Schicksale  dieser  Pavianer  Pe¬ 
trarca-Bibliothek  sind  gleichfalls  der  Erwähnung 
wert.  Als  Ludovico  Sforza  (II.  Moro),  der  letzte 
Herzog  von  Mailand,  im  Jahre  1500  von  Lud¬ 
wig  XII.  gefangen  genommen  wurde,  wurden  sie 
wiederum  die  Beute  eines  Eroberers,  und  wurden 
zuerst  in  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Blois, 
nachher  zu  Fontainebleau,  und  zuletzt  in  der 
Nationalbibliothek  zu  Paris  untergebracht.  Dort 
blieben  sie  lange  unbeachtet,  obwohl  der  König¬ 
liche  Bibliothekar,  Mellin  de  St.  Gelais,  —  selbst 
ein  Dichter,  der  lange  Zeit  an  italienischen  Uni¬ 
versitäten  studiert  hatte  und  von  dort  das  Sonnet 
nach  Frankreich  einführte,  —  der  1544  ihre  Ver¬ 
bringung  nach  Fontainebleau  beaufsichtigte,  den 
Namen  Petrarcas  auf  den  Vorsatzblättern  wohl 
bemerkt  hatte.  Ein  Jahrhundert  später,  unter 
Ludwig  XIV.,  wurden  viele  dieser  Bücher  neu  ge¬ 
bunden;  und  es  ist  zu  befürchten,  daß  dabei  viele 
von  Petrarcas  eigenhändigen  Anmerkungen,  die 
für  die  Chronologie  seines  Lebens  oft  so  große 
Bedeutung  haben,  zugrunde  gegangen  sind. 

Immerhin  ist  wenigstens  eines  der  Petrarca- 
Bücher  in  der  herzoglichen  Bibliothek  zu  Pa  via 
den  plündernden  Händen  Ludwigs  XII.  entgangen, 
da  es  von  einem  Bürger,  Antonio  di  Pirro,  der 
den  Wert  dieses  Buches  kannte,  in  Sicherheit  ge¬ 
bracht  wurde.  Es  war  das  kostbarste  von  allen 
—  der  berühmte  Virgil  der  Ambrosiana  — ,  der 
mit  einem  Bilde  von  Petrarcas  Freund  Simone 
Memmi  geschmückt  ist,  und  die  Aufzeichnungen 
des  Dichters  über  den  Tod  Lauras  und  anderer 
ihm  Nahegestandener  enthält.  Im  Laufe  der  langen 
und  unfruchtbaren  Erörterungen  über  Lauras 
Identität,  deren  Existenz  als  reale  Person  sogar 
bekanntlich  in  Zweifel  gezogen  wurde,  ist  die 
Echtheit  dieses  Eintrags  ebenfalls  heftig  angegriffen 
worden;  sie  kann  aber  jetzt  als  einwandfrei  er¬ 
wiesen  gelten.  Die  Überlieferung  besagt,  daß  das 
Buch  nach  Petrarcas  Tode  entweder  als  Geschenk 
oder  durch  Kauf  in  den  Besitz  seines  Freundes 
und  Arztes  Dondi  deH’Orologio  gelangte;  von  dort 
verkaufte  es  wahrscheinlich  Dondis  Neffe  und  Erbe 
an  Carrara,  denn  es  taucht  schon  sehr  früh  in 
der  Bibliothek  von  Pavia  auf.  Im  XVI.  Jahr¬ 
hundert  wechselte  es  mehrfach  seine  Besitzer,  bis 
es  im  Jahre  1600  vom  Cardinal  F.  Borromeo  für 
die  damals  im  Entstehen  begriffene  Bibliotheca 


Ambrosiana  erworben  wurde.  Von  Napoleon 
wurde  es  1796  nach  Paris  verbracht,  kam  aber 
alsbald  nach  seinem  Fall,  1815,  wieder  nach 
Mailand  zurück.  Es  war  eines  der  frühesten  und 
seinem  Besitzer  wertvollsten  Bücher  Petrarcas,  denn 
es  trägt  eine  lateinische  Anmerkung  von  des 
Dichters  eigener  Hand:  „Dieses  Buch  wurde  mir 
am  1.  November  1326  gestohlen  und  am  1.  April 
1338  zu  Avignon  wieder  zurückerstattet.“ 

Einige  der  Bücher  Petrarcas,  die  sich  jetzt  in 
Paris  befinden,  haben  augenscheinlich  nicht  zur 
Pavianer  Sammlung  gehört.  Dies  sind  der  Livius, 
die  Naturgeschichte  des  Plinius  —  ein  Buch,  das 
im  XIV.  Jahrhundert  außerordentlich  selten  war  — , 
und  die  Altertümer  des  Josephus.  Diese  Bücher 
befinden  sich  nämlich  nicht  in  dem  noch  vor¬ 
handenen  Katalog  der  Pavianer  Bibliothek  ver¬ 
zeichnet,  der  1426  für  den  letzten  Visconti  her¬ 
gestellt  wurde,  und  auf  Grund  dessen  die  übrigen 
Stücke  leicht  als  Teile  dieser  Sammlung  erwiesen 
werden  können.  Von  diesen  Büchern  ist  besonders 
der  Livius  von  Interesse,  ein  reich  illustrierter 
Band  aus  dem  Ende  des  XIV.  Jahrhunderts,  der 
auf  dem  ersten  Blatt  den  eigenhändigen  Vermerk 
des  Dichters  trägt:  „In  Avignon  1351  gekauft, 
aber  lange  vorher  in  meinem  Besitz.“  Im  ganzen 
sind  in  Paris  25  Stück  Petrarcascher  Manuskripte; 
außer  den  zwei  bereits  erwähnten  in  Venedig  und 
Mailand  gibt  es  noch  neun,  die  erwiesenermaßen 
einst  in  Petrarcas  Besitz  waren,  davon  sechs  in 
der  Vatikanischen  Bibliothek,  die  anderen  in 
Padua,  Florenz  und  Troyes.  Das  Manuskript  von 
Troyes  ist  besonders  interessant,  weil  es  ver¬ 
schiedene  Werke  Ciceros  enthält  —  sechs  Reden 
und  elf  philosophische  Abhandlungen  — ,  eines 
Schriftstellers,  den  Petrarca  nicht  weniger  eifrig 
als  den  Virgil  studierte.  Unter  den  Handschriften 
des  Vatikan  sind  zwei  besonders  kostbare  Schätze 
—  eine  Abschrift  der  Divina  Commedia,  wahr¬ 
scheinlich  dieselbe,  die  Boccaccio  einst  schrieb  und 
Petrarca  zum  Geschenk  machte,  und  eine  des 
Canzoniere,  die  unter  des  Dichters  eigenen  Augen 
von  dem  nachmals  als  Humanist  zu  Ruhm  ge¬ 
langten  Giovanni  da  Ravenna  angefertigt  wurde. 
In  Padua  ist  Petrarcas  Handschrift  von  Augustins 
Schrift  „De  civitate  Dei“,  eines  seiner  frühesten 
Besitzstücke,  sie  trägt  am  Kopf  die  Bemerkung: 
„Ich  kaufte  dieses  Buch  im  Februar  1325  zu 
Avignon  von  den  Testamentsvollstreckern  des 
Cantor  Cinthius  von  Tours  um  17  Gulden.“  In 
der  Laurentiana  zu  Florenz  endlich  befindet  sich 
eine  Handschrift  des  Horaz  aus  dem  X.  Jahr¬ 
hunderts,  mit  einer  Anmerkung  von  Petrarcas 
Hand,  daß  er  dieselbe  am  28.  November  1347 
zu  Genua  kaufte,  als  er  seine  vergebliche  Reise 
dorthin  unternahm,  um  Rienzi  zu  treffen.  Auf 
der  Rückseite  des  Blattes  steht  gleichfalls  ein  inter¬ 
essanter  Eintrag  von  seiner  Hand,  nämlich  die 
Worte:  „Liber  Francisci  Petrarce  laureati,  qui  post 
obitum  ejus  remaneat  penes  heredem  suum“. 
Dieser  Erbe  war  natürlich  sein  Schwiegersohn, 


i6o 


Westheim.  Wir  brauchen  Illustratoren. 


Francesco  daBrossano,  und  der  Eintrag  will  sicher¬ 
lich  besagen,  daß  dieses  Buch  in  das  Venediger 
Vermächtnis  nicht  einbegriffen  sein  sollte. 

Die  heute  noch  vorhandenen  Manuskripte  aus 
Petrarcas  Besitz,  deren  Geschichte  hier  flüchtig 
skizziert  wurde,  stellen  allerdings  nur  die  Trümmer 
aus  der  Bibliothek  des  großen  Humanisten  dar. 
Wir  wissen,  daß  er  von  der  altklassischen  Literatur 
Aulus  Gellius,  Catullus,  Juvenal,  Lucan,  Macrobius, 
Ovid,  Plautus,  Pomponius  Mela,  Propertius,  Seneca, 
Solinus,  Terenz,  Valerius  Maximus,  Varro  und 
Vitruvius  studierte,  und  doch  ist  kein  einziges 
Werk  dieser  Verfasser  unter  seinen  heute  noch 
erhaltenen  Handschriften  zu  finden.  In  seinen 
späteren  Jahren  war  Petrarca  ein  eifriger  Leser 
der  lateinischen  Kirchenväter,  besonders  des  Lac- 
tantius,  des  Ambrosius  und  Hieronymus,  und  doch 
sind  auch  diese  in  dem  Teil  der  Bücher,  die  auf 
uns  gekommen  sind,  nur  sehr  spärlich  vertreten. 
Weniger  verwunderlich  ist  es,  daß  sich  gar  keine 
Werke  der  Scholastiker  unter  seinen  Büchern 


finden,  denn  er  machte  sich  oft  genug  über  die 
Scholastiker  und  ihre  Logik  lustig.  Immerhin 
kannte  er  die  Werke  des  Petrus  Lombardus,  des 
Thomas  von  Aquin  und  des  Bonaventura,  denen 
er  ein  schwaches  Lob  zollt.  Vermutlich  war 
seine  Bibliothek  auch  reich  an  Werken  der  Trou¬ 
badours  und  der  italienischen  Dichter  vor  Dante, 
da  es  ja  seit  den  Untersuchungen  von  Scarano 
außer  jedem  Zweifel  steht,  daß  Petrarcas  Canzoniere 
sehr  erheblich  von  den  Liedern  der  Troubadours  be¬ 
einflußt  worden  ist.  Im  Zusammenhang  mit  diesen 
Darlegungen  über  Petrarca  und  seine  Bücher  darf 
übrigens  auch  ein  wichtiger  Einfluß  nicht  über¬ 
gangen  werden,  der  von  diesen  Büchern  ausging, 
daß  nämlich  die  Schrift,  die  zum  erstenmal  von 
Aldus  im  XV.  Jahrhundert  als  das  Modell  zur 
„italienischen“  oder  ,,Cursiv“-TyPe  genommen 
wurde,  nichts  anderes  als  die  überaus  schöne 
Schrift  ist,  in  der  in  Petrarcas  Büchern  von  seiner 
sorgsamen  Hand  die  Anmerkungen  und  kritischen 
Noten  geschrieben  sind. 


Wir  brauchen  Illustratoren. 

Von 

Paul  Westheim  in  Berlin. 


Der  Zeitscliriften-Illustrator  steht  auf  der  Aussterbe¬ 
liste.  Die  Maschine,  die  Kamera,  die  so  fix,  so  präzis, 
so  exakt  arbeitet,  hat  ihn  aus  Amt  und  Brot  gejagt. 
Er  war  nicht  mehr  gewandt  und  nicht  mehr  konkurrenz¬ 
fähig  genug  im  Wettbewerb  mit  dem  Momentknipser. 
Oder  war  er  vielleicht  zu  unfähig,  zu  banal,  zu  kitschig 
geworden?  1  Denjenigen  Zeichner,  der  ein  Stück  unseres 
Daseins  geistvoll  erfaßt,  erlebt,  der  seinem  persönlichen 
Erlebnis  den  überzeugenden  Ausdruck  zu  verleihen  ver¬ 
mag,  verdrängt  eine  simple  Lichtbildmaschine  nicht 
so  ohne  weiteres.  Daß  der  stereotype  Bilderreporter, 
der  anno  dazumal  die  Spalten  der  Familienzeitschriften 
füllte,  unmöglich  gemacht  wurde  durch  die  Photo¬ 
graphie,  die  wenigstens  nicht  fad,  nicht  süßlich  war, 
ist  verständlich.  Doch  nun  beginnt  ein  Widerwillen 
gegen  ihre  leblose  Starrheit  sich  zu  regen.  Auf  die 
Dauer  befriedigt  der  unverfälschte  Naturabklatsch  nicht; 
das  Geistige ,  Psychische ,  Menschliche  fehlt.  Und  nie¬ 
mand  ist  da,  der  diese  Lücke  zu  füllen  vermöchte. 

„  Wir  brauchen  eben  Illustratoren“ ,  erklärt  Carl 
Schnebel ,  der  ja  als  Fachmann  mitten  im  Markt  steht, 
in  einer  kleinen  Broschüre1,  die  einem  „Menzelpreis¬ 
ausschreiben“  des  Verlages  Ullstein  cU  Co.  als  Be¬ 
gründung  beigegeben  ist.  Menzel  wird  als  Vorbild  auf¬ 
gestellt.  Der  Menzel,  der  jedes  Begegnis,  jegliche 
fesselnde  Situation  mit  der  vollen  Kraft  seines  zeich¬ 
nerischen  Könnens  aufs  Blatt  zu  schmettern  wußte. 


Dieser  Menzel  liebte,  suchte  und  gestaltete  das  Charak¬ 
teristische,  das  spezifisch  Persönliche  eines  Vorganges. 
Ob  er  aber  eine  Monarchenentrevue  oder  einen  Parla- 
mentsdebatter  mit  der  erwünschten  „Noblesse  der  Ob¬ 
jektivität“  zufriedenstellend  geliefert  hätte?!  Schließlich 
spitzt  sich  die  ganze  Angelegenheit  zu  einem  kunst¬ 
pädagogischen  Problem  zu.  Ein  Gedächtniszeichnen 
großen  Stiles  wäre  notwendig.  Hand  und  Auge  des 
Zeichners  sind  heute  —  im  ophthalmologischen  Sinne  — 
auf  ein  „fixiertes  Sehen“  eingeschult,  während  das  „be¬ 
wegte  Sehen“  hier  Voraussetzung  wäre.  Der  Illustrator 
hätte  sich  durch  stete  Übung  einen  Ausdrucksschatz 
von  typischen  Erscheinungen  und  Vorgängen  anzu¬ 
eignen,  so  daß  ihm  im  Einzelfalle  nur  das  Besondere 
zu  erfassen  und  zu  skizzieren  übrig  bliebe.  Das  war  auch 
die  Methode  jener  früheren  lllustratoren-Generation; 
nur  pflegte  das  Besondere  bei  ihnen  unbedeutend,  das 
Typische  klischeeartig  fad  zu  bleiben.  Ob  die  Kunst¬ 
zuchtanstalten  das  lehren  wollen,  ob  sie  überhaupt 
lehren  können,  was  eigentlich  interessant,  schlagend, 
packend  ist,  mag  eine  offene  Frage  bleiben.  Die  seichte 
Reportergraphik  zu  einem  frischen  Feuilletonesprit 
emporzukultivieren,  ist  letzten  Endes  eine  Frage  der 
Persönlichkeit.  Die  Ergebnisse  des  Menzelpreisaus¬ 
schreibens  werden  ja  zeigen,  auf  wieviel  Beseelung  und 
Belebung,  auf  wieviel  echte  Leidenschaft  bei  dem  Tanz 
mit  der  Photographie  zu  rechnen  ist. 


i  Carl  Schnebel,  Wir  brauchen  Illustratoren.  (Berlin,  Ullstein  &  Co.,  Privatdruck.) 


Alle  Rechte  Vorbehalten.  —  Nachdruck  verboten. 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Prof.  Dr.  Carl  Schiiddekopf-Weimax,  Grunstedterstr.  16.  Druck  u.  Verlag  v.  W  Drugu/in-Leipz'ig,  Königstr.  io. 


Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke 
bei  Göschen  1787—1790. 

Von 

Dr.  jur.  Otto  Deneke  in  Göttingen. 


Die  erste  rechtmäßige  von  Goethe  selbst 
besorgte  Sammelausgabe  seiner  Schriften 
erschien  wie  bekannt  in  den  Jahren  1787 
bis  1790  in  acht  Bänden  bei  dem  nachmals 
so  berühmt  gewordenen,  damals  in  seinen  ersten 
Anfängen  stehenden  Verleger  Georg  Joachim 
Göschen  zu  Leipzig. 

Neben  dieser  Sammlung  der  Schriften  er¬ 
schienen  bei  Göschen  in  den  gleichen  Jahren 
eine  Reihe  von  Dichtungen  Goethes  als  Einzel¬ 
ausgaben,  deren  bibliographisches  Verhältnis  zu 
den  Schriften  hier  im  Zusammenhang  erörtert 
werden  soll. 

Von  solchen  Einzeldrucken  sind  folgende 
vorhanden,  aufgezählt  in  der  Reihenfolge,  wie 
sie  in  der  Sammlung  der  „Schriften“  gedruckt 
und  sicherlich  auch  erschienen  sind. 

i.  Leiden  des  jungen  Werthers.  Von  Goethe. 
(Vignette  von  J.  W.  Meil:  weinender  Genius  und  Amor.) 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelkupfer 
(Chodowiecki  fc.  1787,  Werther  mit  Lotte  und  Mal- 
chen  am  Brunnen,  Engelmann  577),  Titelblatt,  310  SS. 

2.  Götz  von  Berlichingen  mit  der  eisernen  Hand. 
Ein  Schauspiel.  Von  Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig, 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelblatt  und 
240  SS.  Das  in  W  A  Bd.  8,  S.  313  zu  dieser  Ausgabe 
angeführte  Kupfer  J.  C.  Krüger  sc.  (Bruder  Martin 
und  Götz)  gehört  nicht  zu  dieser  Ausgabe.  Es  ist  aus 
Bd.  2  der  1.  oder  2.  Auflage  der  Himburg’schen  Samm¬ 
lung  genommen  worden. 

3.  Die  Mitschuldigen.  Ein  Lustspiel.  Von  Goethe. 
Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen, 
1 787.  Titelbl.  und  128  SS. 

4.  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel.  Von 
Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim 
Göschen,  1787.  Titelblatt,  136  SS. 

5.  Clavigo.  Ein  Trauerspiel.  Von  Goethe.  Ächte 
Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787. 
Titelbl.,  112  SS. 

6.  Die  Geschwister.  Ein  Schauspiel.  Von  Goethe. 
Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen, 
1787.  Titelblatt  u.  44  S.,  2  weiße  Blätter. 

7.  Der  Triumph  der  Empfindsamkeit.  Eine  dra¬ 
matische  Grille.  Von  Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig, 
bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelblatt,  118SS., 
i  weißes  Blatt. 

8.  Die  Vögel.  Nach  dem  Aristophanes.  Von 
Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim 
Göschen,  1787.  Titelblatt,  64  SS. 

9.  Egmont.  Ein  Trauerspiel  in  fünf  Aufzügen.  Von 
Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim 
Göschen,  1788.  Titelblatt,  198  S.,  1  weißes  Blatt. 

21 


IÖ2 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1790. 


10.  Claudine  von  Villa  Bella.  Ein  Singspiel.  Von 
Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim 
Göschen,  1788.  Titelblatt,  126  SS. 

11.  Erwin  und  Elmire.  Ein  Singspiel.  Von  Goethe. 
Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen, 
1788.  Titelblatt,  64  SS. 

12.  Torquato  Tasso.  Ein  Schauspiel.  Von  Goethe. 
Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen. 
1790.  Titelblatt,  222  SS. 

13.  Faust.  Ein  Fragment.  Von  Goethe.  Ächte 
Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1790. 
Titelblatt,  168  SS. 

14.  Jery  und  Bätely.  Ein  Singspiel.  Von  Goethe. 
Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen, 
1790.  Titelblatt,  56  SS. 

15.  Scherz,  List  und  Rache.  Ein  Singspiel.  Von 
Goethe.  Ächte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim 
Göschen,  1790.  Titelblatt,  96  SS. 

Diese  Aufzählung  ist  vollständig.  Es  exi¬ 
stieren  also  keine  Einzeldrucke  Göschens  von 
Stella  (trotz  Goedekes  Angabe)  und  von  Lila, 
sowie  von  den  kleineren  Stücken,  die  den  Band  8 
füllen. 

Für  die  richtige  Beurteilung  dieser  Einzel¬ 
drucke  ist  von  Bedeutung  der  Brief  Göschens 
an  Bertuch,  seinen  stillen  Teilhaber  bei  dieser 
Ausgabe,  vom  22.  Dezember  1787.  Zu  dieser 
Zeit  lagen  die  vier  ersten  Bände  der  Schriften 
vor,  der  fünfte  mit  Egmont  war  wohl  im  Druck. 
„Sie  wissen,  daß  ich  das  4te  Tausend  von 
Goethe  einzeln  gedruckt  habe,  wenigstens  die 
Leiden  Werthers,  Götz  von  Berlichingen  und 
alle  neuen  Stücke  und  diese  verkaufe.  Von 
Egmont  wollen  wir  2000  drucken.  Das  Publi¬ 
kum  weiß  schon  davon  und  ist  darauf  gespannt.“ 

Göschen  hatte  ursprünglich  die  Absicht,  die 
Schriften  Goethes  in  einer  Auflage  von  4000 
Exemplaren  zu  drucken.  Diese  Absicht  ist  mit 
einer  Modifikation  ausgeführt:  er  druckte  die 
Schriften  in  3000  Exemplaren  und  daneben  die 
einzelnen  Stücke  in  Separatdrucken  von  je 
1000  Exemplaren.  Da  Goethe  dem  Verleger 
in  der  Höhe  der  Auflage  völlig  freie  Hand  ge¬ 
lassen  hatte,  kann  man  dieses  Verfahren 
Göschens  nicht  als  inkorrekt  bezeichnen.  Er 
hat  auch  niemals  ein  Hehl  aus  dem  Vorhanden¬ 
sein  dieser  Einzeldrucke  gemacht,  sie  vielmehr 
zusammen  mit  den  Schriften  öffentlich  ankündi¬ 
gen  lassen.  Im  Eingang  der  berühmten  Egmont- 
Rezension  Schillers  in  der  Jenaer  Allgemeinen 
Litteratur-Zeitung  vom  20.  September  1788 
wird  eigens  darauf  hingewiesen,  daß  der  Egmont 
auch  besonders  zu  haben  sei. 


Bibliographisch  ist  über  diese  Einzelausgaben 
vor  allem  zu  sagen,  daß  sie  keine  selbständigen 
Drucke  darstellen,  sondern  von  demselben 
Drucksatze  abgezogen  worden  sind,  von  dem 
die  „Schriften“  gedruckt  sind.  Die  einzige 
Änderung  ist  die,  daß  die  Bogennorm,  die  bei 
den  Schriften  durchweg  lautet:  Goethe’s  W.  1. 
[ —  8  ]  B.,  beseitigt  ist.  Die  Einzeldrucke  tragen 
keine  Norm.  (Nur  Werthers  Leiden,  der  erste 
der  Pfinzeldrucke,  hat  in  dieser  und  in  anderen 
Beziehungen  eine  Sonderstellung  und  wird  des¬ 
halb  unten  besonders  beschrieben.)  Die  Einzel¬ 
drucke  tragen  sämtlich  (außer  Werther)  die 
Bezeichnung  „Ächte  Ausgabe“  auf  dem  Titel. 
Diese  Bezeichnung  „Ächte  Ausgabe“  (die  dem 
Kampfe  gegen  die  Nachdrucker  dienen  sollte) 
ist  das  bequemste  Erkennungsmerkmal  dieser 
rechtmäßigen  Göschen’schen  Ivinzel-Ausgaben. 
Wo  diese  Bezeichnung  fehlt  oder  in  der  Form 
„aechte“  oder  „echte“  Ausgabe  auftritt,  liegt  die 
richtige  Einzelausgabe  nicht  vor,  die  der  Ver¬ 
leger  als  das  vierte  Tausend  der  Auflage  aus¬ 
gedruckt  hat. 

Der  Text  der  Titelblätter  ist  nach  einheit¬ 
lichen  Grundsätzen  hergestellt,  wie  die  obige 
Beschreibung  zeigt.  In  der  Verteilung  des 
Titelwortlauts  auf  die  Zeilen  sind  die  ächten 
Ausgaben  alle  übereinstimmend. 

Die  Einzeldrucke  haben  (außer  Werther) 
keine  Kupfer,  sind  überhaupt  ziemlich  unan¬ 
sehnlich.  Das  Papier  scheint  noch  eine  Note 
schlechter  zu  sein,  als  das  „ordinäre  Schreib¬ 
papier“  der  Schriften.  Jedenfalls  gibt  es  heute 
wohl  keine  Exemplare,  die  nicht  mehr  oder 
weniger  stockfleckig  wären.  Das  von  Göschen 
für  die  Iphigenie,  den  Tasso,  den  Faust  ver¬ 
wendete  Papier  erinnert  in  keiner  Weise  an 
die  Unsterblichkeit  der  Dichtungen,  die  auf 
ihm  zum  ersten  Male  der  Menschheit  geschenkt 
worden  sind. 

Die  Frage,  ob  man  den  Abdruck  der  ein¬ 
zelnen  Dichtungen  in  der  Sammlung  der 
Schriften  oder  den  Einzeldruck  als  die  „Erst¬ 
ausgabe“  anzusehen  hat,  halte  ich  für  gänzlich 
müssig.  Das  Verlagsunternehmen  im  Ganzen 
ist  von  Göschen  darauf  angelegt,  von  demselben 
Satze  sowohl  die  Sammlung  der  Schriften  als 
auch  die  Einzelausgaben  herstellen  zu  lassen. 
Es  ist  zwar  anzunehmen,  daß  von  dem  herge¬ 
stellten  Drucksatze  zunächst  die  Bogen  für  die 
Schriften  abgezogen  sind,  dann  nach  Beseitigung 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1790. 


163 


der  Bogennorm  und  Neupaginierung  derjenigen 
Stücke,  die  in  dem  betreffenden  Bande  der 
Schriften  nicht  an  erster  Stelle  standen,  die  Bogen 
für  die  Einzelausgaben  abgezogen  sind.  Indessen 
ist  doch  schon  bei  Herstellung  des  Satzes  für 
die  Schriften  auf  die  Vorbereitung  der  Einzel¬ 
ausgaben  Bedacht  genommen.  Die  Verteilung 
der  Einzeldichtungen  auf  die  Druckbogen  eines 
Bandes,  der  mehrere  Dichtungen  enthält,  ist  so 
gewählt,  daß  jede  Dichtung  mit  einem  vollen 
Bogen  beginnt.  Füllte  das  vorhergehende  Stück 
den  vorhergehenden  Bogen  nicht  ganz  aus,  so 
wurde  dieser  Bogen  entsprechend  verkleinert, 
sodaß  er  statt  8  Blatt  etwa  nur  4  Blatt  enthält, 
oder  es  wurden  Blätter  des  Bogens  leer,  un¬ 
bedruckt  gelassen. 

Bei  Band  1  kommt  dieses  nicht  in  Frage, 
da  der  Band  nichts  als  Werthers  Leiden  ent¬ 
hält. 

Bei  Band  2  schließt  Götz  mit  der  letzten 
Seite  des  Bogen  P,  die  Mitschuldigen  beginnen 
mit  Blatt  1  des  Bogens  Q. 

In  Band  3  beginnt  Clavigo  mit  Blatt  1  des 
Bogens  K,  der  vorhergehende  Bogen  J  enthält 
nur  4  Blätter,  weil  der  Text  der  Iphigenie 
nicht  ausreichte,  um  8  Blätter  dieses  Bogens 
zu  füllen. 

In  Band  4  füllt  Stella  vom  Bogen  G  nur 
drei  Blätter.  Der  Bogen  enthält  vier  Blätter, 
von  denen  das  letzte  unbedruckt  ist.  Der 
Triumph  der  Empfindsamkeit  beginnt  mit  dem 
vollen  Bogen  H,  er  füllt  Bogen  H — O  und  vom 
Bogen  P  3  Blätter.  Bogen  P  hat  deshalb  nur 
4  Blätter,  von  denen  das  letzte  weiß  ist  und  bei 
der  Paginierung  nicht  mitgezählt  wird.  Die 
Vögel  beginnen  das  erste  Blatt  von  Bogen  Q. 

Bei  Band  5  füllt  der  Text  des  Egmont  nur 
12  volle  Bogen  (A — M)  und  vom  Bogen  N 

3  Blätter.  Bogen  N  besteht  wieder  nur  aus 

4  Blatt,  von  denen  das  vierte  freigelassen  (und 
nicht  mitpaginiert)  ist,  so  daß  es  beim  Binden 
hätte  weggeschnitten  werden  müssen.  Es  ist 
aber,  ebenso  wie  die  anderen  hier  erwähnten 
weissen  Blätter,  noch  vielfach  vorhanden.  Clau- 
dine  von  Villa  Bella  beginnt  mit  Blatt  1  des 
Bogen  O.  Sie  würde  mit  ihren  126  SS.  7  volle 
Bogen  und  von  dem  achten  7  Blätter  füllen. 
Das  achte  Blatt  des  achten  Bogens  X  ist  hier 
nicht  unbedruckt  geblieben,  sondern  zum  Neu¬ 
druck  des  fehlerhaften  Personen -Verzeichnisses 
verwendet. 


Bei  Band  6  füllt  Tasso  mit  seinen  222  SS. 
13  Bogen  und  7  Blätter.  Das  achte  Blatt  des 
14.  Bogens  O  ist  hier  nicht  freigelassen,  sondern 
trägt  das  erste  Blatt  (Titel  und  rückseitig  das 
Personenverzeichnis)  von  Lila.  Hier  war  das 
sonst  beobachtete  Verfahren,  jedes  neue  Stück 
auf  einem  neuen  vollen  Bogen  im  Druck  zu 
beginnen,  nicht  geboten,  da  von  Lila  keine 
Einzelausgabe  geplant  war.  Bei  der  ächten 
Einzelausgabe  des  Tasso  ist  dieses  achte  Blatt 
des  Bogens  O  leer  oder  nicht  vorhanden.  Nach 
dem  Ausdruck  der  für  die  Schriften  bestimmten 
Bogen  entfernte  man  den  Satz  von  S.  223/4 
und  druckte  dann  (nach  Beseitigung  der  Bogen¬ 
norm)  die  Bogen  für  die  Einzelausgabe.  Bei 
den  unechten  Ausgaben,  die  aus  den  Bogen 
der  Schriften  bestehen,  wird  man  in  der  Tasso- 
Ausgabe  meist  noch  das  Blatt  finden,  das 
den  Titel  und  das  Personenverzeichnis  von  Lila 
enthält. 

Bei  Band  7  füllt  Faust  mit  168  SS.  io1// 
Bogen.  Bogen  1 1  (L)  besteht  demnach  aus 
4  Blättern.  Jery  beginnt  mit  dem  vollen  Bogen 
M  und  füllt  mit  56  S.  3I/2  Bogen,  also  M,  N, 
O,  P,  wovon  P  wieder  nur  4  Blatt  hat.  Scherz, 
List  und  Rache  beginnt  den  vollen  Bogen  Q. 

Nach  diesem  Befunde  ist  anzunehmen,  daß 
die  einen  Band  füllenden  Einzeldichtungen 
einzeln  gesetzt  und  ausgedruckt  sind,  ohne 
Rücksicht  darauf,  ob  das  Stück  den  letzten 
Bogen  ganz  oder  nur  teilweise  füllte.  Ich  er¬ 
kläre  mir  dieses  Verfahren  damit,  daß  Göschen, 
wie  aus  der  Korrespondenz  mit  Goethe  zu 
ersehen  ist,  das  Manuskript  der  Dichtungen, 
die  einen  Band  bilden  sollten,  vom  Dichter 
einzeln  erhielt  und  dementsprechend  die  einzelne 
Dichtung  fertig  ausdruckte,  ehe  er  das  Manu¬ 
skript  zu  dem  weiteren  Inhalte  des  Bandes 
erhalten  hatte. 

Dieser,  bibliographisch  genommen,  völlig 
klare  Sachverhalt  wird  nun  dadurch  kompliziert, 
daß  es  neben  diesen  ächten  Einzelausgaben 
allerlei  andere,  ähnliche  Drucke  gibt,  die  im 
einzelnen  zu  betrachten  sind. 

1.  Werthers  Leiden.  Für  den  Werther  ist 
zunächst  noch  nachzuholen,  daß  die  echte  Aus¬ 
gabe  hier  nicht  den  oben  angegebenen  Merk¬ 
malen  der  „ächten  Ausgaben“  entspricht.  Die 
Besonderheit  des  Werther  liegt  einmal  in  dem 
Vorhandensein  einer  Titelvignette  und  eines 
Titelkupfers.  Die  Titelvignette  ist  dieselbe  wie 


IÖ4 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787  — 1790. 


in  Band  I  der  Schriften  (der  ja  nichts  weiter 
als  den  Werther  enthält);  das  Titelkupfer  ist 
nicht  das  des  Bandes  1  der  Schriften  (Ramberg 
del.,  Geyser  sc.),  sondern  das  von  Göschen  ver¬ 
worfene  Chodowiecki’sche  Kupfer  zum  Werther 
(Engelmann  577).  Dieses  Kupfer  ist  einem 
Teil  der  „Schriften“  in  Band  1  als  Zugabe 
(zweites  Kupfer)  beigelegt  worden,  ist  aber  auch 
für  den  Einzeldruck  (und  zwar  als  Titelkupfer) 
verwendet  worden. 

Eine  weitere  Besonderheit  des  Werther- 
Einzeldrucks  gegenüberdenandernEinzeldrucken 
ist  einmal  das  Fehlen  der  Bezeichnung  ächte 
Ausgabe.  Sodann  trägt  hier  Bogen  A  noch 
die  Bogennorm  Goethe’s  W.  1.  B.;  erst  bei 
Bogen  B  fg.  ist  die  Bogennorm  beseitigt.  Die 
Angabe  Hirzeis,  daß  der  [ganze]  Band  die 
Bogennorm  trüge,  halte  ich  für  irrtümlich.  Ich 
habe  kein  derartiges  Exemplar  gesehen. 

Diese  Sonderstellung  des  Werther -Einzel¬ 
drucks  gegen  die  anderen  Einzeldrucke  erklärt 
sich  ungezwungen  dadurch,  daß  Werther  das 
zuerst  gedruckte  Stück  war,  und  daß  erst  bei 
der  Herstellung  dieser  Sonderausgabe  sich  die 
Grundsätze  ergeben  haben,  die  bei  den  folgen¬ 
den  Drucken  durchweg  befolgt  sind. 

Zu  dieser  ächten  Ausgabe,  die  sich  also 
durch  die  Titelvignette  (weinender  Genius  und 
Amor)  und  durch  die  nur  auf  dem  ersten 
Bogen  vorhandene  Bogennorm  Goethe’s  W. 
1.  B.  kennzeichnet,  treten  nun  einige  andere 
unechte  Drucke  mit  der  Jahreszahl  1787. 

a)  Leiden  des  jungen  Werthers.  Von  Goethe. 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelblatt, 
310  SS. 

Ein  Nachdruck  mit  gleichem  Titel,  wie  die 
ächte  Ausgabe,  ohne  Titelvignette  und  ohne 
Titelkupfer,  mit  der  Bogennorm  auf  allen  Bogen: 
Goethe’s  W.  i.  B.  Diese  Bogennorm  ist  aber 
irreführend.  Der  Satz  stimmt  nicht  mit  dem 
Satze  der  Schriften,  er  ist  ein  gänzlich  anderer, 
wenn  auch  ähnlich.  Charakteristisch  für  den 
Druck  der  „Schriften“  und  damit  die  ächten 
Einzelausgaben  ist  eine  typographische  Kleinig¬ 
keit.  In  den  Schriften  ist  stets  ä  ö  ü  zu  lesen, 
nicht  a  b  u.  Diese  Art  der  Diphthonge  findet 
sich  nur  bei  den  ächten  Göschen’schen Drucken. 
Die  Umkehrung  des  Satzes:  daß  alle  Drucke 
mit  a  b  u  nicht  Göschen’sche  Drucke  seien, 
ist  allerdings  nicht  richtig.  Die  Göschen’sche 
sogenannten  geringere  Ausgabe  von  Goethes 


Schriften  in  vier  Bänden  ist  mit  Lettern  gedruckt, 
die  durchweg  a  b  ü  geben. 

Dieser  Wertherdruck  a)  zeigt  a  0  u,  ist 
also  nicht  von  demselben  Satze  wie  die  Schriften 
gedruckt.  Die  Bogennorm  Goethe’s  W.  1.  B. 
bezweckt  wohl  eine  Täuschung,  ebenso  wie  die 
Gleichheit  der  Seitenzahl  und  sonstige  Über¬ 
einstimmungen.  Als  kennzeichnend  für  diesen 
Druck  ist  noch  hervorzuheben,  daß  meist  Uibel 
für  Übel,  uiber  für  über  gedruckt  ist.  (z.  B.  S.  6.) 

Es  besteht  kein  Grund  für  die  Annahme, 
daß  dieser  Nachdruck  von  Göschen  selbst  ver¬ 
anstaltet  sei;  Seuffert  in  W  A  hält  es  für  un¬ 
wahrscheinlich.  Auffällig  ist  allerdings,  daß  ein 
fremder  Nachdrucker  auch  die  Firma  des  echten 
Verlegers  mit  nachgedruckt  haben  sollte.  Es 
ist  das  meines  Wissens  nicht  die  Art  der  Nach¬ 
drucker  des  XVIII.  Jahrhunderts. 

b)  Die  Leiden  des  jungen  Werthers.  Erster  Theil. 
Mottovers.  Aechte  vermehrte  Auflage.  Kupfermedaillon. 
(S.  1 1 3 :  Zweyter  Theil.  Mottovers.  Kupfermedaillon.) 
Leipzig,  in  der  Weygandschen  Buchhandlung.  1787. 
252  SS. 

Weygand  war  der  rechtmäßige  Verleger 
der  ersten  Fassung  des  Werther.  Mindestens 
sechs  Drucke  dieser  ersten  Fassung  waren  bei 
ihm  in  den  Jahren  1774  und  folgende  erschienen. 
An  dem  durch  das  Neuerscheinen  des  Werther 
in  umgearbeiteter  Fassung  in  Aussicht  gestellten 
Geschäfte  wollte  auch  Weygand  seinen  Anteil 
haben.  Er  veranstaltete  diesen  Druck,  wagte 
aber  die  neue  Fassung  nicht  nachzudrucken, 
richtete  sich  vielmehr  aus  seiner  alten  Fassung 
und  der  neuen  Göschenschen  Fassung  ein  Ge¬ 
misch  her,  das  für  die  Textkritik  gänzlich  wert¬ 
los  ist.  Die  Mottoverse  und  die  Kupfer¬ 
medaillons  auf  den  Titeln  sind  dieselben,  wie 
bei  den  Weygand’schen  Ausgaben  des  Werther 
von  1 775- 

c)  Leiden  des  jungen  Werther.  Von  Goethe.  Leip¬ 
zig,  bei  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelblatt.  3 10  SS. 
Kein  Kupfer.  Bogennorm:  auf  Bogen  i:  keine.  Auf 
Bogen  2  fg.:  W.  Leid. 

Die  Bogen  sind  nicht  mit  den  Buchstaben 
des  Alphabets,  sondern  mit  fortlaufenden  Ziffern 
gezählt.  Danach  gehört  der  Druck  sicher  erst 
ins  XIX.  Jahrhundert. 

Eine  Ausgabe  vom  Werther,  die  aus  den 
unveränderten  Bogen  des  Band  1  der  Schriften 
(achtbändige  Ausgabe),  unter  Beibehaltung  auch 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1790. 


165 


der  Bogennorm,  bestände,  wie  wir  sie  bei  anderen 
Werken  finden  werden,  gibt  es  nicht. 

Wohl  aber  hat  Göschen  aus  seiner  vier¬ 
bändigen  Ausgabe  die  den  Werther  enthalten¬ 
den  Bogen  unverändert,  mit  einem  neuen  Titel¬ 
blatt  versehen,  herausgegeben: 

d)  Leiden  des  jungen  Werther.  Von  Goethe. 
Leipzig,  bei  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelblatt. 
196  SS.  Norm:  Goethe’s  W.  1.  Band. 

2.  Götz.  Neben  der  ächten  Ausgabe  gibt 
es  hier  eine  unrechtmäßige  „aechte“  Ausgabe. 

Götz  von  Berlichingen  mit  der  eisernen  Hand.  Ein 
Schauspiel  von  Göthe.  Aechte  Ausgabe.  Leipzig,  bey 
Georg  Joachim  Göschen  1787.  Titelblatt,  221  SS. 
Norm:  Götz.  v.  Berlich.  Bogensignatur :  1 — 14. 

Nach  der  Bogensignatur  in  Ziffern  kann 
dieser  Druck  erst  aus  dem  XIX.  Jahrhundert 
stammen. 

3.  Von  den  Mitschuldigen  gibt  es  nur  die 
ächte  Ausgabe. 

4.  Iphigenie.  Neben  der  ächten  Ausgabe 
der  Iphigenie  gibt  es  eine  ganze  Reihe  von 
unechten  Ausgaben  mit  den  Jahreszahlen  1787 
und  1790,  deren  bibliographische  Beschreibung 
bisher  nirgends  versucht  ist.  Ich  beschreibe  die 
Drucke,  die  mir  zugänglich  sind,  ohne  dafür  einzu¬ 
stehen,  daß  nicht  noch  andere  Drucke  existieren. 

Die  Drucke  zerfallen  in  zwei  Gruppen,  solche 
mit  136  Seiten  und  solche  mit  134  Seiten.  Die 
ächte  Ausgabe  hat  136  Seiten.  Die  vielfach 
vertretene  Meinung,  daß  die  Ausgabe  mit 
134  Seiten  den  zweiten  rechtmäßigen  Druck 
darstelle,  ist  grundfalsch.  Die  Drucke  mit  134 
Seiten,  von  denen  ich  vier  verschiedene  kenne, 
zählen  sämtlich  die  Bogen  nach  Ziffern,  ge¬ 
hören  also  ins  XIX.  Jahrhundert. 

a)  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig  bei  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Titelbl., 
136  SS. 

Keine  Norm.  Im  Druck  der  ächten  Aus¬ 
gabe  ähnlich,  aber  (ebenso  wie  in  allen  folgen¬ 
den  Drucken)  a,  0,  ü,  nicht  ä,  ö,  ü.  Der  Druck 
ist,  verglichen  mit  den  weiter  beschriebenen 
Drucken,  noch  ziemlich  korrekt.  Kennzeichen: 

S.  4.  Z.  11  Geschwi-stern. 

In  einem  Exemplar  dieser  Ausgabe  fand 
ich  die  handschriftliche  Notiz:  Dieses  ideale 
Stück  Goethes  erhielt  ich  in  dessen  Abwesen¬ 
heit  vom  Verleger  Göschen  zugesandt.  Weimar, 
18.  Oktober  1787.  L.  von  Göchhausen. 


Danach  scheint  dieser  Druck  von  Göschen 
herzurühren.  Bestätigt  wird  diese  Annahme 
durch  das  Schreiben  Göschens  an  Bertuch  vom 
22.  Dezember  1787.  „Noch  weiß  ich  nichts 
von  dem  Nachdruck  der  Iphigenie.  Der  Kerl 
sollte  durch  eine  Druckpapier -Ausgabe,  die 
ich  gleich  machen  ließ,  den  Teufel  kriegen.“ 

Immerhin  bleiben  einige  Zweifel.  Warum 
stellte  Göschen  neben  dem  vorhandenen  Einzel¬ 
drucke  (ächte  Ausgabe)  einen  Neudruck  her, 
dessen  Kosten  sicherlich  höher  waren,  als  die 
der  ächten  Ausgabe  (zu  der  er  den  Satz  ja 
von  den  Schriften  her  gehabt  hatte)?  Im  Papier 
ist  kein  Unterschied.  Die  ächte  Ausgabe  war 
auch  nicht  etwa  verkauft  und  deshalb  ein  Neu¬ 
druck  nötig.  Von  den  1000  Exemplaren  des 
Sonderdrucks  waren  im  Jahre  1789  erst  312 
Exemplare  verkauft.  Die  Briefstelle  Göschens 
könnte  sich  möglicherweise  auf  die  ächte  Aus¬ 
gabe  beziehen,  die  auch  als  Druckpapier-Aus¬ 
gabe  bezeichnet  werden  kann.  Damit  wäre 
allerdings  die  angeführte  Eintragung  in  dem 
Exemplar  des  Fräuleins  von  Göchhausen  nicht 
erklärt. 

b)  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig  bei  Georg  Joachim  Göschen  1790. 

Derselbe  Druck  wie  a,  nur  mit  einem  neuen 
Titelblatte. 

c)  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig,  bey  G.  J.  Göschen,  1790.  Titelbl.,  136  SS. 

Dieser  Druck  trägt  auf  allen  Bogen  die 
Norm:  Goethes  W.  3.  B.  Der  Druck  ist 
aber  nicht  identisch  mit  dem  Druck  der 
Schriften  (es  gibt  von  der  Iphigenie  ebenso¬ 
wenig  wie  vom  Werther  eine  Ausgabe,  die  aus 
den  unveränderten  Bogen  der  Schriften  mit 
einem  Vorgesetzten  Titelblatt  bestände).  Kenn¬ 
zeichen:  in  der  Verlagsfirma  auf  dem  Titelblatt 
sind  die  Vornamen  des  Verlegers  nicht  aus¬ 
geschrieben,  sondern  G.  J.  Göschen  abgekürzt. 
Seite  4,  Zeile  io:  Ge-schwistern. 

d)  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig  bei  Georg  Joachim  Göschen  1790.  Titelbl., 
136  SS. 

Auch  hier  die  Norm:  Goethes  W.  3.  B. 
Trotzdem  nicht  aus  den  „Schriften“  und  auch 
anderer  Druck  als  c.  Kennzeichen:  Seite  4 
Zeile  1 1 :  Geschwistern.  Der  Druck  ist  bereits 
recht  inkorrekt.  Seite  35  Pylades  statt  Orest. 


1 66 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787  — 1790. 


e)  Iphigenie  aufTauris.  Ein  Schauspiel  von  Göthe. 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen  1790.  Titelbl., 
134  SS.  Norm:  Iphigenie.  Kennzeichen:  Im  Titel  fehlt 
hinter  Göschen  der  Punkt. 

f)  Iphigenie  aufTauris.  Ein  Schauspiel  von  Göthe. 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen.  1790.  Titelbl. 
134  SS.  Norm:  Iphigenie.  Kennzeichen:  Seite  3,  Zeile 
ii:  Denn  ach  mich  trennt  das  Meer  von  dem  Ge¬ 
liebten. 

g)  Iphigenie  auf  Tauris.  Ein  Schauspiel  von  Göthe. 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen.  1790.  Titelblatt, 
134  SS.  Norm:  Iphigenie.  Kennzeichen:  Seite  76  ist 
fälschlich  44  bezeichnet. 

h)  Iphigenie  aufTauris.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen.  1790.  Titelbl., 
134  SS.  Norm:  Iphigenie.  Kennzeichen:  Seite  24,  Z.  4 
seinem  (statt  seinen). 

Diese  letzten  vier  Drucke  sind  auf  jeder 
Seite  von  häßlichen  und  groben  Druckfehlern 
entstellt.  Ob  sie  nicht  trotzdem  auf  die  Druck¬ 
geschichte  eingewirkt  haben,  bleibt  zu  unter¬ 
suchen. 

Daß  die  Drucke  e — h  wegen  der  Bogen¬ 
zählung  in  Ziffern  aus  dem  XIX.  Jahrhundert 
stammen  müssen,  ist  schon  hervorgehoben. 

5.  Von  Clavigo  gibt  es  keine  unechten  Aus¬ 
gaben  des  Jahres  1787.  Bei  der  Zurichtung 
des  Satzes  von  Band  3  der  Schriften  für  den 
Abdruck  der  Sonderausgabe  mußten  die  Seiten¬ 
zahlen  der  Schriften  137 — 248  in  Seite  1 — 112 
umgeändert  werden.  Dasistzunächst  nicht  korrekt 
geschehen,  indem  auf  den  Seiten  50 — 63  die 
Seitenzahlen  der  Schriften  (186 — 199)  teilweise 
stehen  blieben.  Während  des  Druckes  hat  man 
den  Fehler  bemerkt  und  verbessert,  so  daß 
Abzüge  mit  dem  Fehler  und  ohne  den  Fehler 
existieren.  Übrigens  beweist  dieser  Sachverhalt, 
daß  von  dem  Drucksatze  zuerst  die  Bogen  der 
Schriften  und  dann,  nach  den  erforderlichen 
kleinen  Änderungen  (Beseitigung  der  Bogen¬ 
norm  und  Neupaginierung) ,  die  Bogen  der 
Einzelausgaben  abgezogen  worden  sind. 

6 — 8.  Von  den  Geschwistern ,  dem  Triumph 
der  Empfindsamkeit ,  den  Vögeln  sind  mit 
Göschens  Firma  nur  die  ächten  Ausgaben  be¬ 
kannt. 

9.  Egmont.  Beim  Egmont  tritt  als  Neben¬ 
ausgabe  neben  der  ächten  Ausgabe  diejenige 
Druckform  auf,  die  sich  dann  beim  Tasso  und 
beim  Faust  (und  nur  bei  diesen)  wiederholt: 
Das  Buch  besteht  aus  den  unveränderten  Bogen 
der  Schriften  mit  einem  davor  gesetzten  Titel¬ 


blatt.  Und  zwar  sind  die  Bogen  auf  grünlichem, 
quer  gerippten,  starken,  büttenartigen  Papiere 
gedruckt,  das  erheblich  besser  ist,  als  das  Papier 
der  gewöhnlichen  Schreibpapier-Ausgabe  der 
Schriften  und  weit  besser  als  das  Papier  der 
ächten  Sonderausgabe. 

Das  diesen  Bogen  der  Schriften  (also  mit 
der  Bogennorm:  Goethe’s  W.  5.  B.)  Vorgesetzte 
Titelblatt  kommt  in  folgenden  Formen  vor: 

a)  Egmont.  Trauerspiel  von  Goethe.  Leipzig  bei 
Georg  Joachim  Göschen  1788.  Titelbl.,  198  SS. 

b)  Egmont.  Ein  Trauerspiel  von  Goethe.  Leipzig 
bei  Georg  Joachim  Göschen  1790. 

c)  Egmont.  Ein  Trauerspiel  in  fünf  Aufzügen  von 
Goethe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1790. 

d)  Egmont.  Ein  Trauerspiel  von  Goethe.  Leipzig, 
bey  Georg  Joachim  Göschen.  1798. 

e)  Egmont.  Ein  Trauerspiel  von  Goethe.  Leipzig, 
bey  Georg  Joachim  Göschen.  1803. 

c,  d  und  e  habe  ich  nicht  gesehen.  Sie 
werden  in  W  A  Bd.  8,  S.  340  zitiert. 

Aus  viel  späterer  Zeit,  XIX.  Jahrhundert 
(Bogenzählung  durch  Ziffern),  stammen  dann 
zwei  äußerlich  gleiche  Drucke  mit  dem  Titel: 

e)  Egmont.  Trauerspiel  von  Göthe.  Leipzig,  bey 
G.  J.  Göschen  1788.  Titelblatt,  177  SS.  Kennzeichen: 
S.  81  Z.  14:  rednische  (statt  rednerische). 

f)  Egmont.  Trauerspiel  von  Göthe.  Leipzig,  bey 
G.  J.  Göschen  1788.  Titelblatt,  177  SS.  Kennzeichen: 
S.  19.  Z.  15:  Maiavell  (statt  Machiavell). 

Die  Annahme  Minors  in  W  A,  daß  der  erste 
dieser  beiden  Drucke  die  Vorlage  für  die  ge¬ 
ringere  Ausgabe  der  Schriften,  Band  3,  1791, 
abgegeben  habe,  ist  ganz  unmöglich.  Dieser 
Druck  stammt  frühestens  von  1820.  Er  wird 
aus  der  geringeren  Ausgabe  von  1791  nach¬ 
gedruckt  sein. 

Auch  die  Vorstellung  Minors  über  das  zeit¬ 
liche  Verhältnis  des  ächten  Einzeldrucks  zum 
Abdruck  in  den  Schriften  ist  nicht  zutreffend. 
Er  bezeichnet  den  Einzeldruck  als  den  „ältesten 
Druck,  liegt  schon  am  24.  Mai  88  vor“.  Goethes 
Brief  an  Knebel,  aus  dem  Minor  diese  Be¬ 
hauptung  herleitet,  spricht  aber  nur  vom  Egmont. 
Damit  ist  sicher  der  Band  5  der  Schriften  und 
nicht  der  Einzeldruck  gemeint. 

Demgemäß  kommt  Minor  zu  der  Annahme, 
daß  nach  dem  Fertigdruck  der  Einzelausgabe 
man  dem  Satze  die  Bogennorm  beigefügt  und 
dann  die  Bogen  der  Schriften  ausgedruckt 
habe.  Daß  diese  Vorstellung  irrig  ist,  beweist 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1790. 


167 


das  hier  zum  Clavigo  Ausgeführte.  Die  Reihen¬ 
folge  ist  umgekehrt. 

10— 11.  Von  Claudine  von  Villa  Bella  und 
von  Erwin  u?id  Elmire  gibt  es  mit  Göschens 
Firma  nur  die  ächten  Ausgaben. 

12.  Tasso.  Vom  Tasso  gibt  es  neben  der 
ächten  Ausgabe  zwei  Nebenausgaben,  die  beide 
aus  den  unveränderten  Bogen  der  Schriften  mit 
Vorgesetztem  Titelblatt  bestehen. 

a)  Torquato  Tasso.  Ein  Schauspiel.  Von  Goethe. 
Aechte  Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen. 
1790.  Norm:  Goethes  W.  6.  B. 

Die  zu  dieser  Ausgabe  verwendeten  Bogen 
haben  wieder  das  beim  Egmont  beschriebene 
grünliche,  quer  gerippte,  starke  Papier. 

b)  Torquato  Tasso.  Ein  Schauspiel  von  Goethe. 
Leipzig  bei  Georg  Joachim  Göschen  1790.  Norm: 
Goethes  W.  6.  B. 

Diese  Bogen  der  Schriften  sind  auf  dem 
ordinären  Schreibpapier,  das  wie  Druckpapier 
aussieht,  gedruckt.  In  manchen  Exemplaren 
dieser  Ausgaben  findet  sich  als  Bl.  8  des 
Bogens  O  das  Titelblatt  (auf  der  Rückseite 
das  Inhaltsverzeichnis)  von  Lila. 

Die  Göschen’schen  Ausgaben  des  Tasso 
von  1816  (in  vier  Drucken!)  und  1819  stellen 
neue  Drucke  dar,  die  mit  dem  Drucksatz  der 
Schriften  nichts  mehr  zu  tun  haben. 

13.  Faust.  Die  Angaben  über  die  Druck¬ 
verhältnisse  des  Faustfragments  von  1790  sind 
meistens,  auch  in  wissenschaftlichen  Hand¬ 
büchern,  recht  verworren,  obwohl  schon  Seuffert 
1882  den  Sachverhalt  gründlich  und  vollständig 
(wie  stets)  aufgeklärt  hat.  Auch  Erich  Schmidt 
im  Lesarten-Apparate  zu  W  A  Band  14  gibt 
eine  völlig  zutreffende  knappe  Darstellung.  Bei 
anderen  Faustforschern  findet  man  jedoch  An¬ 
gaben  wie:  Das  Faustfragment  erschien  teils 
im  siebenten  Bande  der  Schriften,  teils  separat 
in  sieben  verschiedenen  Ausgaben.  Andere 
sprechen  von  drei  verschiedenen  Drucken. 

In  Antiquariatskatalogen,  auch  solchen,  die 
sonst  wertvolle  bibliographische  Hinweise  zu  ent¬ 
halten  pflegen,  herrscht  in  den  Beschreibungen 
des  Faust-Fragmentes  hoffnungsloser  Wirrwarr. 

Der  wahre  Sachverhalt  ist  auch  hier  ziem¬ 
lich  einfach. 

Die  ächte  Ausgabe  des  Faustfragmentes 
von  1790  zeigt  genau  dieselben  Merkmale,  wie 
die  anderen  ächten  Einzelausgaben  aus  den 
„Schriften“,  also  die  Bezeichnung  „ächte  Aus¬ 


gabe“  auf  dem  Titel,  keine  Bogennorm,  im 
übrigen  denselben  Drucksatz  wie  Band  7  der 
Schriften  Seite  1 — 168. 

Band  7  der  Schriften  liegt  nun  in  zwei 
verschiedenen  Drucken  vor.  Das  ist  seit  laneem 
bekannt;  im  einzelnen  besteht  aber  noch  manche 
Unklarheit.  Es  ist  deshalb  eine  ausführliche 
Darstellung  hier  am  Platze. 

Die  Druckverschiedenheit  bezieht  sich  nicht 
auf  die  Bogen  A — E,  Seite  1  —  80  des  Bandes. 
Diese  Bogen  sind  in  beiden  Ausgaben  von 
demselben  Satz  abgezogen.  Dagegen  liegen 
Bogen  F — X,  Seite  81 — 320,  in  zwei  Drucken 
vor,  die  sich  allerdings  nicht  durch  textliche 
Varianten,  sondern  nur  durch  Druckfehler  und 
sonstige  Kleinigkeiten  unterscheiden.  Als  Unter¬ 
scheidungsmerkmal  wird  meist  angeführt  die 
Zeilenwiederholung  auf  Seite  144/5.  Bei  dem 
einen  Drucke  (S1,  wir  verwenden  die  Siglen 
aus  W  A  Bd.  13)  sind  die  drei  Zeilen 

Der  ganz  allein 

Ihr  seligmachend  ist,  sich  heilig  quäle, 

Daß  sie  den  liebsten  Mann  verloren  halten  soll. 

die  den  Schluß  von  Seite  144  bilden,  auf 
Seite  145  oben  noch  einmal  gedruckt,  sodaß 
sie  zweimal  hintereinander  erscheinen.  (Der 
Fehler  wird  damit  Zusammenhängen,  daß  mit 
S.  145  der  neue  Bogen  K  beginnt.)  In  dem 
anderen  Druck,  S2,  ist  dieser  Fehler  ver¬ 
mieden.  Der  Druck  ist  aber  nicht  so  einge¬ 
richtet,  daß  die  Verse  auf  Seite  145,  wo  sie 
fälschlich  zum  zweiten  Male  sich  finden,  be¬ 
seitigt  sind.  Vielmehr  beginnt  auch  in  dem 
neuen  Drucke  die  Seite  145  mit  den  drei  be- 
zeichneten  Versen,  so  daß  Seite  145  des  zweiten 
Druckes  denselben  Inhalt  hat,  wie  im  ersten 
Druck.  Seite  144  dagegen  hat  in  dem  neuen 
Drucke  drei  Verse  weniger;  die  drei  letzten 
Zeilen  des  ersten  Druckes  sind  in  dem  zweiten 
weggelassen,  der  frei  gewordene  Raum  ist 
durch  größeren  Durchschuß  zwischen  den  Zeilen 
gefüllt. 

Schon  die  Beschreibung  dieser  einen  Druck¬ 
verschiedenheit  läßt  erkennen,  wie  das  Ver¬ 
hältnis  der  beiden  Drucke  zu  einander  zu  be¬ 
urteilen  ist:  S2  ist  gegenüber  S1  der  berichtigte 
Druck.  Das  bestätigt  sich  bei  näherem  Zu¬ 
sehen  durchaus.  In  S1  finden  sich  noch  eine 
Reihe  anderer  zum  Teil  recht  ärgerlicher 
Druckfehler: 

Seite  89  leseni  statt  lesen 


i68 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  17S7  — 1790. 


Seite  89  Wargrethlein  statt  Margrethlein 
Seite  106  Margarethe  statt  Mephistopheles 
Seite  128  Verzweislung. 

Alle  diese  Fehler  sind  in  S2  verbessert 
und  außerdem,  offenbar  nach  bestimmten 
Korrektor- Grundsätzen,  gewisse  Änderungen 
getroffen.  Viermal  ist  ’was  geändert  in  was 
und  ähnliches.  Danach  ist  kein  Zweifel,  daß 
der  Druck  S 2  (ohne  die  fehlerhafte  Zeilen¬ 
wiederholung)  ein  verbesserter  und  deshalb 
später  als  S1  hergestellter  Druck  ist.  Ich 
möchte  annehmen,  daß  Goethe  auf  die  Druck¬ 
fehler  aufmerksam  geworden  ist  und  Her¬ 
stellung  eines  fehlerfreien  Druckes  verlangt  hat. 
In  dem  Verkehr  mit  seinem  Verleger  ließ 
Goethe  wenig  freundliche  Nachsicht  walten, 
behandelte  das  Verhältnis  vielmehr  rein  ge¬ 
schäftsmäßig.  Er  ließ  solche  Entstellungen 
des  Druckes,  wenn  er  sie  bemerkt  hatte,  gewiß 
nicht  passieren.  Schon  beim  Druck  des  Tasso 
hatte  er  dem  Verleger  allerstrengste  Fürsorge 
bei  den  Korrekturen  empfohlen.  „Die  vorigen 
Bände  sind  leidlich,  doch  nicht  ohne  Mängel; 
bei  diesem  Stück  werde  ich  auch  den  gering¬ 
sten  Fehler  durch  einen  Carton  zu  verbessern 
bitten.  Bei  der  höchsten  Sorgfalt,  die  ich  auf 
dieses  Stück  gewendet,  wünsche  ich  auch,  daß 
es  ganz  rein  in  die  Hände  des  Publikums 
komme.“  Beim  Faust  wird  Goethe  gewiß  nicht 
weniger  penibel  gewesen  sein  als  beim  Tasso. 
Um  dem  (vermutlichen)  Verlangen  Goethes  nach¬ 
zukommen,  blieb  dem  Verleger,  da  der  Drucksatz 
inzwischen  wohl  wieder  abgesetzt  war,  nichts 
anderes  übrig,  als  diejenigen  Bogen,  auf  denen 
die  schlimmsten  Fehler  vorkamen,  neu  setzen 
und  drucken  zu  lassen.  Bogen  A — E,  in  denen 
nur  geringe,  kaum  merkbare  Versehen  Vor¬ 
kommen  ,  konnten  bleiben.  Die  anderen 
Bogen  wurden  neu  gesetzt  und  gedruckt, 
anscheinend  aber  nicht  in  der  vollen  Auflagen¬ 
höhe,  sondern  nur  für  einen  Teil  der  Auflage, 
etwa  die  Hälfte.  Die  Hälfte  der  Auflage  ließ 
Göschen  unverändert,  bei  der  anderen  Hälfte 
wurden  die  fehlerhaften  Bogen  F — X  beseitigt 
und  durch  die  neu  gedruckten  Bogen  ersetzt. 
Wer  nicht  genau  zusah,  merkte  gar  nicht,  daß 
zwei  verschiedene  Drucke  Vorlagen.  Die 
Gleichheit  in  der  Umbrechung  der  Seiten  war 
fast  durchweg  genau  gewahrt,  auch  auf  Seite  144 
oben  und  S.  145  unten,  obwohl  hier  die  drei 
Zeilen  ausfallen  mußten. 


Die  naheliegende  Annahme,  daß  Göschen 
nach  erfolgtem  Ausverkäufe  der  ersten  (fehler¬ 
haften)  Auflage  einen  Neudruck  veranstaltet 
und  dabei  die  Fehler  berichtigt  habe,  ist  um 
deswillen  ausgeschlossen,  weil  bei  einer  Nach¬ 
schußausgabe  sämtliche  Bogen  hätten  neu 
gesetzt  und  gedruckt  werden  müssen.  Es 
steht  aber  fest,  daß  die  Bogen  A — E  in  S* 
und  S2  durchaus  identisch,  von  demselben 
Satze  abgezogen  sind.  Das  Vorliegen  des 
Doppeldrucks  nur  in  den  Bogen  F — X  ist  nur 
so  zu  erklären,  daß  für  einen  Teil  der  Auflage 
diese  Bogen  neu  gedruckt  sind,  während  in 
dem  anderen  Teile  der  Auflage  die  alten  Bogen 
F — X  blieben. 

Diesem  Befunde  bei  Bd.  7  der  Schriften 
genau  entsprechend  gibt  es  vom  Einzeldruck 
des  Faustfragments  zwei  Drucke  (Sa  und  Sb), 
bei  denen  wieder  Bogen  A — E  identisch  (von 
demselben  Drucksatze  abgezogen)  sind.  Bogen 
F — L  liegen  einmal  in  dem  fehlerhaften  Drucke 
vor,  der  sich  unter  anderm  durch  die  Zeilen¬ 
wiederholung  auf  Seite  144/5  kennzeichnet.  Der 
andere  Druck  hat  die  Zeilemviederholung  und 
andere  Fehler  des  erstgenannten  Drucks  ver¬ 
mieden. 

Man  hat  nun  die  Frage  aufgeworfen,  welche 
von  diesen  beiden  Ausgaben  die  ältere  sei.  Die 
Herren  Bibliophilen  wollen  absolut  den  allerersten 
Druck  des  Faust  festgestellt  sehen,  um  ihn 
dann  als  die  wirkliche  einzig  richtige  „Erstaus¬ 
gabe“  in  Reih  und  Glied  stellen  zu  können. 
Da  Bogen  A — E  in  Sa  und  Sb  von  demselben 
Satze  abgezogen  sind,  kann  man  in  Ansehung 
dieser  Bestandteile  des  Buches  wohl  nicht  von 
einem  früheren  und  einem  späteren  Drucke 
reden;  denn  soweit  geht  ja  wohl  der  Erst¬ 
ausgabenfanatismus  auch  des  passioniertesten 
Bibliomanen  nicht,  daß  er  die  am  Vormittage 
abgezogenen  Druckbogen  höher  bewertet,  als 
die  am  Nachmittage  abgezogenen.  Sollte  es 
Bibliophilen  geben,  die  auch  diese  Unter¬ 
scheidung  noch  für  wichtig  halten,  so  werden 
diese  sich  allerdings  mit  einem  ignorabimus 
begnügen  müssen.  Doch  kann  ich  ihnen 
vielleicht  mit  einem  Hinweise  doch  noch  helfen. 
In  allen  mir  bekannten  Exemplaren  vom  Band  7 
der  Schriften,  erster  und  zweiter  Druck,  und 
vom  Einzeldruck  des  Faust-Fragments,  erster 
und  zweiter  Druck,  ist  das  Ausrufungszeichen 
hinter  Stoßt  zu!  auf  Seite  60  nur  mit  der 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787— 179°- 


169 


oberen  Hälfte  vorhanden.  Die  untere  Hälfte 
ist  in  der  Letter  wohl  abgesprungen.  Sollte 
nun  einer  von  den  ganz  konsequenten  Erstaus- 
gaben-Sammlern  ein  Exemplar  finden,  in  dem 
das  Ausrufungszeichen  noch  ganz  und  heil  vor¬ 
handen  ist,  so  kann  er  sicher  sein,  daß  sein 
Exemplar  von'  einem  der  allerersten  Abzüge 
des  Druckes  stammt,  aus  der  ersten  [Vormit¬ 
tags-]  Zeit  des  Druckes,  da  die  Letter  noch 
nicht  beschädigt  war. 

Für  die  Bogen  F — L  ist  oben  ausgeführt, 
daß  der  Druck  ohne  die  Zeilenwiederholung 
ein  verbesserter,  von  Satz-Fehlern  gereinigter 
Druck  ist.  Es  ist  wohl  kein  Zweifel,  daß  er 
der  jüngere  Druck  ist.  Dennoch  glaube  ich 
nicht,  daß  man  von  einer  früheren  und  einer 
späteren  Ausgabe  sprechen  kann.  Ich  bin  über¬ 
zeugt,  daß  beide  Variantdrucke  gleichzeitig  in 
den  Handel  gegeben  worden  sind.  Dafür 
spricht  zwar  nicht  ganz  schlüssig  die  Tatsache, 
daß  Bogen  A — E  von  einem  und  demselben 
Satze  stammen,  also  doch  wohl  sicher  uno 
actu  hergestellt,  abgezogen  worden  sind.  Denn 
man  muß  den  Hergang  sich  doch  wohl  so 
vorstellen,  daß  der  Drucker  zunächst  die  ganze 
Auflage  (3000  + 1000  Stück)  in  dem  Druck¬ 
satze  von  S1  (Sa)  gedruckt  hatte.  Dann  wurde 
Göschen  auf  die  störenden  Fehler  in  den  Bogen 
F — L  aufmerksam  und  veranlaßte  einen  neuen 
Druck  dieser  Bogen,  aber  nicht  für  die  ganze 
Auflage  von  4000,  sondern  nur  für  etwa  die 
Hälfte.  Bei  2000  Exemplaren  ließ  er  die 
Bogen  F — L  makulieren  und  durch  die  neu¬ 
gedruckten  Bogen  ersetzen,  bei  2000  Exem¬ 
plaren  ließ  er  die  fehlerhaften  Bogen  bestehen. 
Als  Grund  für  diese  halbe  Maßregel  wüßte 
ich  nur  anzugeben,  daß  2000  neue  Bogen 
billiger  herzustellen  sind  als  4000,  und  daß  die 
alten  2000  Bogen  für  weniger  aufmerksame 
Leser  ja  immer  noch  brauchbar,  jedenfalls  ab¬ 
satzfähig  waren.  Diesen  Austausch  der  Bogen 
F — L  in  einem  Teile  der  Auflage  denke  ich 
mir  aber  geschehen  vor  der  Ausgabe  des  Buches. 
Denn  das  Titelblatt,  das  für  den  Einzeldruck 
besonders  herzustellen  war,  ist  bei  allen  Exem¬ 
plaren,  sowohl  von  Sa  wie  von  Sb,  wieder  identisch, 
von  demselben  Drucksatze  abgezogen,  also  in 
allen  Exemplaren  uno  actu  hergestellt.  Da  das 
Titelblatt  der  zuletzt  hergestellte  Teil  des 
Buches  zu  sein  pflegt,  der  erst  unmittelbar 
vor  der  Ausgabe  des  Buches  fertig  wird,  muß 
Z.  f.  B.  1909/1910. 


man  annehmen,  daß  beide  Drucke  gleichzeitig 
zur  Ausgabe  fertig  gemacht  und  in  den  Handel 
gebracht  sind.  Immerhin  soll  die  Möglichkeit 
nicht  ganz  von  der  Hand  gewiesen  werden, 
daß  die  Exemplare  von  S1  und  Sa  schon  aus¬ 
gegeben  und  zum  Teil  verkauft  waren,  als 
Göschen  auf  die  Fehler  aufmerksam  wurde, 
und  dann  bei  den  noch  in  seinen  Händen  be¬ 
findlichen  Exemplaren  die  Änderung  durch 
Beseitigung  der  fehlerhaften  und  Einfügung 
der  berichtigten  Bogen  vornahm. 

Weiteres  wüßte  ich  über  die  beiden  Drucke 
der  ächten  Ausgabe  nicht  zu  berichten.  Der 
Tatbestand  ist,  wie  man  sieht,  gar  nicht  sehr 
kompliziert  und  entspricht  durchaus  dem 
Sachverhalt  bei  den  anderen  echten  Einzel¬ 
ausgaben. 

Einige  Verwirrung  haben  nun  die  neben 
der  ächten  Ausgabe  vorkommenden  unechten 
Ausgaben  hervorgebracht.  Doch  lassen  sich 
auch  diese  unechten  Ausgaben  auf  einen  ein¬ 
fachen  Tatbestand  zurückführen. 

Alle  unechten  Einzelausgaben  des  Faust¬ 
fragmentes  bestehen  aus  unveränderten  Bogen 
A — L  der  Schriften,  mit  der  Bogennorm 
Goethe’s  W.  7.  B.  Es  gibt  keinen  Druck 
des  Faustfragmentes,  der  einen  anderen 
Druck  aufwiese  als  Band  7  der  Schriften. 
Alle  die  sogenannten  unächten  Ausgaben  sind 
ebenso  wie  die  ächte  Einzelausgabe  von  dem¬ 
selben  Satze  abgezogen  worden,  von  dem  die 
„Schriften“  gedruckt  sind.  Einen  Einzeldruck 
des  Faustfragmentes  von  einem  anderen  Druck¬ 
satze  gibt  es  weder  vom  Jahre  1790  noch  von 
irgend  einem  anderen  Jahre  (oder  anderen  Ver¬ 
leger!).  Es  ist  merkwürdig  genug,  daß  zwischen 
den  beiden  rechtmäßigen  Ausgaben  von  1790 
und  1808  keine  weiteren  selbständigen  Drucke, 
berechtigte  oder  unberechtigte,  liegen.  Die 
Teilnahme  der  deutschen  Leserwelt  am  endlich 
erschienenen  Faust,  auf  den  die  um  1775  junge 
Generation  mit  so  leidenschaftlicher  Anteil¬ 
nahme  vergeblich  gewartet  hatte,  war  bei  der¬ 
selben  fünfzehn  Jahre  älter  gewordenen  Gene¬ 
rationen  um  1790  sehr  gering.  Nicht  die  alt 
gewordene  Generation  des  Sturm  und  Drangs, 
sondern  die  damals  junge  neue  Generation  der 
Romantiker  hat  dem  Faust  die  Stellung  bereitet, 
die  er  als  höchste  deutsche  Dichtung  heute  ein¬ 
nimmt. 

Die  außer  den  beiden  Varianten  der  ächten 

22 


170 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1790. 


Ausgabe  vorhandenen  Ausgaben  des  Faust¬ 
fragmentes  sind  also  zusammengesetzt  aus  den 
unveränderten  Bogen  A — L  der  Schriften  und 
einem  nun  in  den  verschiedensten  Variationen 
vorkommenden  Titelblatte.  Die  Titelblätter 
werden  unten  beschrieben.  Hier  erhebt  sich 
die  Frage:  woher  kommen  denn  alle  diese  Bogen 
A — L  des  siebenten  Bandes  der  Schriften? 
Hat  Göschen  etwa  von  diesen  den  Faust  ent¬ 
haltenden  Bogen  einen  erheblichen  Posten 
überzähliger  Exemplare  abdrucken  lassen,  um 
davon  Einzelausgaben  des  Faust  herstellen  zu 
lassen?  Undenkbar.  Göschen  hat  doch  sicher¬ 
lich  von  seiner  ächten  Ausgabe  des  Einzel¬ 
drucks  von  vornherein  soviel  Exemplare  her¬ 
stellen  lassen,  als  ihm  erforderlich  erschien, 
und  diese  Herstellung  der  Bogen  für  die  ächte 
Ausgabe  war  für  ihn  genau  so  bequem  und 
billig,  wie  die  Herstellung  solcher  überschüssiger 
Bogen  gewesen  wäre. 

Ja  die  Herstellung  derjenigen  Bogen  der 
Schriften,  die  wir  zu  den  unechten  Ausgaben 
verwendet  finden,  muß  sogar  nicht  unerheblich 
teurer  gewesen  sein,  wie  die  der  Bogen  der 
Einzelausgabe.  Während  die  ächte  Einzel¬ 
ausgabe  auf  recht  geringem  Druckpapier  ab¬ 
gezogen  ist,  zeigen  die  Bogen  der  unechten 
Ausgaben  fast  durchweg  wieder  jenes  starke 
grünliche  quergerippte  Papier,  das  wir  schon 
bei  den  unechten  Ausgaben  des  Egmont  und 
des  Tasso  fanden. 

Um  zu  der  richtigen  Antwort  zu  gelangen, 
müssen  wir  aus  der  Druckgeschichte  der  acht 
Bände  der  Schriften  (die  von  mir  an  anderer 
Stelle  dargestellt  ist)  einiges  heranziehen. 

Von  seiner  achtbändigen  Ausgabe  der 
Goetheschen  Schriften  hatte  Göschen  die  ganze 
Auflage  von  3000  Exemplaren  auf  Schreib¬ 
papier  herstellen  lassen,  abgesehen  von  20  Frei¬ 
exemplaren  für  den  Autor,  die  auf  hollän¬ 
dischem  Papier  abgezogen  wurden.  Hollän¬ 
dische  Exemplare  hatte  Göschen  im  August 
1787,  nach  Erscheinen  der  vier  ersten  Bände 
der  Schriften,  nicht  zur  Verfügung  (Brief  vom 
21.  August  1787  an  Bertuch,  Goethejahr¬ 
buch  II,  403).  „Aber  doch  frägt  man  häufig 
nach  Exemplaren  auf  holländischem  Papier.“ 
Nach  einigen  Zweifeln  entschloß  sich  deshalb 
Göschen,  500  Exemplare  auf  holländischem 
Papier  herstellen  zu  lassen.  Die  vier  ersten 
Bände  der  Schriften  waren  bereits  erschienen, 


ihr  Drucksatz  nicht  mehr  vorhanden.  Sie 
mußten  also  für  eine  holländische  Ausgabe  neu 
gesetzt  werden.  Bei  den  erst  in  Zukunft  noch 
herauszugebenden  Bänden  5 — 8  der  Schriften 
konnten  dagegen  die  Abzüge  auf  holländi¬ 
schem  Papier  von  dem  für  die  allgemeine  Auf¬ 
lage  hergestellten  Drucksatze  mit  abgezogen 
wurden. 

Das  Projekt  ist  dann  nur  zu  einem  Teile  aus¬ 
geführt  worden.  Von  Band  5 — 8  der  Schriften, 
die  in  den  Jahren  1788,  1789  und  1790  er¬ 
schienen,  hat  Göschen  zur  Vorbereitung  der 
holländischen  Ausgabe  die  in  Aussicht  ge¬ 
nommenen  500  Exemplare  (vielleicht  auch 
mehr)  auf  holländischem  Papiere  gleich  mit 
abdrucken  lassen.  Nach  Vollendung  der  Aus¬ 
gabe,  Ostermesse  1790,  kündigte  er  dann  an, 
daß  nach  einem  Jahre  eine  holländische  Aus¬ 
gabe  erscheinen  würde.  Bis  dahin  wollte  er 
also  die  vier  ersten  Bände  neu  setzen  und  auf 
holländischem  Papiere  abdrucken,  auch  die 
Kupfer  neu  stechen  lassen.  Das  ist  dann 
unterblieben.  Die  geringe  Teilnahme  des 
Publikums  hat  Göschen  veranlaßt,  den  Plan 
der  holländischen  Ausgabe  fallen  zu  lassen. 
Aber  für  Band  5 — 8  lagen  die  Abzüge  auf 
holländischem  Papier  bereits  fertig  da.  Für 
sie  war  keine  Verwendung  mehr.  Sie  konnten 
nicht  als  Band  5 — 8  der  Schriften  verkauft 
werden,  weil  Band  1 — 4  in  entsprechender 
Ausstattung  nicht  vorhanden  waren. 

Die  bestimmungsgemäß  nicht  verwendbaren 
holländischen  Bogen  der  Schriften  sind 
dann  in  der  Weise  noch  nutzbar  gemacht 
worden,  daß  man  aus  ihnen  Separat-Ausgaben 
vom  Egmont,  vom  Tasso  und  vom  Faust  her¬ 
stellte.  Diese  drei  Stücke  eigneten  sich  hierzu 
ohne  weiteres,  da  sie  im  Beginne  ihres  Bandes 
stehen,  ihre  Paginierung  von  1  beginnend 
also  auch  für  eine  selbständige  Existenz  außer¬ 
halb  der  Schriften  paßte.  Man  brauchte  zu  den 
Bogen  nur  ein  Titelblatt  herstellen  zu  lassen. 
Die  anderen  Teile  der  Schriften  Band  5 — 8 
waren  zur  Herstellung  von  Einzelausgaben  nicht 
geeignet,  teils  weil  ihre  Paginierung  nicht  von 
1  an  begann,  teils  weil  nach  ihrem  Inhalte 
(Band  8)  eine  Einzelausgabe  nicht  am  Platze 
zu  sein  schien. 

So  erklären  sich  also  die  unechten  Einzel¬ 
ausgaben  vom  Egmont,  Tasso  und  Faust  zu¬ 
meist  als  die  Überreste  einer  geplanten  und 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 179°* 


171 


halb  fertiggestellten,  dann  aber  aufgegebenen 
holländischen  Ausgabe.  Das  grünliche,  starke, 
quergerippte  Papier  ist  das  von  Göschen  für 
seine  Liebhaberausgabe  gewählte  holländische 
Papier.  So  erklärt  es  sich  auch,  daß  von 
Werther,  Götz,  Iphigenie  und  den  anderen 
Stücken  der  vier  ersten  Bände  der  Schriften 
solche  aus  unveränderten  Bogen  der  Schriften 
gebildeten  Seitenausgaben  nicht  existieren:  von 
diesen  Bänden  waren  keine  nachher  über¬ 
flüssig  gewordenen  Bogen  gedruckt  worden. 

Zu  den  auf  diese  Weise  entstandenen  un¬ 
echten  Ausgaben  des  Faustfragmentes  ist  noch 
zu  sagen,  daß  die  Bogen  auf  holländischem 
Papiere  dem  ersten  Satze  entstammen,  also 
die  Zeilenwiederholung  auf  Seite  144/5  und  die 
sonstigen  Druckfehler  des  Druckes  S1  aufweisen. 
Das  gilt  ohne  Ausnahme.  Alle  Abzüge  der 
Schriften  auf  holländischem  Papiere  sind  von 
dem  ersten  Satze  genommen,  nicht  von  dem 
berichtigten  zweiten.  Das  stimmt  zu  der  Vor¬ 
stellung,  die  wir  uns  von  dem  Verhältnis  von 
S1  und  S2  gemacht  haben.  Die  Abzüge  auf 
holländischem  Papiere  sind  natürlich  zuerst 
abgezogen,  nicht  etwa  zuletzt  von  dem  schon 
abgenutzten  Satze.  Damit  sind  die  Fehler  des 
ersten  Satzes  alle  in  die  holländische  Ausgabe 
eingegangen.  (Ob  Göschen  etwa  von  dem 
neuen  berichtigten  Satze  die  Autorexemplare, 
von  denen  Goethe  20  Stück  auf  holländischem 
Papiere  erhielt,  abgedruckt  hat,  kann  ich  nicht 
feststellen,  da  ich  keins  dieser  Goetheschen 
Freiexemplare  auf  holländischem  Papier  ein- 
sehen  konnte.) 

Diese  Bogen  A — L  des  siebenten  Bandes  der 
Schriften  auf  holländischem  Papiere  haben  auf 
den  Lägern  ihrer  jeweiligen  Besitzer  nun  ziem¬ 
lich  lange  ausgedauert  und  das  ist  die  Crux 
der  Faust-Bibliographie  geworden.  Fast  alle 
Ausgaben  des  Faustfragmentes,  soweit  sie  nicht 
die  oben  beschriebene  ächte  Ausgabe  sind,  be¬ 
stehen  aus  diesen  Bogen  auf  holländischem 
Papiere,  denen  im  Laufe  eines  Jahrhunderts 
mehr  oder  weniger  gutgläubig  hergerichtete, 
unter  einander  abweichende  Titelblätter  vor¬ 
gesetzt  sind.  Ich  nehme  an,  daß  sämtliche 
auf  holländischem  Papier  ausgedruckten  Bogen 
von  Band  5—8  der  Schriften  von  Göschen  als 
Makulatur  abgegeben  worden  sind,  und  zwar 
wohl  erst  längere  Jahre  nach  1790,  als  Göschen 
den  Plan  einer  holländischen  Ausgabe  endgültig 


aufgegeben  haben  wird.  (Jedenfalls  mit  dem 
Erscheinen  der  Cotta’schen  Ausgabe  von 
Goethes  Werken  1806  war  für  die  Göschen- 
schen  „Schriften“  der  weitere  Absatz  so  gut 
wie  ausgeschlossen.)  Daß  Göschen  die  den 
Egmont,  Tasso  und  Faust  enthaltenden  Bogen 
von  der  Makulierung  zurückgehalten  und  selbst 
zu  Sonderausgaben  dieser  Werke  hergerichtet 
hätte,  ist  mir  nicht  wahrscheinlich,  da  Göschen 
ja  seine  ächten  Sonderausgaben  hatte  und 
diese  wahrscheinlich  nicht  sobald  vergriffen 
gewesen  sind.  Die  von  dem  Erwerber  der 
holländischen  Makulatur  geretteten  und  auf¬ 
bewahrten  Bogen  des  Egmont,  Tasso  und 
Faust  haben  dann  scheinbar  ein  wechselvolles 
Schicksal  gehabt.  Die  aus  ihnen  hergestellten 
Sonderausgaben  sind  sehr  wahrscheinlich  nicht 
auf  einen  und  denselben  Unternehmer  zurück¬ 
zuführen.  Auch  die  Bogen  allein  ohne  Titel¬ 
blatt  sind  schließlich  im  Antiquariatsbuchhandel 
verkauft  worden,  jedenfalls  die  Faustbogen. 
Ich  habe  noch  vor  einigen  Jahren  aus  einem 
süddeutschen  Kataloge  diese  Bogen  ohne  Titel¬ 
blatt  für  3  Mark  gekauft  (sie  trugen  einen 
Blaupapier -Umschlag,  der  etwa  von  1890 
stammte)  und  habe  dann  später  gelegentlich 
erzählen  hören,  daß  diese  Bogen  vor  15—20 
Jahren  in  einem  Frankfurter  Antiquariat  für 
1,50  Mark  pro  Stück  verkauft  seien.  In  der 
Auktion  Runze  1904  wurde  für  die  Bogen 
(„Leider  fehlt  das  Titelblatt“)  31  Mark  ge¬ 
zahlt. 

Die  holländischen  Bogen  des  Faustfrag¬ 
mentes  waren  also  während  des  ganzen 
XIX.  Jahrhunderts  noch  zu  bekommen.  Durch 
Vorsetzen  eines  immer  wieder  anderen  Titel¬ 
blattes  ist  dann  aus  diesem  Makulaturreste  die 
Fülle  der  „bislang  nirgends  beschriebenen“ 
Faustausgaben  entstanden,  von  denen  die 
Antiquariatskataloge  zu  melden  wissen. 

Von  solchen  verschiedenen  Titelblättern 
kommen,  soweit  mir  bekannt,  folgende  vor: 

*1.  Faust.  |  Ein  Trauerspiel  |  von  |  Gothe. )  Leipzig,  | 
bey  Georg  Joachim  Goschen.]  1787. 

2.  Faust.  |  Ein  Trauerspiel  |  von  ]  Goethe.  |  Leipzig  | 
bei  Georg  Joachim  Göschen  1787.  (Grisebach  Nr.  1652.) 

*3.  Faust.  |  Ein  Fragment.  |  Von  |  Goethe.  |  Aechte 
Ausgabe.  |  Leipzig,  |  bey  Georg  Joachim  Göschen,  | 

1787. 

4.  Faust.  Eine  Tragödie.  Von  Goethe.  Leipzig, 
bey  Georg  Joachim  Göschen,  1787.  Angeblich  früher 
in  Sabells  Besitz  (Nach  Engel  703.) 


172 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787  — 1790. 


*5.  Faust.  |  Fragment  |  von  |  Goethe.  |  Leipzig,  |  bey 
Georg  Joachim  Goeschen.  I  1789. 

6.  Faust.  Ein  Fragment.  Von  Goethe.  Aechte 
Ausgabe.  Leipzig,  bey  Georg  Joachim  Göschen,  1790. 
W  A  Bd.  14,  S.  250. 

*7.  Faust  |  von  |  Goethe.  |  Ein  Fragment.  |  Aechte 
Ausgabe.  |  Leipzig,  |  bey  Georg  Joachim  Göschen,  | 
1790. 

*8.  Faust.  |  Ein  Fragment  |  von  |  Goethe.  |  Aechte 
Ausgabe.  |  Leipzig  |  bei  Georg  Joachim  Göschen  1790. 

*9.  Faust.  |  Ein  Trauerspiel  |  von|  Goethe.  |  Leipzig,  | 
bei  Georg  Joachim  Göschen  1790. 

10.  Faust.  Ein  Trauerspiel  von  Goethe.  Leipzig, 
bey  Georg  Joachim  Göschen.  1798.  Kat.  Hauser 
(1905)  1009. 

Von  den  sechs,  mit  *  bezeichneten  Nummern 
habe  ich  Exemplare  selbst  in  der  Hand  gehabt. 
Von  ihnen  kommen  1,  3  und  9  am  häufigsten 
vor.  Jedenfalls  gibt  es  eine  ganze  Reihe 
Exemplare,  die  diese  Titelblätter  tragen.  Alle 
mir  bekannten  Exemplare  bestehen  aus  den 
oben  beschriebenen  Bogen  auf  holländischem 
Papier. 

Die  Ausgaben  2,  4,  6,  10  habe  ich  nicht 
gesehen,  kann  also  nicht  angeben,  ob  sie  aus 
den  holländischen  Bogen  bestehen.  Jedenfalls 
bestehen  sie  aus  unveränderten  Bogen  der 
Schriften  mit  der  Bogennorm. 

Die  Ausgaben  5,  7,  8  haben  die  Bogen 
nicht  auf  holländischem  Papier.  Hierbei  scheint 
aber  besondere  Reserve  in  der  Beurteilung  ge¬ 
boten  zu  sein.  Bei  5  und  7  möchte  ich  mit 
Sicherheit  behaupten,  daß  die  „Ausgaben“  nur 
in  einem  Exemplare  dadurch  hergestellt  sind, 
daß  man  aus  einem  gewöhnlichen  Exemplare 
der  Schriften  Band  7  die  Bogen  A — L  heraus¬ 
genommen  und  für  sie  ein  einzelnes  Titelblatt 
eigens  hergestellt  hat.  Das  Titelblatt  von  5 
wird  nach  meiner  Schätzung  um  1850  gedruckt 
sein.  Das  einzige  Exemplar,  von  dem  ich  weiß 
wurde  1907  von  Oswald  Weigel  in  der  von 
ihm  sogenannten  Auktion  Göschen  I  versteigert. 
Es  wird  identisch  sein  mit  dem  früher  in 
Wenzels  Besitz  gewesenen.  Das  Titelblatt  von 
Nr.  7  ist  vielleicht  um  1860  gedruckt.  Das 
einzige  Exemplar,  das  ich  kenne,  stammt  aus 
Karl  Engels  Besitz  und  befindet  sich  jetzt  im 
Frankfurter  Goethemuseum.  Ich  bin  überzeugt, 
daß  es  von  Engel  auf  die  angegebene  Weise 
künstlich  hergerichtet  ist.  Übrigens  hat  er  bei 
dieser  Manipulation  ein  Exemplar  des  Drucks 
von  S 2  erwischt ,  in  dem  also  die  Zeilen¬ 
wiederholung  Seite  144/5  nicht  vorhanden  ist. 


Natürlich  haben  aber  die  Bogen  die  Norm 
Goethes  W.  7.  B. 

Bei  Nr.  8  könnte  das  Titelblatt  von  ca.  1820 
stammen.  Ich  halte  es  für  nicht  unmöglich, 
daß  diese  Ausgabe  (und  ebenso  Egmont  c  und 
d,  Tasso  b)  aus  den  Bogen  der  Schriften  ge¬ 
bildet  sind,  nachdem  Göschen  den  nicht  mehr 
absatzfähigen  Rest  der  veralteten  (durch  die 
neuen  Cottaschen  Ausgaben  der  Werke  über¬ 
holten)  Ausgabe  der  Schriften  von  1787  bis 
1790  makulierte.  Jedenfalls  sind  diese  Ausgaben 
erst  im  XIX.  Jahrhundert  zusammengestellt 
worden. 

Die  Seltenheit  der  ächten  Ausgabe  des 
Faustfragmentes  von  1790  hat  in  den  Fällen 
5  und  7  einen  Sammler  oder  Händler,  der  der 
ächten  Ausgabe  nicht  habhaft  werden  konnte, 
dazu  geführt,  unter  Aufopferung  eines  Band  7 
der  Schriften  die  Einzelausgabe  künstlich  her¬ 
zustellen.  Möglicher  Weise  verhält  es  sich 
ähnlich  mit  den  von  mir  nicht  gesehenen  Aus¬ 
gaben  2,  4,  6,  10.  Bei  der  großen  Mehrzahl 
der  von  mir  eingesehenen  Exemplare  dieser 
illegitimen  Faustausgaben  bestand  aber  der 
Buchblock  aus  den  Bogen  der  Schriften  (S1) 
auf  holländischem  Papiere.  Die  anderen  Exem¬ 
plare  (wie  5  und  7)  sind  natürlich  „exorbitant 
selten“,  weil  sie  eben  nur  in  einem  einzelnen 
Exemplare  von  einem  skrupellosen  Liebhaber 
hergestellt  worden  sind. 

Noch  weit  bedenklicher  als  dieses  Verfahren 
erscheint  nun  allerdings  eine  in  den  letzten  zwei 
Jahren  wiederholt  von  mir  festgestellte  Mani¬ 
pulation,  die  sich  der  modernsten  und  leistungs¬ 
fähigsten  Reproduktionstechnik  bedient,  um  die 
seltene  und  teure  „richtige  Erstausgabe“  des 
Faust  künstlich  herzustellen.  Es  gibt  immer 
noch  für  billiges  Geld  gelegentlich  ein  Exem¬ 
plar  der  holländischen  Bogen  des  Faustfrag¬ 
ments  aus  den  Schriften  und  es  gibt  immer 
noch  einzelne  Bände  vom  Band  7  der  Schriften, 
aus  denen  man  die  Bogen  des  Faustfragments 
herausnehmen  kann.  Das  fehlende  Titelblatt 
dazu  liefert  die  Kunstanstalt  in  täuschend  nach¬ 
gemachtem  Faksimile  auf  altem  zeitgemäßen 
Papiere.  Vor  kurzem  habe  ich  das  dritte 
Exemplar  gesehen,  daß  auf  diese  Weise  durch 
eine  kecke  Urkundenfälschung  entstanden  war. 
In  allen  drei  Fällen  bestand  das  Buch  selbst 
aus  den  unveränderten  Bogen  der  Schriften, 
einmal  aus  den  titelblattlosen  holländischen 


Deneke,  Die  Einzeldrucke  Goethe’scher  Werke  bei  Göschen  1787 — 1799. 


173 


Bogen,  zweimal  aus  dem  gewöhnlichen  Papier 
der  Schriften,  offenbar  also  aus  einem  Bande 
der  Schriften  herausgelöst.  Und  davor  befand 
sich  ein  Titelblatt,  das  beim  ersten  Zusehen 
recht  echt  aussah.  Bei  dem  ersten  Exemplare 
dieser  Mache,  das  ich  sah,  war  allerdings  ein 
für  den  Kenner  verräterischer  Fehler  passiert. 
Der  Fälscher  hatte  geglaubt,  eine  Ausgabe  von 
1787  sei  doch  offenbar  früher  als  eine  von 
1790,  und  hatte  deshalb,  als  er  den  Titel  der 
ächten  Ausgabe  (von  1790)  in  der  Kunstanstalt 
reproduzieren  ließ,  Weisung  gegeben,  daß  die 
Zahl  1790  durch  die  Zahl  1787  ersetzt  werde. 
Das  wurde  sehr  geschickt  besorgt  und  so  gab 
es  eine  „ächte  Ausgabe“  des  Faustfragments  von 
1787,  die  gewiß  heute  als  gänzlich  unbekannter 
wirklich  allererster  Druck  von  Goethes  Faust 
den  Cimelienschrank  eines  Sammlers  ziert.  Der 
Preis  war,  wenn  ich  nicht  irre,  750  Mark.  Als 
der  glückliche  Fälscher  dann  wieder  ein 
Exemplar  des  siebenten  Bandes  der  Schriften 
erworben  hatte,  ging  er  an  die  Herstellung 
eines  zweiten  Exemplars  der  ächten  Ausgabe. 
Er  hatte  .inzwischen  aber  zugelernt  und  wußte, 
daß  die  wirkliche  erste  Ausgabe  vom  Faust 
1790  erschienen  ist,  daß  die  Jahreszahl  1787 
in  manchen  der  illegitimen  Ausgaben  auf 
Unkenntnis  des  damaligen  Veranstalters  be¬ 
ruhte.  Er  ließ  deshalb  nach  einem  von  der 
Bibliothek  geholten  Exemplare  das  ächte 
Titelblatt  mit  der  Jahreszahl  1790  reprodu¬ 
zieren  und  das  gelang  wieder  so  ausgezeichnet, 
daß  er  das  Büchlein  mit  600  Mark  ausbieten 
konnte. 

Danach  ist  es  allerdings  höchste  Zeit,  daß 
die  Merkmale  der  wirklich  ächten  Ausgaben 
des  Faustfragmentes  auch  in  Sammlerkreisen 
allgemeiner  bekannt  werden,  als  sie  es  heute 
zu  sein  scheinen. 

Eine  Separatausgabe  des  Faustfragmentes 
aus  der  geringeren  Ausgabe  der  Schriften, 
Band  4  1791,  die  in  dem  Auktionskataloge 
Dorer-Egloff  1868  Nr.  2329  (und  nirgends  sonst) 


zitiert  wird,  ist  wahrscheinlich  auf  dieselbe 
Weise  entstanden:  ein  Sammler,  der  nur  Band  4 
der  Schriften  von  1791  besaß,  lieber  aber  eine 
Einzelausgabe  des  Faust  besitzen  wollte,  nahm 
die  den  Faust  enthaltenden  Bogen  heraus  und 
ließ  sich  ein  Titelblatt  eigener  Mache  dazu 
drucken. 

Zusammenfassend  wäre  zu  den  hier  unter 
der  Bezeichnung  „unechte  Ausgaben“  behandel¬ 
ten  Drucken  des  Faust-Fragmentes  noch  einmal 
zu  sagen,  daß  sie  als  rechtmäßige  Ausgaben 
ebensowenig  angesehen  werden  können,  wie 
etwa  ein  selbständig  gebundener  Ausschnitt 
aus  einem  Sammelwerke.  Die  Bogen,  die  die 
Ausgabe  bilden,  waren  zu  einer  selbständigen 
Existenz  nicht  bestimmt.  Als  unechte  Drucke 
kann  man  sie  dagegen  wohl  nicht  bezeichnen. 
Ihr  Druck  ist  derselbe  wie  der  der  ächten 
Ausgaben.  Wem  es  also  nur  darauf  ankommt, 
einen  Text  der  ersten  Ausgabe  des  Faust¬ 
fragmentes  unverfälscht  zu  benutzen,  der 
kann  sich  auch  mit  einer  der  unechten  Aus¬ 
gaben  oder  mit  Band  7  der  Schriften  begnügen. 
Da  es  den  Büchersammlern  aber  meist  nicht 
nur  auf  den  richtigen  Text  ankommt,  so  wird 
die  in  der  Tat  sehr  seltene  ächte  Ausgabe 
doch  wohl  ihren  Vorzug  in  der  Wertschätzung 
der  Bibliophilen  behalten. 

14  und  15.  Von  den  Einzeldrucken  von 
Jery  und  Bätely  und  Scherz,  List  und  Rache 
ist  nur  zu  sagen,  daß  sie  entsprechend  dem 
Doppeldrucke  dieser  Bogen  des  siebenten 
Bandes  der  Schriften  in  zwei  Drucken  vor¬ 
liegen,  dem  früheren  S1  und  dem  späteren  S2. 

Kennzeichen  bei  Jery  und  Bätely 

S1:  Seite  52  Zeile  2:  Zurücktretend 
S2:  Zurück  tretend 

Kennzeichen  bei  Scherz,  List  und  Rache 

S1:  Seite  37  u.:  Er  ist  bitter 

S2:  Es  ist  bitter. 

Unechte  Einzelausgaben  dieser  beiden 
Singspiele  mit  Göschens  Firma  gibt  es  nicht. 


Papst  Nikolaus  V.  als  Bücherfreund. 

Von 

Dr.  Klemens  Löffler  in  Breslau. 


Inter  den  um  Literatur  und  Kunst 
mannigfach  verdienten  Renaissance¬ 
päpsten  ist  Nikolaus  V.  (1447 — 1455) 
derjenige,  der  sich  als  Bücherfreund  besonders 
betätigt  hat.  Ihm  verdanken  Welt  und  Wissen¬ 
schaft  die  Gründung  der  vatikanischen  Bibliothek, 
und  schon  das  würde  genügen,  um  das  Urteil 
des  bekannten  großen  Bücherkenners  und  Buch¬ 
händlers  Vespasiano  da  Bisticci  zu  rechtfertigen, 
der  den  Papst  „das  Licht  und  den  Schmuck  der 
Kirche  und  seines  Jahrhunderts“  nennt. 

Bücherfreund  war  Nikolaus  schon  lange, 
ehe  er  noch  die  Mittel  hatte,  dieser  Neigung 
in  größerem  Umfange  nachzugehen.  Denn 
Tommaso  Parentucelli  oder  Tommaso  von  Sar- 
zana,  wie  er  früher  hieß,  war  mit  Glücksgütern 
nicht  gesegnet  und  scherzte  als  Papst  selbst 
darüber,  daß  ein  Priester,  der  vorher  die  Glocken 
geläutet  habe,  zu  dieser  Würde  gelangt  sei. 
Aber  ein  freigebiger  Mäcen  werden  zu  können, 
war  stets  sein  lebhaftester  Wunsch  gewesen. 


Käme  er  je  zu  Reichtum,  so  wollte  er  für 
zwei  Dinge  sein  Geld  ausgeben,  für  Bücher  und 
Bauten. 

Sein  vertrauter  Freund,  der  schon  genannte 
Vespasiano  da  Bisticci,  ist  dafür  der  beste  Ge¬ 
währsmann;  er  weiß  nicht  nur  Bescheid,  sondern 
hält  sich  auch  von  den  Übertreibungen  eines 
humanistischen  Lobredners  frei.  „Tommaso“, 
so  erzählt  er,  „brauchte  mehr  Geld  für  Bücher 
als  er  konnte,  denn  er  hatte  mehrere  der 
tüchtigsten  Schreiber,  die  aufzutreiben  waren, 
und  sah  nicht  auf  den  Preis.  Er  vertraute  auf 
sein  gutes  Glück  und  hoffte,  es  könnte  ihm 
nichts  fehlen.  Obgleich  er  damals  noch  arm 
war,  mußten  dennoch  die  Bücher,  die  er  für 
sich  schreiben  ließ,  in  jeder  Beziehung  schön 
sein.  Manchmal  kam  es  vor,  daß  Magister 
Tommaso  kein  Geld  mehr  hatte  und  Bücher 
auf  Kredit  kaufte,  und  um  Schreiber  und 
Miniatoren  bezahlen  zu  können,  mußte  er 
Schulden  machen,  die  er  erst  später  beglich. 
Am  häufigsten  sah  man  ihn  bei  den  Buch¬ 
händlern  der  Arnostadt.  Zu  ihnen  wanderte 
alles  Geld,  das  er  auftreiben  konnte.  Er  be¬ 


saß  Bücher  aus  allen  Wissensfächern,  so  die 
Werke  des  hl.  Augustin  in  zwölf  sehr  feinen 
Bänden,  alle  ganz  neu  geschrieben  und  in  der 
besten  Ordnung.  Ebenso  hatte  er  Werke  der 
alten  Väter  wie  der  neuen  Gelehrten.  Soviel 
ihm  nur  immer  möglich  war,  verausgabte  er 
für  Bücher.  Er  hatte  aber  wenige,  die  er  nicht 
fleißig  durchstudierte  und  mit  Anmerkungen  ver¬ 
sah  in  seiner  schönen  Handschrift,  die  zwischen 
antiker  und  moderner  die  Mitte  hielt  In  der 
Bibliothek  bei  Santo  Spirito  in  Florenz  findet 
sich  eine  Handschrift,  die  er  den  Mönchen 
schenkte,  die  Schrift  Augustins  gegen  den 
Pelagianer  Julianus  und  andere  Irrlehrer,  und 
dieses  Buch  ist  ganz  mit  Anmerkungen  von 
seiner  Hand  versehen  in  jener  Schrift,  von  der 
ich  sprach.  Nie  zog  er  aus  Italien  weg  auf 
Gesandtschaft  mit  dem  Kardinal  Albergati 
(dessen  steter  Begleiter  er  war),  ohne  irgend 
ein  neues  Buch  heimzubringen,  das  man  in 
Italien  noch  nicht  kannte.  Dazu  gehörten  die 
Reden  des  Papstes  Leo  sowie  die  Postille  zum 
Evangelium  des  hl.  Matthäus  von  Thomas  von 
Aquin,  ganz  ausgezeichnete  Handschriften,  die 
man  bis  dahin  in  Italien  nicht  kannte,  und 
außerdem  neuere  Werke.  Es  gab  keinen 
Schriftsteller  in  irgend  einem  Fache,  von  dem 
er  nicht  Kunde  besaß,  und  er  kannte  alle  latei¬ 
nischen  wie  griechischen  Autoren.  Und  um 
eine  Sammlung  von  Büchern  aus  allen  Gebieten 
des  Wissens  einzurichten  und  zu  ordnen,  gab 
es  keinen,  der  es  besser  verstanden  hätte,  als 
Magister  Tommaso.  Als  deshalb  Cosimo  de’ 
Medici  die  Bibliothek  von  San  Marco  einrichten 
wollte,  schrieb  er  an  Magister  Tommaso,  er 
möchte  ihm  doch  einen  Kanon  aufsetzen,  wie 
eine  Bibliothek  anzuordnen  sei.  Und  dieser 
setzte  ihn  mit  eigener  Hand  auf  und  sandte 
ihn  an  Cosimo.  Und  darnach  wurden  die 
beiden  Büchereien  eingerichtet  bei  San  Marco 
und  im  Kloster  von  Fiesoie.  Ebenso  verfuhr 
man  in  der  Bibliothek  des  Herzogs  von  Urbino 
und  in  der  Alessandro  Sforzas.  Wer  aber 
jemals  eine  Bibliothek  anlegen  will,  kann  nicht 
ohne  diesen  Kanon  fertig  werden/1 


1  Vespasiano  da  Bisticci,  Vite  di  uomini  illustri  del  secolo  XV,  ed.  Frati,  Bologna  1892  ff.,  Vol.  1  S.  28  ff. 


Löffler,  Papst  Nikolaus  V.  als  Bücherfreund. 


175 


Diese  bibliotheksteclmische  Arbeit  Tommasos 
ist  uns  erhalten.1  Sie  ist  aber  keine  Anweisung, 
eine  vorhandene  Bibliothek  zu  ordnen,  sondern 
zählt  vielmehr  die  Werke  auf,  die  Tommaso 
für  eine  Klosterbibliothek  als  notwendig  oder 
wünschenswert  ansieht.  An  erster  Stelle  steht 
natürlich  die  Bibel,  dann  folgt  eine  große  Reihe 
von  Kirchenvätern  und  Bibelerklärern  bis  her¬ 
unter  auf  Nikolaus  von  Lyra.  Die  philosophi¬ 
sche  Abteilung  verlangt  Aristoteles  und  seine 
Kommentatoren,  dann  Averroes  und  Avicenna 
sowie  den  Rabbi  Moses  (Maimonides)  und 
lateinische  Übersetzungen  griechischer  Philo¬ 
sophen.  Von  Mathematikern  werden  Boethius, 
Euklid,  Vitulo  und  Ptolemäus  empfohlen.  An 
den  Schluß  stellt  Tommaso  die  Literatur  „de 
studiis  humanitatis“,  Grammatik,  Rhetorik,  Poetik 
und  Moral  mit  der  Bemerkung,  daß  das 
Wesentliche  daraus  seinen  Auftraggebern  ohne¬ 
hin  gewiß  bekannt  sei.  „Wenn  ich  aber  eine 
Bibliothek  zu  gründen  hätte,  so  würde  ich, 
wenn  ich  schon  nicht  alles  bekommen  könnte, 
wenigstens  die  folgenden  nicht  entbehren 
wollen.“  Und  nun  kommen  in  bunter  Reihe 
römische  Philosophen,  Historiker,  Redner, 
Grammatiker,  von  Dichtern  Vergil,  Ovid,  Sta- 
tius,  Horaz,  Lukan.  Epiker,  Satiriker  und 
Dramendichter  (außer  Seneca)  fehlen. 

Es  ist  für  Tommasos  Bücherleidenschaft 
sehr  charakteristisch,  daß  außer  diesem  Biblio¬ 
thekskanon  von  ihm  nichts  Schriftliches  hinter¬ 
lassen  ist  als  ein  Brief  an  den  berühmten 
Büchersammler  Niccolö  Niccoli,  und  dieser 
Brief2  handelt  auch  bloß  von  Bücherforschung 
und  zeigt  uns,  wie  er  in  Klosterbibliotheken 
nach  Werken  der  Kirchenväter  stöbert  und 
allerlei  Verbindungen  ankniipft,  um  Abschriften 
nehmen  und  Kollationen  machen  zu  können. 
Er  berichtet  über  Werke  und  Handschriften 
von  Gregor  von  Nazianz,  Basilius,  Ignatius, 
Polykarp,  Laktanz,  Eusebius,  Celsus,  Isidor, 
Hilarius,  Hieronymus,  Bernhard,  Chrysostomus, 
Athanasius  und  Diogenes  Laertius. 

Was  dem  Magister  Tommaso  von  Sarzana 
lange  gefehlt  hatte,  das  fiel  ihm  nachher  in 
überraschend  kurzer  Zeit  zu:  in  drei  Jahren 
(1444—47)  wurde  er  Bischof,  Kardinal  und  Papst. 


Er  beschloß,  der  edlen  Leidenschaft  seiner 
Jugend  treu  bleibend,  im  Vatikan  eine  Biblio¬ 
thek  zu  schaffen,  die  alle  anderen  übertreffen 
sollte. 

Den  Grundstock  bildete  die  von  seinem  Vor¬ 
gänger  Eugen  IV.  hinterlassene,  aus  etwa  350 
Handschriften  bestehende  Sammlung.  3  Dazu 
kamen  die  Bücher,  die  Nikolaus  selbst  bereits 
besaß  und  hauptsächlich  auf  seinen  Gesandt¬ 
schaftsreisen  mit  dem  Kardinal  Albergati  ge¬ 
sammelt  hatte.  Vespasiano  hat  uns  bereits 
berichtet,  wie  er  sich  um  die  Sammlung  und 
Rettung  von  seltenen  Handschriften  bemühte. 
Besondere  Freude  machte  ihm  die  Entdeckung 
eines  vollständigen  Tertullian  in  Deutschland. 
Von  den  Briefen  Augustins,  der  bei  den  älteren 
Humanisten  besonders  beliebt  war,  brachte  er 
216  zusammen,  wie  er  in  dem  Bibliothekskanon 
selbst  bemerkt.  So  war  die  Büchersammlung, 
mit  der  er  in  den  Vatikan  einzog,  wenn  auch 
vielleicht  nicht  gerade  groß,  so  doch  jedenfalls 
auserlesen. 

Mit  beispiellosem  Eifer  ging  nun  der  Papst 
an  den  Ausbau  seiner  Bibliothek.  Das  Jubiläums¬ 
jahr  von  1450  mit  seinen  reichen  Einnahmen  bot 
ihm  die  Mittel,  um  das  Kaufen  und  Suchen  von 
Büchern  immer  weiter  auszudehnen.  Nach  allen 
Seiten,  bis  nach  Griechenland,  England,  Dänemark 
und  Preußen  gingen  seine  literarischen  Send- 
linge,  um  aufzuspüren,  zu  kaufen  und  abzu¬ 
schreiben.  Auf  den  Preis  brauchen  sie  nicht 
zu  sehen,  und  je  mehr  sie  bringen,  desto  lieber 
ist  es  dem  Papste.  Auch  die  päpstlichen 
Legaten  stellten  sich  in  den  Dienst  seines 
Bibliotheksinteresses.  So  fand  Nikolaus  von 
Kues  im  Kloster  Egmond  ein  Buch  des  Rabbi 
Moses,  und  auf  seine  Bitte  ließ  es  der  Abt 
„ganz  sorgfältig  in  schönster  Schrift  auf  eigene 
Kosten  abschreiben  und  dem  Papste  als  will¬ 
kommenes  Geschenk  überreichen“.  Gewiß  hat 
auch  mancher  Prälat,  der  an  der  Kurie  Ge¬ 
schäfte  hatte  und  unter  einer  anderen  kirch¬ 
lichen  Regierung  hätte  tief  in  den  Beutel  greifen 
müssen,  jetzt  mit  Büchern  den  Papst  sich  ge¬ 
neigt  zu  machen  gesucht. 

Von  einem  Reiseforscher,  der  in  den  hohen 
Norden  entsandt  wurde,  wissen  wir  Näheres, 


1  Archivio  storico  italiano,  Serie  terza,  Tomo  21,  Seite  103 — 106  und  vollständig  bei  G.  Sforza,  La  patria,  la 
famiglia  e  la  giovinezza  di  papa  Niccolö  V.,  Lucca  1884,  Seite  359—381. 

2  Sforza  Seite  159  fr.  —  3  Ein  Verzeichnis  von  1443  bei  Müntz-Fabre,  La  bibliotheque  du  Vatican  au  XVe  siede, 
Paris  1887,  Seite  9  ff. 


176 


Löffler,  Papst  Nikolaus  V.  als  Bücherfreund. 


Schon  früher  hatte  man  vergeblich  einem  voll¬ 
ständigeren  Livius  nachgejagt,  der  sich  irgend¬ 
wo  in  Dänemark  oder  Norwegen  gefunden 
haben  sollte.  Jetzt  tauchte  das  Gerücht  von 
neuem  auf,  und  der  Papst  schickte  den  Alberto 
Enoche  aus  Ascoli  aus,  um  den  Livius  zu 
suchen.  Er  bekam  Empfehlungsschreiben  mit, 
die  ihm  die  Bibliotheken  öffnen  sollten.  Das 
an  den  Hochmeister  des  deutschen  Ordens 
Konrad  von  Erlichshausen,  vom  30.  April  1451, 
ist  noch  vorhanden.1  Es  wird  darin  versichert, 
daß  kein  Buch  weggenommen  werden  soll, 
sondern  man  bloß  eine  Abschrift  zu  erlangen 
sucht.  Wo  Enoche  überall  gewesen  ist,  wissen 
wir  nicht  genau.  Man  sprach  von  Dänemark, 
Skandinavien  und  „den  fernsten  Inseln  im 
Norden  Deutschlands“.  Er  kehrte  erst  nach 
vier  Jahren  zurück.  Den  Livius  hatte  er  nicht 
gefunden,  und  der  Papst  erlebte  überhaupt 
nicht  mehr  die  Freude,  die  Ergebnisse  seiner 
Nachforschungen  zu  sehen. 

Umfangreich  und  bedeutend  war  der  Er¬ 
werb  griechischer  Bücher,  die  in  Konstantinopel 
und  im  türkischen  Orient  vor  und  nach  der 
Eroberung  Konstantinopels  durch  die  Türken 
von  geheimen  Bücheragenten  aufgekauft  wur¬ 
den.  „Beinahe  zahllose  Bände,“  erzählt  Filelfo, 
„wurden  zu  ungeheuren  Preisen  erstanden  und 
nach  Italien  eingeschifft.  In  der  Tat,  man  darf 
mit  vollem  Recht  sagen:  Griechenland  ist  nicht 
untergegangen,  sondern  nach  Italien,  das  ja 
einst  Großgriechenland  hieß ,  ausgewandert, 
dazu  vermocht  allein  durch  die  Güte  und  Frei¬ 
gebigkeit  des  einen  Papstes  Nikolaus.“ 

Auch  hebräische  Bücher  wurden  gesucht. 
Besonders  lag  dem  Papste  an  dem  Urtexte 
des  Matthäusevangeliums.  Er  setzte  einen 
Preis  von  5000  Dukaten  für  die  Auffindung 
aus,  fand  aber  keine  Gelegenheit,  ihn  zu  ver¬ 
geben. 

Wie  die  Bücheragenten  mit  ihrem  Mäcen 
verkehrten,  zeigt  ein  Brief  des  Nikolaus  Perotti 
aus  Trapezunt.2  „Schuld  an  meiner  Liebe“, 
heißt  es  da,  „trägt  Ew.  Heiligkeit  selbst  und 
Ihre  unbegrenzte  Freigebigkeit.  Eine  solche 
Summe  Goldes  hat  mir  Ew.  Heiligkeit  in  zu 
großer  Huld  übersandt.  Keinem  meiner  Mit¬ 
bürger  ist  es  unbekannt.  Alle  aber,  die  davon 
hörten,  wurden  zu  Staunen  und  Bewunderung 


hingerissen  und  allen  ward  dadurch  Ihre  gro߬ 
herzige  Freigebigkeit  und  Güte  kund  .  .  .  Aber 
genug  hiervon.  Da  ich  den  Auftrag  Ew.  I  Eilig¬ 
keit  nach  besten  Kräften  erfüllen  wollte  und 
um  wenigstens  teilweise  meine  Schuld  abzu¬ 
tragen,  so  sende  ich  an  Ew.  Heiligkeit  durch 
die  Vermittlung  des  Kardinals  von  Nicäa  vier 
Bücher,  von  denen  das  erste  die  vier  Evan- 
gelien  enthält,  das  zweite  die  Reden  des  hl. 
Gregor  von  Nazianz,  der,  wie  Ew.  Heiligkeit 
wohl  weiß,  die  Liebe  den  süßen  Tyrannen 
nennt.  Das  dritte  enthält  die  Problemata  des 
Aristoteles  und  zwar  mehr,  als  ich  bisher  sah, 
dazu  noch  die  Problemata  des  Alexander 
Aphrodiseus,  der  aus  derselben  Schule  ist. 
Und  das  vierte  endlich  umfaßt  die  Privatreden 
des  Demosthenes.  Diese  Handschriften,  ob¬ 
gleich  mit  der  größten  Sorgfalt  gesucht,  wurden 
erst  nach  unendliclver  Mühe  gefunden.  Ich 
sende  sie  aber  an  Ew.  Heiligkeit  in  der  Hoff¬ 
nung,  alljährlich  so  viele  oder  noch  mehr  an 
Ew.  Heiligkeit  schicken  zu  können.  Viele  zu¬ 
gleich  zu  finden,  wird  zu  schwierig  sein,  da¬ 
gegen  nicht  unmöglich,  vier  oder  fünf  aufs 
Jah  r  gleich  wie  eine  Abgabe  und  Steuer  an 
Ew.  Heiligkeit  zu  senden.“ 

Neben  diesen  aus  der  Ferne  herbeigeschafften 
Schriften  gehen  die  Werke  her,  die  Nikolaus 
selbst  anregte  und  die  eine  wesentliche  Be¬ 
reicherung  seiner  Bibliothek  ausmachten.  Ein 
ganzer  Musenhof  war  um  den  Papst  ver¬ 
sammelt,  und  „von  den  gelehrtesten  Männern 
wurden  ihm  so  viele  Bücher  gewidmet,  wie 
weder  einem  seiner  Vorgänger  noch  einem  der 
Kaiser“.  So  urteilt  Enea  Silvio.  Die  eigent¬ 
liche  Liebhaberei  des  Papstes  und  eine  sehr 
ergiebige  Bücherquelle  waren  die  Übersetzungen 
aus  dem  Griechischen.  Sein  Plan,  die  ganze 
griechische  Literatur  auf  diese  Weise  in  Italien 
heimisch  zu  machen,  ist  freilich  nicht  durch¬ 
geführt  worden.  Besonders  die  Erfüllung  seines 
sehnlichsten  Wunsches,  einer  metrischen  Über¬ 
tragung  der  Ilias  und  Odyssee,  erlebte  Nikolaus 
nicht.  Doch  ist  eine  lange  Reihe  von  sehr 
verdienstlichen  Übersetzungen  zustande  ge¬ 
kommen. 

Wo  der  Papst  nicht  die  Originale  selbst 
erlangen  konnte,  mußte  er  sich  mit  Abschriften 
begnügen,  und  da  die  wichtigsten  Funde  von 


1  Mitgeteilt  von  G.  Voigt,  die  Wiederbelebung  des  klassischen  Altertums  23.  200. 

2  Müntz-Fabre  Seite  113  t. 


Löffler,  Papst  Nikolaus  V.  als  Bücherfreund. 


1 77 


Klassikern  wie  Kirchenvätern  bereits  gemacht 
waren,  so  mußten  tatsächlich  die  Abschriften 
in  seiner  Bibliothek  die  Überzahl  haben. 
Scharen  von  Abschreibern,  besonders  Deutsche 
und  Franzosen,  waren  fortwährend  mit  der 
Kopierung  unverkäuflicher  Handschriften  und 
der  Vervielfältigung  und  Verbesserung  neu  er¬ 
worbener  beschäftigt.  Nach  dem  Berichte 
Vespasianos  hatte  der  Papst  die  tüchtigsten 
Schreiber,  die  er  haben  konnte,  im  Dienst  und 
zwar  nicht  nur  in  seiner  Residenz,  sondern 
„es  gab  wenige  Orte,  wo  seine  Heiligkeit  nicht 
Abschreiber  gehabt  hätte“.  Als  der  Papst  1450 
wegen  der  Pest  nach  Fabriano  zog,  nahm  er 
seine  Übersetzer  und  Schreiber  mit  sich,  damit 
sie  ihm  nicht  wegstürben,  ein  Zeichen,  wieviel 
ihm  an  ihnen  lag. 

Da  Nikolaus  nach  dem  Zeugnis  seines 
Freundes  Vespasiano  selbst  Kalligraph  war,  so 
sah  er  natürlich  auf  schöne  Handschrift ,  und 
wie  er  in  allem  Schönheit  und  Prunk  liebte, 
so  sorgte  er  auch  für  glänzende  Ausstattung 
der  Bücher.  Als  Material  wurde  fast  aus¬ 
schließlich  Pergament  verwendet.  Die  Ein¬ 
bände,  mit  dem  Wappen  des  Papstes  versehen, 
wurden  prächtig  aus  Samt,  Seide,  Leder  in 
verschiedenen  Farben,  Pergament  hergestellt 
und  mit  kunstvoll  gearbeiteten  Beschlägen 
von  Email-,  Silber-  oder  Goldarbeit  versehen. 

Die  Bücherpreise  der  Zeit  zeigen,  daß  der 
Papst  keine  Kosten  gescheut  hat.  In  der 
Marciana  in  Venedig  befindet  sich  eine  unvoll¬ 
ständige  Augustinusausgabe  von  neun  Bänden  aus 
dem  Nachlaß  des  Kardinals  Bessarion.  Für  acht 
von  diesen  Bänden  hat  der  Kardinal  im  Jahre 
1472  an  Vespasiano  487  Golddukaten  gezahlt. 
Poggio  hatte  einen  Livius  abgeschrieben,  den 
er  für  120  Zechinen  dem  Dichter  Beccadelli 
abtrat.  Dieser  mußte,  um  bezahlen  zu  können, 
eine  Villa  veräußern,  wogegen  sich  Poggio 
für  den  Erlös  ein  Grundstück  bei  Florenz 
kaufte. 

Nach  einer  Berechnung  der  Assemani  hat 
Nikolaus  40000  Scudi  für  Bücher  ausgegeben, 
nach  einer  anderen  Schätzung  30000  Gold¬ 
gulden. 

Seine  reichen  Mittel  und  sein  unermüd¬ 
licher  Sammeleifer  brachten  in  der  Tat  seinem 


Plan  nach  in  kurzer  Zeit  eine  Büchersammlung 
zusammen,  die  einzig  dastand.  Wäre  er  nicht 
vor  der  Zeit  gestorben,  „und  hätte  seine  Ab¬ 
sichten  vollständig  ins  Werk  setzen  können,  so 
würde  die  Bibliothek  etwas  Wunderbares  geworden 
sein“,  meint  Vespasiano.  Sie  sollte,  eine 
Zentralstelle  der  Bücherwelt,  allen  Gelehrten 
zugänglich  sein1  und  Rom  zum  Mittelpunkte 
der  Wissenschaften  machen.  Unter  den  gro߬ 
artigen  Bauplänen  des  Papstes  ist  auch  die 
Bibliothek  —  ingens  et  ampla,  transversalibus 
utrimque  fenestris,  an  schönster  Stelle  ge¬ 
legen,  von  ewig  sprudelnden  Springquellen  um¬ 
geben. 

Einstweilen  war  Nikolaus  selbst  ihr  eifrigster 
Benutzer.  Es  war  ihm  eine  Freude,  unter  den 
Büchern  umherzuwandeln,  sie  zu  ordnen  und 
zu  stellen,  dies  oder  jenes  durchzublättern  und 
zu  beschauen.  Es  entspricht  vollkommen  seiner 
Eigenart,  daß  er  in  einem  Saale  der  Vaticana 
dargestellt  ist,  wie  er  Bücher  ordnet. 

Bibliothekar  war  Giovanni  Tortello,  ein  in 
Florenz  und  in  Griechenland  gebildeter,  theo¬ 
logische  und  klassische  Bildung  vereinigender 
Gelehrter.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß 
unter  diesem  Papste  die  Bibliothekarstelle  ein 
Hof-  und  Vertrauensamt  ersten  Ranges  war. 
Tortello  vermittelte  den  Verkehr  mit  den 
Schriftstellern  und  Übersetzern,  den  Buch¬ 
händlern  und  Bücherschreibern.  Seine  Be¬ 
scheidenheit,  sein  Takt  und  seine  Humanität 
waren  ebensogroß  wie  seine  wissenschaftliche 
Bedeutung.  Sein  Werk  über  Orthographie, 
eine  Enzyklopädie  von  historischen,  geographi¬ 
schen  und  mythologischen  Notizen,  war  ein 
geschätztes  Hilfsmittel  für  die  Übersetzer  und 
Bücherabschreiber,  für  die  besonderen  Ver¬ 
hältnisse  der  vatikanischen  Bibliothek,  also 
eine  sehr  zeitgemäße  und  nützliche  Arbeit. 

Die  Angaben  über  die  Bändezahl  sind  auf¬ 
fallend  verschieden.  Die  höchsten  Zahlen 
nennt  der  wiederholt  zitierte  Vespasiano  da 
Bisticci,  aber  er  widerspricht  sich:  im  Leben 
Tortellos  sagt  er,  dieser  habe  ein  Inventar  mit 
9000  Bänden  aufgestellt,  in  der  Biographie  des 
Papstes  dagegen  redet  er  von  5000  Büchern. 
Diese  Zahl  gibt  auch  Manetti  in  seinem  Leben 
Nikolaus’  V.  an.  Pius  II.  schätzte  die  Samm- 


1  Operam  damus,  ut  pro  communi  doctorum  virorum  commodo  habeamus  librorum  omnium  tum  latinorum  tum 
graecorum  bibliothecam  condecentem  Pontificis  et  sedis  apostolicae  dignitati“  heißt  es  in  dem  Empfehlungsschreiben  an 
den  Hochmeister  des  deutschen  Ordens. 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


23 


i;8 


Löffler,  Papst  Nikolaus^V.  als  Bücherfreund. 


lung  nur  auf  3000  Bände.  Alle  diese  Zahlen 
sind  zu  hoch  gegriffen.  Wir  haben  nämlich 
ein  Inventar  der  lateinischen  Handschriften, 
das  noch  vor  der  Krönung  des  Nachfolgers 
Kalixt  III.  aufgenommen  wurde.1  Es  zählt 
794  Nummern.  Dazu  kommen  die  griechischen 
Handschriften,  deren  Katalog2  353  Stück  auf¬ 
führt.  Ausgeliehen  waren  eine  lateinische  und 
61  griechische  Handschriften,  wodurch  die  Zahl 
der  griechischen  Codices  auf  414  steigt.  Die 
Gesamtzahl  ist  demnach  1209.3 

Sie  ist  immer  noch,  an  der  kurzen  Regie¬ 
rungszeit  des  Papstes  und  den  damaligen  Ver¬ 
hältnissen  gemessen,  sehr  hoch.  Die  Bücher¬ 
sammlung  Niccolö  Niccolis,  die  größte  und 
beste  in  Florenz,  an  die  Niccoli  sein  ganzes 
Leben  gewendet  hatte,  enthielt  800  Bände,  die 
der  Visconti  in  Pavia  988  Bände.  Herzog 
Federigo  von  Urbino,  der  30000  Dukaten  da¬ 
für  ausgegeben  haben  soll,  brachte  772  Hand¬ 
schriften  zusammen,  Kardinal  Bessarion  900. 

