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Full text of "Zeitschrift Für Die Gesamte Experimentelle Medizin. 30.1922"

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ZEITSCHRIFT FÜR DIE GESAMTE 

EXPERIMENTELLE 

MEDIZIN 

ZUGLEICH FORTSETZUNG DER 

ZEITSCHRIFT FÜR EXPERIMENTELLE 
PATHOLOGIE UND THERAPIE 

HERAUSGEGEBEN VON 

E. ABDERHALDEN.HALLE, A. BIEDL-PRAG, TH. BRUGSCH • BERLIN, 

E. ENDERLEN-HEIDELBERG, H. E. HERING*KÖLN, W. BIS*BERLIN, 

F. KRAUS• BERLIN, 0. LüBARSCH-BERLIN, C. t. NOORDEN • FRANK¬ 
FURT A.M., R. PALTAUF-WIEN, E. PAYR-LEIPZIG, C. PIRQUET-WIEN, 
J. POHL-BRESLAU, F. SAUERBRUCH.MÜNCHEN, A. SCHITTENHELM- 

KIEL, W. STRAUB-FREI BURG, H. STRAUB-GREIFSWALD, 

W. TREND ELENBURG-TÜBINGEN, P. UHLENHUTH-MARBURG 

REDIGIERT VON 

F. KRAUS C. PIRQUET A. SCHITTENHELM 
W. TRENDELENBURG 

30. BAND 

MIT 31 TEXTABBILDUNGEN 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 

1922 


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Druck von Osi'or Bnuulstotter in Leipzig. 




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Inhaltsverzeichnis. 

Seite 


yäh der Reis« Der Aiitagonismus zwischen Koli- und Diphtheriebacillen und der 

Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 1 

Platz, O« Uber die Wirkung des Adrenalins.42 

Iwabuchi, Tomoji« Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut der Meer¬ 
schweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. Mit 4 Text¬ 
abbildungen .65 

Hagemann, Erich« Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. Vergleichende Unter¬ 
suchungen mit Tuberkulin und Eiweißkörpern an experimentellem und klini¬ 
schem Material.80 

Junkersdorf, P. Die hämoklastische Krise. (Zugleich ein Beitrag zur Frage 

der Wirkung „unphysiologischer“ Eiweißabbauprodukte).110 

Hopmann, R« und R. Schüler« Uber die Variation der relativen Erythrocyten- 
menge und ihre Abhängigkeit von wechselnder Verteilung der Erytbrocyten 

innerhalb der Blutbahn. Mit 4 Textabbildungen.148 

Hecht, Adolf F« und Julius Langer. Über die Resorption von medikamentösen 

Klysmen bei Kindern.168 

Platz, 0. über die Wirkung des Pilocarpins.189 

Botterl, Johann Hugo« Über Echinokokken-Anaphylaxie.199 

Edelmann, Fritz« Über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie.221 

Hülse, Walter. Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. Experimentelle Unter¬ 
suchungen über die Bedingungen der Adrenalinwirkung.240 

Hülse, Walter. Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. Untersuchungen über 

gefäßverengemde Stoffe im Blute.268 

Kollert, Y« und W. Starllnger. Die Albuminurie als Zeichen vermehrten Eiwei߬ 
zerfalles bei geschädigter Nierenfunktion.298 

Zimmer, Heinrich« Klinisch experimentelle Untersuchungen über Blutserum¬ 
konzentration bei Arsenkuren. Mit 10 Kurven im Text.825 

Lohr, Hanns« Haben parenteral einverleibte Proteinkörper und Nichteiweißkörper 
(„Reizkörper“) dieselbe Wirkung auf den intravitalen Eiweißabbau in der 

Leber? (VIII. Mitteilung zur Proteinkörperwirkung).344 

Mlki, Y. und C. J« Rothberger. Experimentelle Untersuchungen über die Pause 

nach Vorhofsextrasystolen. Mit 12 Abbildungen im Text.347 

Seyderhelm, Richard und W r alter Lampe. Zur Frage der Blutmengenbestimmung. 

I. Mitteilung. Untersuchungen über das Verhalten von Erythrocyten zu 

kolloiden Farbstoffen und kolloidem Gold. Mit 1 Textabbildung.403 

Seyderhelm, Richard und Walter Lampe« Zur Frage der Blutmengenbestimmung. 

II. Mitteilung. Colorimetrische Blutmengenbestimmung mit Trypanblau . .410 

Pohl, Julius. Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren.423 

Alivisatos, G. P. Ein Beitrag zur Erklärung der Pathogenie der Myelitiden nach 

' Schutzimpfung gegen Lyssa.432 

; Schilling, Victor« Kurze Mitteilung. Blutbild und Blutkrise bei experimenteller 

Bleivergiftung.446 

\ Autorenverzeichnis. 447 


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Original fro-m 

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(Aus der Medizinischen Klinik Greifswald Direktor: Prof. Dr. H. Straub .) 

Der Antagonismus zwischen Koli- und 
Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen 

Nutzanwendung. 

Von 

Privatdozent Dr. van der Reis, 

Aasistensarzt der Medizinischen Klinik. 

(Eingegangen am 19. Juni 1922.) 

Die gegenseitige Beeinflussung von zwei oder mehr Mikrobenarten, 
die nebeneinander auf einem Nährboden wachsen, kann verschieden¬ 
artiger Natur sein. Bald zeigt sich Wechsel- oder einseitige Förde¬ 
rung des Wachstums, bald Hemmung, bald sogar völlige Abtötung 
des einen Bakteriums. Diese Wechselwirkungen sind nicht nur der 
Ausdruck eines Kampfes um die notwendigen Nährstoffe, die zur 
Erhaltung des Zellebens erforderlich sind, sondern es spielen auch 
die verschiedensten Bedingungen, die durch die Lebensprozesse ge¬ 
schaffen wurden, bei der Symbiose und dem Antagonismus eine 
wichtige Rolle. 

Die Bakterienassoziationen, wie sie bei der Symbiose in Erschei¬ 
nung treten und in Mischkulturen von Influenzabacillen und einer 
Reihe artfremder Keime, ferner bei Anaerobiern beobachtet wurden 
(Pringsheim), sind vielfach auch im menschlichen und tierischen Orga¬ 
nismus nicht ohne Bedeutung. Es sei nur auf den begünstigenden 
Einfluß der Streptokokken, auf das Wachstum und die biologischen 
Eigenschaften anderer pathogener Keime, z. B. die gesteigerte Toxin¬ 
bildung der Diphtheriebacillen hingewiesen ( Hilbert , Cantani, Luerssen). 
Andererseits sollen z. B. die Tuberkelbacillen stark hemmend auf 
Streptokokken wirken {Bonhoff). Empfindliche Mikroben wie der Pest¬ 
bacillus werden in Kulturen von den verschiedensten Konkurrenten 
leicht überwuchert. Der Vibrio cholerae dagegen hemmt Vibrio 
Metschnikoff, Staphylokokken und Milzbrandbacillen. Letztere können 
auch von Typhusbacillen und Staphylokokken zurückgedrängt wer¬ 
den (Comil und Bcibes, Ferlito, Pavone). Das antagonistische Ver¬ 
hältnis der Choleravibrionen gegenüber dem Bact. coli commune wird 
recht verschieden angegeben (zit. bei Gottschlich). Eine größere theo- 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 1 


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2 van der Reiß: Der Antagonismu« zwischen Koli- und 

retische Bedeutung haben der Bac. pyocyaneus und dessen Enzyme 
und Stoffwechselprodukte gewonnen, die Gonokokken und vor allem 
Diphtheriebacillen im Reagensglas völlig hemmen sollen (, Schäffer . 
Emmerich und Löw), während in vivo diese Fähigkeit nicht in dem 
Grade zur Entfaltung kommt, ähnlich wie Keime aus der Subtilis- 
gruppe auch nur auf Agarplatten Diphtheriebacillen hemmen ( Prings - 
heim). 

Manche Erscheinungen im Darmkanal, soweit die bisher vor¬ 
liegenden Untersuchungen des Leichendarms und der Faeces all¬ 
gemeine Gültigkeit haben, können ebenfalls auf das überwiegen ge¬ 
wisser Bakterienarten zurückgeführt werden, die im Konkurrenzkampf 
andere Keime überwuchert haben. So gewähren obligate Milchsäure¬ 
bakterien und ihre nahen Verwandten aus der Koli-Aerogenesgruppe, 
nicht allein durch ihr Vermögen, bei Kohlehydratanwesenheit Säure 
zu bilden, einen gewissen Schutz vor Fäulnis, sondern es muß diesen 
Mikroorganismen eine besondere Kraft eigen sein, die Fäulniskeiroe 
öder ihre Funktionen zu hemmen ( Blumenthal , Bienstock , Strasburger 

In der Therapie ist wiederholt versucht worden, diese anta¬ 
gonistische Eigenschaft durch Verabreichung von Bac. bulgaricus und 
Lactisaerogeneskulturen zur Beseitigung übermäßiger Fäulniserschei¬ 
nungen (de Jaeger, Escherich , Brudzinski , Loebel , Metschnikoff) und 
zur Vertreibung der Typhuskeime aus dem Darmkanal (Nissle) nutz¬ 
bar zu machen. Die antagonistische Fähigkeit mancher milchsäure : 
bildenden Stäbchen, vor allem der gramnegativen aus der Aerogenes- 
gruppe, der auch nach unserer Ansicht das Bact. coli commune zu¬ 
zurechnen ist (Kruse), scheint sich auf die verschiedensten Keimarten 
zu erstrecken. Einen besonders starken Antagonismus fand ich bei 
Kolibacillen gegenüber Diphtheriekeimen, und zwar nicht nur auf 
künstlichen Nährböden, sondern auch in vivo. 

Bevor ich auf diese Eigenschaft von Koli näher eingehen kann, 
ist es nötig, einige theoretische Erwägungen über den Antagonismus 
vorauszuschicken, dessen Wesen noch nicht völlig aufgeklärt werden 
konnte. Gewöhnlich haben wir es nicht mit einem „ gegenseitigen 
Antagonismus zu tun (Oarre ), wobei zwei oder mehr Bakterienarten 
sich gegenseitig verdrängen bzw. ab töten, sondern um einen „ ein¬ 
seitigen 44 . Bei dieser Konkurrenz kann es sich um einen Antagonismus 
des Wachstums handeln — die schneller wachsende überwuchert die 
langsamere Art — oder um einen Antagonismus der Funktion . Im 
letzteren Fall entwickeln sich verschiedene Arten ungestört neben¬ 
einander, aber die überlegenen Bakterien schädigen die übrigen derart, 
daß z. B. sonst charakteristische Stoffwechselprodukte oder Gifte nicht 
zur Wirkung kommen, sei es, daß sie durch die Antagonisten unwirk¬ 
sam gemacht werden oder nicht gebildet werden können (Gottschlich . 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 3 

Die Gründe dieses eigentümlichen und interessanten Verhaltens können 
sehr mannigfacher Art sein. Je nachdem die Wechselwirkung zweier 
Doppelreinkulturen auf künstlichen Nährböden schon verhältnismäßig 
früh oder erst bei alternden Kulturen auftritt, könnte es sich 

1. um Entziehung von notwendigen Nährstoffen oder um Ent¬ 
wertung des Substrates durch die rascher wachsende bzw. früher 
eingesäte Art handeln, oder 

2. um eine größere Wachstumsgeschwindigkeit des siegreichen 
Keimes. 

3. Auch verschiedener Sauerstoffbedarf und 

4. ungleiches Temperaturoptimum konkurrierender Bakterienarten 
ist in manchen Fällen von gewisser Bedeutung. 

5. Durch den Abbau der Nährstoffe infolge der Lebensfähigkeit 
der Bakterien verändert sich gelegentlich die Reaktion der Nähr¬ 
böden derart, daß gewisse, gegen saure oder alkalische Reaktion 
empfindliche Arten schlecht gedeihen (Sirotinin, Bitter ). 

6. Eine schädliche Änderung der Reaktion kann weiterhin durch 
irgendwelche Stoffwechselprodukte des Antagonisten bewirkt werden. 
Besonders seitdem für das Zustandekommen der natürlichen Wachs¬ 
tumshemmung von Bakterien in alternden Kulturen, die zum völligen 
Stillstand der Vermehrung führen kann, bakterielle Stoffwechsel¬ 
produkte, die sog. Autotoxine, angenommen werden, ist man sehr 
geneigt, in diesen auch die Ursache des Antagonismus zu sehen. 
Solche thermolabile, durch Tonkerzen nicht filtrierbare Hemmungs¬ 
stoffe, wurden zuerst von Eijkman in Agar und Gelatine, von 
Faltin , der sie aber für filtrier- und adsorbierbar hielt, im Urin und 
dann von Conradi und Kurpjuweit auch in Bouillonkulturen ge¬ 
funden. Besonders die letzteren Autoren, denen es gelang, die Auto¬ 
toxine vermittels Dialyse durch Schilfmembranen von den Bakterien 
zu trennen, wiesen darauf hin, daß sie nicht nur gegen arteigene, 
sondern auch sehr wirksam gegen artfremde Keime gebildet werden. 
Diese Befunde konnten aber nicht in vollem Umfange bestätigt 
werden, und es wurde versucht, die Entwicklungshemmung und das 
Absterben der Bakterien lediglich auf Nährstoffmangel infolge des 
Wachstums zurückzuführen ( Passini , Rolly, Oebius , ManteufelK 

7. Schließlich liegt noch die Möglichkeit vor, daß die zurück¬ 
gedrängten Keime durch spezifische Produkte, vielleicht Fermente 
des Antagonisten aufgelöst werden, wie es vor allem von der Pyo- 
zyanase Diphtheriebacillen ( Emmerich und Löw) und Enzymen des 
Prodigiosus Milzbrandbacillen gegenüber angenommen wird (Bertarelle). 

Je nach dem Grade des Antagonismus werden die unterlegenen 
Keime nur im Wachstum gehemmt oder ganz abgetötet. Eine völlige 
und schnelle Baktericidie entfaltet nach den folgenden Versuchen 

1 * 


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1 


van der Hein: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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das Bact. coli commune gegenüber vollvirulenten Diphtheriebacillen, 
die von den Tonsillen Diphtheriekranker gezüchtet waren. Die Koli¬ 
bakterien stammten aus dem Darmkanal verschiedener Versuchs¬ 
personen und wurden nach dem üblichen Verfahren identifiziert und 
auf alle Stoffwechselfunktionen geprüft. 


Versuchsreihe 1. 

Nachdem festgestellt war, daß sowohl Koli- als auch Diphtherie¬ 
bacillen (von Serumröhrchen) in gewöhnlicher Nährbouillon (PH — 7,3 
bis 7,5) und l 0 / 0 iger Traubonzuckerbouillon (PH — 7,3) gut wachsen, 
impfte ich wechselnde Mengenverhältnisse der beiden Mikroben in 
Bouillonröhrchen und hielt sie verschieden lange Zeit im Brut¬ 
schrank. Um nachweisen zu können, ob und wann unter diesen Be¬ 
dingungen die Diphtheriebacillen abgetötet werden, wurden die ver¬ 
schiedensten Versuche angestellt. Objektträgerausstriche von den 
Bouillonkulturen waren nicht zu verwenden, weil hierbei tote und 
lebende Bakterien nicht zu unterscheiden sind. Es mußte vielmehr 
angestrebt werden, ein für Diphtheriebacillen optimales Nährsubstrat 
zu finden, das mit der beimpften Bouillon beschickt werden konnte, 
und auf dem aber gleichzeitig die Kolibacillen kaum oder besser 
noch gar nicht gedeihen. Wenn nämlich die Bakterien aus der Bouillon 
auf einen Nährboden gebracht wurden, der beiden Arten Wachstums¬ 
möglichkeiten bot — ein Verfahren, das man bisher anwandte —. 
konnte die Verdrängung der unterlegenen Keime auf diesem Sub¬ 
strat weitergehen. Eine weitgehende Verdünnung schützte nur teil¬ 
weise vor Trugschlüssen. Malachitgrünplatten, auf denen Koli nicht 
wachsen, entsprachen den Anforderungen nicht, auch nicht bei Zusatz 
von Serum und Traubenzucker, weil die erforderliche Konzentration 
auch das Wachstum der Diphtheriebacillen unterdrückte. Zusatz 
von Ammoniumsulfat (Pesch) in den verschiedensten Mengenverhält¬ 
nissen zu den Nährböden schädigte Koli nur wenig, Pikrinsäure ließ 
sie zwar nicht aufkommen, schädigte aber gleichzeitig B. diphtheriae 
zu sehr. Das Petrolätherverfahren von Gonradi (Rhodovi) mußte 
ebenfalls verworfen werden, weil auch die Kolikeime in die Petrol¬ 
ätherschicht übergehen, sich also auf diese Weise nicht von den 
Diphtheriebacillen trennen lassen. Allen Anforderungen entsprach 
die T ellurserumtraubenzucker pl&ttv (Conradi und Tr och), auf der die 
Diphtheriekolonien tiefschwarz, Kolibabacillen — wie wir fest¬ 
stellten — dagegen überhaupt nicht wuchsen. Bei den folgenden 
Versuchen über die Abtötungsdauer von Bac. diphtheriae bediente 
ich mich ausschließlich des letzteren Verfahrens, das einseitig für 
den Diphtheriebacillus einen günstigen Nährboden darstellt. 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 




Medium 


Beimpft mit: 



5 Ösen Koli -}- 
1 Öse B.diphth. 


a) Bouillon '3 Ösen Koli 

3Ösen B.diphth. 


1 1 Öse Koli 
5 Ösen K. diphth. 


! 5 Ösen Koli r 
ii 1 Öse B. diphth. 

bi Trauben¬ 
zucker- ,3ÖsmKoli : 
bouillon 3 Ösen B. diphth. 


ij 1 Öse Koli — 

5Ösen B.diphth. 


j| 5 Ösen Koli | 

II1 Öse B. diphth. 


c) Trauben- 
zucker- 
ascites- 
bouillon 


I 3 Ösen Koli * 

3 Ösen B.diphth. 


11 Öse Koli — 
j! 5 Ösen B. diphth. 


d) Bouillon 
mit Kreide¬ 
zusatz 


5 Ösen Koli-f 
I 1 Öse B. diphth. 


l. 


Tabelle I. 


Einwirkungs¬ 
dauer bei 37° C 
in Stunden: 


19 

20 
24 


20 

22 

24 

20 

20 

24 

20 


20 

22 

24 

20 

20 

22 

24 

20 

20 

22 

20 


19 

20 
22 
20 


20 

*>o 


24 

26 


20 

24 

20 


20 

22 

24 

20 


Bodensatz des Zentrifugats 
ausgestrichen auf: 
Objektträger | Tellurserum 


Di f 

Involutions- 

formen 


Di -f- 

wenige Kolon, 
vereinz. kl. Kol. 
Di- 


Di * 

Involutions¬ 

formen 

Involutions¬ 

formen 


Di -f 

Di schwach 
Di 

Di- 

1 Di schwach 
Di ± 

Di 


Involutions- 

formen 

Di 

Involutions- j 
formen | 

Involutions¬ 

formen 

Di i- 

Involutions- | 
formen 

I 

Involutions- ' 
formen 


n 


Di -i- 

Di f 

Di schwach 
Di - 

Di • 
Di-r 

Di schwach 
Di- 

Di T - 
Di 

Di - 


Di -i- 

Di r 
Di- 
Di 

Di 

Di 

Di schwach 
Di- 

Di + 

Di ± 
Di 


Di - 
Di - 
Di - 
Di 


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van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


Tabelle I (Fortsetzung). 


Medium 1 

1 1 

Einwlrkuogs- 

Bodensatz des Zentrifugal« 


1 Beimpft mit: 

dauer bei 37° C ' 

ausgestrichen auf: 


i 

in Stunden : i 

Objektträger | 

Tellurserum 


. ! 

20 

Involution»- 

Di - 


3 Ösen Koli 4- 

22 

formen 

Di -f 

d) Bouillon 

3 Ösen B. diphth. 

24 

r 

Di — 

mit Kreide- 1 


20 

n i 

Di - 

zusatz 

f 1 

20 

1 

Di - 


! löse Koli — 

24 

2« 

r. 

Di 


;5ÖsenB. diphth. 

j 

1 

Di- 

e) Trauben- 

■:-— ^ . 

'fi fff 

- - - - - 

— - , . — 

zucker- 
bouillon | 
mit Kreide- : 

5 Ösen Koli r 

20 

r 

Di-r 

3 Ösen B. diphth. 

25 

>• 

Di -f- 

zusatz 





f) Trauben- 





zucker- 

ascites- 

,5 Ösen Koli -f 

20 


Di 

bouillon 
mit Kreide- 

*5 Ösen B. diphth. 

20 

r 

Di - 

zusatz 

' 


i 


g) 24 ständige 


20 

M 

Di- 

Kolibouillon 

j 2 Ösen B. diphth. 

26 

yv 

Di- 

(8 Ösen B. ! 

5 Ösen B. diphth. 

1_ _ 


coli) 

26 

r 

i 

Di 

h) 24 ständige | 
Diphtherie- ! 

^ 1 Öse B. coli 

26 

r 

1 « 

Di - 

bouillon ! 
(8 Ösen Di) j 

5 Ösen B. coli 

; 

26 

n 

Di- 

i) 24 ständige 

! 




Diphtherie- 

' 2 Ösen B. coli 

I 

1 24 

r 

Di± 

aecites- 

trauben- 

1 26 

n 

Di- 

1 

5 Ösen B. coli 

zucker- \ 
bouillon 1 

26 

V 

1 

Di - 


k) 24 ständige 

! i 

_ 



Kolitrauben- 

i 1 

i i 


i 


zucker- 

bouillon 

! 

2 Ösen B. diphth. ' 

i 

25 

1 

r, | 

Di - 

mit Kreide¬ 
zusatz 

5 Ösen B. diphth. 

26 

n 

Di - 


(2 Ösen B. 
coli) ! 


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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 7 


Tabelle I (Fortsetzung). 


Medium 

1 Beimpft mit: 

Einwirkungs¬ 
dauer bei 87° C 
in Stunden: 

Bodensatz des Zentrifugats 
ausgestrichen auf: 
Objekttrftger | Telluraerum 

1) 24 ständige 
Diphtherie¬ 
ascites¬ 
trauben- 
zucker- 
bouillon 
mit Kreide¬ 
zusatz 
(2 Ösen Di) 

1 Öse B.coli 

5 Ösen B.coli 

i 

25 

2b 

26 

1 Involutions- 
| formen 

_ 

Di 4~ 

Di- 

Di- 

_ 

Kontrollen: 

1 3 Ösen B. coli f- 
| -lösen B. typhi 

24 


auf Endo: 
Koli+Ty.-f 

! 

5 Ösen B. coli -f 
! lÖseStreptoc. 

24 

Koli u. Strept. 

auf Agar: 

Koli 4- Strept. -f 

Bouillon 

! 

3 Ösen B.coli 4- 1 

30senB.subtilis 

24 

Koli u. Subt. 

auf Agar: 

Koli 4- Subt. -f 

• 

! 1 Öse B.coli 4- 
3ösenStaphyl. 

24 

Koli u. Staphyl. 

auf Agar: 

Koli 4- Staph. -f- 


3 Ösen B.coli 4- 
5ösenProdigios. i 

24 ! 

Koli u. Prodig. j 

auf Agar: 

Koli -f Prod. 4- 


i 


Aus Tabelle I ersehen wir, daß der Antagonismus der beiden 
Keime in Bouillon mit verschiedensten Zusätzen nach 26 Stunden 
eine wirkliche Abtötung der Diphtheriebacillen bewirkt, auch wenn 
die Diphtheriebacillen 24 Stunden vorgewachsen sind. Die übrigen 
untersuchten Bakterien dagegen wurden von Koli nicht abgetötet. 
Schon in den direkten mikroskopischen Ausstrichen des Bodensatzes 
der Zentrifugate fanden sich nach 16 Stunden nur noch wenige 
normal gestaltete Diphtheriekeime; die Mehrzahl der grampositiven 
Stäbchen erschien vielmehr kurz, keulenförmig, z. T. birnenartig 
ausgezogen oder aufgequollen und hatte in der Färbbarkeit nach 
Gram stark gelitten. Bei der Aewaerschen Färbung waren die 
Babes — Emstschen Körperchen oft verschwunden, oft waren sie 
rundlich verdickt und lagen frei im Präparat. In vielen Ausstrichen 
wurden nur noch kokkenartige Gebilde gefunden, so daß die In¬ 
volutionserscheinungen wohl in erster Linie auf eine Schädigung der 
Wachstumsenergie zurückgeführt werden können. Auf Tellurserum 
waren nach 20—24 Stunden nur noch spärliche Kolonien zu finden. 
Nach 26 Stunden blieb der Nährboden sowohl bei überwiegender 
oder gleicher Koli-, als auch bei größerer Diphtherieeinsaat steril. 
Die Abtötung ist also von den gewählten Mengenverhältnissen nickt ab - 


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UNIVERSITY 0F MINNESOTA 



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S van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 

hängig , eine Tatsache, die für die Erklärung des Wesens des Antago¬ 
nismus von Bedeutung sein wird. 

Sie geht aber nicht nur in Bouillon, sondern auch auf festen 
Nährböden vor sich: verschiedene Gemische beider Keime wurden 
auf Serumschrägröhrchen, auf Serum-, Traubenzuckeragar- und 
Ascitesagarplatten gebracht, nach Bebrütung abgeschwemmt und 
davon einige Ösen auf Tellurserumplatten ausgestrichen. 


Tabelle II. 



...... — 


---— 




Abgeschwemmter 

Medium 

Bespatelt mit Aufschwemmung von: 

ImBrut- 

schrank 

Bakterienrasen 
auf Telluserum 




ausgespatelt 


5 Ösen B. coli -f- 1 Öse B. diphth. 

40 Std. 

21 n 

B. diphth. spärl. 

n — 

Serum - 

3 Ösen B. coli 4- 3 Ösen B. diphth. 

21 „ 

r» - - 

röhrchen 

24 n 

r 


1 Öse B. coli 4- f> Ösen B. diphth. 

20 n 

v 1 Kolonie 



21 r 

r» — 

! 

5 Ösen B. coli -|- 1 Öse B. diphth. 

18 Std. 

v — 


20 r 

r — 

Löffler ser um- 

3 Ösen B. coli 4- 3 Ösen B. diphth. 

19 r 

r» 4' 

platten 


21 r 

v. 


1 Öse B. coli r 5 Ösen B. diphth. 

20 * 

r 



21 r 

V) - — 


.“> Ösen B. coli 4- 1 Öse B. diphth. 

20 Std. 

n 2Kolonien 

Trauben - 
zuckeragar- 


21 » 

i — 

3 Ösen B. coli 4- 3 Ösen B. diphth. 

21 n 

24 v 

n — 

platten 


r. — 


1 Öse B. coli 4 - 5 Ösen B. diphth. 

19 » 

n —- 



21 r» 

r — 

“ l 

1 5 Ösen B. coli 4- 1 Öse B. diphth. 

, 20 Std. 

1 

1 n 


1 

1 

22 r 


Ascitesagar - 

3 Ösen B. coli 4- 3 Ösen B. diphth. 

' 20 

7) spärl. 

platten 

21 » 

i 

i 


1 Öse B. coli 4 5 Ösen B. diphth. 

19 n 

n — 



21 r 

i » — 


1 1 Öse B. coli 4- 5 Ösen B. subtil. 

' 26 Std. 

_ 

Koli + Subt. ~ 

Kontrollen : 

1 3 Ösen B. coli 4- 3 Ösen Staph. 

'30 „ 

j Koli 4- Staph. 4- 


5 Ösen B. coli 4- 1 Öse Prodig. 

126 n 

Koli 4- Strept. 4- 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 






Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 9 


Die Objektträgerausstriche der abgeschwemmten Bakterienrasen 
zeigten die gleichen Wuchsformen, wie sie schon in Tabelle I er¬ 
wähnt wurden. Auch die Abtötungsdauer auf den festen Nährböden 
wich nur wenig von derjenigen ab, die wir in den Bouillon versuchen 
fanden; nach 20—21 ständiger Zusammenwirkung waren die Diphtherie¬ 
keime tot. Heubacillen, Staphylokokken und Prodigiosus wurden 
wiederum nicht abgetötet. Das Nährsubstrat an und für sich ist 
demzufolge für die Wechselwirkung der Bakterien ohne besondere 
Bedeutung. Die antagonistische Kraft gegenüber den Diphtherie¬ 
bacillen ist nicht die Funktion eines einzelnen Kolistammes, sondern 
allen untersuchten Rassen eigentümlich, wenn auch in etwas ver¬ 
schiedener Stärke. Dieser Unterschied ist nicht durch den sogenannten 
„antagonistischen Index“, den Nissle aufgestellt hat, bedingt; denn 
wie aus Tabelle 3 hervorgeht, vernichten „Koli stark“ und „schwach“ 
die Diphtheriebacillen in derselben Zeit. 

Tabelle III . 


Stamm 

i 

Bouillon beimpft mit: * 

i 1 

Bodensatz des Zentrifugales 
auf Tellurserum nach Be¬ 
brütung von 

24 Std. 26 Std. 

Koli stark *) 

5 Ösen Koli -f- 1 Öse B. diphth. 

wenige Di-Kol.— 

Di- 

Koli schwach l ) 

5 n -f* 1 » 

77 

r -- 

Kolil 

i 

i 

5 n -1 ri 

Di + 

j- — 

Koli II 

l 

5 -r 1 

Di - 

r - - 

KoliHI 

>aus Faeces i 

5 r> + 1 n 

wenige Di-Kol. 

7? — 

Koli IV 


5 77 T~ 1 

» 

n — 

KoliFr. 

aus der 

5 n * 1 

n 

7 1 - 

Koli B., 

^Mundhöhle j 

| 5 * -I- 1 

Di + 

r ~ 


Der Antagonismus ist weiterhin an die lebenden Kolibacillen ge¬ 
bunden. Sobald sie in Bouillon- oder Agarschüttelkulturen abgetötet 
sind, findet auch nach 36ständiger Bebrütung keine Baktericidie 
statt, wenn Diphtheriekeimc eingeimpft werden. 

Um einen Einblick in das Wesen dieses antagonistischen Ver¬ 
haltens zu gewinnen, versuchte ich zuerst festzustellen, ob es sich 
hierbei um eine Erschöpfung des Nährbodens durch die Koli¬ 
bacillen handelte. Bei der verhältnismäßig schnellen Vernichtung 
der Diphtheriebacillen war es von vornherein unwahrscheinlich, daß 
eine hochgradige Entwertung des Nähr Substrates in Betracht kommen 
konnte. 

Versuchsreihe 2. 

Eine Bouillonkultur Koli (5 Ösen) wurde 16—24 Stunden bei 
37° gehalten, dann durch 2ständiges Erhitzen auf 60° abgetötet 

*) Die Stämme stark und schwach verdanke ich der Liebenswürdigkeit von 
Professor Nißle , Freiburg. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




10 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


Difitized by 


(Sterilitätsprobe) und mit 2 Ösen Bac. diphtheriae beimpft. Ausstrieh- 
präparate, nach 6, 12 und 24 Stunden angefertigt, zeigten das Vor¬ 
handensein reichlicher Diphtheriekeime an, und Serumröhrchen mit 
einigen Ösen dieser Bouillon angelegt, waren gut bewachsen 
(18 Versuche). Die Vermehrung der Mikroben in der sterilisierten 
Kolibouillon blieb nicht hinter der in frischer Bouillon zurück, was 
aus folgender Tabelle ersichtlich ist. Die Zählplatten wurden aus 
gewöhlichem Agar, dem 5°/ 0 frischer mit 10°/ 0 iger Sodalösung neu¬ 
tralisierter Zitronensaft zugesetzt war (Leichtentritt), hergestellt. 
Dieser Nährboden ist zwar ein nicht ganz so günstiges Nährsubstrat 
wie Löfflerserum, bietet dafür aber den Vorteil der Durchsichtigkeit, 
der für die Zählmethode unerlässlich ist. 

Tabelle IV. 

Kolonienzahl 

in gQwöhnlicher Bouillon in abgetöteter Kolibouillon 

sofort 52 110 : *4 85 

nach 24 Std. oo oo oo oo 

Um dem Einwand zu begegnen, durch das Erhitzen der Bouillon 
wären Hemmungsstoffe oder Autotoxine der Bakterien, die das Nähr¬ 
substrat entwertet hätten, abgetötet und es sei so eine Regeneration 
desselben eingetreten, sterilisierte ich die vorgewachsenen Kolibouillon- 
kulturen durch Zusatz von Chloroform, das wieder abgedampft wurde. 
Auch in dieser Versuchsanordnung blieben die Resultate (8 mal) die¬ 
selben, selbst bei Benutzung 4 Tage alter Kolibouillonkultur (4 mal) 
und auch nach Hinzufügen der doppelten Menge frischer Bouillon 
(8 Versuche). 

In weiteren Versuchen wurden Agar-, Traubenzucker- und As¬ 
citesagarschüttelröhrchen angelegt, 16 Stunden bebrütet und dann 
durch Erhitzen (2 Stunden bei 60° C) abgetötet. Von diesem Agar, 
der die toten Kolibacillenleiber enthielt, legte ich Agarplatten an 
und bespatelte sie mit 1 und 2 Ösen Diphtheriebacillen, die auf 
diesen Platten genau so üppig angingen, wie auf nicht erhitzten 
Kontrollplatten von dem betreffenden Nährsubstrat. Es wurden im 
ganzen 15 derartige Versuche gemacht, nur 2 mal war das Wachs¬ 
tum etwas weniger reichlich. 

Ich legte nun 7 Kolispatelplatten auf Ascitesagar an, ließ sie 
24 Stunden wachsen, hob die Agarschicht aus der Petrischale heraus, 
brachte sie mit der Unterseite nach oben in eine neue Petrischale 
und spatelte 1 Öse Diphtheriebacillen auf. Das Wachstum war 
auch auf 48 Stunden alten Koliplatten (7 Versuche) gut, so daß sich 
wiederum keine Erschöpfung des Nährbodens durch die noch lebenden 
Kolibakterien zeigte. Kontrollplatten mit Staphylokokken, Prodi- 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 11 


giosus, Typhus- und Heubacillen hatten dasselbe Ergebnis. Auch 
wenn der Kolirasen einer Spatelplatte sorgfältig mit physiologischer 
Kochsalzlösung abgewaschen war und sich die Platte nach 12 stän¬ 
diger Bebrütung als steril erwies, gelang es, Diphtheriekulturen auf 
ihr anzulegen (5 Versuche). 

Die 5 soeben beschriebenen Experimente wurden nun so variiert, * 
daß sowohl in die Bouillon als auch in die Schüttelplatten und auf 
die Spatelplatten zugleich Koli- und Diphtheriebacillen gebracht wurden, 
um festzustellen, ob beim Vorhandensein beider Konkurrenten eine 
Entwertung des Substrates eintritt. Sie konnte aber auch bei dieser 
Anordnung nicht beobachtet werden (19 Versuche). 

Aus den Versuchen dieser Serie geht zur Genüge hervor, daß 
eine Erschöpfung des Nährbodens durch das Bact. coli und seine 
Stoffwechselprodukte, über die noch zu sprechen sein wird, unter 
den gegebenen Bedingungen keine Rolle bei dem Antagonismus 
gegenüber Diphtheriebacillen spielen kann. Es soll natürlich nicht 
in Abrede gestellt werden, daß eine Verarmung an Nährstoffen ein- 
treten muß, wenn die Bakterien längere Zeit auf den betreffenden 
Nährböden wachsen. Jedoch kommt diese Tatsache bei dem relativ 
schnell wirksamen Gegensatz zwischen den beiden Keimen nicht in 
Frage. 

Versuchsreihe 8. 

Da der Sauerstoffbedarf beider Mikroben kein w f esentlich ver¬ 
schiedener ist, mußte nur untersucht werden, ob bei den Versuchen 
in Reagensgläsern etwa ein gewisser Sauerstoffmangel für die Er¬ 
klärung der Hemmung der Diphtheriebacillen heranzuziehen war. 
Es wurden deshalb alle Reagensglasversuche von Reihe 1, Tabelle I 
in großen Kolben mit 25 ccm Bouillon wiederholt. Dabei stand die 
relativ geringe Flüssigkeitsmenge in nicht sehr hoher Schicht über 
dem Boden und bot so der Luft eine größere Berührungsfläche. 
Der Zutritt der Luft konnte noch durch wiederholtes Schütteln der 


TdbeUe V. 


200 ccm Kolben 
mit 25 ccm 


Bouillon 

(PH = 7,3) 

T raubenzucker- 
bouülon 

(PH - 7,3) 


Beimpft mit 


j 5 Ösen Koli + 5 Ösen Di 

| 5 „ Koli + 2 „ Di 

| 5 „ Koli 4- 1 Öse Di 

2 „ Koli 4- 5 Ösen Di 

5 Ösen Koli 4- 5 Ösen Di 

I 5 n Koli 4“ 2 r> Di 

j,5 „ Koli 4- 1 Öse Di 

|: 2 * Koli 4- 5 Ösen Di 


Nach Bebrütung von 


14h 


24 h 

26 h 

Di + 1 


Di 

Di- 

Di -f 


nur 

Di- 

Di + 


wenige 

Di- 

Di + 


Kolonien 

Di- 

Di -f 1 
Di + 

Di -F ( 

Di 

Di - 
Di- 

spärlich i 

Di 

Di -f j 



Di- 


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12 


van der Reia: Der AntagonimnUH zwischen Koli- und 


Difitized by 


Kolben gesteigert werden. Die Resultate wichen nicht von jenen 
der Reagensglasversuche ab, so daß ein Mangel an Sauerstoff nicht 
in Betracht zu ziehen ist. Es erübrigte sich, Versuche über den 
Einfluß der Temperatur anzustellen, weil das Optimum beider 
Bakterienarten das gleiche ist. 

Die Abtötung der Diphtheriebazillen wurde wie oben durch Aus¬ 
saat auf Tellurserumnährböden festgestellt. 

Versuchsreihe 4. 

Da sowohl Koli- als auch Diphtheriebacillen auf geeigneten Nähr¬ 
böden Säure bilden, war es unwahrscheinlich, daß die Änderung der 
H-Ionenkonzentration die Hemmung verursachte. Die H-Ionenkon- 
zentration gewöhnlicher Nährbouillon (PH = 7,3) beträgt nach 24 stän¬ 
digem Wachstum von Diphtheriebacillen PH = 7,3—7,2, bei Trauben¬ 
zuckerzusatz bis zu PH = 5,0 (s. Tabelle VIH). Bei Kolieinimpfung 
ist zwar die Säurebildung reichlicher — in Bouillon nach 24 Stunden 
PH = 7,5 —7,4, in Traubenzuckerbouillon PH = 4,6. Aber selbst 
in einer Bouillon PH == 4,6 —4,5 trat keine sehr starke Verminderung 
der Wachstumsintensität, geschweige eine Abtötung, ein, wenngleich 
die Grenz- und optimalen Wasserstoffionenkonzentrationen für den 
Diphtheriebacillus 6,0—7,4 —8,3 sind ( Dernby ), und die Toxin¬ 
bildung bei steigendem Säuregrad des Nährbodens geringer wird. 
Auch auf den Eintritt der Hemmung blieb die gesteigerte H-Ionen- 
konzentration ohne Einfluß: 

Bouillon (PH = 7,3) wurde mit 5 Ösen Koli und 2 Ösen Di 
beimpft. Nach 26 Stunden (PH = 6,9 ) waren die Diphtheriebaeillen 
abgetötet (19 Versuche). Dieselben Ergebnisse wurden bei Ver¬ 
wendung von Traubenzuckerbouillon (PH = 4,8, 4,6) und Trauben¬ 
zuckerascitesbouillon (PH = 5,8) (10 Versuche) erzielt. Andererseits 
blieb auch eine Neutralisation des Säuregrades ohne jeden Einfluß 
auf die antagonistische Koliwirkung: Je ein Reagensglas mit Bouillon, 
Traubenzucker- und Traubenzuckerascitesbouillon wurde mit Schlämm¬ 
kreide versetzt (PH = 7,6; 7,6 und 8,4), dann, wie in den oben¬ 
stehenden Versuchen, mit 5 Ösen Koli- und 2 Ösen Diphtherie¬ 
bacillen beschickt. Nach einer Bebrütung von 26 Stunden war die 
H-Ionenkonzentration in den Röhrchen (PH = 7,9, 6,9, 7,3) und die 
Verdrängung der Diphtheriebacillen wiederum eine vollkommene 
(insgesamt 18 Versuche). 

Die Wirkung der Koli- auf die Diphtheriebacillen beruht also eben¬ 
falls nicht auf Reaktionsänderungen des Nährbodens infolge von Lebens¬ 
vorgängen der Mikroben; denn sie geht auch in Nährmedien vor 
sich, deren Wasserstoffionenkonzentration für beide Keimarten un¬ 
günstig ist. 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 13 


Versuchsreihe 5. 

Durch diese Lebensprozesse entstehen aber Stoffwechselprodukte 
verschiedenster Art, die ihrerseits das Unterliegen des einen Keimes 
bewirken können. Im vorliegenden Fall kommen in der Hauptsache 
nur die Stoffwechselprodukte, Enzyme oder Autotoxine des Bact. coli 
als der obsiegenden Art in Betracht. Wenn in der Tat Hemmungs¬ 
stoffe vorhanden sind, welche die Vernichtung der Diphtheriebacillen 
bewirken, mußte versucht werden, sie entweder von den lebenden 
Kolibacillen zu trennen und festzustellen, ob sie filtrierbar, thermo¬ 
labil oder -stabil sind, oder wenn eine Isolierung nicht gelang, ihre 
Wirkung auf andere Weise sichtbar zu machen. Deshalb wurden 
verschieden alte Kolibouillonkulturen durch Berkefeidfilter filtriert 
und die Wirksamkeit des Filtrats geprüft. 10 ccm steriles Filtrat 
von 24stündigen bis 16 Tage alten Kolibouillonkulturen wurden 
mit 1—5 Ösen Diphtheriebacillen beschickt. In 50 Versuchen 
(Tab. VI) stellte ich übereinstimmend fest, daß die Bacillen nicht ab¬ 
getötet waren, selbst wenn sie 48 Stunden im Filtrat verblieben. 
Auch im Filtrat 12 Tage alter Kulturen, das nach Conradi und 
Kurpjuweit „Autotoxine“ enthält, wuchsen sie ungestört. Fügte ich 
aber zu 10 ccm Filtrat der verschieden alten Kolibouillon 5 Ösen 
Koli ’-f- 1 Öse Diphtherie, dann waren letztere nach 26 Stunden 
nicht mehr züchtbar, ebenso bei Einimpfung von gleichen Mengen, 
während zur Kontrolle gleichzeitig mit Koli eingeimpfte Staphylo¬ 
kokken, Typhus-, Heubacillen und Prodigiosus nicht abgetötet 
wurden. Die Abtötungszeit der Diphtheriebacillen im Filtrat ist 
also dieselbe wie in frischer Bouillon, und filtrierbare Hemmungs¬ 
stoffe konnten bei dieser Versuchsanordnung nicht nachgewiesen 
werden. 

Tabelle VI. 


10 ccm Filtrat von 
Kolibouillonkultur 
(5 Ösen) 


Beimpft mit 

Bebrütet 

Wachstum der 
Diphtheriebacillen 
auf Löfflerserum 

24 Stunden alt 

1 Öse Diphtheriebacillen 

6 Std. 

_L 

24 

-T r 

n 

' 3 Ösen 

77 

24 

77 

-f- 

2 Tage 


! 1 Öse 

77 

24 

n 

-t* 

* „ 

r 

i 5 Ösen 


48 

n 

-f- 

4 „ 

r 

i 1 Öse 

r 

(> 

77 


4 * 

n 

; 4 Ösen 

r 

12 

r 

— 

n 

n 

1 Öse 


12 

7 * 

1 

4- 


7 * 

1 5 Ösen 


48 

r 

-i— 

10 r 

r 

i 2 

v 1 

6 

77 

1 " T “ 

10 „ 

n 

, 3 r 

1 

| 

24 

77 

1 

j 

'2 „ 

n 

j 1 Öse 

r ' 

12 

77 


16 r 

77 

| 5 Ösen 

1 

r ' 

24 

77 

- 


Digitized b' 


Google 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 






14 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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Es blieb noch die Möglichkeit, daß das wirksame Agens erst 
entsteht, wenn Koli- und Diphtheriebacillen in Kontakt gewesen 
sind: 5 Ösen Koli und 2 Ösen Diphtheriebacillen wurden in 10 ccm 
Traubenzuckerbouillon eingebracht, 16, 25 und 26 Stunden bei 37° 
belassen und dann durch ein Berkefeldfilter geschickt. In den Fil¬ 
traten fand keine Abtötung von Diphtheriebacillen statt, selbst nicht, 
wenn sie bis zu 48 Stunden in Kontakt blieben. Auch die oben¬ 
genannten Kontrollbakterien wuchsen in diesen Filtraten (zusammen 
22 Versuche). raWfc 


- -- 

— - — 

- 







10 ccm Filtrat von | 




i 


Wachstum der 

Kolibouillonkultur | 

i 


Beimpft mit 

Bebrütet 

Diphtheriebacillen 


(5 Ösen) 

i 1 




auf Tellurserum 

24 Stunden alt 

1 5 Ösen Koli 4- 5 Ösen Di-Bac. 

16 

Std. 

Di spärl. 

24 

n 

n 

5 

ii 

n 1 Öse r 

24 

n 

— 

2 Tage 


i ,r * 

,, 

„ -f- 5 Ösen „ 

26 

71 

: — 

2 

n 

n 

j 71 

n 

4 1 Öse ,, 

24 

ii 

1 — 

4 

ii 

1 

i - 

0 

n 

n -f 5 Ösen „ 

26 

n 

— 

4 

n 

„ 1 

1 5 

ii 

O + 1 °se „ 

26 

71 


8 

n 


1 5 

n 

» -f 5 Ösen 

26 

71 

1 ~ 

8 

n 

” 1 

5 

ii 

» t 1 Öse 

26 

r? 

1 _ 

i 

10 

71 

1 

ii \ 

5 

n 

„ 4- 5 Ösen „ 

24 

ii 

Di spärl. 

10 

V 

1 

n , 

5 

ii 

„4-1 Öse „ 

23 

ri 

Di spärl. 

12 

71 

n 

5 

ii 

„ 4-5 Ösen ., 

1 26 

71 

; — 

12 

n 

n 

5 

n 

„4-1 Öse „ 

26 

71 

— 

Kontrollen: 

i 






i 

24 Stunden alt 

5 

K. 

-f 2 Staphylokokken 

1 24 

Std. 

1 -u 

2 Tage 

n 

15 

K. 

4-10 Typhusbacillen 

| 12 

r> 

i -}■ 

4 

n 

n | 

1 3 

K. 

-f 7 Heubacillen 

48 

71 


8 

» 

n j 

5 

K. 

4- 4 Prodigios. 

12 

71 

1 ^■ L 

10 

ii 

1 

» 1 

4 

K. 

4-10 Staphylokokken 

24 

71 

O- 

12 

n 

! 

” i 

5 

1 

K. -f-10 Heubacillen 

j 48 

11 

! 4- 


Wenn es also nicht gelang, in den Filtraten Hemmungsstoffe 
nachzuweisen, die imstande gewesen wären, die Di-Bacillen zu ver¬ 
nichten, widerspricht diese Tatsache nicht ohne weiteres den An¬ 
gaben von Conradi und Kurpjuweit , die in Bouillon iso- und auch 
heteroantagonistische Hemmungsstoffe des Koli gefunden haben. Sie 
ist aber auch nicht im Sinne von Manteufel , RoUy und Faltin zu 
verwerten, die in Bouillon keine Hemmungsstoffe fanden; denn in 
unseren Versuchen handelt es sich nicht um eine mehr oder minder 
starke Zurückdrängung des einen Keimes, sondern um eine völlige Abtötung. 

Nach der Feststellung der Nichtfiltrierbarkeit der vermuteten 
Hemmungsstoffe wurde versucht, sie im Zentrifugat von Bouillon¬ 
kulturen zu finden, die gleichzeitig oder nacheinander mit Koli- 
und Di-Bacillen beimpft waren (Tab. VIII). Da es auch durch wieder¬ 
holtes Zentrifugieren nicht möglich war, das Zentrifugat völlig steril 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 15 


zu gewinnen, wurde in einer weiteren Serie zu allen Zentrifugaten 
der Versuche Tabelle VIII, a—1 Chloroform zugesetzt und erst 
nach Abdampfen desselben die Einimpfung der Diphtheriebacillen in 
das nunmehr sterile Zentrifugat vorgenommen. Die Resultate blieben 
dieselben wie in vorstehenden Versuchen. Im Zentrifugat der Bouillon- 
kulturen von Koli - und Di-Bacillen und der Doppelreinkulturen beider 
wurden aho die Diphtheriebacillen nicht abgetötet t ungeachtet der Menge 
und der Wachstumsdauer der eingebrachten Mikroben. Auch wenn 
die gegnerischen Arten vorgewachsen waren (e—h) oder bis zu 
26 Stunden in Berührung gewesen (d, e, i, k und 1) und aufeinander 
gewirkt hatten, mißlang der Nachweis im Zentrifugat, trotzdem das¬ 
selbe in den Versuchen, die nicht mit Chloroform angesetzt wurden, 
noch einige lebende Kolikeime enthielt. 

Tabelle VIII. 


1 

Dauer der 
Bebrütung 

H-Ionen- 
konzentra- 
tion der 
bebrüteten 
Bouillon 

Zentrifugat 
beimpft mit 

Ergebnis: 
Di-Bacillen nach 

12 Std. 28 Std. 

a) Bouillon {PH = i 

7,3) beimpft mit: 




10 Std. 

— 

1 öße Di-Bac. | 

-f- 

+ 

3 Ösen Koli 

22 n 

— 

ln n 

— 



24 n 

7,3 

ln n 

-J- 

-r 


10 n 

— 

ln n 


_L 

5 Ösen Koli 

24 n 

7,2 

1 n 

+ 

~r 

1 26 n 7,2 I 

b) Traubenzuckerbouillon (PH = 7,3) 

ln n 

beimpft mit: 




10 Std. 

7,3 

1 Öse Di-Bac. 

-r 

-L 

2 Ösen Koli 

16 n 

_ 

ln n 

-p 

4- 

24 n 

6,0 

ln n 


+ 

ji 26 » 

5,3 

ln n 

- 

- 


20 n 

— 

ln n 

"T 

~r 

10 Ösen Koli 

1 24 n 


ln r 

-f 


c) Traubenz 

1 26 n 4,9 

uckerascitesbouillon (I 

ln n 

>H = 6,5): 


+ 

1 Öse Koli 

! 20 Std. 

_ 

1 Öse Di-Bac. 


; 

' 24 » 

1 

5.» 

ln n 


4- 


16 i, 

— 

1 

1 1 n n 

-f- 

+ 

7 Ösen Koli 

* 20 n 

— 

11 n n 


'f 

j 26 » 

d) Bouillon (PH = 

5,4 1 1 vi 

7,3) beimpft mit: 


4* 

3 Ösen Koli 

20 Std. 

7,1 

1 Öse Di-Bac. 

-T- 

-f 

und 3 Ösen Di-Bac. 

i 26 « 

7,! 

ln n 


T’ 

5 Ösen Koli 

20 n 

7.1 

ln n 

4- 

1 + 

und 2 Ösen Di-Bac. 

1 26 n 

6,9 

ln n 

4- 

, 4- 

Ösen Koli und 6 Ösen Di-Bac. 

26 n 

— 

ln n 

-f 

1 

| ^ 


Digitized b' 


Google 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 





1 ti van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 

Tabelle VIII (Fortsetzung). 


| H-Ionen- j 

| konsentra- 

l Dauer der ti()n der Zentrffugat 

| BebrUt,,n « bebrüteten beim P ft mit 
J Houillon 


Ergebnis: 
Di-Bacillen nach 


12 Std. 28 Std. 


e) 24 std. Kolibouillon (3 Ösen Koli) (PH = 7,S) beimpft mit: 

|! IG Std. — 1 Öse Di-Bac. -f 


3 Ösen Di-Bac. 


20 
| 2G 

IG 

1 20 
26 


7,3 


24std. Kolibouillon 
(5 Ösen Koli und 1 Öse Di-Bac.) 

24 std. Kolibouillon || 

(2 Ösen Koli und 6 Ösen Di-Bac.) ^ 

26 


16 

20 


7,4 


f) 24std. Kolibouillon {7 Ösen) mit Traubenzuckerzusatz (PH = 4.6) beimpft mit: 

I 16 Std. — 1 Öse Di-Bac. -f — 


3 Ösen Di-Bac. 


20 


1 


4- 



26 n 

4.6 

1 n 

n 

1 


16 r 

— 

1 n 

n 

1 

Ösen Di-Bac. 

20 n 

— 

1 n 

n 

' -r ■ 


26 n 

4,6 

1 n 

n 

-f ! 


g) 248td. Diphtherietraubenzuckerbouillonkultur (7 Öse) (PH — 5,0) beimpft mit: 


: io std. 

_ 


1 Öse Di-Bac. 


~L_ 

6 Ösen Koli 20 n 

— 


1 n 



1 26 n 

4,9 


1 n n 

4- 

- 

12 Ösen Koli ^ r 

4,8 


1 n n 

4- 


i 26 n 

4,8 


ln n 

4- 

— 

h) 24std. Diphtherieascitestraubenzuckerbouillon (1 

Öse) (PH = 5,3) beimpft 

mit 

1 10 Std. 

— 


1 Öse Di-Bac. 

~r i 

— 

6 Ösen Koli 20 n 

— 


ln n 

4- 

j- 

1 26 ” 

5,1 


ln n 

4- 

-r 

12 Ösen Koli ^ Std - 

o,2 


ln n 

4- 

— 

l 26 „ 

5,0 


1 n 

4~ 


i) Bouillon mit Kreidezusatz (PH = 

7,6) beimpft mit: 



>1 10 Std. ; 

7,7 


1 Öse Di-Bac.: 

-i. i 


- r )ösen Koli und 2 Ösen Di-Bac. 20 n 



ln n 

.4- 


j| 26 „ | 

< ,9 


ln v ( 

•r i 


k) Traubenzuckerbouillon mit Kreidezusatz (PH = 7,6) beimpft mit: 


oÖsen Koli und 2 Ösen Di-Bac. 

7,1 


1 Öse Di-Bac. 

4- 

4- 

2b n 

6,9 

1 ” ” |; 

4- 

-r 


l) Traubenzuckerascitesbouillon mit Kreidezusatz (PH — 8,4) beimpft mit: 

5ÖBen Koli und 2 Ösen Di-Bac. StA l l’l 1 Öse E>i-Ba.c + | 

.26 * 7,3 1 n n ! -f 


Qrigiraal from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 


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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 17 


Da sich das heteroantagonistisch wirksame Prinzip weder im 
Zentrifugat noch im Filtrat überhaupt hatte bestimmen lassen, blieb 
nur noch übrig, nach einer Adsorptionsfähigkeit desselben in den 
genannten Medien zu fahnden. Ich stellte die Adsorptionsversuche 
nur in Doppelkulturen der Bakterien in Bouillon an: 10 ccm Bouillon, 
Traubenzucker- * und Traubenzuckerascitesbouillon wurden mit Koli- 
oder Diphtheriebakterien (in demselben Verhältnis wie in Tabelle VIII) 
beimpft und mit 5 0/ 0 Tierkohle versetzt. Serie I wurde nach 26 

Tabelle IX. 

Einwirkung*- ; Wachstum nach 24 Stunden 
Medium dauer auf Telluraerum 


Serie. I. 

Bouillon und 5° l0 Tierkohle mit: 


1. 4 Ösen Koli 

— 5 Ösen Di-Bac. 

20 Std. i 

Di 



26 » 

Di- 

2. 4 Ösen Koli 

f- 1 Öse Di-Bac. 

1 * 1 

Di 



2 n 

Di- 

Traubenzuckerbouillon und 4°/ 0 Tier - 



kohle mit: 

1. 4 Ösen Koli 

j 

* 4 Ösen Di-Bac. i 

1 * 

Di- 


i 1 

2 n | 

Di- 

2. 4 Ösen Koli 

r 1 Öse Di-Bac. ^ 

1 r 

Di- 


i 

2 n 

Di - 

Traubenzuckeraszitesbouillon und 4% 



Tierkohle mit: 

1. 5 Ösen Koli 

-f 5 Ösen Di-Bac. j 

1 n 

Di- 



2 v 

Di 

2. 5 Ösen Koli 

• 1 Öse Di-Bac. !, 

1 r 

Di- 



2 n 

Di - 


Serie I /. 

Bouillon und 4°/ 0 Tierkohle mit: ■ 

1. 5 Ösen Koli -f 5 Ösen Di-Bac.! 

2. 5 Ösen Koli 4- 1 Öse Di-Bac. j 

| 

Trauhenzuckerbouillon und 5 °/ 0 Tier¬ 
kohle mit: 

1. 5 Ösen Koli 4- 5 Ösen Di-ßac. j 

2. 4 Ösen Koli -f 1 Öse Di-Bac, j 

ii 

Traubenzuckeraszitesbouillon und 4°/ 0 
Tierkohle mit: I 

1. 5 Ösen Koli -f 5 Ösen Di-Bac. . 

2. 4 Ösen Koli -f 1 Öse Di-Bac. | 
Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 


1 * 

2 * 

1 r 

2 n 

1 ^ Nach der jeweili- 

2 n t gen BebrütungB- 

j I > zeit 10 Minuten im > Di 

2 Schüttei apparat 

geschüttelt 

1 » 

2 r 

1 r 

2 „ 

9 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



18 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


und 28 Stunden auf Tellurserumplafcten ausgestrichen, Serie II vor¬ 
her 10 Minuten geschüttelt, um die Möglichkeit einer Adsorption zu 
erhöhen. Die Diphtheriebacillen wuchsen in keinem Falle. Eine 
Adsorption von Hemmungsstoffen war also nicht eingetreten. 

Dagegen ließ sich bei kurzdauernder Erwärmung von Bouillon 
und — weniger einwandfrei — von Plattenkulturen eine wesentliche 
Beeinflussung des Antagonismus feststellen. Durch 5 Minuten langes 
Erhitzen der Bouillondoppelreinkulturen auf 60° C wurde der hem¬ 
mende Einfluß völlig aufgehoben, so daß die Abtötung auch nach 
folgender 30stündiger Bebrütung (Tab. X) nicht mehr eintrat. Dabei 
blieben aber die Kolibacillen am Leben, wie wir durch einen Aus¬ 
strich Schrägagar und Endo feststellten. (Nach 15 Minuten langem 
Erhitzen waren die Kolikeime abgetötet.) 


Tabelle X. 



' ~. 







! Bodensatz des Zentri- 

Medium 

1 Alter der 
Kultur 

Erwärmung 
mit f>0°C 


Beimpft mit 

fugats auf Tellurser. 

| ausgestrichen nach 


i _ 







2t; Std. 

:;o iStd. 

Kolibouillon 

frisch 

5 Min. 

1 Öse B. diph 

Di-f 

Di — 


4 Tage 

5 

r> 

1 

r> 

n 


Di 

Di ^ 

Traubenzuckerbouillon 

24 Std. 

5 

r 

1 

n 

n 

r 

Di - 

Di — 


4 Tage 

5 

n 

1 

n 

*1 

n 

Di — 

DH 

Kontrollen: 

1 









Kolibouillon 

24 Std. 

nicht erwärmt 1 

w 

r> 

* 

Di- 

Di- 


1 4 Tage 

r 

r» 

1 

n 

* 

n 

I Di- 

Di- 

Traubenzuckerbouillon : 

24 Std. 

n 

r 

1 

r 

r 


Di l 

Di- 

j 

1 4 Tage 

w 


1 

n 

v 

n 

Di 

Di - 


Es muß also angenommen werden, daß das hemmende Prinzip 
durch die Erhitzung auf 60° C vernichtet wurde und es sich um 
einen thermolabilen Hemmungsstoff handelt, der in der Bouillon vor¬ 
handen ist. Auch auf Spatelplatten mit Koli- und Diphtheriebacillen, 
die über dem Wasserbad 5 Minuten auf 60° C gebracht waren, stellte 
sich in 10 Versuchen 7 mal nach 26 Stunden keine Abtötung ein, 
3 mal dagegen wuchsen noch Diphtherieerreger auf Tellurserum, wenn 
auch sehr spärlich. Es handelt sich wahrscheinlich ebenfalls um 
thermolabile Hemmungsstoffe, deren Nachweis im Agar auf diese 
Weise aber nicht sicher gelang, vielleicht weil die schnelle und gleich¬ 
mäßige Erwärmung der Agarschicht technisch auf Schwierigkeiten 
stößt. Ich versuchte deshalb unter anderen Versuchsbedingungen 
weitere Aufschlüsse über den Hemmungsstoff zu gewinnen. Agar-, 
Traubenzucker-, Ascitesagar- und Löfflerserumplatten wurden mit 
Diphtheriebacillen bespatelt und in der I. Serie (38 Platten) sofort 
nach Art der Auxanogrammethode in der Mitte mit einem Tupfen 



_ Original fram __ 

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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung 19 

Kolibacillen von einem Schrägagarröhrchen beschickt. Sobald ein 
sichtbares Wachstum beider Mikroben eingetreten war, zeigte sich 
um den Kolitupfen herum ein runder keimfreier Hof , der makro¬ 
skopisch wie ein ausgestanztes, helles Loch mit scharfem Rand in 
dem matten Diphtherierasen aussah. Die Breite dieser Zone betrug 
nach völliger Ausbildung 4 bis 6 mm. Wenn ein Kolistrich auf der 
Platte angelegt war, folgte der keimfreie Hof, ebenfalls dessen Grenze 
in einem gewissen Abstande. Gelegentlich ließen sich unter dom 
Mikroskop in dem Hof noch vereinzelte kleine Kolonien entdecken, 
die bei Überzüchtung meistens nur kümmerlich anwuchsen. Ein Be¬ 
günstigungswall, wie er bei der oligodynamischen Metallwirkung auf 
Bakterien angegeben wird, war nicht vorhanden. Wohl sind die 
Kolonien an dem äußeren Rand des Hofes häufig größer und dicker, 
stehen aber dafür einzelner als auf der übrigen Platte. Es handelt 
sich hier, wie Cobel und v. d. Reis für andere Verhältnisse gefunden 
und näher besprochen haben, wohl um Wachstumsbeeinflussungen 
durch Nährstoflbegünstigung. Vielfach ist das üppigere Wachstum 
am Rand der bakterienfreien Zone auch nur ein scheinbares und 
wird besonders bei durchsichtigen Nährböden durch den plötzlichen 
Übergang des blanken Hofes in den matten Bakterienrasen vor¬ 
getäuscht. 

In einer 2. Serie (45 Platten) ließ ich die mit B. diphth. be- 
spatelten Platten 6 bis 12 Stunden vorwachsen und brachte erst dann 
die Colitupfen oder -striche auf. Nach 24 bis 36 Stunden bildeto sich 
ein keimfreier Hof in dem Diphtheriebelag’, der kleiner war als auf 
den gleichzeitig beimpften Platten. Ein Begünstigungswall konnte 
nach mehreren Tagen nicht beobachtet werden. Auch hier fanden 
sich in der Abtötungszone einige verkümmerte Kolonien, die nur in 
wenigen Fällen auf Serum wuchsen, gewöhnlich aber abgetötet waren 
und im Präparat Involutionsformen von B. diphth. zeigten. Hier 
waren also schon gewachsene Kolonien nachträglich abgetötet worden. 
Wenn die Platten mehrere Tage weiter bebrütet wurden, wuchsen 
die Bakterien vom äußeren Rande der Hemmungszone dichter an 
den Kolitupfen heran. Auf Kon trollplatten ließen Typhusbacillen, 
Prodigiosus, Staphylokokken die Diphtheriebacillen ungestört wachsen, 
während B. subtilis und mesentericus (Pringsheim) häufig ähnlich 
wirkten wie B. coli. Bei den umgekehrten Kontrollen übte Koli 
keinen Einfluß auf die genannten Keime aus. Auch in Diphtherie¬ 
schüttelplatten (45 Platten) (Agar, Traubenzucker-, Aszites- und Zitronen- 
safttraubenzuckeragar), auf denen gleich nach dem Erstarren Koli- 
striche angebracht waren, trat die Abtötung deutlich hervor. Beson¬ 
ders die durchsichtigen Schüttelplatten aus Zitronensaft! rauben- 
zuckeragar ließen bei makroskopischer Durchsicht erkennen, wie 

2 * 


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20 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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die im Nährboden punktförmig verteilten Kolonien in der Nähe 
des Kolistriches seltener wurden und dann in einiger Entfernung 
ganz, in einigen Platten fast ganz auf hörten. Diese helle Zone hob 
sich von dem getrübten Nährboden deutlich ab und ging durch die 
ganze Tiefe der Platte hindurch. Ein Begünstigungswall trat in 
keinem Falle auf. Unter dem Mikroskop waren in dem Hemmungs¬ 
bezirk — ähnlich wie auf den Spatelplatten — vereinzelte winzige Kolo¬ 
nien sichtbar, vor allem wenn der Kolistrich erst 12 Stunden nach 
dem Gießen der Schüttelkultur angelegt war. Der Hof war unter 
diesen Bedingungen auch schmäler. 

Das Auftreten des keimfreien Feldes kann nur durch die Diffusion 
von Produkten des B. coli in den Agar erklärt werden, die für 
B. diphth. giftig, für Bact. typh., Bac. subtilis, inesentericue, prodi- 
giosus und Staphylokokken dagegen unschädlich sind, wie auf Kon- 
trollplatten festgestellt wurde. Es war somit gelungen , im Agar die 
Wirkung von Hemmungsstoffen sichtbar zu machen. Eine gleichzeitig 
begünstigende Wirkung — etwa bei einer bestimmten Konzentration 
dieser Stoffe — wurde aber nicht beobachtet. 

Die hemmenden Produkte des B. coli üben aber nicht allein ihre 
Wirkung auf die Diphtheriebacillen, sondern auch auf Kolibacillen 
selbst aus, wie aus den folgenden Versuchen hervorgeht. Die Hem¬ 
mungsstoffe sind also zugleich hetero- und isoantagonistisch . 

Kolitupfen erzeugten auf Kolispatelplatten dieselben keimfreien 
Zonen, wie wir es bei Diphthorieplatten beobachteten, selbst wenn 
alle Individuen von ein und derselben Kultur stammen. Ferner ging 
ein Überflächenausstrich von B. coli auf Kolischüttelplatten nicht an. 
während z. B. Staphylokokken, Heubacillen und Prodigiosus auf 
solchen Platten wuchsen. Die Hemmungsstoffe sind aber an das 
Vorhandensein lebender Kolibacillen gebunden. Waren nämlich die 
Bakterien durch Hitze oder Formaldehyd abgetötet, dann traten 
weder auf Koli- und Diphtheriespatelplatten noch in Schüttelplatten 
keimfreie Zonen auf (wie auch in erhitzter Bouillon der Antagonis¬ 
mus nicht zustande kommt): 

Auf Diphtherie- und Kolispatelplatten wurde der Rasen durch 
Tupfen und Striche von abgetöteten Kolibacillen nicht unterbrochen. 

Auf Schüttelplatten mit toten Kolibacillen wuchsen Bac. diphth. 
und coli, die gleich nach dem Erstarren aufgebracht wurden (im 
Gegensatz zu Eisler ), fast so üppig wie auf Kontrollplatten ohne 
tote Keime. 

Hierdurch ist gleichzeitig der Nachweis erbracht, daß kein Nähr¬ 
stoffmangel (Manteufel) vorliegen kann. Es wäre sonst schwer zu 
erklären, daß Typhus-, Heubacillen, Prodigiosus und Staphylo¬ 
kokken, die nicht weniger große Ansprüche an den Nährboden stellen 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 21 


wie B. coli, als Oberflächenausstrich auf lebenden Koli- und Koli- 
diphtherieschüttelplatten wachsen, Diphtherie- und Kolibacillen da¬ 
gegen nicht. Viel zwangloser ergibt sich die Annahme von Hemmunge- 
stoffen — die sich gegen die Kolibacillen selbst, und vor allem 
gegen die Diphtheriebacillen wenden — und zwar von thermolabilen. 
Werden nämlich 24 Stunden gewachsene Kolischüttelplatten kurz 
auf 60° C erhitzt, ohne daß dabei eine Abtötung der Keime erfolgt, 
dann geht nunmehr sowohl der Oberflächenaustrich von Diphtherie¬ 
ais auch von Kolibacillen an, wenngleich in manchen Versuchen 
sichtlich schwächer als auf völlig abgetöteten Schüttelkulturen. 