Abgesehen  von  der  Gesamtzahl  konnte  die 
vatikanische  Bibliothek  besonders  durch  ihren 
Reichtum  an  griechischen  Handschriften  die 
erste  Stelle  unter  allen  Büchersammlungen 
des  15.  Jahrhunderts  in  Anspruch  nehmen. 

Die  vorhin  genannten  Kataloge  gewähren 
uns  auch  einigen  Einblick  in  die  Ordnung  und 
Aufstellung. 

Die  Bücher  standen  in  zwei  gesonderten 
Räumen.  Der  gröbere  Teil  bildete  den  Grund¬ 
stock  einer  öffentlichen  Bibliothek,  für  die  noch 
ein  würdiger  Bau  geschaffen  werden  sollte,  die 
andern  standen  im  Privatgemach  des  Papstes. 
Hier  fand  man  nach  seinem  Tode  56  Bände, 
fast  lauter  Klassiker,  besonders  die  Über¬ 
setzungen,  in  den  Prachtbänden,  wie  sie  ihm 
gewidmet  waren,  meist  in  Carmoisin  und  mit 
Silber  beschlagen. 

Die  Hauptmasse  war  in  acht  großen 
Schränken  in  einem  Zimmer  mit  einem  Fenster 
aufgestellt  und  so  geordnet,  daß  sechs  Schränke 
zur  Rechten,  zwei  zur  Linken  des  Fensters 
standen.  Von  jenen  enthielt  der  erste  die 
Bibeln  und  Bibelkommentare,  der  zweite  die 
Kirchenväter,  der  dritte  und  vierte  scholastische 
Theologie,  der  fünfte  neben  theologischen  und 
historischen  Werken  die  ersten  Klassiker,  der 


sechste  wieder  theologische  und  kanonistische 
Schriften. 

Auf  der  linken  Seite  standen  die  Bücher, 
die  der  Papst  selbst  bevorzugte:  im  ersten 
Schranke  Philosophie,  Astronomie,  Mathematik 
und  überwiegend  Klassiker,  im  zweiten  P'ort- 
setzung  der  Klassiker  und  in  bunter  Mischung 
kirchliche  und  profane  Schriftsteller. 

Unter  den  griechischen  Handschriften 
nehmen  die  Werke  des  Chrysostomus  mit 
40  Nummern  die  erste  Stelle  ein.  Dann  folgen 
Basilius  mit  18,  Gregor  von  Nazianz  mit  11. 
Daran  reihen  sich  in  über  1 50  Banden  weitere 
biblische,  exegetische,  patrologische,  asketische, 
liturgische  Sachen.  Die  philosophischen  Bücher, 
so  Aristoteles,  Plato,  Philo,  Plutarch,  machen 
etwa  30  Bände,  die  Libri  rhetorices,  Demos¬ 
thenes,  Libanius,  Aristides,  Hermogenes  usw., 
33  Bände  aus.  Unter  dem  T  itel  Libri  gram- 
matices  sind  etwa  15  grammatische  Werke, 
hauptsächlich  aber  22  Nummern  der  griechi¬ 
schen  Klassiker  untergebracht,  die  sich  auf 
15  Autoren  verteilen.  Fs  sind  vor  allem  die 
Dichter  mit  Homer  an  der  Spitze. 

Von  den  ausgeliehenen  griechischen  Hand¬ 
schriften  erhielt  der  Kardinal  Isidor  von  Ru߬ 
land  von  Kalixt  III.  in  sehr  übertriebener 
Liberalität  51  auf  Lebenszeit.  *  Fs  sind  eine 
ganze  Reihe  der  größten  Kostbarkeiten  dar¬ 
unter,  und  sie  sind,  obwohl  sie  zurückgegeben 
werden  sollten,  wie  es  scheint,  auf  dem  Wege 
geblieben. 

Auch  sonst  ist  unter  Kalixt  III.  manches 
abhanden  gekommen.  Doch  ist  die  Erzählung, 
er  habe  die  vatikanische  Bibliothek  verschleudert, 
bloß  eine  üble  Nachrede.  Ein  großer  Teil 
der  Erwerbungen  Nikolaus  V.  findet  sich  heute 
noch  vor.  Charakteristisch  für  Kalixt,  der  ganz 
in  der  Abwehr  der  Türkengefahr  aufging,  ist 
dagegen,  was  Vespasiano  von  ihm  erzählt: 
„Als  Kalixtus  die  Regierung  antrat  und  so 
viele  treffliche  Bücher  sah,  von  denen  500  in 
Einbänden  von  Karmesin-Sammet  mit  Silber¬ 
beschlägen  prangten,  wunderte  er  sich  sehr, 
da  er,  ein  alter  Jurist,  nur  geheftete  Papier¬ 
bücher  zu  sehen  gewohnt  war.  Statt  die  Ein¬ 
sicht  seines  Vorgängers  zu  loben,  sprach  er 
beim  Eintritt  in  das  Büchergemach:  „Seht  doch, 


1  Müntz-Fabre  Seite  48  ff.  Dazu  die  Verbesserung  von  J.  Hilgers,  Zentralblatt  für  Bibliothekswesen  1 9>5 •  Bd.  *9> 
Seite  5.  —  2  Ebenda  Seite  316  ff.  —  3  Begründet  von  Hilgers  a.  a.  O.  Seite  1 — 11. 

4  Müntz-Fabre  Seite  340  ff. 


Ihringer,  Quirinus  Kuhlmann. 


179 


dafür  hat  er  die  Schätze  der  Kirche  ver¬ 
schwendet!“  Er  ließ  die  kostbaren  Einbände 
zum  Teil  entfernen  und  für  den  Türkenkrieg 
nutzbar  machen.  Auch  die  nächsten  Päpste 
haben  für  die  Bibliothek  nichts  geleistet.  Erst 


Sixtus  IV.  (1471 — 1484)  hat  dafür  gesorgt,  daß 
der  große  Gedanke  Nikolaus’  V.  für  die  Nach¬ 
welt  Früchte  trug  und  die  vatikanische  Biblio¬ 
thek,  wie  Mommsen  sagt,  „ein  Eckstein  der 
Wissenschaft“  wurde. 


'Quirinus  Kuhlmann. 

Von 


Bernhard  Ihringer  in  Basel. 


Mit  einer  Abbildung. 


urch  Zufall  gelangte  ich  vor  einiger 
Zeit  in  den  Besitz  eines  ebenso  seltenen 
wie  sonderbaren  Büchleins.  Es  ge¬ 
währt  einen  so  bezeichnenden  Einblick  in  das 
Treiben  der  Schwarmgeister  nach  dem  3ojäh- 
rigen  Kriege,  daß  ich  es  unternehme,  hier  über 
seinen  nicht  minder  sonderbaren  Verfasser  das, 
was  ich  in  alten  Quellen  fand,  in  Kürze  zu¬ 
sammenzutragen. 

Das  in  Kleinoktav  sauber  und  nett  ge¬ 
druckte  Bändchen  führt  den  langatmigen  Titel: 
„A.  Z.!  |  Quirin  Kuhlmans  |  Neubegeisterter 
Böhme/  |  begreifend  |  Hundert  funftzig  Weis¬ 
sagungen  / 1  mit  der  Fünften  Monarchi  oder  dem  | 
JESUS  REICHE  j  des  Holländischen  Propheten  j 
Johan  Rothens  übereinstimmend/ j  Und  mehr  als 
1000000000  Theosophische  j  Fragen/  allen 
Theologen  und  Gelehrten  j  zur  beantwortung 
vorgeleget;  wiwohl  |  nicht  eine  eintzige  ihnen 
zu  beantworten/ 1  wo  si  heutige  Schulmanir 
sonder  |  Gottes  Geist  folgen  / 1  Darin  zugleich 
der  so  lang  verborgene  j  Luthrische  Antichrist 
abgebildet  wird,  j  Zum  allgemeinen  besten  der 
höchstverwirrten  Christenheit  /  in  einem  [  freund¬ 
lichsanftem  und  eifrig  feurigem  Liebesgeiste  j 
ausgefertiget  |  an  des  Luthertums  j  Könige  / 
Churfürsten/  Printzen  und  j  Herren/  wi  auch 
allen  Hohschulen  j  und  Kirchengemeinen  Euro- 
pens.  —  I  Zn  Leiden  in  Holland,  |  Gedrukt  vor 
den  Autor ,  und  ist  zu  bekommen  j  bei  Loth  de 
Haes,  1674.  [32  BL,  S.  1—225,  Bl.  226— 256, 
S.  257 — 4x5]-“  Dieser  Titel  ist  in  meinem 
Exemplar  umrahmt  von  den  Namen  der  früheren 
Besitzer:  „Schumacher  1 8 14 Mannheim  d.  5. Juni.“ 
—  „Illgen,  1843,  Lipsiae.“  „Gulhaar,  1845,  Basel“ 
Ein  begeisterter  Inhaber  —  der  Schrift  na£h 


aus  dem  18.  Jahrhundert  —  hat  darunter  be¬ 
merkt:  „Liber  rarissimus  vid.  Jo:  Vogtii  catal. 
libr.  Varior:  pag.  387.  const.  3  fl.“  Damit  sind 
aber  die  handschriftlichen  Zeugnisse  noch  nicht 
erschöpft.  Auf  der  zweiten  Vorsatzseite  findet 
sich  noch  folgender  Eintrag.  „Quirinus  Kuhl¬ 
mann  aus  Breslau  starb  auf  Antrieb  des  russi¬ 
schen  Patriarchen  1689  zu  Moskau  auf  dem 
Scheiterhaufen.  Diese  Schrift  gehört  unter  die 
Libri  rarissimi.  W.  Neubronner  in  Ulm  bot 
1852  ein  Exemplar  für  6  fl.  48  kr.  an.  Das 
gegenwärtige  erhielt  ich  aus  der  Verlassenschaft 
des  bekannten  Theologen  Illgen“.  —  Nach 
„Dr.  Chrst.  Frz.  Paullini  Philosophisch  Feier¬ 
abend,  Frkft.  1700“  wurde  Kuhlmann  am  10.  Juli 
1652  zu  Breslau  von  geringen  Eltern  geboren, 
und  zeichnete  sich  im  dortigen  Gymnasium  durch 
spitzige  Fragen  bereits  so  aus,  daß  der  Rektor 
M.  Joh.  Fechner  einst  sagte:  „Entweder  wird  ein 
großer  Theolog  oder  ein  Erzketzer  aus  dir 
werden“.  Studierte  seit  1668  fünf  Jahre  lang  in 
Jena  in  großer  Zurückgezogenheit.  Von  da 
begab  er  sich  in  die  Niederlande  und  gab  zu 
Leiden  1674  seinen  Prodromum  quinquennii 
admirabilis  heraus.  Hierauf  ging  er  nach  Kon¬ 
stantinopel,  um  für  die  fünfte  Monarchie  zu 
wirken,  von  welcher  Joh.  Roth  zu  Amsterdam 
und  Kuhlmann  behaupteten:  1674  werde  die 
goldene  Zeit,  das  Reich  Christi  seinen  Anfang 
nehmen,  und  1677,  drei  Jahre  später,  werde 
man  den  großen  Fall  Babels  sehen.  In  Kon¬ 
stantinopel  wollte  er  Böhmens  in  die  Arabische 
Sprache  übersetzte  Schriften  dem  Sultan  über¬ 
reichen,  lief  aber  übel  damit  an.  Endlich 
kam  er  1689  nach  Moskau,  wo  er  1690,  3.  Ok¬ 
tober  samt  noch  einem  Gefährten  Nordmann, 


i8o 


Ihringer,  Quirinus  Kuhlmann. 


der  seine  Schriften  verbreitet  hatte,  „lebendig 
verbrannt  wurde“.  Dankbarer  Stoff  zu  einem 
Roman!  Wer  will  ihn  aufgreifen? 

Der  „Neu  begeisterte  Böhme“  tritt  sehr  stolz 
auf.  Er  beginnt  mit  einem  Sendschreiben  an 
alle  Könige  und  Fürsten,  in  dem  er  ihnen  nach- 
weisen  will,  „daß  ihr  Lutertum  eine  antichrist¬ 
liche  Sekte,  ihr  vermeintes  ewiges  Evangelium 
ein  nichtiges  Evangelium  oder  Babel  sei“.  „Ihr 
müßt  euch  aus  eurem  Lutertum“,  schreibt  er, 
„als  aus  einem  Babel  herausbegeben,  nicht  irgend 
in  eine  alte  oder  neue  Sekte,  sondern  aus  eurem 
falschen  Leben  in  ein  heiliges  Leben,  aus  eurem 
Zanken  und  Streiten  in  die  Sanftmut  und  Ge¬ 
lassenheit  Gottes,  aus  euer  eigen  geformte 
Lehre  in  die  würkliche  Geist  und  Wahrheits¬ 
lehre,  in  das  ewige  Evangelium,  wo  ihr  nicht 
wollt  mit  Babel  anbrennen,  und  sonder  ver¬ 
brennen  ewigst  verbrennen  .  .  .  Was  höret 
ihr  länger  euer  unsinnigen  Doktoren  Glaubens¬ 
zänkereien?  Antichristen  zanken  miteinander. 
Christen  lieben  einander  .  .  .  Ein  Quintchen 
des  Thatchristentums  gilt  mehr  in  des  Höchsten 
Augen,  als  tausend  Zentner  des  Wortchristen¬ 
tums.“  Was  dünkt  euch?  Der  Schwärmer 
hatte  doch  auch  recht  lobenswerte  Gedanken. 
Seine  Biographen  heben  besonders  hervor,  er 
habe  sich  während  seiner  Jenaer  Studienzeit 
von  allen  akademischen  Disputationen  fernge¬ 
halten,  bei  denen  die  protestantischen  Schola¬ 
stiker  ihre  Künste  leuchten  ließen.  Wir  können 
daraus  entnehmen,  daß  auch  Kuhlmann  letzten 
Endes,  geradeso  wie  Drabitz  und  Roth,  durch 
die  Versteinerung  der  lutherischen  Religion  zum 
Mystizisten  wurde.  Geführt  von  einsichtigen 
Lehrern,  in  einer  einigermaßen  freien  Atmo¬ 
sphäre,  hätte  er  gewiß  einen  trefflichen  Diener 
am  Wort  abgegeben.  Nun  aber  wetterte  er 
auf  die  „ruhmsüchtigen  Schriftlinge“,  auf  ihre 
„boshaftige  Wissenschaft“,  auf  ihre  Dogmen¬ 
reiterei,  nicht  ahnend,  daß  er  selbst  im  Begriffe 
stand,  mit  einem  bizarren  Dogmengebäude  aus 
Schriftstellen  und  hochtönenden  Worten  sie  zu 
übertrumpfen. 

Eine  Natur  wie  Kuhlmann  gehört  nicht,  wie 
der  gute  Adelung  gemeint  hat,  so  schlankweg 
in  eine  „Geschichte  der  menschlichen  Narrheit“. 
Solche  Geister  markieren  das  Gewissen  ihrer 
Zeit ,  indem  sie  das  Unterste  zu  oberst  kehren 
und  dadurch  ihre  sanft  eingelullten  Zeitgenossen 
nötigen,  sich  selbst  wieder  einmal  gründlich 


klar  zu  werden  über  das,  was  sie  so  lange 
schon  als  liebes  Erbe  unbesehen  mitschleppten. 
Die  lutherische  Theologie  machte  zu  Kuhl- 
manns  Zeiten  eine  große  Krisis  durch;  es 
zeigte  sich,  daß  sie  mit  den  päpstlichen  Formen 
nicht  den  scholastischen  Geist  abgelegt  hatte. 
Erst  durch  die  „Schwarmgeisterei“  wurde  sie 
wieder  in  offenes  Fahrwasser  getrieben. 

Quirinus  Kuhlmann  stand  ihr  mit  all  dem 
Haß  gegenüber,  dessen  ein  offenes  Gemüt,  das 
statt  Brot  Steine  empfangen,  fähig  ist.  Indem 
er  selbst  leere  Äußerlichkeiten,  wie  die  Doktor-, 
Magister-  und  Lizentiatentitel  zum  Gegenstand 
ingrimmiger  Tiraden  machte,  zeigte  er  deutlich, 
daß  er  sich  auf  keine  Kompromisse  einlassen 
wollte.  Sich  selbst  durch  flagellantisches  Wort- 
gcstammel  beständig  anpeitschend,  landete  er 
schließlich  gänzlich  bei  einem  reinen  Chiliasmus, 
der  von  Jakob  Böhme  nichts  als  Begriffs¬ 
spielereien  und  beliebig  hcrausgerissene  Zitate 
an  sich  trug.  Desto  selbstbewußter  traten 
phantastische  Prophezeiungen  hervor,  die  eine 
schlecht  gelungene  Paraphrase  der  Apokalypse 
darstellten.  Weherufe  im  Kassandrastil  („O, 
Deutschland,  Deutschland!  Wann  du  ver¬ 
stündest,  was  schon  über  dich  für  ein  grau¬ 
sames  Wetter  aufzeucht,  du  würdest  in  Sack 
und  Asche  Buße  tun!“)  wechselten  damit  ab. 
Der  Stolz  des  „Propheten“  fehlte  natürlich  auch 
nicht;  so  soll  er  sich  sehr  darüber  gewundert 
haben,  daß  Böhme  so  manches  aussprach,  was 
Gott  doch  nur  ihm,  dem  Quirinus  Kuhlmann, 
geoffenbart  habe.  Daß  er  auch  seine  Ver¬ 
ehrer  sehr  in  Respekt  zu  halten  verstand,  be¬ 
weist  die  Unterschrift  auf  seinem  Porträt-Stich, 
die  uns  Hennig  Wittens  Diar.  Biogr.  II,  pag.  168 
überliefert: 

Alter  Scaligerus,  Taubmanus,  Grotius,  Opitz, 

Barthius,  Jocanus,  Gryphius,  Muretus,  Erasmus! 

Henoch,  Josephus,  Davides,  Josau,  Moses, 

Elias,  Daniel,  Salomon,  Elisa,  Johannes! 

Cyrus,  Alexander,  Constantin,  Karl,  Fridericus! 

Liligerus,  Juvenis,  Frigerans,  Artista,  Sophata! 

O  pater haec  tua  sunt!  Haec  ad  te  cuncta  reflexit. 

Jedoch  Kuhlmann  wollte  sich  nicht  mit 
schriftstellerischen  Lorbeeren  begnügen.  Trotz 
seiner  Versicherungen,  keine  neue  Sekte  gründen 
zu  wollen,  entwarf  er  einen  festen  Plan  zur  kirch¬ 
lichen  Vereinigung  seiner  Anhänger.  Er  gab 
ihnen  den  Namen  „Jesueliter“  und  erklärte  sich 
formell  zu  ihrem  Oberhaupt.  Mit  Joh.  Roth 


Ihringer,  Quirinus  Kuhlmann. 


181 


ging  er  ein  inniges  Schutz-  und  Trutz¬ 
bündnis  ein,  indem  er  zugleich  diejenigen 
verfluchte,  die  nicht  an  dessen  Prophe¬ 
zeiungen  glauben  wollten.  Das  von  ihm 
selbst  fixierte  Glaubensbekenntnis  der 
neuen  Kirche  lautete: 

„Wir  glauben  an  den  Gott  des  Israels  und 

Christen 

Und  halten  beyde  Schrift  als  Gottes  Wort 

und  Schrift 

Doch  nehmen  wir  dazu  Kotter,  Christinen, 

Drabitz, 

Als  Jesu  neuen  Bund,  den  Gott  durch  Kühl¬ 
mann  stellt.“ 

Dem  treten  würdig  die  Phantasien  zur 
Seite,  mit  denen  er  seinen  chiliastischen 
Zukunftsstaat  ausschmückt  Sein  Schüler 
Barthut  hat  uns  eine  Stelle  aus  der  be¬ 
treffenden  lateinischen  Schrift  —  die  kaum 
noch  aufzutreiben  sein  wird  —  übersetzt, 
die  so  bezeichnend  ist,  daß  ich  sie  hier 
unmöglich  unterdrücken  kann:  „O  was  für 
ein  Thron  aus  dem  Centro  der  siebenzig 
Völker  erbauet!“  ruft  der  neue  Völker¬ 
papst  begeistert  aus.  „O  was  für  ge- 
duppelte  Globi  auf  jeden  der  zehen  Stufen 
des  Königlichen  Thrones?  Was  für  ein 
Schloß?  Was  für  ein  Haus?  Was  für  ein 
königlich  Gemach?  Dieses  alles  ist  ge¬ 
macht  nach  dem  zehen-einigen  Vorbild  der 
himmlischen  Struktur!  Wie  viel  Schätze! 

Wie  viel  Diener!  Wie  viel  Adepti  und 
fürnehmste  Magi!  Wie  viel  Seeflotten! 

Wie  viel  Gesandschaften!  Wenn  alle 
heutige  Könige  ihren  Reichtum  und  Klein¬ 
odien  möchten  zusammen  legen;  o,  wie 
geringes  Vermögen  wäre  es  doch,  diesem  zu 
vergleichen!  Also  schrie  ich  aus,  da  der  König 
Salomon  mir  lieblich  zu  stimmte  und  mit  aus¬ 
rief:  dieses  war  mein  zehenfach,  das  ich  dir 
neulich  ins  Ohr  rufte.  Weile  dieses  alles  meine 
Magnifizenz  und  Herrlichkeit  zehnfach,  ja  zehn¬ 
mal  zehen  zehenfach  übertrifft.  Dann  die  Zeit, 
da  alle  Creatur  wird  frey  werden  von  der  Eitel¬ 
keit,  lauft  herzu.  Gehabt  euch  wohl!  So  weit 
schreibt  höchstgemeldter  Mann  Gottes.“  Das 
hat  doch  wenigstens  noch  Schwung  und  ist 
nicht  so  hanebüchen  fad  wie  die  ethymologi- 
schen  Spielereien,  mit  denen  er  seinen  Namen 
in  „Kohlmann“  verwandelte,  um  zu  beweisen, 
er  und  seine  Lehre  sollten  wachsen  und  groß 


CBumtt  ÄuijIitMtie 

$Tcu6e0cf(Iercer®o^mc/ 

foardtfent) 

rf  fünfzig  *23?  ciffagungcti/ 

mit  btr  gfinften  Monarchi  obcrbcm 

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Johan  Rothens  iföerrtnjftmmenb/ 

Unb 

Sötcbralö  iooooocpoo2^eofopl)tfc^^ 
Stagen  /  allen  Theologen  mit  ©eichten 
5«r  feantwortung  mwlv&et  -  n>iwo$( 
nic^C  fine  einige  tbnen  gu  fceam roerten/ 

wo  fi  fjeutige  @cfcu!manir  fonbec 
©offeö  @ei(t  folgen/ 

sugfeief)  b<rfo  fang 
£utl)rifd?e  2tnti4)rifi  fibgefölbet  trirö* 


©törutc  ror  ben  Aupor ,  onb  ü?  §u 

bei  Lotfi  de  Haes,  1674.  , 

l vUa  CciixiL CiW 


werden  wie  der  Kohl,  wie  das  Senfkörnlein  des 
Evangeliums. 

Eine  hübsche  Episode  für  sich  bilden  die 
Bemühungen  des  Jesueliter-Stifters,  den  Papst 
für  seine  Sache  zu  gewinnen.  Zu  diesem 
Zwecke  schrieb  er  an  den  berühmten  Jesuiten 
Athanasius  Kircher  zwei  Briefe,  die  dieser  mit 
höflicher  Ironie  beantwortete.  Kuhlmann  ver¬ 
stand  diesen  Ton  nicht,  lies  den  Briefwechsel 
im  Druck  erscheinen  und  dabei  die  sarkastischen 
Lobsprüche  Kirchers,  so  z.  B.  wenn  dieser  von 
einer  „incomparabili  ingenii  tui  vastitate“  oder 
von  „scientiae  tuae  tarn  sublimis“  „opus  ad- 
mirabile“  „vir  magne“  spricht,  besonders  her¬ 
vorheben. 

Ehe  dieses  „Kuhlmannstum“  sich  zu  so 


ein 


182 


Ihringer,  Quirinus  Kuhlmann. 


krassen  Formen  entwickelte,  gab  es  einmal 
eine  Zeit,  wo  der  Name  Kuhlmann  für  die 
deutsche  Literatur  mehr  als  ein  Versprechen 
bedeutete.  Im  Jahre  1671  erschienen  die  „Himm¬ 
lischen  Liebesküsse“  ferner  die  „Grabschriften“, 
zwei  Werke,  deren  Wert  für  die  Entwicklung 
der  Lyrik  über  das  Schulmäßige  hinaus  noch 
eine  besondere  Untersuchung  verdient.  Die 
„Grabschriften“  soll  Kuhlmann  mit  15  Jahren 
geschrieben  haben,  wenn  man  seinen  Verehrern 
trauen  darf.  Nicht  lange  nach  der  Ver¬ 
öffentlichung  der  beiden  Werke  folgte  der 
ekstatische  Eklat,  hervorgerufen  durch  die 
Lektüre  von  Böhmes  Schriften.  Er  schwur 
die  Dichtkunst  ab,  obwohl  er  sich  kurz  zuvor 
noch  den  Titel  eines  poeta  laureatus  erworben 
hatte,  was  aber  nicht  allzuviel  heißen  will,  da 
man  ihn  um  zehn  Taler  kaufen  konnte.  Er 
raffte  sich  nur  noch  zu  hundertfünfzig  „Kiihl- 
psaltern“  auf,  zu  Ehren  seines  neuen  Weltreichs, 
der  fünften  Monarchie,  des  Kuhlmannstums. 
Dieses  „berühmteste  und  seltenste  seiner  Werke“, 
wie  der  frühere  Besitzer  des  Exemplars  der 
Basler  Universitätsbibliothek  auf  dem  Vorsatz¬ 
blatte  meint,  führt  den  Titel:  „A.  Z.  Der 
Kühlpsalter.  Oder  Die  Funffzehngesaenge. 
Amsterdam  Im  Jahre  Jesu  Christi  1684  im  Oc- 
tober.“  Es  ist  ein  sehr  sorgfältiger  Druck  im 
kleinsten  8°  geschmückt  mit  vier  Kupfern,  die 
schon  auf  die  Art  hindeuten,  mit  der  später 
gleichfalls  von  Amsterdamer  Druckern  Böhmes 
und  Weigels  Schriften  ausgestattet  wurden. 
Der  Ton  der  „Psalmen“  bewegt  sich  ganz  und 
gar  in  jener  schwülstigen  Wortstammelei,  die 
schon  in  der  ältesten  mystischen  Literatur,  z.  B. 
bei  dem  Pseudoareopagiten  Dionysius  vor¬ 
bereitet  ist.  Paul  Tschackert  meint  in  seinem 
Aufsatz  in  der  Allgemeinen  deutschen  Bio¬ 
graphie,  manches  grenze  direkt  an  Verrücktheit 
und  gibt  dafür  folgende  hübsche  Probe: 

„Liebquelle  Jesus  Liebe  lieber 
Je  mehr  sie  quillet  ewigst  über, 

Je  mehr  sie  ewigst  dich  liebküßt, 
Liebküssend  ewigst  dich  durchsüßt, 
Durchsüssend  ewigst  dich  umherzet, 
Umherzend  ewigst  in  dich  sterzet.“ 

Ich  glaube,  die  Strophe  ist  bezeichnend  für 


die  kalte  Phantastik,  das  unbewußte  Spielen 
mit  Worten  und  Begriffen,  das  alle  Kuhl- 
mannschen  Schriften  so  ungenießbar  macht. 
Namentlich  unter  den  1000  theosophischen 
Fragen  finden  wir  dafür  viele  Beispiele;  man  hat 
die  Empfindung,  als  sei  ein  von  Natur  schon 
schwerfällig  veranlagter  Geist  durch  aufgelesene 
und  mißverstandene  Böhmesche  Termini  um 
alle  begriffliche  Klarheit  gekommen,  wenn  es 
z.  B.  gleich  zu  Anfang  heißt:  „Was  ist  doch  die 
Unewigkeit,  welche  der  Ewigkeit  unanfänglichen 
Anfang  und  unendliches  Ende  beschleußt?“ 

Der  „Kühlpsalter“  bietet  dafür  übrigens 
noch  schönere  Exempel.  In  der  Vorrede  zum 
sechsten  Buch  wird  in  der  kuriosesten  und 
verschnörkeltsten  Weise  eine  Reise  des  Ver¬ 
fassers  geschildert,  worin  es  z.  B.  heißt:  „Wir 
betraten  zum  virdenmahl  unser  Engelland  eben 
an  dem  Roemischem  unbeweglichem  Kuhl- 
mannsfeste  zur  aufbauung  des  wahren  Kühl¬ 
mannsthums,  als  gleich  der  Kohlmannische 
Jacob  gefährliche  kohlen  an  di  lunden  vor 
Londen  leget  .  .  .  Von  nun  an  weichen  di 
Kaiser  den  Kohlmannern,  di  Virreiche  der  Kühl- 
monarchi  im  Wunder  der  Wunder.aller  Wunder  . . 
Di  Israeliten  wäehrten  bis  auf  die  Christen,  di 
Christen  bis  auf  die  Jesueliten;  vor  welche  zu- 
foerderst  der  Japhet,  Sem,  Ham  der  Christen¬ 
heit  wird  eingeladen.  Wer  ohren  hat  zuhoehren 
der  hoehre!  Hosana!  Triumf!  Hallelujah. 
Gegeben  zu  Islington  an  Londen,  der  Jesueliter 
Figurstad,  an  seinem  zurückkunffts,  und  der 
Prophetin  Christinen  Fortschreibungstage  den 
16.  October  1682.  Quirin  Kuhlmann,  ein  ge- 
ruffener  Printz  Gottes  der  Israeliten,  Christen, 
Jesueliten.“ 

Schade,  daß  wir  von  dem  furchtbaren 
Schlußakt  dieser  menschlichen  Tragikomödie 
nur  das  dürre  Faktum  überliefert  haben!  Wir 
wissen  nicht,  wie  der  Begründer  des  Kuhl¬ 
mannstums,  der  erste  und  letzte  Weltmonarch 
fünften  Gliedes  gestorben  ist.  Wir  wissen  nur, 
daß  es  nicht  die  kleinste  von  den  vielen  grau¬ 
samen  Dummheiten  und  dummen  Grausam¬ 
keiten  des  heiligen  Synods  war,  diesen  harm¬ 
losen  Schwärmer  zum  Schluß  noch  mit  der 
Märtyrer-Gloriole  zu  umgeben. 


Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 

Von 

Dr.  Leopold  Hirschberg  in  Berlin. 

Mit  5  Abbildungen. 


achfolgende,  zum  erstenmal  dem  Druck 
Li  überantwortete  Briefe  und  Gedichte  hat 
mir  die  (leider  vor  einiger  Zeit  ver¬ 
storbene)  Witwe  des  Dichters  überlassen,  zu 
dessen  ioo.  Geburtstag  ich  in  dieser  Zeitschrift1 
eine  längere  Abhandlung  veröffentlicht  hatte. 
Der  freundliche  Leser  möge  nun  nicht  Dokumente 
von  hervorragender  literarhistorischer  Bedeut¬ 
samkeit  erwarten.  Wiewohl  Inhalt  und  Stil 
der  Briefe  an  sich  vieles  Interessante  darbieten, 
so  haben  mich  doch  vorzugsweise  die  Namen 
der  Schreiber  zu  der  Publikation  veranlaßt. 
Auch  ohne  daß  der  Inhalt  ein  besonders  präg¬ 
nanter  und  wichtiger  ist,  verlohnt  es  sich,  un¬ 
bekannte  Schriftstücke  eines  Rückert,  Chamisso , 
Kinkel ,  Schwab ,  Kopisch ,  Kugler,  Geibel,  Fon¬ 
tane  usw.  bekannt  zu  machen.  Gruppe  war 
ein  feingebildeter,  äußerst  vielseitiger  Mann: 
in  seinem  Hauptberufe  Professor  der  alten 
Sprachen  an  der  Berliner  Universität,  außer¬ 
dem  ein  geschätzter  Kunsthistoriker  (seine 
Monographie  über  Schinkel  ist  noch  heute 
mustergültig),  Philosoph  (als  Antihegelianer  be¬ 
kannt),  und  Politiker.  Kein  Wunder,  wenn 
seine  Korrespondenz  eine  sehr  ausgedehnte 
war  und  ihn  mit  den  verschiedensten  nam¬ 
haften  Persönlichkeiten  zusammenführte.  Mit 
vielen  derselben  verband  ihn  innigste  Freund¬ 
schaft;  bei  allen  aber  war  er  hochgeachtet  und 
geehrt. 

Über  seinen  Ruf  als  Dichter  möge  der 
warme,  ausführliche  Brief  von  Ignaz  Hub  ent¬ 
scheiden,  der  als  Herausgeber  der  „Deutschen 
Dichter  Gaben;  Album  für  Ferdinand  Freilig- 
rath“  (Leipzig  1868)  sich  einen  Namen  ge¬ 
macht  hat: 


Würzburg,  16.  Juli  1867. 
Hochgeehrter  Herr  Professor! 

Unser  Aufruf  an  die  deutschen  Dichter,  ein  Freilig- 
rath- Album  betreffend,  wird  Ihnen  wohl  aus  Kitzingen 
vor  Wochen  zugangen  seyn. 

Ich  kann  mir  nicht  versagen,  Ew.  Hochwohl¬ 


1  1904.  Heft  1. 


geboren  das  Unternehmen  zu  gütiger  Berücksichtigung 
zu  empfehlen,  Sie  werden  durch  Ihren  Beitritt  durch 
den  Klang  und  die  Bedeutung  Ihres  Namens  den 
Werth  dieses,  dem  Genius  Freiligrath’s  zu  widmenden 
Dichterbuchs  ungemein  erhöhen  und  so  den  schönen 
Zweck  um  so  sicherer  uns  erreichen  helfen. 

Unsere  in  die  Materie  versunkene  Zeit  ist  freilich 
den  Musen  wenig  hold,  aber  der  Dichter  ist  das  Herz 
der  Welt,  und  die  Poesie  muß  am  Ende  die  Zeit  erlösen. 

Dieses  Denkmal  für  den  Lebenden,  diese  Ehren¬ 
halle,  errichtet  von  Meistern  des  deutschen  Parnasses 
und  um  unsere  Nationalliteratur  wohlverdienten 
Männern  dürfte  mehr  als  alles  Andere  dazu  beitragen, 
die  Kummerfalten  des  Verbannten  zu  glätten,  ihn  empor¬ 
zurichten  und  zu  beglücken. 

Nur  aus  der  wahren  Dichter  kleinem  Kreis, 

Nicht  aus  dem  Trosse  hohler  Reimenschmiede, 
Erfreut  den  echten  Künstler  auch  ein  Preis 
In  antheilvollem,  geistverwandten  Liede; 

Ja,  stolzer  macht  ihn  solch  ein  Lorbeerreis, 

Als  wenn  das  Glück  ihm  Fülle  Gold’s  beschiede 
Wie  leicht  ist  dieser  Flitterglanz  entflohn! 

Der  Besten  Dank  im  Lied  ist  ew'ger  Lohn. 

Ich  vertraue,  daß  Sie,  hochverehrter  Herr  Professor, 
unserer  Werbung  um  der  guten  Sache  willen  gern  und 
freundlich  willfahren.  Auch  die  kleinste  Spende  aus 
Ihrer  Meisterfeder  wird  uns  zu  innigem  Dank  verpflichten. 

Indem  ich  Sie  bitte,  den  Ausdruck  meiner  besonders 
ausgezeichneten  Hochachtung  zu  genehmigen,  habe 
die  Ehre  zu  geharren 

Ew.  Hochwohlgeboren 

ganz  ergebenster 

Ignaz  Hub. 

Gruppe  war  stets  bereit  zu  geben.  So  hatte 
er  Gottfried  Kinkel  ein  großes  Gedicht  „Wanda“ 
für  das  „Album  vom  Rhein“  überlassen.  Kinkel 
weilte  als  Flüchtling  in  der  Fremde.  Tiefe, 
innige  Schwermut  atmet  das  kurze  und  doch 
so  rührende  Schreiben.  (Abb.  1.) 

Gruppe  dagegen  hatte  oft  genug  Gelegen¬ 
heit,  Absagen  von  andern  Dichtern  zu  be¬ 
kommen.  Ja,  Adalbert  von  Chamisso  beklagt 
sich  außerdem  noch  —  im  Glashause  sitzend 
und  mit  Steinen  werfend  —  über  Gruppes 
schlechte  Handschrift.  (Abb.  2.) 

Eine  wirkliche  Kunst  ist  es  auch,  Friedrich 
Rückerts  Schrift  zu  entziffern.  Graphologen  von 
Fach  werden  mit  Recht  aus  diesen  Schrift- 


184 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


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*L?  JKZßji^c.  & 

/-  ^ y  y^yzy  w  ^  jxjl,  ^ 


Abb.  1 


Zeichen  auf  die  feine  Filigran-Arbeit  in  seinen 
Gedichten  schließen.  (Abb.  3.) 

Da  keinem  der  Leser  zugemutet  werden 
kann,  sich  an  diesen  winzigen  Lettern  die 
Augen  zu  verderben,  andrerseits  aber  der  Brief 
interessant  und  lesenswert  ist,  so  möge  er  hier 
in  Druckschrift  folgen: 

Neuseß  den  311  Pfingsttag  50 
Verehrtester  Herr  und  Freund 
Es  war  mir  eine  angenehme  Überraschung,  ein 
Brief  von  Ihnen,  nachdem  ich  Sie  in  meinen  zwei  letzten 
einsamen  Winterhaften  in  Berlin  ganz  aus  dem  Auge 
verloren  hatte.  Ich  bin  meiner  dortigen  mir  unerträg¬ 
lichen  Stellung  nun  glücklich  quitt,  und  könnte  hier 
in  meiner  allgeliebten  Einsamkeit,  obgleich  stark  be- 
rupft  u.  zu  Einschränkungen  genöthigt,  nach  Menschen¬ 
art  ganz  glücklich  seyn,  wenn  mich  die  Politik 
nicht  kneipte.  Sie  geht  mir  nicht  zu  Wunsch,  und  Ihre 
Trostreden  wollen  nicht  anschlagen.  Wie  ist  doch  der 
auflodernde  Muth  von  Berlin  gegen  Frankfurt  schnell 
wieder  so  zahm  geworden!  Wie  großartig  ist  diese 
Einung,  von  der  jeder  einzelne  sagt:  wir  sind  der  Pfeil¬ 
bund  in  der  Idee,  in  der  Wirklichkeit  aber  jeder  ein 
Rohr  für  sich.  Wir  protestiren  gegen  das  Plenum  und 


kommen  um  das  leere  Plenum  zum  vollen  zu  machen 
usw.  Weg  davon  vom  geschändeten  Deutschen  Reich 
ins  Reich  der  Poesie! 

Wer  nur  mit  Ihnen  könnt  in  den  Musenalmanach, 
zu  dem  ich  von  Herzen  Glück  wünsche,  aber  nichts 
auch  gar  nichts  beizutragen  habe;  mein  Sect  ist  ein¬ 
gefroren,  wie  man  hier  zu  sagen  pflegt.  Wollen  Sie  nicht 
mich  einmal  hier  besuchen?  Von  Herzen  lädt  Sie  ein 

Ihr 

Rückert. 

Gruppe  gab  vom  Jahre  1851 — 1855  einen 
„Deutschen  Musenalmanach“  heraus;  darauf 
bezieht  sich  der  obige  und  der  bald  folgende 
Brief  Rücke rts: 

Neuseß,  d.  12.  Aug.  50. 

Ich  bedaure  durch  meine  wie  es  scheint  nicht 
deutlich  genug  ausgedrückte  Ablehnung  der  Teilnahme 
an  Ihrem  M.  Alm.  Sie  in  die  Unkosten  eines  aber¬ 
maligen  Briefes  gebracht  zu  haben,  doch  mich  tröstet, 
daß  einen  Brief  zu  schreiben  Sie  (oder  sagen  Sie  Ihnen?) 
vermutlich  nicht  halb  so  viel  kostet  als  mich  (oder  sagen 
Sie  mir?)  Daß  ich  gefragt  haben  sollte  „wo  hinein- 
kommen“?1  wie  Sie  schreiben,  kommt  mir  unglaublich 
vor;  ich  muß  unleserliches  geschrieben,  oder  Sie  selbst 


Es  ist  dies  eine  ganz  besonders  unleserliche  Stelle,  die  Gruppe  nicht  richtig  gedeutet  hat. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


1S5 


Abb.  2. 


gelesen  haben,  denn  das  konnte  ich  wißen,  daß  nur  weiß  ich  nichts,  u.  kann  mich  zu  keinem  solchen  be¬ 
vortreffliche  Leute  u.  vortreffliche  Sachen  hinein-  kennen,  noch  weniger  es  unter  meinem  Namen  drucken 

kommen.  Von  einem  ältern  Geburtstagsgedicht  für  den  lassen.1  Im  Jahr  48  hab  ich  allerdings  ein  solches 

König  v.  Pr.,  das  Sie  sogar  in  Händen  haben  wollen,  gemacht,  das  ich  dem  König  zugeschickt;  wenn  er  das 

1  Im  Nachlaß  Gruppes  befindet  sich,  von  unbekannter  Kanzleihand  geschrieben,  eine  „Rede,  gesprochen  am 
15.  Oktober  1841  von  Frau  Crelinger“,  mit  einer  Notiz  von  Gruppes  Hand  „Friedrich  Rückert.“  Dieselbe  atmet  so 
wenig  Rückerts  Geist,  daß  man  obige  Ablehnung  des  Dichters  vollkommen  versteht  und  sich  ihr  Abdruck  völlig  erübrigt. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  24 


1 86 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


Ihnen  zum  Druck  geben  sollte,  so  hab  ich  nichts  da¬ 
gegen  einzuwenden,  doch  wird  es  schwerlich  der  Fall 
seyn.  Damals  zwar  hat  ers  ungemein  wohl  aufgenommen, 
hätte  es  aber  eigentlich  sehr  übel  nehmen  sollen,  wie 
ich  jetzt  sehe,  denn  es  schließt  mit  den  hochverräterischen 
Worten: 

Der  Name  der  dich  ziert 
Sei  künftig  umgewandt; 

Fr.  W.  der  viert 
Sei  erster  umgenannt. 

Vorm  Jahr  hab’  ich  ihm  keines  gemacht,  u.  werde 
ihm  auch  heuer  keines  machen,  wenigstens  keins  zu¬ 
senden,  u.  überhaupt  nicht  eher  wieder  etwas  Fürstliches 
besingen,  als  bis  auf  Oestreichs  Kaisergebot  die  beiden 
widerspenstigen  Könige  v.  Preußen  u.  Württemberg 
sich  den  Bruderkuß  geben.  Das  will  ich  dann  zu  einem 
folgenden  Jahrgang  Ihres  M.  Almanachs  beisteuern. 
Für  diesen  aber  habe  ich  gar  nichts,  gar  nichts,  gar 
nichts;  aber  einen  herzlichen  Glückwunsch  zu  Ihrem 
mutigen,  männlichen  Entschluß  in  solch  Tagen  ein  Weib 
zu  nehmen,  wie  eben  mein  Sohn  in  Jena  auch  thut ; 
seine  Erwählte  ist  eine  Schleswigerin,  was  meine 
sonstigen  Sympathien  für  den  schmachvoll  verratenen 
deutschen  Volkstamm  noch  steigert.  Gestern  hat  man 
im  hiesigen  Wirtshause*  für  diese  verlassenen  Brüder 
gesammelt  und  mehr  zusammengebracht,  als  wie  ich 
höre  bis  jetzt  in  Berlin.  Meine  Einladung  wiederhole 
ich  samt  den  Grüßen  meiner  Frau. 

Ihr  Ergebenster 

Rückert. 

*  Die  Einrichtung  war  sinnreich.  Einige  Koburger  Wirte 
lieferten  verschiedene  Fäßlein  Bier  unentgeltlich,  das  dann 
an  die  Liebhaber  zu  doppeltem  und  dreifachen  oder  beliebig 
hohem  Preisen  verzapft  wurde. 

Es  ist  bei  dem  bloßen  Versprechen  Rückerts 
geblieben;  er  hat  zu  Gruppes  Almanach,  der 
nach  fünfjährigem  Bestehen  einging,  nichts  bei¬ 
gesteuert.  Glücklicher  scheint  Gruppe  mit  einer 
Bitte  an  Rückert  um  ein  Gedicht  zu  wohl¬ 
tätigem  Zwecke  gewesen  zu  sein,  wie  folgender 
Brief  (ohne  Datum)  schließen  läßt: 

Hochgeehrter  Herr  und  Freund! 

Ihren  freundlichen  Gruß  erwiedr’  ich  auf’s  freund¬ 
lichste  und  bin  sehr  gern  bereit  für  das  Brandschaden¬ 
löschwerk  mein  Tröpflein  kastalischen  Wassers  bei¬ 
zutragen.  Es  wird  damit  nicht  so  sehr  eilen;  wirklich  hat 
mir  der  hier  sehr  spröde  Frühling  bis  jetzt  fast  noch 
gar  nichts  neues  gebracht,  und  Altes  seh’  ich  nicht 
gern  an.  Wenn  es  drängen  sollte,  bitte  ich  mich  durch 
einen  meiner  Söhne  mahnen  zu  lassen.  Indem  ich 
wünsche,  daß  diese  Zeilen  Sie  wieder  vollkommen 
genesen  und  Thiergartenspaziergangfähig  antreffen 
mögen,  mit  der  Bitte  Freund  Schubert  gelegentlich 
zu  grüßen  Ihr 

ergebenster  Rückert. 


Ebenfalls  eine  Absage,  aber  eine  derb¬ 
komische,  urwüchsige,  wie  man  es  von  dem 
trefflichen  Dichter  von  „Leuthen“,  „I  lohen¬ 
friedberg“,  „Ligny“,  „Waterloo“  usw.,  dem  Vor¬ 
arbeiter  Fontanes,  nicht  anders  erwartet,  ent¬ 
hält  dieses  Schreiben: 

Mein  liebenswürdigster  aller  Freunde 
ich  bin  in  Verzweiflung!  ich  kann  die  verfluchten  Dinger 
nicht  finden  und  nebenbei  so  beladen  mit  einer  unauf¬ 
schiebbaren  Arbeit,  daß  ich  augenblicklich  gar  keinen 
Kopf  habe,  etwas  andres  ihrem  Buche  Würdiges  zu¬ 
sammen  zu  stellen.  Haben  Sie  Erbarmen  mit 

Ihrem 

Montag  Ch.  Frid.  Scherenberg, 

aber  kein  blauer. 

Auch  in  dem  schönen  Briefe  von  Geibel 
ist  eine  Absage  enthalten: 

Schon  im  Spätherbst  des  vorigen  Jahres,  werthester 
Freund,  sagte  mir  Kugler  von  Ihrem  Vorhaben  den 
ehemaligen  Chamisso-Schwabschen  Musen  Almanach 
zu  erneuern,  und  ich  hatte  bereits,  täglich  ein  Wort 
von  Ihnen  erwartend,  eine  kleine  Reihe  im  letzten 
Sommer  entstandener  Gedichte  für  Sie  zurückgelegt. 
Da  ich  jedoch  bis  zum  Ablauf  des  Jahres  nichts  Weiteres 
von  der  Sache  hörte,  glaubte  ich  das  Unternehmen 
von  Ihnen  aufgegeben,  und  schickte  die  dafür  bestimmten 
Verse  an  das  Morgenblatt,  wo  sie  wahrscheinlich  be¬ 
reits  vor  einigen  Wochen  abgedruckt  worden  sind. 

Leider  habe  ich  nun  in  diesem  Augenblick  nichts 
von  einiger  Bedeutung  vorräthig.  Kleinere  Sachen 
liegen  zwar  noch  manche  da,  aber  so  sehr  diese  ge¬ 
eignet  sein  mögen  als  Beigaben  mitzugehn,  so  wenig 
möchte  ich  in  einem  deutschen  Musenalmanach  meinen 
Namen  ausschließlich  durch  sie  repräsentirt  sehen. 
Es  bleibt  mir  daher  nichts  andres  übrig,  als  zu  erwarten, 
ob  mich  nicht  wie  gewöhnlich,  der  nahende  f  rühling 
aus  meinen  dramatischen  Arbeiten  herausreißen,  und 
mir  Frische  und  Stimmung  für  lyrische  Produktion 
bringen  werde.  Wächst  dann  irgend  etwas  an  meinem 
Baum,  was  ich  ohne  Scheu  vor  der  Welt  aufzuweisen 
vermag,  so  will  ich  dies  mit  Freuden  zu  Ihrem  Unter¬ 
nehmen  beisteuern,  dem  ich  von  Herzen  alles  Heil 
wünsche. 

Ihre  Königin  Bertha1  besitze  ich  längst.  Ich  habe 
viel  Freude  daran  gehabt,  wenn  ich  auch  an  einzelnen 
Stellen  mit  Ihrer  Auffassung  nicht  ganz  übereinstimme. 
Wie  oft  habe  ich  beim  Lesen  der  Zeit  denken  müssen, 
da  Sie  mir  als  blutjungem  Studenten  die  ersten  Stücke 
des  Gedichtes  mittheilten,  und  da  uns  oft  der  dämmernde 
Morgen  zum  Aufbruch  mahnen  mußte.  Die  Theude- 
linde2  habe  ich  noch  nicht  gelesen,  doch  soll  das 
nächstens  nachgeholt  werden.  Ich  arbeite  gegenwärtig 
an  einem  Drama  aus  der  Albigenserzeit,  ein  Lustspiel, 
das  ich  schon  vor  ein  Paar  Jahren  schrieb,  und  vor 


Königin  Bertha.  Von  O.  F.  Gruppe.  Berlin  1848. 

Theudelinde,  Königin  der  Lombarden.  Von  O.  F.  Gruppe.  Berlin  1849. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


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Kurzem  überarbeitete,  soll  nächstens  in  Ham¬ 
burg  zur  Aufführung  kommen. 

Wann  ich  wieder  einmal  nach  Berlin 
komme,  wissen  die  Götter,  wahrscheinlich  in 
einigen  Monaten,  da  ich  im  Sommer  nach 
Carlsbad  soll. 

Mit  herzlichem  Gruße 

der  Ihrige  Emanuel  Geibel. 

Lesenswert  sind  auch  drei  in  der 
Sammlung  enthaltene  Briefe  von  Gustav 
Schwab : 

Verehrter  Herr  Doktor! 


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Ihre  gütige  Zuschrift  vom  i8ten  des  vorigen 
Monats  ist  vor  wenigen  Tagen  mit  dem  Ge¬ 
schenke,  das  Ihre  große  Güte  mir  bestimmt, 
in  meine  Hände  gekommen  und  ich  beeile 
mich  Ihnen  meinen  lebhaftesten  Dank  für  die 
Freude  zu  sagen,  die  Sie  mir  bereitet  haben. 

Auch  ich  fühle  mich  wohler  unter  den  Dichtern 
als  unter  den  Recensenten;  bei  den  letzten 
ist  mir  oft  zu  Muthe,  als  sähe  ich  einen  Abon- 
nirten  in  einer  Speiseanstalt,  dem  man  zum 
hundertsten  mal  dieselbe,  vielleicht  vor¬ 
treffliche  Speise  vorstellt,  die  Nase  rümpfen, 
und  das  Gericht  für  absolut  unausstehlich 
erklären. 

Ihre  und  Kopischs  Beiträge  habe  ich,  wie¬ 
wohl  ohne  viel  Hoffnung,  da  der  Druck  des 
Almanachs  schon  in  die  2oger  Bogen  vor¬ 
geschritten  ist,  noch  nachträglich  an  Reimer 
gesandt. 

Kommen  sie,  wie  ich  fürchte  dort  zu  spät, 
so  nimmt  das  Morgenblatt  mit  Freuden, 

(soviel)  es  thunlich  ist,  davon  auf. 

So  gar  poetisch  dürfen  Sie  sich  unser 
Schwabenleben  auch  nicht  denken,  es  schlie¬ 
ßen  sich  im  Grunde  doch  nur  wenige,  Uhland, 

Kerner,  Mayer,  Pfizer,  ichu.  a.  aneinander  an. 

Das  Beste  ist,  daß  wir  uns  wenigstens  nicht, 
einige  Wenige  ausgenommen  durch  Feind¬ 
schaften  das  Leben  sauer  machen.  Simrock 
hat  mich  auch  mit  seinem  Wieland  erfreut. 
Eichendorf  ist  mir  einer  der  liebsten  Dichter,  bei  dem 
ich  in  meiner  Jugend  schwelge  und  lese,  was  ich  einst 
empfand  und  nicht  aussprechen  konnte. 

Erlauben  Sie  mir,  schließlich,  daß  ich  Ihnen  für 
vielfachen  Genuß,  den  mir  Ihre  Ariadne1  verschafft  hat, 
danke.  Daß  mich  auch  manches  verletzt  hat,  davon 
sollte  ich  schweigen.  Ihre  Gegner  des  Buchs  haben 
diese  Seite  des  Buchs  schon  genug  ausgebeutet. 

Mit  ausgezeichneter  Hochachtung 
Stuttgart,  den  I3ten  G.  Schwab. 

Aug.  1835. 

Später  bot  Gruppe,  als  er  mit  der  Absicht 
umging,  den  früheren  Chamisso-Schwabschen 


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Abb.  3. 

Musenalmanach  zu  erneuern,  Schwab  selbst 
die  Mitredaktion  an.  Darauf  bezieht  sich  der 
Brief  aus 

Stuttgart,  den  30.  Dec.  1849. 
Verehrter  Herr  Professor! 

Unsere  Briefe  haben  sich  gekreuzt;  während  die 
Lieder  von  Arthur  Schott  und  Ad.  Schultz  zu  Ihnen 
wandern,  flog  Ihre  freundliche  Zuschrift  vom  19.  Dez. 
zu  mir  und  ich  danke  Ihnen  herzlich  für  dieselbe.  Aus 
meiner  Sendung  werden  Sie  ersehen,  daß  ich  mich  des 
Musenalmanachs  bereitwillig  und  soviel  als  möglich 
thätig  annehme;  daß  Sie  aber  ohne  Weiteres  voraus¬ 
setzen  ich  alter  ausgedienter  Literat,  der  längst  der 


1  Ariadne.  Die  tragische  Kunst  der  Griechen  in  ihrer  Entwicklung  und  in  ihrem  Zusammenhang  mit  der  Volks¬ 
poesie.  Berlin  1835. 


1 88 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


Abb.  4. 


stürmischen  See  des  literarischen  Verkehrs  abgesagt  und 

uvida 

vestimenta  maris  Deo 

aufgehängt,  werde  wohlgemuth  noch  einmal  ans  Steuer¬ 
ruder  treten  —  das  ist  mir  schwer  aufs  Herz  gefallen 
und  daran  hat  meine  Seele  während  unserer  kurzen 
Unterredung  auch  wirklich  nicht  gedacht  und  ich 
erinnere  mich  nur,  Ihnen,  wenn  ich  ja  in  den  nächsten 
Monaten  von  der  Muse  überrascht  würde,  das  Produkt 
einer  so  unerwarteten  Gunst  für  den  Musenalmanach 
zugesagt  zu  haben. 

Bedenken  Sie  doch,  verehrter  Mann  1.  daß  ich 
selbst  somit  schwerlich  mit  irgend  einer  ins  Gewicht 
fallenden  Produktion  einstehen  könnte;  2.  daß  ich  ver¬ 
gessen  und  aus  der  Mode,  3.  bei  dem  genus  irritabile 
vatum  von  Alters  her  unbeliebt  4.  mit  dem  Repertoir 
unserer  lyrischen  Literatur  gar  nicht  mehr  auf  dem 
laufenden;  5.  mit  dem  modernen  Geschmack  nicht  ein¬ 
verstanden  6.  durch  zwei  alle  meine  Zeit  in  Anspruch 


nehmende  Kollegialämter  ganz  in  Anspruch  genommen 
bin,  7.  jeden  anderen  Grund,  wie  das  Burschenlied  sagt. 

Ist  es  also  möglich,  so  verschonen  Sie  mich  mit 
dem  Duumvirat!  Unter  der  Hand  will  ich  ja  sehr 
gerne  für  das  Werk  thätig  seyn.  An  ein  Redactions¬ 
honorar  haben  Chamisso  und  ich  auch  nie  gedacht; 
nur  unsere  Beiträge  sind  uns,  wie  allen  Dichtern  die 
ihren,  honorirt  und  einige  Freiexemplare  gereicht 
worden. 

Das  Jahr,  glaube  ich,  sollte  man  nicht  weglassen, 
wenn  auch  nicht  alle  Jahre  einer  kommt;  der  nächste 
käme  einmal  für  1851.  Da  der  Almanach  doch  patriotisch 
zeitgefärbt  werden  wird,  so  soll  auch  das  Zeitstadium 
bezeichnet  werden,  in  welchem  er  läuft. 

Was  ich  also  unter  der  Hand  aus  dem  Süden  be¬ 
komme,  will  ich  einschicken,  aber  eine  Mitregentschaft 
u.  Durchsicht  des  Ganzen  und  eine  Verantwortlichkeit 
dafür  bei  meinem  Mangel  an  Zeit  und  Ueberfluß  an 
Alter;  lieber  Freund,  ich  weiß  zu  gut 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


189 


quid  valeant  humeri,  quid  ferre  recusent ! 
Erlaßen  Sie  mir  das;  es  findet  sich  gewiß  ein  Jüngerer 
und  Beßerer! 

Mit  Riickert  stehe  ich  in  keiner  Verbindung  mehr, 
unsere  Straßen  sind  frühzeitig  auseinander  gegangen 
und  er  hat  eine  Rancune  gegen  uns  Süddeutsche,  die 
er  nicht  verbirgt.  Ich  könnte  nicht  an  ihn  schreiben, 
denn  die  repulsa  wäre  sicher.  (Doch  dieß  unter  uns.) 
Gegen  mich  ist  die  Erkältung  wohl  auch  durch  einige 
öffentlich  von  mir  ausgesprochene  Urtheile  gewachsen. 

Von  Uhland  ist  absolut  nichts  zu  erhalten;  an  Just. 
Kerner  und  Mörike  will  ich  gerne  gehen. 

Ein  edler  Dichter  scheint  mir  Herr  Fontane  in 
Berlin  zu  seyn,  nach  den  Beiträgen  im  Morgenblatt 
und  einigen  Liedern  zu  schließen,  die  er  mir  kürzlich 
gelegentlich  mitgetheilt.  Ich  weiß  sonst  gar  nichts 
von  ihm.  Ist  er  ein  Pseudonymus?1 

Soviel  von  dieser  Angelegenheit. 

Meinem  Freund  Pfizer  habe  ich  den  Brief  sogleich 
überschickt  und  er  hat  Ihnen  wohl  schon  geantwortet. 

Mit  Ihrem  Briefe  kam  Ihr  gütiges  neues  Geschenk 
gleichzeitig  an,  doppelt  willkommen,  weil  eine  mir  den 


Mit  den  herzlichsten  Glückwünschen  zum  neuen 
Jahr,  für  Sie  und  uns  alle,  und  die  deutsche  Sache,  für 
die  sich  hier  bis  jetzt  eine  edle  Minderheit  (haben  Sie 
[unleserliche  Stelle]  gelesen?)  vergeblich  abmüht.  — 
Gott  erhalte  Ihr  Ministerium,  und  es  selbst  fest.  Sonst 
sehe  ich  nichts  voraus,  als  die  sociale  Revolution. 

Ganz  der  Ihrige 

G.  Schwab. 

Eine  Ergänzung  dieses  Briefes  bildet  der 
dritte : 

Stuttgart  den  23.  März  1850. 

Verehrter  Herr  Professor! 

Vor  einigen  Wochen  besuchte  mich  Herr  Arthur 
Schott  und  sagte  mir,  daß  seine  Gedichte  unerwartet 
gedruckt  wurden ;  er  bitte  daher  die  Mehrzahl  der  mir  für 
den  Musen-Almanach  übergebenen  ungedrucktzu  lassen. 
Dafür  brachte  er  mir  die  beifolgenden,  die  ich  nicht 
länger  liegen  lassen  will,  sondern  Ihrer  Auswahl  nach 
Belieben  anmit  übergebe. 

Je  länger  ich  mich  besinne,  je  klarer  wird  es  mir, 
daß  ich  zu  einem  Mitredackteur  verdorben  bin.  An 


J? 


Mund  schließende  catarrhalische  Heiserkeit  mich  über 
diese  Feiertage  (nachdem  ich  6  Wochen  lang  tägliche, 
oft  doppelte  Kollegialsitzung  in  unserer  Synode,  im 
Consistorium  und  im  Studienrath  gehabt)  an  Zimmer 
und  Bett  gefeßelt  und  noch  festhält,  da  hat  mich  die 
Lesung  Ihrer  Theudelinde  recht  erquickt.  Ich  stelle 
sie  in  der  künstlerischen  Ausführung  noch  über  die 
Bertha,  denn  ihr  starker  Strom  quillt  schon  im  Ur¬ 
sprung  mächtig  und  gleichmäßig  hervor,  während  die 
Königin  Bertha  gar  zu  lange,  bilderlos  und  blos  referi- 
rend  gleichsam  zu  Fuße  geht  und  erst,  dann  aber 
mächtig,  in  der  Mühle  und  von  der  Wonne  jener 
zeugenden  Mondnacht  an  sich  erhebt.  In  der  „Theu¬ 
delinde“  hat  mich  auch  nichts  gestört  als  S.  94  die 
Gleichgültigkeit,  mit  der  sie  vom  gelobten  Lande  den 
Vater  erzählen  hört  u.  über  den  Palmen  nur  an  den 
Geliebten  denkt,  und  später  einmal  (aber  wo?)  ein 
fehlendes  Comma,  wodurch  der  Sinn  unklar  wird.  In 
der  Bertha  haben  mir  einige  moderne  Wendungen, 
die  gegen  den  einfachen  Stil  des  Ganzen  abstachen, 
mißfallen. 

Das  Alles  nur  zum  Zeugniße,  daß  ich  gewißenhaft 
gelesen  habe.  Nehmen  Sie  den  innigsten  Dank  für 
beide  Geschenke  und  Genüße. 

Wenn  Sie  meinen  Christoph  sehen,  grüßen  Sie  ihn. 


Kerner  (?)  habe  ich  mich  gewandt;  an  Uhland  ver¬ 
gebens:  an  Möhricke  will  ich  schreiben;  aber  über  alle 
Jüngeren  vermag  ich  nichts  und  was  die  Hauptsache 
ist,  ich  selbst  könnte  mich  mit  keinem  erklecklichen  (?) 
Beitrag  ausweisen. 

Pfizer  wäre  eine  weit  frischere  Kraft.  Warum 
sollte  er  nicht  mit  Ihnen  an  die  Spitze  treten  wollen? 

Aus  der  Allgemeinen  Zeitung  werden  Sie  sich  über¬ 
zeugt  haben,  daß  ich  eine  herzliche  Freude  an  Ihren 
Gaben  habe.  Die  Theudelinde  las  ich  kürzlich  in  einer 
Gesellschaft  vor,  und  werde  es  nächstens  wieder  thun. 
Sie  fand  warmen  und  allgemeinen  Beifall. 

Entschuldigen  Sie  diese  flüchtigen  Zeilen,  die  nur 
A.  Schotts  Sendung  begleiten  und  einführen  sollen. 

Freundschaftlichst  und 

der  Ihrige 

G.  Schwab. 

Eine  Anzahl  reizender,  familiär  gehaltener 
Briefe  läßt  uns  einen  Blick  tun  in  den  trauten 
Freundeskreis  unseres  Dichters.  Wir  greifen 
nur  einiges  heraus.  Obenan  steht  der  bei  Alt 
und  Jung  beliebte  Dichter,  der  prächtige  Mensch 
August  Kopisch.  Der  erste  der  Briefe  gratuliert 


1  Es  ist  interessant,  wie  der  greise  Dichter  schon  in  den  Erstlingswerken  den  Genius  Fontanes  erkennt  und  lustig, 
daß  er  in  dem  etwas  ungewöhnlichen  Namen  gleich  ein  Pseudonym  wittert. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


190 


in  launiger  und  herzlicher  Weise  zur  Verlobung 
Gruppes,  der  nicht  mehr  ganz  jung  (46  Jahr) 
war,  als  er  diesen  bedeutsamen  Schritt  tat: 

Lieber  alter  Freund  Gruppe, 

Ohne  alle  Gefahr  konnten  Sie  „Postvorschuß"  auf 
meine  herzlichen  Glückwünsche  nehmen,  da  Sie  sicher 
waren,  daß  Sie  bezahlt  würden. 

Zu  Ihrer  „Veränderung"  gebe  ich  Ihnen  um  so 
mehr  meinen  freundlichsten  Segen,  als  ich  weiß,  daß 
sie  unsrer  alten  und  erprobten  Freundschaft  nichts  ver¬ 
ändern  wird. 

Ihre  liebenswürdige  Braut,  der  ich  mich  glück¬ 
wünschend  zu  empfehlen  bitte,  ist  Ihnen  wie  Sie  Ihr, 
von  Jugend  auf  bekannt,  es  sind  demnach  keine  Irrun¬ 
gen  und  Übereilungen  zu  fürchten,  ebenso  sind  Ihre 
Schwiegeltern  für  Sie  keine  fremden  Leute  und  haben 
so  viel  gute  Seiten,  daß,  wenn  sie  schlimme  haben, 
letztere  zeitlebens  von  keinem  Menschen  bemerkt 
worden.  Großer  Hauslärm  wird  daher  von  dieser 
Richtung  her  nicht  entstehn  und  Sie  ein  geruhiges 
und  gelehrtes  Leben  zum  Nutzen  der  Wissenschaft  und 
Seelenzahl  fortführen  können. 

Die  Philosophie  ist,  wie  sich  an  Schelling  und 
Gabler  zeigt,  nicht  immer  auf  dürrer  Weide  und  giebt 
mitunter  wie  Oldenburger  Race  bis  18  Quart  Milch 
täglich.  Nach  richtig  gehender  Universitäts  Uhr  wird 
für  Ihre  Philosophie  auch  die  gute  Stunde  schlagen, 
um  so  eher,  als  Sie  die  philosophische  Astronomie  der 
Alten  in  Ordnung  gebracht  haben.  Das  sind  alles  gute 
Constellationen,  deren  ich  mich  als  Freund  mit  erfreue. 
Der  Himmel  fördere  das  Weitere. 

Was  meine  Almanachbeiträge  betrifft,  so  werde 
ich  sie  in  dieser  oder  der  nächsten  Woche  persönlich 
überreichen  und  mich  sehr  freuen,  Ihr  Bräutigams¬ 
gesicht  zu  sehen,  von  dessen  Verklärung  mir  Meyer 
Melchior1  bei  meinem  neulichen  flüchtigen  Umtrieb  in 
Berlin  viel  erzählt  hat. 

Ebenso  werde  ich  nicht  versäumen  Ihrem  künftigen 
Herrn  Schwiegervater  und  dessen  Familie  glück¬ 
wünschend  die  Hand  zu  schütteln.  Grüßen  Sie  einst¬ 
weilen  herzlich! 

In  alter  Freundschaft 
Sanssouci  Ihr  treuergebener 

d.  9.  Aug.  1850  Kopisch. 

In  geradezu  köstlicher  Weise  hält  er  bei 
der  Hochzeitsfeier  des  Freundes  einen 

Toast  zum  18.  Oktober  1850.2 

Freund  Gruppe,  der  heut  mit  Recht  stolzirt, 

Hat,  wie  wir  wissen,  viel  studirt: 

Autoren  erklärt  und  exponirt 
Politisirt  und  polemisirt, 

Romanzen  und  Epen  producirt, 

Landschaft  gemalt  und  philosophirt 
Und  endlich  nach  manchen  Grübelstunden 
Sich  selber  halb  unrichtig  befunden: 


Er  sah  mit  einem  male  ein 
Gruppe  kann  nicht  aus  einem  allein, 

Und  muß  zum  wenigsten  aus  zwein 
Gruppirt  und  komponiret  sein. 

Da  eilt  er,  ungleich  andern  Professern, 

Sich  selbst  totaliter  zu  bessern 
Ließ  fallen  vom  Auge  jede  Schuppe, 

Holt  sich  ein  Bräutchen  wie  eine  Puppe, 

Und  ist  nun  endlich  wirklich  Gruppe! 

Stoßt  an!  die  Gruppe  soll  floriren 
Lrnd  immer  mehr  sich  drum  gruppiren: 

Epen  und  Philosopheme  und  Kinder, 

LTnd  Ehren  und  Füchse  im  Kasten  nicht  minder. 
Stoßt  an!  die  Gruppe  soll  floriren, 

Und  was  wir  wünschen  sich  drum  gruppiren! 

Ein  Jahr  drauf  kann  er  schon  zum  Erst¬ 
geborenen  Glück  wünschen: 

Lieber  Freund  Gruppe! 

Anliegend  die  versprochnen  Gedichte,  freilich  etwas 
spät.  Sie  werden  indeß  hoffentlich  noch  Platz  finden. 
Das  Abschreiben  war  für  einen,  der  eine  lahme  Hand 
und  ohne  dies  viel  zu  skribeln  hat  keine  kleine  Auf¬ 
gabe;  daher  bitte  ich  um  freundliche  Nachsicht.  In 
einigen  Tagen  komme  ich  mir  Ihren  Jungen  ansehn: 
er  soll  ein  ganz  derbes  Exemplar  für  einen  Psilosophen- 
sprößling  sein,  die  sonst  immer  „behender“  ausfallen 
wie  man  in  der  Mark  für  „mager“  sagt. 

Einstweilen  tausend  Grüße  an  Ihre  liebe  Frau  und 
Verwandte ! 

Mit  alter  Freundschaft  ergeben 

Sanssouci  Ihr 

d.  15.  Sept.  1851.  Kopisch. 

Gruppe  selbst  zeigt,  was  er  für  den  Freund 
fühlte,  in  folgendem  (ungedrucktem)  Gedicht: 

An  Kopisch. 

Wir  haben  edler  Freund  gelebet 
Mitsammen  wohl  ein  gutes  Stück, 

Mitsammen  tapfern  Muths  gestrebet, 
Getheilet  Leid,  getheilet  Glück. 

Manch  stiller  Seufzer,  der  verschlossen 
Geblieben  wär  in  fester  Brust, 

Hat  sich  in  Freundesherz  ergossen: 
Unsagbares  ward  uns  bewußt. 

Ich  grüße  dich,  du  lieber,  treuer, 

Herz  meinem  Herzen  freundlich  nah, 

Laß  glühen  deiner  Seele  Feuer, 

Denn  unsre  Zeit,  noch  ist  sie  da. 

Zu  den  Intimen  gehörte  auch  Karl  Simrock. 
In  dem  hier  mitgeteilten  Briefe  schüttet  er  dem 
Freund  sein  Herz  aus;  der  revolutionär  gesinnte 


1  Gemeint  ist  natürlich  Melchior  Meyr.  —  2  Ungedruckt. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


Referendar,  der  seinen  Abschied  nehmen  mußte, 
verläugnet  sich  selbst  noch  nach  25  Jahren 
nicht  ganz. 

Lieber  Gruppe! 

Einliegend  was  Arndt  gespendet  hat,  es  gehört 
nicht  zu  seinem  schwächsten,  der  Schluß  wird  wirken 
und  allen  Parteien  gefallen.  Redwitz  will  nichts  geben, 
das  ist  zu  verschmerzen.  Fräulein  Jakobi  gäbe  gewiß 
gern  etwas,  aber  Du  solltest  Dich  doch  selber  schriftlich 
an  sie  wenden,  sie  mag  es  mir  dann  schicken,  oder 
besser  unmittelbar  Dir:  ich  hasse  die  gelehrten  Damen 
wie  die  Pest  und  hüte  mich  daher  auch  mit  ihr  in  Be¬ 
rührung  zu  kommen.  Ich  lege  noch  eine  Reihe  Ge¬ 
dichte  von  Theodor  Bornowsky  bei,  hoffentlich  gefällt 
Dir  doch  eins  oder  das  andere.  Etliche  habe  ich  mit 
einem  f  bezeichnet,  davon  sind  die  ersten  eben  so 
eigenthümlich,  ja  sogar  auffallend,  als  die  meisten  un- 
bezeichnet  gebliebenen  unbedeutend  und  gewöhnlich. 
Was  mich  selber  betrifft,  so  habe  ich  nichts  und  was 
ich  hatte,  ist  weggegeben  an  den  Nieritzschen  Volks¬ 
kalender,  an  das  Düsseldorfer  Album.  Es  sind  aber 
nur  die  Sachen,  die  Du  im  vorigen  Jahr  verschmäht 
hast  und  die  Du  in  diesem  Jahr  auch  nicht  zu  Gnaden 
aufnehmen  kannst,  weil  nun  über  sie  anders  verfügt  ist. 
In  diesem  Jahre  ist  nichts  entstanden,  weil  ich  mit 
meinen  Vorlesungen  die  Hände  voll  zu  thun  hatte. 
Ich  hatte  vier  Vorlesungen  zu  halten  und  nicht  leichte, 
deutsche  Literatur,  deutsche  Mythologie,  mittelhoch¬ 
deutsche  Grammatik  usw.  Das  war  keine  Kleinigkeit, 
zumal  für  einen,  der  zum  ersten  Mal  liest,  und  schon 
in  den  Jahren  ist,  wo  man  anfängt  bequem  zu  werden. 
Bequem  habe  ich  mirs  nun  freilich  nicht  gemacht,  aber 
ein  schwereres  Jahr  habe  ich  noch  nicht  erlebt,  als  das, 
welches  nun  bald,  in  einem  Monat  beginnen  hier  schon 
fast  die  Ferien,  vorüber  sein  wird.  Und  wofür  habe 
ich  mir  diese  furchtbare  Anstrengung  zugemuthet?  Ich 
bin  Professor  ohne  Gehalt,  und  dieses  schwere  Jahr 
ist  das  erste  seit  1827,  wo  ich  nichts  geschrieben,  also 
auch  nichts  erworben  habe.  Ich  bezahle  also  die  Ehre 
Prof,  vor  meinen  Namen  zu  schreiben  mit  dem  Verlust 
einer  baaren  Einnahme  und  mit  dem  Ruin  meiner 
Verhältnisse,  denn  mich  und  die  meinigen  zu  erhalten, 
reicht  mein  kleines  Vermögen  nicht  aus,  namentlich 
seit  dem  großen  Verlust  womit  das  Jahr  1848  mich  als 
erste  Errungenschaft  beschenkte.  Daß  es  mir  unter 
solchen  Umständen  nicht  ums  Dichten  war,  wirst  Du 
begreifen.  Wenn  aber  noch  etwas  entsteht,  bevor  der 
Druck  Deines  Almanachs  beendigt  ist,  so  sollst  Du  es 
haben,  darauf  kannst  Du  zählen.  So  blitzböse  auf 
mich  zu  sein,  wie  mir  Kaufmann  schreibt,  hattest  Du 
also  nicht  Ursache. 

In  alter  Liebe 

Bonn  Dein 

den  z/7  51.  K.  Simrock. 

Lustig  und  guter  Dinge  schreibt  Melchior 
Meyr,  der  Verfasser  der  „Gespräche  mit  einem 
Grobian“  und  der  „Erzählungen  aus  dem  Ries“: 


19t 


München  11.  Mai  54. 

Louisenstraße  N  32 
Lieber  Freund! 

Ich  weiß  nicht,  bin  ich  Ihnen  einen  Brief  schuldig 
oder  hab’  ich  einen  einzunehmen  —  gleich  viel!  Jetzt 
muß  ich  Ihnen  schreiben,  obwohl  nur  wenig,  weil  ich 
allzuviel  zu  sagen  hätte.  Von  den  Erfolgen  meines  hier 
„vaterländisch“  genannten  „H.  Albrecht“  1  haben  Sie 
wohl  aus  Zeitungen  erfahren.  In  der  schlimmsten 
Theaterzeit  Winters,  wo  hier  alles  tanzt,  machte  es 
zweimal  ein  volles  Haus  und  hätte  gestern  ein  noch 
volleres  gemacht,  wenn  der  Intendant  Dingelstedt  mich 
(ohne  allen  Grund!)  nicht  wieder  vom  Repertoir  gesetzt 
hätte,  weil  er  am  14.  d.  dem  Kaiser  von  Oesterreich 
sein  eignes  Stück  „Das  Haus  Barneveit“  zu  kosten 
geben  will,  das  ohne  diese  Absicht  erst  auf  den  21. 
kommen  sollte.  Es  hat  sein  Bedenkliches,  wenn  Inten¬ 
danten  selber  Stücke  schreiben  und  nicht  Schiller  oder 
Goethe  sind!  Doch  das  im  Vertrauen!  Sie  sind  ein 
Freund  von  Dönniges,  und  Dönniges  ist  ein  Freund 
von  Dingelstedt!  Ich  werde  hier  doch  wohl  die  Auf¬ 
führung  meiner  fernem  Stücke  durchsetzen.  Durch 
den  König  Max,  der  am  Schluß  der  ersten  Vorstellung, 
als  ich  allseitig  wieder  gerufen  wurde,  selber  beklatschte 
und  mir  seinen  mündlichen  Beifall  über  die  „milde 
und  versöhnende  Behandlung  des  verfänglichen  Stoffes“ 
in  einer  Audienz  gezollt  — wenn  man  bei  einem  König  von 
Zollen  reden  darf.  Die  nächsten  Monate  bleib’  ich  jetzt 
noch  hier.  Ich  arbeite  an  der  schließlichen  Vervollstän¬ 
digung  meiner  Gedichte  (immer  noch!)  dann  geh  ich  an 
andre  Projekte.  Meine  geselligen  Verhältnisse  sind  sehr 
angenehm:  daß  ich  auf  der  Bühne  „Lorbeern“  errungen, 
giebt  mir  hier  glücklicherweise  so  viel  Autorität,  wie 
ich  sie  neben  alten  Freunden,  die  unterdessen  Re¬ 
gierungs-  und  Ministerialräthe  geworden  sind,  nicht 
wohl  entbehren  könnte.  Das  gute  Gewissen  und  Selbst¬ 
bewußtsein  ist  eine  schöne  Sache,  aber  als  Mensch  mit 
verfehlter  Carriere  vor  Andern  herumzulaufen,  ist  fatal. 
Hab’s  lange  getrieben  um  das  zu  wissen  und  kann 
mir  nun  gratuliren,  daß  die  Münchner  meinen  Erfolg 
so  ernsthaft  nehmen  und  mich  letzthin  ein  alter  Geheim¬ 
rath  einlud  und  in  gutem  Bordeaux  —  nicht  mein  poeti¬ 
sches  Talent,  aber  meine  Beharrlichkeit  leben  ließ,  die 
endlich  zum  Ziel  geführt  habe!  (höchstens  zum  Zielen !) 

Warum  ich  Ihnen  schreibe,  ist  aber  nicht  gerade 
um  dergleichen  zu  erzählen,  obwohl  ich  Ihrer  und  der 
Ihrigen  freundschaftlicher  Theilnahme  sicher  bin.  Ich 
möchte  erfahren,  wie  es  mit  der  Herausgabe  der  Werke 
unsers  verewigten  Freundes  Kopisch  steht!  Schreiben 
Sie  uns  das,  bester  Mit- freund!  Und  wie  steht  es  mit 
dem  projektirten  Denkmal?  Lassen  Sie  michs  erfahren, 
damit  ich  sehe,  was  ich  thun  kann !  — 

Als  ich  —  diese  letzten  F ragen  auf  dem  H  erzen  —  bei 
meinem  letzten  Besuch  Dönniges  fragte,  ob  ich  von  ihm 
nichts  an  Sie  gelegentlich  melden  sollte,  erwiederte  er 
mir:  er  habe  die  Aufforderung,  die  Sie  an  ihn  gerichtet, 
bis  jetzt  noch  nicht  erfüllen  können,  dasselbe  werde 
aber  geschehen.  Sollten  Sie  in  Bezug  hierauf  einen 
Wunsch  haben,  den  Sie  ihm  nicht  gerade  schreiben 


„Herzog  Albrecht“.  Vaterländische  Dichtung.  Stuttgart  1862. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


I92 


wollten,  so  erbiete  ich  mich,  den  mir  mitgetheilten  an 
den  Mann  zu  bringen,  denn  ich  werde  dann  wieder  zu 
ihm  gehen;  auch  sind  wir  Mitschüler  bei  Liebig.'  Bin 
letzthin  ein  großer  Gelehrter  geworden,  was  den  Saner- 
•sA^betrifift  und  hoffe  heute  6 — 8  den  Wasserstoff  in  die 
Tasche  zu  kriegen.  Sagen  Sie  das  Dove,  so  wird  er 
gewiß  lachen.  Trauerspiele  und  Wasserstoff  geben 
Sauerstoff:  exempla  sunt  odiosa.  —  ä  propos!  letzthin 
erhielt  ich  einen  Brief  mit  der  Adresse:  ,,An  M.  M. 
Wohlgeboren,  den  gefeierten  Dichter  des  Herzog  Al- 
brecht  in  München.“  Natürlich  ist  nur  ein  Mensch 
unter  den  Lebendigen  dieser  Narrheit  fähig  und  das 
ist  der  Naturforscher  und  Lyriker  Karl  Schimper  in 
Schwetzingen.  Er  beklagte  sich  über  den  Zustand,  in 
welchem  ich  ihm  seine  Gedichte  zurückgeschickt,  worin 
eben  die  in  den  Musen-Almanach  aufgenommnen  Stücke 
fehlten.  Kann  ihm  nicht  helfen,  und  Sie  wohl  auch 
nicht  mehr! 

Nun  leben  Sie  wohl,  lieber  Collega,  in  verschie¬ 
denen  Dingen!  Grüßen  Sie  die  verehrten  Ihrigen  und 
alte  Freunde,  die  sich  meiner  noch  erinnern!  Schreiben 
Sie  auch  über  Ihre  häuslichen,  ehemännlichen  und 
papalichen  Glückseligkeiten.  Sie  kennen  ja  mein  theil- 
nehmendes,  gemüthlich  neidisches  Herz. 

Ihr  alter  getreuer 
Melchior  Meyr, 
der  Bayer 

(in  München  nämlich). 

Ein  Brief  des  Grafen  Schack  betrifft  Gruppes 
Bearbeitung  des  Schillerschen  Demetrius,  welche 
dadurch  vor  allen  ähnlichen  bemerkenswert  ist, 
daß  sie  sich  nicht  streng  an  die  Schillerschen 
Skizzen  hält,  in  der  richtigen  Annahme,  daß 
es  sich  dabei  nur  um  einen  vorläufigen  Ent¬ 
wurf  des  Dichters  handelt,  der  bei  der  Aus¬ 
führungmannigfache  Änderungen  erfahren  hätte: 

Verehrter  Freund! 

Zu  meiner  großen  Freude  kann  ich  Ihnen  mit¬ 
theilen,  daß  Ihr  Demetrius  von  der  hiesigen  Intendanz 
angenommen  worden  ist.  Da  ich,  seit  einem  halben 
Jahre  beständig  krank,  außerdem  noch  durch  eine  Be¬ 
schädigung  am  Fuße  an  das  Zimmer  gebannt  bin,  so 
bat  ich  Geibel,  die  nöthigen  Schritte  zu  thun,  um  dem 
Stücke  zur  Aufführung  zu  verhelfen.  Dieser  hat  die 
Sache  denn  auch  mit  allem  Eifer  betrieben  und  den 
König  selbst  dafür  zu  interessiren  gewußt.  Nachdem 
nun  das  Stück  auf  ausdrücklichen  königlichen  Befehl 
von  der  Intendanz  angenommen  worden  ist,  hat  zwar 
der  Regisseur  Dahn  geäußert,  es  hätten  sich  bei  der 
Rollenbesetzung  Schwierigkeiten  ergeben,  indem  die 
Zahl  der  auftretenden  Personen  so  erstaunlich  groß 
sei,  daß  das  hiesige  Personal  nicht  dazu  ausreiche;  in¬ 
dessen  wird  dieser  Umstand  hoffentlich  durch  Streichen 
einiger  Nebenrollen  gehoben  werden,  und  so  denke 
ich,  daß  wir  die  Darstellung  des  Stückes  auf  der 
hiesigen  Bühne  bald  erleben  werden. 


Sie  sehen  hieraus,  daß  eine  weitere  Überreichung 
Ihres  Demetrius  an  den  König  zwecklos  sein  würde, 
da  derselbe  gut  genug  empfohlen  ist.  Übrigens  hat 
der  König  mich  im  vorigen  Jahre,  als  ich  die  literari¬ 
schen  Werke  eines  andern  Freundes  überreichen 
wollte,  ein  für  alle  Male  wißen  lassen,  daß  eine  solche 
Überreichung  stets  streng  auf  dem  einmal  vorgeschrie¬ 
benen  Wege  durch  den  Autor  selbst  geschehen  müßte. 
Ich  bin  demnach,  so  gern  ich  auch  möchte,  völlig  außer 
Stande,  in  dieser  Sache  etwas  zu  thun;  wenn  Sie  andere 
ihrer  Werke,  etwa  den  Minos,1  dem  König  zu  über¬ 
senden  wünschen,  so  ist  es  nöthig,  daß  Sie  vorher  durch 
den  Hofrath  von  Pfistermeister,*  Geheim-Secretair  Sr. 
Majestät,  die  Erlaubniss  dazu  einholen. 

Meine  seit  Jahren  leidende  Gesundheit  hat  mich 
leider  in  meinen  literarischen  Arbeiten  sehr  gestört, 
jedoch  habe  ich  einige  größere  poetische  Sachen  ge¬ 
schrieben,  deren  Publikation  ich  indeßen  noch  ver¬ 
schiebe.  Augenblicklich  bin  ich  mit  einem  ,, Romanzero 
der  Spanier  und  Portugiesen“  beschäftigt,  den  ich  in 
Gemeinschaft  mit  Geibel  herauszugeben  denke. 

Wollten  Sie  mir  unter  Kreuzband  noch  ein  Exem¬ 
plar  des  Demetrius  schicken,  so  würde  ich  Ihnen  dafür 
dankbar  sein.  Geibel  läßt  Sie  grüßen. 

Mit  dem  Wunsche  eines  recht  glänzenden  Erfolges 
des  Demetrius 

München  Ihr  treuer 

7.  Febr.  1860.  A.  F.  v.  Schack. 

Von  allen,  die  ihn  näher  kannten,  wurde 
Gruppes  reiches  Wissen  in  Anspruch  genommen, 
ebenso  seine  schöne  Bibliothek,  welche  un¬ 
verändert  die  Zimmer  der  überlebenden  Gattin 
schmückte.  So  von  Fontane  für  seine  „Wande¬ 
rungen  durch  die  Mark  Brandenburg“: 

Hochzuverehrender  Herr  Professor! 

Neue  Wanderungen  habe  ich  nach  Uetz,  Döbnitz, 
vor  allem  nach  Fahrland,  dem  Geburtsdorfe  Schmidts 
von  Werneuchen  geführt  und  ich  bin  in  der  Lage  mich 
wieder  mit  meinem  alten  Liebling,  an  einigen  Stellen 
auch  mit  seinen  Versen  beschäftigen  zu  müssen.  He- 
sekiel  sagt  mir,  Sie  hochzuverehrender  Herr  Professor, 
wären  glücklicher  Besitzer  der  opera  omnia  unsres  märki¬ 
schen  Poeten  und  so  frage  ich  denn  ganz  ergebenst 
bei  Ihnen  an,  ob  Sie  mir  wohl  auf  einige  Wochen  das 
anvertrauen  möchten,  was  Sie  von  ihm  besitzen.  Ich 
würde  es  Ihnen  persönlich  mit  meinem  besten  Dank 
zurückstellen.  Diese  Zeilen  könnten  bis  dahin  vielleicht 
als  Schuldverschreibung  gelten. 

Mich  Ihnen  und  Ihrem  Hause  angelegenlichst 
empfehlend,  hochzuverehrender  Herr  Professor  Ihr 
ganz  ergebenster 

Berlin  Th.  Fontane. 

18.  August  1869 
Königgrätzerstr.  25. 


Minos.  Über  die  Interpolationen  in  den  römischen  Dichtem.  Leipzig  1859. 
Genugsam  bekannt  als  erster  Bote  König  Ludwig  II.  an  Richard  Wagner. 


Hirschberg,  Aus  der  Brieftasche  von  Otto  Friedrich  Gruppe. 


Den  Schluß  mögen  zwei  herzliche,  humo¬ 
ristische  Briefe  der  Dichter  Adolf  Böttger  und 
Georg  Hesekiel  bilden,  die  in  einem,  wenn  auch 
losen,  Zusammenhänge  mit  dem  Zustande¬ 
kommen  gegenwärtiger  Autographen -Samm¬ 
lung  stehen: 

Leipzig,  den  16.  März  61. 

Hochgeehrter  Herr  und  Freund! 

Sie  hatten  vor  Jahresfrist  die  Güte,  mir  meine  Bitte 
zuzusagen,  die  Ihnen  entbehrliche  Autographen  betraf. 
Ich  nehme  an,  daß  Sie  es  freundlich  und  lächelnd  ver¬ 
zeihen,  daß  ich  nochmals  mit  einem  Wunsche  anklopfe. 
Uhland  und  Chamisso  wären  mir  die  liebsten  Andenken. 
Legen  Sie  noch  etwas  bei  wie  Paul  Heise  oder  Scheren¬ 
berg,  so  nehm’  ich  des  durchaus  nicht  übel. 

Kann  ich  Ihnen  mit  andern  Autographen  dienen, 
bin  ich  gern  bereit,  ich  bitte  nur  mir  die  Namen  an¬ 
zugeben,  vielleicht  findet  sich  doch  der  Eine  oder  der 
Andere,  den  ich  Ihnen  einhändigen  kann.  Freilich 
weiß  ich  nicht,  ob  Sie  ein  Sammler  von  dergl.  Reli¬ 
quien  sind. 

Neulich  hab’  ich  zufällig  „Minckwitz’  deutschen 
Parnaß“  in  der  Hand  gehabt.  Der  hats  uns  Beiden  — 
und  nebenbei  auch  noch  den  meisten  Andren  —  ge¬ 
sagt!  Ein  Prachtkerl!  werth,  daß  er  bei  Lebzeiten  aus¬ 
gehauen  wird ! - 

Mit  dem  Wunsche  bald  von  Ihnen  zu  hören  und 
mein  Gesuch  in  Etwas  gewährt  zu  sehen  empfehle  ich 
mich  Ihnen  und  den  lieben  Ihrigen. 

Mit  herzlichem  Gruße  Ihr 

ergebener 
Adolf  Böttger. 
Gerberstr.  31. 


Theuerster  Professor,  Ihre  Gedichte  sind  in 
den  letzten  Tagen  meine  einzige  Freude  gewesen,  denn 
acht  Tage  lang  hat  mich  ein  grimmiger  Podagraanfall 
an’s  Zimmer  gefesselt  und  ich  habe  gelitten,  wie  ein 
Verdammter;  heute  hat  mich  Ihr  Brief  erfreut,  ich 
bin  zum  ersten  Mal  ausgegangen  d.  h.  am  rebellischen 
Fuß  einen  Pantoffel,  auf  mein  Büreau  gewankt.  Der 
Flazutist  (Flötenspieler)  mit  dem  unaussprechlichen 
Namen  hat  in  der  heut  erschienenen  Nummer  der 
-JZeitung,  nach  Wunsch  einen  ehrenvollen  Platz  gefunden. 
Spielen  mag  ich  ihn  nicht  hören,  ich  habe  den  großen 
Friedlich  nicht  gehört,  also  kann  ich  die  andren  auch 


193 


missen,  aber  zu  Ihnen  komm  ich,  sobald  ichnur  erst  wieder 
einen  Stiefel  über  mein  Piedestal  bringen  kann.  Ich 
bin  stolz,  daß  meine  kleine  Leontine  einen  milden 
Richter  an  der  Frau  Prof,  gefunden,  aber  wer  kann 
Ihnen  vorgespiegelt  haben,  daß  ich  meine  Stoffe  aus 
Voltaire  mause?  Dieser  ist  in  sofern  gewiß  mein  Eigen¬ 
thum  als  ich  ihn  ganz  u.  gar  erfunden  habe.  Auf  den 
Verbannten  jener  „conte  sans  rime  et  sans  raison“,  nicht 
auf  mein  unschuldiges  Haupt  komme  der  Staub  jener  70 
Bände,  die  Sie,  werther  Freund,  meinetwegen  durch- 
durchblättert.  Für  die  Frau  Prof,  lege  ich  (Sie  sehen 
ich  bin  eine  dankbare  Seele  wenn  man  meine  Ge¬ 
dichte  lobt)  einige  Handschriften  bei,  die  ihr  vielleicht 
noch  fehlen 

1)  Luise  Gräfin  Stolberg  Stolberg  (Dichterin  der 
Königslieder) 

2)  Anton  Niendorf  (ziemlich  unbedeutender  Lyriker) 
u.  Hegler  Müller 

3)  Bormann  (bedeutendster  Schulrath  unter  allen 
Dichtern  und  bester  Dichter  unter  allen  Provinzial- 
schulräthen) 

4)  Gustav  v.  Berneke  (was  unter  dem  Namen 
Bernd  v.  Guseck  in  Novellen  macht  und  nebenbei 
Rittmeister). 

Entschuldigen  Sie  die  Handschrift,  denn  ich  muß 
in  wagerechter  Stellung  schreiben,  da  mein  Fuß  noch 
immer  zum  „Hangen  u.  Bangen  in  schwebender  Pein“ 
verurtheilt  ist. 

Meine  besten  Empfehlungen  der  Frau  Professorin, 
ich  bin  wie  immer,  liebster  Professor  ihr  dankbar  er¬ 
gebener  Diener 

Berlin  6.  März  1854  Georg  Hesekiel. 

Und  ganz  zum  Ende  ein  paar  kostbare 
Blättchen  von  Eichendorff  und  Uhland.  Das 
EichendorfFsche  Gedicht  ist  bereits  veröffent¬ 
licht  (Sämtl.  Werke  1864,  Band  I,  p.  527), 
doch  wird  man  seine  Faksimilierung  nicht 
verübeln.  (Abb.  4.) 

Ob  die  zwei  Zeilen,  die  Ludwig  Uhland  auf 
den  Wunsch  der  Professorin  nach  einem  treff¬ 
lichen  Mittagessen  niedergeschrieben,  von  ihm 
selbst  gedichtet  sind,  wage  ich  nicht  zu  ent¬ 
scheiden;  möge  diese  Reproduktion  in  An¬ 
betracht  der  Seltenheit  Uhlandscher  Auto¬ 
graphen  entschuldigt  werden.  (Abb.  5.) 


Z.  f.  B.  1909/1910. 


25 


Adam  Weishaupt. 

Von 

Dr.  Hans  Schulz  in  Leipzig. 
Mit  einer  Abbildung. 


ls  Mozart  seine  ,, Zauber  flöte“  kom¬ 
ponierte,  in  der  ein  geheimnisvoller 
Kreis  von  „Eingeweihten“  unter  einem 
edlen  Führer  die  Geschicke  Suchender  und 
Strebender  lenkt,  da  war  die  deutsche  Welt 
voll  von  ähnlichen  Geheimnissen,  so  daß  jede 
Anspielung  auf  verständnisvolle  Hörer  traf. 
Große  und  kleine  Betrüger  hatten  sich  das  zu 
nutze  gemacht,  die  verschiedenartigsten  Cha¬ 
raktere,  ein  Cagliostro  und  ein  Lavater,  trafen 
sich  in  der  Pflege  eines  derartigen  Mystizismus. 
Der  Freimaurer- Orden  war  in  wenigen  Jahr¬ 
zehnten  zu  großer  Blüte  und  Ausdehnung  ge¬ 
diehen  —  aber  schon  war  ein  Orden,  der  un¬ 
geheures  Aufsehen  erregt  hatte,  vernichtet,  und 
sein  Stifter  aus  dem  Vaterlande  vertrieben. 

Eine  merkwürdige  Furcht  hatte  sich  der  im 
katholischen  Bayern  regierenden  Mächte  vor 
dem  Illuminaten- Orden  bemächtigt.  Man  fürch¬ 
tete  für  den  Bestand  der  Staaten,  der  Souveräne, 
der  Kirche.  Und  doch  war  Adam  Weishaupt, 
der  Gründer  dieses  Ordens,  ein  Jesuitenzögling. 
Im  Jahre  1748  war  er  in  der  Hochburg  der 
Jesuiten,  in  Ingolstadt  geboren,  begabt  und 
eifrig  wurde  er  noch  in  jungen  Jahren  als  erster 
Nichtjesuit  nach  der  Auflösung  des  Jesuiten¬ 
ordens  Professor  des  Kirchenrechts  an  dieser 
Universität.  Die  Aufklärung,  die  in  Bayern 
unter  Maximilian  Joseph  Eingang  fand,  sah  bald 
in  ihm  einen  gelehrigen  Jünger. 

Ein  amtlicher  Auftrag,  über  Philosophie  zu 
lesen,  nötigte  ihn,  Bücher  zu  studieren  und  in 
sich  zu  verarbeiten,  die  seinen  theologischen 
Kollegen  ein  Greuel  waren.  Durch  sie  wurde 
er  angeregt,  in  einer  Gemeinschaft  Gleichge¬ 
sinnter  nach  Vervollkommnung  zu  streben,  und 
gründete  mit  jungen  Leuten  den  Orden  der 
Perfektibilisten,  der  bald  zu  dem  der  Illuminaten, 
der  Erleuchteten,  wurde.  Die  Anfänge  waren 


kümmerlich  und  der  Orden  hätte  nie  eine 
nennenswerte  Bedeutung  erlangt,  wenn  er  nicht 
durch  Adolph  v.  Knigge  in  enge  Verbindung 
mit  den  Freimaurern  getreten  wäre  und  sich 
diesen  Orden  zu  nutze  gemacht  hätte.  Fast 
jeder  Mann  von  irgendwelcher  geistigen  Be¬ 
deutung  in  Deutschland  ist  damals  einmal  Illu- 
minat  gewesen,  F'ürsten  wie  Minister,  Dichter, 
Gelehrte  und  sogar  Kleriker.  Ernst  II.  von 
Gotha,  Karl  von  Hessen,  Karl  August  von 
Sachsen- Weimar ,  Goethe,  Herder,  Friedrich 
Nicolai  —  um  nur  einige  zu  nennen.  Aber  sie 
traten  wieder  aus,  „nicht,  weil  es  etwas  Böses 
war“,  wie  Nicolai  schreibt,  „sondern  weil  sie 
mit  Grillen  nicht  die  Zeit  verderben  wollten“.* 
Es  war  ein  schulmeisterlicher  Betrieb  in  den 
Anfangsgraden,  fast  das  wichtigste  waren  Emp¬ 
fehlungen  von  Büchern,  die  in  protestantischen 
Ländern  längst  allgemein  verbreitet  waren. 
Kleine  Menschlichkeiten,  Herrschsucht,  Eigen¬ 
sinn  und  Stolz  mögen  sich  breit  gemacht  haben. 
Das  ganze,  auch  nach  der  Erweiterung  durch 
Knigge,  nennt  Kluckhohn  phantastisch  zuge¬ 
stutzte  Fortbildungsschulen,  worin  zu  fleißigem 
Studium  angehalten,  an  unbedingten  Gehorsam 
gewöhnt  und  nebenbei  spioniert  wurde. 

So  harmlos  dies  —  bis  auf  den  letzten  Zug 
—  erscheinen  mag,  unter  der  Regierung  Karl 
Theodors,  der  unter  der  Herrschaft  von  Weibern 
und  Pfaffen  stand,  begann  ein  Kreuzzug  gegen 
den  Orden,  weil  er  staatsgefährlich  und  kirchen¬ 
feindlich  war.  Haussuchungen  wurden  gehalten, 
Papiere  beschlagnahmt,  Beamte  abgesetzt,  Ge¬ 
fängnisstrafen  zuerkannt,  ja  man  spricht  von 
heimlichen  Hinrichtungen.  Weishaupt  floh  zu¬ 
erst  nach  Regensburg,  dann  nach  Gotha,  dessen 
Herzog  Ernst  II.  ihn  einst  durch  den  Hofrats- 
Titel  an  sich  geknüpft  hatte.  Die  bayrische 
Regierung  gab  die  beschlagnahmten  Briefe  und 


1  Vgl.  August  Kluckhohn,  Vorträge  und  Aufsätze.  München  u.  Leipzig  1894  S.  344  ff.  —  Daniel  Jacoby  in  der  Allg. 
Deutsch.  Biographie  Bd.  41,  1896,  S.  539  ff.  und  im  Euphorion  10,  1903,  S.  9 1  ff .  —  J.  Bach,  Adam  Weishaupt  als 
Gegner  des  Königsberger  Philosophen  Immanuel  Kant.  Historisch-politische  Blätter  für  das  katholische  Deutschland 
Bd.  127,  1901,  S.  94  ff.  —  Georg  Schuster,  Die  geheimen  Gesellschaften,  Verbindungen  und  Orden.  Band  2.  Leipzig, 
1906,  S.  144  ff.  —  Leopold  Engel,  Geschichte  des  Illuminaten- Ordens.  Berlin  1906. 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


*95 


Ordenspapiere  durch  den  Druck  bekannt, 
Weishaupt  verteidigte  sich,  andere  ergriffen  das 
Wort,  es  ergossen  sich  Fluten  von  Drucker¬ 
schwärze,  der  Orden  bekam  plötzlich  eine  Be¬ 
deutung,  die  er  bei  Lebzeiten  nie  besessen 
hatte.  Als  die  französische  Revolution  ausbrach, 
sollte  er  nach  der  Meinung  ängstlicher  Gemüter 
auch  an  diesem  Unheil  schuld  sein  und  es 
wurden  ihm  neue  Schreckenslorbeeren  gewun¬ 
den.  Der  Urheber  all  dieser  Unruhe  lebte  ruhig 
mit  Frau  und  sieben  Kindern  in  Gotha,  unter 
dem  Schutze  des  Herzogs,  ein  besonderer 
Günstling  der  Herzogin  und  des  geistvollen, 
sarkastischen  und  kränklichen  Prinzen  August. 

Die  Schriften,  die  nach  der  Vernichtung  des 
Ordens  über  ihn  erschienen,  brachten  ihm  einen 
neuen  Jünger  und  Gönner,  der  dann  zwei 
Jahrzehnte  hindurch  seine  sicherste  Stütze  ge¬ 
wesen  ist.  Am  22.  September  1787  schrieb  in 
der  Christiansburg  zu  Kopenhagen  der  gerade 
zweiundzwanzigjährige  Erbprinz  Friedrich  Chri¬ 
stian  von  Sohle sivig- Holstein  aus  der  Linie 
Sonderburg- Augustenburg  an  seine  Schwester 
Luise:  „Es  ist  seit  kurzem  eine  Apologie  des 
Illuminaten-Ordens  von  dem  Stifter  desselben, 
Weishaupt,  herausgekommen,  ein  vortreffliches 
Buch,  welches  ich  dir  sehr  empfehle.  Die  Idee, 
durch  die  Lüsternheit  des  Menschen  nach  Ge¬ 
heimnissen  ihn  auf  die  hier  angenommene  Weise 
zur  Weisheit  und  edlen  Tätigkeit  zu  führen,  ist 
groß.  Hat  Weishaupt  wirklich  nur  die  edle 
Absicht,  und  keine  Nebenabsicht  gehabt,  so  ist 
er  ein  edler  großer  Mann;  ein  scharfsichtiger, 
vielumfassender  Kopf  bleibt  er  immer.  Ich 
glaube,  dies  Buch  wird  dir  vielen  Stoff  zum 
Denken  geben.  Es  verrät  viele  Menschen¬ 
kenntnis.  In  der  Folge  der  Zeit,  wenn  diese 
Gesellschaft  sich  nur  etwas  ausgebreitet  hätte, 
wäre  sie  wahrscheinlich  von  üblen  Folgen  ge¬ 
wesen,  so  wie  das  mehrste  Gute  in  dieser  sub¬ 
lunarischen  Welt  seine  böse  Folgen  hat. 
Herrschsucht  und  Eigennutz,  die  durch  geheime 
Gesellschaften  so  sehr  leicht  befriedigt  werden 
können,  hätten  sich  auch  vielleicht  dieser  be¬ 
mächtigt.  Immer  müssen  wir  glauben,  daß  die 
Menschheit  zu  diesem  großen  Plan  noch  nicht 
reif  genug  gewesen  ist,  da  es  der  Vorsehung 
gefallen  hat,  ihn  zu  vereiteln.“ 

Durch  viele  Monate  sind  seine  Briefe  voll 


der  Begeisterung  über  den  Orden,  dessen  Zweck 
er  einmal  so  bestimmt:  „Große  edle  über  alles 
Schicksal  erhabene  und  äußerst  tätige  Menschen 
zu  bilden,  Menschen,  deren  Größe  aus  erhabenen 
Grundsätzen  entspringt.“  Aber  erst  einige  Jahre 
später  soll  er  auf  einer  Reise  durch  Deutsch¬ 
land  eine  flüchtige  Begegnung  mit  ihm  gehabt 
haben.1  Im  März  des  folgenden  Jahres  1791 
hat  er  ihn,  ob  auf  seine  Bitte  hin  ist  ungewiß, 
zum  ersten  Male  mit  100  Louisdors  unterstützt.2 

Das  war  der  Anfang  einer  Hilfeleistung,  die 
bis  zum  Jahre  1813  nachzuweisen  ist,  1814 
ist  der  Herzog  gestorben.  Niemand  am  däni¬ 
schen  Hofe,  wo  die  Illuminaten-Furcht  gleich¬ 
falls  herrschte,  durfte  etwas  von  dieser  Ver¬ 
bindung  ahnen.  Weishaupts  Briefe  gingen  zu¬ 
erst  an  den  Kaufmann  Hans  Mommsen  in 
Augustenburg,  ein  innerer  Umschlag  trug  die 
Adresse  des  dortigen  Hofpredigers  Christian 
Jessen ,  und  erst  dieser  übermittelte  die  Schrei¬ 
ben  dem  Herzoge.  Manchmal  schrieb  Weis¬ 
haupt  auch  durch  den  sogenannten  „vornehmen 
Freund“,  den  Prinzen  August  von  Sachsen-Gotha, 
den  auch  Friedrich  Christian  gelegentlich  neben 
dem  Philosophen  Karl  Leonhard  Reinhold  in 
Jena  als  Vermittler  gebrauchte,  andere  Mittel¬ 
glieder  waren  die  Joseph  Feldmaierische  Hand¬ 
lung  in  Gotha  und  der  Buchhändler  Friedrich 
Perthes  in  Hamburg,  auch  der  Schauspiel¬ 
direktor  und  Freimaurer  Friedrich  Ludwig 
Schröder. 

-  Weishaupts  Briefe  an  Friedrich  Christian,  die 
vom  August  1793  an  fast  vollständig  erhalten 
sind,  geben  einigen  Aufschluß  über  seine  Schick¬ 
sale  und  seine  Schriftstellerei  während  dieser 
Zeit.  Wie  es  leicht  kommen  mußte  in  Schrei¬ 
ben  an  den  fürstlichen  Gönner,  dessen  Unter¬ 
stützung  er  brauchte,  ist  ihr  Ton  ein  wenig 
wehleidig,  besonders  gegen  Ende  des  Jahres  in 
den  Neujahrsbriefen,  die,  wenn  auch  nicht  im 
Wortlaut,  so  doch  durch  ihr  Erscheinen  eine 
Bitte  um  Fortsetzung  der  Zahlung  bedeuteten. 
Ein  gewisses  Kokettieren  damit,  daß  er  in  seiner 
jammervollen  Lage  nicht  mehr  lange  leben, 
nicht  lange  zur  Last  fallen  werde,  wird  dadurch 
beleuchtet,  daß  er  erst  im  83.  Lebensjahre  1830 
gestorben  ist. 

Als  es  schien,  als  ob  von  Wien  her  gegen 
ihn  vorgegangen  werden  sollte,  schrieb  er  am 


1  Vgl.  Monatshefte  der  Comenius- Gesellschaft  Band  16,  1907,  S.  85. 

2  Die  wichtigsten  Briefe  Friedrich  Christians  an  Weishaupt  werden  in  meiner  Biographie  dieses  Herzogs  abgedruckt. 


196 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


10.  September  1793P  „Es  kann  mir  nichts  ärgers 
widerfahren,  als  was  ich  schon  seit  vielen  Jahren 
erfahren  und  erdulden  muß.  Und  wenns  auch 
der  Tod  selbst  wäre,  so  macht  doch  dieser 
aller  Verachtung  und  Verleumdung,  einem  ganz 
prekairen  Leben,  so  vielen  bittern  Sorgen  für 
den  Unterhalt  einer  zahlreichen  Familie,  und 
den  traurigen  Aussichten  auf  ein  noch  elenderes 
hülfloses  Alter,  mit  einem  Mal  ein  Ende.  Eine 
ewige  Gefangenschaft,  in  welcher  mir  ein  Großer 
dieser  Erde  samt  meiner  Familie  den  nötigen 
Unterhalt  geben,  und  um  allem  Mißtrauen  vor¬ 
zubeugen,  für  die  Zukunft  festhalten  wollte, 
würde  ich  als  eine  größere  Wohltat  betrachten, 
als  die  unruhige  sorgenvolle  Freiheit,  deren  ich 
nur  zu  meiner  Quaal  genieße.  Ich  bin  in  der 
Welt  für  künftig  und  allezeit  eine  Nulle.  Ich 
kann  ihr  auch  durch  nichts  weiter  nützen  als 
durch  mein  Beyspiel.  Ich  bin  einmal  wider 
Willen  auf  die  Bühne  dieser  Welt  hervorge¬ 
zogen  worden.  Da  stehe  ich  nun  dem  Urteil 
und  der  Beobachtung  ausgesetzt,  und  mir  liegt 
es  ob,  die  mir  zugeteilte  Rolle  mit  Würde  und 
Anstand  zu  vollenden.  Es  geschehe  daher, 
was  da  wolle,  ich  bin  zu  allem  gefaßt  und  be¬ 
reit.  Vielleicht  ist  das  ärgste,  was  mir  wider¬ 
fahren  wird,  das  beste  für  die  Sache,  um  derent¬ 
willen  ich  leide.“  Es  sollte  nicht  dahin  kommen, 
die  Gewitter  grollten  nur  in  der  Ferne.  Und 
für  die  Selbstbeschränkung,  nur  noch  durch 
sein  Beispiel  auf  die  Welt  zu  wirken,  war  Weis¬ 
haupt  noch  zu  jung  und  zu  tatkräftig.  Seine 
Feder  ruhte  nicht.  Am  12.  Oktober  1793  schrieb 
er  seinem  Gönner:  „Dieser  Tage  ist  endlich 
einmal  mein  Buch  über  die  Selbstkenntnis  an 
E.  D.  abgegangen.1 2  Das  Buch  ist  zwar  klein, 
aber  ich  denke  sein  Inhalt  soll  um  so  wichtiger 
sein.  Es  soll  E.  D.  beweisen,  welch  ein  zu¬ 
sammengesetztes  schwer  erkennbares  sich  selbst 
unbekanntes  Wesen  der  Mensch  ist;  wie  schwer 
es  hält,  den  Menschen  wahrhaft  zu  kennen, 
wie  nötig  es  ist,  daß  hierin  mehr  geschehe, 
wie  wankend  und  unzuverlässig  aller  Verkehr 
mit  Menschen  ist,  auf  welchen  seichten  Gründen 
unsere  Moralität  beruht,  wie  natürlich  es  daher 
ist,  daß  alles  was  bisher  für  und  um  der 
Menschen  willen  geschehen  ist,  verfällt  und  auf 
keine  Art  gelingen  will.  Es  soll  beweisen,  daß 


auch  künftighin  alles  ebensowenig  gelingen 
werde,  wenn  nicht  der  Grund  tiefer  gelegt  und 
zweckmäßiger  gearbeitet  wird.“  „Wo  immer 
ein  Verband  von  Menschen  ist,  da  muß  ein 
gemeinschaftliches  Geschäft  sein,  ein  Geschäft, 
dessen  sich  kein  Mensch  zu  schämen  hat, 
welches  sogar  Pflicht  für  jeden  Menschen  und 
der  Grund  von  allem  ist,  wenn  er  anders  mit 
Erfolg  arbeiten  und  auf  andere  wirken  will.“ 
„Es  muß  die  Lücken  ausfüllen,  welche  der 
Staat  und  die  Kirche  in  der  Bildung  des  Men¬ 
schen  übrig  lassen,  und  sie  ausfüllen  können. 
Es  muß  daher  diesen  beiden  in  die  Hand  ar¬ 
beiten  und  sich  eben  dadurch  um  beide  ver¬ 
dient  machen.  Es  muß  den  Erfolg,  welchen 
andere  sogleich  wollen,  unmerklich  und  durch 
eine  Reihe  von  Generationen  herbeiführen.  Es 
muß  machen,  daß  der  Mensch  sich  selbst  sage, 
was  andere  ihm  vergeblich  sagen  würden.  Es 
muß  ihn  überdies  durch  eignes  Beobachten  und 
Nachdenken  auf  Resultate  führen,  welche  nie 
so  gut  als  auf  diesem  Weg  verstanden,  und  von 
jedem  vorzüglich  geschätzt  werden,  weil  er 
sozusagen  Schöpfer  eines  Systems  ist.“  Ein 
solches  „Geschäft“  scheint  ihm  die  Selbstkennt¬ 
nis  zu  sein,  sie  soll  daher  der  ausschließliche 
und  einzig  wahre  Gegenstand  einer  solchen 
Verbindung  sein.  Er  schlägt  dem  Prinzen 
Übungen  vor,  die  ihn  fördern  sollen.  Dieser 
allerdings  ist  über  den  Brief  etwas  erstaunt  ge¬ 
wesen.  Am  23.  Oktober  1793  schreibt  er  seinem 
Freunde,  dem  Dichter  Jens  Baggesen:  „Vor¬ 
gestern  erhielt  ich  von  Pythagoras  einen  sehr 
sonderbaren  Brief.  Er  spricht  in  demselben 
von  der  Selbstkenntnis  in  dem  Ton  eines  Auf¬ 
schneiders,  empfiehlt  das  Studium  derselben  aus 
den  bekannten  Gründen  und  verspricht  nach 
einer  Übung  von  2  bis  drey  Jahren  Resultate, 
die  mich  in  Erstaunen  setzen  werden.  Wenn 
ich  nicht  diesem  Briefe  einen  versteckten  Sinn 
unterlegen  darf,  so  muß  ich  bedauern,  daß  ich 
mit  dem  Manne  nach  einer  Correspondenz  von 
beynahe  3  Jahren  noch  nicht  so  weit  gekommen 
bin,  daß  er  mich  über  die  Schülerjahre  hinaus¬ 
glaubt.  Elisa  [von  der  Recke,  die  als  Gast  bei 
ihm  weilte],  meine  Frau  und  meine  Schwester, 
denen  ich  diesen  Brief  seiner  Sonderbarkeit 
wegen  vorgelesen  habe,  haben  ihn  teils  mit 


1  Abschrift  von  der  Hand  Friedrich  Christians  in  Kopenhagen,  Königliche  Bibliothek,  Baggesens  Briefwechsel  Nr.  33. 

2  Über  die  Selbstkenntnis,  ihre  Hindernisse  und  Vortheile.  Regensburg  1794. 


Adam  Weishaupt 


Z.  f.  B.  1909/1910.  Heft  5/6.  Tafel  1. 


Zu  Schulz:  Adam  Weishaupt. 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


197 


Lächeln  theils  mit  lautem  Lachen  angehört.“ 
Auf  die  Übungen  ging  er  anfangs  ein,  sie  ge¬ 
diehen  aber  nicht  weit 

Dem  Buche  über  Selbstkenntnis  folgte  bald 
ein  weiteres.  Am  23.  Februar  1794  schreibt 
Weishaupt:  „Künftige  Ostern  erscheint  von 
meinem  Buch  über  Wahrheit  und  sittliche  Voll¬ 
kommenheit  der  zweyte  Teil.1  Die  beyde  erste 
Abhandlungen  enthalten  vieles  was  zu  unserm 
Zweck  gehört.  Der  dritte  Theil  wird  aber  ganz 
dafür  gemacht  seyn.  Nur  kann  ich  ihn  so  bald 
nicht  in  die  Welt  schicken,  weil  ich  mich  erst 
wieder  in  etwas  erhohlen,  und  noch  mehr  dar¬ 
über  denken  und  sammeln  muß.  Habe  ich 
dieses  Buch  vollendet,  so  will  ich  gern  von  der 
Bühne  abtretten  und  meine  Rolle  andern  Schau¬ 
spielern  überlassen.  Ich  bin  mir  sodann  be¬ 
wußt,  daß  ich  mein  Tagewerk  vollendet  habe.“ 
Am  1.  Mai  1794  überreichte  er  diesen  2.  Teil: 
„Euer  Durchlaucht  erhalten  hier  abermals  eine 
neue  Frucht  meiner  Arbeiten,  ein  neues  Kind 
meines  Geistes,  dessen  Urheber  Sie  Selbst  sind, 
weil  ich  ohne  Sie,  ohne  ihre  grosmüthige  Unter¬ 
stützung  nur  mit  Nahrungssorgen  würde  ge¬ 
kämpft,  und  folglich  die  zu  einer  solchen  Arbeit 
nöthige  Heiterkeit  des  Geistes  nie  würde  ge¬ 
habt  haben.  Ich  wünsche  daher,  daß  dieses 
Werk  von  Euer  Durchlaucht  sowohl  als  dem 
Publikum  so  gut  aufgenohmen  werde,  als  ich 
es  meine.  Aber  so  viel  letzteres  betrifft,  so 
hoffe  ich  wenig.  Wenige  werden  es  lesen,  und 
noch  weniger  Menschen  werden  es  durchdenken. 
Die  Weltleute  werden  darüber  lachen,  und  die 
kantische  Schule  wird  einen  bemitleidenden  mit 
Hohnlächeln  verbundenen  Blick  darauff  werffen. 
Dies  ist  nun  freilich  für  einen  Schriftsteller, 
welcher  so  zu  sagen  vom  Bücherschreiben  leben 
mus  nicht  sonderlich  ermunternd.  Ich  fühle  es 
auch  nur  zu  stark,  wie  sehr  sich  mit  jedem 
Tag  alle  Lust  zum  Schreiben  bey  mir  vermindert. 
Meine  gegenwärtige  Geistesstimmung  ist  daher 
nicht  die  beste.  Dazu  tragen  die  heutige  Welt¬ 
vorfälle  auch  das  Ihrige  bey.  Mein  Glauben 
an  ein  Besser  werden  steht  zwar  in  der  Theorie 
noch  unerschütterlich  fest.  Aber  das,  was  unter 
meinen  Augen  geschieht,  reißt  zuweilen  meine 


Vernunft  mit  sich  fort,  und  ich  fühle  es,  daß 
ich  ein  Mensch  bin,  welcher  unter  Menschen 
lebt.  Auch  Sie  Gnädigster  Erb-Prinz!  haben 
gelitten:  auch  Sie  haben  die  Gewalt  des  Schick¬ 
sals  erfahren  müssen.  So  wie  sich  die  Sage 
bis  zu  uns  verbreitet,  hat  die  Bosheit  der  Men¬ 
schen  den  grösten  Antheil  daran  gehabt.2 3  Sie 
können  Sich  vorstellen,  was  ich  dabey  gedacht, 
und  wenn  ich  die  Wahrheit  gestehen  soll,  was 
ich  dabey  gelitten  habe!  Quo  ruimus?  Was 
wird  aus  uns  werden?  Wenns  so  fort  geht,  so 
sind  unsere  schönen  Tage,  und  die  Tage  der 
Ruhe  auf  lange  Zeit  vorbey.  Wir  schweben 
zwischen  zwey  Übeln,  deren  das  eine  ärger  als 
das  andere  ist  —  zwischen  Anarchie  und  Des¬ 
potismus.  Der  Plimmel  wolle,  daß  ich  unrecht 
habe,  aber  mir  scheint  es,  Europa  nähert  sich 
seinem  Verfall.“  Der  Brand  des  Schlosses  hatte 
Friedrich  Christian  schwer  betroffen,  bekannt¬ 
lich  sind  außer  den  Illuminaten-Büchern  und 
den  Briefen  über  das  „Geschäft“  auch  Schillers 
Briefe  an  ihn  damals  ein  Raub  der  Flammen 
geworden.  Er  antwortete  nicht,  so  daß  Weis¬ 
haupt  in  einem  neuen  Briefe  vom  28.  Oktober 
1794  fürchtete,  seine  Gnade  verloren  zu  haben. 
Er  berichtet  darin  von  Schmähungen  des  be¬ 
rüchtigten  Aloys  Hoffmann  gegen  ihn  und 
schreibt:  „Meine  wenigen  Freunde  werden  da¬ 
durch  scheu  gemacht:  Sie  verkehren  sich  nach 
und  nach,  und  ich  bin  mir  selbst  beynahe  ganz 
überlassen.  Da  noch  überdies  meine  Art  zu 
Philosophieren  nicht  mehr  von  der  Mode  ist 
so  finden  meine  Schrifften  wenig  Abgang,  und 
folglich  keinen  Verleger.“ 

Das  Letzte  war  eine  Übertreibung.  Am 
io.November  1795  konnte  er  schreiben :  „mitkünf¬ 
tiger  Ostermesse  wird,  wie  ich  hoffe,  mein  Bucli 
über  die  Finalursachen  erscheinend  Ich  stehe 
in  der  Meinung,  daß  dieses  das  wichtigste 
meiner  Bücher  sey,  und  ich  wünschte  es  zu 
diesem  Ende  einem  Manne  zuzueignen,  gegen 
welchen  ich  vor  allen  andern  Menschen  die 
größte  Verbindlichkeit  habe,  durch  dessen 
Hülffe  und  Unterstützung  dieses  Werk  geschrie¬ 
ben  werden  konnte.  Wer  dieser  Mann  sey,  läßt 
sich  leicht  errathen.  Dies  alles  ist  zwar  Pflicht 


1  Der  1.  Teil  war  1 793  herausgekommen.  Teil  2  trägt  auch  den  Titel:  Über  die  Lehre  von  den  Gründen  und 
Ursachen  aller  Dinge. 

2  Dies  bezieht  sich  auf  den  Brand  der  Christiansburg.  Vgl.  aber  Friedrich  Christians  Brief  darüber  an  Schiller 
bei  Hans  Schulz,  Schiller  und  der  Herzog  von  Augustenburg.  Jena  bei  Eugen  Diederichs,  19°S>  S.  139- 

3  Über  die  Zwecke,  oder  Finalursachen.  3.  Band  von  „Über  Wahrheit  und  sittliche  Vollkommenheit“. 


198 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


von  einer  Seite,  aber  es  scheint  auch  Pflicht  zu 
seyn,  daß  man  seine  Wohlthäter  nicht  unnöthiger- 
weise  compromittire  und  in  Verlegenheit  seze, 
wie  dies  hier  sehr  leicht  der  Fall  seyn  kann. 
Zu  diesem  Ende  geht  meine  Anfrage,  von 
meinem  besten  Willen,  und  von  meinen  eifrig¬ 
sten  Wünschen  begleitet,  voraus  . . .  Der  Gegen¬ 
stand,  welcher  darin  behandelt  wird,  ist  der 
Schlüssel  zu  aller  Practischen  Philosophie,  zur 
Moral  und  Politic,  und  was  eigentlich  alle  Philo¬ 
sophie  seyn  sollte,  zur  Weisheit  des  Lebens. 
Ich  vermuthe,  daß  E.  D.  indessen  sich  mit 
dem  kantischen  System  bekannt  gemacht 
haben.1  Selbst  in  diesem  Falle  kann  es  doch 
noch  ihre  Aufmerksamkeit  verdienen.  Denn  es 
ist  doch  billig  und  vernünftig,  daß  auch  der 
Gegentheil  gehört  werde,  und  die  Vergleichung 
mit  einem  andern  Systeme  kann  der  Wahrheit 
nie  schaden;  sie  wird  dadurch  gewinnen  und 
bestärkt  werden.  Überhaupt  hätte  sich  hier 
etwas  großes  leisten  lassen,  aber  unglücklicher 
weise  war  dies  ganze  Jahr  mein  Kopf  durch 
die  Gicht  bis  zur  Blödsinnigkeit  mitgenohmen. 
Ich  konnte  selten  mehr  als  ein  Blatt  schreiben, 
ohne  daß  ich  genöthigt  gewesen  wäre,  der 
Schwäche  meines  Kopfs  durch  Waschen  mit 
frischem  Wasser  zu  Hiilffe  zu  kommen.  Dies 
dauert  noch  fort,  und  ich  werde  leider  gewahr, 
daß  es  mit  mir  zum  Ende  geht;  oder  was  ist 
ein  Leben,  in  welchem  man  blos  vegetirt.“ 

Auch  über  die  allgemeine  Lage  äußert  er 
sich:  „Ich  bestehe  darauf:  Europa  ist  in  seinem 
Verfall,  und  der  Despotismus,  den  man  stürzen 
wollte,  wird  darin  befestigt  und  allgemein  werden. 
Wir  sind  noch  nicht  reif  für  eine  freiere  und 
unabhängigere  Verfassung.  Wir  haben  Vernunft 
genug,  um  die  Mängel  der  gegenwärtigen 
Formen  einzusehen,  um  einzureißen.  Aber  wir 
haben  noch  zu  viel  Leidenschaft,  um  uns  dar¬ 
über  zu  vereinigen,  wie  das  neue  Gebäude  be¬ 
schaffen  seyn  soll.  Nicht  die  beste  sondern 
die  Ranckvollste  schwingen  sich  an  die  Stelle 
der  ehemaligen  Gewalthaber.  Dies  beweist  die 
Geschichte  des  Tages.“  Am  22.  Dezember  des¬ 
selben  Jahres  schreibt  der  Lehrer  der  Menschen¬ 
kenntnis:  „Ich  vertraue  auf  Menschen  um  so 
weniger,  je  älter  ich  werde,  und  je  mehr  ich 
sie  kennen  lehrne.  Die  Ränckevollste  werden 
sich  immer  voran  drängen  und  für  sich  das¬ 

1  Darin  irrt  Weishaupt.  —  2  Diesen  Ausspruch  hatte 

schauungen  und  Erscheinungen.  Nürnberg  1788,  gesetzt. 


jenige  benüzen,  was  zum  allgemeinen  Wohl 
bestimmt  war.  Dies  ist  es,  was  Neuerungen 
verhaßt  und  gefährlich  macht,  und  den  alten 
noch  so  fehlerhaften  Formen  eine  Art  von 
Sanction  giebt.  Ich  habe  darüber  mehr  als 
eine  Erfahrung.  Ich  finde  sogar,  daß  dies  der 
Fall  bey  der  neuesten  Revolution  in  der  Philo¬ 
sophie  sey.  Die  Herrn,  welche  sich  hier  des 
Throns  und  der  öffentlichen  Stimme  bemächtigt 
haben,  und  jedem  der  nicht  ihres  Sinnes  ist, 
mit  der  Litterarischen  Guillotine  (der  allg.  D. 
L.  Z.)  drohen,  sind  wahrlich,  wie  die  neuste 
Vorfälle  beweisen,  nicht  die  klügsten  und  besten. 
Auch  hier  stürzt  ein  Robespierre  den  andern, 
und  die  ganze  Fehde  wird  sich  nach  vielen 
scandalosen  Auftritten  mit  einer  allgemeinen 
Verachtung  der  Philosopie,  oder  mit  dem  Scep- 
ticismus  endigen.  Ich  aber  gehe  meinen  weg 
unverdrossen  fort,  und  halte  es  mit  Boerhavens 
Ausspruch:  Simplex  sigillum  veri.“2 

Der  Druck  des  angekündigten  Buches  hatte 
sich  infolge  des  Vordringens  der  Franzosen 
gegen  Sulzbach  und  Regensburg  hin,  wo  es  ge¬ 
druckt  und  verlegt  wurde,  verzögert.  Erst  am 
31.  Dezember  1796  konnte  Weishaupt  es  über¬ 
senden:  „Möchte  es  doch  so  glücklich  seyn, 
Ihre  Aufmerksamkeit  zu  verdienen.  Aber  kaum 
wage  ich  es  zu  hoffen,  obgleich  das  Thema 
von  der  Art  ist,  daß  jeder  Mensch  sich  nach 
Kräfiften  bestreben  sollte  vor  allem  über  diesen 
Gegenstand  ins  reine  zu  kommen.  Alles  wissen 
ist  Thorheit,  so  lange  wir  in  dieser  Materie 
nicht  hell  sehen.  Wenn  daher  mein  Buch  mis- 
fallen  sollte,  so  liegt  die  Schuld  nicht  an  der 
Sache,  sondern  ganz  allein  an  mir.  Ich  habe 
mich  vielleicht  bey  der  Ausarbeitung  schlecht 
benohmen,  aber  die  Sache  selbst  ist  groß  und 
so  wichtig,  daß  es  sogar  Pflicht  für  jeden 
denkenden  Mann  ist,  sich  davon  die  möglich 
größte  Überzeugung  zu  verschaffen;  Denn  die 
ganze  Ruhe  und  Glückseeligkeit  seines  Lebens 
hangt  davon  ab.  Um  sich  in  Kürze  zu  über¬ 
zeugen,  welcher  Geist  in  dem  Buche  weht, 
wage  ich  es  Euer  Durchlaucht  vor  allen  die 
Anmerkungen  zu  empfehlen,  unter  diesen  vor¬ 
züglich  die  Noten  von  S.  143.  162.  170.  198. 
mehr  aber  als  irgend  eine  andere  die  Anmerkung 
von  S.  298.  Ich  möchte  noch  beysetzen  die 
von  S.  281.  399.  So  viel  die  Note  von  297. 

er  als  Motto  vor  seine  Schrift:  Über  die  Kantischen  An- 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


199 


betrifft,  hangt  es  ganz  allein  von  dem  Befehl 
von  Euer  Durchlaucht  ab,  ob  ich  an  ihrer 
eigenen  Person  den  Versuch  machen  und  [den] 
versprochenen  Stammbaum  verfertigen  soll.  Sie 
sollen  ihn  sogleich  erhalten,  so  bald  mein  zu 
geschwächter  Kopf  wieder  einigermaßen  in 
Ordnung  ist.“ 

Es  ist  keine  Antwort  des  Herzogs  mehr 
vorhanden;  auch  keine  Äußerung  von  ihm, 
andern  gegenüber  getan,  ist  auf  uns  gekommen. 
Wohl  aber  ein  paar  Worte  eines  anderen 
Gönners,  der  in  Weishaupts  Erwartungen  eine 
große  Rolle  spielte.  Als  im  Jahre  1793  in  Wien 
gegen  die  Illuminaten  mobil  gemacht  wurde, 
hatte  er  bald  zu  bemerken  geglaubt,  daß  das 
eigentliche  Ziel  der  Angriffe  nicht  er  selbst, 
sondern  der  kurmainzische  Coadjutor  Karl 
Theodor  Anion  Maria  von  Dalberg  in  Erfurt 
war.  Dieser  war  Illuminat  gewesen  mit  dem 
Ordensnamen  Baco  von  Verulam,  man  kannte 
in  Wien  seine  gemäßigten  Gesinnungen  und  er 
war  für  die  „Obskuranten-Partei“,  wie  Dalberg 
und  Weishaupt  sie  nannten,  auf  keine  Weise 
zu  gewinnen  gewesen.  Sein  ehemaliger  Sekre¬ 
tär  Andrea  verriet  dem  Herausgeber  der  Wiener 
Zeitschrift,  Alois  Hoffmann,  Listen  der  Illumi¬ 
naten,  und  die  daraufhin  angesponnenen  In- 
triguen  hatten,  wie  Dalberg  zu  Weishaupt 
äußerte,  den  Zweck,  ihn  von  der  Kur  zu  ver¬ 
drängen.  Aber  der  Sturm  ging  vorüber.  Weis¬ 
haupt  hoffte,  wie  manch  anderer  in  der  Nach¬ 
barschaft,  auf  Dalberg.  „Er  ist  verhältnismäßig 
ärmer  als  ich;  er  wird  in  der  Zukunft  das 
Seinige  thun:  aber  auch  hier  verschlimmern 
sich  mit  jedem  Tag  seine  Aussichten  und  Mittel.“ 
Das  Vordringen  der  Franzosen  ließ  es  zweifel¬ 
haft  erscheinen,  ob  Dalberg  jemals  in  den  Besitz 
seiner  Bistümer  kommen  würde.  Auf  die  Über¬ 
sendung  von  Weishaupts  Buch  antwortete  er 
aus  Erfurt  dem  „Selbstdenker“:  „Mit  Nuzen  und 
Vergnügen  lese  ich  Ihr  Werk  von  Zwecken, 
in  welchem  edle  Gesinnungen  und  gründliche 
Einsichten  mit  einer  seltenen  Deutlichkeit  der 
Darstellung  vereinigt  sind.  Die  Bestimmung 
des  Unterschieds  zwischen  Zweck  und  Absicht 
ist  besonders  lehrreich.  Auch  dasjenige,  was 
von  Ideen  gesagt  wird,  ist  merkwürdig.  Möcht 
ich  doch  bald  ein  Werkzeug  der  Vorsehung 
werden,  um  Ihr  Schicksal  zu  lindern!  In  diesem 


1  Abgedruckt  bei  Engel  a.  a.  O.  S.  381  ff. 


Augenblicke  sind  meine  Freunde  und  Anver¬ 
wandte  verarmt.  Die  Stifter  Maynz,  Worms 
und  Constanz  verheert,  und  meine  wenigen 
Zuflüsse  vertrocknen  in  Franken,  Schwaben, 
und  am  Rheinstrom.  Muth,  Munterkeit,  Pflicht 
Erfüllung  und  Liebe  zu  Wissenschaften  erhalten 
mich.“ 

In  den  nächsten  Jahren  ist,  einige  Rezen¬ 
sionen  in  der  Zeitschrift  des  Gothaer  Astro¬ 
nomen  v.  Zach  abgerechnet,  von  Schriftstellerei 
nicht  die  Rede,  wohl  aber  vom  Schicksal 
Deutschlands,  seiner  Freunde  und  den  An¬ 
feindungen,  denen  er  selbst  ausgesetzt  ist. 
„Euer  Durchlaucht  muß  dies  sonderbar  auf¬ 
fallen,  daß  der  Mann,  welcher  Könige  zittern 
macht,  weil  sie  sich  vor  Fantomen  fürchten,  an 
Ihrer  Thüre  um  Unterhalt  bettelt.“  Auf  Buch¬ 
händlerwege  schickte  er  dem  Herzoge  in  Ab¬ 
teilungen  allmählich  alles,  was  er  noch  an 
Illuminaten-Papieren  besaß,  zur  Durchsicht;  „der 
größte  und  übrige  Theil  der  dahin  einschlagen¬ 
den  Papiere  ist  theils  in  Wien,  theils  in  München, 
Neuwied  und  andern  Orten  zerstreut,  ich  weiß 
aber  nicht,  wo  und  in  welchen  Händen  er  sich 
dermal  befindet.“  Unterdessen  tat  Weishaupt 
einen  öffentlichen  Schritt  zur  Klärung  seiner 
Sache,  er  ließ  im  Kaiserlich  priv.  Reichsanzeiger 
vom  26.  April  1799  eine  „endliche  Erklärung“ 
erscheinen.1  „Die  unaufhörlichen  Anfälle  meiner 
Feinde,  verbunden  mit  der  nahen  und  sehr  ge¬ 
gründeten  Hoffnung  in  mein  Vaterland  zurück- 
beruffen  zu  werden,  haben  mich  zu  diesem 
Schritt  genöthigt.“  Ohne  Erfolg.  „Was  ich 
gethan  habe,  war  ich  meiner  Ehre,  meiner  per¬ 
sönlichen  Sicherheit,  meinen  Freunden  und 
Kindern  schuldig,  der  Erfolg  sey  auch,  welcher 
er  wolle“,  schrieb  er  drei  Vierteljahre  später. 
Friedrich  Christian  mußte  wieder  helfen.  „Man 
sollte  freilich  glauben,  ein  Mann  der  einst  mit 
so  vielen  Regierenden  Fürsten  und  Großen  in 
Verbindung  gestanden,  könne  nicht  darben. 
Aber  leider  ist  dies  nicht  mein  Fall.  Die  Men¬ 
schen  sind  nun  einmal  so,  wer  kann  sie  ändern. 
Hätte  ich  sie  gekannt,  wie  ich  sie  nun  erfahren 
habe,  ich  würde  vielleicht  nie  in  diese  Lage 
gekommen  seyn.  Mein  erster  und  gröster 
Fehler  bleibt  immer  dieser,  daß  ich  mir  die 
Menschen  besser  vorgestellt  habe  als  sie  sind, 
daß  ich  sogar  geglaubt  habe,  sie  ließen  sich 
noch  besser  ..machen.  Dieser  Glaube  mag  Ein¬ 
falt  heißen,  aber  ich  sehe  darin  kein  Verbrechen, 


200 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


Wäre  mein  Kopf  noch  in  Ordnung,  und  könnte 
ich  mich  von  meiner  Arbeit  nähren,  so  würde 
ich  gleichgültig  bey  dem  allen  seyn.  Aber 
leider  bin  ich  beynahe  das  ganze  Jahr  hindurch 
unfähig  etwas  ernsthaftes  zu  arbeiten  .  .  .  Die 
Herren  aus  der  kantischen  Schule  schaden  mir 
mehr  als  alle  Gegner  der  111.,  mehr  als  alle 
Höfe.  Seit  ihrer  Übermacht  bin  ich  ganz  außer 
stände  mit  Schriftstellerey  etwas  zu  verdienen. 
Denn  ihres  Sinnes  kann  und  werde  ich  nie 
seyn.“ 

Einer  seiner  Briefe  sei  angeführt  als  ein  Bei¬ 
trag  zur  Frage  nach  dem  Beginne  des  neuen 
Jahrhunderts.  Am  17.  Dezember  1800  schreibt 
er:  „Bey  dem  Schlüsse  des  gegenwärtigen 
Jahres  müssen  für  diesmal  unsere  gewöhnlichen 
Gliickwünschungsformeln  ganz  bey  Seite  gesetzt 
werden.  Denn  da  sich  nicht  ein  Jahr  sondern 
ein  ganzes  Jahrhundert  schließt,  so  ist  die  Ver¬ 
anlassung  feyerlicher  und  edler.  Ich  enthalte 
mich  aller  Declamationen  gegen  das  achtzehnte 
Jahrhundert.  Denn  es  war,  was  es  unter  einer 
solchen  Verbindung  von  Ursachen  und  Wirkung 
seyn  konnte,  aber  den  Wunsch  kann  ich  doch 
nicht  verbergen,  es  möge  das  kommende  Jahr¬ 
hundert  so  viele  Glückliche  machen,  als  das 
gegenwärtige  Elende  gemacht  hat.“ 

Bei  der  Übersendung  der  Illuminaten-Papiere 
lag  es  nahe,  nun  nach  anderthalb  Jahrzehnten 
kritisch  zurückzublicken.  Am  30.  September 
1801  schreibt  der  Ordens-Stifter:  „Man  sage  mir 
nicht,  daß  es  den  Menschen  wahrhaft  ernst  sey, 
dem  Übel  in  der  Welt  auf  diesem  Wege  zu 
steuern.  Ich  habe  daran  allen  Glauben  ver- 
lohren.  Ein  Theil  derselben  will  tändeln  und 
spielen,  und  der  andere  bösartigere  Theil  will 
andere  ehrliche  wohlmeinende  Menschen  zu 
seinen  eigennützigen  Absichten  benutzen.  Ich 
erwarte  nichts  mehr  von  dem  Menschen,  am 
allerwenigsten  von  unseren  gegenwärtigen  in 
Eitelkeit  und  Sinnlichkeit  versunkenen  Zeit¬ 
genossen,  und  noch  weniger  erwarte  ich  von 
unserer  süffisanten  altklugen  Jugend.  Gnädig¬ 
ster  Herzog!  Die  Großen  der  Erde  haben  von 
unsern  Zeiten  wahrlich  nichts  zu  fürchten.  Mit 
solchen  Egoisten  errichtet  man  keine  Republiken. 
Ich  getraue  mich  zu  verbürgen,  daß  der  Despo¬ 
tismus,  den  man  in  Frankreich  und  so  vielen 
Orten  stürzen  wollte,  nur  mehr  befestigt  worden, 
und  es  scheint,  daß  außer  der  Alleinherrschaft 
keine  andere  so  gut  für  uns  Menschen  passe. 


Denn  alle  democratischen  Verfassungen  führen 
am  Ende  doch  dahin.  Dies  war  in  Frankreich 
der  Fall,  wo  man  heut  zu  Tage  gute  Augen 
nöthig  hat,  um  eine  Republikanische  Verfassung 
zu  entdecken.  Denn  allda  ist  nun  völliger 
Militair  gouvernement;  und  man  muß  sogar 
dessen  froh  seyn,  damit  doch  einmal  die  Sachen 
in  Ordnung  kommen.  Mir  für  meinen  Theil 
kann  es  gleich  viel  seyn,  denn  ich  bin  gewiß 
kein  Feind  der  Monarchischen  Verfassung; 
aber  es  ärgert  mich  um  unsrer  Schreyer  willen, 
welche  sich  die  Menschen  schon  so  gut  und 
vollkommen  dachten,  daß  sie  mit  einemal  allen 
Regierungen  den  Untergang  prophezeiten  und 
den  Mund  nicht  voll  genug  nehmen  konnten. 
Es  ärgert  mich,  daß  Philosophen,  welche  über 
die  Menschen  und  Staaten  so  dicke  und  hoch¬ 
studierte  Bücher  schreiben,  die  Menschen  und 
den  Gang  der  Dinge  so  wenig  kennen.“  Einer 
seiner  früheren  Ordensmitglieder,  Maximilian 
Joseph  von  Montgclas ,  einst  wegen  seines 
Illuminatentums  des  Amtes  entsetzt,  wurde  jetzt 
der  Erneuerer  des  bayrischen  Staates,  erntete 
aber  nicht  den  Beifall  des  früheren  Ordensoberen: 
„In  meinem  Vaterlande  geht  es  sonderbar  zu. 
Wie  froh  bin  ich,  daß  ich  nicht  darin  bin! 
Mongellaz  macht  tolles  Zeug,  und  empört  alle 
Welt  gegen  sich.  Seine  Dragonermäßige  Auf- 
klärungswuth,  welche  so  sehr  nach  den  Schätzen 
der  Kirchen  trachtet  und  alles  übereilt,  wird 
allen  spätem  Aufklärern  auf  ewige  Zeit  das 
Spiel  verderben.  Solche  violente  Reformationen 
können  unmöglich  von  Dauer  seyn.“  (10.  De¬ 
zember  1803.) 

Er  glaubte  in  diesen  Zeiten  „auf  manche 
sehr  interessante  Entdeckungen  und  Aufschlüsse 
über  die  menschliche  Natur“  geführt  worden  zu 
sein.  „Ich  habe  darüber  manches  gesammelt“, 
heißt  es  am  18.  Januar  1803,  „und  wenn  ich 
anders  Leben  und  Gesundheit  behalte,  so  sollen 
Euer  Durchlaucht,  vielleicht  ehe  noch  ein  Jahr 
vergeht,  von  mir  eine  Schrift  im  Druck  erhal¬ 
ten,  worüber  man  sich  in  der  Welt  von  mir 
andere,  und  wie  ich  hoffe  günstigere  Begriffe 
machen  soll.  Ich  will  wenigstens  meine  Ehre 
für  die  Zukunft  sichern,  wenn  ich  auch  so  lange 
ich  lebe,  keinen  Urtheil  haben  sollte.  Sie 
werden  sich  wundern,  was  ich  da  alles  zu  Markt 
bringe.  Das  Werk  könnte  sehr  leicht  vollendet 
seyn,  wenn  nicht  meine  elende  Gesundheit  mir 
oft  Monath  lange  Pausen  nothwendig  machte. 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


201 


Doch  hoffe  ich,  daß  ich  noch  damit  zustande 
kommen  werde,  und  dann  habe  ich  das  Ziel 
meiner  Wünsche  erreicht.  Die  Parcen  mögen 
sodann  immerhin  den  Faden  meines  elenden 
kummervollen  Lebens  entzwey  schneiden.  Ich 
hoffe  wenigstens  für  die  Zukunft  gerechtfertigt 
zu  seyn.“ 

Das  Jahr  1803  brachte  ihm  viel  Krankheit, 
er  schrieb  sein  Buch  „mit  dem  Arzneyglaß  in 
der  Hand“.  Am  10.  Dezember  schrieb  er: 
„Ob  dieses  Buch,  während  ich  lebe,  das  Licht 
der  Welt  erblicken  wird,  bin  ich  noch  nicht 
entschlossen,  und  kann  mich  auch  nicht  wohl 
entschließen,  bevor  ich  nicht  den  Rath  und  die 
Meinung  von  Euer  Durchlaucht  über  den  Inhalt 
desselben  erfahren  habe.  Ich  wünschte  zu 
diesem  Ende  Höchstdero  Erlaubniß  zu  erhalten, 
um  das,  was  davon  bereits  fertig  ist,  über¬ 
schicken  zu  dürften.  Es  ist  freilich  eine  große 
Zudringlichkeit,  einem  Großen  zuzumuthen,  daß 
er  aller  Schwierigkeiten  meiner  schlechten 
Schrifft  ungeachtet,1  seine  ihm  kostbare  Zeit 
verschwende,  um  sich  durch  ein  Werk  durch¬ 
zuarbeiten,  von  welchem  die  Eigenliebe  den 
Author  beredet,  daß  es  der  Aufmerksamkeit 
eines  Großen  würdig  sey.  Aber  es  giebt  auch 
Fälle,  wo  die  Eigenliebe  nicht  allzeit  täuscht, 
sondern  die  Vernunft  auf  ihrer  Seite  hat.  Ich 
würde  diese  Zumuthung  nie  an  Sie  bringen, 
wenn  das  Thema  nicht  ein  Staatsgegenstand, 
folglich  ganz  ihrer  würdig  wäre.  Es  ist  nicht 
allein  eine  Staats  sondern  eine  Angelegenheit 
der  Menschheit.“ 

Der  Herzog  schickte  wieder  Geld,  das 
Manuskript  ließ  er  sich  aber  nicht  kommen. 
So  wanderte  es  im  Januar  1804  in  den  Druck. 
„Es  enthält  sonderbare  Sachen,  und  ich  hoffe 
Euer  Durchlaucht  sollen  damit  nicht  ganz  un¬ 
zufrieden  seyn.  Erreiche  ich  diesen  Zweck, 
so  mag  die  übrige  Welt  dazu  sagen,  was  sie 
will.  Paucis  placere,  sed  bonis.  —  Dies  ist  es 
was  ich  suche.“  Erst  am  1 1 .  Mai  konnte  er 
schreiben:  „Endlich  einmal  bin  ich  im  stände 
Euer  Durchlaucht  ein  Exemplar  meiner  Schrift 
zu  überschicken.2 3  Sollte  diese  das  Glück  haben 
von  Höchstdenenselben  ganz  durchgelesen  zu 


werden,  so  hoffe  ich  in  ihrer  Achtung  nichts 
zu  verliehren.  Da  ich  aber  dies  mit  Grunde 
nicht  erwarten  kann,  so  bitte  ich  Euer  Durch¬ 
laucht  die  Stellen  S.  106  wüßten  doch  alle  bis 
S.  1 1 5  und  dann  vorzüglich  S.  328 — 335  eini¬ 
ger  Aufmerksamkeit  zu  würdigen.“  Seite  328ff. 
heißt  es  3;  „Auf  mir  ruht  der  Geist  einer 
zentnerschweren  Verleumdung,  welchen,  unge¬ 
achtet  meines  wiederholten  öffentlichen  Flehens, 
kein  Richterstuhl  der  Erde  durch  eine  gesetz¬ 
mäßige  Untersuchung  vernichten  will.  Dieser 
Geist  der  Verleumdung  legt  mir  zur  Last,  daß 
ich  die  Religion  sowohl,  als  die  oberste  Gewalt 
und  das  Wohl  der  Staaten  mit  dem  Untergang 
bedroht  habe.  Ich  habe  nichts  von  dem  Allen 
gewollt.  Ich  habe  nicht  seit  heute  erst,  sondern 
so  lange  ich  lebe,  die  oberste  Gewalt  und  Re¬ 
ligion  als  wesentliche,  unabänderliche  Bedürf¬ 
nisse  des  Menschen  betrachtet,  aber  ich  habe 
zu  einer  Zeit,  wo  des  Spielens  und  Mißbrauchens 
an  geheimen  Gesellschaften  kein  Ende  war,  ge¬ 
wollt,  daß  diese  Schwäche  des  Menschen  zu 
reellen  und  würdigen  Absichten,  zum  Wohle 
der  Menschheit  benutzt  werde.  Ich  habe  ge¬ 
wollt,  was  die  Vorsteher  der  kirchlichen  und 
weltlichen  Gewalt  kraft  ihres  Amtes  thun  wollen 
und  sollen  —  und  habe  es  gewollt,  weil  diese 
es  unterlassen.“  Mitte  Dezember  hatte  er  noch 
keine  Antwort  vom  Herzoge;  einen  2.  Band, 
den  er  ihm  ankündigte,  hat  er  nicht  ge¬ 
schrieben. 

„  Die  erwartete  Unterstützung  vom  Kurerz¬ 
kanzler  v.  Dalberg  war  immer  noch  nicht  er¬ 
schienen,  so  daß  sich  Weishaupts  ein  starker 
Mismut  bemächtigte.  Er  wußte  wohl,  daß  es 
nicht  Abneigung  Dalbergs  gegen  ihn  war,  „der 
Grund  davon  liegt  in  seinem  sanguinischen 
Temperament.  Er  ist  zu  leichtsinnig,  und  hat 
aller  Welt,  und  mehr  versprochen,  als  er  zu 
halten  vermag.  Die  welche  zunächst  um  ihn 
sind,  ziehen  ihn  aus,  denn  er  ist  sehr  gut  und 
wohlthätig,  aber  nicht  aus  Prinzipien,  sondern 
aus  Schwäche.  Er  kann  dem  gegenwärtigen 
Eindruck  nicht  widerstehen,  vergißt  dagegen 
alles,  was  er  nicht  vor  Augen  hat.“  Auf  Weis¬ 
haupts  Anregung  bei  Friedrich  Christian  wandte 


1  „Der  Mann  schreibt  wirklich  über  die  Erlaubnis  schlecht“,  heißt  es  in  einem  Briefe  Fr.  L.  Schröders  an  Friedrich 
Christian.  Rellingen,  26.  Februar  1805. 

2  Sie  trägt  den  Titel:  Die  Leuchte  des  Diogenes,  oder  Prüfung  unserer  heutigen  Moralität  und  Aufklärung.  I.  Band, 
Regensburg  1804. 

3  Angeführt  von  J.  Bach  a.  a.  O.  S.  112. 

Z.  f.  B.  1909/1910. 


26 


202 


Schulz,  Adam  Weishaupt. 


sich  Fr.  L.  Schröder  in  einem  Schreiben  an 
Wolfgang  Heribert  v.  Dalberg,  den  Intendanten 
des  Mannheimer  Nationaltheaters,  damit  dieser 
sich  bei  seinem  Bruder  für  Weishaupt  verwende. 
Im  Sommer  1805  bekam  dieser  dann  eine  ein¬ 
malige  Beihilfe.  Friedrich  Christian  war  mit 
der  Höhe  der  Summe  und  der  Art  der  Zu¬ 
weisung  nicht  recht  zufrieden  und  schrieb  dar¬ 
über  an  Schröder.  Dieser  antwortete  am 
10.  September  1805:  „Dalberg  haben  Ew.  Durchl. 
sehr  richtig  beurtheilt;  ich  kenne  ihn  durch 
glaubwürdige  Männer  sehr  genau,  ohne  ihn 
persönlich  zu  kennen.  Er  federte  Jeden,  der 
etwas  drucken  lassen  konnte,  um  einen  Namen 
zu  bekommen.  Schon  seine  genaue  Verbindung 
mit  den  Illum.  bezeichnete  den  künftigen  Chur¬ 
fürsten  v.  M.  als  einen  inconsequenten  Kopf. 
Aber  auch  ich  glaube  nicht,  daß  er  sich  die 
Verbindlichkeit  aufgelegt  hat,  W.  fortdauernd 
zu  unterstiizzen  —  und  wer  weiß,  was  er  schon 
für  ihn  gethan  hat!“ 

Geraume  Zeit  ist  von  Schriftstellerei  nicht 
mehr  die  Rede.  Napoleon  beherrschte  die 
Gemüter.  „Der  Mann,  dem  die  Königreiche 
sozusagen  aus  der  Tasche  fallen,  ist  gegen¬ 
wärtig  zu  allmächtig,  als  daß  ihm  jemand 
widerstehen  könnte.“  Kriegsgetümmel  und 
Einquartierungs- Lasten  lernte  man  auch  in 
Gotha  kennen.  „In  den  folgenden  Zeiten  wird 
ohne  Zweifel  das  Gute  nicht  ausbleiben,  welches 
aus  der  gegenwärtigen  Zerrüttung  hervorgeht; 
aber  wir  Lebende  nous  sommes  les  Enfanz 
perdus  de  la  Revolution.“  Die  Kaiserzusammen¬ 
kunft  in  Erfurt  machte  es  möglich,  daß  Weis¬ 
haupt  sich  dem  neuen  Könige  von  Bayern 
nahen  konnte.  Er  schreibt  am  4.  Dezember  1808: 
„Ich  bin  nicht  in  Erfurt  gewesen.  Es  war  mir 
der  Aufenthalt  allda  zu  kostbar  und  ich  habe 
dadurch  gar  nichts  versäumt.  Ich  habe  darum 
doch  hinlängliche  Gelegenheit  gehabt  meine 
Bemerkungen  zu  machen.  Die  königliche  Würde 
hat  durch  diese  Zusammenkunft  in  der  Achtung 
der  Menschen  mehr  verlohren  als  gewonnen. 
Es  waren  der  Großen  und  Vornehmen  so  viele 
an  einer  Stelle  angehäufft,  daß  im  Grunde 
Niemand  groß  oder  vornehm  war,  daß  so  manche 
Größe  als  Nichts  erschien.  Die  opinion,  welche 
den  Ersten  der  Welt  zu  ihrer  Aufrechterhaltung 
so  nothwendig  scheint,  ist  auf  diesem  Weg 


gewaltig  erschüttert  worden.  Wenn  die  Großen 
der  Erde  klug  sind,  so  denke  ich,  werden  sie 
Bedenken  tragen,  ihr  Ansehen  und  Einfluß  noch 
einmal  bey  einer  ähnlichen  Gelegenheit  aufs 
Spiel  zu  setzen.  Ich  habe  hier  bey  seiner  Nach 
Haus  Reise  dem  König  von  Bayern  aufgewartet. 
Aber  leider!  war  es  nur  so  lang  als  das  Um¬ 
spannen  der  Pferde  gedauert,  und  noch  dazu 
auf  offner  Straße  vor  dem  Mohren  in  Gegen¬ 
wart  einer  Menge  des  umherstehenden  auf¬ 
lauernden  Volks.  Er  für  seine  Person  hat  mich 
außerordentlich  gnädig  aufgenohmen.  Aber 
MJontgelas]  der  bey  ihm  an  seiner  Seite  saß, 
schien  über  meinen  Besuch  sehr  verlegen,  und 
es  dauerte  ziemlich  lang,  bis  er  mich  einer 
FVage  würdigte.  Den  P'ürst  Primas  [Carl  Theo¬ 
dor  von  DalbergJ  welcher  ebenfalls  zweymal 
hierdurch  passierte,  habe  ich  nicht  gesprochen. 
Ich  that  es  aus  Delicatesse  für  ihn  selbst,  um 
ihn  nicht  in  Verlegenheit  zu  setzen.“  Am 
14.  Januar  1809  fügt  er  hinzu:  „Euer  Durch¬ 
laucht  erlauben,  daß  ich  zur  Bestätigung  meiner 
letzten  Behauptung,  wie  sehr  die  Majestät  durch 
den  Zusammenfluß  so  vieler  Majestäten  gelitten 
habe,  ein  sehr  sprechendes  Beyspiel  anführe. 
Als  in  Erfurt  bey  Anschauung  einer  König¬ 
lichen  Equipage  die  Wache  zum  Gewehr  ge- 
ruffen  worden,  und  die  Soldaten  sehr  eilig 
hinausstürzten,  sagte  diesen  die  Schildwache: 
Ne  partez  pas  si  vite,  ce  n’est  qu’un  Roi.  Ich 
dächte,  anschaulicher  könnte  ich  meinen  Satz 
nicht  beweisen.  Auch  der  König  von  Bayern 
sah  ein,  was  sie  alle  vorstellten.  Er  verglich 
sich  und  seine  Collegen  mit  einer  Ordonnanz. 
Und  in  der  That,  selbst  den  Kaiser  von  Ru߬ 
land  nicht  ausgeschlossen,  stellten  sie  samt  und 
sonders  nichts  besseres  vor.“ 

In  demselben  Briefe  ist  wieder  von  einer 
Schrift  die  Rede,  die  gegen  die  Mitte  des 
Jahres  erscheinen  solle.  Am  30.  August  1809 
kündigt  er  sie  an1:  „Ich  habe  darin  ohne  ein 
Schmeichler  zu  seyn,  den  Monarchien  und 
ihrem  Stande  das  Wort  gesprochen,  wie  noch 
kein  Mensch  vor  mir  in  diesem  Grade  und  mit 
solchen  Gründen  gethan  hat.  Möchte  ich  doch 
dadurch  zur  Ruhe  unserer  Zeiten  nur  in  etwas 
beytragen!  Die  folgenden  Hefte  werden  noch 
bedeutender  seyn,  wenn  sie  anders  erscheinen 
können.  Denn  ich  bin  mit  dem  Verlag  meines 


*  Materialien  zur  Beförderung  der  Welt-  und  Menschenkunde.  Eine  Zeitschrift  in  zwanglosen  Heften.  Heft  I. 
Gotha,  Steudel,  1809. 


v.  Schleinitz,  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache. 


203 


Buchs  in  sehr  böse  und  unsichere  Hände  ge¬ 
fallen.“  Am  29.  Januar  1810  konnte  er  aber 
doch  ein  2.  und  letztes  Heft  übersenden:  „Ich 
überzeuge  mich  mit  jedem  Tage  mehr,  daß 
Bücher  dieser  Art  nicht  nach  dem  Geschmack 
der  heutigen  Welt  sind,  in  welcher  es  sehr  bunt 
durcheinandergeht,  und  wo  uns  allem  Anschein 
nach  noch  ärgere  Dinge  bevorstehen. 

Would,  I  were  dead 

for  what  is  in  this  world,  but  grief  and  woe.“ 
Aber  am  5.  Dezember  1810  heißt  es  mit 
einer  Drucksache:  „Da  mein  Verleger  wieder 
so  weit  zu  Kräften  gekommen,  daß  er  den  Ver¬ 
lag  davon  unternehmen  konnte,  so  glaubte  ich 
mich  in  diesen  trübseligsten  aller  Zeiten  auf 
keine  bessere  Art  zerstreuen  zu  können,  als 
wenn  ich  noch  ein  drittes  Heft  ausarbeite. 
Daß  ich  dadurch  die  Welt  nicht  ändern  werde, 
weiß  ich  nur  zu  gut.  Indessen  kann  es  auch 
nicht  schaden,  wenn  nicht  alles  Vertrauen  und 
Glauben  an  Tugend,  Wahrheit,  Recht,  und 
Menschenwürde  zu  Grunde  geht.“ 

Über  das  erste  Heft  schrieb  Dalberg  an 
Weishaupt,  Aschaffenburg,  den  9.  September 
1809:  „Ich  danke  ihnen  für  die  Mittheilung  ihres 
gründlichen  Werkes.  Gewiß  ist  Außbildung  der 
Vernunft  für  die  Menschheit  von  hohem  Werth! 
Ihr  wohl  wird  vollständig  erzielt:  wenn  zugleich 
die  Neigungen  des  Herzens  eine  gute  richtung 


1  Eine  goldene  Medaille  im  Werte  von  10  Dukaten. 


erhalten.  Vernunft  bestirnt  anhaltend  den 
Willen,  wenn  sie  mit  Wünschen  des  guten 
Herzens  einstimt:  im  entgegengesetzten  Fall 
wird  so  mancher  Mensch  in  seinem  innersten 
sagen:  video  meliora  proboque,  deteriora  sequor. 
Güte  des  Herzens  ist  liebe:  Q welle  der  Liebe 
ist  Gott!  innige  Gotes  Verehrung  berathen 
durch  Wahrheit  der  Vernunft:  erzeugt  tugend¬ 
haften  Willen,  der  sich  in  guten  Werken  äußert. 
So  bildet  sich  der  zusammenstimmende  Drey- 
klang  der  Vernunft,  des  Herzens  und  des  Willens! 
So  bildet  sich  geistige  sitliche  Schönheit:  Ver¬ 
gleichbar  mit  dem  vollkomnen  musicalischen 
accord.  Ich  biete  nun  allen  Kräften  auf  dem 
gestürmten  geplünderten  abgebranten  Regens¬ 
burg  aufzuhelfen.  Aufbietung  aller  Kräften  ist 
meine  Pflicht.  Ich  bitte  beyliegendes  Ebenbild1 
freundschaftlich  aufzunehmen.“ 

Weishaupt  hat  dem  Herzoge  Friedrich 
Christian  keine  Schrift  mehr  überreicht.  Die 
Gefährlichkeit  der  Zeitläufte  und  die  Unsicher¬ 
heit  der  Person  bewogen  ihn,  nicht  einmal  für 
sich  selbst  zu  Schriftstellern,  damit  solche  Auf¬ 
sätze  nicht  etwa  bei  Haussuchungen  gefunden 
würden.  Als  er  nach  der  Beruhigung  Europas 
wieder  einiges  im  Druck  erscheinen  ließ,  war 
der  Herzog  schon  tot.  Was  hier  aus  seinen 
Briefen  abgedruckt  ist,  dürften  die  einzigen 
Selbstzeugnisse  über  seine  schriftstellerische 
Tätigkeit  sein,  die  auf  die  Nachwelt  gekommen 
sind. 


Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache. 

Von 

Professor  Freih.  Otto  von  Schleinitz  in  London. 


s  kann  für  uns  als  ein  erfreuliches 
Zeichen  der  Wertschätzung  unserer  Lite¬ 
ratur  angesehen  werden,  daß  die  Über¬ 
setzungen  deutscher  Bücher  in  die  eng¬ 
lische  Sprache  sich  stetig  mehren.  Besser  wäre 
es  freilich  noch,  wenn  die  Briten  soviel  in  unserm 
Idiom  lesen  möchten,  wie  wir  dies  umgekehrt  in 
dem  ihrigen  tun.  Nichts  scheint  mir  geeigneter 
die  Nationen  einander  zu  nähern,  als  ein  Geistes¬ 


produkt,  welches  beide  seinem  innern  Gehalt  nach 
verstehen  und  zu  würdigen  vermögen.  Der  ver¬ 
storbene  Disraeli  behauptete  mit  Recht:  „Ein  gutes 


Buch  ist  mehr  wert  wie  eine  gewonnene  Schlacht.“ 
Ich  möchte  hinzusetzen:  „Es  ist  der  einzig  Über¬ 
lebende  der  Schlacht.“  Nachdem  Jahrhunderte 
vergangen,  und  die  streitenden  Geschlechter  ins 
Grab  gesunken,  ja,  weder  von  Freund  noch 
Feind  eine  nachweisbare  Spur  übrig  blieb,  haben 
die  Werke  der  großen  Historiker,  welche  über 
diese  Kämpfe  handelten,  sich  als  das  Dauernde 
in  der  Flucht  der  Zeit  erhalten.  Ich  greife 
aus  der  großen  Zahl  der  übersetzten  Bücher 
einige  heraus,  die  mehr  oder  minder  alte  Bekannte 
für  uns  sind,  weil  bei  diesen  vornehmlich  jeder 


204 


v.  Schleinitz,  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache. 


einzelne  imstande  ist,  das  englische  Urteil  zu  kon¬ 
trollieren.  Durchschnittlich  zeigt  die  englische 
Kritik  sich  diesen  Werken  günstig,  eine  Tatsache, 
die  zu  erwarten  stand,  denn  wenn  keine  berech¬ 
tigte  Aussicht  auf  die  hiesige  Anerkennung  Vor¬ 
gelegen  hätte,  würden  sie  erst  gar  nicht  übersetzt 
worden  sein.  Mitunter  wächst  eine  Kritik  hinaus 
über  den  Wert  des  kritisierten  Buches,  und  macht 
es  eigentlich  zu  dem,  was  es  hätte  werden  können, 
aber  ungleich  seltener  kommt  es  vor,  daß  die 
Übersetzung  dies  zuwege  bringt.  Vielfach  wird 
behauptet:  Durch  die  Übersetzungen  der  Werke 
Shakespeares  und  Goethes  hat  sich  schließlich 
das  beste  Verständnis  für  jenen  bei  uns,  und  für 
letzteren  in  England  herausgebildet.  Jedenfalls 
läßt  sich  über  diesen  Punkt  weit  mehr  streiten, 
als  darüber,  daß  es  schwierig  ist,  eine  wirklich 
gute  Übersetzung  zu  machen,  noch  schwieriger 
eine  objektive  Kritik  zu  verfassen,  und  das  Meister¬ 
stück  stets  bleibt  und  bleiben  wird,  selbst  ein 
gutes  Buch  zu  schreiben.  Hinsichtlich  der  Kritik 
sagt  Goethe:  „Ich  kann  wohl  versprechen  auf¬ 
richtig  sein  zu  wollen,  aber  nicht  unparteiisch.“ 
Wenn  ich  selbst  die  beste  Übersetzung  der  Schiller- 
schen  Glocke  lese,  so  beschleicht  es  mich  mit 
Wehmut.  Da  die  Übertragungen  in  fremde  Sprachen 
sich  naturgemäß  aus  dem  verschiedensten  stoff¬ 
lichen  Inhalt  zusammensetzen,  so  liegt  es  nicht  in 
meiner  Macht  das  ziemlich  krause  Material  unter 
einheitliche  Titel  wie  etwa  „Philosophie“  oder 
„Kunst“  usw.  zusammenzufassen  und  zu  ordnen. 

„The  Evolution  of  the  Aryan.  By  Rudolph 
von  Ihering.  Translated  from  the  German  by 
A.  Drucker,  M.  P.  London:  Swan  Sonnenschein 
&  Co.“  Dies  Buch  wird  in  England  nicht  von 
der  großen  Menge  gelesen,  aber  diejenigen  Per¬ 
sonen,  für  die  der  Inhalt  Interesse  besitzt,  studieren 
es  aufrichtig,  weil  die  vorgetragenen  Tatsachen 
und  die  daran  geknüpften  Schlüsse  des  Autors 
als  Quellenstudien  und  Beweismaterial  in  jeder 
Hinsicht  für  die  eigenen  Zwecke  weiter  benutzt 
werden.  In  der  gesamten  englischen  Tages-  und 
Fachpresse  herrscht  eine  seltene  Einmütigkeit  über 
den  Wert  dieser  bedeutenden  kulturhistorischen 
Arbeit.  Die  von  dem  Übersetzer,  Mr.  A.  Drucker, 
der  zugleich  Parlamentsmitglied,  verfaßte  Vorrede 
ist  nirgend  auf  Widerspruch  gestoßen.  Weil  die¬ 
selbe  am  besten  das  englische  Urteil  widerspiegelt, 
so  möge  sie  hier  folgen:  „Als  ein  Exemplar  von 
Iherings  „Vorgeschichte  der  Indo-Europäer“  in 
meine  Hand  gelangte,  beeilte  ich  mich  es  zu  lesen, 
obgleich  ich  beinahe  fürchtete,  es  möchte  dies 
wiederum  einer  der  schon  so  zahlreich  gemachten 
Versuche  sein,  die  Abstammung  von  den  Ariern 
durch  linguistische  Methoden  zu  beweisen.  Zu 
meiner  Überraschung  und  meinem  Entzücken  fand 
ich,  daß  von  Ihering  seine  Hypothesen  bei  weitem 
mehr  auf  Tatsachen  und  Gewohnheiten,  als  aufWorte 
und  Ausdrücke  gestützt  hatte.  Selbst  diejenigen, 
welche  nicht  an  die  arische  Abstammung  glauben, 
müssen  die  praktische  Methode  und  die  juristische 


Art  der  Schlußfolgerung  Iherings  anerkennen.  Er 
war  ein  wunderbar  vielseitiger  Mann.  Als  Pro¬ 
fessor  des  Römischen  Rechtes  war  er  eine  der 
größten  Autoritäten,  die  je  gelebt  haben.  In  seinen 
Mußestunden  beschäftigte  er  sich  mit  dem  Studium 
der  alten  Geschichte,  namentlich  mit  denjenigen 
Gewohnheiten,  die  sich  auf  das  Recht  bezogen,  und 
ihm  inkongruent  mit  dem  Stande  der  von  den 
Römern  erreichten  Zivilisation  zu  sein  schienen. 
Dies  Werk  hier  bildet  das  Resultat  seiner  Unter¬ 
suchungen.  Da  diesem  Lobe  kaum  noch  etwas 
hinzugefügt  werden  kann,  so  will  ich  persönlich 
nur  an  einen  der  mir  unvergeßlichen  Fundamental¬ 
aussprüche  Iherings  erinnern:  „Das  Bestehende 
hat  kein  Recht  auf  Erhaltung  nur  deshalb,  weil  es 
alt  ist,  sondern  einzig  und  allein  dann,  wenn  es 
die  Bedingung  des  Werdens  in  sich  schließt.“ 

In  dem  gleichen  Verlage  erschien:  „Kiilpes 
Introduction  to  Philosophy“  mit  einer  Einleitung 
von  Professor  Paulsen,  übersetzt  in  die  englische 
Sprache  von  Pilsbury  und  Fitchner.  Vor  allem 
wird  hier  an  dem  gedachten  Werk  gerühmt,  daß 
es  leicht  verständlich  und  ohne  jeden  doktrinären 
Ton  geschrieben  sei.  Die  Fassung  des  Monismus 
und  der  dualistischen  Lehre,  so  behaupten  eng¬ 
lische  angesehene  Kritiker,  wäre  für  viele  in  aus¬ 
führlicherer  Behandlung  erwünscht  gewesen.  Wras 
hinter  diesem  Urteil,  im  Hegelschen  Sinne  ge¬ 
sprochen,  „wirklich“  steckt,  wird  für  die  Fach¬ 
männer  leicht  zu  erkennen  sein:  Man  verlangt 
nichts  Geringeres  vom  Verfasser  als  daß  er  hinsicht¬ 
lich  des  Dualismus  die  Schwierigkeiten  besiegen 
solle,  welche  die  Erklärung  der  gegenseitigen  Ein¬ 
wirkungen  des  Materiellen  und  Immateriellen  bieten. 
Diejenigen  aber,  welche  sich  zum  monistischen 
Phänomenalismus  bekennen,  sehen  sich  noch  immer 
enttäuscht,  daß  die  metaphysische  Realität  als  ein  an 
sich  Unbekanntes  behandelt  wird,  und  im  unauf¬ 
geklärten  Widerspruch  mit  sich  selbst  von  innerer 
und  äußerer  Erfahrung  die  Rede  ist.  Schließlich 
sind  die  Engländer  über  einen  in  dem  Buch  Vor¬ 
kommen  sollenden  Ausspruch  verstimmt,  der  etwa 
lautet:  die  englische  Philosophie  ist  eine  aus¬ 
drücklich  empirische.  Je  nach  dem  Standpunkt 
kann  aber  Lob  oder  Tadel  in  der  Sentenz  ent¬ 
halten  sein. 

Bei  Swan  Sonnenschein  &  Co.  ist  endlich  ein 
drittes  Werk  erschienen,  betitelt:  „The  Kinder¬ 
garten  System:  Its  Origin  and  Development.  Trans¬ 
lated  and  adapted  from  Hanschmann  by  Fanny 
Franks.  Das  Buch  stellt  eine  abgekürzte  Über¬ 
setzung  dar  von  Hanschmanns  „Das  Leben  Froe- 
bels“.  Am  meisten  erregt  es  in  England  Staunen, 
daß  1851  in  Preußen  alle  derartigen  Anstalten  ge¬ 
schlossen  werden  konnten,  weil  die  Grundsätze 
Froebels  als  gefährlich  bezeichnet  wurden.  Man 
war  damals  der  Ansicht,  das  christliche  Element 
sei  nicht  genug  in  der  Erziehungsmethode  be¬ 
rücksichtigt.  Infolge  der  in  den  maßgebenden 
Kreisen  Deutschlands  mißgünstigen  Stimmung,  ging 
Frau  von  Marenholtz  nach  England,  und  gelang 


v.  Schleinitz,  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache. 


205 


es  ihr  hier  im  Jahre  1854  mehrere  Kindergärten 
zu  eröffnen.  Jeden  Deutschen  heimelt  es  an,  wenn 
er,  in  den  Straßen  Londons  wandelnd,  sich  un¬ 
erwartet  einem  Schilde  gegenüber  befindet  mit 
der  Inschrift  in  deutschen  Buchstaben:  Kinder¬ 
garten. 

Weil  jedermann  bei  uns  nach  der  Schule,  wenn 
auch  nicht  direkt  aus  dem  Kindergarten,  zum 
Vaterlandsverteidiger  berufen  ist,  so  lasse  ich  über 
militärische  Erziehung  ein  Werk  folgen.  Da  es 
über  Kavallerie  handelt,  hat  es  sogar  einen  ge¬ 
wissen  Zusammenhang  mit  dem  Kindergarten  und 
der  Schule.  Ersterer  ist  allerdings  nur  ein  ide¬ 
eller,  und  zwar  insofern:  je  jünger  die  angehenden 
Vaterlandsverteidiger  sind,  desto  mehr  sind  sie 
geneigt  und  entschlossen,  die  Kavallerie  als  ihre 
eigene  Spezialwaffe  zu  bezeichnen.  Je  mehr  sie 
dann  in  den  Wissenschaften  fortschreiten,  desto  klarer 
wird  ihnen  der  Satz  von  dem  umgekehrten  quadrati¬ 
schen  Verhältnis,  welches  ins  Praktische  übersetzt 
sicherlich  lautet:  Viele  sind  berufen,  aber  nur  wenige 
auserwählt.  In  militärischen  Kreisen  ist  die  Schrift 
,,Conversations  of  Cavalry,  by  Kraft,  Prinz  zu 
Hohenlohe  Ingelfingen“,  sehr  günstig  aufgenommen 
worden.  Die  Übersetzung  wurde  von  C.  Reich¬ 
mann  bewirkt,  und  der  Captain  Maude  hat  zu  den 
bei  J.  J.  Kelliher  &  Co.  erschienenen  kavalleri- 
stischen  Unterhaltungen  eine  geeignete  Vorrede  ver¬ 
faßt.  Er  sagt:  „Der  Autor  erhebt  keinen  An¬ 
spruch  auf  eine  rein  wissenschaftliche  Auseinander¬ 
setzung.  Aber  das  Werk  ist  ein  außerordentlich 
interessantes  und  voller  nützlicher  Mitteilungen, 
die  einen  großen  Beitrag  zur  Belehrung  und  zur 
Unterrichtung  von  Fachmännern  liefern  können.“ 
Captain  Maude  hat  im  Jahre  1890  den  Kavallerie¬ 
manövern  in  Deutschland  beigewohnt,  und  berichtet 
mit  Enthusiasmus  nicht  nur  über  die  vorzügliche 
Ausführung  des  Felddienstes,  sondern  auch  über 
den  inneren  Dienst,  Stallvorschriften  und  andere 
Reglementsbestimmungen  der  deutschen  Kavallerie. 

Der  Übergang  von  der  Armee  zur  diplomati¬ 
schen  und  andern  Laufbahnen,  sowie  zur  Ver¬ 
wendung  bei  Hofe  wird  oft  nur  durch  einen 
kleinen  Schritt  vollendet.  Ich  glaube  deshalb  hier 
an  passender  Stelle  die  von  Miss  Clara  Nordlinger 
übersetzten  Memoiren  von  Gabriele  von  Biilow 
mit  um  so  mehr  Berechtigung  erwähnen  zu  können, 
als  die  Namen  Hohenlohe  und  Bülow  einer  ge¬ 
wissen  Ideenassoziation  nicht  entbehren.  Es  sind 
allerdings  nur  Namensanklänge,  aber  die  Ver¬ 
fasserin  beschreibt  eine  Periode,  die  trotz  großer 
Verschiedenheiten  dennoch  viel  Gleichartiges  mit 
unserer  Zeit  aufzuweisen  hat.  Natürlich  nicht  in 
dem  Sinne  wie  Nietzsche  von  der  Wiederkehr  des 
Gleichen  spricht.  Wie  bekannt,  handelt  es  sich 
um  Erzählungen  und  Denkwürdigkeiten  aus  dem 
diplomatischen  und  englischen  Hofleben.  Gabriele 
von  Bülow,  die  Gemahlin  des  preußischen  Ge¬ 
sandten  und  Tochter  Wilhelm  von  Humboldts, 
hatte  Gelegenheit  zu  beobachten,  und  tat  dies  mit 
Verstand.  Die  Memoiren  des  Lord  Loftus  und 


dies  Buch  hier  ergänzen  sich  derart,  daß  man  erst 
durch  beide  ein  vollständiges  Bild  der  gegenseitigen 
Beziehungen  des  Hofes  von  St.  James  zu  dem 
unsrigen  und  eine  interessante  Skizze  der  gesell¬ 
schaftlichen  Verhältnisse  von  London  und  Berlin 
erhält.  Lord  Loftus  hatte  50  Jahre  seiner  diplo¬ 
matischen  Tätigkeit  in  der  Hauptsache  an  deutschen 
Höfen  zugebracht.  Zu  dem  obigen  in  London 
bei  Smith,  Eider  &  Co.  erschienenen  Buche  hat 
Sir  Edward  Malet  eine  Vorrede  geliefert. 

Wenn  in  den  letztgenannten  Memoiren  es  sich 
um  die  Zeit  König  Friedrich  Wilhelm  III.  und  IV. 
handelt,  so  wird  in  dem  jetzt  hier  folgenden  Werke 
zwar  von  unserer  heutigen  Zeit,  wesentlich  aber 
doch  von  einer  Epoche  die  Rede  sein,  welche 
über  400  Jahre  hinter  uns  liegt.  Räumlich  von  den 
Statuen  Friedrich  Wilhelm  III.,  IV.,  und  von  Hum¬ 
boldt,  sowie  dem  Schlosse  in  Berlin,  bis  zu  jenem 
Institut,  zu  welchem  wir  nun  unsere  Schritte  zu 
lenken  haben,  und  das  die  Überschrift  trägt: 
„Artem  non  odit,  nisi  ignarus“  ist  es  nicht  gar 
weit.  Aber  auch  intellektuell  hat  Dr.  Lippmann, 
der  verstorbene  Direktor  des  Berliner  Kupferstich¬ 
kabinetts,  und  die  Kaiserliche  Reichsdruckerei  zum 
Gelingen  der  betreffenden  Arbeit  in  so  hohem 
Grade  beigetragen,  daß  die  technische  Hälfte  jeden¬ 
falls  von  hier  stammt,  und  somit  der  Ausspruch 
„made  in  Germany“  nicht  ganz  abzuweisen  sein 
dürfte.  Da  man  bei  Zeichnungen  und  Kupferstichen 
nach  den  Originalen  von  großen  Meistern,  von  der 
Wiedergabe,  der  Übertragung  oder  der  Übersetzung 
in  Schwarz  und  Weiß  spricht  und  diese  Repro¬ 
duktion  zu  einem  englischen  Werke  seitens  Deutsch¬ 
lands  ausgeführt  wurde,  so  glaube  ich  berechtigt 
zu  sein,  dasselbe  hier  zu  erwähnen.  Der  Buch¬ 
händler  Mr.  Quaritch  versandte  den  Prospekt  eines 
Werkes,  das  er  benennt:  „A  Florentine  Picture 
Chronicle:  Being  a  Series  of  Ninety-nine  Drawings 
representing  Scenes  and  Personages  of  Sacred  and 
Profane  History  by  Maso  Finiguerra,  Reproduced 
by  the  Imperial  Press,  Berlin,  with  a  Critical  and 
Descriptive  Text  by  Sidney  Colvin,  M.  A.,  Keeper 
of  the  Prints  and  Drawings  in  the  British-Museum.“ 
Die  Collotype-Abdrücke  der  Werke  Finiguerras 
wurden  in  Berlin  unter  besonderer  Aufsicht  von 
Dr.  Lippmann  hergestellt.  Zur  interessanten  Ent¬ 
stehungsgeschichte  des  Werkes  dürften  nachstehende 
Daten  willkommen  sein. 

Im  Jahre  1889  erwarb  die  Verwaltung  des 
British  Museum  von  dem  bekannten  englischen 
Kunsthistoriker  Ruskin  einen  Band  italienischer 
Zeichnungen,  den  letzterer  etwa  18  Jahre  in  seinem 
Besitz  gehabt  hatte.  Diese  höchst  eigenartigen 
Zeichnungen  gehören  einer  der  interessantesten 
Perioden  Florentinischer  Kunst,  das  heißt  etwa 
dem  Jahre  1460  an.  Sie  stellen  in  der  Phantasie 
des  Künstlers  Personen  und  Ereignisse  dar,  aus 
der  heiligen  und  profanen  Geschichte,  bis  zur 
Gründung  von  Florenz.  Es  sind  im  Ganzen  99 
Blätter,  jedes  13X9  englische  Inchen  groß,  die 
sich  durch  Reichtum  der  Erfindung,  durch  Trachten, 


20  6 


v.  Schleinitz,  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache, 


sowie  in  Mannigfaltigkeit  der  Dekoration  und  des 
Zierates  auszeichnen.  Vor  allem  erkannte  man, 
daß  sie  die  Arbeit  eines  Mannes  sein  mußten, 
der  in  erster  Linie  Goldschmied  war.  In  archi¬ 
tektonischen  und  dekorativen  Motiven  zeigt  sich 
der  Künstler  unter  dem  starken  Eindruck  der¬ 
jenigen  Meister,  die  Florenz  damals  umgestalteten: 
Brunelleschi,  Michelozzi,  Donatello  und  seines 
Nachfolgers  Luca  della  Robbia.  Hinsichtlich 
seines  Stils  und  der  Empfindung  der  Figuren  ge¬ 
hört  der  Zeichner  zu  jener  energischen  Gruppe 
von  Realisten,  welche  ihre  Hauptvertreter  in  den 
Malern  Andrea  del  Castagno,  Paolo  Uccello, 
Alessio  Baldovinetti  und  den  Brüdern  Pallaiuolo 
finden.  Kein  Autor  konnte  mit  genügender  Sicher¬ 
heit  bestimmt  werden,  bis  Mr.  Sidney  Colvin  eine 
Menge  übereinstimmender  Beweise  erbrachte,  daß 
die  quaest.  Zeichnungen  tatsächlich  die  Arbeit 
des  berühmten  Florentiner  Goldschmieds  und 
Kupferstichers  Maso  Finiguerrra  (1426  — 1464) 
waren.  Die  kleinen,  dem  nun  herausgegebenen 
Werk  beigefügten  Illustrationen  sind  hauptsächlich 
Reproduktionen  von  zeitgenössischen  Skulpturen, 
Bildern,  Architekturen  und  Dekorationen.  Diese 
wurden  zum  vergleichenden  Studium  ausgesucht, 
um  den  künstlerischen  Einfluß  zu  beweisen  und 
zu  erklären,  der  Finiguerra  umgab  und  durch  den 
er  inspiriert  wurde.  Mr.  Colvin  hofft  durch  seine 
erläuternde  Schrift  die  künstlerische  Persönlichkeit 
des  genannten  Meisters  in  einem  ganz  neuen  Licht 
zu  zeigen.  Vor  allem  ist  der  Direktor  des  eng¬ 
lischen  Kupferstichkabinetts  der  Ansicht,  daß  Fini¬ 
guerra  durch  Vasari  und  ebenfalls  durch  die  zwar 
Aufsehen  erregende,  aber  irreleitende  Entdeckung 
des  Abbe  Zani  in  Paris  verdunkelt  worden  sei. 
Als  Goldschmied  gehört  Finiguerra  zu  denjenigen 
Meistern  des  XV.  Jahrhunderts,  die  diese  Kunst 
zur  höchsten  Vollendung  brachten.  Namentlich 
zeichnen  sich  seine  Arbeiten  in  durchsichtigem 
oder  transluciden  Email  aus,  von  denen  sich  im 
Bargello  zu  Florenz  und  im  Museum  zu  Wien 
schöne  Beispiele  vorfinden. 

Zu  dem  Kapitel  „Kunst“  mögen  noch  einige 
Worte  erlaubt  sein  für  „The  History  of  Modern 
Painting  by  Richard  Muther.  London.  Henry  & 
Co.“  In  Deutschland  hat  seiner  Zeit  die  Kritik 
durch  obiges  Werk  so  reiche  Gelegenheit  erhalten, 
ihre  Tätigkeit  zu  entfalten,  daß  Neues  wohl  kaum 
gesagt  werden  kann.  Die  Engländer  haben  alle 
Veranlassung  mit  dem  Buche  zufrieden  zu  sein.  Der 
verstorbene  Verfasser  hat  die  britische  Kunst  unter 
der  Führung  des  großen  Dreigestirns  der  Porträtisten 
Reynolds,  Gainsborough  und  Romney,  des  Land¬ 
schafters  Turner  und  von  Constable,  den  man  als 
den  Vater  der  modernen  Stimmungslandschaft  an- 
sehen  kann,  so  wahr  und  richtig  geschildert,  und 
ihren  maßgebenden  Einfluß  mit  soviel  Verständnis 
gewürdigt,  daß  Albion  sich  gewiß  nicht  über  ihn 
beklagen  kann.  Trotzdem  erhalten  wir  von  einem 
der  ersten  hiesigen  Kritiker  einen  kleinen  indi¬ 
rekten  Hieb  ausgewischt.  Er  sagt:  „In  jedem 


Falle  ist  es  eine  Quelle  der  Genugtuung  zu  er¬ 
sehen,  daß  selbst  ein  deutscher  Professor  die  Tat¬ 
sache  nicht  zu  leugnen  vermag,  daß  England  der 
Ruhm  gebührt,  die  große  Bewegung  in  der  Kunst 
des  XIX.  Jahrhunderts  geleitet  zu  haben.“  Der¬ 
selbe  Zensor  bezeichnet  die  Illustrationen  zu  Pro¬ 
fessor  Muthers  Werk  als  nicht  genügend  ausgeführt. 

Weiter  berichte  ich  über  ein  Buch,  das  mit 
Enthusiasmus  in  England  aufgenommen  wurde,  und 
welches  aus  diesem  Grunde,  und  weil  sich  am 
meisten  über  dasselbe  sagen  ließe,  auch  an  erster 
Stelle  hätte  stehen  können.  Es  handelt  sich  aber 
um  eine  exotische  Treibhauspflanze,  die  in  Deutsch¬ 
land  nicht  recht  gedeihen  will:  den  Hypnotismus. 
Der  Boden  zum  Fortkommen  und  Aufgehen  der 
Saat  ist  in  England  und  Frankreich  stets  günstiger 
als  bei  uns  gewesen.  Die  Art  und  Weise  wie 
wir  im  allgemeinen  den  Hypnotismus  und  alles, 
was  damit  zusammenhängt,  behandeln,  ist  zu 
wissenschaftlich  um  große  Aufregungen  auf  die 
Dauer  hervorzurufen.  Da  aber  die  Engländer  be¬ 
ginnen  mehr  und  mehr  in  dieser  Spezialität  in 
wissenschaftliche  Bahnen  einzulenken,  so  wird  das 
Wunderbare  als  solches,  namentlich  durch  Über¬ 
setzung  deutscher  Fachwerke,  sich  sehr  bald  in 
Natürliches  auflösen.  Es  gibt  in  jedem  Lande 
Leute,  denen  man  soviel  einreden  kann,  daß  sie 
täglich  über  dieselbe  Sache  dreimal  ihre  Ansicht 
ändern,  und  noch  dazu,  ohne  daß  sie  glauben 
es  getan  zu  haben.  Wir  drücken  das  heute 
am  kürzesten  aus:  Eigensuggestion  ist  durch  die 
Fremdsuggestion  ersetzt.  Aus  dem  Wesen  der 
Sache  heraus  sind  deshalb  sogenannte  Vorstellungs¬ 
oder  Autosuggestionskrankheiten  am  leichtesten 
durch  den  Hypnotismus  zu  bekämpfen.  Dr.  Peter- 
sen  hat  das  bei  Putnam  herausgekommene  Werk 
von  Otto  Wetterstrand  übersetzt:  „Hypnotismus, 
and  its  Practical  Application  to  Medicine“.  Es 
war  ein  Unglück,  daß  durch  Schwindeleien  hinsicht¬ 
lich  der  Lehre  über  den  tierischen  Magnetismus 
schon  die  einfache  Beschäftigung  mit  derartigen 
Experimenten  als  etwas  Unreelles  betrachtet  wurde. 
Das  Vorurteil  bestand  so  festgewurzelt,  daß  die 
ernstlichen  Forschungen  James  Braids,  des  ein¬ 
zigen  englischen  Arztes,  der  in  den  vierziger  Jahren 
den  ganzen  Stoff  richtig  anfaßte,  bis  auf  die 
neueste  Zeit  fast  gänzlich  verloren  gingen.  Es  ist 
hier  nicht  der  Ort,  um  über  die  Entwickelungsfähigkeit 
unseres  Gehirns  Spekulationen  anzustellen.  Jeder 
vernünftig  denkende  und  gebildete  Mensch  wird 
niemals  a  priori  scheinbar  unaufgeklärten  Tatsachen 
gegenüber  nur  deshalb  sich  ablehnend  verhalten, 
weil  sie  einen  wunderbaren  oder  metaphysischen 
Beigeschmack  haben.  Von  vielen  Urteilen  über 
den  Gegenstand,  die  mir  zur  Gesicht  kamen,  haben 
mich  zwei  besonders  interessiert.  Das  eine  stammt 
von  Helmholtz  und  verrät  mit  knapp  gesetzten 
Worten  den  Ernst  zur  Sache.  Die  andere  Aus¬ 
führung  rührt  von  dem  Professor  Fuchs  aus  Bonn 
her,  und  behandelt  die  Frage  scherzhaft.  Ich  bin 
überzeugt,  der  geneigte  Leser  wird  mit  mir  er- 


v.  Schleinitz,  Deutsche  Werke  in  englischer  Sprache. 


20^ 


heitert  sein,  letzteren  zu  hören:  „So  viele  eifrige 
Verteidiger  die  Hypnose  unter  den  ernsten  Männern 
der  Wissenschaft  auch  haben  mag,  so  hat  von 
diesen  meines  Wissens  noch  keiner  behauptet, 
daß  er  selber  der  hypnotischen  Eingebung  zugänglich 
sei.  Die  Fähigkeit  haben  anscheinend  nur  Leute, 
denen  der  Ulk  eine  heilige  Herzensangelegenheit 
ist,  und  das  große  Geschlecht  der  dummen  Kerle, 
welche  —  nach  einer  richtigen  Bemerkung  des 
alten  Haym  —  sich  sonderbarer  Weise  trotz  der 
überwiegenden  Zahl  der  klugen  Kinder  fortdauernd 
in  der  Mehrheit  befinden.“  —  Helmholtz  sagte: 
„Ich  kenne  aus  langer  Erfahrung  die  Wundersucht 
des  XIX.  Jahrhunderts  und  die  Hartnäckigkeit, 
mit  der  solcher  Glauben  auch  die  handgreiflichsten 
Nachweise  grober  Täuschungen  überwindet.  Denn 
meine  Jugend  reicht  noch  in  die  Zeit  zurück,  wo 
der  tierische  Magnetismus  blühte.  Seitdem  sind 
viele  verschiedene  Phasen  derselben  Geistes¬ 
richtung  einander  gefolgt.  Jede  einzelne  hatte 
nur  eine  beschränkte  Lebensdauer;  häufen  sich 
die  Enttäuschungen  zu  sehr,  so  ändert  sich  die 
Methode.“ 

Unter  den  Werken  rein  literarischer  Natur 
hebe  ich  hervor  „A  History  of  German  Literature 
by  C.  Thomas.  London  1909.  Heinemann. 
6  Shilling“.  In  400  Seiten  ist  hier  eine  tausend¬ 
jährige  Literatur  komprimiert.  Besonders  sym¬ 
pathisch  wurde  das  Nibelungenlied  und  Hans  Sachs 
behandelt,  gleichzeitig  aber  mit  viel  Selbstbefrie¬ 
digung  der  Einfluß  Englands  auf  unsere  Literatur 
nachgewiesen.  Viel  Lob  wird  den  Versen  Schillers 
gezollt  und  Kleist  gerühmt,  dagegen  die  zeit¬ 
genössische  Literatur  zu  kurz  gewürdigt.  Die  An¬ 
ordnung  des  Verfassers  ist  klar  und  sein  Urteil 
überzeugend.  Wagner  findet  in  dem  Werke  keine 
Erwähnung,  weil  bei  ihm  Text  und  Musik  untrennbar 
zusammenfallen. 

Andrerseits  ist  von  dem  Dichter-Komponisten 
hauptsächlich  die  Rede  in  „Richard  to  Minna  Wagner. 


Letters  to  his  first  Wife.  Translated,  Prefaced  by 
William  Ashton  Ellis.  2  Vols.  H.  Grevel  &  Co. 
London  1909.“  In  dieser  sehr  bedeutenden  und 
gut  kommentierten  Schrift,  in  der  im  übrigen  Ri¬ 
chard  Wagner  allein  zu  Worte  kommt,  teilen  sich 
beide  Ehegatten  so  ziemlich  gleichmäßig  in  die 
Schuld  kein  Verständnis  für  einander  besessen  zu 
haben.  Es  darf  wohl  als  beinahe  sicher  angenommen 
werden,  daß  Minna  Planer  keinen  Schimmer  von 
der  Entwickelungsfähigkeit  der  in  ihrem  Gatten 
ruhenden  großen  Eigenschaften  gehabt  hat. 

Vom  Meister  bis  zur  Bühne  ist  nur  ein  Schritt: 
„A  History  of  Theatrical  Art.  By  Karl  Mantzius. 
Translated  by  Luisa  von  Cossel.  Duckwort  &  Co. 
London  1909“,  hat  sowohl  beim  größeren  Publi¬ 
kum  als  auch  in  Fachkreisen,  sowie  bei  der  Presse 
ungeteilten  Beifall  gefunden.  Als  einzigen  Tadel 
kann  man  allenfalls  die  Bemerkung  autfassen,  daß 
Dryden  und  Congreve  zu  sehr  als  Amateure  auf- 
gefaßt  worden  sind.  Gleichfalls  spendet  die  Kritik 
einmütiges  Lob  dem  von  Ludwig  Friedländer  ver¬ 
faßten  und  von  Leonard  A.  Magnus  übersetzten 
Buch  „Roman  Life  and  Manners  under  the  Early 
Empire“  (Routledge.  London  1909). 

Schließlich  will  ich  zwei  auf  Reisen  bezügliche 
und  hier  sehr  günstig  aufgenommene  Werke 
hervorheben.  Beide  sind  hinlänglich  genug  bei 
uns  bekannt,  so  daß  sie  keiner  wiederholten  Kri¬ 
tik  bedürfen.  Das  eine  betitelt  sich  im  Eng¬ 
lischen:  „Native  Life  in  East  Afrika.  By  Dr.  Karl 
Weule.  Translated  by  Alice  Werner.  Pitinan  & 
Sons.  London  1909“.  Es  verdient  hervorgehoben 
zu  werden,  daß  dies  Buch  besonders  gut  über¬ 
setzt  ist.  Dann  hat  die  Londoner  Firma  Williams 
&  Norgate  in  diesem  Jahre  eine  Reihe  von  Grie- 
bens  Reiseführern  in  die  englische  Sprache  über¬ 
setzen  lassen.  Diese  Bücher  waren  bisher  so  gut 
wie  unbekannt,  da  das  Gros  des  britischen  reise¬ 
lustigen  Publikums  fast  ausschließlich  Baedeker 
benutzte. 


Ein  Stammbuchblatt  von  Iffland. 

Von 

Dr.  Friedrich  Arnold  Mayer  in  Wien. 

Mit  einer  Abbildung. 


jiese  kleine  Erinnerung  an  den  großen 
Mann,  dessen  1 50.  Geburtstag  das  deut¬ 
sche  Theater  am  19.  April  gefeiert  hat, 
gehört,  wie  man  sieht,  in  Ifflands  Mann¬ 
heimer  Zeit,  1779 — 1796.  Das  Zitat  kann  ich 

leider  nicht  nachweisen  (Geliert  ?  Die  Red.),  die  Sil- 


ist  der  wohlbekannte  dänische  Schriftsteller,  Dichter, 
Literarhistoriker,  Kritiker,  lebhaft  fürs  Theater  inter¬ 
essiert.  Bereits  1784  war  er  auf  einer  Kunstreise, 
gleichsam  als  Agent  F.  L.  Schröders,  in  Mannheim, 
in  engem  Verkehr  mit  Iffland,  Beil,  Beck,  aber 
auch  in  Beziehungen  zu  Schiller,  und  1789  hielt 


houette  zeigt  stark  ausgebildetes  Kinn  und  vor¬ 
springenden  Mund,  eins  wie  das  andere  weisen 
auch  andere  Bildnisse  Ifflands. 

Auf  der  Rückseite  des  Blattes  steht  eine  aus 
Mannheim,  6.  September  d.  J.  datierte  Einzeichnung 
von  [Knud  Lyne]  Rahbek  mit  einem  Zitat  aus 
Bürger,  auch  mit  Silhouette.  Rahbek  (1760 — 1830) 


er  sich  von  Ende  August  bis  Mitte  September 
wieder  hier  auf. 1 

Unser  Stammbuchblatt  gehört  der  K.  K.  Hof¬ 
bibliothek  zu  Wien,  deren  Vorstehung  ich  für  die 
freundliche  Erlaubnis  der  photographischen  Auf¬ 
nahme  des  Stückes  zu  danken  habe. 


1  Vgl.  Rahbeks  „Erinnerungen“,  ins  Deutsche  übertragen  von  Kruse,  Band  2,  Seite  65  fr.  (1784),  Seite  236  ff.  (1789)- 
Dazu  Minor,  „Aus  dem  Schiller- Archiv“,  S.  29  ff. 


Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  Uhlands  als  Volksliedforscher. 

Mitgeteilt  von 


E.  K.  Blümml  in  Wien. 


jjudwig  Uhland,  dessen  leider  Frag¬ 
ment  gebliebene  Abhandlungen  zum 
deutschen  Volkslied  heute  noch  unent¬ 
behrlich  sind,  hat  als  Volksliedforscher  noch 
immer  nicht  die  eingehende  Würdigung  gefun¬ 
den,  die  er  verdient.  Jede  Uhlandbiographie 
begnügt  sich  mit  der  Konstatierung,  daß  Uhland 
auch  deutsche  Volkslieder  herausgab,  ohne  aber 
näher  Uhland  als  Herausgeber,  Sammler  und 
Erforscher  des  Volksliedes  zu  betrachten.  Frei¬ 
lich  fließen  die  Quellen  nicht  allzu  reichlich,  so 
daß  das  Schweigen  der  Biographen  begreiflich 
ist.  Auch  was  H.  Fischer  (Alte  hoch-  und 
niederdeutsche  Volkslieder  von  L.  Uhland. 
I  3  [1893]  1 1  ff.)  darüber  sagt,  ist  nicht  sehr  ein¬ 
gehend.  Ich  will  hier  keine  umfassende  Studie 
zu  Uhlands  Volksliedbestrebungen  geben,  denn 
dazu  ist  noch  viel  zu  wenig  Material  bekannt, 
sondern  will  nur  aus  bisher  unbekannten 
Briefen  von  und  an  Ludwig  Uhland  das  zu¬ 
sammenstellen  und  erläutern,  was  sich  darauf 
bezieht. 


1.  Uhland  und  H.  F.  Maßmann. 

Professor  H.  F.  Maßmann  besorgte  für 
Uhland  Abschriften  von  Volksliedern  (s.  Alte 
hoch- und  niederdeutsche  Volkslieder.  II.  [1845] 
980;  1008  No.  89  und  1014  No.  133)  und  dar¬ 
auf  bezieht  sich  auch  folgende  Stelle  eines 
Tübingen,  3.  Februar  1858  datierten  Briefes 
Uhlands  an  Maßmann  in  Berlin: 


2.  UJdand  und  Hoffmann  von  Fallersleben. 

Uhland  unternahm  im  Frühjahr  1843  eine 
Volksliederreise  nach  Nürnberg,  Zwickau  und 
Leipzig  (s.  Emma  Uhland,  Ludwig  Uhlands 
Leben.  Stuttgart  1874  S.  30 7  ff),  wobei  er 
von  Zwickau  mit  Hoffmann  von  Fallersleben 
am  30.  Mai  nach  Dresden  fuhr.  Am  4.  Juni 
bestellte  letzterer,  wie  aus  dem  Brief  Uhlands 
an  seine  Frau  vom  4.  Juni  1843  (Emma  Uhland, 
a.  a.  O.  S.  313)  ersichtlich  ist,  Uhland  zu  sich, 
damit  er  seine  Volksliedersammlungen  besehe. 
Aus  einem  Schreiben  Hoffmann  von  P'allers- 
lebens  an  Uhland  (Hds.  Md.  525  Nr.  15  der 
Universitätsbibliothek  in  Tübingen)  geht  jedoch 
hervor,  daß  dieser  schon  am  2.  Juni  morgens 
bei  jenem  erschien,  ihn  aber  nicht  antraf.  Hoff¬ 
mann  besorgte  Uhland  auch  Volkslieder¬ 
abschriften  (s.  Alte  hoch-  und  niederdeutsche 
Volkslieder.  II.  [1845]  1004  Kr.  62  und  1026 
Nr.  248). 

Dresden,  2.  Juni  43,  8  Uhr  morgens. 

Soeben,  verehrter  Freund,  bringt  mir  der  Kellner 
Ihre  Karte  mit  der  Nachricht:  Sie  seien  bei  mir  ge¬ 
wesen.  Wahrscheinlich  waren  Sie  an  einer  Unrechten 
Thür,  ich  wohne  Nr.  6. 

Um  Ihretwillen  hatte  ich  gerade  meine  Kisten 
öffnen  lassen,  um  Ihnen  meine  Sammlungen  zu  zeigen. 

Ist  es  Ihnen  möglich,  so  wiederholen  Sie  morgen 
früh  Ihren  Besuch.  Es  liegt  mir  sehr  daran,  damit 
auch  ich  Ihr  schönes  Unternehmen  unterstützen  kann. 

Herzlich  grüßt  Ihr 

H.  v.  F. 


„Nehmen  Sie,  theuerster  Freund,  meinen  herzl. 
Dank  für  die  alten  Lieder,  die  mir  sehr  willkommen 
sind  und  mich  nur  das  bedauern  lassen,  daß  die  eigen¬ 
händige  Abschrift  Ihre  Zeit  und  Mühe  in  Anspruch  ge¬ 
nommen  hat  .  .  ." 

Das  eigenhändige  Konzept  Uhlands  zu  die¬ 
sem  Brief  ist  erhalten  (Hds.  Md  525  No.  23 
der  Kgl.  Universitätsbibliothek  in  Tübingen). 
Einen  anderen  Brief  Uhlands  an  Maßmann  vom 
Dezember  1853  enthält  das  Jahrbuch  „Hie  gut 
Württemberg  allewege!“  I.  (Heilbronn  1889) 
54  f. 


3.  Uhland  und  Prof.  L.  Mieville  in  Bern. 

Im  Sommer  1859  war  Uhland  in  Bern  ge¬ 
wesen  (s.  Emma  Uhland,  a.  a.  O.  S.  461)  und 
hatte  dort,  seiner  Gewohnheit  gemäß,  auch  den 
Volksliedern  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Vor 
seiner  Abreise  betraute  er  seinen  Berner  Be¬ 
kannten,  Professor  L.  Mieville  damit,  ihm  ver¬ 
schiedene  Volksliederhandschriften  und  histo¬ 
rische  Lieder  aufzuspüren.  Daraus  entspann 
sich  ein  Briefwechsel  über  diese  Gegenstände, 
welchen  ich  hier  vorlege.  Zwei  Briefe  sind  von 

27 


Z.  f.  B.  1909/1910, 


210 


Bliimml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


Professor  L.  Mieville  (Tübingen,  Universitäts¬ 
bibliothek,  Hds.  Md  525  No.  25  und  26),  einer 
(ebd.  No.  24),  nur  im  Konzept  erhalten,  von 
Uhland. 

a) 

Berne,  le  21  septembre  1859. 

Monsieur, 

Je  me  suis  occupe  d£s  le  lendemain  de  votre  depart 
d’ici  de  la  comission,  dont  vous  m’avez  honord  et  j’ai 
le  plaisir  de  vous  annoncer,  qu’effectivement  il  se  trouve 
ä  la  biblioth^que  de  la  ville  de  Berne  le  manuscrit 
suivant  et  note  corame  suit:  V.  89  Miscell.  Histor.  Dr. 
VVernheri  Steineri  de  propria  manu  conscripti  trinepos 
suus  Joh.  Rod.  Steinerus  Helvetio-Tigurinus  —  Anno 
MDCCLXVII.  En  outre:  VI.  6 7 — 73  Collect,  v.  Hans 
Rud.  Steiner.1  Darin  Lieder  von  1656  über  Vilmergen 
,,Ein  reine  Magd  ihr  Krätz  noch  tragt.“2 

De  plus,  il  y  a  dans  une  biblioth^que  privde  une 
collection  en  8  grands  (volumes)  in-quarto,  ecrits  ä  la 
main  et  qui  contient  tout  ce  que  feu  le  prof.  Wyss  a  pu 
trouver  en  fait  de  vieilles  chansons,  chants  guerriers, 
hymnes,  ballades  etc.  etc.  Ces  8  volumes  paraisscnt 
avoir  et 6  inconnus  ä  Rocholz.  3  Je  ne  doute  pas,  qu’ils 
ne  soient  une  mine  abondante  ä  explorer,  aussi  quel¬ 
ques  uns  de  nos  litterateurs  sont  ils  ü  la  piste  de  cet 
ouvrage,  qui  n’est  pas  ä  la  portee  de  tout  le  monde, 
mais  qui  certainement  ne  serait  pas  inaccessible  au 
po&te  aimable  et  profond,  qui  fait  les  delices  de  toutes 
les  ames  d’elite.  Ces  huit(s)  volumes  ont  passe  entre 
les  mains  de  Msr-  l’expresident  Wyss,  qui  aussi  est  mort 
et  c’est  entre  les  mains  de  ses  heritiers,  qu’il  faudrait 
aller  relancer  ce  tresor. 

Les  informations,  que  je  vous  donne  ici,  je  les  tiens 
d’abord  de  Mr.  le  Dr.  Hidber  et  plus  encore  avec  de 
precieux  details  et  la  promesse  de  me  donner  une  liste 
des  titres  de  Mr.  Steinlen,  qui  s’occupe  lui-meme  de 
recherches  de  ce  genre,  dans  le  but  de  s’en  servir  pour 
son  histoire  de  la  litterature  suisse.  Je  vous  enverrai 
cette  liste,  dbs  que  je  l’aurai  regue,  ainsi  que  de  plus 
amples  informations  sur  la  collection  de  feu  Mr.  Wyss. 
Je  vous  envoie  ceci  en  attendant  par  l’occasion  de 
Mme  Luthard,  qui  a  en  la  bonte  de  m’offrir  ses  Services. 

Veuillez,  monsieur  presenter  mes  compliments  em- 
presses  ä  Madame  votre  epousse  tant  de  ma  part  que 
de  celle  de  ma  femme,  qui  se  joint  ä  moi  pour  vous 
repeter,  combien  votre  aimable  visite  nous  a  fait  de 
plaisir.  Saluez  aussi  bien  cordialementnosparents  Meyer, 
si  vous  avez  l’occasion  de  les  voir  et  agreez  l’assurance 
de  tout  mon  respect  et  de  ma  entier  devouement. 

Ls.  Mieville. 

Anmerkungen .  1  Über  die  Wernher  Steiner- 
sche  Liederhandschrift  aus  1315,  die  bis  ins 
XVII.  Jahrhundert  fortgesetzt  wurde,  vergl. 
man  E.  L.  Rochholz,  Eidgenössische  Lieder¬ 
chronik  2  (1842)  S.  XVI  und  L.  Tobler,  Archiv 
des  historischen  Vereins  des  Kantons  Bern.  VII. 
2  (1869)  307. 

2  Das  Lied  „Eine  reine  Magd  ihr  Krätz 


noch  hat“  bezieht  sich  auf  die  Schlacht  bei 
Villmergen  (1656).  Es  lautet  eigentlich  „Ein 
reine  Magd  ihr  Kranz  noch  tragt“  (vergl.  dar¬ 
über  L.  Tobler,  Schweizerische  Volkslieder.  I 
[1882]  LIX.  b.  2.  Ein  Abdruck  des  Liedes  bei 
Tobler  a.  a.  O.  II.  [1884]  130  ff.  und  bei  F. 
W.  Freiherrn  von  Ditfurth,  Deutsche  Volks- 
und  Gesellschaftslieder  des  XVII.  und  XVIII. 
Jahrhunderts.  [1872]  S.  83  ff.  No.  79). 

3  Über  die  8  Bände  der  Rudolf  Wyßschen 
Sammlung  berichten  E.  L.  Rochholz  a.  a.  O. 
XVI  und  L.  Tobler,  Archiv  VII,  2  (1869)  309. 
Danach  berichtigt  sich  die  Angabe,  daß  sie 
Rochholz  unbekannt  war. 


b) 

Berne,  le  27  octobre  1859. 

Monsieur, 


Je  vous  envoie  l’original  des  notes,  que  Mr.  Aim£ 
Steinlen  a  en  la  complaisance,  malgr^  ses  occupations 
multipliees,  de  me  communiquer  ä  votre  adresse.  Elles 
m’ont  tout  l’air  d’avoir  faites  par  un  conaisseur,  qui 
se  fait,  comme  il  le  dit  lui-meme,  un  honneur  de  vous 
les  communiquer. 

Je  sais,  que  Mr.  Steinlen  s’occupe  lui-meme  de  faire 
un  recueil  des  nos  vieux  chants  suisses.  Il  nous  a  dorm6 
pendant  deux  hivers  cons^cutifs,  un  cours,  qu’il  a  in- 
tituld :  „Cours  de  litterature  suisse“  oü  il  a  pass£  en 
revue  tous  nos  auteurs  nationaux,  tant  allemands  que 
frangais.  Dejh  alors  il  nous  a  lu  et  analys^  les  plus 
remarquables  de  ces  chants,  surtout  ceux,  qui  de  leur 
temps  etaient  devenus  chants  populaires.  Un  Suisse  ne 
peut  que  desirer  l’impression  de  cet  ouvrage  con- 
scienceux  et  remarquable  sous  tant  de  rapports,  pr^sent^ 
avec  autant  de  talent  que  de  profondeur  et  d’amour  de 
la  chose. 

Monsieur  Hidber  continue  aussi  ä  me  donner  tous 
les  renseignements,  qu’il  peut,  mais  comme  ils  sont 
identiques  ou  ä  peu  pres  ä  ceux  de  Mr.  Steinlen,  je  ne 
les  rdp£te  pas  ici. 

J’esp&re,  que  vous  avez  regu  ma  premi£re  lettre 
par  Mme  Luthard,  dans  laquelle  je  vous  parle  de  ces 
deux  Messieurs  et  de  leur  empressement  ä  me  donner 

les  notes,  qu’ils  croient  pouvoir  vous  interesser; . 

Ls.  Mieville. 

c) 

Herrn  Professor  L.  Midville, 


Gerechtigkeitsgasse  No.  100 
in  Bern. 


Entschuldigen  Sie,  geehrtester  Herr  Professor,  daß 
ich  Ihre  freundlichen  Schreiben  vom  21.  Septemb.  und 
27.  Octob.  nicht  längst  mit  meinem  lebhaften  Danke 
beantwortet  habe.  Zu  mancherlei  andern  Abhaltungen 
kam  im  vorigen  Monat  noch  eine  kleine  Reise  nach 
Stuttgart.  Auch  mit  Zurückgabe  der  gütigen  Mit¬ 
theilungen  von  Herrn  A.  Steinlen,  für  die  ich  demselben 
aufrichtigst  dankbar  bin,  ist  auf  diese  Weise  Verzug  ein¬ 
getreten. 


Blümml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


21 1 


Das  vollständige  Inhaltsverzeichnis  der  Steiner’schen 
Liederhandschrift  war  mir  besonders  schätzbar  u.  ich 
erlaubte  mir,  von  dem  wohl  noch  wenig  bekannten 
Liede  auf  die  Schlacht  von  Kappel1  Abschrift  zu  neh¬ 
men.  Auf  das  Werk  von  Kurz1,  in  welchem  die  übrigen 
Lieder  größtentheils  abgedruckt  sind,  bin  ich  erst  durch 
die  beigestellten  Hinweisungen  aufmerksam  gemacht 
worden.  Sonst  kannte  ich  die  Drucke  bei  Ettmüller 
(Eidgenössische  Schlachtlieder)  3  und  anderwärts.  Meh- 
reres  habe  ich  selbst  in  Handschriften  und  alten  Druck¬ 
blättern  eingesehen,  da  ich  diesem  Liederwesen  so 
viele  Jahre  lang  nachgegangen  bin.  Ich  vermuthe  nun 
auch,  daß  die  handschriftl.  Liedersammlung  in  der 
v.  Mülinen’schen  Bibliothek  dieselbe  sei,  die  mir  bei 
meinem  Besuche  in  Bern  im  Jahr  1839  mit  großer  Zu¬ 
vorkommenheit  zur  Benützung  gegeben  wurde  *  u.  in 
der  sich  namentlich  pag.  15  ein  reformatorisches  Ge¬ 
sprächlied  zwischen  einem  Pilger  und  St.  Michael s,  so¬ 
dann  pag.  223  ein  Gespräch  zwischen  Buchsbaum  u. 
Felbinger6  befindet,  von  welchen  beiden  ich  nachmals 
für  meine  „Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder 
(1844)“  Gebrauch  machte.  Schon  geraume  Zeit  früher 
standen  mir  die  8  Bände  der  Rud.  Wyss’schen  Samm¬ 
lung  zu  näherer  Einsicht. 

[Darf  ich  nun,  nach  so  sehr  gefälliger  Auskunft,  mir 
noch  einen  Wunsch  gestatten,  so  ist  es  folgender.  Der 
berühmteste  unter  den  schweizerischen  Schlacht¬ 
gesängen,  das  Sempacher  Lied,  hat  auch  mich  be¬ 
sonders  beschäftigt.  Dasselbe  schien  mir  7,  so  wie  es  in 
der  vollsten  Strophenzahl  vorliegt,  aus  zwei  verschiede¬ 
nen  Bestandtheilen,  einem  vorherrschend  heraldischen 
und  einem  mehr  epischen,  zum  Ganzen  geworden  zu 
sein.  Darum  war  ich  besonders  bemüht,  Texte  mit 
weniger  Strophen  kennen  zu  lernen.  Unlängst  fand  ich 
wieder  einen  solchen  mit  39  Str.  in  einer  Handschrift 
von  Schodelers  Schweizerchronik8,  während  es  z.  B.  bei 
Tschudi  deren  66  sind.  Nach  einer  Bemerkung  von 
Rochholz  (Eidgenöss.  Liederchronik  S.  49)  sollen  es  bei 
Schodeler  40  Str.  sein.] 

Die  ausnehmende  Bereitwilligkeit,  mit  der  Sie  u. 
Ihre  gelehrten  Freunde  Steinlen  und  Hidber  meinen 
Anfragen  entgegengekommen  sind,  gibt  mir  die  Hoff¬ 
nung,  vielleicht  auch  weiterhin  gefälligst  benachrichtigt 
zu  werden,  wenn  Ihnen  bei  Anlaß  eigener  Forschungen 
Einiges  Vorkommen  sollte,  was  Sie  für  meine  Studien  im 
Gebiete  des  älteren  deutschen  V olkslieds  geeignet  fänden. 

Von  meinem  Freunde  Mayer  u.  seinen  hier  an¬ 
wesenden  Töchtern  sind  mir  an  Sie  u.  die  Ihrigen  herz¬ 
liche  Grüße  aufgegeben.  Er  dankt  für  die  gute  Auf¬ 
nahme,  die  dem  jungen  Schott  in  Ihrem  Hause  ge¬ 
worden  ist.  Der  Hingang  der  vortrefflichen  Frau 
Pfarrerin  Drück  ist  der  Familie  und  Allen,  die  sich 
Ihrer  wohlwollenden  Gesinnung  erfreuen  durften,  ein 
schmerzlicher  Verlust.  —  Ihnen  und  Ihrer  verehrten 
Gemahlin  empfehlen  wir  uns  angelegenst  in  die  Fort¬ 
dauer  freundschaftlichen  Andenkens,  sowie  der  trauliche 
Abend,  den  wir  in  Ihrem  häuslichen  Kreis  zugebracht, 
uns  in  der  angenehmsten  Erinnerung  steht, 
Hochschätzend 

Ihr  ergebenster 

Tübingen,  11.  Decemb.  1859.  L.  U. 


Anmerkungen.  1  Über  das  Lied  auf  die 
Schlacht  bei  Kappel  1531  gibt  L.  Tobler, 
Schweizerische  Volkslieder  I.  (1882)  XL  ff.  eine 
Literaturzusammenstellung.  Nach  der  Werner 
Steiner’schen  Liederhandschrift  ist  das  Lied  ab¬ 
gedruckt  bei  R.  von  Liliencron,  Die  historischen 
Volkslieder  der  Deutschen  vom  XIII.  bis  XVI. 
Jahrhundert.  IV  (1869)  41  f.  No.  433. 

2  Heinrich  Kurz,  Ältere  Dichter,  Schlacht- 
und  Volkslieder  der  Schweizer.  Zürich  1860; 
Die  Schweiz  in  ausgewählten  Dichtungen.  Bern 

1859. 

3  Ludwig  Ettmüller,  Eidgenössische  Schlacht¬ 
lieder.  Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesell¬ 
schaft  in  Zürich.  II  2  (1844)  65  ff. 

4  Vergl.  Alte  hoch- und  niederdeutsche  Volks¬ 
lieder.  II  (1845)  974. 

5  Das  Gesprächslied  zwischen  einem  Pilger 
und  St.  Michael  ist  abgedruckt:  Alte  hoch- 
und  niederdeutsche  Volkslieder.  II.  (1845)  80 yi. 
No.  304,  vergl.  S.  1034.  Man  vergleiche  auch: 
Schriften  zur  Geschichte  der  Dichtung  und 
Sage.  IV  (1869)  3 1 6  ff. 

6  Buchsbaum  und  Felbinger  abgedruckt  in 
Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder.  I 
(1844)  30  ff.  No.  9a. 

7  Diese  Ansicht  schon  ausgesprochen  in 
Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder.  II. 
(1845)  loi6  f.  No.  160,  ein  Abdruck  des  Liedes 
ebd.  I.  (1844)  404  ff.  Über  dieses  Lied  vergl. 
man  E.  L.  Rochholz,  Schweizerische  Lieder¬ 
chronik  2  (1842)  S.  28  ff,  besonders  45  ff. 
(Scheidung  in  vier  Romanzen);  Ottokar  Lorenz, 
Leopold  III.  und  die  Schweizer  Bünde.  Wien 

1860,  S.  36  ff.  und  Germania  VI  (1861)  161  ff; 
(in  vorliegender  Form  Rezension  mehrerer 
älterer  Gedichte,  wovon  die  zwei  kleineren  und 
volkstümlichen  nur  den  Kampf  ins  Auge  fassen, 
während  das  dritte  ein  historisches  Epos  ist) ; 
Liliencron  a.  a.  O.  I.  (1865)  109  ff.  besonders 
142  ff;  F.  M.  Böhme,  Altdeutsches  Liederbuch. 
(1877)  S.  456  C;  L.  Tobler,  Archiv  des  histo¬ 
rischen  Vereins  des  Kantons  Bern  VII,  2  (1869) 
341  ff.  Eine  Zusammenfassung  aller  Ansichten 
bei  L.  Tobler,  Schweizerische  Volkslieder  I 
(1882)  XXIII  f.;  ein  Abdruck  ebd.  II,  (1884) 
10  ff,  bei  L.  Ettmüller  a.  a.  O.  65  ff  und  H.  Kurz 
a.  a.  O.  39  ff 

8  Die  Chronik  Werner  Schodelers  ist  nur 
eine  mit  geringfügigen  Vermehrungen  versehene 
Abschrift  der  Dieb.  Schillingschen  Chronik 


212 


Blümml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


(s.  G.  Studer,  Archiv  des  historischen  Vereins 
des  Kantons  Bern.  VII.  2  [1869]  396  ff.). 

4 •  Uhland  wid  Ferdinand  Wolf 

7  Briefe  Ludwig  Uhlands  an  den  bekannten 
Romanisten  Ferdinand  Wolf  in  Wien  hat  Ph. 
Strauch  (Deutsche  Dichtung.  Hg.  von  K.  E. 
Franzos.  III.  4  [1887]  I26  ff)  mitgeteilt.  Bei¬ 
nahe  jeder  davon  (No.  1 — 6)  enthält  einiges  auf 
Uhlands  Volksliedbestrebungen  bezügliche.  Auf 
Uhlands  Brief  vom  4.  September  1839  (a.  a.  O., 
S.  128,  No.  3)  antwortete  Wolf  unterm  22.  Jänner 
1840  (Hds.  M  d.  525  No.  12  der  Universitäts¬ 
bibliothek  in  Tübingen).  In  diesem  Brief  ist 
folgende  Stelle  wichtig: 

Wien  22.  Jänner  1840. 

Sehr  verehrter  Herr  und  Freund, 

Ihr  liebes  Schreiben  vom  4.  Septemb.  v.  J.  hat  mir 
viele  Freude  gemacht;  ist  es  mir  doch  ein  theurer  Be¬ 
weis,  daß  Sie,  Verehrtester,  meiner  noch  freundlich  ge¬ 
denken.  Auch  hätte  ich  es  längst  beantwortet;  ich 
wollte  Ihnen  aber  zugleich  das  Resultat  der  Durch¬ 
musterung  der  Fehrenberg’schen  Sammlung  melden 
und  diese  ist  erst  vor  kurzem  beendet  worden.  Es  war 
in  der  That  nicht  der  Mühe  werth,  darauf  zu  warten; 
denn  es  haben  sich  wohl  folgende  drei  Volkslieder 
darin  gefunden:  ,Der  Bundtschu  disz  biechlein  sagt  von 
dem  bösen  fürnemen  der  Bundtschuher  wye  es  sich 
angefengt,  geendet  vnd  auskumen  ist.  1514.1  —  Lieb  | 
Lied  ;  Layd.  Von  dem  Böhaimbischen  Tumult  auch 
vermessenen  anzug  auff  Wienn  vnnd  spöttlichen  Ab¬ 
zug  darvon  des  Grafen  von  Thurns  sambt  seinen  vnd 
den  Mährischen  Soldaten.  Im  Thon  wie  man  den 
Graff  Niclas  von  Serin  singt  J  etc.  Gedruckt  im  Jar 
1619.2  —  Extra  ordinari  Postilion.  Zu  suchen  den  von 
Prag  verlohrnen  Palatin.  Erstlich  gedruckt  zu  Antorff 
im  Jahr  162 1 3 ;  aber  keines  hat,  meines  Erachtens,  den 
mindesten  poetischen  Werth,  das  letzte  ist  noch  das 
frischeste  darunter.  Sollten  Ihnen  jedoch  Abschriften 
davon  wünschenswerth  scheinen,  so  bin  ich  mit  dem 
größten  Vergnügen  dazu  erbötig4.  Überhaupt  würde 
es  mir  eine  große  Freude  machen,  zu  Ihrem  Werke 
über  die  Volkslieder  auch  mein  Scherflein  beitragen 
zu  können;  mit  welcher  Sehnsucht  sehe  ich  demselben 
entgegen,  wie  vortheilhaft  würde  es  für  meine  gegen¬ 
wärtige  Arbeit  über  die  Lais  sein,  wenn  ich  es  noch 
dazu  benützen  könnte!  ....  Ferdinand  Wolf. 

Anmerkungen.  1  Man  vergl.  darüber  Lilien- 
cron,  a.  a.  O.  III  (1867)  133  ff  No.  284. 

2  Vgl.  R.  Wolkan,  Deutsche  Lieder  auf  den 
Winterkönig  (1898)  S.  330,  No.  20  (37 
Strophen).  Über  den  Graf  Serin-Ton  s.  F.  M. 
Böhme,  Altdeutsches  Liederbuch  (1877)  S.  491 
und  5 1  o  f. 

3  Wolkan  a.  a.  O.,  378  ff.  No.  154.  Ein 


Abdruck  eines  solchen  Liedes  durch  Hoffmann 
von  Fallersleben,  Weimarisches  Jahrbuch  für 
deutsche  Sprache,  Literatur  und  Kunst  V 
(1856)  237  fr. 

1  Solche  Lieder  sammelte  Uhland  nicht, 
denn  er  nahm  in  seine  Volkslieder  nur  histo¬ 
rische  Lieder  auf,  die  schon  sagenhaften  Cha¬ 
rakter  aufwiesen;  vergl.  seine  Bemerkung  in 
einem  Briefe  vom  28.  Juli  1837  an  Wolf  (Strauch 
a.  a.  O.  127  f.). 

5.  Uhland  und  Ferd.  Freiligrath . 

Erich  Schmidt  (Euphorion  II  [1895]  129fr.) 
teilte  einen  Brief  L.  Uhlands  an  Freiligrath  (d. 
d.  Tübingen,  10.  August  1835)  mit,  worin  sich 
ersterer  für  verschiedene  Aufschlüsse  über  das 
holländische  Volkslied  bedankt.  Dieser  Brief 
ist,  wie  aus  der  Erwähnung  des  Nederlandt- 
schen  Gedenckclanck  (S.  i3of.),  der  kleinen 
Monographien  über  Wilhelm  von  Nassau  (S.  1 3 1 ) 
von  Thirsis  Minnewit  (S.  1 3 1  f.) ,  der  Freund¬ 
lichkeit  des  Hausherren  (S.  132),  von  Hoorns 
Liedboekje  (S.  132)  und  der  Mißverständnisse 
bei  Le  Jeune  (S.  132)  hervorgeht,  die  Beant¬ 
wortung  des  weiter  unten  abgedruckten  Briefes 
von  Freiligrath  an  Uhland.  Dieser  Brief  ist 
leider  nur  fragmentarisch  erhalten  (Universitäts¬ 
bibliothek  Tübingen,  Hds.  Md.  525  No.  10).  Er 
ist,  wie  aus  einer  Stelle  im  Uhlandschen  Brief 
(S.  129:  Wie  sehr  haben  Sie,  verehrter  Herr, 
durch  ihr  freundliches  Schreiben  vom  18.  v.  M. 
und  dessen  Beilagen  mich  überrascht  und  er¬ 
freut!)  hervorgeht,  mit  18.  Juli  1835  zu  datieren. 

Woblgebomer  Herr, 

Hochgeehrter  Herr  Doctorl 

Indem  ich  es  unternehme,  Ihnen  mit  wenigen  Wor¬ 
ten  Rechenschaft  abzulegen  über  die  Ausführung  Ihres 
mir  über  Alles  schätzbaren  kleinen  Auftrages,  kann  ich 
mich  kaum  des  Gedankens  erwehren,  als  sei  ich  in 
einem  Traume  befangen.  In  der  That:  —  Ihnen ,  dem 
deutschen  Dichterfürsten  unserer  Zeit,  nahen  zu  dürfen, 
Ihnen  aus  vollem  Herzen  meinen  Dank  für  Ihre  Lieder 
und  für  Alles,  was  Sie  in  mir  gewirkt  haben  und  wirken 
aussprechen  zu  können  —  es  ist  einer  der  schönsten 
Momente  in  meinem  Leben  und  um  so  ergreifender 
für  mich,  je  unerwarteter  er  mir  kommt!  —  Mir  ist,  wie 
einem  Horcher  vor  dem  Walde,  der  lange  den  Liedern 
Merlins  gelauscht  habend,  nun  plötzlich  Dank  und 
Gruß  in  die  laubige  Wüste  hineinrufen  darf  und  weiß, 
daß  man  seinem  Rufe  nicht  zürnt. 

Herr  Professor  Schwab  wird  die  Güte  haben,  meine 
holländischen  Raritäten  an  Sie  zu  befördern.  Da  meines 
Wissens  keine  umfassende  ältere  Sammlung  holl.  Volks- 


Blümml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


213 


lieder  besteht,  so  hielt  ich  es  für’s  Beste,  dasjenige, 
was  ich  von  ältern  Sachen  durch  Zufall  erhaschte, 
sammt  Le  Jeunes1,  Hoffmanns  von  Fallersleben  Werk2 
vielleicht  hin  und  wieder  ergänzender,  Sammlung  mit 
einander  an  Sie  abgehen  zu  lassen.  Ich  glaube  freilich 
mit  Grund  vermuthen  zu  können,  daß  nicht  Alles  nach 
Ihrem  Sinne  ist  und  bitte  Sie  daher,  das,  was  etwa 
keinen  Werth  für  Sie  hat,  ohne  Umstände  durch  Buch¬ 
händlergelegenheit  an  mich  zurückgehen  zu  lassen,  da 
ich  sowohl  den  Nederlandscher  Gedenk- Klank  (Preis 
5  Gulden  holl.)  3  als  auch  Le  Jeune’s  Buch  (Preis 
3  Gulden)  nur  zur  Ansicht  aus  dem  Laden  habe.  Die 
kleineren  Sachen,  das  Hoornsche  Mopsje4  —  welch 
ein  Name!  —  u.  s.  w.  brauchen  den  Rückweg  übrigens 
auf  keinen  Fall  anzutreten.  —  Ihr  ehemaliger  Besitzer, 
mein  Hauswirth,  ein  ehrbarer,  ruhiger  Mann,  der  sich 
auch  zuweilen  an  einem  deutschen  Liede  ergötzt,  findet 
sich  hoch  geehrt,  daß  sie  seinen  Schrein  verlassen  und 
zu  Ihnen  pilgern  dürfen.  —  Ich  hatte  Anfangs  vor, 
meine  Sendung  in  einer  besondern  Beilage  des  Breitem 
zu  commentiren  und  ein  paar  Übersetzungsn  beizu¬ 
fügen,  —  da  mir  aber  vor  Abgang  meines  Boten  zu 
wenig  Zeit  dazu  bleibt  und  ich  eigentlich  auch  nichts 
Besseres  zu  sagen  weiß,  als  was  Wienbarg5  im  2ten 
Theile  seines  Buch’s  über  Holland,  Wolff6  in  seinen 
Proben  Altholl.  Volkslieder,  Le  Jeune  (der  freilich 
manchmal  gar  nicht  zu  wissen  scheint,  was  eigentlich 
ein  Volkslied  ist)  7  u.  Hoffmann  v.  F.8,  dessen  Horae 
Belgicae  ich  leider  nicht  kenne,  darüber  schon  gesagt 
haben,  so  unterlasse  ich  es  lieber  und  beschränke  mich 
auf  folgende,  flüchtige  Bemerkungen.  —  Die  politische 
Volkspoesie  der  Holländer  aus  der  Zeit  des  Abfalls 
wird,  glaub  ich,  durch  des  Adrianus  Valerius  Nederland- 
schen  Gedenkklank  genügend  repräsentirt.  Das  merk¬ 
würdigste  Lied  dieser  Familie  ist  unstreitig  das  Wil- 
helmus  van  Nassouwen9,  die  Marseillaise  der  Geusen, 
wie  sie  N.  G.  van  Kämpen 10  nennt.  Es  hat  sich  bis 
heute  erhalten  und  ich  höre  es  fast  täglich  auf  den 
Gassen.  —  Die  beigelegte  Abhandlung  von  van  Some- 
ren11  über  Alter  u.  Verfasser  des  Liedes  ist  Ihnen,  trotz 
dem  philiströsen  Versuch  des  Mannes,  der  alten  Weise 
einen  neuen,  übrigens  von  Niemanden  gesungenen,  Text 
unterzulegen  (pag.  55)  vielleicht  nicht  unwillkommen. 

Die  edelsten  Perlen  der  alten  nichtpolitischen  Volks¬ 
poesie  —  ihrer  sind  wenige  —  finden  sich  zerstreut  in 
den,  nach  der  Farbe  ihres  Umschlags  blaauwe  boekjes 
genannten  Heften.  Die  besten  derselben  Na  Ooster- 
land  wil  lk  varen12,  Het  daghet  uit  den  Oosten  V  Daar 
reed  er  een  ridder14  u.  s.  w.  hat  Le  Jeune  schon  gefischt 
u.  Wolff  u.  Wienbarg  haben  sie  übersetzt.  Ich  werde 
mir  aber  einen  Stoß  dieser  Hefte  zu  verschaffen  suchen 
u.  Ihnen,  was  mir  von  dem  Unbekannten  darin  echte 
Poesie  scheint,  alsbald  mittheilen.  —  Über  die  später 
unter  verschiedenen,  meist  abgeschmackten  Titeln,  ver¬ 
anstalteten  Sammlungen  finden  Sie  Näheres  in  Le 
Jeune’s  Vorbericht.  Das  wenige  Gute,  was  sich  in  die¬ 
sen  Sammlungen  vorfindet,  ist  aus  blauen  Büchern, 
das  neu  hinzugedichtete  ist  meist  so,  daß  man  es  kaum 
lesen  kann.  —  Als  Probe  dieser  Art  Bücher  schicke 
ich  Ihnen  das  große  Hoornsche  Mopsje  (von  Le  Jeune 
Seite  39  und  40  besprochen)  und  eine  jüngere  Samm¬ 


lung  vom  Jahre  1752,  Thyrsis  Minnewit15.  —  Das  erstere 
enthält  u.  A.  auch  das  von  Le  Jeune  in  der  Vorrede 
nur  seinem  besten  Theile  nach  mitgetheilte  u.  von  Wolff 
auch  so  übersetzte  Trinklied:  Viva  le  bon  Prins  Hen- 
derik16  —  ganz  und  der  Schluß  bezieht  sich  wahr¬ 
scheinlich  auf  die  Sitte  des  Ausläutens  des  Königs  von 
Spanien.  Man  hatte  nämlich  Kelche  mit  Klöpfeln  drin, 
die  nach  dem  Trinken  umgekehrt  wurden,  um  dem 
Spanier  ein  Pereat  zu  bringen,  meist  mit  dem  Spruche: 
Duc  d’Alf  die  heeft  het  zwaar  verbruid, 

Wy  luyen  den  Koning  van  Spanje  uit!  — 

Im  Thyrsis  Minnewit  sind  viele  derbe,  zum  Theil  auch 
noch  gesungene  Gassenhauer.  Das  Lied  darin:  Ik  voer 
al  over  Zee1?  scheint  mit  dem  im  Mopsje:  Ik  voer  al 
over  den  Ryn18  verwandt  zu  seyn.  Das  von  Anke  von 
Trare19  ist  deutsch  u.  das  Gleichniß  darin  vom  Palm¬ 
baum  poetisch.  —  Das  beste  von  den  unbekannten  in 
dieser  Sammlung  ist  wohl  das:  Wy  willen  nog  niet 
scheyden,  I.  56 2°.  —  Le  Jeune  hat  es  nicht. 

Hier  bricht  der  Brief  ab. 

Anmerkungen .  1  J.  C.  W.  Le  Jeune,  Letter¬ 

kundig  overzigt  en  proeven  van  de  nederland- 
sche  volkszangen  sedert  de  XVde  eeuw.  ’s  Graven- 
hage  1828. 

2  Heinrich  Hoffmann  von  Fallersleben,  Hol¬ 
ländische  Volkslieder  (Horae  belgicae.  Pars  II.) 
Breslau  1833;  2.  Ausgabe,  Hannover  1856. 

5  Neder-Landtsche  Gedenck-Clanck.  Kor- 
telick  openbarende  de  voornaemste  geschiede- 
nissen  van  de  seventhien  Neder-Landsche  Pro- 
vintien,  ’t  sedert  den  aenvang  der  Inlandsche 
beroerten  ende  troublen,  tot  den  Jare  1625. 
Door  Adriänum  Valerium.  Tot  Haeriem  1626. 

- 4  ’t  Nieuw  Groot  Hoorns  Lied-Boekje,  Be- 
staande  in  veel  Stigtige  en  Vermakelyk  Bruy- 
lofts  Liedekens.  Te  Hoorn  o.  J. 

5  Ludolf  Wienbarg,  Holland  in  den  Jahren 
1831  und  1832.  II.  (Hamburg  1833)  149  ff., 
besonders  152  (über  Mopsjes)  und  i5of.  (über 
die  blauen  Bücher). 

6  O.  L.  B.  Wolff,  Proben  altholländischer 
Volkslieder.  Greiz  1832.  S.  IX  ff.  (über  das 
Volkslied  der  Holländer). 

i  Le  Jeune  a.  a.  O.,  S.  9  und  1 1  ff. 

8  Hoffmann  von  Fallersleben  a.  a.  O.  S.,  VII  ff. 
=  2VIIff. 

9  Abgedruckt:  Gedenck-Clanck  S.4Öf. ; Hoff¬ 
mann  v.  F.,  S.  96  ff. 

10  Beknopte  Geschiedenis  der  letteren  en 
wetenschappen  in  de  Nederlanden  I  (Haag 
1821)  1 15  ff. 

11  R.  H.  van  Someren,  Over  het  Volkslied 
Wilhelmus  van  Nassouwen  met  eene  Bydrage 
door  P.  A.  Brugmans.  Utrecht  1834. 


214 


Blümml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


12  Hoffmann  von  F.  170  fr.  —  22o8f.  No.  104; 
Thyrsis  Minnewit  I,  102  ff.;  Le  Jeune  236  ff. 
No.  63;  Wienbarg  S.  175  ff.;  Wolfif  S.  25  ff. 

*3  Hoffmann  von  F.  ior  ff.  =  2  65  ff.  No.  16; 
Le  Jeune  100  ff.  No.  5;  Wolff  S.  10  ff. 

Hoffmann  von  F.  162  ff.  =  2  92  f.  No.  29; 
Le  Jeune  292  b  No.  92;  Wienbarg  S.  178  ff.; 
Wolff  S.  39  ff. 

Thirsis  Minnewit.  Bestaande  in  een  ver- 
zameling  der  moyste  en  aangenaamste  Minne- 
Zangen  en  voysen.  3  Teile.  Amsterdam  1735. 
Es  gibt  auch  spätere  Ausgaben  von  1750,  1752. 
L.  Uhland  erwähnt  die  Sammlung  öfter  in  seinen 
Schriften  zur  Geschichte  der  Dichtung  und  Sage. 
IV.  (1869)  28  (zu  No.  22b  seiner  Sammlung), 
31  f.  (zu  No.  29),  200  (zu  No.  212),  242  (zu 
No.  260). 

16  Le  Jeune  S.  40 f.;  Wolff  S.  61  f.;  Hoorns 
Lied-Boekje  S.  113. 

17  Bei  Uhland,  Schriften  IV  (1869)  242 
(zu  No.  260),  teilweise  abgedruckt;  vollständig: 
nach  Thirsis  Minnewit  II  (1750)  76  ff.;  eine 
Erwähnung  desselben  auch  bei  Hoffmann  von 
F.,  S.  76. 

18  Hoorns  Lied-Boekje.  S.  240 ;  Bruchstücke 
gedruckt  bei  Uhland,  Schriften  IV,  (1869)  242 
(zu  No.  260). 

19  Thirsis  Minnewit  I  (1752)  1 1 1  f. 

20  Thirsis  Minnewit  I  (1752)  56  f. 

6.  Uhland  und  Karl  Halling. 

Karl  Halling  (1806 — 1837),  der  im  Frühjahr 
1827  (nicht  Sommer,  wie  C.  Wendeier,  Brief¬ 
wechsel  des  Freiherrn  Karl  Hartwig  Gregor 
von  Meusebach  mit  Jacob  und  Wilhelm  Grimm. 
Heilbronn  1880,  S.  LVII.  meint)  als  junger 
Theologe  nach  Tübingen  kam,  widmete  sich 
dort  unter  Uhlands  Leitung  dem  Studium  der 
deutschen  Schriftsteller  des  XVI.  und  XVII. 
Jahrhunderts.  Eine  Frucht  dieser  Studien  ist 
seine  Ausgabe  des  Fischartschen  glückhaften 
Schiffes  von  Zürich  (Fischarts  glückhaftes 
Schiff  von  Zürich.  In  einem  treuen  Abdruck 
herausgegeben  und  erläutert  durch  Karl  Halling. 
Tübingen  1828),  wozu  Uhland  eine  wertvolle 
Einleitung  „Zur  Geschichte  des  Freischießens“ 
schrieb.  Durch  seine  Fischartstudien  kam 
Halling  mit  Meusebach  in  Beziehungen;  die¬ 
selben  waren  anfangs  kühl,  dann,  als  das  per¬ 
sönliche  Kennenlernen  hinzutrat ,  von  kleinen 
Trübungen  abgesehen,  sehr  herzlich,  wurden 


jedoch  in  der  letzten  Zeit,  als  sich  Halling  mit 
Forschungen  über  die  Skythen  abgab,  derart 
kühl,  daß  ein  offener  Bruch  eintrat  (man  vergl. 
darüber  Wendeier  a.  a.  O.,  S.  LVII  — LXXXV.) 
Halling  starb  zu  Wiesbaden  am  19.  Juni  1837 
an  der  Brustkrankheit.  Seine  Beziehungen  zu 
Uhland,  die  aus  der  Tübinger  Zeit  (1827  bis 
1829)  stammen,  scheinen  Zeit  seines  Lebens 
freundliche  gewesen  zu  sein,  denn  noch  1836 
erwähnt  er  in  einem  Briefe  an  Meusebach  (s. 
Wendeier  S.  LXXXV),  daß  ihm  Uhland  jüngst 
über  seine  „Geschichte  des  Volksliedes“  ge¬ 
schrieben  habe.  Wir  sehen,  das  letzte,  was 
wir  von  Halling  und  Uhland  wissen,  bezieht 
sich  auf  das  Volkslied  und  auch  das  erste 
Schriftstück,  das  wir  von  Halling  an  Uhland 
besitzen,  hat  das  Volkslied  zum  Gegenstand. 
Es  ist  ein  Brief  (Universitätsbibliothek  Tübingen 
Hds.  Md  506,  X.  Bl.  72),  den  Halling  am 
28.  Mai  i827an  Uhland  richtete  und  worin  jene 
Variante  des  Morgensternliedes  enthalten  ist, 
die  Uhland  „Alte  hoch-  und  niederdeutsche 
Volkslieder.  II.  (1845)  1007  No.  76  D  als  von 
Halling  auf  der  schwäb.  Alb  aus  dem  Volks¬ 
mund  aufgezeichnet  erwähnt,  aber  nicht  ab¬ 
druckt. 

Innigst  verehrter  Herr  Doctor! 

Dem  Rath  des  Herrn  Professor  Schwab1  zu  folge, 
wanderte  ich  gleich  nach  meiner  Rückkehr  von  Stutt¬ 
gart  nach  der  Alp  um  das  Fest  in  der  Nebelhöhle2 
mitzufeiern  und  wahrlich,  es  wird  mir  eine  süße  Er¬ 
innerung  bleiben.  Durch  diese  meine  Wanderung  er¬ 
litt  nun  die  Sendung  des  glückhaften  Schiffes  einen 
kleinen  Aufschub  und  es  erfolgt  daher  jetzt  mit  allem 
Danke  zurück. 

Meine  Wanderung  nach  der  Alp  ist  vielleicht  nicht 
ganz  ohne  Nutzen  gewesen,  denn  ich  benützte  die  Ge¬ 
legenheit  zum  Sammeln  von  Volksliedern  und  mein 
Unternehmen  wurde  von  einem  bessern  Erfolg  gekrönt 
als  ich  dachte.  Neben  zwei  von  Bauer(n)burschen  ge¬ 
schriebenen  Liederbüchern,  die  mir  aber  nur  geliehen 
wurden,  erhielt  ich  durch  mündliche  Überlieferung 
mehrere  treffliche  Lieder  und  ich  glaube,  es  wird  Ihnen 
vielleicht  nicht  ganz  unangenehm  sein,  wenn  ich  mir 
die  Freiheit  nehme,  Ihnen  einige  mitzutheilen.  Das  im 
Wunderhorne  B.  1,  S.  292  abgedruckte  Lied  vom  „eifer¬ 
süchtigen  Knaben“  lautet  in  dieser  meiner  Überlieferung 
so:  1)  Es  glänzen  zwei  Stern  am  blauen  Himmel,  Sie 
geben  der  Welt  einen  Schein,  Liebreicher  Gott  vom 
Himmel!  Wo  stell  ich  mein  Pferd  hinein?  —  2)  Nimm 
du  es,  dein  Pferd,  beim  Zügel,  beim  Zaum  Und  häng 
es  an  den  Feigenbaum,  Und  setz  dich  eine  kleine  Weil 
nieder,  Eine  kleine  Weil  nieder  und  ruh.  —  3)  Darf 
auch  nicht  sitzen,  darf  auch  nicht  ruhn,  Darf  auch  nicht 
fröhlich  sein,  Mein  Herze  möcht  mir  zerspringen,  Herz- 


Blümml,  Briefe  von  und  an  Ludwig  Uhland. 


215 


liebste,  von  wegen  dein!  —  4)  Was  zog  er  aus  seiner 
Taschen?  Ein  Messer  so  scharf  und  spitz:  Er  stach  es 
der  Liebsten  durchs  Herze,  das  rothe  Blut  gegen  ihn 
spritzt.  —  5)  Und  da  ers  wieder  heraußerzog,  Von  Blut 
war  es  so  roth;  Liebreicher  Gott  vom  Himmel,  Wie 
bitter  ist  mir  der  Tod!  —  6)  Was  zog  er  ihr  abe  vom 
Finger?  Ein  rothes  Goldringelein,  Er  warfs  in  fließend 
Wasser,  Es  gab  seinen  klaren  Schein.  —  7)  Schwimm 
hin,  schwimm  her,  Goldringelein,  Bis  an  den  tiefen 
See!  Mein  Feinslieb  ist  mir  gestorben,  Jetzt  hab  ich 

kein  Feinslieb  mehr! - 8)  So  gehts  wenn  ein  Mädel 

zwei  Schätze  will  haben,  Thuts  wunderselten  gut.  Wir 
beide,  wir  habens  erfahren,  Was  falsche  Liebe  thut.  — 
9)  Und  wenn  man  Stroh  ins  Feuer  legt,  Wie  bald  ist  es 
verbrannt,  So  geht  es  mit  der  Liebe,  Wie  bald  ist  sie 
verbrannt.  —  10)  Wer  hat  denn  dies  Lied  erdacht? 
Wer  hat  es  denn  gemacht?  Es  habens  gesungen  zwei 
Jägersjungen  Zu  guter  Nacht!  — 3 

Um  wie  viel  schöner  ist  hier  nicht  der  ganze  Zu¬ 
stand  des  Knaben  aufgefaßt! - Vers  6  und  7  fehlten 

ganz  in  zwei  verschiedenen  Überlieferungen  und  diese 
mußte  ich  denn,  vielleicht  auch  nicht  mit  Fug,  aus 
dem  Wunderhorn  ergänzen. 

Ein  anderes:  1)  Ach  in  Trauern  muß  ich  leben, 
Sag  woran  hab  ichs  verschuld,  Ich  soll  und  muß  meinen 
Schatz  aufgeben!  —  Alles  leid  ich  mit  Geduld.  — 
2)  Vater  und  Mutter  wollens  haben,  Gelt,  mein  Schatz, 
das  weißt  du  wohl,  Sag  mir  nur  die  gewisse  Stunde, 
Wann  ich  zu  dir  kommen  soll.  —  3)  Herziger  Schatz, 
bleib  nur  beständig,  Bleib  beständig  bis  in  Tod,  Laß 
keine  Falschheit  an  dir  spielen,  Herziger  Schatz,  nun 
lebe  wohl!  —  4)  Spielets  auf,  ihr  Musikanten,  Spielets 
auf  ein  Saitenspiel,  Meinem  Schatz  zum  Wohlgefallen, 


Weil  ich  Abschied  nehm  von  ihr.  —  5)  Es  leuchten 
zwei  Sterne  am  Himmel,  die  leuchten  wie  das  klare 
Gold,  Der  eine  leucht  zu  meinem  Schätzchen,  der 
andre  in  das  Fenster  hold!  —  6)  Du  bist  mir  aus  mei¬ 
nen  Augen,  Aber  nicht  aus  meinem  Sinn,  Du  darfst 
mir  es  kecklich  glauben,  Daß  ich  ganz  getreu  dir  bin.  — 
7)  Geh  ich  aus  auf  fremden  Straßen,  Schauen  mich  die 
Leute  an,  Meine  Äuglein  fließen  Wasser,  Gar  kein 
Wort  mehr  reden  kann.  —  8)  Meine  Augen  sind  die 
Feder,  Meine  Wangen  das  Papier,  Meine  Thränen 
sind  die  Tinten,  Womit  ich  dir  schreiben  will. 

So  viel  für  heute.  Haben  die  Lieder  Ihren  Beifall, 
soll  es  mich  freuen;  vielleicht  bin  ich  bald  noch  glück¬ 
licher,  denn  ich  werde  wahrscheinlich  noch  mehrere 
geschriebene  Liederbücher  bekommen. 

Mich  gehorsamst  empfehlend,  bin  und  bleibe  ich 
in  tiefster  Verehrung 
Ihr 

dankbarer  Diener 

Tübingen  den  28.  Mai  1827.  Karl  Halling. 

Anmerkungen.  1  Halling  hatte  von  Franz 
Horn  in  Berlin  Empfehlungen  an  Schwab  (s. 
Wendeier,  S.  LVII). 

2  Alljährlich  findet  in  der  Nebelhöhle  (in 
der  Nähe  des  Lichtenstein)  am  Pfingstmontag 
ein  Volksfest  statt. 

3  Vergl.  Erk-Böhme,  Deutscher  Liederhort. 
I  (1893)  163  fr.  No.  48 ab;  Lit.  S.  169. 

4  Vergl.  Erk -Böhme  II  (1893)  523  ff'.  No. 

y  -9  <9  a — d 


Exlibris  von  Walter  Schiller. 


Mit  7  Abbildungen. 


ie  sieben  Blätter,  welche  dieses  Heft  aus 
Wien  bringt,  verdienen  schon  deswegen 
Beachtung,  weil  ihr  Zeichner,  Student 
der  Medizin  —  worauf  sein  eignes  Ex¬ 
libris  deutet  — ,  Autodidakt  ist.  Sein  Streben, 
die  Schwarz-Weiß-Wirkung  möglichst  ausgeglichen 


das  Blatt  bedeutet  etwa:  selbst  der  einsame  Adler 
auf  Bergeshöhe  ist  froh,  wenn  die  komische  Kunst, 
dargestellt  durch  den  Narren  mit  lachender  Maske, 
zu  ihm  dringt.  Das  Biedermeier-Exlibris  gehört 
einer  jungen  Sängerin,  die  beiden  für  Richard 
Wiener  gezeichneten  Blätter  zu  einer  Bibliothek 


zur  Geltung  zu  bringen,  ist  unverkennbar;  daneben 
fehlt  es  seinen  phantastischen  Erfindungen,  auch 
wo  sie  sich  an  bekannte  Muster  anlehnen, 
nicht  an  eigner  Prägung.  Das  Exlibris  „Hansi 
Niese“  gehört  der  großen  Volksschauspielerin  an, 
die  auch  außerhalb  Wiens  Triumphe  gefeiert  hat; 


von  Curiosis;  sie  sind  Gegenstücke  und  können 
etwa  „der  tückische  Mörder“  und  „der  heitere 
Flötenspieler“  genannt  werden.  Weiteren  Zeich¬ 
nungen  des  jungen  Künstlers  sehen  wir  mit  Inter¬ 
esse  entgegen.  cf. 


Das  Papier  als  kunstgewerbliches  Material. 

£^V°nj 

Dr.  Heinrich  Pudor  in  Leipzig. 


Materialfreude,  die  auf  so  vielen  Ge- 
1  ®  bieten  des  Kunstgewerbes  und  der  In- 

f|j|f dustrie  wieder  erwacht  ist,  hat  auch 
LM1  der  Papierbranche  neue  fruchtbare  An¬ 
regungen  gegeben  Wir  beginnen  nunmehr  auch  das 
Papier  als  ein  kunstgewerbliches  Material  anzusehen, 
das,  wenn  es  darnach  ist,  an  sich  ästhetisch  wirken 
und  einen  Sinnengenuß  bereiten  kann,  so  gut  als 
ein  schön  gemasertes  Birkenholz,  so  gut  als  Zinn 
oder  Silber.  Die  eigentliche  Materialeigenart  und 
-Schönheit  des  Papieres  wurde  freilich  bei  der  in 
Europa  seither  üblichen  Eabrikationsmethode  durch 
die  maschinenmäßige  Herstellung,  die  enge  Bin¬ 
dung  der  Fasern,  die  Leimung  und  Satinage  in 
den  Hintergrund  gerückt,  während  das  ungeleimte 
japanische  Handpapier  die  ganze  Schönheit  des 
Rohfasermaterials  erkennen  läßt.  Dies  aber  eben 
gerade  muß  man  sich  bei  der  Betrachtung  des 
Papieres  als  eines  kunstgewerblichen  Materiales 
vor  allem  vor  Augen  halten,  daß  es  sich  hierbei 
um  ein  Fasermaterial  handelt.  Wenn  wir  diesen 
Gesichtspunkt  einnehmen,  erkennen  wir  sofort,  daß 
die  Richtung,  welche  die  europäische  Papier¬ 
fabrikation  bis  vor  kurzem  eingeschlagen  hat,  nicht 
eigentlich  die  richtige  war.  Sie  lief  darauf  hinaus, 
den  wahren  Grundcharakter  des  Papieres  als  eines 
Fasermateriales  gänzlich  zu  verwischen.  Sie  dachte 
nicht  daran,  die  Fasern,  also  den  eigentlichen 


Materialstoff  des  Papieres,  zu  schonen.  Die  Ja¬ 
paner  verwendeten  früher,  um  die  Fasern  bei  der 
Aufweichung  unbeschädigt  zu  erhalten,  eine  aus 
Asche  gekochte  Lauge,  während  sie  jetzt  Soda 
oder  Kalk  anwenden,  Hand  in  Hand  gehend  mit 
der  zunehmenden  Verschlechterung  des  japanischen 
Papieres.  Auch  die  Festigkeit  des  japanischen 
Papieres  wurde  früher  durch  die  den  Fasern  eigene 
Festigkeit  und  deren  Länge  bedingt,  nicht  durch 
die  Verfilzung  der  Fasern.  In  dünnerem  japani¬ 
schen  Papier  liegen  die  Fasern  nur  in  einer  Rich¬ 
tung  und  in  dickerem  Papier  nur  in  zwei  einander 
entgegengesetzten  Richtungen. 

Es  sind  aber  nun  deutliche  Anzeichen  vor¬ 
handen,  daß  auch  in  der  europäischen  Papier¬ 
fabrikation  der  Charakter  und  die  Eigenart  des 
natürlichen  Rohstoffmateriales  wieder  mehr  zur  Gel¬ 
tung  gebracht  wird.  Und  dies  in  Einklang  mit 
der  Hauptströmung  der  modernen  kunstgewerb¬ 
lichen  Bewegung  darauf  hinauslaufend,  durch  Tech¬ 
nik,  Form  und  Dekor  die  natürliche  Schönheit 
eines  jeden  Materiales  zur  Geltung  zur  bringen, 
statt  sie  zu  verwischen  und  zu  verfälschen. 

Beim  Papier  wird  durch  diese  Hervorhebung, 
Schonung  und  Veredelung  des  Rohstoffmateriales 
erst  die  bedeutsame  Eigenschaft  der  „Griffigkeit“ 
ermöglicht.  Von  dieser  Wirkung  auf  den  Gefühls¬ 
und  Tastsinn  konnte  bei  den  seither  üblichen 


Zu  Schiller,  Exlibris. 