Das Verhältnis des Hemmungsstoffes zurTemperatur wurde weiterhin 
so untersucht, daß die fertigen Spatel- und Schüttelplatten 5 Minuten 
über einem Wasserbad von 60° C erwärmt wurden. Die beiden 
Deckel der Petrischale waren durch einen passenden Filzring ge¬ 
trennt, durch den ein Thermometer in die Agarschicht führte. 
Wenn das Thermometer 60° anzeigte, wurden die Platten 5 


Tabelle XI a. 


Traubenzuckeragar- 
sch Uttel platten mit: 


Drigalskischale sofort bespatelt mit : ! 


1. Viertel 


•2. V. 3. V. 


4. V. 


V. 2. V. 


Resultate : 
3. V. 


4. V. 


Di — Koli —Prod. f Tv. 


Je 1 Öse: 

20 Ösen B. coli ;j B.diphth. B. coli Prodig. B. typh. 

Je 5 Ösen: 

o Ösen B. coli | B.diphth. B. coli Prodig. Staph. j Di —Koli—Prod. 1 St. 
I Je 7 Ösen: 

1 Öse B. coli j B.diphth. B. coli Prodig. Staph. 


Di—Koli—Sub. -f St. 


Schüttelplattenl i 
12 u. 24 Stunden f j 
vorgewachsen ) j 


dieselben Resultate. 

Tabelle Xlb. 


Schüttelplatten mit: 


' Drigalskischale sofort bespatelt mit je 1 Öse 


Resultate: 


1. Viertel 


2. V. 


3. V. 


4. V. | 1. V. 2. V. 8. V. 


4. V. 


5 Ösen Koli -f 
1 Öse B.diphth. 
1 Öse Koli -f 
5 Ösen B.diphth. 


3 Ösen Koli -f 1 
3 Ösen B.diphth.!' 


B. diphth. B. coli Prod. B. typh. 
B. diphth. B. coli Subt. Staph. 
B. diphth. B. coli B. typh. Prod. 


Di — Koli — Prod. — Ty. 
(schwach) 

Di— Koli - Subt.-rStaph. 

Di — Koli — Ty. -f Prod |- 
(schwach) 


Schüttelplattenj j| 

12u.24Stunden>il dieselben Resultate, 

vorgewachsen ) ij 


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van der Reis: Der Antagonismus /.witschen Koli und 


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Tabelle Xlla. 


Traubenzuckeragar- . 
schüttelplatten so - ‘ 
fort durchErhitzen ! 
(2 h auf SO 0 abge- 1 
tötet) mit : | 

Drigalskischalen sofort bespatelt mit 
je 1 Öse 

1 . Viertel 2. V. 3. V. 1 . V. 

! 

Resultate : 

l.V. 2. V. s.V. 4 . V. 

20 Ösen B. coli 

1 Di 

Koli 

Prod. 

Typh. 

Di j-Koli {-Prod.-f-Typh. - 

• r > ÖBen B. coli 

1 Di 

Koli 

Subt. 

Stapli. 

Di! Koli i-Subt. f Staph.— 

1 Öse B. coli 

, W 

Koli 

Prod. 

Staph. 

Di f-Koli-f Subt. f Typh -- 

o Ösen Koli — 1 

1 





1 Öse B. diphth. 

1 Öse Koli -f- 

; Di 

Koli 

Prod. 

Typh. 

Di KoliProd.4Typh. }- 

5 Ösen B. diphth. i 
3 Ösen Koli f 


Koli 

Suhl. 

Staph. ] 

Dil-Koli+Prod.-j-Staph.-f- 

3 Ösen B. diphth.; 

; üi 

Koli 

Subt. 

Typh. 

Di f- Koli -Subt. -Typh.— 


Hochschicht- ^ 
schüttelröhr- 
chen 12 und 24 
Stunden vor ge¬ 
wachsen, dann 
abgetötet durch 
Erhitzen(2hauf 
60 °C),Schüttel¬ 
platten abgetö¬ 
tet durch Form¬ 
aldehyd 


di esc Iben Resultate. 


Tabelle XI Ib 

---L 


Traubenzuckeragar- 1 
schütte] platten 1 

(6 Minuten auf 60° 
erhitzt) mit: 

Drigalskischalen sofort bespatelt mit ,,, 4 

mit je 1 Ose: Kesultate: 

1. Drittel 2. Dr. 3. Dr. 1. Dr. 2. Dr. 3. Dr. 

20 Ösen B. coli 

5 Ösen B. coli 

1 Öse B. coli j 

B. diphth. B. coli Prod. Di f Koli + Prod. -f 

B. diphth. B. coli Staph. Di -f Koli -f Staph. -f 

B. diphth. B. coli Subt. Di + Koli + Subt. -f 

5 Ösen B. coli -j-| 
1 Öse B. diphth. 

1 Öse B. coli f 

5 Ösen B. diphth. i 
3 Ösen B. coli 4 

3 Ösen B. dipth. j| 

i 

B. diphth. ß. coli Prod. Di — Koli -f- Prod. -f 

B. diphth. B. coli Staph. Di -j- Koli + Staph.+ 

B. diphth. B. coli Subt. Di -j- Koli 4 Subt. 4- 

Bei 24 Stunden^ j 
alten Trauben- ' 
zuckeragar- j 
schütte! platten 
(5 Minuten auf | 
60° erhitzt) j 

1 

1 

dieselben Resultate. 


Gck igle 


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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 23 


Minuten bei der Temperatur belassen und bei 37° weiterbebrütet. 
Von 25 Versuchen zeigten 20 keinen keimfreien Hof. Ebenso 
wie in den Platten versuchen zu Tabelle X konnte auch bei dieser 
Anordnung ein thermolabiler Hemmungsstoff im Agar nicht ab¬ 
solut einwandfrei, wenn auch mit größerer Wahrscheinlichkeit, 
nachgewiesen werden. 

Versuchsreihe 6. 

Es handelte sich nunmehr darum, die Hemmungsstoffe näher zu 
untersuchen und festzustellen, ob sie identisch sind mit den be¬ 
kannten Stoffwechselprodukten des B. coli oder ob Fermente oder 
besondere Gifte in Betracht kommen, welche die bakterizide Wir¬ 
kung auf die Diphtheriekeime ausüben. 

Die Diffusionsfähigkeit der Hemmungsstoffe in Gallerten, die 
sich schon durch das Auftreten des keimfreien Hofes zu er¬ 
kennen gibt, konnte weiterhin durch folgende Versuche sichtbar ge¬ 
macht werden: 

Eine Agarplatte, auf der ein breiter Kolistrich angelegt war, 
wurde mit einer dünnen Scheibe (in einer 2. Petrischale fertiggestellt) 
aus Ascites- oder Zitronensafttraubenzuckeragar bedeckt. Beim Be- 
spateln der Oberfläche mit B. diphth. zeigte sich nach 24—36 
Stunden in dem Diphtherierasen eine freie Stelle, die bei 7 von 10 
Platten eine ziemlich genaue Projektion des Streifens (auf der 
unteren Schicht) darstellte, bei den übrigen 3 weniger regelmäßig 
gestaltet war. (Platten, auf denen die Kolibacillen nach den Seiten 
weitergewuchert oder durchgewachsen waren, konnten nicht benutzt 
werden). Durch eine dickere Schicht (ca. 10—13 mm) war nur bei 
3 von 10 Platten eine Diffusion nachzuweisen, so daß anzunehmen 
ist, daß es sich um verhältnismäßig geringe Mengen handelt oder 
um Stoffe von schwacher Wirksamkeit. Dafür spricht auch die 
Vergrößerung des keimfreien Hofes um 1—2 mm im Durchmesser, 
die erzielt wurde, wenn wir die Kolitupfen auf papierdünnen Diph¬ 
theriespatel- und -schüttelplatten anlegten (20 Platten). 

Die Dialysierbarkeit des hemmenden Agens prüften wir so, daß 
in einer Petrischale eine passend zugeschnittene Scheidewand (Lode) 
aus Dialysiermembran mit Hühnereiweiß äm Boden und am Rand 
angeklebt wurde: Beim, Sterilisieren koaguliert das Eiweiß und 
beide Hälften sind durch eine für Wasser undurchdringliche Wand 
getrennt. Die Schale konnte nun mit Agar gefüllt, zu beiden 
Seiten mit B. diphth. bespatelt oder mit Diphtherieschüttelagar be¬ 
schickt und auf der einen Seite mit Kolistrichen bis an die 
Wand versehen werden. Die entstehenden Hemmungszonen griffen 
bei 15 Versuchen niemals auf die andere Seite über. Eine Dialysier¬ 
barkeit der hemmenden Bakterienprodukte war also nicht festzustellen . 


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24 


van der Rein: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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Der Nachweis der Nicht filtrierbarkeit durch Tonkerzen war 
schon durch den Umstand erbracht, daß im Filtrat der Kolibouillon- 
kulturen keine Abtötung der Diphtheriebacillen stattfindet (Tab. VI). 
Es konnte nun noch der Versuch unternommen werden, die bei den 
Lebensprozessen der Kolibacillen entstehenden Stoffwechselprodukte 
auf ihre Wirksamkeit und etwaige Identität mit den Hemmungs¬ 
stoffen zu’ untersuchen. Produkte wie Phenol und Ammoniak ent¬ 
stehen in solch geringen Mengen, daß sie vernachlässigt werden 
können. Tryptophan tritt bei indolbildenden Kolibacillen — und 
nur mit solchen wurde gearbeitet — nicht auf, dagegen wohl 
Kreatinin. Letzteres entsteht aber nicht, wenn die Indolbildung 
verhindert wird (s.Tab.XIIIc). Schwefelwasserstoff bildet sich erst in 
Kulturen, die mehrere Tage alt sind. Wichtiger dagegen ist die 
Prüfung der hauptsächlichen Lebensprozesse selbst: 

Säurebildung aus Trauben- und Milchzucker. 

Gasbildung aus Traubenzucker, 

Indolbüdung 

Reduktionswirkung auf Farbstoffe, 

Lebensfähigkeit (Untersuchung erübrigte sich, nachdem bereits 
festgestellt ist, daß die Bakteriophagie an die 
lebenden Kolibacillen gebunden ist), 

Fermentwirkung. 

Da die verschiedenen Stoffwechselvorgänge relativ unabhängig 
voneinander verlaufen, konnte versucht werden, durch gewisse Gifte 
die einzelnen Prozesse nacheinander zu unterdrücken, ohne die Lebens¬ 
fähigkeiten des B. coli zu unterbinden. So hemmt Kristallviolett in 
einer Konzentration von 0,01—0,001 °/ 0 die Reduktion in Neutral¬ 
rottraubenzuckerbouillon, während Gas- und Säurebildung nicht leiden 
und das Wachstum erst bei 0,12°/ 0 gehemmt wird (Verzar). Die 
Säure- und Gasbildung kann durch Zusatz von 20—26 °/ 0 gesättigter 
wäßriger Chloroformlösung zu Kolikulturen in Traubenzuckerbouillon 
verhindert werden, ohne die Lebensfähigkeit zu vernichten. Die 
Indolbildung wird dabei nur unbedeutend beeinflußt. Besonders wirk¬ 
sam ist Cyankali , das die Reduktionswirkung bei einer Konzentration 
von 0,001 °/ 0 und die Gasbildung bei 0,005 °/ 0 in Neutralrottrauben¬ 
zuckerbouillon und die Indolbilduwg bei 0,002 °/ 0 in gewöhnlicher 
Bouillon aufhebt. 

Die Wachstumsfähigkeit, die sowohl von der Reduktion, als 
auch von der Gas- und Indolbildung unabhängig ist, leidet erst bei 
einer Konzentration von 0,1 °/ 0 Cyankali. Den verschiedenen Koli¬ 
kulturen, die durch Zusatz von Kristallviolett, Cyankali oder Chloro¬ 
form einzelner biologischer Fähigkeiten beraubt waren, wurden jetzt 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 25 


Diphtheriebacillen zugesetzt. Aus den folgenden Tabellen ist er¬ 
sichtlich, daß sie trotz allem imstande waren, ihre Wirkung auf die 
Diphtheriebacillen so auszuüben, als ob sie nicht geschädigt seien. 
Denn die Abtötungsdauer ist dieselbe geblieben wie bei den nicht- 
geschädigten Kolibacillen. 


Tabelle XIII a. 

Hemmung der Reduktion durch Kristallviolett. 


Medium ! 

Beimpft mit 

| Wachstum 

Wachstum von B. diphth. auf 
Tellurserum nach Stunden 

i 


[ von B. coli 

1 

IG 1 

20 j 24 

26 

i 

Neutralrot- 

3 Ösen B. coli 4 





traubenzucker- ! 
bouillon ! 

4 

3 „ B. diphth. 

4 

i 

4 

2Kolo- 

— 

5 Ösen B. coli 4 

1 Öse B. diphth. 

1 

: + 

1 

8Chw. D,en 
posit. — 

_ 

0,012 °/ 0 Kristall¬ 
violett 

1 Öse B coli + 

5 Ösen B diphth. 

1 + 

1 

4 !. 

SKolo- 

nien 

_ 


Tabelle XHIb. 

Hemmung der Säure- und Gasbildung durch Chloroform. 


Traubenzucker¬ 

3 Ösen B. coli 4 

I 




bouillon 

3 „ B. diphth. 

4- 

4. 1 

1 i 

4 

— 

4 

5 Ösen B. coli 4 

1 

i 

| 



23°/ 0 gesättigte 

1 Öse B. diphth. 

4 

+ 1 



wässerige Chloro¬ 

1 n B. coli 4 

I 

I 


2 Kolo¬ 

formlösung. 

5 Ösen B. diphth. 

i 

i 


nien 


Tabelle XIII c. 




Hemmung der Indolbildung durch Cyankali. 


i 

3 Ösen B. coli -f 

3 - B. diphth. 

1 

4- 1 



i 

Bouillon j 

5 Ösen B. coli 4 

j 


schw. 


0,002 °/ 0 Cyankali l 

i 

1 Öse B. diphth. 

1 „ B. coli 4 

+ i 

1 

+ 

posit. 

■ - , 

1 

1 

5 Ösen B. diphth. 

4 

4 


n . 


TabeUe XIII d. 





Hemmung der Gasbildung durch 

Cyankali. 



j 3 Ösen B. coli 4 


i 


i 

1 l 

Neutralrot¬ 

i 3 „ B. diphth. 

+ 

4 | 

2 ö 

± 

traubenzucker¬ 

bouillon 

4* 1 

0,005 °/ 0 Cyankali j 

, 5 Ösen B. coli 4 

1 Öse B. diphth. 

I 1 „ B. coli 4 

+ ! 

4 

vereinzel 

Kolonie] 

i 

5 Ösen B. diphth. 


4 




Außer den eben besprochenen chemischen Leistungen des Bak¬ 
terienstoffwechsels, die sich auf die eigentümlichen Stoffwechsel¬ 
produkte beschränken, scheiden manche Bakterien noch Fermente 


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2<> van der Reit: Der Antagonismus zwischen Koli- und 

(Ekto- und Endozyme) und Oifte aus. Von Fermenten des Koli ist 
bislang nur ein Labenzym sicher bekannt. Zur Darstellung wurden 
Kolitupfen auf Milch- und Caseinagar (100 ccm 3 °/ 0 Agar mit 1 °/ 0 
Pepton, 1 / a °/o NaCl und 4 °/ 0 Milchzucker, versetzt mit 50 g 
Casein und 15 g Ätzkali, in 1 1 Wasser gelöst, mit HCl neutralisiert 
bis zur schwachen Ausscheidung von Casein) angelegt. (Eijlcman, 
Mac Donnell). Um die Kolonien herum entwickelte sich ein deut¬ 
licher dunkler Hof, in dem das Casein durch das Labenzym ge¬ 
fällt ist. Dieser Hof ist um 1—2 mm größer als die keimfreie 
Zone, welche um einen Kolitupfen entsteht, der sich auf einer Di¬ 
phtheriespatelplatte (mit Milch- oder Caseinagar) nach 24 Stunden 
bildet. In den nächsten 24—36 Stunden schreitet der trübe Ring 
im Nährboden weiter nach außen, während der keimfreie Hof sich 
etwas verkleinert, so daß der Wirksamkeitsbereich des Enzyms nur 
zum Teil keimfrei ist und sich nicht mit der Hemmungszone deckt. 
Beziehung zwischen Hemmungsstoff und Enzym, die auf eine Iden¬ 
tität hätte schließen lassen können, besteht demnach nicht. Die 
Suche nach weiteren ex^raeellulären Produkten mit fermentierender 
Wirkung verlief ergebnislos. Es blieb noch die Möglichkeit, intra¬ 
celluläre Enzyme aufzufinden. (Die Unterscheidung von Ekto- und 
Endoenzymen hat zwar kaum noch wissenschaftlichen Wert, ist aber 
von praktischer Bedeutung, da sie auf ihrer verschiedenen Dar¬ 
stellungsmethode beruht.) Die Trennung der Enzyme von den Bak¬ 
terienleibern wird in erster Linie durch Auspressen mit der hydrau¬ 
lischen Presse besorgt, ein Verfahren, das aber für manche Bak¬ 
terien zu eingreifend ist und sich durch das Acetonverfahren (Albert) 
umgehen läßt, welches für Bakterien besonders modifiziert wurde 
(Hahn und Cathcart , Maassen). Der 48 Stunden auf großen Schalen 
gewachsene Kolirasen wurde nach der Behandlung mit Aceton im 
Vakuum schnell getrocknet, mit sterilem Wasser angefeuchtet und 
im sterilen Achatmörser mit Quarzsand 10 Minuten kräftig zer¬ 
rieben. In den zerriebenen Bakterienmassen konnten durch Aus¬ 
saat auf Agar keine lebenden Keime mehr nachgewiesen werden, 
auch war in Neutralrottraubenzuckerbouillon keine reduzierende Wir¬ 
kung zu verzeichnen. Aufschwemmungen dieser Bakterienreste von 
1:2 Teilen Bouillon und physiologischer NaCl-LÖ3ung wurden in 
wechselnden Mengen zu Bouillonröhrchen gegeben und mit Di¬ 
phtheriebacillen beimpft. Bei keinem Mengenverhältnis töteten die 
zerriebenen Bakterien die Diphtheriekeime ab (s. Tabelle XIV). 

Tupfen von den zerriebenen Kolibacillen brachten auf Di- 
phtheriespatelplattcn auch keinen keimfreien Hof hervor; ebensowenig 
hemmte Zusatz zu Agarschüttelplatten das Wachstum ausgespatelter 
Diphtheriebacillen. Eine enzymatische Wirkung konnte ebenfalls nicht 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 27 


Tabelle XIV. 


Nfihrmedium 

Z «gesetzt 

i_ .... . 1 

Beimpft mit 
Diphtheriebacillen 

Aufstrich auf 

Löfflerserum 


! zerriebene 

i Bakterien 

Jl Öse 

Di - 


! zerriebene 

Bakterien 

130 Ösen 

) 

Di -f- 


i 

zerriebene 

1 Bakterien 

! . i 

11 Öse einer Aufschwemmung 
/von 2 Ösen in 2 ccm NaCl- 
i Lösung 

Di 

! 

Bouillon j 

Aufschwemmung von 
zerriebenen Bakterien j 
in phys. NaCl- j 
Lösung ää 

2 Ösen 

Di r 


| Aufschw. 1:2 | 

1 Öse | 

Di -f 

Bouillon | 

' :J 

i i 

1 i 

Aufschw. 1 : 2 

I 1 

l Öse einer Aufschwemmung 
von 1 Öse in 2 ccm NaCl- j 
Lösung 

Di -f 


gefunden werden, wenn die Kolibacillen durch Hitze oder Chloro¬ 
formzusatz abgetötet und dann zerrieben waren. 

Bei den gewöhnlichen Stoffwechselvorgängen entstehen häufig 
als Haupt- oder Nebenprodukte außer den Stoffwechselgiften , deren 
chemische Natur bekannt ist — Säuren, Ammoniak, organische 
Basen, aromatische Produkte — spezifische Gifte, die Eigengifte. 
Die Gifte des Kolibacillus sind bisher nur wenig studiert worden. 
Wir kennen das sogenannte Cellische Gift und die Gifte von Carega , 
Vanghan und Wheeler , beides Leibesgifte. Sekretgifte sind noch 
nicht gefunden worden. Die Ergebnisse sind aber sehr vorsichtig 
aufzunehmen, weil sich bei gleicher Behandlungsmethode auch aus 
Eiweiß ein alkohollösliches Gift mit denselben Eigenschaften wie das 
Koligift herstellen läßt. Nach dem Vorgehen von Celli wurde ver¬ 
sucht, das Gift durch Fällung mit 2 Teilen Alkohol aus dem Filtrat 
einer 3 tägigen Kolibouillonkultur zu gewinnen. Bei Zusatz von 
Diphtheriebacillen fand sich zwar ein etwas weniger günstiges 
Wachstum als in Kontrollbouillon, das aber schon durch das 
weniger vorteilhafte Medium erklärt werden kann. Selbst nach 
72 8tündiger Bebrütung konnte keine abtötende Wirkung beobachtet 
werden. 

Wie aus den Tabellen XV und XVI ersichtlich ist, wirken 
auch tote Kolibacillen, die 2 Stunden bei 60° ausgezogen wurden, 
nicht giftig und sondern ebenfalls keine Gifte ab, die imstande 
sind, die Diphtheriebacillen abzutöten. 


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28 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 
TabeUe XV. 


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Wachstum auf 

Medium I Versetzt mit Löfflerserum nach 

24 Stunden 


Diphtheriebouillonkultur 
Filtrat von 3 tägiger Kolibouillonkultur 
mit 2 Ösen Di 

Filtrat von 3 tägiger Bouillonkultur mit 
5 Ösen Koli -f 1 Öse Di 

Filtrat von 10 tägiger Kolibouillonkultur 
+ Di 1 Std. bei 37° 


abgetöteter Koli¬ 
bouillonkultur 

(2 h bei 60 ü C) 


Di 

Di - 
Di 

Di - 


Tabelle XVI. 


Wachstum auf 

Medium i Beimpft mit Löfflerserum nach 

1 24 Stunden 


Zentrifugal von 24 std. Kolibouillon | 
(2 h bei 60° abgetötet) I 

Zentrifugal von 3 Tage alter Koli¬ 
bouillon (2 h bei 60°) 

Zentrifugal von Bouillon beimpft mit 
5 Ösen Koli -f 1 Öse Di, nach 26 Std. 
abgetötet. 


Öse Diphtherie¬ 
bacillen 


Di - 
Di 

Di 


Der Nachweis von thermolabilen Hemmungsstoffen in Bouillon 
und — in der Mehrzahl der Fälle — im Agar spricht an sich schon 
gegen Mitbeteiligung von Ubervmcherungsvorgängen bei dem Abtöten 
der Diphtheriekeime. Ganz besonders beweisend dürfte das Auf¬ 
treten des keimfreien Hofes auf Spatelplatten und einer relativ 
keimfreien Zone in Kolischüttelplatten sein, die beide nicht durch 
Verdrängung der Diphtheriebacillen durch Keime mit größerer Wachs¬ 
tumsintensität entstehen können, wie es Langer für die Verdrängung 
von Typhusbacillen durch Koli annimmt. Denn der Kolitupfen 
wuchert nicht weiter, sondern bleibt scharf umgrenzt und übt auf 
die unterliegende Art, selbst auf vorgewachsene Kolonien, gleichsam 
nur eine Fernwirkung aus. In demselben Sinne sind auch die 
folgenden Versuchsergebnisse zu verwerten: Auf einer Platte, die 
mit einem stark antagonistischen Kolistamm von Nißle bespatelt 
war, wurde ein Strich mit schwach antagonistischem Koli (Nißle) 
angelegt. Auch hier trat der Abtötungskreis ebenso deutlich zutage, 
wie bei umgekehrter Versuchsanordnung. Auf ein und derselben 
Traubenzuckerplatte brachte ich schließlich 2 Kolitupfen in die Tiefe 
von 2 mit dem Korkbohrer ausgestanzten Löchern und einen 3. auf 
die Oberfläche, nachdem die ganze Platte mit B. diphth. bespatelt 
war. Der erste Tupfen berührte die Ränder des Loches nicht, der 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 29 


zweite dagegen bedeckte die ganze Sohle. In allen drei Fällen trat eine 
Abtötung8zoneumdieKolibacillenherum auf, trotzdem die beiden Tupfen 
in der Tiefe mit den Diphtheriebacillen überhaupt nicht in Be¬ 
rührung gewesen waren, der keimfreie Hof hier also nur durch die Dif¬ 
fusion eines Stoffes oder aber durch ein Ansichreißen von Nährstoffen 
durch die Kolibacillen entstehen konnte. Um die letzte Möglichkeit zu 
untersuchen, wurde eine Platte mit Hemmungszone 2 Tage aufbewahrt 
und dann der keimfreie Hof mit B. diphth. beimpft. Nunmehr wuchsen 
die Keime an. Dasselbe Ergebnis stellte sich ein, wenn die bewachsenen 
Platten wiederholt sorgfältig mit physiologischer NaCl-Lösung ab¬ 
gespült und von neuem mit Diphtheriebacillen bespatelt wurden. 

Die Erschöpfungshypothese, die eine Entwertung des Nährbodens 
annimmt, ist nach unseren Versuchen ebenso abzulehnen wie die Be¬ 
deutung von Uberwucherungsvorgängen infolge größerer Wachstums¬ 
intensität der Kolibacillen und von ReaktionsVeränderungen des Nähr¬ 
substrates. Es ist dagegen gelungen, in Bouillon den Nachweis thermo¬ 
labiler Hemmungs8toffe zu erbringen. Auch im Agar wurde die Wirkung 
von Hemmungsstoffen sichtbar gemacht; ihr Verhalten gegenüber 
Erhitzen konnte aber nicht einwandfrei bestimmt werden. Die 
Hemmungsstoffe sind in Gallerten diffusibel, aber nicht dialysierbar 
und durch Tonkerzen nicht filtrierbar. [Inwieweit Diffusionsvermögen 
und Nichtfiltrierbarkeit physikalisch miteinander in Einklang zu 
bringen sind, soll dahingestellt bleiben. Ein Beispiel hierfür ist 
das Casein, das in geringem Grade in Gelatine- und Agargallerte 
hinein zu diffundieren vermag ( Eijkman ), aber Tonkerzen ebenfalls 
nicht passiert. In unserm Falle ist es noch denkbar, daß zwar der 
größte Teil der gelösten Stoffe zurückgehalten wird und nur ein 
geringerer das Filter durchwandert, jedoch nicht mehr genügend 
wirksam ist, um eingeimpfte Diphtheriebacillen zu schädigen. Der 
Beweis hierfür konnte durch entsprechende Versuche nicht erbracht 
werden.] Da die Abtötungsdauer unabhängig ist von den Mengen¬ 
verhältnissen der beiden Keimarten und fast genau dieselbe bleibt, 
wenn B. f coli durch Zusatz von Kristallviolett, Chloroform und 
Cyankali seiner hervorstechendsten chemischen Leistungen beraubt 
ist, darf wohl angenommen werden, daß die Produktion des Stoffes 
von diesen Lebensprozessen unabhängig ist und es sich um ein gegen 
arteigene und ganz besonders gegen Diphtheriekeime giftiges Agens 
handelt. Eine enzymartig wirkende Substanz ist abzulehnen, da 
die in Frage stehende Wirkung bei Zusatz sicher pilztötender — 
aber Fermente nicht vernichtender — Mittel (Chloroform) verschwindet 
und dem pulverförmigen Fermentpräparat nicht zukommt. Es handelt 
sich mit größerer Wahrscheinlichkeit um ein thermolabiles, flüchtiges 
Gift, das nicht dialysierbar und durch Tonkerzen nicht filtrierbar ist. 


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30 


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van der Rein: Der AntagoninmuK zwischen Koli- und 

2. Teil. 

Es lag nun der Gedanke nahe, diesen Antagonismus bei der Be¬ 
kämpfung der Diphtheriebacillen praktisch zu verwerten. Vorbe¬ 
dingung hierzu war, daß es erstens gelingt, den Kolibacillus auf 
den in Frage kommenden Körpergeweben zur Ansiedlung zu bringen 
und daß zweitens der Antagonismus auch im menschlichen und tierischen 
Körper zur Geltung kommt. Im Tierexperiment stellte ich zuerst 
fest, daß Koli sowohl auf der Conjunctiva bulbi von Katzen und 
Meerschweinchen, als auf der skarifizierten Haut letzterer für mehrere 
Tage anzusiedeln war. also an Stellen, auf denen auch der Diph¬ 
theriekeim gedeiht. — 

Katze I brachte ich virulente Diphtheriebacillen in den Con- 
junctivalsack des linken Auges, das rechte wurde mit 3 Ösen einer 
Aufschwemmung von 5 Ösen Koli und 1 Öse B. diphth. infiziert. 
Nach 2 Tagen wurden aus dem stark sezernierenden und verklebten 
linken Conjunctivalsacke Diphtheriebacillen gezüchtet. Die Lider 
des rechten Auges waren nicht verklebt, es bestand nur geringe 
Sekretion. Auf Löfflerserum wuchsen keine Diphtherie-, dagegen auf 
Endo Kolibacillen. 

Bei Meerschweinchen VI und VII verlief der Versuch in der¬ 
selben Weise, dagegen schlug es fehl, Diphtherie künstlich auf der 
skarifizierten Zunge und auf den Tonsillen anzulegen. 

Meerschweinchen VIII, IX und X wurden auf dem Rücken rasiert. 
Am folgenden Tag legte ich 3 skarifizierte Stellen an, infizierte die 
erste mit Diphtheriebacillen, die zweite mit Kolibacillen und die 
dritte mit Koli- - 4 - Diphtheriebacillen von frischen 24 ständigen Agar- 
bzw. Serumröhrchen, und zwar bei Meerschweinchen VIII Koli und 
B. diphth. üä, bei IX Koli > Di, bei X Koli 24 Stunden später als Di. 
Nach 24 Stunden war jedesmal die erste Stelle stark gerötet und 
infiltriert, die 2. und auch die 3. blieben reaktionslos, so daß anzunehmen 
ist, daß die antagonistische Kraft des Koli sich auch im Tierkörper 
entfalten kann. Kulturell wuchsen von den ersten beiden Wunden 
Diphtherie- und Kolikeime, von der 3. aber nur Kolibacillen. Bei 
Tier IX war auch die 3. Stelle etwas gerötet und fühlte sich hart 
an, blieb jedoch in Stärke der Reaktion hinter 1 und 2 deutlich 
zurück. Bei der Züchtung wuchsen nach 3 Tagen Diphtheriekolonien, 
nach 4 Tagen keine mehr, nachdem noch 1 Öse Koli aufgebracht 
worden war. An demselben Tage wuchsen aber von der 1. Stelle 
noch Diphtheriekeime. Bei subcutaner Impfung gelangen diese 
Versuche nicht, weil die Tiere ad exitum kamen. Dagegen konnten 
Meerschweinchen II, III, V am Leben erhalten bleiben, wenn ihnen 
Diphtherie- und Kolibacillen (Koli > Di) subcutan injiziert wurden, 
während Tier I und IV binnen 48 Stunden nach Injektion von 


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Diphfcheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 31 


B. diphth. starben. Bei der Sektion fanden sieh die typischen 
Veränderungen: ödem an der Injektionsstelle, Pleuraexsudat, Ver¬ 
größerung und Rötung der Nebennieren. Tier II, III, V zeigten 
zwar auffallende Unruhe, geringe Temperatursteigerungen, an der 
Injektionsstelle Rötung und geringe Infiltration, Schwellung der 
regionären Drüsen, erholten sich aber binnen wenigen Tagen voll¬ 
kommen. 

Die Ansiedlungsfähigkeit der Kolibacillen und ihre antagonistische 
Kraft hatten sich somit auch bei den untersuchten Tieren bewährt. 
Beim Menschen mußten die Versuche derart angestellt werden, daß 
zuerst untersucht wurde, ob Koli in der Mundhöhle seßhaft zu 
machen ist. Einer Beurteilung seiner antagonistischen Kraft stellten 
sich jedoch Schwierigkeiten entgegen, weil sich ein experimentelles 
Arbeiten mit dem pathogenen Diphtheriebacillus verbietet. Hier konnte 
nur eine längere Beobachtungsreihe an Diphtheriekranken Aufschluß 
geben. 

Weil die keimtötende Kraft nur von den lebenden Kolibacillen 
ausgeht, ist es Grundbedingung für eine therapeutische Verwendbarkeit, 
daß die Ansiedlung von gewisser Dauer ist, damit die antagonistischen 
Hemmungsstoffe genügend lange auf die Diphtheriekeime wirken 
können. Ferner muß verlangt werden, daß die Kolibacillen in der 
Mundhöhle keine schädlichen Einflüsse entfalten. Normalerweise 
sind Mund- und Rachenhöhle frei von Kolikeimen und ihnen nahe 
verwandten gramnegativen Stäbchen. Die gesunde Schleimhaut der 
Mundhöhle und des Nasenrachenraumes weist ebenso wie der Inte¬ 
stinal traktus und die Vagina eine Bakterien Vegetation auf, die ihrem 
Standort angepaßt ist und deren Formenkreis nahezu konstant ist 
{Müler, Monti , Bloomfield). Durch die Verbindung mit der Außen¬ 
welt und besonders durch die zugeführten Speisen werden zwar 
dauernd die verschiedenartigsten Keime eingeschleppt; sie vermögen 
aber nicht auf ihr bodenständig zu werden und zu wuchern. Pa¬ 
thogene Keime wie Spirillen,. Diphtherie-, Tuberkalbacillen und 
Aktinomykosepilze können nur unter besonderen Bedingungen, die 
sich unserer Kenntnis noch entziehen, zur Ansiedlung gelangen und 
infektiös werden. Wie an anderer Stelle {van der Beis) aus- 
geführt ist, kann die Konstanz der Bakterienflora in der Mund¬ 
höhle nach Untersuchungen mit Typhus-, Ruhr-, Koli-, Heubacillen, 
Staphylokokken, Streptokokken und Prodigiosus nicht auf die bak¬ 
terizide Wirkung des Speichels zurückgeführt werden. Auch in dem 
steten Erneuern des Speichels kann nicht der Grund zum Persistieren 
bestimmter Keimarten gesehen werden, weil nicht anzunehmen ist, 
daß sich eine solche mechanische Spülwirkung nur gegen die mund¬ 
fremden Bakterien wendet, die „mundeigenen“ aber ausnimmt. 


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o2 van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 

Vielmehr dürfte die spezifische Reaktion der Schleimhäute einer von 
vielen Faktoren sein, die eine Selbstreinigung von nicht angepaßten 
Mikroorganismen bewirken. Es kann also nur gelingen, solche Keime 
künstlich zur Ansiedlung zu bringen, die in ihren Lebensgewohnheiten 
den Schleimhäuten möglichst angepaßt sind. Bislang sind alie der¬ 
artigen Versuche fehlgeschlagen. Wohl gelang es, Prodigiosus 
12 Stunden bis zu 2 Tagen ( Hallwachs , Friedberger , Weichardt und 
Pape ) in der Mundhöhle zu halten und Staphylococcus pyogenes 
aureus, B. bulgaricus und andere Milchsäurestäbchen einige Stunden 
[Schiötz, Page, Alden , Lorenz und Mazyck, Womer ), aber eine wirk¬ 
liche Ansiedlung und Vermehrung der Bakterien konnte nickt erreicht 
werden. Zudem wurde weder in vitro, noch im Tierversuch eine 
antagonistische Wirkung dieser Keime gegenüber Diphtheriebacillen 
{de Witt, Macdonald ) festgesfcellt, so daß damit die Möglichkeit 
einer therapeutischen Beeinflussung entfällt. Es ist auch versucht 
worden', durch vorhergehende Bestrahlung der Mundhöhle mit ultra¬ 
violettem Licht die Schleimhaut zu reizen, eine veränderte Gewebs- 
tätigkeit hervorzurufen ( RoUy ) und dann die Ansiedlung von anta¬ 
gonistischen Keimen zu ermöglichen, ohne aber zum Ziel zu gelangen. 

Ich stellte die Versuche zuerst mit darmeigenen Kolistämmen 
an und zwar mit Bacillen von verschiedenem antagonistischem In¬ 
dex: 24 stündige Schrägagarkulturen wurden in Bouillon aufgeschwemmt 
— 60 Ösen in 10 ccm — und dann mit einem Stieltupfer oder 
vermittels Zerstäubers in die Mundhöhle, vor allem auf die Ton¬ 
sillen und in die Nase gebracht. Die Keime blieben noch nach 
mehreren Tagen nachweisbar, trotzdem die Versuchspersonen täglich 
mit Kaliumpermanganat oder Wasserstoffsuperoxyd gurgelten. Da 
auch nach dem Genuß von festen Speisen und Getränken die Keime 
keineswegs in den Magen gespült waren, wie es bei Prodigiosus 
(van der Reis) der Fall ist und ähnlich von Hallwachs und Rose mit 
Hilfe von Zählplatten nachgewiesen werden konnte, muß man annehmen, 
daß Koli nicht oberflächlich auf der. Mundschleimhaut liegen blieb, 
sondern gleich den mundeigenen Bakterien wirklich zum An¬ 
wachsen gelangte. Da die Diphtheriebacillen sich vorzugsweise auf 
den Tonsillen auf halten, war es von besonderer Bedeutung festzu¬ 
stellen, ob sich Koli dort auch ansiedelt und vielleicht in die 
Krypten wuchert. Die Gewinnung von Krypteninhalt gelingt leicht 
mit einer Platinöse oder durch Ansaugen vermittels einer feinen 
Glascapillare. Bei Kontrolluntersuchungen an Gesunden und 
Patienten mit Angina, Scharlach, Masern, Diphtherie, Angina Plaut- 
Vincenti (55 Fälle) wurden niemals Koli- oder koliähnliche Stäbchen 
gefunden; auch in der Literatur wird nichts Derartiges berichtet 
(Sanarelli, Ooodale, Grober (dort Lit.), Davis , E. Meyer, B. Framkel , 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 33 

Plvder und Fischer , Levinstein , Renn). Nur ©in rumänischer Autor 
hat einmal Kolibacillen als Erreger einer Belagangina angesprochen 
(Manicatide). Dagegen gelang es, tagelang nach Abschluß der 
Pinselungen mit Kolibouillonaufschwemmungen aus der Tiefe der 
Lakunen Kolibazillen zu züchten, auch wenn eventuell oberflächlich 
liegende Stäbchen durch energische Gurgelungen und mit Kochsalz¬ 
lösung nach Möglichkeit abgesprüht oder durch Bestrahlung mit der 
Höhensonne (Friedberger) ab getötet waren. Bei Personen, denen 
3 Tage Koli eingesprayt war und die gleichzeitig von uns herge¬ 
stellte Koliagarscheibchen (Kolischüttellagar wurde in Hochschicht 
zum Erstarren gebracht und in Scheibchen geschnitten) genommen 
hatten, konnten in 

3 Fällen nach 6 — 7 Tagen, 

4 ii ii 10 ii 

8 » tf 20—35 » 

25 n n 35—52 „ 

20 n n 52—54 v 

6 ii ii 100 ii 

Kolibacillen aus den Lakunen gezüchtet werden. Sie wiesen dieselben 
kulturellen und biologischen Merkmale auf wie der betreffende 
Ausgangsstamm. Somit war nachgewiesen, daß der seßhaft ge¬ 
machte Koli die Diphtheriebacillen in der Tat bis in die Tonsillar- 
krypten verfolgen kann. Um festzustellen, wie tief die Keime ein- 
dringen, wurden die Tonsillen eines 3 Tage lang mit Koli ge¬ 
pinselten Patienten 10 Tage nach Aussetzen der Pinselung histologisch 
untersucht. Die Schnitte, die Herr Dr. Herzog liebenswürdiger¬ 
weise anfertigte, wurden senkrecht zur Oberfläche angelegt. Bei 
Gramfärbung der Präparate fanden sich kurze gramnegative Stäbchen 
nicht nur in den Hauptgängen der Krypten, sondern vielfach in 
Häufchen auch in ganz engen Seitenkanälen und Buchten. Abb. 1*) 
zeigt den kleinen Seitenast am Ende einer Fossula (durch einen 
Kreis umrandet), aus dem ein Ausschnitt in Abb. 2 stark vergrössert 
dargestellt ist. Neben Häufchen von Kokken finden sich hier zahl¬ 
reiche gramnegative koliähnliche Stäbchen. In den Schnitten von 
2 normalen Tonsillen fanden sich keine ähnlichen Stäbchen. Die 
Kolibakterien waren bei dem untersuchten Fall bis in die feinsten 
Verzweigungen der Lakunen hineingewuchert, so daß auf diese Weise 
die Möglichkeit einer langdauernden Ansiedlung dieses Mikroorganismus 
erklärlich ist. Die folgende Tabelle ergibt eine Übersicht über die 
Dauer des Kolinachweises bei insgesamt 99 Fällen. 

*) Die Abbildungen wurden aus technischen Gründen fortgelassen. 

Z f. d. g exp. Med. XXX. 3 


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34 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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Tabelle XVII . 

Dauer der Pinselung: 3 Tage. 

Zahl der Fälle: 

Dauer des Nachweises 

3 

6 — 8 Tage 

4 

12 n 

20 

20—38 » 

35 

38—52 r 

17 

52—67 n 

11 

73—85 r 

6 

100 

3 

120—130 n 


Die Ansiedlungsdauer in der Mundhöhle und in der Nase war 
unabhängig davon, ob darmeigene oder darmfremde Stämme, gleich¬ 
gültig mit welchem antagonistischen Index, benutzt wurden;bemerkens¬ 
wert ist der Umstand, daß der Krypteninhalt der ersten 3 Personen, 
bei denen Koli nur 6—7 Tage haften blieb, eine üppige Strepto¬ 
kokkenvegetation zeigte. Es hatte den Anschein, als ob sio das 
Wachstum des Koli hemmten. In der Folge wurden bei solchen 
Fällen nur noch darmeigene Stämme oder solche Bacillen eingesprayt, 
die Subkulturen von früher in der Mundhöhle angesiedelten Rassen 
waren. Besonders letztere überwanden die ungünstigen Verhältnisse 
verhältnismäßig am schnellsten. Im bakteri oskopischen Bild konnte 
verfolgt werden, wie die Kolistäbchen allmählich die Oberhand ge¬ 
wannen. Bei 4 derartigen Personen gelang es, allerdings nach 
8tägigem Pinseln, zweimal eine Besiedlungsdauer von 37 Tagen, 
einmal von 50 und einmal von 80 Tagen zu erzielen. 

Eine nachteilige Wirkung konnte in keinem Falle festgestellt 
werden; nur die Wasserstoffionenkonzentration verschob sich von 
PH = 7,4 im Durchschnitt zu PH = 7,1—7,0, aber ohne subjektive 
oder objektive Störung. Die angesiedelten Kolibacillen verschwanden 
bei den Versuchspersonen wieder von selbst aus der Mundhöhle. 
Gegenüber der üblichen harmlosen Mundflora übten sie einen stark 
verdrängenden Einfluß aus, der vielfach derart war, daß aus den 
Buchten der Schleimhaut, den Lücken zwischen den Zähnen und aus 
den Tonsillen nur ganz spärlich andersartige Keime gezüchtet werden 
konnten, während diese sonst sehr zahlreich und mannigartig waren. 

Die Ansiedlung gelang aber nicht nur bei gesunden Personen, 
sondern auch bei Diphtheriekranken. Der Gedanke, diese patho¬ 
genen Bakterien von den Schleimhäuten und selbst aus der Tiefe 
der Tonsillenkrypten zu vertreiben, war jetzt nicht mehr so fern¬ 
liegend, nachdem sich herausgestellt hatte, daß Koli dort zum 
Wachsen gebracht werden konnte. Es ergab sich somit die Mög¬ 
lichkeit , diese Verdrängungstherapie 

1. im akuten Stadium der Diphtherie und 

2. bei Diphtheriebacillenträgern zu versuchen. 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 35 

Ich behandelte bislang 33 Diphtheriepatienten mit dem Koli- 
spray, war mir aber von vornherein klar darüber, daß diese Methode 
günstigenfalls nur die Serumtherapie insoweit unterstützen kann, 
daß sie die Erreger auf den Tonsillen schädigt und vielleicht 
schneller als sonst zum Verschwinden bringt. Die Behandlung der 
Keimträger bietet günstigere Aussichten, weil es bei ihnen nur 
darauf ankommt, die Bakterien, die zwar für das betreffende In¬ 
dividuum, nicht aber auch für die Umgebung ungefährlich geworden 
sind, von ihren Nistplätzen zu vertreiben. 

Bei 2 Diphtheriekranken traten im Verlauf der Kolianwendung 
neue Beläge auf den Mandeln auf, nachdem die alten 1—2 Tage 
verschwunden waren. Die Beläge enthielten in der Hauptsache 
Staphylokokken und Koli; Diphtheriebacillen wurden nicht mehr 
nachgewiesen. Sie verschwanden wieder nach 2 Tagen. 

Die Beurteilung des Erfolges bei dem beschränkten Material 
ist eine schwierige, weil die Therapie mit der Serumanwendung 
kombiniert sein mußte, und zudem in den einzelnen Epidemien 
und bei den verschiedenen Kranken die Zeit, binnen der die Ba¬ 
cillen verschwinden, ganz außerordentlich schwankt. Es war des¬ 
halb zuerst an einem größeren Material festzustellen, wann im 
Durchschnitt die Patienten bacillenfrei sind. Ich untersuchte darauf¬ 
hin das Material unserer Klinik aus den Jahren 1912—1915 und 
fand, daß bei der üblichen Serumtherapie und bei Gurgelungen mit 
antiseptischen Flüssigkeiten von 63 Patienten 

nach 2 Wochen 19°/ 0 , 

« 3 - 46 °/ 0 , 

» 4 » 90 °/ 0 , 

■i b n 96,5°/ 0 

keimfrei waren, und zwar vom 1. Krankheitstage an gerechnet. 
3,5% wurden als Keimträger entlassen. Der Vergleich dieser 
Statistik mit anderen ist leider nur beschränkt möglich, weil der 
Beginn des bacillenfreien Stadiums von den Autoren teils auf 
den ersten K. T. berechnet wird, teils auf die Abstoßung der 
Membranen oder den Eintritt der Entfieberung. Mit unseren 

Zahlen lassen sich die Angaben von Tjaden, Neisser und Büsing 
vergleichen: 

Tabelle XVIII . 



1 — . .— 

--_ 

Antor: 

|| Bacillenfrei nach Wochen: 

;L 213 ! 4 J_ _ 5 ! 

17 


Tjadon (1833 Pat.) , 67°/ 0 75°/ 0 ' 83,6% 1 89,1%! 100% 

Neisser (500 Pat.) r 22,7% 51,5% 82,5% 196,2% — 

Büsing (2063 Pat.) ^ 55% 70% 82,5%! 90% 100% 


3* 


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36 van der Rei«: Der Antagonismus zwischen Koli- und 

Die Greifswalder Zahlen sind nach den Zusammenstellungen bis 
zur 3. Woche ungünstiger, werden aber von der 4. Woche ab den 
angeführten Zahlen gegenüber etwas günstiger. 

Um eine möglichst einwandfreie Zusammenstellung zu erhalten, 
behandelten wir nur jeden 2. Patienten, der in die Klinik einge¬ 
liefert wurde, mit Kolibacillen, während die übrigen mit H 3 0. 2 
gurgelten. So fanden wir bei 33 Patienten, denen z. T. sogleich 
nach der Aufnahme, z. T. 1—2 Tage nach Abstoßung der Mem¬ 
branen während 5—7 Tagen Kolibacillen als Spray und in Agar¬ 
scheibchen verteilt eingebracht waren 

nach 3 Wochen 91,3°/ 0 , 

» 5 » 100°/ o 

bazillenfrei. Die Resultate bei 20 N ichtgepinselten gestalten sich 
f olgendermassen : 

nach 3 Wochen waren 58,8°/ 0 . 

« 5 Wochen n 64,6%, 

>7 6 Wochen » 70,5°/ 0 

keimfrei. Die übrigen 29,5°/ 0 mußten als Bacillenträger entlassen 
werden, während die Gepinselten sämtlich keimfrei wurden. Das 
Ergebnis der Kolitherapie war ebenfalls günstiger als jenes der 
Zusammenstellung von den Jahren *1912—1915 und von Tjaden. 
Dabei fällt noch ins Gewicht, daß die Pinselungen bei einem Teil 
der Fälle erst nach Abstoßung der Membranen begonnen und der 
erste Abstrich’ erst nach weiteren 5—7 Tagen gemacht wurde, so daß 
nochmals 'mindestens 3:<48 Stunden bis zum letzten Abstrich ver¬ 
flossen, ein Umstand, der das Ergebnis der Statistik nachteilig be¬ 
einflussen mußte. 

(Außer diesen 3 Abstrichen wurden natürlich nach Möglichkeit noch 
spätere Kon troll Untersuchungen vorgenommen.) Unser Resultat wird 
deshalb bedeutend günstiger, wenn wir den Zeitpunkt des Keimfrei¬ 
werdens auf die Abstoßung der Membranen beziehen. 

Gepinselte: Nichtgepinselte: 

keimfrei nach 3 Wochen 95,23% 85°/ 0 

77 3% V 100% — 

77 4 77 92,8%. 

Auch bei einem Vergleich mit größeren Statistiken (Tab. XIX), die 
sich auf die Abstoßung der Membranen beziehen, sind nur die 
Zahlen von Biggs günstiger, während im übrigen wieder die mit 
Koli behandelten Patienten früher keimfrei sind. 

Trotz der guten Resultate muß doch vor weitergehenden Schlüssen 
gewarnt werden, weil das Material relativ klein ist und die Zahlen 



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Diphtheriebacillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 37 


Tabeüe XIX . 


Bacillenfrei nach 

Welch (752 Fälle) 

Bigge (605 Fälle) 

Prig (345 Fälle) 

Scheller (339 Fälle) 

1 bis 3 Tagen 

43% 

10 % 

! | 

33% 

10 

1 

” 1 

70% 


70% 


12 

- i 

! * 1 % 



20 

n i 


85% 


21 

r» 

92,5% 

98% 


! 65% 

24 

r> 1 

! 98% 

1 




28 

” i 

! i 

1 

82% 


in einzelnen Epidemien bedeutende Schwankungen zeigen. Anderer¬ 
seits ist bemerkenswert, daß die Vergleichszahlen aus ganz verschie¬ 
denen Jahren stammen. Die von Welch aus dem Jahre 1894, Biggs y 
Park und Beebe 1895, Prig 1901 und die von Scheller 1906. 

Es ist hier noch eine Bemerkung über die Untersuchung der Ton¬ 
sillenabstriche von Gepinselten einzuschalten, die in der Hand Un¬ 
geübter leicht zu Mißdeutungen Anlaß gibt. Da auch die Koli- 
bacillen auf Löfflerserum wachsen und die Diphtheriebacillen nach 
der Kolibehandlung zur Involutionsbildung neigen, finden sich im 
bakteriologischen Bild des Abstriches von Serumröhrchen oft kokken¬ 
artige Gebilde, die bei iVmserfärbung den Polkörperchen täuschend 
ähnlich sehen. Die Kolistäbchen nehmen ferner ihrerseits dieselbeFärbung 
wie die Diphtheriekeime an, so daß trotz der verschiedenen Größe eine 
Verwechslung Vorkommen kann, wenn die den Polkörperchen gleichen¬ 
den blaugefärbten Gebilde sich reichlich im Präparat befinden. Des¬ 
halb ist zu fordern, daß neben dem Neüser- ein Growpräparat an¬ 
gefertigt wird, in dem sich die grampositiven (aber leicht entfärb¬ 
baren) Diphtheriestäbchen deutlicher von den gramnegativen Koli- 
bacillen abheben. 

Die Behandlung der Bazillenträger wurde so durchgeführt, daß 
wir 3 mal täglich mit dem Zerstäuber möglichst große Mengen der 
Kolibouillon in Mund- und Rachenhöhle oder in die Nase einbliesen. 
Außerdem nahmen die Patienten 10 bis 12 Koliagarscheibchen, die 
sie im Mund zergehen lassen mußten. 12 Scheibchen entsprechen 
einem Hochschichtagarröhrchen, das mit 6 Ösen Bacillen beimpft 
ist. (Für Kinder fügten wir des besseren Geschmackes wegen den 
Scheibchen einige Tropfen Pfefferminzwass9r zu und überzogen sie 
mit Zucker.) Je nach der Hartnäckigkeit des Falles setzten wir 
diese Therapie 1 — 10 —15 — 20 Tage fort. Durchgehend wurden 
solche Kolistämme benutzt, die bereits angesiedelt gewesen waren; 
nur bei besonders langwierigen Fällen wurden darmeigene Bacillen 
verwandt. Von jeder weiteren Behandlung der Patienten sahen wir ab. 

Es standen uns bislang 9 sichere Bacillenträger zur Verfügung. 
Davon waren 7 Patienten Haupt- und 2 Nebenträger. 


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;38 van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


Tabelle XX. 


Bacillentrftger 

An Diphtherie 
erkrankt 

1 Positiver Bacillen- j 
| Befund noch nach j 

Kolibehandlung [ 

1 * 

Bacillenfrei 

1. Vo. 

' 8. VI. 1920 

63 Tagen 

io. vm—18. viii. 

Seit der Behandlung 

2. Schw. M. 

! 18. I. 1921 

| 39 

27. II.—4. III. 

r» r» r 

3. Na. 

7. HI. 1921 ; 

100 n 

18. VI.—26. VI. 

n n r> 

4. B. Ne. 1 

1. II. 1921 ! 

! 50 

21. III —25. III. 

1. IV. schwach - r 


1 


i 

4. IV. - 

5. Ev. 

| 14. IV. 1921 

27 » l 

9. V. —20. V. 

Seit der Behandlung 

6. H. Seh. S 

30. I. 1921 

40 

11. III.—23. III. 

| r n r 

7. G. Seh. ' 

30. I. 1921 

1 40 r 

j 11. 1II.-20. HI. 

n n r 

8. Vo. 

! 

! Neben träger 
am 3. II 21. Se¬ 

Letzter posi- 
i tiver Befund 

24. III.—30. III. 

i 

j n n n 

1 

! 

ruminjektion 

23. III. 


i 

! wegen Di-Fall 

! 




j! in der Famüie 




9. Ba. 

Nobenträger. 

I Letzter posi- 

i 22. III.—29. III. 

1 

j r r r 


[■(Vor 4*/* Mo- 

1 tiver Befund 




l! naten mit Di- 

20. III. 


1 


j kranken in Be- 

| rührung gewe- 

I sen.) ! 

Ein Fall von Nasendiphtherie konnte nicht keimfrei gemacht 
werden. Es ist anzunehmen, daß bei diesem Patienten die Di- 
phtheriebaeillen sich in den Nebenhöhlen auf hielten, von wo sie 
natürlich auch durch die Kolibacillen nicht vertrieben werden können. 
Im übrigen wurden alle Keimträger, die in der Zwischenzeit mit 
den üblichen Mitteln behandelt und nicht bacillenfrei geworden 
waren, nach der Kolibehandlung entkeimt, wie aus Tabelle XX 
hervorgeht. Es muß aber betont werden, daß bei der geringen Zahl 
der behandelten Fälle natürlich kein abschließendes Urteil über den 
Wert der Methode abgegeben werden kann, besonders weil bekannt 
ist, daß die Träger oft auch ohne Therapie keimfrei werden. Nur 
Feststellungen an einem großen Material, wie es einem Einzelnen 
wohl kaum zu Gebote stehen dürfte, können hier entscheiden. 
Andererseits ist es aber von Bedeutung, jede Behandlungsmöglichkeit 
der Diphtheriebacillenträger weiter zu verfolgen, weil alle bisherigen 
Methoden, den Dauerträgerzustand durch Chemikalien, Bakterien¬ 
fermente (Pyocyanase) oder immunisatorische Maßnahmen zu be¬ 
kämpfen, ohne genügenden Erfolg geblieben sind, wie aus den Zu¬ 
sammenstellungen von Weichardt und Pape, Reiche, Deckert hervor¬ 
geht. Der Nachteil aller Gurgelungen mit antiseptischen Mitteln, 
die in der Therapie so zahlreich empfohlen sind, beruht haupt¬ 
sächlich darin, daß das Gurgelwasser die Hauptnistplätze, die Ton¬ 
sillen, wohl meistens überhaupt nicht berührt, günstigenfalls auch nur 


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Diphtheriebaoillen und der Versuch einer praktischen Nutzanwendung. 30 


die oberflächlich gelegenen Keime ab töten kann, weil es nicht 
in die Tiefe der Krypten eindringt und die Dauer der Ein¬ 
wirkung eine viel zu kurze ist, um genügend auf die Keime einwirken 
zu können. Mit den Pinselungen verhält es sich ähnlich. Zudem 
ist mit dieseQ Methoden nur das Gebiet der Fauces erreichbar (Reiche), 
während Nase und Nasenrachenraum, die häufig Sitz der Diphtherie¬ 
bacillen sind, unzugänglich bleiben. Die Bedeutung der Dauerträger 
für die Weiterverbreitung der Diphtherie ist noch strittig. Ihre Gefähr¬ 
lichkeit für die gesunde Umgebung ist zweifellos von vielen Autoren 
überschätzt worden; aber es steht doch heute fest, daß nicht nur die 
Hauptträger — das sind Personen, die nach Überstehen der Diph¬ 
therie die Keime weiter beherbergen —, sondern auch die Neben¬ 
träger — Personen, die selbst Diphtherie nicht durchmachten (Selig¬ 
mann, Sobernheim , v . Wassermann , Abel, Holst , Otto) — virulente 
Bacillen übertragen können. Diese Keimträger sind als Ursache 
vieler sporadischer Fälle von Diphtherieerkrankungen anzusehen, 
aber auch von Epidemien selbst, wie durch zahlreiche Beobachtungen 
in der Literatur einwandfrei sichergestellt ist. (Lit. bei Weichardt 
und Pape, Seligmann.) 

Da die Mortalität der Diphtherie auch nach Einführung des 
Serums noch immer eine relativ hohe ist und z. B. für Hamburg 
während der Jahre 1905 bis 1914 zwischen 6,1 und 11,1 °/ 0 der 
Erkrankungsfälle (Reiche) (diese betrugen 15 bis 62 auf 10000 
Lebende) schwankte, lohnt es sich wohl, nach Methoden, zu forschen, 
die dazu beitragen können, die Patienten möglichst schnell bacillen¬ 
frei zu machen, ganz besonders aber die Weiterverbreitung durch Keim¬ 
träger einzudämmen. 

Zusammenfassung. 

1. Zwischen Bact. coli und Bac. diphtheriae besteht ein Anta¬ 
gonismus, der nicht nur eine Verdrängung, sondern eine völlige Ab¬ 
tötung der letzteren Keime bewirkt, während die anderen unter¬ 
suchten Keime nicht in diesem Maße geschädigt werden. 

2. In Bouillon- und Agarkulturen erfolgt schon nach 10 bis 24 
Stunden eine deutliche Zurückdrängung der Diphtheriebacillen; nach 
20 Stunden finden sich nur noch spärliche Keime und nach 25 bis 
26 Stunden ist die Abtötung eine vollständige. 

3. Die Untersuchung des Wesens dieses Antagonismus führte 
zur Ablehnung der Erschöpfungshypothese und der Bedeutung 
von Uberwucherungsvorgängen und Reaktionsänderungen im Nähr¬ 
medium. 

4. Dagegen wurden in Bouillon und im Agar thermolabile, flüch¬ 
tige, nichtdialysier-, durch Tonkerzen nicht filtrierbare Hemmungs- 


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40 


van der Reis: Der Antagonismus zwischen Koli- und 


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Stoffe gefunden, die nicht durch Tierkohle adsorbiert werden und 
zugleich hetero- und isoantagonistisch wirken. 

5. Die Hemmungsstoffe sind nach den Untersuchungen nicht 
identisch mit Produkten, die bei den normalen Stoffwechselprozessen 
der Kolibacillen entstehen, nicht mit den Ekto- oder Endoenzvmen 
und ebenfalls nicht mit den bisher bekannten Koligiften. 

6. Es ist anzunehmen, daß es sich um ein Eigengift des BacL coli 
handelt, das wie viele Stoffwechselgifte iso- und heteroantagonistisch 
wirkt. 

7. Der Antagonismus wurde praktisch zu benutzen versucht, da 
die Ansiedlung der Kolibacillen bei Menschen und Versuchtstieren 
gelang und die antagonistische Kraft auch im Tierkörper zur Wir¬ 
kung kam. 

8. Bei akuter Diphtherie bewirkte die Anwendung des Kolisprays 
und die Verabfolgung der Koliagarscheibchen ein schnelleres Ver¬ 
schwinden der pathogenen Keime als bei nicht behandelten Kontroll- 
patienten. Vor allem konnten Dauerträger relativ schnell entkeimt 
werden. 


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(Aus der medizinischen Klinik des Krankenhauses Magdeburg Sudenburg 
[Direktor: Prof. Dr. E . Schreiber].) 


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Über die Wirkung des Adrenalins. 

Von 

Dr. med. 0. Platz, 

Assistent der Klinik. 

(Eingegangen am 24. Juni 1922.) 

Der verschiedenen Wirkungsweise des Adrenalins auf den Blut¬ 
druck hat man eine gewisse diagnostische und pathognostische Be¬ 
deutung insbesondere für das vegetative Nervensystem zugeschrieben, 
und zwar wandte man zur Funktionsprüfung desselben fast aus¬ 
schließlich die subcutane oder intramuskuläre Injektion an. Nun 
hat Heubner im Anschluß an die Dissertation von Schulz auf den 
Einfluß der Resorptionsverhältnisse für die Wirkungsweise des Mittels 
mit Recht aufmerksam gemacht. Ich habe diese Versuche von Schulz, die 
zum Teil in unserer Klinik gemacht wurden, systematisch fortgesetzt 
und erweitert. In allerjüngster Zeit kamen auch Csepai und Sangui - 
netti auf Grund ihrer Untersuchungen mittels der intravenösen 
Adrenalinanwendung zu der Ansicht, daß die verschiedenartige 
Reaktion auf das Mittel bei subcutaner und intramuskulärer In¬ 
jektion zum Teil durch ungleiche Resorption bedingt sei. 

Im ganzen verfüge ich über 121 Versuche, von denen 31 von 
Schulz für seine Dissertation und 90 von mir persönlich angestellt 
wurden. Bei sämtlichen 121 Fällen wurden intravenöse Injektionen 
verabreicht, bei 70 Fällen auch subcutane und teilweise intra¬ 
muskuläre, und zwar in Dosen von 0,001 mg bis zu 1,0 mg. Bei 
60 Fällen wurde nur auf Puls, Blutdruck und Atmung geachtet, bei 
den übrigen auch auf die Veränderungen des roten und weißen 
Blutbildes und der chemischen Bestandteile: Blutzucker-, Kochsalz- 
und Trockensubstanz. Die Bestimmungen wurden zunächst vor der 
Einspritzung so wie etwa 2 — 5 Minuten nach derselben und dann 
erneut immer in Abständen von etwa 15 Minuten vorgenommen. 
Zucker, Kochsalz und Trockensubstanz wurden nach der jBawg’schen 
Mikromethode bestimmt. Ich berichte nur über die subcutanen und 
intravenösen Injektionen, die Ergebnisse der intramuskulären decken 
sich mit denen der subcutanen. 

Aus Gründen der Raumersparnis gebe ich nur einzelne Beispiele 
für die jeweilige Wirkungsart. 



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Tabelle I. 

Das Verhalten des Blutdrucks nach verschiedener Anwendung; des Adrenalins. 


0. Platz: Uber die Wirkung des Adrenalins. 


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Während alle Patienten mit einziger Ausnahme des Falles 19 (s. u.) 
auf die intravenösen Injektionen, wie in den angeführten Beispielen, 
mit einer Blutdrucksteigerung reagierten, verhielten sich von den 
70.subcutan gespritzten 4 abweichend, und zwar trat einmal nach 
0,1 mg zunächst eine Blutdrucksendung und anschließend eine Blut¬ 
drucksteigerung ein. Es handelte sich um einen 57 jährigen, an 
Epilepsie leidenden Patienten, bei dem gleich nach der Einspritzung 
der Blutdruck von 100 auf 87 fiel, um nach 10 Minuten einen Höhe¬ 
punkt von 117 mm Hg zu erreichen. Der oben angeführte Fall 1, 
der bei intravenöser Injektion von 0,5 mg eine Blutdrucksteigerung 
um 60 mm Hg erfuhr, reagierte auf 1,0 mg subcutan mit einem 
Druckabfall um 22 mm Hg, ohne daß auf diese Blutdrucksenkung 
eine Blutdrucksteigerung folgte. Ähnliches beobachtete ich bei zwei 
weiteren Fällen. Die intravenöse Einverleibung hat, wie die Tabelle I 
zeigt, bei weitem die größte blutdrucksteigemde Wirkung. Selbst 
bei der geringen Menge von 0,001 mg Adrenalin sah ich in 6 von 
9 Fällen noch eine Steigerung von mehr als 15 mm Hg nach Riva- 
Rocci, diese Dosis dürfte etwa die geringste sein, auf welche die 
Mehrzahl der Menschen eben noch mit einer Blutdrucksteigerung 
antwortet, bei solchen von 0,005 mg habe ich sie ebenso wie Csepai 
in allen Fällen beobachtet. Bei der subcutanen Verabreichung ließ 
sich eine geringe Steigerung erst bei'0,1 mg, also der lOOfachen 
Dosis nachweisen. Die Höhe der Blutdrucksteigerung geht sowohl 
bei der intravenösen, als auch bei der subcutanen Injektion durch¬ 
aus nicht immer der injizierten Adrenalinraenge parallel. Die Blut¬ 
drucksteigerung tritt bei der intravenösen Anwendung sofort auf 
und ist nach 5 Minuten wieder auf die Anfangshöhe oder unter die¬ 
selbe herabgesunken. Bei den kleinsten intravenösen Dosen von 
0,001—0,01 mg erfolgte der Blutdruckabfall niemals unter dem Aus¬ 
gangswert, während bei den großen meist nach einer starken Steige¬ 
rung auch eine entsprechende Senkung eintrat und zwar zwischen 
der 5. und 10. Minute, nach dieser Zeit nähert der Blutdruck sich 
allmählich wieder seinem Anfangswert. Bei der subcutanen Injek¬ 
tion erreicht der Blutdruck seinen höchsten Punkt zwischen der 5. 
und 20. Minute, dann sinkt er langsam wieder und erreicht seinen 
tiefsten Stand meist nach der 30. Minute. 

Meine Versuche und ihre Erklärung decken sich keineswegs mit 
denen vieler Untersucher. Bauer , Falta , Petren und Thorling 
fanden nach subcutaner Anwendung bei derselben Dosis bald einen 
langsamen Anstieg des Blutdrucks und des Pulses, bald einen so¬ 
fortigen. Auch rief dieselbe Menge bei verschiedenen Individuen 
niemals die gleiche Wirkung auf Blutdruck und Pulszahl hervor. 
Die plötzliche und starke Blutdrucksteigerung fassen Falta , New- 



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Über die Wirkung des Adrenalins. 


45 


burgh und Nobel als Zeichen gesteigerter Empfindlichkeit sym¬ 
pathischer Erfolgsorgane auf. Auch Bauer , Petren und Thorling 
sprechen von einer „verschiedenen Adrenalinempfindlichkeit“. 
Schmidt schließt aus seinen Versuchen an 34 Patienten mit 
Dementia praecox, bei denen er nach 0,4—0,5 mg subcutan inji¬ 
zierten Adrenalins keine oder minimale Blutdrucksteigerung be¬ 
obachtete, auf eine Adrenalinunempfindlichkeit derselben. • Porack 
fand bei einem Psychopathen und einem Mann mit Tumor der 
Lumbalgegend nach der subcutanen Verwendung eine abgeschwächte 
Wirkung, dagegen bei seniler Demenz, Epilepsie, Tabes und Syrin¬ 
gomyelie eine verstärkte. Nach Dresel soll bei Sympathicotonikern 
die Blutdruckkurve nach subcutaner Injektion von 1 mg Adrenalin 
steil ansteigen, bei Vagotonikern dagegen zunächst eine Senkung 
erfahren und erst im Anschluß daran einen Anstieg. Bei jeder 
sympathischen Erregung soll zentral eine Vagusreizung erfolgen, um 
so gewissermaßen eine geordnete Bewegung Zustandekommen zu 
lassen. Wenn nun in dem einen der beiden Systeme die Reiz¬ 
schwelle herabgesetzt ist, so wird das andere überwiegen. Arn¬ 
stein und Schlesinger fanden, daß sich der Blutdruck bei alten 
Leuten, denen sie 0,3—0,8 mg Adrenalin subcutan injizierten, ent¬ 
weder gar nicht oder kaum veränderte, ein Verhalten, das sie teils 
auf Erschöpfung des Herzens, teils auf Reizung der Vasodilatatoren 
zurückführen. Schiff und Eppstein erklärten die geringe Reak¬ 
tion bei blassen Kindern nach 0,5 mg subcutan aus einer un¬ 
genügenden vasomotorischen Innervation, aus einer funktionellen 
Minderwertigkeit des Gefäßsystems und aus einer mangelhaften Ge¬ 
fäßanlage. Schittenhelm und Schleckt sahen unter 11 ödemkranken 8 
naeh 1 mg Adrenalin subcutan nicht mit Blutdrucksteigerung 
reagieren. 