28 


2l8 


Pudor,  Das  Papier  als  kunstgewerbliches  Material, 


Papieren  kaum  die  Rede  sein,  obwohl  sie  gerade 
beim  Papier  von  so  grober  Wichtigkeit  ist,  und 
früher  ja  auch  wirklich  jeder  gute  Drucker  von 
einem  Papiere  verlangte,  daß  es  auch  „griffig“  ist. 
Die  Zeitungspresse  ging  hier  mit  einem  bösen 
Beispiel  voran,  denn  wer  Sinn  und  Geschmack 
für  Papier  hat,  erleidet  einen  physischen  Schmerz, 
wenn  er  das  Papier  der  meisten  Zeitungen  in  die 
Hand  nimmt.  Und  doch  könnte  das  Papier  ge¬ 
rade  in  diesem  Betrachte,  wie  es  als  Material  auf 
unseren  Gefühlssinn  wirkt,  gleich  hinter  der  Seide 
kommen,  und  auf  der  anderen  Seite  gibt  es  über¬ 
haupt  sehr  wenige  kunstgewerbliche  Materiale, 
welche  nicht  nur  auf  den  Gesichtssinn,  sondern 
auch  auf  den  Gefühlssinn  eine  ästhetische  Wirkung 
ausüben  können.  Wenn  man  nun  bedenkt,  wie 
viele  tausende  Male  fast  jeder  Mensch  täglich  in 
die  Lage  kommt,  mit  Papier  in  Berührung  zu 
kommen,  wie  man  deshalb  schon  gesagt  hat, 
freilich  mit  einem  ironischen  Beigeschmack,  daß 
wir  im  papiernen  Zeitalter  leben,  so  erhellt  zur 
Genüge,  wie  gerade  das  Papier  ästhetisch  erziehend 
auf  die  Massen  wirken  könnte,  wenn  man  anfangen 
würde,  es  als  kunstgewerbliches  Material  anzusehen, 
welches  es  doch  ist,  und  zwar  namentlich  natürlich 
seitens  der  Fabrikanten.  Aber  die  Menschen 
haben  sich  daran  gewöhnt,  das  Papier  als  etwas 
anzusehen,  was  man  entweder  zum  Schreiben  oder 
zum  Drucken  oder  zum  Einwickeln  gebraucht, 
das  aber  an  sich  an  den  Schönheitssinn  nicht 
appellieren  könne.  Selbst  die  Buchkunst  hat  sich 
ja  viele  Jahre  damit  begnügt,  schöne  Illustrationen 
in  die  Bücher  drucken  zu  lassen,  vielleicht  auch 
ein  hübsches  Exlibris  anzubringen  —  statt  beim 
Material  anzufangen,  welches  doch  überall  die 


Grundlage  bildet,  von  der  man  aus¬ 
geht,  also  in  diesem  Falle  vom  Papier. 
Ganz  schüchtern  nur  und  verzagt  fangen 
die  modernen  Buchkünstler  und  ihre 
Führer  an,  auch  an  das  Papier  gewisse 
ästhetische  Forderungen  zu  stellen. 

Der  Staat  hat  in  dieser  Richtung 
wertvolle  Aufgaben  zu  erfüllen.  Er 
könnte  mit  Hilfe  materialschöner  Papiere 
ästhetisierend  und  schönheitsbildend  auf 
die  großen  Massen  wirken.  Ich  denke 
dabei  nicht  etwa  nur  an  die  Wertpapiere, 
obwohl  gerade  auf  diesem  Gebiete  viel 
versäumt  wird  und  obwohl  auf  der 
anderen  Seite  die  Eigenschaft  der 
Griffigkeit  gerade  hier  in  vorderstem 
Range  steht.  Ich  dachte  aber  mehr 
an  die  Reichspost,  welche  zum  Teil 
ein  ganz  unwürdiges  Papier  verwendet, 
das  verrohend,  nicht  bildend  auf  die 
Sinne  des  Volkes  und  abstumpfend 
auf  die  Sinne  des  ästhetisch  Gebildeten 
wirken  muß. 

Es  kann  auch  dem  Buchhandel 
der  Vorwurf  nicht  erspart  werden,  daß 
er  sich  beim  Einkauf  seiner  Papiere  in 
der  Hauptsache  nur  um  die  Stärke  und  Farbe  und 
um  die  relative  Holzfreiheit,  allenfalls  noch  um  die 
Reißfestigkeit  kümmerte,  daß  er  aber  für  die  Schön¬ 
heit  seines  Papieres  keinen  Sinn  hatte.  Das  kam 
natürlich  in  besonders  krasser  Weise  beim  Um¬ 
schlagpapier  zum  Ausdruck.  War  das  Papier 
einmal  gewählt,  so  begnügte  sich  der  Buchhändler 
damit,  das  Papier  bedrucken  zu  lassen  und  zwar 
so,  daß  möglichst  viel  Schrift  auf  eine  Seite  ging. 
Daran,  das  Papier  in  seiner  Materialschönheit  zum 
Auge  sprechen  zu  lassen,  es  zur  Wirkung  zu 


Zu  Schiller,  Exlibris. 


Pudor,  Das  Papier  als  kunstgewerbliches  Material. 


219 


EX  LIBRIS  WALTER  SCHILLER 


Zu  Schiller,  Fxlibris. 


bringen,  dachte  er  nicht.  Auch  für 
den  Drucker  existierte  so  etwas  wie 
Materialschönheit  des  Papieres  nicht, 
und  er  machte  den  Buchhändler  kaum 
darauf  aufmerksam,  daß  er  aufsaugende 
Papiere,  die  die  Druckfarbe  willig  in 
sich  aufnehmen,  brauche.  Bei  Morris 
erst  dämmerte  die  Einsicht,  daß  man 
nicht  nur  Satz  und  Schrift,  sondern 
auch  das  Papier  zur  Geltung  bringen 
müsse  und  daß  der  Satz  nicht  das 
Papier  ersticken  dürfe.  Aber  es  war 
ihm  und  seinen  Nachfolgern  eigentlich 
mehr  darum  zu  tun,  den  Papierrand 
und  die  weiße  Fläche  des  Papieres 
im  Gegensatz  zur  schwarzen  Schrift 
wirken  zu  lassen,  als  das  Papier  als 
Material  sprechen  zu  lassen.  Die  Ver¬ 
leger  der  Kunstzeitschriften  wiederum, 
welche  am  ersten  in  der  Lage  gewesen 
wären,  auf  die  Schönheit  des  Papieres 
ihr  Augenmerk  zu  richten,  wurden 
durch  die  Einführung  des  glänzenden 
Kunstdruckpapieres  davon  abgebracht. 

Denn  alles,  was  etwa  bei  der  modernen 
Fabrikation  des  Papieres  von  Material¬ 
schönheit  und  -Eigenart  noch  übrig¬ 
geblieben  war,  das  polierte  der  Glanz  dieses  Kunst¬ 
druckpapieres  fort,  und  das  Papier  hörte  beinahe, 
möchte  man  sagen,  auf,  Papier  zu  sein.  Die  Kreide 
übte  eine  geradezu  verheerende  Wirkung  aus.  Das 
Publikum  ließ  sich  bestechen  durch  diese  Art  von 
Glanzwichse,  es  ,, guckte“  nur  auf  die  Illustrationen 
und  fand  die  Ausstattung  dieser  modernen  Zeit¬ 
schriften  wunderschön.  Wir  sehen  hier,  wie  zwei¬ 


schneidig  das  Schwert  war,  welches  die  moderne 
Chemie  der  Papierfabrikation  in  die  Hand  drückte. 
Vielgestaltig,  interessant,  billig  wurde  die  Papier¬ 
fabrikation,  aber  etwas  Künstlerisches  und  Ästheti¬ 
sches  trat  nur  selten  und  in  beschränktem  Umfang 
zutage.  Der  Gerechtigkeit  wegen  muß  aber 
gesagt  werden,  daß  das  Ausland  uns  in  diesem 
Betrachte  vielfach  ein  rühmliches  Beispiel  hätte 
geben  können,  denn  namentlich  in  England  und 
auch  in  Amerika  hatte  man  für  Papierqualität 
weit  mehr  Sinn  und  Verständnis  als  bei  uns. 

Auch  bezüglich  des  Briefpapieres.  Selbst  hier 
scheute  man  nicht  davon  zurück,  glänzendes  Papier, 
welches  das  Material  der  Tinte  obenauf  stehen 
ließ,  wie  Öl  auf  dem  Wasser,  zu  verwenden,  und 
das  Publikum  hatte  nicht  genügende  ästhetische 
Bildung,  um  sich  an  materialschönem  Papier  so 
erfreuen  zu  können,  daß  es  gern  ein  paar  Pfennige 
mehr  dafür  ausgegeben  hätte. 

Dachten  doch  selbst  die  eigentlichen  Künstler, 
wenn  sie  auf  Papier  zeichneten  oder  in  Pastell 
malten,  viel  zu  wenig  daran,  daß  sie  es  hier  mit 
einem  kunstgewerblichen  Material  zu  tun  hatten, 
das  sie  bei  der  künstlerischen  Wirkung  in  erster 
Linie  berücksichtigen  mußten.  Die  Japaner  haben 
es  getan,  und  zum  soundso  vielten  Male  muß 
man  den  Künstlern  empfehlen,  bei  den  Japanern 
in  die  Schule  zu  gehen,  diesmal  also  bezüglich 
des  ästhetischen  Verständnisses  für  schöne  Papiere. 
Die  Japaner  haben  freilich  einen  wesentlichen 
Vorsprung  vor  uns  auch  dadurch,  daß  sie  nicht 
mit  Stahlfedern  und  Tinte  das  Papier  beim 
Schreiben  bearbeiten,  sondern  mit  Pinsel  und 
Tusche  darauf  malen:  dadurch  kam  schon  bei 


220 


Pudor,  Das  Papier  als  kunstgewerbliches  Material. 


der  alltäglichen  Beschäftigung  des  Schreibens  ein 
künstlerisches  oder  mit  Kunst  in  naher  Beziehung 
stehendes  Moment  zur  Geltung,  während  unsere 
Schreibweise  eine  starke  Leimung  des  Papieres 
nötig  macht  und  eine  starke  Aufsaugungsfähigkeit 
als  antunlich  erscheinen  läßt.1 

Was  zuerst  not  tut,  ist  eben  dies,  daß  wir 
lernen,  das  Papier  auf  unsere  Sinne  wirken  zu 
lassen  und  zwar  bewußt,  nicht  wie  jetzt  unbewußt, 
unter  der  Schwelle  des  Bewußtseins  liegend,  und 
daß  wir  an  das  Papier,  so  gut  als  an  irgendein 


anderes  Material,  gewisse  ästhetische  Anforderungen 
stellen.  In  neunundzwanzig  von  hundert  Fällen 
übersehen  wir  heute  das  Papier  und  behandeln  es 
als  Luft  —  das  Papier  als  Material  ist  noch  nicht 
eigentlich  in  unser  Bewußtsein  getreten.  Es  war 
für  uns  durchaus  eine  quantite  negligeable.  Es 
mußte  als  kunstgewerbliches  Material  und  die 
Papierfabrikation  als  Kunstgewerbe  erst  wieder 
entdeckt  werden.  Ist  dies  erst  einmal  geschehen, 
dann  wird  das  Weitere  überraschend  schnell 
folgen.2 


Abwehr. 

Im  Vorwort  seines  Buches  „ Heinrich  von  Kleist 
als  Mensch  und  Dichter “  wagt  Herr  Dr.  Sigismund 
Rahmer  die  Behauptung,  durch  unsere  Kleistausgabe 
sei  ihm  manches  wertvolle  und  in  mühsamer  Arbeit 
gewonnene  Resultat  „hinterrücks  aus  den  Händen  ge¬ 
wunden  worden“.  Er  rechnet  hierzu  „vor  allem“  — 
was  er  sonst  noch  dazu  rechnet,  sagt  er  nicht  —  die 
drei  an  Ernst  von  Pfuel  gerichteten  Briefe  Kleists  und 
hat  die  Kühnheit,  von  einem  „einzigartigen  Verfahren 
geistiger  Entwendung“  zu  sprechen.  Er  scheut  sich 
ferner  nicht,  auf  seine  Anzeige  unserer  Ausgabe  der 
Briefe  Kleists  in  der  Zeitschrift  „Deutschland“  (Februar 
1907)  zu  verweisen,  in  der  er  dieselben  sogar  auf 
Kleists  Briefe  an  Ulrike  ausgedehnten  Anschuldigungen 
erhoben  hat,  und  ist  so  verblendet,  unser  Schweigen 
auf  diese  Angriffe  als  „Vogel-Strauß-Politik“  auszulegen. 

Daß  seine  erste  entstellende  Auslassung  nicht  so¬ 
fort  von  uns  in  die  rechte  Beleuchtung  gerückt  worden 
ist,  hat  seinen  Grund  darin,  daß  dieser  törichte  Angriff 
zu  deutlich  als  kleinliche  Rache  für  die  in  der  „Deut¬ 
schen  Literaturzeitung“  (1904,  Nr.  51/52)  geübte  Kritik 
seiner  leichtfertigen  Ausgabe  der  Briefe  Kleists  an 
Ulrike  erkennbar  war.  Nachdem  er  nun  aber  seine 
Behauptung  in  verschärfter  und  ehrenrühriger  Form 
wiederholt  hat,  haben  wir  keinen  Anlaß  mehr,  ihn  zu 
schonen.  Wir  könnten  ihn  für  diesen  Schimpf  vor  Ge¬ 
richt  ziehen,  begnügen  uns  aber  vorläufig  mit  folgender 
Erklärung: 

Herr  Dr.  Rahmer  hat  allerdings  das  Glück  ge¬ 
habt,  die  Besitzer  der  Originale  der  Briefe  Kleists  an 
seine  Schwester  und  an  Pfuel  vor  uns  ausfindig  zu 
machen.  Unwahr  aber  ist  seine  Behauptung  in  der 
Zeitschrift  „Deutschland“,  er  habe  uns  die  „Briefquelle“, 
d.  h.  den  Besitzer  angegeben  auf  Grund  vereinbarter 
gemeinsamer  Bearbeitung  dieses  Teiles  der  Brief¬ 
sammlung,  und  wir  hätten  uns  dieser  Verpflichtung 
später  entzogen.  Er  hat,  weit  entfernt  von  ehrlicher 


Förderung  der  Kleistforschung,  mit  dem  offenkundigen 
Wunsche,  daß  die  Briefe  an  Ulrike  in  dem  von  ihm 
ängstlich  gehüteten  Verstecke  uns  verborgen  bleiben 
möchten,  und  mit  der  sichtlichen  Absicht  —  wie  seine 
am  Schlüsse  angeführten  eigenen  Worte  klar  sagen  — , 
die  noch  unbekannten  Blätter  an  Pfuel  erst  nach  un¬ 
serem  Briefbande  triumphierend  zu  Markte  zu  bringen, 
die  Namen  der  Besitzer  hartnäckig  verschwiegen. 
Trotz  dieser  schnöden  Geheimtuerei  haben  wir,  im  In¬ 
teresse  der  Ausgabe,  versucht,  ihn  als  Mitarbeiter  für 
diesen  Teil  der  Briefe  zu  gewinnen,  und  in  übertriebenem 
Entgegenkommen  die  Verhandlungen  selbst  da  noch 
weitergeführt,  als  auch  wir  unterdessen  völlig  selb¬ 
ständig  mit  Hilfe  der  Herren  des  Stettiner  Staatsarchivs 
den  Besitzer  der  Briefe  an  Ulrike  ermittelt  hatten, 
weil  wir  in  Übereinstimmung  mit  dem  Herrn  Besitzer 
loyalerweise  ihm  sein  Vorrecht  wahren  wollten  und 
ihn  nur  so  zur  Beisteuer  der  Briefe  an  Pfuel  zu  be¬ 
wegen  hoffen  konnten.  Unter  steter  Zurückschiebung 
eigenster  Interessen  sind  ihm  die  weitgehendsten  Zu¬ 
sagen  gemacht  worden.  Er  stellte  aber  die  anmaßende 
Forderung,  für  seinen  verhältnismäßig  ganz  geringen 
Anteil  Herausgeberrechte  für  alle  fünf  Bände  unserer 
Ausgabe  zu  erhalten.  Daraufhin  wurden  die  Verhand 
lungen  mit  ihm  abgebrochen,  nachdem  ihm  selbst  jetzt 
noch  das  Vorrecht  der  Veröffentlichung  der  Briefe  an 
Ulrike  zugesichert  worden  war,  das  auch  gewahrt 
worden  ist.  Dieses  Verhalten  des  Herrn  Dr.  Rahmer 
hatte  auch  den  Herrn  Besitzer  der  Briefe  an  Ulrike, 
der  über  die  gesamte  Korrespondenz  unterrichtet  war, 
zu  dem  Urteil  geführt,  daß  Herr  Dr.  Rahmer  nicht  im 
Interesse  der  Ausgabe  gehandelt  habe,  und  er  sandte 
uns  daher  selbständig  und  unaufgefordert  die  Original¬ 
briefe  ins  Haus. 

Nun  mußten  wir  auch  die  Spur  der  Briefe  an  Pfuel 
von  neuem  selbständig  verfolgen,  und  wir  hatten  jetzt 
auch  hier  Erfolg.  Wir  konnten  den  Herrn  Besitzer, 
allerdings  zu  unserer  großen  Genugtuung,  leicht  davon 
überzeugen,  das  Interesse  einer  vollständigen  Edition 


1  Wir  sehen  hier  davon  ab,  daß  in  jüngster  Zeit  auch  in  Japan  große  Fabriken  mit  modernen  Maschinen  gegründet 
worden  sind,  in  denen  das  Papier  auf  europäische  Art  hergestellt  wird.  In  ebensoweit  ist  das  japanische  Papier  an 
Qualität  zurückgegangen.  Bei  dieser  Gelegenheit  sei  erwähnt,  daß  das  erste  auf  Papier  geschriebene  Buch  von  Buddha  im 
Jahre  285  aus  Korea  nach  Japan  gebracht  wurde  und  daß  schon  seit  570  in  Japan  gutes  Papier  aus  der  Rinde  des 
Maulbeerbaumes,  desselben  Baumes  also,  von  dessen  Blättern  sich  die  Seidenraupe  nährt,  hergestellt  wurde. 

2  Über  die  Farbe  des  Papieres,  welche  bei  alledem  von  fast  ebensogroßer  Bedeutung  ist,  als  das  Material  des 
Papieres  an  sich,  müssen  wir  uns  an  besonderer  Stelle  auslassen. 


Saß,  Eine  seltene  Ausgabe  von  „Hermann  und  Dorothea“. 


221 


sei  größer  als  der  selbstische  Anspruch  des  Herrn  Dr. 
Rahmer.  Auch  diesmal  wurden  uns  die  Originale  aus 
freiem  Entschluß  zur  Abschrift  und  Veröffentlichung 
nach  Berlin  gesandt.  Wie  darf  Herr  Dr.  Rahmer  da 
wagen,  von  „geistiger  Entwendung“  zu  sprechen! 

Der  Briefwechsel  über  alle  diese  Verhandlungen 
ist  lückenlos  in  unseren  Händen  und  Herrn  Dr.  Rahmer 
bekannt.  Darum  sind  seine  Behauptungen  eine  dreiste 
und  böswillige  Verdrehung  der  Tatsachen.  Daß  eine 
derartige  Böswilligkeit  seinem  Wesen  nicht  fremd  ist, 
bezeugen  seine  eigenen  Worte,  die  sich  in  einem  Briefe 
vom  24.  Juli  1904  finden:  „Wenn  ich  Ihre  Publikation 
abwarte  und  dann  mit  meinem  Buch  herausrücke,  dann 
können  Sie  gewiß  sein,  daß  ich  den  Vogel  abschieße 
und  Sie  wissenschaftlich  wie  buchhändlerisch  lahm¬ 
lege“. 

Dr.  Georg  Minde-Pouet,  Bromberg. 

Prof.  Dr.  Erich  Schmidt,  Berlin. 


Eine  seltene  Ausgabe  von  „Hermann  und 
Dorothea“. 

Das  Büchlein,  von  dem  im  folgenden  kurz  die  Rede 
sein  soll,  stammt  aus  der  Bibliothek  des  1853  ver¬ 
storbenen,  auch  als  Dichter  bekannten  Pastors  an  St. 
Nikolai  zu  Hamburg,  Nicolaus  Freudentheil.1  1907  ge¬ 
langte  es  in  meinen  Besitz.  Für  seine  Seltenheit  spricht 
die  Tatsache,  daß  es  sich  in  keiner  der  an  das  Aus¬ 
kunftsbureau  der  deutschen  Bibliotheken  angeschlos¬ 
senen  Büchereien  hat  nachweisen  lassen.  Das  einzige 
mir  noch  bekannt  gewordene  Exemplar  befindet  sich 
in  der  Goethe -Bibliothek  von  Friedrich  Meyer  in 
Leipzig.2  Bibliographisch  erscheint  die  Ausgabe  nur 
bei  Wenzel, -5  während  Goedeke  und  Hirzel  sie  nicht 
kennen.  Der  Titel  lautet: 

Herrmann  und  Dorothea  von  J.  W.  von  Goethe. 
Ausgabe  zum  Besten  der  durch  die  Wasserfluthen 
in  der  Nacht  vom  4ten  auf  den  5ten  Februar*  1825 
Verunglückten.  Braunschweig,  bei  Friedrich  Vie¬ 
weg.  1825. 

Dem  Titel  voran  geht  ein  Blatt,  das  unter  der 
Überschrift:  „Dem  Leser  der  Herausgeber“  nachstehen¬ 
des  Gedicht  enthält: 

Wir  sahn  vor  übermächt’ger  Feinde  Scharen 
Einst  Tausende  die  teure  Heimat  fiiehn, 

Und,  nur  den  Leib  errettend  aus  Gefahren, 

Verarmt  das  reiche  Nachbarland  durchziehn, 

Wo  ihnen,  als  sie  ganz  verlassen  waren, 

Der  Menschenfreund,  ein  Himmelsbot’,  erschien; 
Wir  sahn  in  einer  trüben  Zeit  der  Zähren 
Den  Heldenmut,  die  Liebe  sich  verklären. 

Der  Meister  sang's.  Das  Lied  wird  nie  verhallen; 
Er  hat  für  alle  Zeiten  es  geweiht 
Den  edlen,  lieberfüllten  Herzen  allen, 

Zum  Opfer  für  die  Brüder  stets  bereit. 


Doch  rührender  muß  sein  Gesang  erschallen 
In  der  von  neuem  Unglück  schweren  Zeit, 

Da  Tausende  dem  Element  erlagen, 

Zu  schwach,  den  Kampf  mit  der  Natur  zu  wagen. 

Durchbrochen  hat  der  Ozean  die  Schranken, 

Und  weiter  sich  das  wilde  Reich  gewühlt, 

Daß  Flur  und  Haus  in  seinen  Abgrund  sanken; 

Der  Schatz  der  Heerden  ist  hinweggespült, 

Und  selbst  der  Hoffnung  letzte  Stützen  wanken, 

Wo  dieser  Schlag  des  Schicksals  wird  gefühlt. 

Dir,  dem  das  Mitleid  hat  das  Herz  durchdrungen, 
Dir  ward  des  Meisters  hohes  Lied  gesungen. 

Über  den  Autor  dieser  Verse  hat  sich  nichts  er¬ 
mitteln  lassen.  Es  muß  dahingestellt  bleiben,  ob  Vie¬ 
weg  selbst  sie  verfaßt  hat  —  die  Überschrift  scheint 
darauf  hinzudeuten  —  oder  ob  er  sich  das  Gedicht 
von  anderer  Seite  für  diesen  bestimmten  Zweck  an¬ 
fertigen  ließ.  —  Hinter  dem  Titel  folgt  zunächst  die 
Elegie  und  darauf  der  mit  neun  Vignetten,  welche  die 
neun  Musen  darstellen,  geschmückte  Text,  insgesamt 
239  Seiten  in  zierlichem  Taschenformat. 

Über  die  Entstehung  der  Ausgabe  ist  folgendes 
zu  bemerken: 

In  der  Nacht  vom  3.  zum  4.  Februar  1825  wurden 
die  deutschen  Nordseeküsten  von  jener  gewaltigen 
Sturmflut  heimgesucht,  die  namentlich  auch  in  den 
Elb-  und  Wesergegenden  zu  einer  verheerenden  Über¬ 
schwemmungskatastrophe  führte.  Unmittelbar  nach 
dem  Unglück  setzte  in  Norddeutschland  eine  allge¬ 
meine  Hilfsaktion  ein.  In  allen  größeren  Städten  bildeten 
sich  Komitees,  die  Sammlungen  zum  Besten  der  Über¬ 
schwemmten  veranstalteten.  Besonders  rege  waren  die 
Wohltätigkeitsbestrebungen  auch  in  Braunschweig,  und 
unter  den  Männern,  die  hier  die  Sache  führten,  stand 
in  erster  Reihe  der  Verlagsbuchhändler  Friedrich  Vie¬ 
weg.  Über  die  von  ihm  gesammelten  Gaben  ließ  er 
eigene  Listen  drucken,  die  als  Beilagen  zu  den  „Braun¬ 
schweigischen  Anzeigen“  veröffentlicht  wurden.  Am 
Schluß  der  am  13.  April  erschienenen  Gabenliste  steht 
folgende  Notiz:  Für  100  Exemplare  von  Goethes  Her¬ 
mann  und  Dorothea  100  Taler.  Braunschweig,  8.  April 
1825.  Friedr.  Vieweg. 

Hier  haben  wir  den  Beitrag,  den  Vieweg  persön¬ 
lich  zu  seiner  Sammlung  beisteuerte,  und  erfahren  zu¬ 
gleich,  daß  unsere  Ausgabe  seinerzeit  nur  in  100  Exem¬ 
plaren  erschien,  eine  Tatsache ,  welche  die  heutige 
Seltenheit  des  Büchleins  hinreichend  erklärt. 

Die  Frage,  ob  der  Druck  überhaupt  nur  in  100 
Exemplaren  abgezogen  wurde  oder  ob  es  sich  um  100 
Exemplare  einer  größeren  Auflage  handelt,  die  in 
dieser  besonderen  Weise  für  jenen  wohltätigen  Zweck 
ausgestattet  wurden,  ist  dahin  zu  beantworten,  daß  der 
Verleger  die  100  Exemplare  nicht  besonders  für  sich 
drucken  ließ,  daß  sie  vielmehr  zu  einer  größeren  Auf¬ 
lage  gehören  und  nur  mit  einem  besonderen  Titelblatt 


1  Goedeke,  Grundriß,  Bd.  III,  2.  1881.  S.  1255.  —  2  Fr.  Meyer,  Verzeichnis  einer  Goethe -Bibliothek.  1908. 
S.  147,  Nr.  1513*  —  3  C.  G.  Wenzel,  Aus  Weimars  goldenen  Tagen.  1859.  S.  91. 

4  Das  Datum  ist  falsch  angegeben.  Die  Sturmflut  fand  in  der  Nacht  vom  3.  zum  4.  Februar  1825  statt.  Vgl. 
W.  Müller,  Beschreibung  der  Sturmfluthen  am  3.  und  4.  Februar  1825.  Hannover  1825. 


222 


Schneider,  Ein  Kupferstichdieb  des  XVIII.  Jahrhunderts. 


und  jenem  Geleitgedicht  versehen  wurden.  Die  übrigen 
Exemplare  dieser  Auflage  erschienen  als  „Neue  Aus¬ 
gabe“  Braunschweig  1826. 1  Sie  stimmen  bis  auf  Titel¬ 
blatt  und  Titelbild  mit  den  anderen  vollständig  überein. 

Goethe,  dem  Vieweg  am  20.  April  1825  mit  einem 
überaus  höflichen  Schreiben  ein  Exemplar  übersandte, 
war  keineswegs  damit  einverstanden.  In  einem  am 
24.  Mai  1825  nach  Braunschweig  abgegangenen  Briefe 
erhob  er  einen  ungemein  scharfen  Protest  gegen  diese 
so  wohlgemeinte  Ausgabe  und  das  von  ihrem  Verleger 
geübte  Nachdruckverfahren,  „das  auch  fromme  Ab¬ 
sichten  nicht  rechtfertigen“.2 

Steglitz.  Dr.  Johann  Saß. 


Ein  Kupferstichdieb  des  XVIII.  Jahrhunderts. 
Bibliotheken  und  Museen  sind  zu  keiner  Zeit  in 
höherem  Maße  ein  beliebter  Gegenstand  der  Tätigkeit 
der  Langfinger  gewesen  als  in  unserer  Zeit,  wo  der 
außerordentliche  Wert,  den  das  Liebhabertum  be¬ 
sonders  seltenen  Stücken  dieser  Sammlungen  mit  Recht 
zuerkennt,  und  der  in  der  Regel  auch  materiell  um¬ 
wertbar  ist,  naturgemäß  für  eine  gewisse  Menschen¬ 
klasse  einen  Anreiz  zur  Aneignung  bilden  muß.  Von 
Zeit  zu  Zeit  kommt  es  sogar  vor,  daß  der  Entwender 
nicht  zu  den  Dieben  von  Beruf  oder  doch  wenigstens 
zu  den  Leuten  gehört,  die  mit  der  bestohlenen  Samm¬ 
lung  durch  keinerlei  Beziehung  verbunden  sind,  son¬ 
dern  daß  es  ein  Beamter  der  betreffenden  Sammlung 
selbst  ist,  der  seine  Vertrauensstellung  zur  Entwendung 
der  ihm  anvertrauten  Schätze  —  sei  es  aus  ganz 
niedrig  materiellen  oder  aus  anderen  Beweggründen 
—  mißbraucht.  Der  „Fall  Libri“,  aber  auch  manche 
Ereignisse,  die  in  jüngerer  Zeit  und  in  uns  näher 
liegenden  Zentren  als  Paris  spielten,  sind  berühmte 
Beispiele  für  diese  Fälle,  die  sich  aller  Vorsicht  zum 
Trotz  immer  wieder  zu  ereignen  pflegen  und  den  Be¬ 
obachtern  der  menschlichen  Natur  das  bekannte  „psy¬ 
chologische  Rätsel“  aufzulösen  geben.  Ein  typischer 
Fall  dieser  Art,  der  allerdings  in  bezug  auf  die  psycho¬ 
logische  Wurzel  recht  wenig  „rätselhaft“  ist,  und  der 
sich  bereits  im  Jahre  1735  Paris  zugetragen  hat,  wird 
soeben  im  „Amateur  d’Autographes“  mitgeteilt. 

Zu  jener  Zeit  war  der  Abbe  Jean-Paul  Bignon,  ein 
berühmter  Prediger  und  geschätztes  Akademiemitglied, 
Vorstand  der  Königlichen  Bibliothek,  die  damals  eben¬ 
sowohl  gedruckte  Bücher  wie  Flandschriften,  Stiche, 
genealogische  Tafeln  und  ähnliche  Erzeugnisse  der 
graphischen  Kunst  enthielt.  Einer  der  Neffen  des 
Abbe  war  von  einem  Amtsbruder  Bignons,  dem  Abbe 
von  Chancey,  erzogen  worden,  und  um  sich  für  diesen 
seiner  Familie  geleisteten  Dienst  besonders  erkenntlich 
zu  zeigen,  setzte  Bignon  es  durch,  daß  Chancey  zum 
Vorstand  der  Sticheabteilung  in  der  Bibliothek  ernannt 
wurde.  Es  dauerte  nicht  lange,  so  liefen  über  den 
neuen  Vorstand  Beschuldigungen  der  Unterbeamten 
ein,  daß  Chancey,  der  notorisch  stets  in  Geldverlegen¬ 
heit  war,  die  ihm  anvertrauten  Schätze  veruntreue  und 
den  Erlös  zu  seinem  leichtsinnigen  Lebenswandel  mi߬ 
brauche;  aber  Bignon  wollte  von  diesen  Beschuldigun¬ 


gen  gegen  einen  Mann,  dem  er  volles  Vertrauen 
schenkte,  nichts  wissen,  bis  eines  Tages  der  Skandal 
so  offenkundig  geworden  war,  daß  die  Polizei  in  meh¬ 
reren  Straßen  der  Stadt  ganze  Depots  aufdecken 
konnte,  wo  Chancey  die  aus  der  Bibliothek  entwende¬ 
ten  Stiche  durch  Vermittler  billig  aber  nur  gegen  baar 
sowohl  ins  Inland  wie  ins  Ausland  verkaufen  ließ. 
Diese  Entdeckung  ließ  auch  bei  den  oberen  Behörden 
über  die  Schuld  des  Mannes  keinen  Zweifel  mehr  zu, 
und  Chancey  wurde  auf  königlichen  Befehl  am  30.  Mai 
1795  in  die  Bastille  gebracht.  Von  dort  aus  versuchte 
er  durch  Schmeicheleien,  Leugnen  und  Bitten  auf  den 
Minister  Fleury  einzuwirken,  während  er  gleichzeitig 
Bignon  beschuldigte,  daß  dieser  von  all  seinen  Taten 
gewußt  und  ihn  absichtlich  in  die  Versuchung,  der  er 
erlegen  sei,  geführt  habe,  um  ihm  auf  diese  Weise  eine 
Entschädigung  für  die  an  seinem  Neffen  geleistete 
Arbeit  zu  bieten.  Indessen  vermochten  weder  Drohun¬ 
gen  noch  Bitten  das  Schicksal  zu  seinen  Gunsten  zu 
wenden.  Allerdings  verließ  Chancey  am  13.  November 
1736  die  Bastille,  aber  nicht,  um,  wie  er  gehofft  hatte, 
die  Freiheit  wieder  zu  erlangen,  sondern  um  die  Ba¬ 
stille  mit  einem  anderen,  in  solchen  Fällen  auch  bei 
uns  manchmal  zur  Anwendung  gelangenden  Aufenthalt 
zu  vertauschen.  Während  seiner  Haft  machte  er  näm¬ 
lich  dem  Polizeileutnant,  der  die  Aufsicht  über  die 
Bastille  führte,  allerhand  Angaben  über  schreckliche 
Zustände,  an  denen  er  litte,  und  die  seine  Entlassung 
aus  der  Bastille  unbedingt  notwendig  machten,  wenn 
er  nicht  vor  Schmerz  und  Wahnsinn  sterben  solle. 
Diese  natürlich  schwindelhaften  Angaben  machten  sich 
die  Behörden  gern  zu  Nutz,  um  Chancey  als  Geistes¬ 
kranken  und  Unzurechnungsfähigen  in  die  „Petites 
Maisons“  zu  bringen,  die  damals  den  Irrsinnigen  und 
Schwerkranken  zum  Aufenthalt  dienten,  und  so  den 
immerhin  peinlichen  Fall  auf  die  wenigst  ärgerliche 
Art  aus  der  Welt  zu  schaffen.  Vergebens  beteuerte 
Chancey,  daß  er  nur  den  Skorbut  habe;  man  hielt 
daran  fest,  daß  er  ein  Geisteskranker  sei,  der  unter 
dem  Einfluß  seiner  durch  seinen  Lebenswandel  ent¬ 
standenen  Krankheit  zu  seinem  Vergehen  gekommen 
sei,  und  behielt  ihn  in  Gewahrsam.  Im  Februar  des 
folgenden  Jahres  gelang  es  ihm  allerdings  zu  entfliehen, 
aber  er  wurde  alsbald  wieder  ergriffen  und  wieder  in 
ein  Irrenhaus,  diesmal  das  von  Charenton,  gebracht. 
Von  da  ab  sind  keine  Aufzeichnungen  über  Chancey 
mehr  erhalten.  Die  von  ihm  begangenen  Entwendun¬ 
gen  hatten  übrigens  nicht  ganz  so  schlimme  Folgen 
als  im  ersten  Augenblick  befürchtet  worden  war. 
Allerdings  war  die  Zahl  der  von  ihm  veruntreuten 
Stücke  sehr  erheblich ;  aber  seinem  Nachfolger  Coypel 
gelang  es,  den  größten  Teil  davon  wieder  in  den  Be¬ 
sitz  der  Bibliothek  zu  bringen.  Auch  von  privater 
Seite  -wurden  manche  Lücken  ausgefüllt,  vor  allem 
durch  Bignon  selbst,  der,  um  nach  Kräften  den  durch 
seine  Fahrlässigkeit  entstandenen  Schaden  wieder  gut 
zu  machen,  der  Bibliothek  die  50000  Bände  seiner 
eigenen  Büchersammlung  letztwillig  hinterließ. 

K.  Schneider. 


1  Hirzel,  S.  97 ;  gleichfalls  in  meinem  Besitz,  auch  vorhanden  in  der  Herzoglichen  Bibliothek  zu  Wolfenbüttel. 

2  Goethes  Tagebücher  (Weimarer- Ausgabe),  Bd.  io,  S.  59  und  316;  Briefe,  Bd.  39,  S.  352. 

Alle  Rechte  Vorbehalten.  —  Nachdruck  verboten. 

Für  die  Redaktion  verantwortlich  Prof.  Dr.  Carl  Schiiddekpfif-Vf eimar,  Grunstedterstr.  16.  Druck  u.  Verlag  v.  IV,  Vruguli »-Leipzig,  Königstr.  xo. 


BEIBLATT  DER 

ZEITSCHRIFT  FÜR  BÜCHERFREUNDE 

NEUE  FOLGE 

I.  Jahrgang.  April  1909.  Heft  1. 

Für  diesen  Teil  verantwortlich  Prof.  Dr.  Georg  V/itkowski,  Leipzig- Gohlis,  Ehrensteinstr.  20,  Manuskripte  erbeten  an  diesen. 
Inserate  direkt  an  den  Verlag  W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstraße  IO. 

Inserat  Bedingungen: 


Vx  Seite . 60  Mark  I/4  Seite . 15  Mark 

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Kleine  Anzeigen  (Desiderata  und  Angebote):  die  gespalt.  Petitzeile  50  Pf.,  für  Mitglieder  der  Gesellschaft  der 
Bibliophilen  30  Pf.  —  Beilagegebühr  50  Mark.  —  Insertionsschluß  für  Heft  2  am  15.  Mai.  —  Abonnenten  haben 
pro  Quartal,  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung,  10  Zeilen  unter  Nachfrage  oder  Angebote  frei. 


Zum  Beginn. 


jie  Leser  der  „Zeitschrift  für  Bücherfreunde“  wissen  bereits  durch  das  Nachwort  Fedors 
von  Zobeltitz  im  letzten  Hefte,  daß  Redaktion  und  Verlag  mit  dem  Anfang  des  neuen 
[Jahrgangs  auf  die  Unterzeichneten  übergehn.  Sie  werden  bestrebt  sein,  die  Zeitschrift 
im  alten  Kurs  weiterzuführen,  und  bitten  ihr  das  bisherige  Vertrauen  zu  bewahren. 

Um  noch  mehr  als  früher  das  Beiblatt  den  Interessen  der  Sammler  dienstbar  zu  machen, 
soll  von  jetzt  an  jedem  Abonnenten  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung  vierteljährlich 
ein  Raum  von  io  Zeilen  für  Angebot  und  Nachfrage  unentgeltlich  zur  Verfügung  gestellt  werden. 
Wir  hoffen,  daß  von  diesem  Angebot  recht  häufig  Gebrauch  gemacht  werden  wird,  und  verbleiben 


hochachtungsvoll 

Die  Herausgeber:  Prof.  Dr.  Carl  Schüddekopf  und  Prof.  Dr.  Georg  Witkowski. 

Der  Verlag  W.  Drugulin. 


Angebot. 

Martin  Opitz,  Deutsche  Poemata  1625,  Pergam.  30  M. 
Gottsched,  Gedichte,  2.  Aufl.  Leipz.  1751,  2  Bde.,  un¬ 
beschnitten,  unberührtes  Exemplar.  20  M. 

Goethe ,  Clavigo  1774,  1.  Druck,  Papierband.  120  M. 
Schiller,  Musen- Almanach  1799,  Orig.-Umschl.  30  M. 
Tieck,  Franz  Stembalds  Wanderungen,  1798,  1.  Ausg. 
2  Bde.  Pappband.  45  M. 

Reflektanten  werden  gebeten,  ihre  Aufträge  an 
W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstr.  10  zu  senden. 

Nachfrage. 

Alles  von  und  über  Goue. 

Amaranthes  (Corvinus),  Proben  der  Poesie,  Franckfurt 
und  Leipzig  1710.  —  Reifere  Früchte  der  Poesie, 
Leipzig  1720. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  I.  Beiblatt.  — 


Gleim,  Versuch  in  scherzhaften  Liedern,  Berlin  o.  J. 
(1744),  erste  der  beiden  Ausgaben.  —  Zweeter  Teil, 
Berlin  1745. 

Goethe,  Faust.  Ein  Fragment.  1790.  1.  Druck. 

Geliert,  Leben  der  schwedischen  Gräfin.  Alle  Ausgaben. 

Le  Cabinet  de  Lampsaque.  Paphos  1784. 

Het  Leeven  enBedryf  van  de  hedendaagsche  Haagsche 
en  Amsterdamsche  Zalet-Juffers.  Amsterdam  1696. 

Les  amants  frangois  ä  Londres  ou  les  delices  de  l’Angle- 
terre.  Londres  1780. 

Monumens  de  la  Vie  privee  des  douze  Cesars.  Caprde 
1780. 

Nugae  venales  1648  oder  andere  Ausgabe. 

Angebote  mit  Preisangabe  an  W.  Drugulin,  Leipzig, 

Königstr.  10  erbeten. 


Beiblatt. 


Von  den  Auktionen. 


Die  Versteigerung,  in  der  Max  Perlxn  Berlin  vom 
8.  bis  io.  März  die  schöne  Bibliothek  des  Freiherrn  Otto 
von  Grote-Wannsee  zum  Verkauf  brachte,  gestattete 
wertvolle  Vergleiche  mit  der  kurz  vorhergehenden 
Auktion  Hewett  (bei  C.  G.  Boerner  in  Leipzig,  siehe 
das  Schlußheft  des  vorigen  Jahrgangs).  Wir  nennen: 
Amors  Verlegenheit  (Wien  1785)  M.  41 ;  Berlinisches 
Archiv  der  Zeit  und  ihres  Geschmacks  (1795)  M.  33; 
Aretmo,  Ragionamenti  (Bengodi  1584)  M.  71 ;  Ar¬ 
nim,  Hollins  Liebesieben  M.  27;  Des  Knaben  Wun¬ 
derhorn  (Heidelberg  1806—08,  3  Bände,  Pracht¬ 

exemplar)  M.  125;  Balzac,  Oeuvres  completes  (Paris 
1855,  20  vol.)  M.  125;  CI.  Brentano,  Gockel  (Frankfurt 
1838,  unbeschnitten)  M.  160;  Sophie  Brentano,  Fiametta 
M.  29;  Bürger,  Gedichte  (1 778)  M.  41,  (1789)  M.  27, 
Macbeth  (1783)  M.  5;  Casanova,  Memoiren  herausge¬ 
geben  von  Buhl  (Berlin  1850 — 51)  M.  31 ;  Cha?nisso, 
Gedichte  (1831)  M.  12;  Musenalmanach  auf  1804  M.  24 
und  M.  18,  zweiter  Jahrgang  M.20;  Eichendot'ff,  Werke 
(Berlin  1842)  M.  30 ;  Gedichte  (1837)  M.  28;  Fontane, 
Balladen  (1861)  M.  85;  Gleim,  Preußische  Kriegslieder 
(Berlin  1758)  und  Der  Grenadier  an  die  Kriegsmuse 
(1759) M. 31 ;  Goethe:  Musenalmanach  für  1800  mit  eigen¬ 
händiger  Widmung  an  Amalie  von  Imhof  M.  375, 
Schriften  (Himburg  1775 — 79,  U  2-,  4-  Teil)  M.  135, 
Schriften  (Leipzig  1787 — 90,  8  Bände)  M.  580,  Schriften 
(Leipzig  1787 — 91,  4  Bände)  M.  60;  Der  Bürgergeneral 
(1793)  M.  11 ;  Das  römische  Carneval  (Insel-Neudruck) 
M.  26;  Claudine  von  Villa  Bella  (Berlin  1776)  M.  37; 
Faust  (1808)  M.  240,  zweiter  Teil  (1833)  M.  91 ;  Die 
Geschwister  (1787)  M.  34;  Werther  (1.  Ausgabe)  M.  505, 
zweyte  ächte  Auflage  (1775)  M.  36;  Deyverduns  Über¬ 
setzung  M.  81 ;  Die  Leiden  des  jungen  Werthers,  ein 
Trauerspiel  in  drei  Aufzügen  (Frankfurt  1776)  M.  125; 
Nicolai,  Freuden  M.  20 ;  Wagner,  Prometheus  Deuka- 
lion  (Freystatt  1775)  M.  26;  Schillers  Musenalmanach 
1796— 99(die Musikbeilagen  1797/98 fehlen)  M. 64;  Kunst 
und  Alterthum  (mit  allen  Umschlägen,  unbeschnitten) 
M.  14;  Wahlverwandtschaften  (1.  Ausgabe,  schlechtes 
Exemplar)  M.  6;  Wilhelm  Meisters  Lehrjahre  (1.  Aus¬ 
gabe,  eine  Musikbeilage  fehlt)  M.  35;  Wanderjahre 
(1.  Ausgabe)  M.  35;  Briefwechsel  mit  Zelter  M.  66; 
Götz,  Geliebte  Schatten  M.  17;  Reichardt,  Lieder  ge¬ 
selliger  Freude  (Leipzig  1796)  M.  22;  Musik  zu  Goethes 
Werken  (1.— 3.  Band,  Berlin  1793—95)  M.  400;  H.  L. 
Wagner,  Neuer  Versuch  über  die  Schauspielkunst 
(Leipzig  1776)  M.  70;  Gottsched,  Gedichte  (1736)  M.  15; 
Grillparzer,  Ahnfrau  (1.  Ausgabe)  M.  31 ;  J.  und  W. 
Grimm,  Kinder-  und  Hausmärchen  (Berlin  1812 — 13) 
M.  680;  Gutzkow,  Wally  (1.  Ausgabe)  M.  20;  Hebbel, 
Gedichte  (1842)  M.  9;  Heine ,  Buch  der  Lieder  (1827) 
M.  75;  Gedichte  (1822)  M.  71 ;  Neue  Gedichte  (1844) 
M.  8;  Heinse ,  Begebenheiten  des  Enkolp  (Rom  1773) 
M.  35;  Laidion  (Lemgo  1774)  M.  26;  E.  T.  A.  Hoff- 
mann,  Elixiere  des  Teufels  (1.  Ausgabe)  M.  16;  Meister 
Floh  (1.  Ausgabe  mit  Umschlag,  unaufgeschnitten)  M.  12; 
Nachtstücke  (1.  Ausgabe)  M.  16;  Hölderlin,  Gedichte 
(1826)  M.  18;  Kant,  Kritik  der  reinen  Vernunft  (1.  Aus¬ 
gabe)  M.  76;  Keller,  Der  grüne  Heinrich  (Braunschweig 


1854—55,  gutes  Exemplar)  M.  120;  Die  Leute  von  Seld- 
wyla  (1856)  M.  40;  H.  von  Kleist,  Erzählungen  (Berlin 
1810 — 11,  2  Teile)  M.  81 ;  Das  Käthchen  von  Heilbronn 
(1.  Ausgabe)  M.  27;  Der  zerbrochene  Krug  (1.  Ausgabe) 
M.  16,  mit  Menzels  Illustrationen  (Photographien)  M.22; 
Klinger,  Die  neue  Arria  M.  51,  Plimplamplasko  M.61 ; 
La  Fontaine,  Contes  et  Nouvelles  (Edition  des  Fermiers 
gen^raux,  Einband  Derome)  M.  810;  Leisewitz,  Julius 
von  Tarent  (Leipzig  1776)  M.  6;  Lenz,  Die  Freunde 
machen  den  Philosophen  M.  66;  Die  Soldaten  M.  33; 
Lessing,  Emilia  Galotti  (1.  Druck)  M.  21 ;  Hamburgische 
Dramaturgie  (1.  Ausgabe)  M.  23;  Laokoon  (1.  Ausgabe) 
M.  21;  Minna  von  Barnhelm  (1.  Ausgabe)  M.  300;  Na¬ 
than  der  Weise  (1.  Ausgabe,  fleckig)  M.  21 ;  Liederbuch 
dreier  Freunde  M.  360;  Menzel,  Aus  König  Friedrichs 
Zeit  (1856)  M.  60 ;  Geschichte  Friedrichs  des  Großen 
(1.  Ausgabe)  M.  175;  C.  F.  Meyer,  Balladen  (1864)  M.  10; 
Mörike ,  Vier  Erzählungen  (1856)  M.  1 2 ;  Jahrbuch  schwä¬ 
bischer  Dichter  und  Novellisten  (1836)  M.  16;  Maler 
Nolten  (1.  Ausgabe)  M.  1 70 ;  Musaeus ,  Volksmärchen 
der  Deutschen  (nur  teilweise  1.  Ausgabe)  M.  1 1 5 ; 
Nietzsche ,  Also  sprach  Zarathustra  (Chemnitz  1883—84, 
Leipzig  1891,  4Teile)  und  Dionysos-Dithyramben  M.  105, 
elf  andere  Erstausgaben  M.  11  bis  M.  31 ;  Novalis , 
Schriften  (1.  Ausgabe)  M.  22 ;  Heinrich  von  Ofterdingen 
(1.  Ausgabe)  M.  12;  Reinick ,  Lieder  eines  Malers  (Ori¬ 
ginalausgabe)  M.  14;  Sade,  Justine  (1791)  M.96;  Schiller , 
Anthologie  auf  das  Jahr  1782  M.  105;  Don  Carlos  (1787) 
M.  85;  Historischer  Calender  für  Damen  1791 — 93 
(mäßiges  Exemplar)  M.  27;  Die  Horen  M.  170;  Kabale 
und  Liebe  (1.  Ausgabe)  M.  75;  Musenalmanach  1798 
(sehr  schönes  Exemplar)  M.  44,  1797  (ebenfalls  sehr 
schön)  M.  23,  1798  (ohne  Kalendarium)  M.  20,  1799 
(unbeschnitten)  M.  ii;  1800  (unbeschnitten)  M.  15; 
Thalia,  1.  Heft  (mit  Umschlag)  M.  135,  Thalia  (voll¬ 
ständig)  M.  105;  Der  Venuswagen  M.  200;  Fiesko 
(1.  Ausgabe)  M.  105;  Wallenstein  (1.  Ausgabe,  Kupfer¬ 
druckpapier)  M.  31 ;  Antrittsvorlesung,  I.  Druck  M.90, 
zweiter  Druck  M.  42;  A.  W.  und  Fr.  Schlegel ,  Athe- 
naeum  M.  67;  Fr.  Schlegel ,  Lucinde  (1.  Ausgabe)  M.  34; 
C.  H.  Schmid ,  Chronologie  des  deutschen  Theaters 
(1775)  M.  51 ;  Simplicissimus,  Jahrgang  II— XII,  Luxus¬ 
ausgabe  (3  Nummern  fehlen)  M.  160 ;  Musaeus-Müller- 
Tieck ,  Straußfedern  M.  69 ;  Tieck ,  Abdallah  (1795)  M.  9 ; 
Der  gestiefelte  Kater  (1797)  M.  27;  Peter  Lebrecht 
(1795 — 96)  M.  25;  Poetisches  Journal  M.  31 ;  Taten  und 
Feinheiten  renommierter  Kraft-  und  Knififgenies  (1790 
bis  1791)  M.  29;  Die  sieben  Weiber  des  Blaubart  (1797) 
M.  24;  Tieck  und  Wackenroder ,  Phantasien  über  die 
Kunst  (1799)  M.  15;  Uhland ,  Gedichte  (1815)  M.  23; 
Voltaire ,  La  Pucelle  d’Orleans  (1.  Ausgabe,  1755)  M.  9; 
Romans  et  contes  (Bouillon  1778)  M.  300 ;  Wacken¬ 
roder ,  Herzensergießungen  (1797)  M.  24;  H.  L.  Wagner, 
Macbeth  (1779)  M.  51 ;  Der  Schubkarn  des  Essighänd¬ 
lers  (1775)  M.  60;  Weichmann ,  Poesie  der  Niedersachsen 
(1725 — 38,  6  Bände)  M.  10;  Die  Zukunft  (Harden)  Jahr¬ 
gang  1 — 16,  M.  30. 


2 


Beiblatt. 


Am  19.  März  fand  bei  Sotheby  in  London  eine  Ver¬ 
steigerung  seltener  Bücher,  illuminierter  Handschriften 
u.  a.  m.  in  etwa  100  Nummern  statt,  die  bei  guter  Kauf¬ 
lust  einen  Gesamterlös  von  3908  Pfund  13  Schilling 
6  Pence  brachte.  Das  wichtigste  Stück  war  ein  voll¬ 
kommenes  Exemplar  der  ersten  Ausgabe  von  Isaak 
Waltons  „Compleat  Angler“  aus  dem  Jahre  1653  im 
Original -Kalblederband;  die  Gebote  begannen  mit 
100  Pfund,  bis  es  mit  1085  Pfund  von  Quaritch  erworben 
wurde.  Dieses  Buch,  dessen  ursprünglicher  Preis  nicht 
ganz  2  Schilling  betragen  hatte,  gehört  seit  langer  Zeit 
zu  den  gesuchtesten  Büchern  auf  dem  englischen  Markt; 
im  Jahre  1887  wurde  noch  ein  Exemplar  um  87  Pfund 
verkauft,  seitdem  aber  stiegen  die  Gebote  für  gute 
Exemplare  außerordentlich,  bis  auf  der  Versteigerung 
Van  Antwerp  vor  zwei  Jahren  für  das  vorher  in  der 
Rowland-Bibliothek  befindlich  gewesene  Exemplar  mit 
1290  Pfund  der  höchste  bisher  dafür  gebotene  Preis 
erreicht  wurde.  Der  jetzt  erzielte  Preis  war  der  zweit¬ 
höchste;  der  dritthöchste  wurde  im  vorigen  Monat  bei 
der  Versteigerung  Heckscher  in  New  York  mit  3900  Dol¬ 
lars  für  ein  Exemplar  bezahlt,  das  vor  wenigen  Jahren 
von  Pickering  und  Chatto  in  London  mit  375  Pfund  ver¬ 
zeichnet  worden  war.  Ein  anderes  sehr  seltenes  Buch 
der  Versteigerung  war  ein  bis  auf  das  Titelblatt  aus¬ 
gezeichnet  erhaltenes  Exemplar  der  Ausgabe  der  Shake- 
speare sehen  Gedichte  von  1640,  das  gleichfalls  von 
Quaritch  um  310  Pfund  erworben  wurde.  Wahrschein¬ 
lich  war  dies  der  höchste  Preis,  der  für  das  Büchlein 
bisher  bezahlt  worden  ist.  Etwa  um  1683—85  war  der 
Preis  dieses  Büchleins  6  Pence;  im  Jahre  1826  wurde 
ein  Exemplar  bereits  mit  4  Guineen  bezahlt,  und  seit¬ 
demstiegen  die  Gebote  ununterbrochen  bis  auf205  Pfund, 
die,  ebenfalls  bei  Sotheby,  im  Jahre  1905  für  den  Band 
bezahlt  wurden.  Beide  Bücher  stammten  aus  dem  Be¬ 
sitz  eines  Obersten  Sanford. 

Zu  den  interessanten  Nummern  der  Versteigerung 
gehörte  auch  das  berühmte  vierbändige  Werk  „Mis- 
cellanies  in  Prose  and  Verse“,  1723 — 1732  von  Benja¬ 
min  Motte  veröffentlicht,  aus  dem  Besitz  von  Jonathan 
Swift :  die  Bände  enthielten  mehrere  hundert  hand¬ 
schriftliche  Einträge,  persönliche  Bemerkungen, 
Verse  usw.  von  der  Hand  des  Verfassers  von  „Gullivers 
Reisen“.  Die  Bände  wurden  erst  vor  einigen  Wochen 
in  Dublin  mit  dem  Rest  der  Bibliothek  Lord  Powers¬ 
courts  versteigert;  doch  entgingen  sie  merkwürdiger¬ 
weise  fast  ganz  der  Aufmerksamkeit  der  zahlreich  dort 
anwesenden  Buchhändler,  bis  sie  zuletzt  von  einem 
Londoner  um  weniger  als  1  Pfund  erworben  wurden. 
Diesmal  wurden  die  vier  Bände,  deren  jeder  das  Power- 
scourtsche  Exlibris  trägt,  von  Quaritch  um  117  Pfund  er¬ 
steigert.  Unter  den  andern  bemerkenswerten  Büchern 
war  zu  erwähnen  ein  Exemplar  der  „Gedichte“  von 
Bums,  Edinburg  1787,  das  überall  dort,  wo  in  der 
Originalausgabe  die  Namen  durch  Sternchen  ange¬ 
deutet  sind,  die  ausgeschriebenen  Namen  in  Burns’ 
eigener  Handschrift,  sowie  eine  Zusatzstrophe  zu  der 
Elegie  auf  „Tarn  Samson“  gleichfalls  von  des  Dichters 
eigener  Hand  enthielt;  es  wurde  um  75  Pfund  von 
Spencer  erworben.  Eine  sehr  seltene  Ausgabe  des 
Psalters  aus  dem  Jahre  1549  wurde  um  55  Pfund  von 


Quaritch  erworben.  —  Bemerkenswert  reich  war  die 
Versteigerung  auch  an  schönen  Stundenbüchern  und 
anderen  illuminierten  mittelalterlichen  Handschriften. 
Zwei  der  schönsten  davon  stammten  aus  dem  Besitz 
eines  Obersten  Cotes,  nämlich  ein  Stück  „Horae  Beatae 
Mariae  ad  usum  Ecclesiae  Galliae“  auf  208  Blättern, 
das  von  einem  englisch -französischen  Schreiber  und 
Illuminator  im  XV.  Jahrhundert  hergestellt  und  mit  41 
Miniaturen  und  sehr  reichem  sonstigen  Zierat  ge¬ 
schmückt  war,  sowie  ein  sehr  schön  geschriebener  und 
geschmückter  englischer  Psalter  aus  dem  XIII.  Jahr¬ 
hundert,  von  denen  das  erste  um  400  Pfund  von  Frank¬ 
lin,  das  zweite  um  420  Pfund  von  Quaritch  erworben 
wurde.  Aus  anderem  Besitz  stammte  ein  Stundenbuch 
aus  dem  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts  „ad  usum 
Romanum“  auf  92  Seiten  von  einem  französischen 
Schreiber  mit  18  größeren  und  kleineren  Miniaturen, 
sowie  ein  anderes  von  114  Blättern  aus  gleicher  Zeit, 
ebenfalls  von  einem  französischen  Schreiber  hergestellt 
und  mit  15  feinen  Miniaturen  sowie  sonstigem  Zierwerk 
versehen;  sie  wurden  in  der  Reihenfolge  der  Auf¬ 
zählung  von  Quaritch  um  245  Pfund  und  von  Edwards 
um  225  Pfund  erworben.  (Börsenblatt.) 


In  einer  Auktion,  die  Sotheby  in  London  am  18. 
und  19.  Februar  abhielt,  wurden  folgende  Preise  er¬ 
zielt:  Acht  erste  Ausgaben  von  Gedichten  Tennysons, 
50  £;  ein  Exemplar  des  Keimscott  „ Chaucer 1896, 
42  £;  Jean  Le  Bautre,  „Oeuvres  d’Architecture“,  1751, 
3  Bände,  42  £;  „Twenty  Plates  Illustrating  Shake¬ 
speare“,  gestochen  von  Bartolozzi,  Tomkins  u.  a.,  farbig, 
47  £  10  s;  ein  Sammelbuch  mit  Originalkarikaturen 
von  Gillray,  Dighton  u.  a. ,  48  £  und  ein  anderes  mit 
Watteau-Stichen  26  £.  (Kunstmarkt.) 


Am  22.  und  23.  Februar  versteigerte  Sotheby  in 
London  Mr.  J .  Stoddards  Autographensammlung,  ein¬ 
schließlich  einiger  historischer  Dokumente  und  Hand¬ 
schriften,  404  Nummern.  Der  Gesamtertrag  war  776  £ 
17  s,  darunter  beinahe  200  Briefe,  Porträts,  Zeichnungen, 
die  Nelsons  Leben,  Tod  und  Begräbnis  illustrieren, 
145  £ ;  ein  kurzer  Brief  Nelsons  an  Lady  Hamilton, 
23.  März  1801,  31  £ ;  ein  Brief  Lady  Hamiltons  an 
Mrs.  Lambert,  10  £;  ein  Brief  Mrs.  Siddons  an  Mrs. 
Piozzi,  12  £  10  s;  ein  Brief  Gainsboroughs  an  seinen 
Bruder,  10  £  10  s;  ein  Brief  Mendelssohns  an  Prof. 
Fischhof,  3  £  12  s  6  d;  Autograph-Partitur  für  Gounods 
Nazareth,  12  £  10  s;  ein  Brief  Whistlers  mit  einer 
Radierung,  1859,  2  £  5  s;  ein  Brief  Zolas ,  1882,  1  £ 
1  s  und  ein  Brief  der  Königin  Victoria,  1880,  5  £. 

(Kunstmarkt.) 


Richard  Härtel  in  Dresden  wird  am  23.  und  24. 
April  eine  reichhaltige  historische  Sammlung  verstei¬ 
gern.  Vertreten  sind  vor  allem:  Friedrich  der  Große, 
Napoleon  und  seine  Zeit,  Luther,  Amerika,  Rußland, 
Polen,  Sachsen -Thüringen,  Münzenkunde,  Genealogie, 
Heraldik,  Urkunden,  auch  eine  Anzahl  Autographen, 
dabei  Gustav  Adolph,  Prinz  Eugen  usw. 


Beiblatt. 


Dasselbe  Antiquariat  verauktioniert  ferner  im  Mai: 
i.  Kulturgeschichtliches  Allerlei  (Curiosa,  alte  Medizin, 
alte  Kochbücher,  alte  Jugendschriften,  Jagd,  Sport, 
Spiele,  Studentica,  Turnen,  Philosophie,  Magie,  Galan¬ 
terien  und  vieles  andere),  ferner  eine  prächtige  Kol¬ 
lektion  von  Karikatureti  (meist  englische  kolorierte 
Kupferstiche  von  Rowlandson  u.  a.),  sodann  Kunst¬ 
geschichte,  Architektur,  illustrierte  Werke,  Theater, 
Musik,  Liederbücher,  Dramatisches,  Bibliographie 
(dabei  Graesse,  Brunet  usw.),  Buchdruck  und  Buch¬ 
handel,  einige  Erstausgaben  deutscher  Literatur,  zum 
Schluß  Stammbücher,  Almanache  und  Taschenbücher. 
Der  Katalog  erscheint  Ende  April.  (Siehe  Inserat.) 


Vom  27.  April  bis  1.  Mai  wird  die  Universitäts¬ 
buchhandlung  Karl  Groß  Nach/,  in  Heidelberg  eine 
Bücher-  und  Kunstauktion  (ca.  2500  Nummern)  ver¬ 
anstalten,  Teile  der  Sammlungen  des  verstorbenen 
Barons  Alexander  von  Bernus,  des  Grafen  von  Bismarck 
und  anderer  Sammler  enthaltend.  Der  erste  Teil  um¬ 
faßt  die  verschiedensten  Literaturgebiete,  der  zweite 
graphische  Kunst,  der  dritte  Gemälde. 


Das  bekannte  Buch-  und  Kunstantiquariat  von  Max 
Perl  in  Berlin  veranstaltet  am  7.  und  8.  Mai  d.  J.  eine 
Kunstauktion,  in  der  eine  große  Anzahl  von  Kupfer¬ 
stichen, ,  Radierungen,  Holzschnitten ,  Handzeichnungen, 
Lithographien,  Schabkunstblättern  sowie  besonders 
auch  eine  interessante  und  wertvolle  Ex  libris- Samm¬ 
lung  versteigert  werden  sollen.  Die  Kunstblätter 
stammen  zumeist  aus  dem  XVIII.  und  XIX.  Jahrhun¬ 
dert;  Meister  wie  Chodowiecki ,  Klinger ,  Menzel  —  um 
nur  einige  herauszugreifen  —  sind  mit  besonders  schönen 


Schöpfungen  vertreten.  Der  Katalog  befindet  sich  in 
Vorbereitung  und  wird  Interessenten  gern  zugestellt. 
(Siehe  Inserat.) 

Anfang  Mai  werden  bei  Oswald  Weigel  in  Leipzig, 
Königstraße  1,  zwei  Versteigerungen  stattfinden,  welche 
in  mehrfacher  Hinsicht  bemerkenswert  sind.  Die  erste 
(Neue  Folge  15)  bringt  in  einer  sehr  gut  katalogisierten 
Blattsammlung  prächtigen  Buchschmuck  von  den  ersten 
Zeiten  des  Buchdruckes  bis  gegen  Ende  des  X\  III.  Jahr¬ 
hunderts.  Frühe,  blattgroße  Holzschnitte,  Titel  und 
Textillustrationen  und  eine  Fülle  von  Buchornamentik, 
Bordüren,  Initialen,  Signete,  Vignetten,  Zierleisten  usw., 
geben  in  großen  Zügen  ein  gutes  Bild  wertvoller  Buch¬ 
kunst  Italiens,  Frankreichs,  Deutschlands,  der  Schweiz 
usw.  Dem  illustrierten  Kataloge  geht  ein  orientieren¬ 
des  Vorwort  voraus,  während  ein  sorgfältig  bearbei¬ 
tetes  Register  dessen  Wert  erhöht  und  ihm  dauernde 
Beachtung  sichert. 

Die  andere  Auktion  (Neue  Folge  16)  zerfällt  in  drei 
Hauptgruppen:  Kunstblätter,  Autographen,  wertvolle 
Weike  aus  verschiedenen  Wissenschaften.  Die  Kunst¬ 
blätter  und  Bücher  stammen  zum  Teil  aus  der  Samm¬ 
lung  des  allbekannten  Schriftstellers  Carus  Sterne 
(Professor  Dr.  Ernst  Krause),  die  Autographen  aus  dem 
Nachlasse  eines  schon  länger  heimgegangenen  Leip¬ 
ziger  Theaterkritikers  und  Rezensenten.  Unter  den 
Kunstblättern  dürfte  der  prachtvolle  Christuskopf  Mel- 
lans  besondere  Anziehung  ausüben,  gute  Abdrücke 
dieses  seltenen  Blattes  werden  sehr  gesucht.  Bei  den 
Autographen  begegnen  wir  Namen  besten  Klanges, 
und  namentlich  Autographensammler,  die  auf  solche 
von  Musikern  {Liszt,  Wagner  usw.),  Dramatikern, 
Schauspielern  usw.  fahnden,  werden  auf  ihre  Rechnung 
kommen.  (Siehe  Inserat.) 


Rundschau  der  Presse. 

Von  Professor  Dr.  Adalbert  H ortzschansky  in  Groß-Lichterfelde. 

Die  nachfolgende  Übersicht  versucht,  die  wichtigeren  in  Zeitschriften  und  Zeitungen  enthaltenen  Aufsätze  und  Abhandlungen  zu 
verzeichnen,  soweit  sie  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift  in  Betracht  kommen.  Zusendung  von  Sonderdrucken  und  Ausschnitten  an  die  Adresse 
des  Bearbeiters  in  Groß-Lichterfelde  bei  Berlin,  Moltkestr.  40,  erbeten. 


Schrift-,  Buch-  und  Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Deutsche  Kommission.  Bericht  der  HH.  Burdach, 
Heusler,  Roethe  und  Schmidt  (über  die  Inventari¬ 
sation  der  literarischen  deutschen  Handschriften). 

Sitzungsberichte  der  Kgl.  Preuß.  Akademie  der 
Wissenschaften.  190g.  Bd.  1.  Nr.  V.  S.  137  — 149. 
Kemmerich,  M. ,  Das  deutsche  frühmittelalterliche 
Porträt  bis  zum  Ausgang  des  romanischen  Stils. 

Zeitschrift  für  bildende  Kunst.  N.  F.  44.  1908/9. 
S.  88 — 100  mit  14  Abbildungen. 

Kleinschmidt,  B,,  Die  Miniaturen  der  Exultet-Roller. 
Ihre  kunstgeschichtliche  Bedeutung.  Mit  8  Abbild, 
im  Text. 

Christliche  Kunst.  5.  1908/9  (März).  S.  177 — 185. 


Bibliophilie.  Exlibris. 

Beaulieu,  H.  v.,  Der  Leser.  Eine  Studie. 

Literarische  Neuigkeiten.  (Leipzig,  Koehler.)  9. 
1909.  Nr.  1.  S.  3—6. 

Bell,  A.,  Books  on  the  fine  arts. 

The  Bibliophile.  3.  1909.  S.  26  —  36  mit  8  Ab¬ 
bildungen. 

Esdaile,  K.,  English  book  Illustration  in  the  eigtheenth 
Century.  P.  II.  1760 — 1800. 

The  Bibliophile.  2.  1908/9.  S.  305 — 317  mit 

13  Abbildungen. 

Pollak,  F.,  Habsburger  Cimelien- Ausstellung  in  der 
k.  k.  Hofbibliothek  zu  Wien. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  vom  7.  Februar. 

Scholderer,  V.,  The  Schreiber  Collection. 

The  Bibliophile.  3.  1909.  S.  37— 44  mit  6  Abbild. 


4 


Beiblatt. 


Wheeler,  H.  F.  B.,  Notable  private  collections.  No.  i. 
The  Ashley  Library. 

The  Bibliophile.  3.  1909.  S.  3—18  mit  16  Abb. 

Widdows,  G.  H. ,  The  Study.  Its  building  and 
equipment. 

The  Bibliophile.  2.  1908/9.  S.  318—322  mit 

I  Tafel. 

Bibliothekswesen. 

Ahrens,  W. ,  Zentralisierungsbestrebungen  im  Biblio¬ 
thekswesen. 

Montagsblatt.  Wissenschaftliche  Wochenbeilage 
der  Magdeburgischen  Zeitung.  1909.  Nr.  8  vom 
22.  Februar. 

Barrett,  F.  J.,  The  significance  of  public  libraries. 

Library  Assistant.  1909,  January. 

Biagi,  G.,  I  libri  dei  soppressi  conventi  e  le  biblio- 
teche  popolari.  Relazione  letta  al  congresso  delle 
biblioteche  popolari. 

Rivista  delle  biblioteche.  18.  1908.  S.  173 — 176. 

Die  Bibliothek  Hartmann  Schedels.  (In  der  Hof- 
und  Staatsbibliothek  zu  München.) 

Kölnische  Volkszeitung.  1909.  Nr.  vom  7.  Februar 
1909. 

Die  deutschen  Bibliotheken  1908.  (Vermehrungs¬ 
etats.) 

Korrespondenzblatt  des  Akademischen  Schutz¬ 
vereins.  3.  1908/9.  S.  43 — 45. 

Bibliothekskonzentration.  (Von  B.) 

Korrespondenzblatt  des  Akademischen  Schutz¬ 
vereins.  3.  1908/9.  S.  38—42. 

Bostwick,  A.  E.,  Some  economic  features  of  libraries. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  48 — 52. 

Bouvat,  L.,  Les  Societes  savantes,  les  publications 
officielles  et  les  bibliotheques  de  l’Inde. 

Revue  du  monde  musulman.  6.  1908.  8.599—621. 

Caputo,  M.  C. ,  II  Salvataggio  della  R.  Biblioteca 
Universitaria  di  Messina. 

Zentralblatt  f.  Bibliothekswesen,  26.  1909.  S,  121 
■—127. 

La  Commission  superieure  des  Bibliotheques  au 
Ministere  de  1’ Instruction  Publique. 

Bulletin  de  l’  association  des  bibliothecaires  frangais. 
4  (d.  i.  3).  1909.  S.  1—3. 

Dallimore,  F.,  Object  lessons  to  school  children  in 
the  use  of  libraries. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  49 — 68. 

Daniels,  J.  F. ,  The  empty  heart.  A  paper  read  on 
the  educational  future  of  libraries  before  the  library 
section  of  the  Colorado  Teachers’  Association,  Dec. 
29,  1908.  Library  Journal.  34.  1909.  S.  4 — 8. 

Dreyer,  R.,  Ein  Wort  über  öffentliche  Blindenbiblio- 
theken.  Mit  Nachschrift  von  Lembcke. 

Der  Blindenjreund.  30.  1909.  S.  36—39. 

Er  man,  W. ,  Erläuterung  und  Begründung  der  All¬ 
gemeinen  Grundsätze  für  die  Vermehrung  der  preu¬ 
ßischen  Staatsbibliotheken. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen .  26.  1909.  S.  9  7 
— 121. 

Jevons,  H.  S.,  Libraries  from  the  student’s  point  of 
view.  Library  Assistant.  1909,  January. 


Jürges,  P. ,  Ein  ausländisches  Urteil  über  die  deut¬ 
schen  Bibliothekarinnenschulen. 

Blätter  für  Volksbibliotheken  utid  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  48-— 49. 

Kelly,  B.  M.,  Work  in  a  small  library. 

Public  Libraries.  14.  1909.  S.  45 — 49. 
Koerth,  A.,  Einiges  über  die  Aufgabe  des  Biblio¬ 
thekars  einer  Kleinstadtbücherei. 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  37—39- 

Landsberg,  H.,  Bibliotheksreformen. 

Der  Tag.  1909.  Nr.  185/59  vom  n.  März. 
Notable  Libraries:  Islington. 

Library  World.  1909.  Februar.  S.  303- — 308  mit 
1  Abbildung. 

Main  points  in  British  library  law. 

Library  World.  1909.  Februar.  S.  285—288. 
Molter,  Carlsruher  öffentliche  Bibliothek.  (Brief  an 
Nicolai  vom  19.  April  1783.) 

Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins. 
N.  F.  24.  1909.  S.  122 — 125. 

Mortet,  Ch.,  La  Question  du  recrutement  des  biblio¬ 
thecaires  d’etat. 

Bulletin  de  /' association  des  bibliothecaires  fran^ais. 
4  (d.  i.  3).  1909.  S.  4—6. 

Nyhuus,  H.,  Le  biblioteche  popolari  in  Norvegia. 

Rivista  delle  biblioteche.  19.  1908.  S.  169 — 173. 
Palmgren,  V.,  Om Tysklands  Kvinnliga  bibliotekarier. 

Folkbiblioteksbladet.  6.  1908.  S.  138 — 147. 
Post,  W.  J.,  Centralization  a  needed  reform  in  public 
document  distribution. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  43—48. 
La  Presentaciön  de  obras  literarias  y  artisticas  en 
la  Biblioteca  Nacional. 

Bibliografia  Espahola.  9.  1909.  Crönica.  S.  11  — 12. 
Putnam,  G.  H.,  Copyright  in  its  relation  to  libraries. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  58 — 60. 
Sauer,  A.,  Eine  deutsche  N  ationalbibliothek  für  Böhmen. 

Deutsche  Arbeit.  8.  1908/9.  S.  255—258. 
To wn send,  E.  E.,  Apprentice  work  in  the  small  public 
library.  Library  Journal.  34.  1909.  S.  8 — 10. 

Valensin,  G.,  Le  biblioteche  pubbliche  in  Inghilterra 
(Public  Libraries).  Relazione  presentata  al  congresso 
delle  biblioteche  popolari. 

Rivista  delle  biblioteche.  19.  1908.  S.  137 — 152. 
Warner,  J.,  Photographie  surveys  in  libraries. 

Library  Assistant.  1909,  January. 
Zimmer,  H.  ö.,  Die  bibliothekarische  Ausbildung  der 
Frauen. 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  44—48. 

Zobeltitz,  F.  von,  Abschied  von  der  Bücherkommode. 
Plauderei.  Die  Woche.  1909.  Nr.  8.  S.  310 — 311* 

Buchdruck  und  -Gewerbe. 

Biedermann,  F.  v.,  Lateinschriften.  (Forts.) 

Deutscher  Buch-  und  Steindrucker.  15.  1908/9. 
S.  438 — 442  mit  Abbildungen  26 — 37. 


5 


Beiblatt. 


Braunsberger,  O.,  Deutsche  Schriftstellerei  und 
Buchdruckerei  dem  römischen  Stuhle  empfohlen. 
Eine  Denkschrift  vom  Jahre  1566. 

Historisches  Jahrbuch  (Görres-  Gesellschaft).  30. 
1909.  S.  62 — 72. 

Fortescue,  G.  K,  The  Gioliti  and  their  press  at 
Venice. 

The  Bibliographical  Society.  News -Sheet.  1909, 

Febr.  S.  2 — 4. 

Henckel,  W.,  Platon  Beketovv.  Ein  russischer  Buch¬ 
drucker  und  Verleger  unter  Kaiser  Alexander  I. 
(1764—1836). 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  2946 — 48. 

Holzschnittbücher  des  XV.  Jahrhunderts.  (Auch 
mit  engl,  und  franz.  Titel.) 

Frankfurter  Bücherfreund.  7.  1909.  S.  1 — 55 
23  Abbildungen  und  3  Tafeln. 

Kleemeier,  F.  J.,  Die  Niederländische  Schiiftgießerei 
des  15. — 19.  Jahrhunderts.  (Nach:  Enschede,  Fon- 
deries  de  caracteres.  1908.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  2337-39. 

Obser,  K.,  Eine  Heidelberger  Kleindruckerei  des 
16.  Jahrhunderts.  (Johann  Eberbach.) 

Neues  Archiv  für  die  Geschichte  der  Stadt  Heidel¬ 
berg.  8.  1908/9.  S.  98—100. 

Rudbeck,  G.,  En  sällsynt  dansk  andaktsbok.  (Phil. 
Kegelius,  Tolff  Betaenckninger,  Kiobenhaffn  1631.) 

Allmänna  svenska  boktryckareföreningens  Medde- 
landen.  14.  1909.  S.  6—7  mit  1  Abbildung. 
Vitzthum,  G.  Graf,  Die  Königliche  Akademie  für 
graphische  Künste  und  Buchgewerbe  zu  Leipzig. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  1  — 17  mit 
8  Abbildungen  und  26  Tafeln. 

Buchhandel. 

Eckardt,  J.  H.,  Matthäus  Merians  Frankfurter  Zeit. 
Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  2180  —  81.  2283  —  84  nach:  Daniel  Burckhardt- 
Werthemann  in:  Basler  Kunstverein,  Berichterstat¬ 
tung  über  1907. 

Ettlinger,  E.,  Aus  dem  Briefwechsel  Karlsruher  Ge¬ 
lehrten  mit  Friedrich  Nicolai. 

Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins. 
N.  F.  24.  1909.  S.  1 17— 125. 

Hoeniger,  F.,  Der  urheberrechtliche  Schutz  der  Ab¬ 
bildungen. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  19C9. 
S.  2636—38. 

Zeitungswesen.  Pressrecht.  Zensur. 

Diederichs,  H.,  Rückblick  auf  die  Geschichte  der 
Baltischen  Monatsschrift  beim  Beginn  ihres  fünfzig¬ 
sten  Jahrgangs. 

Baltische  Monatsschrift.  Bd.  66.  1908.  S.  123 
—152. 

Kunze,  R.,  Die  japanische  Presse. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  2738 — 2740. 


Landsberg,  H.,  Die  Zeitschrift  der  Romantiker. 
(Athenäum,  1798 — 1800.) 

National-  Zeitung.  1909.  Nr.  81  und  87  vom  18. 
und  21.  Februar. 

Savigny  de  Moncorps,  Vicomte  de,  Bibliographie 
de  quelques  almanachs  illustres  du  XVIII*  sifccle 
(1733-1797).  Fin. 

Bulletin  du  bibliophile.  1909.  S.  1  — 19. 

Bibliographie. 

A  Commonwealth  Booksellcr,  William  London,  of 
Newcastle  -  on  -  Tyne ,  the  first  English  bibliographer 

(1657-) 

Publishers  Circular.  90.  1909.  Vol.  1.  S.  277 — 278. 
Prager,  R.  L.,  Bibliographie  und  Bibliophilie.  Vor¬ 
trag,  gehalten  in  der  Ortsgruppe  Berlin  der  Allge¬ 
meinen  Vereinigung  Deutscher  Buchhandlungs¬ 
gehilfen  .  .  . 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  1902 — 1906.  1969—1972.  2024—2027. 

Roeper,  A. ,  Otto  Protzen  und  sein  Werk.  (Biblio¬ 
graphie.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  190-;. 

S.  2389— 2393- 

Literaturgeschichte,  Allgemeines. 

Camus,  J.,  La  „Lonza"  de  Dante  et  les  „Leopards“  de 
Petrarque,  de  l'Arioste,  etc. 

Giornale  storico  della  let/cratura  italiana.  Vol.  53. 
1909.  S.  1 — 40. 

Franck,  H.,  Wegbereiter  des  neuen  Dramas.  (Scholz 
—  Ernst  —  Bab.) 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  31 1— 321. 
Gleichen-Ru  ß  wurm,  A.  von,  Eros  in  der  antiken 
Dichtung. 

Das  literarische  Echo.  11.  1909.  Sp.  541 — 551. 
Grützmacher,  G.,  Das  moderne  Drama  im  Lichte 
der  christlichen  Weltanschauung. 

Konservative  Monatsschrift.  1909.  März.  S.  519 
—529. 

Heyfelder,  E.,  Elektra  in  „klassischer“  und  „moder¬ 
ner“  Dramatik. 

Deutsche  Literatur zeitung.  30.  1909.  Sp.  453 
—459- 

Kopp,  A. ,  Über  ältere  deutsche  Liedersammlungen. 
Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen 
und  Literaturen.  Jg.  62.  Bd.  121.  1908.  S.  241— 279. 
Reader,  M.,  Les  influences  etrang£res  dans  la  nou- 
velle  litterature  russe. 

Bibliotheque  universelle  et  revue  suisse.  1909. 
März.  S.  449 — 473.  (Wird  fortges.) 

Sahr,  J.,  Friedrich  Kummers  Deutsche  Literatur¬ 
geschichte  des  19.  Jahrhunderts. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  30-49- 

Schläger,  G.,  Etwas  vom  deutschen  Kinderliede. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  1—29. 


6 


Beiblatt. 


Schroeter,  Adalbert,  Beiträge  zur  Geschichte  der 
neulateinischen  Poesie  Deutschlands  und  Hollands. 
Aus  seinem  Nachlasse  hrsg.  mit  Unterstützung  der 
kgl.  preuß.  Akademie  der  Wissenschaft. 

Palaestra.  77.  1909.  IV,  332.  S. 

Sittenfeld,  L.,  Die  Geschichte  des  Vereins  „Bres¬ 
lauer  Dichterschule“. 

Der  Osten.  Literarische  Monatsschrift  hrsg.  vom 
Verein  Breslauer  Dichterschule.  35.  1909.  Februar/ 
März.  S.  28 — 49  mit  8  Tafeln. 

Einzelne  Schriftsteller. 

Brinckman:  Römer,  A. ,  John  Brinckman  als  hoch¬ 
deutscher  Dichter. 

Schleswig- Holsteinische  Rundschau.  3.  1908/9. 
S.  226—230. 

Byron:  Churchman,  Ph.  H.,  Lord  Byrons  experiences 
in  the  Spanish  Peninsula  in  1809. 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  de  Bordeaux. 
Bulletin  hispanique.  ir.  1909.  Jan. /Mars.  S.  55 — 95. 
(Wird  fortges.) 

Chenier:  Charlier,  G.,  Andre  Chenier  et  Lamartine, 
poötes  de  la  nature.  (Fin.) 

Revue  de  Belgique.  1909.  Febr.  S.  148 — 164. 

Frapan:  Ilse  Frapan-Akumian  *f*. 

Schleswig- Holstemische  Rundschau.  3.  1908/9. 
S.  238—242. 

Goethe:  Engel,  E.,  Charlotte  von  Stein. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  9 
und  10  vom  28.  Februar  und  7.  März. 

— :  Engel,  E.,  Christiane  Goethe. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  11 
und  12  vom  14.  und  21.  März. 

— :  Gloel,  H.,  Ungedruckte  Briefe  von  Charlotte 
Kestner. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  42  und  44  vom  19.  und  22.  Februar. 

Jahn,  O.,  Goethe  und  Oeser. 

Xenien.  1909.  Nr.  2.  S.  65 — 70. 

— :  Leverkühn,  A.,  Das  Harfnerlied  „Wer  nie  sein 
Brot  mit  Tränen  aß.“ 

Stunden  7nit  Goethe.  5.  1908/9.  S.  109— 1 14. 

— :  Rosenberg,  F.,  Goethes  Werther  in  Frankreich. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  7 
und  8  vom  14.  und  21.  Februar. 

— :  Schneidereit,  G.,  Goethes  Verhältnis  zur  Philo¬ 
sophie.  Stunden  mit  Goethe.  5.  1908/9.  S.  1  — 13. 

— :  Witkowski,  G.,  Goethe-Schriften. 

Das  literarische  Echo.  11.  1909.  Sp.  473— 482. 

Hamerling:  Ehlen,  O.,  Briefe  Robert  Hamerlings  über 
seine  satirische  Dichtung  „Homunkulus“. 

Österreichische  Rundschau.  1909.  Februar.  S.  315 
“322. 

Hauptmann:  Krause,  A.  F.,  Neues  von  Carl  Haupt¬ 
mann. 

Das  literarische  Echo.  11.  1909.  Sp.  482—485. 

Hebbel:  Schapire-Neurath,  A.,  Friedrich  Hebbel. 

Aus  Natur  und  Geisteswelt.  238.  1909.  135  S., 

1  Porträt. 

— :  Walzel,  O.  F.,  Hebbelprobleme. 


Untersuchungen  zur  neueren  Sprach-  und  Lite¬ 
ratur-Geschichte.  N.  F.  1.  1909.  123  S. 

Heine:  Carniol,  F.,  Heinrich  Heine,  ein  Requiem. 
Zum  Todestage.  Xenien.  1909.  Nr.  2.  S.  71 — 74. 

— :  Kräh,  K. ,  Heinrich  Heine.  Eine  literarische 
Skizze. 

Baltische  Mo?iatsschrift.  Bd.  66.  1908.  S.  83—90. 

Kleist:  Minde-Pouet,  G.,  Kleist-Schriften. 

Literar.  Echo.  n.  1909.  Sp.  698— 707. 

Lessing:  Henneberg,  R.,  Zum  Todestage  Lessings. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  75  vom  14.  Februar. 

Maupassant:  War  war,  M.,  Die  Mutter  Maupassants. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  1 1 5  vom  10.  März. 

Menander:  Bethe,  E„  Der  Chor  bei  Menander. 

Berichte  über  die  Verhandlungen  der  Kgl.  Sächs. 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Leipzig.  Philol. - 
histor.  Klasse.  60.  1908.  S.  209 — 225. 

Mendes :  Herold,  A.  F„  Catulle  Mendes. 

Mercure  de  France.  1909.  März  1.  S.  5 — 16. 

— :  Monval,  J„  Catulle  Mendes  et  Frangais  Coppee. 

Revue  de  Paris.  1909.  März  1.  S.  73 — 86. 

Meyer:  Schmidt,  E. ,  Conrad  Ferdinand  Meyer  in 
seinen  Briefen. 

Deutsche  Literatur zeitung.  30.  1909.  Sp.  325 

—330. 

Mistral:  Charpin,  F„  Le  Poeme  de  Mireio.  (A  propos 
du  Cinquantenaire.) 

Mercure  de  France.  1909.  Febr.  1.  S.  435 — 451. 

Montaigne:  Poritzky,  J.  E„  Montaigne. 

Der  Zeitgeist.  Beibl.  z.  Berliner  Tageblatt.  1909. 
Nr.  10  vom  8.  März. 

Nietzsche:  Schlaf,  J. ,  und  Thiele,  E.  A.,  Zum  Fall 
Nietzsche:  Eine  Richtigstellung. 

Xenien.  1909.  Nr.  2.  S.  82—98. 

Norwid:  Gomoll,  W.  C.,  Cyprian  Norwid.  Ein  lite¬ 
raturgeschichtliches  Porträt. 

National- Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  11 
und  12  vom  14.  und  21.  März. 

Petrarcha:  Ar  ullani,  V  A.,  Racimolaturepetrarchesche. 

Rivista  d’ Ltalia.  1909.  Gennaio.  S.  5 — 23. 

Poe:  Calvacoressi,  M.  D. ,  Edgar  Poe,  ses  bio- 
graphes,  ses  editeurs,  ses  critiques. 

Mercure  de  France.  1909.  Febr.  1.  S.  385—403. 

— :  L  u  c k a ,  E.,  Poe  und  die  romantische  Kunst.  (Edgar 
Allan  Poe,  geboren  am  19.  Januar  1809.) 

Österreichische  Rundschau.  18.  1908/9.  S.  1 10 
—  1 16. 

— :  Mourey,  G.,  Un  amour  d’Edgar  Poe. 

Revue  politique  et  littLraire.  Revue  bleue.  1909. 
S.  307— 3 11. 

Shakespeare:  Sullivan,  E. ,  The  defamers  of  Shake¬ 
speare. 

Ninetcenth  Century .  1909.  Nr.  385,  March.  S.  419 
' — 434- 

Spielhagen:  Klemperer,  V.,  Spielhagens  Verse.  Zum 
24.  Februar. 

Die  Gegenwart.  Bd.  75.  1909.  S.  134 — 136  und 
I53-I55- 

— :  Meyer,  R.  M. ,  Friedrich  Spielhagen  (geboren 
24.  Februar  1829). 

Österreichische  Rundschau.  1909.  Februar.  S.  322—  325. 


7 


Beiblatt. 


Spielhagen:  Friedrich  Spielhagen.  (Zum  80.  Geburtstag, 
24.  Februar.)  Von  P.  L. 

National-Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  8 
vom  21.  Februar. 

Stael:  Jo  ret,  Ch. ,  Madame  de  Stael  et  l’helleniste 
d’Ausse  de  Villoison. 

Revue  d’histoire  litteraire  de  la  France.  15.  1908. 
S.  610—619. 

Strindberg:  Coussanges,  J.  de,  Les  dernEres  oeuvres 
de  Strindberg. 

La  Revue.  1909.  Mars  1.  S.  104 — 113 

— :  Poritzky,  J.  E.,  August  Strindberg. 

Das  literarische  Echo.  n.  1909.  Sp.  616 — 629  mit 
1  Porträt. 

Tieck:  Wolf,  J.,  Les  allusions  politiques  dans  le  Chat 
Botte  de  Ludwig  Tieck. 

Revue  Germanique.  5.  1909.  S.  158—201. 

Turgeniev:  Lettres  de  Tourgueneff  a  ses  amis  d'Alle- 
magne.  (Annotes  par  Halperine-Kaminsky.) 

Revue  politique  et  litteraire.  Revue  bleue.  1909. 
Nr.  vom  6.,  13.,  20.  und  27.  Februar,  6.  März. 

Wedeklnd:  Kerr,  H.,  Frank  Wedekind.  Eine  Studie. 

Beiträge  zur  Literaturgeschichte.  56.  1908.  48  S. 


Wette:  Petsch,  R.,  Hermann  Wette. 

Das  literarische  Echo.  11.  1909.  Sp.  551  — 559  mit 
I  Porträt. 

Wildenbruch:  Arminius.W.,  Ernst  von  Wildenbruch. 
•J-  15.  1.  1909.  Eckart.  3.  1908/9.  S.  294—311. 

—  :  Kienzl,  H.,  Ernst  von  Wildenbruch. 

Nord  und  Sud.  1909.  Februar.  S.  343—352. 

— :  Marschner,  C.  W.,  Wie  ich  Wildenbruch  kennen 
lernte. 

National-Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  10 
vom  7.  März. 

— :  Muret,  M.,  Les  Drames  d’E.  de  Wildenbruch. 

Revue  de  Paris.  16.  1909.  Febr.  15.  S.  788—800. 

— :  Schmidt,  E.,  Ernst  von  Wildenbruch  in  memo- 
riam. 

Das  literarische  Echo.  11.  1909.  Sp.  613 — 615. 

— :  Voss,  R.,  Ernst  von  Wildenbruch. 

Velhagen  6°  Klasings  Monatshefte.  1909.  März, 
s.  369— 374- 

Kaiser  Wilhelm  I.:  Braumann,  F.,  Kaiser  Wilhelm 
der  Erste  als  Schriftsteller. 

Grenzboten.  68.  1909.  Nr.  11  und  12.  S.  531— 539, 
589-595. 


Kleine  Mitteilungen. 


Am  28.  Februar  starb  in  Paris  der  vortreffliche, 
in  seiner  Manier  unserm  Oberländer  verwandte  Kari¬ 
katurzeichner  Caran  d’ Ache,  mit  seinem  eigentlichen 
Namen  Emanuel  Poire.  Er  ist  als  Enkel  eines  in 
Rußland  zurückgebliebenen  Kriegers  der  großen  Armee 
1853  in  Moskau  zur  Welt  gekommen;  daher  auch  sein, 
aus  dem  russischen  Worte  für  „Bleistift“  gebildetes 
Pseudonym  Caran  d’Ache.  Er  war  als  Zeichner  der 
gesuchte  Mitarbeiter  politischer  Blätter,  am  längsten 
des  „Figaro“,  weil  er  leicht  den  schlagenden,  dabei 
niemals  unfeinen  bildlichen  Ausdruck  für  die  Schwä¬ 
chen  der  Tagesgrößen,  der  zeitgenössischen  Gesell¬ 
schaft  und  ihrer  Typen  fand.  Eine  große  Anzahl  von 
Albums  enthalten  Zusammenstellungen  seiner,  meist 
harmlosen,  zuweilen  auch  vom  esprit  gaulois  durch¬ 
tränkten  Blätter:  Les  lundis  de  Caran  d’Ache  —  Nos 
soldats  du  siöcle  —  Les  courses  dans  l’Antiquite  — 
Les  joies  du  plain  air  — Album  Caran  d’Ache  (3  vol.)  usw. 


Der  Franzose  Breuil,  der  schon  auf  der  Leipziger 
Universitätsbibliothek  Siebmachers  „Wappenbuch“  ge¬ 
stohlen  und  in  Stockholm  für  30  Kronen  verpfändet 
hatte,  wurde  in  Upsala  wegen  ähnlicher  Vergehen  am 
1.  März  zu  fünf  Monaten  Strafarbeit  verurteilt.  Später 
sieht  er  seiner  Bestrafung  in  Leipzig  entgegen.  Schon 
früher  ist  er  für  Bücherdiebstähle  in  Berlin  und  Paris 
bestraft  worden.  — i. 


Zu  den  Kostbarkeiten  des  Cimeliensaales  der 
Münchener  Hof-  und  Staatsbibliothek  zählt  der  Codex 
Gallicus  369,  die  französische  Bearbeitung  von  Boccac¬ 
cios  „De  casibus  illustrium  virorum“  enthaltend.  Die 
schönsten  der  91  Miniaturen  dieses  Bandes  werden  all¬ 
gemein  Jean  Foucquet,  dem  berühmten  französischen 


Illustrator  des  XV.  Jahrhunderts,  zugeschrieben.  Von 
Jacques  Rosenthal  in  München  geht  uns  ein  Prospekt  der 
Ausgabe  dieser  Miniaturen  zu,  die  Graf  Paul  Durrien 
mit  aller  wissenschaftlichen  Sorgfalt  veranstaltet  hat. 
Der  begleitende  Text  (130  Seiten)  erscheint  zugleich 
deutsch  und  französisch.  Die  Reproduktionen  sind  von 
Meisenbach,  Riffarth  &  Co.  hergestellt  und,  nach  der 
Probetafel  zu  urteilen,  wohl  gelungen.  Die  Auflage 
beträgt  300  Exemplare  auf  holländischem  Bütten  (Preis 
100  Mark)  und  25  Exemplare  auf  japanischem  Shizuoka- 
Bütten  (Preis  240  Mark).  Der  Druck  des  Prospekts 
(und  vermutlich  auch  des  Werkes  selbst)  ist  in  Chartres 
bei  der  Imprimerie  Durand  hergestellt.  Ist  es  nötig, 
daß  ein  deutscher  Verleger  eine  französische  Offizin  mit 
der  Herstellung  eines  monumentalen  Werkes  betraut? 

— i. 


Die  Zeitschrift  „ Hyperion "  (Verlag  Elans  von 
Weber  in  München)  beginnt  mit  dem  Märzheft  ihren 
zweiten  Jahrgang,  herausgegeben  von  Franz  Blei,  im 
Bildteil  redigiert  von  Alfred  Walter  Heymel.  Die 
ersten  sechs  Zweimonathefte  haben  den  Beweis  er¬ 
bracht,  daß  sie  die  Erbschaft  von  „Pan“  und  „Insel“ 
im  Sinne  einer  anders  gearteten  Zeit,  aber  mit  dem¬ 
selben  Bewußtsein  künstlerischer  Pflichten  angetreten 
hat.  Da  sie  die  einzige  ihrer  Art  im  heutigen  Deutsch¬ 
land  ist,  so  muß  denen,  die  gleiches  Bewußtsein  em¬ 
pfinden,  ihr  Dasein  erfreulich  und  notwendigerscheinen. 


Die  Verlagsbuchhandlung  E.  Appelhans  6z3  Comp. 
in  Braunschweig  ging  infolge  Ablebens  des  Besitzers 
im  vorigen  Jahre  in  den  Besitz  der  Herren  Rud.  Stolle 
und  Gust.  Roselieb  über.  Der  genannten  Firma  war 
früher  auch  der  Verlag  C.  A.  Schwetschke  &  Sohn 


8 


Beiblatt. 


Zu  verkaufen: 


Hauff,  Wilh.,  Phantasien  im  Bremer  Rathskeller; 
ein  Herbstgeschenk  für  Freunde  des  Weines. 
Stuttgart,  bei  Gebr.  Franckh  1827.  Schönes  Ex. 
der  sehr  seltenen  1.  Ausgabe  in  altem  Pappband. 

M.  26. — 

Lettres  de  Ninon  de  L’Enclos  au  Marquis  de 
Sevigne.  2vols.  in  160.  Amsterdam  1752.  Mit 
schönem  Porträt  u.  gestochenen  Titeln.  Hübsche 
Ausgabe  in  2  alten  Halbfrzbdn.  M.  18. — 

F.  Nicolai.  Das  Leben  und  die  Meinungen  des 
Herrn  Magister  Sebaldus  Nothanker.  3  Bde. 
Berlin  und  Stettin  1775 — 76.  Gleichzeitige  Ganz¬ 
lederbände  m.  T.  M.  28.— 


Kleinstes  Format:  Horatius,  opera  omnia  rec. 
Filon.  London  1828.  Größe  7x4^2  cm. 
Reizender  Ganzlederbd.  von  rotem  Maroquin  mit 
prächtiger  Handvergoldung.  Sehr  schönes  Stück. 

M.  30. — 


Leipzig-R., 

Crusiusstr.  2a 


H.  Kempert,  Buchhändler. 


Eine  Bibliothek, 

größere  Anzahl  meist  in  einmaliger  numerierter  Auflage 
gedruckter  Erotica  enthaltend,  zu  verkaufen.  Inter¬ 
essenten  wollen  Verzeichnis  von  der  Hofbuchhandlung 
von  Eugen  Crusius  in  Kaiserslautern  verlangen. 


„Deutsche  Rundschau“  v.  Julius  Rodenberg 

Jahrg.  I — XXXIV  in  Orig.-Bänden  m.  Register 

vollkommen  tadellos  erhalten  fürM.  200. —  zu  verk.  Ang. 
an  Buchhändler  Hugo  Schikaneder,  Kitzingen  a.  M. 


In  München  ist  am  20.  März  a.  c.  von  einer  Rollfuhre 

Eine  lateinische  Bibel  in  modernem  Lederband, 
510  Blatt  Handschrift  auf  Pergament,  mit  80 
Miniaturen  französischen  Ursprungs  aus  dem 
XIII.  Jahrhundert,  Größe  ca.  25x35  cm,  10  cm 
Dicke,  Gewicht  7—8  Kilo 

abhanden  gekommen.  Sachdienliche  Mitteilungen  an 

die  Königl.  Polizeidirektion,  Mönchen  dringend  erbeten. 


Gesucht. 

Carus  Sterne,  Frühlingsblumen, 

auch  antiquar.,  möglichst  gebunden.  Adresse  mit  Preis 
unt.  W.  H.  an  die  Expedition  dieser  Zeitschrift  erbeten. 
Z.  f.  B.  1909/1910.  1.  Beiblatt.  — 


angegliedert,  dieser  wiederum  ist  aus  der  alten  Firma 
Carl  Hermann  Hemmerde  (gegründet  vor  1750)  her¬ 
vorgegangen,  die  zuerst  in  Helmstedt,  dann  in  „Halle 
im  Magdeburgischen“  domiziliert  war  und  später  in 
Hemmerde  und  Schwetschke  umgeändert  wurde.  Auf 
den  Verlagsböden  obengenannter  Firma  Appelhans 
fand  sich  nun  ein  sogenanntes  Archivlager  der  Firmen 
Hemmerde  und  C.  A.  Schwetschke  &  Sohn  vor,  d.  h. 
von  allen  seit  ungefähr  1760  verlegten  Werken  1—5 
Exemplare,  zum  Teil  noch  in  rohen  unberührten  Exem¬ 
plaren,  unter  denen  sich  mancherlei  Raritäten  befinden. 
Die  neuen  Besitzer  der  Firma  Appelhans  haben  darauf 
verzichtet,  diese  alten  Bestände  zu  Gelde  zu  machen, 
sie  stellten  dieselben  vielmehr  Bibliotheken  und  Samm¬ 
lern  kostenfrei  zur  Verfügung.  Von  dieser  nicht  oft 
vorkommenden  günstigen  Gelegenheit  haben  denn 
auch  die  Herzogliche  Bibliothek  und  das  Archiv  in 
Wolfenbüttel  ausgiebigen  Gebrauch  gemacht,  ebenso 
das  Archiv  in  Braunschweig,  wie  auch  Bibliophilen  aus 
Stadt  und  Land  Braunschweig.  Trotzdem  ist  noch  eine 
große  Menge  von  Werken  aus  allen  Wissenschaften 
vorhanden,  die  vielleicht  noch  manches  Sammlerherz  er¬ 
freuen  würden.  Wer  also  in  der  Nähe  von  Braunschweig 
wohnt  oder  zufällig  nach  der  alten  Weifenstadt  kommt, 
versäume  es  nicht,  sich  das  Lager  anzusehen.  Die 
Firma  E.  Appelhans  &  Comp.,  die  zurzeit  mit  ihrem 
umfangreichen  Schulbuchverlag,  mit  der  Herausgabe 
einer  neuen  illustrierten  Ausgabe  der  Heiligen  Schrift, 
der  „Franz  Stassen-Bibel“ ,  und  vielen  anderen  Werken 
sehr  in  Anspruch  genommen  ist,  lehnt  es  deshalb  grund¬ 
sätzlich  ab,  schriftliche  Auskunft  zu  geben  oder  gar 
Kataloge  zu  übersenden;  sie  will  keinen  Nutzen  aus 
den  Vorräten  ziehen,  aber  auch  möglichst  wenig  Arbeit 
davon  haben.  Ausgeschlossen  von  der  Gratisausgabe 
sind  eine  große  Anzahl  von  Jahrgängen  der  sehr  inter¬ 
essanten  Jenaer  Allgemeinen  Literatur- Zeitung,  die 
1785  bis  1849  erschienen  ist;  diese  sind  zum  Verkauf 
gestellt. 


Seit  dem  1.  April  erscheint  in  Leipzig  „Der  Biblio¬ 
thekar'1 ,  Monatsschrift  für  Arbeiterbibliotheken.  Für 
die  Redaktion  zeichnet  Gustav  Hennig,  der  sich  um 
das  Arbeiterbildungswesen  in  Leipzig  schon  so  man¬ 
ches  Verdienst  erworben  und  durch  seine  Zusammen¬ 
stellung  „Sozialistische  Literatur“  einen  praktischen 
Führer  durch  die  ernst  zu  nehmenden  Werke  sozial¬ 
demokratischer  Richtung  geschallen  hat.  Ihm  gebührt 
wohl  auch  in  erster  Linie  das  Verdienst  um  die  Ent¬ 
wicklung  der  Arbeiterbibliotheken  Leipzigs  in  den  Jahren 
1907  und  1908,  die  wahrhaft  erstaunlich  ist.  Stieg  doch 
die  Zahl  der  Leser  von  8743  (1907)  auf  12347  (1908), 
der  ausgeliehenen  Bände  von  70835  auf  121563.  Im 
Januar  1909  ist  die  Zahl  der  ausgeliehenen  Bände  wieder 
von  13  534  im  gleichen  Monat  1908  auf  15954  gestiegen, 
ln  D/4  Jahren  sind  47  Kataloge  mit  einem  Kostenauf¬ 
wand  von  6203  Mark  hergestellt  worden.  Der  Wert  des 
Bücherzuwachses  betrug  etwa  15000  Mark. 


Im  Verlage  von  Dr.  Rud.  Ludwig  in  Wien  ist  „Die 
Sechzehnte  Ehefreude“ ,  eine  Satire  auf  die  „fünfzehn 


9 


2 


Beiblatt. 


Freuden  der  Ehe“  erschienen,  und  zwar  in  deutscher 
Übersetzung  und  im  Urtext.  Die  Übersetzung  dieser 
Satire  auf  Antoine  de  la  Salles  „Quinze  joyes  de  ma- 
riage“  besorgten  E.  K.  Blüml  und  J.  Latzenhofer,  den 
Buchschmuck  zeichnete  Franz  von  Bayros ,  den  Text 
druckte  Hesse  &  Becker  in  Leipzig  auf  Strathmore- 
Japan  in  einer  Auflage  von  600  numerierten  Exem¬ 
plaren;  die  Luxusausgabe  No.  1 — 25,  vom  Künstler 
signiert,  band  die  Wiener  Werkstätte  in  Ganzperga¬ 
ment,  die  übrigen  Nummern  in  Halbpergament.  Der 
Preis  der  gewöhnlichen  Ausgabe  beträgt  M.  6.  „La 
seiziesme  joye  de  mariage“  dürfte  im  Jahre  1866  von 
P.  Jannet  zum  ersten  Male  herausgegeben  worden 
sein.  Wenigstens  nehmen  das  die  deutschen  Übersetzer 
an,  da  bisher  kein  früherer  Druck  dieser  Abhandlung 
des  anonymen  Verfassers  bekannt  geworden  ist,  der, 
ein  Widersacher  Antoine  de  la  Salles  und  dessen  freier 
Liebesthesen,  in  Form  einer  Satire  zur  Verteidigung  der 
rechtsamen  Ehefreuden  ausrückt.  Im  Anhang  zu  einer 
Handschrift  der  „Quinze  joyes“  gegen  Ende  des  sech¬ 
zehnten  Jahrhunderts  hat  der  unbekannte  Autor  diese 
Gedanken  niedergelegt.  Die  Übersetzung,  die  das 
reizend  ausgestattete  Büchlein  bietet,  läßt  vom  Charme 
und  der  Grazie  des  im  Anhänge  beigegebenen  Urtextes 
nichts  vermissen.  Fgl 


Das  Antiquariat  Oswald  Weigel  in  Leipzig  wird 
demnächst  zu  seinem  bekannten  Knaake- Katalog  einen 
wertvollen  Nachtrag  bringen.  Er  umfaßt  die  Samm¬ 
lung  des  verstorbenen  Felix  Oswald  Weigel,  ebenfalls 
wertvollen  Stücke  der  Reformations-Litteratur,  die  zum 
großen  Teil  bei  Knaake  fehlen  und  somit  eine  will¬ 
kommene  Ergänzung  der  früher  versteigerten  großen 
Kollektion  bilden. 


J.  Scheibles  Antiquariat  in  Stuttgart  versendet 
soeben  seinen  ungewöhnlich  reichhaltigen  Katalog 
Nr.  367.  Er  enthält  auf  220  Seiten  2435  Nummern, 
fast  durchweg  selten  und  ungewöhnlich  schöne  Werke 
(siehe  Inserat). 


Der  Münchener  Polizeibericht  meldet:  Am  20.  März 
wurde  von  einem  Transportwagen  einer  hiesigen  Spe¬ 
ditionsfirma  ein  Gepäckstück  gestohlen,  das  eine  auf 
etwa  10000  Mark  bewertete  handschriftliche  Bibel  fran¬ 
zösischen  Ursprungs,  angeblich  aus  dem  XIII.  Jahr¬ 
hundert,  enthält.  Die  Bibel  ist  in  lateinischer  Sprache 
auf  510  Pergamentblättern  geschrieben  und  enthält  ge¬ 
malte  alte  Miniaturen,  welche  biblische  Begebenheiten 
darstellen,  und  17  gemalte  Initialen.  (Siehe  Inserat.)  Am 
24.  oder  25.  März  ist,  nach  den  Berichten  der  Leipziger 
Lokalblätter,  die  Handschrift  einem  dortigen  Antiquariat 
von  zwei  Schulknaben  im  Alter  von  12  bis  13  Jahren  zum 
Kauf  angeboten,  aber  nicht  gekauft  worden,  weil  diese 
Buchhandlung  sich  nicht  mit  theologischen  Werken 
befaßt  (!).  Die  beiden  Knaben  haben  ausdrücklich  er¬ 
klärt,  daß  sie  das  Werk  von  einem  unbekannten  Mann 
erhalten  hätten,  um  es  zu  verkaufen. 


Eine  Neuigkeit  von  Franz  Blei:  „ Die  Puderquaste. 
Ein  Damen- Brevier.  Aus  den  Papieren  des  Prinzen 


Exlibris-Tausch 


Die  Aufnahme  einer  Adresse  kostet  in  dieser  Rubrik 
für  jedes  Heft  i. —  Mk.  (2  Zeilen),  Jahres- Abonnement 
10  Mk.,  Halbjahres -Abonnement  6  Mk. 

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(Entwurf  von  L.  Sütterlin.)  KönigStr.  IO 

Frau  Paula  Katz,  Reichenberg  (Böhmen) 

Rad.  von  K.  Reiß,  tauscht  nurgegen  Radierungen.  Wienerstr. 

Frau  Kommerzienrat  Klasing,  geb.  Quentell, 

Bielefeld 

Frau  Hedwig  Klasing,  Leipzig 

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Frau  Pastor  Schreiber,  Leipzig-Gohlis 

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Karl  Seidel.  Verlagsbuchhändler,  München 

(Vom  Künstler  sign,  ßfarb.  Orig.-Holzschnitt  Römerstr.  l6 
von  Harry  Schulz  nur  gegen  hervorragende  originalgraphische 
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1.  am  23.  und  24.  April: 

Eine  reichhaltige  historische  Sammlung,  besond. 
Friedrich  d.  Gr.,  Napoleon,  Rußland,  Polen,  Sachsen, 
Thüringen,  Amerika,  Genealogie,  Wappen, Urkunden, 
Autographen  (dabei  Gustav  Adolph  u.  a.)  usw. 

2.  am  26.  und  27.  Mai: 

Interessante  Sammlung:  Kulturgeschichtliches 
Allerlei  (Curiosa,  alte  Medizin,  alte  Kochbücher, 
alte  Jugendschriften,  Jagd,  Sport,  Spiele,  Studentica, 
Turnen,  Philosophie,  Magie,  Galanterien  und  vieles 
andere),  ferner  eine  prächtige  Kollektion  von 
Karikaturen  (meist  engl,  kolorierte  Kupferstiche), 
sodann  Kunstgeschichte,  Architektur,  illustrierte 
Werke,  Theater,  Musik,  Dramatisches,  Biblio¬ 
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deutscher  Literatur,  zum  Schluß  Stammbücher, 
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10 


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ratur  und  Liebhaberausgaben  mit 
Buchschmuck  erster  Künstler. 

Seltene  Drucke.  Japanische 
Farbenholzschnitte.  Die  Meister¬ 
werke  der  niederländischen,  deut¬ 
schen  und  italienischen  Malerei 
in  mustergültigen  farbigen  Repro¬ 
duktionen  in  Lieferungen  (5  Blatt) 
zu  je  100  Mark.  Eigene  Werk¬ 
statt  für  künstlerische  Buchein¬ 
bände.  Großes  Lager  in  künst¬ 
lerischen  Vorsatzpapieren. 


Antiquariatskatalog  wird  auf  Wunsch  zu¬ 
gesandt.  Desideraten  und  Angebote  erbeten. 


Verlag  von  KARL  W.  H1ERSEMANN  in  Leipzig 


Soeben  ist  in  meinem  Verlage  erschienen: 

Sammlung  Lanna,  Prag 

I.  Band 

Herausgegeben  von  Architekt  Julius 
Leisching,  Direktor  des  Erzherzog 
Rainer-Museums  in  Brünn 

Folio.  40  schwarze  und  10  farbige  Lichtdrucktafeln 
mit  insgesamt  102  Darstellungen 

XLIX  Seiten  beschreibender  Text  und  142  Seiten 
Katalogteil.  Mit  58  Abbildungen 

Preis  in  elegantem  Leinwandband  gebunden  M.  100. — 

Das  vorstehende  Werk  ist  der  Katalog  des  kunst¬ 
gewerblichen  Teiles  der  weltberühmten  Kunstsammlung 
des  Freiherrn  Adalbert  von  Lanna  in  Prag  und  umfaßt 
das  beschreibende  Verzeichnis  von  2240  Gegenständen. 

Die  Sammlung  soll  im  Herbst  ds.  Js.  zur  Ver¬ 
steigerung  gelangen,  worauf  ich  besonders  auf¬ 
merksam  machen  möchte. 

Interessenten  können  das  Werk  von  jeder  Buch-  und 
Kunsthandlung  beziehen,  eventuell  direkt  vom  Verlag 

KARL  W.  HIERSEMANN,  Leipzig 

Königstraße  Nr.  3. 


Hippolyt“  München,  Hans  von  Weber  (B.  4.50,  gebd. 
M.  5.50,  in  Ganzleder  auf  Bütten  K.  15)  enthält  eine 
Anzahl  geistreicher  Plaudereien  des  Vielgewandten  und 
immer  Amüsanten,  die  auch  vor  kleinen  gesellschaft¬ 
lichen  Indiskretionen  nicht  zurückschrecken  und  viel¬ 
leicht  gerade  deshalb  um  so  interessierter  gelesen 
werden  dürften.  Das  Büchelchen  präsentiert  sich  reizend 
in  seinem  feinen,  klaren  und  anmutigen  Druck  mit  der 
Ungertype.  — bl — 


„Die  Meister  des  Briefstils  sind  die  Frauen“  sagt 
E.  Wasserzieher  im  Vorwort  seiner  „Briefe  deutscher 
Frauen “  (L.  Ehlermann,  Dresden;  geb.  5  M.).  Und  er 
hat  insofern  recht,  da  ihnen  wie  das  Plaudern  mit  dem 
Munde,  so  auch  das  Plaudern  auf  dem  Papier  leichter 
fällt  als  dem  Manne  und  sie  gemeinhin  mehr  Zeit 
haben  als  dieser.  Zwölf  Frauen  haben  zu  diesem  Brief¬ 
bande  beisteuern  müssen  —  und  keine  schlechten.  Wir 
finden  die  Frau  Rath  (der  man  hier  gottlob  ihre  Ortho¬ 
graphie  gelassen  hat),  Schillers  Lotte  und  die  Liselotte, 
Philippine  von  Griesheim,  deren  Bräutigam  zu  den  von 
Napoleon  erschossenen  Schillschen  Offizieren  ge¬ 
hörte,  Maria  Theresia,  Bettina,  Angelika  Kauffmann 
und  manche  andere.  Und  immer  sehen  wir  hinter  den 
Briefen  die  Persönlichkeiten,  die  uns  zudem  noch  in  wohl¬ 
gelungenen  Abbildungen  vor  Augen  geführt  werden. 
Der  Band,  der  sich  besonders  zu  Geschenken  empfiehlt, 
ist  von  Vogeler- Worpswede  hübsch  ausgestattet  wor¬ 
den;  namentlich  das  Titelbild  ist  sehr  reizend. 


Die  „Nachtwachen  von  Bonavetitura“  haben  die 
Literarhistoriker  oft  genug  beschäftigt.  Auch  jetzt 
meldet  sich  wieder  ein  junger  Forscher  zum  Wort,  der 
den  Schöpfer  des  umstrittenen  Werkes  entdeckt  zu 
haben  glaubt.  Der  Bonner  Privatdozent  Franz  Schultz 
hielt  in  der  Berliner  „Gesellschaft  für  deutsche  Lite¬ 
ratur“  einen  Vortrag  über  die  Nachtwachen.  Seiner 
Meinung  nach  verbirgt  sich  unter  dem  Decknamen 
Bonaventura  der  sächsische  Literat  Friedrich  Gottlob 
Wetzel,  der  bisher  nur  als  Mitarbeiter  an  Kleists 
Zeitschrift  „Phoebus“  die  Aufmerksamkeit  der  Literar¬ 
historiker  erweckt  hat.  Ein  äußeres  Dokument,  das 
ihn  als  Verfasser  beglaubigt,  vermag  Schultz  nicht 
beizubringen.  Aber  eine  Fülle  von  Parallelstellen  aus 
Wetzeis  Schriften  verbürgt  eine  gewisse  Verwandtschaft 
mit  dem  Ideenkreis,  mit  den  Kunstmitteln,  mit  dem 
poetischen  Stil  des  geheimnisvollen  Bonaventura.  In 
einer  bald  erscheinenden  Schrift  sollen  die  überzeu¬ 
genden  Nachweise  des  Vortrags  ausführlicher  ent¬ 
wickelt  werden. 


Ich  arbeite  an  einer  umfangreichen  Bibliographie 
Dante  in  Deutschland,  die  alle  Übersetzungen  (auch 
von  Teilen  der  Komödie,  der  Prosaschriften  und  ein¬ 
zelner  Gedichte),  Romane,  Dramen,  Novellen  oder 
Gedichte  umfassen  soll,  die  sich  mit  Dante  selbst  oder 
Personen  aus  der  Komödie  (Francesca  da  Rimini, 
Beatrice,  Farinata,  Ugolino  usw.)  beschäftigen,  und 
auch  die  in  Deutschland  gedruckten  italienischen  oder 
anderssprachigen  Werke  Dantes  erwähnt.  Für  Hin- 


11 


Beiblatt. 


weise  auf  weniger  bekannte  und  schwer  zugängliche 
Übersetzungen,  Dramen,  Dichtungen usw.,  auch  auf  den 
Fundort  von  Bildnissen  älterer  Übersetzer  (Bachen¬ 
schwanz,  Heigelin,  Kannegießer,  Streckfuß  usw.)  wäre 
ich  den  Herren  Bibliothekaren  und  Kollegen  zu  auf¬ 
richtigem  Danke  verbunden.  Schließlich  bitte  ich  alle, 
die  Hölle  V,  97 — 142  verdeutscht  haben,  mir  eine  Kopie 
(einseitig  geschrieben)  mit  Erlaubnis  zur  Veröffent¬ 
lichung  einzusenden.  Richard  Zoozmann 

Berlin,  O.  17.  Schriftsteller. 


Diesem  Hefte  liegen  Prospekte  der  Gesellschaft 
für  vervielfältigende  Kunst  in  Wien  und  der  Verlags¬ 
buchhandlung  f.  H.  E.  Heitz  ( Heitz  6°  Mündel')  in 
Straßburg  bei.  Wir  weisen  auf  die  darin  angekündigten 
Publikationen  „Die graphische?i  Künste “  und  „ Einblatt¬ 
drucke  des  fünfzehnten  Jahrhunderts “  auch  unsrerseits 
besonders  hin.  Ferner  zeigt  der  Verlag  H.  Haessel 
in  Leipzig  Arthur  Sakheims  ,,E.  T.  A.  Hoffmann“ 
durch  eine  reizvoll  ausgestattete  Beilage  an  und 
Georg  Müller  in  München  fügt  ein  Verzeichnis  neu 
erschienener  Bibliothekswerke  und  Liebhaberdrucke  bei. 


„Wenn  wir  von  Goethe,  Schiller  und  Herder  reden, 
von  Kant  und  von  Fichte,  so  dürfen  wir  von  Magister 
Laukhard  nicht  schweigen !  Er  müßte  in  Erz  gegossen 
auf  dem  Sockel  des  Goethe-Schillerdenkmals  in  Weimar 
zu  den  Füßen  der  Großen  sitzen“.  So  urteilt  Julius  Hart 
im  „Tag“  über  Magister  Lankhards  Leben  und  Schick¬ 
sale.  Über  dieses  eigenartige  Buch  bringt  unsere 
heutige  Nummer  einen  Prospekt,  der  auch  noch  An¬ 
kündigungen  von  anderen  interessanten  Memoiren  aus 
der  bekannten  Lutz’schen  Memoirenbibliothek  enthält. 


Kataloge. 

Zur  Vermeidung  von  Verspätungen  werden  alle  Kataloge  an  die  Adresse 

des  Herausgebers  erbeten.  Nur  die  bis  zum  25.  jeden  Monats  ein¬ 
gehenden  Kataloge  können  für  das  nächste  Heft  berücksichtigt  werden. 

Deutschland  und  Österreich-Ungarn. 

Gilhofer  &  Ranschburg  in  Wien  I.  No.  90.  Orts-  und 
Familienkunde,  histor.  Schriftstücke. 

Paul  Graupe  in  Berlin  SW.  68.  No.  48.  Deutsche  und 
ausländische  Literatur,  Varia. 

Heinr.  Kerler  in  Ulm.  No.  378.  Zur  Volkskunde. 

Mayer  Müller  in  Berlin  NW.  No.  240.  Theater¬ 
geschichte,  Kostümkunde,  Musikgeschichte. 

Gilhofer  <S°  Ranschburg  in  Wien  I.  Anz.  No.  84. 
Austriaca,  Lnkunabeln,  alte  Holzschnittbücher,  Varia. 

Lipsius  6r=  Tischer  in  Kiel.  No.  92.  Deutsche  Literatur 
und  Sprache. 

Heinr.  Hugendubel  in  München.  No.  40.  Deutsche 
Literatur. 

List  &  Francke  in  Leipzig.  No.  410.  Autographen. 

Alfr.  Lorentz  in  Leipzig.  Antiquar.  Büchermarkt  No.  72. 
Varia. 

Max  Schmidt  in  Naumburg  a.  S.  No.  23.  Deutsche 
Sprache  und  Literatur. 

Conrad  Skopnik  in  Berlin  NW.  7*  No.  43.  Mathe¬ 
matik,  Physik,  Astronomie,  Chemie. 


Otto  Koller,  Leipzig,  Constantinstr.  1. 

bietet  an  gegen  bare  Zahlung: 

Meisterwerke  der  Holzschneidekunst.  16  Bände. 
1879—94.  Originalbände.  Gut  erhalten  für  M.  1 50. — . 
Komplette  Exemplare  sind  auch  beim  Verleger  nicht 
mehr  zu  haben! 

Deutsche  Kunst  in  Wort  und  Bild.  Jahrg.  XI.  Geb. 
Deutsches  Künstleralbum.  Jahrgang  IV.  Gebunden 

ä  M.  2.50. 

Dagot.  Le  salon  de  1890.  100  planches  en  photogravure. 
Maroquinband  M.  8. — . 

Cervantes.  Don  Quixote,  illustr.  von  Dor£.  2  Bände, 
1884.  Gebunden  M.  9. — . 


Verlag  von  EUGEN  SCHNEIDER,  BERLIN  W.9. 

„Von  wem 
ist  das  doch?!“ 

Ein  Titelbuch  zur  Auffindung  von  Ver- 
fassernamen  deutscher  Literaturwerke. 

Bearbeitet  von  Dr.  phil.  MAX  SCHNEIDER, 
Bibliothekar  an  der  Hamburgischen 
Stadtbibliothek. 

3.  Aufl.  M.  8.—,  geb.  M.  9. — ;  Sachregister  M.  1  .— 

Das  20000  Titel  von  deutschen  Werken 
und  Gedichten  mit  Angabe  von  Verfasser, 
Art  und  Erscheinungszeit  enthaltende  Buch 
kommt  zur  Geltung,  wenn  Titel  bez.  Gedicht 
bekannt,  Verfasser  jedoch  unbekannt,  oder 
momentan  nicht  erinnerlich  ist.  Glänzend 
rezensiert,  Bibliotheken  und  Bibliophilen  un¬ 
entbehrlich. 


von 


Romanen,  Novellen,  Dramen, 
Gedichten  usw. 

unter  günstigen  Bedingungen. 

1  Hofverlagsbuchh.  Josef  Singer  , 

f  Strafiburg  i.  E. 


12 


Beiblatt. 


Soeben  erschienen: 

Auktionskatalog  N.  F.  15 

Buchschmuck. 

Auktionskatalog  N.  F.  16 

Autographen,  Kunstblätter. 

Interessante  Werke  aus  verschied.  Wissenschaften, 
zum  Teil  aus  dem  Besitze  von 

CARUS  STERNE  (Prof.  Dr.  Ernst  Krause) 

Versteigerungen  vom  5.-8.  Mai  1909 

OSWALD  WEIGEL,  Leipzig 

Königstraße  1. 


XXVII.  Dresdner  Bücher- 
Auktion. 

In  der  zweiten  Maihälfte  versteigere  ich  eine  große 
Bücherei  und  zwar  umfaßt  dieselbe  alle  Literaturzweige 
vom  Altertum  bis  zur  Neuzeit.  Katalog  gelangt  anfangs 
Mai  zur  Ausgabe  und  derjenige  über  meine  neuesten 
Erwerbungen  anfangs  Juni.  In  beiden  gelangen  viele 
interessante  Objekte  zum  Angebot.  Um  nicht  auf¬ 
dringlich  zu  erscheinen,  versende  ich  die  Kataloge  un¬ 
verlangt  nur  an  meine  alten  Geschäftsfreunde,  neue 
Interessenten  belieben  rechtzeitig  gratis  zu  verlangen. 

Dresden  Rudolf  Zinke 

Pillnitzerstr.  32.  Antiquariat 


Hamburg, 

Niedersachsen,  Plattdeutsche 
Sprache,  Bücher  und  Bilder 

kauft  und  tauscht  stets  gern 

Central -Buchhandlung  und  Antiquariat 
von  Th.  Nielsen,  Hamburg. 

Gr.  Bleichen  31. 


Kupferstiche,  Radierungen,  Holzschnitte,  Hand- 
zeichnungen,  Lithographien,  Schabkunstblätter, 

in  Verbindung  mit  einer  reichhaltigen 

Exlibris-Sammlung 

aus  Berliner  Privatbesitz. 

Versteigerung  am  7.  und  8.  Mai  1909. 

Der  in  Vorbereitung  befindliche  Katalog  wird  Inter¬ 
essenten  auf  Verlangen  gern  zugesandt. 

MAX  PERL 

Buch-  und  Kunst-Antiquariat 

Berlin  SW.,  19,  Leipzigerstr.  89. 


Karl  W.  Hiersemann  in  Leipzig.  No.  36 7.  Klassische 
Philologie  und  Altertumskunde. 

Paul  Alicke  in  Dresden-A.  No.  80.  Varia.  No.  81. 
Saxonica. 

v.  Zahn  Jaensch  in  Dresden.  No.  217.  Folklore. 

Ernst  Frensdorff  in  Berlin.  No.  51.  Bücher  von  da¬ 
mals  zu  Preisen  von  damals. 

Otto  Harrassovoitz  in  Leipzig.  No.  318.  Grammatiken, 
Lexika  '  und  Chrestomathien  von  fast  allen  Sprachen 
der  Erde  (Bibliothek  Friedrich  Müller-Wien). 

Josef  Baer  &  Co.  in  Frankfurt  a.  M.  No.  560.  Deutsche 
Literatur  I :  Geschichte  und  Bibliographie.  Deutsche 
Literaturdenkmäler  von  1600 — 1750. 

Karl  IV.  Hiersemann  in  Leipzig.  No.  364.  Archäo¬ 
logie.  Kunst  und  Kunstgewerbe  des  klassischen 
Altertums. 

Richard  Kaufmann  in  Stuttgart.  No.  1 13.  Drucke  des 
XV. — XVIII.  Jahrhunderts  (Dubletten  der  Königl. 
Landesbibliothek  und  der  Ständischen  Bibliothek  in 
Stuttgart). 

S.  Kende  in  Wien.  Nr.  $2.  Historische  Flugblätter 
und  Städteansichten  des  XVI. — XIX.  Jahrhunderts. 
Original- Lithographien  von  Jos.  Kriehuber  und 
Fr.  J.  Lieder. 

A.  Raunecker  in  Klagenfurt.  No.  19 1.  Werke  aus  ver¬ 
schiedenen  Wissensgebieten. 

R.  Levi  in  Stuttgart.  No.  178.  Deutsche  Literatur  und 
Belletristik.  Theater  und  Musik.  Fremde  Sprachen. 
Diverses. 

Karl  Theodor  Völcker  in  Frankfurt  a.  M.  No.  275. 
Ältere  Deutsche  Literatur,  darunter  viele  Autotypen 
Luthers. 

Gustav  Fock  G.  m.  b.  H.  in  Leipzig.  No.  344.  Deutsche 
Literatur  von  der  Mitte  des  XVIII.  J ahrhunderts 
bis  zu  Goethes  Tode  (zahlreiche  Erstausgaben). 

Edmund  Meyer  in  Berlin.  No.  14.  Livres  ä  figures 
du  XVIII.  siecle.  No.  15.  Illustrierte  französische 
Bücher  des  XIX.  Jahrhunderts.  No.  16.  Bücher  in 
französischer  Sprache  aus  allen  Wissensgebieten. 

F.  Waldau  in  Fürstenwalde.  No.  9.  Deutsche  Lite¬ 
ratur,  Übersetzungen.  Illustrierte  Werke  usw. 

Ausland. 

Loescher  Co.  in  Rom.  Bibliographia  artistica  I. 

Silvio  Bocca  in  Rom.  Nr.  230.  Bücher  aus  verschie¬ 
denen  Wissensgebieten. 

E.  Flammarion  A.  Vaillant  in  Paris.  No.  107. 
Ouvrages  recemment  parus.  Soldes  et  occasions. 
Livres  sur  les  beaux-arts. 


Zu  verkaufen: 

Kugler-Menzel,  Geschichte  Friedrichs  d.  Gr.  Leipzig, 
J.  J.  Werber,  1840.  In  Originalbd.  (im  Rücken 
aufgeplatzt).  Angebote  erbeten  unter  A.  410  an  die 
Expedition  dieser  Zeitschrift,  Leipzig,  Königstr.  10. 


13 


Beiblatt. 


VERLAG  VON  E.  A.  SEEMANN  IN  LEIPZIG 

BERÜHMTE  K 

Schilderungen  der  Kunstblüte  eines  Or 

unterstützt  von  eine 

Neue  Serie  in 

Bändchen  im  bequemen  Formate  von  12:  18  cm,  stark 

Band  41:  Athen. 

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Von  W. Neumann.  165  S. mit  1 2 1  Abb.  M.  3. — 

Band  43:  Berlin. 

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Granada.  —  Gent  und  Tournai.  —  Sevilla. 
Pisa.  —  Bologna.  —  Straßburg.  —  Danzig. 

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Von  H.  Schmitz.  143  S.  mit  1 14  Abb.  M.  3. — . 

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auernd  die  Erinnerung  an  das  Gesehene 

Stätten  Nr.  1 — 38 

Florenz.  —  Kairo.  —  Augsburg.  —  Verona. 
Sizilien  I.  —  Sizilien  II.  —  Padua.  —  Mai¬ 
land.  —  Hildesheim  u.  Goslar.  —  Neapel  I. 
Neapel  II.  —  Braunschweig.  —  St  Petersburg. 
Genua.  —  Versailles.  —  München.  —  Krakau. 
Mantua.  —  Köln. 

38  haben  das  bisherige  größere  Format. 

REMBRANDT 
und  seine  Zeitgenossen 

von  WILH.  BODE, 

Wirkl.  Geh.  Oberregierungsrat,  Generaldirektor 
der  Königlich  Preußischen  Museen 

Zweite  vermehrte  Aufl.  21  Bg.  mit  einem  Titelbild 
Brosch.  M.  6. — .  In  Leinenbd.  M.  7.50.  In  Hlbfrnz.  M.  9. — 

Inhaltsverzeichnis  Rembrandt  —  Hals  -  Maes  - 

An  das  Leben 

Gedichte  v.  FRANZ  LANGHEINRICH 

Mit  künstlerischen  Beiträgen  und  Buchschmuck 

von  Max  Klinger  und  Otto  Greiner 

Ein  Band  in  Groß-Oktav.  216  Seiten  mit  4  Kunstbei¬ 
lagen  und  vielen  Vignetten.  Geheftet  M.  4. — ,  in  Leinen 
gebunden  M.  5. — 

Einband  und  Vorsatz  von  Otto  Greiner 

I.  Von  himmlischen  und  irdischen  Seeligkeiten.  —  II.  Am  Flusse. — 

III.  Stille  Winkel.  —  IV.  Tage  und  Nächte  am  See.  —  V.  Winter¬ 
sonnwende.  VI.  In  der  Fremde.  —  VII.  Auf  Sirmione.  — VIII.  Jahres¬ 
ringe.  —  IX.  Und  hätte  der  Liebe  nicht  .  .  . 

Künstlerworte 

Gesammelt  von  KARL  EUGEN  SCHMIDT 

Ein  Oktavband  von  300  Seiten 
Ausstattung  von  Walter  Tiemann 

Elegant  gebunden  M.  4. — 

Ein  sehr  originelles  Unternehmen,  das  jedem  Kunstfreunde  einen 
gediegenen  Genuß  bereiten  wird. 

Königsb  erg-Hartungsche  Zeitung. 

Dies  Buch  darf  in  der  Bibliothek  keines  Kunstfreundes  fehlen,  es 
ist  ein  Schlüssel,  der  Schätze  erschließt. 

Norddeutsche  Allgem.  Zeitung. 

Das  kleine,  als  Liebhaberband  ausgestattete  Werk  stimmt  nach¬ 
denklich  und  reizt  sehr  zur  Diskussion. 

Altonaer  Nachrichten. 

TerBorch  —  Steen  - —  Segers  —  Goyen  —  S.  van  Ruys- 
dael  —  J.  van  Ruisdael  — Hobbema  —  Aert  van  der 
Neer  —  Cuyp  —  Potter  —  Adriaen  van  de  Velde  — 
Wouwermans  —  De  Heem  —  Kalf  —  Beijeren  — 
Brouwer  —  Rubens  —  Van  Dyck. 

Die  Frankfurter  Zeitung  schreibt:  Es  ist  schwer,  das 
Buch  zu  charakterisieren.  Es  ist  kein  gelehrtes  Buch  im  schul¬ 
meisterlichen  Sinne,  aber  von  hoher,  wissenschaftlicher  Bedeutung; 
es  ist  kein  literarisches  Buch,  aber  eine  genußreiche  Lektüre,  und 
zwar  für  den  Laien  genau  so,  wie  für  den  Forscher  und  Liebhaber. 

Es  gibt  in  der  Tat  ein  ganzes  Bild  der  niederländischen  Malerei 
des  17.  Jahrhunderts  in  Einzelschilderungen  ihrer  hervorragendsten 
Meister.  Die  psychologische  Vertiefung  in  die  Persönlichkeit  der 
einzelnen  Meister,  die  schlagenden  Beobachtungen  und  Analysen 
der  Techniken  und  Manieren,  die  oft  ganz  neuen,  stets  scharf¬ 
sinnigen  Versuche  ihrer  entwicklungsgeschichtlichen  Einordnung 
und  der  Datierung  ihrer  einzelnen  Werke  bieten  dauernden  Gewinn. 

14 


Beiblatt. 


r 


LUXUSAUSGABEN 


GERHART  HAUPTMANN: 

DIE  JUNGFERN  VOM  BISCHOFSBERG 

Auflage  30  Exemplare  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden. 
Preis  12  Mark.  Bis  auf  wenige  Exemplare  vergriffen. 


FELIX  SALTEN: 

HERR  WENZEL  AUF  REHBERG 

Auflage  25  Exemplare  auf  holländischem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden. 
Preis  io  Mark. 


GERHART  HAUPTMANN: 
GRIECHISCHER  FRÜHLING 

Auflage  100  Exemplare  auf  holländischem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden. 
Preis  15  Mark. 

GERHART  HAUPTMANN:  ELGA 

Auflage  25  Exemplare  auf  echtem  Büttenpapier, 
numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden.  Preis 
12  Mark.  Vorrat  nur  noch  einzelne  Exemplare. 

GERHART  HAUPTMANN: 

KAISER  KARLS  GEISEL 

Auflage  30  Exemplare  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier  (davon  25  zum  Verkauf  gestellt),  numeriert  und 
in  Ganzpergament  gebunden.  Preis  12  Mark.  Vorrat 
nur  noch  einzelne  Exemplare. 

HUGO  von  HOFMANNSTHAL: 

DIE  PROSAISCHEN  SCHRIFTEN 

gesammelt  in  vier  Bänden 

Auflage  60  Exemplare  (davon  50  zum  Verkauf  ge¬ 
stellt)  auf  holländischem  Büttenpapier,  Van  Gelder, 
numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden.  Preis 
12  Mark  der  Band  bei  Subskription  auf  das  vier¬ 
bändige  Gesamtwerk;  Einzelbände  nicht  im  Handel. 
(Zwei  Bände  bisher  erschienen.) 

JOHANNES  V.  JENSEN: 

„DIE  WELT  IST  TIEF  .  .  “ 

Auflage  25  Exemplare  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzleder  gebunden.  Preis 
10  Mark. 


ARTHUR  SCHNITZLER: 
DÄMMERSEELEN 

Auflage  25  Exemplare  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzleder  gebunden.  Preis 
10  Mark. 

KARL  VOLLMOELLER: 

DES  AISCHYLOS  ORESTEIA 

Auflage  50  Exemplare  auf  holländischem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzpergament  gebunden. 
Preis  10  Mark. 

JAKOB  WASSERMANN: 

DIE  SCHWESTERN 

Auflage  25  Exemplare  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier,  numeriert  und  in  Ganzleder  gebunden.  Preis 
io  Mark. 

In  der  PANTHEON- AUSGABE  sind  folgende 
Liebhaber- Ausgaben  auf  handgeschöpftem  Bütten¬ 
papier  erschienen;  Preis  je  6  Mark  in  Ganzpergament: 

DROSTE-HÜLSHOFF:  GEDICHTE 
EICHENDORFF:  GEDICHTE 
GOETHE:  FAUST  I 
GOETHE:  FAUST  II 
GOETHE:  GEDICHTE  I 
GOETHE:  GEDICHTE  II 
HEINE:  BUCH  DER  LIEDER 
HEINE:  ROMANZERO 
MÖRIKE:  GEDICHTE 
SCHILLER:  GEDICHTE 
UHLAND:  GEDICHTE 


S.  FISCHER,  VERLAG,  BERLIN 


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Beiblatt. 


PAUL  GOTTSCHALK,  BERLIN  W.64. 

UNTER  DEN  LINDEN  13. 

INKUNABELN  —  HOLZSCHNITTWERKE 
MANUSKRIPTE  —  SELTENHEITEN  JEDER 
ART  UND  ZEIT  —  KOSTÜMWERKE 
ERSTAUSGABEN  -  AUTOGRAPHEN. 

SAMMLER  WERDEN  UM  GEFL.  ANGABE  IHRER  DESIDERATA  GEBETEN. 

ANGEBOTE  VON  SAMMLUNGEN  UND  EINZELNEN  WERTVOLLEN  STÜCKEN 
JEDERZEIT  ERWÜNSCHT.  JEDES  ANGEBOT  WIRD  GEPRÜFT 
UND  SOFORT  BEANTWORTET. 


C.  G.  BOERNER,  Leipzig 


Lagerkatalog  XIII 

::  AUTOGRAPHEN :: 

Musikmanuskripte 

Musikerbriefe 

Dichter  und  Schriftsteller 

Fürsten  und  Staatsmänner 
Künstler,  Gelehrte  usw. 

Liste  XXXII 

Daniel  Chodowiecki 

375  Nummern  in  vorzüg¬ 
lichen  Abdrücken,  darunter 
viele  Seltenheiten 

C.  G.  BOERNER,  Leipzig 

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Von  meinen  letzten  Antiquariatskatalogen  ver¬ 
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Katalog  60. 

Autographe  von  Beethoven  und 
berühmten  Persönlichkeiten. 

Katalog  61. 

Biographien  und  Memoiren  berühmter 
Männer  und  Frauen. 

In  Kürze  erscheint  : 

Katalog  62. 

Germanistik.  Deutsche  Sprache  und 
Literatur  bis  1750. 

Katalog  63. 

Viennensia. 

Enth.  die  wertvolle  Bibliothek  Stieböck  (ehem. 
Herausgeber  der  Zeitschrift  „Alt-Wien“). 

Katalog  64. 

Sprachwissenschaft  (exkl.  Germanistik). 

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16  — 


Beiblatt. 


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Geschichte  ^  Genealogie  ^  Reisewerke 
Kultur-  und  Sittengeschichte  ~>r  Folklore 
Kunst  Kunstgeschichte  ^  Kunstblätter 
Illustr.  Bücher  des  XV. — XIX.  Jahrhunderts 
Theater  Musik  ^  Kostümkunde 
Alte  Drucke  &  Literarische  Seltenheiten 
Kuriosa  Privatdrucke  *  Subskriptions¬ 
werke  Bibliotheks-  und  Sammelwerke 

Antiquariats-Lagerkataloge  auf  Wunsch  und  nach 
Angabe  des  in  Frage  kommenden  Sammelgebietes 
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Kataloge  und  Preislisten 

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Gegründet  im  "Jahre  1844 


Soeben  erschien:  Katalog  7. 

Geschichte  der  Medizin. 

Alte  Autoren.  Medizin.  Curiosa.  Pestschriften.  Pharmacie. 
Zeitschriften  usw.  (1125  Nummern.) 

Ferner  steht  zur  Verfügung:  Katalog  6. 

Kunst  und  Kunstgewerbe. 

(636  Nummern.) 

Großes  Antiquariatslager:  Archäologie.  Curiosa. 
Italienische  Geschichte  u.  Literatur.  Naturwissenschaften. 
Klassische  Philologie.  Städteansichten  usw. 

Auf  Wunsch  gern  Spezial-Offerten. 

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Z.  f.  B.  1909/19 10.  I.  Beiblatt. 


17 


3 


Beiblatt. 


In  meinem  Verlage  ist  soeben  erschienen: 

Taschenbuch  des  Bücherfreundes 

für  1909  (Jahrgang  I.) 

In  Batist  geb.  M.  6. — ,  in  Ganzleder  M.  7.50. 

Das  Taschenbuch  enthält  zunächst  eine  schematische  Buchführung,  deren  Ausführung 
nicht  nur  eine  vollständige  Übersicht  über  den  Wert  und  Inhalt  einer  Bibliothek  oder 
Sammlung  ermöglicht,  sondern  auch  die  Ausgaben  für  jeden  Zeitabschnitt  feststellen  läßt. 

Ersteres  ist  wichtig  für  die  Feuerversicherung  oder  bei  beabsichtigter  Ver¬ 
äußerung,  letzteres  für  die  Beschlußfassung  über  weitere  Ankäufe  usw. 

Wertvoll  ist  ferner  die  Möglichkeit,  leicht  festzustellen, 

von  wem  und  zu  welchem  Preise  ein  Buch  bezogen  wurde  (z.  B.  zwecks  Reklamation), 
wann  Auktionstermine,  Vereinsabende  usw.  stattfinden, 

welche  Dubletten  vorhanden  sind,  welche  Desiderata  besonders  gesucht  werden; 
an  wen  ein  Buch  verliehen  wurde;  von  wem  ein  Buch  entliehen  ist  und  wann; 
ferner  welcher  Buchbinder  dies  und  jenes  Buch  zum  Binden  erhielt; 

Preis  wie  vereinbart  usw.  usw. 

Ferner  erteilt  das  Taschenbuch  Auskunft  über  Vereine,  Zeitschriften,  Münz- 
werte,  Posttarif,  gibt  Bezugsquellen  usw. 

Ein  Beiheft,  betitelt  Jahrbuch,  bringt  Abhandlungen  von  besonderem  Wert  für  jeden 
Bücherfreund. 

Vorliegender  erster  Jahrgang,  der  mit  einer  Abbildung:  ,,F.  v.  Zobeltitz  in  seiner 
Bücherei“  geschmückt  ist,  enthält  von  diesem  als  Begründer  und  Vorsitzenden  der  Gesell¬ 
schaft  der  Bibliophilen  einen  Bericht  über  diesen  Verein. 

Es  folgt  dann  aus  der  Feder  eines  der  besten  Kenner  der  Wissenschaft  vom  Buch  und 
seiner  Geschichte,  des  Dr.  jur.  Bogeng,  der  Umriss  einer  Fachkunde  für  Büchersammler, 
welcher  im  nächsten  Jahrgang  fortgesetzt  und  abgeschlossen  wird.  Ein  außerordentlich  umfangreiches 
Sachregister  wird  dann  das  Nachschlagen  in  diesem  sehr  inhaltreichen  Überblick  über  alles,  was 
das  Buch  betrifft,  bedeutend  erleichtern.  In  vorliegendem  ersten  Teil  berichtet  der  Ver¬ 
fasser  in  gedrängter  Darstellung  in  354  Artikeln,  wie  das  Buch  einst  entstand  und 
wie  es  jetzt  hergestellt  wird,  über  die  Art  Bücher  zu  sammeln,  über  berühmte  Spezial¬ 
sammlungen,  über  die  Einrichtung  einer  Bücherei,  über  ihre  Verwaltung,  Buchpflege  und 
Bucheinband,  wobei  als  besonders  praktisch  die  Anleitung  zum  Korrekturlesen,  eine 
Tabelle  für  die  Formatbestimmung  (mit  Beilage :  Formatmaßstab) ,  und  Katalogi¬ 
sierungsregeln,  Rezepte  für  die  Reinigung  von  Büchern  und  Kunstblättern,  sowie  unter 
Assistenz  des  Kunstbuchbinders  P.  Kersten  eine  Erläuterung  der  hauptsächlichen  Fachausdrücke 
des  Buchbinders  hervorgehoben  seien.  Eine  ganze  Bibliographie  der  wichtigsten  Biblio¬ 
graphien  ist  an  den  zugehörigen  Stellen  im  Text  verteilt;  eine  Fülle  von  historischen  Daten 
aus  der  Geschichte  der  Buchdruckerkunst,  des  Buchhandels  und  der  Bibliophüie 
findet  sich  hier  übersichtlich  vereinigt. 

Um  dies  alles  in  ein  Taschenbuch  unterzubringen,  wurde  die  Form  eines  Beiheftes 
gewählt,  das  herausnehmbar  ist.  Der  freigewordene  Raum  kann  mit  Hilfe  einer  beigegebenen 
Tasche  Skripturen  usw.  in  großer  Zahl  aufnehmen,  so  daß  das  eigentliche  Taschenbuch  den 
Besitzer  stets  begleiten  kann  und  die  sofortige  Notierung  aller  Büchereiangelegenheiten  (wie  es 
der  Verlegerprospekt,  welcher  der  Z.  f.  B.  im  Februarheft  1909  beilag,  erläuterte)  auch  auf 
der  Reise  gestattet. 

Die  folgenden  Jahrgänge  sollen  den  Wünschen  der  Interessenten  gemäß  weiter  aus¬ 
gebaut  werden,  damit  das  Taschenbuch  ganz  und  voll  die  hohen  Erwartungen,  die  an  dieses 
Unternehmen  sich  knüpfen,  erfüllt. 

MAX  HARRWITZ  (Abteilung:  Verlag),  Nikolassee  bei  Berlin. 


—  18  — 


Beiblatt. 


Gelegenheitskäufe  für  Bibliophilen. 

Opale.  Tadellos  neu,  statt  M.  33 —  für  M.  18.— 

Rops-  Mappe.  Tadellos  neu,  statt  M.  100. —  M.  60. — 
Pan.  Tadellos  neu.  Ganz  kompl.  Exempl.  in  Orig.- 
Umschlägen.  M.  325.- — 

Die  Insel.  Komplett.  Mit  Mappenwerk  in  Orig.-Ein- 
bänden.  Tadellos  neu.  M.  125.— 

Grimmelshausen.  Simplicissimus.  Inselverlag  1905. 
Tadellos  neu.  M.  100. — 

Boos.  Rheinische  Städtekultur.  I.  Auflage  auf  Bütten. 
Tadellos  neu.  M.  60. — 

Stefan  George.  Maximin.  Tadelloses  Expl.  M.  60. — 
Gefällige  Zuschriften  unter  S.  T.  an  die  Expedition 
der  Zeitschrift  für  Bücherfreunde. 


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33  Bände  in  Halbleder  mit  Kunstchronik 
und  Kunstgewerbeblatt  tadellos  erhalten 
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stets  erwünscht 


Seltenheiten 

Wertvolle  Werke 

Raritäten  für  Bibliophilen  *  Alte 
Holzschnitt-  und  Kupferwerke  * 
Merkwürdiges  alter  Zeit  *  Biblio¬ 
graphie  und  Publikationen  für 
Bücherliebhaber  *  Seltene  Drucke 
und  Ausgaben  *  Luxus -Werke  * 
Wertvolle  illustrierte  Bücher  des 
XVIII.  u.  XIX.  Jahrhunderts  (fran¬ 
zösische  und  englische  Künstler)  * 
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entgeltlich.  *  No.  367:  224 Seiten 
mit  2500  Seltenheiten  soeben 
erschienen. 

J.  Scheible’s  Antiquariat 

Stuttgart.  Gegründef  1831. 


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Kostbare  Bücher, 


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Manuskripte  mit  und  ohne  Malereien,  Reiberdrucke ,  Ars  moriendi-Ausgaben ,  Inkunabeln, 
Totentänze ,  Bibelausgaben,  Landkarten  und  Erdgloben  vor  1550,  alte  Spielkarten,  Kupfer¬ 
stiche,  Holzschnitte  aus  frühen  Jahrhunderten,  Ornamentstiche,  Porträts.  Bücher  über  Amerika 
und  Reisebeschreibungen  bis  1600,  Liturgien  (Breviere  und  Missalien  des  15.  und  16.  Jahr¬ 
hunderts),  Autographen,  Kompositionen  berühmter  Musiker  finden 

SS  Bücherliebhaber  und  Sammler  SS 

stets  in  meinem  reichhaltigen  Lager. 

Auf  folgende  noch  gültige  Kataloge  mache  Ich  besonders  aufmerksam  1 


No.  97.  Stiche  von  Joh.  El."  Ri  d  ing  er. 

No.  100.  Seltene  und  kostbare  Werke.  Mit  126  Illustrationen. 

Preis  Mk.  6  — . 

No.  101.  Ungarn.  —  Die  südslavischen  Länder. 

No.  103.  Böhmen  und  Mähren. 

No.  104.  Frühe  Zeitungen.  (Relationen  und  Flugblätter.) 

No.  105.  Inkunabeln.  —  Wiegendrucke  und  Bibliographie  der 
vor  1501  gedruckten  Bücher.  Mit  48  Illustrationen. 

No.  106.  Theologie  catholique  5  Teile. 

No.  107.  Polen  und  Lithauen. 

No.  108.  Rußland. 

No.  109.  Orientalische  Kirche. 

No.  110.  Schweden,  Dänemark,  Norwegen,  Schleswig-Holstein 
bis  1864. 

No.  in.  Seltene  und  kostbare  Bücher.  Preis  Mk.  4. — . 

No.  112.  Adelsporträts. 

No.  113.  Deutsche  Sprachdenkmäler  und  Deutsche  Literatur 
bis  1750. 

Ich  kaufe  auch  fortwährend  kostbare  alte  Bücher  und  Kunstblätter,  Handschriften 
graphen  einzeln  und  ganze  Bibliotheken. 


München,  I-Iildegardstr.  14. 


Ludwig  Rosenthal’s  Antiquariat. 


No.  114.  Deutsche  Literatur  und  Übersetzungen  von  der  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  bis  zur  Gegenwart. 

No.  115.  Amerikana. 

No.  118.  Shakespeare,  Totentänze,  Emblemenbücher. 

No.  119.  Genealogie  und  Heraldik. 

No.  120.  Handschriften  von  800 — 1500. 

No.  121.  Musik. 

No.  122.  Alte  Medizin  bis  1799. 

No.  124.  Musiker-,  Dichter-  und  Schauspieler-Porträts. 

No.  125.  Spanische  Literatur  und  Geschichte  (15.  und  16.  Jahrh.) 
No.  126.  Bücher  in  spanischer  Sprache  (15. — 19.  Jahrh.) 

No.  127.  Bibliotheca  balneologica  et  hydrotherapeutica  vetus 
et  nova. 

No.  128.  Medizin  des  19.  Jahrh. 

No.  129.  Ärzte-Porträts.  Ärzte-Autographen. 

No.  132.  Almanache,  Kalender,  Taschenbücher,  Kalender-Kupfer. 
No.  133.  Bavarica,  Bücher,  Autographen,  Urkunden,  Ansichten, 
Karten,  Flugblätter  und  Porträts.  2  Teile. 

No.  134.  Österreich -Ungarn.  Karten,  Ansichten  und  Flugblätter. 

und  Auto- 


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19 


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In  Kürze  erscheint 

Lagerkatalog  562 

DEUTSCHE  LITERATUR 
von  1750  bis  1832 

circa  4000  Nummern 
Auf  Verlangen  gratis  und  franko 

JOSEPH  BAER  &  Co.,  Frankfurt  a.  M. 

Hochstraße  Nr.  6 


Soeben  erscheint: 


Katalog  94 

GEOGRAPHIE 

900  Nummern 

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Neuherausgabe  von  Basedows  Elementarwerk 

und  den  dazugehörigen 

300  Bildern  von  Chodowiecki  u.  a. 

von  Dr.  Th.  Fritzsch. 

Diese  Bücher  entzücken  jeden  Bibliophilen  und  haben 
besonderes  Interesse  für  den  Goethefreund  u.  Historiker, 
da  sie  das  Leben  des  XV11I.  Jahrhunderts  in  Wort 
und  Bild  zur  Darstellung  bringen.  Bekannt  sind  Goethes 
Beziehungen  zu  Basedow  (cf.  die  köstl.  Schilderung  „Aus 
m.  Leben“,  14.  Buch,  ferner  Bielschowsky,  Bd.  I,  S.  209  fr. 

Der  Preis  für  ca.  80  Bogen  Text  u.  der  300  Bilder  u. 
Karten  auf  100  Tafeln  stellt  sich  für  die  im  Stile  der 
Zeit  gebd.  3  Bde.  auf  Mk.  28. — ;  Luxusdrucke  (Tafeln 
auf  Karton  gelegt)  in  feinem  Bibliophilen einbd.  Mk.  40. — . 

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ZEITSCHRIFT  FÜR  BÜCHERFREUNDE 

NEUE  FOLGE 


I.  Jahrgang.  Mai  1909.  Heft  2. 

Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Georg  Witkowski,  Leipzig -Gohlis,  Ehrensteinstr.  20,  Manuskripte  an  diesen  erbeten. 
Inserate  direkt  an  den  Verlag  W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstraße  10. 


Inseratbedingungen : 


x/i  Seite . 60  Mark 

x/2  Seite  ......  30  Mark 


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Seite 

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Kleine  Anzeigen  (Desiderata  und  Angebote) :  die  gespalt.  Petitzeile  SO  Pf. ,  für  Mitglieder  der  Gesellschaft  der 
Bibliophilen  30  Pf.  —  Beilagegebühr  50  Mark.  —  Insertionsschluß  für  Heft  2  am  15.  Mai.  —  Abonnenten  haben 
pro  Quartal,  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung,  10  Zeilen  unter  Nachfrage  oder  Angebote  frei. 


Gesellschaft  der  Bibliophilen. 

Als  neue  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten: 


27.  Geh.  Hofrat  Professor  Dr.  Hans  Meyer ,  Chef  des 
bibliographischen  Instituts,  Leipzig. 

10 1.  Dr.  Adolf  Schmidt,  Direktor  der  großherz.  Hofbiblio- 
thek,  Darmstadt,  Heidelbergerstr.  12. 

108.  Prof.  William  A.  Coofer,  Stanford  (California),  U.  S.  A. 

129.  Stadtbücherei,  Erfurt. 

201.  Dr.  med.  Arthur  Olletidorjf,  Breslau  V,  Gartenstr.  36. 

244.  Fräulein  Käte  Glockmann ,  Assistentin  an  der  Stadt¬ 
bibliothek,  Bromberg. 

329.  Referendar  Hans  Rambke,  Hannover,  Wedekindstr.  15. 

362.  Josef  Faltin,  Kandidat  des  höhern  Schulamts,  Frei¬ 
burg  i.  B.,  Franziskanerstr.  II. 

430.  Professor  Dr.  Ernst  Küster,  Halle  a.  S.,  Cecilienstr.  6. 

507.  Georg  Collin,  Inhaber  der  Hofbuchbinderei  "W.  Collin, 
Berlin  W.,  Leipzigerstr.  19 II. 


WEIMAR,  Grunstedterstr.  16. 


587.  Hermann  G.  Stachow,  Ingenieur,  Hamburg  39,  Sierich- 
straße  42. 

652.  Otto  Reicht,  Verlagsbuchhändler,  Berlin  W.  69,  Nürn- 
bergerstr.  65. 

656.  Dr.  Richard  Benz,  Freiburg  i.  B.,  Burgunderstr.  19. 

687.  Hugo  Streisand,  Antiquar,  Berlin  W.  50,  Augsburger¬ 
straße  53. 

702.  Max  Sch?nidtke,  Riga,  Gr.  Königstr.  32,  Qu.  25. 

741.  Brutto  Neumann,  Hof buchhändler  (i.  Fa.  Keyser’sche 
Buchhandlung),  Erfurt,  Anger  II. 

759.  Fr.  Müller ,  Antiquar  (i.  H.  Lipsius  &  Tischer),  Kiel, 
Holtenauerstr.  1 1. 

863.  E.  Hartenstein,  Kaufmann,  Geislingen,  Stg. 

884,  Dr.  med.  Heilbronn,  Arzt,  Griesheim  b.  Darmstadt. 

I.  A. 

Prof.  Dr.  Carl  Schüddekopf. 


Angebot. 

Deutsche  Volkstracht  oder  Geschichte  der  Kleider- 
Reformation  in  der  Residenzstadt  Flottleben.  Ein 
satyrisches  Gemälde  von  Th.  H.  Friedrich.  Berlin, 
Maurer  1815  (60  S.)  8°,  broschiert,  mit  2  Modebildern 
und  22  Trachtenkupfern.  20  M. 

Goethe,  Maskenzug  zum  30.  Januar  1810.  16  S.  40,  un¬ 
beschnitten.  50  M. 

„Verstoßene  Kinder  der  Musen“  Leipzig  1871. 

Reflektanten  werden  gebeten,  ihre  Aufträge  an 

W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstr.  10  zu  senden. 


Nachfrage. 

Herders  Reise  nach  Italien.  Herders  Briefwechsel  mit 
seiner  Gattin,  vom  August  1788  bis  Juli  1789.  Hsg. 
von  H.  Diintzer  und  F.  G.  v.  Herder.  Gießen  1859-  8°. 

Schneeglöckchen  von  Maria  [Maria  von  Plessen\.  Ham¬ 
burg  1819.  8°. 

Emma  v.  Niendorf,  Aus  der  Gegenwart.  Berlin  1844.  8°. 

Zeitschrift für  Bücherfreunde,  J ahrgang'  I,  II  (inOriginal- 
einband). 

Angebote  mit  Preisangabe  an  W.  Drugulin,  Leipzig, 

Königstr.  10  erbeten. 


(In  dieser  Abteilung  stehen  jedem  Abonnenten  vierteljährlich  zehn  Zeilen  umsonst  zur  Verfügung.) 


Z.  f.  B.  1909/1910.  2.  Beiblatt. 


1 


1 


Beiblatt. 


Von  den  Auktionen. 


Die  Versteigerung  der  großen  Menzel- Sammlung 
aus  dem  Besitz  A.  Dorgerlohs  bei  Avisier  6°  Ruthardt 
in  Berlin  vom  22. — 24.  April  brachte  u.  a.  folgende 
Preise  (die  Nummern  nach  Dorgerloh):  Geschichte 
des  preußischen  Staates,  Breslau  o.  J.,  mit  sechs  ganz 
frühen  Arbeiten  M.  105;  Nr.  1  M.  63;  Nr.  2  M.  70 ; 
Nr.  3  M.  75;  Nr.  4  M.  94;  Nr.  5  M.  50;  Nr.  7  M.  65; 
Nr.  8a — c  M.  86;  Nr.  9  M.  61 ;  Nr.  11  M.  125;  Nr.  12 
M.  125;  Nr.  1 2 i  M.  63;  Nr.  13 — 19  M.  70;  Nr.  20—29 
(vollständiges  Exemplar  der  Jahrgänge  1831—32  des 
„Preußischen  allgemeinen  Hausfreunds“)  M.  245 ;  Nr.  42 
M.  130;  Nr.  43  M.  55 ;  Nr.  46  M.  130;  Nr.  49—61  M.  370; 
Nr.  62  M.  105;  Nr.  66  M.  410;  Nr.  105  M.  120;  Nr.  106 
M.  130;  Nr.  120 — 122  M.  205;  Nr.  132  —  161  M.  750; 
Nr.  176  M.  1 1 5 ;  Nr.  188  I  M.  135;  Nr.  189  M.  1 50 ; 
Nr.  191  M.  170;  Nr.  633h  M.  235;  Nr.  638—644  I 
M.  1220,  einzeln  M.  180—720,  Nr.  645  M.  700 ;  Nr.  1057 
— 1257  (Ausgabe  Berlin  1882)  M.  510,  Nr.  1297 — 1308 
(Berlin  1856)  M.  260;  Nr.  1328 — 1357  (Probedrucke  auf 
China)  M.265;  Nr.  1363—1369  M.  160;  Nr.  1370  M.  545; 
Nr.  1378  II  M.  505;  Nr.  1382  I  M.  315;  Nr.  1383  I 
M.  305;  Nr.  1385  III  M.  120;  Nr.  1386  I  M.  205;  Nr. 
1390  M.  1005. 


London.  Im  allgemeinen  hielten  sich  zwar  in  diesem 
Jahre  die  Bücherpreise  für  wertvolleres  Material  auf 
den  bisherigen  Durchschnittsniveau,  indessen  macht 
sich  eher  eine  Tendenz  nach  unten  wie  nach  oben  be¬ 
merkbar.  Selbst  erstklassige  Unika  haben  keinen  Fort¬ 
schritt  in  der  Preissteigerung  zu  verzeichnen.  Die  Ein¬ 
leitung  zu  den  bedeutenderen  Bücherauktionen  der 
Londoner  Saison  bildete  die  Ende  Februar  bei  Sotheby 
verkaufte  Bibliothek  von  Lord  Polwarth.  Die  Speziali¬ 
tät  derselben  bestand  in  einer  Sammlung  von  Bro¬ 
schüren,  Zeitungen,  Proklamationen  und  Einblatt¬ 
drucken  aus  der  Zeit  der  Bürgerkriege  (1649),  im 
ganzen  121  Nummern,  die  mit  26900  Mark  bezahlt 
wurden.  Unter  den  Einzelwerken  erzielte  den  höchsten 
Preis  ein  unvollkommenes  Exemplar  von  Virgils 
„Äneide“,  ursprünglich  aus  dem  Lateinischen  in  Fran¬ 
zösisch,  und  dann  von  William  Caxton  in  Englisch 
übersetzt  und  1490  von  ihm  gedruckt.  In  Blades  Ver¬ 
zeichnis  ist  der  von  Mr.  Quaritch  mit  6600  Mark  be¬ 
zahlte  Band,  nicht  erwähnt.  Der  Totalerlös  für  die 
Bibliothek  betrug  88200  Mark.  —  Dieselbe  Firma  ver¬ 
äußerte  gleichfalls  gegen  Ende  Februar  eine  wichtige 
Sammlung  von  autographischen  Briefen,  historischen 
Dokumenten  und  Manuskripten  aus  dem  Besitz  von 
Mr.  J.  Stoddart.  Die  interessantesten  Objekte  und  die 
dafür  gezahlten  Preise  waren  folgende:  Eine  auf  das 
Leben,  den  Tod  und  Begräbnis  Nelsons  sich  beziehende 
Kollektion  von  200  Briefen,  Porträts  und  Zeichnungen 
kam  auf  2900  Mark  (Linton).  Ein  Brief  Nelsons  an 
Lady  Hamilton  am  23.  März  1801,  kurz  vor  der  Schlacht 
von  Kopenhagen  geschrieben,  lautet:  ,,My  dearest 
friend  —  Now  we  are  sure  of  fighting  I  am  sent  for. 
When  it  was  a  joke  was  kept  in  the  background.  To 
morrow  will  be  a  grand  day  for  England.  To  have 
it  so  no  exertion  shall  be  wanting  from  your  most 


attached  and  affectionate  friend  tili  Death  —  Nelson.“ 
Das  Schriftstück  wurde  von  Mr.  Flynn  für  620  Mark 
erworben.  Mr.  Stanhope  honorierte  Nelsons  „Order 
of  Battle  and  Sailing  for  Trafalgar“,  datiert  den  29.  Sep¬ 
tember  1805,  mit  2500  Mark. 

Einige  Tage  nach  obigem  Verkauf,  verauktionierte 
die  Firma  Sotheby  eine  Bibliothek  und  einzelne  Werke 
aus  verschiedenem  Besitz  und  infolgedessen  sehr  ge¬ 
mischten  Inhalts.  Die  erwähnenswertesten  Bücher  und 
namentlich  illuminierte  Manuskripte  sind  die  nach¬ 
stehenden:  Ein  schönes  Exemplar  von  Waltons  „Com- 
pleat  Angler  1653,  die  sehr  seltene  erste  Ausgabe  im 
Originaleinband,  erreichte  21700  Mark  (Quaritch).  Im 
Jahre  1907  wurde  das  gleiche  Werk  mit  25800  Mark 
bezahlt.  Ein  nur  wenig  unvollkommenes  Exemplar 
von  Shakespeares  „Poems“,  1640,  erstand  Quaritch 
für  6200  Mark,  das  im  Jahre  1798  nur  26  Schilling  auf 
einer  Versteigerung  einbrachte.  Ebenso  erwarb  Qua¬ 
ritch  zum  Preise  von  2334  Mark  Swifts  und  Popes,,Mis- 
cellanies  in  Prose  und  Verse“,  vier  Bände,  heraus¬ 
gegeben  von  1727— 1732.  Ein  Ereignis  bildeten  an 
diesen  Tagen  mehrere  sehr  schön  illuminierte  zum  Ver¬ 
kauf  angebotene  Manuskripte.  Unter  diesen  ist  hervor¬ 
zuheben:  „Horae  ad  usum  Galliae“,  208  Blätter,  aus 
dem  XV.  Jahrhundert,  enthaltend  41  große  und  gut 
ausgeführte  Miniaturen,  8000  Mark  (Franklin).  Ein 
frühenglischer  Psalter,  194  Blätter  mit  vorzüglichen 
Illuminationen,  8400  Mark  (Quaritch).  Ein  „Book  of 
Hours“,  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts,  92  Blätter  mit 
18  reich  ausgestatteten  Miniaturen,  5000  Mark  (Quaritch), 
und  endlich  ein  „Book  of  Hours“  aus  dem  XV.  Jahr¬ 
hundert,  von  einem  französischen  Schreiber  herrührend, 
1 14  Blätter  mit  15  schönen  Miniaturen,  4500  Mark 
(Edwards).  —  Da  Briefe  von  Raffael  zu  den  größten 
Seltenheiten  gehören,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern, 
daß  einem  solchen,  datiert  den  15.  August  1514,  be¬ 
sondere  Aufmerksamkeit  geschenkt  wurde.  1514  war 
das  Jahr,  in  welchem  der  Maler  das  Freco  „Galatea“ 
in  der  Halle  der  Villa  Chigi  an  der  Tiber  vollendet 
hatte,  und  kurz  darauf  seine  Wahl  als  Nachfolger 
Bramantes  zum  Architekten  für  St.  Peter  erfolgte.  Der 
bezügliche,  an  Fabio  Calvo  gerichtete  Brief  Raffaels, 
enthält  das  Versprechen,  einige  Entwürfe  für  den  in 
Italienisch  übersetzten  „Vitruvius“  zu  liefern.  Dieses 
autographische  Schreiben  wurde  von  Mr.  Meylen  mit 
820  Mark  honoriert.  — 

Eine  für  uns  besonderes  Interesse  bietende  Auktion 
war  die,  am  18.  März  bei  Sotheby  abgehaltene,  die 
Bibliothek  des  Bischofs  von  Colchester  betreffend. 
Der  Schwerpunkt  dieser  Sammlung  lag  in  den  vor¬ 
handenen  kleineren  Druckschriften  Martin  Luthers, 
meistens  erste  Ausgaben  mit  schönen  Holzschnitten 
von  Holbein,  Cranach,  Burgmaier  u.  a.,  in  110  Nummern 
verteilt.  Im  Durchschnitt  erreichten  diese  Seltenheiten 
nur  einen  zwischen  einigen  Schillingen  bis  zu  2  £ 
variierenden  Preis.  Zwei  Nummern  der  Kollektion 
machte  hiervon  allein  eine  Ausnahme:  ,,Eyn  geystlich 
edles  Büchleyn“,  1516  in  Wittenberg  gedruckt,  und 
dann  „Disputatio  D.  Martini  Luther  Theologi  pro  Decla- 


2 


Beiblatt. 


ratione  Virtutis  Indulgentarium“,  1517  hergestellt,  die 
beide  Mr.  Butler  für  je  420  Mark  erwarb.  Wenn  man 
hingegen  die  im  Verhältnis  ungerechtfertigt  außer¬ 
ordentlich  hohen  Preise  für  zwar  nicht  uninteressante, 
aber  meiner  Ansicht  von  den  Zeitgenossen  bedeutend 
über  ihren  wirklichen  Wert  überschätzten  beiden, 
weiter  unten  angeführten  englischen  Werke  vergleicht, 
so  bestätigt  sich  die  schon  mehrfach  ausgesprochene 
Erfahrung,  daß  englische  Drucke  und  Manuskripte 
auf  dem  hiesigen  Büchermarkt,  sowohl  absolut  wie 
relativ  stets  ihre  Vorherrschaft  behaupten  werden!  Es 
scheint  durchaus  unratsam,  selbst  erstklassige  Biblio¬ 
theken  vom  Kontinent  zum  Verkauf  hierherzusenden, 
da  bisher  alle  solche  Versuche  in  bezug  auf  ihr 
Resultat,  als  gescheitert  betrachtet  werden  müssen. 
Die  oben  erwähnten  Werke  sind:  Blakes  „Songs  of 
Innocence  and  of  Experience“,  von  Mr.  Dobell  mit 
3420  Mark,  und  ein  kleiner  Band  von  Tennyson,  ent¬ 
haltend  „The  Falkon“,  „The  Cap“  und  „The  Promise 
of  May“,  von  Quaritch  mit  1200  Mark  bezahlt.  Ganz 
besonders  hoch  wird  zurzeit  jedes  nur  mit  wenigen 
Zeilen  beschriebene  Blättchen  von  der  Hand  der  Poeten 
Shelley  und  Robert  Burns  bewertet,  ja  höher  wie  gute 
Autographen  von  Walter  Scott.  So  wurde  nur  ein  Teil 
eines  Briefes  des  ersteren  an  G.  F.  Graham,  bei  Christie 
für  1040  Mark,  und  ein  Schreiben  des  Dichters  Burns  an 
John  Richmond,  von  Mr.  Sabin  für  740  Mark  angekauft. 

Den  Kulminationspunkt  auf  dem  Büchermarkt  für 
den  verflossenen  Jahresabschnitt  bildete  die  Versteige¬ 
rung  der  Bibliothek  von  Lord  Ä7nherst  bei  Sotheby  am 
29.  März  und  den  beiden  folgenden  Tagen,  zu  der  sich 
die  ersten  Buchhändler  Londons,  aber  ein  nur  wenig  zahl¬ 
reiches  Privatpublikum  eingefunden  hatte.  Ein  ca.  1400 
vonWycliff  verfaßtes  Manuskript,  seine  Originalversion 
des  Neuen  Testaments  enthaltend,  erstand  Mr.  Quaritch 


für  28200  Mark.  Derselbe  erwarb  gleichfalls  die  editio 
princeps  von  Lactantius  „Opera,  de  Divinis  Institutioni- 
bus“  zum  Preise  von  7000  Mark.  Lichtenberger  „Pro- 
gnosticatio“,  1526  in  Köln  gedruckt,  in  einem  Grolier- 
Originaleinband  mit  „Jo  Grolier  et  amicorum“  und 
dem  Motto  „Portio  mea  Domine  sit  in  Terra  Viven- 
tum“  versehen,  wurde  Mr.  Quaritch  für  1720  Mark 
zugeschlagen.  Die  editio  princeps  der  „Imitatio 
Christi“  erreichte  4000  Mark  (Delauney).  „Ponti- 
ficale  Trevirense“,  ein  vom  Kurfürsten  und  Erzbischof 
Johann  II.  von  Trier  verfaßtes  Manuskript  kam  auf 
1800  Mark  (Ellis).  „Rudimentorum  Novicorum“,  1475 
das  erste  in  Lübeck  gedruckte  und  eine  Weltkarte 
enthaltende  Buch,  wurde  mit  800  Mark  bezahlt.  „Monte 
Sancto  di  Dio“,  mit  Kuperstichen  nach  Entwürfen 
Botticellis  gelangte  für  1520  Mark  in  den  Besitz  von 
Baer&Co.  (Frankfurt).  Für  zwei  Originalblätter  ausFust 
und  Schoeffers  1457  gedrucktem  „Psalmorum  Codex“ 
bewilligte  Mr.  Quaritch  1620  Mark.  Im  ganzen  betrug 
der  Erlös  in  runder  Summe  290000  Mark.  Hierzu 
müssen  noch  400000  Mark  gezählt*  werden,  die  Mr. 
Pierpont  Morgan  für  die  in  der  Bibliothek  befindlichen 
Drucke  von  Caxton  aus  freier  Hand  anlegte,  sowie  die 
Summe  von  360000  Mark,  welche  der  Verkauf  des 
ersten  Teils  der  Bibliothek  im  vorigen  Dezember  ein¬ 
brachte.  Das  Gesamtresultat  beträgt  demnach  Eine 
Million  und  fünfzig  Tausend  Mark. 

O.  von  Schleinitz . 


Das  Antiquariat  J.  Halle  in  München  versteigert 
vom  15. — 18.  Juni  eine  kostbare  Sammjung  von  Stichen 
der  englischen  und  französischen  Schule  desXVIII.  Jahr¬ 
hunderts,  Handzeichnungen  und  Aquarellen,  sowie 
seltene  englische  Sport-  und  Jagdblätter.  Der  reich 
illustrierte  Katalog  erschien  Mitte  Mai. 


Rundschau  der  Presse. 

Von  Professor  Dr.  Adalbert  H ortzschansky  in  Groß-Lichterfelde. 

Die  nachfolgende  Übersicht  versucht,  die  wichtigeren  in  Zeitschriften  und  Zeitungen  enthaltenen  Aufsätze  und  Abhandlungen  zu 
verzeichnen,  soweit  sie  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift  in  Betracht  kommen.  Zusendung  von  Sonderdrucken  und  Ausschnitten  an  die  Adresse 
des  Bearbeiters  in  Groß-Lichterfelde  bei  Berlin,  Moltkestr.  40,  erbeten. 


Schrift-,  Buch-  und  Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Clegg,  S.,  Modern  writing  and  illuminating. 

Bibliophile.  3.  1909.  S.  85—90  mit  6  Abbild, 

u.  1  Taf. 

Erben,  W.,  Zu  den  Tironischen  Noten  der  Karolinger¬ 
diplome. 

Mitteilungen  des  Instituts  f  Österreich.  Geschichts¬ 
forschung.  29.  1908.  S.  153—162. 

Josten,  H.  H.,  Neue  Studien  zur  Evangelienhand¬ 
schrift  Nr.  18  („Des  Hl.  Bernward  Evangelienbuch'1) 
im  Domschatze  zu  Hildesheim.  Beiträge  zu  einer 
Geschichte  der  Buchmalerei  im  frühen  Mittelalter. 

Studien  zur  deutschen  Kunstgeschichte.  109.  1909. 
XI,  93  S.,  8  Taf. 


Leidinger,  G.,  Der  Münchener  Boccaccio.  (Mit  Mi¬ 
niaturen  Jean  Foucquets.) 

Münchner  Neueste  Nachrichten.  1909.  Beil.  Nr.  61 
vom  14.  März. 

Malcolm,  C.  A.,  Old  and  new.  (Betr.  die  Facsimiles 
der  Palaeographical  Society.) 

Bibliophile.  3.  1909.  S.  71— 75  mit  4  Abbild. 
Philippi,  F.,  Zu  den  Porträts  deutscher  Herrscher. 
Neues  Archiv  der  Gesellschaft  für  ältere  deutsche 
Geschichtskunde.  34.  1908/9.  S.  523 — 535. 

Bibliophilie.  Exlibris. 

B  ibliotheque  de  Charles  Le  Goux  de  La  Berchere. 
(Erzbischof  von  Narbonne,  J*  1720.) 

Petite  Revue  des  bibliophiles  dauphinois.  2.  1909. 
S.  77 — 86,  mit  1  Taf. 


3 


Beiblatt, 


B  o  g  e  n  g ,  G.  A.  E.,  U mriß  einer  F achkunde  für  Bücher¬ 
sammler. 

Jahrbuch  für  Bücher-Kunde  und  -Liebhaberei,  i. 
1909.  S.  9 — 136. 

Müller,  O.  von,  Exlibris  Heister.  (Lorenz  Heister, 
geboren  zu  Frankfurt  a.  M.  1683.) 

Rivista  del  collegio  araldico.  7.  1909.  S.  112  mit 

1  Abbild. 

Orlandini,  U.,  Exlibris  conti  Paradisi  di  Montalto 
Marche. 

Rivista  del  collegio  araldico.  7.  1909.  S.  1 1 1  —  r  12, 

mit  1  Taf. 

Wheeler,  H.  F.  B.,  Notable  private  libraries.  Nr.  2. 
The  library  of  Mr.  Edmund  Gosse,  LL.  D. 

Bibliophile.  3.  1909.  S.  76 — 82  mit  4  Abbild. 
Zobeltitz,  F.  v.,  Die  Gesellschaft  der  Bibliophilen. 
Jahrbuch  für  Bücher-Kunde  und  -Liebhaberei.  1 . 
1909.  S.  1—6. 

Bibliothekswesen. 

Benecke,  Th.,  Ein  Gegenstück  zur  Celler-Kirchen- 
Ministerial-Bibliothek  in  Harburg. 

Hannoverland.  1908.  S.  271. 
Bericht  über  die  Bibliothek  des  Börsenvereins  der 
Deutschen  Buchhändler  zu  Leipzig  während  d.  J. 

1908,  erstattet  an  den  Ausschuß  für  die  Bibliothek 
von  K.  Burger. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 

5.  3613—16. 

British  Museum.  Av  E.  D.  (Bibliothek.) 

Allmänna  svenska  boktry ckareföreningens  Medde- 
landen.  14.  1909.  S.  59—62  mit  3  Abbild. 

Brouta,  J.,  Tesoros  espanoles  en  Yankilandia.  (New 
York,  Museo  Hispanico,  Biblioteca  de  la  Sociedad 
Hispänica.)  Espaha  moderna.  21.  1909.  S.  84 — 91. 
Brouwers,  D.  D.,  et  Courtoy,  F.,  La  bibliotheque 
publique  de  Namur. 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 

6.  1908.  S.  435—456. 

Evans,  G.  H.,  Aids  to  the  technical  and  industrial 
worker.  A  beginning.  (Brooklyn  Public  Library.) 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  100 — 103. 
Foss,  S.  W.,  Some  Cardinal  principles  of  a  librarian’s 
work.  Public  Libraries.  14.  1909.  S.  77 — 81. 

Frankfurter  S. ,  Eine  Jubiläums  -  Stiftung  für  die 
Wiener  Universitäts-Bibliothek. 

Mitteilungen  des  Österreich.  Vereins  f.  Bibliotheks¬ 
wesen.  12.  1908.  S.  216 — 231. 

Gifts  and  bequests  to  American  libraries,  1908. 

Bulletin  of  the  American  Library  Association.  3. 

1909.  S.  14—20. 

Hadley,  A.  T.,  Facilities  for  study  and  research  in 
the  Offices  of  the  United  States  Government  at 
Washington. 

U.  S.  Bureau  of  Education.  Bulletin.  1909.  Nr.  1. 

73  S. 

Hü  bl,  A.,  Die  österreichischen  Klosterbibliotheken  in 
den  Jahren  1848 — 1908. 

Mitteilungen  d.  Österreich.  Vereins  f.  Bibliotheks¬ 
wesen.  12.  1908.  S.  201 — 216. 


Kuntze,  E.,  Dr.  Karl  v.  Estreicher-Rozbierski  -j-, 

Mitteilungen  d.  Österreich.  Vereins  f.  Bibliotheks¬ 
wesen.  12.  1908.  S.  231 — 238. 

List  of  works  in  the  New  York  Public  Library  relating 
to  the  Mormons.  Bulletin  of  the 

New  York  Public  Library.  13.  1909.  S.  183—239. 

Marteil,  P.,  Norddeutsche  Universitätsbibliotheken. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  47—54. 

Martell,  P.,  Mitteldeutsche  Universitätsbibliotheken.  1. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  82 — 87. 

Morningstern,  W.  B.,  Technical  department  of  the 

Free  Public  Library  of  Newark,  N.  J. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  104 — 106. 

N  ohl ,  Die  Leichenpredigten  und  Gelegenheitsgedichte 
der  Bibliothek  des  Grauen  Klosters.  (In  Berlin.) 

Vierteljahrsschrift  für  Wappen-,  Siegel-  und  Fa¬ 
milienkunde.  36.  1908.  S.  226—241. 

Plummer,  H.,  Personal  impressions  of  American 
libraries. 

Library  Association  Record,  n.  1909.  S.  1 1 8 — 129. 

Regolamento  per  l’uso  e  la  riproduzione  dei  cimeli 
e  dei  manoscritti. 

Bollettino  uffuiale  del  ministero  delt  istruzione 
pubblica.  36.  1909.  Vol.  1.  S.  696 — 698. 

Sayers,  W.  C.  B.,  The  expansive  Classification. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  99 — 1 1 7. 

Schloß,  L.,  Aus  der  Bibliotheksbewegung  Ungarns. 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  117 — 119. 

Sohnrey,  H.,  Wie  ich  die  Buchenroder  Dorfbibliothek 
gründete.  Eckart.  3.  1908/9.  S.  387 — 394. 

Stephen,  G.  A.,  The  Application  of  exact  Classification 
to  shelf  arrangement.  II. 

Library  World.  11.  1908/9.  Nr.  33. 

Sterneck,  O.  von,  Zur  Frage  einer  Reform  des  Biblio¬ 
thekswesens  (in  Österreich). 

Mitteilungen  des  Österreich.  Vereins  f.  Bibliotheks¬ 
wesen.  12.  1908.  S.  238 — 247. 

Stevens,  E.  F.,  Industrial  literature  and  the  industrial 
public  at  the  Pratt  Institute  Free  Library. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  95 — 99. 

Stosskopf,  G.,  Library  bookbinding. 

Public  Libraries.  14.  1909.  S.  87 — 89. 

Tourneur,  V.,  Le  Mont  des  Arts,  la  Bibliotheque 
royale  et  les  Archives  generales  du  Royaume. 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 
6.  1908.  S.  417 — 430. 

Vincent,  A.,  Le  Catalogue  de  la  Bibliothöque  royale. 
III.  Quelle  est  l’importance  numerique  des  collections 
d’imprimes  de  la  Bibliotheque  royale. 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 
6.  1908.  S.  491—495. 

Woodruff,  J.  L.,  Who’s  who  in  the  library.  (Rechte 
des  Bibliothekars  gegenüber  dem  board  of  directors.) 

Public  Libraries.  14.  1909.  S.  81 — 84. 

Buchdruck  und  -Gewerbe. 

Deutscher  Buchgewerbeverein.  Bericht  über  die 
Hauptversammlung  des  Deutschen  Buchgewerbe¬ 
vereins  in  Leipzig  am  10.  März  1909  in  Berlin. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  3349-53- 


4 


Beiblatt. 


Bourrelier,  Vue  d’ensemble  sur  l’industrie  et  le  com¬ 
merce  du  livre. 

Bibliographie  de  La  France.  1909.  Nr.  11  vom 
12.  März.  Supplement.  16  S. 

Collijn,  J.,  Neue  Beiträge  zur  Geschichte  des  ältesten 
Buchdrucks  in  Hamburg. 

Jahrbuch  der  Hambur gischen  Wissenschaftlichen 
Aristalten.  25.  1907.  Beiheft  7.  Mitteilungen  aus 
der  Stadtbibliothek  in  Hamburg.  Hamburg  1909. 
S.  1  — 16,  Taf.  1 — 12. 

Enschede,  J.  W.,  De  drukpersafbeeldingen  in  Amp- 
zing  en  Scriverius.  1628. 

Tijdschrift  voorboek-  en  bibliotheekwezen.  6.  1908. 
S.  265—268  mit  2  Abbild. 

Die  Erhöhung  der  Druckpreise  und  der  deutsche 
V  erlagsbuchhandel. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 

5.  3621—28. 

Goffin,  Th.,  Recherches  sur  les  origines  de  l’Impri- 
merie  ä  Lierre.  III.  Les  Freres  Verhoeven,  1814 
— 1816.  Frangois  Caspar- Adrien  Verhoeven,  1816 
— 1837. 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 

6.  1908,  S.  464 — 481. 

Kleemeier,  Fr.  J.,  Die  Wahl  des  Buchtitels. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  3447— 50. 

Lange,  H.  O.,  Eine  anonyme  Hamburger  Druckerei 
von  1502.  (Übers,  aus:  Allmänna  svenska  bok- 
tryckareföreningens  Meddelanden.  13.  1908.  Nr.  n.) 

Jahrbuch  der  Hamburgischen  Wissenschaj tlichen 
Anstalten.  25.  1907.  Beiheft  7.  Mitteilungen  aus  der 
Stadtbibliothek  in  Hamburg.  Hamb.  1909.  S.  17  — 30, 
Taf.  13 — 18. 

Lemoisne,  P.  A.,  Les  primitifs  de  l’estampe  japonaise. 
Gazette  des  beaux-arts.  1909.  April.  S.  334 — -352 
mit  7  Abbild,  u.  1  Taf. 

Morin,  L.,  Un  chef- d’oeuvre  de  malfagon  typo- 
graphique.  (Französischer  Druck  nach  1615,  ohne 
Titel,  Ort  und  Jahr.) 

Bulletin  du  bibliophile.  1909.  S.  65 — 75. 
Redgrave,  G.  R.,  Emblems  and  impresas.  (16.  Jahr¬ 
hundert.) 

Bibliophile.  3.  1909.  S.  65 — 70  mit  4  Abbild. 
Rosadi,  G.,  Dell’  arte  di  legare  il  libro.  Discorso  fatto 
il  22.  Nov.  1908  alla  Societä  dei  Legatori  di  Libri  in 
Firenze. 

Rivista  delle  biblioteche  e  degli  archivi.  19.  1908. 
S.  185—193. 

Verheyden,  P.,  Pauwel  van  Solt,  boekdrukker  te  Ant¬ 
werpen  in  1540 — 42. 

Tijdschrift  voor  boek-en  bibliotheekwezen.  6.  1908. 
S.  274-275. 

Buchhandel. 

Mühl,  K.,  Herrmann  Julius  Meyer. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  71  vom  25.  März. 

Müller,  E.,  Briefe  des  Philosophen  und  Arztes  J.  B. 
Erhard  an  G.  J.  Göschen  und  J.  L.  Neumann. 
(Schluß.)  Euphorion.  15.  1908.  S.  686—692. 


Röthlisberger,  E.,  Das  neue  Nordamerikanische 
Urheberrechtsgesetz  vom  4.  März  1909. 

Börsenblatt  für  den  Deutsche ji  Buchhandel.  1909. 
S.  3559ff-,  S.  3683h 

Schaper,  M.,  Die  wirtschaftlichen  Schwierigkeiten  des 
Gesamtbuchhandels  und  die  Lage  zwischen  Verlag 
und  Sortiment. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  3861-3867. 

Sodini,  A.,  La  produzione  della  cultura  in  Germania 
e  il  commercio  del  libro  a  domicilio. 

Nuova  Antologia.  1909.  April  1.  S.  447 — 461. 

Wald  mann,  E.,  Französische  und  deutsche  Buch¬ 
handlungsgehilfen  in  Paris. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  3743— 3745-  3796— 3800. 

Zeitungswesen.  Pressrecht.  Zensur. 

Bardeleben,  C.  von,  Die  Königlich  preußischen 
Genealogischen  Kalender  von  1724  bis  1850. 

Vierteljahrs schrift  für  Wappen-,  Siegel-  und  Fa¬ 
milienkunde.  36.  1908.  S.  323 — 373  mit  13  Abbild. 

Eick,  H.,  Heine,  der  ,,Simplicissimus“zeichner. 

Österreichische  Rundschau.  1909.  April  1.  S.  52—58. 

Kellen,  T.,  Der  deutsche  Musenalmanach  1833 — 1839. 
Von  E.  F.  Kossmann. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S-  3953— 54- 

Strachey,  J.  S.  L.,  Are  journalism  ancj  literature  in- 
compatible?  ' 

Fortnightly  Review.  1909.  April.  S.  734 — 742. 

Bibliographie. 

Otlet,  P.,  Conference  internationale  de  bibliographie 
et  de  documentation. 

Mouvement  sociologique  international.  9.  1908. 
Nr.  4.  Dec.  34  S. 

Roeper,  A.,  Walter  Ziegler  und  sein  Werk.  Zum 
fünfzigsten  Geburtstage  des  Künstlers,  23.  März  1909, 
(Bibliographie.) 

Börsenblatt  für  den  Deutscheii  Buchhandel.  1909* 
S.  3562—64. 

Literaturgeschichte,  Allgemeines. 

Behr,  M.,  Heimatkunst  und  Literaturentwicklung. 

Bücherwelt.  6.  1909.  S.  125 — 129. 

Björkman,  R.,  Die  Hochdeutschen  Comedianten. 

Samlaren.  29.  1908.  S.  83 — 90. 

Brunnemann,  A.,  Der  moderne  französische  Dorf¬ 
roman.  Literarisch.  Echo.  11.  1909.  Sp.  973—980. 

Frenzei,  K.,  Die  Schriftsteller  des  Neuen  Testaments. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  14 
vom  4.  April. 

Margolin,  F.,  Die  Theorie  des  Romans  als  die  Poesie 
der  Poesie  in  der  Frühromantik. 

Zeitschrift  für  Ästhetik  u.  allgemeine  Kunstwissen¬ 
schaft.  4.  1909.  S.  183—209. 


5 


Beiblatt. 


Spina,  F.,  Beiträge  zu  den  deutsch-slavischen  Literatur¬ 
beziehungen.  i.  Die  alttschechische  Schelmenzunft 
‘Frantova  Präva’. 

Prager  deutsche  Studien.  13.  1909.  223  S. 

Einzelne  Schriftsteller. 

Bechstein:  Linschmann,  Th.,  Ludwig  Bechstein  und 
seine  Schriften.  Eckart.  3.  1908/9.  S.  380—387. 
Boccaccio:  Hauvette,  H.,  Les  plus  anciennes  tra- 
ductions  frangaises  de  Boccace.  (Art.  5.) 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  de  Bordeaux. 
Bulletin  italien.  9.  1909.  S.  1 — 26. 

— :  Valori,  E.,  ,,I1  vaso  di  Basilico  e  la  novella  di 
Lisabetta  da  Messina.  Keats  e  Boccaccio. 

Rivista  delle  biblioteche  e  degli  archivi.  19.  1908. 
S.  193—198. 

Börne:  Draeger,  O.,  Börne  und  die  preußische 
Zensur. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  14  vom 

4.  April. 

— :  Mentzel,  E.,  Ungedruckte  Briefe  und  Billette 
von  Ludwig  Börne  an  Jeanette  Wohl.  (Schluß.) 

Euphorion.  15.  1908.  S.  725 — 738. 
Bums:  Mabie,  H.W.,  Burns,  the  poet  of  democracy. 

North  American  Review.  1909.  März.  S.  344 — 350. 
Byron:  Simhart,  M.,  Lord  Byrons  Einfluß  auf  die 
italienische  Literatur. 

Münchener  Beiträge  zur  romanischen  und  eng¬ 
lischen  Philologie.  45.  1909.  XVI,  85  S. 

Cervantes:  Ellis,  H.,  Don  Quijote. 

Espaha  moderna.  1909.  März.  S.  69 — 83. 
Dante:  Pizzi.  J.,  Dante  e  Firdusi. 

Rivista  d’ Italia.  1909.  Februar.  S.  190 — 204. 
Deledda:  Segre,  C.,  Grazia  Deledda. 

Deutsche  Rundschau.  1909.  März.  S.  437 — 449. 
Dickens:  Chersterton,  G.  K.,  Charles  Dickens.  Les 
dernieres  annees.  Les  dernieres  oeuvres.  Traduit 
par  Achille  Laurent. 

Revue politique  et  scientifique.  Revue  bleue.  1909. 
April  10.  S.  456 — 460. 

Droste:  Schücking,  L.  L.,  Annette  von  Droste  und 
Levin  Schücking.  Randglossen  zu  einigen  neueren 
Droste-F orschungen  mitBenutzung  von  ungedrucktem 
Briefmaterial. 

Süddeutsche  Monatshefte.  1909.  April.  S.  448 — 465. 
Elgström :  Book,  F.,  PerElgströms  romantiska  poesi. 
Stilkritiska  studier. 

Samlaren.  29.  1908.  S.  90 — 138. 
Fontane:  Heilborn,  E.,  Fontanopolis. 

Velhagen  u.  Klasings  Monatshefte.  1909.  April. 

5.  580 — 585. 

Fouque:  Ziesemer,  W.,  Fouques  Briefe  an  August 
Zeune. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  13 
und  14  vom  28.  März  und  4.  April. 

Geibel:  Hadina,  E.,  Emanuel  Geibel.  Zum  25.  Todes¬ 
tag  des  Dichters. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  161  vom  6.  April. 


Geibel:  Nietzki,  M.,  Emanuel  Geibels  Jugendbriefe. 
Bonn-Berlin-Griechenland. 

National-  Zeitung.  1909.  Sonntags  Beil.  Nr.  13 
vom  28.  März. 

Gleim :  K  o  z  1  o  w  s k  i ,  F.  von,  Gleim  und  der  Darmstadter 
Kreis  um  Merck. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  681 — 686. 
Goethe:  Berger,  A.  Fhr.  von,  Die  Fabel  des  Goethe 
sehen  ,, Faust“. 

Österreichische  Rundschau.  19.  1909.  S.  105 — 115. 
— :  Frederking,  A.,  Goethes  Euphorion. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  697—713. 
— :  Groth,  E.,  Goethes  Faust  in  englischer  Be¬ 
arbeitung. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  14  vom  1.  April.  S.  24—  33. 
— :  Jahn,  O.,  Goethe  und  Oeser.  (Schluß.) 

Xenien.  1909.  S.  136 — 141. 
— :  Ro  thbar  th ,  O.,  Zu  Goethes  Aufsatz  „Über  Volks¬ 
und  Kinderlieder“. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  693—697. 
Gogol:  Markus,  S.,  Nikolaus  Gogol.  Zu  seinem  hun¬ 
dertsten  Geburtstag  (31.  März). 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  15 1  vom  31.  März. 
— :  Rath,  W.,  Zu  Gogols  100.  Geburtstag. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeil. 
Nr.  76  vom  31.  März. 

— :  Turgenjew,  J.,  Erinnerungen  an  Gogol. 

Neue  Revue.  1909.  Nr.  13.  S.  475 — 480. 
Grillparzer:  Kraus,  E.,  Grillparzerfunde  in  Neuhaus. 

(Schluß.)  Euphorion.  15.  1908.  S.  739 — 753. 

Halbe:  Menne,  Max  Halbe. 

Bücherwelt.  6.  1909.  S.  129— 137. 
Hauptmann:  Poppenberg,  F.,  Hauptmanns  Griselda. 

Der  Türmer.  1909.  April.  S.  123 — 127. 
Hebbel:  Küchler,  K.,  In  Hebbels  Heimat. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeil. 
Nr.  66  vom  19.  März. 

Heine:  Chuquet,  A.,  Henri  Heine  et  la  Jeune  Alle- 
magne. 

Feuilles  d'histoire  du  XVI Ie  au  XXe  si'ecle.  I. 
1909.  S.  277— 289. 

Herwegh :  Herwegh,  M.,  u.  Fleury,  V.,  Briefwechsel 
Georg  und  Emma  Herweghs  mit  Ludw.  Feuerbach. 
(Forts.)  Nord  und  Süd.  1909.  März.  S.  489—500. 
Hoffmann:  Ellinger,  G.,  Neuere  Literatur  über  E. T. 
A.  Hoffmann. 

Münchner  Neueste  Nachrichten.  1909.  Beil.  Nr.  61 
vom  14.  März. 

— :  Müll  er,  H.  von,  Drei  Theaterbriefe  E.  T.  A.  Hoff- 
manns. 

Neue  Revue.  1909.  Nr.  14.  S.  509 — 513. 
Hofmannsthal:  Bach,  D.  J.,  Elektra. 

Österreichische  Rundschau.  1909.  April  I.  S.  58 
— 60. 

Hovey:  Ende,  A.  von,  The  ethical  message  of  Richard 
Hovey’s  poem  in  dramas. 

Poet  Lore.  20.  1909.  S.  69 — 76. 
Huch:  Schellenberg,  E.  L.,  Ricarda  Huch. 

Xenien.  1908.  S.  149 — 15 7* 
Hugo:  Vauthier,  G.,  Victor  Hugo  et  la  Maison  du  Roi. 
Nouvelle  Revue.  1909.  März  15.  S.  267 — 276. 


6 


Beiblatt. 


Jean  Paul:  Berend,  E.,  Jean  Pauls  Ästhetik. 

Forschungen  zur  neueren  Literaturgeschichte.  35. 
1909.  XV,  294  S. 

Keller:  P  olheim,  K.,  Die  zyklische  Komposition  der 
sieben  Legenden  Gottfried  Kellers. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  753—765. 
Kleist:  Fischer,  O.,  Mimische  Studien  zu  Heinrich 
von  Kleist.  3.  Mimische  Details. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  716—725. 
— :  Herzog,  W.,  Paris  in  Kleists  Briefen  und  in 
Tiecks  „William  Lovell“. 

Euphorion.  15.  1908.  S.  713 — 716. 
— :  In  der  Vaterstadt  Heinrich  von  Kleists.  (VonA.K.) 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  147  vom  28.  März. 
Knoll :  Strzemcha,  P.,  Die  Olmützer  Dichterschule. 
I.  Josef  Leonard  Knoll  und  seine  Schüler. 

Zeitschrift  des  deutschen  Vereins  für  die  Geschichte 
Mährens  und  Schlesiens.  12.  1908.  S.  278 — 294. 
Milton:  Forsyth,  P.  T.,  Milton’s  God  and  Milton’s 
Satan. 

Contemporary  Review.  1909.  April.  S.  450—465. 
Mistral:  Samo  sch,  S.,  Frederi  Mistral. 

Literarisch.  Echo.  11.  1909.  Sp.  981 — 985  m. 

1  Portr. 

Mundt:  Draeger,  O.,  Theodor  Mundt  und  seine  Be¬ 
ziehungen  zum  Jungen  Deutschland. 

Beiträge  zur  deutschen  Literaturwissenschaft.  10. 
1909.  V,  179  S. 

Müsset:  Des  Isles,  R.,  Alfred  de  Müsset,  critique 
litteraire,  d’apres  les  lettres  de  Dupuis  et  Cotonet. 
(Article  1.) 

Revue  des  facultes  catholiques  de  l’Ouest.  18. 
1909.  S.  519— 531. 

Nietzsche:  Briefe  Friedrich  Nietzsches  aus  dem  Jahre 
1885  an  seine  Angehörigen. 

Österreichische  Rundschau.  1909.  April  15.  S.  115 
—128. 

— :  Jentsch,  C.,  Nietzsche  noch  einmal. 

Grenzboten.  68.  1909.  Nr.  15.  S.  72 — 82. 
Poe:  Dyke,  H.  van,  Edgar  Allan  Poe. 

Revue  de  Paris.  1909.  März.  S.  349 — 363. 
— :  Ewers,  H.  H.,  Edgar  Allan  Poe. 

Nord  und  Süd.  1909.  März.  S.  501—507. 
Renard:  Clement,  F.,  Jules  Renard. 

Literarisch.  Echo.  ir.  1909.  Sp.  985—993  mit 
1  Porträt. 


Scheffel:  Proelß,  J.,  Scheffel  und  Eggers;  eine  Dichter¬ 
freundschaft.  Mit  bisher  ungedruckten  Briefen  Schef¬ 
fels  und  seiner  Mutter  an  Friedrich  Eggers.  (Schluß.) 

Deutsche  Rundschau.  1909.  März.  S.  406 — 436. 

Schiller:  Knippei,  R.,  Schillers  Verhältnis  zur  Idylle. 

Breslauer  Beiträge  zur  Literaturgeschichte.  18. 
1909.  86  S. 

— :  Leitzmann,  A.,  Schillerliteratur  des  Säkular¬ 
jahres  1905.  (Schluß.) 

Euphorion.  15.  1908.  S.  767 — 792. 

— :  Petzet,  E.,  Schillers  Ahnen. 

Frankfurter  Zeiticng.  1909.  Literaturblatt  vom 
14.  März. 

— :  Simon,  Ph.,  Schillers  „Spaziergang  unter  den 
Linden“. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  15  vom 
11.  April. 

Schoenaich-Caroiath :  Kammerhoff,  E.,  Prinz  Emil 
von  Schoenaich-Caroiath.  II.  III. 

Die  Heimat.  18.  1908.  S.  2 — 10.  14 1 — 151. 

Shakespeare:  Eidam,  Ch.,  Über  den  Monolog  des 
Brutus  (Shakespeares  „Julius  Cäsar“)  II,  1,  63 — 69. 

Deutsche  Revue.  1909.  April.  S.  1 1 5  —  1 2 1 

— :  H eimann,  M.,  Der  wahre  Shakespeare. 

Die  neue  Rundschau.  1909.  April.  S.  534 — 539. 

— :  Sullivan,  E.,  The  defamers  of  Shakespeare. 
(Concluded.) 

Nmeteenth  Century.  1909.  April.  S.  630 — 647. 

Shaw:  Herr  Bernard  Shaw.  (Von  G.  K.  C.) 

Hyperion.  H.  7.  1909.  S.  54 —  59- 

Spieihagen:  Mauthner,  F.,  Friedrich  Spielhagen. 

Literarisches  Echo.  11.  1909.  Sp.  852—855. 

Storni:  Lobsien,  W.,  Theodor  Storms  Novellen.  I.  II. 

Die  Hehnat.  18.  1908.  S.  165  —  172.  192— 197. 

Thompson:  Sillard,  P.  A.,  A  great  catholic  poet. 

Westminster  Review.  1909.  April.  S.  423—431. 

Wildenbruch:  Friedrich,  P.,  Ernst  von  Wildenbruch. 

Xenien.  1909.  S.  129 — 136,  1  Porträt. 

— :  Litzmann,  B.,  Ernst  von  Wildenbruch  zum  Ge¬ 
dächtnis.  Erinnerungsworte. 

Westermanns  Monatshefte.  1909.  April.  S.  107 
— 112. 

Wolfram  von  Eschenbach:  Pohnert,  L.,  Kritik  und 
Metrik  von  Wolframs  Titurel. 

Prager  deutsche  Studien.  12.  1908.  99  S. 

Zahn:  Krauß,  R.,  Ernst  Zahn. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  365  —380.  (Schluß  folgt.) 


Neue  Bücher. 


In  dem  Taschenbuch  des  Bücherfreundes  für  1Q09 
(herausgegeben  von  G.  A.  E.  Bogeng ,  Verlag  von 
Max  Harrwitz ,  Nikolassee  bei  Berlin,  in  Batist  geb. 
6  M.,  in  Ganzleder  7,50  M.)  begrüßt  unsere  Zeitschrift 
mit  Freude  einen  Genossen,  der  mit  ihr  gemeinsam 
der  deutschen  Bibliophilie  dienen  will.  Das  eigentliche 
Taschenbuch  enthält  in  praktischem,  nur  für  die  nor¬ 
malen  Brusttaschen  etwas  zu  großem  Format  ein  Kalen¬ 
darium  für  1909  mit  Raum  zum  täglichen  Einträgen 
aller  Notizen  über  das  Dasein  der  Bibliothek  des 


Eigentümers.  Angehängt  sind  Schemata  für  Adressen¬ 
liste,  Buchbinder-Bestellungen  (mit  zwei  Seiten  zu  klein 
bemessen),  Desiderata,  Dubletten,  entliehene  und  ver¬ 
liehene  Bücher  (schwerlich  für  ein  Jahr  ausreichend), 
Fortsetzungen,  Defekte,  endlich  eine  kleine  Zusammen¬ 
stellung  praktischer  bibliographischer  Nachweise.  Diese 
greift  schon  hinüber  auf  die  besonders  gebundene  Bei¬ 
gabe,  das  „Jahrbuch  für  Biicher-Kunde  und  - Liebhaberei . 
Herausgegeben  von  G.  A.  E.  Bogeng.  Erster  Jahr¬ 
gang“.  Das  Büchlein  enthält  auf  137  Seiten  in  Perl- 


7 


Beiblatt. 


schrift  (bei  einer  Höhe  von  ig  cm  die  Kolumne  zu  64 
Zeilen!)  zunächst  einen  liebenswürdig  geschriebenen 
Aufsatz  von  Fedor  von  Zobeltitz ,  dessen  wohlgetrof¬ 
fenes  Bildnis,  inmitten  seiner  Bücherei  aufgenommen, 
den  Band  schmückt.  Zobeltitz  plaudert  von  der  Gesell¬ 
schaft  der  Bibliophilen  und  schweift  dabei  in  die  Ge¬ 
schichte  der  deutschen  Bücherliebhaberei  weit  hinaus. 
Dann  bietet  Bogeng  reiche  und  vielseitige  Belehrung, 
den  ersten  Teil  des  „Umrisses  einer  Fachkunde  für 
Büchersammler“.  Er  zeigt  sich  durchweg  in  der  Litera¬ 
tur  über  alle  Zweige  der  Bücherkunde  wohl  beschlagen ; 
er  beschränkt  sich  nicht  darauf,  die  selbständigen 
Schriften  zu  nennen,  sondern  verzeichnet  auch  zahl¬ 
reiche  Aufsätze,  zumal  das  gesamte  Material,  das  unsere 
Zeitschrift  bisher  geboten  hat. 

Die  Einteilung  in  fünf  Kapitel  und  354  Paragraphen 
gliedert  den  Stoff  mit  scharfer  Systematik;  aber  für 
die  Benutzung  wären  besondere  Überschriften  der  ein¬ 
zelnen  Abteilungen  erwünscht  gewesen,  etwa  Auto¬ 
graphen  (*25* — *37*).  Geschichte  der  Buchherstellung 
(*38* — *55*),  Druckschriften  und  Drucktechnik  (*56* — 
*77*),  Formate  und  Signaturen  (*78* — *92*),  Mikro¬ 
skopische  Drucke  (*93*),  Auflage,  Ausgabe,  Abdruck 
(*100* — *108*),  Privatdrucke  (*109* — *114*)  usw. 

Mindestens  bis  zum  Erscheinen  des  für  den  zweiten 
Jahrgang  in  Aussicht  gestellten  Registers  ist  die  Be¬ 
nutzung  der  mühsamen  und  für  jeden  Sammler  sehr 
nützlichen  Arbeit  ohne  diese  Überschriften  recht  schwie¬ 
rig,  da  man  oft,  um  bestimmte  Nachweise  zu  finden, 
größere  Abschnitte  durchlesen  muß.  Wer  wird  z.  B.  so 
bald  die  Literatur  über  die  Anonyme  und  Pseudonyme 
unter  den  Katalogisierungsregeln  (*269*)  entdecken  Da 
muß  man  lange  suchen,  bei  der  Kleinheit  der  Schrift 
gerade  kein  Vergnügen.  Über  das  Maß  des  Gebotenen 
läßt  sich  streiten  wie  bei  jeder  Darstellung,  die  sich  an 
einen  so  weiten  Kreis  verschiedenartiger  Sammler 
wendet.  Wer  kein  Interesse  für  Erotika  hat,  wird  *i73*ff. 
entbehrlich  finden,  wer  sich  besonders  auf  ABC-Bücher 
legt,  mag  es  tadeln,  daß  in  *235*  der  Horn-books  nicht 
gedacht  ist,  und  zumal  die  Bibliographien  der  gesamten 
Bibliophilie  und  ihrer  Untergebiete  mögen  schwerlich 
irgend  einen  Leser  völlig  befriedigen.  Im  allgemeinen 
hat  Bogeng  überall  in  erster  Linie  dem  Sammler  der 
neueren  Literatur,  zumal  der  deutschen,  das  nötige 
Material  in  genügender  Fülle  geliefert,  und  damit  in¬ 
sofern  das  Richtige  getroffen,  als  dieses  Gebiet  bei 
uns  weitaus  am  stärksten  kultiviert  wird. 

Mit  besonderem  Danke  werden  diejenigen,  die  nicht 
Berufsbibliothekare  sind,  alle  die  technischen  Anwei¬ 
sungen  und  Ratschläge  des  Verfassers  begrüßen,  für 
die  Bestimmung  der  Formate,  für  Katalogisierung  (sehr 
ausführlich  im  Anschluß  an  die  bekannte  preußische 
Instruktion),  den  Einband  (mit  Erläuterung  vieler  Fach¬ 
ausdrücke  des  Buchbinders)  und  die  Ausbesserung, 
wobei  eine  Tabelle  über  „Fleckmittel“  von  besonderem 
Nutzen  sein  wird. 

Der  zweite  Jahrgang  soll  noch  eine  Geschichte  der 
Bücherliebhaberei  und  der  Entwicklung  des  Altbücher¬ 
marktes,  sowie  ein  kurzes  Wörterbuch  der  Bücher¬ 
kunde  bringen,  auch  ein  alphabetisches  Inhaltsver¬ 
zeichnis  beider  Teile  ergänzt  durch  mannigfache  wert¬ 


volle  Nachweise,  wie  eine  Liste  lateinischer  Ortsnamen 
inVerbindung  mit  einem  prototypo^raphischen  Register, 
ein  Verzeichnis  üblicher  Abkürzungen  und  weitere 
Wort-  und  Sacherklärungen.  Wir  erhoffen  das  Er¬ 
scheinen  dieses  zweiten  Jahrgangs,  der  die  notwendige 
Ergänzung  zum  ersten  bieten  wird;  denn  wir  werden 
dann  ein  Handbuch  unseres  Sammelgebiets  besitzen, 
wie  wir  es  uns  längst  wünschten.  Bogeng  hat  sich  durch 
den  Anfang  bereits  als  der  geeignete  Mann  dafür  ge¬ 
zeigt  und  wir  wollen  ihm  die  Freude  an  der  Fort¬ 
führung  seines  Unternehmens  nicht  durch  nörgelnde 
Ausstellungen  am  einzelnen  vergällen.  Sollte  es  zu 
einem  Neudruck  des  ersten  Jahrgangs  kommen,  wird 
er  selbst  am  besten  wissen,  wo  überall  die  bessernde 
Hand  anzulegen  ist. 

Im  allgemeinen  empfehlen  wir  ein  etwas  kleineres 
Format  und  Verzicht  auf  den  großen  Umfang  des 
Kalendariums.  Wer  wünschte  wohl,  die  Titel  aller 
Bücher,  die  er  erwirbt,  ein  Jahr  lang  in  der  Tasche 
bei  sich  zu  tragen?  Für  gelegentliche  Notizen  lassen 
sich  leicht  ein  paar  Blätter  einlegen;  im  übrigen  ge¬ 
nügen  die  im  Anhang  gebotenen  Tabellen,  die  dann 
auch  noch  reichlicher  bemessen  werden  können. 

Dringend  raten  wir  dazu,  das  Jahrbuch  völlig  von 
dem  Notizbuch  zu  trennen.  Die  typographischen 
Schwächen  beruhen  vornehmlich  auf  der  gewaltsamen 
Zusammenfügung  beider  Teile.  Das  Jahrbuch  gehört 
in  die  Bibliothek  und  soll  so  gedruckt  sein,  daß  es 
durch  handschriftliche  Nachträge  auf  dem  Laufenden 
gehalten  werden  kann,  wozu  jetzt  gar  keine  Möglich¬ 
keit  besteht. 

Und  nun  zum  Schluß  ein  herzliches  Glückauf!  zur 
Fortsetzung.  Mit  den  geäußerten  Wünschen  soll  nur 
der  verdiente  Erfolg  des  Unternehmens  gefördert 
werden,  der  hoffentlich  schon  dem  ersten  Jahrgang  be- 
schieden  sein  wird.  G.  W. 

Die  Gesellschaft  Münchener  Bibliophilen  publiziert 
so  eben  in  einer  Auflage  von  sechzig  Exemplaren  für 
Nichtmitglieder  „Peter  Schöpfers  Liederbuch  {Mains 
I5I3)  Tenor ,  Discantus,  Bassus,  Altus  nach  dem  ein¬ 
zigen  bekannten  Exemplar  auf  der  Königl.  Hof-  und 
Staatsbibliothek  zu  München  (Subskriptionspreis  36  M.). 
Die  photochemische  Reproduktion,  durch  Hubert 
Köhler  in  München  hergestellt,  gibt  die  Vorlage  mit 
absoluter  Treue  wieder  und  kann  als  vollgültiger  Ersatz 
für  sie  dienen.  Bei  der  Wichtigkeit  des  Werkes  für  die 
Geschichte  des  deutschen  Liedes  nach  der  literar-  und 
musikhistorischen  Seite  hin,  bedarf  es  nicht  erst  der 
Hervorhebung  des  Verdienstes,  das  sich  die  Münchener 
Bibliophilen  durch  diese  schöne  Publikation  erworben 
haben.  G.  W. 


Aus  den  Schätzen  des  Freien  deutschen  Hochstifts, 
das  dem  Goethehause  zu  Frankfurt  a.  M.  ein  auser¬ 
lesenes  Museum  angegliedert  hat,  sind  auf  vierzehn 
Tafeln  in  Imperial-Folio  (60  X  77  cm)  Gemälde  und 
Zeichnungen  erschienen.  Die  Sammlung  führt  den 
Titel  „Aus  dem  Frankfurter  Goethemuseum“  I.  Bild¬ 
werke.  Mit  kurzem  erläuterndem  Text  von  0.  Heuer. 


8 


Beiblatt. 


Kunstverlag  Hermann  Knoeckel ,  Frankfurt  a.  M.  (in 
Leinwandmappe  150  M.,  Einzelblätter  15  M.). 

Das  Hochstift  und  der  Verlag  verdienen  für  die 
schöne  Gabe  den  Dank  der  Goethefreunde  und  der 
Kunstsammler.  Denn  sie  enthält  in  erster  Linie  vier 
hervorragende  Goethebilder,  darunter  das  nach  meiner 
Ansicht  überhaupt  beste:  die  Kreidezeichnung  von 
Lips  aus  dem  Jahre  1791  in  einer  Größe,  Tiefe  und 
Klarheit,  wie  nie  zuvor,  dann  die  Ölgemälde  Kügelgens 
(1808,  nach  der  Kopie  von  Karolina  Bardua)  Kolbes 
(1822)  und  Schmellers  (1826 — 27),  jedes  in  seiner  Art 
ein  wichtiges  Dokument  der  Persönlichkeit  Goethes. 
Als  ein  solches  sprechen  wir  auch  das  Bildnis  Schillers 
von  Kügelgen  an,  trotzdem  es  nicht  nach  dem  Leben 
gemalt  ist.  Denn  er  hat  wie  Dannecker  den  toten 
Schiller  „lebig“  gemacht;  mit  überzeugender  Wahrheit 
spricht  das  Bildnis  die  heldenhafte  Größe  des  Dichters 
aus. 

Ohne  solche  heroische  Eigenschaften  werden  die 
von  Hermann  Junker  gemalten  Pastellbildnisse  von 
Goethes  Eltern  doch  viele  traulich  anmuten,  denen 
zumal  die  Frau  Rat  ans  Herz  gewachsen  ist,  und  gern 
erblickt  man  die  vornehme  Erscheinung  des  Königs¬ 
leutnants  Thoranc,  nach  der  dem  Hochstift  gehörigen 
Kopie  des  Originalporträts  so  prächtig  reproduziert,  daß 
das  Blatt  den  ganzen  Reiz  des  Originals  atmet.  Ebenso 
gelungen  ist  auch  ein  anonymes,  sprechend  wahres 
Wieland-Bildnis  aus  den  letzten  Lebensjahren,  das  aus 
Jenaer  Privatbesitz  stammt.  Dagegen  erscheint  der 
technische  Aufwand  und  das  Format  zu  bedeutsam  für 
die  zwei  Zeichnungen  Goethes,  die  zwar  gewiß  stofflich 
interessant  sind,  aber  in  ihrem  Dilettantismus  so  an¬ 
spruchsvoller  Veröffentlichung  kaum  würdig  erscheinen. 
Von  den  Bildern,  die  Frankfurter  Maler  für  das  Schloß 
des  Königsleutnants  in  Grasse  malten  und  die  nun 
an  ihren  Entstehungsort  zurückgekehrt  sind,  bietet  die 
Mappe  auf  zwei  Blättern  sechs  Monatsbilder  von  See- 
katz ,  hebt  in  größerem  Format  auf  einer  besonderen 
Tafel  aus  dem  Aprilbild  die  beiden  Gestalten  Goethes 
und  seiner  Schwester  heraus,  und  gibt  von  den  Dar¬ 
stellungen  aus  der  Geschichte  Josephs,  die  T?'autmann 
unter  dem  Beirat  des  Knaben  Goethe  malte,  die  wert¬ 
vollsten  wieder.  Hier  hätte,  mindestens  für  die  Monats¬ 
bilder,  die  Farbe  als  wünschenswerte,  fast  notwendige 
Ergänzung  hinzutreten  müssen,  um  den  Eindruck  der 
Originale  hervorzurufen.  Bei  der  verhältnismäßig  ein¬ 
fachen  koloristischen  Art  der  Panneaus  wäre  das  wohl 
ohne  Schwierigkeit  zu  ermöglichen  gewesen.  Freilich 
sind  auch  ohnedies  die  Bilder  von  hohem  Reiz  und, 
wie  die  ganze  Mappe,  ein  rühmliches  Zeugnis  für  das 
Können  der  süddeutschen  Lichtdruckanstalt  von  Hein¬ 
rich  Kumpf  in  Frankfurt  a.  M.,  die  nach  einem  neuen 
heliographischen  Verfahren  die  Blätter  in  mehrfachem 
Plattendruck  herstellte.  — i. 


Von  Meyers,  für  den  Handgebrauch  ganz  vortreff¬ 
lichem  Kleinen  Konversations-Lexikon  (Leipzig,  Biblio¬ 
graphisches  Institut)  ist  jüngst  der  fünfte  Band  er¬ 
schienen,  die  Buchstaben  N — Sch  (Artikel  „Nordkap“ 
bis  „Schönbein“)  umfassend.  Auch  in  diesem  Bande 
Z.  f.  B.  1909/1910.  2.  Beiblatt.  — 


zeigt  sich  die  übersichtliche  Anordnung  des  Ganzen 
und  die  Zweckmäßigkeit  der  Hinweise.  Wir  haben  hier 
schon  betont,  daß  es  sich  bei  dem  „Kleinen  Meyer“ 
keineswegs  um  eine  verkürzte  Ausgabe  des  großen 
Lexikons  handelt,  sondern  um  eine  völlig  neue  Be¬ 
arbeitung  aller  Stoffgebiete,  nur  in  knapperer  Fassung. 
Die  Darstellung  ist  eine  musterhaft  klare,  die  Literatur¬ 
angaben  sind  durchweg  auf  den  Stand  des  Jahres  ge¬ 
bracht  worden.  Die  Illustrierung,  bei  der  natürlich  auch 
praktische  Zwecke  die  maßgebenden  sind,  zeigt  nament¬ 
lich  in  den  Farbentafeln  den  hohen  Stand  der  Repro¬ 
duktionstechnik  in  der  Meyerschen  Offizin.  Z\ 


Mit  dem  neunten  Bande  der  Helmoltschen  Welt¬ 
geschichte  (Leipzig,  Bibliographisches  Institut)  liegt 
das  große  Werk,  die  erste  Weltgeschichte  nach  ethno¬ 
graphischer  Anordnung,  abgeschlossen  vor.  Band  IX 
enthält  zunächst  zwei  Nachträge  zu  früheren  Bänden. 
Alexander  Tilles  „Großbritannien  und  England“  wird 
bis  auf  die  Gegenwart  ergänzt,  und  Richard  Mayer 
fügt  seiner  Darstellung  des  Bildungswesens  West¬ 
europas  noch  die  Schlußkapitel  über  die  bildenden 
Künste,  die  Naturwissenschaften  und  die  Geisteswissen¬ 
schaften  des  XIX.  Jahrhunderts  an.  Weitere  will¬ 
kommene  Ergänzungen:  „Die  deutsche  Auswanderung“ 
von  Viktor  Hantzsch  und  ein  „Methodologischer  Rück¬ 
blick  auf  die  Ergebnisse  der  Weltgeschichte“  von 
Thomas  Achelis  folgen.  Den  Abschluß  bilden  zwei 
wichtige  Beigaben:  die  Quellenkunde  und  das  General¬ 
register,  beide  von  Pastor  Friedrich  Richter  besorgt. 

— tz. 


Wir  haben  schon  früher  auf  das  bei  George  Wester¬ 
mann  in  Braunschweig  erscheinende  große  Bibelwerk 
„Die  Bücher  der  Bibel“,  herausgegeben  von  F.Rahlwes, 
mit  Zeichnungen  von  E.  M.  Lilien,  hingewiesen.  Da¬ 
mals  waren  erst  einige  Lieferungen  verausgabt  worden; 
jetzt  aber  liegt  uns  der  ganze  erste  Band  dieser  pracht¬ 
vollen  Laienbibel  vor  und  ermöglicht  eine  eingehendere 
Beurteilung.  Herder  und  Goethe  haben  die  Bibel  als 
Literaturwerk  in  die  moderne  Welt  eingeführt,  und  in 
ihrem  Sinne  ist  auch  die  Westermannsche  Bibel  ge¬ 
meint:  als  eine  Klassikerausgabe  der  Heiligen  Schrift, 
die  den  Text  in  aufrichtiger  Pietät  gegen  die  großen 
Überlieferungen,  aber  doch  unter  rücksichtsloser  An¬ 
erkennung  der  kritischen  Forschung  wiedergibt  und 
die  ihrer  äußeren  Ausstattung  nach  auf  der  vollen  Höhe 
des  heutigen  Buchgewerbes  steht.  Die  Einleitungen 
halten  sich  von  allen  dogmatischen  Streitigkeiten  fern 
und  führen  den  Leser  in  knapper  Darstellung  in  das 
Verständnis  der  einzelnen  Bücher,  ihren  religiösen  Ge¬ 
halt  und  ihre  literarische  Eigenart  ein.  Dem  Alten 
Testament  liegt  die  ausgezeichnete  Übersetzung  des 
Dr.  Ed.  Reuß  zugrunde;  ob  es  richtig  ist,  daß  man 
das  Neue  Testament,  wenn  auch  unter  möglichster 
Schonung  des  kräftigen  Luthertextes,  ebenfalls  in  mo¬ 
derner  Übertragung  geben  will,  scheint  mir  zweifel¬ 
haft. 

Der  Buchschmuck  Liliens  zeigt  den  Künstler  von 
seiner  besten,  gewissermaßen  seiner  Spezialseite.  Die 


Beiblatt. 


Vorstudien  zu  diesem  Werke  hat  er  in  Palästina  selbst 
gemacht,  und  so  sind  denn  die  landschaftlichen  Szene¬ 
rien  von  besonderem  Reiz.  Im  Figürlichen  zeigt  sich 
hie  und  da  eine  gewisse  Einseitigkeit;  aber  in  allen 
Bildern  liegt  doch  zweifellos  ein  großer  Zug.  Er  hat 
auch  Phantasie :  nicht  die  Dores,  dessen  Bibelbilder  in 
Balletorgien  schwelgen  und  sich  wie  Vorlagen  zu  einem 
Ausstattungsstücke  ausnehmen,  sondern  eine  künst¬ 
lerisch  gezügelte,  wenn  sie  zuweilen  auch  in  Stilisierung 
verfällt. 

Der  Druck  (Westermann)  ist  sauber  und  geschmack¬ 
voll;  als  Type  wurde  die  schön  geschnittene  und  klare 
Woellmer-Antiqua  verwandt.  Das  Werk  erscheint  in 
Lieferungen  zu  M.  1,50;  je  5 — 7  Lieferungen  bilden 
einen  Band.  Der  Preis  ist  also  ein  sehr  mäßiger  im 
Verhältnis  zu  dem  Gebotenen.  — bl — 


Von  der  prächtigen  deutschen  Shakespeare- Ausgabe 
des  Verlags  Georg  Bondi  in  Berlin  gingen  uns  die  ersten 
beiden  Bände  zu.  Zunächst  ein  paar  Worte  über  die 
Ausstattung  dieser  „Prachtausgabe“  in  bestem  biblio¬ 
philem  Sinne.  Melchior  LechterhaX  die  Ausschmückung 
und  Drucküberwachung  übernommen.  Aber  er  ist  dies¬ 
mal  nicht  so  feierlich  und  zugleich  so  preziös  wie  sonst: 
der  Buchschmuck  ist  vielmehr  einfach  und  edel  und 
beschränkt  sich  auf  eine  Anzahl  Initialen  und  Umrah¬ 
mungen.  Als  Rahmen  haben  zwei  Muster  Verwendung 
gefunden,  ein  Laubgewinde  schwarz  auf  weiß  und  eine 
Dornengirlande  weiß  auf  schwarzem  Grunde.  Dazu 
treten  für  die  Titel  der  Dramen  und  die  Personen¬ 
verzeichnisse  im  ersten  Bande,  der  die  Römerdramen 
enthält,  schlanke  Säulen  von  klassischer  Form,  im 
zweiten  (mit  „Romeo“,  „Othello“  und  „Kaufmann“)  ein 
Renaissance-Portikus:  das  alles  sehr  fein  in  der  Zeich¬ 
nung  und  in  harmonischem  Einklang  zum  Typenbilde. 
Ebenso  schlicht  vornehm  ist  der  Gesamttitel  gehalten ; 
eine  doppelte  Säulenstellung  rechts  und  links  der  Seite 
mit  einem  Ausblick  in  die  sterndurchschimmerte  Nacht 
und  einer  schwebenden  Harfe  über  den  Wolken.  Ganz 
ausgezeichnet  ist  das  typographische  Arrangement 
(Druck  Otto  von  Holten  in  Berlin)  mit  seiner  diskreten 
Verwendung  des  Rotdrucks  und  seiner  wundervollen 
Antiqua,  die  trefflich  zu  dem  Großoktav  der  Bände 
paßt. 

Die  Aufgabe  des  Herausgebers  Friedrich  Gundolf 
war  eine  sorgfältige  Revision  der  Schlegelschen  Über¬ 
tragung  und  eine  Neuübersetzung  der  von  Dorothea 
Tieck  und  Baudissin  besorgten  Verdeutschungen. 
Gundolf  gehört  als  Poet  dem  Kreise  um  Stefan  George 
an,  dessen  Formsicherheit  und  rhythmisches  Sprach¬ 
gefühl  auch  ihm  eigen  ist.  In  seiner  Um-  und  Durch- 
feilung  sind  die  Schlegelschen  Übertragungen  garnicht 
wiederzuerkennen;  sie  haben  erst  jetzt  Farbe  be¬ 
kommen,  und  ich  zweifle  nicht  daran,  daß  auch  die 
Bühnen  nach  ihnen  greifen  werden,  selbst  auf  die  Ge¬ 
fahr  hin,  daß  die  Philologie  mit  ihren  Aussetzungen 
nicht  zurückhalten  wird.  Denn  die  Bühne  bedarf  nun 
einmal  mehr  des  Dichters  als  des  Fachgelehrten.  Lag 


in  den  Übersetzungen  Schlegels  zweifellos  noch  eine 
starke  eigene  Schöpferkraft,  so  hielten  Dorothea  Tieck 
und  Graf  Baudissin  sich  im  allgemeinen  ganz  an  das 
gegebene  Wort.  In  der  Epigonenzeit  wurden  die 
Übersetzungen  noch  dürftiger;  sie  wurden  „idealisiert“, 
wie  Gundolf  in  seiner  kurzen  Vorrede  richtig  sagt,  sie 
sollten  ihn  verschönern  und  verdünnten  ihn.  Die  Proben, 
die  Gundolf  gibt,  verdienen  alles  Lob.  Er  übersetzt 
mit  großer  Treue,  aber  immer  als  Dichter.  Er  dringt 
in  die  Melodik  des  Originals  ein  und  gibt  sie  wieder, 
er  findet  in  unsrer  Sprache  die  Ausdrucksmittel,  die 
ein  „deutscher“  Shakespeare  verlangt.  So  ist  denn 
innerlich  wie  äußerlich  ein  Werk  entstanden,  auf  das 
stolz  zu  sein  wir  alles  Recht  haben.  Die  Ausgabe  soll 
10 — 12  Bände  umfassen.  Der  Subskriptionspreis  (der 
später  erhöht  wird)  beträgt  M.  6  für  den  broschierten, 
M.  7,50  für  den  grünen  Leinen-,  M.  12,50  für  den 
Saffianband.  — bl — 


Von  Emil  Praetorius,  dem  trefflichen  Buchkünstler, 
gingen  uns  zwei  Neuheiten  zu.  Zunächst  sein  Exlibris- 
Werk  (Darmstadt,  G.  Homann).  Franz  Diilberg  hat 
dazu  ein  Vorwort  geschrieben,  aus  dem  wir  ersehen, 
daß  der  Künstler  1883  geboren  wurde,  noch  vor  zwei 
Jahren  praktischer  Jurist  war,  sich  nun  aber  gänzlich 
der  Kunst  zugewandt  hat.  Was  auch  uns  Bibliophilen 
nur  freuen  kann.  Es  gibt  nicht  viel  Exlibriszeichner,  die 
mit  einfachen  Linien  so  viel  zu  geben  verstehen  wie 
Praetorius,  die  vor  allem  einen  so  geschmackvollen 
Humor  besitzen  wie  er.  Er  vermeidet  geflissentlich 
alles  langweiligWappenmäßige  und  das  feierlich  Heral¬ 
dische  der  älteren  Schule;  er  ist  immer  amüsant  und 
am  meisten  da,  wo  seine  liebensw'ürdige  Ironie  zur 
Sprache  kommt.  Köstlich  ist  gleich  das  erste  Blatt 
(Georg  Frhr.  v.  Wedekind):  der  bezopfte  Pedant,  der 
eine  Zeitung  liest.  Bei  Maria  Laumen  kriecht  ein  grin¬ 
sendes  Tintenteufelchen  aus  der  gefüllten  Schreibtisch¬ 
tasche,  bei  Otto  Erdmann  hat  ein  Mäuschen  die 
Schnauzenspitze  in  die  Tintenflasche  gesteckt,  bei 
Otto  Wallot  schreibt  ein  Jurist  mit  vor  Paragraphen¬ 
angst  sich  sträubenden  Haaren  auf  einen  Aktenbogen, 
bei  Johanna  Praetorius  schaut  ein  Dackel  mit  groß 
verwunderten  Augen  einen  Rohrspatz  an,  der  auf  der 
Visitenkarte  sitzt,  die  hier  die  Banderole  für  den 
Namen  ersetzt.  Der  Witz  seiner  Zeichenkunst  liegt  in 
der  frappierenden  Wirkung  des  Schwarzen  zum  Weißen 
und  des  Weißen  zum  Schwarzen.  Die  Silhouette  über¬ 
wiegt,  aber  sie  ist  modernisiert  und  mit  Raffinement 
ausgebildet. 

Von  einer  anderen  Seite  zeigt  sich  der  Künstler  in 
Emil  Luckas  Roman  „Isolde  Weißhand“  (Berlin, 
S.  Fischer),  dem  er  zehn  Vollbilder  beigefügt  hat,  nur 
Umrißzeichnungen,  aber  von  prachtvoller  Charak¬ 
teristik  und  stark  in  ihrer  Einfachheit.  Auch  die  Zeich¬ 
nung  des  Titels  ist  sehr  gelungen  und  das  schlichte 
Verlagssignet  auf  dem  rückwärtigen  Deckel  des  Buchs 
dünkt  mir  hübscher  als  das  sonst  von  der  Firma  Fischer 
verwendete.  —bl — 


10 


Beiblatt. 


Kleine  Mitteilungen. 


Von  der  22  bändigen  Gesamtausgabe  von  Achim 
v.  Arnims  Werken  sind  die  einzelnen  Bände  verschieden 
häufig;  zwei  Bände  (IV,  Kronenwächter  2  und  XXII, 
Gedichte  1)  sind  aber  derartig  selten,  daß  es  eine  große 
Menge  von  Exemplaren  der  Werke  geben  muß,  welche 
bis  auf  diese  beiden  Bände  komplett  sind.  Band  IV 
kommt  gelegentlich  einmal  mit  ca.  100  M.  in  den  Kata¬ 
logen  vor,  Band  XXII  habe  ich  überhaupt  noch  nicht 
einzeln  getroffen.  Um  diese  Exemplare  zu  vervoll¬ 
ständigen,  will  ich  einen  Neudruck  der  beiden  Bände  in 
73  Exemplaren  auf  Subskription  veranstalten.  Derselbe 
wird  bei  Poeschel  &  Trepte  mit  den  alten  Typen  (also 
nicht  anastatisch)  Seite  für  Seite  auf  einem  sehr  ähn¬ 
lichen  Papier  hergestellt ;  das  Papier  der  alten  Bände 
zeigt  auch  einige  leichte  Verschiedenheiten,  da  sich  der 
Druck  etwa  20  Jahre  lang  hinzog,  so  daß  das  Papier  der 
neuen  Bände  nicht  auffallen  wird.  Um  etwaigen  späteren 
Betrügereien  vorzubeugen,  wird  auf  dem  Titelblatt  an 
Stelle  des  Verlages  bemerkt:  „Auf  Kosten  von  fünfund¬ 
siebzig  Bücherfreunden“.  Die  Numerierung  geschieht 
auf  der  letzten  Seite.  Ein  derartig  komplettiertes 
Exemplar  würde  nicht  verschieden  sein  von  den  häufig 
vorkommenden  vielbändigen  Werken,  die  aus  ver¬ 
schiedenen  Auflagen  zusammengestellt  sind. 

Der  Preis  des  Bandes  stellt  sich  auf  23  Mark,  für 
Mitglieder  der  Gesellschaft  der  Bibliophilen  auf  20  Mark. 
Werden  nicht  75  Exemplare  subskribiert,  so  kann  ich 
den  Druck  nicht  machen  lassen.  Kommen  mehr  Sub¬ 
skribenten  zusammen,  so  werden  zuerst  diejenigen 
berücksichtigt,  welche  auf  beide  Bände  zeichnen. 

Dr.  Paul  Ernst,  Weimar,  Am  Horn  47. 


Die  vier  deutschen  Akademien  der  Wissenschaften 
bereiten  unter  Führung  der  Münchener  Akademie  seit 
1906  eine  Kritische  Gesamtausgabe  der  mittelalterlichen 
Handschriftenverzeichnisse  Deutschlands  vor. 

Die  dafür  eingesetzte  Kommission  hat  jetzt  eine 
Arbeitsanleitung  erscheinen  lassen,  und  wir  weisen  gern 
daraufhin,  um  alle,  die  mittelalterliche  Bücherverzeich¬ 
nisse  auffinden  und  mitteilen  können,  zur  Unterstützung 
des  höchst  wichtigen  wissenschaftlichen  Unternehmens 
aufzufordern. 

Die  Adresse  für  alle  Zuschriften  lautet;  Kommission 
für  Herausgabe  der  mittelalterlichen  Bibliothekskata¬ 
loge  Deutschlands  bei  der  k.  b.  Akademie  der  Wissen¬ 
schaften  München,  Herzogspitalstr.  18. 


In  Paris  hat  sich  unter  dem  Vorsitz  des  Konser¬ 
vators  am  Louvre  Jean  Guiffrey  eine  Societe  de  repro- 
duction  des  dessins  de  Maitres  gebildet,  die  Handzeich¬ 
nungen  alter  Meister  aus  französischen  Sammlungen 
für  ihre  Mitglieder  publizieren  will.  Jährlich  sollen  fünf 
Hefte  mit  je  fünf  Blättern  erscheinen.  Der  Beitrag  be¬ 
trägt  25  Frank,  Anfragen  sind  an  Herrn  Jacques  Doucet, 
17  rue  Spontini,  Paris  zu  richten. 


In  der  berühmten  „Rylands-Bibliothek“  in  Man¬ 
chester  findet  zur  Zeit  eine  vorzügliche  „Dante-Ausstel¬ 
lung“  statt.  Die  dortige  Sammlung  enthält  in  ihrer 
Dante- Abteilung  fünf  wichtige  Manuskripte  und  etwa 
6000  Drucke.  Von  diesen  wurde  für  die  Ausstellung 
eine  engere,  namentlich  die  „Divina  Commedia“  her¬ 
vorragend  vertretende  Auswahl  getroffen.  Der  dortige 
Bibliothekar,  Mr.  Henry  Cuppy  glaubt,  daß  das  in 
seiner  Sammlung  befindliche,  1481  in  Florenz  gedruckte 
Exemplar  der  „Divina  Commedia“,  das  einzige  sei, 
welches  die  vollständige  Illustration  des  „Inferno“  von 
20  Blättern  nach  Zeichnungen  Botticellis  und  B.  Baldinis 
aufweist!  —  O.  v.  S. 


Der  „Deutsche  Bibliothekartag“  wird  am  3.  und 
4.  Juni  in  Münster  i.  W.  abgehalten  werden.  An  Vor¬ 
trägen  sind  angemeldet:  K.  Molitor  (Münster):  Über 
Universitätsbibliotheksbauten.  Bemerkungen  im  An¬ 
schluß  an  den  Neubau  in  Münster.  —  A.  Böhmer 
(Münster);  Handschriftenschätze  westfälischer  Biblio¬ 
theken.  —  H.  Krüger  (Münster):  Bücherbestellungen 
mit  abgekürztem  Titel.  —  E.  Jaeschke  (Elberfeld): 
Vorbildung  und  Ausbildung  weiblicher  Hilfskräfte  im 
Bibliotheksdienste.  —  P.  Schwenke  (Berlin):  Die  Ber¬ 
liner  Zetteldrucke.  —  K.  Kunze  (Hannover):  Die  Neu¬ 
katalogisierung  der  Königlichen  und  Provinzialbibliothek 
Hannover.  —  K.  Geiger  (Tübingen):  Bibliotheks¬ 
schenkungen. 


Au6  Konstantinopel  wird  berichtet:  Die  Absicht, 
den  Yildiz-Palast  künftig  der  Öffentlichkeit  zugänglich 
zu  machen,  wird  auch  eine  der  kostbarsten  Bibliotheken 
wieder  ans  Licht  bringen,  die  lange  Zeit  der  allgemeinen 
Benutzung  entzogen  war.  Denn  die  Bibliothek  des 
Yildiz-Kiosk  birgt  reiche  Schätze  von  alten  griechischen, 
arabischen  und  persischen  Handschriften.  Diese  Hand¬ 
schriften,  die  jetzt  der  Wissenschaft  erschlossen  werden 
sollen,  wurden  im  XIV.,  XV.  und  XVI.  Jahrhundert  in 
den  griechischen  Klöstern  gesammelt  und  der  Biblio¬ 
thek  des  alten  Serails  einverleibt.  Abdul  Hamid  ließ 
die  Bibliothek  später  in  den  Yildiz-Kiosk  überführen, 
und  für  die  Forschung  war  sie  damit  einstweilen  ver¬ 
loren.  (Nationalzeitung.) 


Am  30.  April  starb  in  München  Albert  Langen , 
der  Verleger  des  „Simplicissimus“,  der  Halbmonat¬ 
schrift  „März“  und  einer  großen  Zahl  von  Büchern, 
die  derselben  scharfen  Tonart  angehörten  und  auch  in 
ihrem  Äußeren  die  Familienzüge  nie  verleugneten.  Ein 
Stilbewußtsein  nicht  gewöhnlicher  Art  schuf  so  aus 
dem  Verlag  Langen  ein  geschlossenes  Ganzes,  das,  wie 
man  auch  über  die  Inhalte  denken  mag,  doch  für  die 
deutsche  Buchkunst  eine  seltene  und  erfreuliche  Er¬ 
scheinung  bedeutet. 


Auf  ein  bisher  unbekanntes  Erzeugnis  des  frühen 
Oxforder  Buchdrucks  macht  im  letzten  Heft  der  „Li¬ 
brary“  A.  W.  Pollard  aufmerksam.  In  einem  Sammel- 


11 


Beiblatt. 


band  des  Britischen  Museums  (c.  37,  c.  44)  zwischen 
einem  „Libellus  sophistarum  ad  usum  Oxonien“,  das 
von  de  Worde  gedruckt  ist  und  an  dem  wenigstens 
das  letzte  Blatt  fehlt,  und  einem  von  Pynson  gedruckten 
„Tractatus  de  quinque  vniuersalibus“  liegt  ein  bisher 
unbeachtetes  Oxforder  Buch,  das  zu  den  frühesten  Er¬ 
zeugnissen  der  zweiten  Oxforder  Presse  gehören  muß, 
ja  vielleicht  das  älteste  erhaltene  davon  darstellt.  Wie 
die  beiden  genannten  Drucke  ist  auch  dieser  unvoll¬ 
ständig  und  zwar  fehlt  ihm  das  letzte  Blatt,  sodaß  es 
in  früheren  Zeiten  mit  dem  titellosen  Pynsondruck,  der 
ihm  folgt,  für  ein  Buch  gehalten  wurde.  Sein  eigener 
Titel  ist  glücklicherweise  erhalten;  er  lautet:  „Compi- 
latü  est  hoc  opusculum  insolubilium  secundü  ||  vsum 
isignis  Schole  parisii  alma  vniuersitate.  Oxonie  ||  pro 
nouellis  studentibus  in  sophistica  et  eorum  ingeni  ||  orum 
acumina  subtili  inuestigatione  dirigenda.“  Ferner  ent¬ 
hält  das  Büchlein  einen  Holzschnitt  mit  dem  Wappen 
der  Universität,  der  nach  der  Art  der  Ausführung  vom 
selben  Block  gedruckt  sein  muß  wie  Burleys  „Tractatus 
expositorius  super  libros  posteriorum  Arestotilis  (1517) 
und  des  Johannes  Dedicus  „Questiones  moralissime 
super  libros  Ethicorum“  (1518).  Doch  ist  das  Wappen 
hier  schärfer  herausgekommen,  so  daß  der  Druck  kaum 
später  erst  als  das  Burleysche  Buch  (4.  Dezember  1517), 
das  bisher  als  der  erste  Druck  dieser  Presse  galt,  an¬ 
gesetzt  werden  darf.  Der  Druck  sollte  offenbar  aus 
vier  Blättern  bestehen,  von  denen  indessen  nur  drei 
erhalten  geblieben  sind;  es  ist  in  verschiedenen  Typen 
gedruckt ,  von  denen  einige  mit  den  im  „ Dedicus " 
gebrauchten  übereinstimmen  und  möglicherweise  von 
Wynkyn  de  Worde  stammen.  (Börsenblatt.) 


Folgende  Bücher  sind  vom  Amtsgericht  Berlin- 
Mitte  auf  Grund  des  §  184  Str.-G.-B.  mit  Beschlag  be¬ 
legt  worden: 

Die  Heilung.  Aus  dem  Leben  eines  praktischen 
Arztes. 

Die  Freuden  der  Liebe.  Praktischer  Ratgeber  für 
junge  Mädchen  und  Männer.  Rom  1905.  Gedruckt  im 
Vatikan. 

Die  Gebrechen  und  Unarten  der  Kinder.  Eine 
ernste  Mahnung  für  Mütter.  Von  Frau  Berta  Golden. 
Leipzig.  Verlag  von  Georg  Müller.  Innentitel:  die 
Wonne  der  Grausamkeit.  Szene  zwischen  Vater  und 
Tochter  im  Walde,  von  einem  versteckten  Zeugen  be¬ 
lauscht.  Der  in  Leipzig  unbekannte  V erlag  Georg  Müller 
hat  nichts  mit  der  angesehenen  gleichen  Firma  in 
München  zu  tun. 


Durch  rechtskräftiges  Urteil  der  Strafkammer  des 
hiesigen  Landgerichts  ist  für  Recht  erkannt: 

Die  Abbildungen  auf  Seite  1  bis  10,  15  und  16  des 
Buches  „die  Reglementierung  der  Prostitution“  und 
derjenige  Teil  der  Platten  und  Formen,  auf  denen  sich 
diese  Abbildungen  befinden  sind  unbrauchbar  zu 
machen. 

Das  Buch  hat  folgendes  Titelblatt:  „Die  Regle¬ 
mentierung  der  Prostitution,  ihre  Gegner  und  Für¬ 


sprecher  von  Carl  Ettlinger.  Dritte  Auflage.  Leipzig- 
Reudnitz.  Magazin-Verlag  Jacques  Hegner.“ 

Altona  (Elbe),  16.  April  1909. 

Der  Erste  Staatsanwalt. 

(Deutsches  Fahndungsblatt  Stück  3068  vom  23.  April 
1909.) 

In  Wien  wurde  am  3.  April  ein  viereckiges  Miniatur¬ 
porträt  von  Deffinger  (9,5  X  7,  5  cm),  Brustbild  der 
Frau  Purry-S zecheny i ,  in  vergoldetem  Bronzerahmen, 
entwendet.  Auf  HerbeischafFung  des  Bildes,  das  4000 
Kronen  wert  ist,  wird  eine  Belohnung  von  200  Kronen 
ausgesetzt. 

Ein  höherer  Beamter ,  der  sich  bereits  als  fach¬ 
kundiger  und  sorgsamer  Bearbeiter  von  Katalogen  be¬ 
währt  hat,  wünscht  Bibliotheken  oder  andere  Samm¬ 
lungen  zu  ordnen  und  zu  katalogisieren,  und  ist  ge¬ 
gebenen  Falls  mit  freier  Station  zufrieden.  Die  Re¬ 
daktion  des  Beiblatts  wird  gern  auf  Anfragen  nähere 
Auskunft  erteilen. 

Eugen  Diederichs  in  Jena  versendet  den  Prospekt 
einer  neuen  Ausgabe  von  Goethes  „Faust“,  die  in  1000 
numerierten  Exemplaren  zum  Subskriptionspreis  von 
30  Mark  demnächst  erscheinen  wird.  Wir  kommen 
später  auf  diese  typographisch  eigenartige  Erscheinung 
zurück. 

Ein  warmer  Freund  der  Gesellschaft  der  Biblio¬ 
philen  und  zugleich  einer  der  verdienstvollsten  unter 
den  Bibliothekaren  Deutschlands,  Herr  Geheimrat 
Prof.  Dr.  Friedrich  Ebrard  begeht  am  1.  Mai  die  fünf¬ 
undzwanzigste  Wiederkehr  des  Tages,  wo  er  zum 
Leiter  der  Frankfurter  Stadtbibliothek  ernannt  wurde. 
Wir  bringen  ihm  im  Namen  der  Gesellschaft  der  Biblio¬ 
philen  und  unserer  Zeitschrift  den  wärmsten  Glück¬ 
wunsch  dar. 

Am  24.  März  wurden  im  Hotel  Drouot  in  Paris  bei 
einer  Auktion  die  sechs  Bände  einer  Moliere-Ausgabe 
von  1 773  für  nicht  weniger  als  177500  Franks  verkauft. 
Allerdings  waren  diese  sechs  Bücher,  abgesehen  von 
ihrem  Alter,  noch  von  besonderem  Wert.  Sie  enthielten 
33  Originalzeichnungen  des  Malers  Moreau  d.  /.,  die 
zur  Illustrierung  dieser  Moliere -Ausgabe  angefertigt, 
von  einem  unbekannten  Liebhaber  gesammelt  und  den 
Büchern  um  1773  einverleibt  worden  waren.  Von  wem 
diese  Moliere-Ausgabe  herstammt,  weiß  man  nicht. 
Sie  tauchte  erst  im  Jahre  1820  in  einer  Auktion  auf 
und  wurde  damals  für  1200  Frank  erworben.  Im  Jahre 
1844  erschien  sie  aufs  neue  unter  dem  Hammer  in  der 
Auktion  von  Soleines,  und  ein  Herr  de  Jauzd  kaufte 
sie  für  900  Frank,  der  kürzlich  starb.  Obwohl  dieser 
sie  wie  ein  Kleinod  bewahrte,  hatte  man  doch  genug 
von  ihr  gehört,  und  es  entbrannte  ein  heißer,  •wenn 
auch  kurzer  Kampf  um  die  seltenen  Bände.  Er  dauerte 
nur  fünf  Minuten.  Der  Auktionator  teilte  mit,  daß  ihm 
125000  Frank  geboten  worden  seien;  80000  Frank 
war  das  erste  Gebot;  bis  140000  Frank  wurde  Schlag 


12 


Beiblatt. 


auf  Schlag  um  5000  Franks  höher  geboten  und  schlie߬ 
lich  die  erwähnte  Summe  erreicht.  Der  neue  Besitzer 
des  „Moliere“  ist  nicht  bekannt  geworden. 

(Börsenblatt.) 


Als  Beilagen  bringt  dieses  Heft  Prospekte  von 
C.  F.  Amelangs  Verlag  in  Leipzig,  aus  dem  wir  Martin 
Greifs  gesammelte  Werke  in  vier  Bänden  hervorheben, 
und  von  Georg  Müller  in  München  über  eine  vierzig¬ 
bändige,  chronologisch  geordnete  und  von  W.  Drugulin 
in  der  alten  Ungerfraktur  auf  reinem  Hadernpapier 
gedruckte  Propyläen-Ausgabe  von  Goethes  sämtlichen 
Werken,  auf  die  wir  nach  Erscheinen  der  ersten  Bände, 
die  zu  Weihnachten  1909  vorliegen  sollen,  zurück¬ 
kommen  werden. 


Kataloge. 

Zur  Vermeidung  von  Verspätungen  werden  alle  Kataloge  an  die  Adresse 

des  Herausgebers  erbeten.  Nur  die  bis  zum  25.  jeden  Monats  ein¬ 
gehenden  Kataloge  können  für  das  nächste  Heft  berücksichtigt  werden. 

Deutschland,  Österreich-Ungarn, 
Deutsche  Schweiz: 

Fr.  Karafiat  in  Brünn.  Nr.  42.  Mähren  und  Schlesien. 

Adolf  Geering  in  Basel.  Nr.  205.  Neueste  Erwerbungen. 

Simmel  Co.  in  Leipzig.  Nr.  228.  Schriftwesen  und 
Buchdruck,  Bibliographie  und  Literargeschichte, 
Bibliothekswissenschaft. 

K.  Th.  Völcker  in  Frankfurt  a.  M.  Nr.  276.  Neuere 
deutsche  Literatur  (seit  1750),  Almanache. 

Ferdinand  Schöningh  in  Osnabrück.  Nr.  100.  Wissen¬ 
schaftliche  und  belletristische  Litteratur  des  XIX. 
und  XX.  Jahrhunderts. 

Fr.  Klübers  Nachf.  in  München.  Nr.  164.  Bavarica, 
Abt.  I  A-München. 

f.  St.  Goar  in  Frankfurt  a.  M.  Nr.  102.  Deutsche  Ro¬ 
mane  des  XVIII.  und  XIX.  Jahrhunderts. 

Lipsius  cF  Tischer  in  Kiel.  Nr.  92.  Deutsche  Literatur 
und  Sprache. 

Felix  Oswald  Weigel  in  Leipzig.  N.  F.  Nr.  138.  Collec- 
tio  Weigeliana,  wertvolle  Werke  der  Reformations¬ 
literatur. 

Otto  Harrassowitz  in  Leipzig.  Nr.  32 3.  Historische 
Wissenschaften. 

Alfred  Lorentz  in  Leipzig.  Nr.  73.  Neuerwerbungen. 

Franz  Malota  in  Wien.  Nr.  62.  Germanistik,  Deutsche 
Sprache  und  Literatur  bis  zum  Jahre  1750.  —  Bio¬ 
graphien  und  Memoiren  berühmter  Männer  und 
Frauen. 

C.  Teufens  Nachf.  in  Wien.  Nr.  21.  Kulturgeschichte, 
Curiosa. 

Max  faeckel  in  Potsdam.  Nr.  32.  Hundert  Jahre  deut¬ 
schen  Romans  (1750— -1850). 

Victor  Eytelhuber  in  Wien.  Anzeiger  Nr.  39. 

Gustav  Fock  in  Leipzig.  Nr.  344.  Deutsche  Literatur 
von  der  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  bis  zu  Goe¬ 
thes  Tode. 

C.  G.  Boerner  in  Leipzig.  Nr.  13.  Autographen. 

Max  Perl  in  Berlin.  Nr.  86.  Neuerwerbungen. 


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für  jedes  Heft  1.—  Mk.  (2  Zeilen),  Jahres-Abonnement 
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Pädagogik  und  klass.  Philologie  —  Allgemeine  und 
ausländische  Geschichte  —  Kunst,  illustr.  Bücher  — 
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braica  und  Judaica. 

Halm  &=  Goldmann  in  Wien.  Nr.  203.  Katalog  einer 
neuervvorbenen  Bücher-Sammlung. 

Paul  Alicke  in  Dresden.  Nr.  82.  Handzeichnungen  und 
Kupferstiche,  Graphische  Curiosa,  Städteansichten, 
Antiquitäten. 

J.  Eckard  Mueller  in  Halle.  Nr.  134.  Neuere  Sprachen. 

C.  Troemer  in  Freiburg  i.  B.  Nr.  43.  Neuere  Philologie. 

Ernst  Frensdorff  in  Berlin.  Nr.  52.  Neuerwerbungen. 

Max  Harrwitz  in  Berlin.  Nr.  107.  Abt.  III  Provinz 
Brandenburg,  Berlin  V  Pommern,  Mecklenburg, 
Oldenburg,  Lippe,  Schleswig-Holstein,  Hansastädte. 

G.  Ragoczky  in  Freiburg  i.  B.  Nr.  27.  Philiosophie  und 
Pädagogik,  Klassische  Philologie,  Literatur  und 
Kunst  usw. 

Adolf  Weigel  in  Leipzig.  Nr.  93.  Curiosa  und  Miscella- 
nea  zur  Kultur-  und  Sittengeschichte,  Seltenheiten, 
Folklore. 

B.  Seligsberg  in  Bayreuth.  Nr.  288 — 89.  Bayern. 

A.  Asher  <5°  Co.  in  Berlin.  Die  Dame  in  Kunst  und 
Mode  (Ausstellung  im  Hohenzollern-Kunstgewerbe- 
haus,  Katalog  des  Lesezimmers). 

Karl Ernst Henrici  in  Berlin.  Nr.  III.  Künstler-Porträts. 

J.  Frank  (Ludwig  Lazarus)  in  Wiirzburg.  Nr.  44.  Er¬ 
zählungsliteratur,  Geschichte  usw. 

Oskar  Rauthe  in  Berlin.  Nr.  14.  Almanache,  Kalender, 
Taschenbücher. 

Joseph  Baer  &=  Co.  in  Frankfurt  a.  M.  Nr.  562.  Deut¬ 
sche  Literaturdenkmäler  von  1750 — 1832. 

Max  Perl  in  Berlin.  Nr.  86.  Neuerwerbungen. 

Gustav  Fock  G.  m.  b.  H.  in  Leipzig.  Nr.  351.  Neue  deut¬ 
sche  Literatur  von  Goethes  Tode  bis  zur  Gegenwart; 
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J.  Gamber  in  Paris.  Nr.  47.  Literaturgeschichte,  Folk¬ 
lore,  Theater  und  Musikgeschichte. 

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P.  M.  Barnard  in  Turnbridge  Wells.  (England)  Nr.  29. 
Early  Printed  Books  (1501 — 1520). 

M.  P.  Madsen  in  Kopenhagen.  Französische  Literatur 
und  Biographie  (Dänemark  und  Skandinavien). 

Eugene  L.  Morice  in  London.  Nr.  1  und  2.  Orient. 