Demgegenüber beobachtete ich nach subcutaner Injektion nur 
selten einen sofortigen Anstieg, sondern einen mehr oder weniger 
langsamen, während derselbe bei der intravenösen sofort erfolgt. 
Ich verweise besonders auf die Differenz der Blutdrucksteigerung 
nach subcutaner und intravenöser Einspritzung bei ein und dem¬ 
selben Individuum. Es kann ja kein Zweifel darüber bestehen, daß 
der wahre Grund für diese Differenz in Resorptionsverschiedenheiten 
zu suchen ist. Wie schon oben erwähnt, habe ich unter 121 Fällen 
nur einen intravenös gespritzten Fall (19) gefunden, dessen Blut¬ 
druckkurve vielleicht einer vagotonischen im Sinne von Dresel nahe¬ 
kommt, obwohl ich annehmen muß, daß unter meinen 121 Patienten 
mehrere Vagotoniker im Sinne von Eppinger und Heß sind. Ich 
will aber trotzdem nicht bestreiten, daß die Vagotoniker.durch die 
intravenöse Injektion von den Sympathicotonikern getrennt werden 


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40 O. Platz: 

können, jedoch müßte diese Frage besonders geprüft werden. 
Übrigens konnte ich den Einfluß der Applik&tionsart auf die Wir¬ 
kungsweise auch beim Atropin zeigen. Selbstverständlich wird der 
Zustand des Herzens und der Blutgefäße eine große Rolle spielen- 
Gegenüber den Verßuchsergebnissen von Arnstein und Schlesinger 
habe ich auch bei alten Leuten oft ansehnliche Blutdrucksteigerung 
beobachtet, will jedoch ohne weiteres zugeben, daß bei gelegentlich 
vorkommender Erschöpfung des Herzens die Blutdrucksteigerung 
unwesentlich sein kann. Mit Schittenhelm und Schlecht möchte 
ich auch annehmen, daß der Zustand der Gefäße bei der mangel¬ 
haften Reaktionsfähigkeit ihrer ödemkranken eine große Rolle ge¬ 
spielt hat, dazu kommt auch noch die schlechtere Resorptions¬ 
möglichkeit bei derartigen Patienten. Daß sich gewisse Nerven- 
und Geisteskranke dem Adrenalin gegenüber anders verhalten als 
normale Menschen, konnten wir nicht bestätigen. Weder hat Schulz 
bei seinen Patienten mit Lues cerebri und Tabes eine Verstärkung 
der Adrenalinwirkung beobachtet, sondern im Gegenteil eine Ab¬ 
schwächung, noch habe ich bei intravenösen Injektionen bei einer 
großen Zahl von Nerven- und Geisteskranken eine besondere Ab¬ 
weichung gegenüber andern Kranken gefunden. 

Erst neuerdings führen, wie schon eingangs angedeutet, Csepai 
und Sanguinetti die verschiedenen Resorptionsverhältnisse für die 
wechselnde Wirksamkeit an, so daß bei der subcutanen Anwendung 
nicht eine wirkliche, sondern nur eine scheinbare Adrenalinempfind¬ 
lichkeit beobachtet wurde. Ich möchte besonders Sanguinetti in 
seiner Schlußfolgerung zustimmen, daß die bisherigen Forschungen, 
um den Zweck des vegetativen Nervensystems mittels subcutaner 
Injektion festzusetzen, den größten Teil ihres Wertes verloren haben 
(s. Tabelle II). 

Bei 11 Patienten, die Adrenalin subcutan und intravenös be¬ 
kommen hatten, wurde eine Änderung der Pulsfrequenz beobachtet 
In einem weiteren 12. Fall (Tabes) dieser Gruppe, bei dem nach 
intravenöser Einspritzung starkes Erbrechen und Ubelsein auftrat, 
blieb die Pulszahl immer unverändert. 

Nach der intravenösen Injektion konnte der Puls auf der Höhe 
der Wirkung zuweilen wegen großer Unruhe der Patienten und 
Schwäche des Pulses nicht gezählt werden. Unter 90 genau kon¬ 
trollierten Fällen fand ich 5 mal an Stelle der Pulserhöhung eine 
Verminderung der Pulszahl und zwar: bei 4 Frauen mit Magen¬ 
neurose, Neurasthenie, Hysterie und Gastroptose nach 0,1 mg um 
15 bis 30 Schläge und bei einer Frau mit Neurasthenie nach 0,2 mg 
um 24. Bei allen diesen Patienten war die Pulsverlangsamung zur 
Zeit des Blutdruckanstiegs nachweisbar. In allen übrigen Fällen 



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Tabelle II. 

Das Verhalten des Pulses bei verschiedener Anwendung des Adrenalins. 


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über die Wirkung des Adrenalins. 


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beobachtete ich eine Frequenzsteigerung, selbst nach der geringen 
Dosis von 0,001 mg noch beträchtliche. Dieselbe erreichte ihr 
Maximum sofort nach der Darreichung, um bereits zwischen 10 und 
20 Minuten nach der Injektion wieder zur Norm abzusinken. Die Er¬ 
höhung schwankte zwischen 8 und 56 Schlägen. Auch Schulz fand 
nach 0,5 mg Suprarenin intravenös unter 5 Fällen 4 mal eine deut¬ 
liche Frequenzsteigerung, während die Pulszahl einmal (Tabes) un¬ 
verändert blieb. 

Nach subcutaner Injektion wurde bei 0,25 mg eben noch eine 
geringe, aber nicht sichere Frequenzsteigerung beobachtet, erst bei 
einer Dosis von 0,5 mg wurde die Erhöhung der Pulszahl deutlich. 
Bei Darreichung von 1 mg betrug dieselbe in 15 Fällen 2—47 
Schläge. In zwei Fällen (Asthma und Basedow) wurde eine Frequenz¬ 
verminderung von 8—16 Schlägen festgestellt. Die höchste Zahl 
war meist zwischen der 10. und 20. Minute erreicht, nach 30 Minuten 
näherte sie sich gewöhnlich der Norm. Nur ganz geringe Puls¬ 
frequenzsteigerung beobachtete Schulz bei Luespatienten. 

Meine Beobachtungen bezüglich der Wirkung auf die Pulsfrequenz 
stimmen im allgemeinen mit denen anderer Autoren überein. Nach 
Bauer findet man eine Zunahme nach 0,7 mg Adrenalin häufiger 
als die Blutdrucksteigerung, während nach Falta , Newburg und 
Nobel das Gegenteil der Fall sein soll. Ich fand dagegen bei 
meinen intravenös Gespritzten stets eine Erhöhung des Blutdrucks 
und nur in 94°/ 0 eine Vermehrung und in 6 °/ 0 eine Verminderung 
der Pulsfrequenz. Bauer beobachtete in 2 Fällen eine Abnahme 
der Pulszahl mit nachfolgender Zunahme und in der gleichen Zahl 
eine solche ohne spätere Steigerung; das habe ich nie beobachtet. 
In einem der Bauers, chen Fälle trat neben Pulsverlangsamung eine 
Blutdrucksteigerung von 140 auf 180 ein; bei Eintreten der Puls¬ 
beschleunigung hatte der Blutdruck wieder die Norm erreicht. Bei 
den oben kurz erwähnten 5 Patientinnen fiel die Pulsabnahme stets 
mit der Blutdruckerhöhung zusammen. Nach Szymonowicz, Kraus , 
Friedenthal und Biedl soll eine initiale Pulsverlangsamung kon¬ 
stant sein, sie läuft nach Szymonowicz mit dem Blutdruck¬ 
anstieg parallel; ich habe dies nie beobachtet. Bayer sah nur 
manchmal eine kurz andauernde Hemmung der Herzaktion, welche 
wegfällt, wenn die Vagi durch Atropin gelähmt werden. Ich habe 
10 Versuche angestellt, bei denen ich zunächst 0,5—0,7 mg Atropin 
und anschließend 0,1 mg Suprarenin, beides intravenös injizierte. 
In allen diesen Fällen beobachtete ich eine Blutdrucksteigerung (um 
40—110 mm Hg) und eine sofortige Pulsbeschleunigung um 30 bis 
70 Schläge pro Minute, während der Durchschnitt der Pulsfrequenz¬ 
steigerung bei alleiniger Injektion von 0,1 mg Suprarenin um 



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Über die Wirkung des Adrenalins. 


49 


30 Schläge betrug. Auch der Ansicht Biedls stimme ich bei, daß 
durch den Wegfall der Pulsverlangsamung nach Atropinisierung die 
Drucksteigerung bedeutend mächtiger wird, da sie sonst durch die 
hochgradige Pulsabnahme zum Teil verdeckt wird. Csepai sah eine 
Verstärkung der Adrenalinwirkung bei Kombination mit Papaverin, 
dasselbe kann ich nach meinen Versuchen mit 0,02 Papaverin und 
0,1 mg Suprarenin intravenös bestätigen. 

Hering nimmt an, daß es für das Auftreten einer Steigerung der 
Herzschlagszahl noch eines besonderen Koeffizienten bedarf, den 
manche in einer herabgesetzten Anspruchsfähigkeit des Herzhem¬ 
mungszentrums suchen. Bieil und Reiner erklären die initiale 
Pulsverlangsamung mit Recht mit einer reflektorischen Depressor¬ 
wirkung infolge der raschen Blutdrucksteigerung. Wie ja auch der 
Fortfall der Pulsverminderung durch Atropinisierung nach Szymono - 
wicz dafür spricht, daß dieselbe nicht immer nur zentral bedingt 
sein muß. Auch Bauer nimmt für die Pulsverlangsamung ohne 
Anstieg des Blutdrucks eine periphere Vaguswirkung an. Während 
gewöhnlich nach Adrenalin die Acceleranserregung die Vaguswirkung 
übertrifft oder ihr das Gleichgewicht halten soll, so daß eine Wir¬ 
kung auf die Pulsfrequenz überhaupt ausbleibe, könne in gewissen 
Fällen die Vaguswirkung über wiegen und so die Pulsverlangsamung 
herbeiführen. Konnte doch auch Langley bei Katzen und Ver - 
worn bei Kaninchen eine periphere Vaguserregung beobachten. Die 
Ansicht Ambergs , daß eine solche trotz Absinken des Blutdrucks 
bestehen kann, dürfte nach meinen Beobachtungen nicht zutreffen. 
Das Überwiegen des Vagus führt Bauer in seinen beiden Fällen auf 
das Kropfherz mit Insuffizienzerscheinungen zurück, welche abnorm 
ansprechen. Nach Kraus und Friedenihal bestehen ja zwischen 
Schilddrüse und Vagus Zusammenhänge. Unter den von mir be¬ 
obachteten, anfangs mit Pulsverlangsamung reagierenden Fällen 
handelt es sich um Patienten mit Basedow und Bronchialasthma, 
Krankheiten, welche beide mit abnormer Vaguserregbarkeit einher¬ 
gehen können; allerdings fehlte bei den übrigen analog reagierenden 
Kranken ein Anhalt für eine solche. Ich habe auch bei einer 
großen Anzahl von Nerven- und Geisteskranken bei intravenösen 
Injektionen in bezug auf die Pulsfrequenz wie auch auf den Blut¬ 
druck keine abnorme Wirkung gegenüber den anderen Kranken ge¬ 
sehen, mit Ausnahme der oben angegebenen mit Pulsverlangsamung. 
Es dürfte sich demnach bei den Fällen von Porack nur um eine 
scheinbare Abschwächung und Verstärkung handeln, bedingt durch 
individuelle Resorptionsverschiedenheiten, bei deren Ausschaltung 
durch die intravenöse Injektion vielleicht andere Ergebnisse ge¬ 
zeitigt würden. 

Z. f. d. g. exp. Med XXX. 4 


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Uber die Wirkung des Adrenalins. 


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Wie zu erwarten war, ist die Steigerung der Atemfrequenz bei 
intravenöser Applikation des Adrenalins viel größer als bei sub- 
cutaner; ich habe sie bis zu Dosen von 0,005 mg herab beobachtet. 
Die Atemzüge waren auf der Höhe der Wirkung oft infolge der 
großen Unruhe der Patienten schwer zu zählen. Von 28 Patienten 
mit intravenöser Injektion reagierten 6 nicht mit einer nennenswerten 
Atemfrequenzänderung (1 Tabes, 1 Herzfehler, 2 Magenneurosen, 
1 Dem. praec., 1 Lues cerebri), darunter ein Fall, der auch keine 
Blutdruck- oder Pulsfrequenzsteigerung zeigte (Tabes); Schulz dagegen 
beobachtete nach subcutaner in 2 Fällen eine Verlangsamung der At¬ 
mung um 4 und 6 Züge (Hysterie und Nervosität). Ich selbst be¬ 
sitze darüber keine eigenen Untersuchungen. Die Erhöhung der 
Atemfrequenz bis zu ihrem Maximum tritt bei der intravenösen Ein¬ 
spritzung in den ersten 5 Minuten auf. Wie Bauer, fand auch ich 
bei allen Fällen, die überhaupt eine starke Adrenalinreaktion zeigten, 
auch eine erhebliche Erhöhung der Atemfrequonz, besonders deutlich 
nach intravenöser Injektion. Auch Fuchs fand eine Steigerung der 
Atemzahl. Bauer führt dieselbe wohl mit Recht auf eine zentrale 
Erregung des bulbären Atemzentrums zurück, deren Ursache ich in 
der durch das Adrenalin bedingten Gefäßkontraktion sehen möchte, 
durch die das zentrale Nervensystem eine erhebliche Verminderung 
seiner normalen Sauerstoffzufuhr erleidet; ebenso wie die nach 
.Adrenalininjektion auftretenden Kopfschmerzen auf einer Anämie 
des Gehirns infolge der Gefäßzusammenziehung beruhten. Biedl be¬ 
obachtete im Tierexperiment nach intravenöser Einverleibung eine 
Verminderung der Atemfrequenz, das trifft also für die Menschen 
nicht zu (s. Tabelle IV). 

Die Patienten wurden alle nach dem ersten Frühstück unter¬ 
sucht, da die vorauf gehende Kohlenhydrataufnahme bei einem 
etwaigen Blutzuckeranstieg eine Hauptrolle spielt. Sowohl in den 
Versuchen von Schulz und in meinen eigenen weisen alle Patienten 
bei den drei Applikationsarten des Adrenalins ausnahmslos ein An¬ 
steigen des Blutzuckergehaltes auf. Die bei den intravenösen In¬ 
jektionen gefundenen Werte übertreffen die bei den subcutanen, 
auch dafür dürfte der Grund in den ResorptionsVerhältnissen zu 
suchen sein: Die Blutzuckerunterschiede schwanken bei der intra¬ 
venösen zwischen 0,004 °/ 0 und 0,113 °/ 0 , noch bei 0,001 mg be¬ 
obachtete ich eine Erhöhung, welche in mehreren Fällen an 0,05°/^ 
heranreichte. Die Höhe des Blutzuckers geht jedoch nicht parallel 
der eingespritzten Dosis, dabei dürfte wohl der Glykogenvorrat und 
die Erregbarkeit der Nerven ausschlaggebend sein. Der Höhepunkt 
des Zuckeranstiegs liegt um die 10. Minute herum, meist ist er nach 
30 Minuten abgeklungen. Bei der subcutanen Injektion schwankten 

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Über die Wirkung des Adrenalins. 


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die Werte der Erhöhung zwischen 0,01 und 0,095 °/ 0 , auch hier war 
die Wirkung meist nach 30 Minuten wieder vorüber. Die geringste, 
noch wirksame subcutane Dosis war 0,1 mg. 

Auf Grund seiner Untersuchungen kommt Billigheimer zu dem 
Schluß, daß die Glykämie nach subcutaner Injektion von 1—2 mg 
unabhängig von der Serumkonzentration ist und als Ausdruck der 
Reizbarkeit der die Leber versorgenden sympathischen Nerven und 
der Leberzellen gegen Adrenalin aufzufassen wäre. Die glykosurische 
Wirkung des Adrenalins spielt im nüchternen Zustand keine Bolle, 
sie ist weitgehend abhängig von der Ernährung insbesondere von 
der gleichzeitigen Traubenzuckeraufnahme. Jörger fand bei seinen 
34 Patienten nach subcutaner Injektion 4 mal Glykosurie und Brö- 
samlen bei 35 Patienten 4 mal. Schulz und ich beobachteten die¬ 
selbe nach subcutaner Injektion 2mal in 121 Fällen. Achard, Ribot 
und Blnel sahen eine stärkere Blutzuckererhöhung nach Trauben¬ 
zucker- und Adrenalininjektion als nur nach Traubenzuckerinjektion. 
Jörger sowie Brösamim behaupten, die Adrenalinglykosurie erreiche 
nach einer Stunde ihren Höhepunkt, dem widersprechen aber unsere 
Versuche. Jörger beobachtete bei Basedowkranken im allgemeinen 
eine größere Biutzuckererhöhung als bei Gesunden, unser Fall von 
Basedow blieb mit einer solchen um 0,034 °/ 0 weit hinter dem Durch¬ 
schnitt zurück. Jörger stellte bei drei Diabetikern zunächst eine 
Erniedrigung des Blutzuckergehaltes und daran anschließend eine 
Zunahme derselben fest. Bei unsem 5 Diabetikern fanden wir da¬ 
gegen eine Durchnittserhöhung um 0,07 °/ 0 , welche weit über dem 
Mittel liegt. Nach Brösamlen zeigt die Adrenalinglykosurie beim 
Diabetiker kein einheitliches Verhalten, z. T. einen geringen Anstieg 
zuweilen nach vorherigem Abfall, z.T. einen stärkeren als beim Gesunden. 

Bei 2 Graviden im 3. Monat (Fall 13 und 14), wie auch bei drei 
weiteren im 7. und 8. Monat untersuchten Schwangeren lag die nach 
Dosen von 0,005 und 0,001 mg Adrenalin intravenös eintretende 
Hyperglykämie über dem Durchschnitt. Es dürfte sich lohnen, der 
Frage nachzugehen, ob diese Blutzuckerhöhung als Frühsymptom der 
Schwangerschaft herangezogen werden kann, wie ja in letzter Zeit 
Seitz und Jeß eine Glykosurie nach Darreichung von 100 g Trauben¬ 
zucker ohne Adrenalin und Roubitschek eine solche nach 10 g Trauben¬ 
zucker und Injektion von 1 ccm Adrenalin als Frühsymptom der 
Gravidität auffassen. In neuester Zeit fand Küstner eine Glykosurie 
nach Dextrose auch bei Frauen während der Menses, damit dürfte 
allerdings die Glykosurie als Fiühsymptom der Schwangerschaft an 
Wert einbüßen (s. Tabelle V). 

Das Adrenalin verursacht bei allen drei Applikationsarten ge¬ 
wöhnlich einen starken Anstieg der Bluttrockensubstanz, er findet 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Über die Wirkung des Adrenalins. 


55 


sich regelmäßig bei der intravenösen Anwendung, wurde bei der 
subcutanen in 2 von 30 Fällen vermißt, in denen ich eine Ver¬ 
minderung um 1,2 resp. 1,1 °/ 0 (gon. Arthritis und Hysterie) be¬ 
obachtete. Die Bluttrockensubstanz steigt jedoch nicht mit der 
Dosis. Die kleinste von mir intravenös injizierte Menge von 0,001 mg 
hatte noch eine deutliche Vermehrung zur Folge. Dieselbe schwankte 
bei der intravenösen Anwendung zwischen 0,1 und 7,2 °/ 0 . Meistens 
erreichte sie ihren Höhepunkt nach der 15. Minute, nur in seltenen 
Fällen schon nach der 5. Minute oder erst nach der 30. Minute. 
Nach einer halben Stunde ist die Wirkung des Adrenalins auf die 
Trockensubstanz gewöhnlich schon abgelaufen oder doch im Ab¬ 
klingen begriffen. Nach subcutaner Injektion schwankt die Erhöhung 
der Trockensubstanz zwischen 0,3 und 8,0°/ 0 . In den Schulzschen 
und meinen Versuchen entspricht ein starkes Ansteigen durchaus 
nicht einer gleichen Erhöhung des Blutzuckers. Für die Erhöhung 
der Bluttrockensubstanz ist also der Blutzuckergehalt nicht allein, 
wenn auch in erster Linie entscheidend, dafür werden noch die 
Leukocyten in Frage kommen und wohl auch z. T. die Vermehrung 
des Salzgehaltes und Zunahme der Eiweißkonzentration (s. u.). In 
den beiden oben angeführten Fällen mit Abfall der Trockensubstanz, 
erfuhren die Leukocyten einen Anstieg um ca. 2000 und der Blut¬ 
zucker einen solchen um etwa 0,05 °/ 0 . 

Nach Falta , Rudinger und Berlelli steigt das spezifische Gewicht 
des Blutes nach Adrenalin. Ich selbst habe solche Bestimmungen 
nicht vorgenommen, doch sind diese Angaben nach meinen Trocken¬ 
substanzbestimmungen verständlich. Billigheimer fand ebenfalls in¬ 
sofern eine Wirkung des Adrenalins auf die Blutkonzentration, als 
im allgemeinen der Eiweißprozentgehalt eine geringe Steigerung bis 
etwas über eine Stunde nach der subcutanen Injektion aufwies. 
Diese Bluteindickung erklärt er durch Auspressung von Plasma in¬ 
folge der Blutdrucksteigerung; seltener findet sich eine Konzen¬ 
trationsabnahme, die erklärt wird entweder durch Blutdrucksenkung 
und Rückfiltration, durch Abdichtung der Capillarendothelien gegen 
Flüssigkeit oder durch Erhöhung des Quellungsdruckes der gelösten 
Eiweißkörper. Donath gelang e3 durch Zufuhr von mäßigen Mengen 
physiologischer Kochsalzlösung bei gleichzeitiger Adrenalininjektion 
den Bluttrockenrückstand herabzusetzen, was ohne letzteie nicht 
gelingt. Damit dürfte wohl die Auffassung von Billigheimer und 
Donath zu Recht bestehen (s. Tabelle VI). 

Die Veränderung des Kochsalzgehaltes des Blutes nach intra¬ 
venöser Injektion von Adrenalin habe ich in 20 Fällen untersucht. 
Bei sämtlichen Patienten beobachtete ich eine, wenn auch nur ge¬ 
ringe Steigerung des Kochsalzgehaltes. Dieselbe erreichte ihren 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



56 


0. Platz: 


Digitized by 


Tabelle VI. 

Veränderungen des Blutkochsalzgehaltes nach intravenöser Adrenalininjektion, 


Fall 

Name 

Alter 

Erkrankung 

( Dosis 

1 

Vor 

Injkt. 

Nach Injektion 

5 , 15 | 20 

Minuten 

Ver- 

&nde> 

rung 

1 

Frau K. 

42 J. 

Rheumatismus 

0,001 

| 0,54 

0,57 0,50 

0,51 

+ 0,03 

2 1 

Frl. K. 

42 * 

Chron. Bronch. 

0,005 

0,51 

0,51 0,55 

0,52 

+ 0,04 

3 

Frau Kn. 

62 „ 

Hypochondrie 

0,05 

0,52 

0,55 0.50 

0,53 

+ 0.03 

4 ! 

Frau S. 

37 „ 

| Gravid. Mens. II 

<u , 

0.52 

0,5ß 0,54 

0,50 

+ 0,04 


Höhepunkt meist um die 15. Minute und war nach 30 Minuten im 
Abklingen. Sie lag zwischen 0,02 und 0,08 °/ 0 , ging aber mit der 
Dosis nicht parallel. Ich will darauf hinweisen, daß Falta bei 
hungernden Hunden mit der Steigerung der Stickstoffausscheidung 
auch regelmäßig eine enorme stärkere Salzausscheidung fand. Diese 
Störung des Salzstoffwechsels verlief unabhängig von denen des 
Kohlenhydratstoffwechsels. Frey beobachtete dagegen eine Hemmung 
der Kochsalzausscheidung. 

Hinsichtlich der Wirkung des Adrenalins auf die Zahl der roten 
Blutkörperchen fasse ich mich kurz, da Herr cand. med. Hornig über seine 
am hiesigen Krankenhaus angestellten Untersuchungen später aus¬ 
führlicher berichten wird. Die roten Blutkörperchen zeigten sich 
bei Blutentnahme mittels tiefen Einstichs in das Ohrläppchen nach 
subcutaner wie intravenöser Injektion von 0,5 —0,1 mg abwärts in 
allen Fällen beträchtlich vermehrt, bis um 2 000000. Sie erreichten 
bei beiden Einverleibungsarten ihr Maximum um die 5. Minute p. I., 
während sie sich nach 20 Minuten bereits wieder ihrem Ausgangs¬ 
wert näherten. Auffallende Unterschiede in dem Grade der Ver¬ 
mehrung nach den verschiedenen Einspritzungsarten, sowie auch nach 
verschiedener Art der Blutentnahme (aus Ohrläppchen, Fingerbeere, 
Cubitalvene oder Radialarterie) konnten nicht festgestellt werden. 
Wir befinden uns hiermit im Widerspruch zu Heß, der nur eine 
Vermehrung im arteriellen Blut fand. Diese Frage muß noch weiter 
geklärt werden (s. Tabelle VII). 

Stets fanden wir eine beträchtliche Vermehrung der weißen Blut¬ 
körperchen, am ausgesprochensten nach der intravenösen Injektion, 
bis zu der geringen Dosis von 0,001 mg Suprarenin herab. Sie schwankt 
dabei zwischen 600 und 7900. Meist wurde die höchste Leukocyten- 
zahl nach 15 Minuten gefunden, nur 2 Patienten zeigten diese Er¬ 
höhung erst nach 25 Minuten. Nach subcutaner Einspritzung liegen 
die Erhöhungen zwischen 300 und 23400, letztere Zahl wurde bei 
einer Patientin gefunden, bei der wir auch die stärkste Vermehrung 
der Bluttrockensubstanz nachwiesen (Ischias). 7 mal war der Höhe¬ 
punkt der Leukocytenzahl erst nach 25 Minuten erreicht, bei den 



Original fram 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 





Über die Wirkung des Adrenalins 


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Tabelle VII. 

Das Verhalten des Blutbildes nach verschiedener Anwendung des Adrenalins. 

Fall 1. Frl. L., 21 Jahre alt, Go. Arthritis. 

1. 0,5 mg Suprarenin intravenös . 2. 1,0 Suprarenin subcutan. 


1 

Vor 

Nach Injektion 

Verände¬ 

Vor 

Nach Injektion 

Verände¬ 

1 


15' 

».V 

rung 

15V 2 ' 

26' 

rung 

Leukocyten 

7500 

14900 

14800 

+ 7400 

7800 

8400 

10400 

+ 2600 


°/ 0 

0’ 

• 0 

0,' 

/ 3 

° / 

Io 

-24 

0' 

IQ 

0/ 

Io 

47,5 

°l 

io 

°/o 

a) neutrophile j 

56 

32 

66,5 

62,5 

37,5 

-25 

b) eosinophile 1 

3,5 

4 

3,5 

+ 0,5 

3 

3,5 


+ 0,5 

c) Lymphocyten 

37,5 

59 

29 

+ 21,5 

31 

47,5 

52,5 

+ 21,5 

d) mononucleäre 

3,5 

4,5 

— 

+ 1 

3,5 

1,5 

10 

+ 6 

Fall 2. Frau V., 

26 Jahre alt, Lues cerebri. 




1. 0,25 mg 

Suprarenin intravenös 


2. 1,0 mg Suprarenin subcutan. 

Leukocyten 

7300 

12900 

10100 

+ 5600 

7300 

10000 

10300 

+ 3000 

0/ 

Io 

77 

0/ 

Io 

54 

0/ 

/ 0 

°/o 

°/o 

0/ 

IQ 

°/o 

°/o 

a) neutrophile 

68 

-23 

57 

59 

69 

- 8 

b) eosinophile 

0 

0 

0 

0 

2 

2 

4 

+ 2 

c) Lymphocyten 

18 

44 

28 

+ 26 

23 

39 

25 

+ 16 

d) mononucleäre 

5 

2 

4 

- 3 

3 

1 

0 

- 3 

Fall 3 . Frl. D., ! 

21 Jahre alt 

Obstipatio. 

1,0 mg 

Suprarenin subcutan. 

i 

Leukocyten 

i 




9000 

12800 

8800 

+ 3800 






0/ 

/ 0 

°/ 

Io 

Io 

0/ 

Io 

a) neutrophile 





61 

48 

55 

- 13 

b) eosinophile j 





2 

6 

6 

+ 4 

o) Lymphocyten 





31 

38 

35 

+ 7 

d) mononucleäre 





6 

4 

3 

- 3 


Fall 4. Frl. M., Hysterie und Obstipation. 

0,5 mg Suprarenin intravenös. 


i 

i 

Vor Injektion 

Nach Injektion 

15 Min. | 25 Min. 

Veränderung 

Leukocyten 

8100 

12300 

7900 

+ 1700 


0/ 

Io 

0/ 

;o 

0/ 

Io 

0/ 

lo 

a) neutrophile 

69 

55 

68 

- 14 

b) eosinophile 

1 j 

2 

1 

+ 1 

c) Lymphocyten 

25 

39 

26 

+ 14 

d) mononucleäre 

2 

1 

1 

1 

- 1 


Fall 5. Fr. K., 68 Jahre, Hypochondrie. 

0,05 mg Suprarenin intravenös. 

Leukocyten 5000 I 6700 I 5800 + 1700 

°/o I °/o , °/o °/o 

a) neutrophile 73 , 54 j 67 —19 

b) eosinophile 1 | 1 j 5 +4 

c) Lymphocyten 24 i 41 24 +19 

d) mononucleäre — | 1 I — +1 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 








0. Platz: 


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58 


Fall 6*. Fr. K., 48 Jahre, Neurasthenie. 

Oft05 mg Suprarenin intravenös. 


1 

i Vor Injektion | 

Nach Injektion j 
16 Min. | 25 Min. | 

Veränderung 

Leukocyten | 

| 11600 j 

°/o 

12700 j 

01 

10 

11900 

1 o; ! 

0 

+ 1100 

0 

0 

a) neutrophile ! 

77 

79 

i 78 1 

+ 2 

b) eosinophile 

1 

1 

! — 1 

-0 

c) Lymphocyten 

21 

19 

! 22 | 

-2 

d) mononucleäre ; 

1 

1 

1 — : 

-0 


Fall 7. Fr. S., 30 Jahre alt, Gravidität, II. Monat. 

0,005 mg Suprarenin intravenös. 


Leukocyten | 

l| 5900 

! 6100 i 

6000 

+ 200 


0/ 
i 0 

1 ° U , 

o/ 

>0 

°/o 

a) neutrophile 

71 

l 72 

70 

+ 1 

b) eosinophile 

2 

1 

1 1 

- 1 

c) Lymphocyten j 

l 2 6 

; 23 

23 

— 3 

d) mononucleäre 

1 

3 

3 

+ 3 


Fall 8. Fr. Sch., 24 Jahre alt, Neurasthenie. 

0,005 mg Suprarenin intravenös. 


Leukocyten 

a) neutrophile t 

b) eosinophile j 

c) Lymphocyten 

d) mononucleäre J 

Fall 9. Fr. S., 40 Jahre 


8700 

10400 

9200 

+ 1700 

0/ 

0! ! 

10 

0/ 

oi 

iO 

10 

1 10 

68 

52 

69 

-16 

2 

3 

2 

+ 1 

26 

41 

27 1 

! +15 

1 

! 1 

— 

0 


, Hysterie. 


0,001 mg Suprarenin intravenös. 


Leukocyten 

a) neutrophile 

b) eosinophile 

c) Lymphocyten 

d) mononucleäre 

Fall 10. L. T., 13 Jahre 


6300 

9500 ; 

7800 

0 

I Of 

0/ 

/ 0 

0 

iO 

72 

1 58 

67 

1 

3 

2 

23 

36 

29 

4 

3 

2 


alt, Nephrose. 


+ 3200 

0 / 

io 

- 14 

+ 2 
+ 13 

- 2 


0,001 mg Suprarenin intravenös. 


Leukocyten 

j 6700 

o i 

! o 1 

10000 8900 1 

0 0/ 

0 io 

+ 3300 

' °l 

Io 

a) neutrophile 

63 

1 58 , 

| 

65 

1 -5 

b) eosinophile 

1 

i i 

1 

1 0 

c) Lymphocyten 

31 

39 

31 

1 +8 

d) mononucleäre 

5 

1 1 

2 

-4 



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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Über die Wirkung des Adrenalins. 


59 


übrigen Patienten war er bereits nach 25 Minuten überschritten. 
Vergleichen wir diese Tabelle mit derjenigen der Blutdrucksteigerung, 
so haben wir in der Erhöhung der Leukocytenzahl bei der sub- 
cutanen Einverleibung eine beständigere Reaktion auf Adrenalin, 
als es die Druckerhöhung ist; bei der intravenösen sind sie gleich. 

Was nun die verschiedenen Formen der Leukocyten anbelangt, 
so nahmen die Neutrophilen erheblich ab, und zwar nach der intra¬ 
venösen Injektion gewöhnlich stärker als nach der subcutanen. Nur 
in 2 Fällen fand ich nach intravenöser Anwendung von 0,005 mg 
eine Zunahme derselben um 1 resp. 2 °/ 0 , und zwar bei einer Neu¬ 
rasthenie und bei einer Gravidität. Die Abnahme der Neutrophilen 
ist am stärksten 15 Minuten nachher. Nach der subcutanen Ein¬ 
spritzung schwankt sie zwischen 4 und 40°/ 0 . Eine an Basedow 
erkrankte Patientin reagierte dabei überhaupt nicht, und bei einer 
Melancholikerin fand Schulz nach subcutaner Injektion eine Ver¬ 
mehrung um 9 °/ 0 . Als Ausgleich für die Verminderung der Neu¬ 
trophilen finden wir eine Zunahme der Eosinophilen und Lympho- 
cyten. Die der ersteren ist am stärksten bei der subcutanen, 
bedeutend schwächer bei der intravenösen und intramuskulären An¬ 
wendung In einem Falle von Lues cerebri blieb die Reaktion der 
Eosinophilen auf alle drei Applikationsarten aus, bei allen anderen 
Patienten fehlte dieselbe immer nur bei einer. Nach intravenöser 
Injektion liegt die Vermehrung der Eosinophilen zwischen 0,5 und 
fi°/ 0 . Dreimal ist die Zahl derselben unverändert und zwar bei 
1 Nephrose, 1 Neurasthenie, 1 Lues cerebri und 2 mal sogar ver¬ 
ringert (Adipositas bei 0,25 mg und gon. Arthritis bei 0,005 mg 
Suprarenin). In den meisten Fällen finden wir die höchsten Zahlen 
derselben nach 15 Minuten. Von 25 Patienten zeigten bei der 
subcutanen Einspritzung 17 eine Vermehrung der Eosinophilen; die¬ 
selbe schwankt zwischen 1 und 8°/ 0 . 4 Fälle reagierten überhaupt 

nicht (1 Neurosis ventriculi, 2 Dem. praec., 1 Mitralinsuffizienz), 
andere 4 wiesen eine Verringerung der Eosinophilen auf (1 Neu¬ 
rasthenie, 1 Gastroptose, 1 senile Demenz, 1 Lues). 

Nach allen drei Applikationsarten finden wir gewöhnlich eine 
Zunahme der Lymphocyten. Von 30 Patienten reagierten 25 nach 
intravenöser Einspritzung mit einer zwischen 4 und 37°/ 0 liegenden 
Vermehrung, die ihren Höhepunkt meistens nach 15 Minuten erreichte. 
5 Kranke (1 Gravidität, 1 Neurasthenie, 2 Hysterie, 1 Dement, sen.), 
zeigten eine Verminderung von 2—7 °/ 0 . Die Höhe der Dosis spielte 
dabei keine Rolle. Nach subcutaner Injektion trat in allen 25 Fällen 
eine Vermehrung der Lymphocyten ein, die zwischen 2,5 und 40 °/ 0 
schwankte. Meistens war der Anstieg schon nach 25 Minuten vor¬ 
über, wenn auch der Ausgangspunkt öfters noch nicht wieder erreicht war. 


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Das Verhalten der Mononucleären scheint nach Adrenalininjektion 
nicht einheitlich zu sein. Nicht einmal dieselben Individuen reagieren 
gleichmäßig bei den verschiedenen Applikationsarten. Nach intra¬ 
venöser Darreichung zeigten die Mononucleären unter 25 Fällen 
10 mal eine Erhöhung, 5 mal fehlte jede Veränderung und 10 mal 
trat eine Verminderung ein. Und zwar zeigte sich sowohl die Erhöhung 
als auch die Verminderung ganz unregelmäßig bald nach 15, bald 
nach 25 Minuten. Die Zahlenunterschiede waren in beiden Richtungen 
nicht groß und liegen fast im Bereich der Fehlergrenze. Nach der 
subcutanen Injektion waren die Zahlen der Mononucleären 15 mal 
vermindert und 10 mal vermehrt unter 25 Fällen. 

Billigheimer kommt ebenso wie wir zu dem Schluß, daß die Ver¬ 
änderung des weißen Blutbildes -das konstanteste Symptom ist, 
während Fa'ta, Newburg und Nobel allerdings nach subcutaner In¬ 
jektion häufiger eine Veränderung des Blutdruckes beobachtet 
haben wollen. Und zwar ist nach Billigheimer typisch eine absolute 
und relative Lymphocytose in der ersten Phase und Steigen der 
polymorphkernigen Zellen in der zweiten, ferner Neigung der Eosino¬ 
philen zur Verminderung. Walterhöf er sah eine rasch einsetzende 
und rasch abklingende Leukocytenvermehrung sowohl nach subcutaner 
als auch nach intravenöser Injektion, an welcher Leukocyten und 
Lymphocyten beteiligt sind. Hatiegan stellte eine starke Leukocyten- 
vermehrung eine Stunde nach der Einspritzung fest, desgleichen 
Rosencw bei allen 9 Patienten eine beträchtliche Erhöhung der 
ge>am en Leukocyten. Auch bei Kindern und Säuglingen fand 
Grimm eine schnell ansteigende Leukocytose. Nach Falta , Rudinger 
und Bertelli sind an der Leukocytose die polynucleären und neu- 
tri phileu Zellen überwiegend beteiligt. Ebenso wie Billigheimer 
und Wollenbeig sahen auch Falta , Rudinger und Bertelli die Eosino¬ 
philen . ich verringern. Nach Hatiegan verschiebt sich die relative 
Zahl der Neutrophilen zugunsten der Lymphocyten. Frey be¬ 
obachtete ein Konstantbleiben oder gar Sinken der absoluten Zahl 
der Neutiophilen in den ersten 30 Minuten und einen raschen Anstieg 
der relativen wie absoluten Lymphocytenwerte, ebenso auch Grimm . 
Dabei sank die Zahl der Neutrophilen relativ, absolut stieg sie 
etwas an oder blieb unverändert, was sich aber mit meinen Be¬ 
obachtungen nicht deckt und wohl bedingt ist durch die Appli¬ 
kationsart. Frey und Hagemann sehen als Ursache der Adrenalin- 
lymphocvtose eine mechanische Mobilisierung lymphocytärer Ele¬ 
mente an, vor allen Dingen in der Milz, wobei das Adrenalin auf 
die glatte Muskulatur der Kapsel, Trabeckel und Gefäße wirken 
soll. S e empfehlen daher die Adrenalininjektion zur Funktions¬ 
prüfung der Milz. Schenk und Nägeli erklären die Vermehrung zur 



— -3rigin*Hröm - 

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Über die Wirkung des Adrenalins. 


61 


Hauptsache durch eine plötzlich zustandegekommene Verstärkung 
des Blutkreislaufs. Nach Friedt>erg soll es sich bei der Wirkung 
des Adrenalins nicht um den Ausdruck einer Erregung der spezi¬ 
fischen Angriffspunkte, sondern vielmehr um eine allgemeine Reak¬ 
tionsweise des Organismus, speziell des Komplementes und der 
lymphatischen Organe auf irgendwelche unspezifischen Insulte 
handeln. Friedberg denkt an chemotaktisch wirkende Kräfte. Walter - 
höfer meint mit Recht, der Lymphocytose sei zu große Bedeutung 
beigelegt worden. Das Hauptgewicht bei der Veränderung der 
weißen Blutzellen durch Adrenalin liegt in der absoluten Zunahme 
der Gesamtzahl der Leukocyten. Er hat im Tierversuch nachge¬ 
wiesen, daß diese Leukocytose nicht auf einer ungleichmäßigen Ver¬ 
teilung, sondern auf einer Vermehrung der weißen Zellen im Blut 
beruht. Die Erscheinungen folgen den für Leukocytose geltenden 
Gesetzen: Intensität und Dauer des Reizes einerseits, Anspruchs¬ 
fähigkeit der blutbildenden Organe anderseits seien die Faktoren, 
von denen die Veränderungen des weißen Blutbildes nach Adrenalin 
abhängen. Auch das Verhalten der Lymphocyten müsse auf den 
funktionellen Zustand des gesamten lymphatischen Apparates zurück¬ 
geführt werden. 

An Nebenwirkungen der Adrenalineinspritzungen, die naturgemäß 
bei der intravenösen stärker sind als bei der subcutanen, habe ich 
folgendes beobachtet: Unter 92 Fällen sah ich 2 mal einen schnell 
vorübergehenden Kollaps nach 0,2 resp. 0,5 mg intravenös. Bei 
einem 60jährigen Patienten mit Angina pectoris trat bei 0,3 mg 
intravenös eine kurz dauernde Hämoptoe auf. Bei Leuten mit 
Herz- und Gefäßerkrankungen ist also äußerste Vorsicht in der 
Dosierung des Adrenalins geboten. Einmal beobachtete ich bei 
0,2 mg Erbrechen. Kopfschmerzen, Blässe und Schwindelgefühl 
trat regelmäßig bei allen höheren intravenösen Gaben als 0,1 mg 
ein, selbst bei dieser letzten Dosis sah ich sie bei 28 von 30 Pa¬ 
tienten noch. Die Blässe des Gesichtes ging dann in eine tiefe 
Rötung über. Diese Nebenwirkung überdauerte zuweilen die übrigen 
Adrenalinwirkungen. Ja selbst bei Dosen von 0,0075 mg und 0,01 
und 0,025 mg sah ich sie je einmal auftreten. Bei den kleineren 
Dosen fehlten sie, obwohl bei diesen Blutdrucksteigerung usw. als 
Ausdruck einer Adrenalinwirkung nachweisbar war. Bei subcutaner 
Verabreichung von 0,3 mg und weniger traten obige Erscheinungen 
nie auf, wohl aber bei höheren Dosen. Diese Nebenerscheinungen 
führe ich auf den hochgradigen, durch Adrenalin hervorgerufenen 
Spasmus der Gehirn- resp. Gesichtsgefäße zurück. Die in 10 °/ 0 der 
Fälle auftretenden Nierenschmerzen dürften als Ausdruck einer 
starken Kontraktion der Nierengefäße angesehen werden. Bei 9 


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62 


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von 30 Patienten mit 0,1 mg intravenös beobachtete ich Tremor 
der Hände, für den man vorläufig keine sichere Erklärung hat 
13 dieser letzteren Kranken zeigten auch erhöhte Dermographie. 
Bei 5 derselben trat auch eine respiratorische Pulsarhythmie auf, 
wohl infolge Beeinflussung des Vaguszentrums. Ebenso klagten diese 
30 Patienten über lästiges Herzklopfen. 

Endlich habe ich auch noch versucht, ob Adrenalin bei rectaler 
Applikation wirkt, und zwar wurden 1 —12 ccm Suprarenin in Form 
eines Klysmas verabreicht. Auch bei den großen Dosen von 10—12 mg 
sah ich keinerlei Adrenalinwirkung, Blutdruck und Pulsfrequenz 
blieben unverändert. Ich schließe daraus, daß das Adrenalin bei 
rectaler Einverleibung überhaupt nicht oder nur ganz langsam 
resorbiert wird, so daß es keine augenfällige Wirkung zeigen kann 
oder daß es bereits im Darm eine Zersetzung erfährt. Es folgt für 
mich hieraus, daß es vollständig zwecklos ist, etwa Tropfeinläufen 
Adrenalin zuzusetzen. Löwe hat bekanntlich auch bei der peroralen 
Darreichung des Adrenalins keinerlei Wirkung gesehen. 

Zusammenfassung. 

Nach der intravenösen Adrenalininjektion trat stets mit einer 
Ausnahme eine Blutdrucksteigerung ein mit nachfolgendem Ab¬ 
sinken, bei höheren Dosen selbst unter den Ausgangswert. Die 
kleinste sicher wirksame Dosis war 0,005 mg; 67 °/ 0 der Fälle 
reagierten sogar noch auf 0,001 mg. Die subcutane Einspritzung 
rief in 94°/ 0 ebenfalls eine Druckerhöhung hervor, die zwischen 15 
und 20 Minuten ihre Höhe erreichte und nach 30 Minuten abge¬ 
sunken war. Bei 6°/ 0 trat zunächst eine Blutdrucksenkung ein, 
auf die, aber auch nicht immer, eine Steigerung folgte. Die kleinste 
wirksame Gabe betrug 0,1 mg. 

Atropin oder Papaverin mit Adrenalin gleichzeitig gegeben be¬ 
wirken eine beträchtlichere Blutdruckerhöhung als Adrenalin allein. 

Der Puls zeigte nach intravenöser Einverleibung und zwar sofort 
in 94 0/ 0 der Fälle eine Zunahme, in 6°/ 0 eine Abnahme und in 
einem Fall keine Veränderung. Geringste wirksame Dosis 0,001 mg. 
Nach der subcutanen Injektion beobachtete ich in 93 °/ 0 eine Ver¬ 
mehrung, in 7° 0 eine Verminderung. Geringste sicher wirksame 
Menge 0,5 mg. 

Nach gleichzeitiger Anwendung von Atropin und Papaverin steigt 
die Pulszahl erheblich an. 

Die Atmung nahm nach der intravenösen Einspritzung in 80 °/ 0 
bis zu 28 Atemzügen zu, in 20°/ 0 trat eine Verminderung ein. 
0,005 mg wirkten noch deutlich. Über den Einfluß bei subcutaner 
Anwendung besitze ich selbst keine Beobachtungen. 



- Qr i g i raH mm - 

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über die Wirkung des Adrenalins. 


63 


Der Blutzucker zeigte stets eine Zunahme um 0,004 bis 0,113° 0 
bei der intravenösen Einverleibung, selbst noch bei 0,001 mg; nach 
der subcutanen um 0,01 bis 0,095 °/ 0 , geringste wirksame Menge 0,1 mg. 

Glykosurie beobachtete ich nur nach subcutaner Injektion und 
zwar in 4°/ 0 der Fälle. 

Ebenso nahm nach der intravenösen Darreichung die Bluttrocken¬ 
substanz in 94°/ 0 der Beobachtungen um 0,1 bis 7,2 °/ 0 zu, selbst 
bis 0,001 mg abwärts; nach der subcutanen blieb sie in 7°/ 0 aus. 
Die Vermehrung betrug in den übrigen Fällen 0,3 bis 8,0 °/ 0 . 

Die Vermehrung der Bluttrockensubstanz wird durch Auspressung 
von Plasma aus den Gefäßen erklärt. 

Der Kochsalzgehalt stieg nach intravenöser Injektion stets an 
um 0,02 bis 0,08 °/ 0 ; nach subcutaner wurde nicht darauf untersucht. 

Die roten und weißen Blutkörperchen nahmen nach der sub¬ 
cutanen und intravenösen Injektion zu, ein deutlicher Unterschied 
trat hier nicht zutage. 

Die Neutrophilen zeigten in 96°/ 0 der Fälle eine Abnahme, die 
bei der intravenösen Einverleibung deutlicher war als bei der sub¬ 
cutanen; bei letzterer wurde in 94°/ 0 eine Abnahme gefunden, 
einmal eine Zunahme und einmal ein Gleichbleiben. 

Die Eosinophilen wiesen sowohl nach der intravenösen als auch 
nach der subcutanen Injektion in 90 °/ 0 resp. 68°/ 0 eine Zunahme 
auf, in den übrigen Fällen trat entweder keine Veränderung oder 
eine Verminderung ein. 

Die Lymphocyten nahmen nach der subcutanen Einspritzung 
stets zu, dagegen bei der intravenösen nur in 85 °/ 0 der Fälle, in 
den übrigen 15 °/ 0 zeigte sich eine Verminderung. 

Die Mononucleären zeigten sowohl nach der subcutanen wie 
intravenösen Einverleibung in 40°/ o eine Vermehrung, in 60°/ o 
resp. 40 °/ 0 eine Verminderung, in den übrigen Fällen trat eine 
Veränderung nicht auf. 

In der Erhöhung der Leukocytenzahl haben wir bei der sub¬ 
cutanen Anwendung eine beständigere Reaktion auf Adrenalin, als 
in der Blutdrucksteigeiung und Pulsfrequenzvermehrung,' bei der 
intravenösen sind sie gleich. 

Rectale Einverleibung des Adrenalins bewirkt keine Reaktion. 
Zusatz von Adrenalin zu Tropfeinläufen ist daher zwecklos. 

Nebenerscheinungen lassen sich durch richtige Wahl der Dosis 
auch bei der intravenösen Einspritzung vermeiden, bei dieser sind 
sie selbstverständlich stürmischer als bei der subcutanen. 

Die Verschiedenheit in der Wirkung des Adrenalins je nach 
dem Wege der Einverleibung ist nur durch örtliche Änderungen in 
den Resorptionsverhältnissen zu erklären. 


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04 0. Platz: 

In einer nach Fertigstellung dieser Arbeit erschienenen Ver¬ 
öffentlichung kommt Fomet zu dem Schluß, daß der Effekt einer 
genau dosierten Adrenalinmenge nur bei der intravenösen Injektion 
sicher zu bestimmen ist. Dabei ist die Höhe der Blutdrucksteigerung 
nur in Beziehung mit ihrer Dauer verwertbar. Fomet steht also 
auf Grund seiner Untersuchungen auf demselben Standpunkt, wie 
ich auf Grund meiner. 


Literaturverzeichnis. 

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f. klin. Med. 135, 208. - Wollenberg, Zeitschr. f. klin. Med. 92, H. 1 — 3, S. 249. 


Gck igle 


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Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut der 
Meerschweinchen nebst einigen Angaben 
über den Blutbefund. 

Von 

Dr. Tomoji Iwabuchi (Korea, Japan). 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik in Wien [Vorstand: Prof. Dr. C. Pirquet].) 

Mit 4 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 1. Juli 1922.) 

Die Zahl der experimentellen Arbeiten, die sich mit dem Skorbut 
der Meerschweinchen befassen, mit der Bedeutung der Zufuhr der 
Vitamine für die Verhütung dieser Erkrankung, ist außerordentlich 
groß, hingegen liegen nur ganz vereinzelte Stoffwechselversuche vor 
bei der Barlowschen Krankheit und ganz vereinzelte Organanalysen 
beim Kinde, welche zur Aufgabe hatten, die Organe bei dieser inter¬ 
essanten Krankheit chemisch zu untersuchen. Organanalysen über 
den experimentellen Skorbut am Meerschweinchen sind bisher über¬ 
haupt nicht veröffentlicht worden. Von den neueren klinischen Ar¬ 
beiten, die sich mit dem Stoffwechsel bei der Barlowschen Krankheit 
befassen, will ich nur die Arbeit von Lust und Klocman aus dem 
Jahre 1912 und die Arbeit von Maria Frank aus dem Jahre 1920 
erwähnen. Lust und Klocman fanden bei Stoffwechseluntersuchungen, 
die sie an einem an schwerster Barlowscher -Krankheit leidenden 
Kinde durchgeführt haben, daß der Stoffwechsel des Stickstoffs sich 
in keinem Stadium der Krankheit von dem gesunder Kinder irgend¬ 
wie nennenswert unterscheidet. Sehr interessant ist ihre Feststellung, 
daß der Mineralstoffwechsel (Gesamtasche, Kalk, Phosphor und Chlor) 
während des floriden Stadiums der Erkrankung im Vergleich zu ge¬ 
sunden Kindern eher erhöht als geschädigt bezeichnet werden muß. 
Sie fanden weiter, daß im Stadium der Rekonvaleszenz die erwähnten 
Mineralstoffe eine stark negative Bilanz aufwiesen und erst nach 
Wochen sich den normalen Verhältnissen näherten, ohne aber dieses 
Ziel -zu erreichen zu jener Zeit, in der die klinischen Symptome der 
Krankheit als beendet bezeichnet werden konnten. Lust und Klocman 
nehmen an, daß die erwähnten negativen Aschenbilanzen ihr Ent¬ 
stehen einer vermehrten Ausscheidung, wie sie sagen, einer Art Aus¬ 
schwemmung von totem Material verdanken, das sich während des 
Z f. d. g. exp. Med. XXX. 5 


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66 T. Iwabuchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


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floriden Stadiums der Erkrankung angesammelt hat. Sie betonen 
weiter, daß der Stoffwechsel beim Morbus Barlow in keiner Weise 
mit dem bei Rachitis vorhandenen Ähnlichkeiten aufweist, ja sogar 
zu diesem im Gegensätze steht. Frank hebt hervor, ebenso wie dies 
Lust und Klocman getan haben, daß die von diesen zuerst beobach¬ 
tete Retention von Aschenbestandteilen in einem früher entwickelten 
Stadium der Krankheit, ebenso wie die starke Kalkausscheidung im 
Stadium der Heilung nicht auf Zufälligkeit beruht, sondern wahr¬ 
scheinlich zum Symptomenkomplex der Barlowschen Krankheit ge¬ 
hört. Es wird für unwahrscheinlich gehalten, daß der Ort der • 
starken Aschenretention das Skelett wäre. 

Währenddem die hier angeführten Untersuchungen von Lust und 
Klocman sich mit dem Stoffwechsel des barlowkranken Kindes be¬ 
fassen, hatten es Bahrdt und Edelstein sich zur Aufgabe gemacht, 
bei einem an der Barlowschen Krankheit verstorbenen Kinde eine 
genaue Organanalyse vorzunehmen, speziell die Mineralien zu ana¬ 
lysieren. Sie untersuchten nicht nur die wichtigsten Knochensub- 
stanzen, also Kalk und Phosphor, sondern außerdem die Alkalien 
und analysierten außer dem Knochen auch andere Organe, nämlich 
Leber, Niere, Muskel und Blut, um etwas über die Wege und den 
Verbleib etwa fehlender Mineralien zu erfahren. Ähnliche Unter¬ 
suchungen wurden bei der Rachitis bekanntlich von Brubacher und 
Stöltzner , Aschenheim und Kaumheimer angestellt. Das wichtigste 
Resultat dieser Untersuchungen besagt, daß bei dem barlowkranken 
Kinde der Knochen an Trockensubstanz außerordentlich verarmt war. 

Sie fanden in dem Barlow-Knochen nur halb soviel Trockensubstanz 
wie normal. Die Verminderung der Trockensubstanz geht zum 
größten Teil auf Kosten einer Ascheverminderung. Die Asche bildet 
nach den Untersuchungen von Bahrdt und Edelstein beim barlow¬ 
kranken Kinde weniger als die Hälfte der Trockensubstanz, beim 
normalen viel mehr als die Hälfte. Sie fanden weiter eine gleich¬ 
sinnige Verminderung des Kalk- und Phosphorgehaltes, auf frische 
Substanz bezogen nur etwa 1 / 3 — 1 / 5 der normalen Kalkwerte und 
etwa 1 J 4 —der normalen Phosphorwerte. Sie beobachteten, daß 
die chemischen Analysen von Calcium und Phosphor im Knochen 
bei dem barlowkranken Kinde ähnliche Mineralzusammensetzung 
zeigte wie bei der Rachitis, ohne natürlich eine ätiologische Ver¬ 
wandtschaft zwischen Barlow und Rachitis betonen zu wollen. 

In ihren Resultaten stehen Bahrdt und Edelstein im Gegensatz zu 
den Befunden im Stoffwechselversuche von Ijust und Klocman. Die 
Analyse der inneren Organe und des Blutes ergab, daß große auf¬ 
fallende Abweichungen in den visceralen Organen nicht festzustellen 
waren außer einer gewissen Kalkverarmung der Muskeln. Namentlich 



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der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 67 

erwies sich auch der Phosphorgehalt als normal. Die Muskeln unter¬ 
schieden sich von normalen durch eine deutliche Kalkverarmung, 
die bei Leber und Niere fehlte. Die genannten Autoren konnten 
in den Barlow-Muskeln trotz genügenden Analysenmaterials kein 
Kalk bestimmen. Der Phosphor wurde in allen inneren Organen in 
normaler Quantität gefunden, auch im Muskel. Im Blut wurden 
keine Kalk- und Phosphorbestimmungen vorgenommen, da zu wenig 
Material vorhanden war. Kalium und Natrium waren im Blute 
normal. 

In Japan hat sich infolge der Zunahme der künstlichen Ernäh¬ 
rung die Barlowsche Krankheit immer mehr verbreitet. Diese Tat¬ 
sache hat mich bewogen, mich mit der Barlowschen Krankheit inten¬ 
siver zu befassen und zunächst die Nebennieren Veränderungen beim 
experimentellen Skorbut zu studieren. Weiterhin habe ich mein 
Interesse den chemischen Veränderungen der Organe zugewendet, 
wobei ich erstaunt war, feststellen zu können, daß experimentelle 
Arbeiten nach dieser Richtung noch nicht vorliegen. Die Versuche, 
welche Verfasser an der Wiener Universitäts-Kinderklinik vornahm, 
erstrecken sich auf Beobachtungen über die Veränderung des Blutes 
am lebenden Tier, sowie auf die Untersuchung der Organe des toten 
Tieres. Es wurden insgesamt 23 Meerschweinchen für diese Ver¬ 
suche verwendet, und zwar wurden 12 Meerschweinchen vitaminfrei 
gefüttert zum Zwecke der Skorbuterzeugung, 6 Meerschweinchen er¬ 
hielten als Kontrolltiere eine antiskorbutische Nahrung, die sich von 
der bei der ersten Gruppe nur durch den Vitamingehalt unter¬ 
schied, 2 Meerschweinchen wurden, um Vergleichszahlen zu ge¬ 
winnen, bei einfacher Wasserzufuhr verhungern gelassen und 
3 gewöhnliche Laboratoriumstiere, bei denen auf die vorherige 
Ernährung keine weitere Rücksicht genommen wurde, zwecks 
Organanalyse getötet. Die Versuchstiere sind im Stadium der 
schwersten Skorbuterkrankung entweder spontan zugrunde gegangen 
oder sind so wie die übrigen Kontrolliere durch Entblutung 
vorher schon getötet worden. 

Um bei den Versuchstieren Skorbut hervorzurufen, wurde die 
Milch (Kuhmilch) zwei Stunden hindurch gekocht, bzw. getrocknete 
Haferkleie verwendet. Die gekochte Milch wurde derart verabreicht, 
daß sie entweder durch Eindampfen auf das halbe Volumen gebracht, 
in dieser Form gegeben wurde oder indem sie nach Einengen durch 
nachherigen Wasserzusatz wieder auf das ursprüngliche Volumen ge¬ 
bracht wurde. Den Kontrollieren wurde zur Verhütung der Bar¬ 
lowschen Krankheit der Preßsaft von Kohlrüben gegeben. Der Kohl- 
rübensaft wurde durch Zerkleinern der Kohlrüben auf einem Reib¬ 
eisen und nachfolgendes Auspressen mit Hilfe eines Tuches gewonnen. 

5* 


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08 T. Iw&buchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


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Di© Meerschweinchen erhielten täglich 7—10 g dieses Saftes mittels 
eines größeren Tropfglases gewaltsam zugefüttert. Nach ca. drei 
Tagen nahmen die Tiere die dargereichte Nahrung bereits aus dem 
Tropfglas spontan zu sich. Im folgenden bringe ich das Körper - 
gewicht der spontan zugrunde gegangenen Tiere . 

Versuchsfage: 


350\ 



ISO 


100 


SO 


Haferkteie 

ßocfu 

Nemwert 

Nahrung* 

gement 


11 11'1 1 

1 1 1 1 1 1 

r<~ 


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1 


I 

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gt8g8l88&888&ig&£88alS«88&i8t&B*a»8«R«a«tttft 

Saasas* ««***•« 


*) decinem = 0,1 g Milchnährwert. 
Abb. 1. 



I Gewicht beim 

Gewicht am Vor¬ 


Nr. 

| Versuchsbeginn 

tage des Todes 

Versuchstage 


8 

g 


I 1 ) ! 

255 

1 170 1 

28 

III 1 ) 

195 

157 

! 34 

IV 2 ) j 

1 285 

186 

43 

VI 2 ) j 

, 245 

! 132 

32 

VII 1 ) 1 

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Die durchschnittliche Körpergewichtsabnahme bei diesen sieben Tieren 
beträgt 31,59°/ 0 , die durchschnittliche Versuchsdauer 35.57 Tage. 


x ) Milch als Gleichnahmng. 
fl ) Milch als Doppelnahrung. 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 69 


Um einwandfreie Vergleiche anstellen zu können, wurden fünf 
erkrankte Tiere durch Entblutung getötet. Das Körpergewicht dieser 
fünf getöteten Tiere betrug (vgl. Abb. 1 u. 3). 




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39 


Die durchschnittliche Körpergewichtsabnahme beträgt bei diesen 
fünf Tieren 22,83 °/ 0 , die durchschnittliche Versuchsdauer 46,4 Tage. 

Die entsprechenden Daten der sechs antiskorbutisch gefütterten 
Kontrolliere lauten (vgl. Abb. 2 u. 4): 

Milch als Gleichnahrang. 

2 ) Milch als Doppelnahrung. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




70 T. Iwabuchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


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Die durchschnittliche Körpergewichtszunahme beträgt bei diesen sechs 
Tieren 66,27 °/ 0 , die durchschnittliche Versuchsdauer 51,8 Tage. 

Die Daten der zwei Verhungerungstiere sind 


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Die durchschnittliche Körpergewichtsabnahme beträgt bei diesen 
Tieren 25,8 °/ 0 , die durchschnittliche Versuchsdauer 6 Tage. 

Die Unterschiede der Körpergewichtsabnahmen und der Versuchs¬ 
dauer gegenüber den Resultaten in meiner früheren Arbeit 8 ) erklären 
sich durch den Unterschied in der Fütterung. Ich habe bereits 
oben erwähnt, daß ein Teil der Versuchstiere mit einer auf gekochten 
Milch als Gleichnahrung, ein anderer Teil mit konzentrierter Milch 
als Doppelnahrung gefüttert wurde. Die mit Gleichnahrung gefüt¬ 
terten drei Kontrolliere zeigten bei einer durchschnittlichen Versuchs¬ 
dauer von 55 Tagen eine Körpergewichtszunahme von 88,17°/ 0 und 
die mit doppeltkonzentrierter Milch gefütterten drei Kontrolliere bei 
einer Versuchsdauer von 46 1 / 2 Tagen eine Körpergewichtszunahme 
von 50,89 °/ 0 . 

Von den sechs skorbutkranken Tieren zeigten die mit einfacher 
Milch gefütterten, bei einer durchschnittlichen Versuchsdauer von 
49,6 Tagen, eine Körpergewichtsabnahme von 21,73°/ 0 , bei konzen¬ 
trierter Milchfütterung die sechs anderen skorbutkranken Meer¬ 
schweinchen bei einer durchschnittlichen Versuchsdauer von 40 1 /« 
Tagen eine Körpergewichtsabnahme von 34,66 °/ 0 . Diese Resultate 
zeigen, daß sowohl die erkrankten wie die Kontrolliere die Voll¬ 
milch besser vertragen haben als die eingeengte. 

l ) Milch als Gleichnahrung. 

? ) Milch als Doppelnahrung. 

8 ) Über die Nebennierenveränderungen beim experimentellen Skorbut. 
Zieglers Beiträge 1922. 



Original from 

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der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 71 

Klinischer Befund . Das Körpergewicht jedes Versuchstieres, das 
vitaminfrei gefüttert wurde, nimmt durch 10—12 Tage langsam zu, 
um dann ziemlich rasch abzunehmen, bis zum Eintritt des Todes. Vom 
10. Tage an erwiesen sich die erkrankten Tiere weniger lebhaft, an den 
Hinterbeinen traten Bewegungsstörungen auf, ebenso waren Schmerz¬ 
empfindungen bei der Berührung festzustellen. Diese Erscheinungen 
konnten später auch an den Vorderbeinen beobachtet werden bei 
gleichzeitiger starker Erschöpfung. Von zwei Ausnahmen abgesehen, 
setzte am 24.—25. Versuchstage Diarrhöe ein, die mit der zunehmen¬ 
den Erkrankung immer hoch¬ 
gradiger wurde, jedoch einige 
Tage vor dem Tode erlosch. 

Bei vier Versuchstieren konnte 
vor dem Auftreten derDiarrhöe 
reichliche reine Blutentlee¬ 
rung (nicht blutige Diarrhöe) 
beobachtet werden. Der Ap¬ 
petit der Tiere war bis zum 
Tode gut. 

Obduktionsbefund . Alle 

Tiere waren stark abgemagert, 
die Knorpel - Knochengrenze 
aller Rippen war fahlgelb ver¬ 
färbt, ihre Umgebung lebhaft 
gerötet. Jedes der skorbut- 
krankenMeerschweinchen wies 
dunkelrote Blutungen in den 
Wadenmuskeln auf und strei¬ 
fenförmige Hämorrhagien im 
Kniegelenk. In vier Fällen 
war Zahnfleischblutung und 
Lockerung der Zähne erkennbar. Vier Tiere zeigten Blutungen 
in der Muskulatur der oberen Extremitäten. Drei Tiere wiesen 
seröse Überzüge des Darmes auf mit zahlreichen kleinen punkt¬ 
förmigen Blutungen. Andere auffällige Veränderungen der Einge¬ 
weide oder der inneren Organe konnten makroskopisch nicht be¬ 
obachtet werden. 

Refraktometrische Untersuchungen. Das Blut wurde in Capillaren 
den Ohrmuscheln entnommen, bei drei erkrankten Tieren war die 
Erschöpfung derart vorgeschritten, daß eine Blutentnahme nicht 
möglich war. Bei 20 Versuchstieren (12 skorbutkranke, 6 Kontroll¬ 
iere, 2 Verhungerungstiere) schwankte der Eiweißgehalt des Blutes 
beim Beginn des Versuches zwischen 5,23°/ 0 bis 7,11 °/ 0 , betrug 


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•) declnem = 0,1 g Milchn&hrwert. 
Abb. 3. 


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T. Iwabuchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


somit im Durchschnitt 6,1 °/ 0 . Die zwölf erkrankten Tiere zeigten 
beim Beginn des Versuches einen Eiweißgehalt im Blut von ca. 6,2 °/ 0 
im Durchschnitt, vor dem Tode betrug der durchschnitliche Eiwei߬ 
gehalt 5,85°/ 0 (8. Tabelle I). 

Blutkörperchenzählung. Der Hämoglobingehalt wurde in 14maligen 
Untersuchungen an drei gesunden Kontrollieren und an drei nor¬ 
malen Laboratoriumstieren festgestellt und betrug 78-—95°/ 0 Sahli, 

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0.1 g Milchn&hrwert. 

Abb. 4. 

im Durchschnitt 87°/ 0 Sahli. Der durchschnittliche Gehalt an weißen 
Blutkörperchen wurde bei diesen sechs Tieren mit 13 774, der Ge¬ 
halt an roten Blutkörperchen mit 5 350000 gefunden. Das Verhältnis 
der weißen zu den roten Blutkörperchen beträgt somit 1: 388. Bei 
den kranken Tieren w urden vom 25. Versuchstage an 28 mal Blut¬ 
untersuchungen vorgenommen, die einen Hämoglobingehalt von durch¬ 
schnittlich 70 °/ 0 Sahli zeigten. Die erkrankten Tiere weisen demnach 
eine deutliche Verminderung des Hämoglohivg eh altes des Blutes auf. 
Die kranken Tiere hatten im Durchschnitt 17 209 Leukocyten, 
5140000 Erythrocyten. Das Verhältnis zwischen beiden etwa 1 : 298. 


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Original from— - - 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 


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Prozente Eiweiß im Blutserum 


der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 73 



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UNIVERSITY OF MINNESOTA 




74 T. Iwabuchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


Die kranken Tiere weisen demnach eine mäßige Leukocytose bei 
deutlicher Hämoglobinverarmung auf. Die morphologische Blutunter¬ 
suchung der kranken Tiere zeigte keine Besonderheiten (s. Tab. II. u. III). 