Martinus  Nij hoff  in  Haag.  Nr.  369.  Naturwissenschaften 
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16 


BEIBLATT  DER 

ZEITSCHRIFT  FÜR  BÜCHERFREUNDE 

NEUE  FOLGE 

I.  Jahrgang.  Juni  1909.  Heft  3. 

Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Georg  Witkowski,  Leipzig- Gohlis,  Ehrensteinstr.  20,  Manuskripte  an  diesen  erbeten. 
Inserate  direkt  an  den  Verlag  W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstraße  10. 

Inserat  Bedingungen: 

1/i  Seite . 60  Mark  x/4  Seite . 15  Mark 

y2  Seite . 30  Mark  1/8  Seite .  8  Mark 

Kleine  Anzeigen  (Desiderata  und  Angebote) :  die  gespalt.  Petitzeile  50  Pf. ,  für  Mitglieder  der  Gesellschaft  der 
Bibliophilen  30  Pf.  —  Beilagegebühr  50  Mark.  —  Insertionsschluß  für  Heft  4  am  20.  Juli.  —  Abonnenten  haben 
pro  Quartal,  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung,  10  Zeilen  unter  Angebote  oder  Nachfrage  frei. 


An  unsere  Leser! 

Infolge  des  Übergangs  unserer  Zeitschrift  an  den  neuen  Verlag  und  die  neue  Redaktion 
sind  die  ersten  Hefte  des  laufenden  Jahrgangs  verspätet  erschienen,  und  bei  dem  vorliegenden 
Hefte  haben  technische  Schwierigkeiten  eine  weitere  Verzögerung  bewirkt.  Wir  bitten  unsere 
Leser,  dies  wohlwollend  zu  entschuldigen,  und  hoffen,  daß  ihnen  nach  dem  übernächsten  Heft, 
das  als  Doppelnummer  für  August- September  ausgegeben  wird,  fernerhin  pünktlich  mit  Beginn 
jeden  Monats  die  Zeitschrift  zugehen  wird. 

Hochachtungsvoll 

Verlag  und  Redaktion  der  „Zeitschrift  für  Bücherfreunde“. 

Gesellschaft  der  Bibliophilen. 

Die  diesjährige  Generalversammlung  der  Gesellschaft  findet  am  Sonntag  den  26.  September 
in  München  statt.  Alles  Nähere  darüber  wird  den  Mitgliedern  durch  besondere  Einladung 
bekannt  gegeben. 

Anträge  für  die  Generalversammlung  sind  nach  §  9  der  Satzungen  mindestens  einen 
Monat  vorher  bei  dem  Unterzeichneten  Sekretariat  anzumelden. 

Der  Vorstand 

WEIMAR,  Grunstedterstr.  16.  I.  A. 

Prof.  Dr.  Carl  Schüddekopf. 


Angebote. 

Kant,  J.,  Sämtliche  Werke.  Herausgegeben  von 
G.  Hartenstein.  8  Bde.  Leipzig  1867— 68.  8°.  Halb¬ 
franzbände.  (36  M.)  Vergriffen  und  sehr  selten! 
M.  100. — . 

Wagner,  Reue  nach  der  That.  1.  Ausgabe.  M.  125. — 

S.  Brentano ,  Sappho  und  Phaon.  1.  Ausgabe.  Pracht 
exemplar  in  vergoldetem  Ganzsaffianband.  M.  150. — . 

Hofmannsthal ,  Der  Kaiser  und  die  Hexe.  Ex.  Nr.  22. 
M.  100. — . 

Goethe,  Faust  I.  Dove’s  Press  und  Beilage.  M.  100. — . 

Schiller,  The  Robbers.  Goethe,  Iphigenie.  Erste  eng¬ 
lische  Ausgaben.  London  1792.  1795.  Tadell.  Exem¬ 
plare  in  einem  Bande.  Halbmaroquin.  M.  250. — . 

Reflektanten  werden  gebeten,  ihre  Aufträge  an 

W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstr.  10  zu  senden. 


Nachfrage. 

Münchhausen- Ausgaben  in  allen  Sprachen,  auch  alte 
Kinder-Ausgaben  des  Lügenmünchhausen  und  Nach¬ 
bildungen  der  Erzählungen. 

Alles  über  Kaspar  Hauser. 

Hof7nannsthal,  Erstausgaben. 

Belustigungen  des  Verstandes  und  Witzes.  Leipzig 
1741  — 1745.  8  Bände. 

Neue  Beyträge  zum  Vergnügen  des  Verstandes  und 
Witzes.  Bremen  und  Leipzig  1744  — 1759.  6  Bände. 

Sammlung  vermischter  Schriften  von  den  Verfassern 
der  Bremischen  neuen  Beyträge.  Leipzig  1748 — 1757- 
3  Bände. 

Angebote  mit  Preisangabe  an  W.  Drugulin,  Leipzig, 

Königstr.  10  erbeten. 


(In  dieser  Abteilung  stehen  jedem  Abonnenten  vierteljährlich  zehn  Zeilen  zur  Verfügung.) 

Z.  f.  B.  1909/1910.  3.  Beiblatt.  —  I  — 


I 


Beiblatt. 


Von  den 

Am  21.  und  22.  Mai  wurden  bei  Leo  Liepmanns- 
sohn  in  Berlin  9 37  Nummern,  hauptsächlich  Musiker- 
Autographen,  versteigert.  Dem  „Leipziger  Tageblatt“ 
wird  darüber  aus  Berlin  geschrieben:  1200  M.  wurden 
für  ein  Stammbuch  gezahlt,  das  einem  Straßburger 
Buchhändler  Carl  Friedrich  Treuttel  gehörte  und  zahl¬ 
reiche  wertvolle  Eintragungen,  darunter  solche  von 
Goethe  und  Schubart  enthält.  Und  1200  M.  brachte 
auch  ein  lateinisches  Epigramm  des  Humanisten  Eras¬ 
mus.  Ein  Autograph  Friedrich  Wilhehns,  des  Großen 
Kurfürsten,  erzielte  465  M.,  ein  früher  Brief  Bismarcks 
vom  Jahre  1851  420  M.  Ein  Goethe-~E>r\t{  vom  Jahre 
1830,  an  den  Großherzog  Friedrich  von  Sachsen- Weimar 
gerichtet,  erreichte  295  M.,  ein  Brief  Hebbels  an 
Ziegesar  in  Weimar  68,  ein  zweiter  Brief  des  Dichters 
65  M.  In  diesem  letzteren  Brief  finden  wir  folgende 
charakteristische  Stelle:  „Über  meinen  Gyges  kann  ich 
Ihnen  nur  sagen;  halten  Sie  Sich  an  das  Bild  selbst 
und  vergegenwärtigen  Sie  Sich  die  Welt,  der  es  ange¬ 
hört.  Daß  das  Weib  selbst  für  die  Griechen  nur  Sache 
war,  wissen  Sie  aus  dem  Homer;  Helena  ging  von 
Hand  zu  Hand  und  man  schlägt  sich  um  sie,  nicht  um 
sie  zu  züchtigen,  sondern  um  sie,  wie  einen  entflogenen 
Vogel,  wieder  zu  bekommen.  Daß  diese  Sache  sich 
aber  doch  selbst  unter  den  barbarischen  Lydiern  zu¬ 
weilen  in  eine  Person  verwandelte,  zeigt  die  Fabel  des 
Herodot,  die  mir  als  Stoff  diente.  Dies  einfach  auf¬ 
genommen,  wie  es  geboten  wird,  und  die  Tragödie 
ergibt  sich  ohne  weitere  Zutat,  die  beiden  Situationen 
aber,  in  denen  sie  gipfelt,  sind  doch  gewiß  eben  so 
unausweichbar  notwendig,  als  erschütternd.  Oder  ist 
es  nicht  im  höchsten  Grade  tragisch,  daß  zwei  Männer, 
die  sich  lieben  und  ehren,  sich  auf  Tod  und  Leben 
bekämpfen  müssen,  wenn  nicht  untergehen  soll,  was 
sie  noch  mehr,  als  sich  selbst,  zu  ehren  und  zu  lieben 
haben?“  .  .  .  160  M.  brachte  ein  Manuskript  von 

Kleist  mit  Überschrift:  „Die  Bedingung  des  Gärtners. 
Eine  Fabel.“  Das  interessante  Prosastück  schließt: 
„Landwehren  von  Österreich!  Warum  wollt  ihr  bloß 
innerhalb  eures  Landes  fechten?“  Dieser  Appell  an 
die  Österreicher,  wie  die  Moral  der  ganzen  Fabel  ist 
auf  die  Tatsache  gemünzt,  daß  am  9.  Juni  1808  die 
Errichtung  einer  Landwehr,  jedoch  nur  zur  Verteidigung 
des  „vaterländischen  Bodens“  angeordnet  worden  war. 
Eigenhändige  Widmungen  Nietzsches  kamen  50  und 
55  M.,  Autographen  von  Schopenhauer  auf  130,  140 
und  350  M.  Beachtung  verdient  das  Stammbuch  eines 
vermutlich  aus  Schweden  stammenden  Leipziger  Stu¬ 
denten  der  Medizin  Draebyn ,  das  für  100  M.  unter  den 
Hammer  kam.  Das  Stammbuch  enthält  etwa  50  Ein¬ 
tragungen  von  Freunden,  Studiengenossen  und  Pro¬ 
fessoren  hauptsächlich  aus  Leipzig  (Wintersemester 
1 774/75)  und  ist  darum  nicht  unwichtig  für  die  Ge¬ 
schichte  Leipzigs  und  seine  Universität.  Der  Schluß 
der  Autographenauktion  ergab  beachtenswerte  Preise 
für  Musikmanuskripte  und  Musikerbriefe.  Ein  vier 
Seiten  starkes  Manuskript  von  Johann  Sebastian  Bach 
—  eine  (unbezififerte)  Gontinuo-Stimme  zu  der  Kantate 
„Alles  nur  nach  Gottes  Willen“  (für  den  3.  Sonntag 


Auktionen. 

nach  Epiphanias;  Ausgabe  der  Bach-Gesellschaft 
Nr.  72),  deren  Entstehung  Spitta  in  die  erste  Leipziger 
Zeit  (1725  oder  1726)  setzt,  erzielte  400  M.,  ein  Manu¬ 
skript  Beethovens ,  das  aus  der  frühen  Wiener  Zeit  des 
Meisters  stammt,  500  M.  Dieses  Beethoven-Werk 
enthält  Studien  verschiedener  Art:  Ein  Bruchstück 
eines  Adagio,  sowie  verschiedene  andere  Entwürfe 
für  Klavier,  ein  Allegro  mit  folgender  handschrift¬ 
licher  Bemerkung:  „das  schwere  hiebey  ist  diese  gantze 
passage  so  zu  schleifen,  daß  man  das  aufsetzen  der 
Finger  garnicht  hören  kann,  sondern  als  wenn  mit 
dem  bogen  gestrichen  würde  so  muß  es  klingen“. 
Es  findet  sich  ferner  ein  Entwurf  zu  einem  Rondo  zum 
Konzert  in  Es  mit  Triolen  (bemerkenswert  als  aus  so 
früher  Zeit  stammend),  das  aber  mit  dem  berühmten 
Klavierkonzert  in  Es  in  keinem  Zusammenhang  steht, 
sodann  eine  Skizze  zu  dem  Lied:  „Ohne  Liebe  lebe 
wer  da  kann,  wenn  er  auch  ein  Mensch  schon  bliebe, 
bleibt  er  doch  kein  Mann.“  Für  den  Entwurf  der 
16  letzten  Takte  von  Beethovens  op.  133:  Große  Fuge 
(B  Dur)  für  2  Violinen,  Bratsche  und  Violoncell  (mit 
einer  humorvollen  Nachschrift  an  den  Verleger  Artaria) 
wurden  620  M.  gezahlt.  Brahms  „Sonate  für  Piano, 
Seinem  lieben  Albert  (Dietrich)  zur  Erinnerung  an 
Johs.  Brahms“  kam  auf  4000  M.  und  eine  von 
Brahms’  Hand  stammende  Abschrift  von  Schuberts 
„Das  Geheimnis“  mit  eigenhändigen  Eintragungen  auf 
800  M.  Für  das  vollständige  Musikmanuskript:  „Der 
Abend.  Fr.  Schiller.  J.  Brahms“  (am  Schluß  datiert 
10.  Juli  74  Rüschlikon)  gab  man  1500  M.  und  für 
Briefe  von  Brahms  25  bis  100  M.  Das  „Breviarium 
Benedictinum  Completum  IX. — X.  Saeculi“  erreichte 
den  Preis  von  4000  M.,  drei  Chopin- Manuskripte  wurden 
für  800  und  für  je  1500  M.  versteigert,  ein  Haydn- 
Manuskript  für  700  M.,  ein  Lortzing- Manuskript  („Ein¬ 
lage  zu  den  beiden  Schützen  Contre-Tanz  Nr.  7“.  Am 
Ende:  Leipzig,  den  17.— 18.  Juni  1839)  für  280  M. 
Ein  aus  Leipzig  vom  Mai-Juni  1844  datierter  Lortzing - 
Brief  scn.  Philipp  Reger  in  Frankfurt  a.  M.  (5a/3  Seiten) 
brachte  165  M.  Lortzing  erwähnt  hier  eine  Anzahl 
Leipziger  Kollegen ,  wie:  Rob.  Blum,  Bachmann, 
Berthold,  Baudius,  u.  a.  und  berichtet  dann  über  seine 
„Undine“,  an  der  er  gerade  arbeite.  Er  schreibt: 
„(Die  Zeit)  vergeht  mir  —  in  Bezug  auf  meine  Oper, 
mit  der  es  gar  nicht  (wie  gewöhnlich)  vom  Flecke 
will,  fast  zu  geschwinde.  Den  Tag  über  arbeite  ich. 
Abends  gehe  ich  entweder  allein  oder  mit  meiner 
Familie  an  schönen  Tagen  spatzieren  .  .  .  Am 
liebsten  gienge  ich,  wie  schon  mehrmals,  Abends  zu 
Riedel,  denn  wenn  ich  von  Morgens  fünf  bis  Abends 
fünf  Uhr  geoxt,  so  brummt  mir  förmlich  der  Kopf, 
und  die  Riedel’sche  Kneipe  ist  —  wie  bekannt  —  ganz 
dazu  geeignet  einen  auf  andere  Gedanken  zu  bringen; 
aber  es  kostet  zu  viel  .  .  .“  Zwei  Handschriften  von 
Mendelssohn-Bartholdy  fanden  für  345  M.  einen  Lieb¬ 
haber;  drei  Briefe  von  Leopold  Mozart,  dem  Vater 
Wolfgangs  Amadeus’,  ergaben  555  M.,  drei  Musik¬ 
stücke  des  großen  Mozart  selbst  zusammen  685  M. 
Ein  Musikmanuskript  von  Pagatiini  kam  für  350  M. 


2 


Beiblatt. 


unter  den  Hammer,  ein  Rossini  für  85  M.,  ein 
Schubert  („An  eine  Quelle.  Februar  1817“)  für  555  M., 
ein  zweiter  Schubert  für  710  M.  Für  zwei  prächtige 
Schumann- Manuskripte  zahlte  man  995  und  1000  M. 
und  für  einen  an  Dr.  Töpken  in  Bremen  gerichteten 
Jugendbrief  des  Meisters  —  er  ist  aus  Leipzig  6.  F ebruar 
1835  datiert  —  155  M.  16  Briefe  von  Richard  Wagner 
erzielten  zusammen  1295  M.,  zwei  Briefe  von  Karl 
Maria  v.  Weber  200  M.,  während  ein  Webersches 
Manuskript  für  325  M.  verkauft  wurde.  Schließlich 
sei  noch  erwähnt,  daß  das  Manuskript  des  Liedes 
„Lob  des  Leidens“  von  Richard  Strauß  180  M.  brachte. 
Strauß  hat  dieses  Lied  im  Alter  von  22  Jahren 
geschrieben. 


Die  Firma  Sotheby  in  London  versteigerte  am 
6.  Mai  eine  prachtvolle  Sammlung  illuminierter  Manu¬ 
skripte,  zum  größten  Teil  dem  XV.  und  XVI.  Jahr¬ 
hundert  entstammend.  Der  verstorbene  und  nicht  ge¬ 
nannte  Besitzer  dieser  mit  außerordentlichem  Ge¬ 
schmack  und  Verständnis  angelegten  Kollektion  muß 
jedenfalls  ein  sehr  bedeutender  Fachkenner  gewesen 
sein.  Seit  der  vor  etwa  20  Jahren  stattgehabten  „Ha¬ 
milton-Auktion“  wurde  kein  so  wertvolles  Material  an 
Bilderhandschriften  hier  an  den  Markt  gebracht.  Die 
meisten  der  letzteren  sind  auf  Pergament  niederge¬ 
schrieben,  und  zeugt  die  gute  Erhaltung  und  fürsorg¬ 
liche  Art  der  Aufbewahrung  von  dem  Interesse  und 
der  Liebe  des  Sammlers  für  seine  Buchschätze. 

Fast  alle  Bände  waren  sogenannte  „Books  of 
Hours“,  und  unter  diesen  das  Juwel  ein  reich  illumi¬ 
niertes  Manuskript  aus  dem  XVI.  Jahrhundert,  ein  Bei¬ 
spiel  aus  der  Periode  Franz  I.  vor  Frankreich  dar¬ 
stellend  und  im  besten  Renaissancestil  gehalten.  Das 
Werk  enthält  im  ganzen  138  Oktavblätter  mit  15  vor¬ 
züglichen  Miniaturen  nebst  anderen  dekorativen  Zu¬ 
taten,  und  erinnert  mehrfach  an  die  Kunst  Gottfried 
Tory’s,  so  daß  es  diesem  Meister  —  mit  Recht  oder 
Unrecht  —  im  Katalog  zugeschrieben  wird.  Besonders 
die  erste  der  Miniaturen  „der  Verrath  Christ“,  ist 
reich  in  der  Farbe,  edel  und  dramatisch  im  Entwurf 
aufgefaßt.  Entgegengesetzt  den  Miniaturen  ernsteren 
Charakters  finden  wir  in  den  Bordüren  des  beigegebe¬ 
nen  Kalendariums  heitere  Lebensszenen  veranschau¬ 
licht.  Mr.  Sabin  erwarb  dies  Manuskript  für  den  Preis 
von  15840  M.  Den  nächst  höchsten  Betrag  von 
10000  M.  zahlte  Mr.  Quaritch  für  ein  aus  dem  XV.  Jahr¬ 
hundert  herrührendes  Manuskript  ein  Book  of  Hours 
„ad  usum  Romanum,  pro  ecclesiam  Tornacum“ 
(Tournay),  334  Seiten,  sehr  reich,  namentlich  in  den 
dekorativen  Elementen,  mit  grotesken  Tiergestalten 
und  halbmenschlichen  Figuren  von  einem  französischen 
Künstler  ausgestattet.  Unter  den  übrigen,  im  XV.  Jahr¬ 
hundert  hergestellten  Handschriften  sind  vornehmlich 
folgende  zu  erwähnen:  Eine  französische  mit  elegantem 
Blumenschmuck  versehene  Arbeit,  6400  M.  Ein  Book 
of  Hours  „ad  usum  Parisiensem“,  2000  M.  (Robson). 
Ein  italienisches  Manuskript  „Officium  Mortuorum“, 
dem  Antonio  Sinibaldi  zugewiesen,  der  das  Werk  im 
Aufträge  der  Königin  Isabella,  Gemahlin  Friedrichs  III. 
von  Arragonien,  angefertigt  haben  soll,  4100  M. 


(Quaritch).  Eine  franco-flämische,  410  Blätter  und 
33  Miniaturen  enthaltende  Handschrift,  erstand,  Mr. 
Mac  Farlane  für  7100  M.  Ein  Book  of  Hours  ,,ad 
usum  Ambianum“  (Amiens)  mit  brillant  ausgeführten 
Miniaturen  kam  auf  3000  M.  (Quaritch).  Eine  ähnliche 
Bilderhandschrift  „ad  usam  Trecam“  (Troyes)  wurde 
von  Mr.  Sabin  mit  4100  M.  honoriert.  Ein  Brevier  mit 
15  schönen  bildlichen  Darstellungen,  von  einem  flämi¬ 
schen  Miniator  verfaßt,  erzielte  8000  M.  (Sabin).  Im 
ganzen  betrug  der  Erlös  für  33  Nummern  161120  M. 

Dieselbe  Firma  beendigte  am  21.  Mai  durch 
Auktion  den  Verkauf  von  Büchern  und  Manuskripten 
aus  den  Bibliotheken  von  Lord  Dormer,  dem  ver¬ 
storbenen  Grafen  Bridport  und  aus  anderem  Besitz. 
Das  bemerkenswerteste  Objekt  war  ein  Erzeugnis  der 
„Caxton-Druckerei“,  bestehend  aus  fünf  verschiedenen 
Fragmenten,  die  sich  in  einem  alten  Originaleinband 
zusammen  eingebunden  befanden.  Diese  sind:  „The 
Mirrour  of  the  Worlde“,  1481,  100  Blätter;  „Dictes  or 
Sayings  of  the  Philosophers“,  1478,  76  Blätter;  Cicero 
„Cato  on  old  Age“,  1481,  48  Blätter;  Cicero  „De  Ami- 
citia“,  1481,  48  Blätter  und  Corydale  „Memorare  Novis- 
sima“,  1479,  75  Blätter.  Mr.  Stanley  erwarb  dies 
Unikum  für  den  Preis  von  52000  M.  Die  vollständig 
ungerechtfertigt  hohe  Wertbemessung,  der  weder 
schönen  noch  guten  Drucke  Caxtons,  dokumentierte 
sich  gleichfalls  in  dem  gezahlten  Preise  von  6000  M. 
(Tregaskis)  für  „The  Ryal  Book“,  1478,  aus  Caxtons 
Officin  in  Westminster,  defekt  und  durch  16  Blätter  in 
Faksimile  ersetzt.  Ferner  erzielten  D.  Defoe  „The  Life 
and  Strange  Surprising  Adventures  of  Robinson  Crusoe“ 
mit  den  „Farther  Adventures“,  in  einem  Band,  1719, 
erste  Ausgabe,  610  M.  (Maggs),  F.  de  Quir  „Terra 
Australis  Incognita“,  1617,  740  M.,  Dante  „Comedia“, 
Brescia  1487,  1660  M.,  John  Smith  „The  Generali 
Historie  of  Virginia,  New  England  and  the  Summer 
Isles“,  1632,  1200  M.,  ein  „Book  of  Hours“,  in  Paris 
gedruckt  von  G.  Hardouyn  „Ad  Usum  Sarum“  (Salis¬ 
bury),  sehr  selten,  1720  M. 

Sotheby  verauktionierte  ferner  am  23.  und  24.  Mai 
erste  Ausgaben  von  Werken  des  kürzlich  verstorbenen 
Dichters  Swinburne.  Die  überaus  hoch  gespannten 
Erwartungen,  die  sich  an  diese  Versteigerung  knüpften, 
realisierten  sich  nicht,  vielmehr  bewegten  sich  die 
Preise  innerhalb  der  gewöhnlichen  Grenzen.  Swinburne 
wurde  bisher  als  Dichter  von  den  Zeitgenossen  unge¬ 
bührlich  überschätzt,  und  weil  es  überhaupt  an  wirk¬ 
lichen  dichterischen  und  literarischen  Größen  fehlte, 
wurde  zuerst  Tennyson  bis  in  den  Himmel  erhoben 
und,  als  sein  Stern  zu  erblassen  begann,  Swinburne  an 
seine  Stelle  gesetzt.  Die  vorliegende  Auktion  bildet 
jedenfalls  ein  Anzeichen  für  den  beginnenden  Um¬ 
schwung  in  der  Meinung  des  größeren,  sich  mit  Lite¬ 
ratur  beschäftigenden  Publikums.  Die  hervorragendsten 
Bücher  —  sämtlich  erste  Ausgaben  —  und  die  hierfür 
gezahlten  Preise  waren  folgende :  „Atalanta  in  Caly- 
don“,  1865,  mit  der  autographischen  Unterschrift  des 
Verfassers,  260  M.  (Spencer).  „Poems  and  Ballads“, 
1866 — 69,  im  Originaleinband,  167  M.  (Shepherd). 
„Songs  before  Sunrise“,  1871,  kam  auf  30  M.  (Rapa- 
port).  „William  Blake“,  eine  kritische  Studie,  1868 


3 


Beiblatt. 


veröffentlicht,  60  M.  (Robson).  ,,Dead  Love“,  1864, 
nur  15  Seiten  stark,  140  M.  (Rapaport).  „Infelicia 
Poems“,  1868,  mit  Autograph  des  Dichters,  245  M. 
(Rapaport).  „Cleopatra“,  1866,  im  Originaleinband, 
105  M.  (Quaritch).  Zwei  Broschüren  „Unpublished 
Verses“,  1866,  und  „Dolorida“,  in  französischer  Sprache, 
jede  nur  zwei  Blätter  stark,  mit  Autograph,  105  M. 
(Rapaport).  „Under  the  Microscope“,  1872,  nur  als 
Privatdruck  hergestellt,  135  M.  (Maggs)  und  „Dolores“ 
gleichfalls  nicht  für  den  öffentlichen  Vertrieb  be¬ 
stimmt,  1867  gedruckt,  95  M.  (Cohen).  Der  Gesamt¬ 
erlös  betrug  in  runden  Zahlen  18000  M. 

O.  v.  Schleinitz. 


Versteigerung  von  Sardous  Bibliothek.  —  Die 
Bibliothek  Victorien  Sardous  wurde  am  25.  und  27.  Mai 
in  Paris  versteigert.  Einzelne  Werke  erzielten  dabei 
recht  stattliche  Preise.  Eine  Originalausgabe  der 
„Oeuvres  de  Frederic  le  Grand“  von  1750  mit  dem 
Wappen  Marie  Leszczynskas  brachte  5310  Fr.,  ein 
Exemplar  der  „Sermons  du  Pere  Masso“,  (1584),  das 
Heinrich  III.  gehört  hatte,  4100  Fr.,  ein  „Brantome“ 


(1740)  mit  dem  Wappen  von  Madame  Adelaide 
3005  Fr.,  „Daphnis  et  Chloe“,  (1745)  mit  Bildern  des 
Regenten  3310  Fr.  In  der  zweiten  Auktion  erwarb  die 
,, Libraine  Morgand“  eine  Sammlung  von  99  Mode¬ 
tafeln  aus  dem  XVIII.  Jahrhundert,  genannt  „Galerie 
des  Modes“,  für  5105  Fr.  Die  Sammlung  „Cris  et 
Costumes  de  Paris“  mit  6  Tafeln  von  Watteau  fand 
für  4010  Fr.  einen  Liebhaber.  Eine  Sammlung  der 
Modezeitung  „Journal  des  Dames  et  des  Modes“  von 
1798 — 1843  wurde  für  2505  Fr. ,  ein  Exemplar  der 
„Chansons  de  Laborde“,  illustriert  von  Moreau  d.  J., 
für  5000  Fr.,  ein  illustriertes  Exemplar  der  Fabeln  La 
Fontaines  von  1765  für  2015  Fr.  zugeschlagen.  Eine 
Sammlung  von  iS  Zeichnungen  von  Ballettkostümen 
des  XVIII.  Jahrhunderts  wurde  mit  2820  Fr.  bezahlt. 
Die  beiden  Auktionen  ergaben  zusammen  136015  Fr. 

(Börsenblatt.) 

Am  29.  Juni  versteigert  Ernst  Carlebach  in  Heidel¬ 
berg  Biographien,  Briefe,  Memoiren,  Porträts  aus  dem 
Besitze  Kuno  Fischers.  Der  Katalog  zählt  907  Nummern. 


Rundschau  der  Presse. 

Von  Professor  Dr.  Adalbert  H  ortzschansky  in  Groli-Lichterfelde. 

Die  nachfolgende  Übersicht  versucht,  die  wichtigeren  in  Zeitschriften  und  Zeitungen  enthaltenen  Aufsatze  und  Abhan  Hungen  zu 
verzeichnen,  soweit  sie  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift  in  Betracht  kommen.  Zusendung  von  Sonderdrucken  und  Ausschnitten  an  die  Ad 
des  Bearbeiters  in  Groß-Lichterfelde  bei  Berlin,  Moltkestr.  40,  erbeten. 


Schrift-,  Buch-  und  Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

CI  egg,  S.,  Modern  writing  and  illuminating. 

The  Bibliophile.  3.  1908/9.  S.  137 — 140  mit 

1  Taf.  u.  3  Abbild. 

Harnack,  A.,  Das  Prümer  Evangelienbuch  Kaiser 
Lothars.  (In  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin.) 

Der  Tag.  1909.  Nr.  79  vom  3.  April. 
Mayer,  M.,  Miniaturen.  Erläuternde  Bemerkungen 
zu  der  Ausstellung  im  Kupferstich-Kabinett. 

National- Zeitung.  1909.  Nr.  191,  199  u.  205  vom 
25.  und  30.  April  und  4.  Mai. 

Weinberger,  W.,  Beiträge  zur  Handschriftenkunde. 
II.  (Mit  Bibliographie  der  für  Philologen  wichtigen 
Sammlungen.) 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  d.  Wissen¬ 
schaften  in  Wien.  Philosoph. -historische  Klasse. 
Bd.  161.  Abhandl.  4.  1909.  150  S. 

Bibliophilie.  Exlibris. 

Ammann,  A.  F.,  Exlibris  der  Familie  von  Seimenitz 
und  der  Marienbibliothek  in  Halle  a.  S.  (16.  bez. 
17.  Jahrhundert.) 

Exlibris ,  Buchkunst  u.  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  1 — 5,  1  Taf. 

La  Biblioteca  di  Aldo  Manucio  (Deliberazioni  con- 
sigliare  del  Comune  di  Roma,  1592.) 

Bibliofilia.  10.  1908/9.  S.  466. 


Braungart,  R.,  Hans  Volkert. 

Exlibris ,  Buchkunst  u.  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  6—12,  mit  1  Taf.,  4  aufgeklebten  Exlibris 
und  2  Abbild. 

Fentsch,  W.,  Deutsche  Exlibris.  Eine  Einleitung  zu 
unserer  Ausstellung. 

Dortmundisches  Magazin.  Mitteilungen  der  Wil¬ 
helm-Auguste  Viktoria-Bücherei.  1.  1909/10.  S.  16 — 18. 
Fermi,  St.,  Ex  libris  piacentini.  Bollettino 

storico  piacentino.  4.  1909.  S.  1  —  8  mit  2  Exlibris. 
Gallavresi,  G.  Le  vicende  de  la  Biblioteca  Cousin. 

II  Libro  e  la  Sta?npa.  2.  1908.  S.  182 — 186. 
Linnig,  B.,  Eenige  vlaamsche  ex-libris’-stekers. 

Tijdschrift  voor  boek-  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S.  18 — 32  mit  16  Abbild. 

Newcombe,  Ch.  F.,  Book-plates:  their  beauty  and 
utility. 

Library  Association  Record,  n.  1909.  S.  21 1 — 221. 
Scheuermann,  W.,  Elsässische  Bücherzeichen  vom 
16.  bis  zum  20.  Jahrhundert.  Verzeichnis  der  elsäs- 
sischen  Exlibris  II. 

Exlibris ,  Buchkunst  u.  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  24 — 32.  (Wird  fortges.) 

W  e  s  t  h  e  im,  P.,  Hermann  Struck. 

Exlibris ,  Buchkunst  u.  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  13 — 15  mit  3  aufgeklebt.  Exlibris. 

Notable  private  libraries.  Nr.  3.  Wheeler,  H.  F.  B., 
The  library  of  Mr.  Wynne  E.  Baxter. 

The  Bibliophile.  3.  1908/9.  S.  1 19 — 127  mit  I  Taf. 
und  11  Abbild. 


4 


Beiblatt. 


Bibliothekswesen. 

(Adams),  Die  Büchersammlungen  der  Reichs-,  Post- 
und  Telegraphenverwaltung. 

Archiv  f  Post  u.  Telegraphie.  1909.  S.  241 — 255. 
Bärens,  J.  G.,  Kurtze  Nachricht  von  Göttingen  ent¬ 
worfen  im  Iahre  1754. 

Jahrbuch  des  Geschichtsvereins  für  Göttingen  und 
Umgebung.  Bd.  1.  Jg.  1908(1909).  S.  55 — 1 17,  Biblio¬ 
thek  S.  70 — 73. 

Ballinger,  J.,  A  municipal  library  and  its  public. 
5.  Lectures  and  exhibitions.  (Cardiff  Public  Library, 
Conclusion.) 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  188 — 200. 
Delisle,  L.,  Instructions  elementaires  et  techniques 
pour  la  mise  et  le  maintien  des  livres  d’une  biblio¬ 
theque. 

Revue  des  bibliotheques.  18.  1908.  S.  301 — 378. 
Esselborn,  K.,  Die  Abgabe  von  Pflichtexemplaren 
an  eine  deutsche  Zentralbibliothek. 

Frankfurter  Zeitung.  1909.  Nr.  107  vom  18.  April, 

4.  Morgenblatt. 

D’ Ester,  K.,  Öffentliche  Bibliotheken  und  alte  Zei¬ 
tungen.  Eine  Anregung. 

Dortmundisches  Magazin.  Mitteilungeji  der  Wil¬ 
helm-Auguste  Viktoria- Bücherei.  1.  1909/10.  S.  4 — 7. 
Focke,  R.,  Das  Volksbibliothekswesen  in  der  Provinz 
Posen.  I.  Das  polnische  Volksbibliothekswesen. 

Blätter  für  Volksbibliotheke?i  u?id  Lesehallen.  10. 
1909.  s.  73—76. 

Gerar  d,  Ch.,  Quelques  livres  curieux  de  laBibliotheque 
Nationale  St  Marc,  de  Venise. 

Bibliofilia.  10.  1908/9.  S.  413 — 434  m.  29  Faksim. 
Gummel,  Lebensbild  des  Stadtbibliothekars  Dr.  Ru¬ 
dolf  Baier  in  Stralsund. 

Baltische  Studien.  N.  F.  12.  1908.  S.  1 — 10,  1  Portr. 
Hall,  Mary  E.,  What  the  librarian  may  do  for  the 
high  school. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  154— 159. 
Herne,  F.  S.,  The  libraries  of  Leicester. 

Book- Audion  Records  ( Karslake ■).  6.  1908/09. 

5.  XXV— XXXIV,  1  Taf. 

H  erz,  H.,  Der  Weg  des  Buches  ins  Volk.  Eine  tat¬ 
sächliche  und  prinzipielle  Orientierung. 

Frankfurter  zeitgemäße  Broschüren.  Bd.  28.  H.  8. 
1909.  S.  199 — 234. 

Hill  er,  A.,  Über  die  Infektionsgefahr  durch  Bücher 
und  die  Desinfektion  von  Büchern. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  197 
— 202. 

Jungmann,  J.  A.,  The  Library  of  the  second  chamber 
of  the  States  General. 

De  Boekzaal.  3.  1909,  Januar. 
Langlois,  Ch.  V.,  Le  regime  des  bibliotheques  en 
France. 

Bulletin  de  l'association  des  bibliothecaires  fran- 
$ais.  3.  1909.  S.  32—35. 

Lewin,  P.  E.,  The  empire  and  the  public  library. 

Library  Assistant.  1909,  März. 
American  and  European  Libraries. 

Library  World.  11.  1908/9.  S.  371 — 374. 


Notable  Libraries:  Gravesend. 

Library  World.  II.  1908/9.  S.  383 — 386  mit  2  Abbild. 
Public  Libraries  and  libraries  in  schools.  Contributed 
from  various  libraries. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  145  — 153. 
Liveright,  Ada  F.,  How  may  the  use  of  books  and 
library  catalogs  be  made  a  subject  of  study  in  nor¬ 
mal  schools? 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  160 — 162. 
Lumachi,  F., Del Cardinale Domenico  Passionei, biblio- 
tecario  di  S.  M.  Chiesa.  (Vatikanische  Bibliothek.) 

Giornale  della  libreria.  22.  1909.  S.  146 — 149. 
(Nach  Galletti,  Memorie  per  servire  alla  storia  della 
vita  del  Card.  Dom.  Passionei.  Rom,  1762.) 
Marcel,  H.,  LaBibliotheque  nationale  pendant  L’annee 

1908.  Rapport  au  Ministre  de  l’Instruction  publique. .. 
Revolution  franqaise.  28.  1908/9.  S.  360 — 372. 

M  arteil,  P.,  MitteldeutscheUniversitätsbibliotheken.  II. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  1 10 — 115. 
Maw,  T.  E.,  German  public  libraries. 

Library  World,  ir.  1908/9.  S.  365 — 367. 
Morel,  E.,  Les  bibliotheques  libres  dans  la  nouvelle 
Allemagne. 

Nouvelle  Revue.  3.  Ser.  9.  1909.  S.  75 — 84. 
Octavio,  J.  M.,  Catalogo  de  la  libreria  del  Cabildo 
Toledano.  P.  2.  Impresos.  (Fin.) 

Revista  de  archivos,  bibliotecas  y  museos.  12.  1908. 
Nr.  11/12,  13.  1909.  Nr.  1/2,  Anhang.  S.  97 — 137. 
Omont,  H.,  Nouvelles  acquisitions  du  departement 
des  manuscrits  de  la  Bibliotheque  nationale  pendant 
les  annees  1907 — 1908. 

Bibliotheque  de  V ecole  des  chartes.  70.  1909.  S.  5 — 72. 
Palmgren,  V.,  Der  Ferienkursus  für  Schulbibliothe¬ 
kare  im  Sommer  1908  zu  Stockholm. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  202 
— 209. 

Prideaux,  W.  R.  B.,  Library  economy  in  the  sixteenth 
Century. 

Library  Association  Record,  n.  1909.  S.  152 — 174 
mit  4  Taf. 

Rais,  J.,  Les  impressions  officielles. 

Ldees  moderjies.  1.  1909.  S.  408 — 419. 
Sayers,  W.  C.  B.,  Library  staff  guilds  and  meetings. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  175 — 178. 
Schultz  e,  E.,  Eine  Arbeiterbibliothek.  (Leipzig.) 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 

1909.  S.  76 — 83.  (Wird  fortges.) 

Schwenke,  P.,  Der  Umzug  der  Königlichen  Biblio¬ 
thek.  (Zu  Berlin.) 

Zentralblatt  f.  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  163 
— 176. 

Simonsfeld,  H.,  Zur  Geschichte  der  Münchner  Hof- 
und  Staatsbibliothek. 

Zeniralblatt für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  209 
—216. 

Tillmanns,  E.,  Wie  werden  unsere  Kolleginnen  aus¬ 
gebildet? 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  88—94. 


5 


Beiblatt. 


T(raut),  H.,  Friedrich  Ebrard  und  die  Frankfurter 
Stadtbibliothek  1884  —  1909. 

Frankfurter  Zeitung.  53.  1909.  Nr.  1 19  v.  30.  April, 
Abendblatt. 

Buchdruck  und  -Gewerbe. 

Ambrosini,  R.,  Indice  degli  incunaboli  Bolognesi. 

L Archiginnasio.  4.  1909.  S.  50 — 58.  (Wird  fortges.) 
Burger,  C.  P.,  Oude  hollandsche  zeevaart-uitgaven. 
Het  leeskaartboek  van  Wisbuy.  (1551fr.) 

Tijdschrift  voor  boek-  bibliotheekiuezen.  7.  1909. 
S.  1  — 17  mit  8  Abbild.  (Wird  fortges.) 

Haebler,  K.,  Zur  ältesten  Geschichte  des  Buchdrucks 
in  Spanien.  Nachträge  zur  Bibliografia  Iberica. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  145 
—  163. 

Die  Hauptversammlung  des  Deutschen  Buchge¬ 
werbevereins  am  10.  März  1909  in  Berlin. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  61-64. 
Hessels,  J.  H.,  The  so-called  Gutenberg  documents. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  152 — 167.  (Wird  fortges.) 
Jaggard,  W.,  False  dates  in  Shakespearian  Quartos. 

Ldbrary.  N.  S.  10.  1909.  S.  208 — 211. 
Macgregor,  J.  C.,  Modern  English  bookbinding. 

The  Bibliophile.  3.  1908/9.  S.  146—151  mit  10  Ab¬ 
bild.  u.  1  Taf. 

Paschke,  M.,  Der  Deutsche  Buchdruck-Preistarif  und 
der  Verlagsbuchhandel. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 

s.  4414—17- 

Plomer,  H.  R.,  Two  lawsuits  of  Richard  Pynson. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  115 — 133,  1  Taf. 
Eine  interessante  Quit  tung  Peter  Schöffers.  (Von  1489.) 
Centralblatt  f.  Papierverarbeitungsindustrie.  Son¬ 
derausgabe  :  Buchkunst u?id Buchgewerbe.  1 909.  Nr .  1 8 
v.  1.  Mai,  S.  201 — 203  mit  1  Faksim. 

Sachs,  H.,  John  Hassall.  (Plakate.) 

Exlibris,  Buchkunst  u.  angewajidte  Graphik.  19. 
1909.  S.  15 — 20  mit  4  Faksim. 

Sanchez,  J.  M.,  Note  sur  deux  editions  espagnoles  des 
economiques  et  politiques  d’Aristote  du  XV“  siede. 
Revue  des  bibliotheques.  18.  1908.  S.  378 — 384. 
Verheyden,  P.,  Over  Ypersche  boekdrukkers. 
(16.  Jahrhundert.) 

Tijdschrift  voor  boek-  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S-  37—39- 

Buchhandel. 

Derbeigische  Buchhändler-  und  Buchgewerbe-Ver¬ 
band.  (1883 — 1908.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  4686—88. 

Burger,  K.,  Carl  Christian  Horvath,  1752 — 1837.  (Be¬ 
gründer  der  Buchhändler- Börse  zu  Leipzig.  Mit 
kurzer  Selbstbiographie:  Die  Hauptmomente  meines 
Lebens.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  5428-35. 

Das  Jubiläum  der  Firma  J.  J.  Weber  in  Leipzig. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  5821 — 23. 


La  nouvelle  Legislation  americaine  sur  le  droit  d'au- 
teur.  Droit  d'auteur.  22.  1909.  S.  51 — 57. 

Berner  Literar-Konvention.  Stenographischer  Be¬ 
richt  über  die  erste  und  zweite  Beratung  der  am 
13.  November  1908  zu  Berlin  abgeschlossenen  revi¬ 
dierten  Berner  Übereinkunft  zum  Schutze  von  Werken 
der  Literatur  und  Kunst  am  13.  Mai  im  Deutschen 
Reichstag.  (Nr.  1324  der  Reichstags-Drucksachen.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  5989—6001. 

litats-Unis.  Loi  modifiant  et  codifiant  les  lois  concer- 
nant  le  droit  d’auteur  (du  4  mars  1909). 

Droit  dl  Aut eur.  22.  1909.  S.  61 — 69. 
Münsterberg,  H.,  The  disorganization  of  the  book- 
trade  (in  den  Vereinigten  Staaten.) 

Atlantic  Monthly.  1909.  Marz.  S.  403 — 409. 
Page,  W.  G.  B.,  Notes  on  Hüll  authors,  booksellers, 
Printers,  and  stationers,  etc. 

Book- Audion  Records  (Aarslake).  6.  1908/9.S.  I — VI I, 
1  Taf. 

Schultze,  E.,  Schundliteratur  und  Buchhandel. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  4790—95- 

Sommerlad,  Th.,  Die  Firma  J.J.  Weber.  (Zum  fünf- 
undsiebzigsten  Jubiläum  der  Firma,  8.  Mai.) 

Börsenblatt  Jür  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  5528 — 5530,  aus:  Illustrierte  Zeitung,  Fest-Nr. 
Revidierte  Berner  Übereinkunft  zum  Schutze  von 
Werken  der  Literatur  und  Kunst.  Drucksache  des 
Reichstags  Nr.  1324. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 

s.  4567-79-  4621-30. 

Zeitungswesen.  Pressrecht.  Zensur. 

Haußmann,  C.,  Albert  Langen. 

März.  3.  1908/9.  Heft  10.  S.  249 — 253. 
Panella,  A.,  La  censura  sulla  stampa  e  una  questione 
giurisdizionale  fra  stato  e  chiesa  in  Firenze  alla  fine 
del  secolo  XVI. 

Archivio  storico  italiano.  Ser.  5.  T.  43.  1909.  S.140 
— 151. 

Bibliographie. 

Gulyas,  P.,Systemesbibliographiques.  Partie deuxieme 
et  derniere.  (Text  magyarisch.) 

Magyar  Könyvszemle.  N.  S.  17.  1909.  S.  23 — 43. 
Pollard,  A.  W.,  The  arrangement  of  bibliographies. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  168—187. 
Roeper,  A.,  Ludwig  Kühn  und  sein  graphisches  Werk 
(Bibliographie.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  4368—75- 

Literaturgeschichte,  Allgemeines. 

Austin,  A.,  The  essentials  of  great  poetry. 

Quarterly  Review.  1909.  April.  S.  408 — 42S. 
Bleibtreu,  K.,  Ein  Kummer.  Literarhistorische  Unter¬ 
suchung.  (Kummers  Literaturgeschichte  des  19.  Jahr¬ 
hunderts  betr.,  wird  fortges.) 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  453—461. 


6 


Beiblatt. 


Chiappelli,  A.,  La  primavera  nei  canti  dei  poeti. 

Nuova  Antologia.  1909.  April  16.  S.  561 — 578. 
Kellen,  T.,  Eine  deutsche  Literaturgeschichte  des 
19.  Jahrhunderts  (von  Friedr.  Kummer). 

Börsenblatt  für  den  deutschen  Buchhandel.  1909. 

s.  4895-99- 

Spitzer,  H..  Wesen  und  Aufgabe  der  Tragödie. 

Internationale  Wochenschrift  für  Wissenschaft, 
Kunst  und  Technik.  3.  1909.  Sp.  605 — 620. 
Storck,  K.,  Die  Bedeutung  des  historischen  Romans. 

Der  Türmer.  1909.  Mai.  S.  234 — 241. 
Witkowski,  G.,  Die  Klassiker  und  die  Bühnenkunst 
der  Gegenwart. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  197  vom  29.  April. 
Wright,  C.  T.  H.,  English  poets  from  the  French  point 
of  vievv. 

Contemporary  Review.  1909.  S.  566 — 573. 

Einzelne  Schriftsteller. 

Alexis:  Tschirch,  O.,  Willibald  Alexis  als  Volksschrift¬ 
steller. 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  83 — 88. 

Aristophanes:  Genuardi,T.,  Rinascitä  Aristofanesca. 

Rivista  d’ Italia.  1909.  April.  S.  636—654. 
CardllCCi:  The  poetry  of  Carducci. 

Edmburgh  Review.  1909.  April.  S.  334 — 362. 
FoiUJUe:  Poestion,  J.  C.,  Friedrich  Baron  de  la  Motte- 
Fouque  und  Island. 

Die  Kultur.  1909.  H.  2.  S.  154—168. 
France:  Brousson,  J.  J.,  Anatole  France  daheim. 

März.  3.  1908/9.  H.  10.  S.  290—297  m.  5  Abbild. 
Geibel:  Schönemann,  F.,  Emanuel  Geibel.  (Gest. 

6.  April  1884.)  Eckart.  3.  1908/9.  S.  445 — 452. 
Goethe:  Cooper,  W.,  Goethes  quotation  from  Hutten 
in  Dichtung  und  Wahrheit. 

Modern  Language  Notes.  24.  1909.  S.  80—83. 
101  — 105. 

— :  Goebel,J.,  Goethes  Quelle  für  die  Erdgeistszene. 
fournal  of  English  and  Germanic  Philology.  8. 
1909.  S.  1 — 17. 

— :  Graevenitz,  G.v.,Von  Friederike  Brions Lebens¬ 
abend. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  94  v.  23.  April. 

— :  Ilberg,  J.,  Das  Ewig- Weibliche  bei  Goethe. 

Westermanns  Monatshefte.  1909.  Mai.  S.257 — 262. 
Gogol:  Raich,  M.,  Gogol  und  die  Elemente  seiner 
Weltanschauung.  Eckart.  3.  1908/9.  S.  433—445. 
Gottschall:  Rudolf  von  Gottschalls  „Jugenderinne¬ 
rungen“.  (Von  K.  St.) 

Der  Türmer.  1909.  Mai.  S.  241 — 248. 
— :  Kunad,  P.,  Rudolf  von  Gottschall. 

Xenien.  1909.  S.  257—258. 
Greif:  Krapp,  L.,  Martin  Greifs  Dichtungen.  Zum 
70.  Geburtstag  des  Dichters  (18.  Juni  1909). 

Historisch- politische  Blätter.  143.  1909.  H.  10. 

S.  725—743- 


Hauptmann:  Wendriner,  K.  G.,  Von  Gerhart  Haupt 
manns  jüngstem  Schaffen. 

Der  Osten.  Literarische  Monatsschrift  der  Bres¬ 
lauer  Dichterschule.  35.  1909.  S.  1 1 8 — 123. 

Hebbel:  Bartels,  F.,  Hebbelprobleme. 

Die  schöne  Literatur.  Beil.  z.  Literar.  Zentralblatt 
f.  Deutschland.  10.  1909.  Nr.  9.  Sp.  145 — 152. 

— :  Schlaf,  J.,  Das  Idol  Hebbel. 

Nord  und  Süd.  1909.  Mai.  S.  223—254. 

Hildebrandslied:  Grienberger,  Th.  von,  Das  Hilde¬ 
brandslied. 

Sitzungsberichte  der  Kais.  Akademie  der  Wissen¬ 
schaften  in  Wien.  Philosoph. -Histor.  Klasse.  Bd.  158. 
Abhandl.  6.  1908.  109  S. 

Ibsen:  Meyboom,  M.,  Henrik  Ibsen  en  het  huwelijk. 

De  Gids.  73.  1909.  Mai.  S.  274 — 297. 

Jean  Paul:  Berend,  E.,  Jean  Pauls  Ästhetik. 

Forschungen  zur  neueren  Literaturgeschichte.  35. 
1909.  294  S. 

Keller:  Preitz,  M.,  Gottfried  Kellers  dramatische  Be¬ 
strebungen. 

Beiträge  z.  deutschen  Literaturwissenschaft.  12. 
1909.  185  S. 

Kleist:  Rahmer,  S.,  Neue  Studien  zu  Heinrich  v. Kleist. 
10.  Der  Graf  O.  H.  v.  Loeben  und  Kleist.  11.  Joseph 
von  Collin  über  Kleist.  12.  Kleists  „Abendblätter“ 
über  die  Berliner  Universität.  13.  Die  Quellen  zu 
Kleists  Novelle  Michael  Kohlhaas.  14.  Die  Kämpfe 
um  den  „Prinz  Friedrich  von  Homburg“  in  Berlin. 
15.  Die  Gründung  von  Kleists  Wochenblatt  „Ger-* 
mania“. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  16  u.  17 
vom  18.  u.  25.  April. 

— :  Zobeltitz,  F.  von,  „Rußlands  Triumph.  Oder 
das  erwachte  Europa“.  (Mit  Beiträgen  von  Kleist.) 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  19  v. 
9.  Mai. 

Leopardi:  Taglialatela,  G.,  Giacomo  Leopardi,  la 
sua  morte  e  il  suo  riposo. 

Rivista  d’ Italia.  1909.  April.  S.  587 — 635. 

Moliere:  Silbermann,  A.,  Moliöre  als  Schauspieler 
und  Theaterdirektor. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  20  u.  21 
v.  16.  u.  23.  Mai. 

Novalis:  Visan,  T.  de,  Novalis  et  le  romantisme  alle- 
mand. 

Revue  politique  et  litteraire.  Revue  bleue.  1909. 
April  24.  S.  532-535- 

Poe:  Gu  erra,  A.,  El  centenario  de  Edgard  Allan  Poe. 

Espaha  moderna.  21.  1909.  April.  S.  130— 144. 

— ■:  Ingram,  J.  H.,  Variations  in  Edgar  Poe’s  poetry. 
The  Bibliophile .  3.  1908/9.  S.  128  — 136  mit  6  Faksim. 

— :  Potez,  H.,  Edgar  Poe  et  Jules  Verne. 

La  Revue.  1909.  Mai  15.  S.  191 — 197. 

Pöllmann,  A.,  Gedanken  über  die  Entwickelung  der 
modernen  Lyrik. 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  147 — 156. 

Polenz :  Spiero,  H.,  Wilhelm  von  Polenz. 

Grenzboten.  1907.  Nr.  17.  S.  179 — 187. 


7 


Beiblatt. 


Raabe:  Rustenbach,  R.,  Wilhelm  Raabes  Geburts¬ 
haus. 

Braunschweigisches  Magazin.  1909.  S.  37 — 40  mit 
1  Abbild. 

Rousseau:  Vallette,  G.,  La  folie  de  Jean- Jacques 
Rousseau. 

Bibliotheque  universelle  et  revue  suisse.  190g. 

April.  S.  12 — 38. 

Sardou:  Schoen,  H.,  Victorin  Sardou  et  son  principal 
interprete. 

Revue  de  Belgique.  1909.  April.  S.  295 — 317- 
Schiller:  Berger,  K.,  Schiller-Schriften. 

Literarisches  Echo.  11.  I9°9-  Sp.  1061  —  1069.  1142 
—  1149. 

— :  Farinelli,  A.,  II  „Don  Carlos“  dello  Schiller. 

Studi  di  filologia  moderna.  1.  1908.  S.  167 — 185. 
— :  Hammer,  W.  A.,  Schillers  Ideen  vor  60  Jahren. 

Xenien.  1909.  S.  266 — 272. 
— :  Ludwig-Lichtenb  erg,  A.,  Schiller  und  die  Zeit 
der  Revolution  und  Reaktion. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeil. 
Nr.  107  und  109  vom  8.  und  n.  Mai. 

— :  Roedder,  H.  C..  Selbstanleihe  und  Wiederholung 
in  Schillers  dramatischem  Nachlaß.  (Forts,  zu  Vol.  7, 
No.  4.) 

Journal  of  English  and  Germanic  Philology.  8. 
1909.  S.  25 — 46. 

Schlaf:  Schellenberg,  E.  L.,  Johannes  Schlaf  der 
Lyriker.  Xenien.  1908.  S.  216 — 224. 

Seaäsfield:  Bordier,  P.,  Sealsfield,  ses  idees,  ses  sour- 
ces,  d’apres  le  „Kajütenbuch“. 

Revue  germanique.  5.  1909.  S.  273 — 300.  (V  ird 
fortges.) 

Shakespeare:  Lee,  S.,  Ovid  and  Shakespeare’s  sonnets. 

Quarterly  Review.  1909.  April.  S.  455 — 476. 
- — :  Lehmann,  E.  E.,  Wie  soll  man  Shakespeare 
inszenieren? 

National- Zeitung.  1909.  Sonntags-Beil.  Nr.  19  v. 
9.  Mai. 


Shakespeare:  Sch  olderer,  V.,  The  development  of 
Shakespeare’s  fools. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  201 — 207. 

— :  Schröer,  A.,  Die  deutsche  Shakespeareüber¬ 
setzung.  Grenzboten.  1909.  Nr.  20.  S.  322 — 328. 

—  :  Thum m -K in tz e  1,  M.,  Shakespeare  Bacon  und 
das  Promus-Manuskript. 

Der  Menschenketiner.  Monatsschrift  f.  praktische 
Psychologie.  1.  1908.  Nr.  11. 

— :  Voigt,  E.,  Shakespeares  Naturschilderungen. 

Anglistische  Forschungen.  28.  1909.  146  S. 

Swinburne:  Chassd,  Ch.,  AlgernowCharlesSwinburne. 

Mer  eure  de  France.  1909.  Mai  I.  S.  5 — 13. 

— :  Nie  oll,  R.,  Algcrnon  Charles  Swinburne. 

Contemporary  Review.  1909.  Mai.  S.  527 — 538. 

Thennyson:  Faguet,  E.,  The  centenary  of  Tennyson. 

Quarterly  Review.  1909.  April.  S.  305—328. 

Tllierscll :  Adrian,  G.,  Bernhard  Thicrsch.  (Dichter 
des  Preußenliedes  u.  a.  m.) 

Dortmundisches  Magazin.  Mitteilungen  der  Wil¬ 
helm  Auguste  Viktoria-Bücherei.  1.  1909/10.  S.  I — 4, 
11  — 14  mit  1  Portriit  und  1  Faksimile. 

Voltaire:  Ballien,  F.,  Voltaire  und  die  Frauen. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  19  v. 
9.  Mai. 

— :  Fournier,  A.,  Voltaire  und  sein  Arzt. 

Xenien.  1909.  S.  207—216. 

Wells:  IL  G.  Wells,  ein  sozialistischer  Phantast. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  18.  S.  222 — 227. 

— :  Prilipp.B.,  Ein  Romantiker  der  Wissenschaft. 
(Henry  George  Wells.) 

Der  Zeitgeist.  Beiblatt  z.  Berliner  Tageblatt.  1909. 
Nr.  17  vom  26.  April. 

Wienbarg:  Ho  üben,  H.  H.,  Wienbarg-Reliquien. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  18  vom 
2.  Mai. 

Zahn:  Krauß,  R.,  Emst  Zahn.  II. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  417 — 433  mit  I  Portr. 


Neue  Bücher  und  Bilder. 


Franz  Blei,  der  Unermüdliche,  hat  Scarrons 
Komödianten- Roman  neu  in  das  Deutsche  übertragen 
(München,  Georg  Müller).  Das  ist  ihm  gut  gelungen. 
Die  älteren  Übersetzungen  lassen  zu  wünschen  übrig. 
Blei  klammert  sich  nicht  sklavisch  an  das  Original;  er 
scheut  sich,  wie  mir  scheint,  auch  nicht  vor  gelegentlichen 
Kürzungen  und  Zusammenziehungen,  die  der  „Roman 
comique“  ohne  weiteres  verträgt.  Eine  knappe,  sehr  hüb¬ 
sche  Einleitung  ist  beigefügt.  Die  äußere  Ausstattung 
ist  wieder,  wie  bei  den  meisten  Werken  des  Müllerschen 
Verlags,  recht  gediegen;  das  Papier  gut,  der  Druck  in 
Antiqua  vortrefflich,  der  Einband  in  rotem  Halbfranz 
mit  reichem  Golddruck  auf  dem  Rücken  (nach  einem 
Entwurf  Paul  Renners)  sehr  geschmackvoll.  So  dürfte 
das  Weik  des  kleinen  Abbes,  den  man  seinerzeit  in 
Frankreich  schnell  vergaß,  weil  er  einmal  der  Gatte 
der  Maintenon  gewesen  war,  sich  neue  Freunde  er¬ 
werben.  — bl — 


In  der  bei  Bong  &  Co.  in  Berlin  erscheinenden 
aufgefrischten  Ausgabe  der  alten  Hempelschen  Klassiker 
hat  Walther  Ziesemer  die  Werke  Fouqufs  neu  ediert. 
Es  konnte  sich  natürlich  nur  um  eine  Auswahl  handeln: 
um  eine  Anzahl  Gedichte  (in  der  „Schillers  Totenfeier“ 
nicht  fehlt),  um  die  Erzählungen  „Undine“,  „Sintram“, 
„Galgenmännlein“,  „Rose“,  die  Trilogie  „Der  Held  des 
Nordens“  und  den  Roman  „Der  Zauberring“.  Immer¬ 
hin  ist  die  Auswahl  charakteristisch;  an  die  Stelle  der 
ziemlich  nüchternen  „Rose“  hätten  vielleicht  ein  paar 
kleinere  Arbeiten  treten  können.  Das  dem  Buche 
vorangestellte  kurze  Lebensbild  Fouques  und  die 
knappen  Einleitungen  Ziesemers  zu  den  einzelnen 
Stücken  sind  nur  zu  loben.  — m. 


Die  Mode  im  XIX.  Jahrhundert.  Bd.  I  (1790  bis 
1817).  Bd.  III  (1743— 70).  Nach  Auswahl  von  Doktor 


8 


Beiblatt. 


O.  Fischei ;  mit  Text  von  Max  von  Brehn.  München, 
F.  Bruckmann  A.-G.  Gebd.  6  M.  und  M.  6,70. 

Von  dieser  Publikation,  die  es  unternimmt,  die 
Menschen  und  Moden  eines  ganzen  Jahrhunderts  in 
der  Aufeinanderfolge  der  Stilwandlungen  vorzuführen, 
sind  nun  die  beiden  Bände  erschienen,  die  das  Werk 
abschließen. 

Der  erste  Band  behandelt  die  Direktoire-  und  Em¬ 
pirezeit  und  führt  bis  zu  den  Befreiungskriegen.  Der 
politische  Rahmen  wird  gezogen  (die  Revolution  und 
ihre  Folgeerscheinungen),  innerhalb  dessen  die  Gesell¬ 
schaft  auftritt  (Empfindsamkeit,  Romantik).  Die  Kunst 
fügt  sich  ein  (Nachahmung  der  Antike,  Canova,  die 
Architektur  und  die  Ladenkunst).  Die  Mode  (Schnür- 
brust,  antikes  Kleid);  die  Geselligkeit  (Teegesellschaften, 
Theater,  Hausmusik,  Lesekränzchen).  Diese  neue  Zeit 
setzt  mit  dem  Jahr  1790  ein:  eine  Entwicklung,  die  von 
der  Revolution  an  beginnend,  bis  in  unsere  Tage  nach¬ 
wirkt.  Eine  neue  Gesellschaft  bildet  sich,  die  nach  und 
nach  alles  reformiert,  was  als  Kulturerscheinungen  für 
sie  von  Wert  ist.  Das  Bürgerliche  gibt  diesem  neuen 
Ideal  seinen  Stempel.  Der  „römische  Bürger“  er¬ 
scheint  als  Vorbild;  so  kommt  man  zur  Antike;  die 
Griechen,  die  Römer,  ihnen  wetteifert  man  nach.  So 
kommt  in  die  Kunst  das  Element  der  Nachahmung 
der  Antike,  und  Kleidung,  Handwerk,  Möbel  machen 
diese  Stilwandlung  mit.  Diese  Wandlung  vollzog  sich 
allmählich  und  so  gründlich,  daß  selbst  die  Sitten  und 
und  Gebräuche  davon  beeinflußt  wurden.  So  tritt  uns 
zum  Schluß  ein  einheitlicher  Stil  entgegen,  ein  Stil  des 
Lebens  und  der  Kunst,  der  uns  vor  Augen  steht,  wenn 
wir  an  jene  Zeit  denken.  Das  geschieht  so  folgerichtig, 
daß  selbst  das  Extravaganteste  begründet  und  selbst¬ 
verständlich  erscheint. 

Band  II  behandelt  die  Restaurations-  und  Bieder¬ 
meierzeit  und  wurde  hier  schon  besprochen. 

Band  III  setzt  mit  dem  Jahr  1848  ein  und  führt 
bis  zur  Gründung  des  Reichs.  Die  politischen  Ereig¬ 
nisse:  die  Revolution  von  1848  und  das  zweite  Kaiser¬ 
reich,  Revolution,  Reaktion,  Bismarck,  sind  im  allge¬ 
meinen  bestimmend;  Kaulbach  und  Makart  geben 
in  der  Kunst  den  Ton  an.  Die  Kunstvereine  kommen 
auf.  Die  Photographie  tritt  auf  den  Plan.  Die  Zeit 
der  Denkmäler  setzt  ein.  Das  Renovieren  und 
Restaurieren  ist  beliebt.  Dies  die  Signatur  der  Kunst. 
In  der  Mode  herrscht  die  Krinoline;  das  Prinze߬ 
kleid;  die  Turnüre.  Eisenbahn  und  Telegraph  be¬ 
herrschen  die  Entwicklung;  die  Witzblätter  florieren. 
Die  Börse  beeinflußt  die  Industrie;  es  beginnt  der  Tanz 
um  das  goldene  Kalb.  Spiritismus  und  Magnetismus 
als  Gegenpole  des  Materialismus  tauchen  auf.  Der 
Typus  des  „Parvenü“  erscheint. 

So  zieht  eine  ganze  Welt  lebendig  an  dem  Leser 
vorüber.  Ist  das  nur  eine  Kostümgeschichte?  Es  ist 
eine  Kultur-  und  Kunstgeschichte  und  man  wird  kaum 
ein  Gebiet  anführen  können ,  für  das  diese  Bändchen 
nicht  lehrreichen  Aufschluß  gäben!  Vor  allem  sei  die 
Literatur  angeführt,  deren  Entwicklung  hierdurch  eine 
unmittelbare  Begründung  erfährt.  Der  Kunstfreund 
wie  der  Literaturfreund  werden  wertvolle  Bereicherung 
mitnehmen. 


Es  ist  wie  ein  lustiges,  graziöses  Spiel.  Die  Ge¬ 
schichte  des  Kostüms  erweitert  sich  zum  Gesamtkultur¬ 
bilde.  Ernst  Schur. 


Notes  from  a  Painters  Life.  By  C.  C.  Hallt! ,  Lon¬ 
don,  igog.  Murray.  6  Shillings. 

Die  vorliegende  mit  neun  Illustrationen  versehene 
Autobiographie  bildet  zweifellos  eins  der  interessantesten 
Jahresereignisse  auf  dem  literarischen  Gebiete  Eng¬ 
lands.  C.  C.  Halle  ist  der  Sohn  des  berühmten  Musi¬ 
kers  Sir  Charles  Halle.  Als  Direktor  der  „New  Gallery“, 
durch  seine  stets  bewährte  sowie  anerkannte  Objekti¬ 
vität  seinen  Mitkünstlern  gegenüber,  und  endlich  als 
hervorragender  Maler  nimmt  Mr.  Charles  Halle  hier- 
selbst  eine  ausgezeichnete  Sonderstellung  ein.  Diese 
wird  dadurch  noch  erhöht,  daß  er  mit  fast  allen  zeit¬ 
genössischen  Größen  verschiedenster  Art  in  nähere  Be¬ 
ziehung,  ja,  oft  in  enge  Freundschaft  getreten  war. 

In  bezug  auf  den  letztgenannten  Punkt  ist  zu  den 
Staatsmännern  namentlich  der  alte  Gladstone,  zu  den 
Schriftstellern  und  Dichtern  Swinburne ,  Meredith  und 
Browning,  zu  den  Künstlern  vor  allem:  Watts,  Holman 
Hunt,  Millais,  Rossetti,  Burne-Jones  und  William  Morris 
zu  rechnen.  In  Halle’s  Buche  spiegelt  sich  daher  nicht 
nur  ein  Stück  der  inneren  Verhältnisse  der  modernen 
englischen  Kunstgeschichte  ab,  sondern  wir  erhalten 
durch  dasselbe  auch  einen  Einblick  in  die  intimsten  sozia¬ 
len  Verhältnisse  der  Hauptstadt.  Mit  unvergleichlicher 
Schärfe,  aber  auch  mit  witzigem  Humor  vergleicht  der 
Autor  die  Ansichten,  das  Leben  und  Treiben  englischer 
Künstler  im  Gegensatz  zu  französischen.  Das  Hauptver¬ 
dienst  Hailös  liegt  in  der  Tatsache,  daß,  als  die  alte 
akademische  Schule  sich  überlebt  hatte,  er  durch 
Gründung  der  „Grosvenor-Gallery“,  allen  aufstrebenden 
und  von  der  Akademie  unberechtigt  zurückgewiesenen 
Talenten  in  seinem  Institut  Aufnahme  verschaffte.  Sämt¬ 
lich  oben  genannte  und  nachmals  als  erste  Künstler 
geschätzte  Männer  gehören  hierher.  Ausgenommen 
hiervon  ist  nur  Watts  insofern,  als  er  gleich  anfangs 
auch  von  der  Akademie  akzeptiert  wurde,  da  er  sehr 
hone  Verbindungen  besaß,  ganz  abgesehen  davon,  daß 
seine  Werke  eine  solche  Berücksichtigung  verdienten. 
Dagegen  wurde  z.  B.  zuerst  der  französische  Bildhauer 
Rodin  von  der  Akademie  abgelehnt.  Aus  jenen  gegen¬ 
sätzlichen,  zur  Akademie  als  Konkurrenzinstitut  Stellung 
nehmenden  Auffassungen,  entstand  zunächst  die  „Gros¬ 
venor-Gallery“ ,  sozusagen  als  eine  Art  Sezession  in 
unserem,  jedoch  englisch  nüancierten  Sinne.  Aus 
letzterer  ging  alsdann  die  „New-Gallery“,  mithin  eine 
Sezession  der  Sezession  hervor,  deren  Direktor  noch 
heute  Mr.  Charles  Halle  ist.  Fast  die  gesamte  zeit¬ 
genössische,  moderne  Künstlerschaft  Englands,  ge¬ 
ringe  Ausnahmen  abgerechnet,  hatte  hier  überhaupt 
zuerst  die  Gelegenheit  sich  bekannt  zu  machen.  Hallö 
gebührt  ferner  das  Verdienst  in  seiner  Galerie  eine 
Reihe  retrospektiver  Ausstellungen  allerersten  Ranges 
veranstaltelt  zu  haben,  unter  denen  ich  als  Beispiel  nur 
diejenigen  spanischer  Kunst,  die  der  Tudorperiode,  der 
Stuart-  und  Viktoriaepoche  hervorheben  will. 

Obgleich  selbst  ein  Maler,  der  kein  unvollendetes 
Bild  aus  der  Hand  gibt  oder  zu  einer  Ausstellung  sendet, 


Z.  f.  B.  1909/1910.  3.  Beiblatt. 


9 


2 


Beiblatt. 


so  hat  er  doch  solche  von  jungen  Künstlern  zugelassen, 
wenn  eine  charakteristische  Note  sich  in  ihren  Gemälden 
bekundete.  Das  Gleiche  gilt  für  jede  Richtung  irgend 
einer  Kunstbetätigung.  Ja,  er  hat  selbst  solche  Werke 
aufgenommen,  die  zwar  ein  gewisses  Talent  erkennen 
lassen,  aber  seiner  innersten  Natur  widerstrebten  und 
unter  der  Flagge  des  Impressionismus  —  man  möchte 
sagen  ausgesprochen  und  absichtlich  häßlich  —  schon  an 
und  für  sich  nicht  besonders  sympathische  Sujets  Wieder¬ 
gaben.  Sein  künstlerisches  Temperament  ist  eben  für  die 
Darstellung  des  Schönen  und  solcher  Szenen  veranlagt, 
die  uns  erfreuen,  oder  zum  mindesten  Lichtblicke  ge¬ 
währen  können.  Trotzdem  sind  alle  Nuancen  des 
„Impressionismus“  in  der  ,,New-Gallery“  vertreten  ge¬ 
wesen.  Mit  Watts  und  Holman  Hunt  ist  Halle  der 
Ansicht,  daß  der  Name  „Impressionismus“  eigentlich 
überflüssig  und  nicht  zutreffend  erscheint,  da  Jeder¬ 
mann  auf  seine  Art  durch  ein  Kunstwerk  möglichst 
Eindruck  zu  machen  wünscht (!),  und  daß  ferner  ein 
charakteristisches  Merkmal  —  ein  Generalnenner  — 
für  diese  Schule  überhaupt  fehlt,  da  in  ihren  nicht  ein¬ 
mal  deutlich  erkennbaren  Grenzen,  kein  einheitliches 
Prinzip  herrscht. 

Zahlreiche  und  wirklich  pikante  Anekdoten  ver¬ 
leihen  dem  Buche  einen  ebenso  heiteren  wie  abwechseln¬ 
den  Charakter  und  zwar  umsomehr,  als  sie  persönlich 
Erlebtes  schildern.  Solche  Begebenheiten  werden 
namentlich  aus  Halles  Verkehr  mit  dem  Dichter 
Browning,  Swinburne,  Meredith,  dem  Präsidenten  der 
Akademie  Lord  Leighton,  Millais, Burne-Jones  und  dem 
Premierminister  Gladstone  erzählt.  Dieser  hielt  —  wie 
so  manche  Größe  —  seine  Befähigung  für  irgend  eine 
Nebenbeschäftigung  höher,  wie  die  Begabung  für  sein 
Hauptamt.  So  hielt  sich  Gladstone  für  einen  besseren 
Theologen,  Bücher-  und  Kunstkenner  als  Staatsmann. 
Als  Halle  eines  Tages  zum  Besuch  bei  Gladstone 
anwesend  war,  bemerkte  Mrs.  Gladstone  ihr  Gatte 
habe  kürzlich  eine  schöne,  alte,  emaillierte,  von  Pierre 
Raymond  hergestellte,  Schüssel  erworben,  aber  Martin 
Colnaghi,  eine  anerkannte  Fachautorität  weise  diese 
Arbeit  dem  gleich  ausgezeichneten  Meister  Penicaud  II. 
zu.  In  demselben  Augenblicke  trat  Gladstone  ein 
und  seine  Gemahlin  wiederholte  Colnaghis  Aus¬ 
spruch,  zu  dem  ersterer  bemerkte:  „Das  bedaure  ich, 
denn  ich  glaubte  bisher  Colnaghi  verstände  etwas  von 
diesen  Dingen  !“  O.  v.  Schleinitz. 


,, Goethes  Briefe  an  Philipp  Seidel“ ,  lautet  der  Titel 
eines  vornehm  ausgestatteten  Buches,  das  im  Verlage 
von  L.  W.  Seidel  und  Sohn ,  k.  u.  k.  Hofbuchhändler 
in  Wien,  kürzlich  erschienen  ist.  Es  trägt  den  Ver¬ 
merk  zweite  Auflage;  die  erste  erschien  vor  fünfzehn 
Jahren,  und  die  Briefe  Goethes  an  Seidel  sind  zum  ersten 
Male  in  der  von  Gustav  Freytag  redigierten  Zeitschrift 
„Im  neuen  Reich“  1871  und  zwar  nach  dem  im  Besitze 
des  damaligen  Chefs  der  Firma  L.  W.  Seidel  &  Sohn 
befindlichen  Originalen  veröffentlicht  worden.  Auch 
in  der  Weimarer  Goetheausgabe  sind  sie,  um  zwei 
Stücke  aus  der  Hirzelschen  Sammlung  vermehrt,  ent¬ 
halten.  In  selbständiger  Buchform  erscheinen  sie  jetzt  in 


einer  den  höchsten  Ansprüchen  genügenden  äußeren 
Gewandung.  Der  überaus  geringe  Preis  (Kr.  2. —  geb.) 
läßt  vermuten,  daß  die  Verlagshandlung  damit  nur  einen 
Akt  der  Pietät  gegenüber  einem  ihrer  Vorfahren  er¬ 
füllen  wollte.  Nach  dem  Tode  Ludwig  Seidels,  des 
Enkels  Philipp  Friedrich  Seidels,  sind  die  Briefe  in 
den  Besitz  der  Frau  Marie  Tachauer,  der  Tochter 
L.  Seidels,  übergegangen.  Rechtschreibung  und  Inter¬ 
punktion  wurden  unverändert  beibehalten,  auch  die 
Einleitung  zu  der  im  Jahre  1871  veröffentlichten 
Zeitschriftausgabe  von  C.  A.  H.  Burkhardt  ist  der 
gegenwärtigen  Buchedition  beigegeben.  Die  Briefe 
stammen  aus  den  Jahren  1786  bis  1794,  fallen  also  zum 
größten  Teil  in  die  Zeit  der  italienischen  Reise  des 
Dichters.  Die  irrige  Annahme,  als  wäre  Seidel  eine 
Art  Diener  oder  Schreiber  Goethes  gewesen,  hat  ja 
Burkhardt  schon  vor  Jahrzehnten  zerstört.  Die  Briefe 
selbst  lassen  deutlich  erkennen,  daß  Goethe  Seidel,  der 
später  zum  Rentamtmanne  in  Weimar  befördert  worden 
ist,  nicht  als  eine  untergeordnete  dienende  Person,  son¬ 
dern  mehr  als  einen  vertrauten  Freund  behandelt  hat. 
Welcher  Wertschätzung  sich  Seidel  im  Goetheschen 
Kreise  erfreute,  dafür  zeugen  auch  zwei  dem  Buche  im 
Anhänge  beigegebene  Briefe,  die  Knebel  und  Fräulein  von 
Goechhausen  an  den  „Sekretär“  und  „Rcnt-Comissär“ 
richteten.  Das,  wie  gesagt,  auch  äußerlich  vortrefflich 
wirkende  Buch  wird  allen  Goethefreunden  und  Samm¬ 
lern  Freude  machen.  Fgl. 

Mit  ihrem  einzig  dastehenden  Unternehmen,  Ge¬ 
mälde  alter  Meister  in  absolut  getreuem  Faksimile  zu 
reproduzieren,  haben  Fischer  &  Franke  in  Berlin  einen 
unerhofiften  Erfolg  erzielt.  Wer  hätte  gedacht,  daß  die 
Niederländer,  mit  denen  sie  den  Anfang  machten,  —  bei 
einem  Subskriptionspreise  von  icoo  M.  für  fünfzig 
Blätter!  —  bereits  vor  Erscheinen  in  der  deutschen 
Ausgabe  vergriffen  sein  würden?  Aber  die  Verwunde¬ 
rung  schwindet  beim  Betrachten  irgend  einer  beliebig 
herausgegrififenen  Probe  dieser  Reproduktionen.  Denn 
was  hier  für  das  Kunststudium  und  den  Genuß  des 
Liebhabers  geboten  wird,  erscheint  nach  beiden  Seiten 
hin  so  wertvoll,  daß  der  an  sich  hohe  Preis  als  gerecht¬ 
fertigt  angesehen  werden  muß.  Die  Niederländische 
Malerei  von  Vati  Eyck  bis  Pieter  Breughel  zieht  in 
fünfzig,  fein  ausgewählten  Meisterstücken  an  uns 
vorüber,  als  wandelten  wir  durch  die  Galerie  eines 
Kenners,  dem  es  vor  allem  darauf  ankam,  die 
Werke  kleineren  Formats  zum  intimsten  Schmecken 
jeder  ihrer  Schönheiten  um  sich  zu  versammeln.  Noch 
ehe  diese  erste  Sammlung  ganz  vollendet  ist,  beginnen 
Fischer  &  Franke  jetzt  mit  einer  zweiten  und 
dritten  gleich  beschaffenen  Reihe:  Die  italienische 
Malerei  des  XV.  und  XVI.  Jahrhutiderts.  Nach¬ 
bildungen  von  75  Hauptwerken,  ausgewählt  und  her¬ 
ausgegeben  von  Wilhelm  Bode  (15  Lieferungen  zu  je 
100  M.)  und  Die  deutsche  Malerei  von  Meister  Wilhelm 
bis  Adam  Elsheimer ,  50  Hauptwerke,  herausgegeben 
von  Max  Friedländer  (10  Lieferungen  zu  je  100  M.). 

Aus  den  uns  vorliegenden  Lieferungen  beider 
Kollektionen  erteilen  wir  den  höchsten  Preis  Stephan 
Lochners  „Madonna  in  der  Rosenlaube“,  dem  wunder- 


10 


Beiblatt. 


samen  Meisterwerke  des  Wallraf-Richartz  Museums  in 
Köln.  Es  grenzt  an  das  Unglaubliche,  wie  hier  der 
emailleartige  Schmelz  der  Farbe,  die  Süßigkeit  des 
Inkarnats,  die  Harmonie  der  Farbenskala  ohne  Rest 
wiedergegeben  ist.  Das  Bild  ersteht  mit  allen  seinen 
Werten  in  dieser  Wiedergabe  und  man  betrachtet  es 
fast  als  selbstverständlich,  daß  neben  den  höchsten 
Qualitäten  auch  die  geringeren  Eigenheiten  derTechnik, 
die  kleinen  Sprünge  und  Risse  des  Alters,  nicht  fehlen. 
Gleichen  Lobes  sind  alle  die  andern  Blätter  würdig; 
wenn  auch  hier  und  da  eine  leise  Frage  sich  regt:  ob 
nicht  z.  B.  das  Rot  in  Cranachs  ,,Ruhe  auf  der  Flucht 
nach  Ägypten“  etwas  zu  kräftig,  der  Teint  in  Antonello 
da  Messmas  „Bildnis  eines  jungen  Mannes“  zu  blaß  aus¬ 
gefallen  ist. 

Solche  Zweifel  erwachen  wohl  unsern  Lieblingen 
gegenüber,  mit  denen  wir  seit  langem  vertraut  sind. 
Aber  der  Dank  dafür,  daß  uns  nun  nicht  mehr  nur  kalt 
staunender  Besuch  dieser  großen  Schöpfungen  erlaubt 
ist,  daß  wir,  ummitFausts  Worten  fortzufahren,  in  ihre 
tiefe  Brust  wie  in  den  Busen  eines  Freunds  schauen 
dürfen,  überwiegt  sogleich  wieder. 

Sicherlich  sind  noch  niemals  der  Kunstfreude  und 
Kunstbelehrung  so  vollkommene  Hilfen  gewährt  worden, 
wie  in  diesen  Gaben  des  Verlags  Fischer  &  Franke. 
Soweit  überhaupt  die  Reproduktion  Ersatz  gewähren 
kann,  geschieht  es  jetzt.  Die  Frage,  inwieweit  damit  für 
den,  der  die  Orginale  nicht  kennt,  ein  wirklicher  Er¬ 
satz  geboten  wird,  bleibt  freilich  unbeantwortet,  muß 
es  bleiben,  weil  das  von  der  Fähigkeit  jedes  Einzelnen 
abhängt,  die  Werke  der  vollendetsten  mechanischen 
Technik  in  die  Sprache  der  Maler  zurückzuübersetzen. 
Doch  das  ist  ein  weites  Feld,  —  und  führt  zu  den 
letzten  Bedingungen  alles  Kunstgenießens.  — i. 


Als  ein  Prachtwerk  der  alten,  heute  fast  ausge¬ 
storbenen  Gattung  gibt  Paul  Kittel ,  Historischer  Verlag 
in  Berlin ,  heraus :  Die  deutschen  Befreiungskriege , 
Deutschlands  Geschichte  von  1806 — 1815,  von  Her7nann 
Miiller-Bohn ,  zwei  starke  Bände  in  Lexikon- Oktav, 
Bilderschmuck  von  Carl  Röchling ,  Richart  Knötel, 
Woldemar  Friedrich  und  Franz  S fassen,  gewidmet  dem 
Kronprinzen  des  Deutschen  Reichs.  Der  Verleger 
erklärt  in  der  Vorrede,  daß  der  Verfasser  mit  klar¬ 
blickender  Sicherheit  das  wesentliche  der  gewaltigen  ge¬ 
schichtlichen  Vorgänge  erfaßt  und  in  schwungvoller  und 
begeisternder  Darstellung  ein  förmlich  plastisches  Ge¬ 
mälde  geschaffen  hat,  daß  seine  Schlachtschilderungen 
geradezu  dramatisch  und  packend,  ja  hinreißend  sind, 
daß  die  Illustrierung  mit  dieser  hervorragenden  Dar¬ 
stellung  gleichen  Schritt  hält ,  indem  hunderte  mit  be¬ 
sonderer  Sorgfalt  (auch  das  noch  !)  hergestellte  Original¬ 
bilder  durch  fortwährende  Veranschaulichung  der  ge¬ 
schilderten  Ereignisse  den  Eindruck  heben  und  den 
Text  beleben  usw. 

Das  ist  alles  ja  ganz  richtig;  aber  an  Stelle  des 
Verlegers  hätte  ich  doch  dem  Leser  und  der  Kritik  das 
Lob  Vorbehalten,  das  er  zu  verdienen  glaubt.  Denn 
was  ist  nun  zu  tun?  Tadelt  man,  so  zeiht  man  Herrn 
Kittel  der  Unwahrheit,  preist  man  ihn  und  seine  Helfer, 


so  muß  doch  jedes  freundliche  Urteil  unterhalb  der  Be¬ 
geisterung  bleiben,  mit  der  das  Werk  von  seinem 
geistigen  Vater  begrüßt  wurde.  Und  lehnt  man  gar 
das  Ganze  vom  Standpunkt  unsrer  Zeitschrift  aus  ab, 
weil  der  Bücherfreund  sich  mit  solchen  Büchern  nun 
einmal  nicht  befreunden  kann  und  den  Aufwand  für 
vertan  hält,  —  was  sagt  da  Herr  Kittel,  nach  dessen 
Worten  die  „deutschen  Befreiungskriege"  bei  alt  und 
jung  begeisterte  Aufnahme  finden  sollen?  G.  W. 


Dr.  Martin  Luthers  erste  deutsche  Auslegung  des 
Vaterunsers  von  1318 ,  die  nach  den  Worten  des  Titels 
„nit  für  die  gelerten“  geschrieben  war,  hat  bei  Friedrich 
Jansa  in  Leipzig  als  Faksimiledruck  mit  Übertragung 
in  die  heutige  Schreibweise  der  Pastor  Otto  Seitz 
herausgegeben.  Es  war  ein  guter  Gedanke,  dieses 
Hauptdenkmal  Lutherischer  volkstümlicher  Exegese 
in  solcher  Treue  zu  erneuern;  der  ehrwürdige,  unver¬ 
altete  Inhalt  erscheint  so  in  dem  Gewand,  das  sich  ihm 
am  allerbesten  anschmiegt  und  das  ihm  einst  der  treff¬ 
liche  Drucker  Silvanus  Otmar  zu  Augsburg  umgelegt 
hat.  —  Ebenso  erwünscht  ist  die  Erneuerung  der 
Schrift  ,,  Vom  Christlichen  abschied  aus  diesem  tödlichen 
leben  des  Ehrwürdigen  Herrn  D.  Martini  Lutheri 
(1346).“  Justus  Jonas,  Michael  Celius  und  Johannes 
Aurifaber  schildern  als  Augenzeugen  die  letzten  Stun¬ 
den  des  Gottesmannes  und  alle,  bis  zur  Gegenwart 
wiederholten  Versuche  der  Gegner,  das  Ende  Luthers 
zu  umdunkeln,  fallen  vor  dieser  klaren  Darstellungin  sich 
zusammen.  Der  Verlag  Friedrich  Jansa  verdient  Dank 
dafür,  daß  er  das  wohlgelungene  Faksimile  für  den 
geringen  Preis  von  50  Pfennigen  darbietet. 


Es  sei  gestattet,  die  deutschen  Bibliophilen  an  ein 
Werk  zu  erinnern,  das  zwar  nicht  mehr  ganz  neu  ist, 
aber  bis  jetzt  nicht  nach  Verdienst  beachtet  wurde  — 
wenigstens  bei  uns  in  Deutschland:  der  Manuel  de 
Bibliographie  biographique  et  d’ Lconographie  des  femmes 
cö leb  res  par  un  vieux  Bibliophile  (1.  Band  Turin  L. 
Roux  &  Co.,  Paris  Nilsson  1892,  2.  Band  Turin  Roux  & 
Viarengo,  Paris  Nilsson  1900,  3.  Band  Rome-Turin 
Roux  &  Viarengo,  Paris  Honore  Champion  1905,  jeder 
Band  25  Fr,). 

Der  „alte  Bibliophile“,  dessen  Namen  Ugherini  wir 
wohl  verraten  dürfen,  hat  allerdings  eine  Arbeit  unter¬ 
nommen,  der  die  Kraft  eines  Einzelnen  nun  und  nimmer 
gewachsen  sein  kann.  Die  Literatur  über  alle  berühmten 
Frauen  der  Welt  von  Eva  bis  zu  Madame  Steinheil 
konnte  auch  in  den  drei  Anläufen  des  Hauptwerks  und 
der  beiden  Supplemente  nicht  vollständig  zusammen¬ 
getragen  werden. 

Aber  wer  das  Unmögliche  nicht  fordert  oder  er¬ 
wartet,  der  wird  diese  große  Kompilation  mit  aufrich¬ 
tigem  Danke  begrüßen.  Stichproben  überzeugen  uns, 
daß  der  Verfasser  mit  umfassender  Belesenheit  eignes 
Urteil  und  —  was  für  den  Bibliographen  eine  ebenso 
nötige  wie  seltene  Eigenschaft  ist  — ,  praktischen  Sinn 
verbindet.  Der  große  Index  am  Schlüsse  des  dritten 
Bandes  bringt  auf  330  Spalten  außer  den  Hinweisen 


11 


Beiblatt. 


auf  den  Inhalt  des  ganzen  Werkes  noch  eine  Fülle  von 
Nachträgen.  Für  jede  der  femmes  celebres  werden 
nicht  nur  außer  der  Literatur  über  sie  die  Geburtsdaten 
und  die  Porträts  gegeben,  auch  die  Preise  der  Auto¬ 
graphen  verzeichnet,  soweit  solche  im  Handel  vor¬ 
gekommen  sind.  Hier  und  da  bemerkt  man,  daß  der 
Verfasser  sich  abgeleiteter  Quellen  bedient;  aber  wo  er 


seiner  Sache  nicht  gewiß  ist,  mahnt  er  selbst  durch 
beigesetzte  Fragezeichen  den  Benutzer  zur  Vorsicht. 

So  können  wir  mit  den  angegeben  Einschränkungen 
das  Werk  warm  empfehlen,  zumal  da  es  das  erste  und 
einzige  seiner  Art  ist  und  wohl  auch  vorläufig  bleiben 
wird.  □ 


Kleine  Mitteilungen. 


Die  Erste  Internationale  Jagdausstellung  in  Wien, 
Mai  bis  Oktober  1910,  will  auch  eine  systematische 
Vorführung  des  älteren  literarischen,  auf  die  Jagd  be¬ 
züglichen  Materials  bieten.  Das  Sub-Komitee  für 
Literatur  und  Buchhandel  der  Ersten  Internationalen 
Jagdausstellung  (  Wien  III,  Lothringerstraße  16)  bittet 
alle  Freunde  des  Waidwerks  um  gütige  leihweise 
Überlassung  geeigneter  Bücher  und  Bilder. 

Der  ,,  Verein  zur  Verbreitung  guter  volkstümlicher 
Schriften“  hatte  ein  Preisausschreiben  zur  Gewinnung 
von  Musterlisten  für  Volks-  und  Hausbüchereien  er¬ 
lassen.  Für  Listen  von  Volksbüchereien  erhielten  den 
1.  Preis  (1000  M.)  Herr  Wilhelm  Bube,  Tonndorf- 
Lohe;  den  2.  Preis  (500  M.)  Herr  Max  Blum ,  Lehrer 
und  Leiter  der  Volksbibliothek  des  gemeinnützigen 
Vereins  zu  Dresden-Plauen;  den  3.  Preis  (300  M.) 
Herr  Franz  Balke ,  Lehrer  und  Schriftsteller,  Mülsen 
St.  Jacob.  —  Für  Listen  von  Hausbüchereien  erhielten 
den  1.  Preis  (700  M.)  die  Herren  Lehrer  Ludwig 
König  und  Andr.  Pongratz ,  München;  den  2.  Preis 
(500  M.)  Fräulein  Katharina  Neuhäuser,  Leipzig;  den 
3.  Preis  (200  M.)  Herr  Volksschullehrer  Karl  Wagen¬ 
knecht ,  München.  Das  durch  dieses  Preisausschreiben 
gewonnene  wertvolle  Material  beabsichtigt  der  Verein 
demnächst  zu  veröffentlichen.  Die  Geschäftsstelle 
(Berlin  W.  57,  Mansteinstr.  6)  erteilt  bereitwilligst  Aus¬ 
kunft. 


Am  5.  Juni  hielt  in  Amsterdam  die  ,,Vereeniging 
voor  Letterkundigen “  ihre  Jahresversammlung.  Herr 
P.  H.  van  Moerkerken  sprach  über  „das  Buch  und 
seinen  Schmuck“,  und  tadelte  aufs  schärfste  die 
deutsche  Buchkunst,  die  unter  der  Leitung  von  Kunst¬ 
professoren  (wo  denn?)  geschmacklos  und  überladen 
sei.  Sie  schienen  nichts  von  den  neuesten  Leistungen 
der  Holländer  zu  wissen,  der  durch  Nieuwenhuys  be¬ 
sorgten  Perk-Ausgabe  und  Derkinderens  „Gijsbreght 
van  Aemstel“.  Die  Hoffnung  für  Hollands  Buchkunst 
sieht  der  Redner  in  ruhigem  Gleichgewicht,  einfachen 
Lettern  und  logischer  Verteilung  von  Schwarz  und 
Weiß.  Es  möge  durch  eine  Vereinigung  der  Schrift¬ 
steller  eine  eigene  Druckerei  errichtet  werden  mit 
einem  Leiter  an  der  Spitze,  der  nicht  durch  deutsche 
Modernität  verdorben  ist. 


Wie  uns  aus  Rom  mitgeteilt  wird,  ist  die  Biblio¬ 
thek  des  früheren  Präfekten  der  Biblioteca  Lauren- 
ziana  in  Florenz.  Professors  Niccolo  Anziani  soeben 


in  den  Besitz  der  Antiquariatsbuchhandlung  C.  Lang 
&->  Co.  in  Pom  übergegangen.  Diese  Bibliothek  dürfte 
eine  der  reichsten  und  bedeutendsten  bibliographischen 
Sammlungen  repräsentieren,  die  in  letzter  Zeit  —  und 
zwar  nicht  nur  in  Italien  —  in  den  Handel  gekommen 
sind.  Abgesehen  davon,  daß  die  Bibliothek  fast  alle 
wichtigen  allgemeinen  Bibliographien  und  Werke  über 
Handschriftenkunde  enthält,  beruht  ihre  besondere 
Bedeutung  auf  der  großen  Zahl  italienischer  Spezial¬ 
arbeiten  über  einzelne  Drucker,  Druckorte,  Autoren 
und  Materien,  von  denen  viele  nur  in  kleiner  Auflage 
gedruckt  wurden,  nie  in  den  Handel  kamen  und  heute 
fast  unauffindbar  geworden  sind.  Eine  besondere  Ab¬ 
teilung  bilden  die  kunstwissenschaftlichen  Werke.  Ein 
sorgfältig  gearbeiteter  Katalog  wird  voraussichtlich  zu 
Beginn  des  nächsten  Jahres  erscheinen. 

Prof.  Dr.  Ludwig  Darmstaedter  hat,  wie  bekannt 
sein  dürfte,  in  langer  und  eifriger  Sammeltätigkeit  eine 
gewaltige  Autographensammlung  zusammengebracht, 
die  nur  Dokumente  zur  Geschichte  der  Wissenschaften, 
besonders  der  Naturwissenschaften  im  weiteren  Sinne, 
enthält.  Bestrebt,  die  Sammlung  auch  nach  seinem 
Tode  geschlossen  zusammenzuhalten  und  gleichzeitig 
nutzbar  zu  machen,  hatte  er  schon  unter  dem  31.  De¬ 
zember  1907  durch  Stiftungsakt  die  Sammlung  der 
Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin  bestimmt  und  hat 
sie  nun,  zur  Eröffnung  des  neuen  Gebäudes  der  Biblio¬ 
thek  bereits  überwiesen,  hat  sogar  einen  gut  gedruckten 
Katalog  dazu  herstellen  lassen,  so  daß  die  Sammlung 
in  jeder  Beziehung  fertig  und  benutzbar  in  das  Eigen¬ 
tum  der  Bibliothek  übergegangen  ist.  Der  hochherzige 
Stifter  ist  bei  der  Anlage  der  Sammlung  davon  aus¬ 
gegangen,  durch  Vereinigung  von  Briefen  der  be¬ 
deutendsten  Forscher  ein  Bild  der  Entwicklung  der 
Wissenschaften  vom  XVI.  Jahrhundert  an  zu  geben. 
So  ist  die  Sammlung  auch  nach  wissenschaftlichen 
Fächern  geordnet  [z.  B.  D.  Bauwesen  und  dazu  ge¬ 
hörige  Industrien,  5.  Holz,  Möbel,  Schlösser  oder 
F.  Physik,  2  technische,  a  3  Gas],  während  der  gedruckte 
Katalog  die  Autoren  in  alphabetischer  Reihe  aufführt 
und  die  Ordnungsnummern  der  realen  Einteilung  dazu 
setzt.  Zur  Fortführung  der  Sammlung  stellt  der  Stifter, 
so  lange  er  lebt,  einen  jährlichen  Betrag  von  1500  M. 
zur  Verfügung.  Hy. 


Die  ganze  Bibliothek  des  verstorbenen  Professors 
Moritz  Heyne  in  Göttingen  ist  von  der  Universität  von 
Illinois  angekauft  worden.  Sie  enthält  ungefähr 
5200  Bände  zur  germanischen  Literatur  und  Philologie 


12 


Beiblatt. 


und  ist  speziell  reich  an  wertvollen  deutschen  Aus¬ 
gaben  des  XVI.,  XVII.  und  XVIII.  Jahrhunderts. 


Diititzer  hat  in  seinem  Lebensbilde  der  Charlotte 
von  Stein  versucht,  die  Freundin  Goethes  in  einem 
idealistischen  Lichte  zu  zeichnen ,  das  durchaus 
falsch  war.  Neuerdings  verfolgt  Professor  Eduard 
Engel  das  entgegengesetzte  Verfahren.  Er  hält  Vor¬ 
träge  über  Charlotte,  in  denen  er  sie  als  das  unwür¬ 
digste,  verlogenste  und  klatschsüchtigste  Weib  des 
Hofes  von  Alt-Weimar  darstellt.  Düntzer  unterschlug 
in  seiner  Publikation  die  Stellen  in  den  Briefen  Char- 
lottes,  die  zu  der  Tendenz  seines  Buches  nicht  passen 
wollten.  Engel  dagegen  reißt  alle  Stellen  aus  dem 
Zusammenhänge  heraus,  die  ihm  für  sein  Charakterbild 
der  Charlotte  geeignet  erscheinen  und  schweißt  sie  zu 
einem  Gesamttableau  von  abschreckender  Häßlichkeit 
zusammen.  Die  Basis  für  seine  Vorträge  sind  in 
zwei  Aufsätzen  aus  seiner  Feder  zu  finden,  die  in 
der  Sonntagsbeilage  der  „Vossischen  Zeitung“  er¬ 
schienen;  und  um  der  verlogenen  Aristokratin  ein 
bürgerlich -demokratisches  Gegenspiel  zur  Seite  zu 
stellen,  gliedert  er  dem  Pamphlet  über  Charlotte  einen 
Panegyrikus  über  Christiane  Vulpius  an.  Daß  diese 
Methode  genau  so  unwissenschaftlich  ist  wie  die 
Düntzers,  darüber  ist  kaum  ein  Wort  zu  verlieren. 
Engel  will  die  große  „Selbsttäuschung“  Goethes  auch 
noch  zu  einem  Buche  verarbeiten.  Es  wird  sich  dann 
Gelegenheit  finden,  seine  Fälschungen  gebührend 
zurückzuweisen.  Denn  wenn  ein  Literarhistoriker  zu 
ersichtlich  tendenziösen  Zwecken  briefliche  Äußerungen 
zusammenstellt,  die  aus  dem  Menschlichen ,  der  Situa¬ 
tion,  der  Augenblicksstimmung  begriffen  werden  wollen, 
so  begeht  er  nichts  anderes  als  eine  gewollte  Ver¬ 
zerrung  der  Wahrheit.  F.  v.  Z. 


Unter  den  mannigfachen,  in  letzterer  Zeit  von  den 
Behörden  des  „i British  Museums “  erworbenen  literari¬ 
schen  Schätzen,  wird  von  den  Fachmännern  keinem 
ein  höherer  Wert  beigemessen,  als  einem  nubischeti 
Manuskript,  das  schon  in  Faksimile-Reproduktion  von 
Budge  herausgegeben  w  orden  ist.  Es  erscheint  zweifel¬ 
los,  daß  das  betreffende  Werk  einst  zu  einer  Bibliothek 
eines  in  der  Nähe  von  Edfu  gelegenen  Klosters  ge¬ 
hörte.  Rundherum  um  die  uralte,  volkreiche  ober¬ 
ägyptische  Stadt  Edfu,  befanden  sich  zahlreiche 
selbständige  koptische  Kirchen  und  Klöster,  die  in 
Wort  und  Schrift  die  altchristliche  Tradition  aufrecht 
erhielten.  Die  Erbauung  der  Stadt  Edfu  selbst  fällt 
noch  in  die  prä-dynastische  Periode ,  ihre  Blütezeit  ist 
aber  in  das  VII.  bis  X.  Jahrhundert  zu  setzen,  während 
ihr  Verfall  und  die  Verdrängung  der  koptischen  Ein¬ 
wohner  durch  die  Verbreitung  des  Islams  im  XI.  und 
XII.  Jahrhundert  stattfand.  Um  diese  Epoche  wird 
es  gewesen  sein ,  daß  irgend  ein  frommer  Priester  die 
Bibliothek  seines  Klosters  in  einer  Felsenhöhle  am 
Rande  der  Wüste  zu  retten  suchte.  Hier  wurde  die¬ 
selbe  kürzlich  durch  Zufall  von  einem  seine  Herde 
weidenden  sudanesischen  Hirten  entdeckt,  und  fand 
so  durch  Vermittlung  von  ägyptischen  Händlern  als 


wertvollstes  Objekt  obiges  Buch  seinen  Weg  in  das 
„British-Museum“. 

Sämtliche  angekauften  Werke  mit  Ausnahme  eines 
einzigen,  waren  in  koptischer,  dagegen  letzteres  in 
nubischer  Sprache  abgefaßt.  Das  Merkwürdige  be¬ 
steht  nun  darin,  daß  die  Buchstaben  griechische,  aber 
untermischt  mit  eigentümlichen  Zeichen  sind ,  die 
herangezogen  werden  mußten,  um  phonetisch  durch 
griechische  Buchstaben  nicht  wiederzugebende  Laute, 
auszudrücken.  Es  ist  dies  das  einzig  bekannte  voll¬ 
ständige  Buch  dieser  Art,  und  befinden  sich  außerdem 
in  derselben  Schreibweise  nur  noch  Fragmente  von  zwei 
anderen  Handschriften  in  der  königlichen  Bibliothek  zu 
Berlin.  Nur  äußerst  mühsam  und  nach  und  nach  gelingt 
es  in  den  Text  der  Schrift  einzudringen,  da  die  Sprache 
selbst  bisher  ganz  unbekannt  geblieben  war.  Auf  Grund 
vieler  Anzeichen  wreiß  man  jedoch,  daß  es  sich  hierum 
die  verloren  gegangene  nubische  Sprache  handelt,  das 
Idiom  der  ältesten  Christen  des  Sudan.  Als  eine  Nation 
treten  diese  zuerst  unter  Silko,  etwa  550  v.  Chr.  auf. 

Obwohl  die  Übersetzung  vollständig  bisher  nicht 
zustande  kam,  so  hat  man  doch  durch  die  vielen 
eingestreuten  Worte  mit  griechischen  Buchstaben  so 
viel  entziffern  können,  daß  der  erste  Teil  dem  Heiligen 
und  Märtyrer  St.  Mena  gewidmet  ist,  der  zweite  über 
das  Konzil  von  Nicäa  handelt.  Ersterer  war  in  seiner 
Jugend  römischer  Soldat,  dann  Eremit  in  Phrygien 
und  wurde  schließlich  um  307  enthauptet.  Sehr  inter¬ 
essant  wird  die  Handschrift  ferner  dadurch,  daß  sich 
auf  einem  Blatt  eine  Federzeichnung  befindet,  die 
St.  Mena  zu  Pferde,  einen  Speer  in  der  Hand  in  römi¬ 
scher  Soldatentracht  darstellt.  Über  seinem  Haupte 
befinden  sich  drei  Märtyrerkronen  nebst  der  Inschrift 
„St.  Mena“.  Im  ganzen  enthält  das  Buch  18  intakte,  mit 
schwarzer  und  roter  vegetabilischer  Tinte  beschriebene 
Pergamentblätter.  Die  ungefähr  aus  dem  VII.  bis 
VIII.  Jahrhundert  herstammende  Schrift  ist  durchweg 
gut  leserlich  und  bietet  als  Unikum  ihrer  Art  in  mehr¬ 
facher  Beziehung  ungewöhnliches  Interesse. 

-  O.  v.  Schleinitz. 

Eine  ungewöhnlich  wertvolle  Erwerbung  ist  der 
Berliner  Königlichen  Bibliothek  gelungen.  Es  handelt 
sich  um  das  Evangelienbuch,  das  Kaiser  Lothar,  als  er 
852  als  Mönch  in  das  Kloster  Prüm  in  der  Eifel  ein¬ 
trat,  seinem  Kloster  schenkte.  Dieses  Evangeliar  war 
von  Prüm  nach  Trier  gekommen,  in  den  Stürmen  der 
französischen  Revolution  von  Joseph  Görres  erworben 
worden  und  kam  wieder  an  das  Tageslicht,  als  dessen 
Bibliothek  (1902)  zum  Verkauf  gelangte.  Es  war  in  dem 
Verkaufskatalog  nicht  aufgeführt  und  wurde  von  dem 
bekannten  Antiquar  Jacques  Rosenthal  erworben,  wäh¬ 
rend  die  in  dem  Verkaufskataloge  genannten  Hand¬ 
schriften  meist  von  der  Königlichen  Bibliothek  in 
Berlin  erstanden  wurden. 

Die  Berliner  Bibliothek  sah  sich  mit  Schmerz  ge¬ 
nötigt,  aus  Mangel  an  Mitteln  damals  auf  den  Ankauf 
dieser  kostbaren  Karolingischen  Miniaturhandschrift  zu 
verzichten.  Sie  wäre  von  besonderem  Werte  gerade 
für  diese  Bibliothek  gewesen,  weil  diese  Anstalt  nur 
eine  Karolingische  Prachthandschrift  besitzt,  die  aber 
keine  Miniaturen  hat,  das  für  Ludwig  den  Deutschen 


13 


Beiblatt. 


geschriebene  Psalterium.  Der  Generaldirektor  der 
Berliner  Bibliothek,  Prof.  Adolf  Harnack,  faßte  nun  den 
Plan,  die  große  für  den  Ankauf  nötige  Summe  durch 
private  Gönner  aufzubringen,  zumal  die  Gefahr  des 
Verkaufs  an  eine  auswärtige  Bibliothek  immer  dringen¬ 
der  wurde.  Die  Aussicht,  den  verlangten  sehr  hohen 
Betrag  durch  freiwillige  Gaben  aufzubringen,  erschien 
zunächst  nicht  allzugroß.  Gleich  der  erste  Beitrag,  der 
von  dem  Fürsten  Henckel  von  Donnersmarck  gespendet 
wurde,  erhöhte  aber  die  Hoffnung  auf  das  Gelingen, 
weitere  Beiträge  spendeten  Geh.  Kommerzienrat  Arn- 
hold ,  Robert  von  Mendelssohn ,  August  Scherl,  Frau 
Speyer-Frankfurt,  Prof.  Darmstaedter ,  v.  Gwinner, 
Graf  Tiele-Winckler,  Geh.  Hofrat  Werthauer;  der 
Verkäufer  trug  ebenfalls  dazu  bei,  die  Erwerbung  zu 
ermöglichen,  indem  er  den  Preis  ermäßigte.  Die  dann 
noch  fehlende,  immer  noch  erhebliche  Summe  deckte 
der  Kaiser  durch  Bewilligung  aus  dem  Dispositions¬ 
fond,  um  diese  Prachthandschrift  kaiserlicher  Herkunft 
einer  deutschen  Bibliothek  zu  erhalten. 

Die  Handschrift  stammt  aus  der  unter  Karl  dem 
Großen  von  Alkuin  gegründeten  Schreibschule  von 
Tours.  Bei  ihrer  Herstellung  ist  alles  aufgeboten 
worden,  was  diese  Schule,  eine  der  hervorragendsten 
des  ganzen  Mittelalters,  an  Schönheit  der  Schrift  und 
kunstvoller  und  prächtiger  Ausschmückung  zu  ver¬ 
wenden  wußte:  Goldschrift  auf  Purpur  wie  auf  weißem 
Pergament,  farbige  Initialen  wie  Einzelbuchstaben  im 
Texte,  ganzseitige  Miniaturen  usw.  Es  finden  sich  auch 
Darstellungen  römischer  Goldmünzen  als  Schmuck  ver¬ 
wendet,  die  ein  besonderes  Interesse  bieten.  Der 
Künstler  hat  augenscheinlich  die  Kaiserporträts  einfach 
kopiert,  die  Kaisernamen  aber  durch  andere  ersetzt. 
Es  findet  sich  z.  B.  ein  „David  rex  imperator  augustus“. 

Besonders  merkwürdig  —  auch  technisch  —  sind 
vier  winzige  Abbildungen  aus  der  Geburtsgeschichte 
Jesu.  Es  sind  Miniaturbildchen  in  Gold,  bei  denen 
die  Farbe  so  behandelt  ist,  daß  sie  aussehen,  wie  aus 
Goldblättchen  geschnitten. 

Die  Handschrift  wurde  der  Bibliothek  gerade  bei 
dem  Umzuge  in  das  neue  Gebäude  überwiesen.  Diese, 
man  darf  sagen  ganz  unverhoffte  Erwerbung  gibt 
mancherlei  Lehren.  Erstens,  daß  es  für  eine  deutsche 
Bibliotheksverwaltung  keine  falschere  Taktik  geben 
kann,  als  von  kostbaren  Erwerbungen  abzustehen,  weil 
man  mit  dem  ausländischen  Wettbewerbe  doch  nicht 
mitkönne.  Zweitens  —  was  schon  vor  drei  Jahren  die 
Erwerbung  des  Psalteriums  von  1459  durch  dieselbe 
Bibliothek  zeigte  —  daß  auch  in  Deutschland  die  pri¬ 
vate  Freigebigkeit  für  Bibliothekszwecke  zu  haben  ist, 
wenn  nur  der  richtige  Mann  in  der  richtigen  Weise  sie 
anregt.  -  Hy. 

Folgende  zwei  Bücher  wurden  laut  der  „Öster¬ 
reichisch-ungarischen  Buchhändler-Korrespondenz“  in 
Österreich  verboten ; 

Rombach,  Kurt:  Meine  grausame,  süße  Reitpeitsche. 
Enthüllungen  einer  Wiener  Baronin.  Verlag  von 
Hermann  Hartleb  in  Preßburg. 

Esse e,  Fedor:  Geschichte  von  der  Birkenrute.  Das 
Tagebuch  einer  Masseuse  von  Clara  M.  Verlag 
von  G.  Grimm  in  Budapest. 


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Der  Unterzeichnete  bittet  die  Besitzer  der  ältesten 
Ausgaben  der  „propheties“  des  Nostradamus  (nur 
XVI.  Jahrhundert)  ihn  durch  Übermittelung  einer 
genauen  und  ausführlichen  Kollation  der  betreffenden 
Exemplare  bei  einer  bibliographischen  Arbeit  über 
diesen  Gegenstand  zu  unterstützen.  Es  ist  mir  nur  mit 
autoptischen  Angaben  gedient. 

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14 


Beiblatt. 


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Deutsche  Schweiz; 

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des  p  Geheimrat  Prof.  Dr.  Friedrich  Schultze-Dres- 
den)  1057  Nummern. 

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garn,  Siebenbürgen,  Kroatien,  Dalmatien,  Bosnien, 
Herzegowina,  Rumänien,  Bulgarien,  Serbien,  Monte¬ 
negro,  Türkenkriege  2052  Nrn.  —  Nr.  566.  Auto¬ 
graphen  aus  der  Musik-  und  Theaterwelt  617  Nrn. 

Martin  Breslauer  in  Berlin.  Anzeiger  Nr.  1.  754  Nrn. 
mit  systematischem  Register. 

Ernst  Frensdorff  in  Berlin.  Nr.  53.  Verschiedenes. 
725  Nrn. 

Ernst  Geibel  in  Hannover.  Nr.  130.  Deutsche  Literatur. 
2840  Nrn. 

Gilhofer  ör*  Ranschburg  in  Wien.  Nr.  92.  Seltenheiten 
der  Musikliteratur  (Autographen  und  Porträts  be¬ 
rühmter  Musiker)  300  Nrn.  —  Nr.  95.  Verschiedenes 
380  Nrn. 

Otto  Harrassowitz  in  Leipzig.  Nr.  320.  Griechische 
und  römische  Archäologie.  1795  Nrn.  - —  Nr.  321. 
Iran  und  Kaukasus  1350  Nrn.  —  Nr.  323.  Historische 
Wissenschaften  1654  Nrn. 

Max  Harrwitz  in  Nicolassee  bei  Berlin.  Nr.  107.  Deut¬ 
sche  Länder  und  Städte-Geschichte  Abt.  VI.  Han¬ 
nover  und  Braunschweig  (Harz  und  Niedersachsen) 
596  Nrn. 

J.  M.  Heberle  {H.  Lempertz  Söhne )  in  Köln.  Nr.  113. 
Neuerwerbungen  (Almanache  und  Taschenbücher, 
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Kreis,  Porträts.  990  Nrn. 

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Kunst  von  den  altchristlichen  Monumenten  bis  zur 
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Islams  in  ihren  kunstgewerblichen  Erzeugnissen  ge¬ 
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III.  Jahrg.  1908.  X.  325  S.  8°.  l.wdbd.  Preis  M.  10. — . 

Früher  erschienene  Jahrgänge  1s  1906  M.  8.— ;  II:  1907  M.  11. — 

Die  Zeitschrift  für  Bücherfreunde  1908,  Augustheft,  urteilte 
über  den  vorigen  Jahrgang .  ,,Es  ist  nicht  nur  von  grobem  Interesse, 
einen  ungefähren  Anhalt  fürdie  Hieisbewerlung  unserer  Bibliotheken 
zu  gewinnen,  es  ist  für  uns  Bibliophilen  aucn  höchst  plasierlich, 
den  Schwankungen  nachgehen  zu  können,  die  durch  gewisse  Mode¬ 
strömungen  im  Sammlerwesen  und  deren  geschickte  Ausnützung 
hervorgerufen  werden." 

Der  Jahrgang  1908  hat  wiederum  eine  Erweiterung  erfahren, 
so  sind  in  diesem  Jahrgang  jo  Auktionen  berücksichtigt  (also  5  mehr 
als  im  Vorjahre),  davon  allein  8  schwedische  und  1  •,  französische. 

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I.  Jahrgang.  Juli  1909.  Heft  4. 

Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Georg  Witkowski,  Leipzig- Gohlis,  Ehrensteinstr.  20,  Manuskripte  an  diesen  erbeten. 
Inserate  direkt  an  den  Verlag  W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstraße  io. 

Inseratbedingungen: 

x/i  Seite . 60  Mark  74  Seite . 15  Mark 

x/2  Seite  ......  30  Mark  x/8  Seite .  8  Mark 

Kleine  Anzeigen  (Desiderata  und  Angebote) :  die  gespalt.  Petitzeile  50  Pf. ,  für  Mitglieder  der  Gesellschaft  der 
Bibliophilen  30  Pf.  —  Beilagegebühr  50  Mark.  —  Insertionsschluß  für  Heft  5/6  am  15.  September.  —  Abonnenten 
haben  pro  Quartal,  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung,  10  Zeilen  unter  Angebote  oder  Nachfrage  frei-. 


Gesellschaft  der  Bibliophilen. 

Als  neue  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten : 


160.  Wilhelm  Baensch,  Verlagsbuchhändler  u.  Buchdruckerei  - 
besitzer  (i.  F.  W.  Drugulin),  Leipzig,  Königstr.  10. 

172.  Dr.  Erich  Ludwig  Sclmiidt,  Oberlehrer  am  Kgl.  Luisen- 
Gymnasium,  Berlin  NW.  5,  Stefanstr.  61  I. 

269.  Dr.  Fritz  Behrend ,  Archivar  der  deutschen  Kommission 
der  Akademie  der  Wissenschaften,  Groß-  Lichterfelde  W., 
Knesebeckstr.  8  a. 

284.  Karl  Hamm,  k.  k.  Bezirksrichter  und  Gerichtsvorsteher, 
Mondsee  (Oberösterreich). 

383.  Wilhelm  Langewiesche-  Brandt,  Schriftsteller,  Eben¬ 
hausen  bei  München. 

405.  Mr.  Th.  B.  Pleyte,  Amsterdam,  Koningslaan  52. 

46 1 .  Herbertv.  Garvens ■  Garvensburg,  Hannover,  Jägerstr.T 2A. 


489.  Emil  Felber,  Verlagsbuchhändler,  Berlin  W.  57,  Elß- 
holzstr.  19. 

513.  Ernst  Rowohlt,  Bremen,  Osterdeich  55. 

608.  Hermann  Böer,  Kaufmann,  Leipzig,  Leibnizstr.  27. 

657.  Dr.  Willy  Wygodzinski,  Universitätsdozent,  Bonn, 
Blücherstr.  2. 

692.  Paul  Aderjahn,  Verlagsbuchhändler  (i.  F.  Deutschherren- 
Verlag),  Königsberg  i.  Pr.,  Paradeplatz  6. 

732.  Prof.  Carl  Flesch,  Berlin-Wilmersdorf,  Kaiserallee  200. 

828.  Arthur  Warda,  Amtsrichter,  Königsberg  i.  Pr.,  Trag¬ 
heim,  Pulverstr.  21. 

843.  Wilhelm  ' Cahn ,  Gerichtsassessor,  Duisburg,  Kettenstr.  2. 

857.  Dr.  Werner  Wolffheim,  Berlin-Grunewald,  Paulsborner- 
straße  4. 


Die  erste  diesjährige  Publikation  (Anonymen- Lexikon,  Band  V)  gelangt  mit  dem  Jahrbuch  IX  (für 
1907/8)  Anfang  September  zur  Versendung;  die  zweite  (Schillers  Persönlichkeit ,  Band  III)  folgt 
voraussichtlich  zum  150.  Geburtstage  des  Dichters. 

Der  Vorstand 

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Prof.  Dr.  Carl  Schüddekopf. 


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1774,  2  Bände,  Kalbleder,  M.  15, — . 

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2me  ed.  Brux.  1893.  Halbmaroquin.  M.  35. — . 

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Amstelod.  1622.  Folio.  Pergament.  M.  15.—. 

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Karwath,  Erotik  in  der  Kunst. 

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Rosegger,  Schriften. 

Jordell,  Repert.  bibliographique  1900—08. 
Bibliographie  de  la  France  1900 — 08. 

Friedländer,  ostfries.  Urkundenbuch. 

Bliimner,  Gesch.  d.  Leipziger  Theaters.  1822. 

Fuchs,  Gesch.  d.  Erotik  in  d.  Kunst. 

Monogr.  d.  Kunstgew.;  Bode,  ital.  Hausmöbel. 

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Leipziger  Illustr.  Zeitg.  3441. 


Burckhardt,  der  Cicerone.  9.  A. 

Justi,  Michelangelo.  1900. 

Gabelentz,  kirchl.  Kunst  i.  ital.  M.-A.  1907. 

Jacobsen,  das  Quattrocento  in  Siena. 

Bienkowski,  die  Darstell,  d.  Gallier  in  d.  hellen.  Kunst. 
1908. 

Casanova,  übers,  v.  Vemi. 

Andersen,  H.  Chr.,  sämtlche  Werke. 

Johannes  Secundus,  Küsse  und  Elegien. 

Heines  Werke.  Hoffmann  &  Campe.  21  Bde. 

Heine,  letzte  Gedichte  und  Gedanken,  hcrausgegeben 
von  Strodtmann.  1869. 

Bahr ,  Ibsen. 

Bodmer,  krit.  Abh.  v.  d.  Wunderbaren  in  d.  Poesie. 
Goethes  Faust,  von  Diederichs.  Lcderbd.  u.  Pergtbd. 
Nietzsche,  Ecce  Homo. 

Angebote  mit  Preisangabe  an  W.  Drugulin,  Leipzig, 
Königstr.  10  erbeten. 


(In  dieser  Abteilung  stehen  jedem  Abonnenten  vierteljährlich  zehn  Zeilen  unentgcldlich  zur  Verfügung.) 


Von  den  Auktionen. 


London.  Am  7.  Juni  begann  die,  eine  ganze  Woche 
dauernde  Versteigerung  der  Bibliothek  des  verstor¬ 
benen  Mr.  Henry  Beaufoy ,  durch  die  Firma  Christie. 
Der  Katalog  der  Büchersammlung  enthält  2033  Num¬ 
mern,  und  waren  die  am  ersten  Tage  gezahlten  Preise 
für  die  bemerkenswertesten  Objekte  folgende:  Bocca¬ 
ccio  ,,I1  Decamerone“,  Paris  1757,  mit  der  Serie  der 
„estampes  galantes“,  1120  M.  (Quaritch).  „Selectarum 
Stirpium  Americanorum  Historia“,  Wien  zirka  1780, 
mit  264  kolorierten  Zeichnungen,  2000  M.  (Quaritch). 
„Peintures  de  Manuscrits  Franqais“,  Paris,  1734 — 46, 
mit  164  schönen  Stichen,  2  Foliobände,  1400  M.  (Qua¬ 
ritch).  Die  Herstellung  dieses  privatim  gedruckten 
Buches  hatte  1 600000  M.  gekostet,  und  betrug  der  Sub¬ 
skriptionspreis  für  ein  Exemplar  20000  M.  Homer  „Ilias 
Graecö,  edente  Aloysio  Lamberti“,  Bodonis  Ausgabe, 
1808  in  Parma  gedruckt,  600  M.  (Sotheran).  J.  P.  Bergo- 
mensis  „De  Plurimis  Claris  Sceletisque  [Selectisque] 
Mulieribus“,  1497,  Ferrara,  800 M.  (Leighton).  „Oeuvres 
de  Boileau-Despreaux“  für  den  Herzog  von  Berri  ge¬ 
druckt,  mit  den  Originalzeichnungen  der  Vignetten, 
2040  M.  (B.  F.  Stevens).  „Le  Cabinet  du  Roi“,  1666 — 89 
hergestellt,  1600  M.  (Batsford). 

In  dem  fortgesetzten  Verkauf  der  Bibliothek  zahlte 
Mr.  Quaritch  1000  M.  für  eine  Sammlung  von  208,  auf 
die  Anfangsperiode  der  französischen  Revolution  be¬ 
züglichen  Aufsätzen.  Diese  Kollektion  war  von  T alleyrand 
begründet  und  befand  sich  später  im  Besitz  des  Her¬ 
zogs  von  Sussex.  Eine  andere,  in  den  Jahren  1788 — 1800 
angelegte  und  sich  gleichfalls  auf  die  französische 
Revolution  beziehende  Broschüren-Sammlung  erreichte 
960  M.  (Quaritch).  Eine  vollständige  Sammlung  der 
Porträts  aller  in  der  „Assemblee  Nationale  de  1789“ 
sitzenden  Deputierten  bezahlte  Mr.  Parsons  mit  520  M. 
„Nouvel  Abregö  Chronologique  de  l’Histoire  de 


France“,  1752,  820  M.  (Brown).  Das  von  William  Bayly, 
dem  Astronomen  und  Begleiter  des  Kapitäns  Cook 
auf  seinen  Seereisen,  an  Bord  des  Schiffes  „Adven- 
ture“  geführte  Journal,  2000  M.  (Edwards).  „The  Mili¬ 
tary  Costumes  of  Europe“,  1822,  540  M.  (Parsons). 
„Habitus  Praecipuorum  Populorum“,  Nürnberg  1577, 
520  M.  (Quaritch).  Ein  „Book  of  Hours“  aus  dem 

XI V.  Jahrhundert,  2520  M.  (Goldschmid).  Ein  anderes 
„Book  of  Hours“  französischen  Ursprungs  aus  dem 

XV.  Jahrhundert,  mit  12  großen  und  21  kleineren  Minia¬ 
turen,  erwarb  Mr.  Quaritch  für  3500  M.;  ebenso  ein 
aus  der  gleichen  Periode  herrührendes,  mit  70  vorzüg¬ 
lichen  Miniaturen  versehenes  „Book  of  Hours“  für 
4300  M.  Eine  Sammlung  von  500,  auf  die  Bühne  be¬ 
züglichen  Porträts,  von  der  Zeit  Garricks  bis  zu  J.  P. 
Kemble  einschließlich,  kam  auf  3670  M.  (Sotheran). 
Im  weiteren  Verlauf  der  Auktion  erregte  besonderes 
Interesse  das  sehr  selten  vollständig  vorkommende 
Werk  „La  Mer  des  Histoires,  traduite  du  Latin  de 
Columna  et  continuee  par  Brochart“,  1488  von  Pierre 
le  Rouge  in  Paris  gedruckt  und  mit  schönen  Holz¬ 
schnitten  versehen,  für  das  Quaritch  4200  M.  be¬ 
zahlte.  Andere  bemerkenswerte  Objekte  waren: 
„Psalterium  Davidis  et  Preces  Piae“,  450  Seiten,  eine 
schöne  aus  dem  XIV.  Jahrhundert  herstammende  fran¬ 
zösische  Bilderhandschrift.  Wahrscheinlich  wurde  das 
Buch  für  Karl  VII.  ausgeführt,  da  sein  Porträt  die  Titel¬ 
seite  ziert.  Mr.  Leighton  zahlte  für  das  reichilluminierte 
Werk  14000  M.  Le  Chevallier  de  Querelles  „Hero  et 
Leandre“,  Paris,  1801  von  Didot  l’aine  hergestellt  und 
mit  acht  schönen  kolorierten  Stichen  Debucourts  ver¬ 
sehen  kam  auf  900  M.  (Bescombes).  „Les  Quinze  Joies 
de  Mariage“,  Paris  1837,  künstlerisch  dekoriert,  1240  M. 
(Lemaillier).  Jean  Fr.  Le  Petit  „La  grande  chronique 
ancienne  et  moderne  de  Hollande“,  1601,  mit  dem 


2 


Beiblatt. 


Wappen  der  Marquise  von  Pompadour,  460  M.  (Ed¬ 
wards).  Unter  den  am  letzten  Auktionstage  dem  Publi¬ 
kum  zum  Kauf  angebotenen  Büchern  soll  noch  hervor¬ 
gehoben  werden:  Voltaire  „Oeuvres  Completes,  1758 
bis  59,  siebzig  Bände,  aus  der  Bibliothek  von  Louis 
Bonaparte,  Ex-König  von  Holland,  1120  M.  (Parsons). 
„Therence  en  Francois",  ein  schönes  Exemplar  der 
ersten  Übersetzung  dieses  Autors,  zirka  1500  in  Paris 
von  A.  Verard  gedruckt,  2000  M.  (Quaritch).  K.  Vul- 
turius  „De  Re  Militari,  lib.  XII“,  1472,  die  editio  prin- 
ceps,  mit  82  prachtvollen  Holzschnitten;  drei  Blätter 
fehlen.  Dies  Werk  ist  das  zweite  in  Verona  gedruckte 
Buch  und  wurde  von  Mr.  Leighton  mit  1600  M.  be¬ 
zahlt.  Eine  Sammlung  von  87  Ansichten  Wiens  und 
seiner  Vorstädte,  gestochen  von  Ch.  Schütz  und  J.  Zieg¬ 
ler,  schön  koloriert,  erwarb  Hornstein  für  2900  M. 
Virgil  „Opera  Omnia“,  Venedig,  1475,  die  erste  Aus¬ 
gabe  Virgils,  cum  servii  Mauri  Honorati  commentariis, 
kam  auf  1200  M.  (Maggs).  Zeiller  „Topographiae“, 
mit  er.  2000  Stichen  von  Städten,  Palästen  und  öffent¬ 
lichen  Gebäuden,  27  Foliobände  (Frankfurt  a.  M. 
1642 — 63),  erzielte  1020  M.  (Edwards).  Der  Gesamt¬ 
erlös  für  die  „Beaufoy  Bibliothek“  betrug  212960  M. —  In 
der  am  9.  Juni  bei  der  Firma  Sotheby  begonnenen 
Auktion  von  Manuskripten,  Briefen,  Dokumenten  und 
anderen  Autographen,  zahlte  der  Graf  Crawford  5200  M. 


für  eine  auf  die  französische  Revolution  bezügliche  und 
von  bedeutenden  Persönlichkeiten  herstammende 
Kollektion  von  Briefen.  Mr.  Meyer  bewilligte  700  M. 
für  einen  Brief  König  Franz  I.  von  Frankreich  an  Kaiser 
Karl  V.,  in  welchem  er  nach  seiner  Freilassung  dem 
letzteren  seinen  Dank  ausspricht  und  seine  Unter¬ 
stützung  zusichert.  Ein  von  Tassos  eigner  Hand 
geschriebenes  Poem  und  gerichtet  „Al  Signor  Don 
Vicenzo  Carriciola“,  erreichte  410  M.  (Sabin).  M.  La- 
croix  erwarb  eine  über  Mirabeau  handelnde  Samm¬ 
lung  von  Briefen,  von  denen  10  bisher  nicht  publiziert 
sind,  für  den  Preis  von  1500  M.  Ein  Brief  des  schotti¬ 
schen  Dichters  Robert  Bums,  4  Seiten,  datiert  25.  Au¬ 
gust  1795,  gerichtet  an  David  Blair,  kam  auf  1220  M. 
(Quaritch).  Ein  in  feiner  Hand  geschriebener  kleiner 
Gesang,  von  Burns,  betitelt  „To  a  wood  lark“‘  4  Stanzen 
von  4  Zeilen,  erzielte  den  außerordentlich  hohen  Preis 
von  2940  M.  (Sabin).  Ein  eigenhändiger  Brief  von 
Joseph  Haydn  an  Mad.  A.  Polcelli,  1792  datiert,  brachte 
700  M.  (Meylen).  6  Briefe  Lord  Byrons  an  Douglas 
Kinnaird  wurden  mit  2000  M.  bezahlt  (Sabin).  Eine 
Anzahl  Briefe  von  Nelson  oder  über  ihn  handelnd, 
und  an  seinen  Rechtsanwalt  und  Testamentsexekutor 
Mr.  William  Haslewood  gerichtet,  brachten  2420  M. 
(Sabin). 

O.  v.  Schleinitz. 


Rundschau  der  Presse. 

Von  Professor  Dr.  Adalbert  H ortzschansky  in  Groß-Lichterfelde. 

Die  nachfolgende  Übersicht  versucht,  die  wichtigeren  in  Zeitschriften  und  Zeitungen  enthaltenen  Aufsätze  und  Abhandlungen  zu 
verzeichnen,  soweit  sie  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift  in  Betracht  kommen.  Zusendung  von  Sonderdrucken  und  Ausschnitten  an  die  Adresse 
des  Bearbeiters  in  Groß-Lichterfelde  bei  Berlin,  Moltkestr.  40,  erbeten. 


Schrift-,  Buch-  und  Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Ehrle,  F. ,  In  Sachen  der  internationalen  Konferenz 
von  St.  Gallen  (1898).  (Betr.  Erhaltung  und  Aus¬ 
besserung  von  Handschriften.) 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  245 
—263. 

Gardthausen,  V.,  Ursprung  und  Entwickelung  der 
griechisch-lateinischen  Schrift. 

Germanisch-romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  273— 283.  337—349- 

Neckel,  G.,  Zur  Einführung  in  die  Runenforschung. 
1.  Die  Runen  paläographisch  und  sprachgeschicht- 
lich.  —  2.  Die  Runen  kulturhistorisch  betrachtet. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.7-I9-  81 — 95. 

Bibliophilie.  Exlibris. 

Darmstaedter,  L.,  Wie  meine  Autographensamm¬ 
lung  entstand. 

Die  Woche.  1909.  H.  23.  S.  973— 976  mit  3  Faks. 
P(az)y  M(elia),  A.,  Biblioteca  del  Conde  de  Haro, 
fundada  en  1455.  (Conclusiön.) 

Revista  de  archivos,  bibliotecas  y  museos.  13.  1909. 
S.  277—289. 


Bibliothekswesen. 

Arnauldet,  P. ,  Inventaire  de  la  librairie  du  Chateau 
de  Blois  en  1518.  (Suite). 

Bibliographe  moderne.  12.  1908.  S.  295 — 323. 

Bailey,  E.,  Concerning  the  library  assistant. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  229 — 236. 

Bogun,  K. ,  Die  Stammbücher  in  der  Bibliothek  zu 
Königsberg.  (Fortsetzung  aus  Bd.  1904.  S.  36 — 96.) 

Vierteljahrs  Schrift  für  Wappen -,  Siegel-  und  Fa¬ 
milienkunde.  37.  1909.  S.  17 — 96. 

Brassinne,  J.,  Les  manuscrits  du  Monastere  de  la 
Paix-Notre-Dame,  ä  Liege. 

Societe  des  bibliophiles  liegeois.  Bulletin.  8.  Fase.  2. 
1909.  S.  65 — 80  mit  3  Taf. 

(Caspari,  H.),  Zehnte  Versammlung  deutscher  Biblio¬ 
thekare. 

Frankfurter  Zeitung.  1909.  Nr.  161  vom  12.  Juni. 
Erst.  Morgenblatt. 

Coutts,  H.  T.,  The  subject  Classification. 

Library  Assistant.  1909,  April. 

Dokkum,  J.  D.  C.  van,  Eenheid  in  ons  Bibliotheek- 
wezen.  Nieuwe  Gids.  24.  1909.  S.  595—615. 

Entwurf  eines  Reglements  für  den  direkten  Leihver¬ 
kehr  mit  Bibliotheken  anderer  deutscher  Bundes¬ 
staaten  und  des  Auslandes. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26. 1909.  S.  275— 278. 


3 


Beiblatt. 


Er  man,  W. ,  Bestand  und  Vermehrungsfonds  der 
öffentlichen  wissenschaftlichen  Bibliotheken  des 
Deutschen  Reichs. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  263 
— 274,  1  Tabelle. 

Girault,  A.,  Publications  officielles  et  bibliothcques 
universitaires. 

Revue  internationale  de  l' enseignement.  29.  1909. 
S.  406 — 407. 

Herz,  H.,  Winke  für  die  Auswahl  der  Bibliotheks¬ 
gaben  des  Jahres  1909. 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  169 — 172. 

Hicks,  F.  C.,  The  public  library  in  political  theory 
and  in  practice. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  197 — 199. 

Notable  Libraries-.  Hove. 

Library  World.  11.  1908/9.  S.423 — 427  m.  2  Abbild. 

Maas,  G.,  Was  lehrt  der  Umzug  der  Königlichen 
Bibliothek  in  Berlin.  Auszug  aus  einem  in  der  Ver¬ 
einigung  Berliner  Bibliothekare  gehaltenen  Vortrags. 

Börsenblatt  für  den  deutschen  Buchhandel.  1909. 

s.  6534-37. 

Macleod,  R.  D.,  The  preservation  of  books  in  libra- 
ries.  (Schluß.) 

Library  World.  11.  1908/9.  S.  331— 335.  368 

—371.  417—422. 

Marteil,  P.,  Süddeutsche  Universitätsbibliotheken.  1. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  143 — 147. 

Nachträgliches  zur  neunten  Versammlung  deut¬ 
scher  Bibliothekare.  (Betr.  die  Volksbibliotheken 
in  Oberschlesien.) 

Die  Volksbücherei  in  Oberschlesien.  3.  1909. 

s.  36—39. 

Peplow,  F.  J.,  Some  tentative  proposals  for  the  Com¬ 
pilation  of  a  catalogue  of  best  books. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  222 — 228. 

Putnam,  H.,  What  it  means  to  be  a  librarian. 

The  Ladie's  Home  Journal.  1909.  Febr.  S.  22. 

Richardson,  E.  C.,  Book  matters  at  home  and  abroad- 
(European  and  American  libraries  etc.) 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  200 — 205. 

Sayers,  W.  C.  B. ,  The  Anglo- American  cataloguing 
code.  Library  World.  II.  1908/9.  S.  467 — 472. 

Snushall,  M.  M.,  The  National  Library  and  library 
progress  in  Chile. 

Public  libraries.  14.  1909.  S.  174 — 176. 

So  ule,  Ch.  C.  (und  andere),  John  Hay  Library  of 
Brown  University,  Providence,  R.  J. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  205— 209  mit  1  Taf. 

Spatz,  Moderne  Gefängnisbüchereien. 

Das  Recht.  13.  1909.  Sp.  282 — 285. 

Stewart,  J.  D.,  and  Clarke,  O.  E.,  Guides  to  book 
selection.  A  description  of  the  principal  aids  and 
guides,  with  some  factors. 

Library  World.  11.  1908/9.  N.  S.  Nr.  35  u.  36, 
Mai-  und  Juniheft. 

Vattasso,  M.,  I  codici  petrarcheschi  della  Biblioteca 
Vaticana.  Seguono  5  app.  con  testi  inediti,  poco 
conosciuti  o  mal  pubblicati,  2  tav.  dopp. 

Studi  e  testi.  20.  1908.  X,  250  S. 


Vierling,  A. ,  Die  Bußbücherhandschriften  d.  K.  B. 
Hof-  und  Staatsbibliothek  in  München. 

Oberbayerisches  Archiv  Jür  Vaterland.  Ce  Schichte. 
54.  1909.  S.  247 — 282. 

Buchdruck  und  -Gewerbe. 

Baudrier,  J.,  Acquisition  en  1582  d’un  matericl  d'im- 
primerie  ä  Lyon  par  Hugolino  Martelli,  dvdque  de 
Glandöves.  (Atelier  d'Entrevaux  en  Provence,  1581 

—1583-) 

Bulletin  du  bibliophile.  1909.  S.  217 — 225  mit 
3  Abbild. 

Burger,  C.  P. ,  Oude  Hollandschc  zeevaart-uitgaven. 
Met  twee  facsimiles.  (Slot.) 

Tijdschrift  voor  bock-  Ir*  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S.  49—60. 

Hölscher,  G.(  „Deutsche“  oder  „lateinische“  Druck¬ 
schrift  für  deutsche  Bücher. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6891 — 92. 

Lepreux,  G.,  Notes  additionnclles  et  documents  in- 
edits  concernant  les  imprimeurs  de  l'academie 
frangaise. 

Bibliographe  moderne.  12.  1908.  S.  269 — 286. 
Martin,  J.  B.,  Incunablcs  de  bibliothcques  privdes. 
Ser.  5.  (Suite  et  fm.) 

Bulletin  du  bibliophile.  1909.  Nr.  I — 5,  Januar 
bis  Mai. 

R  ent  sch,  E. ,  Zur  Geschichte  des  Papiers.  (Nach 
Harold  Bayley,  A  new  light  on  the  renaissance.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6281 — 84. 

Verheyden,  P.,  Over  Ypersche  boekdrukkers.  II. 
Tijdschrift  voor  boek-  er*  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S.  69—76. 

Buchhandel. 

La  Codi fication  des  lois  americaines  sur  le  Copyright 
et  la  Convention  de  Berne.  (Suite  et  fin.) 

Droit  d’ Auteur.  21.  1909.  S.  81 — 82. 
Delalain,  P.,  Un  inspecteur  de  la  librairie  au  Pecq 
(bei  Saint-Germain-en-Laye)  au  18.  si£cle. 

Bibliographie  de  la  France.  1909.  Chronique. 
S.  114 — 1 16. 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika.  Gesetz  be¬ 
treffend  Abänderung  und  Vereinheitlichung  der  Ur¬ 
heberrechtsgesetzgebung.  Deutsche  Übersetzung  von 
Ernst  Röthlisberger. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6325-34. 

Kleemeier,  Fr.  J.,  Joseph  Haydn  und  das  Verlags¬ 
haus  Artaria. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6794-97. 

Kleemeier,  Fr.  J.,  Das  Schlagwort  in  buchhändleri¬ 
schen  Verzeichnissen. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6476— 78. 


4 


Beiblatt. 


Zeitungswesen.  Pressrecht.  Zensur. 

d' Ester,  K.,  Aus  der  Geschichte  der  ältesten  politi¬ 
schen  Zeitung  Westfalens.  (Ordinarie  Lippstädter 
Zeitung,  1710.) 

Dorttnundisches  Magazin.  1.  1909/10.  S.  23 — 27. 
Kleemeier,  Fr.  J.,  Das  Anzeigenwesen  in  rechtlicher 
Beziehung. 

Börsenblatt  für  deti  Deutscheti  Buchhandel.  1909. 
S.  6945—49. 

Kleemeier,  Fr.  J.,  Das  amerikanische  Zeitungs-  und 
Zeitschriftenwesen. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 

s.  7154—58. 

Rhode s,  J.  F.,  Newspapers  as  historical  sources. 

Atlantic  Monthly.  1909.  Mai.  S.  650—657. 
Rutari,  A.,  Englische  Magazines  and  Reviews. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6695—97. 

Bibliographie. 

Arnold,  R.  F.,  Die  Bibliographie  der  neueren  deut¬ 
schen  Literaturgeschichte. 

Zeitschrift  für  die  Österreich.  Gymnasien.  60. 
1909.  S.  289—307. 

Hortzschansky,  A. ,  Bibliographie  des  Bibliotheks¬ 
und  Buchwesens.  5.  Jahrgang.  1908. 

Zentralblatt  f  Bibliothekswesen.  Beiheft  36.  1909. 
158  S. 

Literaturgeschichte,  Allgemeines. 

Arnold,  R.  F. ,  Einführung  in  die  Literatur  der  Stofif- 
geschichte. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  223 — 232. 

Brischar,  K.  M.,  Oesterreichischer  Literatur-Frühling. 
(Neuere  österreichische  Literatur.) 

Literarische  Neuigkeiten.  Eine  Rundschau  für 
Bücherfreunde.  (Leipzig,  Köhler.)  9.  1909.  Nr.  2. 
S.  4— 11. 

D ries m ans,  H.,  Die  Prometheus-Dichtung. 

Literarisch.  Echo.  1909.  H.  17.  Sp.  1197 — 1206. 
Enders,  C.,  Deutsche  Gelegenheitsdichtung  bis  zu 
Goethe. 

Gertnanisch-roynanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  292 — 307. 

Gomoll,  W.  C.,  Tristan  und  Isolde  in  den  Dichtungen 
des  Mittelalters  und  der  neuen  Zeit. 

National- Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  23 
vom  6.  Juni. 

Kühns,  C.,  Berliner  Dichtervereinigungen. 

N ational- Zeitung.  1909.  Sonntags- Beil.  Nr.  24 
vom  13.  Juni. 

Pestalozzi,  R.,  Geschichte  der  deutschen  Lohengrin- 
sage. 

Neue  fahrbücher  f.  d.  klassische  Altertum.  23. 
1909.  S.  147—158. 

Roethe,  G.,  Nibelungias  und  Waltharius. 

Sitzungsberichte  der  preußischen  Akademie  der 
Wissenschaften.  1909.  Nr.  XXIV.  XXV.  S.649 — 691. 


Schlesier,  E.,  Der  Volksschullehrer  in  der  deutschen 
Literatur.  Versuch  einer  politisch-literarischen  Dar¬ 
stellung. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 

5.  163— 178.  225—233. 

Einzelne  Schriftsteller. 

Arndt:  Müsebeck,  E.,  Eine  Immediateingabe  E.  M. 
Arndt’s  an  den  König  Friedrich  Wilhelm  III. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  23  v. 

6.  Juni. 

Blirns;  Hecht,  H.,  Robert  Burns. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  169—186. 

Byron:  Ackermann,  R.,  Neuere  Forschungen  über 
Byron. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  368—380. 

— :  Churchman,  Ph.  H.,  Lord  Byron's  Experiences 
in  the  Spanish  Peninsula  in  1809  (suite). 

Annales  de  la  Faculte  des  lettres  de  Bordeaux. 
Bulletin  hispanique.  11.  1909.  S.  135 — 171. 
Carducci:  Finzi,  G.,  Impressions  sur  Carducci.  (Tra- 
duction  de  Mme  Thierard-Baudrillart.) 

Annales  de  la  Faculte  des  lettres  de  Bordeaux. 
Bulletin  italien.  9.  1909.  S.  164 — 177. 

Edda:  Leyen,  F.  von  der,  Die  Entwicklung  der 
Göttersagen  in  der  Edda. 

Germanisch- romanische  Mo?iatsschrift.  1.  1909. 

S.  284 — 291. 

Eichendorff:  Fuchs,  G.,  Joseph  von  Eichendorff. 

Zeitschrift  für  de?i  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  209  —  224. 

Euripides:  Croiset,  M.,  Euripide  et  ses  plus  recents 
critiques.  Article  I. 

fournal  des  Savants.  1909.  Mai.  S.  197 — 205. 
Fontane :  P  n  i  o  w  e  r .  O.,  Sieben  Briefe  Theodor  F ontanes. 

Vossische  Zeitimg.  1909.  Nr.  249  v.  30.  Mai. 
Goethe:  Denecke,  A.,  Der  Sinn  des  Tassodramas. 
Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  81 — 92. 

— :  Graf,  H.  G.,  Neue  Goethe-Briefe.  1.  2. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  24  und  25.  S.  534 — 540. 
580—589. 

- — :  Hausmann,  S.,  Goethes  amtliche  Stellung  und 
amtliche  Tätigkeit. 

Vossische  Zeitung ,  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  24  v. 
13.  Juni. 

— :  P  e  1 1  z  e  r ,  A.,  Zum  Thema  „Goethe  und  die  bildende 
Kunst“. 

Repertorium  für  Kunstwissenschaft.  33.  I9°9- 

S.  172 — 181. 

— :  Petsch,  R.,  Vom  Weimarer  Goethe. 

Germanisch  -  romanische  Monatsschrift.  1.  I9°9- 
S.  95-103. 

Greif:  Benzmann,  H.,  Martin  Greif.  Zum  siebzigsten 
Geburtstage  des  Dichters. 

Der  Türmer.  1909.  Juni.  S.  380—386. 


5 


Beiblatt. 


Greif:  Rath,  W.,  Ein  lyrischer  Lyriker.  Zu  Martin 
Greifs  70.  Geburtstag  (18.  Juni). 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  139  v.  17.  Juni. 

— :  Warburg,  E.,  Martin  Greif.  Zu  seinem  siebzigsten 
Geburtstage  (18.  Juni  1909). 

Westermanns  Monatshefte.  1909.  Juli.  S.  586 — 590, 
1  Portr. 

Grillparzer:  Hock,  St.,  Der  innere  Werdegang  der 
Dramen  Grillparzers.  Nach  einem  in  der  Wiener 
Grillparzer-Gesellschaft  gehaltenen  Vortrage. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  22  und 
23  vom  30.  Mai  und  6.  Juni. 

Halm:  Schneider,  H.,  Friedrich  Halm  und  das  spa¬ 
nische  Drama.  Palaestra.  28.  1909.  VIII,  258  S. 
Hauptmann:  Clarke,  H.  A.,  'Pippa  passes1  and'Pippa 
dances\  Poet  Lore.  20.  1909.  S.  122 — 128. 

— :  G rummann,  P.  H.,  Hauptmann’s  view  point  in 
'Und  Pippa  tanzt1. 

Poet  Lore.  20.  1909.  S.  129— 134. 
— :  Hindrichs,  O.,  Gerhart  Hauptmann. 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  173— 178.  (Schluß  folgt.) 
Hearn:  Smet,  J.  de,  Lafcadio  Hearn.  (Suite.) 

Revue  de  Belgique.  1909.  Mai.  S.  71—88. 
Hebbel:  Löwenstein,  A.,  The  sources  of  Hebbel’s 
'Agnes  Bernauer1.  (Wird  fortges.) 

Modern  Language  Review.  4.  1909.  S.  302—322. 
— :  Petsch,  R.,  Zur  Einführung  in  das  Studium  Fried¬ 
rich  Hebbels. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  20  ff. 

— :  Schlaikjer,  E.,  Hebbel  als  Lyriker. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeil. 
Nr.  136,  137  und  138,  vom  14.,  15.  und  16.  Juni. 

— :  Zehme,  A.,  Über  die  Tragik  in  Hebbels  „Nibe¬ 
lungen“. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  241 — 251. 

Herder:  Müller,  O.,  Handschriftliches  zur  Geschichte 
und  Textgestaltung  von  Herders  ^rutus1  und  der 
Übersetzung  der  Vorrede  von  Sadis  Rosenthal1. 
(Wird  fortges.) 

Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen. 
Bd.  122  =  N.  S.  22.  1909.  S.  1—25. 

— :  Unger,  R.,  Zur  neueren  Herderforschung. 

Germanisch-romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  145 — 168. 

Hölderlin:  Berger,  H.  v.,  Hölderlins  Hyperion. 

Werdandi.  2.  1909.  Mai.  S.  20—25. 
Hoffmann:  Laquer,  L.,  Erinnerungen  an  Heinrich 
H  oft  mann.  Zum  100.  Geburtstage  des  „Struwwel¬ 
peter1 '-Dichters:  13.  Juni. 

Frankfurter  Zeitung.  1909.  Nr.  161  vom  12.  Juni. 
Erst.  Morgenblatt. 

Homer:  Gercke,  A.,  Homer  und  seine  Zeit. 

Deutsche  Rundschau.  1909,  Juni.  S.  344 — 359. 
Hugo:  Heiss,  H.,  Neuere  Literatur  über  Victor  Hugo.  1. 
Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 

s.  381—392. 


Hugo:  Waldmann,  E.,  Victor  Hugo  und  sein  Ver 
leger  Lacroix. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  6745—49. 

Kernstock:  Pöllmann,  A.,  Ottokar  Kernstock. 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  178 — 188. 
Kotzebue:  Kienzl,  H.,  Kotzebues  letzter  Wille. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  267  vom  11.  Juni. 
Leopardi:  Persico,  F.,  Una  questione  Leopardiana. 

Rivista  cC Italia.  1909.  Mai.  S.  693 — 708. 
Lessing:  Stemplinger,  E.,  Lessings  „Rettungen  des 
Horaz“.  Ein  Beitrag  zur  Entwickelungsgeschichte 
Lessings. 

Neue  fahrbüclier  f.  d.  klassische  Altertum.  23. 
1909.  S.  261—274. 

Lindau:  Aus  Paul  Lindaus  Flegeljahren. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  23.  S.  473 — 482. 
— :  Klaar,  A.,  Paul  Lindau. 

Nord  und  Süd.  1909.  S.  405 — 418,  1  Portr. 
— :  Vom  jüngsten  Siebziger. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  253  vom  3.  Juni. 
Lope  de  Vega:  Klausner,  G.,  Die  drei  Diamanten  des 
Lope  de  Vega  und  Die  schöne  Magelone. 

Literarhistorische  Forschungen.  39.  1909.  178  S. 
Maupassant:  Friedrich,  P.,  Guy  de  Maupassant. 

Der  Zeitgeist.  Beiblatt  z.  Berliner  Tageblatt.  1909. 
Nr.  21  vom  24.  Mai. 

Nietzsche:  An  dl  er,  Ch.,  Nietzsche  et  Jacob  Burck* 
hardt:  Leur  philosophie  d’histoire.  2. 

Revue  de  synthese  historique.  1909.  April.  S.  137 

— 171. 

— :  Bernoulli,  C.  A.,  Nietzsches  Welt. 

März.  1909.  H.  12.  S.  458 — 475.  (Wird  fortges.) 
— :  Richter,  R.,  Nietzsches  „Ecce  homo“.  Ein  Doku¬ 
ment  der  Selbsterkenntnis  und  Selbstverkenntnis. 

Deutsche  Revue.  1909.  Juni.  S.  31 1—320. 
Scheffel:  Frankel,  L.,  Von  Scheffels  Liebesieben  und 
Fortleben. 

Zeitschrift  für  den  deutsche7i  Unterricht.  23.  1909. 
S.  118 — 122. 

Schiller:  Sadee,  L.,  Neue  Untersuchungen  über 
Schiller. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  178 — 183. 

— :  Das  Schillerhaus  in  Weimar. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  257  v.  5.  Juni. 
— :  Sprengel,  J.  G.,  Karl  Bergers  Schillerbiographie. 
Konservative  Monatsschrift.  1909.  Mai.  S.  712 
— 721. 

Schröder:  Hofmiller,  A.,  Schröder. 

Süddeutsche  Monatshefte.  1909.  Juli.  S.  93 — 105. 
Shakespeare:  Aronstein,  Das  königliche  Knaben¬ 
theater  unter  Königin  Elisabeth. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  25  v. 
20.  Juni. 

— :  Conrad,  H.,  Eine  neue  Methode  der  chrono¬ 
logischen  Shakspere-Forschung. 

Germanisch- romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  232 — 248.  307 — 320. 


6 


Beiblatt. 


Shakespeare:  Eulenspiegel,  Shakespeare  and  the 
modern  German  stage. 

Contemporary  Review.  1909.  Juni.  S.  726 — 737. 

— :  Greenwood,  G.  G.,  The  vindicators  of  Shake¬ 
speare:  a  reply  to  Sir  Edward  Sullivan. 

Nineteenth  Century.  1909.  Juni.  S.  1038 — 1055. 

— :  Oliphant,  E.  H.  C.,  Shakspere’s  plays:  an  exami- 
nation.  IV. 

Modern  Language  Review.  4.  1909.  S.  342— 351. 

— :  Schröer,  A.,  Die  deutsche  Shakespeareüber¬ 
setzung.  2.  Grenzboten.  1909.  Nr.  22.  S.  425 — 431. 

Shelley:  Raaf,  K.  H.  de,  Shelley-Critiek. 

Nieuwe  Gids.  24.  1909.  Mai.  S.  579 — 591. 

Sidney:  Maynadier,  H.,  The  Areopagus  of  Sidney 
and  Spenser. 

Modern  Language  Review.  4.  1909.  S.  289 — 301. 

Sophocles :  Navarre,  O.,  Sophocle  imitateurd’Eschyle: 
les  Choephores  et  l’£lectre. 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  de  Bordeaux. 
Revue  des  etudes  anciennes.  11.  1909.  S.  101 — 128. 

Storni:  Biese,  A.,  Die  Dichtung  Theodor  Storms. 
Konservative  Monatsschrift.  1909.  April.  S.  589 — 605. 

Strauß:  Hi  eher,  H.,  David  Friedrich  Strauß  als 
Denker  und  Dichter. 

Ludwigsburger  Geschichtsblätter .  5.  1909.  S.  27— 94. 


Strindberg:  Mongre,  P.,  Strindbergs  Blaubuch. 

Die  neue  Rundschau.  1909.  Juni.  S.  891 — 896 

Swinburne:  Gosse,  E.,  Swinburne:  Personal  recol- 
lections. 

Fortnightly  Review.  1909.  Juni.  S.  1019 — 1039. 
— :  Rhys,  E.,  A  tribute  to  Swinburne. 

Nineteenth  Century.  1909.  Juni.  S.  965 — 979. 

Tolstoi:  Helbig,  N.,  Ein  Besuch  beim  Grafen  Leo 
Tolstoi  im  Jahre  1887. 

Deutsche  Revue.  1909.  Juni.  S.  348 — 357. 
Vigny:  Gunnell,  D.,  Quelques  amis  anglais  d’Alfred 
de  Vigny,  avec  des  lettres  inedites. 

Mercure  de  France.  1909.  Juni  1.  S.  443 — 454. 

Voltaire:  Koser,  R.,  Voltaires  Besuche  bei  Friedrich 
dem  Großen. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungs-Beilage 
Nr.  130,  131  und  132  vom  7.,  8.  u.  9.  Juni. 

Wedekifld:  Heuß,  Th.,  Frank  Wedekind. 

Kunstwart.  1909.  Juni  r.  S.  262 — 269. 

Wildenbruch:  Frenzei,  K.,  Ernst  von  Wildenbruch. 
Ein  Blatt  der  Erinnerung. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  25  v. 
20.  Juni. 


Neue  Bücher. 


Die  letzterschienene  (30.)  Lieferung  der  in  der 
„Z.  f.  B.“  zu  öfterem  angezeigten  Illustrierten  Ge¬ 
schichte  der  deutschen  Literatur  von  Professor  Dr. 
Anselm  Salzer  (München,  Allgemeine  Verlags- Gesell¬ 
schaft  m.  b.  H.)  ist  dem  jungen  Schiller  gewidmet. 
Verständnisvolles  Eingehen  auf  die  geistige  Entwick¬ 
lung  des  Dichters  paart  sich  mit  bibliographischer 
Genauigkeit,  wie  sie  nicht  immer  in  den  Literaturge¬ 
schichten  zu  finden  ist.  Nur  über  die  Gedichte  der 
Anthologie,  die  Salzer  Schiller  zuschreibt,  wird  sich 
hier  und  da  streiten  lassen.  „Die  Alten  und  die  Neuen“ 
stammt  in  der  Handschrift  zwar  aus  Christophinens 
Nachlaß,  von  Reinwald  kopiert;  ich  möchte  aber  doch 
mit  Minor  glauben,  daß  das  Epigramm  aus  Petersens 
Feder  herrührt.  Die  „Aufschrift  einer  Fürstengruft“ 
klingt,  trotz  der  „Schlimmen  Monarchen“,  mehr  nach 
Schubart  als  nach  Schiller,  dessen  Autorschaft  an  der 
Galgenschrift  jedenfalls  auch  zweifelhaft  ist.  Die  Ana- 
lysierung  der  Anthologie  ist  übrigens  sonst  vortrefflich. 
Auch  die  Abschnitte  über  die  „Räuber“,  „Fiesko“, 
„Kabale  und  Liebe“  geben  mancherlei  neue  An¬ 
regungen.  — bl- 


Von  der  Heinse- Ausgabe  Carl  Schüddekopfs  (Leip¬ 
zig,  Insel -Verlag)  liegt  uns  der  siebente  Band  vor, 
die  Tagebücher  von  1780—1800  enthaltend.  Schüdde- 
kopf  hat  (nach  den  Handschriften  in  der  Frankfurter 
Stadtbibliothek)  nur  die  in  sich  abgeschlossenen 
Tagebücher  in  diesen  Band  aufgenommen,  während 
die  Vorarbeiten,  die  kleineren  Notizen  und  verein¬ 
zelten  Beschreibungen  dem  Aphorismen-Bande  ein¬ 
verleibt  werden  sollen.  Am  interessantesten  sind 


natürlich  die  „Hieroglyphen  zur  Rückerinnerung“,  die 
die  italienische  Reise  betreffen,  weil  man  hier  un¬ 
willkürlich  Goethes  italienische  Reiseblätter  zum  Ver¬ 
gleich  heranziehen  wird,  die  drei  Jahre  nach  Heinses 
Rückkehr  einsetzen.  Allerdings  war  Heinse  ein  andrer 
Arbeiter.  Er  schrieb  seine  Tagebücher  meist  am 
Schluß  jedes  Tages  im  Nachtquartier  mit  flüchtiger 
Hand  und  gab  sich  nicht  sonderlich  Mühe,  sie  stilistisch 
zu  durchfeilen.  Es  fehlt  ihnen  daher  das  Ausgeglichene, 
obwohl  die  unmittelbare  Wirkung  entschieden  stärker 
wird.  Neben  ihrem  kunstgeschichtlichen  Wert  haben 
sie  auch  noch  einen  kulturhistorischen,  den  ich  fast 
höher  stellen  möchte:  Heinse  war  der  Entdecker 
Italiens  für  das  deutsche  XVIII.  Jahrhundert. 

Mancherlei  aus  den  Tagebüchern  ist  in  die  Briefe 
Heinses  übergegangen:  die  vom  Rhein  und  aus  der 
Schweiz  in  die  gleichzeitigen  Briefe  an  Fritz  und  Betty 
Jacobi,  die  aus  Neapel  teilweise  in  die  Briefe  an  Gleim, 
Stückwerk  auch  in  den  „Ardinghello“.  Der  kritische 
Anhang  des  Bandes  gibt  Ausweis  über  die  Hand¬ 
schriften,  deren  undeutliche  Bleistiftschrift  dem  Her¬ 
ausgeber  die  Entzifferung  nicht  leicht  gemacht  haben 
mag,  und  über  die  eigenen  Korrekturen,  bringt  auch 
kurze  Aufzeichnungen  über  einen  Besuch  Heinses  bei 
der  Fürstin  Gallitzin  in  Münster,  Adelheid  Amalie,  ge¬ 
borene  Gräfin  Schmettow,  der  „Diotima“  in  Hemster- 
huis’  „Lettre  sur  l’atheisme“.  Der  Besuch  läßt  sich 
chronologisch  nicht  genau  fixieren,  muß  aber  in  den 
achtziger  Jahren  erfolgt  sein;  die  Aufzeichnungen  sind 
nur  flüchtig,  aber  nicht  ohne  Interesse:  sie  charakteri¬ 
sieren  die  merkwürdige  Frau  gut.  — bl — 


7 


Beiblatt. 


Unter  dem  Titel  „Deutsch-Österreichische Klassiker- 
Bibliothek“  ist  im  Verlage  von  Karl  Prochaska ,  Wien 
und  Tetschen  eine,  wie  es  scheint,  ziemlich  sorgfältig 
vorbereitete  Unternehmung  ins  Leben  getreten.  Als 
Herausgeber  zeichnet  Dr.  Otto  Rommel.  Die  Samm¬ 
lung,  die  gut  gedruckt  ist,  soll  nicht  vollständige  Aus¬ 
gaben  der  einzelnen  Dichter  bringen,  sondern  nur 
eine  Auslese  der  bedeutendsten  und  interessantesten 
Schöpfungen  der  deutsch-österreichischen  Literatur,  die 
ja  zum  Teile  nicht  in  dem  Maße  bekannt  und  gewürdigt 
wird,  als  sie  es  verdient.  Überflüssig,  erst  nachweisen  zu 
sollen,  daß  die  Deutschösterreicher  auf  allen  Gebieten 
dichterischen  Schaffens  Großes  und  Unvergängliches 
geleistet  haben.  Namen  wie  Grillparzer,  Lenau,  Grün, 
Stifter,  Raimund,  Kürnberger  haben  den  dichterischen 
Ruhm  des  deutschösterreichischen  Stammes  in  alle 
Lande  getragen.  Doch  auch  andre  Dichter,  wie  Joh. 
Gabriel  Seidl,  Halm,  die  Erzähler  Charles  Sealsfield, 
Moritz  Hartmann,  Fr.  M.  Felder,  ferner  Deinhardstein, 
Nestroy,  die  Lyriker  Zedlitz,  Joh.  Nep.  Vogl,  K.  Beck, 
der  Tiroler  H.  v.  Gilm  usw.  sind,  zum  Teil  eingesargt 
in  kostspielige  und  selten  gewordene  Ausgaben,  einer 
höchst  unverdienten  Vergessenheit  anheimgefallen,  aus 
der  sie  —  unter  Ausscheidung  des  für  die  beabsichtig¬ 
ten  Zwecke  unnötigen  Ballastes  —  zu  retten,  der  Verlag 
als  seine  Aufgabe  betrachtet.  Einen  Namen  vermissen 
wir  in  der  Reihe  der  aufgezählten  Autoren  allerdings, 
den  des  erst  vor  ungefähr  zwei  Jahren  verstorbenen 
hochbegabten  J.  J.  David,  dessen  gesammelte,  in 
7  Bänden  bereits  vorliegenden  Werke  bei  Piper  & 
Cie.  in  München  erschienen  sind.  Unseres  Erachtens 
wären  die  Schwierigkeiten,  die  im  Verlagsrecht  wurzeln, 
durch  ein  Übereinkommen  mit  der  Münchener  Firma 
wohl  zu  überwinden.  Von  der  „Deutschösterreichischen 
Klassikerbibliothek“  sind  bisher  erschienen  Halm  (No¬ 
vellen),  Lenau  (Novellen),  Raimund,  Grillparzer  (2  Bänd¬ 
chen)  und  Joh.  Gabr.  Seidl  (Altwiener  Novellen).  In 
der  biographischen  Einleitung  zu  des  Letztgenannten 
ausgewählten  Werken  stört  die  Zitierung  eines  völlig 
poesielosen,  recht  flachen  Altersgedichtes  Seidls,  das 
durchaus  nicht,  wie  der  Herausgeber  meint,  ergreifend 
wirkt,  und  besser  nicht,  insbesondere  an  dieser  Stelle, 
erwähnt  worden  wäre.  Sonst  ist  die  Ausgabe  zu  loben, 
insbesondere  die  nette  Ausstattung,  die  ihr  der  Verlag 
zuwendete.  Die  erste  Serie  wird  20  Bände  umfassen, 
deren  jeder  elegant  gebunden  nur  1  Kr.  (85  Pfg.)  kostet. 
Die  Liebhaberausgabe  in  zierlichen  Halbfranzbänden 
wird  zum  Preise  von  Kr.  3.60  (M.  3)  für  den  Band  ab¬ 
gegeben.  - —  Fgl. 

Im  Salon  Caroline  Schlegels  zu  Jena  lernte  Clemens 
Brentano  die  Dichterin  Sophie  Mereau  kennen.  Das 
muß  bald  nach  seiner  Ankunft  in  Jena,  im  Frühling 
1798,  gewesen  sein,  und  der  neunzehnjährige  Student 
verlor  denn  auch  schleunigst  sein  leicht  entzündbares 
Herz  an  die  zierliche  blauäugige  Frau.  Er  las  ihr 
Partien  aus  seinem  „Godwi1’  vor  und  arbeitete  an 
Sophiens  „Kalathiskos“  mit;  es  war  ein  herzlicher  und 
inniger  Verkehr,  dem  auch  die  Würze  mancher 
„Mißverständnisse“  nicht  fehlte,  die  Sophie  getreulich 
ihrem  Tagebuch  anzuvertrauen  pflegte.  Dann  kam  für 
sie  die  Scheidung  von  ihrem  Gatten,  die  sie  nötigte. 


Jena  zu  verlassen.  Auch  in  die  Ferne  flogen  die  Briefe 
Brentanos,  die  aber  ablehnend  beantwortet  wurden, 
bis  sich  an  einem  Maitage  in  Weimar  die  Herzen 
fanden.  Am  29.  November  1803  ließen  sich  die  Beiden 
in  ihrem  neuen  Wohnort  Marburg  trauen. 

Die  Ehe  war  nicht  sonderlich  glücklich.  Sie  um¬ 
faßte  „Himmel  und  Hülle";  so  schrieb  Sophie  an 
Charlotte  von  Ahlefeld,  aber  die  Hölle  sei  vorherr 
sehend.  Dennoch  zeigte  sich  gerade  in  den  ersten 
Dichtungen  Clemens’  der  wohltätige  Einfluß  seiner 
Frau;  in  der  „Chronika",  mehr  noch  in  den  „Romanzen 
vom  Rosenkranz".  Charakteristisch  vergleicht  Arnim 
(1805)  das  Ehepaar  mit  zwei  Meistern  auf  der  Orgel, 
„die  beyde  recht  spiellustig  sind,  doch  fällt  es  erst  dem 
einen  ein  zu  spielen,  wenn  schon  der  andere  angesezt, 
da  zieht  er  ihm  die  Pfeifen  aus  und  will  sie  stimmen". 
In  die  Heidelberger  Zeit  fallen  als  Tage  reinster 
Freude  die  Arbeiten  am  „Wunderhorn".  Nun  folgt 
eine  ruhigere  und  glücklichere  Epoche.  Mitte  1806 
schreibt  Clemens  an  Arnim :  „Wir  leben  in  einer 
wunderschönen,  einigen  Ehe“.  Arnim  soll  im  Herbst 
zum  drittenmal  Pate  bei  ihm  werden;  aber  die  Geburt 
dieses  Kindes  tötet  die  Mutter. 

Der  Briefwechsel  zwischen  Clemens  und  Sophie 
kam  durch  Bettine  an  Varnhagen,  dessen  Nachlaß  die 
Berliner  Königliche  Bibliothek  aufbewahrt.  Dort  lag 
er  lange  unbenützt,  da  Hermann  Grimm  merkwürdiger¬ 
weise  seine  Sekretierung  beantragt  hatte.  Mit  Unter¬ 
stützung  von  Erich  Schmidt  ist  es  nun  Heinz  Ame/ung 
gelungen,  das  Verbot  aufzuheben,  und  so  liegt  uns 
denn  endlich  der  vollständige  „ Briefwechsel  zwischen 
Clemefis  Brentano  und  Sophie  Mereau“  vor  (Leipzig, 
Insel -Verlag ;  2  Bände,  M.  7).  Er  beginnt  mit  einem 
Billet  Sophiens  vom  Dezember  1798  und  schließt  mit 
j enem  Briefe  von  Clemens,  den  er  am  24.  September  1 806 
von  Frankfurt  aus  an  seine  Frau  schrieb,  wohin  er 
Tieck  begleitet,  der  eben  aus  Rom  gekommen  war 
und  sich  ein  paar  Tage  in  Heidelberg  aufgehalten 
hatte.  Die  sämtlichen  Briefe  sind  wortgetreu  nach  den 
Originalen  wiedergegeben;  eine  Anzahl  Briefe  von 
Clemens,  die  Sophie  in  ihrem  Tagebuch  erwähnt,  fehlt 
freilich,  da  sie  sie  in  einem  Anflug  böser  Laune  in 
Kamburg  verbrannt  hatte.  In  den  Anmerkungen  hat 
der  Herausgeber  sich  knapp  gefaßt.  Das  ist  besser 
als  unnötige  Wortschwulst;  alles  Wissenswerte  ist 
jedenfalls  gesagt  worden.  Für  die  neue  Gesamtaus¬ 
gabe  der  Werke  Brentanos,  die  im  Verlage  von  Georg 
Müller  in  München  zu  erscheinen  begonnen  hat,  wird 
auch  diese  schätzenswerte  Publikation  in  Betracht 
kommen.  — bl — 


Von  Ullsteins  Weltgeschichte  (Berlin,  Ullstein  &  Co.) 
ging  uns  kürzlich  der  Band  zu,  der  die  Geschichte  des 
Mittelalters  behandelt.  Er  gliedert  sich  in  vier  Ab¬ 
teilungen:  „Völkerwanderung  und  Frankentum“  von 
J.  v.  Pflugk-Harttung,  „Kaisertum  und  Papsttum"  von 
G.  Kaufmann,  „Der  Ausgang  des  Mittelalters“  von  W. 
Friedensburg  und  „Eintritt  der  Slawen  in  die  Welt¬ 
geschichte“  von  A.  Brückner  und  ist  für  uns  Biblio¬ 
philen  vor  allem  wieder  durch  seine  glänzende  Illu¬ 
strierung  interessant.  Von  den  ganzseitigen  Tafeln  und 


cS 


Beiblatt. 


Bilderbeilagen  seien  nur  folgende  erwähnt:  die  irische 
Miniatur  des  Evangelisten  Matthäus  aus  dem  „book  of 
kells“,  das  der  Überlieferung  nach  aus  dem  Besitze 
des  Heiligen  Columban  stammen  soll,  —  die  Artikel 
der  Barone  in  der  Magna  Charta  nach  dem  Perga¬ 
mentexemplar  im  British- Museum,  —  die  Bulle  des 
Papstes  Alexander  II.  mit  der  Unterschrift  des  da¬ 
maligen  Archidiakonus  Hildebrand,  des  späteren  Papstes 
Gregor  VII.,  —  die  Seite  aus  den  „Statuten  des  Ordens 
vom  heiligen  Geiste“  mit  den  Vorschriften  für  die 
Kreuzzugsritter,  —  eine  Seite  des  Sachsenspiegels 
nach  dem  Dresdner  Original,  —  endlich  die  Wieder¬ 
gabe  einer  Seite  aus  der  Goldenen  Bulle  Karls  IV. 
nach  der  Pergamenthandschrift  in  der  Wiener  Hof¬ 
bibliothek.  Alle  diese  Faksimilien  sind  musterhaft  re¬ 
produziert  (was  auch  den  Dreifarbendrucken  nach¬ 
gerühmt  werden  muß)  und  zeigen  von  neuem,  wie 
himmelhoch  die  sogenannte  authentische  Illustration 
über  der  phantastischen  steht,  mit  der  man  ehemals 
auch  wissenschaftliche  Bücher  zu  schmücken  pflegte. 
Die  ganze  Ausstattung  des  Werks  mit  seinen  farbigen 
Kapitalstücken  und  alten  Miniaturwerken  entnommenen 
Initialen,  seinem  sauberen  Druck  und  der  geschmack¬ 
vollen  Einreihung  der  Textbilder  zeugt  von  feinem 
Takt;  nur  für  den  Einband  kann  ich  mich  nicht 
erwärmen,  obwohl  die  Deckelzeichnung  von  keinem 
Geringeren  als  Franz  Stuck  herrührt.  — z. 


Magister,  Oberlehrer,  Professoren  —  Wahrheit  und 
Dichtung  in  Literaturausschnitten  aus  fünf  Jahrhunder¬ 
ten  betitelt  sich  ein  Buch,  das  im  Verlage  von  C.  Koch 
in  Nürnberg  kürzlich  erschienen  ist  und  Herrn  Dr. 
Eduard  Ebner  zum  Verfasser  hat.  Es  verfolgt  eine 
ähnliche  Absicht,  wie  das  vor  einigen  Jahren  veröffent¬ 
lichte  Werk  Wohlrabes  „Der  Lehrer  in  der  Literatur“, 
nur  daß  Ebners  Arbeit  mehr  die  literarische  Zeichnung 
der  sogenannten  höheren  Lehrer  im  Auge  hat,  während 
Wohlrabe  zum  größten  Teile  sich  mit  dem  Stande  der 
Volksschullehrer  beschäftigte.  Der  Verfasser  will  mit 
seinem  Buche  die  Auffassung  kennzeichnen,  die  im 
Volke  von  der  Art  und  dem  Wesen  des  höheren  Päda¬ 
gogen  herrscht.  Zu  diesem  Zwecke  zieht  er  die  deutsche 
poetische  Literatur,  bis  ins  Mittelalter  zurückgehend, 
heran,  in  der  sich  diese  Auffassung  widerspiegelt.  Denn 
die  Verfasser  von  Dichtungen,  in  denen  Lehrergestalten 
auftreten,  formen  nach  Ansicht  Ebners  diese  Figuren 
nach  eigenen  erlebten  Jugendeindrücken,  die  freilich 
von  Gunst  und  Haß  oft  verwirrt  sein  mögen.  So  wie 
der  Lehrer  einst,  als  sie  in  der  Schulbank  saßen,  vor 
ihnen  stand,  so  bilden  sie  ihn  in  ihren  Werken  nach. 
Erscheint  der  Pädagog  in  den  früheren  Jahrhunderten 
noch  spärlich  in  den  Erzeugnissen  der  Dichtung,  so  ist, 
insbesondere  am  Ende  des  XIX.  Jahrhunderts,  die 
Zahl  der  poetischen  Werke  (und  nur  diese,  nicht  wissen¬ 
schaftliche  oder  reine  Tendenzschriften  erscheinen  in 
Ebners  Buche  berücksichtigt),  die  sich  mit  dem 
höheren  Lehrer  irgendwie  auseinandersetzen,  beinahe 
unabsehbar  geworden.  In  der  fleißigen,  wenn  auch 
begreiflicherweise  nicht  Vollständigkeit  erreichenden 
Arbeit  Ebners  marschieren  sie  alle  auf:  der  Humanist 

Z.  f.  B.  1909/1910.  4.  Beiblatt.  — 


der  Reformationszeit,  der  Lehrer  des  XVIII.  Jahr¬ 
hunderts  mit  Zopf,  kurzen  Hosen  und  schwarzen 
Strümpfen,  der  gelehrte,  weltfremde  Humanist,  und 
schließlich,  damit  das  Bild  umfassend  werde,  auch  noch 
der  „schneidige“  Oberlehrer  der  Gegenwart.  Wir  finden 
Frank  Wedekind  mit  seinem  „Frühlingserwachen“  oder 
Hermann  Hesses  „Unterm  Rad“  genau  so  heran¬ 
gezogen  wie  Gottfried  von  Straßburgs  „Tristan  und 
Isolde“,  Moscherosch,  Laukhard  oder  Christian  Weise. 
Ein  Überblick  über  das  Verzeichnis  der  in  Ausschnitten 
verarbeiteten  Werke  zeigt,  daß  es  insbesondere  inner¬ 
halb  der  modernen  Literatur  sehr  wenige  irgendwie 
bedeutungsvolle  Erscheinungen  gibt,  die  sich  nicht  mit 
dem  Lehrer  oder  Professor  auseinandersetzen.  Das 
Buch  ist  gut  ausgestattet.  Fgl. 


Die  Gedichte  der  Bibel.  In  deutscher  Sprache 
von  M.  A.  Klausner.  Berlin,  S.  Calvary  &  Co.  Mit 
Buchschmuck  von  Judith  Klausner.  Zweite  und  dritte 
Auflage. 

Die  „Gedichte  der  Bibel“  umfassen  drei  Bände.  Der 
erste  Band  enthält  die  Prophetenworte  und  die  Sprüche 
Salomos,  der  zweite  die  Psalmen,  der  dritte  das  Hohe¬ 
lied,  das  Klagelied,  das  Buch  Hiob,  das  Buch  Esther, 
das  Buch  Ruth,  den  Prediger  Salomo.  Die  Liebe  zur 
Heiligen  Schrift,  so  sagt  Klausner  im  Vorwort,  habe 
ihn  zu  dieser  Neudichtung  veranlaßt.  Der  Leser  muß 
natürlich  von  vornherein  beim  Lesen  den  Gedanken 
ausschalten,  daß  an  derartigen  Kulturdenkmälern,  wie 
der  Bibel  des  alten  Bundes,  nicht  korrigiert  werden 
sollte.  Gelingt  es  dem  Nachfahren,  hie  oder  da  die 
Wirkung  des  Originals  zu  übertreffen,  so  hat  er  Recht 
getan:  der  Erfolg  allein  entscheidet.  Klausner  hat  in 
seinen  verschieden  skandierten  Versen  oft  die  Volks¬ 
tümlichkeit  und  auch  oft  die  Lieblichkeit  recht  gut 
getroffen:  die  Größe  aber,  das  Grausig-Unversöhnliche 
ist  er  uns  schuldig  geblieben.  Wo  die  alten  Judäer  zu 
Heroen  werden,  wo  sie  den  Mord  aus  Vaterlandsliebe 
feiern,  wo  sie  ausgesprochen  vorchristlich  fühlen  und 
handeln,  da  ersetzt  der  Klausnersche  Rhythmus  nicht 
die  monumentale  Sachlichkeit,  die  knappe  Wucht  der 
Bibelsprache.  Die  kurzen,  epigrammatisch  zugespitz¬ 
ten  Sprüche  sind  am  besten  gelungen;  sie  sind  zu¬ 
weilen  von  einer  geradezu  unheimlichen  Modernität: 

„Zur  Weisheit  gelangt,  wer  sich  Weisen  gesellt; 
Wer  den  Toren  anhangt,  wird  zerschellt!“ 

„Leer  wirst  du  die  Tenne  sehn, 

Wenn  im  Stall  nicht  Rinder  brüllen; 

Kräftge  Rinder  nur  verstehn, 

Scheune  und  Scheuer  dir  zu  füllen!“ 

„Es  spricht  der  Träge  : 

Ein  Löwe  ist  im  Gehege, 

Ein  Mörder  ist  auf  dem  Wege!“ 

Hier  stört  der  Reimzwang  nicht,  der  die  pathetischen 
Stellen  häufig  um  ihre  Wirkung  bringt.  Die  Psalmen 
sind  teils  in  freiem  Streckvers,  teils  in  Reimstrophen 
übertragen.  Auch  hier  sind  mir  im  Durchschnitt  erstere 
lieber,  doch  auch  unter  den  gereimten  ist  viel  wahrhaft 


Beiblatt. 


Sangbares  und  hie  und  da  eine  fortreißende  rhyth¬ 
mische  Bewegung. 

Natürlich  mußte  wie  kein  zweites  das  ewige  Liebes¬ 
lied  Salomonis  den  Autor  reizen;  daß  er  zeitweilig  in 
Heinesche  Rhythmen  fällt,  ist  kein  Schade.  Sehr  glück¬ 
lich  ist  der  epische  Ton  getroffen,  z.  B.  beim  Buch  Hiob, 
das  also  anhebt: 

„Es  lebt’  ein  Mann  in  Ur,  mit  Namen  Ijob. 

Untadlig  war  er,  redlich,  gottesfürchtig, 

Und  mied  das  Böse.“ 

Am  wenigsten  gelungen  ist  das  Buch  Ruth,  dessen 
originale  Lieblichkeit  wie  ein  Feldblumenstrauß  zwischen 
den  düsteren  Lorbeerzweigen  des  alten  Testaments 
blüht.  Herr  Klausner  hat  —  und  das  ist  bei  dem 
großen  Interesse,  das  ein  derartiger  Versuch  stets 
weiteren  Kreisen  einflößt,  recht  schade  —  sich  immer 
noch  zu  sklavisch  an  den  Urtext  gehalten.  Die  neun¬ 
tausend  Schafe  und  das  Epha  Gerste  und  die  verschie¬ 
denen  Stammbäume,  alles  muß  mit  hinein.  Herr 
Klausner  hat  meiner  Ansicht  nach  seine  Ehrfurcht  vor 
dem  überlieferten  Wort  seiner  Ehrfurcht  vor  der  Poesie 
vorangestellt  und  das  Erstgeburtsrecht  der  Bibel  allzu 
sehr  gewahrt. 

Der  Buchschmuck  ist  keineswegs  weiblich-weichlich, 
sondern  kraftvoll  und  originell.  Die  Deckelzeichnung: 
schwarze  Opferbecken,  aus  denen  ockergelber  Weih¬ 
rauch  zum  Zeichen  Davids,  dem  Pentagramm,  empor¬ 
quillt,  rahmt  den  gut  gezeichneten  Titel  ein  und  steht 
auf  grau-braunem  Grund.  Glattes  ockergelbes  Vor¬ 
satzpapier  leitet  zum  Elfenbeinton  des  büttenartigen 
Druckpapiers  über.  m. 


Die  berühmte  Sammlung  La?ina  in  Prag ,  deren 
Kupferstiche  in  diesem  Frühjahr  versteigert  wurden, 
umfaßt  auch  eine  glänzende  kunstgewerbliche  Ab¬ 
teilung.  Über  diese  erscheint  jetzt  im  Verlag  von 
Karl  IV.  Hiersemann  in  Leipzig  ein  großer  beschreiben¬ 
der  Katalog,  verfaßt  von  Julius  Leisching.  Der  erste 
Band  (Preis  ioo  Mark)  liegt  uns  vor.  Nach  einer 
Einleitung  des  Herausgebers  von  49  Seiten  mit  53 
Illustrationen  folgt  die  musterhafte  knappe  Beschreibung 
von  2240  Objekten,  darunter  1256  Arbeiten  in  Ton. 
In  der  Porzellansammlung  (661  Stücke)  ist  Meißen 
und  Wien  besonders  gut  vertreten;  aber  auch  die 
andern  Werkstätten  werden  durchweg  mit  auserlesenen 


Stücken  von  unzweifelhafter  Echtheit  repräsentiert. 
Dasselbe  gilt  von  den  weniger  zahlreichen  Arbeiten 
in  Metall,  den  Emaillen,  Geweben,  Stickereien  und 
Lederbänden.  Die  hervorragendsten  102  Gegenstände 
hat  die  Prager  Kunstanstalt  Carl  Bellmann  auf  vierzig 
schwarzen  und  zehn  farbigen  Lichtdrucktafeln  unüber¬ 
trefflich  wiedergegeben.  So  sichert  dieser  Katalog,  wenn 
die  Sammlung  Lanna  im  Herbst  dieses  Jahres  durch 
die  Auktion  zerstreut  sein  wird,  ihrem  Besitzer  ein 
ehrenvolles  Andenken  und  wird  zugleich  für  alle  Zeit 
den  Keramikern  und  den  kunstgewerblichen  Sammlern 
wertvolle  Hülfen  gewähren.  — i. 

Während  der  Katalog  der  Bibliothek  Knaake  er¬ 
schien,  haben  wir  wiederholt  auf  diese  große  Samm¬ 
lung  von  Reformationsschriften  hingewiesen  und  von 
den  Ergebnissen  der  Versteigerungen  bei  Oswald 
Weigel  in  Leipzig  berichtet.  Durch  die  musterhaften 
bibliographischen  Aufnahmen  und  den  Reichtum  an 
Seltenheiten  werden  die  Kataloge  zu  einem  sehr  wert¬ 
vollen  Seitenstück  des  älteren„Thesaurus“vonA'«rrj«j^/’, 
als  Nachschlagebuch  ebenso  unentbehrlich  für  Samm¬ 
ler  und  Historiker  der  Reformationsliteratur.  In  einem 
stattlichen  Leinenband  (Preis  12  Mark),  versehen  mit 
Namenregister  und  vollständigen  Preislisten,  vereinigt 
Oswald  Weigel  jetzt  die  sechs  Abteilungen  und  erwirbt 
sich  damit  einen  Anspruch  auf  den  Dank  der  Forscher 
und  Bibliophilen.  G.  W. 


Eine  neue  Monatsschrift  „Original  und  Repro¬ 
duktion"  ,  herausgegeben  von  Hans  Loose  beginnt  mit 
dem  Juli  1909  im  Verlag  von  Gustav  Ferd.  Schacht 
in  Leipzig  zu  erscheinen.  Neben  größeren  Artikeln 
über  Graphik  und  Graphiker  will  sie  die  neuerschei¬ 
nende  Kunstliteratur,  Vorträge,  Auktionen,  Erwer¬ 
bungen  der  Museen  und  sonstige  Nachrichten  aus  dem 
weiten  Gebiete  der  graphischen  Künste  bringen.  Als 
eigenartige  Neuerung  erscheint  ein  Verzeichnis  zeit¬ 
genössischer  Originale,  die  von  Max  Lehrs-Dresden , 
Gustav  Pauli- Br e?nen,  H.  von  Tschudi- Berlin  begut¬ 
achtet  sind.  Ob  aber  Künstler  und  Laien  sich  willig 
den  Urteilen  fügen  werden?  Zumal  da  die  Gründe 
nicht  mitgeteilt  sind,  wie  es  doch  jeder  Verurteilte 
sonst  fordern  darf.  Immerhin  ist  der  Versuch  lehrreich 
und  anerkennenswert.  □ 


Kleine  Mitteilungen. 


Bei  Gelegenheit  der  8.  deutschen  Taubstummen¬ 
lehrer-Versammlung  soll  vom  1.  bis  10.  Oktober  d.  J. 
im  Deutschen  Buchgewerbehause  zu  Leipzig  eine 
Samuel  H einicke- Ausstellung  veranstaltet  werden.  Sie 
soll  alles  umfassen,  was  sich  auf  die  Person  Samuel 
Heinickes  bezieht,  der  1778  in  Leipzig  die  erste  Taub¬ 
stummenanstalt  Deutschlands  begründete,  —  also  seine 
Manuskripte,  Briefe,  Druckschriften  und  sämtliche  über 
ihn  und  seine  Anstalt  handelnden  Bücher  und  Aufsätze, 
außerdem  auch  alle  sonstige  auf  Taubstummenunter¬ 
richt  bezügliche  Literatur.  Das  Komitee  der  Aus¬ 
stellung  bittet  um  Darleihung  des  auf  diese  Gegen¬ 


stände  bezüglichen  Materials  (Adresse:  Deutscher 
Buchgewerbe -Verein  für  die  Samuel  Heinicke-Aus- 
stellung,  Leipzig ),  sichert  sorgsame  Aufbewahrung  und 
Feuerversicherung  zu  und  wird  bei  der  Rücksendung 
eine  etwa  zehn  Bogen  umfassende  Schrift  über  Samuel 
Heinicke  mit  einer  Heinicke-Bibliographie  als  Ersatz 
der  Zusendungsspesen  beifügen. 

Noch  nicht  aufzufinden  waren  folgende  Schriften 
Heinickes:  Biblische  Geschichte  Alten  Testaments. 
Hamburg  1775.  Über  Apostel  ohne  Gott,  für 
Conventionsmünze.  Frankfurt  und  Leipzig  1 787.  Grund¬ 
lage  des  allgem.  deutschen  Verwahrungsjournals. 


10 


Beiblatt. 


Copenhagen  1786.  Der  Kritiker.  Eine  Monatsschrift. 
3  Stücke.  Leipzig  u.  Dessau  1784.  Mitteilungen  darüber 
erbittet  Dr.  Paul  Schumann.  Leipzig,  Schleußiger 
Weg  1  a. 


Unter  dem  Titel  „Census  of  Caxtons“  hat  die  New 
Yorker  „Bibliographical  Society“  unlängst  eine  von 
Seymour  de  Ricci  verfaßte  überaus  sorgfältige  Caxton- 
Bibliographie  unter  ihre  Mitglieder  zur  Verteilung  ge¬ 
bracht.  Die  Arbeit  gibt  nicht  nur  eine  möglichst  voll¬ 
ständige  Liste  der  aus  Caxtons  Presse  hervorgegangenen 
Bücher,  sondern  auch,  soweit  möglich,  eine  vollständige 
Geschichte  jedes  vorhandenen  Bandes  oder  Bruch¬ 
stücks  mit  Hinweisen  auf  solche  Stücke,  die  in  älteren 
Versteigerungs-Katalogen  u.  a.  m.  verzeichnet  sind, 
aber  heute  nicht  mehr  nachgewiesen  werden  können. 
Die  Namen  der  ältesten  Besitzer  sind  hauptsächlich 
aus  Vorsatzblättern  oder  handschrifdichen  Anmer¬ 
kungen  entnommen,  die  der  späteren  durch  Hinweise 
auf  Versteigerungskataloge  unter  Angabe  der  Seiten¬ 
zahl  und  Nummer  nachgewiesen ;  selbstverständlich  fehlt 
auch  die  Angabe  der  gegenwärtigen  Besitzer  nicht. 
Die  bibliographische  Beschreibung  ist  außerordentlich 
sorgfältig  und  gibt  nicht  nur  über  Titel,  Seitenzahl, 
Alter  usw.,  sondern  auch  über  den  Erhaltungszustand 
der  Drucke  genaue  Auskunft.  Die  Liste  von  unauffind¬ 
baren  Drucken  ist  ziemlich  groß ;  doch  darf  man  wohl 
annehmen,  daß  viele  davon  mit  den  aufgeführten 
Drucken  identisch  sind.  Außer  den  Büchern,  die  Caxton 
selbst  in  Brügge  und  Westminster  druckte,  sind  auch 
drei  erwähnt,  die  nach  Caxtons  Rückkehr  nach  Eng¬ 
land  in  Brügge  mit  Caxtons  Typen  hergestellt  wurden, 
ferner  zwei  in  Paris  von  Guillaume  Maynyal  für  Cax¬ 
ton  hergestellte  Drucke,  fünf  Bücher,  die  nach  Caxtons 
Tode  Wynken  de  Worde ,  doch  mit  Caxtons  Typen, 
druckte,  und  endlich  das  Buch  eines  unbekannten 
Druckers  (John  Kays  „Siege  of  Rhodus "),  das  wahr¬ 
scheinlich  mit  Caxtons  Typen  hergestellt  wurde.  Im 
ganzen  sind  m  Bücher  und  Blätter  beschrieben,  von 
denen  genau  100  von  Caxton  selbst  hergestellt  wurden. 
Das  Titelblatt  des  Bandes  enthält  die  Wiedergabe  des 
vlämischen  Stiches,  der  die  Chatsworthsche  Ausgabe 
des  „ Recuyell  of  the  Hy story es  of  Troye“  schmückt  und 
der,  wie  man  annimmt,  Caxton  selbst  darstellt,  wie  er 
ein  Exemplar  seines  Buches  der  Herzogin  Margarete 
von  Burgund  überreicht. 

(Börsenblatt  nach  „  The  Nation“). 


Das  Gutenberg-  M useum  in  Mainz  hat  im  ver¬ 
flossenen  Jahre  wieder  einen  reichen  Zuwachs  erfahren. 
Vor  allem  hat  es  die  Haupterzeugnisse  an  Schrift¬ 
neuheiten  und  mustergültigen  Arbeiten  der  modernen 
Drucktechnik  erhalten,  ferner  englische  Preßerzeug- 
nisse,  an  erster  Stelle  Drucke  der  Keimscott  Preß  von 
William  Morris,  und  ein  Schöfferscher  Einblattdruck, 
von  dem  nur  4  Exemplare  bekannt  sind.  Ein  be¬ 
sonderes  Augenmerk  ist  auch  dem  Ausbau  der 
sogenannten  „Gutenberg-Bibliothek“  zugewandt  ge¬ 
wesen, 


Die  Zahl  wertvoller  Fachbibliotheken  ist  in  Berlin 
wieder  um  eine  neue  vermehrt  worden.  Der  bekannte 
Münchener  Philologe  Professor  Dr.  Ludwig  Traube 
(f  20.  Mai  1907),  der  mit  besonderem  Eifer  das  Latein 
des  Mittelalters  pflegte,  hatte  sich  planvoll  und  unter 
Anwendung  bedeutender  Geldmittel  eine  Arbeits¬ 
bibliothek  geschaffen,  die  die  griechische  und  besonders 
die  römische  Literatur,  die  lateinische  Literatur,  die 
allgemeine  Geschichte  und  Kulturgeschichte  des  Mittel¬ 
alters  bei  besonderer  Betonung  der  Überlieferungs¬ 
geschichte,  Paläographie  und  Handschriftenkunde 
umfaßt.  Dazu  gesellt  sich  ein paläographischer  Apparat 
von  etwa  3500  photographischen  Blättern.  Um  diese 
kostbare  Bibliothek  der  deutschen  Wissenschaft  zu 
erhalten,  hat  eine  Vereinigung  von  Freunden  des 
verstorbenen  Gelehrten  die  Bibliothek  erworben  und 
dem  Deutschen  Reiche  hochsinnig  als  Geschenk 
vermacht.  Dieses  hat  sie  der  Zentraldirektion  der 
Monumenta  Germaniae  historica  übergeben,  die  sie  in 
dem  Reichsdienstgebäude  in  der  Luisenstraße  33  unter¬ 
gebracht  hat.  Dort  stehen  nun  die  Bücherschätze,  ver¬ 
waltet  vom  Bibliothekar  an  der  Königlichen  Bibliothek 
Dr.  facobi ,  den  Gelehrten  leicht  zugängig  zur  Ver¬ 
fügung.  (Nordd.  Allg.  Ztg.) 


Der  Vorstand  der  Studienbibliothek  in  Linz,  Pro¬ 
fessor  Dr.  Konrad  Schiffmann,  schreibt  der  „Linzer 
Zeitung“:  Die  vielen  wertvollen  Funde,  die  ich  während 
meiner  bisherigen  Amtswirksamkeit  an  der  hiesigen 
Studienbibliothek  gemacht  habe,  überragt  an  Bedeu¬ 
tung  die  Entdeckung  von  zwei  Blättern  der  von  Pust 
und  Schöpfer  in  Mainz  im  Jahre  1462  gedruckten  latei¬ 
nischen  Bibel.  Sie  hatten  als  Deckelbekleidung  eines 
1522  bei  Adolf  Petri  in  Basel  gedruckten  Buches 
(„Tafel  der  Kaiser  und  Könige“)  gedient  und  wurden 
von  mir  im  Mai  dieses  Jahres  gefunden  und  abgelöst. 
Nachdem  Gutenberg  im  Jahre  1455  den  Prozeß  mit 
seinem  Mitarbeiter  Fust  verloren  und  diesem  sein  gan¬ 
zes  Druckmaterial  hatte  abtreten  müssen,  verband  sich 
Fust  mit  dem  sehr  tüchtigen  Peter  Schöffer,  und  diese 
beiden  druckten  dann  gemeinsam,  mit  Gutenbergs 
Materialien  und  Pressen,  das  berühmte  Psalterium  vom 
Jahre  1457,  das  erste  datierte  Druckwerk  der  Welt. 
Fünf  Jahre  später,  am  14.  August  1462,  vollendeten 
Fust  und  Schöffer  den  Druck  der  ersten  vollständig 
datierten  Bibel,  zwei  Bände  in  Großfolio,  die  wegen 
dieses  Umstandes,  mehr  aber  noch  wegen  ihrer  her¬ 
vorragenden  typographischen  Schönheit  unter  allen 
gedruckten  Bibeln  den  höchsten  Rang  einnimmt.  Kurz 
nach  Vollendung  dieses  Prachtwerkes,  in  der  Nacht 
vom  27.  auf  den  28.  Oktober  1462,  wurde  die  Stadt 
Mainz  von  feindlichen  Scharen  in  Brand  gesteckt  und 
die  Druckoffizin  zerstört.  Fust  überlebte  die  Katastrophe 
nur  vier  Jahre.  Seine  zahlreichen  Gehilfen  zerstreuten 
sich  in  alle  Winde  und  trugen  so,  obgleich  sie  eidlich 
zur  Geheimhaltung  des  Kunstgeheimnisses  verpflichtet 
waren,  die  Kunst  der  Buchdruckerei  in  nahe  und  ferne 
Länder.  Der  erwähnten  ersten  datierten  lateinischen 
Bibel  Fust  und  Schöffers  also  gehören  die  von  mir  ent¬ 
deckten  zwei  Blätter  an,  die  aus  einem  Exemplar  auf 
Pergament  stammen  und  Teile  der  Paulinischen  Briefe 


—  11 


Beiblatt. 


enthalten.  Von  ihrem  materiellen  Werte  gibt  die  Tat¬ 
sache  eine  Vorstellung,  daß  größere  Bruchstücke  aus 
dieser  Bibel  wenn  sie  überhaupt  im  Handel  auftauchen, 
um  2000  Kronen  ausgeboten  werden.  Die  wenigen  voll¬ 
ständigen  Exemplare,  die  noch  erhalten  sind,  mußten 
um  enorme  Beträge  erworben  werden.  Schon  im  Jahre 
1823  galt  ein  schönes  Exemplar  auf  der  Perry-Auktion 
4300  Kronen,  im  Jahre  1873  aber  wurde  das  Perkins- 
Exemplar  für  15600  Kronen  verkauft,  und  acht  Jahre 
später  wurde  das  Sunderland-Exemplar,  auch  auf 
Pergament,  für  32000  Kronen  versteigert. 


Auf  der  diesjährigen  Tagung  des  hanseatischen  Ge¬ 
schichtsvereins  in  Münster  i.  W.  machte  Prof.  Schröder- 
Göttingen  interessante  Angaben  über  die  Vorgeschichte 
des  alten  Volksbuchs  „Der  Eulenspiegel“ .  Das  Braun¬ 
schweiger  erste  Exemplar  des  Buches,  das  auf  ungefähr 
1500  zu  setzen  ist,  ist  bekanntlich  unwiderbringlich  ver¬ 
loren  gegangen.  Von  ihm  existieren  Straßburger  Nach¬ 
drucke  von  1515  und  1519.  Wer  der  Straßburger  Be¬ 
arbeiter  war,  ist  ganz  unsicher,  jedenfalls  war  es  nicht 
Th.  Murner.  Von  den  Geschichten  in  diesen  Stra߬ 
burger  Ausgaben  sind  etwa  85  niedersächsischen  Ur¬ 
sprungs.  Sie  sind  zum  kleinen  Teil  literarischer  Ab¬ 
kunft  und  als  solche  in  noch  älteren  Schwankbüchem 
nachzuweisen,  zum  überwiegenden  Teile  handelt  es  sich 
um  bodenwüchsige  niederdeutsche  Geschichten.  Wahr¬ 
scheinlich  wird  sich  aus  alten  Chroniken  der  Ursprung 
dieses  oder  jenes  Schwankes  noch  feststellen  lassen. 
Nach  Prof.  Schröder  geht  z.  B.  die  Historie  von  Eulen- 
spiegel  als  Türmer  wahrscheinlich  auf  einen  Vorfall 
zurück,  der  sich  in  Hildesheim  im  Jahre  1411  wirklich 
abgespielt  hat.  Und  die  Geschichte  von  der  Katze  im 
Hasenfell ,  die  Eulenspiegel  den  Kürschnern  verkauft, 
hat  ihren  Ausgang  sicher  von  einem  Streich,  welchen 
der  Ratsbüchsenschütz  Ernst  Bock  zu  Braunschweig 
1446  den  dortigen  Kürschnern  spielte.  Wenn  derartigen 
Lokalgeschichten  weiter  nachgespürt  werde,  so  hofft 
Professor  Schröder,  daß  man  wahrscheinlich  noch 
weitere  Verbindungen  zwischen  diesen  und  den  Schwän¬ 
ken  Eulenspiegels  aufdecken  könne.  (Nat.-Ztg.) 


Wegen  Verbreitung  einer  unzüchtigen  Schrift  sind 
vom  Landgerichte  II  in  Berlin  der  Verlagsbuchhändler 
Hermann  Krüger  zu  150  M.  und  der  Romanschrift¬ 
steller  Artur  Zapp  zu  50  M.  Geldstrafe  verurteilt  worden. 
Es  handelt  sich  um  das  „  Tagebuch  der  Madame  Violet“, 
das  von  einer  hochstehenden  Berliner  Dame  verfaßt 
sein  soll.  Zapp  hat  die  anstößigsten  Stellen  daraus  ent¬ 
fernt  und  die  Veröffentlichung  veranlaßt.  Als  die 
Eulenburg-Sache,  namentlich  in  England,  schadenfrohe 
Preßstimmen  erschallen  ließ,  wollte  die  Verfasserin 
den  Engländern  einen  Spiegel  Vorhalten  und  stellte 
eine  Reihe  höchst  bedenklicher  Szenen  aus  dem  eng¬ 
lischen  Hofleben  zusammen.  Das  Gericht  hat  in  dem 
Werke  trotz  der  Tätigkeit  des  Zappschen  Rotstiftes 
eine  unzüchtige  Schrift  erblickt.  —  Die  beiden  Ange¬ 
klagten  hatten  Revision  eingelegt.  Krüger  behauptete, 
er  sei  sich  der  Strafbarkeit  seines  Tuns  nicht  bewußt 


gewesen;  er  habe  geglaubt,  sich  auf  Zapp,  der  etwa 
70  Romane  verfaßt  habe,  vollständig  verlassen  zu 
können.  Das  Reichsgericht  erkannte  jedoch  am 
18.  Juni  1909  auf  Verwerfung  beider  Revisionen. 

(Börsenblatt) 

Foncky  L.,  S.J.,  Die  Parabeln  des  Herrn  im  Evan¬ 
gelium  exegetisch  und  praktisch  erläutert  (Christus  Lux 
mundi  III.  Teil:  Die  Reden  des  Herrn,  Band  I  (XXXIV 
und  927  Seiten.)  Innsbruck  1909,  Rauch.  6  M.  —  Vgl. 
BZ.  I  21 1,  III  205. 

Eine  bibliographische  Neuheit  an  dieser  dritten 
Auflage  ist  die  Eingliederung  in  das  genannte  Sammel¬ 
werk,  das  die  Evangelien  behandeln  soll.  Die  nähere  Be¬ 
schäftigung  mit  einigen  Partien  dieser  Parabelerklärung, 
welche  nicht  bloß  dem  praktischen  Theologen,  sondern 
auch  dem  Exegeten  ganz  ausgezeichnete  Dienste  leistet, 
gestattet  mir,  einige  Verbesserungsvorschläge  für 
kommende  Auflagen  zu  nennen:  Nestles  Ausgabe  des 
NT.  sollte  nicht  als  selbständige  Textgestaltung  neben 
Vestcott,  Hort  usw.  behandelt  sein;  es  widerspricht 
dies  den  wiederholt  ausgesprochenen  Absichten  Nestles 
selber.  Zu  Seite  13:  Lk.  14,  23  würde  ich  nicht  eine 
Parabel  nennen;  das  Wort  rrapaßoXf)  hat  hier  nicht 
unseren  Sinn.  Zu  Seite  17:  Der  Unterschied  zwischen 
Parabel  und  Allegorie  ließe  sich  doch  schärfer  fassen. 
Kleine  Abweichungen  in  den  Übersetzungen  liegen 
z.  B.  bei  Mk.  4,  27  Seite  108  und  110;  Mt.  13,  25  Seite 
130  und  133  vor.  Zu  Seite  176:  Der  Hinweis  auf 
Lk.  13,  29  paßt  nicht  ganz,  weil  die  Stelle  dort  eschato- 
logisch  ist.  Zu  Seite  417:  Die  Vermählung  des  Messias 
mit  seiner  Braut,  der  Kirche,  ist  im  Gleichnis  vom 
königlichen  Hochzeitsmahl  nicht  mehr  angedeutet. 
Zu  Seite  873:  drri  ra  öprj  Mt.  18,  12  kann  auch  auf 
TTopeuGei«;  bezogen  werden,  da  das  dazwischenstehende 
xai  textkritisch  nicht  sicher  ist,  was  Erwähnung  ver¬ 
dienen  würde.  Zu  Seite  871 — 890:  ist  £uu<;  eüpq  (Lk.  15, 
4  und  8)  wohl  mit  bis  er  (sie)  finden  würde  (Vulg.; 
donec  invenirt)  zu  übersetzen.  Seite  903  und  öfter  ist 
statt  einer  Erklärung  nur  die  Übersetzung  wiederholt. 
Es  ist  freilich  nicht  viel  zu  erklären;  aber  dann  ist 
auch  diese  Wiederholung  überflüssig.  Für  nicht  ge¬ 
glückt  halte  ich  die  Erklärung  der  Parabel  vom  un¬ 
gerechten  Verwalter:  In  der  Nachlassung  der  Schuld 
liegt  doch  schwerlich  ein  Wiedergutmachen  früherer 
Überforderungen.  Sind  denn  die  Kinder  der  Welt 
dadurch  den  Kindern  des  Lichtes  voraus,  daß  sie 
ihr  Unrecht  wieder  gut  machen?  Die  größten  Be¬ 
denken  habe  ich  nach  wie  vor  gegen  Foncks  Nei¬ 
gung  zu  duplizieren.  Ich  stimme  ihm  zwar  darin  zu, 
daß  er  die  Parabel  vom  königlichen  Hochzeitsmahl 
(Mt.  22,  1  — 10)  und  vom  großen  Gastmahl  (Lk.  14, 
15 — 54)  nicht  identifiziert.  An  der  Identifizierung  der 
Gleichnisse  vom  verlorenen  Schaf  (nicht  „Schäflein“) 
möchte  ich  trotz  der  Belehrung  auf  Seite  872  fest- 
halten:  Beide  behandeln  doch  die  Freude  über  das 
Wiederfinden  von  etwas  Kleinem.  Wenn  Mt.  das  Wort 
„kleinem“  und  Lk.  das  Wort  „Freude“  in  der  Anwen¬ 
dung  unterstreicht,  so  bedeutet  dies  keine  Differenz, 
die  nicht  auf  das  Konto  des  Evangelisten  gesetzt 
werden  dürfte.  Ebenso  halte  ich  die  drei  Synoptiker 


12 


Beiblatt. 


berichte  über  die  Parabel  vom  Senfkorn  für  Wieder¬ 
gaben  ein  und  derselben  Gleichnisrede  Jesu.  Nicht 
alles,  was  im  lukanischen  Reisebericht  steht,  muß  des¬ 
halb  nicht  schon  an  das  Ende  der  öffentlichen  Wirk¬ 
samkeit  Jesu  gerückt  werden.  Es  ist  eben  sehr  wichtig, 
die  Quellenverhältnisse  der  drei  Synoptiker  zueinander 
genauer  zu  berücksichtigen.  Die  Frage  ist  nicht  die, 
ob  Jesus  die  eine  oder  die  andere  Parabel  öfters  ge¬ 
sprochen  hat  —  kein  einsichtiger  Forscher  wird  das 
leugnen  — ,  sondern  es  ist  zu  untersuchen,  ob  nicht  die 
Synoptiker  ein  und  denselben  Bericht  wiedergeben. 
Bei  ihrer  engen  Verwandtschaft  ist  immer  die  Prä¬ 
sumtion  für  die  letztere  Annahme  vorhanden. 

Sickenberger. 


Der  zwölfte  (1808  er)  Jahrgang  des  Hohenzollern- 
J ahrbuchs  (Leipzig,  Giesecke  &  Devrient)  ist  wieder 
ungemein  reich  an  Beiträgen  zur  Geschichte  des 
regierenden  Herrscherhauses.  In  einem  sehr  inter¬ 
essanten  Aufsatz  untersucht  Reinhold Kofer  die  U mwege, 
auf  denen  der  Große  Kurfürst  zu  seinem  Wahlspruch 
„Sic  gesturus  sum  principatum,  ut  sciam  rem  populi 
esse,  non  meam  privatam“  gelangt  ist  und  weist  nach, 
daß  ihn  der  jugendliche  Markgraf  zuerst  in  seiner,  den 
Abschluß  der  Straßburger  Studienzeit  bildenden  lateini¬ 
schen  „Kunstrede“  angewandt  hat,  zurückgreifend  auf 
ein  Wort  des  Kaisers  Aelius  Adrianus  an  den  Rat  zu 
Rom.  Friedrich  Meusel  teilt  Briefe  des  Prinzen  Karl- 
Emil  und  des  späteren  Königs  Friedrich  I.  an  die  Frei¬ 
frau  von  Schwerin  mit,  die  Gattin  Ottos  von  Schwerin, 
der  der  Hofmeister  und  treue  Erzieher  des  früh  ver¬ 
storbenen  Kurprinzen  gewesen  war  und  in  jener  Zeit 
auch  ein  sorgfältig  geführtes  Tagebuch  verfaßt  hat. 
Der  Hauptwert  der  hier  mitgeteilten  Briefe  besteht  vor 
allem  darin,  daß  es  sich  um  wirkliche  Kinderbriefe 
handelt,  ohne  fremde  Hilfe  niedergeschrieben,  aber 
doch  charakteristisch  für  das  Gemütsleben  und  .die  Nei¬ 
gungen  der  beiden  Hohenzollemsprossen.  Beigegeben 
sind  u.  a.  Reproduktionen  der  de  Baenschen  Öl¬ 
porträts  der  beiden  Prinzen,  die  sich  im  Berliner 
Schlosse  befinden.  Hermann  Friedrich  Macco  hat  im 
Wittumspalais  zu  Weimar,  im  ehemaligen  Zimmer  des 
Fräulein  von  Göchhausen,  ein  von  seinem  Urgroßonkel, 
dem  Maler  Alexander  Macco,  gemaltes  Porträt  der 
Königin  Luise  entdeckt,  das  aus  dem  Sommer  1800 
stammt  und  zu  dem  er  die  interessanten  Aufzeichnungen 
des  Künstlers  über  dessen  Aufenthalt  am  preußischen 
Hofe  wiedergibt.  Ein  Gedenkblatt  Paul  Seidels  be¬ 
handelt  den  verstorbenen  Fritz  Werner  als  preußischen 
Geschichtsmaler;  Bogdan  Krieger  bringt  mancherlei 
N eues  zur  Kindheits-  und  Erziehungsgeschichte  F riedrich 
Wilhelms  II.,  während  Erich  Regener  die  Beziehungen 
Ottos  von  Guericke,  des  Erfinders  der  Luftpumpe,  zum 
Großen  Kurfürsten  untersucht.  Es  folgt  die  Beschreibung 
zweier  Hohenzollernscher  Harnische  im  Berliner  Zeug¬ 
hause  von  Edgar  von  Ubisch  und  eine  Nachlese  zu 
dem  vorjährigen  Aufsatz  von  St.Kekule  von  Stradonitz 
über  Hohenzollem  als  Ritter  des  Goldenen  Vlieses. 
Von  speziellem  Interesse  ist  der  Beitrag  Her?nann 
Graniers  über  die  Aquarellsammlung  Kaiser  Wilhelms  I., 
die  sich  heute  im  Hohenzollern-Museum  befindet  und 


=  Bitte.  = 

Der  Unterzeichnete  bittet  die  Besitzer  der  ältesten 
Ausgaben  der  „propheties“  des  Nostradamus  (nur 
XVI.  Jahrhundert)  ihn  durch  Übermittelung  einer 
genauen  und  ausführlichen  Kollation  der  betreffenden 
Exemplare  bei  einer  bibliographischen  Arbeit  über 
diesen  Gegenstand  zu  unterstützen.  Es  ist  mir  nur  mit 
autoptischen  Angaben  gedient. 

Graf  Carl  v.  Klinckowstroem 

München,  Elisabethstr.  40. 


Steiner-Prag 

Als  Beginn  einer  Reihe  von  Sonderpublikationen 
aus  der  Zeitschrift  für  Bücherfreunde  soll  von  dem 
Artikel  des  Juni-Heftes  über  Hugo  Steiner-Prag  im 
Herbst  eine  Separat  aus  gäbe  in  der  von  uns  geschnit¬ 
tenen  Lemmentype  erscheinen.  Sie  wird  in  bedeutend 
erweiterter  Form  sich  bis  auf  die  neuesten  Arbeiten 
Steiners  erstrecken.  Besonderes  Augenmerk  wird  auch 
den  Exlibris  gewidmet,  einem  Zweige  seiner  Tätigkeit, 
den  Steiner  in  letzter  Zeit  eifrig  gepflegt  hat.  Einige 
sehr  reizvolle  Illustrationen,  unter  anderem  das  früher 
schwarz  gegebene  Bild  aus  dem  Leipziger  Kalender 
1909,  erscheinen  in  farbiger  Wiedergabe.  Bestellungen 
auf  die  Publikation,  die  in  einer  Auflage  von  nur 
500  Exemplaren  gedruckt  wird,  nehmen  wir  schon 
jetzt  entgegen. 

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13 


Beiblatt. 


die  wahrscheinlich  von  Louis  Schneider  angelegt  und 
vom  Geheimrat  Bork  fortgeführt  worden  ist.  G.  B.  Volz 
setzt  seine  Serie  „Friedrich  der  Grobe  und  seine  Leute“ 
fort  und  behandelt  diesmal  zunächst  die  schöne  Schlo߬ 
herrin  von  Tamsel,  Luise-Eleonore  von  Wreech,  die 
der  junge  Fritz  auch  dichterisch  [besang  'und  von  der 
er  noch  1737  an  Voltaire  schrieb:  „In  der  Blüte  meiner 
jungen  Jahre  flößte  eine  liebenswürdige  Person  mir 
zwei  Leidenschaften  auf  einmal  ein.  Sie  ahnen  es: 
die  eine  war  die  Liebe  und  die  andere  die  Poesie. 
Dies  kleine  Wunder  der  Natur,  mit  allen  Grazien  ge¬ 
schmückt,  besaß  Geschmack  und  Feinsinn.“  Sei  er  in 
der  Liebe  auch  nicht  unglücklich  gewesen,  so  habe  er 
als  Poet  nur  schlecht  reüssiert.  Als  dritter  in  den  Kreis 
tritt  Charles-Etienne  Jordan,  den  Volz  auf  Grund  des 
noch  erhaltenen  Briefwechsels  Friedrichs  mit  ihm 
skizziert.  Zu  erwähnen  sind  schließlich  noch  die  Auf¬ 
sätze:  Ernst  Moritz  Arndt  und  Friedrich  Wilhelm  IV. 
über  die  Kaiserfrage  von  Friedrich  Meusel ,  und  Paul 
Seidels  Studie  über  Kunst  und  Kunstgewerbe  in  den 
Königlichen  Schlössern. 

Die  Ausstattung  des  schönen  Jahrbuchs  ist  die  alte 
und  würdige  geblieben.  Die  Abbildungen  im  Text  und 
auf  den  Einschaltblättern  sind  musterhaft  reproduziert. 
Dasselbe  gilt  von  den  beiden  Farbendrucken;  besonders 
die  Wiedergabe  des  Aquarells,  das  den  Prinzen  Wilhelm 
als  Turnierritter  bei  dem  Feste  der  weißen  Rose  im 
Juli  1829  darstellt,  ist  glänzend  gelungen.  — bl — 


Exlibris-Tausch 

Die  Aufnahme  einer  Adresse  kostet  in  dieser  Rubrik 
für  jedes  Heft  x.—  Mk.  (2  Zeilen),  Jahres-Abonnement 
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Nr.  34. 

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erwerbungen  aus  allen  Gebieten.  Alte  Drucke. 
Belletristik  usw.  —  Nr.  91.  Deutsche  Literatur.  Kunst¬ 
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Antiquariatskatalog  wird  auf  Wunsch  zu¬ 
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::  KARL  W.  HIERSEMANN  :: 

Buchhändler  und  Antiquar 

LEIPZIG,  Königstraße  3 
Neue  Antiquariats-Kataloge: 

No.  370:  Verzeichnis  einer  Sammlung  von  Palmblatt- 
Manuskripten.  Veda-  und  Sanskrit-Literatur. 
No.  369:  Periodica.  1119  Nummern. 

No.  368:  Italienische  Kunst.  1364  Nummern. 

No.  367:  Klassische  Philologie  und  Altertumskunde. 
895  Nummern. 

No.  366:  Spanien  und  Portugal.  1277  Nummern. 

No.  365:  Orientalische  Linguistik.  1337  Nummern. 
No.  364:  Archäologie.  1033  Nummern. 

No.  363:  Mittel-  und  Südamerika,  West-Indien  und  die 
Philippinen.  2166  Nummern. 

No.  362:  Amerikanische  Linguistik.  352  Nummern. 
No.  361:  Nordamerika.  691  Nummern. 

No.  360:  Deutsche  Geschichte.  1310  Nummern. 
Interessenten  stehen  diese  Kataloge  gratis 
und  franko  zur  Verfügung. 
Gleichzeitig  biete  ich  zum  Kaufe  an: 

Pergament-Manuskripte,  Antiphonarien, 
Livres  d’heures,  Choralbücher  usw. 

mit  schönen  Miniaturen  aus  dem  XII.  und  XV.  Jahr¬ 
hundert,  sowie  alte  wertvolle  Drucke  mit  schönen  Holz¬ 
schnitten  in  großer  Anzahl  und  in  zum  Teil  sehr 
kostbaren  Stücken.  Ich  habe  genaue  Beschreibungen 
darüber  angefertigt,  die  ich  Interessenten  auf  Verlangen 
gern  zusende. 

KARL  W.  HIERSEMANN,  Leipzig 

Königstraße  3 


—  16  — 


BEIBLATT  DER 

ZEITSCHRIFT  FÜR  BÜCHERFREUNDE 

NEUE  FOLGE 


\.  Jahrgang.  August -September  1909.  Heft  5/6. 

Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Georg  IVitkowski,  Leipzig  -  Gohlis,  Ehrensteinstr.  20,  Manuskripte  an  diesen  erbeten. 
Inserate  direkt  an  den  Verlag  W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstraße  10. 


Inserat  Bedingungen: 

x/i  Seite . 60  Mark  x/4  Seite . 15  Mark 

x/2  Seite . 30  Mark  x/g  Seite .  8  Mark 

Kleine  Anzeigen  (Desiderata  und  Angebote) :  die  gespalt.  Petitzeile  50  Pf. ,  für  Mitglieder  der  Gesellschaft  der 
Bibliophilen  30  Pf.  —  Beilagegebühr  50  Mark.  —  Insertionsschluß  für  Heft  7  am  9.  Oktober.  —  Abonnenten  haben 
pro  Quartal,  gegen  Einsendung  der  Abonnementsquittung,  10  Zeilen  unter  Angebote  oder  Nachfrage  frei. 


Angebote. 

Glasbrenner ,  Berlin  wie  es  ißt  und  —  trinkt.  25  ver¬ 
schied.  Hefte  mit  Tafeln  v.  Hosemann  u.  a.  M.  18. — . 
Rath  u.  Tat  zu  einem  guten  Werke.  Toilettengeschenk 
f.  Damen.  Kgsbg.  1800.  Mit  2  Kupf.  v.  D.  Chodo- 
wiecki  gest.  M.  5. — . 

Görres,  Narrenhaus.  Nebst  Ideen  üb.  Kunst  u.  Wahn¬ 
sinn.  (1837.)  Mit  Tafel  nach  Ivaulbach.  M.  9. — . 
Gutzkow,  Vergangene  Tage.  (Wally  die  Zweiflerin  usw.) 
Frkf.  1852.  M.  5.50. 

Retif  de  laBretonne:  Biographie  u.  Bibliographie.  Von 
Eug.  Dühren  (Dr.  Iwan  Bloch).  2  Bde.  zusammen 
für  M.  12.60. 

Rousseau,  J.,  Briefe.  Aus  d.  Franz.  Kgsb.  1799.  Mit 

1  Faksimiletafel.  M.  4.50. 

Volkssagen,  Niederlausitzer,  ges.  v.  Gander.  1894.  Gr. 
Ausg.  mit  den  Erläutgn.,  Vergleichen  u.  bibliogr. 
Nachrichten.  M.  5. — . 

Birch,  Dramatik  od.  Bühnenkunst.  Stuttg.  1847.  M.  4.50. 
Klinger,  Werke.  12  Bde.  Königsberg  1809 — 1815. 
Halbl.  M.  20.—. 

— ,  Plimplamplasko  1780.  Pappband,  M.  65. — . 

— ,  Geschichte  Giafars  des  Barmeciden.  U.  A.  O.  O. 
1799.  Halbl.  M.  10. — . 

Cupido  im  Bad.  Frankf.  u.  Leipz.  1719.  M.  6. — . 
Eckermann,  Gedichte.  Leipz.  1838.  M.  4. — . 

St.  George ,  Maximin.  Berl.  1907.  M.  40. — . 
Schopenhauer,  Parerga  und  Paralipomena.  Berl.  1851. 

2  Bde.  Halbl.  M.  10. — . 

(J .  C.  Gressel),  Celanders  Verliebte-,  Galante-,  Sinn-, 
Vermischte-  und  Grab-Gedichte.  Hamb.  u.  Leipz. 
1716.  Halbl.  M.  60. — . 

H.  Megiser,  Tractat  von  dem  dreyfachen  Ritterstand. 

Frankf.  1593.  Perg.  M.  20. — . 

M.  Richey,  Idioticon  Hamburgense.  Hamb.  1755. 
Perg.  M.  30. — . 

Z.  f.  B.  1909/1910.  5/6.  Beiblatt.  — 


La  Fontaine,  Schwänke  und  Mährchen.  Boston  1811, 
2  Bde.  Halbl.  M.  14.—. 

Reflektanten  werden  gebeten,  ihre  Aufträge  an 
W.  Drugulin,  Leipzig,  Königstr.  10  zu  senden. 

Nachfrage. 

Bismarckiana.  , 

Goetheana  u.  Schilleriana. 

Rieh.  Wagner,  alles  v.  u.  üb.  ihn. 

Dtsch.  Städtegeschichte  (Älteres). 

Alles  betreff.  Lack,  Firnis,  Bernstein. 

„  ,,  Papier  —  Zucker. 

„  „  Äronautik. 

und  vieles  andere  (laut  Listen). 

(J.  Ch.  Krüger),  Die  Geistlichen  auf  dem  Lande. 
Frankf.  u.  Leipz.  1743. 

G.  Hauptmann,  Gesammelte  Werke,  Vorzugsausgabe. 

Das  bärtige  Frauenzimmer.  Vorgestellt  in  einer  lusti¬ 
gen  Comödie.  1696. 

J.  von  Eichendorff,  Gedichte.  Berl.  1837. 

G.  Keller,  Der  grüne  Heinrich.  Braunschweig  1854 — 
1855.  4  Bde. 

— ,  Die  Leute  von  Seldwyla.  Braunschw.  1836. 

— ,  Züricher  Novellen.  Stuttg.  1878.  2  Bde. 

A.  Menzel,  Aus  König  Friedrichs  Zeit.  1856. 

F.  W.  Riemer,  Mitteilungen  über  Goethe.  Berl.-  1841. 
2  Bde. 

D.  Diderot,  Les  bijoux  indiscrets.  (Paris  1748.)  2  Bde. 
— ,  Jacob  und  sein  Herr.  Berl.  I792* 

— ,  Die  Verräther.  (Braunschweig  1793.) 

Goethe,  Sämtliche  Werke.  Biel  1775 — 76.  3  Bde. 

— ,  Das  Römische  Carneval.  Berlin,  Weimar  und 
Gotha  1789- 


1 


1 


Beiblatt. 


Barbazan,  Fabliaux  et  Contes  des  poetes  frangais  des 
XI. — XV.  siecles.  Paris  1808.  4  vol. 

P.  Corneille,  Theätre.  Rouen  1664 — 66. 

Journal  des  dames  et  des  modes.  Paris  1812—1832. 

G.  Imbert,  Historiettes.  Amsterdam  et  Paris  1 774» 

J.  G.  Fichte,  Reden  an  die  deutsche  Nation.  Berl.  1808. 
C.  von  H oltei,  Don  Juan.  Paris  1834. 

— ,  Schlesische  Gedichte.  Berl.  1830. 

— ,  Vierzig  Jahre.  Berl.  u.  Breslau  1843 — 5°-  8  Bde. 
J.  Rist,  Poetischer  Schauplatz.  Hamb.  1646. 

W.  Hagek,  Kronyka  Czeska.  1541. 

M.  Richey,  Idioticon  Hamburgense.  Hamb.  1755. 


J.  C.  Lavater,  Physiognomische  Fragmente.  Leipzig 
und  Winterthur  1775— 78.  4  Bde. 

Fr.  Kngler  und  R.  Reinick ,  Liederbuch  für  deutsche 
Künstler.  Berl.  1833. 

IV.  HauJJ,  Phantasien  im  Bremer  Rathskeller.  Stutt¬ 
gart  1827. 

F.  Hebbel ,  Maria  Magdalena.  Hamb.  1844. 

— ,  Herodes  und  Mariamne.  Wien  1S50. 

C.  F.  Bahrdt,  Geschichte  und  Tagebuch  meines  Ge¬ 
fängnisses.  Berlin  1790. 

Angebote  mit  Preisangabe  an  W.  Drugulin,  Leipzig, 

Künigstr.  10  erbeten. 


(In  dieser  Abteilung  stehen  jedem  Abonnenten  vierteljährlich  zehn  Zeilen  unentgeltlich  zur  Verfügung.) 


Von  den  Auktionen. 


Lofidon.  Am  14.  Juli  versteigerte  die  Firma  Sotheby 
eine  erhebliche  Anzahl  illuminierter  Manuskripte  und 
seltener  Bücher  aus  verschiedenem  Besitz.  Besonderes 
Interesse  konzentrierte  sich  auf  einen  Druck  aus  dem 
Jahre  1500,  das  „Alissale  Mixtum  Secundum  Regulam 
Beati  Isidori  Dictum  Mozarabes“,  ein  Werk,  welches 
Mr.  Quaritch  für  25000  M.  erwarb.  Vor  dem  Kanon 
befindet  sich  ein  ganzseitiger  Holzschnitt,  die  Kreuzi¬ 
gung  darstellend.  Ein  anglo- flämischer  Psalter,  eine 
Arbeit  des  XIII.  Jahrhunderts,  wahrscheinlich  von  der 
Hand  eines  englischen  Mönches  in  Ypern  (Belgien) 
geschrieben,  erzielte  3300  AI.  (Quaritch).  Mr.  Sabin 
erstand  für  7100  M.  ein  schönes  Manuskript  der  spät¬ 
flämischen  Schule,  das  in  Brügge  verfaßt  war,  und  für 
3600  M.  ein  aus  Deutschland  stammendes  „Book  of 
Hours“  des  XV.  Jahrhunderts.  Ein  ähnliches  Werk, 
aber  anglo-französischenUrsprungs,  kaufte  Mr.  Leighton 
zum  Preise  von  2500  M. 

Unter  den  Drucken  sind  namentlich  folgende 
Werke  zu  erwähnen:  Ein  Band  altenglischer  Dramen 
enthaltend  „Pericles,  Prince  of  Tyre,  1635“;  „Hamlet, 
Prince  of  Denmark“  und  „The  Complaint  of  Christmas 
and  the  Teares  of  Twelfetyde“,  erste  Ausgabe,  ein 
Unikum  und  nur  bisher  bekannt  durch  die  1631  erfolgte 
amtliche  Eintragung  in  das  Register  der  Buchhändler- 
Korporation.  Mr.  Tregaskis  zahlte  für  den  Band 
8300  M.  Ein  anderer  Band,  der  die  nachstehenden 
altenglischen  Dramen  enthielt:  „The  first  and  second 
part  of  the  troublesome  Raigne  of  John,  King  of  Eng¬ 
land“  und  „The  Historie  of  Henry  the  Fourth,  with 
the  Battell  at  Shrewsbury“,  sowie  endlich  „The  Hu- 
morous  Conceits  of  Sir  John  Falstaffe,  newly  corrected, 
1632“,  gelangte  für  7000  M.  in  den  Besitz  von  Mr. 
Dobell.  Machlinia  „Speculum  Christiani“,  erreichte 
2600  M.  (Quaritch).  Ein  defektes  Exemplar  der  vierten 
Shakespeare-Folioausgabe  wurde  von  Mr.  Dobell  mit 
800  M.  honoriert.  Die  erste  „Pickwick“-Ausgabe  mit 
Dedikation  an  „George  Thomson,  Esqre.  From  his- 
very  faithfully  Charles  Dickens“,  1220  M.  (Hornstein). 
Die  erste  Ausgabe  von  „Bleak  House“  mit  dem  Auto¬ 
graph  „Emile  de  la  Rue.  From  his  friend  Charles 
Dickens.  Fifth  February  1854“  800  M.  (Sabin).  „The 
Cricket  on  the  Hearth“  mit  der  Inschrift  „Madame  de 
la  Rue,  from  Charles  Dickens,  London  Twenty  seventh 


December  1845“,  410  M.  (Hornstein).  Die  erste  Aus¬ 
gabe  von  George  Merediths  „Poems“,  1851,  erzielte 
410  M.  (Zaehnsdorf).  Die  erste  Ausgabe  von  Ben  Jon- 
sons  „Seianus,  his  Fall“,  mit  der  autographischen  In¬ 
schrift,, The  Testimony  of  my  Affection  and  Observance 
to  my  noble  friend  Sir  Robert  Townshend,  which  I  desire 
may  remayne  with  hini  and  last  beyond  marble“, 
1240  M.  (Dobell).  Das  Originalmanuskript  von  Bret 
Hartes  „The  Bell  Ringer  Angels“,  „The  Reformation 
of  James  Reddy“,  „A  night  at  Glenbogie“  und  „Her 
lastletter“,  ein  Gedicht  in  15  Stanzen,  1300  M.  (Maggs). 
Die  erste  Ausgabe  von  Miltons  „Poems,  1645“,  1200  M. 
(Quaritch).  Die  erste  Ausgabe  von  Florios  „Mon¬ 
taigne“,  1000  AI.  (Quaritch).  „Les  Femmes  de  Ver¬ 
sailles“,  von  Pierre  de  Nolhac,  720  Al.  (Graves  &  Co.). 
Das  Original  „Contrat  de  Alariage  de  Louis  de 
Lorraine  Duc  de  Joyeuse  et  de  Frangoise  Alarie  de 
Valois“,  mit  der  Unterschrift  von  50  hervorragenden 
Personen  der  Epoche,  900  Al.  (Bale).  Alorris  „Chaucer“ 
hergestellt  in  der  „Keimscott  Press“,  830  AL  (Edward). 
Francisco  de  Columnas  „Hypnerotomachia  Poliphili“, 
1499  gedruckt,  2800  AL  (Bumpus).  Gregorius  IX.  „De- 
cretales“,  1000  AI.  (Symes).  Ein  in  Sarum  (Salsbury) 
von  einem  englischen  Schreiber  abgefaßtes  Alissale, 
1800  AI.  „Labores  Herculi“  ein  von  P.  Andrea  de 
Bassi  hergestelltes  Alanuskript  aus  dem  XV.  Jahr¬ 
hundert  und  Nicolaus  von  Este  gewidmet  2040  AL 
(Wayflett.)  O.  v.  Schleinitz. 


Frank  Karslake,  der  Verfasser  von  „ Book- Audion 
Records“,  hat  „Notes  from  Sotheby 's“  herausgegeben, 
eine  Zusammenstellung  von  2032  Noten  aus  den  Kata¬ 
logen  der  bei  Sotheby,  Wilkinson  F  Hodge  zwischen 
1885  und  1909  abgehaltenen  Versteigerungen.  Viele 
von  diesen  bringen  wichtige  bibliographische  und  lite¬ 
rarische  Alitteilungen ;  als  einen  Alangel  aber  darf  man 
es  wohl  bezeichnen,  daß  zwar  das  Datum  der  Ver¬ 
steigerung  und  die  Katalognummern,  nicht  aber  die 
Preise  der  einzelnen  Stücke  angegeben  sind.  Das 
Buch  ist  mit  einer  photographischen  Wiedergabe  der 
Sothebyschen  Geschäftsräume  während  der  Versteige¬ 
rung  des  ersten  Teils  der  Amherstschen  Bibliothek  im 
letzten  Dezember  ausgestattet,  der  zugleich  die  Angabe 


2 


Beiblatt. 


der  Namen  besonders  wichtiger  Teilnehmer  beige¬ 
fügt  ist. 


Im  Verlag  von  Eliot  Stock  ist  soeben  der  „ Index 
to  Book-Prices  Current “  für  die  Jahre  1897 — 1906  von 
William  Jaggar d  erschienen.  Es  ist  ein  Band  von 
nahezu  1100  Seiten,  das  ist  mehr  als  das  Doppelte  des 
Umfangs  des  ersten,  von  1887 — 1896  reichenden  Index, 
und  er  enthält  etwa  iooooo  Einträge  unter  den  Ver¬ 
fassern  oder  Titeln  mit  Verweisen  in  denjenigen  Fällen, 
in  denen  solche  angebracht  erscheinen.  Gegenüber 
dem  ersten  Bande  weist  das  vorliegende  Werk  mehrere 
wesentliche  Verbesserungen  auf.  Die  Zahl  der  ano¬ 
nymen  und  pseudonymen  Verfassernamen  hat  eine 


große  Zunahme  erfahren,  bei  Hunderten  derselben  ist 
der  wirkliche  Name  des  Verfassers  hinzugefügt;  die 
Namen  der  Verleger,  Mitarbeiter  und  Übersetzer  sind 
gleichfalls  systematisch  verzeichnet;  soweit  als  möglich 
ist  bei  jedem  Eintrag  das  Erscheinungsjahr  hinzugefügt, 
ferner  ist  in  zahlreichen  Fällen,  wo  Illustrationen  einem 
Buche  besondern  Wert  gaben,  der  Name  des  jeweiligen 
Künstlers  verzeichnet.  Der  Band  ist  durch  eine  witzig 
plaudernde  Vorrede  des  Verfassers  sowie  durch  eine 
Liste  der  Büchersammler  und  Besitzer  der  wichtigsten 
Bibliotheken  eingeleitet,  die  in  den  zwanzig  Jahren  des 
Bestehens  von,, Book-Prices  Current“,  also  von  1887-1906 
zur  Versteigerung  gelangt  sind. 


Rundschau  der  Presse. 

Von  Professor  Dr.  Adalbert  H ortzschansky  in  Groß-Lichterfelde. 

Die  nachfolgende  Übersicht  versucht,  die  wichtigeren  in  Zeitschriften  und  Zeitungen  enthaltenen  Aufsätze  und  Abhandlungen  zu 
verzeichnen,  soweit  sie  für  die  Leser  unserer  Zeitschrift  in  Betracht  kommen.  Zusendung  von  Sonderdrucken  und  Ausschnitten  an  die  Adresse 
des  Bearbeiters  in  Groß-Lichterfelde  bei  Berlin,  Moltkestr.  40,  erbeten. 


Schrift-,  Buch-  und  Bibliothekswesen. 
Allgemeines. 

Andreani,  L.,  I  manoscritti  di  Galileo  e  della  sua  scuola 
nella  Biblioteca  Nazionale  Centrale  di  Firenze.  (Ri- 
cordi  della  mostra  che  ne  fufattanell’  ottobre  1908.) 
Bibliofilia.  11.  1909/10.  S.  44 — 61  mit  10  Abbild. 
Bell,  H.  J.,  Early  Codices  from  Egypt. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  303 — 313. 
Börner,  A.,  Handschriftenschätze  westfälischer  Biblio¬ 
theken. 

Zentralblatt für  Bibliothekswesen.  26.1909.  S.338 — 359. 
B(urger),  C.  P.,  De  handschriftenkunde  als  studievak. 
Tijdschrift  voor  boek-  en  bibliotheekwezen.  7.1909. 
S.  112 — 119. 

Fassbinder,  J.,  Das  Photographieren  von  Hand¬ 
schriften. 

Photographische  Mitteilungen.  1909.  H.  13.  S.  195 
bis  199  mit  1  Abbild. 

Gardthausen,  V.,  Die  römischen  Zahlzeichen. 

Germanisch-romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 
S.  401 — 405. 

Keussen,  H.,  Miniaturen  aus  einem  Antiphonar  des 
Kölner  Klarenklosters. 

Zeitschrift  für  christliche  Kunst.  22.  1909.  Sp.  51 — 54. 
Lindsay,  W.  M.,  The  Bobbio  Scriptorium:  its  early 
minuscle  abbreviations. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.1909.  S.  293 
bis  306. 

Martin,  H.,  Un  caricaturiste  au  temps  du  roi  Jean. 
Pierart  dou  Tielt.  (Miniaturenmaler  des  14.  Jahrh.) 

Gazette  des  beaux  arts.  1909.  August.  S.  89  — 102 
mit  21  Abbild. 

Morgan,  A.,  Monastic  book-making. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  303 — 320. 


Bibliophilie.  Exlibris. 

Brauchitsch,  E.  v.,  Monogramme  deutscher  Exlibris- 
Zeichner. 

Exlibris ,  Buchkunst  und  angewandte  Graphik. 
19.  1909.  S.  53—61. 

Broilo,  F.  di,  Ex  libris  Vargas-Machuca.  (Duca  Fran¬ 
cesco  Vargas-Machuca,  j*  1785.) 

Rivista  del  collegio  araldico.  7.  1909.  S.  503 — 505 
mit  I  Abbild. 

Elsässische  Bücherzeichen  vom  16.  bis  zum  20.  Jahr¬ 
hundert.  3. 

Exlibris ,  Buchkunst  und  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  62—72,  mit  2  Taf. 

C  h  e  n  e  y ,  S.,  The  book-plates  of  some  American  authors. 
P.  1. 

The  Bibliophile.  3.  1909/10.  S.  170 -173,  223  bis 
227  mit  13  Abbild. 

CI  egg,  S. ,  Notable  private  libraries.  Nr.  4.  The 
library  of  the  Rev.  Stopford  A.  Brooke,  M.  A. 

The  Bibliophile.  3.  1909/10.  S.  186—194  mit  7  Ab¬ 
bild.,  1  Taf. 

Jacobs,  E.,  Karl  Zeisbergs  literarischer  Nachlaß. 

Nachricht  über  die  Fürstliche  Bibliothek  zu  Wer- 
nigerode.  Geschäftsbericht  1908/09.  Anhang.  12  S. 

Mitterwieser,  Exlibris  Hanns  Igler.  (1470—1480.) 
Exlibris ,  Buchkunst  und  angewandte  Graphik.  19. 
1909.  S.  33 — 36,  mit  1  Taf. 

Weymann,  K.,  Die  Exlibris  Eduard  von  Gebhardts. 
Exlibris,  Buchkunst  und  angewandte  Graphik. 
19.  1909.  S.  36 — 43)  mit  2  Tafeln  und  7  Exlibris. 

Wheeler,  H.  F.  B.,  Notable  private  libraries.  Nr.  5. 
The  library  of  Mr.  W.  B.  Slater. 

The  Bibliophile.  3.  1909/10.  S.  228  —  237,  mit 
9  Abbild. 


Beiblatt. 


Bibliothekswesen. 

Be ss,  B.,  Der  Bibliothekar. 

Der  Tag.  1909.  Nr.  192  vom  18.  August. 
Blink,  H.,  De  Economische  Bibliotheek  van  het  De¬ 
partement  van  Landbouw,  Nijverheid  en  Handel 
(’s  Gravenhage,  Lange  Houtstraat  36). 

Boekzaal.  3.  1909.  S.  73 — 75>  1  Taf. 
Bolton,  Ch.  K.,  The  librarian’s  canons  of  ethics. 

Public  Libraries.  14.  1909.  S.  203 — 205. 
Bos,  D.,  University-extension  en  openbare  leeszalen. 

Boekzaal.  3.  1909.  S.  142 — 150. 
Breuer,  R.,  Der  Neubau  der  Königlichen  Bibliothek. 

Der  Tag.  1909.  Ausgabe  A.  Nr.  198  vom  25.  August. 
Briscoe,  W.  A.,  Arecent  development  in  library  work 
amongst  the  young. 

Library  Association  Record,  n.  1909.  S.  264 — 267. 
Cagnat,  M.  R.,  Les  bibliotheques  municipales  dans 
l’empire  romain. 

Memoires  de  V Institut  de  France.  Academie  des 
Inscriptions.  T.  38.  P.  I.  1909.  S.  1—26,  m.  5  Taf. 
Chambers,  R.  W.,  The  Library  ofUniversity  College, 
London. 

Library  Association  Record,  n.  1909.  S.  350 — 358. 
Chivers,  C.,  The  paper  and  binding  oflending library 
books.  (Resume.) 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  350 — 354. 
Colby,  Ch.  W.,  The  library  and  education. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  340 — 345. 
Corns,  A.  R.,  Some  insufficiently-developed  points  in 
library  practice. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  257 — 263. 
Davis,  M.  L.,  and  F.  L.  Rathbone,  The  necessity 
of  staff  meetings. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  299 — 304. 
Delehaye,  H.,  Catalogus  codicum  hagiographicorum 
graecorum  regii  monasterii  S.  Laurentii  Scorialensis. 
Analecta  Bollandiana.  28.  1909.  S.  3 53 — 368. 
Deville,  E.,  Les  manuscrits  de  l’ancienne  bibliotheque 
de  l’abbaye  de  Bonport.  (Suite.) 

Revue  des  bibliotheques.  19.  1909.  S.  171 — 187. 
Falk,  F.,  Mittelalterliche  Bibliotheksordnungen. 

Germania.  1909.  Wissenschaftl.  Beilage  Nr.  23 
vom  10.  Juni. 

Faloci-P ulignani ,  M.,  Le  antiche  cartiere  di  Foligno. 
Bibliofilia.  11.  1909/10.  S.  102— 127,  mit  2  An¬ 
sichten  und  25  Abbild,  von  Wasserzeichen. 

Focke,  R.,  Das  Volksbibliothekswesen  in  der  Provinz 
Posen.  (Schluß.) 

Blätter  Jiir  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  109 — 1 19. 

Geiger,  (K.),  Bibliotheksschenkungen. 

Zentralblatt  Jiir  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  368 
bis  386. 

Van  den  Gheyn,  J.,  Le  Pret  des  livres  et  des  manu¬ 
scrits  des  Bibliotheques  publiques  d’aprös  le  regie¬ 
ment  italien. 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 
7.  1909.  S.  1 — 22. 


Gollob,  E.,  Die  Bibliothek  des  Jesuitenkollegiums  in 
Wien  XIII  (Lainz)  und  ihre  Handschriften. 

Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissen- 
schäften.  Philosoph.-histor.  Klasse.  Bd.  161.  Ab- 
handl.  7.  1909.  31  S. 

Gould,  Ch.  H.,  Co-ordination,  ormethodinco-operation. 
Address  of  the  president,  American  Library  Asso¬ 
ciation,  Bretton  Woods  Conference,  1909. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  335—340. 
Greve,  H.  E.,  Naar  aanleiding  van  het  regeerings- 
onderzoek  betreffende  het  openbare  bibliotheek- 
wezen  in  Nederland. 

Boekzaal.  3.  1909.  S.  40 — 42. 
Greve,  H.  E.,  Bibliotheekspraktijk.  1.  De  Stamkata- 
logus.  Boekzaal.  3.  1909.  S.  178—181,  1.  Tabelle. 
Grundmann,  R.,  Zur  Reform  unserer  Kataloge  in 
Vorbildersammlungen. 

Museumskunde.  5.  1909.  S.  153 — 156. 
Gulyas,  P. ,  Das  ungarische  Oberinspektorat  der 
Museen  und  Bibliotheken. 

Museumskunde.  5.  1909.  S.  135 — 153,  mit  4  Abbild. 
Hawkes,  A.  J.,  Partisan  literature  in  public  libraries. 

Library  World.  12.  1909/10.  S.  28 — 34. 
Hazeltine,  M.  E.,  Methods  of  training  in  one  library 
school.  Library  Journal.  34.  1909.  S.  253 — 256. 
Henrici,  E.,  Funde  in  Braunschweigs  Bibliotheken 
und  Archiven.  8.  Henning  Hägens,  des  Helm- 
stedters,  Schülerheft  von  1453  (Wolfenbüttel). 
9.  Dietrich  von  Watzum.  Ein  Schriftsteller  des 
14.  Jahrhunderts. 

Braunschweigisches  Magazin.  1909.  S.  66 — 69.  81 — 84. 
H  o  r  n ,  E.,  Bibliothekdienst  und  Bibliothekwissenschaft. 

Der  Tag.  1909.  Nr.  192  vom  18.  August. 
Jaeschke,  (E.),  Vorbildung  und  Ausbildung  weib¬ 
licher  Hilfskräfte  im  Bibliotheksdienste. 

Zentralblatt  Jiir  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  407 
bis  420. 

Jaeschke,  E.,  Die  Zeitschrift  in  der  Volksbibliothek. 

Eckart.  3.  1908/9.  ^S.  637—644. 
Jungmann,  J.  A.,  De  Bibliotheek  van  de  tweede 
Karner  der  Staten  Generaal. 

Boekzaal.  3.  1909.  S.  2 — 5,  1  Taf. 
Keller,  H.  R.,  The  old-fashioned  virtues  versus  the 
ideal  librarian. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  295 — 298. 
Krüger,  (H.),  Bücherbestellungen  mit  abgekürztem 
Titel. 

Zentralblattfiir  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.420 — 430. 
Kunze,  (K.),  Die  Neukatalogisierung  der  Königlichen 
Bibliothek  in  Hannover. 

Zentralblatt  Jiir  Bibliothekswesen.  26. 1909.  S.  394— 407. 
Latte  rer  von  Lintenburg,  F.  Ritter,  Über  Militär¬ 
wissenschaftliche  Vereinsbibliotheken. 

Streffleurs  österreichische  militärische  Zeitschrift . 
1909.  Heft  7.  8  S. 

Leidinger,  G.,  Mitteilungen  der  K.  Hof-  und  Staats¬ 
bibliothek  (Handschriftenabteilung). 

Münchner  Jahrbuch  der  bildenden  Kunst.  1909. 
Halbband  1.  S.  104— 105. 


4 


Beiblatt. 


Notable  Libraries:  Eastbourne. 

Library  World.  12.  1909/10.  S.  19—22,  mit  3  Abbild. 
Maire,  G.,  Bibliotechepopolari  in  Germania.  Rapporto 
letto  al  congresso  della  federazione  delle  biblioteche 
popolari. 

Rivista  delle  biblioteche  e  degli  arcliivi.  20.  1909. 
S.  6— 11. 

May,  S.  W.,  Literature  and  libraries  in  Liverpool. 

Book-  Audion  Records  (Karslake) .  6.  1908/9. 

S.  XLIX — LI I,  mit  1  Taf. 

American  Library  Association.  Annual  Meeting,  3  ist , 
Bretton  Woods,  N.  H.,  June  26 — july  3,  1909. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  362 — 373. 
Minto,  J.,  The  Anglo-American  cataloguing  rules. 

Library  Association  Record.  11.  1909.  S.  289—302. 
Mitjana,  R.,  Una  visita  bibliografica  a  la  Secciön  de 
Müsica  de  laReal  Biblioteca  Universitaria  de  U ppsala. 
Bibliofilia.  n.  1909/10.  S.  1 — 23,  mit  4  Faksim. 
Modulo  per  la  richiesta  dei  manoscritti  e  dei  libri 
rari  nelle  biblioteche  governative. 

Bollettino  ufficiale  dei  ministero  dell' istruzione 
pubblica.  36.  1909.  Vol.  1.  S.  1397 — 1 398. 
Molitor,  (K.),  Über  Universitätsbibliotheksbauten. 
Bemerkungen  im  Anschluß  an  den  Neubau  in  Münster. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.386 
bis  394. 

Moses,  M.  J.,  The  experimental  temptation  or  the 
attractive  power  ofbooks  versus  thelibrarian’s  method. 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  247 — 253. 
Phillips,  W.  J.,  Library  manuscript  magazines. 

Library  World.  12.  1909/10.  S.  4— 7. 
Pons,  A.,  Le  biblioteche  popolari  in  Francia.  Rapporto 
letto  al  congresso  della  federazione  delle  biblioteche 
popolari. 

Rivista  delle  biblioteche  e  degli  archivi.  20.  1909. 
S.  1—6. 

Prevost,  M.,  Inventaire  sommaire  des  documents 
manuscrits  contenus  dans  la  collection  Chätre  de 
Cange  au  Departement  des  imprimes  de  la  Biblio- 
theque  nationale.  (Forts.) 

Revue  des  bibliotheques.  19.1909.  Anhang.  S.49 — 80. 
Ranck,  S.  H.,  Municipal  legislative  reference  libraries. 
Should  they  be  estabished  and  maintained  as  a  part 
of  the  public  library  of  a  city,  or  as  an  independent 
department  of  Organization  ? 

Library  Journal.  34.  1909.  S.  345 — 350. 
Sano,  T.,  The  public  library  in  Japan. 

Bublic  Libraries.  14.  1909.  S.  214 — 215. 
Savage,  E.  A.,  The  representation  of  Science  and 
technology  in  public  libraries. 

Library  World.  12.  1909/10.  S.  1 — 4.  (Wird  fortges.) 
Schilling,  D.  H.,  De  Korps-Bibliotheeken in  ons  leger. 

Boekzaal.  3.  1909.  S.  169 — 172. 
Schnorr  von  Carolsfeld,  H.,  Georg  von  Laub¬ 
mann  *|*. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  431 
bis  434. 

Schultze,  E.,  Eine  Arbeiterbibliothek.  (Schluß.) 

Blätter  für  Volksbibliotheken  und  Lesehallen.  10. 
1909.  S.  1 19 — 126. 


S(chwenke),  P.,  Die  10.  Bibliothekarversammlung  in 
Münster.  Bericht  über  den  äußeren  Verlauf. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909. 

S.  306—309. 

Schwenke,  (P.),  Die  Berliner  Zetteldrucke. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.359 
bis  368.  404 — 406. 

Das  neue  Sparkassen-  und  Büchereigebäude 
am  Marktplatz  zu  Dortmund. 

Westfälisches  Kunstblatt.  2.  1909.  S.  147 — 150, 
mit  2  Taf. 

Sury,  Ch.,  De  l’amenagement  d’une  Biblioth^que  po- 
pulaire  centrale.  (Wird  fortges.) 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 
7.  1909.  S.  32—36. 

Zehnte  Versammlung  Deutscher  Bibliothekare  in 
Münster  i.  W.  am  3.  u.  4.  Juni  1909. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909. 

S.  333 — 431- 

Buchdruck  und  -Gewerbe. 

Ambrosini,  R.,  Indice  degli  incunaboli  Bolognesi. 
Continuazione  e  fine. 

L’  Archiginnasio.  4.  1909.  S.  89 — 102. 
Burger,  C.  P. ,  Oude  Hollandsche  zeevart-uitgaven. 
Het  Waterrecht.  (Slot  volgt.) 

Tijdschrift  voor  boek- en  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S.  123— 132. 

Diehl,  W.,  Die  Darmstädter  Druckereien  in  den  zwei 
Jahrhunderten  von  1605  —  1805. 

Darmstädter  Tageblatt.  1909.  Nr.  129  vom  5.  Juni. 

Enschede,  J.  W.,  Papier  en  papierhandel  in  Noord- 
Nederland  gedurende  de  zeventiende  eeuw.  (Slot 
volgt.) 

Tijdschrift  voor  boek-  en  bibliotheekwezen.  7.  1909. 
S.  97 — in,  mit  7  Abbild. 

G  o  f f i  n ,  Th.,  Recherches  sur  les  origines  de  l’imprimerie 
ä  Lierre.  Rectifications.  Index.  (Fin.) 

Revue  des  bibliotheques  et  archives  de  Belgique. 
7.  1909.  s.  45—52. 

Günther,  O.,  Die  Wiegendrucke  der  Leipziger  Samm¬ 
lungen  und  der  Herzoglichen  Bibliothek  in  Alten¬ 
burg.  Ein  Verzeichnis. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  Beiheft  35. 
1909.  IX,  352  S. 

Hessels,  J.  H.,  The  so-called  Gutenberg  documents. 
(Forts.)  Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  253 — 287. 

Hössle,  F.  von,  Wasserzeichen  aus  Handschriften  und 
Inkunabeln  der  K.  B.  Hof-  und  Staats- Bibliothek. 
Unseres  Wasserzeichenforschers  Friedrich  Keinz, 
J-  1901,  letzte  Arbeit. 

Papier- Fabrikant.  7.  I9°9*  Fest-  und  Auslandheft 
vom  18.  Juni.  S.  61—68,  mit  42  Faksim. 

Josephs  on,  A.  G.  S.,  The  Incunabula  in  the  Senn 
Collection  at  the  John  Crerar  Library. 

Journal  of  the  American  Medical  Association. 
52.  1909.  S.  1749—51. 


5 


Beiblatt. 


Kühnast,  E.,  Umschlag  und  Titel  in  alter  und  neuer 
Zeit. 

Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  164 — 167. 
Levi,  E.,  Dell’  unica  e  rarissima  edizione  degli  Stranr 
botti  alla  Villanesca  di  M.  Pietro  Aretino.  (Venedig, 
Francesco,  Marcolini  1543.) 

Bibliofilia.  11.  1909/10.  S.  29—43,  mit  4  Abbild. 
Morin,  L.,  Quelques  faux  en  mention  bibliographique- 
(Buchdruck  in  Troyes  betreffend.) 

Bulletin  du  bibliophile.  1909.  S.  313—323,  mit 
2  Abbildungen. 

Otlet,  P.,  La  fonction  et  les  transformations  du  livre. 
Resume  de  la  Conference  faite  ä  la  maison  du  livre 
(14.  Nov.  1908). 

Publication  du  musee  du  livre.  11.  1909.  31  S. 

Pionier,  H.  R.,  Henry  Denharn,  printer.  (Seit  1560.) 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  241 — 250. 
Nagra  italienska  Renässansband  (von  —  a). 

Allmänna  svenska  boktryckareföreningens  Medde- 
landen.  14.  1909.  S.  119 — 127  mit  25  Abbild. 
Schinnerer,  J.,  Emil  Rudolf  Weiß.  (Buchkünstler.) 
Archiv  für  Buchgewerbe.  46.  1909.  S.  153 — 159, 
mit  19  Abbild. 

Schwarz,  J.,  Sopra  un  esemplare  della  prima  edizione 
xilografica  delle  Mirabilia  urbis  Rornae. 

Bibliofilia.  11.  1909/10.  S.  24 — 28. 
Sodini,  A.,  II  „musee  du  livre“  di  Bruxelles. 

Nuova  Antologia.  1909.  Aug.  1.  S.  406 — 416. 
Stephen,  G.  A.,  Decorative  end-papers. 

The  Bibliophile.  3.  1909/10.  S.  174 — 179,  mit  8  Ab¬ 
bildungen. 

Suchier,  W.,  Ein  Exemplar  der  Fust-Schöfferschen 
Bibel  von  1462  in  Braunschweig. 

Braunschweigische  Landeszeitung,  u.  Br.  Tageblatt 
1909.  Nr.  279  vom  18.  Juni. 

De  Vreese,  W.,  Over  den  tegenwoordigen  stand  der 
incunabelstudie  en  haar  eischen  voor  de  toekomst. 
Tijdschrift  voor  bock-en  bibliotheekwesen.  7.  1909. 

s.  133— 145. 

Wilson,  J.  D.,  A  new  tract  from  the  Marprelate  press. 
(1588.)  Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  225 — 240. 

Buchhandel. 

Eckardt,  J.  H.,  Deutsche  Dichter  und  ihre  Verleger- 
Herder  und  Hartknoch. 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  7464—68.  7549— 53-  7592—96. 

Esselborn,  K.,  Aus  der  Geschichte  des  Darmstädter 
Buchhandels  1.  2. 

Dannstädter  Zeitung.  1909.  Nr.  14 1  und  142  vom 
19.  und  21.  Juni.  Abgedruckt  in:  Börsenblatt  für 
den  Deutschen  Buchhandel.  1909.  S.  7503 — 7506. 
Van  den  Haute,  C.,  Documents  inedits  concernant 
les  libraires  et  maitres  d’ecole  de  Bruges. 

Annales  de  la  societe  d’  emulation  de  Bruges.  1909. 
S.  18—40. 

Kellen,  T.,  Heines  Beziehungen  zum  Buchhandel. 
Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  8262 — 63.  8350—54.  8427—29.  8467 — 70. 


Prager,  R.  L.,  Die  Reformbewegung  im  Deutschen 
Buchhandel  1884 — 1887.  (Besprechung.) 

Börsenblatt  für  den  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  9026—29.  9105—07. 

Zeitungswesen.  Pressrecht.  Zensur. 

The  Centenary  of  the  Quarterly  Review. 

Quarterly  Review.  1909.  April,  S.  731 — 784  Juli, 
S.  279 — 324,  mit  13  Abbild. 