Tabelle II. 

Blutuntereuchung bei gesunden Tieren. 


Drei normale Laboratoriumatiere Zwel Verhungemn«.- 
E I | tiere 

$ 1 o "i 2 H V~i T 

Tag 28. 28. 28. 1. Tag 8. 2. 

Hämoglobin %li 89~ I 90 95 95 80 I 78 82 95 

Leukocyten 16224 15600 15912 10608 12700 14500 8424 10638 

Erythrocyten ;| 570000015750000 6050000 5460000 5250000 15450000 5450000 5950000 



Tag 

38. 

38. 

38. 

L 1 

5. 

5. 

Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Eiythrocyten 

85 

1 13426 

16200000 

90 

15288 

5250000 

90 

13140 

5250000 

1 

82 

6552 

15860000 , 

85 

6802 

6450000 

Tag 

| **• 1 

44. 

44. 1 

i 

1 1 



Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 

88 

15912 

|5250000 

12792 

5250000 

92 

14096 

5750000 




1 


Tag II I 55. I 55. 


Hämoglobin °/ 0 | 
Leukocyten 
Erythrocyten | , 

95 | 95 

1 15072 i 15954 
(5350000 ,5450000 



Durchschnitt: 

Durchschnitt: 


Hämoglobin °/ 0 

90 

84 


Leukocyten 

14856 

12633 


Erythrocyten 

5850000 

5850000 



Durchschnitt von 14 Untersuchungen (3 Kontroll- und 3 Normaltiere): 


Hämoglobin °/ 0 | 87 

Leukocyten 13774 Leukocyten 1:388 Erythrocyten 

Erythrocyten 5 350000 


Chemische Untersuchungen. Für derartige Untersuchungen, wie 
ich sie durchzuführen die Absicht hatte, ist es unbedingt notwendig, 
um ein verläßliches Resultat zu erhalten, möglichst viel Unter¬ 
suchungsmaterial und Vergleichsmaterial zu erlangen. Da die Organe 
der einzelnen Tiere hierfür nicht genügt hätten, wurden die Organe 
mehrerer Tiere gleichzeitig verarbeitet. Da auch die Ernährung und 
die Altersverhältnisse einen großen Einfluß haben, wurden die 
12 skorbutkranken und die 6 Kontrolliere durch längstens 56 Tage 
gleichartig ernährt, nur erhielten letztere, wie bereits erwähnt, zur 



UNIVERSITY OF MINNESOTA 








der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 75 


Tabelle III. 


Blutuntersuchung bei kranken Tieren. 


II V 

Versuch 

1 1 ? 

VII 

VIII 

IX 

X 

XI 

XII 

* 

? 

$ | 5 

s 

* 

Tag 

36. 36. 

25. 

25. 

25. 

24. 

22. 

22. 

Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 

6& 44 

19848 | 7958 

6450000 4550000 

85 

12792 

6950000 

75 

13224 

4900000 

83 

7800 

5350000 

84 

16536 

5550000 

85 

21 344 
5650000 

95 

16380 

5250000 

Tag 

39. 

30. 

30. 

30. 

30. 

29. 

29. 

Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 

63 | 

16128 

6400000 

75 

13116 

6150^00 

55 

21684 

4300000 

^8 

9600 

3650000 

80 

19434 

5150000 

80 

10960 

4900000 

90 

15912 

5250000 

Tag 


36. 

36. 

36. 

33. 

32. 

32. 

. _ 

Hämoglobin °, 0 ! 

Leukcyten 

Erythrocyten 


70 

11232 

4750000 

50 

27300 

(3350000 

65 

5928 16458 

4200000 6250000 

75~ 

13164 

5500000 

80 

16336 

5850000 

Tag 


40. 

40. 

37. 

:K 


Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 


60 

15345 
47500 0 

50 

25428 

4700000 

70 

19344 

4450000 ; 

75 

1 20748 
4600000 


Tag 

44. 


42. 


Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 


65 

33072 

5450000 


70 

26740 ! 
4650000 | 

1 

Tag 


44. 


Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 


74 

27144 | 
4750000 



Durchschnitt von 27 Untersuchungen bei den erkrankten Tieren: 


Hämoglobin °/ 0 

Leukocyten 

Erythrocyten 


70 

I 17 209 
15140000 


Leukocyten 1 : 298 Erythrocyten 


Nahrung als Zulage an Vitanin Kohlrübensaft. Die chemischen 
Vergleichsresultate sind daher gut zu gebrauchen und von großem 
Interesse. 

Zwecks Untersuchung der Knochen wurden die herauspräparierten 
Röhrenknochen der Extremitäten und die Unterkiefer aller Tiere 
zusammengenommen. Die Trockensubstanz wurde am Wasserbade 
und dann im Trockenschrank bei 100° hergestellt, der Fettgehalt 
wurde mit dem Soxhletschen Extraktionsapparat bestimmt, die 
Phosphorbestimmung nach Neumann 3 die Calciumbestimmung nach 


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7() T. Iwabuohi: Uber Ürgananalysen bei experimentellem Skorbut 


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Aron vorgenommen. Nach der Neumannschen Methode wird die 
Phosphorsäure bekanntlich aus der Säuregemischaschenlösung als 
Ammoniumpho8phormolybdat gefällt. Der mit eiskaltem Wasser aus¬ 
gewaschene Niederschlag wird sodann in überschüssiger n/2-Natron¬ 
lauge gelöst; nach dem Wegkochen des Ammoniaks und völligem 
Erkalten wird mit n/2-Schwefelsäure zurücktitriert. Jedem ver¬ 
brauchten Kubikzentimeter n/2-Natronlauge entsprechen 1,268 P a 0 5 . 
Die Calciumbestimmung nach Aron beruht bekanntlich darauf, daß 
man die organische Substanz von dem frischen oder getrockneten 
Untersuchungsmaterial mit Salpeter Schwefelsäure zerstört und ver¬ 
ascht, das Calcium, das man als Sulfat in der Lösung hat, als solches 
durch Alkohol abscheidet und bestimmt. Das Calcium wird hierbei 
mit einem 2 1 / 9 fach so schweren Molekül (CaS0 4 ~ 136) zur Wägung 
gebracht, als bei der Fällung als Oxalat und Bestimmung als Oxyd 
(CaO = 56). Man braucht demnach nur 2 / 5 der Substanzmenge 
zu veraschen, um dieselbe Genauigkeit zu erzielen, bzw. man erreicht 
mit der gleichen Menge eine 2 l / a mal so große Genauigkeit. Alkali- 
und sonstige Bestimmungen wurden wegen Mangel an Substanz 
unterlassen. Die Bestimmung von Knochenphosphat und Calcium 
und von Muskelphosphat, sowie die Fettbestimmung wurde für jedes 
Kontrolltier einzeln durchgeführt (Doppelanalyten). Der Gehalt an 
Muskelcalcium, sowie an anderen Organsubstanzen konnte wegen des 
zu geringen Untersuchungsmaterials nicht beim einzelnen Tiere, son¬ 
dern nur in der Gesamtheit vorgenommen werden (s. Tabelle IV). 

Wenn wir zunächst den durchschnittlichen Gehalt an Trocken¬ 
substanz der normalen Versuchstiere mit den Kontrollieren bzw. 
mit den verhungerten kranken Tieren vergleichen, so finden wir den 
Gehalt an Trockensubstanz bei den 3 normalen Laboratoriumstieren 
und 6 Kontrollieren am höchsten. Bei den 7 spontan verstorbenen 
skorbutkranken Meerschweinchen am niedrigsten (normale Labora¬ 
toriumstiere 41,82 °/ 0 , Skorbuttiere 29,41 °/ 0 ). Der Wassergehalt be¬ 
wegt sich naturgemäß in entsprechend entgegengesetzter Richtung. 
Was nun den Phosphorgehalt und den Calciumgehalt der kranken 
und gesunden Tiere betrifft, so konnten wir keinen auffallenden 
Unterschied feststellen. Der Phospkorgehalt in den Knochen und 
Muskeln ist zwar bei den skorbutkranken Tieren um etwas niedriger 
als bei den normalen Laboratoriumstieren und 6 Kontrollieren, die 
Ausschläge sind aber ganz unbedeutend. Der Phosphorgehalt des 
Muskels ist bei den skorbutkranken Tieren um etwa 1 °/ 0 geringer 
als bei den normalen Laboratorium stieren. Der Calciumgehalt der 
Knochen und Muskeln der skorbutkranken Tiere ist zwar ebenfalls 
um etwas niedriger als der der normalen Laboratoriumstiere, aber 
in den Muskeln sogar eher etwas größer als bei den 6 Kontrollieren. 



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der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefund. 77 


Tabelle IV. 


Zusammenfassung der Resultate. 


-- 


3 

2 

6 

12 Skorbutkranke, davon 



; Normal- 

Hunger- 

Kontroll- 


7 spontan 

6 entblut. 




tiere 



eingegangen 



°/o 

V. 

V. 

°/o 

°/o 

% 

Trockensubstanz 

41,82 

31,92 

38,40 

30,57 

29,41 

88,55 

Wassergehalt 

58,18 

68,08 

61,60 

69,43 

70,59 

66,45 


Trockensubstanz 

64,0 

56,32 

61,94 

56,12 

54,49 

58,48 


Asche 

0 

0 

61,62 

0 

60,60 

— 

Knochen « 

Fett 

6,24 

1,64 

6,66 

1,80 

1,56 

2,00 


PA 

28,88 

26,13 

27,01 

26,13 

— 

— 


CaO 

30,37 

29,01 

29,43 

28,49 

— 

— 


Trockensubstanz 

29,73 

20,43 

27,51 

20,33 

19,27 

21,62 


Asche 

0 

0 

7,42 

— 

6,08 

— 

Muskel 

Fett 

38,97 

6,60 

21,60 

8,96 

6,62 

10,85 


PA 

. 3,83 

3,55 

— 

2,84 

— 

— 


CaO 

0,318 

0,304 

0,253 

0,267 

— 

— 


Trockensubstanz 

27,38 

25,68 

27,60 

25,48 

23,92 

26,52 

Leber < 

Fett 

19,57 

16,81 

15,56 

14,89 


— 

PA 

3,22 

3,43 

2,95 

3,01 


— 


CaO 

0,132 

0,145 

I 0,128 

0,132 

- 

— 


f Trockensubstanz 

j 22,35 

20,69 

21,74 

19,90 

19,66 

20,44 

Niere < 

Fett 

16,03 

11,46 

13,56 

11,73 

— 

— 

PA 

4,64 

3,94 

3,63 

3,25 

— 

i — 


{ CaO 

0,257 

0 

0,240 

0,262 

— 

— 


f Trockensubstanz 

30,12 

27,54 

30,77 

30,95 

27,29 

! 33,17 

Neben¬ 

1 Fett 

49,66 

36,00 

64,61 

9,64 

— 


niere 

1 PA 

4,99 

4,99 

5,66 

3,49 

— 


i 

[ CaO 

0 

0 

0 

0 

— 

1 


Trockensubstanz 

19,98 

0 

18,23 

17,33 

— 

— 

Blut < 

Fett i 

' 1,54 

0 

1 

! 1,35 

1,01 

— 

— 

PA 

, o 

0 

0 

0 

— 

— 


[ CaO 

i 0,0619 

1 0 

i o 

0,0366 

— 

— 


Auffallend niedrig sind die Werte für Fett in den Muskeln der 
skorbutkranken Tiere gegenüber den Normal- bzw. Kontrollieren 
(8,95°/ 0 gegenüber 38,97°/ 0 bzw. 21,6°/ 0 ); auch bei den Hunger¬ 
tieren ist der Fettgehalt der Muskeln naturgemäß sehr niedrig (6,6 °/ 0 ). 
Die Resultate der Phosphor- und Kalkbestimmung in Leber und 
Niere zeigen auffallende Ähnlichkeit bei den skorbutkranken — und 
Kontrollieren. Die Nebenniere enthält lei den skorbutkranken Meer¬ 
schweinchen etwas weniger Phosphor als bei den normalen — bzw. 
Kontrollieren, jedoch, und das ist das Bemerkenswerte an meinen 
Untersuchungen, eine ganz enorme Differenz im Feltgehalte. Die Neben¬ 
nieren der Skorbutliere toiesen im Durchschnitt etwa 9,54°j 0 Fett auf. 


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78 T. Iwabuchi: Über Organanalysen bei experimentellem Skorbut 


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gegenüber der 4—5 fachen Quantität lei den Normal-, Kordroll - und 
Hungertieren. Ich möchte in diesem Zusammenhänge insbesondere 
auch auf die kürzlich erschienene Mitteilung von Peiper verweisen,, 
die eine Bestätigung für meine an anderer Stelle 1 ) mitgeteilte 
Beobachtung darstellt, daß nämlich eine innige Beziehung zwischen 
Skorbut und Nebenniere zu bestehen scheint. 

Ebenso ist der Calciumgehalt des Blutes der skorbutkranken Tiere 
niedriger als der normalen Laboratoriumstiere. 

Zusammenfassung. 

An 23 Meerschweinchen wurden Organanalysen beim experi¬ 
mentellen Skorbut vorgenommon und Blutuntersuchungen angestellt. 
Hierbei hat sich ergeben: 

Auf Grund der refraktometrischen Blvluntersuchung ist der Ei- 
woißgehalt beim erkrankten Tier im allgemeinen vermindert, der 
Hämoglobingehalt deutlich vermindert,'die Zahl der weißen Blut¬ 
körperchen vermehrt, bei den zwei Verhungerungstieren wurde deut¬ 
liche Leukopenie beobachtet. Die Zahl der roten Blutkörperchen 
und der morphologische Befund zeigte keine Besonderheiten . Die 
chemische Untersuchung ergab eine Verminderung der Aschensubstanz 
(Knochen und Muskeln) des erkrankten Tieres; der Fettgehalt ist beim 
erkrankten Tier auffallend niedrig , besonders in der Nebenniere und 
in den Muskeln . Der Phosphorgehalt der Nebenniere ist herab¬ 
gesetzt, ebenso der Calciumgehalt. Fünf Tiere wurden entblutet und 
im Blut eine einmalige Calciumbestimmung vorgenommen. Der 
Cälciumgehalt war beim erkrankten Tiere um etwa die Hälfte nie¬ 
driger als bei den normalen Laboratoriumstieren. Vielleicht spielt 
die Calciumarmut des Blutes bei den skorbutischen Blutungen eine 
gewisse Rolle. Die bisher in anderen Arbeiten festgestellte Calcium- 
und Phosphorarmut der Knochen, wie sie auch bei Rachitis ge¬ 
funden wurde, konnte durch meine Untersuchungen nicht bestätigt 
werden. Tatsächlich vorhandene Veränderungen bzw. Abweichungen 
von den Normalwerten konnten nur im Blut und in den Neben¬ 
nieren festgestellt werden. Es dürfte wertvoll sein, diese Belunde 
durch weitere Untersuchungen zu vermehren, bzw. durch Vergleiche 
mit Organuntersuchungen bei barlowkranken Kindern zu erweitern. 

Literaturverzeichnis. 

Reiß , Refraktometrische Ausführung der Blutuntereuchung. Erg. d. inn. 
Med. u. Kinderh. 10. 1913. — Bahrdt , Hans und Edelstein , F., Organanalysen 
bei Morbus Barlow. Verh. d. Ges. f. Kinderh. Wien 1913. — Aron , Hans , 


') 1. c. 


Gck igle 


— Origina+-from - 

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der Meerschweinchen nebst einigen Angaben über den Blutbefand. 79 

Eine einfache Methode zur Bestimmung des Calciums in organischen Substanzen. 
Biochem. Zeitschr. 4 . 1907. — Frank , if., Beitrag zur Klinik und zum Stoff¬ 
wechsel der Möller-Barlowschen Krankheit. Jahrb. f. Kinderh. 91. 1920. — 

Lust, F. und Klocman , L. , Stoffwechselversuche bei Barlowscher Krankheit. 
Jahrb. f. Kinderh. 75. 1912. — Abderhalden , Handbuch der biochemischen 

Arbeitsmethoden 1, 419 (Hans Aron). 1910. — Bahrdt, Hans und Edelstein , F. f 
Organanalysen bei Barlowscher Krankheit. Zeitschr. f. Kinderh. 9. 1913. — 
Klieneberger und Walter , Die Blutmorphologie der Laboratoriumstiere. — 
Nobel , E. t Zur Barlowfrage. Zeitschr. f. Kinderh. 28. 1921. — Nobel , E. f Über 
den Wasserhaushalt des kindlichen Organismus Zeitschr. f. Kinderh. 22. 1919. 
— Lockemann , Georg , Aschenanalyse (Abderhalden, Chem. Untersuchungs¬ 
methoden 1922.) — Peiper , Herbert , Über den Lipoidgehalt der Nebennieren¬ 
rinde des Meerschweinchens bei experimentellem Skorbut. Klin. Wochenschrift 
Nr. 25, 1922. — Peiser, Bruno , Störungen der Adrenalinbildung in den Neben¬ 
nieren unter äußeren Einflüssen und ihre biologische Bedeutung. Zeitschr. f 
d. ges. exp. Med. 27. 1922. 


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Die Spezifität der Taberkulinreaktion. 

Vergleichende Untersuchungen mit Tuberkulin und Eiwei߬ 
körpern an experimentellem und klinischem Material. 

Von 

Dr. Erich Hagemann. 

(Aus der Medizinischen Klinik Kiel [Direktor: Prof. Dr. A. Schittenhelm}) 
Eingegangen am 2. Juni 1922. 

Eine Arbeit über die Spezifität des Tuberkulins wird zweck¬ 
mäßig mit einer kurzen Definition des Begriffs beginnen müssen, so 
überflüssig dies bei einer so allgemein bekannten und gebrauchten 
Vorstellung anmuten mag. Ein Überblick aber über die seit 3 
Jahrzehnten entstandene Literatur dieser Frage rechtfertigt dieses 
Vorgehen; scheint doch gleichsinnig mit der Häufigkeit der An¬ 
wendung eines solchen Begriffs seine Anschaulichkeit zu verblassen. 

Unter spezifischer Wirkung des Tuberkulins verstehen wir zu¬ 
nächst, daß sie sich allein auf den tuberkulösen Organismus be¬ 
schränkt und den gesunden unbeeinflußt läßt. Letzteres wird heute 
fast allgemein zugegeben (bewiesen durch Untersuchungen an sicher 
tuberkulosefreien Individuen. Engel und Bauer , Rujypel u. a.). 

Ferner muß gefordert werden, daß das Tuberkulin in einzig¬ 
artiger Weise imstande ist, im tuberkulösen Herd wie im Gesamt¬ 
organismus des Kranken charakteristische Veränderungen hervorzu¬ 
rufen, die auf Grund einer spezifischen Überempfindlichkeit (Allergie) 
auftreten. 

Wäre irgendein andrer Stoff, ein Eiweißkörper z. B., imstande, 
„Tuberkulinreaktionen“ in gleicher Weise auszulösen, dürften wir 
den Ausdruck der Spezifität auf das Tuberkulin allerdings nicht 
mehr anwenden. 

Seit den ersten Beobachtungen über die Wirkungen des Tuberkulins auf 
den tuberkulösen Organismus, insbesondere den tuberkulösen Herd, sind auch 
Zweifel über ihre Spezifität laut geworden. Auf dem X. Kongreß für innere 
Medizin (1891) betonte Ziegler , daß die Prozesse, die sich in der Umgebung 
des Tuberkels infolge der Kochschen Injektionen abspielen, keine Vorgänge 
sind, die etwas ganz Besonderes darbieten, und im Verlaufe der durch Tuber¬ 
kulin nicht beeinflußten Tuberkulose fehlen. Die Entzündungsprozesse, die 
auch sonst in der Umgebung des Tuberkels vorhanden sind, werden durch die 
Injektion gesteigert, bzw. sie treten in ganz akuter und vielleicht intensiverer 
Weise auf als unter gewöhnlichen Verhältnissen. Wie bei unbeeinflußtem Ver- 


Gck igle 


Origi nal frorn_ - _ 

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G. Hagemann: Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


81 


lauf kann dieser Vorgang in Richtung der Heilung oder Verschlimmerung aus- 
schlagen, aber rascher und energischer. 

Damit wird also die Tuberkulinreaktion als Reizerscheinung in den Rah- 
men natürlicher Krankheitsvorgänge eingeordnet — eine Vorstellung, die uns 
heute ganz zu eigen ist; mögen auch die reaktiven Prozesse, die sich dabei 
abspielen, im einzelnen der Gegenstand der mannigfachsten Kontroverse gewesen 
sein. Heute nähern wir uns mit der Auffassung des Tuberkulins als Reizstoff, 
wie sie am prägnantesten wohl durch Selter vertreten wird, fast vollkommen 
jener vor 30 Jahren ausgesprochenen Vorstellung. 

Diese Fähigkeit des Tuberkulins, Reaktionen zu erzeugen, beruht nach 
fast allgemein gültiger Anschauung auf der spezifischen Überempfindlichkeit, 
der Allergie v. PirqueVs , des tuberkulösen Herdes wie aller scheinbar un¬ 
beteiligten Körperzellen, einer biologischen Umstimmung mit fein abgestimmter 
Reaktion auf adäquate Reize. Andere Stoffe können außerhalb des Herdes 
im tuberkulösen Organismus diese charakteristischen Reaktionen, z. B. in der 
Haut, nicht erzeugen ( Bessern , Sons und v. Mikulicz-Radecki). Es ist be¬ 
wiesen, daß Tuberkulininjektionen histologisch ein andres Bild machen als 
Cutanreaktionen anderer Stoffe ( Klingmüllcr , Zitier , Doutrelepont), durch Neu¬ 
injektionen (auch von Giweißkörpern) oder Veränderungen im Krankheitsver¬ 
lauf zum Aufflammen gebracht werden können, was bei klinisch ähnlichen 
Intracutanquaddeln von Proteinkörpern nicht der Fall ist (v. Hayek , Bessau , 
eigene Beobachtungen). Weniger eindeutig stellt sich der Ablauf von Reak¬ 
tionen im tuberkulösen Gewebe dar. Es scheint möglich, mit „un spezifischen“ 
Reizen der verschiedensten Art, vor allem mit Proteinen verschiedener Her¬ 
kunft gleiche oder ähnliche Anfachungen des Entzündungsprozesses wie mit 
Tuberkulin zu erzielen (Albumosentbeorie von Kühne , Büchner , Matthes , Krehl; 
Proteinkörpertherapie bei Tuberkulose nach R. Schmidt , Kraus , Kaznelson f 
A. Mayer u. a.). Die Autoren glaubten daher, die Spezifität der Tuberkuline 
ablehnen zu dürfen. Der Vorgang ist zu komplex, als daß man heute ein¬ 
deutig entscheiden könnte, ob es sich bei der Tuberkulinreaktion um ein Spiel 
von Antigen und Antikörpern handelt ( Wassermann und Bruck) oder wenigstens 
zum Teil — ob um eine reine Form der Anaphylaxie (Krehl) oder um die 
Wirkung eines Reizstoffes, der weder mit Antikörpern noch mit Anaphylaxie 
etwas zu tun hat, sondern als Katalysator zu betrachten ist (Selter). 

Es ist daher sehr wohl möglich, daß Reaktionen im tuberkulösen 
Gewebe qualitativ gleichartig ablaufen, ohne Rücksicht auf ihre 
kausale Genese. Die Vorstellung der Autotuberkulinisation v. Hayeks 
spricht vielleicht dafür. Es ist kaum anzunehmen, daß die Akti¬ 
vierung eines Prozesses z. B. durch Masern oder Grippe ihrem 
Wesen nach von einem Tuberkulinschaden verschieden sei. 

Wenn Gegner der Spezifität sie aus diesem Grunde ablehnen, 
wird man ihnen heute bei dem wenig befriedigenden Stand unserer 
Kenntnisse über den eigentlichen Charakter des Tuberkulins wenig 
widersprechen können. Aber selbt wenn sich jemand auf den 
Standpunkt einer rein anaphylaktischen Erklärung stellte, müßte 
man doch auch für das T.B.-Protein die auf diesem Gebiet gültigen 
Gesetze der strengen Spezifität gelten lassen. Verwandschafts- und 
Gruppenreaktionen lassen sich im Gebiet der ganzen Immunitäts¬ 
lehre aufweisen. Die Entscheidung wird gefällt durch die Dosen- 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 6 


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82 


E. Hagemann: 


Difitized by 


menge, die zur Auslösung der Reaktion genügt. Ein krankes Organ, 
in dem sich chronische Entzündungsprozesse abspielen, ist empfind¬ 
licher als gesundes Gewebe; es spricht auf viele Reize an. Daß 
es gegen einen besonderen Stoff stets besonders Äfcerempfindlich sei, 
macht die Beziehungen aus, die wir mit Spezifität bezeichnen. 

In diesem Sinne darf das Tuberkulin als Stoff mit spezifischer 
Wirkung angesprochen werden. Es wirkt in kleinsten Dosen auf 
den tuberkulösen Organismus (z. B. MTbR.), in größten auf einen 
nicht infizierten nicht anders als Eiweißkörper in entsprechender 
Menge. Schon Matthes betonte die auffallende Potenz kleinster 
Tuberkulindosen und erklärte sie durch ein besonders giftiges 
Pepton. Selter sah beim Pepton bei intracutaner Einverleibung erst 
bei Mengen von 1 mg Substanz eine deutliche Reaktion, bei TB bei 
0.01 mg und darunter. Verfügen wir über einen derart wirksamen 
Stoff und wollen wir eine Reiztherapie in der Klinik der Tuber¬ 
kulose anwenden, so scheint er von vornherein anderen, nicht so 
fein ab gestimmten Reizstoffen überlegen — falls es uns nicht gerade 
auf eine allgemeine unspezifische Leistungssteigerung ankommt (wie 
sie den Proteinkörpern seit Weichardt zugeschrieben wird), unter 
möglichster Umgehung der direkten Wirkung auf den Herd. Ob 
wir nun mit den Proteinkörpern die Möglichkeit in der Hand haben, 
empfindliche Herde stets schonend und milde zu beeinflussen oder 
ob ihre Wirkungsweise gelegentlich unberechenbar sein kann, bedarf 
jedenfalls eingehender Prüfung, da uns genügend brauchbare Tuber¬ 
kuline verschiedener Reizstärke vorliegen. 

Es muß daher Widerspruch hervorrufen, w’enn R . Schmidt seine 
Proteinkörpertherapie der Tuberkulose inauguriert mit den Worten: 
,,Was die Tuberkulintherapie leistet, scheint die Milchtherapie auch 
zu leisten“. Der vorjährige Tuberkulosekongreß in Elster zeigte, 
wie übereinstimmend unsere namhaftesten Tuberkuloseforscher auf 
dem Boden der Spezifität stehen; die Frage ist, abgesehen von einer 
Diskussionsbemerkung Mayers kaum ventiliert w r orden. Und wenn 
zwar die einst hochgestimmten Erwartungen, die sich an das 
Tuberkulin als immunisierendes Mittel knüpften, eine Ernüchterung 
erfahren haben, so scheinen die Ansichten über seine therapeutische 
Verwertbarkeit heute doch durchaus gleichmäßig gesicherte zu sein. 
Neufeld , Uhlenhuth u. a. vertraten die Überzeugung, daß die spezi¬ 
fische Therapie die im Körper vorhandenen Heilkräfte wirksam 
unterstützen kann. Einstweilen scheint wenig Neigung, zugunsten 
der Proteinkörpertherapie in diesem ausschließlichen Sinne Schmidts 
und seiner Mitarbeiter das Feld zu räumen. Die Erfahrungen sind 
noch nicht ausreichend. Im vorigen Jahr berichtete Weichsel über 
unspezifisch behandelte Tuberkulosefälle und stellte die Tuberkulin- 



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Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


83 


therapie über die unspezifischen, die er zu gefährlich fand. Caseosan 
soll danach leicht zu stark reizend wirken. Klemperer sah von 
Milehinjektionen keinen sicheren Nutzen und keinen Anlaß, sie an 
Stelle der spezifischen Therapie zu setzen. 

Nachdem Sons und v. Mikulicz-Radecki an unserer Klinik die 
Frage der Spezifität der Tuberkuline im Vergleich ihrer Wirkungen 
mit der von Proteinkörpem auf den tuberkulösen Organismus ex¬ 
perimentell in einer Reihe von Tierversuchen und unter Benutzung 
der Intracutanreaktion am Menschen studiert hatten, schien es 
aussichtsreich, dieselbe Frage noch in anderer Beziehung zu verfolgen. 

Die Intracutanreaktion, immer noch ein wenig geklärtes und 
viel umstrittenes Gebiet im Bereich der immunbiologischen Zustands¬ 
änderungen, kann hier keinen vollbefriedigenden Aufschluß bringen. 
Bei der Frage nach der Wirkungsweise oines Reizstoffes (der Aus¬ 
druck sei als möglichst neutral und unverbindlich für das Tuber¬ 
kulin wie für Proteine hier gebraucht) kommt es uns neben seiner 
Wirkung auf den tuberkulösen Gesamtorganismus vor allem auf die 
entzündlichen und hyperämischen Veränderungen an, die er im 
tuberkulösen Herd hervorruft, und ihre mittelbaren Folgen. Von 
diesem Herd ist ja jede Wirkung überhaupt erst abhängig. Neben 
einer Ergänzung der früheren Tierversuche soll der Zweck dieser 
Arbeit daher hauptsächlich sein, die Wirkung von Proteinkörpern 
auf Tuberkulöse mit den bekannten Reaktionen auf subcutane 
Tuberkulineinverleibung zu vergleichen. Um bei diesem Vorgehen 
nach Möglichkeit Schädigungen zu vermeiden, wurden die Injektionen 
des Eiweißkörpers (durchweg Caseosan) in den Rahmen einer Alt¬ 
tuberkulintherapie eingefügt, so daß unter diesen Bedingungen viel¬ 
leicht gleichzeitig ein Urteil über die Möglichkeiten einer Protein¬ 
körpertherapie bei Tuberkulösen gewonnen werden konnte. Davon 
wird im 2. Teil der Arbeit die Rede sein. 

I. Versuche an Meerschweinchen. 

Als Sons unsere Klinik verließ, übernahm ich den Abschluß seiner 
Tierversuche und verfuhr zunächst ganz in seinem Sinne. Da der 
Proteingehalt der T.B. und der bekannten Tuberkuline den Grund 
für eine Identifizierung ihrer Reaktion mit jener der parenteral 
verabfolgten Proteinkörper bei chronischen Entzündungszuständen 
^gegeben hat, mußte jeder Vergleich ihrer Wirkungen von der 
Kenntnis ihres N-Gehalts ausgehen. Da die Konstanz dieses N-Ge- 
halts weder bei Tuberkulinen noch bei den im Handel befindlichen 
Proteinkörpem eine gesicherte ist, überprüfte ich in einigen Kjel- 
dahlbestimmungen, die hier wiedergegeben seien, die tfonsschen 
Zahlen (in Klammern): 

6 * 


Digitized b' 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



84 


E. Hagemann: 


Es sind enthalten in 

1 ccm Alttuberkulin (Stammlösung) 32,26 mg N (11,9 mg, dagegen Perlsucht 32,34) 

'1 „ Aolan.7,07 „ N(3,37) 

1 „ Caeeoean.6,79 „ N (5,67) 

1 „ Abijon.5,39 „ N (—) 

Die Differenzen sind nicht unbeträchtlich; für Caseosan geringer 
als für das Alttuberkulin. Ich benutzte meine Werte, um den mög¬ 
lichen N-Gehalt des Tuberkulins eher zu hoch als zu niedrig an¬ 
zusetzen (v. Hayek schätzt nach Kuppel 1 ccm AT auf 30 mg 
Proteinsubstanzen). Das Tuberkulin ist in seiner Wirkung auf 
empfindliche tuberkulöse Herde in kleinsten Dosen dem Protein¬ 
körper so weit überlegen, daß man bei diesem Vergleich den N-Ge- 
halt des Tuberkulins getrost etwas zu seinem Nachteil berechnen 
darf, und wäre es, wie hier, vielleicht um das Dreifache. Es ver¬ 
halten sich danach inbezug auf N-Gehalt 

AT: Caseosan = 4,7: 1 
( „ : Aolan = 4,5 :1) 

oder eine bekannte Menge AT zur Errechnung des erforderlichen 
N-Gehalts x einer Caseosandosis 

AT: x = 1:4,7. 

Z. B. 0,3 ccm AT: x Cas. = 1: 4,7 

x „ =1,41 ccm Caseosan 

oder 0,5 AT: x „ =1:4,7 

„ = 1,35 ccm Caseosan. 

Am 21. VI. 21 wurden 28 Meerschweinchen mit 1 / 8 Öse Tb. 9 hum. 
(Kultur vom 14. VI. 21 Reichs-Ges.-A.) infiziert, subcutan linke Knie¬ 
kehle. Von diesen Tieren starben vorzeitig, ehe sie für Versuchs¬ 
zwecke benutzt werden konnten, 21 von Ende Juni bis Mitte Juli 
an StallBeuchen. Die vergleichenden Untersuchungen an den über¬ 
lebenden Tieren hatten das folgende Ergebnis: 



Nr. 

Datum der 
Iujektion 

Menge und Stoff 
intraperitoneal 

Ergebnis 

O 

G 

H 

32 

2. VIII. 21. 

0,5 ccm Alttuberkulin 
(Stammlösung) 

stirbt nach 8 Stunden 

.2 

Cfl 

q 

45 

1 » 

0,3 ccm Alttuberkulin 

» „ 6 „ 

39 

n 

2,5 „ Aolan 

lebt bis Ende August 

42 

n 

3,0 „ Abijon 

n n 81. n 

HH 

48 

n 

2,5 * Caseosan 

„ „ 25. 

8 

29 

r 

0,5 „ Alttuberkulin 


*•£> 

28 

w 

0,3 „ 

überleben sämtlioh 

1 ' 

55 

r 

2,5 „ Aolan 

bis Ende September 

& 

o 

26 

n 

3,0 „ Abijon 


27 

! n 

2,5 „ Caseosan 




. Original from _ 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 







Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


85 


Am 24. VIII. 21 wurde der Versuch mit Tieren derselben Reihe 
wiederholt. Diesmal wurde 2 Tieren noch albumosefreies Tuber¬ 
kulin injiziert, da Sons gefunden hatte, daß ein mit 0,5 ccm AF. (ip) 
gespritztes Tier noch 31 Tage überlebte, und vermutete, das ver¬ 
wandte Tuberkulin könnte in seiner Wirkung unzuverlässig sein 
(Moro). 



j Nr. 

Datum der 
Injektion 

Menge und Stoff 
Intraperitoneal 

Ergebnis 

£ 

48 

(ohne ; 

■24.VII1.21 

0,5 ccm Alttuberkulin 

stirbt nach 5 l / a Std. 

H 

2 

u 

Nummer J 

! » 

0.3 „ 

lebt (?) 

4!) : 

1 ” 

0,5 „ albumosenfr. Tub. 

stirbt nach 7 Std. 

*3 

«2 

S 

37 

i 

T) 

0.3 „ 

n n 6'/» Std. 

42 1 

1 

n 

3,0 Abijon 

lebt bis 31. VIII. 


39 | 

1 n 

3,0 Caseosan 

„ „ Ende August 

TT 

.2 

28 

! 

n 

0,5 ccm Alttuberkulin 


1 « 

26 

27 

! r 

0,3 * „ 

0,5 „ albumosenfr. Tub. 

> überleben 

'S 

o 

29 

TJ 

0,3 „ n „ 

bis Ende September 

* 

55 

! rt 

3,0 „ Abijon 



Bei allen infizierten Tieren wurde autoptisch, makroskopisch und 
mikroskopisch Tuberkulose nachgewiesen. Die tuberkulösen Ver¬ 
änderungen waren durchweg von ziemlich gleicher Ausdehnung, bei 
den Anfang August gestorbenen Tieren natürlich wesentlich geringer. 
Neben den linkseitigen Leistendrüsen waren am stärksten die Milz, 
danach die Leber erkrankt, die später eingegangenen Tiere wiesen 
außerdem sämtlich ausgedehnte Knötchen in den Lungen auf. Über 
das Schicksal des Tieres „ohne Nummer“ ist mir leider nichts be¬ 
kannt geworden. Der Todestag ist mir unbekannt geblieben, ebenso 
vermisse ich das Sektionsprotokoll. Der Ausfall ist daher nicht zu 
verwerten; möglicherweise handelte es sich überhaupt um ein Kon- 
trolltier. 

Das Ergebnis der beiden Versuche ist augenfällig . Es handelt 
sich bei den Proteinkörperinjektionen um die gleiche bis doppelte 
Stickstoff menge, als sich aus dem Tuberkulin berechnen läßt; trotz¬ 
dem überleben alle mit ihnen gespritzten Tiere. Ich halte dabei in 
dem 2. Versuch für die Tiere Nr. 42 und 39 die Dauer von einer 
Woche für ausreichend als Beweis; Ende August bestand die ver¬ 
hältnismäßig massige Infektion ( 2 / 3 Öse) über 2 Monate und mußte 
auch spontan zum Tode führen. 

Am 14. XII. 21 wurden 10 Tiere mit 1 / 6 Öse Tb. 1 (Stuttgart 17) 
hum. (Kultur vom 8. X. 21 Reichs-Ges.-Amt) in der gleichen Weise 
infiziert. Von diesen Tieren starben vorzeitig 7, durchweg an 


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86 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Lobulärpneumonien, eins an Pleuraempyem (im Ausstrich-Eiter 
keine Tbc.-B.). Es standen also nur 3 Tiere zur Verfügung. Am 
26. I. 22 erhielt Tier Nr. 6 um 12 80h 0,6 ccm Alttuberkulinstamm¬ 
lösung intraperitoneal. Es starb nach 5 Stunden. 1 / 9 Stunde später 
wurden die Tiere Nr. 7 und Nr. 10, die zur gleichen Zeit (12 80h ) 
3,0 ccm Caseosan bzw. 5 ccm sterilisierte Kuhmilch intraperitoneal 
bekommen hatten, durch Schlag auf den Hinterkopf getötet. Sie 
waren vorher vollkommen munter und gaben keinerlei Krankheits¬ 
zeichen zu erkennen, als Nr. 6 sich längst in der Agone befand. 
Soweit wäre der Versuch als eine gleichartige Bestätigung der Vor¬ 
versuche zu betrachten. 

Zweck der Versuchsanordnung war nun außerdem, autoptisch und 
histologisch auf Veränderungen zu achten, die vielleicht als Herd¬ 
reaktionen angesprochen werden könnten. Die Temperaturmessungen 
bei früheren Tierversuchen hatten uns keine eindeutigen Anhalts¬ 
punkte geben können, wann man die zeitliche Höhe einer Reaktion 
anzunehmen hat. Da die bisher mit Proteinkörpem gespritzten 
Tiere nie auf der Höhe einer Reaktion eingegangen waren, wurden 
Nr. 7 und 10 eben annähernd gleichzeitig mit dem Tod des AT.- 
Tiers getötet. 

Die Sektionsbefunde der Tiere sind nun folgende: 

Nr. 6: In der Bauchhöhle etwas sanguinolente Flüssigkeit. Leistendrüsen 
links kleinerbsengroß, verkäst. Därme und Magen stark gebläht, intensiv ge¬ 
rötet. Dieselbe intensive Rötung zeigen alle Abdominalorgane (Leber, Müz, 
Nieren, Nebennieren). Besonders die Milz fällt durch ihre Größe und ihren 
Blutreichtum auf. In Leber und Milz zahlreiche Knötchen, Lunge makro¬ 
skopisch frei. Hilusdrüsen etwas geschwollen, nicht verkäst. 

Nr. 7: Leistendrüsen kleinerbsengroß, verkäst. Retroperitonealdrüsen ver¬ 
größert, verkäst. In der freien Bauchhöhle in Spuren etwas trüb seröse 
Flüssigkeit. Därme wenig aufgetrieben, blaß. Leber zeigt nur spärliche 
Tuberkel. Milz zahlreiche große Knötchen. Milz im ganzen kleiner als bei 
Nr. 6, auch kein auffallender Blutreichtum. Lungen klein, blasse Partien mit 
dunkelroten wechselnd (aspiriertes Blut). Nieren und Nebennieren o. B., 
kleiner als bei Nr. 6. 

Nr. 10: Leistendrüsen links bohnengroß, verkäst. Retroperitonealdrüsen 
vergrößert, verkäst. Im Abdomen mehrere Kubikzentimeter milchiger Flüssig¬ 
keit. Leber makroskopisch keine sicheren Knötchen. Milz sehr klein, deutliche 
Knötchen. Abdominalorgane im ganzen eher blaß als blutreich. Lungen wie bei 
Nr. 7. 

Auch mikroskopisch fand sich in Schnitten von Hämatoxylin- 
Eosin-Färbung dieser auffallende Unterschied im Blutreichtum der 
tuberkulös erkrankten Organe bei den drei Tieren; eine starke Hyper¬ 
ämie in Umgebung der Herde von Tier Nr. 6. Vielleicht kann diese 
Hyperämie als Herdreaktion angesprochen werden; immerhin könnte 
der Blutverlust der getöteten Tiere eine Rolle spielen. Das ge¬ 
naue Studium derartiger Veränderungen müßte natürlich eine größere 



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Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


87 


Versuchsreihe umfassen und setzt pathologische Schulung voraus. 
Herr Dr. Siegel ging mir bei der histologischen Beurteilung der Prä¬ 
parate hilfreich zur Hand, wofür ihm an dieser Stelle gedankt sei* 

II. Subcutane Alttuberkulin- und Caseosaninjektionen bei 
tuberkulösen Menschen. 

Während diese Tierversuche, wie angenommen, in gleicher Weise 
ausfielen wie die von Sons und v. Mikulicz unternommenen und sie 
also weiter bestätigten, interessierte es mich vor allem, die Wirkung 
subcutan oder intramuskulär einverleibter Proteinkörper am tuber¬ 
kulösen Menschen zu beobachten. Ist nach Schmidt das Tuberkulin 
in der Therapie Tuberkulöser entbehrlich? Lassen sich mit Eiwei߬ 
stoffen unspezifischer Art (ich wählte hauptsächlich Caseosan) Herd- 
und Allgemeinreaktionen nach Art der Tuberkulinreaktionen erzielen, 
.und welche Mengen sind dazu erforderlich? Es mußten die In¬ 
jektionen vergleichsweise an demselben Patienten durchgeführt 
werden, da die Empfindlichkeit Tuberkulöser gegen spezifische wie 
unspezifische Reize eine durchaus individuelle ist und Kranke mit 
klinisch ganz gleichem Befund in dieser Beziehung weit verschieden 
reagieren. Andrerseits ist aber auch an einem Individuum diese 
Empfindlichkeit keine konstante, sondern stetigen Verschiebungen, 
Entwicklungen nach der einen oder nach der anderen Seite unter¬ 
worfen. Wer heute auf 1 mg AT z. B. reagiert, braucht es in 
14 Tagen durchaus nicht* mehr zu tun, und umgekehrt. So wird 
die nach dem N-Gehalt des Tuberkulins errechnete Caseosandosis 
nicht mehr die gleichen Verhältnisse antreffen, nachdem auf eine 
bestimmte Tuberkulingabe eine Reaktion erfolgte. Jede Reaktion 
muß das immunbiologische Zustandsbild verschieben, nach welcher 
Seite erkennen wir eigentlich erst aus der Antwort auf die nächste 
Injektion — sc. des gleichen , quantitativ und qualitativ genau be¬ 
kannten Reizstoffes. Hier bleiben also 2 Unbekannte in der Rechnung 
(1. welche Caseosanmenge macht eine ähnliche ‘^Reaktion; 2. wie 
stark ist im Augenblick die Reaktionsempfindlichkeit des Herds?). 
Man wird die eine — nämlich die Frage der veränderten Reaktions¬ 
fähigkeit — notgedrungen vernachlässigen dürfen, wenn auf der 
andern Seite sich sinnfällige Unterschiede der Dosengröße erweisen 
lassen. Es mußte also möglichst gezeigt werden, daß nicht nur eine 
Dosis Caseoson vom gleichen N-Gehalt wie die entsprechende AT- 
Gabe dort keine Reaktion macht, wo diese AT-Gabe eine auslöste, 
sondern auch die doppelte, vielfache , ja eventuell 100- oder 1000fache 
nicht. 

Ich bin im allgemeinen so vorgegangen, daß ich in den Turnus 
einer ordnungsmäßigen TuberktUintherapie dann eine Caseosaninjektion 


Difitized 


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88 


£. Hagemann: 


Difitized by 


einschob, wenn die letzte AT-Menge eine deutliche Reaktion gemacht 
halte . Dabei kam die Stichreaktion weniger in Frage; neben der 
Herdreaktion mußte die Allgemeinreaktion die wichtigere Kom¬ 
ponente dieser Reaktion bilden — die Kernreaktion, weil die Frage 
nach der Spezifität eines Reizstoffes hauptsächlich durch die Wirkung 
auf den besonderen Krankheitsherd entschieden wird; die Allgemein - 
reaktion, weil sie unter Umständen die objektivere sein kann. Unsere 
Fälle gehören durchweg zur Gruppe der tertiären Phthisen 
mit vorgeschrittenen Lungenprozessen. Die initialen Fälle lassen 
sich meistens nicht lange in der Klinik halten. Es sind also vor¬ 
wiegend Patienten mit ausgedehnten Veränderungen, häufig mit 
Kavernenbildung, die ständig reichlich physikalisch nachweisbare 
Symptome aufweisen. Dabei hat die Zunahme von Rasselgeräuschen 
über Partien, wo schon vorher welche gehört wurden, nicht immer 
Beweiskräftiges und ist dem subjektiven Entscheid des Untersuchers 
mehr oder weniger unterworfen. Eine genaue, möglichst 4 malige 
tägliche Tömperaturmessung bietet da häufig die bessere Handhabe 
für die Beurteilung der Reaktionen und die Leitung der Therapie. 

Durch das Vorgehen der nachzeitigen Caseosaninjektion wird die 
Beurteilung der Wirksamkeit des Caseosans wahrscheinlich oft etwas 
zugunsten einer stärkeren Wirkung verschoben. Nach allgemein¬ 
gültigen Anschauungen sind grob merkbare Tuberkulinreaktionen 
(deutliche Herd-, starke Allgemeinreaktion) nicht die besten, sondern 
stehen an der Grenze des Tuberkulinschadens. Bei einigen der im 
folgenden beschriebenen Reaktionen wird man zweifellos den Ein¬ 
druck eines Schadens, d. h. einer Steigerung der Empfindlichkeit 
des Herdes mit Neigung zur Propagation gewinnen. Der dann ein¬ 
setzende Reiz wird also häufig nur ein kleinerer zu sein brauchen, 
um ähnliche Effekte zu erzielen. (Selbstverständlich ist bei mittleren 
Reaktionen ebensooft das Umgekehrte, die Resistenzsteigerung 
möglich. Sonst müßten wir ja immer in der Dosierung nach einer 
Reaktion heruntergehen.) 

Da mir die Wirkung des Caseosans auf Lungenherde durchaus 
unbekannt war, mußte die vertraute AT-Therapie als Maßstab dienen. 
Im Anfang wurden ganz kleine Mengen Caseosan (z. B. 0,003 ccm 
entsprechend 0,5 mg AT) injiziert, nachdem ähnlich wie beim Tuber¬ 
kulin Verdünnungen hergestellt waren. Nachdem sich dann zeigte, 
daß derartige Dosen wohl nie eine Reaktion hervorrufen können, 
blieben wir bei der Stammlösung und begnügten uns mit dem Herab¬ 
gehen auf 2 bis 3 Strich. Schon diese Stellungnahme in der Mengen¬ 
frage beleuchtet deutlich die Überlegenheit des Tuberkulins, so daß 
man dem Caseosan ruhig quasi den Vorsprung einräumen konnte, 
vielleicht öfters als das Tuberkulin einen empfindlich gemachten 



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Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


89 


Boden anzutreffen. Es konnte durch dieses Vorgehen unsere Frage 
ja nur sicherer entschieden werden. 

Der zeitlichen Entstehung und Entwicklung der Versuchsbe¬ 
dingungen folgend — tastende evtl, sehr kleine Mengen von möglichst 
gleichem N-Gehalt im Beginn, später 1 / a —3 ccm Caseosan — sollen 
im folgenden die Versuchsprotokolle wiedergegeben werden. Zunächst 
soll der Versuch gemacht werden, die Frage zu beantworten: lösen 
Caseosaninjektionen von gleichem N-Gehalt wie entsprechende AT- 
Dosen auch eine Reaktion aus, wenn die AT-Injektion dieses be¬ 
wirkte? dann, da hierauf durchweg eine verneinende Antwort erfolgte, 
möglichst die entsprechende Caseosanmenge gefunden werden, die 
dann imstande war, reaktiv zu wirken. Zuletzt soll ohne Anhalts¬ 
punkte für die Allergie Verhältnisse des betreffenden Falles, wie sie 
durch eine Tuberkulinreaktion in positivem Sinne gegeben werden, 
in beliebigen Fällen stets eine relativ gleiche Caseosanmenge (1—2 ccm) 
injiziert werden, um festzustellen, ob vielleicht diese Proteinkörper¬ 
menge konstant Reaktionen macht, unabhängig von immunbiologischen 
Verhältnissen. Eine scharfe Trennung in 3 Gruppen wird sich dabei 
nicht durchführen lassen, immerhin soll möglichst nach dieser Dis¬ 
position vorgegangen werden. 

Fall Nr. 1: La., Friedrich, 39 jähriger Arbeiter. 14. IX. 21, bei Abschluß 
der Arbeit noch in stationärer Behandlung. 

Diagn.: Pröliferierend-indurierende Tuberkulose beider Oberlippen. 

Hereditär o. B. Seit 1916 lungenkrank, öfters Hämoptoe. — Mäßiger Er- 
nährungs- und Kräftezustand. Durchweg afebril. Ausgedehnte Prozesse in 
beiden Oberlappen, geringere in den Unterlappen, Mischung produktiver Herde 
mit alten cirrhotischen Prozessen. Verdacht auf Cavum r. o. Pleuraschwarte 
1., Verziehung des Herzens nach 1. Sputummenge: zwischen 50 und 100 ccm 
in 24 Std., T.B. +. Immunbiologisch: allergisch mit geringer Tendenz zur 
positiven Anergie. (Wir verwenden die Ausdrücke positive und negative Anergie 
im Sinne v. Hayeks). 

Gewicht bei Aufnahme 63,5 kg, 

Ende März 68,3 n , 
häufig schwankend. 

Therapie: AT, Beginn mit 0,001 mg, bisher bis 40 mg. 

Schon bei den Anfangsdosen häufig leichte Temperatursteigerungen, keine 
deutlichen Herdreaktionen. 


Injektion von 

Datum 

1921 

Rektale Temperaturen 0 

8 b | 12" | 4 h | ^ 

Menge des 
Sputums 
in ccm 

Bemerkungen 

0,2 mg AT 

r 28. X. 


normal 

50 

reaktionslos 


1 31. X. 

36,6 

37,1 

37,4 | 37,8 

70 


0,5 mg AT 

! 1. XI. 

36,5 

36,8 

37,3 ! 40,0 

100 

Erbrechen StR 0 


1 2. XI. 

39,0 

38,4 

38,1 | 38,0 

50 

HR 4- 


j 3. XI. 

36,8 

37,0 

37,0 ! 37,2 

50 


I 

I 4.-6. XI. 


normal 

50 



Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



W) 


E. Hagemann: 

(Fortsetzung.) 




- 


Kektaie Temperaturen 0 

Menge des 


Injektion von 

Datum 

— _ . 

_ _ 

Sputums 

Bemerkungen 


1921 

8 h j 1 4 h 

8 h 1 

in ccm 


0,008 ccm Case- 

7. XI. 

36,4 36,5 36,6 

36,0 

50 

2 St. auf; Höhen- 

osan 



' 1 

1 


sonne 


8. XI. 

36,6 37,0 36,9 

37,2 ! 

40 

StRO 


9. XI. 

36,3 i 36,6 36,4 

37,2 i 

50 

HR 0 

0,005 ccm Cas. 

10. XI. 

36,2 : 36,6 37,1 

37,1 ; 

50 

StRO 


11. XI. 

36,8 87,6 37,0 

37,2 

50 

HR 6 


: 12. xi. 

36,5 | 36,3 36,8 

36,8 ' 

50 

Bettruhe 


13.U.14.XI. 

normal 


50 


0,5 mg AT 

15. XI. 

36,8 | 37,0 37,0 

37,4 

50 

i \ 0 


16. XI. 

36,0 37,4 87,7 

87,7 

50 

HR J 


17. XI. 

81,1 37,0 37,0 

37,5 

50 



18. XI. 

1 36,6 37,2 88,0 

87,6 

50 



19. XI. 

normal 





20. XI. 

•t V l«.» 

1 *7,8 

1 50 — 

1 1AA 



21.-23.XI. 

normal 


1 100 

4 Std. auf 

0,05 ccm Cas. 

24. XI. 

36,4 I 36,7 1 37,1 | 

1 37,4 

50 

StRl ^ 


25. XI. 

36,6 37,4 36,8 

37,4 

50 

HR / 


1 26. XI. 

36,4 | 37,2 | 37,4 

[ 37,5 

50 


0,5 mg AT | 

| 29. XI. 

normal 

1 


keine Reaktion 


Bemerkung: StR = Stichreaktion; 0 = nicht nachweisbar; 

HR = Herdreaktion; -j- = vorhanden. 

Dgl. im wesentlichen bis 5 mg; hierbei Allgemeinre&ktion bis 38°, Stich- 
reaktion, Husten vermehrt, Auswurfmenge steigt auf 200 ccm. Physikalisch 
keine siohere Änderung. Dann bis 30 mg gut vertragen. 


Injektion von 

Datum 

! Rektale Temperaturen 0 

Menge des 



. 



Sputums 

Bemerkungen 


1922 

8 S 1 

is“ 

! 

| 8» 

in ccm 



13. III. 

| 36,6 1 

36,8 

37,1 

37,3 

100 

1 

40 mg AT 

14. III. 

i 36,4 

37,0 

37,1 

88,5 

250 

StR -f 


15. III. 

! 88,9 

37,4 

36,8 

! 37,3 

100 

HR -f 


16. III. 

36,4 

37,2 

37,5 

| 37,1 

100 



17.—20. III. 


normal 


50 


0,5 ccm Cas. 

21. III. 

36,4 

37,0 

1 36.5 

37,0 | 

j 40 



22. III. 

i 36,1 

37,0 

36,8 

87,2 

1 70 

StR 1 


23. III. 

i 36,6 

37,0 

37,2 

37.2 

! 100 

HR } ö 

1,0 ccm Cas. 

24. III. 

1 36,4 

37,3 

37,2 

i 37,6 

90 

StR-r 


25. m. 

36,0 

37,0 

37,0 

36,8 

i 90 

HR 0 


26. III. 

36,2 

37,0 

37,2 

1 37,0 

60 

1 

■ 


27. III. 

36,6 

! 37,2 

36,9 

36,9 

50 ! 


40 mg AT 

28. III. 

36,3 

36,6 

37,2 

39,0 

100 

StR-f 


29. III. 

37,6 

j 37,* 

37,7 

37,5 

150 

HR + 

i 

30. III. 

36,7 

36.7 

i 


| 

l (mehr Husten) 
vorne Rg',> 


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Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


91 


Der Fall zeigt folgendes: 

Fs verhalten sich 0.5 mg AT: x Cas. 1: 4,7 

x f m 2,35 mg 

= 0,002 35 ccm Cas. 

Während also 0,5 mg AT am 1. XI. eine starke Allgemein- 
reakbion und eine deutliche Herdreaktion auslöst, wird die ent¬ 
sprechende Menge Caseosan — 0,003 ccm reaktionslos vertragen, 
ebenso am 10. XI. die doppelte Menge von 0,005 ccm. Am 15. XI. 
auf 0,5 mg AT eine fragliche Allgemeinreaktion; 0,05 ccm Caseosan 
— 20fache N-Menge keine Reaktion. Dasselbe Verhalten läßt sich 
im März bei 40 mg AT noch einmal zeigen: 

40 mg AT : x Cas. 1: 4,7 

x = 188 mg 

— 0,2 ccm Cas. 

40 mg A T ruft wieder deutliche Allgemein- und Herdreaktion her¬ 
vor; 0,5 ccm und 1,0 ccm Caseosan keine Reaktion; am 28. März 
auf 40 mg AT wieder starke Allgemein-, deutliche Herdreaktion, 
als Zeichen, daß die Herdempfindlichkeit inzwischen nicht abge¬ 
nommen hat. 

Fall Nr. 2: Pat., Hermann, 18jähriger Knecht. 

18. V. biß 18. VI. 1921 und 30. VI. 1921 bis 27. I. 1922. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tbc. beider Oberlappen l>r. Hereditär 
belastet (Vater an Tbc. gestorben, Mutter krank). Seit November 1920 suspekte 
Anamnese. — Guter Allgemeinzustand; subfebril. Klinisch und röntgenologisch 
produktive Herde mit cirrhotischen Veränderungen gemischt im Bereich des 
linken Oberlappens, kleine Pleuraadhäsion 1.; geringere Veränderungen im 
mittleren Drittel des r. Oberlappens. Sputummenge etwa 50 ccm; T.B. + 
Immunbiologisch: schwach allergisch, Neigung zu positiver Anergie. Bei Ent¬ 
lassung Sputum T.B.& 

Gewicht bei Aufnahme 49,4 kg; 

bei Entlassung55,0 kg (Heilstätte). 

Therapie: AT, Beginn mit 0,01 mg, durchgeführt bis 60 mg. Bis 40 mg 
keine stärkere Reaktion, leichte Temperatur-Steigerungen im Verlauf der 
Injektionstherapie bisweilen, ebenso Stichreaktionen. 

Nach mehrtägiger fieberfreier Vorperiode (s. folgende Tabelle). 

Es scheint mir zweifelhaft, ob man die Temperatursteigerung 
auf 38,0° am 4. Tag noch als Allgemeinreaktion auf das Caseosan 
auffassen darf, viel eher auf Aufstehen und Höhensonne. Jedenfalls 
läßt sie sich mit dem Fieber am 25. und 26. X. nicht vergleichen; 
damals Herd- und Stichreaktion, beide fehlen jetzt. Die Menge von 
0,3 ccm Caseosan entspricht im N-Gehalt ziemlich genau einer 
Dosis von 60 mg AT: 

60:x 1:4,7 

x 282 mg 

0,3 ccm Caseosan. 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



92 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Injektion von 


60 mg AT 


0,8 ccm Cas 


Ü Rektale Temperaturen® (Menge d.j 

lj - .- -r-—Sputums Bemerkungen 

;| 1921 | I I2 h J_ 4 h ! 8 h 1 i n ccm 1 


23.X. 

36,7 

37,4 

37,5 

37,5 

50 


24. X. 

36,6 

37,3 

37,5 

37,5 

50 


25. X. 

36,4 

37,3 

37,2 

39,8 

90 

StB • 

26. X. 

39,5 

38,8 

88,8 

38,4 

100 

HR + 

! ‘27.X. 

37,1 

37,3 

37,0 

37,5 

150 


28. X. 

36,8 

37,2 

37,1 

37,3 

70 


29. X 

36,1 

37,5 

37,5 

37,5 

40 


30. X. 

36,6 

36,7 

37,3 

! 37,3 

50 


l.b.4.XI. 


normal 


150 


j 5. XI. 

36,3 

37,5 

37,0 

37,5 

100 

StR) 

6. XL 

36,3 

37,4 

37,4 

1 37,4 

100 

HB 

7. XI. 

36,4 

37,4 

37,6 

37,6 

140 

i Aufstehen 

| 8. XI. 

36,3 

37,3 

37,4 

| 38,0 

100 

Höhensonne 


Es folgt jetzt wieder eine fieberfreie Periode bis zum 17. XI. 
unter symptomatischer Therapie. 


Injektion von 

l 

| Datum 
1921 

Rektale Temperaturen ® 

Menge des 

Sputums Bemerkungen 

in ccm 

1 8 h 

|_i£_ 

1 4 h 

L * h 

i 

16. XI. 

36,4 

37,2 

37,2 

37,3 

60 


17. XI. 

36,3 

37,0 

37,1 

37,4 

50 Höhensonne 

60 mg AT 

18. XI. 

36,4 

37,5 

39,2 

40,5 

j 100 StR 0 


19. XI. 

39,2 

38,0 

36,4 

36,8 

100 HR? 


20. XI. 

37,4 i 

37,3 

37,5 

37,3 

! 120 


21. XI. 

36,5 

36,9 

37,0 

37,4 

100 


Patient klagt am 18. und 19. über stärkeren Husten (und Aus¬ 
wurf). Obj. Rasselgeräusche gleich. Keine Reaktion der Einstich¬ 
stelle, dagegen Auf flammen alter Intracutanquaddeln vom 7. XI. 

(AT 0,1 ccm Lsg. 1:1 Million 
dgl. 1:100 000 

dgl. 1:10000). 

Die Caseosaneinstichstelle ist nicht mehr aufzufinden. Nachdem 
Patient sich wieder im alten fieberfreien Zustand befindet, die Aus¬ 
wurfmenge auf 50 ccm zurückgegangen ist, erfolgt am 6. XII. eine 
Injektion von 0,5 ccm Caseosan (s. folgende Tabelle): 

Der Fall zeigt also bei 60 mg AT, anscheinend seiner derzeitigen 
Grenzdosis, konstant eine äußerst kräftige, prompt einsetzende Reaktion, 
während die eingeschaltete Dosis Caseosan von gleichem N-Gehalt 
keine, die folgenden 0,5 und 0,7 ccm (also fast bzw. mehr als 
doppelte N-Menge) nur schwache , verschleppte Reaktionen auslösen, 
jedenfalls keine merkliche Herdreaktion . Die Temperaturen des 
25. XII. sind noch angeführt, um zu zeigen, daß derartige Temperatur- 



Original from 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 






Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 93 


~ 1 

Injektion von j 

Datum 

1921 

Rektale Temperaturen 0 

8 h 1 12 h i 4 h ! 8“ 

Menge des 
Sputums 
in ccm 

Bemerkungen 


5. XII. 

36,4 


37.3 1 

50 


0,5 ccm Cas. 

6. xn. 

36,3 


37,5 ; 

45 

StRK 


7. XII. 

36,6 


37,6 


45 

HRf 


8. XII. 

36,4 


38,0 


50 



9. xn. 

36,0 


37,4 

100 



10. XII. 

36,0 


37,2 

1 90 

! 


20. XII. 


normal 




0,7 ccm Cas. 

2 i. xn. 

36,4 

37,0 


50 

StR- 


22 . xn. 

36,5 ' 

3N,0 


100 

HR 0 


! 23. XII. 

36,5 

37,4 


120 


i 

24. xn. 

36,4 

37,0 


50 

i 


25. xn. 

36,3 j 

88,5 

; 100 



26 . xn. 

i 36,3 

37,5 

| 70 



Steigerungen, wie Caseosan sie hervorrief (?), auch ohne deutlichen Grund, 
durch jeden andern unspezifischen Reiz bei diesem Fall auf treten konnten. 


Fall Kr. 3: Ra., Lisbeth, 16jährige Haustochter. 8. VI bis 8. XII. 1921. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tbc. beider überlappen />r. Larynx-Tbc. 
Erbliche Belastung fraglich. Früher nie krank. Seit November 1918 (nach 
Grippe Tbc.-suspekte Anamnese. — Guter Ernährungszustand. Nach Periode 
subfebriler Temperaturen im wesentlichen afebriler Verlauf. Klinisch und 
röntgenologisch vorwiegend proliferierende Spitzenherde, geringere in der Hilus- 
gegend 1. > r. Initialer spezifischer Larynxprozeß. Sputummenge wechselnd, 60 und 
weniger ccm, T. B.+. Immunbiologisch: stark allergisch. Unter vorsichtiger AT« 
und Krysolganbehandlung Besserung des Lungen- und Kehlkopfbefundes. 

Gewicht bei Aufnahme 57,6 kg, 

bei Entlassung 60,5 kg (Heilstätte). 

Therapie: AT, Beginn mit 0,001 mg, durchgeführt bis 5 mg. Auf relativ 
geringe Dosen oft Temperatursteigerung und Herdreaktion (bei 0,07 mg z. B. bis 
39,0°). Zuletzt 2 mg gut vertragen. 


Injektion von 

Datum 

1£21 

Rektale Temperaturen 0 

i 

R k ! 18 h | 4“ 1 8 h ' 

Menge des 
Sputums 
ln ccm | 

Bemerkungen 




27. X. 

36,7 

37,4 

37,0 i 

1 

37,1 

i 

40 

i 

3 

mg 

AT 

28. X. 

36,7 ! 

37,2 

37,3 

37,2 

50 

StR ~ 




29. X. 

37,4 

38,1 

! 88,2 

37,5 

40 

HR H 




30. X. 

36,5 

36,9 

37,2 

37.1 

50 





31. X. 

36,8 

37,0 

37,0 

36,8 

50 


0, 

,02 ccm Cas. 

l.XI. 

36,6 

37,2 

, 37,2 

36,5 

40 

StR\ 0 




2. XI 

36,5 

36,9 

37,1 

36,7 

40 

HR/ 0,2 Kry- 




3. XI. 

36,7 

37,1 

37,1 

36,7 

30 

solgan. 




4. XI. 

36,6 

37,1 

37,3 

36,4 

30 


0, 

»2 ccm Cas. 

5. XI 

36,5 

37,0 

37,0 

36,7 

40 ; 

StR (-*-) 




6. XI. 

36,7 

i 37,2 

37,4 

37,0 

20 

! HR 0 




b.IO.XI. 


normal 




3 

mg 

AT 

11.XI. 

i 36,5 

i 37,4 ! 

37,2 1 

1 37,0 

20 

StR -f* 




! 12. XI. 

| 37,2 

87,0 

38,0 

87,8 

30 

HR 0 (Brust¬ 




1 13. XI. 

1 36,7 

37,3 

37,2 

36,8 1 

20 

schmerzen) 


Digitized by Google 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 






04 


E. Hagemann: 


Einer Menge von 3 mg AT würde in bezug auf den N-Gehalt 
0,014 ccm Caseosan entsprechen. Für 3 mg AT besteht eine ziem¬ 
lich konstante Empfindlichkeit (am 25. XI. erfolgt auf 3 mg eine 
ganz ähnliche Reaktion [38,0°], erst am 28. reaktionslos vertragen; 
am 1. XII. auf 3 mg 37,9°, am 5. XII. auf 5 m 38,1° und deut¬ 
liche Herdrektion), während sogar die 14 fache N-Menge in 0,2 ccm 
Caseosan unter sonst gleichen Verhältnissen reaktionslos vertragen 
wird (ganz- geringe Stichreaktion). 

Fall Nr. 4: Zi., Frieda, ‘22 jährige Haustochter. 8. VI. bis 19. XII. 1921. 
Diagnose: Vorwiegend indurierende Tbc. der linken Lunge. Vater an Lungenent¬ 
zündung gestorben, eine Schwester an Hirnhautentzündung. Seit September 191s 
Tbc.-Anamnese. — Mäßiger Emährungs- und Kräftezustand; durchweg afebril. 
Ausgedehnter, vorwiegend cirrhotischer Prozeß der linken Lunge mit Pleura¬ 
schwarte und großer Caveme im Oberlappen. Linke Thoraxseite geschrumpft. 
Chronische Pharyngitis. Sputummenge: etwa 10—40 ccm durchschnittlich, 
T.B. K Immunbiologisch: Neigung zu positiver Anergie 

Gewicht bei Aufnahme 57,3 kg, 

bei Entlassung 61,3 kg (Heilstätte. 

Stellt sich Mitte März 1922 mit 10 kg Gewichtszunahme und ganz geringem 
katarrhalischen Befund nach Rückkehr aus der Heilstätte vor.) 

Therapie : AT, Beginn mit 0,05 mg, dann 0,1; durchgeführt bis 50 mg. 

Bis 30 mg heine wesentliche Reaktion, Temperaturen normal, 
geringe Stich-, keine Herdreaktion. 



1 1 

Rektale Temperaturen 0 

Menge des 


Injektion von 



- 

- . - 

- - 

Sputums 

Bemerkungen 


| v.m 

_ 8" 

12* 1 t 

4 h | 

8» 

in ccm 

— 

I 

28. XL 

; 30,5 

37,3 j 

37,4 

37,2 

10 


40 mg AT 

29. XI. 

36,7 

37,3 

36,9 

40,2 

10 

StR b 


30. XI. 

87,6 

i 38.1 

37,7 

! 37,4 

I io 

HR 0 


1. X. 

36,3 

1 37,2 

37,5 

1 36,8 

10 


40 mg AT 

12. X. 


normal 



keine Reaktion 

50 mg AT 

27. X. 

36,5 

) 36,5 | 37,4 

| 38,0 

; 10 

StR-r 


28. X. 1 

37,5 

! 37,5 

i 37,4 

| 37,4 

10 

HR? (Husten >) 




normal 


ca. 10 


50 mg AT 

15. XI. 

37,2 

37,5 | 

37,9 j 

1 39,8 

80 

StR -f 


16. XI. 

37,7 

87,9 

87,8 

188,0 

40 

HR? (Husten>) 


17. XI. 

87,3 

87,7 

37,8 , 

87,7 

| 50 


! 

18. XI. 

37,4 

37,3 | 

37,7 | 

37,6 

30 , 



Es folgt nach einigen fast fieberfreien Tagen vom 22. bis 30. XI. 
eine Periode febriler Temperaturen mit vermehrtem Auswurf, 
frischem pleuritischen Reiben und Brustschmerzen. Anscheinend 
bedeuten 50 mg die derzeitige Grenzdosis, vielleicht ist auch eine 
Aktivierung des Prozesses durch die letzte Injektion anzunehmen. 
Dieses Stadium mußte erst abgewartet werden, ehe vergleichsweise 


Difitized 


b > Google 


_ 0 rigi naJJjom _ 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


95 


Caseosan injiziert werden konnte. Man mußte erwarten, die Krank¬ 
heitsherde gegen jegliche Reize empfindlicher zu finden. Ich injizierte 
am 6. XII. 0,5 ccm Caseosan (50: x - 1 : 4,7; x = 235 mg = 0,235 ccm), 
also die doppelte N-Menge im Vergleich zu 50 mg AT. 


Injektion von 


0,5 ccm Cas. 


11 

! Datura 

1921 

Rektale Temperaturen • [ Menge des 

-. Sputums 

! 8 h 12 h 4 h ! 8 h ! in ccm 

I 1 

4. XH. 

30.9 

i 

! 37,3 

1 

j 37,5 

i 37,5 | 

30 

ji s. xn. 

37,0 ; 

37,3 J 

37,5 

I 37,4 ! 

20 

! 6. XII. 

37.0 | 

37,3 

37,5 

! 37,6 | 

40 

7. XII. 

37,0 

37,4 

37,5 

! *7,6 1 

10 

8. xn. 

37,3 

37,5 

37,8 

j 37,6 ! 

10 

9. xn. 

37.2 j 

37 , 3 ; 

37,4 

i 37,8 j 

20 

io. xn. ! 

37,0 | 

37,6 

37,5 

1 37,6 | 

40 


fieberfrei (nicht über 37,5) 


i Bemerkungen 

I 


StR 0 
HR 0 


Neigung zu 
Nacht- 
schweimen, 
Schmerzen 
im r. Schul- 
f tergelenk. 

ObJ. o. B. 
Halsschmer¬ 
zen (Pharin- 
gitis). 


Pat. fühlt sich wieder wohler, hat auch am 6. XII. und am 
13. XII wieder an Gewicht zugenommen, das unter den letzten AT- 
Dosen zurückgegangen war. Der Tukerkulinsohaden (?) scheint 
überwunden. 


Injektion von ! 

1 

! Datum 
1921 

I 

| rektale Temperaturen j Menge des 

. — - Sputums 

1 8 h I2 h ! 4 h ; fl h i »" ccm 

1 

! Bemerkungen 

I 

i 

; 15. xn. 

36,9 37,4 37,5 1 37,4 i 25 


1 ccm Cas* 

i 16. XII. i 

36,7 ; 37,3 I 37,3 1 37,5 i 10 

h» 


17. xn j 

36,8 ] 37,3 | 37,5 37,5 ! 20 


; 18. XII. j 36,9 37,3 ' 37,5 37,5 j 10 
i. 19. XII. I 36,7 i entlassen 


1 ccm Caseosan enthält über die 4 fache N-Menge von 50 mg 
AT; es wird ohne jede Reaktion vertragen. Die Injektion von 
0,5 ccm am 6. XII. trifft wahrscheinlich einen weniger widerstands¬ 
fähigen Organismus. Eine sichere Reaktion ist auch hierbei nicht 
zu verzeichnen; wobei unentschieden gelassen werden muss, ob 
Schulter- und Halsaffektion als Ursache der geringen Temperatur¬ 
steigerungen anzusprechen sind oder als Begleit- und Folge¬ 
erscheinung einer verschleppten Allgemeinreaktion durch Caseosan: 

Fall Nr. 6: Kl.. Heinrich, 3*2jähriger Arbeiter. 28. X. 1921 bis 8. IL 1922. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tbc. beider Oberlappen r.>l . Vater und 
Schwester an Tbc gestorben. Schon als Kind Neigung zu Husten und Er¬ 
kältungen. Seit September 1921 deutliche Tbc.-Anamneee.—Guter Ernährungs¬ 
zustand. Im Beginn subfebril, später durchweg afehril. Klinisch und 
röntgenologisch vorwiegend idurierende Prozesse der r. Lunge. Pleuraschwarte 


Difitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 







E. Hagemann: 


Difitized by 


( J6 


und Kaverne r. o. Sputummenge zwischen 50 und 100 ccm, T.B. Immun¬ 
biologisch Neigung zu positiver Anergie. Anfangs geringer Katarrh, der im 
Verlauf der Behandlung verschwindet. 

Gewicht bei Aufnahme 61,4 kg, 
bei Entlassung 65,7 kg. 

Therapie: AT, Beginn mit 0,01 mg, ambulant bisher bis 1 mg. 


Inkjetlon von 

Datum 

1921 

1 Rektale Temperaturen 0 j 

Menge des 
Sputums 
in ccm 

1 

| Bemerkungen 

1 R h 

12 h ! 4 h 

i 8 ~ 1 

0,01 mg AT j 

4. XI. 

i 

I i 37,9 

1 






normal 




0,07 mg AT 

27. XI. 

37,6 1 

37,0 | 36,8 

37,0 

60 

StR> 

j 

28 XI. 

37,0 

36,8 | 87,3 

87,8 

100 

HR/ e 


29. XI. 

37,3 

86 ,« 1 88,0 

37,8 

50 


1 

30. XI 

37,0 | 

37,2 | 37,3 

37,3 

60 





normal 


20 


0,1 mg AT 

3.1. 1922 

1 86,8 

37,0 1 37,4 

37,5 

50 

I StB -f 


4. I. 

87,5 

37,0 ! 37,3 

37,0 1 

20 

HB - 

j 

! 5. I. 

! 375 

36,5 ! 37,5 

37,4 

50 1 


| 

1 6. I. 

! ^7,2 

37,0 37,5 

37,4 : 

100 


0,2-04 mg AT i 

1 17.-24.I. : 

i 1 

normal 



keine Reaktion 


Injektion von | 

Datum 

1921 

Rektale Tei 

8" | lü“ 

nperaturen 

4 h | 8 h 

Menge des 
Sputums 
ln ccm 

Bemerkungen 

" 1 

26. I. 

36,8 

37,2 

36,8 

36,5 

40 


0.5ccmCaseosan 

27. I 

36,6 

37,0 

36,8 

36,4 

20 

StR U 


28. I. 

36,8 

37,4 

37,3 

36,8 

40 

HR J ° 


29. I 

36,5 

37,2 

37,1 

37,3 

50 


| 

30. I. 

36,5 

37,0 

37,2 

36,8 

| 100 


0,5 mg AT | 
0,7 n n t 

3. II. 

! 7. II. 

} 


normal 


keine Reaktion 


1 8. II 

entlassen 





1 mg AT 

114. II. 

36,5 


38,6 


i 

StR -f 


1 15. II. 

37,5 


37,6 



HR 0 

j 

! 16. II.I 

36.4 


87,8 


I 



Es bleibt also die Injektion von 0,5 ccm Caseosan ohne jede 
Reaktion (N-Gehalt entsprechend 100 mg AT), während vorher 
0,07 und 0,1 mg, nachher 1 mg AT Reaktionen auslösen. 

Fall Nr. 6: Pe., Alfred, 23 jähriger Sattler. 23. IV. bis 25. IV. 21, verlegt in 
Halsklinik zwecks Tracheotomie. 

4. V. Wiederaufnahme, Ende März 1922 noch in stationärer Behandlung. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tuberkulose beider Lungen; Larynx- 
tuberkulose . 

Hereditär o. B. Taubstumm. Seit März 1921 Tuberkulose-Anamnese, starke 
Atemnot. — Dürftiger Ernährungszustand. Subfebril, später meist afebril. 
Ausgedehnte vorwiegend proliferierende Prozesse in beiden Oberlappen mit 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 





Die Spezifität der Tuberkulmreaktion. 


97 


großer Caverne rechts oben, geringere in Unterlappen. Sputummenge zwischen 
50 und 100 ccm, T.B. 4 *. Kehlkopf: Zunächst Larynxödem infolge spezifischer 
infiltrativer Prozesse, keine Ulcera. Starke Stenosebeschwerden. Tracheotomie, 
dann durch Dauerkanüle Stillstellung des Kehlkopfs mit sehr gutem Heilungs¬ 
erfolg. Immunbiologisch zunächst unentschieden, schwach allergisch, später 
Neigung zu positiver Anergie. Lungenprozeß zeigt unter spezifischer Behand¬ 
lung ganz gute Indurationstendenz. 

Gewicht bei Aufnahme 46,7 kg, 
n Mitte März 53,0 n 

Therapie: Zunächst M.Tb.R., dann AT; Beginn mit 0,01 mg, durchgeführt 
bis SO mg. 

Am 18 . X. werden 60 mg AT, wie bisher alle Injektionen, 
reaktionslos vertragen. Am 1. XI. werden 80 mg injiziert, die eine 
derart heftige und nachhaltige Reaktion hervorrufen, daß man von 
Tuberkulinschaden sprechen muß. Es folgt eine Periode hochfebriler, 
dann allmählich abklingender Temperaturen, die sich erst Ende 
November dor Norm nähern bzw. sie erreicht haben. Wenige Tage 
nach der Injektion setzt eine Pleuritis sicca links ein; die katarrha¬ 
lischen Erscheinungen über beiden Lungen sind vermehrt; es ent¬ 
steht eine Rekurrenslähmung, wahrscheinlich durch frisch geschwollene 
Drüsenpakete verursacht. Die bereits entfernte Trachealkanüle mußte 
wieder eingelegt werden. Das Körpergewicht nimmt um 3 kg ab; 
öfters Erbrechen. Erst im Dezember und Januar trat eine Annähe¬ 
rung an den alten Zustand wieder ein, wenn auch in Temperatur, 
Gewicht und Allgemeinbefinden sich noch eine gewisse Labilität 
geltend machte. Noch im Januar erfolgten Temperatursteigerungen 
nach mehrstündigem Aufstehen. Zur Zeit geht es dem Patienten 
recht gut. Es ist anzunehmen, daß nach diesem Ereignis zu Ver¬ 
gleichszwecken verabfolgte Caseosaninjektionen einen ungünstigen 


Boden vorfinden. Ich 
Vergleich folgen: 

lasse 

jetzt die 

tabellarische 

Übersicht zum 

P Datura 

Rektale Temperaturen 0 

Menge des 


Injektion von 



- __ 


Sputums 

Bemerkungen 

1921 

8 * 

I2 h 


8 “ 

in ccm 


31. X. 

36,5 


37,5 

37,5 

50 


80 mp AT 1 1. XI. 

36,8 

37,6 

39,0 

40,2 

5o 

Erbrechen StRH 

| 2. XI. 

39,5 

38,8 

38,1 

38,5 

60 

HR 4 - 

- 3 XI. 

37,5 

37,8 

37,7 

38,0 

60 

Rekurrenslähm. 

4. XI. 

37,5 

38,1 

37,8 

38,2 

50 

Pleuritis 

II 5. XI. 

38,2 | 

38,6 

38,1 

80,0 

50 


II 6. XI. j 

38,1 1 

38,6 | 

39,0 

38,5 

50 

1 


usw. bis 12. XI. dann wesentlich leicht- bzw. subfebril, immerhin an einzelnen 
Tagen, zuletzt am 26. XI. bis 39°. Vom 2S. XI. bis Ende Dezember afebril, 
gelegentlich subfebril. Sputummenge um 100 ccm. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 7 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 







98 


E. Hagemann: 


Difitized by 


i Datum 

Injektion von 

1922 

| ltektale Temperaturen 0 

r »•> i 2 » i i h i 

Menge iles 
Sputumn 
in ccm 

Hemerklingen 

2 . I. 

36,6 

37/, 

37,7 ; 

38,3 

ioo 

Aufstehen! 







Bettruhe 

5. I. 

36,0 

37,3 

37,1 

37,5 

50 


1 rem Caseosan 6. I. 

36.5 

37.S 

37.5 

37,5 

100 

StR H 

7. 1. 

30, t 

37,4 

37,2 

37,3 

50 

HR H 



normal 




11 . I. 



! 

38.0 



16. I. 

30,2 

37,3 

37,0 

87,5 

50 


2 ccm Caseosan 17. I. 

36,2 

37,0 

37.5 

37,3 

50 

StR 0 

1 < 8 . I. 

30,1 

37,3 

37,1 

37,2 

90 


19. I. 

30,4 

37,4 

37,6 

37,5 

100 

8 Std. a. Rp H R ? 

20 . 1. 

37.3 

37,5 

37,5 ; 

38,1 

60 

3Std.a.u. Hohen- 







sonne 



normal 




20 . I. 

36,0 

37,3 

37,1 

37.1 

s 0 


2.5 ccm Caseosan 27. I. 

30,1 

37,3 

38,0 

38,4 

50 

StR 1 

28. I. 

37.0 

37,5 

37,3 

37.2 

70 

HR J H 

29. I. 

36.0 

36,9 

37,0 

37,3 

70 


80 I. 

36.5 

37,1 

37,0 ! 

37,2 





normal 




0 . II. 

36.3 

37.4 

37,3 

37,1 

60 

1 Stunde auf 

2,5ccinCaseosaii 7. II. 

36,1 

37,5 

37,8 

3N,1 

60 

StR -J- 

8 . II. 

36.6 

37,2 

37,6 

37,6 

40 ; 

HR f- 

9. II. 

36,2 

37,3 

37,4 

37,3 

50 


normal, 

am 13 

II. 38,4° und plcuritisches 



Reiben links 




16. 11. 

36,2 

36,8 

37,4 

37,5 

60 


2.5ccm Caseosan 17. II. 

36.0 

36,7 

37,0 ’ 

37.5 

70 

StR 1 

| 18. II. 

36,3 

37,1 

37,1 

37,3 

200 

HR / 0 

: 19. II. 

86,0 

37,2 

37,0 

37,4 

110 


20. 11. 

, 36,2 

37,2 

37,2 1 

37,3 

50 


! 


normal 




24. II. 

36,0 

37,4 

37,1 

37,4 

60 


1 ecm Aolan 25. II. 

36,0 

37,3 

37,4 ! 

37,0 

60 

StR 1 

26. II. 

36,0 

37,0 

37,3 

37,3 

100 

HR j H 

27. II. 

36,1 

37,2 

37,0 

37,3 

80 


28. II. 

36,0 

37,0 

36,9 | 

36,9 

60 

j 

3 ccm Caseosan 1 • HI. 

, 36,1 

37,2 

37,2 j 

37,6 

90 

StR f (Oberarm) 

2. III. 

! 36,5 

37,4 

37,3 

37,2 

60 

HR 0 

3. III. 

| 36,3 

37,2 

37,2 . 

37,0 

60 


3 ccm Caseosan, 4. III. 

I 36,2 

37,0 

37,2 

37,8 

50 

StR (f) (Ober¬ 

i 

1 


1 

1 



schenkel) 

5. III 

36,8 

37,6 

37,4 1 

37,4 

100 

HR 0 

6. in. 

37,2 

37,3 

37,3 i 

37,5 

100 




normal 



1 Rg< früher. 


Di© Reaktionen, die auf steigende Caseosanmengen erfolgen, sind 
nicht hochgradig und werden trotz Dosensteigerung allmählish ge¬ 
ringer. Ihre N-Mengen entsprechen dem mehr als Doppelten bis 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 





Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


99 


6fachen der AT-Dosis (80 mg AT entspricht 0,376 ccm Caseosan). 
Wir scheuten uns in diesem Fall, nochmals mit AT die Allergie¬ 
verhältnisse zu überprüfen. Nach den Erfahrungen der letzten In¬ 
jektion würde es ein Wagnis bedeutet haben, dem Caseosan-N ent¬ 
sprechend etwa 200—600 mg AT zu injizieren. Immerhin zeigt der 
Fall, daß man mit diesen Eiweißdosen in empfindlichen Herden Reak¬ 
tionen auslösen kann. 

Fall Nr. 7: Le., Frieda, 23jährige Arbeiterin. 17. VII. 1921 biß 18. II. 1922. 

Diagnose : Prolifericrend indurierende Tuberkulose beiderseits. 

Hereditär o. B. 1920 Grippe, anschließend Tuberkulose-Anamnese. — 
Dürftiger Ernährungszustand. Temperatur subfebril-febril mit normalen Inter¬ 
vallen. Ziemlich ausgedehnte produktive und cirrhotische Prozesse. Kleine 
Oavernen; Pleuraschwarte links. Sputummenge durchschnittlich um 50 ccm, 
T B. 4-. Immunbiologisch: allergisch, stark tuberkulinempfindlich. Geringe 
Besserung, klingende Rasselgeräusche nach Abschluß der Behandlung ver¬ 
schwunden 

Gewicht bei Aufnahme 41,7 kg, 

» - Entlassung 4S,6 „ 

Therapie: AT, Beginn zunächst mit 0,1, dann 0,01 mg. über 2 mg hinaus 
nicht durchführbar. 





Da 

um 

Rektale Tei 

uperati 

reu 0 

Menge des 


Inje 

ktion 

voll 







Sputums 

Bemerk u ngen 




, Ü 

JO 

K h 

12 b 

4 h 

> 

in ccm 











-0 


0,02 

mg 

AT 

4. 

I. 



37,6 


50 

StR -f- : 




5. 

I. 



3S,5 



HR? 

0.02 

mg 

AT 

17, 

I. 


n 

ormal 


or. 

keine Reaktion 

0,03 

mg 

AT 

21. 

I. 



38,0 


-t) 

50 

StR -f- 4- 











HR- 

0,04 

mg 

AT 

24. 

I. 


normal 



keine Reaktion 




26. 

I. 

36,6 

37,0 

37,2 

37,4 

10 


0,05 

mg 

AT 

27. 

I. 

36,5 

37,2 

36,9 

36,5 

25 

StR 4- 




28. 

I. 

37,0 

37,5 

38,0 

38,0 

30 

HR H 




29. 

I. 

37,0 

37,7 

38,0 

37,3 

45 





! 30. 

I. 

36,5 

37,1 

37,5 

, 37,4 i 

20 





! 31. 

I. 

36,7 

37,4 

37,8 

1 37,6 

20 




| 

i 1- 

II. 

( 36,9 

37,4 

37,7 

37,8 

20 





1 2 * 

II. 

36,8 

37,6 

37,6 

37,6 

50 

pleurit Reiben 

0,5 ccm Caseosan 

3. 

II. 

! 37,0 

37,6 

' 

38,2 

38,7 

50 

StR 1 „ 



i 

4 

II 

37,2 


37,9 

38,1 

| 50 

|HR [ 6 




5. 

II. 

36,8 

37,6 

37,9 

I 37,4 

i 50 





6. 

II. 

36,8 

37,2 

37,8 

i 37,0 1 

| 50 







usw. subfebrill 

unter 








bis li 

1. II. 


50 


0,05 mg AT 

14. 

II. 

37,4 

37,5 

37,9 

37,6 

50 1 

StR r 




15. 

n. 

37,4 

38,0 

38,0 

38,5 

50 

HR 0 



i 

16. 

n. 



37,9 


30 




i 

17. 

ii. 




38,5 

40 



i 


Difitized 


by CjOOglc 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




100 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Der Fall ist schwer zu beurteilen. An und für sich unterbrechen 
schon ständig Temperatursteigerungen die normalen Perioden; es 
bestehen sicher neben älteren ganz frische reaktive Prozesse. Dazu 
gesellt sich eine starke neurasthenische Komponente; die Patientin 
war einer Injektionstherapie sehr abgeneigt. 

Der Fall ist für unsere Fragestellung kaum verwertbar. Man ver¬ 
mißt die Vergleichsprüfung mit kleineren Caseosandosen. Die Dosis 
von 0,5 ccm Caseosan (N-Dosis entspricht 100 mg AT) war ent¬ 
schieden für einen Vergleich viel zu hoch gewählt (2000fach) und 
außerdem zu einer ungeeigneten Zeit, nämlich einen Tag nach dem 
Einsetzen einer frischen Pleuritis, einverleibt. Sie stellt einen Reiz 
für den empfindlichen Organismus dar, der eine ganz gleiche Reak¬ 
tion auslöst wie die umrahmenden AT-Dosen von 0,05 mg. Immer¬ 
hin darf zugegeben werden, daß — nach Kenntnis der oben ge¬ 
zeigten Tuberkulinempfindlichkeit — die entsprechende Dosis von 
100 mg AT einen kaum gut zu machenden Tuberkulinschaden herauf- 
beschwören müßte. 

Auch der folgende Fall entspricht in seiner Versuchsanordnung 
nicht der eigentlichen Fragestellung der Arbeit. Da er jedoch gut 
zu den Fällen der 3. Gruppe überleitet, sei er hier angeführt: 

Fall Nr. 8: Lu., Wilhelm, 21 jähriger Schlosser, 21. I. bis 1. III. 1922. 

Diagnose : Proliferierend-indurierende Tuberkulose beider Oberlappen. 

Hereditär o. B. Seit Grippe Juni 1921 Tuberkulose-suspekte Anamnese. — 
Mäßig ernährt, afebril. Klinisch und röntgenologisch vorwiegend cirrhotische, 
nioht sehr ausgedehnte Prozesse besonders am Hilus beiderseits. Sputummenge 
zwischen 20 und 50 ccm, T.B. (nach Antiformin) spärlich-f. Nach Behandlung 
Katarrh fast verschwunden. Immunbiologisch: Allergisch mit Neigung zu posi¬ 
tiver Anergie. Gewicht bei Aufnahme 53,6 kg, 

* n Entlassung 56,5 n 

Therapie: AT, Beginn mit 0,001 mg, ambulant bisher bis 0,04 mg. 


Injektion von 

| Datum | 
| 1922 

Rektale Temperaturen 0 | 

H h 1 12 h 4 h K h 1 

Menge des 
Sputums 
in ccm 

Bemerkungen 

0.001 mg AT 

1 

: 7. 

II. 







9. 

II. i 



37,7 


20 


0.002 mg AT 

| 10. 

n. 







12. 

n. | 



87.8 


20 



1 13- 

II. 1 

36,0 

37,3 

37,3 

37.2 i 

10 


0,004 mg AT 

1 14. 

ii ! 

36,2 

37,3 

37,4 

37,2 i 

10 

8tR-r 

15. 

ii. 

36,3 

37,5 

37,8 

»8,2 i 

10 

HR + 


16. 

11. 

36,8 

36,8 

36.8 

36,7 j 

10 


1 ccm Caseosan 

17. 

II. 

36,3 

37,9 

38,5 

39,5 

15 

Alte AT— StR4- 


18. 

II. 

37,4 

37,1 

37,3 

37,3 1 

fehlt 

| HRO (Rg r = lH) 


i io. 

II. 

37,7 

38,3 

37,7 

37.5 j 

40 



20. 

II. 

37,1 

38,0 

37,3 

36,9 

30 



normal 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


101 


Blutbild 

a) vor der Caseosaninjektion: 


Leukocyten 8900, davon 

Polynucl. neutroph. 

™°/ 0 , 

Lymphocyten 

22 °/ 0 , 

Mononucl. 

3°/o> 

Übergangsf. 

3°/o> 

Eosinoph. 

2°/ 0 - 


b) fi h nach der Injektion (Höhe der Reaktion): 

Leukocyten 9400, davon 
Polynucl. neutroph. 84 °/ 0 , 

Lymphocyten 9 °/ 0 , 

Mononucl. 5°/ 0 , 

Übergangsf. ()°/ 0 , 

Eosinoph. 2°/ 0 . 

An dieser Stelle sei bemerkt, daß die in mehreren Fällen vor 
und nach AT- und Caseosaninjektionen untersuchten Blutbilder im 
allgemeinen keine deutlich verwertbaren Verschiebungen zeigten. 
Man kann vielleicht sagen, daß reaktionslose Caseosandosen auch 
keine Blutbildsveränderungen machen, während bei Auftreten einer 
fieberhaften Reaktion eine leichte polynucleäre Leukocytose beobachtet 
werden konnte. 

AT machte bisweilen deutliche Lymphocytose, auch bei Fehlen 
sonstiger Reaktionen (siehe z. B. Fall Nr. 12, Jh.; ebenso Fall Nr. 1, 
La., bei 10 mg um 10°/ 0 von 22 auf 32 °/ 0 ). 

NaegeH hält die bei Tuberkulosen mit Heilungstendenz durch¬ 
weg beobachtete Lymphocytose für den Ausdruck der Überwindung 
des toxisch-infektiösen Moments, nicht für ein Zeichen der Chroni¬ 
zität. Seit Bergeis experimenteller Begründung der Lymphocytose 
sind wir geneigt, mit ihm anzunehmen, daß die lymphocytären Ele¬ 
mente des Bluts elektiv chemotaktisch auf Krankheitserreger lipoiden 
Charakters reagieren. 

Bergei hält sinngemäß die wahllose künstliche Erzeugung einer 
polymorphkernigen Leukocytose durch Proteinkörpertherapie bei 
verschiedensten Krankheiten für fehlerhaft. 

Wenn Weichsel , wie oben erwähnt, dem Caseosan die Eigenschaft, 
öfters zu stark reizend zu wirken, zuschrieb, so geschah das auch 
mit besonderer Berücksichtigung der Lymphocytenkurve. Wo infolge 
Uberdosierung eine Verschlechterung als Folge der Injektionen ein¬ 
trat (beim AT wegen seiner bekannten Dosierung seltener als beim 
Caseosan), fand er besonders bei schwereren Fällen Lymphocyten 
stürz als ungünstiges Zeichen. 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



102 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Schulz fand Lymphocytose nach Tuberkulininjektionen als kon¬ 
stanten Befund. Bergei betont, daß therapeutisch günstig wirkende 
Prozeduren wie neben dem Tuberkulin die Höhensonne, der Pneumo¬ 
thorax, Pettnahrung, Jod, Lebertran, Stauung, Höhenluft auch Lym- 
phocytosen erzeugen. 

Diese Annahmen und Ergebnisse, die sich mit unsern Befunden 
decken, scheinen danach sämtlich für eine spezifische Wirkung des 
Tuberkulins auf das Blutbild zu sprechen , die dem Caseosan algeht. 

Im weiteren Verlauf der Therapie wurden am 22. H. 0,005 mg AT 
und 0,007 mg am 25. II. reaktionslos vertragen. Ara 29. II. wurde 
Pat. aus der stationären Behandlung entlassen und kam weiter 
ambulant: 


0,01 mg AT 7. III. 
0,02 „ „ | 10. III. 

0,04 „ „ I 14. III. 


normal 

dgl. 

38° 


i keine Reaktion 

StR + + 

HR? (vermehrter Husten) 


In diesem Fall macht die Injektion von 1 ccm Caseosan eine 
beträchtliche Allgemein- und Stichreaktion am 17.11., beides stärker 
als die reaktiven AT-Dosen von 0,004 und später 0,04 mg(N-Gehalt 
des Caseosans 50 000—5000 fach), dagegen sicher keine Herdreaktion 
(Kopfschmerzen und Allgemeinerscheinungen, aber kein vermehrter 
Husten, keine Rasselgeräusche) wie das AT vorher und vielleicht 
auch am 14. III. Die Pause zwischen den beiden Injektionen 
(0,004 mg AT und 1 ccm Caseosan) — ein fieberfreier Tag — ist 
zu kurz. 

Fall Nr. 9: Gi. Max, 42 jähriger Arbeiter. Seit Oktober 1920 mehrfach in 
stationärer Behandlung der Klinik, zuletzt vom 12. I. biB 16. III. 22. 

Diagnose: ProHferierend-indurierende Lungenibc. vom. r. Status nach para - 
vertebraler Rippenresektion r. (zweizeitig Februar 1921). 

Familienanamnese o. B. Seit 1918 lungenkrank. — Mäßiger Ernährungs¬ 
zustand. Oktober 1920 zunächst hochfebril, dann mit zunehmender Indura¬ 
tionstendenz des vorwiegend rechtsseitigen Prozesses Entfieberung und Ge¬ 
wichtszunahme. Pleuraschwarte r., Schrumpfung der r. Thoraxseite. Nach 
paravertebraler Rippenreaektion zunächst wieder febril, bis Juni 1921 dann 
afebril. Sputummenge um 50 ccm, T. B. +, später 0. Januar 1922 nach 
Verschlechterung (Grippe) wieder febril aufgenommen. Auch links pro¬ 
duktive Herde. Hämoptoe. Von Anfang Februar an Besserung, afebril. 
Sputummenge um 100 ccm, T. B.+. Neigung zu positiver Anergie. — Ter¬ 
tiäre Lues. 

Therapie: AT von Juli bis Sept. 1921 bis 40 mg. Anfang Februar 1922 
Beginn mit 0,001 mg (s. folgende Tabelle). 

Leichte Allgemein- und Stichreaktion, vermehrte Sputummenge 
nach 1 ccm Caseosan; keine AT-Reaktion. 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


103 


i 

I | 

Rektale Temperaturen i 

Menge des 

Injektion vop 1 


-- 

_ 



Sputums 

1 

| 1922 j 

8 h 1 

!S h 

! 4 h 

1 8 h 

| In ccm 

Bis 0,01 mg AT 

1. III. 


normal 


70 


3. III. 

36,7 

37,5 

37,4 

37,4 

100 

1 ccm Caseosan 

4. III. 

36,9 

37,4 

37,4 | 

IW,1 

120 


5 . in. 

37,3 

37,5 

37,3 

37,1 

150 


6. III. 

36 | 

| 36,9 

37,1 

37,1 

110 

0,02 mg AT 

7. III. 

i 


norm 

lal 


bis 0.1 mg 


ohne Reaktion (StR + 


16. III. 

1 


entlassen 



Bemerkungen 


keine Reaktion. 


|StR+ Vermehrung 
tjd o der poly- 
6 nucl. Leuko- 
cytenvon 66 
auf 71 # /o 

StR -f* 

i 


Fall Nr. 10: BL, Ferdinand, 62 jähriger Arbeiter. 23. I. 22 — noch in 
stationärer Behandlung. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tuberkulose beider Oberlappen. 

Hereditär o. B. 1918 Lungenentzündung, 1921 leichte Grippe. Anfang 
Januar 1922 Hämoptoe. — Mäßiger Ernährungszustand. Im Beginn leicht 
febril, dann afebril. Wenig ausgedehnte produktive Herde über beide Spitzen 
und in der Hilusgegend, mit guter Indurationsneigung. Sputummenge zwischen 
50 und 100 ccm, T. B.+. Immunbiologisch: Neigung zu positiver Anergie. 

Gewicht bei Aufnahme 66,0 kg, 

Ende März 70,0 „ 

Therapie: AT, Beginn mit 0,001 mg, bisher bis 0,7 mg. 


Injektion von 

Datum 

1922 

Rektale Temperaturen 

Menge des 
Sputums 
in ccm 

Bemerkungen 

8 h | 12 b 1 4 h | H h 

0,001 mg AT 

10. II. 

normal 

50 

keine Reaktion 

0,002 „ „ 

14. II. 

r> 

50 

n » 

1 ccm Caseosan 

17. II. 

36,5 | 37,0 1 37,8 ' 38,1 

1 50 

8tR+ Vermehrung' 
HR 0 der neutro¬ 


18. II. 

37,1 | 37,2 j 37,8 | 37,7 

j 

philen 


19. II. 

36,6 | 37,7 | 37,5 j 37,4 

100 

Leukocyten 




1 

i von 66 auf 

i 

20. II. ! 

normal 

50 

80 Vo 

0,003-0.7 mg ATI 

1 i 

i 

n 1 


ohne Reaktion. 


Wie der vorhergehende Fall. 

Fall Nr. 11: We., Adolf; 24 jähriger Arbeiter 13. II. 22 — noch in statio¬ 
närer Behandlung. 

Diagnose: Proliferierend-indurierende Tbc., vorwiegend der r. Lunge . 

Hereditär o. B. Seit Herbst 1921 lungenkrank. — Mäßig ernährt; kurze 
Zeit leicht febril, dann afebril. Im Bereich der rechten Lunge (Ober- und 
Mittellappen mehr als Unterlappen) produktive und indurierende Herde in 
ziemlicher Ausdehnung, 1. bedeutend geringer. Sputummenge zwischen 20 
und 50 ccm, T. B. +. Immunbiologisch: allergisch, Neigung zu positiver Anergie. 

Gewicht bei Aufnahme: 55,3 kg, 

Ende März 57,5 „ 

Therapie: AT, Beginn mit 0,001 mg, bisher bis 0,8 mg. 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




104 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Injektion von 

Datum 

Rektale Temperaturen 

; Menge des 
Sputums 
in ccm 

Bemerkungen 

| 1922 

8 h j 12 h ! 4 h 1 8 h 

0,005 mg AT 

1. III. 

normal 

40 

keine Reaktion 

3. III. 

normal 



1 ccm Caseosan 

4. in. 

36,6 I 37,3 37,4 1 *8,7 

30 

StR 4* 


5. III. 

36,4 37,4 37,4 37,3 

20 

HR h 


| 6. III. 

normal 

: 1 

40 


1 ccm Caseosan 

7. III 

36,3 , 37,4 37,4 | *8,1 

50 

StR — 


8. III. 

36.5 | 37,0 j 36,7 | 37,3 

40 

HR h 


9. III. 

normal 



0,01 mg AT 

10. III. 

normal 


StR h 

| 11. III. 

normal 


HR- 

0,05 mg AT 

14. III. 

i 37,6 

i 1 ! 

1 ! 1 


StR + 

HR h 

Auf 1 ccm Caseosan beide Male leichte Allgemein- und Stich-, keine Herd- 

reaktion. 0,01 mg AT (N = 

= Yaoooo des Caseosans) macht sichere Herdreaktion. 

Fall Nr. 12: 

Ih., Gustav, 36 jähriger Dreher. 

20. I. bis 15. III. 22. 

Diagnose: Vorw. rechtsseitige proliferierend-indurierende Lungentbc. 

Vater an Lungenentzündung gestorben. Seit Sommer 1920 lungenkrank. 

— Mittelernährt, 

afebril. Nicht sehr progresse produktive Herde im Bereich 

des r. Oberlappens mit guter Indurationstendenz. 

Sputummenge zwischen 50 

und 100 ccm, T. 

B. +. Immunbiologisch: allergisch mit Neigung zu positiver 

Anergie. 

Gewicht bei Aufnahme 54,7 kg, 




bei Entlassung 56,3 

n 



Datum 

Rektale Temperaturen 

j Menge des 


Injektion von 


1 Sputums 

Bemerkungen 


1922 

8 h 12 h | 4 h i 8 h 

in ccm 


Bis 0,1 mg AT | 

1 . IIL 

normal 

40 

keine Reaktion 

2. III. 

n 

70 


, 

3. III. 

n 

50 


1 ccm Caseosan 

4. III. 

r> 

100 

StR + 


5. III. 

V 

100 

HR H 


6 . IIL 

r> 

70 


8 ccm Caseosan 

7. IIL 

n 

100 

StR + 


8. III. 

n 

100 

HR 0 


9. IIL 

n 

100 


0,2 mg AT i 

10. IIL 

T) 

60 

StR + 

11. IIL 

n 

50 

HR o 

i 

14. III. 

Aus disziplinären Gründen 

entlassen. 

1 . III. Blutbild: 





a) vor 

Injektion von 0,1 mg AT 

b) 6 h nachher 

5200 Leukozyten, davon 


5900 

polynucl. neutroph. 76°/o 


56 ° 0 

Lymphocyten 

22 °/„ 

1 

30 »/„ 

Eosinoph. 

2% 

i 

1 0 0 

Mononucl. 

— 


3 % 

Ubergangsf. 



1 0 0 


Gck igle 


Origin*al_fram 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


105 


4 III Blutbild: 


a) vor Injektion von 1 ccm Caseosan 

b) 6 11 nachher 

6200 Leukozyten, davon 

7000 

polynucl. neutroph. 66 °/ 0 

68 % 

Lymphocyten 28 0 0 

26% 

Eosinoph. — 


Mononucl. 5 0 0 

4% 

Ubergangsf. 1 °/ 0 

2 % 

Blutbild: 

a) vor Injektion von 2 ccm Caseosan 

b) nachher 

5800 Leukozyten, davon 

5200 

polynucl. neutr. 65 °/ 0 

67 % 

Lymphocyten 29 0 0 

27 % 

Eosinoph. 1 °/ w 

— 

Mononucl. 5 0 0 

5 % 

Ü bergan gsf. — 

1 % 


Zu den Blutbildsveränderungen s. Bemerkungen zu Fall Nr. 8. 
Im übrigen ein Fall, der sich Injektionen von 1 und 2 ccm Caseosan 
gegenüber refraktär verhält, dessen Reaktion auf AT leider nicht 
durchgeprüft werden konnte, da seine Entlassung vorher erfolgen 
mußte. 

Fall Xr. 13: Bl., Emil, 21 jähriger Schweizer. 27. X. 21 bis 1. II. 22. 

Diagnose: Cavernöse Lungenphthise (Mischform). Larynx-Tbc. 

Hereditär o. B. Seit 1918 lungenkrank. — Leidlich ernährt; febril (bis 
38,5°). Ausgedehnte Prozesse in beiden Lungen, bes. r. produktiv-cirrhotischer 
Art mit großer Caverne r. o.; 1. frischere Prozesse, teils wohl auch acinös- 
käsiger und sublobulär-käsiger Natur. L. kleineres Cavum. Ulceröse Larynx- 
tbc. Sputummenge um 100 ccm, T. B.+. Immunbiologisch: allergisch. 

Gewicht bei Aufnahme: 62,4 kg, 
bei Entlassung: 62,3 kg. 

Therapie: Symptomatisch,kleine Caseosandosen (0,1—0,5 ccm) subcut., Krysol- 
gan 0,05—0,1 iv als Larynxtherapie. 

Es würde zu weit führen, die Fieberkurve im ganzen tabellarisch 
wiederzugeben. Deutliche Einflüsse des Caseosans auf die Tem¬ 
peraturbewegung sind nicht zu bemerken. Pat. erhielt am 15. XI. 
0,1 ccm Caseosan, höchste Abendtemp. 38,6° gegen 38,2° am Vor¬ 
tage; am 29. XI. 0,2 ccm [28. 38,1°; 29. 38,1°]; am 3. XII. 0,3 
[38,2—38,2]; am 6. XII, 0,4 [38,0—38,0]; am 12. XII. 0,5 [37,7 
—38,2]. Weitere Caseosanmengen erhielt er nicht. Die Auswurf¬ 
menge ist 1—2 Tage nach 0,3 ccm um 20 ccm vermehrt, sonst un¬ 
beeinflußt. Leichte Stichreaktionen waren jedesmal vorhanden. 
Eine Herdreaktion konnte nicht beobachtet werden; es scheint, als 
ginge der Katarrh allmählich während der Zeit von Mitte November 
bis Mitte Dezember zurück, wie auch die Temperaturkurve eher eine 
leichte Neigung zur Norm zeigt. Das Gewicht nahm auf 64 kg zu. 
Es folgten dann die Krysolganinjektionen. Von ihnen hatte ich 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



106 


E. Hagemann: 


Difitized by 


(wie auch in anderen Fällen) den deutlichen Eindruck eines un¬ 
günstigen Einflusses auf empfindliche Lungenherde. Trotzdem es 
nicht zum eigentlichen Thema der Arbeit gehört, sei es hier er¬ 
wähnt, weil es dem Caseosan gegenüber eine gewisse Vergleichs¬ 
möglichkeit gewährt. 





Höchste Tagestemperatur: 

Sputum 

13. 

XII. 


37,9 0 

100 

14. 

XII. 

0,05 Krysolgan 

38,4° 

100 

15. 

XII. 


38,7° 

100 

16. 

XII. 


38,7° 

120 

17. 

XII. 


38,3° 

150 

20 . 

XII. 


37,8° 

100 

21. 

XII. 

0,05 

38,6° 

100 

22. 

XII. 


38,7° 

100 

23. 

XII. 


37,7° 

100 

24. 

XII. 


37,7° 

150 


und in ähnlicher Weise fort bis zum Absetzen der Therapie. Der 
Husten war stärker, das Allgemeinbefinden schlechter, Gewicht fiel 
auf 62,1°; Herdreaktionen nicht sicher. 

Dagegen kann man dem Caseosan keinen merklich ungünstigen 
Einfluß nachweisen. In diesen Mengen scheint es selbst auf emp¬ 
findliche Herde nicht stark reaktiv zu wirken. 

Ich möchte nicht verfehlen, den Assistenten der Klinik, die nach 
mir Stationsärzte der Tuberkulosestation waren, Herrn Dr. Schmid 
von Neidhardt und Herrn Dr. Graf, welche die vergleichenden 
Injektionen in meinem Sinne fortführten, für ihre Mitarbeit meinen 
Dank auszusprechen. 

III. Kritik der Versuchsresultate. 

Die Ergebnisse beider Versuchsreihen sprechen eindeutig dafür, daß 
ein aus der Errechnung gleichen N-Gehalts im Tuberkulin und im 
vergleichsweise injizierten Proteinkörper gewonnener Maßstab eine aus¬ 
gesprochene Überlegenheit der reaktiven Wirkung des Tuberkulins erweist. 

Im Koch sehen Hauptversuch gehen die mit 0,3—0,5 ccm AT oder 
AF-StammlÖ8ung ip gespritzten Tiere prompt zugrunde, während 
entsprechende Mengen von Eiweißkörpern ohne Effekt auf Leben 
und Gesundheitszustand der Tiere bleiben. 

Die vergleichenden Injektionen am tuberkulösen Menschen lassen 
sich eigentlich nur im Zusammenhang des Reaktionsablaufs, d. h. 
mit Berücksichtigung des sich ständig verschiebenden immunbiolo¬ 
gischen Zustandsbildes beurteilen und sich schwer in einer Synopsis 
nach -|- und — zusammen bringen. Doch sei der Versuch gemacht. 
Es sind dabei von positiven AT-Injektionen nur die unmittelbar der 
Caseosaninjektion vorausgehenden oder die nachzeitigen berücksichtigt. 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


107 


AT 


Caseosa n 


Fall 

Nr. 




Menge 

StR 

AR 

HR 

mg 


' “ 

1 ' 

I - ‘ 

| 

+ 

4 _ 

<>,5 


1 

1 

(+) 

_ 

0,5 

i 1 

_ 

— 

0,5 


1 

+ 

4 - 

40,0 


1 

+ 

V 

■ 

40,0 

2 

1 - 

4. 

-f- 

60,0 


1 

_u 


60,0 

* 

1 

1 

o- 


3,0 



4 - 


3,0 

4 

j _L 

4 - 

1 

y 

50,0 

5 


(?) 

+] 

0,1 

i 







-f 


1,0 

6 

_ 

4 - 4 - 

+ + 

80,0 

r? 

i 

_L 

4- 

| 

1 

0,05 


+ 

4 - ; 


0,05 

8 

+ 

4 - 

1 

-r 

[ 0,004 


*r : 

4 - i 

? 

0,04 

9 

+ j 


1 

j 

0,01 

1 _ 




_ | 

0- 1 

10 

— 

i 


! 0,001 



— 

i 

bis 



i 

I 

1 0,7 

11 

- 

— 

i - 

| 

| 0,005 


_ 

! _ 

4 _ 

i 0,01 


-f- 

(+) 

— 

0,05 

12 

— 

i 

i 

— 

0,1 


-1- 

i 


0,2 

13 


i 


i 



StR 

AR 

HR 

N-Menge 

ccm 





0,003 





0,005 

— 


_ 

2 fach 

0,05 


~ 

- 

20 n 

0,5 




2 „ 

1,0 

( 4 -) 

(?) 

— 

4 * 

0,3 


(?) 



0,5 


*r 


2 n 

0,7 


‘ 

— 

>2 » 

0,02 

_ 


_ 

1,4 n 

0,2 

(4-) 


— 

14 n 

0,5 

_ 

<+) 


2 n 

1,0 


- 


4 n 

0,5 


_ 


1000 n 




100 » 

1,0 

_ 

(+) 

_ 

>2 n 

2,0 1 

_ 

(?) 

>4 r 

2,5 

| — 

4_ 


6 n 

2,5 

4 - 

4 - 

1 I 


2,5 

i 

— 

— 


3,0 

i 4 - 

(?) 

_ 

8 n 

3,0 

: ( ••) 

<+) 

— 


0,5 

I 

_L 

- 

2000 * 

1,0 

1 

1 (+) 

1 

! M 1 
i 

1 

1 

/ 50000 W 
l 5000 n 

1,0 

4- 

i 

+ 

i 


1,0 

4- 

4 - 

1 


1.0 

4- 

4_ 

l 

i 

f 


1,0 

, 




2,0 

_i_ 

- 

l — 


0,2bis 

\ 




0,5 

/ ^ 





Digitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 






108 


E. Hagemann: 


Difitized by 


Es ergibt sich aus dieser Gegenüberstellung, daß das Caseosan 
bei gleichem N-Gehalt nie , aber auch bei doppeltem und vielfachem bei 
weitem nicht immer Reaktionen auslöst , wo durch AT solche hervor¬ 
gerufen wurden. In Mengen von 0,5—3,0 ccm kann es Reaktionen 
auslösen, die denen des AT gleichen, unter denen aber nur eine 
sicher beobachtete Herdreaktion sich findet. Dieser Unterschied er¬ 
scheint mir sehr wesentlich. Daß Tuberkulöse an und für sich leicht 
fieberhaft auf beliebige Reize reagieren, bietet keine Besonderheiten. 
Sie scheinen sich hierin übrigens kaum von andern Kranken mit 
entzündlichen Affektionen zu unterscheiden. Bier betont die er¬ 
höhte Reizbarkeit, die Entzündungsherde vor dem gesunden Gewebe 
auszeichnen, so daß Proteinkörper auf Kranke ganz anders als auf 
Gesunde wirken. Für die individuell sehr verschiedenen Reizschwellen 
lassen sich wohl kaum Standardzahlen aufstellen. Alle Autoren be¬ 
tonen die Schwierigkeit der Dosierung von Proteinkörpern (Zimmer, 
Lindig u. a.). Arweiler fand, daß 0,05 ccm Casein bei gynäkologisch 
Kranken Fieber hervorrufen kann; das würde also einer Menge von 
1 ccm Caseosan-Heyden (5 proz. Caseinlösung) entsprechen. Dosen 
unter 0,5 ccm scheinen bei Tuberkulösen nicht reaktiv zu sein. 

Es scheint mir nach dem Gesagten nicht möglich, dem Caseosan 
eine ähnlich elektive Wirkung wie dem Tuberkulin zuzuschreiben. 
Vielleicht ist die Tuberkulinreaktion zum Teil eine Proteinkörper¬ 
reaktion; darin mag auch die äußere Ähnlichkeit beider begründet 
sein. Das Tuberkulin ist dem Eiweißkörper jedenfalls in den beiden 
wichtigsten Punkten überlegen: in dem gesetzmäßigen Überschreiten 
der Reizschwelle , unter Umständen auch mit kleinsten Dosen, un¬ 
abhängig vom N-Gehalt, und in der stärkeren Affinität zum spezi¬ 
fischen Herd. 

Dabei ist heute immer noch nicht in verneinendem Sinne über 
die Frage entschieden, ob mit der bloßen Reizwirkung des Tuber¬ 
kulins, die ja schließlich auch die Proteinkörper, wenn auch in grö¬ 
berem Maße, mit ihm gemein hätten, seine Wirkungsweise erschöpfend 
erklärt ist. 

Therapeutisch wird man die elektive, fein abstufbare Wirksamkeit 
des Tuberkulins nicht missen wollen, falls man eben nicht gerade 
von der geringeren Affinität der Proteinkörper zum spezifischen Herd 
in frisch-proliferierenden oder exsudativen Fällen Gebrauch machen 
will. Dabei scheint mir immer noch fraglich, ob man mit den ver¬ 
wendbaren kleinen Dosen überhaupt Effekte erzielt oder unter der 
Reizschwelle bleibt. Es sei ferner noch einmal an die Beeinflussung 
des Blutbilds und die prognostische Bedeutung seiner symptomatischen 
Veränderungen erinnert, die auch nicht für die Proteinkörpertherapie 
bei Tuberkulose sprechen. Ich glaube kaum, daß man in derartigen 


Gck igle 


ÜrigiaaLfrom _ _ 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Die Spezifität der Tuberkulinreaktion. 


Fällen mit Protein körpern Besseres erzielen kann als mit intracutaner 
Appiikation kleinster Tuberkulindosen, wie z. B. bei der MTbR-The- 
rapie, die schon in der Haut spezifische Umstimmungen hervorrufen. 

Zusammenfassung. 

1 . AT- und Caseosaninjektionen von gleichem N-Gehalt haben 
auf tuberkulöse Individuen, Meerschweinchen wie Menschen, eine 
durchaus verschiedene Wirkung: erst Caseosandosen von weit höherem 
N-Gehalt als entsprechende AT-Dosen machen ähnliche Reaktionen. 

2 . In den verglichenen Mengen (bis zu 3 ccm Caseosan) macht 
das Caseosan wohl flüchtige Stich-, mäßige Allgemein-, aber fast 
niemals Herdreaktionen. 

3. Mengen unter 0,5 ccm Caseosan scheinen unwirksam. 

4. Es geht die Spezifität des Tuberkulins aus seiner außerordentlich 
fein abgestuften Wirksamkeit auf empfindliche tuberkulöse Herde hervor, 
die sich unterUmständen auch bei kleinsten Mengen in hohem Maße äußert. 

5. In der Therapie der Tuberkulose verdient daher das Tuber¬ 
kulin vor den schwer dosierbaren Proteinkörpern den Vorzug. 

Literaturverzeichnis. 

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Dtsch. med.Wochenschr. 1911, Nr. 45. — Zimmer, Therap. d. Gegenw. 1920, August, 



Original fro-m 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



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Die hämoklastische Krise. 

(Zugleich ein Beitrag zur Frage der Wirkung „unphysiologischer* 

Eiweißabbauprodukte.) 

Von 

P. Junkersdorf. 

(Aus dein physiologischen Institut der Universität Bonn.) 

1 Eingegangen am 23. Juni 1922.) 

I. 

Vor einiger Zeit wurde von Widal und seinen Mitarbeitern eine 
Funktionsprüfung der Leber angegeben, die z. Z. in Frankreich im 
Mittelpunkt des klinischen Interesses steht und die auch in Deutsch¬ 
land schon mehrfach Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung und 
verschiedener Publikationen gewesen ist. 

Die französischen Forscher — Widal , Abrami und Jancovcsco M — stellten 
fest, daß Zufuhr von eiweißhaltiger Nahrung bei einem mit Leberinsuffizienz 
behafteten Organismus einen charakteristischen Symptomkomplex auslöst, den 
sie als „ Crise kemoclasique* bezeichnen. 

Sie gingen von Versuchen aus, die den Zweck verfolgten, den Grad des 
Eiweißabbaues zu bestimmen, also die Frage zu entscheiden, ob nur tief- 
abgebautes Eiweiß in Form von Aminosäuren oder aber auch Verdauungs¬ 
produkte mit Albumosen oder Peptonnatur die Darmwand passieren. Zu diesem 
Zwecke injizierten sie Hunden Handelspepton und beobachteten, daß nach Zu¬ 
fuhr von mindestens 5 mg pro kg Körpergewicht Leukopenie , Blutdrucksenkung 
und Veränderung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes eintritt. Sie fanden außer¬ 
dem, daß bei hungernden Hunden das Portalblut in die v. cava übergeleitet 
(Eck&che Fistel) oder in periphere Venen injiziert werden kann, ohne daß die 
genannten Erscheinungen eintreten, daß diese aber jedesmal sich zeigen, wenn 
1—3 Stunden nach reichlicher Eiweißfütterung das Portalblut in die Cava über¬ 
geleitet oder peripher injiziert wird, 4—5 Stunden nachher dagegen nicht mehr. 
Da nach Nolf — wie sie angeben — Dosen von mindestens 500 mg Amino¬ 
säuren erforderlich sind, um die genannten Blut- und Gefäßveränderungen 
hervorzurufen, so schließen sie daraus, daß das Portalblut im Beginn der Ver- 

*) Widal, F. 9 Abrami , P. et Jancovesco , M. N.: Possibilit4 de provoquer la 
crise h^moclasique par injection intravaineus du sang portal recueilli pendant 
la Periode digestive. Action du foi sur les prot^ides de d6sint6gration incom- 
plete provenant de la digestion et charries par la veine porte. 

Cpt. rend. hebdom. des säances de l’acad. des Sciences 171, Nr. 2, 74. 
1920. Referat: Berichte der gesamt. Physiologie u. experim. Pharmak. 3, 
458. 1920. 


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P. Junkersdorf: Die hämoklastische Krise. 


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dauung höher molekulare Abbauprodukte des Eiweißes enthalten müsse. Da ferner¬ 
hin bei normaler Verdauung die Blut- und Gefäßveränderungen ausbleiben, so 
ist dies nach ihrer Ansicht nur dadurch zu erklären, daß die Leber die ihr 
normalerweise zugeführten höher molekularen Verdauungsprcdvkte entweder fixiert 
oder verändert , also unschädlich macht . 

Sie bezeichnen diese Kigenschaft der Leber als proteopectische , d h. eiwei߬ 
bindende, oder proteophytaktische Funktion und den Symptomkomplex der Blut- 
und Gefäßveränderungen — wie schon erwähnt — als r hämoklastische Krise u . 

Im Verlauf ihrer Untersuchungen 1 ) fanden die genannten Autoren dann, 
daß bei Individuen mit Leberinsuffizienz (Cirrhoeen, NeoplaBma, katarrhalischem 
Ikterus, akutem Spirochätenikterus u. a.), wenn diesen Eiweiß in Form einer 
Probemahlzeit von 200—300 g Milch (unter Umständen genügen auch viel 
kleinere Mengen bis herab zu 15 ccm Milch, statt Milch können auch andere 
eiweißhaltige Nahrungsmittel, wie Fleisch, Eier verwendet werden) zugeführt 
wird, die „ Verdauungshämoklasie u so gut wie immer auftritt, sofern die Kranken 
längere Zeit nüchtern bleiben, während beim gesunden Menschen, ebenso wie 
beim Kranken ohne Beteiligung der Leber nach Aufnahme einer Eiweißmahlzeit 
bekanntlich Leukocytose , Steigerung des arteriellen Blutdrucks und Zunahme des 
re fr aldometrischen Serumindexes sich bemerkbar machen. 

Zufuhr von eiwei Qfreter Nahrung bewirkt nach ihrer Angabe auch bei 
nsuffizienter Leber keine Krise. Es kann auch zu „ dissoziierten Krisen u 
kommen, indem die Leukopenie nicht von Blutdrucksenkung und Veränderung 
der Gerinnungsfähigkeit begleitet wird; ausnahmsweise, z. B. bei Verwendung 
sehr geringer Mengen von eiweißhaltigen Nahrungsmitteln kann die Krise auch 
stufenweise auftreten; man findet dann abwechselnd Abnahme und Zunahme 
der Leukocyten. 

Auf Grund dieser Vorsuchsergebnisse nehmen Widal , Abrami und Janco - 
vesco nun an, daß bei Leberinsuffizienz das Leberfilter für die im Beginn der 
Verdauung gebildeten unvollkommen abgebauten Spaltungsprodukte abnorm 
durchlässig ist. Diese Stoffe werden infolgedessen nicht abgefangen, gelangen 
in den allgemeinen Kreislauf und bedingen dann den dem anaphylaktischen 
Chok ähnlichen Symptomkomplex der hämoklastischen Krise. 

Im weiteren Verlauf ihrer Untersuchungen 2 ) über die praktische Ver¬ 
wertung der Methode gelang es ihnen fernerhin, bei Leberkranken eine Disso¬ 
ziation der proteopectischen und funktionellen Leberinsuffizienz nachzuweisen 
und zu zeigen, daß die Probe auch imstande ist, Leberschädigungen aufzu¬ 
decken, die sich durch kein anderes Symptom kundtun. Auf die große Zahl 
der mitgeteilten klinischen Fälle 3 ), die sie mit der Probe untersuchten, wollen 
wir hier nicht näher eingehen. Sehr bemerkenswert aber erscheint uns die Fest - 

*) Widal, F. f Abrami, P. und Jancovesco, M. N.: L ? 6preuve de l'hemoclasique 
digestive dans T6tude de Tinsuffisiance h6patique. Cpt. rend. hebdom. des 
s^ances de l’acad. des Sciences. 171, Nr. 3, 148. 1920. 

Referat: Berichte der gesamt. Physiol. u. experim. Pharmak. 3, 459, 1920 
und Kongreßzentral bl. 14, 327, 1920. 

*) Widal, F ., Abrami, P . und Jancovesco, M. N.: L’ßpreuve de Thämoclasie 
digestive et l’h6patisme latent. Cpt. rend. hebdom. des s6ances de Tacad. 
des Sciences 171, Nr. 4, 223, 1920. Referat: Kongreßzbl. 14, 531, 1920. 

8 ) Widal , F ., Abrami , P. und Jancovesco, M. N.: L^preuve de Hi&noclaaie 
digestive dans T6tude de rinsuffisiance häpatique. Presse med. 28, Nr. 91, 893, 
1920 und La crise hämoclasique par injection de suore chez les diab6tiques. 
Presse med. 29, Nr. 13, 121, 1921. Referat: Kongreßzbl. 17, 262, 1921. 


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P. Junkersdorf: 


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Stellung , daß bei Diabetes auch Zufuhr von Traubenzucker in Mengen von 20 g 
bis herab zu 2 g, Rohrzucker in Mengen von 20 g und größere Mengen von 
Fruchtzucker und Milchzucker die hämoklastische Krise auslösen können. Bei 
Gesunden und an verschiedenen Krankheiten Leidenden fiel sie mit diesen 
Stoffen negativ aus, während bei 20 Leberkranken in 6 Fällen mit 100 g 
Dextrose eine Leukopenie erzielt wurde. 

Im Verein mit Hutinel zeigten Widal und Abrami 1 ), daß sich mit der 
Probe auch nach kurzdauernden Chloroformnarkosen (20—35 Min.) und länger 
dauernden Athemarkosen und ebenso nach Stickoxydul und Novocaingebrauch 
Leberveränderungen, durch diese Stoffe bewirkt, nachweisen lassen. Der Grad 
der Schädigung ist je nach der Dauer der Applikation der Narkotica mehr 
oder weniger früh nachweisbar und länger anhaltend zu erkennen. 

Außer Widal und seinen Mitarbeitern haben sich auch eine Reihe von 
anderen Forschem mit dieser Methode beschäftigt. 

Renon und Blamontier 2 ) kamen hierbei zu ähnlichen Resultaten wie ihre 
Vorgänger. Andere haben das Anwendungsgebiet noch erweitert. 

So geben Le Noir und Richet 3 ) zum Beleg des von ihnen früher fest- 
gestellten häufigen Vorkommens von Leber- und Nierenstörungen beim Ulcus 
die Ergebnisse ihrer Untersuchungen über die Leber- und Niereninsuffizienz bei 
zahlreichen Ulcuskranken an, wobei ihnen als Zeichen ihres Vorhandenseins 
Aeotämie und, nach Nüchtemdarreichung von 200 g Milch, die auf tretende 
r Hämoklasie u (Leukopenie!) gelten. Die allerdings lange nicht in allen Fällen 
festgestellte Leukopenie geht häufig mit anderen Zeichen von Leberinsuffizienz 
einher. Die Probe war in allen Fällen von Hyperchlorhydrie stets negativ. 

Crdiniceanu und Popper*) fanden bei 30 Prozent der in den letzten Monaten 
schwangeren Frauen eine deutliche hämoklastische Krise, obwohl gar keine 
Symptome für eine Leberinsuffizienz Vorlagen. 

Im Gegensatz zu diesen Arbeiten kommt Mauriac h ) auf Grund seiner um¬ 
fangreichen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Widalsche Verdauungs- 
hämoklasie zum Nachweis von Leberinsuffizienz gänzlich unregelmäßige Resul¬ 
tate liefert. Bei Darmkranken und Kindern ist sie nach seinen Erfahrungen 
von vornherein unzuverlässig. 

In der Folgezeit wurde nun auch von deutschen Klinikern die Widalsche 
Methode verschiedentlich benutzt, um einen näheren Einblick in die Pathologie 
der Leber zu gewinnen. 

L ) Widal , F. f Abrami, P. et Hutinel , J.: Recherches comparatives sur le fonc- 
tionnement du foi ä la suite de l’anesth6sie chirurgicale par le Chloroform, 
16ther, le protoxyde d’azote, ou la novocaine. Cpt. rend. hebdom. des. 
s^ances de l’acad. des Sciences 172, Nr. 19, 1145. 1921. 

Referat: Kongreßzbl. 19, 162. 1921. 

2 ) Renon , L. et Blamontier , P .: L’£preuve de rh6moclasique digestive dans 
l'insuffisiance höpatique. Gaz. des hop. civ. et milit. Jg. 93, Nr. 109, S. 1749. 

1920. Z. n. Kongreßzbl. 1«, 346. 1921. 

3 ) Le Noir Charles Richet fils et Jaquelin, Andre: Acotemie et h6moclasique 
digestive dans Tulcus gastrique. Bull, et m6m. de la soc. med. des hop. de 
Paris. Jg. 37, Nr. 4, S. 121. 1921. Z. n. Kongreßzbl. 18, 113, 1921. 

4 ) Crdiniceanu. Al. et Popper , M .; Die digestive Hämoklasie während der 
Schwangerschaft. Spitalul. Jg. 41, Nr. 5, S. 179. 1921. (Rumänisch) Kongreßzbl. 
1», 294, 1921. 

ft ) Mauriac , Pierre: A propos de Tepreuve de Th^moclasie digestive dans 
l'insuffisiance h^patique. Journ. de med. de Bordeaux. Jg. 92, Nr. 13, S. 373. 

1921. Kongreßzbl. 19, 294. 1921. 



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Die hämoklastische Krise. 


113 


JRetzlaff l ) hat sie in einer Reihe von Fällen angewandt und für die Be¬ 
urteilung der Leberfunktion als recht brauchbar befunden. Er fand sie bei 
nachweisbar kranker Leber immer positiv, gibt aber zu bedenken, daß es sich 
hierbei auch nur um die Prüfung einer Teilfunktion der Leber handelt, so daß 
auch bei positivem Ausfall der Probe z. B. die Gallenfunktion normal ab¬ 
laufen kann. 

An sehr umfangreichem Material prüfte Sömjen 2 ) die Reaktion. Er zeitigte 
hierbei aber keine eindeutigen Resultate. Wir kommen in anderem Zusammen¬ 
hang auch auf 6eine Untersuchungen zurück. 

Insbesondere war es Bauer 9 ) und seine Schüler, die den klinischen Wert 
der Widalschen Reaktion einer eingehenden Nachprüfung unterzogen. Seine 
Beobachtungen sprechen dafür, daß dort, wo die hämoklastische Krise positiv 
ausfällt, diese wirklich als Ausdruck einer Leberschädigung gelten kann. Was 
die Blutdrucksenkung betrifft, so geht sie oft, aber keinesfalls immer, dem 
Leukocytensturz parallel. In einem Fall von mittelschwerem Diabetes fanden 
Bauer und seine Mitarbeiter weder nach Verabfolgung von Milch noch von 40 g 
Rohrzucker einen positiven Ausfall. Bauer äußert sich zusammenfassend dahin, 
„daß die in Intervallen von 20 Minuten durch eine Stunde verfolgten Leuko- 
cytenzahlen nach dem Genuß von 200—300 g Milch eine wertvolle Handhabe 
zur Feststellung einer eventuellen Leberinsuffizienz liefern können. Kommt es 
zum Leukocytensturz mit oder ohne Drucksenkung, so ist eine Insuffizienz der 
Lebertätigkeit bzw. einer Partialfunktion der Leber vorhanden. Fehlt der 
Leukocytensturz, so ist allerdings eine Leberinsuffizienz deshalb nicht auszu¬ 
schließen.“ Über die anderen Symptome der hämoklastischen Krise, Änderung 
des Refraktometerwertes und der Blutgerinnung sind von Bauer nur wenige 
oder gar keine Beobachtungen angestellt worden. 

In Deutschland wurde das Problem auch von pädiatrischer Seite auf- 
gegriffen, und zwar von Schiff und Stransky 4 ). 

Die Arbeit dieser Autoren ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die 
Untersuchungsergebnisse die Arbeiten von Widal und der bisher angeführten 
Autoren von einer anderen Seite beleuchten und wesentlich zur Klärung der 
Frage beitragen. Ihren Versuchsergebnissen, die eine auffallende Überein¬ 
stimmung zeigen, liegt ein umfangreiches Versuchsmaterial zugrunde. Es wurden 
ungefähr 90 Fälle herangezogen, sowohl gesunde wie auch kranke Säuglinge, 
unter letzteren auch solche, bei denen klinisch ein pathologischer Leberbefund 
feststand. Sie fanden nun, daß die hämoklastische Krise (Leukopenie!) mit 
einer faßt konstanten Regelmäßigkeit nach der Nahrungsaufnahme unabhängig 
von der Art derselben auftritt und neben anderem, auf das wir noch zurück¬ 
kommen, daß beim Säugling die Leukvpznie nctch der Nahrungsaufnahme der 
normalphysiologische Vorgang ist. 

1 ) Retzlaff, K .; Zur Lehre vom katarrhalischen Ikterus. Dtsch. mcd. 
Wochenschr. Nr. 28, S. 789. 1921. 

2 ) Sömjen, E.: Bemerkungen zu Widals Leberfunktionsprobe (Hämoklastische 
Krise). Med. Klinik Nr. 40, S. 1203. 1921. 

3 ) Bauer, Julius: Die hämoklastische Krise. Dtsch. med. Wochenschr. 
Nr. 50, S. 1519. 1911. 

4 ) Schiff, Fr., und E. Stransky: Zur Frage der Verdauungsleukcytose. über 
die Funktionsprüfung der Leber beim Säugling mit der TFwfatechen Methode. 
Dtsch. med. Wochenschr. Nr. 42, S. 1255. 1921 Vortrag, gehalten von E. Schiff 
im Verein für innere Medizin u. Kinderheilkunde am 20. VI. 1921. — Dieselben: 
Über die hämoklastische Krise beim Säugling. Zugleich ein Beitrag zur Frage 
der Verdauungßleukocytose. Jahrb. f. Kinderheilk. 95, 28B. 1921. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 8 


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P. Junkersdorf: 


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Wie aus dieser kurzen Übersicht über die Untersuchungen Widals 
und seiner Mitarbeiter und die Erfahrungen, die deutsche und aus¬ 
ländische Kliniker mit der Methode gemacht haben, hervorgeht, läßt 
sich z. Z. noch kein endgültiges, eindeutiges Urteil über die Brauch¬ 
barkeit der hämoklastischen Krise als spezifische Leberfunktions¬ 
prüfung abgeben. Dies geht auch unzweideutig aus der Diskussion 
hervor, die sich an den Vortrag Schiffs im Verein für innere Medizin 
und Kinderheilkunde zu Berlin anschloß. Hier wurde von den ver¬ 
schiedensten Klinikern über die bisher von ihnen gesammelten Er¬ 
fahrungen berichtet, auf die hiermit verwiesen sei 1 ). 

Man wird, wie auch dort zum Ausdruck kam, auf Grund des 
vorliegenden Materials die Funktionsprüfung mit der Widalpröbe 
„nicht ohne weiteres ablehnen dürfen“ (L. Kuttner). Immerhin aber 
ist bei den weit auseinandergehenden Resultaten, die damit gezeitigt 
wurden, „der klinische diagnostische Wert nicht sehr hoch einzu¬ 
schätzen“ (P. Jungmann). Die Hauptbedeutung scheint darin zu 
liegen, „daß es mit ihrer Hilfe vielleicht gelingt, Leberstörungen 
nachzuweisen, die sonst keinerlei Symptome auf weisen“ ( Dresseil 
Auf jeden Fall sind noch eingehende weitere Erfahrungen notwendig, 
um entscheiden zu können, „was die Reaktion klinisch, diagnostisch 
und differentialdiagnostisch leisten kann“ (Kuttner). 

II. 