Le  XXXI6  Congrös  de  l’association  litt^raire  et  arti- 
stique  internationale  (Copenhague,  21 — 26.  juin  1909.) 

Droit  d'auteur.  22.  1909.  S.  90—100. 

Entwurf  des  russischen  Gesetzes  über  das  Urheber¬ 
recht.  Genehmigt  von  der  Reichsduma  am  21.  Mai 
(3.  Juni)  1909.  (Deutsch  von  W.  Hcnckcl.) 

Börsenblatt  f.  d.  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  8303— 8307. 

d’Ester,  K.,  Aus  der  Geschichte  der  ältesten  politischen 
Zeitung  Westfalens  (Forts.). 

Dortmundisclies  Magazin.  1909.  S.39 — 40, 1  Abbild. 

Houben,  H.  H.,  Zeitschriften  des  jungen  Deutsch¬ 
lands  (T.  2). 

Bibliographisches  Repertorium.  Veröffentlichungen 
der  deutschen  bibliographischen  Gesellschaft.  4.  1909. 
766  Sp. 

Laubert,  M.,  Zum  Kampf  der  preußischen  Regierung 
gegen  die  „Deutsch-Französischen  Jahrbücher“  und 
Heinrich  Börnsteins  „Vorwärts“. 

Euphorion.  16.  1909/10.  S.  131 — 135. 

Pöllmann,  A.,  Von  der  Bücherwelt  und  ihrem  Leiter. 
(Hermann  Herz). 

Historischpolitische  Blätter  für  das  Katholische 
Deutschland.  144.  1909.  S.  45 — 61. 

Schmeck-Dringenberg,  A.,  Der  Westfälische  Anzeiger. 
1798 — 1809. 

Dortmundisclies  Magazin.  1909.  S.  38 — 39. 

Sauvel,  E.,  Syndicat  des  societes  litteraires  et  artisti- 
ques  pour  la  protection  de  la  propriete  intellectuelle. 
Rapport  annuel  presente  au  syndicat  dans  sa  seance 
du  10  juin  1909. 

Bibliographie  de  la  France.  I9°9-  Chronique. 

s.  133—139- 

Bibliographie. 

Naetebus,  G.,  Die  Brüsseler  Conference  internationale 
de  bibliographie  1908. 

Zentralblatt  für  Bibliothekswesen.  26.  1909.  S.  369 
bis  313. 

Literaturgeschichte,  Allgemeines. 

Bleibtreu,K.,  Ein  Kummer.  Literarhistorische  Unter¬ 
suchung.  (Kummers  Literaturgeschichte  des  19.  Jahr¬ 
hunderts  betr.  Schluß.) 

Eckart.  3.  1908/0.  S.  509 — 513. 

Bracher,  H.,  Rahmenerzählung  und  Verwandtes  bei 
G.  Keller,  C.  F.  Meyer  und  Th.  Storm.  Ein  Beitrag 
zur  Technik  der  Novelle. 

Untersuchungen  zur  neueren  Sprach -  u.  Literatur¬ 
geschichte.  N.  F.  H.  3.  1909.  VIII,  13 1  S. 


6 


Beiblatt. 


Ehlen,  L.,  Ein  Faustbuch  von  circa  1530. 

Euphorion.  16.  1909/10.  S.  1 — 6. 

Nagel,  W.,  Studien  zur  Geschichte  der  Meistersänger. 

Musikalisches  Magazin.  27.  1909.  216  S. 

Pick,  A.,  Studien  zu  den  deutschen  Anakreontikern 
des  18.  Jahrhunderts.  II.  (Schluß.) 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 

9.  1909.  S.  22 — 64. 

Spiero,  H.,  Der  neue  historische  Roman. 

Literarisch.  Echo.  11.  1909.  Sp.  1485—94. 

Einzelne  Schriftsteller. 

Ariosto :  Busse,  K.,  Ludovico  Ariosto.  Anläßlich 
einer  neuen  Übertragung  des  „Orlando  furioso“. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeil. 
Nr.  164  und  165  vom  16.  und  17.  Juli. 

Arnim :  Steig,  R.,  Ein  Besuch  bei  Frau  Bettina 
v.  Arnim. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Nr.  385  vom  19.  Aug. 

Bacon:  Sullivan,  E.,  Francis  Bacon  as  a  poet. 

Nineteenth  Century.  1909.  Aug.  S.  267 — 282. 

Browning:  Harter,  A.,  The  influence  of  Italy  on 
the  poetry  of  the  Brownings. 

Fort?iightly  Review.  1909.  August  S.  327 — 344. 

— :  Olivero,  F. ,  Sul  „paracelso“  di  Roberto 
Browning. 

Rivista  d’Italia.  1909.  Juli.  S.  103 — 119. 

Brunetiere:  Soissons,  Count  S.  C.  de,  Brunetiöre. 

Contemporary  Review.  1909.  August.  S.  202 — 216. 

Chateaubriand:  Gribble,  Francis.  Chateaubriand’s 
third  und  fourth  loves. 

Fortnightly.  1909.  August.  S.  299—313. 

Dante:  D’Ancona,  A.,  II  canto  XXVII  del  paradiso. 

Nuova  Antologia.  1909.  August  1.  S.  369—389. 

— :  Wolff,  M.  I.  Der  Weg  zu  Dante. 

Der  Türmer.  1909.  August.  S.  669—673. 

Domanig*.  KarlDomanig.  Ein  Dichterbild.  (Von  A.  D-) 

Historisch-politische  Blätter  für  das  Katholische 
Deutschland.  Bd.  144.  1909.  S.  203 — 215. 

Echegaray:  Smith,  N.  A.,  Jose  Echegaray. 

Poet  Lore.  1909.  Nr.  3.  S.  218—228. 

Firdusi:  Leaf,  W.,  The  making  of  an  epic:  Firdausi 
and  Homer. 

Quarterly  Review.  1909.  July.  S.  39 — 56. 

F0SC0I0:  Levi,  E.,  I  „saggi  sul  Petrarca“  di  Ugo 
Foscolo. 

Bibliofilia.  II.  1909/10.  S.  85 — 102  mit  1  Faksim. 

Geibel:  Heller,  O.,  Geibels  Nachahmung  der  „Banks 
and  Braes  o’  Bonie  Doon“. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
9.  1909.  S.  95—99. 

Goethe:  Böhme,  R.,  Goethe  und  die  deutsche  Sprache. 

National- Zeitung.  1909.  Sonntags-Beil.  Nr.  25 
vom  20.  Juni. 

— :  Enders,  K.,  Goethes  Faust  auf  der  modernen 
Bühne. 

Der  Türmer.  1909.  August.  S.  819—824. 

— :  Engel,  E.,  Der  Beamte  Goethe. 

Velhagens  u.  Klasings  Monatshefte.  1909.  Aug. 
S.  576—581. 


Goethe:  F arinelli,  A.,  II  „Faust“  di  Goethe  (mit)  Cenni 
di  bibliografia  del  „Faust“. 

Rivista  di  letteratura  tedesca.  3.  1909.  S.  12 — 65. 
— :  Fasola,  C.,  Goethe  und  sein  italienisches 
Publikum.  Goethe-f ahrbuch.  30.  1909.  S.  154—179. 

— ;  Hammer,  W.  A.,  Eine  französische  Goethe- 
Bibliographie. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  312—318. 

— .-  Hoppe,  H.,  Goethe  als  Naturforscher.  (Nach 
seinen  Reiseberichten.)  1. 

Goethe- Jahrbuch.  30.  1909.  S.  141  — 153. 
— :  Jung,  R.,  Die  Beurkundung  der  Taufe  Goethes. 

Goethe-f  ahrbuch.  30.  1909.  S.  81 — 85. 
— :  Morel,  L.,  Wilhelm  Meister  in  Frankreich. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
9.  1909.  S,  65 — 94. 

— :  Nebe,  A.,  Goethes  Erziehungsideen  u.  Bildungs¬ 
ideale. 

Preußische  J ährbiicher.  1909.  August.  S.  193— 215. 
— :  Noack,  F.,  Aus  Goethes  römischen  Kreise. 
Hofrat  J.  F.  Reiffenstein  1. 

Goethe-f  ahrbuch.  30.  1909.  S.  13 1 — 140. 
— :  Olivero,  F.,  Appunti  sulla  traduzione  di  Walter 
Scott  del  Götz  von  Berlichingen. 

Rivista  di  letteratura  tedesca.  3.  1909.  S.  88 — m. 
— :  Röhl,  H.  Die  ältere  Romantik  und  die  Kunst 
des  jungen  Goethe. 

Forschungen  zur  ?ieueren  Literaturgeschichte. 
36.  1909.  164  S. 

— :  Schneidewin,  M„  Skeptische  Gedanken  zu 
Fausts  zweitem  Monolog. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
9.  1909.  S.  288 — 307. 

— :  Schuette,  M.,  Goethe  als  Zeichner.  Zur  Jubi- 
läums-Ausstellung  der  Universität  Leipzig. 

Zeitschrift  für  bilde?ide  Kunst.  1909.  August. 
S.  263  — 272  mit  9  Abbildungen. 

—  :  Simon,  H.  V.,  Höchstes  Glück  der  Erdenkinder 
ist  nur  die  Persönlichkeit. 

Goethe-f  ahrbuch.  30.  1909.  S.  114—118. 
— :  Stutzer,  E.,  Goethe  und  Bismarck  in  ihrer  Be¬ 
deutung  für  die  deutsche  Zukunft. 

Xenien.  1909.  Juli.  S.  26—31. 
— :  Wolff,  E.,  Goethes  Gedichte  in  künstlerischer 
und  in  wissenschaftlicher  Erläuterung. 

Goethe-f  ahrbuch.  30.  1909-  S.  86 — 113. 
— :  Zaniboni.  E.,  Un  completto  Goethiano  a  Roma 
per  il  Tasso  e  contro  il  Werther. 

Rivista  di  letteratura  tedesca.  3.  1909.  S.  66 — 78. 
Greif:  Böckel,  O.,  Martin  Greif.  Gedenkblatt  zu 
seinem  70.  Geburtstag  (18.  Juni  1909). 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  560—568. 
— :  Fuchs,  K.,  Martin  Greif  und  seine  Beziehungen 
zu  Österreich. 

Zeitschrift  für  de7i  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  399—4U- 

—  :  Henschke,  E.,  Martin  Greif  und  die  Rheinpfalz. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 

s.  383—391- 


7 


Beiblatt. 


Greif:  Ko  sch,  W. ,  Martin  Greif  und  die  deutsche 
Bühne.  Stimmen  ihrer  Vertreter. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 

s.  349—364. 

— :  Kosch,  W.,  Martin  Greif  und  das  deutsche  Volk. 
Zum  70.  Geburtstag  des  Dichters. 

Gegenwart.  1909.  Nr.  25.  S.  435 — 438. 
— :  Lüttge,  W.,  Martin  Greifs  religiöse  Stellung. 
Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 

s.  371—383- 

— :  Lyon,  O.,  Zu  Martin  Greifs  siebzigstem  Geburts¬ 
tage. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  337— 348,  1  Portr. 

— :  Prem,  S.  M.,  Goethes  Freund  Ehrmann,  Martin 
Greifs  Urgroßvater. 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 
S.  414 — 422. 

— ;  Taesler,  K.  C.,  Martin  Greif.  Eine  Studie  zum 
70.  Geburtstage  des  Dichters  (18.  Juni  1909). 

Der  Osten.  Literarische  Monatsschrift  der  Bres¬ 
lauer  Dichterschule.  35.  1909.  S.  158 — 162,  1  Portr. 
Hamerling:  Reitzer  H.,  Robert  Hamerling.  (*j-  am 
13.  Juli  1889.) 

Xenien.  1909.  Juli.  S.  21 — 25.  Aug.  S.  94 — 102. 
— :  Schierbaum,  H.,  Robert  Hamerlings  Dichtung 
„Ahasverus  in  Rom“.  Eine  literarische  Studie. 

Literarische  Ernte.  1.  1909.  103  S. 
Hansjakob:  Rüttenauer,  B.,  Volksliteratur  und 
Kultur.  Eckart.  3.  1908/9.  S.  545  —  560. 

Hartleben:  Diester  weg,  M.,  Neues  von  Otto  Erich. 
Ein  Beitrag  zur  Hartleben-Biographie. 

Arena.  1909.  August.  S.  485—498  mit  13  Abbild. 
— :  Hindrichs,  O.,  Gerhart  Hauptmann.  (Schluß.) 

Bücherwelt.  6.  1908/9.  S.  203—208. 
Hearn:  Gomoll,  W.  C.,  Lafcadio  Hearn. 

National- Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  34 
vom  22.  August. 

Hebbel:  Wustmann,  W. ,  Uhlands  Einfluß  auf  die 
Poesie  Hebbels. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  34.  S.  362—370. 
— :  Zinke,  P.,  Friedrich  Hebbel  ein  Mystiker? 

Euphorion.  16.  1909/10.  S.  147 — 166. 
Heine:  Boucke,  E.  A.,  Heine  im  Dienste  der  „Idee“. 
Euphorion.  16.  1909/10.  S.  116—131.  (Wird 
fortgesetzt.) 

Hille:  Uhlmann  -  Bixterheide,  W.,  Peter  Hille. 
Erinnerungen. 

Dortmundisches  Magazin.  1909.  S.  35 — 38, 1  Portr. 
Hölderlin:  Jahn,  K.,  Friedrich  Hölderlin. 

Deutsche  Literaturzeitung.  30. 1909.  Sp.  1477— 1482. 
— :  Schütte,  E.,  Hölderlins  Hyperion.  Eine  philo¬ 
sophisch-ästhetische  Studie. 

Xenien.  1909.  Juli.  S.  1 — 21.,  August  S.  78-94. 
Hoffmann:  Knatz,  K.,  E.  T.  A.  Hoffmann  und  seine 
Welt. 

Arena.  1909.  Juli.  S.  393— 400  mit  5  Abbild. 
■ — :  Arminius,  W.,  Hans  Hoffmann. 

Beiträge  zur  Literaturgeschichte.  57.  1909.  37  S. 


Hoffmann:  Arminius,  W.,  Hans  Hoffmann. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  LTnterhaltungsbeil. 
Nr.  161  vom  13.  Juli. 

Hugo:  Collignon,  A.,  Victor  Hugo  ct  Iuvdnal. 

Rennte  cf  histoire  litt<!raire  de  France.  16.  1909. 

S.  259—284. 

— :  Heiss,  H.,  Neuere  Literatur  über  Victor  Hugo  II. 
Germanisch  romanische  Monatsschrift.  1.  1909. 

s.  445—461. 

Ibsen:  La  Chesnais,  P.  G.,  Le  „Brand“  öpique 
d’Ibsen. 

M ercure  de  France.  1909.  Juli  16.  S.  212—231. 
(Wird  fortgesetzt.) 

— :  Thompson,  T.  B.,  Ibsen’s  ,When  we  dead 
awaken’.  Poet  Lore.  1909.  Nr.  3.  S.  201— 217. 
Immermann:  Heyderhoff,  I.f  Immermanns  politische 

Anschauungen. 

Preußische  Jahrbücher.  1909.  August.  S.  245 — 267. 
Kerner:  Geiger,  L.,  Politische  Briefe  Justinus  Kerners 
an  Varnhagen  von  Ense. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 

9.  1909.  S.  I— 21. 

Kleist:  Gehlsdorf,  H.,  Ewald  Christian  v.  Kleists 
Heldentod  in  der  deutschen  Dichtung. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  196  vom  23.  August. 

— :  Reimer  des,  E.  E.,  Ein  Sänger  und  ein  Held. 
Zum  150.  Todestage  Ewald  Christians  von  Kleist  am 
24.  August. 

National-Zeitung.  1909.  Sonntags-Beilage  Nr.  34 
vom  22.  August. 

— :  Fischer,  O.,  Mimische  Studien  zu  Heinrich  von 
Kleist.  4.  5.  Euphorion.  16.  1909/10.  S.  62 — 92. 
— :  Lüdemann.  Der  Kurfürst  in  Kleists  „Prinz 
Friedrich  von  Homburg". 

Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht.  23.  1909. 

s.  319—323- 

Kortüm:  Dickerhoff,  H,  Die  Entstehung  der 

Jobsiade. 

Forschungen  und  Funde.  Bd.  1.  H.  3.  1908.  55  S. 

Laube:  Wendriner,  K.  G.,  Laube  als  Theaterdirektor. 
Zum  1.  August.,  seinem  fünfundzwanzigsten  Todes¬ 
tage. 

Der  Zeitgeist.  Beiblatt  zum  Berliner  Tageblatt. 
1909.  Nr.  31  vom  2.  August. 

Leopardi:  Carafa,  A.,  Lettere  di  Giacomo  Leopardi 
ad  Antonio  Ranieri. 

Nuova  Antologia.  1909.  August.  16.  S.  529 — 548. 

Leuthold:  Ivlemperer,  V.,  Heinrich  Leuthold.  Ein 
Gedenkblatt  zu  seinem  dreißigsten  Todestage. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  150  vom  30.  Juni. 

Lienhard:  Weitbrecht,  R.,  Friedrich  Lienhard. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  481—498. 

Liliencron:  Petrenz,  A.,  Detlev  v.  Liliencron  *J*. 

Tägliche  Rundschau.  1909.  Unterhaltungsbeilage 
Nr.  170  vom  23.  Juli. 


8 


Beiblatt. 


Ludwig:  Bode,  K.,  Zur  Quelle  der  „Maria“  von  Otto 
Ludwig.  Euphorion.  16.  1909/10.  S.  166 — 178. 

MaupaSSant:  Eloesser,  A.,  Studie  zu  Maupassant. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  33 
u.  34  vom  15.  u.  22.  August. 

Meredlth:  Bailey,  I.  C„  Meredith’s  poetry. 

Fortnightly  Review.  1909.  Juli.  S.  32  —  46. 

— :  Chasse,  Ch.,  La  France  dans  L’oeuvre  de 
Meredith. 

La  Revue.  1909.  Juni  15.  S.  520—531. 

— :  CI o d d,  E.,  George  Meredith.  Some  recollections. 

Fortnightly  Review.  1909.  Juli.  S.  19—31. 

— :  Davray,  H.  D,,  George  Meredith  Souvenirs  et 
reflexions. 

Mercui'e  de  France.  1909.  Juni.  16.  S.  577 — 596. 

— :  Matz:  B.  W.,  George  Meredith  als  publisher’s 
reader. 

Fortnightly  Review.  1909.  August.  S.  282  —  298. 

Meyer:  Blum,  H.,  Ein  Besuch  bei  Konrad  Ferdinand 
Meyer. 

Deutsche  Revue.  1909.  August.  S.  236-247. 

Mistral:  Bois,  J.,  L’apotheose  de  Mistral. 

La  Nouvelle  Revue.  1909.  Juni  15.  S.  547—554. 

— :  Schoen,  H.,  Friederic  Mistral  et  la  litterature 
provengale. 

Revue  de  Belgique.  1909.  Juni.  S.  1 1 7 — 142. 

Nietzsche:  Batault,  Ga  Nietzsche  prophete. 

Mer  eure  de  France.  1909.  Aug.  1.  S.  406 — 416. 

— :  Crusius,  O.,  Friedrich  Nietzsche  und  Karl  Hille¬ 
brand.  Unveröffentlichte  Briefe. 

Süddeutsche  Monatshefte.  1909.  Aug.  S.  129 — 142. 

— :  Hofmiller,  J.,  Nietzsches  Briefe  an  Gast. 

Süddeutsche  Monatshefte.  1909.  Sept.  S.  300 — 310. 

— ;  Oehler,  R.,  Das  Nietzsche-Archiv  als  Stiftung. 

Börsenblatt  für  de?i  Deutschen  Buchhandel.  1909. 
S.  8140—42. 

Nordau:  Hecht,  G.,  Max  Nordau  der  Kritiker.  Zu 
seinem  60.  Geburtstag  (29.  August). 

Xenien.  1909.  August.  S.  73 — 78. 

Platen :  Schlösser,  R.,  Kleine  Platenstudien  I — VI. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
9.  1909.  S.  145-187. 

Poe:  Fü rs t en b er g-Fürstenb e rg,  A.  zu,  Edgar 
Allan  Poe.  (19.  Januar  1909—7.  Oktober  1849.)  Zur 
Psychologie  seines  Schaffens. 

Hochland.  6.  1909.  S.  624 — 629. 

Reuter:  Brandes,  E.,  Eine  neue  Quelle  für  Fritz 
Reuters  Läuschen  un  Rimels. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeil.  Nr.  33  u.  34 
vom  15.  u.  22.  August. 

Rimbaud:  Kurtz,  R.,  Heroica.  (Arthur  Rimbaud.) 

Der  Zeitgeist.  Beibl.  z.  Berliner  Tageblatt.  1909. 
Nr.  27  vom  5.  Juli. 

Sand:  Rocheblave,  S.,  George  Sand.  Lettres  äPoncy. 
1.  La  litterature  proletaire  (1842 — 1848). 

Revue  des  deux  mondes.  1909.  Aug.  1.  S.  599—633. 
August  15.  S.  902—934. 

Schiller:  Ellinger,  G.,  Schiller  und  die  deutsche 
Nachwelt. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  32 
vom  8.  August. 

Z.  f.  B.  1909/1910.  5/6.  Beiblatt. 


Schiller:  Müller,  E.,  Caroline  von  Wolzogen  und  der 
Generalvikar  Freiherr  von  Wessenberg. 

Vossische  Zeitung.  1909.  Sonntagsbeilage  Nr.  32 
vom  8.  August. 

— ;  Reuschel,  K.,  Karl  Bergers  „Schiller“. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  620 — 625. 

— :  Schlesinger,  M.,  Schiller  und  Goethe  in  ihrer 
Stellung  zum  Symbolbegriff. 

Goethe-Jahrbuch.  30.  1909.  S.  1 19  — 130. 

— :  Stölzel,  A.,  EineNachlese  zu  den, Verhandlungen 
über  Schillers  Berufung  nach  Berlin“. 

Goethe  Jahrbuch.  30.  1909.  S.  187 — 204. 

- — :  Sturtevant,  A.  M.,  A  new  trace  of  Shakespere’s 
influence  upon  Schillers  Wallenstein. 

Modern  Language  Notes.  24.  1909.  S.  129 — 132. 

Schmitthenner:  Grobe-Wutischky,  A.,  Adolf Schmitt- 
henner.  Xenien.  1909.  August.  S.  65 — 73. 

Schnitzler:  Tibal,  A.,  Arthur  Schnitzler. 

Revue  de  Baris.  1909.  Juni  15.  S.  813 — 830. 

Schüler:  Matzdorf,  P.,  Gustav  Schüler.  Ein  religiöser 
Dichter  der  Gegenwart. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  503— 509, 

Schupp:  Vogt,  C.,  Johann  Balthasar  Schupp.  Neue 
Beiträge  zu  seiner  Würdigung. 

Euphorion.  16.  1909/10.  S.  6 — 27.  (Wird  fortges.) 

Sealsfield:  Bordier,  P.,  Sealsfield,  ses  idees,  ses 
sources,  d’apres  le  „Kajütenbuch“.  (Schluß.) 

Revue  germanique.  5.  1909.  S.  369— 421. 

• — :  Ravize,  A.,  Neu  aufgefundene  Npvellen  Seals- 
fields.  Euphorion.  16.  1909/10.  S.  102—116. 

Shaftesbury:  Walzel,  O.  F.,  Shaftesbury  und  das 
deutsche  Geistesleben  des  18.  Jahrhunderts. 

Germanisch-7-ornanische  Monatsschrift.  I.  1909. 
S.  416—437. 

Shakespeare:  Engel,  E.,  Verbrecher  Shakespeares 
vom  psycho- physiologischen  Standpunkt  aus  be¬ 
trachtet. 

Preußische  Jahrbücher,  1909.  Juli.  S.  61 — 79. 

— :  Poritzky,  J.  E.,  Shakespeares  Hexen.  Ein 
literar-historisches  Kulturbild. 

Neue  Shakespeare-Bühne.  9.  1909.  56  S. 

— :  Porter,  Ch.,  and  H.  A.  Clarke,  Shakespeare’s 
.Macbeth“.  A  study  program. 

Poet  Lore.  1909.  Nr.  3.  S.  229 — 238. 

— :  Reul,  P.  de,  Shakespeare  et  M.  Demblon. 

Revue  de  Belgique.  1909.  Juni.  S.  155 — 1 72- 

— :  Shakespeare,  and  the  school  of  assumption. 

Library.  N.  S.  10.  1909.  S.  314 — 327. 

Shaw:  Freund,  F.  E.  W.,  G.  B.  Shaw. 

Der  Zeitgeist.  Beiblatt  z.  Berliner  Tageblatt.  1909. 
Nr.  25  vom  21.  Juni. 

Sidney:  D  ob  eil,  B.,  New  light  upon  Sir  Philip  Sidney’s 
,Arcadia“. 

Quarterly  Review.  1909.  Juli.  S.  74 — 10°- 

Sohnrey:  Kück,  E.,  Heinrich  Sohnrey.  Ein  Gruß 
zum  fünfzigsten  Geburtstage. 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  568 — 581. 

Stifter:  Hüller,  F.,  Ein  Beitrag  zu  Adalbert  Stifters 
Stil.  Euphorion.  16.  1909/10.  S.  136  145. 


9 


2 


Beiblatt. 


Storni:  Bödewadt,  J.,  Im  Elend.  (Theodor  Storms 
Briefe  in  die  Heimat  aus  den  Jahren  1853 — 1864.) 

Eckart.  3.  1908/9.  S.  625—637. 
Swinblirne:  Bird,  A.  Lv  and  Rhys,  E.,  Two  evenings 
with  Swinburne. 

The  Bibliophile .  3.  1909/10.  S.  238—241. 
— :  Meynell,  A.,  Swinburne’s  lyrical  poetry. 

Dublin  Review.  1909.  Juli.  S.  172 — 183. 
— ;  Will cox,  L.  C.,  The  fortifying  principle  in 
Swinburne. 

North  AmericaJi  Review.  1909.  Juli.  S.  93 — 100. 
— :  Swinburne  and  Meredith. 

Westminster  Review.  1909.  Juli.  S.  29 — 35. 
Tennyson:  Benzmann,  H.,  Tennyson  (Geb.  am 
6.  August  1809). 

Der  Türmer.  1909.  August.  S.  673— 678. 
— :  Clark,  H.  W.,  Tennyson:  A  re-consideration 
and  appreciation. 

Fortnightly  Review.  I909.  August.  S.  233 — 238. 
— :  Harrison,  F.,  The  Tennyson  centenary. 

Nineteenth  Century.  1909.  August.  S.  226 — 233. 
— :  Roz,  F.,  Un  poete  national  de  TAngleterre. 
Alfred  Lord  Tennyson. 

Revue  des  deux  mondes.  1909.  August  15. 
S.  809—843. 


Thompson:  Delattre,  F.,  Le  pocte  Francis  Thompson 

(1859-1907). 

Revue  germanique.  5.  1909.  S.  422 — 454. 
Tolstoi:  Baring,  M.,  Tolstoy  and  Turgeniev.  A contrast. 

Quart erly  Revieiv.  1909.  Juli.  S.  180—202. 
— :  Freimark.H.,  Tolstoy  als  Charakter.  Eine  Studie 
auf  Grund  seiner  Schriften. 

Grenzfragen  des  Nerven-  und  Seelenlebens.  66. 
1909-  33  S. 

Uhland:  M oestue,  \V.,  Uhlands  Vorlesung  über 
nordische  Sage. 

Studien  zur  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
9.  1909.  S.  223—245. 

Verne:  Lemire,  Ch.,  Jules  Verne. 

Memoires  de  l'acadt'mie  des  Sciences,  des  lettres  et 
des  arts  d Amiens.  55.  1908.  (Amiens  1909).  S.  1— 36 
mit  7  Taf. 

Voltaire:  Fournier,  A.,  Voltaire  und  sein  Arzt. 

(Schluß.)  Xenien.  1909.  S.  327 — 339. 

Werner:  Leitzmann,  A.,  Briefe  Zacharias  Werners 
an  Karoline  von  Humboldt. 

Euphonon.  16.  1909/10.  S.  93-100. 
Wieland:  Tornius,  V.,  Karamsin  und  Wieland. 

Grenzboten.  1909.  Nr.  26.  S.  620 — 625. 


Neue  Bücher. 


„  William  Morris  og  hans  Betydtnng “  heißt  ein 
interessantes  dänisches  Schriftchen  (36  S.  40.  Preis 
geb.  Kr.  2.75),  in  dem  Uffe  Birkedal  eine  kurze,  aber 
erschöpfende  Schilderung  vom  „Dichter,  Künstler, 
Fabrikanten  und  Sozialisten“  Morris  entwirft.  Der  um 
das  dänische  Buchgewerbe  verdiente  Buchdrucker 
Simon  Bernstee?i  in  Kopenhagen  hat  es  in  eigenem 
Verlag  herausgegeben  und  eigenhändig  gedruckt,  675 
Exemplare  zweifarbig  auf  antikem  Druckpapier,  ferner 
dreifarbig  in  der  Handpresse  53  auf  englischem  Bütten- 
und  55  auf  Japanpapier.  Morris,  Bildnis  darin  ist  auf 
Vorschlag  seiner  Tochter  May  Morris  zu  dieser  Arbeit 
von  seinem  Freunde  Walter  Crane  gezeichnet  und  von 
zwei  dänischen  Xylographen  in  Holz  geschnitten. 
Rahmen  und  Initialen  des  Büchleins  stammen  von 
Morris  selber,  verschiedenen  seiner  in  der  Kelmscot 
Press  hergestellten  Arbeiten  entnommen.  Auch  die 
dänischen  Künstler  Gudmund  Hentze,  Hans  Tegner 
und  (mit  „Flora  Danica-Initialen“)  Anna  Andersen 
haben  zum  Buchschmuck  mitgewirkt,  die  Ätzungen 
sind  mit  größter  Sorgfalt  von  Fr.  Hendriksen  und 
Ch.  Andersen  ausgeführt.  Den  Satz  hat  Cecilie,  die 
Buchbinderarbeit  und  den  Einband  Valborg  Bernsteen 
besorgt.  G.  B. 


Die  Oxford-University  Press  hat  soeben  einen  be¬ 
schreibenden  Katalog  der  früheren  Ausgaben  Shake¬ 
speares  in  der  Bibliothek  von  Eton  College  heraus¬ 
gegeben.  Die  Sammlung  der  Quartausgaben  umfaßt 
in  fünf  Bänden  22  Ausgaben  von  18  Stücken;  von 
diesen  sind  mehrere  unvollständig,  während  andere  als 
schlecht  erhalten  bezeichnet  werden.  Zehn  derselben, 


darunter  zwei  der  unsicheren  Stücke,  wurden  vor  dem 
Erscheinen  der  ersten  Folioausgabe  im  Jahre  1623 
gedruckt.  Die  erste  Folioausgabe  der  Sammlung  ist 
ebenfalls  ein  ziemlich  minderwertiges  Stück,  desgleichen 
die  dritte,  während  die  zweite  und  vierte  Ausgabe  als 
gut  erhalten  bezeichnet  werden.  Die  sehr  vollständige 
bibliographische  Beschreibung,  die  zugleich  die  Rang¬ 
ordnung  der  Stücke  in  der  Folioausgabe  und  andere 
auf  bie  Druckgeschichte  derselben  bezügliche  Angaben 
enthält,  ist  von  Walter  W.  Gregg  verfaßt. 


Der  Berliner  Buchbinder  Paul  Kersten  hat  kürzlich 
im  Verlage  Wilhelm  Knapp  in  Halle  ein  Buch  erscheinen 
lassen,  das  sich  „ Der  exakte  Bucheinband“  betitelt. 
Wendet  sich  dies  Buch  auch  in  erster  Linie  an  Buch¬ 
binder,  so  ist  es  doch  für  den  Bücherfreund  nicht 
minder  interessant,  und  muß  bei  unserm  Mangel  an 
geeigneter  Literatur  freudig  begrüßt  werden,  daß 
Kersten  in  seinem  Buch  einen  Ton  zu  finden  wußte, 
der  es  auch  dem  Laien  ermöglicht,  dasselbe  von  An¬ 
fang  bis  Ende  interessiert  durchzustudieren.  Es  ist 
immer  wieder  die  Klage  zu  hören,  daß  unsere  Biblio¬ 
philen  kein  Verhältnis  zur  deutschen  Buchbindekunst 
haben;  daß  es  nur  wenige  Bücherliebhaber  gibt,  die 
Sinn  für  einen  guten  und  schönen  Bucheinband  haben 
und  bereit  sind,  Geld  für  kostbarere  Einbände  auszu¬ 
geben  und  daß  dann  diese  wenigen  womöglich  der¬ 
artige  Einbände  auch  noch  in  England  oder  Frankreich 
machen  lassen.  Gewiß  sind  bei  uns  reiche  Biblio¬ 
philen  nicht  in  dem  Maße  vorhanden,  wie  in  England 
und  Frankreich;  aber  ebenso  gewiß  ist  es,  daß  es  der 


10 


Beiblatt. 


deutsche  Buchbinder  weit  weniger  als  sein  französischer 
und  englischer  Kollege  verstanden  hat,  dem  Publikum 
Geschmack  und  Interesse  an  seinem  schönen  Hand¬ 
werk  beizubringen.  Nur  wenige  Leute  haben  einen 
ungefähren  Begriff,  wie  ein  Buch  gebunden  wird,  wie 
viele  Plandgrifife  dazu  nötig  sind  und  wie  sie  alle  exakt 
ausgeführt  werden  müssen,  um  einen  guten  Bucheinband 
zu  ergeben.  Ja,  die  wenigsten  wissen  überhaupt,  wie 
ein  guter  Bucheinband  aussehen  muß.  Man  hat  in 
Deutschland  nicht  allzuoft  Gelegenheit,  gute  Einbände 
zu  sehen;  bei  uns  dominiert  der  Verleger-Einband.  Es 
klingt,  als  wenn  ich  den  Verlagseinband  in  Gegensatz 
zu  dem  guten  Einband  stellen  wollte.  Dem  ist  aber 
nicht  so.  Ein  Verlagseinband  kann  sehr  wohl  ein  guter 
Einband  sein;  er  muß  sich  aber  bemühen,  einen  Typ 
für  sich  zu  bilden  und  muß  aufhören,  handgearbeitete 
Einbände  zu  imitieren.  Der  Gedanke,  der  den  Ver¬ 
lagseinband  schuf,  ist  der,  gute,  haltbare  und  dabei 
billige  Einbände  zu  erzielen  durch  Massenanfertigung 
mit  Hilfe  von  Maschinen  analog  der  Drucklegung  des 
Buches.  Der  Einband  soll  also  offen  bekennen:  ich 
bin  mit  der  Maschine  geheftet;  meine  Decke  ist  mit 
der  Maschine  gemacht  und  mit  der  Presse  bedruckt; 
ich  kann  mir  kein  gutes  —  also  teures  —  Leder  leisten 
und  verschmähe  schlechtes  oder  imitiertes,  deshalb  ist 
mein  Gewand  gutes  Leinen  oder  festes  Papier.  Ein 
solcher  Einband,  der  jeden  falschen  Schein  meidet  und 
sich  in  bewußten  Gegensatz  zum  handgefertigten 
Einzeleinband  stellt,  kann  gut  und  schön  sein,  ohne 
daß  er  teuer  zu  sein  braucht. 

Der  handgefertigte  „exakte  Bucheinband“  hat  es 
nicht  nötig,  nach  einem  Typ  für  sich  zu  suchen.  Seine 
Form  steht  seit  Jahrhunderten  fest  und  mit  ihr  die 
Technik  des  Einbindens.  Verändert  haben  sich  nur 
unwesentliche  Dinge  und  wo  die  Buchbinder  einmal, 
wie  z.  B.  in  der  zweiten  Hälfte  des  XIX.  Jahrhunderts 
und  in  der  Gegenwart,  von  der  althergebrachten  Tra¬ 
dition  abweichen,  so  geschieht  das  eben  zum  Schaden 
ihrer  Erzeugnisse.  Das  Kerstensche  Buch  kann  hier 
sehr  segensreich  wirken;  denn  es  geht  zurück  auf  die 
Technik  der  Alten  und  setzt  an  Stelle  des  kostbaren 
Materials  als  Grundbedingung  für  einen  schönen  Ein¬ 
band  eine  exakte,  präzise  Arbeitsweise.  Stufe  für  Stufe 
zeigt  K.  seinen  Lesern  das  Entstehen  desBucheinbandes 
verdeutlicht  durch  über  ioo  Abbildungen,  die  zum  Teil 
in  sehr  geschickter  Weise  die  einzelnen  Handgriffe 
zeigen.  Mit  Vergnügen  wird  mancher  Bücherfreund 
ihm  folgen  und  wird  einzelne  Einbände  seiner 
Bibliothek  zur  Hand  nehmen  und  ihnen  auf  den  Zahn 
fühlen.  Überrascht  wird  er  dann  die  unexakte,  luschige 
Arbeit  manches  „Luxusbandes“  erkennen,  die  die  reich 
vergoldete  Einbanddecke  nun  nicht  mehr  vor  seinen 
Augen  verdecken  kann.  Er  wird  aber  auch  manchem 
alten  schlichten  Bande  begegnen  und  mit  Freude  sehen, 
wie  schön  der  doch  ist,  da  er  exakt  und  handwerklich 
gediegen  gearbeitet  ist,  ohne  Ansprüche  auf  „Kunst“ 
zu  machen.  Ein  Bücherfreund,  der  einmal  soviel  Inter¬ 
esse  an  der  Buchbinderei  genommen  hat,  wird  nicht 
mehr,  wie  vielleicht  früher,  mit  den  Verlagseinbänden 
vorlieb  nehmen,  sondern  es  wird  ihm  eine  besondere 
Freude  sein,  sich  mit  einem  tüchtigen  Buchbinder  in 


Verbindung  zu  setzen,  und  mit  diesem  seine  Einbände 
selbst  zusammenzustellen.  Das  Kerstensche  Buch 
wird  ihm  die  Augen  geöffnet  haben  und  er  wird  nun 
leicht  erkennen,  was  wesentlich  und  was  unwesentlich 
am  Einbande  ist.  Jeder  gute  alte  Einband  kann  ihm 
jetzt  zum  Lehrmeister  dienen,  nicht  nur  für  die  Technik, 
sondern  auch  für  die  Verzierung.  Kersten  widmet 
dieser  ein  ganzes  ausführliches  Kapitel  und  bringt  ein 
reiches  Abbildungsmaterial  moderner  Stempel  und  mit 
diesen  ausgeführter  Entwürfe.  Aber  diesen  sieht  man 
größtenteils  an,  daß  sie  mit  Absicht  modern  sein  wollen. 
Gewiß  sollen  wir  es  vermeiden,  historische  Stile  zu 
kopieren,  und  danach  streben,  auch  in  der  Dekoration 
unserer  Bücher  einen  Ausdruck  zu  finden,  der  unserer 
Zeit  eigen  ist.  Aber  wir  sollen  uns  nicht  ängstlich 
damit  quälen.  Erfüllen  wir  die  Forderungen  unserer 
Zeit  und  streben  wir  darnach,  mit  gutem,  echtem  Ma¬ 
terial  in  gediegener  Technik  Einbände  herzustellen, 
die  zweckmäßig  sind,  so  werden  sie  nicht  nur  gut  und 
schön,  sondern  auch  modern  werden.  Der  dem 
Kerstenschen  Buche  angegliederte  Aufsatz  von  L. 
Sütterlin:  „Der  Entwurf  des  Bucheinbandes“  spricht 
sich  auch  in  diesem  Sinne  aus  und  enthält  das  beste, 
was  auf  diesem  Gebiet  je  geschrieben  wurde.  Unsern 
Bibliophilen  sei  das  Buch  zum  Ankauf  und  Studium 
warm  empfohlen. 

Leipzig.  Carl  Sonntag  jun.,  D.  W.  B. 


Die  deutsche  Balzac- Ausgabe  des  Insel'-Verlags  ist 
nunmehr  bis  zum  siebenten  Bande  vorgeschritten.  Er 
enthält  den  Schluß  der  Kurtisanengeschichten,  die  schon 
zu  den  letzten  Romanen  Balzacs  gehören  und  ihn  nicht 
mehr  auf  der  vollen  Höhe  seines  Könnens  zeigen.  Auf 
das  rein  Stoffliche  legte  Balzac  ja  nie  sonderlich  viel 
Wert;  die  Fabel  ist  bei  ihm  gewöhnlich  dürftig  und 
meist  ohne  Originalität.  In  den  „Kurtisanen“  häuft 
sich  das  Abenteuerliche  zu  Bergen,  so  daß  es  nicht 
immer  ganz  leicht  ist,  den  Faden  der  Handlung  vor 
sich  zu  behalten.  Aber  als  Sittenbild  aus  der  Zeit  des 
Bürgerkönigstums  ist  der  Roman  von  höchstem  Inter¬ 
esse  und  ebenso  als  Dokument  für  die  Arbeitsweise 
Balzacs.  Man  versteht,  daß  Zola  und  seine  Schule  in 
ihm  ihr  Meister  sahen.  Die  Ausgestaltung  des  Zu- 
ständlichen  und  der  Begleitumstände  war  für  Balzac 
die  Hauptsache.  Das  war  der  Gipfel  seiner  Künstler¬ 
schaft:  die  Darstellung  des  Menschen  inmitten  seiner 
Umgebung,  in  seiner  Abhängigkeit  vom  „Milieu“. 

Die  Übersetzung  hat  mit  mancherlei  Schwierig¬ 
keiten  zu  kämpfen.  Ihr  Stil  ist  ungleich,  zum  Teil 
glänzend,  namentlich  im  Reflektorischen,  oft  aber  auch 
in  hohem  Maße  schludrig  und  flüchtig  und  nicht  immer 
geschmackvoll  im  Ausdruck;  zuweilen  verliert  er  sich 
tatsächlich  in  Unverständlichkeiten.  Die  Übertrager 
haben  die  Unebenheiten  nach  Möglichkeit  zu  glätten 
versucht,  und  im  allgemeinen  ist  ihnen  das  auch  gut 
gelungen.  Dem  Verlage  aber  kann  man  nur  dankbar 
sein,  daß  er  uns  die  „Comedie  humaine“  in  einer  auch 

äußerlich  stattlichen  Gesamtausgabe  zugänglich  macht. 

-bl- 


ii 


Beiblatt. 


Die  Festschrift  zum  50jährigen  Bestehen  des  Leip¬ 
ziger  Künstlervereins,  die  der  Vorstand  als  „Beitrag 
zur  Geschichte  der  Stadt  Leipzig“  in  500  Exemplaren 
drucken  lieh,  ist  künstlerisch  und  buchtechnisch  eines 
der  schönsten  Werke,  die  im  letzten  Jahrzehnt  ver¬ 
ausgabt  wurden.  Sie  liegt  uns  in  einem  Großquart¬ 
bande  vor,  in  weißes  Pergament  gebunden,  das  Bruno 
Heroux  als  technischer  Leiter  des  Ganzen  mit  dem 
Signet  des  Vereins  geschmückt  hat.  Schon  diese 
Deckelzier  ist  der  Beachtung  wert.  Das  Wort  „Chro¬ 
nik“  und  darunter  das  Monogramm  des  Vereins  stehen 
in  Dragonerblau  inmitten  einer  anmutigen,  in  Gold¬ 
druck  ausgeführten  Verschlingung  von  stilisierten  Blatt¬ 
ranken,  die  zugleich  die  drei  Künstlerschilde  umgeben. 
Darunter  gesetzt  sind  die  Jahreszahlen  1858 — 1908. 
Von  buntem  Vorsatz  hat  man  (nicht  ganz  zu  Recht)  ab¬ 
gesehen:  die  beiden  sich  gegenüberstehenden  Titel¬ 
seiten:  zur  Hälfte  ornamental  und  figürlich,  zur  Hälfte 
mit  dem  Titeltext  in  schönen  Lettern,  zeichnete  Hans 
Zeissig.  Nun  kommt  der  zwei  Seiten  umfassende  Druck¬ 
vermerk,  in  goldumränderten  und  von  goldenen  Quer 
linien  durchzogenen  Kästen  stehend.  Wenn  man  das 
liest,  wird  man  vielleicht  nicht  glauben,  daß  es  auch 
wirklich  geschmackvoll  aussieht;  es  ist  aber  in  der 
Tat  so:  diese  beiden  Seiten  sind  in  ihrer  Art  geradezu 
vollendete  buchtechnische  Kunstwerke.  Nur  hätte  ich 
die  Vermerke  an  den  Schluß  des  Textes  gestellt  statt 
an  den  Anfang.  Den  Übergang  zum  Text  bildet  ein 
Sonderblatt  mit  einem  prachtvollen  Zierstück  Max 
Klingers ;  dann  beginnt  die  von  Ernst  Kieslirig  ver¬ 
faßte  Chronik  des  Vereins  mit  einem  W- Initial  Zeis- 
sigs.  Der  Text  wurde  in  der  Offizin  von  Breitkopf  & 
Härtel  gedruckt:  in  einer  wunderschönen  Antiqua, 
deren  glänzendes  Schwarz  gut  mit  der  Elfenbeinton  des 
Papiers  harmoniert.  Auch  die  harmonische  Wirkung 
der  Textseiten  zu  dem  breiten  Rande  muß  hervor¬ 
gehoben  werden.  Die  Anbringung  der  Seitenziffern 
am  unteren  inwendigen  Rande  verdient  Lob;  weniger 
kann  ich  mich  mit  den  kleinen  Croquis  befreunden,  die 
die  Geschlossenheit  des  Gesamtbildes  stören.  An  sich 
sind  sie  freilich  reizend,  und  es  war  immerhin  gut,  daß 
man  sie  in  einem  zarten  Lichtgrau  reproduziert  hat. 
Ganz  prächtig  im  Wechsel  mit  der  Schwärze  des 
Drucks  wirken  die  blauen  Anfangsbuchstaben  jedes 
Textabschnitts.  Mit  Freytags  Gedicht  „Die  Erschaffung 
der  Künstler“,  dem  Richard  Gtimm  einen  reizvollen 
Ornamentrahmen  gegeben  hat,  schließt  die  Chronik 
ab,  und  nun  beginnen  die  Bildertafeln:  40  dunkelgraue 
Kartons,  auf  die  die  Zeichnungen  en  flotrant  befestigt 
sind.  Jedes  Blatt  trägt  unten  in  sattem  Braun  ein  von 
Matthieu  Molitor  entworfenes  Vereinssignet.  Der 
Druck  der  Kunstbeilagen,  den  verschiedene  Firmen 
stifteten,  ist  von  großer  Schönheit.  Alles  in  allem:  ein 
Werk,  über  das  ein  Bibliophilenherz  nur  eitel  Freude 
empfinden  kann.  — bl — 


C.  F.  Amelangs  Verlag  in  Leipzig  hat  nach  dem 
Typus  der  kleinen  Taschenausgaben  englischen  Ge¬ 
präges  eine  Reihe  von  zierlichen  Büchlein  herauszugeben 
begonnen,  gedruckt  in  einer  altertümlichen,  scharfen 


Fraktur  bei  Poeschel  &■*  Trepte.  An  der  Spitze  steht 
der  erste  Teil  des  „ Faust"  (fünf  verschiedene  Aus 
stattungen  zu  1,  2,  3,  7*/,,  10  M.,  darunter  eine  auf 
Dünndruckpapier,  Gewicht  ca.  100  Gramm  in  sehr  ge¬ 
fälligem  Lederband  M.  2)  Als  Herausgeber  zeichnet 
Prof.  Georg  Berlit.  Er  gibt  am  Schlüsse  Lesarten,  die 
ein  Verzeichnis  von  Druckfehlern  schamhaft  unter 
überflüssigen  Varianten  aus  allerlei  schlechten  früheren 
Faustausgaben  verhüllen. 

Der  Herausgeber  des  zweiten  Bändchens,  „Frau 
Rat  in  ihren  Briefen "  (in  Leinen  1  M.,  in  Leder  2  M.) 
leitet  seine  spärliche  Auswahl  (128  Seiten)  mit  einer 
dürftigen  Biographie  ein  und  hält  es  nicht  für  notwendig, 
die  vollständige  Sammlung  Kösters,  auf  der  die  seine 
fußt,  auch  nur  zu  erwähnen. 

Noch  weniger  bietet  zum  gleichen  Preise  der 
dritte  Band  der  Sammlung  „Schillers  IJebesfrühling. 
Aus  seinem  Briefwechsel  mit  Lotte  während  der  Braut¬ 
zeit“.  Der  Herausgeber  (wieder  nur  mit  den  Initialen 
J.  R.  H.  bezeichnet)  tut  das  psychologische  Problem, 
eines  der  merkwürdigsten  unserer  Literaturgeschichte, 
damit  ab,  daß  es  Schiller  schwer  gefallen  sei,  sich  für 
eine  der  Schwestern  Lengefeld  zu  entscheiden.  Im 
unmittelbaren  Zusammenhang  damit  tritt  die  Behaup¬ 
tung  auf,  der  Dichter  habe  sich  noch  nach  der  Hoch¬ 
zeit  mit  dem  Gedanken  an  ein  Leben  in  enger  Gemein¬ 
schaft  mit  beiden  Schwestern  getragen.  „Diese  uns 
merkwürdig  anmutende  Idee“  kann  nur  dem  merk¬ 
würdig  erscheinen,  der  an  ein  Verhältnis  wie  das 
Swifts  zu  Stella  und  Vanessa  oder  wie  Bürgers  Doppel¬ 
ehe  denkt.  Dazu  wird  man  unwillkürlich  durch  die 
Ausdrucksweise  der  Einleitung  veranlaßt,  während 
doch  Schiller  in  einer  solchen  trüben  Atmosphäre  nie¬ 
mals  hätte  existieren  können.  Die  Auswahl  der  Briefe, 
in  der  die  ganze  Korrespondenz  mit  Karoline  fehlt,  ge¬ 
nügt  nicht,  um  die  inneren  und  äusseren  Vorgänge  zu 
übersehen.  G.  K. 


P.  Angelo  Secchi.  Ein  Lebens-  und  Kulturbild  aus 
dem  XIX.  Jahrhundert.  Von  Dr.  foseph  Pohle.  Zweite, 
gänzlich  umgearbeitete  und  stark  vermehrte  Auflage. 
(Mit  einem  Porträt  und  Faksimile  Secchis,  einer  far¬ 
bigen  Spektraltafel  und  37  Abbildungen  im  Text.) 
Köln,  Verlag  und  Druck  von  J.  P.  Bachem.  XV  und 
288  Seiten.  Brosch.  M.  4. — ,  geb.  M.  5,30. 

Der  berühmte  Astronom  Jesuitenpater  Angelo 
Secchi  gehört  zu  jenen  katholischen  Geistlichen,  die 
bei  allem  unverrückbaren  Festhalten  an  der  Weltan¬ 
schauung  ihrer  Kirche  sich  auf  dem  Spezialgebiete 
ihrer  Wissenschaft  die  größten  Verdienste  erworben 
haben.  Dies  wird  auch  von  der  Gegenseite  bereit¬ 
willigst  zugegeben:  bei  dem  1878  erfolgten  Tode  Secchis 
waren  alle  Kreise,  „gläubige“  wie  „ungläubige“,  in 
der  Anerkennung  der  hohen  Verdienste  des  großen 
Gelehrten  um  die  Wissenschaft  einig.  In  Anbetracht 
dessen  sollten  aber  auch  die  Vertreter  der  katholischen 
Wissenschaft  und  namentlich  der  Biograph  des  Ver¬ 
storbenen  sich  derselben  Neutralität  befleißigen,  zumal 
da  es  sich  hier  um  ein  Gebiet  handelt,  auf  dem  die  Be¬ 
tonung  des  Gegensatzes  des  Konfessionsbekenntnisses 


12 


Beiblatt. 


gar  keine  innere  Berechtigung  hat.  Dieser  Neutralität 
aber  wird  geradezu  ins  Gesicht  geschlagen,  wenn  der 
Verfasser  am  Schluß  seines  Vorwortes  gegen  die  „vom 
Gottes-  und  Christusglauben  losgelöste  Naturforschung“ 
und  das  „traurige  Glaubensbekenntnis“  Alexander 
von  Humboldt,  der  doch  noch  eine  ganz  andere  Be¬ 
deutung  für  die  Geschichte  des  menschlichen  Geistes 
besitzt  als  P.  Secchi,  in  der  heftigsten  Weise  polemi¬ 
siert  und  seinem  Buche  den  Wunsch  mit  auf  den  Weg 
gibt,  „es  möge  sein  Scherflein  dazu  beitragen,  daß  in 
allen  ehrlich  nach  der  Wahrheit  suchenden  Natur¬ 
forscherkreisen  die  Überzeugung  immer  mehr  sich 
Bahn  breche,  daß  die  Wissenschaft  ohne  Gott  nicht 
Licht  bedeutet,  sondern  Finsternis  und  daß  sie  die 
Menschheit  nicht  glücklich  macht,  sondern  ins  Unglück 
führt“.  Dahin  gehört  es  auch,  wenn  Pohle  am  Schlüsse 
seines  Buches  sagt,  Secchi  habe  seine  Zunftgenossen 
„so  unmißverständlich  auf  das  Licht  des  Glaubens  und 
des  Christentums  hingewiesen,  daß  jene  Gelehrten,  die 
trotz  dieser  Mahnung  auf  dem  öden  Wege  des  seichten 
Unglaubens  hartnäckig  beharren,  keine  Entschuldigung 
haben“  —  wenn  er  den  Rationalismus,  „der  sich  Gott 
gleich  setzen  will“,  „ein  im  Abfall  von  Gott  gezeugtes 
unreines  System“  nennt  und  vom  Materialismus  sagt, 
„er  erniedrige  sich  zum  Tiere“.  Solche  Äußerungen, 
die  in  ihrem  naiven  Eifer  nur  erheiternd  auf  die  Gegner 
wirken  können,  beweisen  immer  von  neuem  nur  das 


eine,  daß  dem  Katholizismus  als  solchem  ein  absoluter 
Mangel  an  wissenschaftlicher  Objektivität  anhaftet,  der 
die  Möglichkeit  jeder  weiteren  Diskussion  von  vorn¬ 
herein  glatt  abschneidet  und  der  sich  am  besten  durch 
das  Schillersche  Distichon  charakterisieren  läßt: 

Dacht’  ich’s  doch;  haben  sie  nichts  vernünftiges  mehr 

zu  erwidern, 

Schieben  sie’s  einem  sofort  in  das  Gewissen  hinein. 
Bezeichnend  überdies  für  den  Stand  der  „katholischen 
Wissenschaft“  ist  es,  daß  ein  Professor  der  Theologie 
(also  ein  Priester!),  dem  die  astronomische  Forschung 
doch  fernliegen  muß,  es  unternommen  hat,  die  Bio¬ 
graphie  eines  Astronomen  zu  schreiben;  ein  wirklicher 
Fachmann  hat  sich  wohl  dazu  nicht  gefunden. 

Abgesehen  von  diesen  prinzipiellen  Bedenken  aber 
ist  Pohles  Buch  eine  brauchbare,  klar  und  gut  ge¬ 
schriebene  Arbeit,  die  über  die  wechselnden  Lebens¬ 
schicksale  Secchis,  über  seine  zahlreichen  Entdeckungen 
auf  dem  Gebiete  der  Meteorologie,  des  Magnetismus 
und  der  Astrophysik  sowie  über  die  Grundzüge  seiner 
Naturanschauung,  wie  Secchi  sie  in  seinem  großartigen 
Werke  „Unitä  delle  forze  fisiche.  Saggio  de  filosofia 
naturale“  niedergelegt  hat,  in  genügenderWeise  orien¬ 
tiert.  Ein  19  eng  gedruckte  Seiten  umfassendes  Ver¬ 
zeichnis  der  Schriften  Secchis  legt  ein  glänzendes  Zeug¬ 
nis  von  der  unermüdlichen  Tätigkeit  des  Gelehrten  ab. 

Leipzig-Gautzsch.  Paul  Seliger. 


Kleine  Mitteilungen. 


AlontaigJies  Bibliothek.  Eine  interessante  literar- 
geschichtliche  Forschungsarbeit  hat  in  einem  soeben 
bei  Hachette  in  Paris  erschienenen  Werk  über  Mon¬ 
taigne  ein  junger  Gelehrter,  Pierre  Villey,  unternommen; 
er  hat  nämlich,  um  die  Einflüsse  und  Anregungen, 
die  bei  dem  berühmten  Verfasser  der  „Essais“  ver¬ 
mutlich  wirksam  gewesen  sind,  mit  möglichster  Sicher¬ 
heit  festzustellen,  versucht  die  Bibliothek  zu  rekonstru¬ 
ieren,  die  Montaigne  auf  seinem  Landsitz  benutzte. 
Nach  seiner  eigenen  Angabe  hatte  Montaigne  „tausend 
Bände“  in  seinem  Hause  vereinigt,  und  es  war  „eine 
der  schönsten  unter  den  Dorfbibliotheken“.  So  viele 
Bücher  hat  nun  Villey  allerdings  nicht  als  offenbar 
häufige  und  ständige  Lektüre  von  Montaigne  er¬ 
mitteln  können;  immerhin  vermochte  er  dies  teils  mit 
Sicherheit,  teils  mit  einem  hohen  Grade  von  Wahr¬ 
scheinlichkeit  für  271  Bücher,  was  natürlich  nicht  aus¬ 
schließt,  daß  Montaignes  Angabe  annähernd  richtig 
war.  Doch  dürften  die  von  Villey  bezeichneten  Bücher, 
von  denen  einige  direkt  als  Besitz  Montaignes  bezeichnet 
waren,  die  meisten  aber  als  Bestandteile  seiner  Biblio¬ 
thek  erschlossen  sind,  immerhin  den  von  ihm  in  erster 
Reihe  benutzten  Kern  darstellen.  Lateinische  und 
italienische  Bücher  sind  darunter  natürlich  stark  ver¬ 
treten;  denn  wenn  auch  die  französische  Poesie  bereits 
durch  Baif,  du  Bellay,  Ronsard  u.  s.  w.,  die  Prosa 
durch  einige  Romane  und  Geschichtschreiber  ver¬ 
treten  ist,  so  wurden  doch  zu  jener  Zeit  noch  fast  alle 
juristischen,  theologischen  und  sonstigen  wissenschaft¬ 
lichen  Werke  in  lateinischer  Sprache  verfaßt,  während 
Komödien,  Novellen,  Dramen  und  die  wichtigsten  po¬ 


litischen  und  geschichtlichen  Werke  überwiegend  von 
Italienern  verfaßt 'waren.  So  sind  denn  in  Montaignes 
Bibliothek  nicht  nur  Machiavelli,  Guicciardini,  Petrarca, 
Boccaccio,  Castiglione,  sondern  auch  eine  große  Anzahl 
jetzt  längst  vergessener  italienischerVerfasser  vorhanden. 
Seine  eigentlichen  Freunde  aber  sind  die  alten  Schrift¬ 
steller  und  zwar  vor  allem  die  lateinischen:  „Ich  mache 
mir  nicht  viel  aus  neuen  Büchern,“  schrieb  er,  „weil  die 
Alten  mir  straffer  und  fester  erscheinen;  auch  nicht 
aus  den  griechischen,  weil  mich  eine  mäßige  Einsicht 
nicht  befriedigen  kann.“  Dies  gewiß  verwunderliche 
Urteil  dürfte  sich  freilich  auch  daraus  erklären,  daß 
Montaigne  die  griechischen  Studien,  zu  denen  ihn  sein 
Vater  anhielt,  nie  mit  Eifer  betrieben  und  es  in  dieser 
Sprache  nie  zu  großer  Fertigkeit  gebracht  hat.  So 
hatte  er  denn  auch  nur  wenige  griechische  Bücher  in 
seiner  Bibliothek,  während  unter  250  Büchern,  die  er 
nach  Villeys  Untersuchungen  besessen  haben  muß,  35 
italienische  und  140  lateinische  waren.  Daher  las  er 
auch  völlig  geläufig  Latein ;  mit  sieben  Jahren  über¬ 
setzte  er  schon  Ovids  Metamorphosen,  und  mit  fünfzig 
zieht  er  beständigdieAnnalendesTacituszuRate;  Horaz 
zitiert  er  in  seinen  Essais  148  mal,  Lucrez  149  mal, 
Virgil  1 16  mal;  ebenso  zeigt  er  sich  mit  den  Philo¬ 
sophen  und  Historikern  völlig  vertraut.  Ziemlich 
schlecht  scheint  dagegen  Montaignes  Bibliothek  mit 
theologischen,  juristischen,  philosophischen  und  natur¬ 
wissenschaftlichen  Werken  ausgestattet  gewesen  zu  sein, 
wie  es  nur  natürlich  ist  bei  einem  Manne,  der  von  sich 
selbst  sagte,  daß  er  den  verschiedenen  Arten  der  Fach¬ 
wissenschaften  keinen  Geschmack  abzugewinnen  ver- 


13 


Beiblatt. 


möge,  und  daß  der  Mensch  und  sein  Tun  der  einzige 
Gegenstand  sei,  dem  er  wirkliches  Interesse  entgegen¬ 
bringe.  K.  Schneider. 

Ein  unbeachtetes  Werk  der  Werther- Literatur  sind 
die  Beyträge  zur  Verteidigung  und  Erläuterung  des 
Canons  der  Heil.  Schrift  Und  Der  Christlichen  R eligion 
überhaupt  von  Johann  Rudolph  Anton  Piderit.  Zweyter 
Beytrag,  Frankfurt  und  Leipzig  ijyö,  das  W erk  eines 
streng  gesinnten,  orthodoxen  Geistlichen,  der  darin 
auch  gegen  die  zeitgenössische  Literatur  und  vor  allem 
gegen  Goethe  als  Sittenverderber  herzieht.  Besagter 
Piderit,  der  am  18.  August  1720  in  Syrmont  geboren 
war  (Allgem.  deutsche  Biographie),  hat  Zeit  seines  Le¬ 
bens  in  Streitigkeiten  gelegen,  wie  die  Akten  des  Mar- 
burger  Staatsarchives  beweisen.  Dort  wirkte  er  seit 
1745,  er  war  seit  175g  Doktor  der  Theologie  und  schon 
seit  1747  ordentlicher  Professor  der  Philosophie.  Sein 
Bestreben  ging  dahin,  eine  Einigung  zwischen  Evangeli¬ 
schen  und  Katholiken  herbeizuführen.  Aus  diesen 
Beweggründen  widmete  er,  der  evangelische  Theologe, 
seine  1751  erschienene  Schrift  „Von  den  Schlüsseln  des 
Himmelreichs“  dem  Erzbischof  von  Mainz.  Der  Erz¬ 
bischof  hielt  die  ehrlich  gemeinte  Widmung  aber  für 
Hohn  und  setzte  die  Konfiskation  des  Buches  durch. 
Auch  seine  1752  erschienene  Abhandlung  „de  erroribus 
Theologorum  logicis  circa  S.  Scripturam“  wurde  auf  Be¬ 
treiben  seiner  Kollegen  eingezogen.  1766  ging  er  noch 
Cassel  an  das  Collegium  Carolinum,  aber  auch  dort 
wurde  ihm  verboten,  theologische  Vorlesungen  zu 
halten.  Hier  entstand  nun  unsere  Schrift  mit  ihren 
scharfen  Angriffen  gegen  Voltaire,  Nicolai,  Goethe  usw. 
Jede  kritische  Richtung  war  ihm  verhaßt.  „Die  schänd¬ 
liche  Produkte,  welche  von  Zeit  zu  Zeit  in  unsern 
Tagen  herauskommen,  sind,  leyder!  betrübte  Zeugnisse 
genug,  wie  weit  es  mit  uns  gekommen  sey.“  .  . .  „  Wehr- 
ters  Leyde?i,  ei?z  unsre  Sitten  gänzlich  verderbendes 
Buch,  machte  so  viel  Geschrey,  daß  man  für  der 
Dunse  von  Wehrters  und  Lottchens  Gefühl  und  Emp¬ 
findungen,  nicht  mehr  durch  die  posaunenden  Zeitungen, 
Journale,  Blätter  und  Schriften  hindurch  dringen  konnte. 
Ein  Narr,  der  noch  viele  andere,  nicht  sowohl  in  seiner 
That  angestekkt  hat,  als  weil  wir  Christen  so  thöricht 
seyn  können,  wilden,  ungezogenen  und  unehrbaren  Nei¬ 
gungen,  ja  selbst  dem  Selbstmorde  ein  Monument,  mit 
einem  darauf  geschriebenen  Panegyricus,  aufzurich¬ 
ten?“  ...  Es  wird  nun  geschildert,  wie  ein  „ungesitteter“ 
Kandidat,  trotz  der  Warnungen  eines  höheren  Geist¬ 
lichen,  zum  Seelsorger  einer  Gemeinde  berufen  wird, 
die  aus  den  ins  Spinnhaus  verurteilten  Personen  be¬ 
stand.  Der  Kandidat  schwängert  eins  seiner  Beicht¬ 
kinder.  Ironisch  fährt  der  Verfasser  dann  fort:  „Und 
.  .  .  angefüllet  durch  die  edlen  Flammen  seines  Lott¬ 
chens,  gerührt  durch  die  vortrefflichen  Regungen  seiner 
erhabenen  Menschheit,  gieng  er  wie  ein  Held,  unter 
den  Pallast  seines  Lottchens,  männlich  stark,  stärker 
wie  Wehrter  stand  er  unter  dem  Fenster  seiner  Göttin, 
die  ihm  diese  Regungen  eingeflösset  hatte,  er  erschoß 
sich  mit  muthiger  Faust  im  Angesichte  seiner  Geliebten, 
und  starb  größer  als  Wehrter.  —  Das  arme  Lottchen 
im  Spinnhause!  —  Sollte  wohl  dieses  nicht  ein  wich¬ 


tiger,  ein  noch  viel  wichtigerer  Stoff,  dem  Verfasser 
dieses  verderblichen  Buches  geben,  die  Leyden  des 
zweiten  Werthers  zu  beschreiben  „Und  wie  viele 

Beyspiele  in  ganz  neuen  Zeiten  haben  nicht  den  Ein¬ 
fluß  dieses  unsre  Sitten  verderbendes  Buchs,  auf  die 
Schwachheit  unbedachtsamer  und  durch  den  wizzelnden 
Ton  leicht  zu  verführenden  Menschen  bewiesen?“  Noch 
schärfer  zieht  Piderit  aber  gegen  Goethes  Puppenspiel 
vom  Leder.  „In  einer  frevelhafften,  brausenden  und 
höchst  unanständigen  Schrifft,  unter  dem  Titel:  Rhei¬ 
nischer  Most.  Erster  Herbst,  sind  .  .  die  unflätigsten 
.  .  Dinge  wieder  zusammengedrukkt,  damit  ein  jeder 
diese  Zoten  recht  beysammen  haben  möge,  und  wird 
aber  malen  ein  leidiger  Beweiß  abgelegt,  wie  wenige 
Mühe  es  unsern  galanten  Herren  koste,  mit  Gott  und 
den  Heiligen  der  Religion,  auf  eine  recht  liederliche 
Art  zu  spielen,  so,  daß  auch  selbst  einem  Heyden 
die  Haare  dabey  zu  Berge  stehen  müssen,  wann  er 
die  unzüchtigen  Lästerungen  lesen  wird,  die  hier  gleich 
in  einer  niedrigen  Bierschenke  ausgeschäumet  werden. 
Göthens  Puppenspiel  war,  wegen  der  Lästerungen,  die 
auf  die  Erschaffung  der  Welt,  den  Sundenfall  der 
Menschen,  Sündtluth  etc.  ausgespien  .  .  .  schon  lange 
würdig,  auf  dem  Scheiterhauffcn  zu  liegen;  und  den¬ 
noch  wurde  es  .  .  .  damit  ja  in  diesem  brausenden 
Moste,  dem  Leser  diese  doch  faule  und  stinkende 
Traube  nicht  entgehen  möchte,  in  der  säubern  Samm¬ 
lung  vorne  an  gesezzt  .  .  In  diesem  Tone  wird 
Goethe  weiter  für  alles  Mögliche  verantwortlich  ge¬ 
macht.  Piderit  wurde  übrigens  auf  Grund  dieser  Schrift 
vorübergehend  kassiert,  aber  nicht  wegen  seiner  An¬ 
griffe  auf  die  Literatur,  sondern  weil  er  den  „Hoch- 
Hochwohl-  und  Wohlgebohrnen ,  Gestrengen,  Vesten 
und  Hochgelehrten“  Herren  in  Regensburg,  denen  er 
diesen  Band  gewidmet  hatte,  und  die  er  darin  zum 
Einschreiten  gegen  die  kritische  Richtung  in  der  Theo¬ 
logie  aufgefordert  hatte,  Verlegenheiten  bereitet  hatte. 
Heute  ist  der  Band  sehr  selten  geworden. 

Ernst  Schulz-Besser. 


Die  Königliche  Bibliothek  in  Kopenhagen  hat  in 
ihrem  Neubau  jetzt  eine  permanente  Ausstellung  ihrer 
charakteristischsten  und  wertvollsten  Schätze  dem 
Publikum  geöffnet.  Sie  ist  in  Kästen  und  auf  Wand¬ 
tafeln  unter  Glas  auf  der  Galerie  über  der  octogon- 
förmigen  Vorhalle  des  ersten  Stocks  untergebracht  und 
umfaßt  in  9  Abteilungen  886  Nummern,  alle  mit  kurzer 
Erklärung,  wozu  der  wissenschaftlich  gearbeitete  Aus¬ 
stellungskatalog  (116  Seiten  8°)  noch  ergänzende  Be¬ 
merkungen  gibt.  Auf  Wunsch  steht  sogar,  gegen  ge¬ 
ringe  Vergütung,  ein  Bibliotheksbeamter  als  Führer 
zur  Verfügung.  Alle  Sachen  dürfen  zur  Benutzung  im 
Lesesaal  bestellt  werden,  auch  fertigt  das  photographi 
sehe  Atelier,  mit  dem  diese  dänische  Nationalbibliothek 
nun  ausgerüstet  wurde,  auf  Bestellung  Bildaufnahmen 
davon  an.  Die  Ausstellung  bietet  soviel  des  Inter¬ 
essanten,  daß  sie  für  jeden  Bücherfreund  oder  Gelehrten, 
der  Kopenhagen  besucht,  zu  den  Sehenswürdigkeiten 
gehören  muß.  Hier  kann  nur  einiges  wenige  hervor¬ 
gehoben  werden. 


14 


Beiblatt. 


Die  Entwicklung  der  Schrift  des  Abendlandes  ist 
durch  griechische  und  lateinische  Schriftproben  aus 
dem  VI. — XV.  Jahrhundert  beleuchtet.  —  Unter  den 
Ha?idschriften  des  Occidents  sehen  wir  vollgültige 
Zeugnisse  byzantinischer  Kunst  und  ein  1278  von  den 
Athos-Mönchen  geschriebenes  Neues  Testament;  Paul 
Warnfrieds  lateinische  Geschichte  der  Longobarden 
(VIII. -IX.  Jahihundert);  Adam  von  Bremens  „Historia 
Hamburgensis“  (XIII.  Jahrhundert);  Juvenals  Satiren 
(1461),  ein  prächtiges  Beispiel  italienischer  Renaissance¬ 
kunst;  ein,  sehr  deutlich  lesbar,  hochdeutsch  geschriebe¬ 
nes  „Kriegs-Memorial“  (XVI.  Jahrhundert)  über  Pflich¬ 
ten  und  Tätigkeit  des  Kriegsherrn,  das  König  Chri¬ 
stian  III.  gehört  hat;  die  älteste  dänische  Bibelüber¬ 
setzung  (XV.  Jahrhundert).  Nicht  nur  als  Kuriosum 
ist  das  wie  ein  Herz  geformte  „Poesie -Album“  einer 
jütländischen  adeligen  Dame  vom  Jahre  1550  von 
Interesse;  es  enthält  einige  der  ältesten  dänischen 
Volkslieder-Aufzeichnungen.  Von  hohem  Wert  ist  auch 
die  Genealogie  der  Frau  Lisbeth  Bryske  (J*  1674),  die 
Hauptquelle  für  die  Geschichte  des  alten  dänischen 
Adels,  mit  in  den  Text  gemalten  farbigen  Wappen. 
Aus  Island  stammt  der  berühmte  „Codex  regius“, 
2  Bände,  die  sogenannte  ältere  und  jüngere  Edda  ent- 
(XIII.  beziehungsweise  XIV.  Jahrhundert),  sowie  das 
„Flatöbuch“,  dessen  Inhalt,  1387—94  von  zwei  isländi¬ 
schen  Pfarrern  niedergeschrieben,  aus  zahlreichen 
Sagen,  Gedichten,  Annalen  usw.  besteht,  darunter  den 
ältesten  Berichten  über  die  Entdeckung  Grönlands  und 
Amerikas.  An  das  beliebteste  Schreibmaterial  der  alten 
Römer  erinnert  uns  das  Wachstafel-Kladdebuch  zu 
einem  westpreussischen  Gerichtsprotokoll  für  die  Jahre 
1380 — 1420:  schwarzes  Wachs,  in  Holztafeln  gefaßt, 
wurde  mit  dem  Griffel  mit  Notizen  beschrieben,  die 
man  nach  Eintragung  in  das  Protokoll  wieder  aus¬ 
wischte. 

Unter  den  etwa  240  ausgestellten  Autographen 
sind  z.  B.  Martin  Luther,  Melanchthon,  Leibniz, 
Wilhelm  und  Jacob  Grimm,  Klopstock,  Herder, 
Wieland  und  Dickens  mit  Briefenan  Baggesen 
beziehungsweise  H.  C.  Andersen,  Walter  Scott, 
Tycho  Brahe  (sein  ältestes  Observationsbuch 
von  seiner  Sternwarte  auf  Hveen);  von  Staatsober¬ 
häuptern  Kaiser  Karl  V.  mit  Unterschrift  und  die 
sämtlichen  dänischen  Könige  von  Christian  II.  an, 
Zar  Peter  der  Große  und  König  Friedrich  der 
Große;  von  dem  berühmten  dänischen  Staats¬ 
mann  Peter  Griffenfeld  sieht  man  ein  gedrucktes  Büch¬ 
lein  „Epiktet  og  Kebes“,  in  das  er  im  Gefängnis,  da 
ihm  der  Gebrauch  von  Tinte  und  Feder  verboten  war, 
mit  einer  Nadel  Randbemerkungen  eingeritzt  hat.  Und 
nun  folgen,  nach  Berufsklassen  geordnet,  eine  große 
Anzahl  bekannter  Dänen,  hauptsächlich  des  XIX.  Jahr¬ 
hunderts,  mit  je  einem  Schriftstück.  Mit  Interesse 
betrachtet  man  die  Manuskripte  dänischer  (und  einiger 
norwegischen)  Dichter,  den  Fürsten  der  komischen 
wie  der  tragischen  Muse,  Ludwig  Holberg  und 
Adam  Oehlenschlaeger,  an.  Man  sieht,  wie  Hostrup 
in  seiner  bekannten  Studentenkomödie  „Gjenboerne“ 
(Die  Nachbarn)  eine  zu  saftig  geratene  Szene  durch¬ 
strichen  hat;  wie  FI.  E.  Schack  seine  geniale  Erzählung 


„Fantasterne“  (Die  Phantasten,  1857)  mit  sehr  großen 
Buchstaben  in  winzig  kleine  Kollegienhefte  schrieb ,  so 
daß  nur  2 — 3  Sätze  auf  einer  Seite  stehen ;  wie  J.  P.  Ja- 
cobsen  zu  seinem  bedeutenden  Roman  „Niels  Lyhne“ 
Briefpapier  von  anderer  Farbe  für  jedes  Kapitel  be¬ 
nutzte;  wie  Henrik  Ibsens  Schrift,  stets  leserlich  und 
klar,  von  1865  („Brand“  auf  bläulichem  Konzeptpapier) 
bis  1884  doch  eine  Wandlung  durchmacht:  in  „Vild- 
anden“  (Die  Wildente),  auf  feinem  weißen  Papier, 
neigen  die  Buchstaben  der  stark  kalligraphischen 
Schrift  nach  rechts. 

Der  Entwicklungsgang  der  Buchdruckerkunst,  im 
Auslande  sowohl  als  auch  inDänemark  mit seinenKolonien 
läßt  sich  in  der  getroffenen  Auswahl  recht  gut  verfolgen. 
Zu  ihren  allerersten  Erzeugnissen  gehört  ein  Ablaßbrief, 
gedruckt  in  der  ältesten  Buchdruckerei  zu  Mainz  1454 
und  ausgefüllt  für  einen  „Kannik“  (Kanonikus)  an  der 
Frauenkirche  zu  Kopenhagen  1455,  und  der  2.  Band 
der  42  zeiligen  Gutenberg-Bibel;  zu  ihren  kleinsten 
Büchern,  mit  mikroskopischem  Druck,  „Coquelle, 
Etrennes  galantes  pour  l’annee  1764“  aus  Paris  und 
der  bei  C.  F.  Müller  in  Karlsruhe  erschienene  „Alma- 
nach  auf  das  Jahr  1822“.  Ein  Kuriosum  ist  auch  ein 
spanischer  Taschenkalender  für  1908,  als  Geschäfts¬ 
reklame  bei  Octavio  Viadu,  San  Feliu  Guixols  (Gerona) 
herausgegeben,  auf  Korktafeln  in  roter  Schrift  einseitig 
gedruckt.  —  In  der  inländischen  Gruppe  dieser  Ab¬ 
teilung  erblickt  man  das  einzige  bekannte  Exemplar 
des  ersten  in  Dänemark  gedruckten  Buches,  das  von 
Johan  Snell  1482  in  Odense  hergestellte '  Breviarium 
Othinense.  Mit  Bewunderung  erfüllen  uns  die  Werke 
von  zwei  alten  dänischen  Gelehrten,  die  sie  in  ihrer 
eigenen  Druckerei  ausführen  ließen :  die  älteste  däni¬ 
sche  Volksliederausgabe  von  1591,  die  Anders  Sörensen 
Vedel  zu  Ribe  auswählte  und  bei  sich  drucken  ließ ; 
und  die  „Epistolae  astronomicae“,  die  Tycho  Brahe 
1596  auf  seiner  Uranieborg  in  Druck  gab.  Die  älteste 
dänische  Fibel,  welche  die  Bibliothek  besitzt,  ist  das 
von  Universitätsbuchdrucker  Ove  Lynow  1731  verlegte 
ABC,  schon  mit  einem  Hahn  geschmückt.  —  Mit 
einem  Titel  in  zierlicher  Schreibschrift  und  Goethe- 
schen  Versen  als  Motto  stellt  sich  die  erste  Ausgabe 
von  Oehlenschlägers  Gedichten  1803  dar,  das  Exem¬ 
plar  ist  mit  einer  eigenhändigen  poetischen  Widmung 
des  Dichters  an  Kamma  Rahbek  versehen. 

Aus  dem  Orrnit  stammen  Handschriften  auf  Palm¬ 
blättern,  moderne  siamesische  Gerichtsakten,  auf 
schwarzem  Bastpapier  mit  weichem  Griffel  geschrieben, 
ein  mongolisches  Manuskript  auf  Birkenrinde  und 
anderes  mehr. 

Die  folgenden  Abteilungen  bringen  eine  Auswahl 
kostbarer,  schöner  oder  seltsamer  Buchembände  alter 
und  neuerer  Zeit,  eine  Musiknotenabteilung  mit  Auto¬ 
graphen  bedeutender  Komponisten,  endlich  eine  Gruppe 
zur  „  Weltkenntnis  und  Weltbetrachtung  in  älterer  Zeit“, 
die  viele  Kuriositäten  aufweist;  Bauernalmanache ;  Ab¬ 
bildungen  von  Kometen,  Meerwundern,  Kannibalen, 
Amazonen,  einer  Flugmaschine  (deutscher  Kupferstich 
von  1709),  Weltkarten  und  Landkarten  über  den  Nor¬ 
den.  Ein  handschriftlicher  deutscher  „Cyprianus“  (vom 
XVII.  Jahrhundert,  auf  Pergament)  mit  dazugehörigen 


15 


Beiblatt. 


losen  Geistersiegeln  wird  noch  heute  hin  und  wieder 
von  naiven  Leuten,  die  an  seine  Lehren  der  Geister¬ 
beschwörung  glauben,  in  der  Bibliothek  zu  Rate  ge¬ 
zogen.  Hier  stehen  auch  ein  paar  mächtige  Erd-  und 
Himmelsgloben,  die  Willem  Janszoon  Blaeu  1622  in 
Amsterdam  herstellte.  Zuletzt  ist  da  noch  eine  Samm¬ 
lung  historisch-topographischer  Bilder  und  Karten,  dar¬ 
unter  eine  Reihe  satirische,  dänische  sowohl  wie  deutsche 
Zeitbilder  (meist  gräßliche  Farbendrucke)  aus  dem 
Jahre  1848  und  eine  gewaltige  Leinwand  mit  der  Stamm¬ 
tafel  des  sächsischen  Fürstenhauses  und  der  Verwandt¬ 
schaft  des  dänischen  Königshauses  mit  ihm,  1646  in 
Öl  gemalt,  mit  deutschem  Text. 

Auf  die  prachtvollen  Miniaturen  in  den  alten  Manu¬ 
skripten  und  Inkunabeln  konnte  hier  nicht  eingegangen 
werden.  Über  sie  hauptsächlich  handelt  mit  1 1  Ab¬ 
bildungen  ein  anläßlich  der  Eröffnung  der  Ausstellung 
erschienener  Aufsatz  von  Bibliothekar  Dr.  A.  A.  Björnbo 
in  „Gads  Danske  Magasin“  (Kopenhagen),  1908,  Juli- 
Heft.  G.  Bargum. 


Zum  Schicksal  der  Baskervilleschen  Typen .  Über 
die  Geschichte  der  berühmten  Baskervilleschen  Typen 
war  bis  jetzt  über  das  Jahr  1810  hinaus,  das  Jahr,  wo 
Beaumarchais’ Druckerei  in  Kehl  aufgelöst  wurde,  nichts 
mehr  bekannt,  wenn  auch  das  Gerücht  besteht,  daß  sie 
bald  nach  jener  Zeit  verkauft  worden  seien.  Strauß 
und  Dent  drucken  in  ihrem  Werke  über  John  Basker- 
ville  die  Anzeige  eines  bevorstehenden  Verkaufs  von 
Baskervilleschen  Typen  ab.  Die  Anzeige  ist  undatiert, 
gehört  aber  nach  Ansicht  der  Verfasser  den  ersten 
Jahren  des  XIX.  Jahrhunderts  an.  Ob  dieser  ''/er¬ 
kauf  oder  die  Versteigerung  wirklich  erfolgt  ist, 
können  wir  daher  nicht  sagen.  Angeblich  soll  die 
Kaiserin  von  Rußland  eine  Anzahl  der  Typen  gekauft 
haben.  Doch  ist  das  allem  Anschein  nach  eine  leere 
Vermutung,  die  darauf  zurückgeht,  daß  Kaiserin 
Katharina  in  früherer  Zeit  einmal  die  Absicht  hatte, 
eine  Voltaireausgabe  herzustellen,  eine  Absicht, 
die  gerade  Beaumarchais  wesentlich  mitbestimmte, 
seine  berühmte  Baskerville-Ausgabe  herzustellen.  Im 
Gegensatz  zu  diesem  unbeglaubigten  und  unwahr¬ 
scheinlichen  Gerücht  legt  im  letzten  Heft  der  „Library“ 
R.  Flower  eine  briefliche  Urkunde  vor,  aus  der  sicher 
hervorgeht,  daß,  wenn  nicht  der  ganze,  so  doch  jeden¬ 
falls  der  größte  Teil  des  Beaumarchaisschen  Besitzes 
an  Baskerville-Typen  von  Beaumarchais’  Tochter,  Frau 
Delarue,  an  den  berühmten  Drucker  Pierre  Didot  ver¬ 
kauft  worden  ist.  Im  Januar  1819,  vermutlich  dem 
Jahr  nach  dem  Erwerb,  bot  Didot  die  Typen  dem  Sir 
Francis  Henry  Egerton,  nachmaligem  achten  Earl  von 
Bridgewater,  einem  damals  in  Paris  sehr  bekannten 
Sammler  von  Handschriften  und  sonstigen  Seltenheiten, 
zum  Preis  von  6000  Franks  zum  Kauf  an.  Es  waren, 
wie  er  mitteilt,  etwa  3000  stählerne  Stempelpatrizen 
und  ebensoviele  kupferne  Matrizen  mit  etwa  22  ver¬ 
schiedenen  Schriftsätzen,  vom  kleinsten  bis  zum  größten, 
römisch  und  cursiv.  Beaumarchais  habe  für  das 
Ganze  20000  Pfund  Sterling  bezahlt,  er  selbst  habe  sie 
nicht  aus  praktischen  Gründen,  da  seine  eigene 
Druckerei  vollkommen  mit  Typen  ausgestattet  sei, 


sondern  der  Seltenheit  wegen  und  aus  Liebhaberei  von 
Frau  Delarue  erworben  und  teils  mit  barem  Gelde, 
teils  mit  Ausgaben  seiner  Druckerei  bezahlt.  Die 
Sammlung  hervorragend  schöner  englischer  Typen 
könnte,  wie  Didot  hinzufügte,  nicht  nur  für  den  Lord 
selbst  Wert  haben,  sondern  auch  sehr  wohl  zur  Unter¬ 
stützung  und  Aufmunterung  für  einen  Drucker  ge¬ 
eignet  sein,  den  der  Lord  belohnen  oder  dem  er 
eine  Lebensstellung  begründen  wolle.  Egerton  scheint 
indessen  auf  das  Angebot  nicht  eingegangen  zu  sein, 
und  damit  verschwinden  die  Baskervilleschen  Typen 
anscheinend  für  immer  vom  Schauplatz. 

K.  Schneider. 

Akademie-Preise.  Bei  der  letzten  Preisverteilung 
der  Academie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres  in  Paris 
hat  den  ersten  Gobert-Preis  De  lache  nal  für  seine  „Ge¬ 
schichte  Karls  V.  von  Frankreich“,  den  zweiten  Gobert- 
Preis  Gaillet  für  seine  „Geschichte  der  Beziehungen  der 
Gemeinde  Lyon  zu  den  Königen  Karl  VII.  und  Lud¬ 
wig  XI.“  erhalten.  Von  dem  Saintour-Preis  haben  er¬ 
halten  der  Abbö  Roussel  1500  Fr.  für  die  Übersetzung 
des  Ramayana,  der  P.  Antonin  Jaussen  500  Fr.  für  sein 
Werk  „Coutumes  des  Arabes  au  pays  de  Moab“, 
Macler  500  Fr.  für  seinen  Katalog  der  armenischen  und 
persischen  Handschriften  der  Nationalbibliothek  und 
Francois  Martin  500  Fr.  für  seine  Übersetzung  des 
Buches  Henoch  aus  dem  Äthiopischen.  Von  dem 
Bordin  Preis  haben  erhalten  Edmont  Douttti  1000  Fr. 
für  sein  Werk  „Magie  et  religion  dans  l’Afrique  du 
Nord“,  General  de  Beylii  500  Fr.  für  sein  Werk  „La 
Kalaa  des  Beni  Hammed“,  de  Genouillac  500  Fr.  für 
die  „Materiaux  pour  servir  ä  l’histoire  de  la  socidte 
sumerienne“,  Clement  Huart  500  Fr.  für  „Les  calli- 
graphes  et  les  miniaturistes  de  l'Orient  musulman“  und 
Lafuma  500  Fr.  für  seine  Übersetzung  des  Zohar. 

(Internat)  Wochenschr.  für  Wissenschaft  usw.) 


Als  Beleg  fruchtbarer  Beziehungen  von  Literatur- 
und  Kunstwissenschaft  geben  wir  den  nachfolgenden 
interessanten  Aufsatz  Ja7i  Veths  aus  der  vortrefflich 
geleiteten  „Kunstchronik“  (Verlag  E.  A.  Seemann 
in  Leipzig)  wieder: 

Vor  einiger  Zeit  zeigte  mir  Herr  Ant.  Mensing, 
der  ausgezeichnete  Bibliophile  und  Kunstkenner  in 
Amsterdam,  .ein  kurioses  altes  Buch  „Le  Cabinet  de 
Mr.  de  Scudery“,  im  Jahre  1646  in  Paris  erschienen, 
worin  er  auf  folgendes  Gedicht  hinwies: 

Le  Portraict 
de  Monsieur 
le  Marquis 
d'  A?idelot. 

De  la  main  de  Rheimbrandt 
Tels  les  Perses  autresfois, 

Vouloient  que  fussent  les  Rois, 

Qu’ils  esleuoient  sur  le  Throne : 

Chacum  en  le  voyant  en  demeure  charme; 

II  paroist  Adonis,  lors  qu’il  n’est  point  arme, 

Et  lors  qu’il  a  son  Casque,  une  Reine  Amazone. 


Beiblatt. 


Man  hat  es  hier  also  mit  einem  zeitgenössischen 
Gedicht  auf  ein  jedenfalls  vor  1646  von  Rembrandt 
gemaltes  Porträt  zu  tun. 

Der  Dargestellte  soll  ein  bartloser  junger  Mann 
sein  von  distinguierter,  wohl  etwas  weiblicher  Schön¬ 
heit,  Adonis  ähnlich  wenn  er  keine  Waffen  trägt,  und 
wenn  er  den  Helm  auf  hat,  aussehend  wie  eine  Ama¬ 
zonenkönigin. 

Er  kann  aber  doch  nicht  auf  einem  selben  Bild 
zugleich  bewaffnet  und  unbewaffnet  seinl 

Ist  es  dann  möglich,  daß  es  sich  hier  um  solch 
ein  Porträt  handelt,  wie  Rembrandt  um  die  Mitte  der 
dreißiger  Jahre  öfters  malte,  und  worauf  die  Handlung 
transitorisch  dargestellt  ist?  Kann  der  junge  Marquis 
gemalt  sein,  während  er  dabei  ist,  sich  zu  waffnen? 
Und  sieht  man  dann  den  Helm,  wovon  am  Schluß 
des  kleinen  Gedichts  gesprochen  wird,  irgendwo  neben 
ihm  liegen? 

Wenn  man  mit  dieser  Auffassung  die  früheren 
Bände  von  Bodes  großem  Rembrandt  durchblättert, 
findet  man  schnell  ein  Bild,  was  der  poetischen  Be¬ 
schreibung  des  Mr.  Scudery  genau  entspricht  und  aus 
französischem  Besitz  stammt.  (Jetzt  bei  Richard  Mor- 
tirner,  New  York.) 

Bode  reiht  es  als  Nr.  205  unter  die  genrehaften 
Einzelfiguren  aus  der  Periode  1634 — 37  ein ,  und 
nennt  es  „Ein  Krieger,  den  Panzer  anlegend“.  In  der 
Beschreibung  sagt  er  .  .  .  „im  Begriff  den  Gürtel  zu 
schnallen.  In  Beinschienen  und  Brusthamisch;  .links 
auf  einem  Tisch  liegt  der  Helm.  Dunkles  langes  Haar, 
ohne  Bart.  Der  ärmellose  Panzer  läßt  die  gestickten 
Rockärmel  und  weißen  Manschetten  sehen.  Rechts 
an  der  Wand  ein  Plakat.“  Auf  diesem  Plakat  ist  etwas 
geschrieben  oder  gedruckt,  —  vielleicht  war  es  wirk¬ 
lich  ein  Aufruf  zum  Krieg  oder  zur  Übung!  Höchst¬ 
wahrscheinlich  ist  der  junge  Mann  mit  dem  feinen 
romanischen  Gesichtsschnitt,  den  hübschen  Händen 
und  den  wohlgepflegten  Haaren  ein  wirklicher  Offizier. 
Der  Marquis  d’Andelot  —  denn  zweifelsohne  haben 
wir  es  hier  mit  dessen  Bildnis  zu  tun  —  gehörte  zur 
bekannten  Hugenottenfamilie  der  Colignys,  welche  mit 
dem  Prinzen  Friedrich  Heinrich  nahe  verwandt  war. 
Des  Prinzen  Mutter  war  Louise  de  Coligny,  deren 
Vater,  der  berühmte  Admiral  Gaspard  de  Coligny, 
in  der  Bartholomäusnacht  ermordet  wurde.  Ein  Bruder 
dieses  Gaspard  war  der  tapfere  Francis  de  Coligny, 
Seigneur  d’Andelot,  dessen  Söhne  Henri  und  Gaspard 
auf  niederländischer  Seite  gegen  die  Spanier  kämpften. 
Es  läßt  sich  vermuten,  daß  unser  von  Rembrandt 
gemalter  und  dem  Aussehen  nach  um  1615  geborener 
Marquis  einer  der  Söhne  von  diesem,  auf  einem 
hübschen  Stich  von  W.  J.  Delff  nach  Miereveit  ganz 
martialisch  aussehenden,  jüngeren  Gaspard  war,  denn 
Henri  war  schon  1601  vor  Ostende  gefallen.  Vielleicht 
läßt  sich  von  französischen  Genealogen  hier  Festeres 
bestimmen.  Sicher  aber  gehörte  der  „Adonis"  zu  dem 
in  Holland  weilenden  französischen  Familienkreise 
Friedrich  Heinrichs.  Der  Sekretär  des  Prinzen,  Con- 
stantyn  Huygens,  könnte  dem  Ausländer  dann  den 
gerade  zu  der  Zeit  sehr  mit  ihm  liierten  Rembrandt 
empfohlen  haben. 

Z.  f.  B.  1909/19 10.  5/6.  Beiblatt.  — 


Und  jedenfalls  findet  man  in  diesem  Bild  wieder 
ein  Beispiel  dafür,  wie  ein  Gemälde  von  Rembrandt, 
das  man  für  ein  Genrebild  halten  könnte,  in  Wirklich¬ 
keit  doch  ein  authentisches  Porträt  ist.  Und  daß  dei 
große  Freibeuter  in  seiner  ersten  Amsterdamer  Periode 
doch  eine  Zeitlang  der  Modemaler  der  vornehmen 
Welt  war,  davon  bietet  dieses  hübsche  Konterfei  ein 
neues  Zeugnis. 


Ein  Manuskript  Gottfried  Kellers.  Aus  der  inter¬ 
essantesten  und  noch  am  wenigsten  erforschten  Lebens¬ 
zeit  Gottfried  Kellers,  derjenigen,  in  welcher  sich  sein 
Übergang  vom  Maler  zum  Dichter  vollzog,  hat  sich 
eine  Handschrift  von  etwa  sechzig  Gedichten  erhalten, 
die,  wie  wir  hören,  im  Herbst  in  einer  prächtigen  Faksi¬ 
mile-Ausgabe  bei  H.  Haessel  Verlag  in  Leipzig  er¬ 
scheinen  soll.  Mit  der  Herausgabe  ist  Adolf  Frey ,  der 
bekannte  Verfasser  der  „Erinnerungen  an  Gottfried 
Keller“,  betraut  worden.  Die  Wiedergabe  des  Manu¬ 
skripts  wird  bis  auf  die  Färbung  des  Papiers  täuschend 
sein,  so  daß  der  Käufer  die  saubere,  charakteristische 
Handschrift  Kellers  sozusagen  in  Händen  halten  wird. 
Auch  eine  kleine  humoristische  Zeichnung  Kellers  soll 
reproduziert  werden.  Es  wird  nur  eine  einmalige  Auf¬ 
lage  von  500  in  der  Presse  numerierten  Exemplaren 
hergestellt.  Der  Subskriptionspreis  ist  bis  1.  Dezember 
dieses  Jahres  10  M.,  später  wird  er  auf  15  M.  erhöht 
werden. 


Heinrich  Seidels  Büchersammlung  ist  in  den  Be¬ 
sitz  des  Berliner  Antiquars  Paul  Graupe  übergegangen. 
Das  Verzeichnis  läßt  uns  einen  Blick  in  jene  Werkstatt 
tun,  wo  „Leberecht  Hühnchen“  und  der  „Anhalter  Bahn¬ 
hof“  erstand.  Was  das  merkwürdigste  ist:  Den  Haupt¬ 
bestandteil  von  Seidels  Büchern  bilden  Schriften,  deren 
Zusammenhang  mit  seinem  dichterischen  Schaffen 
und  auch  mit  den  Werken  des  Ingenieurs  schwer  zu 
finden  ist.  —  E.  T.  A.  H offmann  ist  der  Name,  der 
die  Sammlung  beherrscht.  Sein  ganzes  Werk  ist  voll¬ 
ständig  in  den  ersten  sehr  seltenen  und  auch  in  den 
späteren  Drucken  vertreten,  u.  a.  die  berühmte  Aus¬ 
gabe  der  „Kindermärchen“  von  1816/17  in  einem  un¬ 
berührten  Exemplar,  die  unauffindbar  gewordene  „Vi¬ 
sion  auf  dem  Schlachtfeld  bei  Dresden  1814“  und  so  in 
langer  Reihe  die  Schriften  des  großen  Phantasten.  Be¬ 
sonders  interessant  ist  das  Exemplar  der  „Prinzessin 
Brambilla“,  in  das  Hoffmanns  Freund  Ludwig  Devrient 
—  vielleicht  nach  einer  durchzechten  Nacht  bei  Lutter 
undWegner  —  die  Worte  schrieb:  „Zum  Andenken  des 
Tages  der  höchsten  Potenz.“  —  Der  Erstausgabe  des 
„Meister  Floh“  liegt  ein  Brief  des  Verlegers  Wilmans 
bei,  mit  dem  Passus:  „Daß  ,der  Floh*  nicht  so  blutig 
stechen  wird,  als  es  von  seiten  der  pr.  Regierung  be¬ 
fürchtet  würde“. 

Auch  andere  Romantiker  sind  gut  vertreten:  Bren¬ 
tano  mit  den  Märchen  von  1846  und  der  Gesamtausgabe 
seiner  Schriften,  Arnim,  Heine  usw.  Heinrich  Seidel 
hat  eine  besondere  Neigung  für  den  Schwulst  des 
XVII.  Jahrhunderts  gehabt,  für  Lohenstein,  Harsdörffer, 
die  Pegnitzschäfer,  Hofmannswaldau.  Man  denke: 


17 


3 


Beiblatt. 


unser  lieber  Leberecht  Hühnchen  und  Hofmanns¬ 
waldau  ! 

Es  gibt  eigentlich  nichts  anregenderes,  als  in  eines 
Dichters  Bücherei  zu  wühlen,  die  Zusammenhänge  zu 
suchen,  den  Punkt  zu  finden,  wo  der  Jüngere  bei  dem 
Alten  das  Gemeinsame  fand.  Der  Katalog,  den  Paul 
Graupe,  der  glückliche  Käufer,  im  September  heraus¬ 
geben  wird,  soll  als  Einleitung  die  deutlichste  dieser 
Neigungen  Seidels,  sein  geistiges  Verhältnis  zu 
E.  T.  A.  Hofifmann,  ausführlich  behandeln. 

Niederländische  Buchausstellung  in  Amsterda?n. 
Wie  die  „Deutsche  Wochenzeitung  für  die  Niederlande 
und  Belgien“  mitteilt,  wird  anläßlich  des  im  Juni  1910 
in  Amsterdam  tagenden  Internationalen  Verleger¬ 
kongresses  dort  eine  nationale  Buchausstellung 
eröffnet  werden,  die  möglichst  viel  von  allem 
veranschaulichen  soll,  was  die  Niederlande  seit  dem 
XV.  Jahrhundert  in  der  Hervorbringung  von 
Druckwerken  (Literatur,  Wissenschaften,  Kunst,  Land- 
und  Seekarten  usw.)  geleistet  haben. 


Durch  rechtskräftiges  Urteil  der  1.  Strafkammer 
des  Landgerichts  in  Königsberg  ist  dahin  erkannt 
worden : 

Alle  Exemplare  des  „Amethyst“,  herausgegeben 
von  Franz  Blei,  soweit  dieselben  sich  im  Besitze  des 
Verfassers,  Druckers,  Herausgebers,  Verlegers  oder 
Buchhändlers  befinden  und  öffentlich  ausgelegt  oder 
öffentlich  angeboten  werden,  nebst  den  Abbildungen, 
sowie  die  zu  ihrer  Herstellung  bestimmten  Platten  und 
Formen  sind  in  folgenden  Teilen: 

I.  von  den  Abbildungen:  1.  ex  libris,  2.  Der  Besuch, 

3.  Die  Einkleidung,  4.  Ein  Holzschnitt,  5.  Eine  Re¬ 
produktion  ; 

II.  von  den  Druckschriften:  1.  Der  Florentiner  Ri- 
dolfo  (S.  10),  2.  Die  Lesbierinnen  (S.  14),  3.  Paradox 
über  die  Liebe  (S.  17),  4.  Von  „2  Deutsche  Schwänke“ 
Von  einem  Müller  und  seinem  Weibe  (S.  27),  5.  Zwei 
chinesische  Schwänke  (S.  74),  6.  Der  Sänger  (S.  85), 

7.  Der  Streit  um  die  Perle  (S.  92),  8.  Der  Blumen¬ 
unterricht  in  der  Yoschiwara  (S.  94),  9.  Drei  Mimen 
des  Herondas  (S.  102),  10.  Alte  Männer  und  junge 
Frauen  (S.  110),  11.  Eine  Ehescheidung  (S.  112),  12.  Die 
unbesiegbare  Prinzessin  (S.  141),  13.  Die  zehnte  und 
die  elfte  Freude  der  Ehe  (S.  148),  14.  Ruhestatt  der 
Liebe  (S.  154),  15.  Vier  unveröffentlichte  Erzählungen 
aus  1001  Nacht  (S.  237),  16.  Mit  der  Blendlaterne  „das 
Monstrum“  (S.  254),  17.  Die  Nachtwache  der  Venus 
(S.  260),  18.  Drei  Verseerzählungen  des  Abbe  Grecourt 
(S.  277),  19.  Aus  dem  Taschenbuch  eines  Frauen¬ 
zimmers  (S.  282),  20.  Fünfzig  Gedichte  aus  einem 
Manuskript:  Die  Laterne  (S.  314),  21.  Die  zwei  unver¬ 
öffentlichten  Kapitel  aus  Casanovas  Memoiren  (S.  327), 

22.  Phantasien  in  drei  priapischen  Oden  (S.  343) 
unbrauchbar  zu  machen. 

Die  übrigen  Teile  des  „Amethyst“  sind  nicht  Gegen¬ 
stand  der  hier  erfolgten  Verhandlung  und  Entscheidung 
gewesen.  Inwieweit  auch  sie  unzüchtig  sind,  ist  von 
dem  hier  erkennenden  Gericht  daher  nicht  geprüft 
worden.  _ 

—  18 


Exlibris-Tausch 

Die  Aufnahme  einer  Adresse  kostet  in  dieser  Rubrik 
für  jedes  Heft  l. —  Mk.  (2  Zeilen),  Jahres-Abonnement 
10  Mk.,  Halbjahres -Abonnement  6  Mk. 


W.  Drugulin,  Leipzig 

(Entwurf  von  L.  Sütterlin.)  KönigStr.  IO 

Frau  Paula  Katz,  Reichenberg  (Böhmen) 

Rad.  von  K.  Reiß,  tauscht  nurgegeu  Radierungen.  Wienerstr. 

Frau  Pastor  Schreiber,  Leipzig-Gohlis 

Fritzschestraße 

Karl  Seidel,  Verlagsbuchhändler,  München 

(Vom  Künstler  sign,  ßfarb.  Orig.-Holischnitt  Römerstr.  l6 
von  Harry  Schulz  nur  gegen  hervorragende  originalgraphische 
Blätter.  —  3  färb.  Klischeedrucke  auf  Japan  nur  gegen 
Gleichwertiges.) 

Horst  Stobbe,  Buchhändler,  München 

Schwanthalerstr.  2 

(Exlibris  von  K.  Fincke  u.  C.  Schwalbach.) 


Fräulein  Liesel  Wachenheimer,  Straßburg  i.  E. 
(tauschtauch  Doubietten.)  Weukerstraße  4  II 


Georg  Werckmeister, 

(Eigener  Entwurf.) 

Chr.  Wohlers, 


Bromberg 

Berlin  W.  57 
Dennewitzstr.  31  part. 


VERLAG  VON 

KARL  W.  H1ERSEMANN,  LEIPZIG 

In  meinem  Verlage  ist  soeben  erschienen: 

CODEX  B(ERNERIANUS 

Der  Briefe  des  Apostels  Paulus  (MSC.  Dresd.-A.  145b) 

Eine  griechische  Handschrift  aus  dem 
9.  Jahrhundert  der  1 3  Briefe  des  Apostels 
Paulus,  entstanden  im  Kloster  St. Gallen 

In  Lichtdruck  nachgebildet.  Mit  einem  Vorwort  von 
Dr.  Alexander  Reichardt. 

Herausgeg.  v.  d.  Königlichen  Öffentlichen  Bibliothek 
zu  Dresden  (Geh.  Regierungsrat  Dr.  H.  Er  misch). 

Groß-Oktav,  99  Blatt  in  Lichtdruck,  die  ersten  7  Blatt 
mit  kolorierten  Buchstaben.  24  Seiten  Titel,  Wid¬ 
mung  und  einleitender  Text.  In  Leder  gebunden. 
Preis  100  Mark. 

Die  oben  genannte  Handschrift  ist  eine  der  wertvollsten  der 
Kgl.  öffentl.  Bibliothek  in  Dresden,  sie  ist  benannt  nach  ihrem 
früheren  Besitzer,  dem  Leipziger  Professor  Christian  Friedrich 
Börner,  f  1753.  —  Die  Eigentümlichkeit  der  Schreibweise  und 
besonders  ein  kleines  Gedicht  in  irischer  Sprache  (Bl.  23)  weisen 
darauf  hin,  daß  der  Schreiber  einer  jener  irischen  (Schotten-) 
Mönche  war,  die  im  fränkischen  Reiche  als  Verbreiter  des 
Christentums  und  gelehrter  Bildung  tätig  waren.  Die  Leitung 
des  Klosters  St.  Gallen  lag  damals  in  den  Händen  des  Abtes 
Hartmot,  die  der  Schule  in  denen  des  gelehrten  Schotten- 
mönches  Moengal,  auf  deren  Veranlassung  und  unter  deren 
Leitung  dürfte  der  Kodex  abgeschrieben  worden  sein. 

Ausführlicher  Prospekt  gratis  Interessenten  können  das  Buch 
durch  Vermittlung  jeder  Buchhandlung  einsehen. 

Leipzig,  Königstr.  29.  Karl  W.  Hiersemann 


Beiblatt. 


Durch  rechtskräftiges  Urteil  des  Landgerichts  I  in 
München  wurde  angeordnet,  daß  die  im  Verlag  von 
Herman  Hartleb  in  Preßburg  erschienene  Druckschrift 
„ Rutengeschichten “  sowie  die  zu  ihrer  Herstellung  be¬ 
stimmten  Platten  und  Formen  unbrauchbar  zu  machen 
sind. 


Die  seinerzeit  durch  Beschluß  des  Amtsgerichts 
Berlin-Mitte  beschlagnahmte  Druckschrift  „Ssanin“, 
Jungrussischer  Roman  von  Arzybaschew,  Verlag  von 
Hermann  Seemann  Nachfolger ,  Berlin  und  Leipzig, 
ist  jetzt  durch  Beschluß  der  Strafkammer  7  des  Land¬ 
gerichts  I  Berlin  freigegeben  worden. 


Auf  Grund  rechtskräftigen  Urteils  des  Landgerichts  I 
in  Berlin  sind  alle  Exemplare  folgender  Schriften  nebst 
den  zu  ihrer  Herstellung  bestimmten  Platten  und  For¬ 
men  unbrauchbar  zu  machen : 

1.  Der  Heptameron.  Erzählungen  der  Königin  von 
Navarra.  Aus  dem  Französischen  übersetzt  von  Wil¬ 
helm  Förster.  Leipzig,  Bibliographische  Anstalt  Adolf 
Schumann; 

2.  Paprizierter  Humor.  Ein  Buch  zum  Totlachen. 
Herausgegeben  v.  E.  Laetitius ; 

3.  Frauenk?iiffe  und  Tricks  raffinierter  Weiber. 
Interessante  Schilderungen  aus  dem  Frauenleben.  Ent¬ 
hüllungen  und  Erfahrungen  eines  Mannes  der  großen 
Welt.  Mit  vielen  Illustrationen  von  Kunstmaler  R.  Scholz. 


Wegen  Verbreitung  einer  unzüchtigen  Schrift  ist 
am  1.  April  vom  Landgerichte  III  in  Berlin  der  Buch¬ 
händler  Willy  Schindler,  Inhaber  einer  Verlags-,  Ver¬ 
sand-  und  Exportbuchhandlung,  zu  einer  Geldstrafe 
verurteilt  worden.  Er  ist  mehrfach  vorbestraft  und  hat 
selbst  ein  Buch  über  das  erotische  Element  in  Lite¬ 
ratur  und  Kunst  geschrieben.  Im  Jahre  1907  ging  der 
Staatsanwaltschaft  anonym  ein  von  dem  Angeklagten 
herausgegebener  Prospekt  zu,  der  sich  auf  eine  „Ver¬ 
einigung  deutscher  und  österreichischer  Bibliophilen“ 
bezog.  Darin  wird  eine  Reihe  von  Schriften  ihrem  In¬ 
halt  nach  skizziert.  Wer  der  Vereinigung  mit  3  M. 
Jahresbeitrag  beitrete,  erhalte  diese  Schriften  zugesandt. 
Das  Gericht  hat  festgestellt,  daß  dieser  Prospekt  eine 
unzüchtige  Schrift  ist.  —  Die  von  dem  Angeklagten 
eingelegte  Revision  wurde  am  18.  dieses  Monats  vom 
Reichsgericht  verworfen.  (Börsenblatt) 


Im  Prager  Technologischen  Gewerbemuseum  soll 
vom  10.  bis  31.  Oktober  d.  J.  eine  Ausstellung  von 
Bucheinbände?i  und  Buntpapieren  stattfinden,  veran¬ 
staltet  von  der  Handels-  und  Gewerbekammer.  Es 
haben  sich  bereits  sechzig  Aussteller  angemeldet, 
darunter  die  Fachschulen  in  Wien,  Hamburg- Altona, 
Berlin,  München,  Düsseldorf  und  Leipzig,  Hofrat 
F.  Bartsch  in  Wien  mit  seiner  reichen  Sammlung 
künstlerischer  Papiere  und  eine  Sonderausstellung 
dänischer  Kunstbuchbinder. 


Künstlerische 

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Boccaccio,  Decameron.  Luxusausgabe  (Insel) 

3  Ganzperg.-Bde . 120. —  „ 

Goethe,  Werthers  Leiden.  (Insel)  Lederbd.  30. —  „ 
Walser,  Gedichte  mit  Radierungen  von  Karl 

Walser  (30. — ) . 18. —  „ 

JYlurger  Boheme  (Insel)  Lederbd.  (12. — )  .  8.50  „ 

Perrot  et  Chipier,  Histoire  de  l’art  dans 

l’antiquite.  7  eleg.  Ganzlederbde.  m.  G.  280. —  „ 
Schillers  Musenalm.  1797.  (Insel)  Ldr.  (24. — )  18. —  „ 
Insel,  Hyperion  und  ähnliche  Zeitschriften  stets  vorrätig. 

ANTIQUARIATSKATALOG  WIRD  AUF  WUNSCH 
ZUGESANDT. 

ANGEBOTE  UND  DESIDERATEN  ERBETEN. 


Soeben  erschienen 

KATALOG  49 

Deutsche  Literatur  und  Übersetzungen  —  Sagen  und 
Märchen  —  Kalender  und  Almanache;  darin  die 
Bibliothek  Heinrich  Seidel’s  und  ein  vollständiges 
Exemplar  der  ersten  Einzeldrucke  E.  T.  A.  Hoff- 
manns.  Mit  Vorwort  von  H.  Wolfgang  Seidel. 

KATALOG  50 

wertvolle  und  interessante  Bücher  —  Stammbücher  — 
Silhouetten.  —  Mit  9  Abbildungen. 

—  Versendung  umsonst  und  portofrei.  — 

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55  Bände  und  Registerband  aus  den  Jahren  1827 
bis  1833  gut  erhalten. 

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Der  Unterzeichnete  bittet  die  Besitzer  der  ältesten 
Ausgaben  der  „propheties“  des  Nostradamus  (nur 
XVI.  Jahrhundert)  ihn  durch  Übermittelung  einer 
genauen  und  ausführlichen  Kollation  der  betreffenden 
Exemplare  bei  einer  bibliographischen  Arbeit  über 
diesen  Gegenstand  zu  unterstützen.  Es  ist  mir  nur  mit 
autoptischen  Angaben  gedient. 

Graf  Carl  v.  Kllnckowstroem 

München,  Elisabethstr.  40. 


Bibliothek 

seltener  und  wertvoller  Werke 


Weltliteratur  —  Theater  u.  Musik  — 
Kunst  u.  Kulturgeschichte  —  Sozial¬ 
wissenschaft  —  Curiosa  —  Alte  Drucke 
(Inkunabeln)  —  Illustr.  Bücher  (Livres 
ä  figures  du  XVIII6  et  XIXe  siede)  — 
Berolinensien  —  Hamburgensien  usw. 
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Stammbücher  und  Autographen 

teilweise  aus  dem  Nachlasse  der  bekannten  Dichterin 

Annette  Freiin  v.  Droste  -Hülzhoff. 
Versteigerung 

vom  4.  bis  6.  Oktober  1909. 

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Leipzigerstraße  89,  Eingang  Markgrafenstr. 

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Steiner-Prag 

Als  Beginn  einer  Reihe  von  Sonderpublikationen 
aus  der  Zeitschnft  für  Bücherfreunde  soll  von  dem 
Artikel  des  Juni- Heftes  über  Hugo  Steiner-Prag  im 
Herbst  eine  Separatausgabe  in  der  von  uns  geschnit¬ 
tenen  Letnmentype  erscheinen.  Sie  wird  in  bedeutend 
erweiterter  Form  sich  bis  auf  die  neuesten  Arbeiten 
Steiners  erstrecken.  Besonderes  Augenmerk  wird  auch 
den  Exlibris  gewidmet,  einem  Zweige  seiner  Tätigkeit, 
den  Steiner  in  letzter  Zeit  eifrig  gepflegt  hat.  Einige 
sehr  reizvolle  Illustrationen,  unter  anderem  das  früher 
schwarz  gegebene  Bild  aus  dem  Leipziger  Kalender 
1909,  erscheinen  in  farbiger  Wiedergabe.  Bestellungen 
auf  die  Publikation,  die  in  einer  Auflage  von  nur 
500  Exemplaren  gedruckt  wird,  nehmen  wir  schon 
jetzt  entgegen. 

W.  Drugulin,  Verlag,  Leipzig. 


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Dr.  phil.,  Probekandidat,  Germanist  und  Altphilo¬ 
loge,  auch  archäologisch  bewandert,  sucht  Stellung 
im  Bibliotheksfach  oder  Verlagsbuchhandel.  Beste 
Zeugnisse  und  Empfehlungen.  Offerten  unter  H.  A.  147 
an  die  Expedition  der  „Zeitschrift  für  Bücherfreunde“ 
erbeten. 


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adern,  Aderknoten,  Beingeschwüre, 
nasse  u.  trockne  Flechte,  Salzfluß, 
Gicht,  Rheumatismus, 
Elefantiasis,  steife  Gelenke  und 
ähnliche  chronische  Leiden. 


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Kultur-  und  Sittengeschichte  Folklore 
Kunst  Kunstgeschichte  ■¥?  Kunstblätter 
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Alte  Drucke  -X-  Literarische  Seltenheiten 
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In  meinem  Verlage  ist  soeben  erschienen: 

Taschenbuch  des  Bücherfreundes 

für  1909  (Jahrgang  I.) 

In  Batist  geb.  M.  6. — ,  in  Ganzleder  M.  7.50. 

Das  Taschenbuch  enthält  zunächst  eine  schematische  Buchführung,  deren  Ausführung 
nicht  nur  eine  vollständige  Übersicht  über  den  Wert  und  Inhalt  einer  Bibliothek  oder 
Sammlung  ermöglicht,  sondern  auch  die  Ausgaben  für  jeden  Zeitabschnitt  feststellen  läßt 

Ersteres  ist  wichtig  für  die  Feuerversicherung  oder  bei  beabsichtigter  Ver¬ 
äußerung,  letzteres  für  die  Beschlußfassung  über  weitere  Ankäufe  usw. 

Wertvoll  ist  ferner  die  Möglichkeit,  leicht  festzustellen, 

von  wem  und  zu  welchem  Preise  ein  Buch  bezogen  wurde  (z.  B.  zwecks  Reklamation), 
wann  Auktionstermine,  Vereinsabende  usw.  stattfinden, 

welche  Dubletten  vorhanden  sind,  welche  Desiderata  besonders  gesucht  werden; 
an  wen  ein  Buch  verliehen  wurde;  von  wem  ein  Buch  entliehen  ist  und  wann; 
ferner  welcher  Buchbinder  dies  und  jenes  Buch  zum  Binden  erhielt; 

Preis  wie  vereinbart  usw.  usw. 

Ferner  erteilt  das  Taschenbuch  Auskunft  über  Vereine,  Zeitschriften,  Münz¬ 
werte,  Posttarif,  gibt  Bezugsquellen  usw. 

Ein  Beiheft,  betitelt  Jahrbuch,  bringt  Abhandlungen  von  besonderem  Wert  für  jeden 
Bücherfreund. 

Vorliegender  erster  Jahrgang,  der  mit  einer  Abbildung:  ,,F.  v.  Zobeltitz  in  seiner 
Bücherei“  geschmückt  ist,  enthält  von  diesem  als  Begründer  und  Vorsitzenden  der  Gesell¬ 
schaft  der  Bibliophilen  einen  Bericht  über  diesen  Verein. 

Es  folgt  dann  aus  der  Feder  eines  der  besten  Kenner  der  Wissenschaft  vom  Buch  und 
seiner  Geschichte,  des  Dr.  jur.  Bogeng,  der  Umriss  einer  Fachkunde  für  Büchersammler, 
welcher  im  nächsten  Jahrgang  fortgesetzt  und  abgeschlossen  wird.  Ein  außerordentlich  umfangreiches 
Sachregister  wird  dann  das  Nachschlagen  in  diesem  sehr  inhaltreichen  Überblick  über  alles,  was 
das  Buch  betrifft,  bedeutend  erleichtern.  In  vorliegendem  ersten  Teil  berichtet  der  Ver¬ 
fasser  in  gedrängter  Darstellung  in  354  Artikeln,  wie  das  Buch  einst  entstand  und 
wie  es  jetzt  hergestellt  wird,  über  die  Art  Bücher  zu  sammeln,  über  berühmte  Spezial¬ 
sammlungen,  über  die  Einrichtung  einer  Bücherei,  über  ihre  Verwaltung,  Buchpflege  und 
Bucheinband,  wobei  als  besonders  praktisch  die  Anleitung  zum  Korrekturlesen,  eine 
Tabelle  für  die  Formatbestimmung  (mit  Beilage:  Formatmaßstab),  und  Katalogi¬ 
sierungsregeln,  Rezepte  für  die  Reinigung  von  Büchern  und  Kunstblättern,  sowie  unter 
Assistenz  des  Kunstbuchbinders  P.  Kersten  eine  Erläuterung  der  hauptsächlichen  Fachausdrücke 
des  Buchbinders  hervorgehoben  seien.  Eine  ganze  Bibliographie  der  wichtigsten  Biblio¬ 
graphien  ist  an  den  zugehörigen  Stellen  im  Text  verteilt;  eine  Fülle  von  historischen  Daten 
aus  der  Geschichte  der  Buchdruckerkunst,  des  Buchhandels  und  der  Bibliophilie 
findet  sich  hier  übersichtlich  vereinigt. 

Um  dies  alles  in  ein  Taschenbuch  unterzubringen,  wurde  die  Form  eines  Beiheftes 
gewählt,  das  herausnehmbar  ist.  Der  freigewordene  Raum  kann  mit  Hilfe  einer  beigegebenen 
Tasche  Skripturen  usw.  in  großer  Zahl  aufnehmen,  so  daß  das  eigentliche  Taschenbuch  den 
Besitzer  stets  begleiten  kann  und  die  sofortige  Notierung  aller  Büchereiangelegenheiten  (wie  es 
der  Verlegerprospekt,  welcher  der  Z.  f.  B.  im  Februarheft  1909  beilag,  erläuterte)  auch  auf 
der  Reise  gestattet. 

Die  folgenden  Jahrgänge  sollen  den  Wünschen  der  Interessenten  gemäß  weiter  aus¬ 
gebaut  werden,  damit  das  Taschenbuch  ganz  und  voll  die  hohen  Erwartungen,  die  an  dieses 
Unternehmen  sich  knüpfen,  erfüllt. 

MAX  HARRWITZ  (Abteilung:  Verlag),  Nikolassee  bei  Berlin. 


22 


Beiblatt. 


VERLAG  VON  E.  A.  SEEMANN  IN  LEIPZIG 

BERÜHMTE  Kl 

Schilderungen  der  Kunstblüte  eines  Orl 
unterstützt  von  eine 

Neue  Serie  in ' 

Bändchen  im  bequemen  Formate  von  12:18  cm,  stark 

Band  41:  Athen. 

VonE.Petersen.  256  S.  mit  122  Abb.  M.  4. — 

Band  42:  Riga  und  Reval. 

Von  W.Neumann.  165  S. mit  1 2 1  Abb.  M.  3. — 

Band  43:  Berlin. 

Von  M.  Osborn.  320  S.  mit  179  Abb.  M.  4. — 

Seemanns  „Berühmte  Kunststätte n‘ 
Begleiter  deren  Genuß  und  bewahren  c 

Berühmte  Kunst* 

Vom  alten  Rom.  —  Venedig.  —  Rom  in  der 
Renaissance. — Pompeji. —  Nürnberg. —  Paris. 
Brügge  u.  Ypern. —  Prag.  —  Siena. — Ravenna. 
Konstantinopel.  —  Moskau.  —  Cordoba  und 
Granada.  —  Gent  und  Tournai.  —  Sevilla. 
Pisa.  —  Bologna.  —  Straßburg.  —  Danzig. 

Preise  der  Bände  3 — 4  Mark.  Nr.  1— 

UNSTSTÄTTEN 

:es  im  Anschluß  an  die  Stadtgeschichte, 
r  reichen  Illustration 

Taschenformat 

an  Inhalt  und  Abbildungen.  Einband  von  W.  Tiemann  8 

Band  44:  Assisi. 

VonW.  Goetz.  164  S.  mit  1 18  Abb.  M.  3. — 
Band  45:  Soest. 

Von H.  Schmitz.  143  S.  mit  1 14 Abb.  M.  3. — . 

In  Vorbereitung! 

Naumburg  u.  Merseburg,  Dresden,  Trier  usw. 

‘  bereiten  auf  die  Reise  vor,  erhöhen  als 
auernd  die  Erinnerung  an  das  Gesehene 

Stätten  Nr.  1 — 38 

Florenz.  —  Kairo.  —  Augsburg.  —  Verona. 
Sizilien  I.  —  Sizilien  II.  —  Padua.  —  Mai¬ 
land.  —  Hildesheim  u.  Goslar.  —  Neapel  I. 
Neapel  II.  —  Braunschweig.  —  St.  Petersburg. 
Genua.  —  Versailles. —  München. —  Krakau. 
Mantua.  —  Köln. 

38  haben  das  bisherige  größere  Format. 

REMBRANDT 
und  seine  Zeitgenossen 

von  WILH.  BODE, 

Wirkl.  Geh.  Oberregierungsrat,  Generaldirektor 
der  Königlich  Preußischen  Museen 

Zweite  vermehrte  Au  fl.  21  Bg.  mit  einem  Titelbild 
Brosch.  M.  6. — .  In  Leinenbd.  M.  7.50.  In  Hlbfrnz. M.  9. — 

Inhaltsverzeichnis  Rembrandt  —  Hals  —  Maes  — 

An  das  Leben 

Gedichte  v. FRANZ  LANGHEINRICH 

Mit  künstlerischen  Beiträgen  und  Buchschmuck 

von  Max  Klinger  und  Otto  Greiner 

Ein  Band  in  Groß-Oktav.  216  Seiten  mit  4  Kunstbei¬ 
lagen  und  vielen  Vignetten.  Geheftet  M.  4. — ,  in  Leinen 
gebunden  M.  5. — 

Einband  und  Vorsatz  von  Otto  Greiner 

I.  Von  himmlischen  und  irdischen  Seeligkeiten.  —  II.  Am  Flusse.  — 

III.  Stille  Winkel.  —  IV.  Tage  und  Nächte  am  See.  —  V.  Winter- 
sonnwende.  VI.  In  der  Fremde.  — VII.  Auf  Sirmione.  —  VIII.  Jahres¬ 
ringe.  —  IX.  Und  hätte  der  Liebe  nicht  .  .  . 

- — - Vermeer  —  Hooch  —  Metsu  — 

TerBorch  —  Steen  —  Segers  —  Goyen  —  S.  van  Ruis- 
dael  —  J.  van  Ruisdael  — Hobbema  —  Aert  van  der 
Neer  —  Cuyp  —  Potter  —  Adriaen  van  de  Velde  — 
Wouwermans  —  De  Heem  —  Kalf  —  Beijeren  — 
Brouwer  —  Rubens  —  Van  Dyck. 

Die  Frankfurter  Zeitung  schreibt:  Es  ist  schwer,  das 
Buch  zu  charakterisieren.  Es  ist  kein  gelehrtes  Buch  im  schul¬ 
meisterlichen  Sinne, aber  von  hoher,  wissenschaftlicher  Bedeutung; 
es  ist  kein  literarisches  Buch,  aber  eine  genußreiche  Lektüre,  und 
zwar  für  den  Laien  genau  so,  wie  für  den  Forscher  und  Liebhaber. 

Es  gibt  in  der  Tat  ein  ganzes  Bild  der  niederländischen  Malerei 
des  17.  Jahrhunderts  in  Einzelschilderungen  ihrer  hervorragendsten 
Meister.  Die  psychologische  Vertiefung  in  die  Persönlichkeit  der 
einzelnen  Meister,  die  schlagenden  Beobachtungen  und  Analysen 
der  Techniken  und  Manieren,  die  oft  ganz  neuen,  stets  scharf¬ 
sinnigen  Versuche  ihrer  entwicklungsgeschichtlichen  Einordnung 
und  der  Datierung  ihrer  einzelnen  Werke  bieten  dauernden  Gewinn. 

Künstlerworte 

Gesammelt  von  KARL  EUGEN  SCHMIDT 

Ein  Oktavband  von  300  Seiten 
Ausstattung  von  Walter  Tiemann 

Elegant  gebunden  M.  4. — 

Ein  sehr  originelles  Unternehmen,  das  jedem  Kunstfreunde  einen 
gediegenen  Genuß  bereiten  wird. 

Königsb  erg-Hartungsche  Zeitung. 

Dies  Buch  darf  in  der  Bibliothek  keines  Kunstfreundes  fehlen,  es 
ist  ein  Schlüssel,  der  Schätze  erschließt. 

Norddeutsche  Allgem.  Zeitung. 

Das  kleine,  als  Liebhaberband  ausgestattete  Werk  stimmt  nach¬ 
denklich  und  reizt  sehr  zur  Diskussion. 

Altonaer  Nachrichten. 

23 


Beiblatt 


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von  vornehmer  Wirkung 
ift  unfere  neue,  nach 
Zeichnung  von  Prof.  P.  Behrens  gefchnittene 

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mit  reichem,  gut  verwendbarem  Schmuck. 

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DIE  DEUTSCHE  LITERATUR  IM  XVIII.  UND  XIX.  JAHRHUNDERT 

Klopstock  —  Lessing  —  Wieland  —  Goethe  —  Schiller 
Die  Romantiker  —  Heinrich  Heine  usw.  in  Erstausgaben. 
Hervorragende  Seltenheiten.  Widmungsexemplare. 
Handzeichnungen  Goethes. 

VERSTEIGERUNG  IN  FRANKFURT  a.  M. 

Dienstag,  den  19.  bis  Donnerstag,  den  21.  Oktober  1909  durch 

JOSEPH  BAER  &  Co.,  ANTIQUARIAT,  HOCHSTRASSE  6 

Telegramm -Adresse:  Gutenberg  Frankfurtmain.  Adam’s  Gable  Codex  ioth  ed. 

=  KATALOG  AUF  WUNSCH.  = 


24 


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