Bei der theoretischen und praktischen Bedeutung, die die Unter¬ 
suchungen der französischen Autoren nicht nur für die praktische 
Medizin, sondern auch für die Stoffwechselphysiologie haben, erscheint 
es uns angebracht, wenn das ganze Problem auch einmal vom physio¬ 
logischen Standpunkt aus besprochen wird, zumal Widal und seine 
Mitarbeiter gewisse Voraussetzungen bezüglich des Eiweißabbaues 
im Verdauungstraktus und seines ferneren Schicksals im Organismus 
machen, die bei dem heutigen Stande unserer Kenntnisse darüber 
wohl nicht mehr ganz allgemein gültig sind. 

Wie eingangs angeführt, fußen die Überlegungen Widals auf der 
Annahme, daß normalphysiologischerweise peptonartige Eiweißstoffe 
zur Resorption gelangen Da dies keineswegs immer der Fall ist, 
resp. der Fall zu sein braucht, empfiehlt es sich, zunächst einmal 
die Frage nach der Art und Menge der Eiweißprodukte im Zustand 
der Verdauung im Pfortaderblut und ihre weitere Verwertung im Or¬ 
ganismus näher zu ventilieren. 

l ) Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde, Berlin. Besprechung 
über: E. Schiff: FunktioDsprüfung der Leber beim Säugling mit der Widahchen 
Reaktion. Sitzung vom 20. VI. 1921. Dtseh. med. Wochenschr. Nr. 44, S. 1345. 
1921. 



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Die hämoklastische Krise. 


115 


Diese Frage wird nun, was bei der Schwierigkeit der experi¬ 
mentellen Erfassung von Spaltungsprodukten des Eiweißes im Blut 
nicht weiter verwunderlich ist, heutzutage noch recht verschieden 
beantwortet und bedarf noch der endgültigen Lösung. Nach der 
von Widal vertretenen älteren Anschauung sollen die normalerweise 
zur Resorption kommenden Verdauungsprodukte des Eiweißes die 
Albumosen und Peptone sein, die schon ihrer Löslichkeit wegen 
zum Durchtritt durch die Darmwand geeignet erscheinen. Es kann 
aber heutzutage kein Zweifel mehr daran bestehen, daß normal- 
phyeiologischerweise bei gewöhnlicher Ernährung mit gemischter, nicht 
überreicher Kost der Eiweißabbau beim Erwachsenen im Magendarm¬ 
kanal bis zu kleineren Bruchstücken, bis zu den Bausteinen der 
Eiweißstoffe, den Aminosäuren, erfolgt. Da diese in ihrer Struktur 
mit dem Ausgangsmaterial nichts mehr gemeinsam haben, wird da¬ 
durch verhindert, daß den Körperzellen, insbesondere aber nach dem 
Übergang ins Blut, den Leberzellen beständig bei der Verschieden¬ 
heit des Nahrungseiweißes ganz verschiedenartige und dauernd wech¬ 
selnde Aufgaben gestellt werden. Dadurch, daß die Umwandlung 
über die Aminosäuren erfolgt, wird der Organismus von der Art 
der aufgenommenen Eiweißnahrung bis zu einem gewissen Grade 
unabhängig und auf diese Weise eine Umformung des artfremden 
Nahrungseiweißes in arteigenes Körpereiweiß garantiert — sofern 
überhaupt alle Bausteine, die der Organismus nicht selbst bereiten 
kann, in hinreichender Menge vorhanden sind. 

Von den verschiedenen Autoren konnten denn auch in Über¬ 
einstimmung hiermit Aminosäuren nicht nur im Chymus, sondern 
auch im Blut nachgewiesen werden. Abderhalden 1 ) gelang es neuer¬ 
dings, durch Dialyse von großen Mengen von Rinder- und Pferde¬ 
blutplasma und -serum im Dialysat alle als Bausteine des Eiwei߬ 
moleküls bisher bekannten Aminosäuren zu isolieren, nachdem schon 
Abel*) 1913 auf dem internationalen Physiologenkongreß in Groningen 
durch Dialyse des strömenden Blutes beim lebenden Tier den Nach¬ 
weis von Aminosäuren hatte demonstrieren können. 

Schon daraus geht hervor, daß unter normalphysiologischen Ver¬ 
hält niesen vom Darm aus das Eiweiß wohl nur in Form von Amino¬ 
säuren zur Resorption kommt; höhermolekulare Stoffe, Peptone und 
Polypeptide geringerer Molekulargröße, gelangen höchstens in Spuren 
als solche in die Blutbahn. Man wird derartige Stoffe wohl im 
Blute feststellen können, aber ihr Vorkommen dürfte bei normaler 

*) Abderhalden , E .: Isolierung von Aminosäuren aus Blut. Zeitschr. f. physiol. 
Chem. 1921, 114, S. 250. 

*) Zitiert nach Abderhalden, E.: Lehrbuch der physiologischen Chemie. 
4. Aufl., I. Teil, S. 577. 

8 * 


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P. Junkersdorf: 


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Ernährung und intaktem Verdauungstraktus hauptsächlich nur bei 
endogenem Eiweißzerfall und auch dann nur in Spuren nachweis¬ 
bar sein. 

Es kommt nun aber auch vor, daß höher molekulare Abbau¬ 
stufen des Eiweißes, ja bekanntlich selbst natives Eiweiß vom Darm 
aus ins Blut übergehen. Dies ist nicht nur unter pathologischen 
Zuständen der Fall, wie z. B. bei emährungsgestörten Säuglingen 1 ). 
Auch unter physiologischen Verhältnissen läßt sich dafür der Nach¬ 
weis erbringen, vor allem bei neugeborenen Tieren — Hunden, Kätz¬ 
chen, Kaninchen, Zickeln —-). Bei letzteren fand Pfaundler und 
Schübel 8 ) am 10. Lebenstage nach Verabreichung von artfremder 
Kuhmilch nicht nur artfremdes Eiweiß, sondern auch Glucose und 
Laktose im Harn. Auch beim gesunden menschlichen Säugling 
konnten Orule und Bonar 4 ) zeigen, daß bei Zufuhr von artfremdem 
Eiweiß in der Zeit vom 4.-—10. Lebenstage der Darm der Säuglinge 
offenbar besonders leicht hierfür durchlässig ist, ohne daß irgendeine 
Ernährungsstörung oder anderes vorliegt; auch sie fanden das ver¬ 
abreichte Eiweiß im Harn und zuweilen im Kot wieder. Gerade 
diese Beobachtungen erscheinen uns im Hinblick auf die Versuchs¬ 
ergebnisse von Schiff und Stransky b ) über die Erfahrungen mit der 
hämoklastischen Krise beim Säugling, auf die wir, wie gesagt, später 
zurückkommen, wichtig. In all diesen zuletzt ausgeführten Fällen 
wird man annehmen dürfen, daß die in Betracht kommenden 
Verdauungsfermente resp. ihre Aktivatoren noch nicht in hin¬ 
reichender Menge vorhanden sind im Sinne von Salges ,,werdender 
Funktion“ 6 ). 


0 Lust , F.: Die Durchlässigkeit des Magendarmkanals für heterologes 
Eiweiß bei emährungsgestörten Säuglingen. Jahrb. f. Kinderheilk. 1913, S. 243 
u. 383, und Uffenheimer: Experimentelle Studien über die Durchlässigkeit der 
Wandungen des Magendarmkanals. Arch. f. Hyg. 55, 1. 1906. — Derselbe: Zur 
Frage der intestinalen Eiweißresorption. Ebenda 64, 383. 

*) Ganghofer und Langer: Über die Resorption genuiner Eiweißkörper im 
Magendarmkanal neugeborener Tiere und Säuglinge. Münch, med. WochenBchr. 
1904, 1497. 

3 ) Pfaundler, M., und Schübel , H.: Verdauungsversucho am Dünndarm 
junger Ziegen bei Einverleibung arteigener und artfremder Milch. Zeitschr. 
f. Kinderheilk. 30, 55. 1921. 

4 ) Grüle , G. G ., and Bonnar, B. E.: Precipitins to egg white in the urine 
of newborn infants. Amer. journ. of dis. of childr. 21, Nr. 1, S. 89. 1921. Re¬ 
ferat: ßer. d. ges. Physiol. u. exper. Pharmakol. 6, 465. 1921. 

5 ) Schiff , Fr., und Stranshj , E .; 1. c. 

H ) Salge , Br.: Die Bedeutung der Geschwindigkeit der Entwicklung für die 
Konstitution. Zeitschr. f. Kinderheilk. 30, H. 1/2, S. 1. 1921. 



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Die hämoklastische Krise. 


117 


Aber auch am ausgewachsenen Tier gelang es Messerli l ), wenn 
wir von älteren Angaben [ Röhmann *)], [jReacA 8 )] absehen, in Über¬ 
einstimmung mit anderen Autoren [E. Zunz und P. Nolf 4 )] ge¬ 
gebenenfalls, z. B. experimentell bei Anlage der Thiry- Vella- Fistel, 
zu zeigen, daß eine ergiebige Menge von Nahrungsstickstoff sicher in 
Form von höheren Stufen wie Albumosen und Peptone durch das 
Darmepithel resorbiert werden kann, und Borchardt 5 ) konnte beim 
Hund im Blut ein Pepton aus Elastin als Hemielastin nachweisen. 

Wenn nun auch beim „werdenden u Organismus die Annahme der 
Resorption von höher molekularen Eiweißkomplexen auf Grund der ein¬ 
deutigen Versuchsergebnisse der oben angeführten Autoren naheliegt, so 
kann man doch verstehen, w enn Abderhalden H ) und andere in Anbetracht 
der Einwände, die man gegen derartige Experimentalversuche am Tier 
machen kann, nach wie vor die Ansicht vertritt, daß für den Übergang 
von Stoffen mit Peptonnatur ins Blut beim erwachsenen Menschen unter 
normalen Bedingungen ein einwandfreier Beweis noch aussteht. 

In seinen oben angeführten Versuchen zur Isolierung von Aminosäuren 
gelang es Abderhalden in keinem Falle, Produkte nachzuweisen, „die 
noch Biuretreaktion zeigten“. 

Aber selbst wenn man den Versuchen über die Resorption von 
Pepton und ähnlichen Stoffen aus mancherlei Gründen mit Abderhalden 
keine entscheidende Bedeutung zuerkennen will, fo schließt der ne¬ 
gative Befund derartiger Stoffe im Blut doch keineswegs die Mög¬ 
lichkeit des Überganges von höher molekularen, aber bereits un¬ 
spezifischen Aminosäurekomplexen unter bestimmten Bedingungen 
auch beim Erwachsenen vollkommen aus, und auch Abderhalden 
äußert sich in diesem Sinne dahin, „daß man den Durchtritt von 
Eiweiß und höhermolekularen Abbaustufen, die noch den Charakter 
des Ausgangsmaterials haben, durch die Darmwand erzwingen 7 ) kann, 
wenn man namentlich genuine, an und für sich schwer angreifbare 
Proteine, wie Plasma- bzw. Serumeiweißkörper, Hühnereiweiß usw\ 
in großer Menge per os zugeführt“. 

*) Messerli , H.: Über die Resorptionsgeschwindigkeit der Eiweiße und 
ihrer Abbauprodukte im Dünndarm. Biochem. Zeitsohr. 54, 446, 1913. 

2 ) Röhmann , F.: Über Sekretion und Resorption im Dünndarm. Pflügers 
Arch. f. d. ges. Physiol. 41, 411. 1887. 

8 ) Reach, F.: Untersuchungen über die Größe der Resorption im Dickdarm 
und Dünndarm. Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 86, 247. 1901. 

4 ) Siehe bei Messerli: 1. c. 

5 ) Vgl. hierzu: Abderhalden , E.: Lehrbuch der physiol. Chemie. 4. Aufl.. 
I. Teil, S. 543. 1920, und insbesondere ebenda, Anmerkung 1 ). 

•) Abderhalden , E .: Lehrbuch. 

r ) Von uns hervorgehoben! 


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P. Junkersdorf: 


Diese auch dem Kliniker bekannte Tatsache, möchten wir auf 
Grund der Ergebnisse schon früher mitgeteilter Versuche noch er¬ 
weitern: Nicht nur die Zufuhr schwerverdaulicher Eiweißstoffe hat 
einen unvollkommenen Abbau und damit den Übergang von pepton¬ 
artigen Körpern zur Folge, sondern jede unrationelle , einseitige Zu¬ 
fuhr von Eiweiß , zumal dann , wenn ein 'plötzlicher Obergang zu einer 
ungewohnten , qualitativ und quantitativ anders zusammengesetzten Eiwei߬ 
nahrung eintriü . 

In unseren an Hunden angestellten Versuchen war uns dafür 
da8 Verhalten der Leber bei einseitiger überreicher Ernährung A ) mit 
Eiweiß , bei der Glykogenmast und vor allem bei Eiweißfüüerung 
nach voraufgegangener Qlykogenmast oder, genauer gesagt, die Reiz- 
resp. Ausfallserscheinungen im Verhalten der Leberzellen der Indi- 
cator für einen „ erzwungenen “ Übergang höherer Abbauprodukte 
des Eiweißes ins Pfortaderblut. 

Wir nahmen zur Erklärung der Versuchsergebnisse an, daß in 
diesen Fällen auch der erwachsene Organismus resp. die Verdauungs¬ 
drüsen bei der Überschwemmung mit Eiweiß den an sie gestellten 
Anforderungen in der Fermentproduktion unter diesen Umständen 
nicht gewachsen seien, und daß es infolgedessen zu einer Ansamm¬ 
lung von höhermolekularen Abbauprodukten kommen müsse, die 
ihrerseits auf den weiteren Abbau hemmend wirkten und als solche 
die Darmwand passierten. Insbesondere aber hielten wir diesen 
Fall für vorliegend in den Versuchen mit Eiweißfütterung nach vor¬ 
aufgegangener Glykogenmast, wo uns der Wechsel in der Nahrungs¬ 
zusammensetzung an erster Stelle hierfür verantwortlich schien: 
Durch einen plötzlichen Übergang zu einer ungewohnten, qualitativ 
anders beschaffenen Nahrung, ja eventuell schon durch Verabfolgung 
von Eiweißstoffen verschiedener Herkunft und damit verschiedener 
chemischer Zusammensetzung wird es erst zu einer Anpassung der 
spezifischen Fermentproduktion kommen müssen; wissen wir doch 
durch die einwandfreien Untersuchungen Weinlands 2 ) am Hund, daß 
Pankreassaft sogar einen einfachen Nahrungsstoff wie Milchzucker 
nur nach Milchfütterung zu spalten vermag, während er nach längerer 
Milch karenz diese Fähigkeit verliert. 

*) Junkersdorf , P.: Beiträge zur Physiologie der Leber. II. Mitteilung: 
Das Verhalten der Leber bei einseitiger Ernährung mit Eiweiß. Pflügers Arch. f. d. 
ges. Physiol. 180, 254. 1921. — III. Mitteilung: Das Verhalten der Leber bei 

der Glykogenmast. Ebenda 187, 269. 1921. — IV. Mitteilung: Das Verhalten 

der Leber bei Eiweißfütterung nach voraufgegangener Glykogenmast. Ebenda 
192, 305. 1921. 

2 ) Weinland, E ..* Über die Laktase des Pankreas. Zeitschr. f. Biol. 88, 
607. 1889. — Derselbe : Über die Laktase des Pankreas. II. Mitteilung: 

Zeitschr. f. Biol. 40, 386. 1900. 


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Die hämoklastische Krise. 


119 


Wenden wir diese physiologischen Überlegungen nun auf die 
Verdauungshämoklasie Widals an, so ergibt sich u. E., daß es nicht 
ohne weiteres angängig ist, beim gesunden Menschen, bei gewöhn¬ 
licher, nicht überreicher Eiweißkost unter auch sonst normalphysio¬ 
logischen Bedingungen das Ausbleiben der Verdauungshämoklasie 
kurzerhand immer durch Retention normalerweise entstehender höher¬ 
molekularer Eiweißabbauprodukte zu erklären . Wir sind vielmehr der 
Ansicht, daß unter den angegebenen Bedingungen bei intaktem Ver - 
dauungstraktus der Leber überhaupt keine , oder höchstens Spuren der¬ 
artiger Verdauungsprodukte zugeführt werden , daß diese vielmehr nur 
bei überreicher Ernährung, besonders einseitiger Eiweißzufuhr, als 
„unphysiologische* * Stoffe entstehen und infolge des unphysiologischen 
Eiweißabbaues ins Blut übergehen. 

Damit soll keineswegs die Möglichkeit des Überganges pepton¬ 
artiger Molekülkomplexe ins Blut unter den oben erwähnten Um¬ 
ständen von der Hand gewiesen werden. Außerdem aber ist nicht 
ausgeschlossen, daß abgesehen von dem Einfluß, den Art und Menge 
der Nahrung und eventuell Wechsel in der gewohnten Nahrungs¬ 
zusammensetzung ausüben, auch noch andere, vielleicht individuelle 
Faktoren (Alter, Geschlecht u. m. a.) hierbei in Frage kommen, und 
zudem ist, was besonders betont werden soll, der Übergang derartiger 
Stoffe in die Blutbahn ein, wenn auch unphysiologischer , aber doch 
nicht unter allen Umständen pathologischer Vorgang. 

Um nun entscheiden zu können, wodurch es zur Auslösung der 
hämoklastischen Krise kommt, müssen wir uns des weiteren die 
Frage vorlegen, was dann geschieht, wenn Peptone oder polypeptid, 
artige Stoffe bei unphysiologischem Eiweißabbau zur Resorption 
kommen oder im Experiment parenteral verabfolgt werden. Wie 
reagieren die Leberzellen, denen diese Stoffe zugeführt werden, auf 
diese mehr oder weniger unphysiologischen Verdauungsprodukte? 

Obschon wir diese Frage schon bei früherer Gelegenheit disku¬ 
tiert haben l ), halten w r ir es doch für angebracht, in diesem Zusammen¬ 
hang nochmals darauf näher einzugehen, da uns ihre Beantwortung- 
wie wir sehen werden, in mancher Beziehung Aufklärung geben kann 
über die Bedingungen, unter welchen die hämoklastische Krise auf- 
tritt und damit über das Wesen derselben und uns so auch die ver¬ 
schiedene Beurteilung ihrer praktischen Bedeutung verständlicher 
macht. 

Auf jeden Fall wirken die zugeführten Verdauungsprodukte als 
Reiz auf die Leberzellen, die als lebendiges System darauf mit einem 
aktiven Vorgang reagieren. Sind sie nur in Spuren im Pfortader¬ 
blut enthalten und treffen auf funktionstüchtige Leberzellen, so werden 

l ) Junkersdorf, P Beiträge zur Physiologie der Leber. IV. Mitteilung: 1. c. 


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P. JUnkersdorf: 


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sie wahrscheinlich ohne weiteres verarbeitet, indem sie entweder als 
Eiweiß angesetzt oder abgelagert, oder in Glykogen umgeformt 
werden. Gelangen sie aber infolge unrationellen Abbaues in größerer 
Menge ins Pfordaderblut, so wirken sie als ausgesprochene „Reiz¬ 
stoße“, indem sie die Leberzellen zu erhöhter Funktion anregen. 

Diese Annahme machten wir zur Erklärung unserer Versuchsergebnisse 
bei einseitiger Zufuhr von Eiweiß 1 ) und stellten infolgedessen eine „ physio¬ 
logische “ Hyperplasie der Leber fest mit Ansatz und eventueller Ablagerung 
von Eiweiß (Reserveeiweiß) und Aufspeicherung von Glykogen. Auf die gleiche 
Weise suchten wir uns auch das Verhalten der Leber bei der Glykogenmast 2 ) 
verständlich zu machen, wo wir als Folge der kombinierten Mast eine sehr be¬ 
trächtliche Glykogenablagerung (bis zu 18%) und dadurch mitbedingt eine 
Lebergewichtszunabmo auf das 3 —4 fache des Normalgewichts beobachteten, 
die wir in extremster Form als ,, pathologische “ Hyperplasie anzusprechen für 
richtig befunden. 

Treffen die hochmolekularen Verdauungsproduckte schließlich auf 
Leberzellen, die schon infolge einer voraufgegangenen Kohlenhydrat¬ 
mast mit Reservestoffen (Glykogen und Eiweiß oder Fett) beladen 
sind, wie in unseren Versuchen mit einseitiger Zufuhr von Eiweiß 
nach voraufgegangener Glykogenmast 8 ), und die dadurch schon weit 
über die physiologischen Grenzen hinaus in Anspruch genommen 
sind, so wirken sie, zumal wenn sie in größerer Menge vorhanden 
sind, direkt schädlich, als Giftstoffe, als spezifische „Lebergifte“ 
(Asher). 

Durch die dadurch bedingte Funktionsstörung wurde uns in unseren Ver¬ 
suchen der beträchtliche Glykogenschwund verständlich, für den sonst keine 
Erklärung gegeben werden konnte, da ja streng genommen die Glykogen¬ 
menge durch die Eiweißfütterung noch hätte zunehmen müssen. 

Daß nun in Wirklichkeit Peptone und ähnliche Stoffe eine pri¬ 
märe Schädigung der Leberzellen bedingen können, das geht aus 
den Arbeiten Ashers und seiner Mitarbeiter hervor. Diese Forscher 
erbrachten den einwandfreien Beweis — wie wir bei früherer Ge¬ 
legenheit ausführlich gezeigt haben 4 ) —, daß bei intravenöser Pepton¬ 
zufuhr oder bei Verfütterung bestimmter Eiweißabbauprodukte die 
Zellen nicht nur morphologisch geschädigt werden (Kusmine, Boehm 
u. a.), sondern daß auch ihre Funktion deutlich beeinträchtigt wird, 
indem diese Stoffe eine Hemmung der Glykogenbildung resp. An¬ 
häufung, eventuell sogar einen vollkommenen Glykogenschwund zur 
Folge haben ( Pletnew , Tschannen , Richardson , Alelin und CorraL). 
Und auch wir konnten ja, wie schon erwähnt, bei der Glykogen- 
mast mit nachfolgender Eiweißfütterung, in Übereinstimmung mit 

J ) Junkersdorf, P.: Beiträge zur Physiologie der Leber. Mitteilung IL 1. c. 

-) Derselbe: Beiträge zur Physiologie der Leber. Mitteilung III. 1. c. 

3 ) Derselbe: Beiträge zur Physiologie der Leber. Mitteilung IV. 1. c. 

*) Derselbe: Vergleiche hierzu Mitteilung II und IV. 1. c. 



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Die hämoklastische Krise. 


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den Versuchsergebnissen der genannten Autoren, eine beträchtliche 
Glykogenabnahme und damit einhergehend eine auffällige Abnahme 
des Lebergewichts feststellen, was wir ebenfalls auf die Giftwirkung 
unphysiologischer Eiweißabbauprodukte zurückführten. 

Ein sehr prägnantes Beispiel für die schädliche Wirkung un¬ 
physiologischer Eiweißstoffe bieten auch Versuche von Hashimoto 
und Pick 1 ). Ihnen gelang es durch einmalige parenterale Applika¬ 
tion von äußerst geringen Mengen körperfremden Eiweißes eine 
ausgesprochene Organproteolyse zu erzielen, die, was uns hier be¬ 
sonders interessiert, gerade vorwiegend die Leber betrifft, „so daß 
ein Fünftel bis ein Viertel des Lebereiweißes in Spaltprodukte um¬ 
gewandelt wird“. 

Auch neuere Untersuchungen von Pentimaüi 2 ) über Protein¬ 
körperintoxikation, insbesondere über die Giftigkeit des Peptons, 
sprechen dafür, daß gewisse Eiweißderivate schwerwiegende Störungen 
auslösen und berechtigen zu der Annahme, daß Pepton an einem 
den Stoffwechsel beherrschenden Organ wie der Leber tiefgreifende 
Veränderungen bedingen kann 8 ). 

Wie aus diesen Ausführungen hervorgeht, ist also die Wirkungs¬ 
weise der eventuell resorbierten Peptone wesentlich von der Menge 
abhängig. Was aber besonders wichtig erscheint, ist die Abhängig¬ 
keit der Wirkung vom jeweiligen Zustand der Leber zellen. Gerade 
dieser Umstand ist für das Verständnis des Mechanismus der Pepton¬ 
wirkung von großer Bedeutung, weil wir hierin eine Erklärung sehen 
für die verschiedene Reaktion des Organismus, sowohl des leber¬ 
gesunden wie des leberkranken, bei der Untersuchung mit Hilfe der 
Wicfa/schen Methode. 

Eine Leberzelle; die eine mehr oder weniger lange Zeit gehungert 
hat, ohne hierdurch wesentlich geschädigt zu sein, wird die ihr zu¬ 
geführten Stoffe, also auch eventuell im Pfortaderblut vorhandene 
Peptone, auf jeden Fall in ganz anderer Weise verarbeiten als eine 
mit Reservestoffen überladene und daher weniger funktionstüchtige 

*) Hashimoto , M. und Pick , E. P .; Über den intravitalen Eiweißabbau an 
der Leber sensibilisierter Tiere und deren Beeinflussung durch die Milz. Arch. 
f. exp. Pathol. u. Pharm. 76, 89. 1914. 

*) Pentimalli , F.: Studi soll’ intossiciazioni proteica. III. Tossioita dell 
Peptone. Rass. internaz. di clin. e terap. J. 2, 185. 1921. Referat: Ber. 

d. ges. Physiol. u. exp. Pharm. 11, 250. 1922. 

*) Hiermit stimmen auch klinische Erfahrungen über die diätetische Be¬ 
handlung des Diabetes überein. Das Eiweiß resp. seine Spaltprodukte sind 
nicht nur lediglich Zuckerbildner, sondern sie üben auch toxische Wirkung auf 
das Protoplasma der den Zucker assimilierenden und verwertenden Organe 
aus. — Frank , E.: Über die moderne Entwicklung der Therapie der Zucker¬ 
krankheit. Jahresk. f. ärztl. Fortbild. 1922, Märzheft, S. 18. 


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P. Junkersdorf: 


oder gar durch irgendwelche voraufgegangene Einflüsse geschädigte 
oder kranke Zelle. Die Wirkung wird also bis zu einem gewissen 
Grade individuell verschieden sein und bei demselben Individuum, 
abgesehen vom Funktionszustande, auch vom augenblicklichen Bedarf 
nicht nur der Leber selbst, sondern auch des Gesamtorganismus an 
bestimmten Baustoffen abhängig sein. Des weiteren wird auch die 
durch die voraufgegangene und gewohnte Nahrung bedingte An¬ 
passung der Leberzellen an bestimmte Nährstoffe und die damit ge¬ 
gebene Einstellung auf einen bestimmten Stoffwechselchemismus von, 
wenn auch vorübergehender, so doch weittragender Bedeutung sein 
können, insofern bei plötzlich einsetzendem Wechsel in der Nahrungs¬ 
zusammensetzung, wie dies bei der Anstellung der JFtdaZschen Reak¬ 
tion doch oft eintreten kann, auch eine Umstellung im Stoffwechsel¬ 
getriebe der Leberzellen stattfinden muß 1 ). 

Was läßt sich nun nach unseren Darlegungen bisher bezüglich 
der Aufklärung des Wesens der hämoklastischen Krise Widals an¬ 
führen? 

Wir nehmen ohne weiteres mit Widal an, daß der Leber im 
Stoffwechselgetriebe neben vielem anderem die Aufgabe zukommt, 
das ihr zugeführte Eiweißabbaumaterial, also auch eventuell höhet’ 
molekulare Komplexe des Eiweißmoleküls mit Peptonnatur, zu verar¬ 
beiten. Da aber derartige Stoffe nur bei unphysiologischem Eiwei߬ 
abbau unter den von uns angegebenen Bedingungen in nennens¬ 
werter Menge sich bilden, kann u. E. — wie schon erwähnt — das 
Ausbleiben der hämoklastischen Krise beim gesunden Individum nicht 
nach Widal durch Retention der die Auslösung der Krise bedingenden. 
höhermolekularen Eiweißabbauprodukte erklärt werden, weil der Leber 
normalerweise keine oder nur Spuren von diesen Stoffen zufließen. 

Andererseits ist aber auch für das Zustandekommen der Krise 
nicht unbedingt eine schon bestehende Insuffizienz der Leber ver¬ 
antwortlich zu machen, sie kann auch bei lebergesunden Individuen 
auftreten. Ausschlaggebend hierfür ist der jeweilige physiologische 

*) Anmerkung. Was Rössle in dieser Beziehung ganz allgemein ausführt, kommt 
\nAsher8 und unseren Versuchen im Verhalten der Leberzellen der Peptonwirkung 
gegenüber deutlich zum Ausdruck. „Man kann sagen, daß eine Reizung um 
so gefährlicher für die Gesundheit und das Leben einer Zelle sein wird, je 
mehr sie gezwungen ist, sich dabei passiv zu verhalten, wobei auch die Plötz¬ 
lichkeit der Einwirkung die Gefahr steigert, weil Ausgleich durch Anpassung 
dabei gehindert ist,“ und „Hierbei wird sich das veränderte Verhalten je nach 
dem Zustand der Zelle sowohl in einer Steigerung noch häufiger, aber wohl 
mit abhängig von der Reizstärke, in einer Herabsetzung der allgemeinen oder 
der besonderen (spezifischen) Leistungen der Zelle verraten.“ — Rössle , R.: Zellent¬ 
artung und Zelltod. Die Naturwissenschaften 1921, H. 14 (Die Pathologie als 
biologische Wissenschaft). 


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Die hämoklastische Kriee. 


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Funktionszustand der Leber . Da feststeht, daß Peptone als solche 
je nach dem Zustand der Zellen eventuell eine Leberzellschädigung 
bewirken können, besteht die Möglichkeit, daß schon so geringe 
Mengen von Peptonen, wie sie bei der fTida/mahlzeit infolge der 
gegebenenfalls ungewohnten Eiweißzufuhr in Form von Milch sich 
bilden, genügen, um eine positive Reaktion herbeizuführen, wenn 
wir annehmen, daß diese unphysiologischen Stoffe auf Leberzellen 
treffen, die infolge eines weniger leistungsfähigen Zustandes nicht 
imstande sind, sie irgendwie zu verarbeiten, so daß sie unverändert 
in den Kreislauf übertreten. Zudem aber kann, wie wir später¬ 
hin noch ausführen werden, eine Leukopenie sich bemerkbar machen, 
auch ohne daß die Leber irgendwie hierbei im Spiele ist, eine 
Feststellung, die deshalb wichtig erscheint, weil von vielen, die die 
TFtdoZprobe praktisch an wandten, oft nur der Nachweis der Leuko¬ 
penie herangezogen wurde. 

Im übrigen stimmen wir mit Widal überein, daß bei bestehen¬ 
der Insuffizienz der Leber die Eiweißabbauprodukte, insbesondere 
die unphysiologischen, in den allgemeinen Kreislauf übertreten und 
dann die dem anaphylaktischen Chok ähnlichen Symptome der 
hämoklastischen Krise bedingen. 

III. 

Die Tatsachen, daß Peptone sicher in größerer Menge und je 
nach dem Zustand der Leberzellen auch schon in Spuren morpho¬ 
logische und damit einhergehende funktionelle Störungen bedingen 
können, gibt uns auch für manche vom Kliniker bei der Unter¬ 
suchung mit der Widalmethode gemachte Beobachtungen eine ge¬ 
wisse Erklärung oder bringt sie wenigstens unserem Verständnis 
näher. 

Es gibt eine ganze Reihe von Stoffen, die ähnlich wie die 
Peptone die Leberzellen beeinflussen. Ihre Wirkung läßt sich in 
mancher Hinsicht mit der Peptonschädigung in Parallele setzen. 

Wenn wir von den längst als spezifische Lebergifte bekannten Stoffen wie 
Phospor, Arsen, Quecksilber u. a. absehen, so können dies die verschiedensten 
chemischen Moleküle sein (Kaliumchromat, Urannitrat, Glycerincaijbol und 
ähnliche), also Stoffe, die im allgemeinen nur selten dem Organismus zugeführt 
werden. Hierher gehören aber auch eine Reihe von Medikamenten, die relativ 
oft in den Organismus gelangen. Gerade in den letzten Jahren sind darüber 
wichtige Erfahrungen gesammelt worden, deren Kenntnis von Bedeutung ist. 

Wohl am meisten bekannt und in ihrer Wirkung in dieser Beziehung 
näher untersucht sind Chloroform, Äther, Stickoxydul, Pilocarpin, Antipyrin, 
Salvarsan, Chinin, Atropin und manche andere. 

Von einer Reihe dieser Stoffe wissen wir, daß sie nicht nur mehr oder 
weniger ausgeprägte Nekrosen des Leberzellenparenchyras bewirken, sondern, 


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P. Junkersdorf: 


was uns hier besonders interessiert, oft auch ausgesprochene Funktions¬ 
störungen zur Folge haben. Diese Störungen können sich natürlich bei der 
Vielseitigkeit und Kompliziertheit der Leberfunktionen in der verschiedensten 
Weise äußern. 

So ist schon länger bekannt, daß bei Phosphorvergiftung ebenso wie bei 
Chloroformvergiftung bestimmte Funktionen der Leberzellen beeinträchtigt 
werden: die Toleranz gegen Galaktose und Lävulose ist im allgemeinen in 
beiden Fällen herabgesetzt und der Nichtproteinstickstoff erscheint im Blute 
vermehrt 1 ). Auch andere Funktionen wie die sterische Umwandlung von 
Lävulose in Dextrose, die neuerdings von Isaac und Adler*) nach gewiesen 
wurde, sind, wie aus den Durchströmungsversuchen dieser Autoren hervorgeht, 
an eine ziemlich weitgehende Intaktheit der Leberzellenstruktur gebunden. 

Ein interessantes Beispiel für die sehädigende Wirkung gewisser chemischer 
Stoffe wurde kürzlich von Petini 3 ) angeführt. Er konnte zeigen, daß Antypirin, 
wenn es per os zu 0,5 g etwa einen Monat lang an Kaninchen verabfolgt 
wird, tiefgreifende Veränderungen zur Folge hat (Schwinden der radialen 
Skruktur in den Leberläppchen und Anzeigen der trüben Schwellung der Zellen) 
und auch, was in diesem Zusammenhang besonders wichtig erscheint, eine 
Herabsetzung der Funktion auslöst, insofern es die Zuckerbildung in der Leber 
hemmt, also ähnlich wirkt, wie Pepton in Ashers und unseren Versuchen. 
Diese Beobachtung läßt sich in Einklang bringen mit den Befunden französischer 
Autoren 4 ), die bei bestehender Idiosynkrasie gegen Antipyrin öfters die hämo- 
klastische Krise bei bestehender Leberinsuffizienz, sowohl durch Eiweiß wie 
durch Fett und Zucker auszulösen vermochten. 

Auch das gehäufte Auftreten von Leberschädigungen nach Salvarsaninjek- 
tionen wäre hier anzuführen, und die Ansicht mancher Syphilidologen, daß der 
Spätikterus durch eine Leberschädigung nach Salvarsaninjektion bedingt, sei. be¬ 
steht sicher zu Recht. 

Charakteristische histologische Veränderungen an den Leberzellen des 
Frosches nach Verabfolgung von Schilddrüsengewebe beschreiben Dragoin und 
Faure Fremiet 5 ). Ihre Befunde sind deshalb interessant, weil durch andere 
Untersuchungen nachgewiesen wurde, daß nach Schilddrüsensubstanz ebenfalls 
der Glykogengehalt der Leber stark herabgesetzt wird 6 ). 


*) J larshall, E. K . and Rowntree , L. Q.: Studies in liver and kidney funk- 
tion in experimental phosphorus and Chloroform poisoning. Joum. of exp. 
Med. 22, H. 3, S. 333. Zitiert nach Zentralbl. f. Physiol. 31, 527. 

а ) Isaac S.j und Adler , E .; Über die sterische Umwandlung von Hexosen 
durch Organe und Zellen. (Ein Beitrag zur Frage der sogenannten Stereo¬ 
kinasen). Zeitschr. f. physiol. Chem. 115, 105. 

8 ) Petini , A.: Azione delF antipyrina sulla cellula epatica. Arch. di farmaco). 
8perim. e Science off. 29, 65. Zitiert nach Berichten der ges. Physiol. u. experim. 
Pharmakol. 4,155. 1921. 

4 ) Zitiert nach Bauer , Die hämoklastische Krise, 1. c. 

ö ) Dragoin , /. et Faure-Fremiet: Divers aspects de la cellule hepatique chez les 
tetards de Rana temporaria nourris avec de la thyroide. Cpt. rend. des seances 
de la soc. de biol. 85, 434. 1921. Referat: Berichte der ges. Physiol u. experim. 
Pharmakol. 10, S. 96. 1921. 

б ) Literatur siehe bei Asher y L.: Beiträge zur Physiol. der Drüsen. 44. Mitt. 
Königsberger , W Die Wirkung des Schilddrüsenhormons bei gestörtem Kohlen¬ 
hydratstoffwechsel durch Phlorhizindiabetes. Biochem. Zeitschr. 121, 64. 1922. 


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Die hämoklastische Krise. 


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Wir möchten auch in diesem Falle im Gegensatz zu Cramer 1 ) eine durch die 
»SchilddrüsenSubstanz bedingte primäre Schädigung der Leberzellen als Grund 
für die Glykogenmobilisation in der Leber annehmen. Siperstein und Litmann *) 
sahen nach Chinininjektionen granuläre Degeneration mit deutlicher Kern¬ 
schädigung der Leberzellen; Rossi 3 ) fand nach Atropin und Qrynfellt und Lafont 4 ) 
nach Sulfonalgabe ausgesprochene histologische Veränderungen. Auch in 
diesen Fällen hätte sich sicher eine Funktionsstörung nachweisen lassen, falls 
man danach gesucht. 

Daß als Folge der Strukturveränderungen meist Störungen im 
Kohlenhydratbindungsvermögen der Leber erwiesen wurden und über 
die anderen Funktionen weniger Angaben gemacht worden, mag 
wohl seinen Grund mit darin haben, daß gerade diese am einfachsten 
und leichtesten zu fassen sind. Man darf aber wohl annehmen, daß 
es hierbei auch zu einer Störung der Gesamtleistung des Organs 
kommen kann, da die verchiedenen sich in den Leberzellen ab¬ 
spielenden Prozesse doch miteinander verknüpft sind und in ihrer 
Gesamtheit den physiologischen Ablauf der Stoffwechselvorgänge 
bedingen. 

Es ist wohl selbstverständlich, daß die Leber als spezifisches 
Entgiftungsorgan dieser entgiftenden Funktion um so eher gewachsen 
sein wird, je funktionstüchtiger ihre Zellen sind. Da nun der 
Funktionszustand seinerseits wesentlich mitabhängig ist von der 
Ernährung, so darf man weiterhin wohl annehmen, daß ein durch 
unrationelle oder gar einseitige Nahrung schon stark in Anspruch 
genommenes Organ auf körperfremde Gifte sowohl wie auf un¬ 
physiologische Verdauungsprodukte, anders reagieren wird, als ein voll 
funktionstüchtiges 5 ). 

*) Cramer und Mitarbeiter: Quart. Journ. of exp. physiol. 1917, 1918, 1919. 
Journ. of physiol. 1916. Zitiert nach Asker, Biochem. Zeitschr. 121., 64. 1921. 

2 ) Siperstein , David M . and Litmann , Morris: Studies on the effects of quinin 
on the liver, bloods, cella and urin of rabbits. Arch. of jnternat. tned. 27, 4, 
S. 449. 1921. Zitiert nach Ber.d. ges. Physiol. u. exp. Pharmakol. 8, 573. 

1921. 

8 ) Rossi , Alessandro: Modificationi istologiche del fegato prodotte dalP atro- 
pina. Arch. di fisiol. 8, S. 15. 1920. 

4 ) GrynfelU H . et Lafont, R.: Sur la porphyrinurie experimentale. L£sions du 
foi chez un lapin porphyrinurique apr£s intoxication chronique par le sulfonal. 
Cpt. rend. des s^ances de la soc. d. biol. 85, 292. 1921. Zitiert nach Ber. 
d. ges. Physiol. u. exp. Pharmakol. 10, 94. 1921. 

5 ) Anmerkung: Wie empfindlich die Leberzellen selbst körpereigenen Stoffen 
gegenüber reagieren, geht aus den bedeutsamen Untersuchungen Skramliks und 
Hünermanns hervor. Hiernach ruft schon Ringerlösung mit der Länge der Dauer 
wachsende Schädigungen in Form der trüben Quellung und Schwellung und vor 
allem Läsionen des Leberzellprotoplasmas hervor. 

Stramlik, E. und Hünermann , Th.: Die Überlebende künstlich durch- 
strömte Leber im histologischen Bilde. Zeitschr. f. exp. Med. 11. 349. 1921. 


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P. Junkersdorf: 


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So konnte Katz 1 ) — um ein praktisches Beispiel anzuführen — bei 
einer mit Salvarsan vorbehandelten Luetikerin mit einem besonderen 
von Trybs angegebenen Verfahren nachweisen, daß funktionstüchtige 
Zellen das aufgespeicherte Salvarsan schneller eliminieren als ge¬ 
schädigte, und auf Grund der Kriegserfahrungen wird ja allgemein 
angenommen, daß die Leistungsfähigkeit der Leberzellen durch 
dauernde Unterernährung oder einseitige Nahrungezufuhr leidet und 
damit ihre Widerstandsfähigkeit insbesondere Giften wie dem Sal¬ 
varsan gegenüber nachläßt. 

Aus Untersuchungen von Graham u. a. 2 ) geht fernerhin her¬ 
vor, daß die Empfindlichkeit der Leber bestimmten Giften gegen¬ 
über bei Fleischdiät viel größer ist als bei kohlenhydratreicher Nahrung, 
eine Beobachtung, die darauf hindeutet, daß die Leberzellen durch 
die infolge der einseitigen Eiweißnahrung sich bildenden unphysio¬ 
logischen Verdauungsprodukte, die auch ihrerseits noch schädlich 
wirken können, den an sie dadurch gestellten Anforderungen durch 
Arbeitsüberlastung nicht gewachsen sind. — Derartige Feststellungen 
sind natürlich auch von praktischem Interesse. Man wird bei An¬ 
wendung bestimmter Medikamente z. B. bei längerdauernder Chloro¬ 
formnarkose durch Regelung der Diät darauf Rücksicht nehmen 
müssen, um eventuellen Schädigungen vorzubeugen. 

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen, werden wir manche 
der Befunde, die bei den klinischen Untersuchungen mit der Widal - 
methode erhoben wurden, vorsichtiger einschätzen müssen. In all 
den Fällen, wo eine längerdauernde Narkose mit Chloroform, Äther, 
Stickoxydul oder eine Salvarsanbehandlung voraufgegangen ist oder 
andere leberzellschädigende Medikamente der oben angeführten Art 
appliziert wurden, wird allein schon hierdurch bedingt auch bei sonst 
lebergesunden Individuen ein mehr oder weniger positiver Ausfall 
der Probe erzielt werden können. Aber: Der Grad des Ausfalls der 
Probe wird individuell sehr verschieden und nickt nur abhängig von 
der Menge des Giftes , sondern wesentlich mitbedingt sein von dem je¬ 
weiligen durch die voraufgegangene Ernährung bestimmten 'physiologischen 
Zustand der Leberzellen vor der Applikation der Medikamente. 

Wir halten es weiterhin für nicht ausgeschlossen, daß gegebenen¬ 
falls eine an und für sich harmlose Medikamentschädigung der 
Leberzellen sich in schwererer Form äußert,weil durch die An- 

1 ) Katz: Über einen Fall von Lebersyphilis. Inang. Diss. Bonn 1912. 

2 ) Graham, E . A.: The resistence of pups to late Chloroform poisoning in 
its relation to liver glycogen. Journ. of exp. Med. 21, 2, 1*5 und Opie , E . L . 
and Alford, L. B.: The influence of dictopon necrosis caused by hepatic and 
renal poißons. I. Dict. and hepatic lesionß of Chloroform, phosphorus or Alcohol. 
Journ. of Med. 21, 1, 1. Zitiert nach Zentralbl.f. Physiol. 30, 47 u. 75. 


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Die hämoklastische Krise. 


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Stellung der Probe in der gewöhnlichen Form mit Milch, infolge 
unphysiologischen Abbaues der nicht gewohnten Milcheiweiße, sich 
zu der Schädigung durch die Medikamente noch eine Peptonschädigung 
addieren kann. 

Dies gilt auch für die Fälle, wo eine krankhafte Veränderung 
der Zellen durch andere Einflüsse vorliegt. Auch hier könnte, durch 
den Mechanismus der Probe selbst mitbedingt, ein falsches Bild 
von einer tatsächlich vorhandenen, vielleicht an und für sich gering¬ 
fügigen Schädigung erzielt werden, weil auch bei diesen durch 
eventuell ins Pfortaderblut übergegangene, nicht gewohnte Müch- 
eiweißpeptone eine neue Schädigung gesetzt werden kann. Manche 
der in der Literatur angeführten Fälle von latentem Hepatismus, 
die man mit der TFirfoZprobe aufgedeckt haben will, würden u. E. 
auf diese Weise eine wahrscheinliche Erklärung finden. 

Unsere Deutung, daß die hämoklastische Krise auch bei leber¬ 
gesunden Individuen durch unphysiologischen Eiweißabbau und da¬ 
durch bedingte Resorption höhermolekularer Abbauprodukte der 
Eiweißstoffe ausgelöst werden kann, findet eine wesentliche Stütze 
und Bestätigung durch die Befunde von Holzer und Schilling 1 ). Sie 
stellten bei Fällen von Sub- und Anacidität meist eine ausgeprägte 
Verdauungsleukopenie fest und sind der Ansicht, „daß vielleicht die 
mangelhafte Aufspaltung des Eiweißes im Darm einen mehr oder 
weniger großen Teil der Schuld der Widalschen Reaktion trage“ und 
daß schon eine Störung im Magendarmkanal genügt, um eine hämo¬ 
klastische Krise hervorzurufen. 

Durch unsere Darlegungen finden ihre Befunde eine ausreichende 
Erklärung. Wie wir späterhin sehen werden, kann die Leukopenie 
schon allein durch die Resorption von höhermolekularen und damit 
blutfremden Abbaustufen erklärt werden. Aber auch die beiden 
übrigen Hauptsymptome können unter diesen Umständen zutage 
treten. Die infolge der Insuffizienz des Magendarmkanals zur Re¬ 
sorption gekommenen unphysiologischen Abbauprodukte können eben 
unter diesen Umständen als Giftstoffe auf die Leberzellen wirken, 
zumal wenn diese ihres Funktionszustandes wegen der Verarbeitung 
derselben nicht gewachsen sind, und sie infolgedessen schon nicht 
zurückhalten können. 

In demselben Sinne spricht auch der gegenteilige Befund der 
Verdauungsleukocytose bei einem Fall von Hyperacidität, wenn hier, 

*) Holzer , P . und Schilling , E.: Muß die hämoklastische Krise als spezifische 
Leberfunktionsprüfung aufgefaßt werden? Berl. klin. Wochenschr. Nr. 46, 
S. 1352. 1921. Siehe auch Holzer , P. und Schilling , E.: Die hämoklastische 
Krise nach Widal als Verdauungsleukopenie. Vergleichende Prüfung der 
Leberfunktion bei Leberkranken und Gesunden. Zeitschr. f. klin. Med. 98, 302. 
1922. 


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P. Junkersdorf: 


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wie in den Fällen von Hyperchlorhydrie, die Le Noir und Richet 1 ) 
mitteilen, die hämoklastische Krise negativ ausfällt, so dürfte dies 
seinen Grund wohl darin haben, daß unter diesen Umständen die 
Verdauung im Magendarmtraktus in erhöhtem Maße vor sich geht 
und mithin keine höhermolekularen Abbauprodukte resorbiert werden, 
die die Krise bedingen. 

Vielleicht haben wir es in den von Le Noir und Richet oben 
angeführten Fällen von Ulcus mit positivem Widal ebenfalls mit 
einem unphysiologischen Eiweißabbau zu tun, so daß auch hier der 
positive Ausfall der Widalprobe resp. eines Teilsymptoms, der Leuko¬ 
penie, nicht weiter auffallend wäre. 

IV. 

Wir wollen nunmehr untersuchen, wie die Auslösung der hämo- 
klastischen Krise in den Fällen zustande kommt, wo die Probe nicht 
mit Eiweiß (Milch oder anderen eiweißhaltigen Mitteln), sondern mit 
Stoffen nicht eiweißartiger Natur angestellt wird. 

Widal selbst und seine Mitarbeiter 2 ) äußern sich bezüglich der Auslösung 
der Krise bei Diabetikern mit Zucker dahin, daß die Verdauungshämoklasie 
nach Eiweißzufuhr mit der Hämoklasie nach Zuckergabe nichts zu tun habe. 
Sie glauben, daß der Zucker die Krise nicht direkt auslöst, sondern daß die 
Zuckerzufuhr beim Diabetes durch einen Übergang von Fermenten des Kohlen- 
hydratstoffweohsels aus den Organen (Leber!) in die Blutbahn herbeigeführt 
werde — eine Auffassung, die in dieser Form wohl wenig für sich hat. 

Sömjen 8 ) gelang es zuweilen, die hämoklastische Krise bei bestehender 
Leberinsuffizienz auch durch Fett in Form von Butter und durch Zucker in 
Form von Rohrzucker und — was sehr merkwürdig erscheint — sogar durch 
bloße Massage der Leber hervorzurufen. Er hält es auf Grund seiner Befunde 
nicht für berechtigt, auch in den Fällen, wo die Probe mit eiweißhaltigem 
Material ausgeführt wird, die von der eingeführten Nahrung abstammenden 
unvollständig abgebauten Eiweißkörper als auslösendes Moment für die Krise 
anzunehmen. Er nimmt deshalb zur Erklärung an, daß sie durch irgendeinen 
Reiz auf die insuffiziente Leber reflektorisch vom Duodenum und unterem 
Jejunum aus zustande kommt, und will der Krise überhaupt nur insofern Be¬ 
deutung beimessen, als sie anzeigt, „daß im Haushalt der Leber irgendeine 
Veränderung aufgetreten — mehr aber nicht. u 

Bauer*) nimmt eine Mobilisierung in der Leber aufgespeicherter, blut- 
fremder, peptonartiger Stoffe an. Uns scheint diese Ansicht den physiologi¬ 
schen und klinischen Erfahrungen am ehesten gerecht zu werden. Wir halten 
es deshalb für angebracht, diese Auffassung vom physiologischen Standpunkt 
aus etwas näher zu beleuchten. 

Auf Grund der Versuchsergebnis.se der verschiedensten Autoren 
und unserer Befunde im Verhalten der Leber bei einseitiger Eiweiß- 

*) Le Noir und Richet: 1. c. 

2 ) Widal 9 Abrami und Jancovesco: La crise hemoclasique par injection de 
euere chez les diabetiques, 1. c. 

3 ) Sömjen: 1. c. 

4 ) Bauer , J.: 1. c. 



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Die hämoklastißche Krise. 


12!) 


ernährung ist wohl heute nicht mehr daran zu zweifeln, daß die 
Leber als Eiweißspeicher angesprochen werden muß 1 ). 

Wenn nun mit Reserveeiweiß überladenen und dadurch schon 
weniger funktionstüchtigen Leberzellen oder gar gleichzeitig noch 
durch irgendeine schädliche Noxe affizierten Zellen einseitig Kohlen¬ 
hydrat oder Fett zugeführt wird, so besteht die Möglichkeit, daß diese 
Zellen durch die Inanspruchnahme bei der Verarbeitung dieser Stoffe 
derartig mit Beschlag belegt werden, daß das in den Zellen auf¬ 
gespeicherte Reservematerial eiweißhaltiger Natur nunmehr nicht in 
normaler Weise verarbeitet werden kann und infolgedessen in blut¬ 
fremder Form ausgeschwemmt wird. — Der positive Ausfall der Krise 
nach Zufuhr von eiweißfreien Stoffen würde damit ebenfalls wesent¬ 
lich vom Funktionszustande der Leberzellen abhängig sein, in diesem 
Falle von der Menge des Zelleinschlußeiweißes, des Reserveeiweißes. 

Diese Annahme liegt nahe. Sie wäre in Parallele zu setzen der 
allgemein bekannten Mobilisierung des Glykogens durch einseitige 
Fettzufuhr, wie auch des zuerst von uns beobachteten Glykogen¬ 
schwundes nach einseitiger Eiweißzufuhr. Wenn wir im letzteren 
Falle gewisse Abbauprodukte des Eiweißes für den Glykogenschwund 
verantwortlich machten, so könnten im vorliegenden Falle getoisse 
Bausteine der Fette (Fettsäuren) oder der Kohlenhydrate , oder diese 
Stoffe seihst hierzu Veranlassung geben, zumal sie der unphysiologi¬ 
schen einseitigen Zufuhr wegen in unphysiologischer, vielleicht „zu- 
stands fremder“ (Abderhalden ) Form zur Resorption gekommen sein 
können. Diese Stoffe würden dann indirekt die Krise auslösen durch 
Ausschwemmung der die Blutdrucksenkung und Veränderung der 
Gerinnbarkeit bedingenden Eiweißstoffe mit Peptonnatur. 

Bis zu einem gewissen Grade würde auch der positive Ausfall 
der Probe nach Massage (Sömjen) verständlich; in diesem Falle 
könnte die Massage als mechanischer Reiz für die Mobilisation der¬ 
artiger Stoffe verantwortlich gemacht werden. Hierfür läge allerdings 
kein Analogon vor. 

Aber selbst wenn die Leber überhaupt kein Reserveeiweiß in 
ihren Zellen enthielte, könnte infolge der intensiven Inanspruchnahme 
durch die Menge der ungewohnten, einseitig zugeführten, eiweißfreien 
Nährstoffe oder deren vielleicht unphysiologischen, „zustandsfremden“ 
Bausteine, besonders bei gleichzeitig noch bestehender verminderter 
Widerstandsfähigkeit durch die Art der vorauf gegangenen Ernäh¬ 
rung, ein degenerativer Prozeß mit Einschmelzung von Leberzellenproto¬ 
plasma einsetzen und zur Auslösung der Krise Veranlassung geben. 

Daß tatsächlich in Abhängigkeit vom Funktionszustand der 
Zellen durch unphysiologische Stoffwechselprodukte ein Gewebs- 

l ) Literatur in unserer Mitt. 2, 1. c. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 9 


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130 


P. Junkersdorf: 


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zerfall eingeleitet werden kann, ergibt sich aus Versuchen von Ringer 
und Underhill 1 ), die bei hungernden Hunden durch Profceoeenzufuhr 
einen derartigen Zerfall einwandfrei nachweisen konnten. Insbeson¬ 
dere aber geht dies aus den bereits oben angeführten Befunden von 
Hashimoto und Pick 2 ) hervor, die — wie gesagt — nach einmaliger 
Verabfolgung ganz geringer Mengen von körperfremden Eiweißstoffen 
eine auffallende Leberproteolyse eintreten sahen. 

In diesem Zusammenhang erscheint es uns angebracht, auch noch 
auf einen anderen wesentlichen Punkt aufmerksam zu machen. Nur 
von den wenigsten Autoren, die die Widalmethode klinisch an¬ 
wandten, wurde im einzelnen Fall nach allen drei Hauptsymptomen 
gefahndet, meist wurde nur die Leukopenie als auffallendstes und am 
einfachsten zu bestimmendes Teilsymptom herangezogen. Nun kann 
aber eine Leukopenie, wie schon angedeutet, nachweisbar sein, ohne 
daß die Leber insuffizient ist, also ohne daß überhaupt peptonartige 
Stoffe in den allgemeinen Kreislauf übertreten. Gerade diese Mög¬ 
lichkeit kann bei Anstellung der Probe mit eiweißfreiem Material 
vorliegen: Der durch den Übergang eiweißfreier aber unphysiologi¬ 
scher Stoffe ins Pfortaderblut bedingten Leukopenie braucht dann 
nicht eine Blutdrucksenkung und veränderte Gerinnbarkeit parallel 
zu gehen; die Leber kann dieser Stoffe Herr werden — sofern sie 
voll funktionstüchtig ist —, ohne daß von ihr, nach unseren obigen 
Darlegungen, peptonartige Stoffe in den allgemeinen Kreislauf ab¬ 
gegeben werden. Auf diese Weise fänden die als „dissoziierte u 
Krisen bezeichneten Fälle, bei denen die Leukopenie nicht von einer 
Blutdrucksenkung und einer veränderten Gerinnbarkeit begleitet ist, 
eine sehr wahrscheinliche Erklärung. 

Ein klares eindeutiges Bild über diese komplizierten Verhältnisse 
wird natürlich erst dann möglich sein, wenn — wie dies von Bauer*) 
in Aussicht gestellt ist — der Nachweis von im Blut vorhandenen 
Eiweißabbauprodukten mit Peptonnatur zur Aufklärung der Frage 
mit herangezogen werden. 

V. 

Wir wenden uns nun der Frage zu, wie die interessanten und 
überaus bedeutsamen Befunde von Schiff und Stransky 4 ) beim Säug¬ 
ling bei Anwendung der Widal- Probe zu bewerten sind. 

1 ) Ringer, M., und Underhill, Frank P.: Studien über die physiologische 
Wirkung der Eiweißderivate. VII. Der Einfluß verschiedener Eiweißspalt¬ 
produkte auf den Stoffwechsel hungernder Hunde. Journ. of biol. Chem. 48, 50*. 
1921. Referat: Chem. Zentralbl. 1/2, Nr. 3, S. 148, 1922. 

*) Hashimoto, M., und Pick, E. P.: 

3 ) Bauer, J.: 1. c. 

4 ) Schiff, Fr. und Stransky. E .; 1. c. 



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Die hämoklastisohe Krise. 


131 


Wie schon erwähnt, ziehen die genannten Autoren aus ihren 
umfangreichen Untersuchungen den Schluß, daß die hämoklastische 
Krise beim Säugling nicht als ein Ausdruck gestörter Leberfunktion ge¬ 
deutet werden darf und auch keine eiweißspezifische Reaktion sein kann , 
weil sie sowohl beim gesunden wie auch beim kranken Säugling in 
derselben Weise und unabhängig von der jeweils verabfolgten Nah¬ 
rung auftritt. In eindeutiger Weise stellten sie durchgehends eine 
ausgesprochene Leukopenie als Zeichen des positiven Ausfalls der 
Probe fest und kommen auf Grund ihrer Befunde zu dem Ergebnis, 
„daß beim Säugling von einer Verdauungsleukocytose nicht ge¬ 
sprochen werden kann. Das Physiologische beim Säugling ist die 
Verdauungsleukopenie u . Die Verdauungsleukocytose, die beim Er¬ 
wachsenen nach Eiweißzufuhr stets beobachtet wird, tritt beim Säug¬ 
ling nur nach peroraler Zufuhr von bestimmten Aminosäuren auf. 

Wie ist nun dieses entgegengesetzte Verhalten hinsichtlich der 
Leukocytenreaktion beim Säugling und beim Erwachsenen zu er¬ 
klären? 

Schiß und Stransky nehmen zur Deutung ihrer merkwürdigen 
Befunde eine sogenannte Verteilungsleukopenie (Schilling) an, derart, 
daß sich während der Verdauung die weißen Blutkörperchen in den 
Bauchorganen ansammeln und dadurch die Leukopenie im peripheren 
Blut verursachen. Die Leukocytose dagegen führen sie auf Grund 
experimenteller Untersuchungen anderer Autoren ( Ooldscheider und 
Jakob) auf eine gesteigerte Tätigkeit des leukopoetischen Systems 
zurück. Da sie nun beim Säugling einzig und allein mit Amino¬ 
säuren eine Leukocytose auslösen konnten, so ist man nach ihrer 
Ansicht berechtigt, die Aminosäuren auch als die Stoffe anzusprechen, 
die die gesteigerte Funktion des leukopoetischen Systems bedingen. 
Diese Schlußfolgerung dürfte das Richtige treffen, sie würde uns 
auch die Verhältnisse bezüglich der Leukocytenreaktion beim Er¬ 
wachsenen näherbringen. Hier muß bei durchgreifendem Eiwei߬ 
abbau, wie er normalerweise vor sich geht, infolge der zur Resorp¬ 
tion kommenden Aminosäuren eine Leukocytose einsetzen. Gelangen 
dagegen infolge unphysiologischen Eiweißabbaues wie bei Über¬ 
schwemmung mit Eiweiß oder bei Sekretionsstörungen (Sub- und 
Anacidität) peptonähnliche Stoffe ins Pfortaderblut, so wird eben¬ 
falls eine Verteilungsleukopenie in Erscheinung treten. 

Daraus folgt mit großer Wahrscheinlichkeit, „daß die Entschei¬ 
dung darüber, ob es zur Verdauungsleukocytose kommt oder nicht — 
auch beim Säugling — nicht in der Leber, sondern vornehmlich im 
Magendarmkanal getroffen wird“, denn die Entscheidung über diese 
Frage wird hauptsächlich „vom fermentativen Abbau wie auch von 
den Resorptionsverhältnissen im Darmkanal abhängen, ob die Amino- 

9* 


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P. J Unkersdorf: 


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132 

säuren in solchen Mengen abgespalten werden und zur Resorption 
gelangen, daß sie auf das leukopoetische System ihre Reizwirkung 
ausüben u . 

Auf Grund der oben von uns angeführten Arbeiten über die Art 
der Eiwei üresorption bei neugeborenen Tieren und beim menschlichen 
Säugling darf man nun wohl als bewiesen betrachten, daß beim 
,,werdenden 44 Organismus der Eiweißabbau nicht bis zu Aminosäuren 
erfolgt, wohl deshalb, weil die zum Abbau erforderlichen Fermente — 
wie wir schon ausführten — noch nicht zur Verfügung stehen. Dieses 
unvollkommenen Abbaues wegen ist es mithin auch verständlich , wenn 
beim Säugling normalerweise keine Leukccytose, sondern Leukopenie 
auftritt. 

Das entgegengesetzte Verhalten hinsichtlich der Leukocyten- 
reaktion fände damit seine Erklärung — wie dies auch Schiff und 
Stransky schon angeben — in einer Verschiedenheit des Eiwei߬ 
abbaues. Es ist fernerhin ohne weiteres klar, daß es in einem be¬ 
stimmten Lebensalter zu einem Umschlag in der Art des Abbaues 
der Nährstoffe und somit in der Reaktionsweise des Organismus 
kommen muß. Der Zeitpunkt wild aber sicherlich, wie dies von 
Salge 1 ) für andere Funktionen bereits erwiesen wurde, individuell 
sehr verschieden früh oder spät eintreten können und auch wieder 
abhängig von der Ernährung sein. In Analogie zu anderen „werden¬ 
den Funktionen 4 * (Salge) ist es vielleicht n«cht ausgeschlossen, 
daß ein unvollkommener Abbau als „unphysiologisch 44 , als kon¬ 
stitutionelle Anomalie , sogar dauernd bestehen bleiben kann, an 
die sich dann das Gesamtgeschehen im Organismus allmählich an¬ 
passen wird. 

Versuche, den Zeitpunkt des Umschlages der Leukocytenreaktion 
näher zu bestimmen, wurden schon von Schiff und Stransky an¬ 
gestellt. An umfangreicherem Material durchgeführt, werden sie 
sicher noch manche interessante Resultate ergeben. 

In Übereinstimmung mit dem Befund von Schiff und Stransky 
kommt auch Adclsberger 2 ) zu dem Ergebnis, daß nach Aufnahme 
von Muttermilch beim Säugling eine sofort einsetzende Leukopenie 
zu konstatieren ist. Sie beobachtete aber im Gegensatz zu ihnen 
nach Kuhmilch und künstlichen Nährgemischen, gleichgültig ob Ei¬ 
weiß, Fett oder Kohlenhydrate gereicht wurden, eine Leukccytose, 

„vor der sich allerdings eine geringe Senkung sofort nach der Nahrungs¬ 
aufnahme einschieben kann.“ Während die Leukopenie nach ihren 
Befunden immer sofort nach der Nahrungsaufnahme einsetzt, tritt 

*) Salge , Br.: 1. c. 

2 ) Adelsberger , Lucie: Die Vcrdauungsleukoeytosc beim Säugling. Zeitschr. 
f. Kinderheilk. 29, 156. 1921. 



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Die hüinoklastische Krise. 


133 


die Verdauungsleukocytose meist erst in der 2. bis 3. Stunde und 
auch in der Größe individuell sehr verschieden ein. 

Was nun die von Adelsberger bezüglich der Leukocytose nach 
artfremder Nahrung, insbesondere nach Kuhmilch angeführten Fälle 
betrifft, so ist wohl die Annahme zulässig, daß sich auch hier in 
Übereinstimmung mit den Befunden von Schiff und Stransky wohl 
ebenfalls eine Leukopenie hätte feststellen lassen, wenn die Leuko- 
cytenzählung zu einem früheren Zeitpunkte wäre vorgenommen worden , 
zumal ja nach ihrer eigenen Angabe sich sofort nach der Nahrungs¬ 
aufnahme „eine Senkung einschieben kann“. 

Untersuchungen an Neugeborenen 1 ), denen unnatürliche Nahrung 
gereicht wurde, sprechen in demselben Sinne, zuerst tritt Leuko¬ 
penie, dann Ansteigen der Leukocyten ein. 

Auch französische Autoren fanden neuerdings, daß sich sowohl 
beim Brust- wie beim Flaschenkinde eine „leukopenische Phase u 
findet. Sie tritt aber nur auf, wenn eine von dem Alter der Kinder 
abhängige Mindestmenge an Milch getrunken wird 2 ). 

Wir werden im folgenden Abschnitt auf diese Verhältnisse in 
anderem Zusammenhang noch zurückkommen. 

Ob die anderen Symptome der hämoklastischen Krise, die Blut¬ 
drucksenkung und die veränderte Gerinnbarkeit des Blutes beim 
Säugling in derselben Weise und unter denselben Umständen auf- 
treten wie beim Erwachsenen bleibt noch näher zu untersuchen. 

Bezüglich des entgegengesetzten Verhaltens der Leukocytenroaktion 
in beiden Lebensaltern möchten wir uns auf Grund der Befunde von 
Schiff und Stransky — mit denen die Ergebnisse der Untersuchungen 
von Adelsberger und Auricchio in Einklang zu bringen sind — und 
nach den bisher vorliegenden Erfahrungen über die Art der Resorp¬ 
tion der Nährstoffe beim „werdenden“ Organismus dahin zusammen¬ 
zufassen : 

Beim Säugling ist die Leukopenie physiologisch (Schiff und 
Stransky) und durch eine mangelnde resp. noch in Entwicklung be¬ 
griffene Ausbildung der Funktion des Magendarmkanals im Abbau der 
Nährstoffe bedingt, im Sinne von Salges „werdender Funktion u ; beim 
Erwachsenen dagegegen tritt sie nur auf unter unphysiologischen resp. 
pathologischen Bedingungen (einseitige Nahrungszufuhr, plötzlich ein¬ 
setzender Wechsel in der Ernährung resp. Sekretionsstörungen der 
Verdauungsdrüsen). 

*) Auricchio , Luigi: La razione loucocitaria digestiva nel neonato. Pediatria 
29, 977. 1921. Referat: Ber. d. ges. Phyeiol. u. exp. Pharmakol. 12, 78. 1922. 

3 ) Vorlencourt , H ., Baru , G . et Paychöre: Recherches Bur la leukocytose» 
digestive chez les nourrissons. Paris m6d. II, 129. 1921. Zit. nach Ber. d. 

ges. Phyeiol. u. exp. Pharmakol. 12. 247. 1922. 


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P. Junkcrudorf: 


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134 


VI. 

Wir hätten nunmehr näher zu untersuchen, wodurch die ver¬ 
schiedenen Symptome der Verdauungshämoklasie im einzelnen zustande 
kommen. 

Auch darüber gehen die Ansichten noch weit auseinander. Nach 
Widal und seinen Mitarbeitern sollen die Symptome in ihrer Gesamt¬ 
heit, wie schon erwähnt, dadurch bedingt sein, daß höhermolekulare 
Stoffe des Eiweißabbaues bei Leberinsuffizienz in den allgemeinen 
Kreislauf übertreten resp. in den Fällen, wo die Probe mit nicht 
eiweißhaltigem Material angestellt wird, sollen kohlenhydratspaltende 
Fermente aus der Leber ins Blut übergehen. 

Die eigentliche Ursache für die darauf in Erscheinung tretenden 
Blut- und Gefäß Veränderungen sehen sie in einer dadurch hervor¬ 
gerufenen Störung des physikalisch-chemischen Verhaltens des Blut¬ 
plasmas resp. semer Kolloide. Sie bezeichnen deshalb den ganzen 
Symptomkomplex auch als „kolloidoklastische Krise«. 

Der Analogie der hämoklastischen Krise mit dem Peptonchok 
wegen glaubt auch Bauer l ) y daß man um die Annahme wohl nicht 
herumkomme, „daß es irgendwelche, vielleicht auch artgleiche, aber 
blutfremde Eiweißprodukte sein müssen, die diesen „Chok en minia¬ 
ture“ herbeiführen. 

1. Was zunächst die Leukopenie als wesentlichstes Symptom, das 
gewöhnlich klinisch ausschließlich als charakteristischstes Merkmal 
herangezogen wird, betrifft, so ist davon vorhin schon die Rede ge¬ 
wesen und hierbei erwähnt worden, daß sie beim Säugling, aber 
auch wohl beim Erwachsenen als Verteilungsleukopenie angesprochen 
werden muß, und daß die Frage, ob es zur Leukocytose oder Leu¬ 
kopenie kommt, beim Erwachsenen hauptsächlich abhängig ist vom 
fermentativen Abbau im Darm. 

Gerade die Tatsache, daß der Eiweißabbau im Darm das Aus¬ 
schlaggebende hierfür ist und daß normalerweise beim Erwachsenen 
nach Eiweißzufuhr Leukocytose auf tritt, spricht für unsere eingangs 
aufgestellte Behauptung, daß unter normalen Bedingungen beim Er¬ 
wachsenen der Eiweißabbau durchgreifend bis zu den Reizstoffen für 
das leukopoetische System, den Aminosäuren, erfolgt und das Aus¬ 
bleiben der hämoklastischen Krise beim gesunden Erwachsenen mithin 
auch nicht mit Widal durch Retention höhermolekularer Abbaustufen 
des Eiweißes in der Leber erklärt werden kann. 

In derselben Weise wird wohl auch die Leukopenie in den Fällen 
zu deuten sein, wo die Widalprobe mit eiweiß/men Stoffen (Fett und 
bestimmten Kohlenhydraten) angestellt wird. Auch hier wird infolge 
der einseitigen Zufuhr dieser Nährstoffe wohl ein Teil derselben dem 

l ) Bauer , J.: 1. c. 



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Die hämoklaetische Krise. 


135 


fermentativen Abbau im Darm entgehen und unverändert ins Pfort¬ 
aderblut übergehen, wodurch es daun zu der abnormen Verteilung 
der weißen Blutkörperchen kommt. Dieser Vorgang ist beim Säug¬ 
ling, wie Schiff und Stransky gezeigt haben, physiologisch realisiert. 
Beim Erwachsenen denken wir uns ihn reflektorisch ausgelest , chemo¬ 
taktisch bedingt, durch den unphysiologischen Gehalt des Pfortader¬ 
blutes an unvollkommen abgebautem Nährmaterial. Er stellt eine 
Abwehrreaktion des Organismus (. Abderhalden ) dar, in dem Sinne, daß 
durch die Ansammlung der Leukocyten, die vielleicht diese Stoffe 
als Vehikel transportieren und für die weitere Verwertung vorbereiten 
oder gar durch Produktion spezifischer Abbaufermente schon denatu¬ 
rieren, eventuell vorliegende Störungen des physikalisch-chemischen 
Zustandes des Plasmas beseitigt und Schädigungen der Leberzellen 
verhütet werden. 

Die Hauptaufgabe aber, diese Stoffe unschädlich zu machen, 
fällt der Leber als eigentlichem Entgiftungsorgan zu. Ist sie voll 
funktionstüchig, so wird sie dieser Aufgabe gewachsen sein; es 
brauchen die Folgen der Störung nicht in den anderen Symptomen 
der hämoklastischen Krise zum Ausdruck zu kommen. Ist dies da¬ 
gegen nicht der Fall, sei es der Menge der Stoffe resp. ihres eigenen 
Funktionszustandes oder einer schon bestehenden Insuffizienz wegen, 
so werden durch den Übergang der unvollkommenen Abbauprodukte 
in den allgemeinen Kreislauf auch die anderen Symptome der hämo¬ 
klastischen Krise auf treten. (Erklärungsmöglichkeit für das Zustande¬ 
kommen der „dissoziierten “ Krisen!) 

In diesem Zusammenhang müssen wir nun nochmals auf die Be¬ 
funde von Adelsberger 1 ) beim Säugling zurückkommen. Wenn tat¬ 
sächlich, wie aus ihren Untersuchungen geschlossen werden darf, ein 
Unterschied in der Leukocytenreaktion bei Verabfolgung verschieden¬ 
artiger Nahrung beim Säugling besteht, insofern er auf arteigene 
Nahrung mit einer sofort einsetzenden , länger anhaltenden Leukopenie 
reagiert, auf artfremde dagegen mit einer nur kurzdauernden , die 
schnell in eine mehr oder weniger ausgesprochene Leukocytose umschlägt, 
so drängt sich die Frage auf, worin dieses verschiedene Verhalten 
begründet ist? 

Wird dem Säugling arteigenes Eiweiß in Form von Muttermilch 
zugeführt, so ist eine Umformung dieser Nährstoffe ebenso wie der 
übrigen in der Milch enthaltenen Bestandteile u. E. nicht in dem 
Maße erforderlich, wie bei Verabreichung von artfremdem Nährmaterial. 
Im ersteren Falle wird durch die sofort einsetzende Ansammlung 
der Leukocyten in den Abdominalorganen wahrscheinlich, ohne daß 
ein weiterer durchgreifenderer Abbau notwendig ist, das arteigene Mate- 

l ) Adelsberger , I(u,cie: 1. c. 


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. 136 


P. Junkeredorf: 


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rial vielleicht durch eine assimilierende Tätigkeit der Leukocvten 
der Leber übergeben, wo es dann in bluteigene Stoffe übergeführt 
wird. Wird dagegen artfremdes Material verabfolgt, so könnte man 
sich vorstellen, daß nach dessen Resorption ebenfalls eine Leukocyten- 
ansammlung eineetzt, so daß auch in diesem Falle aus denselben 
Gründen eine, wenn auch schneller vorübergehende, Leukopenie sich 
bemerkbar machen muß. Da aber dieses Material seiner Artfremd¬ 
heit wegen vom Säuglingsorganismus in dieser Form nicht ausgenützt 
werden kann, so übernimmt die Leber die Rolle, es in unspezifische 
Abbauprodukte zu zerlegen, da der Darm aus Mangel an spezifischen 
Fermenten hierzu nicht imstande ist. Da nun bei der durchgreifenden 
Proteolyse in der Leber unspezifische Aminosäuren entstehen, wird 
es nunmehr gleich nachher zu einer Leukocytose kommen müssen, da 
ja die Aminosäuren, wie angenommen wird, die Reizstoffe sind, die 
das leukopoetische System zu erhöhter Tätigkeit anregen. 

Hiernach wäre der Unterschied der Reaktion kein prinzipiell, 
sondern nur graduell verschiedener, und es ist ohne weiteres ver¬ 
ständlich, daß diese Vorgänge sowohl in bezug auf die Geschwindig¬ 
keit der zeitlichen Aufeinanderfolge als auch auf die Größe der 
Leukocytenschwankung nicht nur durch die Art, sondern auch die 
Menge der Nährstoffe und ihre Vermischung und das Alter wesent¬ 
lich beeinflußt werden. 

Diese Überlegungen, für die natürlich noch die Grundlagen fehlen, 
würden u. E. das Wesen der Verdauungsleukopenie resp. Leuko¬ 
cytose dem Verständnis wesentlich näherbringen. 

Es würde damit der Säuglingsleber eine sehr wichtige Aufgabe 
zugeschrieben, deren normale Erfüllung für das gesamte Stoffwechsel¬ 
geschehen von weittragender Bedeutung wäre. Es ist wohl sicher, 
daß diesem Organ, das gerade beim Säugling durch seine enorme 
relative Größe imponiert, im Säuglingsalter auch noch manche andere 
wichtige Aufgaben zufallen. 

Es ergibt sich fernerhin daraus, daß plötzlicher Wechsel vor 
allem in der Art der Ernährung mit Eiweiß verschiedener Herkunft 
schwerwiegende Folgeerscheinungen nicht nur im Chemismus der 
Leber selbst als Zentralstoffwechselorgan, sondern auch im Gesamt- 
stoffwechselgeschehen auslösen muß, zumal, wenn durch vorauf gegangene 
Überernährung infolge Überladung mit Reservestoffen oder durch 
andere schädliche Einflüsse, der Funktionszustand der Leberzellen 
beeinträchtigt ist. 

Aus alledem ergibt sich mithin, daß bei der Leberfunktions¬ 
prüfung mit der WidalmethoAe beim Säugling sowohl wie beim Er¬ 
wachsenen der Nachweis der Leukopenie allein nicht ohne weiteres 
als ein Zeichen gestörter Leberfunktion angesprochen weiden darf 



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Die hämoklastische Krise. 


137 


da es in beiden Lebensaltern zu einer Leukopenie kommen kann, 
ohne daß eine Leberinsuffizienz vorzuliegen braucht. 

2. Zweifelsohne ist das zweite Hauptsymptom der hämoklastisehen 
Krise, die Blitidrucksenkung, der Ausdruck der Erweiterung des peri¬ 
pheren Gefäßsystems. 

Was die Wirkung unphysiologischer Verdauungsprodukte auf den 
Blutdruck angeht, auf die es hier ankommt, so wurde experimentell 
die Wirkung von Pepton von verschiedenen Autoren, wohl zuerst 
von Thompson 1 ) untersucht. Er zeigte, daß nach Peptoninjektion 
eine unter Umständen bis zur Chokwirkung gesteigerte Senkung ein- 
treten kann, die durch direkte Einwirkung des Peptons auf die 
Gefäßwand oder die in ihr liegenden Nervenendigungen bedingt ist. 
Nach Popielski 2 ), der sich eingehend mit dem Mechanismus der 
Pepton Wirkung befaßt hat, muß es als feststehende Tatsache an¬ 
gesehen werden, daß TPtttepepton, Hunden injiziert, den Blutdruck 
durch Einwirkung auf den peripheren vasomotorischen Apparat er¬ 
niedrigt und zwar durch Lähmung der Endigungen der vasomoto¬ 
rischen Nerven der glatten Muskeln. Der Grad der Druckerniedrigung, 
sowie die Dauer der Erniedrigung stehen hierbei in direktem Ver¬ 
hältnis zur Menge des eingeführten Peptons. 

Die Ergebnisse dieser Experimente lassen sich wohl ohne Be¬ 
denken auf die hämoklastische Krise anwenden. Wir werden auch 
hier für die Blutdrucksenkung in den Kreislauf übergetretene Peptone 
oder peptonähnliche Stoffe heranziehen dürfen, mögen diese nun als 
solche zur Resorption gekommen und infolge einer vorliegenden 
Leberinsuffizienz die Leber unverändert passiert haben oder, nach 
unserer ebenfalls möglichen Anschauung, erst eine Leberschädigung 
bedingt haben und nun infolge der dadurch bedingten Funktions¬ 
störung der Leberzellen ins Blut übergegangen sein. 

Auch in den Fällen, wo die hämoklastische Krise durch eiweiß- 
freie Nährstoffe ausgelöst werden konnte, könnte die Blutdruck¬ 
senkung eine Erklärung finden, wenn wir, wie oben auseinandergesetzt 
eine Ausschwemmung des in den Leberzellen deponierten Eiwei߬ 
materials in Form von Peptonen oder durch derartige Stoffe be¬ 
dingte degenerative Prozesse mit Eiweißzerfall annehmen. 

3. Das dritte Hauptsymptom, was noch zu besprechen wäre, ist 
die veränderte Gerinnungsfähigkeit des Blutes . 

Aus zahlreichen Untersuchungen geht ohne Zweifel hervor, daß 
Pepton nach intravasculärer Injektion nicht direkt gerinnungshemmend 

l ) Thompson , W. H.: The physiological affects of „peptone“ when injected 
into the circulation. Journ. of Physiol. 24, 374. 1899. 

9 ) Popielski , L.: Über die physiologischen und chemischen Eigenschaften 
des Peptons Witte. Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 120, 483. 1909. 


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P. J unkersdorf: 


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188 

wirkt, sondern daß es zur Erzeugung der Ungerinnbarkeit „einer vitalen 
Tätigkeit des Organismus unter dem Einfluß des Peptons u bedarf 
[Morawitz 1 )}. 

Hierbei spielt nun die Leber eine wahrscheinlich ausschlaggebende 
Rolle, denn in allen Versuchen, in denen die Leber ausgeschaltet 
oder geschädigt wurde, bleibt die Gerinnungswirkung des Peptons 
aus 2 ), so daß die Annahme berechtigt erscheint, daß der Sitz der 
Störung unter der Peptonwirkung in den Leberzellen zu suchen ist; 
es muß also mit anderen Worten die veränderte Gerinnbarkeit in 
Beziehung zur Leberfunktion stehen. 

Die von Asher und seinen Mitarbeitern und unseren Befund ein¬ 
wandfrei festgestellte Wirkung des Peptons auf die Struktur und 
den Chemismus der Leberzelle legt es nun nahe, in diesem Zu¬ 
sammenhang die Frage nach dem Mechanismus der Peptonwirkung 
bei der Blutgerinnung näher zu untersuchen und zu sehen, ob sich 
nicht irgendwelche Beziehungen zwischen den in ihrer Struktur und 
ihrem Chemismus veränderten Zellen und der veränderten Blutgerinn¬ 
barkeit nachweisen lassen, zumal die Ansichten über diese Wirkung 
des Peptons zurzeit noch wenig geklärt und zum Teil noch weit 
auseinandergehen, und das Wesen der Gerinnung des Blutes an und 
für sich ebenfalls noch sehr verschieden gedeutet wird. 

Es ist wohl ohne weiteres klar, daß eine wesentliche Vorbedingung 
für das Studium des Gerinnungsvorganges und damit natürlich auch 
für das Verständnis der Wirkung der die Blutgerinnung beeinflus¬ 
senden Stoffe die Kenntnis von der Herkunft resp. der Bildung des 
Substrates der Oerinnung, des Fibrinogens , ist. 

Eine ganze Reihe von Beobachtungen weisen auf die Leber als 
Hauptursprungsort des Fibrinogens hin. Die fibrinogenbildende 
Fähigkeit der Leberzellen haben wir a. a. O. 8 ) eingehend erörtert. 
Wir haben dort gezeigt, daß die Resultate unserer Versuche (Leber¬ 
gewichtszunahme nach Eiweißfütterung durch Eiweißablagerung) so¬ 
wie der histologische Nachweis von Eiweiß in Form von Reserve¬ 
eiweiß ( Berg und andere) und nicht zumindest die Versuchsergeb¬ 
nisse von Doyen und Nolf (Abnahme des Fibrinogengehaltes nach 
Leberexstirpation u. a. m.), ebenso wie die jedem Kliniker bekannte 

1 ) Morawitz , P.: Die Chemie der Blutgerinnung. Erg. der Physiol., 1. u. 2 

Abt., S. 400. 1904, und Derselbe: Die Gerinnung des Blutes. Handb. der 

Biochemie des Menschen und der Tiere. Herausgegeb. v. C . Oppenheimer. II, 1, 
S. 40. 1909. 

2 ) Diesbez. Literatur siehe b. Ränders, F: Ein Beitrag zur Kenntnis der 
Beziehungen zwischen Leber und Blutgerinnung. Wien. med. Woohenschr. 57. 
314 u. 373. 1907. 

3 ) Vergleiche die diesbezüglichen Ausführungen in unserer Mitteilung II 
der Beiträge zur Physiologie der Leber, 1. c. 



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Die hämoklastische Krise. 


139 


hämorrhagische Diathese bei Phosphorvergiftung und bei akuter 
gelber Leberatrophie dafür sprechen, daß die Leber als Eiweiß - 
reservoir das fibrinogensecemierende Organ ist, dem im normalen 
physiologischen Geschehen die Aufgabe zukommt, aus dem zur Ver¬ 
fügung stehenden Zelleinschlußeiweiß, Reserveeiweiß, den Gehalt des 
Blutes an Plasmaeiweiß zu regulieren. 

Wenn nun die Leber in Wirklichkeit bei der .Bildung des Fibri¬ 
nogens eine Rolle spielt, so liegt es fernerhin nahe, anzunehmen, 
daß zwischen dieser Leberfunktion und der Blutgerinnung eine Korre¬ 
lation besteht, daß weitergefaßt „die intakte Funktion der Leber bei 
Lebergesundheit sich nebst vielen bekannten Wirkungen auch in 
einer die Blutgerinnung beeinflussenden, vielleicht sogar fördernden 
Weise äußert“ 1 ). Schwere Funktionsstörungen der Leber werden 
mithin von tiefgehenden Folgeerscheinungen bezüglich der Koagu- 
labitätsfähigkeit des Blutes begleitet sein. Da wir nun im Pepton 
einen Stoff kennen gelernt haben, der spezifisch auf die Leberzellen, 
ihre Struktur und ihren Chemismus einwirkt, so fände dadurch so¬ 
wohl die gerinnungsheramende als auch die gerinnungsfördernde 
Wirkung des Peptons eine gewisse Erklärung. 

W'ird Pepton in geringer Menge isoliert injiziert, wie dies von 
Widal , Abrami und Jancovesco 2 ) in ihren Voruntersuchungen ge¬ 
schehen oder als unphysiologisches Verdauungsprodukt der Leber 
nach voraufgegangener Karenz zugeführt, so übt es, wie Pletnew 8 ) 
ans seinen Versuchen schließt, eine Reizwirkung aus, es wird eine 
günstige Vorbedingung für die Fibrinogenbildung geschaffen, Fibri¬ 
nogen vielleicht in größerer Menge aus dem Reserveeiweißbestand 
ans Plasma abgegeben als der Norm entspricht, was eine erhöhte, 
gesteigerte Gerinnbarkeit des Blutes vielleicht schon aus physikalisch¬ 
chemischen Gründen zur Folge haben könnte 4 ). 

Gelangt dagegen Pepton in größerer Menge in die Leber durch 
intravenöse Injektion höherer Dosen, oder trifft es bei unvollkom¬ 
menem Eiweißabbau im Darm auf funktionsuntüchtige, mit Reserve¬ 
stoffen beladene Zellen, wie in unseren Versuchen mit Glykogen¬ 
mast und darauffolgender Eiweißzufuhr, so übt es eine Oiftwirkung 
aus, die Leberzellen werden tiefgehend geschädigt, die Fibrinogen¬ 
bildung leidet , das Plasma verarmt je nach dem Vorrat an Reserve- 

Ränder 8, F., 1. c. 

-) Widal, Abrami und Jancovesco: Possibilit^ de pourvoquer la crise haemo- 
clasique usw., 1. c. 

Pletnew: siehe unsere Mitteilung II, 1. c. 

*) WaUich, F., Abrami, P. und Levy-Solal , E. gelang es neuerdings, Uterus¬ 
blutungen bei Schwangeren, die duroh verminderte Gerinnbarkeit bedingt 
waren, durch subcutane Peptoninjektionen zu beheben und weitere Blutungen 
zu verhindern Zitiert nach Ber. d. ges. Physiol. u. Pharmakoi. 5, 504. 


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140 


P. Junkeradorf: 


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eiweiß in der Leber mehr oder weniger schnell an Fibrinogen, und 
es wird infolgedessen, da das Substrat der Gerinnung mehr oder 
weniger fehlt, eine verzögerte oder gar ein Ausbleiben der Gerinnung 
sich bemerkbar machen müssen. — Die bei der Anstellung der 
Widal^Tobe oft beobachtete Abnahme des Serumindexes ließe sich 
auf dieselbe Weise erklären, hierbei ist allerdings zu bemerken, daß 
ein Beweis für die Büdung der Serumeiweißstoffe in der Leber bisher 
noch nicht erbracht ist. 

Damit ist nun selbstverständlich keineswegs das Wesen der Pepton- 
wirkung in bezug auf die Blutgerinnung resp. des Wirkungsmecha¬ 
nismus des Peptons erschöpfend geklärt; es ist vielmehr nur die 
Entstehung, oder noch richtiger gesagt, die Möglichkeit der Ent¬ 
stehung des für die Blutgerinnung notwendigen Substrates, des 
Fibrinogens, erläutert worden; nur ein Faktor, der bei der Blut¬ 
gerinnung, mithin auch bei der Blutgerinnungshemmung im Spiele 
ist, herangezogen worden. Da nun aber unter ganz bestüumten 
experimentellen Bedingungen, wie z. B. bei der Phosphorvergiftung, 
mit der Zunahme der Intoxikation da« Fibrinogen immer mehr 
schwindet 1 ) und es sich in diesem Falle wahrscheinlich auch um 
eine primäre Schädigung der Leberzellen handelt, könnte auch bei 
der Peptonwirkung unter bestimmten Bedingungen wenigstens ein 
Qrund für die veränderte Gerinnbarkeit in einem durch Leberzell¬ 
schädigung bedingten anormalen QehaU des Plasmas an Fibrinogen ge¬ 
legen sein . 

Die klinische Beobachtung, daß im Verlauf schwerer und lang¬ 
dauernder Infektionskrankheiten das Blut schwer gerinnbar wird 
und die in solchen Fällen öfter festgestellte „Hypinose“, d. h. ein 
geringerer Gehalt des Blutes an Fibrinogen, spricht ebenfalls für 
unsere Anschauung: Bei Pneumonie und schwerer Tuberkulose hat 
man häufig einen positiven Ausfall der hämoklastischen Krise be¬ 
obachtet. 

Es gibt auch Fälle von Hämophilie, bei denen man die mangelnde 
Gerinnbarkeit nicht wie gewöhnlich durch einen Fermentdefekt 
(Defizit an Thrombokinase) erklären kann, die auch auf diese Weise 
gedeutet werden könnten* 2 ). 

*) Literatur siehe bei Morawüz: Ergehn, d. Physiol., 1. c. 

“) Anmerkung: Ganz kürzlich veröffentlichten Opitz und Frei einen der¬ 
artigen Fall. Sie stellten bei einem 8 l / 2 Monate alten Mädchen mit der Wohl- 
gemiUhüchen Methode der Fibrinogen- und Fibrinferment-Bestimmungsmethode 
fest, daß dem Blute das Fibrinogen fehlte, was durch Koagulationsversuche 
bestätigt werden konnte. Es waren keine gerinnungshemmenden Faktoren in 
abnormer Menge vorhanden, es bestand fernerhin kein Mangel an Fibrinferment 
und auch die Vorstufen des Thrombins, ebensowenig wie ein Defizit an Kalk¬ 
salzen konnte als Ursache für die üngerinnbarkeit des Blutes verantwortlich 



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Die hämoklastische Krise. 


141 


Nimmt man nun eine Leberzellschädigung durch Pepton an, und 
dazu glauben wir nach unseren bisherigen Darlegungen wohl be¬ 
rechtigt zu sein, so könnte außer der mangelnden Fibrinogenbildung, 
oder auch ohne daß diese benachteiligt ist, der Chemismus der Zellen 
auch in der Weise gestört sein, daß andere Stoffe, die bei der Blut¬ 
gerinnung in Frage kommen oder dieselbe zu hemmen imstande sind , 
infolge der ZeUschädigung durch Pepton entweder gar nicht oder in er¬ 
höhtem Maße auftreten oder überhaupt Stoffe unbekannter Natur , die 
den Vorgang der Oerinnung zu beeinflussen vermögen , sich im patholo¬ 
gischen Stoffwechsel der Leberzetten bilden . 

Vor kurzem wurden von Gratia 1 ) Versuche veröffentlicht, die in 
diesem Sinne sprechen. Wird einem Hunde rasch Pepton injiziert, 
so reagiert die Leber darauf mit einer abnormen Absonderung von 
Antithrombin. Das Blut wird ungerinnbar und man erhält ein ge¬ 
rinnungshemmendes Peptonplasma. Nach Ansicht des Autors soll 
der Vorgang in einer Lähmung der Thrombinproduktion zustande 
kommen. 

Auch nach Doyen 2 ) läßt sich beim Hund nach intravenöser 
Peptoninjektion aus dem abzentrifugierten Plasma eine gerinnungs¬ 
hemmende Substanz isolieren — „Antithrombine“ —. Nach Atropin, 
Hyoscyamin und Morphin tritt dieser antikoagulierende Stoff eben¬ 
falls im Blute auf. Auf Grund von mikroskopischen Untersuchungen 
der gefrorenen Lebern kommt dieser Verfasser zu dem Schluß, daß 
das Antithrombin aus den Leberzellkemen stammt. Die Gerinnungs¬ 
hemmung soll nach seinen Untersuchungen eine Eigenschaft sämt¬ 
licher Nucleinsäuren sein. Diese sollen wie Pepton und andere 
Stoffe das Auftreten eines Nucleoproteids im Blut hervorrufen und 
gelegentlich auch Blutdrucksenkung. Auch aus diesen Befunden 
Doyens geht also hervor, daß der Sitz der Störung, die von Pepton 
und ähnlich wirkenden Stoffen hervorgerufen wird, die Leberzellen 
sind, wie dies aus den histologischen Veränderungen geschlossen 
werden muß. 


gemacht werden. Dies alles würde in unserem Sinne dafür sprechen, daß bei 
dem Kinde durch eine Peptonschädigung, also letzten Endes durch einen per¬ 
sistierenden unphysiologischen Eiweißabbau die Leberzellen in ihrer fibrinogen- 
bildenden Funktion dauernd gestört und infolge der Insuffizienz vielleicht un- 
umgesetztes Pepton durchließen. — Opitz , H. u. Frei , M.: Uber eine neue Form 
der Pseudohämophilie. Jahrb. f. Kinderheilk. 95. 3. Folge. 44 , 374. 1921. 

l > Gratia, Andre: Recherches sur le m^canisme des actions anticoagulantes. 
Ann. de l’inst. Pasteur 35 , 513. 1921. Ref. Ber. d. ges. Physiol. u. exp. Phar- 
makol. 10, 75. 1021. 

■) Doyen , M.: Une s6er6tion d’orgine nucl6äre: L’antithrombine. Pro- 
prietes anticoagulantes des acides nucteiques. Arch. internat. de physiol. 16 , 
343. 1921. Ref. Ber. d. ges. Physiol. u. exp. Pharmakol. 8, 286. 1921. 


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142 


P. Junkeredorf; 


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Man wird gegen unsere Anschauung über die Wirkungsweise des 
Peptons bezüglich der Fibrinogenbildung in den Leberzellen und die 
eventuell durch eine mangelnde Umbildung desselben bedingte ver¬ 
langsamte Gerinnungsfähigkeit des Blutes einwenden, daß sich in 
dem durch Pepton ungerinnbar gemachten Blut oft noch normale 
Mengen von Fibrinogen nachweisen lassen. Dem wäre entgegen¬ 
zuhalten, daß auch hier wieder der Funktionszustand der Leber¬ 
zellen gegebenenfalls ausschlaggebend sein könnte, ob es unter der 
Einwirkung des Peptons zu einer Störung der fibrinogenbildenden 
Funktion kommt oder nicht. Wir nehmen diesen Fall auch nur 
bei sehr schwerer Schädigung in Analogie zu der Phosphorvergiftung 
an und würden für die anderen Fälle einen anderen bei der Ge¬ 
rinnung in Frage kommenden Faktor in Anrechnung setzen, aber 
auch hierbei eine Leberschädigung unter der Peptonwirkung als das 
Wesentlichste bezeichnen. Zudem könnten unter diesen Umständen 
ja auch andere Körperzellen, etwa die Leukocyten, die sich nach 
der Peptonzufuhr in den Abdominalorganen ansammeln, vikariierend 
für die Fibrinogenbildung einspringen. 

Auch auf einen anderen Punkt möohten wir noch aufmerksam 
machen, der u. E. zur Klärung der ganzen Frage mit beitragen 
kann. Wir sahen, daß durch eine auf eine Glykogenmast folgende 
Eiweißfütterung das in der Leber angehäufte Glykogen schwindet 
und führten dies auf Peptonwirkung zurück in Analogie zu der 
Wirkung des in den Versuchen von Pletnew, Tschannen u. a. isoliert 
zugeführten Peptons. Die letztgenannten Autoren beobachteten 
sämtlich unter der Wirkung des Peptons eine Herabsetzung der 
Assimilationsgrenze für Kohlenhydrate und eine verminderte Bildung 
von Glykogen resp. in Übereinstimmung mit unserem Resultat nach 
isolierter Eiweißzufuhr eine verminderte Fähigkeit , Glykogen zu speichern 
oder gespeichertes Glykogen zurückzubehalten . Wir konnten zeigen, daß 
das Glykogen wenigstens zum Teil unter diesen Umständen in der 
Leber in Fett übergeht 1 ). Aber, wie dem auch sei, wenn unter der 
Wirkung des Peptons eine mangelhafte Glykogenbildung oder eine 
Umformung vorhandenen Glykogens stattfindet, muß doch wohl, 
wenn auch nur vorübergehend eine Hyperglykämie eintreten. Sollte 
nun der erhöhte Zuckergehalt des Blutes unter diesen Umständen, 
vielleicht aus rein physikalisch-chemischen Gründen, nicht auch mit 
im Spiele sein bei der Gerinnungshemmung, da wir ja doch experi¬ 
mentell durch Zucker die Gerinnung des Blutes verzögern können und 
beimDiabetes eine verminderte Blutgerinnungsfähigkeit bestätigt finden? 

Wir wollen uns, ehe dieses Problem nicht sicher durch dies¬ 
bezügliche Untersuchungen (Blutzuckerbestimmung nach Pepton- 

*) Mitteilung II der Beiträge zur Physiol. der Leber, 1. c. 



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Die hämoklastische Krise. 


143 


zufuhr u. a.) experimentell fundiert ist, vor der Hand nicht auf 
weitere Fragestellungen einlassen. Es eröffnen sich aber u. E. in 
dieser Beziehung auch für die Diabetesfrage gewisse Ausblicke. 

VII. 

Berücksichtigt man alle Faktoren, von denen der Ausfall der 
hämoklastischen Krise sowohl beim Erwachsenen, wie auch beim 
Säugling abhängig sein kann, so ist es nicht weiter auffällig, daß 
die Resultate, die bisher klinisch damit gezeitigt wurden, sehr weit 
auseinandergehen. Auf jeden Fall ist es u. E. zu weitgehend, aus 
dem positiven Ausfall der fPidaZprobe schwerwiegende Schlüsse für 
eine bestehende Leberinsuffizienz zu ziehen , wenn nicht andere Zeichen 
in demselben Sinne sprechen . Vor allen Dingen scheint es uns nicht 
angängig, nur das eine der drei Hauptsymptome, die Leukopenie, 
als genügend für den positiven Ausfall der Probe anzusehen, wie 
dies von Widal für diagnostische Zwecke als hinreichend angegeben 
und von mancher Seite auch praktisch durchgeführt worden ist. 
Dies gilt insbesondere, wie schon gesagt, für den Säugling, wo ja 
nach den Untersuchungen von Schiff und Stransky die Leukopenie 
das „ physiologische “ ist. Aber auch beim gesunden Erwachsenen 
wird man sicher zuweilen Schwankungen in der Leukocytenzahl fest¬ 
stellen, und andererseits bei leberkranken Individuen wohl nur selten 
alle drei Hauptsymptome nebeneinander nachweisen können, da ja 
die Bedingungen für deren Zustandekommen von ganz verschiedenen 
Faktoren abhängig sind. 

Jedenfalls — das soll nochmals hervorgehoben werden — ist 
die Feststellung der Leukopenie allein keinesfalls ausschlaggebend 
für das Bestehen einer Leber insuffizienz, da ja sowohl beim Säugling 
wie auch beim Erwachsenen die Entscheidung für das Zustande¬ 
kommen der Leukocytenreaktion letzten Endes im Darm getroffen 
wird. Dies gilt auch, wie wir gezeigt haben, für die Fälle, wo die 
Probe mit eiweiß/retew Material angestellt wird: Da der Übergang 
unphysiologischer Verdauungsprodukte ins Pfortaderblut, der die 
Leukocytenansammlung als Abwehrreaktion auslöst, eintreten kann, 
ohne daß die Leber irgendwie geschädigt ist, könnte mithin die 
alleinige Feststellung der peripheren Leukopenie eine Leberinsuffizienz 
Vortäuschen (latenter Hepatismus!). 

Soll die Methode wirklich beweisend für eine bestehende Leber¬ 
insuffizienz sein, so wird man außer der Leukopenie auch den 
Nachweis der Blutdrucksenkung und einer veränderten Gerinnungs¬ 
fähigkeit fordern müssen. Aber selbst wenn diese Symptome der 
Lenkopenie parallel gehen, liegt noch die Möglichkeit einer Täuschung 
vor, da ja, wie wir gesehen haben, schon so geringe Mengen von 


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144 


P. Junkersdorf: 


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unphysiologischen Abbauprodukten, wie sie beim Abbau der zur 
Anstellung der Probe benutzten Nährstoffe entstehen können, even¬ 
tuell genügen, um eine Leberschädigung erst hervorzurufen, ins¬ 
besondere, wenn sie auf weniger funktionstüchtige mit Reservestoffen 
beladene Leberzellen treffen. 

Andererseits ist auch bei fehlender Leukopenie eine Leberinsuffi¬ 
zienz nicht ohne weiteres auszuscfdießm; dies trifft sicher beim 
Säugling zu, wo nach den Untersuchungen Adelslergers die Leuko¬ 
penie unter Umständen sehr schnell in eine Leukocytose Umschlägen kann. 

Was die Blutdrucksenkung und die veränderte Gerinnung beim 
Säugling bei Anstellung der Hämoklasieprobe angeht, so liegen 
darüber, soweit wir orientiert sind, noch keine näheren Unter¬ 
suchungen vor. Sie dürften aber, wie schon gesagt, zur Aufklärung 
der Verdauungshämoklasie wesentlich beitragen. Darauf hinzielende 
Versuche werden gerade beim Säugling in den verschiedensten 
Lebensaltern sicher stark divergierende Resultate liefern, und, was 
die Blutdrucksenkung betrifft, nicht einfach zu deuten sein, da zu 
viele andere Faktoren hierbei noch in Frage kommen können. Schon 
die Verschiedenheit des Eiweißabbaues beim Säugling und beim Er¬ 
wachsenen deutet darauf hin, daß der Säuglingsleber unter normal¬ 
physiologischen Bedingungen noch wesentlich andere Aufgaben zu¬ 
fallen, so daß auch dadurch die Verhältnisse noch unklarer sich ge¬ 
stalten. 

Beim Erwachsenen spielt natürlich neben der Magendarmfunktion 
die Leber beim Zustandekommen der Hämoklasie die Hauptrolle, 
und gerade darin kommt ihr maßgebender Anteil am Gesamtstoff¬ 
wechselgeschehen unter normalphysiologischen und pathologischen 
Bedingungen mit deutlich zum Ausdruck. 

Nun können in beiden Lebensaltern — was zum Schluß nur an¬ 
deutungsweise hervorgehoben werden soll — die Verhältnisse in 
bezug auf die Verdauungshämoklasie noch dadurch kompliziert sein, 
daß auch vom endogenen Eiweißzerfatt herrührende Abbauprodukte 
mit im Spiele sein können. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese, 
ebenso wie die beim peroralen Abbau entstandenen entweder direkt 
zur Auslösung eines oder mehrerer Teilsymptome der hämoklastischen 
Krise Veranlassung geben können, oder aber, was näher liegt, in 
der Leber als ihrem Entgiftungsorgan Schädigungen und damit 
einhergehende sekundäre Folgeerscheinungen verursachen. Diese 
Möglichkeit ist deshalb in Frage zu ziehen, weil andere Erfahrungen 
bei Anwendung von körpereigenen Organextrakten lehren, daß schon 
körpereigene, jedoch blutfremde Eiweißstoffe Symptome bedingen, 
die dem anaphylaktischen Chok und damit der hämoklastischen 
Krise ähnlich sind. 



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Die hämoklastische Krise. 


u;> 

Vielleicht haben wir es bei der Pneumonie und der Tuberkulose 
und bei anderen längerdauernden Infektionskrankheiten, die ja auch 
in den Bereich der Untersuchung mit der Hämoklasieprobe Widals 
gezogen wurden, hiermit zu tun. Auch das vielfach im späteren 
Verlauf der Schwangerschaft beobachtete Auftreten der Krise würde 
auf diese Weise durch den Übergang von blutfremdem Placentar- 
oiweiß oder dessen Abbaustufen ins Blut eine gegebene Erklärung 
finden. 

Die Bedeutung der unphysiologischen Abbauprodukte der Eiwei߬ 
körper für das Zustandekommen der hämoklastischen Krise, sei es 
nun, daß sie durch imphysiologischen Abbau im Verdauungstraktus 
entstanden sind, oder vom intermediären Eiweißzerfall herrühren, 
legt es nahe, dieser wichtigen Körperklasse resp. ihrer vielseitigen 
Wirkung fürderhin mehr Beachtung zu schenken als dies bisher 
geschehen ist. Eine ganze Reihe von pathologischen Zuständen und 
Vorgängen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, sind 
sicher damit in Zusammenhang zu bringen. 

Kurze Zusammenfassung. 

I. Einleitend wird eine kurze Übersicht über die Untersuchungen 
Widals und seiner Mitarbeiter und die wichtigsten Arbeiten der 
Autoren gegeben, die sich mit der IFida/schen Leberfunktionsprüfung 
praktisch beschäftigt haben. 

II. Auf Grund der klinisch hierbei gezeitigten Resultate und 
eigener Erfahrungen über die Wirkung „ unphysiologischer u Abbau¬ 
produkte der Eiweißkörper wird die Widalsche „Verdauungshämo- 
klasie“ einer kritischen Besprechung vom physiologischen Stand¬ 
punkte aus unterzogen. 

Zunächst wird der heutige Stand unserer Kenntnisse über die 
Art des Eiweißabbaues und der Resorption der Verdauungsprodukte 
beim Erw achsenen und beim Säugling unter verschiedenen Bedingungen 
erörtert und insbesondere die schädigende Wirkung eventuell zur 
Resorption gekommener Peptone auf die Leberzellen und die Rolle 
der Leber in bezug auf die Verarbeitung der Resorptionsprodukte 
besprochen. 

Das Ausbleiben der hämoklastischen Krise beim gesunden Indi¬ 
viduum darf nicht mit Widal durch Retention der die Auslösung 
der Krise bedingenden höhermolekularen Eiweißabbaustufen erklärt 
werden. Andererseits ist für ihr Zustandekommen nicht unbedingt 
eine bestehende Leberinsuffizienz verantwortlich zu machen, da die 
Krise in Abhängigkeit vom jeweiligen physiologischen Funktions- 
zustande der Leber unter bestimmten Bedingungen auch bei leber¬ 
gesunden Individuen auftreten kann. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 10 


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14t) 


P. Junkeradorf: 


III. Der Vergleich der Peptonschädigung der Leber mit der leber¬ 
zellschädigenden Wirkung bestimmter Medikamente und die Abhängig¬ 
keit dieser Wirkung von der den Funktionszustand der Leber mit- 
bedingenden Nahrung, ebenso wie der unvollkommene Abbau der 
Nährstoffe bei Sekretionsstörungen der Verdauungsdrüsen sprechen 
dafür, daß eventuell durch die bei der Anstellung der Probe selbst 
sich abspielenden, individuell verschiedenen Vorgänge eine Leber¬ 
insuffizienz sich in schwererer Form als wirklich vorliegend äußern 
und unter Umständen sogar vorgetäuscht werden kann. — Erklärungs¬ 
möglichkeit für Fälle von „latentem Hepatismus“. — 

IV. Der positive Ausfall der Hämoklasieprobe bzw. eines ihrer 
Teilsymptome bei Anstellung derselben mit eiweißfreien Stoffen wird 
durch Anschwemmung des in den Leberzellen aufgespeicherten Eiwei߬ 
stoffe oder abgebauten Leberzellenprotoplasmas zu erklären versucht 
und gezeigt, daß das eine Symptom, die Leukopenie, auftreten kann, 
ohne von einer Blutdrucksenkung und veränderten Gerinnbarkeit 
des Blutes begleitet zu sein. — Erklärung für die sog. „dissoziierten 
Krisen.“ — 

V. Auf Grund der beim Säugling mit der Widal- Methode er¬ 
hobenen Befunde ergibt sich beim Vergleich mit den am Erwachsenen 
gewonnenen Erfahrungen, daß in Abhängigkeit vom fermentativen 
Abbau der Nährstoffe im Verdauungstraktus beim Säugling die Leu¬ 
kopenie physiologisch bedingt ist (Schiff und Stransky) und höchst¬ 
wahrscheinlich durch eine mangelnde bzw. noch in Entwicklung be¬ 
griffene Ausbildung der Funktion des Magendarmkanals im Abbau 
der Nährstoffe zu erklären ist, im Sinne von Salges „werdender 
Funktion“, daß sie dagegen beim Erwachsenen nur unter unphysio¬ 
logischen bzw. pathologischen Bedingungen auftritt infolge der Resorp¬ 
tion unphysiologischer Abbauprodukte der Nährstoffe. 

VI. Die Bedingungen für das Zustandekommen der drei Haupt¬ 
symptome der hämoklastischen Krise werden im einzelnen besprochen: 

1. Die physiologischen Erfahrungen und die klinischen Beobach¬ 
tungen legen es nahe, die Leukopenie — beim Säugling sowohl wie 
beim Erwachsenen — als Verteilungsleukopenie (Schilling, Schiff und 
Stransky ) anzusprechen und als Abwehrreaktion im Sinne Abderhaldens 
zu betrachten. Ausschlaggebend für ihr Auftreten ist bei beiden 
die Art des Eiweißabbaues. Beim Säugling besteht bei Verabfolgung 
von artfremder Nahrung kein prinzipieller, sondern höchstens ein 
gradueller Unterschied bezüglich der Leukocytenreaktion. 

2. Die Blutdrucksenkung hat eine Insuffizienz der Leber zur Voraus¬ 
setzung, auch in den Fällen, wo die Probe mit eiweißfreiem Material 
angestellt wird. Sie ist letzten Endes bedingt durch eine Lähmung 
der Endigungen der vasomotorischen Nerven der glatten Muskulatur 


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Die hämoklastische Krise. 


147 


{! Thompson , Poyielski) durch in den Kreislauf infolge der Leber¬ 
insuffizienz übergegangene unphysiologische Eiweißabbauprodukte. 

3. Der Sitz der Störung, die für die Veränderung der Gerinnbar¬ 
keit des Blutes verantwortlich zu machen ist, ist in die Leber zu 
verlegen. Eine Erklärung hierfür wird darin gesehen, daß eventuell 
zur Resorption gekommene höhermolekulare Eiweißabbauprodukte 
die Leberzellen in ihrer fibrinogenbildenden Funktion beeinträchtigen, 
oder daß infolge einer Peptonschädigung andere Faktoren, die den 
Vorgang der Blutgerinnung beeinflussen, hierbei beteiligt sind (Läh¬ 
mung der Thrombinproduktion bzw. abnorme Antithrombinbildung 
oder Auslösung einer Hyperglykämie). 

VII. Unter Berücksichtigung aller Faktoren, die für das Zustande¬ 
kommen der Verdauungshämoklasie Widals in Frage kommen, führt 
die kritische Bewertung auf Grund physiologischer Überlegungen und 
der praktisch gewonnenen sehr weit auseinandergehenden Erfahrungen 
dazu, der Widal sehen Methode der Leberfunktionsprüfung nur für 
den Fall Bedeutung beizulegen, daß alle drei Hauptsymptome neben¬ 
einander nachweisbar sind und gleichzeitig auch andere Zeichen für 
eine bestehende Leberinsuffizienz sprechen. 


10 * 


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(Aus der Medizinischen Klinik Marburg d. L. [Direktor: Prof. Schwenkeribecher}.) 

Über die Variation der relativen Erythrocvtenmenge 
und ihre Abhängigkeit von wechselnder Verteilung 
der Erytliroeyten innerhalb der Blutbahn. 

Von 

Dr. R. Hopniann und I)r. R. Schüler. 

Assistenten der Klinik. 

Mit 4 Textabbildungen. 

(Einyiyangni am 2. Juli 1922.) 

In den letzten Jahren wandte sich das erhöhte Interesse vieler 
Forscher den Austauschvorgängen zwischen Blut und Gewebe zu. 
Besonders die Beurteilung der Nierenfunktion, der extrarenalen ödem¬ 
genese, der Wirkungsweise der Diuretica erforderte einen tieferen Ein¬ 
blick in den Wasserwechsel zwischen Blut und Gewebe. 

Für die Erkennung eines hydraulischen oder anhydrämischen Zu¬ 
standes des Blutes ergibt sich jedoch eine große Schwierigkeit da¬ 
durch, daß man zwar die relativen Konzentrationen der einzelnen 
Blutbestandteile gut bestimmen kann, diese aber keinen Rückschluß 
auf den absoluten Verdünnungsgrad des Plasmas zulassen, es sei denn, 
man wählt als Grundlage der Berechnung einen solchen Bestandteil 
des Blutes, dessen Gesamtmenge während des Ablaufes der beobach¬ 
teten Vorgänge unverändert bleibt. 

Einige Autoren, 0. Heß 1 ), Nonnenbruch 2 ), Daniel und Högler 3 ), 
nehmen an, daß wir in den im Blute zirkulierenden Formelementen 
einen solchen unveränderlichen Standard maßstab besitzen, an welchem 
die absolute Zu- oder Abnahme der übrigen Bestandteile gemessen 
werden kann. 

Man geht hierbei von der Vorstellung aus. daß die roten Blut¬ 
körperchen, gleichsam gefangen in der Blutbahn, in ihrem Mengen¬ 
verhältnis zum Plasma nur durch absolute Vermehrung oder Ver¬ 
minderung des Gesamtplasmavolumens infolge Flüssigkeitseinstrom 
oder -abstrom verändert werden. Nonnenbruch 2 ) wies bereits darauf 
hin, daß die Richtigkeit dieser Vorstellung zur Voraussetzung hat, 
daß erstens die Gesamtzahl aller in dem Zirkulationssystem suspen¬ 
dierten Erythrocyten konstant erhalten bleibt — eine etwa hier störend 



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R. Hopmann u. R. Schüler: Variation der relativ. Ery throeytenm enge usw. 149 

eingreifende übermäßige Regeneration oder Zerstörung von roten Blut¬ 
körperchen kommt bei den zur Diskussion stehenden Vorgängen zu¬ 
meist allerdings nicht in Betracht —, zweitens, das die Verteilung der 
corpuskulären Elemente in dem gesamten Gefäßnetz eine gleichmäßige, 
nicht durch Verschiebung beeinflußbare ist. Nonnenbruch hält letztere 
Möglichkeit für unbedeutend. Bauer und Aschner 4 ) weisen jedoch in 
Anlehnung an die Untersuchungen von Cohnstein und Zuntz*) erneut 
darauf hin, daß die Verteilung der Erythrocyten in den verschiedenen 
Gefäßabschnitten wechselnd ist und von der Weite der Capillaren 
abhängt. 

Cohnstein und Zuntz b ) fanden nämlich bei Kaninchen nach Durchschneidung 
des Rückenmarkes oberhalb des Ursprunges der Nn. splanchnici eine starke Ver¬ 
minderung der Erythrocyten im peripheren Venenblut infolge der eingetretenen 
Dilatation der Splanchnicusgefäße und der dadurch erfolgten relativen An¬ 
häufung der roten Blutkörperchen in den dilatatierten Gefäßen. Bei elektrischer 
Reizung der Vasokonstriktoren vom Rückenmark aus konnten sie dagegen eine 
erhebliche Vermehrung der Erythrocyten in der Peripherie feststellen. Unter 
dem Mikroskop beobachteten sie, daß die Kontraktion der Capillaren schließlich 
so weit ging, daß gar keine roten Blutzellen mehr durchtraten und lediglich 
Vasa serosa übrigblieben. Sie haben durch ihre Versuche nachgewiesen, daß die 
Verteilung der Erythrocyten in den verschiedenen Gefäßgebieten wechseln kann 
und abhängig ist von der Weite der Capillaren. Aus dem verengten Strom 
gebiet werden die Formelemente in das weitere hinübergedrängt; dieses führt 
relativ mehr Blutzellen, jenes mehr Plasma. 

Es liegt ferner eine Reihe älterer Untersuchungen vor, welche zumeist zur 
Erforschung der hydrotherapeutischen Beeinflussung des Fiebers unternommen 
wurden, die fast übereinstimmend nach Kältereiz auf die äußere Körper¬ 
bedeckung (kalte Bäder oder Duschen) eine beträchtliche Vermehrung der roten 
Blutkörperchen im Hautblut ergaben [ Becker 6 ), Breitenstein 7 ), Knöpfelmacher*), 
Wintern itz 9 )]. 

Winternitz nimmt an, daß durch Veränderung der Zirkulation, der Herz¬ 
aktion, des Tonus der Gefäße und der Gewebe in den inneren Organen sta¬ 
gnierende Mengen von Blutkörperchen dem allgemeinen Kreislauf zugeführt 
werden. Ähnlich spricht sich ßreiienstein aus. Friedländer 10 ) sieht in dem 
Blutdruck und der Strömungsgeschwindigkeit wesentliche Momente, welche die 
Zahl der in einem bestimmten Gefäßgebiet suspendierten Blutzellen beeinflussen. 

Es ist ein großes Verdienst von Fr. 0. Heß 11 ), mit Hilfe der Hürterschen 
Arterienpunktion auch das arterielle Stromgebiet einer direkten Untersuchung 
unterzogen und damit die gesetzmäßige unterschiedliche Verteilung der roten 
Blutkörperchen in der Arterie, den kleinen Hautgefäßen und der Vene gezeigt 
zu haben. Er fand in der Art. rad. 4,75, in den kleinen Gefäßen 4,32 und in 
der Vena med. 4,33 Mill. Erythrocyten im Durchschnitt. Also dort, wo ein 
höherer Druck und eine größere Strömungsgeschwindigkeit herrscht, sind die 
roten Blutkörperchen in einer reichlicheren Anzahl vertreten als dort, wo der 
Druck und die Strömungsgeschwindigkeit geringer sind. 

Die Unterschiede in den Venen und den kleinen Hautgefäßen sind nicht 
konstant, was erklärlich ist, da ja bald der Druck in diesem, bald die Strö¬ 
mungsgeschwindigkeit in jenem Gebiet die Zahl beeinflussend überwiegen mag. 
Das Wesentliche ist der Unterschied zwischen Arterienblut einerseits, Capillar- 
und Venenblut andererseits. 


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R. Hopmann und R. Schüler: 


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Deswegen sind auch die Einwändc gegenstandslos, welche früher Bürker vr ), 
Bogendörfer und Sonnenbruch ,:1 ) gegen die Annahme einer verschiedenen Ver¬ 
teilung der Blutzellen erhoben, indem sie gestützt auf Untersuchungen im Blute 
der Vene und der kleinen Hautgefäße zeigten, daß in diesen Gebieten keine 
nennenswerten Unterschiede der Erythrocytenzahlen vorhanden, bzw. durch ein 
warm es Handbad leicht ausgleichbar seien. Das trifft wohl zu. Von Bedeutung 
ist aber die Differenz gegenüber dem arteriellen Gebiet, und dieses wurde nicht 
in den Bereich der Untersuchungen jener Autoren gezogen. Wie wir uns in 
einigen orientierenden Feststellungen überzeugten, läßt sich dieser Unterschied 
auch nicht allgemein durch ein warmes Handbad ausgleichen. 

Wenn Becker u ) am getöteten Tier keine Differenzen der Erythrocyten¬ 
zahlen in verschiedenen Gefäßgebieten fand, so ist demgegenüber einzuwenden, 
daß nach dem Tode des Tieres wesentliche Momente wie Druck-, Spannungs-, 
Strömungsverhältnisse, welche die verschiedene Verteilung bedingen, in Wegfall 
kommen. Die nach dem Tode erhobenen Befunde sind also in keiner Weise 
mit den Verhältnissen am Lebenden zu vergleichen. 

Die unterschiedliche Verteilung der roten Blut körperchen wurde von Fr. O. Heß 
zwar nur in der Peripherie nachgewiesen; es ist jedoch anzunehmen, daß ähn¬ 
liche Verhältnisse auch in den inneren Organen bestehen. 

Die von Fr. 0. Heß gefundene Tatsache der unterschiedlichen An¬ 
häufung der roten Blutzellen in Arterie. Capillare, Vene ist nun prin¬ 
zipiell verschieden von der Verteilungsdifferenz zwischen zwei Körper¬ 
regionen, welche Cohnstein und Zuntz sahen. Letztgenannte Autoren 
nehmen auf Grund ihrer obenerwähnten Experimente an, daß infolge 
der Vasokonstriktion die roten Blutkörperchen aus dem verengten 
Stromgebiet der Splanchnicusgefäße, also einer bestimmten Körper¬ 
region, verdrängt werden in die großen Gefäße; man fand ihre An¬ 
reicherung in der Peripherie (Leistenvene, Muskelvene, Ohrvene). 
Bei den Befunden von Heß liegen die Dinge anders; hier handelt 
es sich um Verteilungsunterschiede innerhalb der Blutbahn einer 
kleinen Körperregion, nämlich des Armes; ferner um einen dauernden 
Zustand unter physiologischen Bedingungen. Allein durch die Weite der 
Gefäße, wie Cohnstein und Zuntz annehmen, dürfte diese Tatsache nicht 
zu erklären sein. Es erscheint schwer begreiflich, wollte man annehmen, 
die Erythrocvten würden deswegen in der Arterie angoreichert, weil 
sie infolge der Enge der kleinen Gefäße keinen Zutritt zu denselben 
haben, gleichsam vor der Tür stehen bliebon, welche nur eine be¬ 
schränkte Anzahl durchläßt. Es kann sich nicht um eine Stauung 
der roten Blutzellen im Arterienrohr handeln. Hier müssen die be¬ 
sonderen Bedingungen des Druckes und der Strömungsgeschwindig¬ 
keit im Spiele sein. 

Schwankungen der Ervthrocvtenzahl haben also verschiedene 
Möglichkeiten: 

1. Das Plasmavolumen kann verändert, etwa größer werden bei 
unveränderter Verteilung und Suspension der Formelemente. Dann 
wird die Zahl der roten Blutkörperchen in der Volumeinheit des 


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über die Variation der relativen Erythrocytenmenge usw 


151 


Plasmas vermindert. Es ist hierbei gleichügltig, ob es sich um eine 
Vermehrung des Plasmavolumens allein durch Verwässerung handelt, 
wobei also der Eiweißgehalt des Plasmas auch abnimmt, ein Zustand, 
den Daniel und Högler*) nach dem Vorbilde von Falta als „Hydro- 
plasmie“ bezeichnen, oder um eine Plasmavermehrung durch Zu¬ 
strom eiweißreicher Flüssigkeit, „Hyperplasmie“, mit mehr oder 
weniger gleichbleibenden prozentualen Eiweißwerten. Was für die 
Verminderung der Blutkörperchen gilt, gilt auch umgekehrt für ihre 
Vermehrung bei Plasmaverlust. 

Die Erythrocyten stehen also im reziproken Verhältnis zum 
Plasmavolumen: 


1 ) 


Erythrocyten -- k 


1 

Plasma Vol. ’ 


(Diese Gleichung soll selbstverständlich nur annähernd die Ver¬ 
hältnisse rechnerisch veranschaulichen, keine absolute Gleichsetzung 
ausdrücken.) 

2. Die Relation Erythrocyten: Plasma kann ferner zugunsten 
oder ungunsten der Erythrocyten durch gewisse Strömungs¬ 
bedingungen verschoben werden, unabhängig von einer Vermehrung 
oder Verminderung des Plasmavolumens. Ja, es ist unter be¬ 
stimmten Bedingungen möglich, daß trotz einer Hydro- oder Hyper¬ 
plasmie, welche an und für sich die Formelemente relativ ver¬ 
mindern würde, durch gewisse Strömungsbedingungen dieselben in 
einem bestimmten Gefäßabschnitt relativ angereichert werden. 

Die Erythrocyten stehen also nicht allein im reziproken Ver¬ 
hältnis zum Plasmavolumen; in Gleichung 1) ist vielmehr noch ein 
besonderer Faktor einzusetzen: 


2) Erythrocyten 


F 


Plasma Vol. 


Es wird also die Erythrocytenzahl in einem bestimmten Gefäß- 
abschoitt einerseits durch das Plasmavolumen, anderseits durch die 
Strömungsbedingungen beeinflußt. 

Die im folgenden niedergelegten, insbesondere an Arteriosklero- 
tikem gewonnenen Beobachtungen erscheinen geeignet, zu dieser 
Frage der Variation der Erythrocytenzahl unter dem oben skizzierten, 
nicht ganz neuen, aber bisher wenig beachteten Gesichtspunkt 
Stellung zu nehmen. 

Da diese Beobachtungen nach Darreichung größerer Flüssigkeits- 
mengen gemacht wurden, sei zunächst auf die Verhältnisse kurz 
eingegangen, die sich unter normalen Bedingungen innerhalb der 
Blutbahn zwischen der Aufnahme des Wassers aus dem Magen- 
Darmkanal in das Blut und der renalen und extrarenalen Abgabe 


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152 


R. Hopmaim und R. Schüler: 


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desselben abspielen. Diese sind bereits von mehreren Forschern 
zum Gegenstand ihrer Untersuchungen gemacht worden. Ins¬ 
besondere hat man die vorliegende Frage an dem Abfall der Ery¬ 
throcyten- und der Serumeiweißwerte studiert. Es zeigt sich beim 
Vergleich der gefundenen Resultate der bemerkenswerte Unterschied, 
daß die Verminderung der Serumeiweißwerte nicht so eindeutig und 
graduell geringer ist, als man es bei den nach Wassergenuß deut¬ 
lich abfallenden Erythrocytenwerten erwarten sollte. Während 
Reiß lh ) keine wesentliche Konzentrationsveränderung, Strauß (zit. 
nach Reiß) ein Absinken des Eiweißgehaltes nur um 0,2—0,6 0 0 , 
Engel und Scharl (zit. nach Reiß) hierbei bald Verdünnung, bald 
Eindickung, Veil 16 ) nur in der Hälfte der Fälle eine geringe Ver¬ 
dünnung mit Hilfe der Refraktometrie feststellten, konnten Nonnen¬ 
bruch 11 ) und Siebeck 1 *) einen deutlichen Abfall der Erythrocytenzahl 
nach Wassergabe bei Gesunden erkennen. Aus eigener Erfahrung 
können wir Letzteres bestätigen. So betrug bei einer vollständig 
gesunden Versuchsperson die Zahl der Erythrocyten vor dem Trinken 
4,98 Mill., 2 Minuten nach Beendigung des Trinkens von 1000 ccm 
Tee stieg die Zahl vorübergehend auf 5,05 an, fiel dann progredient 
ab, erreichte nach 35 Minuten den niedrigsten Wert mit 4,47, stieg 
dann allmählich in 31 Minuten auf 4,63 Mill. In einem anderen 
Falle betrugen die entsprechenden Werte 5,81 Mill., 8 Minuten nach 
dem Trinken 5,90, nach 35 Minuten 4,32, nach weiteren 32 Minuten 
5.42 Millionen. 15—20 Minuten nach Beginn des Trinkens tritt 
eine deutliche Verminderung der Erythrocyten ein, welche nach 30 
bis 40 Minuten mit 6—25 0 0 des Ausgangswertes ihr Maximum 
erreicht. 

Die Unstimmigkeiten zwischen Erythrocytenzahl und Eiwei߬ 
gehalt sind nicht verwunderlich. Es besteht durchaus die Möglich¬ 
keit der Eiweißpassage. Vergleichende Er 3 ’throcyten- und Eiwei߬ 
bestimmungen mit gleichzeitiger Aufstellung einer Wasserbilanz, wie 
dies jüngst Daniel und Högler 3 ) durchgeführt haben, dürften jedoch 
genügend Klarheit in den Ablauf der Wasserdurchwanderung er¬ 
bringen. Daniel und Högler stellten 15 Minuten nach Beendigung 
bzw. 45 Minuten nach Beginn des Trinkens eine Abnahme der 
Erythrocyten um durchschnittlich 11° 0 fest; die Viscosimeter werte 
des Gesamtblutes, welche ja hauptsächlich durch die Formelemente 
bestimmt werden (Xägeli), zeigten gleiches Verhalten. Dagegen 
blieben die Viscosimeter werte des Serums ebenso wie die Refrakto¬ 
meterwerte desselben prozentual hinter der Verminderung der roten 
Blutkörperchen und der Viscosität des Gesamtblutes zurück. 

Ähnliches zeigte sich auch in unseren eigenen •Untersuchungen, 
von denen eine in Kurve 1 wiedergegeben ist. 


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Uber die Variation der relativen Erythrocytenmenge uew. 


15:3 


Zur Erläuterung der Kurven und Tabellen diene folgendes: Der Blutr 
druck wurde mittels des Sphygmomanometers nach Riva-Rocci gemessen. In 
den Kurven sind nur die Maximalwerte verzeichnet. Die roten Blutkörperchen 
zählten wir in der Bürkerschen Kammer in Doppelbestimmungen aus. Es 
wurde auf sorgfältige Blutentnahme, gut hervorquellenden Blutstropfen und 
genügende Mischung in der Mischpipette geachtet. Wir legten Wert darauf, 
daß die Hände vor der Blutentnahme gut durchwärmt und durchblutet waren, 
besonders in dor kälteren Jahreszeit. Ein warmes Handbad, wie es vielfach 
empfohlen wird, wandten wir jedoch nicht an, weil wir jede Störung in den 
Austauschvorgängen zwischen Blut und Gewebe, sowie in der Verteilung der 
Formelemente femhalten wollten; nach Bauer und Aschner 4 ) erscheint es durch¬ 
aus möglich, daß ein heißes Handbad allein bereits Austauschvorgänge zwischen 
Blut und Gewebe anregt. Unsere Doppelbestimmungen — in den Kurven und 
Tabellen sind nur die Mittel- mm 
werte angeführt — zeigen eine m | 
durchschnittliche Differenz 
von 0,13 Mill., d. h. 2,8 °/ 0 
Fehlerbreite. 

Es ist hier noch eine Vor¬ 
frage zu erledigen: Welcher 
Gefäßabschnitt wird durch 
den Elinschnitt in der Finger¬ 
beere mittels der Francke- 
schen Nadel eröffnet? Man 
sagt gewöhnlich: das Capil- 
largebiet. Dies dürfte jedoch 
nicht ganz zutreffen. Der 
nach einem ausgiebigen 
Schnitt schnell hervorquel¬ 
lende Blutstropfen dürfte 
nämlich nur zum geringsten 
Teil aus den nur unter ge¬ 
ringem Druck stehenden Ca- 
pillaren stammen, sondern 

vielmehr aus den kleinsten Arterien und Präcapfllaren, aus welchen das Blut 
infolge des höheren Druckes schneller und nachhaltiger hervorquillt. 

Die für die später zu erörternden Untersuchungen am arteriellen Blute 
notwendige Arterienpunktion wurde nach der von Hürter 19 ) angegebenen 
Methode ausgeführt. Es sind dabei nie Komplikationen eingetreten oder 
Schädigungen zurückgeblieben. Der Blutverlust betrug nie mehr als ca. 10 ccm. 
Wir achteten besonders darauf, daß das Auffangen bzw. Aufsaugen aus dem 
in pulsierendem Strahl sich entleerenden Blute erfolgte. 



Kurve 1. 

Körpergewicht, morgena nüchtern: 3. V. 22 (Vers.-Tg.) 50,0 kg 

I.V.22 49,0 kg 

Fall Nr. 20. H. B. Diagnose: SpÄtrachitis. 

- Blutdruck. . Erythrocyten, 

-Serumeiweiß, -apez. Gewicht. 


Die Entnahme aus der Vene geschah gleichfalls durch Punktion und zwar 
ohne jede Stauung. 

Ferner bestimmten wir in unseren Untersuchungen die Trockensubstanz 
des Serums — in einer Ausnahme auch des Gesamtblutes —, später refrakto- 
metrisch den Eiweißgehalt des Serums. In unserer Ausführung sprechen wir 
nur allgemein von Eiweißgehalt des Serums, da ja sowohl das Gewicht der 
Trockensubstanz als auch die Brechungskraft des Serums hauptsächlich vom 
Serumeiweiß bestimmt werden, und die anderen etwa in EYage kommenden 
Substanzen vernachlässigt werden können. Auf den Kurven und in den 
Tabellen ist im einzelnen vermerkt, um welohe Art von Bestimmung es sich 


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R. Hop mann und R. Schüler: 


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jeweils handelt. Die Trockensubstanz wurde nach dem Bangschen Verfahren 
ausgewogen, in den Doppelbestimmungen mit einer Fehlerbreite von durch¬ 
schnittlich 3,5—4,0 °/ 0 . Die Brechungskraft wurde mittels des Pulfrischen 
Refraktometers gemessen, der entsprechende Eiweißwert der Reißschen Tabelle 
entnommen. Es ergab sich hierbei eine Fehlerbreite von 4,0 °/ 0 . 

In den Kurven ist die Zu- oder Abnahme der Erythrocyten- bezw. Eiwei߬ 
werte in Prozenten des Ansgangs wertes angegeben, so daß die Zu- oder 
Abnahme im gleichen Maßstab erfolgt. Die Ausgangswerte sind gleich 0 
gesetzt. 

Die Urinmengen wurden in halbstündigen Portionen gemessen, bzw. auf 
halbstündige Mengen umgerechnet. 

Den Wasserversuch nahmen wir nach einer Vorperiode vor, in der die 
Versuchspersonen in Wassergleichgewicht gesetzt wurden, welches mit Hilfe 
täglicher KörpergewichtswägUDgen und Registrierung der Wasseraufnahme 
durch die Nahrung und Abgabe durch den Urin kontrolliert wurde. 

Am Versuehstage gaben wir morgens nüchtern 1 1 / 2 1 dünnen Tees. 

Wir hatten gesehen, daß die Befunde von Daniel und Högler 3 ) 
über den Ablauf der Konzentrationsverhältnisse des Blutes am Ge¬ 
sunden sich mit jenen der vorher genannten Autoren und den 
eigenen decken. Daniel und Högler erklären das unterschiedliche 
Verhalten der Serumei weiß werte und der Erythrocyten dadurch, daß 
die vom Darm aus resorbierte, dem Blutplasma sich beimengende 
Flüssigkeit bereits mit Eiweiß und Salzen angereichert, also plasma¬ 
ähnlich ist, daß die Vermehrung des Plasmavolumens daher weniger 
durch eine Hydroplasmie als vielmehr durch eine Hyperplasmie be¬ 
dingt sei. 

Wie aber auch die Beschaffenheit des Plasmas sein mag, zweifels¬ 
ohne wird nach dem Trinken unter physiologischen Verhältnissen 
die relative Erythrocytenmenge in der Volumeinheit vermindert, 
weil unter dem Wassereinstrom das Gesamtvolumen des Plasmas ver¬ 
mehrt wird. 

Ervthrocyten = k Wie verhält es sich aber mit dem 

Plasma Vol. 

Faktor F , den wir oben in Gleichung 2) einsetzen mußten, welcher 
dann variiert wird und sich geltend macht, wenn irgendein Ein¬ 
fluß in der Zirkulation die in der Blutbahn suspendierten Form¬ 
elemente anders verteilt als es der Norm entspricht. 

Ein derartiger Einfluß ist aus unseren Normalkurven nicht zu 
erkennen. Auch die von Daniel und Högler 3 ) aufgestellten Wasser¬ 
bilanzen des Blutes, der Gewebe und des Gesamtkörpers, welche 
diese Autoren auf Grund der im Fingerbeerenblut gefundenen Ery- 
throcytenmengen errechneten, also von der Annahme ausgehend, 
daß die Verminderung der roten Blutkörperchen eine umgekehrt 
proportionale Vermehrung des Plasmavolumens bedeutet, sind ohne 
inneren Widerspruch und Lücke. 



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Über die Variation der relativen Ervfchrocytenmenge usw. 


155 


Da wir aus den Untersuchungen von Fr. 0. Heß 11 ) wissen, daß 
die Erythrocyten in dem Blute der Arterie in höherer Konzentration 
enthalten sind als in dem Blute der Fingerbeere und der Vene, ein 
Verhalten, welches, wie wir oben darlegten, offenbar von der Weite 
der Gefäße oder der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes abhängt, 
so war es von Interesse, durch vergleichende Zählung der roten 
Blutkörperchen in diesen verschiedenen Gefäßprovinzen zu erfahren, 
ob durch den Flüssigkeitseinstrom in die Gefäßbahn an diesem Ver¬ 
teilungsmodus etwas geändert würde. 

Wie aus Tabelle I zu ersehen ist, nahm die Zahl der Erythro¬ 
cyten in den drei Gefäßgebieten fast gleichmäßig um 6—9°/ 0 ihres 
Ausgangswertes ab; dies geht besonders aus den Durchschnittszahlen 
mehrerer Untersuchungen hervor. In der Arterie waren auch nach 
dem Trinken relativ mehr Erythrocyten enthalten als in den beiden 
anderen Gefäßabschnitten. 

Zusammenfassend kann man also sagen: Der Flüssigkeitszustrom 
in die Oefäßbahn vermindert bei normalen Verhältnissen die Zahl der 
Formelemente in dem arteriellen , capillaren und venösen Teil des Oe - 
fäßrohres in prozentual gleichmäßiger Weise. An der gesetzmäßigen 
verschiedenen Verteilung der roten Blutkörperchen in den drei Gefäß - 
abschnitten wird durch den Flüssigkeitszustrom nichts geändert , da offen¬ 
bar die Zirhdalionsbedingungen, die diesen stationären Zustand hervor- 
rufen , sich nicht ändern. Der Faktor F der Gleichung 2) bleibt 
konstant und kann unter physiologischen Bedingungen vernach¬ 
lässigt werden. 

Ein ganz anderes Bild der Erythrocytenkune fanden wir bei /r- 
terio&klerotikem. Es handelt sich um Kranke, welche teilweise die 
Klinik wegen anderer Störungen, Asthma bronchiale, Pneumokoniose, 
Tabes dors., Bechterewsche Krankheit, Ischias usw. aufsuchten — in 
diesen Fällen ergaben sich gewisse arteriosklerotische Erscheinungen 
als Nebenbefund —, teilweise durch die Beschwerden der Arterio¬ 
sklerose selbst uns zugeführt wurden. Alle diese Kranken zeigten 
mit einer Ausnahme eine mehr oder weniger ausgesprochene Sklerose 
und Schlängelung der Extremitätenarterien; vielfach konnte rönt¬ 
genologisch auch eine Aortensklerose nachgewiesen werden. Die Herz¬ 
leistung war suffizient, es bestanden keine Stauungen, keine Ödeme. 
Ebensowenig konnten wesentliche Nierenschädigungen nachgewiesen 
werden. Die Kranken befanden sich am Versuchstage im Wasser¬ 
gleichgewicht. Der Wasserversuch wurde in allen Fällen gut er¬ 
ledigt. 

Uns interessiert hier vor allem der Gefäßtonus dieser Kranken. 
In der Ruhe hielt sich der Blutdruck meistens an der oberen Grenze 


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R. Hopmann und R. Schüler: 





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Uber die Variation der relativen Erythrocytenmenge usw. 


157 


der Norm oder war ein wenig erhöht, durchschnittlich 188 / 78 mm Hg 
(R — R) — 108 mm Hg Mitteldruck. 

Die Sklerose betraf in unseren Fällen vornehmlich die Extremi¬ 
tätengefäße, teilweise auch die Aorta, und verursachte gemäß ihres 
anatomischen Charakters keine wesentliche Blutdruckerhöhung, ein 
Typus, welchen Sawada 20 ) in einer unter Rombergs Leitung ange¬ 
fertigten Arbeit als an der Marburger Poliklinik am häufigsten be¬ 
obachteten schildert. Jedoch sahen wir bei unseren Kranken eine 
ausgesprochene Vasolabilität: kleinere Anstrengungen, nervöse Er¬ 
regungen steigerten den Druck bis zu mehreren Zentimetern der Queck¬ 
silbersäule. Nach einem kalten Teilbad stieg der Druck in einem Fall 
von 180 / fl5 auf 170 / H5 mm 
Hg, in einem anderen von 

1M SO auf 170 »0 mtn Hg. 
und fiel nach Beendigung 
des Bades innerhalb we¬ 
niger Minuten zur alten 
Höhe zurück. 

Wir müssen also funk¬ 
tioneile Zustände, Kon¬ 
traktionen der kleinen Ge¬ 
fäße oder Präcapillaren 
annehmen, welche diese 
Blutdrucksteigerung her- 
vorrufen. 

Derartige Druckstei¬ 
gerungen erfolgten auch 
nach dem Trinken eines 
größeren Flüssigkeits¬ 
quantums, etwa 1 1 / 2 1 
eines dünnen Tees, welcher zum Wasserversuch verabfolgt wurde. 
Diese Hypertonien erreichten in durchschnittlich 45—70 Minuten 
nach Beginn des Trinkens bzw. 30—60 Minuten nach Beendigung 
desselben ihren Höhepunkt, fielen dann langsam in durchschnittlich 
3—4 Stunden wieder ab. Zumeist stieg der systolische Druck um 
30 mm in weniger ausgesprochenen Fällen um 7—10 mm, in stär¬ 
keren um 40—50 mm Hg (s. Tabelle II und Kurven 2, 3, 4). 

In einem Fall (Nr. 1 und 10 der Tabelle II) konnten wir die 
Kontraktion der kleinen Gefäße des Nagelfalzes nach dem Trinken 
direkt unter dem Capillarmikroskop beobachten. 

An zwei Vortagen zum Versuchstage wurden die Capillaren ohne Flüssig¬ 
keitstrinken beobachtet. Die Capillaren zeigten wechselnde, manchmal lang¬ 
same, manchmal schnellere Strömung. Dieselbe war meistens kontinuierlich, 
hin und wieder körnig. Die Schlingen zeigten gute Füllung. 



Kurve 2 . 

Versuchstag: 14. IX. 21. 

Fall Nr. :i. W. D. Diagnose: Tabes dors.. Arteriosklerose. 

-Blutdruck. . Erythrocyten, 

—-Trockensubstanz.-spez. Gewicht. 


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Uber die Variation der relativen Erythrocytenmenge usw. 159 


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R. Hopmann und R. Schüler: 


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Am Versuchstage besteht Blutdruck 150/95 mm Hg. Die meisten Capil- 
laren zeigen kontinuierliche, rasche Strömung; in einigen langsamere, zeitweise 
körnige Strömung; wenig Wechsel. 

Es werden 1500 ccm Tee gegeben. 

15 Minuten später Blutdruck 160/105 mm. In einer Capillare auffallender 
Wechsel zwischen rascher und langsamer Strömung. Nach weiteren 10 Minuten 
Blutdruck 210/110 mm. In fast allen Capillaren wechselt gleichzeitig langsame, 
körnige Strömung, die bis zum Leerlaufen und zur Stase führt, mit rascher, 
voller, kontinuierlicher Strömung. 

75 Minuten nach dem Trinken ist der Blutdruck wieder abgefallen. In 
den Capillaren schnelle, wenig wechselnde, gute Strömung. 


Unter 12 untersuchten Sklerotikern macht eine Ausnahme von 
dieser Drucksteigerung nach dem Trinken Fall 5 (Tabelle II). Hier 

blieb der Blutdruck 
gleich niedrig. Wir 
werden auf diesen Fall 
noch zurückkommen. 
Ebenso nehmenFalll 6, 
17, 18 der Tabelle II 
eine gewisse Aus¬ 
nahmestellung ein in¬ 
sofern, als der Blut¬ 
druck bereits vor dem 
Trinken wesentlich 
höher war als vorher 
in der Periode der Bett¬ 
ruhe (vgl. Stab 10 der 
Tabelle II mit Stab 9). 
Offenbar hing dies mit 
den psychischen Ein¬ 
flüssen der Versuchs¬ 
anordnung zusammen. 
Wir machten bei diesen Personen Blutentnahmen aus der Arterie, der 
Haut und teilweise der Vene. Die mit den Vorbereitungen hierzu 
verbundenen Umstände — die Kranken wurden in einen besonderen 
Raum verbracht —, der Eindruck, daß etwas Besonderes geschah, 
wirkte offenbar erregend auf die Vasomotoren, so daß der Blutdruck 
bereits vor den ersten Punktionen höher war als in der Ruhe der 
Vortage. 

Als wesentliches Moment bei den dergestalt durch das Wasser¬ 
trinken hervorgerufenen Zuständen ergibt sich für uns die Möglich¬ 
keit, zugleich die Wirkung der flüchtigen Blutdrucksteigerung und 
die Wirkung des Flüssigkeitseinstroms in die Blutbahn auf die Blut¬ 
konzentrationen verfolgen zu können. 



Körpergewicht, morgens nüchtern: 24. X. 21 (Vers.-Tg.) 64,4 kg 

10. X. 21 63,3 kg 

Fall Nr. 6. Diacnose: Pneumokoniose, Arteriosklerose. 



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Über die Variation der relativen Eryfchrooytenmenge ubw. 


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Das Nähere ergibt sich aus dem Vergleich der unter normalen 
Verhältnissen festgelegten Kurve der Erythrocyten-, Serumei weiß- 
und Blutdruckwerte mit den bei den Arteriosklerotikern erhaltenen 
(Kurve 2, 3, 4). 

Aus Gründen der Raumersparnis bringen wir nur drei Kurven; 
in fünf anderen uns vorliegenden Kurven zeigen sich ähnliche Ver¬ 
hältnisse wie in den dargestellten. 

Während wir unter normalen Bedingungen nach dem Trinken 
ein wenn auch nicht gleichmäßiges, so doch gleichsinniges Absinken 
der Erytbrocytenzahlen und des Eiweißgehaltes beobachteten, sehen 
wir hier 30—60 Minuten nach dem Trinken, also an einem Zeit¬ 
punkt, an welchem dort der Flüssigkeitseinstrom in die Blutbahn 
die größte Konzentra¬ 
tionsveränderung verur¬ 
sacht, ein Auseinander¬ 
weichen der Erythro¬ 
cyten- und Eiweißkurven. 

Die Erythrocytenzahlen 
steigen im Fingerbeeren¬ 
blut um durchschnittlich 
7—8°/ 0 an, während die 
Serumei weiß werte in glei¬ 
cher Weise wie beim Nor¬ 
malen absinken. 

Dieses Verhalten sehen 
wir überall dort, wo 
nach dem Trinken der Kurve 4 . 

Blutdruck ansteigt, also Körpergew., morgens nüchtern: 14. III.2S (Vers.-Tg.) 58,0$ kg 
, , j m 15.III.M 56,01kg 

neben den dargestellten Fall Nr. 19 . L.V. Diagnose: Arteriosklerose. 

Kurve bei den Fällen 1, 

2, 3, 6, 7, 9, 19 der Tabelle II. Fall 11 macht eine Ausnahme; 
trotz der Drucksteigerung sind die Erythrocyten ein wenig 
vermindert. In den Fällen 16, 17, 18 war, wie oben bemerkt, 
der Druck bereits bei den ersten Blutentnahmen gesteigert; der 
Unterschied in den Erythrocytenzahlen blieb hier auch aus. Bei 
dem schon erwähnten Fall 5 (Tabelle II) blieb der Blutdruck auch 
nach dem Wassertrinken niedrig. Es handelt sich um einen Kranken 
in ziemlich desolatem Zustand bei Lungencarcinom. Infolgedessen bestand 
wahrscheinlich ein gewisser Hypertonus. Hier zeigte sich zur Evidenz, 
wie trotz der vorliegenden peripheren Arteriosklerose die Erythro- 
cytensteigerung ausblieb, weil die Blutdrucksteigerung nicht eintrat. 

Diese Dissoziation der Erythrocyten- und Serumeiweißkurven kann 
nicht durch irgendwelche Eigentümlichkeit des Wasserwechsels bei 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. \\ 



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R. Hopmann und R. Schüler: 


Arteriosklerose erklärt werden; fanden wir doch in betreff desselben 
keine anderen Verhältnisse als bei den Normalen. Nach dem reich¬ 
lichen Trinken setzte bald eine gute Diurese ein, die halbstündlichen 
Urinmengen nahmen zu, das spezifische Gewicht fiel ab wie unter 
normalen Bedingungen. Innerhalb 4 Stunden wurde eine dem auf¬ 
genommenen Flüssigkeitsquantum entsprechende Urinmenge wieder 
ausgeschieden. In den nachfolgenden Stunden wurden noch weitere 
Flüssigkeitsmengen dem Körper entzogen, so daß die Wasserbilanz 
der 24 Stunden negativ wurde, das Körpergewicht abgesunken war. 
Eine Wasserretention im Gewebe fand also nicht statt. Im Gegen¬ 
teil, wir müssen annehmen, daß mit der Passage der eingeführten 
Flüssigkeit auch noch Gewebswasser in die Blutbahn hineingezogen 
wurde. Auch das vorübergehende Absinken des Serumeiweißwertes 
ist wohl nicht anders zu erklären als durch eine Hydroplasmie, wie 
sie unter den gleichen Umständen beim Normalen eintritt. 

Von Interesse ist der auf fallende Parallelismus zwischen ErythrocyUn- 
zahl und Blutdruck . Ältere Autoren, Becker 6 ), Granitz 21 ), 0. Heß 1 >, 
welche ähnliche Beziehungen zwischen Blutdrucksteigerung und 
Erythrocytenmenge bereits sahen, haben diese Schwankungen in der 
Zahl der roten Blutzellen als einen Ausdruck für den Wechsel der 
Konzentration des Gesamtblutes angesehen, in der Annahme, daß 
bei Vasokonstriktion und Blutdrucksteigerung eine Transsudation 
von Flüssigkeit aus dem Blut ins Gewebe stattfindet. Neuerdings 
schließt sich auch Full 22 ), welcher bei höherem Blutdruck ebenfalls 
höhere Erythrocytenwerte fand als bei herabgesetztem, dieser Ludurig- 
schen Filtrationstheorie an. Von anderer Seite, Asher 28 ), Böhm 21 ), 
sind jedoch gegen diese Theorie schwerwiegende prinzipielle Bedenken 
geltend gemacht worden. Man kann also in solchen Fällen die der 
Blutdrucksteigerung folgende Vermehrung der roten Blutkörperchen 
im Fingerbeeren- oder Venenblut nicht als Zeichen einer echten 
Bluteindickung durch Plasmaverlust auffassen. 

Vollends unsere eigenen Untersuchungen lassen wenigstens für 
diese eine solche Erklärung nicht zu; denn in der Tat lag ja bei 
denselben im Moment des Ansteigens der Erythrocytenzahlen keine 
Bluteindickung, sondern gerade das Gegenteil, eine Hydroplasmie, vor. 

Da also in unseren Fällen die Gesamtmenge der in dem Blute 
zirkulierenden roten Blutkörperchen weder absolut noch relativ ver¬ 
mehrt waren, bleibt nur eine Erklärungsmöglichkeit übrig, daß näm¬ 
lich eine andersartige Verteilung für die Anreicherung der Erythro- 
cyten im Fingerbeerenblut verantwortlich zu machen ist. Wir kommen 
damit auf die bereits oben erwähnte Anschauung älterer Autoren 
[ Breitenslein 7 ), Friedländer 10 ), Knöpfelmacher 8 ), Wintemitz 9 )] zurück, 
welche die nach Kältereiz beobachtete Vermehrung der roten Blut- 


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über die Variation der relativen Erythrocytenmenge ukw. 


m 


körperchen in der Haut — auch hier handelt es sich ja um Kon¬ 
traktionen der Hautgefäße — durch Verteilungsänderung erklären. 

Für eine solche andersartige Verteilung unter bestimmten Be¬ 
dingungen liegen zwei Möglichkeiten vor: 

1. Es können die Verhältnisse so gestaltet sein wie beim Cohn¬ 
stein-Zuntz sehen Versuch. Die Blutdrucksteigerung würde dann der 
Ausdruck eines vasokonstriktorischen Zustandes im Splanchnicus- 
gebiet sein ohne kompensatorische Dilatation der peripheren Gefäße. 
Die relative Erythrocytenmenge würde dann im Splanchnicusgebiet 
vermindert in der Peripherie vermehrt sein. In unseren Fällen haben 
wir es jedoch tatsächlich nicht oder nicht allein mit Kontraktion 
der Splanchnicusgefäße zu tun, sondern auch der Peripherie, wie wir 
oben auf Grund der klinischen und capillarmikroskopischen Be¬ 
obachtung darlegten. Es handelt sich also wahrscheinlich nicht um 
eine Verschiebung der roten Blutkörperchen aus den inneren Organen 
in die Peripherie. 

2. Als zweite Möglichkeit käme in Betracht, daß innerhalb einer 
jeglichen Strombahn Arterie, Capillare, Vene das von Fr. 0 . Heß 
gezeigte normale VerteilungsVerhältnis abgeändert würde zugunsten 
der kleinen Gefäße, etwa infolge höheren Druckes, größerer Strom - 
geschwindigkeit in denselben oder durch Anstauung infolge Passage¬ 
behinderung in den Capillaren. 

Um letztere Möglichkeiten nachzuprüfen, untersuchten wir bei 
einigen unserer Arteriosklerotikern das Verteilungsverhältnis der 
Erythrocyten in der Art. rad., in den Hautgefäßen der Fingerbeero 
und der Vena med., wie dies auch bei den Normalfällen vor und 
nach dem Trinken geschehen war (s. Tabelle II). 

Bei niedrigem Blutdruck wurden auch bei den Arteriosklerotikern 
dieselben Verhältnisse wie bei den Normalen gefunden: Nr. 7, 9, 10. 

Es ließ sich manchmal nicht vermeiden, daß allein durch den 
Eingriff der Blutentnahme (Arterienpunktion) bzw. durch die not¬ 
wendigen Vorbereitungen hierzu eine momentane Blutdrucksteigerung 
auch ohne Trinken hervorgerufen wurde; es konnten hierdurch leider 
keine reinen Versuchsbedingungen eingehalten werden. Aber aus den 
Zahlen der Fälle Nr. 16, 17, 18 ist ersichtlich, daß bei gesteigertem 
Blutdruck die Erythrocytenwerte die gewohnte Differenz gegenüber 
den im Arterienblut gefundenen Werten vermissen lassen, daß jene 
diesen angeglichen sind. Es ist hierfür gleichgültig, ob die Blut¬ 
drucksteigerung bereits vor dem Trinken aus irgendwelchen anderen 
Gründen erfolgte oder nach dem Trinken und durch dasselbe wie 
in den Fällen Nr. 7, 19, wo wir ebenfalls die Angleichung der Ery- 
throcytenzahlen im Fingerbeerenblut an diejenigen des Arterienblutes 
finden. 

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R. Hopmann und R. Schüler: 


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Man könnt© diese Anreicherung der roten Blutkörperchen durch 
einfache Stauung erklären, indem die Sperre der kontrahierten Ca- 
pillaren und Präcapillaren zwar das Plasma passieren läßt, die Form¬ 
elemente dagegen nur unvollkommen. Zeigt ja auch die Mikro- 
capillarbeobachtung einen auffallenden Wechsel zwischen ungehemmter 
kontinuierlicher und körniger, seröser Strömung. Diese Erklärung 
dürfte jedoch nicht befriedigen. Wir zeigten bereits oben, daß man 
die unter physiologischen Verhältnissen auftretenden höheren Ery- 
throcytenwerte in der Arterie schwerlich als Stauungserscheinung 
auffassen kann. Ebensowenig dürfte dies für die obengenannte An¬ 
gleichung der relativen Erythrocytenmenge der kleinen Gefäße an 
die der Arterie gelten. Wir müßten sonst auf eine einheitliche Er¬ 
klärung für die verschiedenartigen Verteilungszustände unter nor¬ 
malen und abnormen Bedingungen verzichten. 

Hier kommen offenbar andere Momente in Betracht. 

Seit langem ist durch direkte mikroskopische Besichtigung kleiner 
Gefäße bekannt, daß die Formelemente in dem dahinströmenden 
Blut den Querschnitt des Gefäßrohres nicht gleichmäßig erfüllen, 
und daß insbesondere die roten Blutzellen in der Mitte, im Axial¬ 
strom, fortbewegt werden, an der Peripherie einen freien Plasma- 
raum, den Poiseuilleschen Raum, freilassend [ Landois-Rosemann * 5 )]. 
Schklarewski 26 ), einem Schüler von Helmholtz , verdanken wir inter¬ 
essante Beobachtungen über das Strömen von Suspensionen in ca- 
pillaren Röhren. Er untersuchte das Verhalten der Blutkörperchen 
und anderer in strömenden Flüssigkeiten suspendierter Elemente mit 
Hilfe des Mikroskops. Er konnte feststellen, daß es immer die 
schneller fallenden, d. h. schwereren Körperchen, beim Blute also 
die Erythrocyten sind, die den Axialstrom erfüllen, und daß mit 
Zunahme der Geschwindigkeit des Stromes im ganzen die Geschwindig¬ 
keit der mittleren Schichten in stärkerer Progression zunimmt als 
die der äußeren. Bei gleichbleibender Strömungsgeschwindigkeit 
zeigt der Axialstrom immer denselben peripheren Abstand von den 
Wandungen und in jedem Querschnitt annähernd dieselbe Zahl an 
Blutkörperchen. Aus genauer Beobachtung der Strömungslinien bei 
verschiedener Geschwindigkeit ergab sich, daß die Blutkörperchen 
am Rande eine Ablenkung von der parallelen Richtung, bei klei¬ 
neren Geschwindigkeiten zur Achse, bei größeren dagegen zur 
Wand hin erleiden. Es besteht damit die Möglichkeit, daß je 
nach der Breite des Axialstromes das Verhältnis zwischen Erythro¬ 
cyten und Plasma verschoben wird, und daß bei breiter werdendem 
Achsenstrom die roten Blutkörperchen nicht nur einen größeren 
Raum einnehmen, sondern auch relativ zum Plasma vermehrt auf- 
treten. 



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Über die Variation der relativen Erythroeyteninenge ubw. 


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Noch wichtiger ist aber vielleicht die Beobachtung, daß mit zu¬ 
nehmender Geschwindigkeit des Gesamtstromes die Geschwindigkeit 
der mittleren Schichten in stärkerer Progression zunimmt als die der 
äußeren. Ein rascher Blutstrom befördert demnach nicht nur eine 
größere Gesamtblutmenge in der Zeiteinheit durch einen Gefäßquer¬ 
schnitt als ein langsamerer, sondern auch eine zur Plasamenge relativ 
vermehrte Blutkörperchenmenge, da der von diesen gebildete Axial¬ 
strom eine stärkere Beschleunigung erfährt als der hauptsächlich 
vom Plasma gebildete Randstrom. 

Wir glauben besonders im Hinblick auf diese Untersuchungen 
von Schklarewski mit folgender Annahme nicht fehl zu gehen: Die. 
roten Blutzellen werden bei den bei Arteriosklerotikem beobachteten 
momentanen Blutirucksteigerungen deswegen in den kleinen Gefäßen der 
Haut angereichert und in ihrer Zahl derjenigen im Arterienblut angenähert , 
weil die Strömungsbedingungen in denselben , d. h. der Druck und die Strom .- 
geschwindigkeit, von letzterer können wir es allerdings nicht objektiv 
feststellen, sich den Verhältnissen im Arterienrohr angenähert hohen . 

Die von uns geschilderten Beobachtungen an Arteriosklerotikem 
dürften deswegen von Interesse sein, weil sie eindeutig die Möglich¬ 
keit zeigen, wie trotz einer relativen Hydrämie eine Steigerung der 
Erythroeytenzahl im Fingerbeerenblut zustande kommen kann. Daß 
diese Erscheinungen bei Arteriosklerose gefunden wurden, hat nur 
die Bedeutung eines Paradigmas, an welchem in glücklicher Koinzi¬ 
denz gleichzeitig eine Hydro- bzw. Hyperplasmie und eine Blut¬ 
drucksteigerung mit Vermehrung der Erythrocyten erzeugt werden 
kann. Wir sehen hierin nicht etwa ein Charakteristikum für Arterio¬ 
sklerose. Vielmehr scheint es, daß manchmal auch bei Gesunden 
wenige Minuten nach dem Trinken die Erythrocyten in der Peri¬ 
pherie, wenn auch in geringem Maße, angereichert werden; in un¬ 
seren beiden eingangs erwähnten Fällen zeigt der Blutdruck aller¬ 
dings keine gleichzeitige Erhöhung. In einem anderen Normalfall 
(Kurve 1) finden wir auch eine leichte Blutdrucksteigerung kurze 
Zeit nach dem Trinken. Domer 27 ) sah ebenfalls solche Blutdruck¬ 
steigerungen bei Gesunden 10 Minuten nach Wasseraufnahme. 

Welche starken Spontanschwankungen des Blutdruckes bei Ne¬ 
phritiden Vorkommen, lehren uns fortlaufende Druckmessungen [ Moog 
und Schürer 2 *)]. Full 29 ) konnte in mehreren Fällen von chronischer 
Nephritis durch den Wasserversuch Hypertonien hervorrufen, welche 
er durch die leichte Ansprechbarkeit des Gefäßtonus erklärt. Auch 
Domer 21 ) sah Drucksteigerung nach dem Trinken bei chronischen 
Nierenkranken, sieht den Grund hierfür allerdings nicht in Gefä߬ 
kontraktionen, sondern in der Vermehrung des Blut Volumens durch 
den Wassereinstrom. 


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H)6 


Wir halten es für sehr wahrscheinlich, daß in manchen Fällen 
von Nierenkrankheit Eryfchrocytenvermehrung beim Wasserversuch 
durch solche Druckschwankungen und weniger durch den Wasser¬ 
wechsel hervorgerufen werden. Die Frage, inwieweit nach dem 
Trinken auch eine echte Bluteindickung durch renalen oder extra¬ 
renalen in das Gewebe gerichteten Flüssigkeitsabstrom hervorgerufen 
werden kann, bleibt hierdurch unberührt. 

Man könnte einwenden, daß durch ein heißes Handbad die Ver¬ 
teilungsschwankungen ausgeglichen würden, und dieser störende Fak¬ 
tor deshalb vernachlässigt werden könnte. Wie wir bereits einleitend 
bemerkten, sahen wir aber auch nach einem heißen Handbad die 
physiologischen Unterschiede zwischen Arterien- und Fingerbeeren¬ 
blut aufrecht erhalten bleiben. Hier war also am Orte der Blut¬ 
entnahme kein Ausgleich eingetreten ; und selbst wenn dies der Fall 
wäre, so würde doch das lokale Handbad die Verhältnisse in den 
übrigen Körpergebieten unbeeinflußt lassen. Durch die Korrelationen, 
welche zwischen den verschiedenen Körperregionen in der Blutver¬ 
teilung bestehen, würden also auch am Ort der Blutentnahme Stö¬ 
rungen unvermeidlich sein. 

Auf Grund unserer Untersuchungen halten wir es demnach nicht 
für statthaft, die Schwankungen der im Fingerbeerenblut gefundenen 
Erythrocytenzahl unter allen Bedingungen eindeutig als Ausdruck 
der Veränderung der Konzentration des Gesamtblutes anzusehen. 
Die Beobachtung der Zirkulation, insbesondere eine fortlaufende 
Blutdruckmessung dürfte vielleicht in dieser schwierigen Entscheidung, 
ob Verteilung, ob Konzentrationsänderung, Aufschluß geben. 

Zusammenfassung. 

1. Bei Arteriosklerotikern, welche in der Ruhe keinen erhöhten 
Blutdruck zeigen, aber leicht zu Hypertonien neigen, läßt sich durch 
reichliches Wassertrinken, offenbar infolge Gefäßkontraktionen, eine 
Blutdrucksteigerung erzeugen; die während des Ablaufes des Wasser¬ 
versuches wahrgenommenen Erythrocyten- und Serumeiweißkurven 
zeigen eine auffallende Dissoziation, indem die roten Blutkörperchen 
parallel der Blutdrucksteigerung im Fingerbcerenblut angereichert 
werden, während das Serumeiweiß wie beim Normalen absinkt. 
Dieses Verhalten kann nicht durch die Eigentümlichkeit des Wasser¬ 
wechsels bei Arteriosklerotikern erklärt werden; vielmehr muß die 
Vermehrung der Erythrocyten ihren Grund in einer andersartigen 
Verteilung der Formelemente in der Blutbahn haben. 

2. Vergleichende Untersuchungen des Blutes der Arterie, der 
kleinen Hautgefäße der Fingerspitze, der Vene ergaben bei Sklero¬ 
tikern mit niedrigem Ruheblutdruck dieselben Verhältnisse, wie sie 



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Über die Variation der relativen Erythrooytenmenge usw. 


167 


Fr. 0. Heß bei Normalen gefunden hat, nämlich höhere Erythro- 
cytenwerte in der Arterie als in der Fingerbeere und der Vene. 
Bei momentaner Drucksteigerung, also auch unter den Bedingungen, 
welche durch den Wasserversuch bei Arteriosklerotikern erzeugt 
werden konnten, wird jedoch die Erythrocytenzahl in den kleinen 
Hautgefäßen der in der Arterie angeglichen. 

3 . Erklärung: Die Dichte und Art der Lagerung der Erythro- 
eyten im strömenden Blut eines bestimmten Gefäßabschnittes ist 
wahrscheinlich von den besonderen Bedingungen des Druckes und 
der Geschwindigkeit, unter welchen jeweils die Strömung in dem 
betreffenden Gefäßabschnitt vor sich geht, abhängig. . Bei physio¬ 
logischen Verhältnissen sind diese Bedingungen in den kleinen Haut¬ 
gefäßen derart, daß die Erythrocytenzahl in denselben geringer als 
in der Arterie ist. Nähern sich die Strömungsbedingungen in den 
kleinen Hautgefäßen denen der Arterie an, wie dies durch die be¬ 
sondere Versuchsanordnung bei unseren Arteriosklerotikern der Fall 
war, so wird auch die relative Erythrocytenmenge in diesen der¬ 
jenigen des Arterienblutes angenähert, also erhöht. 

4. Der zahlenmäßig verschiedenen Verteilung der Formelemente inner¬ 
halb der Blutbahn dürfte eine größere Rolle zukommen als man im all¬ 
gemeinen anzunehmen geneigt ist. Schwankungen in der relativen Ery¬ 
throcytenmenge sind also nicht immer als Ausdruck von Konzentrations - 
änderungen des Gesamtblutes zu bewerten. 

Literaturverzeichnis. 

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1913. — ") Schklarewski: Pflüg. Arch. f. d. ges. Physiol. 1, 603. 1868. — * 7 ) Dorner: 
Dtsch. Arch. f. klin. Med. 133, 21. 1920. — ") Moog und Schürer: Dtsch. med. 
Wochenschr. 1919, S. 455. — ") Full: Münch, med. Wochenschr. 1921, S. 1009 


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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen 

bei Kindern. 

Von 

Priv.-Doz. Dr. Adolf F. Hecht. 

(Kapitel V—VIII gemeinsam mit Dr. Julius Langer.) 

(Aus der Universitäts-Kinderklinik in Wien [Vorstand: Prof. Dr. CI. Pirquet}.) 

(Eingegangen am 5. Juli 1922.) 

I. Einleitung. 

Seit langer Zeit ist die rectale Einverleibung von Arzneikörpern 
in Suppositorien und Mikroklysmen allenthalben in Übung; trotzdem 
fehlt es an systematischen Untersuchungen über die Wirkungsweise 
und die quantitativen Resorptionsverhältnisse. Die meisten Autoren 
raten für die rectale Applikation dieselben Dosen wie für 
die intere Darreichung an. Es wurde aber auch empfohlen, per 
rectum doppelt so große Dosen als per os zu verordnen. Anderer¬ 
seits macht aber Magnus 1 ) darauf aufmerksam, daß Cocain und Phenol 
im Tierexperiment vom Rectum aus besonders leicht Intoxikationen 
hervorrufen. Diese Gefahr liegt in den eigenartigen Resorptions¬ 
verhältnissen der Mastdarmschleimhaut begründet. Wäßrige Lösungen 
werden von den Hämorrhoidalvenen rasch aufgenommen; nun führt 
im Gegensatz zur oberen und mittleren Vena haemorrhoidalis die 
untere mit Umgehung des Pfortaderkreislaufes ihr Blut direkt der 
unteren Hohlvene zu („anhepatischer“ Weg Rosental), so daß eine ge¬ 
wisse Ähnlichkeit mit der intravenösen Injektion gegeben ist. Die 
Leber, deren Aufgabe ja die Entgiftung ist, wird dabei zum Teil 
außer Funktion gesetzt und kann ihre Synthesen nur sehr unvoll¬ 
kommen durchführen. 

Diese Tatsache läßt uns bei Empfehlung rectaler Applikation 
von giftigen Arzneikörpern eine gewisse Vorsicht als geraten er¬ 
scheinen; da dieselbe aber aus dem gleichen Grund, nämlich mit Rück¬ 
sicht auf die unvermittelte Aufnahme in die Blutbahn, auch große 
Vorteile bieten kann, erscheint ein eingehendes Studium der rectalen 
Resorption verschiedener wichtiger Arzneikörper wünschenswert. 

J ) Magnus, R.: Pharmakotherapie. Lehrbuch der inneren Krankheiten von 
Krame und Garte, I. Jena: Fischer, 1911. 



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A. F. Hecht: Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 169 


Erich Meyer 1 ) empfiehlt neuerdings warm die schon vielfach in 
Verwendung stehende, bereits von Eichhorst gerühmte rectale Digitalis¬ 
therapie. „Die Erfahrung hat gezeigt, daß die rectale Anwendungs¬ 
form in ihrer Wirkung manches gemeinsam mit der intravenösen 
hat und daß man mit ihr Erfolge erzielt, wo die perorale Therapie 
versagt.“ Nach seiner Angabe wird 1 ccm Digipurat. liquid, in 10 ccm 
Wasser mit einer kleinen Spritze 2—3 mal täglich rectal injiziert. 

Über die Resorption des Zuckers aus Klysmen liegen auch 
klinische Beobachtungen vor. Schon Amheim hat gezeigt, daß Dia¬ 
betiker Zucker besser verwerten, wenn er ihnen im Klysma ver¬ 
abreicht wird. Lüthje *) empfiehlt 60—100 g Traubenzucker in 5,4 proz. 
Lösung (isoton) im Tropfklysma, um die Acidose zu bekämpfen. Auch 
im Tierversuch stellt sich die Umgehung des Pfortadersystems nach 
Lüihje als Vorteil bei der Zuckereinverleibung dar. — Spritzt man 
eine isotonische Traubenzuckerlösung in die Vena femoralis, dann 
erscheint weniger Zucker im Harn, als wenn man die gleiche Menge 
in die Vena portae injiziert. Übrigens halten Zucker- und Wasser¬ 
resorption bei Zuckerklysmen in isotonischer Lösung gleichen Schritt; 
denn wenn ein Teil des Klysmas nach 7—8 Stunden vom Patienten 
entleert wird, wird der Zuckergehalt der Lösung unverändert ge¬ 
funden (5,4 °/ 0 ). 

Über das Vordringen der Klysmen in höhere Darmabschnitte 
wissen wir, daß ganz kleine Mengen nur das distale Kolon erreichen, 
während große bis zum Coecum gelangen. Nährklysmen sollen sogar 
bis in den Dünndarm hinauf fortbewegt werden können. 

Über die Resorption im Darm liegen noch, abgesehen von den 
Nahrungsmitteln, zahlreiche Arbeiten vor; doch fehlt es vielfach an 
gesetzmäßigen Beziehungen. 

Destilliertes Wasser schädigt nach O . Cohnheim die Magen- und 
Darmepithelien nicht. Dieselben nehmen demnach unter allen Körper¬ 
zellen in dieser Hinsicht eine Ausnahmestellung ein. 

Natriumchlorid und Natriumacetat werden vom Dünndarm gleich 
rasch resorbiert, obwohl ihre Diffusionsgeschwindigkeit eine verschie¬ 
dene ist. Natriumbicarbonat wird in 1 / 9 —1 proz. Lösung neich Fried¬ 
rich Keller 8 ) vom Dickdarm aus nur in geringer Menge resorbiert. 

Eisensalze sind leicht, die denselben nahestehenden Mangansalze 
aber sehr schwer resorbierbar. Die Sulfate passieren die Wand der 

*) Meyer , Erich: Über rectale Digitalistherapie. Klin. Wochenschr. 1922, 
Nr. 2, S. 57. 

2 ) Lüthje , Hugo: Die Behandlung des Diabetes mit Zuckerklystieren. Therap. 
d. Gegenw. 1913, S. 193—195. 

•) Keller , Friedrich: Experimentelle Beiträge zur Frage der Resorption im 
Dickdarm. In.-Diss. Breslau 1909. 


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170 


A. F. Hecht: 


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Blutgefäße ebenso schnell wie die Chloride, werden aber im Gegensatz 
zu ihnen vom Darm kaum aufgesogen.— Zu den schwer resorbier¬ 
baren Substanzen gehören die Di- und Polysaccharide, Fette, Fluoride, 
Oxalate, Ba-, Mg-, wahrscheinlich Ca-, Mn- und bis zu einem ge¬ 
wissen Grade auch die Bi-Salze. Der Dickdarm des Menschen und 
des Hundes nimmt unverändertes Eiweiß (Caseinnatrium, Hühner¬ 
eiweiß nicht auf, peptonisiertes [Witte) wohl, aber in geringerer Menge 
als der Dünndarm. Verhältnismäßig gut werden die Monosaccharide 
resorbiert. 

Leicht resorbierbare Lösungen werden isotonisch gemacht, w r enn 
sie es nicht von vornherein sind, und zwar hypertonische durch 
Resorption des Überschusses an der gelösten Substanz und hypo¬ 
tonische durch Resorption von Wasser; von diesem Zeitpunkt an 
halten die Aufsaugung von Wasser und den gelösten Substanzen 
gleichen Schritt. 

Ist die gelöste Substanz unresorbierbar, dann wird Wasser bis 
zur Isotonie resorbiert, wenn früher Hypotonie bestanden hatte, und 
dann bleibt die Resorption stehen. 

G . Diena 1 ) studierte die Resorption der unteren Darmabschnitte 
bei Hunden an Fisteln im Colon descendens, indem er Kochsalz-, 
Zucker- und Harnstofflösungen verschiedener Konzentrationen ein- 
brachte. Wasser wird aus hypotonischen Kochsalzlösungen resorbiert, 
aber bei steigender Konzentration immer weniger, und aus isotoni¬ 
schen Lösungen fast gar nicht mehr. Ist die Lösung hypertonisch, 
dann kommt es umgekehrt zu einer Wasserausscheidung in den Darm. 

Auch Kochsalz kann vom Darm ausgeschieden werden, wenn die 
Lösung in dem Maß hypotonisch ist, daß der Kochsalzgehalt des 
Blutserums ein höherer ist. Bei Glykose und Harnstoff aber spielt 
der osmotische Druck keine Rolle. Beide Substanzen gelangen auch 
aus hypotonischen Lösungen zur Resorption. Glykose wird pro¬ 
zentuell weniger als Harnstoff, dieser wieder weniger als Kochsalz 
resorbiert. 

Aus Dienas Versuchen folgt die Regel, daß man hypotonische 
Lösung wählen muß, wenn man Wasser zur Resorption bringen will, 
kommt es aber auf die gelöste Substanz an, dann soll die Lösung 
isoton sein. 

Diese Resorptionsversuche von Salzlösungen im Dickdarm stehen 
im Gegensätze zu den berühmten Versuchen, die seinerzeit Heiden - 
Aotn 3 ) an Dünndarmschlingen des Hundes vorgenommen hat. Von 
100 ccm einer l,5proz. NaCl-Lösung waren trotz der Hypertonie 

A ) Diena , G.: Studio sperimentale sull' assorbimento da parte del’ intestino 
crasso. Arch. per scienze med. 35, 63—84. Ref. Maly 41, 289. 1911. 

*) Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 62, 331. 1896. 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 171 

nach 25 Minuten nur 65 ccm einer lproz. Lösung noch vorhanden. 
Die Resorption ist daher so verlaufen, als ob 35 ccm einer 2,4proz. 
Kochsalzlösung resorbiert worden wäre; theoretisch hätte man’eine 
Sekretion in den Darm erwarten müssen, die zur Auffüllung auf 
150 ccm einer isotonischen Lösung geführt hätte. Bei 0,3—0,5proz. 
Kochsalzlösungen verschwand das Kochsalz auch aus der Darm¬ 
schlinge, obwohl sein Partialdruck niedriger als im Blut ist. In 
15 Minuten wurden aus 0,3proz. NaCl-Lösung 7Q°/ 0 des Salzes 
resorbiert. 

Diese Tatsachen lassen sich mit Diffusion und Osmose nicht er¬ 
klären und bestimmten Heidenhain zur Annahme einer Resorptions¬ 
kraft im Dünndarm, die im unteren Anteil desselben unvergleichlich 
wirksamer als im oberen sein soll. 

Der Darm kann außer wasserlöslichen auch lipoidlösliche Arznei- 
körper aufsaugen, z. B. Salicylsäure. Eine Ausnahme bilden die 
Fette; sie müssen vor der Resorption erst gespalten werden. 

Der kranke Darm resorbiert ebenso wie der gesunde. Durch 
gewisse Gifte geht aber die von Cohnheim nachgewiesene „Seitigkeit“ 
verloren, welche darin besteht, daß Wasser und gelöste Substanzen 
vom Lumen aus rascher durchtreten können als in umgekehrter 
Richtung. 

Für therapeutische Mikroklysmen ist die Tatsache wichtig, daß 
Mucilaginosa die Resorption vom Darm aus auf den 20. Teil herab¬ 
setzen; es ist bekanntlich gebräuchlich, bei Chloralhydratklysmen als 
Vehikel Mixtur, gummosa zu verwenden. 

II. Die Halogenverbindungen des Natriums. 

Die CI-, Br- und J-Verbindungen des Natriums wurden in ihrem 
biochemischen Verhalten vielfach miteinander verglichen, wobei ihr 
verschiedenes Molekulargewicht berücksichtigt werden muß. 

v. Limbeck 1 ) hat NaCI, NaBr und NaJ in 5proz. Lösung intra¬ 
venös injiziert und feststellen können, daß der diuretische Effekt 
von NaCl und NaJ dem Molekulargewicht umgekehrt proportional 
ist und mit steigender molekularer Konzentration der eingespritzten 
Lösung wächst. 



Molekulargewicht 

Yerhältnisz&hlen der ausgeachiedenen Harnmengen 

NaCl 

58,5 

149 

NaBr 2 ) 

103 

57 

NaJ 

150 

60 


x ) Zur Lehre der Wirkung der Salze. IV 7 . Über die diuretische Wirkung 
der Salze. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 25, 69. 1888. 

-) Der diuretische Effekt des NaBr ist auffallend niedrig. 


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172 


A. F. Hecht: 


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Höher 1 ) studierte die Resorptionsgeschwindigkeit homotoner 
Lösungen aus Dünndarmschlingen des Hundes und fand, daß NaCi 
am schnellsten verschwindet, NaBr langsamer und NaJ am lang¬ 
samsten, wiewohl Wanderungsgeschwindigkeit und Dissoziation bei 
den verwendeten Konzentrationen nahezu gleich sind. Nach Hof¬ 
meister 2 ) und Pascheies 3 ) dürfte die verschieden rasche Passage da¬ 
mit Zusammenhängen, daß die Jodide in den Resorptionsbahnen die 
quellbaren Substanzen stärker als die Bromide und diese wieder 
stärker als die Chloride zur Quellung bringen. Die Halogensalze 
weisen aber untereinander nur geringe Resorptionsdifferenzen im 
Vergleich zu den langsam diffundierenden Salzen auf, wie Natrium- 
nitrat und gar Natriumsulfat. 

Die physikalische Auffassung der Darmresorption findet nach 
Höher in diesem Verhalten eine Stütze. 

Die Resorption des Jodkaliums von der Analschleimhaut aus hat 
Artur Friedmann 1 ) untersucht und dessen rasche Aufnahme und Aus¬ 
scheidung durch den Darm hervorgehoben. 

III. Die Versuchsanordnung und ihre Leistungsfähigkeit. 

Wir injizieren nach einem ausgiebigen Reinigungsklysma das 
medikamentöse Klysma in isotoner Lösung und suchten durch eine 
sorgfältige, nach bestimmtem Zeitintervall vorgenommene Darm¬ 
spülung den nicht resorbierten Rest wieder herauszuwaschen. Die 
chemische Untersuchung ergibt den Gehalt des Spülungswassers an 
der fraglichen Substanz. Durch Subtraktion läßt sich dann die resor¬ 
bierte Menge feststellen. 

Bei dieser Versuchsanordnung mußten wir mit zwei Fehler¬ 
quellen rechnen. 

X. Beim medikamentösen Klysma bleiben Reste im Darmrohr 
und Spritze; auch können durch Pressen kleine Flüssigkeitsmengen 
entleert werden. Diesen Fehler haben wir vermieden, indem wir 
die Apparatur nach dem Klysma abspülten, dem Spülwasser das 
Filterpapier, das als Vorlage am After gedient hatte, hinzufügten 
und den durch Analyse bestimmten Verlust von der eingeführten 
Menge in Abzug brachten, daher die Rubriken: eingeführt: —g, ver¬ 
blieben: — g. 

2. Bei Beendigung des Versuchs wurde eine Darmspülung mit 
1500 ccm lauwarmen Leitungswassers in 5—6 Einzelportionen vor- 

*) Höher , Rudolf: Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol., a) 70, 624. 1898: 
b) 74, 225. 1899; c) 74, 246. 1899; d) 86, 199. 1901. 

2 ) Hofmeister: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 28, 210. 1891. 

3 ) Pascheies, Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 71, 333. 1899. 

4 ) Beiträge zur Resorption der Analschleimhaut. In.-Diss. Gießen: 1910. 
(Original nicht zugänglich.) 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 173 

genommen, wobei eine ziemlich vollständige Herausforderung nicht 
resorbierter Lösungsreste zu erwarten ist. Wenigstens war in der 
letzten Portion, wie wir uns wiederholt überzeugten, kein qualita¬ 
tiver Nachweis der fraglichen Substanz mehr möglich. 

Wir hätten uns natürlich gerne von der quantitativen Heraus¬ 
beförderung nicht resorbierter Reste am liebsten durch Verwendung 
einer ganz unlöslichen Substanz als Testobjekt überzeugt und in¬ 
jizierten zu diesem Zweck Ol. paraffini, doch konnten wir von diesem, 
da es eben wasserunlöslich ist, nur 50°/ 0 wieder durch die Darm¬ 
waschung gewinnen. Daß die Darmschleimhaut sich von der ihr 
innig aufliegenden Paraffinschicht nicht reinigen ließ, braucht nicht 
weiter wunderzunehmen. 

Dann zogen wir die Jodausscheidung im Harn zur Kritik unserer 
Methode heran. Es ist ohne weiteres klar, daß ein ungünstiger 
Ausfall dieser Probe gegen unsere Methode spricht, eine günstige 
aber nichts für dieselbe beweist. Wenn von der Jodnatriumlösung 
ein Teil innerhalb des festgesetzten Intervalls zwar nicht zur Auf¬ 
saugung gelangt ist, aber auch nicht im Spülwasser erscheint, dann 
kann er eben noch später resorbiert werden und im Harn der 
nächsten 24 Stunden nachgewiesen werden. 

Nach Anten erscheinen auf Einnahme von 0,5 g Jodnatrium 
per 08 im Harn der folgenden 35—40 Stunden 65—80°/ 0 . 

Wir haben in 24 Stunden 46—58°/ 0 der resorbierten Mengen 
im Harn wiedergefunden, allerdings enthielt der Harn des folgenden 
Tages noch Spuren Jod. Es ist demnach gewiß der größte Teil der 
im Darm verbliebenen Jodmenge resorbiert und nicht etwa mit dem 
nächsten Stuhlgang entleert worden. 

Berechnen wir die Fehlergrenze im Fall, der die größte Ab¬ 
weichungzeigt, nämlich die geringste prozentuelle NaJ-Menge in Harn: 

verbliebene Menge NaJ: 0,975 g, 

im Spülwasser gefunden: 0,275 g, 

(Verweildauer 1 Stunde) 

resorbiert: 0,700 g, d. i. 72°/ d , 

im Harn der nächsten 24 Std.: 0,319 g, d. i. 46°/ 0 . 

Der Harn des folgenden Tages ist unberücksichtigt. Es sollten 
aber darin enthalten sein 0,46 g, wenn 65°/ 0 resorbiert worden 
wären. Ziehen wir die nicht erklärte Differenz von 0,14 g von der 
resorbierten Menge ab, dann wäre statt 0,70 g nur 0,56 g Jodnatrium 
resorbiert worden, also statt 72°/ 0 nur 56°j 0 bei einstündiger Ver¬ 
weildauer des Klysmas. 

Für die Dosierungsfrage ist der Unterschied der Resorptionsgröße , 
ob 72 °/ 0 oder 56 °/ 0 , irrelevant. Für die theoretische Beurteilung der 


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A. F. Hecht: 


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Versuchsergebnisse ergibt sich aber die Forderung , die erhaltenen Risor - 
ptionsgrößen als kaum ganz zutreffende Höchstwerte zu betrachten. 

Daß die im Harn der ersten 24 Stunden gefundenen Werte 
zwischen 46 und 58°/ 0 schwanken, erscheint nicht weiter auffallend, 
da ja auch Anten 65—80°/ 0 gefunden hat, also eine noch größere 
Spannung zwischen Minimal- und Maximalwert als wir 

(46:65 und 58:82). 

Das Jodstapelungsvermögen des Organismus ist offenbar ein 
schwankendes und sinkt bei wiederholter Jodeinverleibung, wie im 
folgenden gezeigt werden soll. 


J odnatriumklysmen. 


1 . ) Franz N., 10 

2 . XI. im Harn 

Jahre alt. 
ausgeschieden 

50 0/ 

i 0 


4. XI. „ 

n 

53 °/ n 


5. XI. n « 

ii 

58°/o 

der resorbierten Jodinengo. 

21 . XI. v u 

ii 

46 »/o J 



Am 3. XI. wurde im Harn bereits eine so geringe Jodmenge 
gefunden, daß protrahierte Jodausscheidung zur Erklärung des fort¬ 
laufenden Ansteigens der Werte nicht in Betracht kommt, nämlich 
0,003 Jodnatrium, so daß statt 50°/ 0 50,5 °/ 0 einzusetzen wäre. 

In den 2—3 tägigen Intervallen stieg also die prozentuelle 
Jodnatriumausscheidung an, d. h. die Jodspeicherung im Organismus 
sank,' nach einem Intervall von 16 Tagen verhielt sich die Jod¬ 
retention wieder wie zu Beginn der ersten Versuchsreihe. 


2 .) Liesl St., 6 8 / 4 Jahre alt. 
29. XI. im Harn ausgeschieden 
1 . XII. « ?? n 


51 0 f 
57 


o? . 
Io 1 

7„i 


der resorbierten Jodmenge. 


Die Übereinstimmung beider Versuche, die das sinkende Jod¬ 
stapelungsvermögen durch Ansteigen der Ausscheidungsmengen im 
Harn von 50 auf 58°/ 0 und von 51 auf 57°/ 0 zeigt, ist gleichzeitig 
ein Beweis, daß den Untersuchungsergebnissen , wenn auch keine abso¬ 
lute Genauigkeit , so doch Vergleichbarkeit zugesprochen werden kann. 


IV. Die Methodik der chemischen Untersuchung. 

Die Salzlösungen wurden für die Klysmen immer nur in iso¬ 
tonischer Konzentration hergestellt. Die Berechnung der Isotonie 
beruht auf den isotonischen Koeffizienten nach de Vries 1 ). 

x ) Nach Hamburger: Osmotischer Druck und Ionenlehre in den medizinischen 
Wissenschaften. Bergmann, Wiesbaden 1902. 



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über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 175 


Für NaCl 0,85 °/ 0 , 
n NaBr 1,5 °/ 0 , 

» NaJ 2,18°/ 0 . 

Alle drei Salze kann man bei 170° bis zur Konstanz trocknen. 
Für die CI-Bestimmung verwendeten wir die Titration nach Volhard> 
modifiziert nach Drechsel . 

Die Chloridlösung wurde in einen 200 ccm fassenden Meßkolben 
gegeben, dann im Überschuß n/10 AgNO s -Lösung zugefügt, mit HN0 3 
angesäuert und geschüttelt, bis sich der Niederschlag zusammen¬ 
ballte und die darüber stehende Lösung geklärt war; dann wurde 
bis zur Marke mit Wasser aufgefüllt, durchgemischt und durch ein 
trockenes Filter gegossen. Die ersten 10 ccm wurden nicht ver¬ 
wendet. Vom klaren Filtrat wurden 50—100 ccm abpipettiert 
und mit Eisenammonalaun als Indicator, der Silberüberschuß mit 
n/10 Rhodanlösung bis zur bleibenden Rotfärbung zurück titriert. 

1 ccm n/10 AgN0 3 = 0,003546 g CI. 

Die Brombestimmung nach Bunsen 1 ) beruht auf dem Freiwerden 
von Brom bei Zusatz von Chlorwasser: 

2 KBr + 2 CI = 2 KCl + Br 3 . 

Die farblose Bromidlösung wird mit titriertem Chlorwasser ver¬ 
setzt, wobei eine Gelbfärbung eintritt. Das Brom wird durch Er¬ 
hitzen der Lösung vertrieben; dadurch wird die Flüssigkeit wieder 
farblos. Der Endpunkt ist das Ausbleiben der Gelbfärbung auf 
Chlorwasserzusatz. 

Vor jedem Versuch muß die Cl-Lösung mit einer Bromnatrium¬ 
lösung von bekanntem Gehalt gestellt werden. Die Bürettenspitze 
soll fast an das Flüssigkeitsniveau heranreichen (sonst CI-Verluste). 

Unter diesen Voraussetzungen ist die Methode sehr empfindlich. 
Eine Bromnatriumlösung von 1: 5000 färbt sich noch deutlich gelb. 

Sehr einfach ist auch die colorimetrische Methode . In gleiche 
graduierte Zylinder mit eingeriebenem Glasstöpsel füllten wir je 
40 ccm einer Bromidlösung von bekanntem wechselndem Gehalt, 
fügten 10 ccm CI-Wasser und 5 ccm Schwefelkohlenstoff hinzu. Nach 
Durchschütteln wartet man das Ab setzen des Schwefelkohlenstoffs 
ab, der sich durch Aufnahme des ganzen freigewordenen Br gelblich 
bis rotbraun färbt. Durch 3—4 Proben gelingt es jedesmal rasch, 
die mit der fraglichen Lösung übereinstimmende Färbung zu erzielen. 

Die Jodbestimmung wurde nach der altbekannten Methode von 
Fresenius a ) vorgenommen, beruhend auf der Zersetzung des Jodids 
durch Zusatz von HN0 2 

_ 2HJ + 2HNO a = 2H 3 0 + 2NO + 2 J. 

*) Aus Treadtvell, F. P.: Analytische Chemie 1, 5. Aufl. 

2 ) Aus Treadwell . F. P.: Analytische Chemie 1, 5. Au fl. 


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176 


A. F. Hecht: 


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Hierzu benützt man ein etwa 120 ccm fassendes zylindrisches, mit 
eingeriebenem Glasstöpsel verschließbares Gefäß, von dessen Boden 
entfernt ein Ausflußhahn so angebracht ist, daß der unter diesem 
befindliche, nicht entleerbare Raum verjüngt zylindrisch ist und 
etwa 10 ccm faßt. 

Man säuert die Lösung (etwa 75 ccm) mit verdünnter H a S0 4 
an und fügt 5 Tropfen einer 2proz. Natriumnitritlösung hinzu. 
Schwefelkohlenstoff wird bis zum Niveau des Ausflusses eingegossen 
und dann geschüttelt. Der Schwefelkohlenstoff setzt sich dunkel¬ 
violett gefärbt ab. An der Wand adhärierende Tröpfchen werden 
durch Drehen hinunterbefördert. Nun läßt man die überstehende 
Flüssigkeit durch ein nasses Filter fließen, daß die noch suspendierten 
CS a -Tröpfchen auffängt. Die Hauptmasse des CS a bleibt aber im 
Gefäß zurück. Man füllt mit destilliertem Wasser auf und wäscht 
dreimal nach, bis keine deutlich sauere Reaktion mehr vorhanden ist; 
dann durchlöchert man das Filter und spült den Schwefelkohlenstoff 
mit der Spritzflasche wieder zu dem übrigen, fügt 2 Tropfen einer 
konzentrierten Lösung von Natr. bicarbon. hinzu und titriert mit 
n/10 oder auch mit n/100 Natr. Thiosulfat-Lösung. 

n/10 Na thiosulfat = 0,015 g NaJ, 
n/100 Na thiosulfat = 0,0015 g NaJ. 

Im Verlauf der Untersuchungen kombinierten wir CINa mit 
BrNa, CINa mit JNa, BrNa mit JNa und endlich CINa, BrNa und JNa. 

Die Jodbestimmung ließ sich in allen Fällen nach Fresenius 
durchführen, BrNa störte dabei nicht. Aber bei der Brombestimmung 
wird durch das CI-Wasser auch Jod frei. Man muß die nach 
j Fresenius bestimmte JNa-Menge, als BrNa-Äquivalent berechnet, 
also mit 103/150 multipliziert, in Abzug bringen und erhält so den 
BrNa-Wert. 

Bestimmt man bei Anwesenheit aller drei Halogensalze das 
Silberhalogen nach Volhard , dann ist der JNa-Wert als NaCl-Äqui- 
valent (58,5/150) und der BrNa-Wert als NaCl-Äquivalent (58,5/103) 
vom Gesamtwert als NaCl berechnet abzuziehen, um NaCl zu er¬ 
halten. 


V. 

A. Jodnatriumyersuche. 

50 ccm einer beiläufig isotonischen Lösung (2,18 °/ 0 ) werden im 
Klysma verabfolgt, also 0,990 g, auch 0,922 g JNa (s. folg. Tabelle). 

Die Versuche bei Franz N. ergeben bei 1—4 ständiger Verweil¬ 
dauer eine Resorptionsgröße von 72, 82, 96 und 99°/ 0 . Sehr diffe¬ 
rent sind die Halbstundenversuche bei Liesl St., 17 und 58°/ 0 . Da 



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über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 177 


Datum \ 

NaJ-Gehalt 
des Klymas 

Verlost bei 
Einführung 
des Klymas 

Eingeführte 

NaJ-Menge 

NaJ-Menge im 
Spülwasser 
nach 

Resorbierte 

NaJ-Menge 

Im Harn der 
ersten 24 Std. 
ausgeschieden 


g 

g 

g 

g | Std. 

* 1 % 

_ « 1 0/ ° 


Franz N., 10 Jahre alt, Körpergewicht 20,2 kg, Si = 63, Encephalitis lethargiea. 


21. 

XI. 

0,990 

0,015 

0,975 

0,275 

1 

0,700 

72 

0,319 

4. 

XI 

0,922 

0,048 

0,874 

0,131 

2 

0,743 

82 

0,396 

5. 

XI. 

0,922 

0,441 

0,481 

0,016 

3 

0,465 

96 

0,297 

2. 

XI. 

0,922 

0,05 

0,872 

0,007 

4 

0,865 

99 

0,433 


Liesl St., 6*/ 4 Jahre alt, Körpergewicht 17,3 kg, Si = 60,5, akut. Gelenkrheum&t. 
29. XL j r 0,990 0,153 ' 0,837 I 0,697 I x /a I 0,140 I 17 I 0,072 I 51 

1. XD. |i 0,990 0,048 0,942 | 0,505 | >/ 3 | 0,437 j 58 | 0,249 | 57 


Hermine F., 7 8 / 4 Jahre alt, Körpergewicht 23 kg, Si = 66, Chorea minor. 
16. XII. I| 0,990 0,045 0,945 | 0,044 j 2 | 0,901 , 95 | 0,564 | 63 


ein so niedriger Resorptionswert wie 17 °/ 0 weder zum Einstunden¬ 
versuch noch zur Wiederholung des Versuches stimmt, ist vielleicht 
ein Versuchsfehler nicht auszuschließen. 


B. Bromnatriumversuche. 


50 ccm einer isotonischen Lösung (l,5°/ 0 ) im Klysma, also 
0,75 g BrNa. 



j NaBr- 

Verlust bei 

. - 

NaBr im Spül- 

1 " ~ 


Datum 

Gehalt des 
Klysmas 

Einführung 

desselben 

Eingeführte 
NaBr-Menge 

wasser 

nach 

Resorbierte NaBr-Menge 


I « 

g 

g 

g 

Std. 

L _i 

L 0/ » 

Franz N., 

10 Jahre alt, Körpergewicht 20,2 kg, Si -- 

63, Encephalitis lethargiea. 

16. I. 

1 0,75 

I 0,04 

0,71 

0,15 1 

7* 

0,56 

79 

20. I. 

0,75 

0,05 

0,70 

0,09 i 

1 

0,61 

87 

17. I. 

0,75 

0,06 

0,69 

0,07 

| 2 

0,62 

89 

14. I. 

, 0,75 

0,06 

0,69 

max. 0,03 

j 3 

min. 0,66 

min. 95 

23. 1. 

1 0,75 

0,05 

0,70 

Spur 

1 ^ 

0,75 

100 

Fr. Sn. 

, 12 Jahre alt, Körpergewicht 24 kg, Si = 

68, Lues, tumor hepatis. 

22 . n. 

0,75 

0,05 

0,70 

0,1 

1 

0,60 

85,7 

i6. n. 

: 0,75 

0,12 

0,63 

0,025 

1 2 

0,605 

96 

20 . n. 

| 0,75 

0,05 

0,70 

Spur 

j 3 

0,70 

100 

24. II. 

1 0,75 

0,05 

0,70 

0,005 

3 V, 

0,695 

99,5 


Der Vergleich der NaBr- mit den NaJ-Werten ergibt eine wesent¬ 
liche Beschleunigung der Bromresorption gegenüber der Jodresorption. 




Durchschn. 

Zeit BrNa 

JNa 

Differenz 

l .'„ h 79% 

17%. 38% 

21% 

l h 87 %, 85,7 % 

72% 

14,5% 

2" 89 %, 96 %, durchschn. 92,5 % 

82 %, 95 %, durchschn. 8 

8,5% 4% 

6 h min.95 %, 100% 

96% 

2% 

4“ 100%, 100% 

99% 

1% 


Z. f. d. g. exp. Med. XXX. \ > 


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178 


A. F. Hecht: 


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Mit zunehmender Verweildauer gleicht sich die Differenz immer 
mehr aus, aber im Halbstunden- und Einstundenversuch ist die Bromid - 
resorption der Jodidresorption um 21°j 0 resp. 14,5 °/ 0 voraus. 


C. Chlornatrium versuche. 

Eine exakte Durchführung der NaCl-Versuche scheitert an der 
Tatsache, daß eine Darmspiilung drei Stunden nach einem Reinigungs¬ 
klysma vorgenommen, auch relativ große Kochsalzmengen enthält, 
nämlich in etwa 1 1 / 2 Litern = 0,122 g NaCl. 

Nun wurde bei den Spülungen nach Applikation von 100 ccm 
physiologischer NaCl-Lösung (0,85 °/ 0 ) gefunden: 

13. III. Bruno L., ll 1 / 3 Jahre alt, Körpergewicht 32,8 kg, Si = 71, 
Struma vasculosa. 100 ccm 0,85 °/ 0 , 1 Stunde, verblieben 0,248, 
abzüglich 0,1 = 0,146, resorbiert 0,70 g =- 82 ° 0 . 


Franz N. (wie oben) 

Abzüglich 0,1 g 
(Minimalwert) 

ll h 

2 

0,197 g NaCl 

0,097 

l h 

0,190 g „ 

0,09 

2 h 

0,136 g „ 

0,036 


0,114 g „ 

0,014 

4 h 

0,098 

0 


Approximative 

Resorption 


*8 o/o 1 
89 o/ 0 \ 

98 °' ) 


Mini mal werte. 


Daraus geht hervor, daß bei NaCl schon von der zweiten Stunde 
an von einem nicht resorbierten Rest nicht mehr die Rede sein 
kann und daß das Chlorid rascher als das Bromid und noch rascher 
als das Jodid resorbiert wird, wenn es der Mastdarmschleimhavl in 
isotonischer Lösung dargeboten wird. 

Im Einstundenversuch verhallen sich bei demselben Kind die Jodid - 
zur Bromid - zur Chloridresorption wie 72:87:89, {Franz N.) 
im Zweistundenversuch wie 82:89 : 98. 

Verschiedene Individuen sind nicht miteinander vergleichbar, da 
ira Zweistundenversuch mit Jodnatrium der 10 jährige Franz N. 82°/ 0 , 
die 7 8 / 4 jährige Hermine F. 95°/ 0 resorbiert. Es bestehen also beträcht¬ 
liche individuelle Unterschiede. 

Was die tatsächlich der Resorption zur Verfügung stehenden 
Mengen anlangt, so waren wir beim Jodid und Bromid bestrebt, 
äquimolekulare Mengen zu geben, was infolge der unvermeidlichen 
Verluste durch Pressen ja nur manchmal gelingt. 

So verblieben im Einstundenversuch bei Franz N.: 

i 

vom Jodid: 0,975 g resorbiert wurden 0,700 g 

vom Bromid: 0,700 g „ „ 0,61g 

975: 700 = 150: 100 (statt 103), 700:610= 150:130 (statt 103). 

also beiläufig äquimolekular. Das äpuimolekulare Verhältnis ist 

durch raschere Bromresorption er¬ 
heblich gestört. 



Original from 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 



Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 179 


Bei den Kochsalzklysmen verzichteten wir auf die äquimolekularen 
Mengen von vornherein, da ja 0,425 g NaCl bei dem bereits im 
blinden Versuch gefundenen Kochsalzgehalt von 0,098—0,122 g kaum 
einigermaßen verläßlich hinsichtlich der Resorptionsgröße hätte ver¬ 
folgt werden können, und gaben 100 ccm physiologischer Lösung, 
also 0,85 g NaCl. Dadurch, daß wir den Kochsalzgehalt des blinden 
Versuchs mit 0,1 g ansetzten und doch höhere Resorptionswerte 
als beim Bromid und Jodid erhielten, ist die NaCl-Resorption als die 
rascheste von den drei Halogensahen sichergestellt , wenn auch nicht 
zahlenmäßig genau. 

VI. Kombinierte Jodid-, Bromid- und Chloridversuclie. 

Wenn man von einer 2,18 proz. Jodnatriumlösung 20,6 ccm, von 
einer 1,5 proz. Bromnatriumlösung 30 ccm und einer 0,9 proz. Chlor¬ 
natriumlösung 50 ccm nimmt, dann enthält jede Portion 0,45 g 
Salz. Während wir in den Versuchen V., A., B. und C. annähernd 
äquimolekulare Mengen verwendet haben, injizieren wir nun die 
gleichen Gewichtsmengen in Kombination, usw. 

1 . Jodid-Bromid, 2. Jodid-Chlorid, 3. Bromid-Chlorid und 
4. Jodid, Bromid und Chlorid. 

Durch diese Versuchsanordnung machten wir uns von dem 
Fehler ungenügender Herausbeförderung des nicht resorbierten Restes 
vollkommen unabhängig, da uns ja nur an der Feststellung des 
gegenseitigen ResorptionsVerhältnisses gelegen war. 

Die Verweildauer betrug in allen weiteren Halogen versuchen 
eine Stunde, weil bei diesem Zeitraum die Unterschiede am deut¬ 
lichsten sind. 

1. Jodid-Bromid. 

Josef K., 12 Jahre alt, Gewicht: 26 Si 71, Purpura haemorrhagicn. 
18. III. 1922. Einßtundenversuch. 

Klysma. In 30 ccm Lösung BrNa = 0,45 g, Verlust 0,05 g. verblieben 0,40 g 

In 20,6 „ „ JNa — 0,45 g „ 0,05 g „ 0,40 g 

Im Spülwasser (nach Fresenius) 0,094 g NaJ. 

Verbrauch an AgN0 3 -Lösung: 29,5 ccni|(l ccm = 0,00562 g NaCl) 

/ (1 „ m= 0,0144 g NaJ) 

abzüglich 0,1 g NaCJ, diese brauchen 

AgNOy-Lösung: 17,8 ccm 

11,7 ccm entsprechen 0,17 g NaJ 

0,094 g NaJ (Fresenius) 

0,076 g NaJ, 

dem entsprechen 0,052 g NaBr. 

Bei Berücksichtigung des Kochsalzgehaltes von 0,1 g im Blindversuch er¬ 
gibt sich 0,052 g NaBr im Spülwasser. 

Für NaJ resorbiert: 0,306 g 77,5 °/ (> 

NaBr „ 0,340 g 87 % 

12 * 


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180 


A. F. Hecht: 


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Die isotonische Mischung gleicher Gewichtsmengen NaBr und NaJ 
wird in der Weise resorbiert , daß in einer Stunde mehr Bromid als 
Jodid aufgesogen wird , u. zw. im Verhältnis von 87:77,5 oder bei¬ 
läufig 10:9. 

Bei gleich rascher Resorption äquivalenter Mengen sollten sich 
die Jodid- zu den Bromidmengen wie 150:103 verhalten; das Jodid 
bleibt also lei der Resorption hinter dem Bromid an Gewichtsmenge , 
noch viel mehr aber an Äquivalent zurück . 

2. Jodid-Chlorid. 

Franz N., 10 Jahre alt, Gewicht 20,2 kg, Si 63, Encephalitis lethargiea. 
11. 111. Einstunden versuch. 

Klysma. In 20,6 ccm JNa = 0,45 g, Verlust 0,05 g, verblieben 0,40 g 
In 50 ccm CINa = 0,45 g, „ 0,05 g, n 0,40 g 

Im Spülwassser (nach Fresenius ) 0,110 g NaJ. 
x Verbrauch an AgN0 3 -Lösung: 60,0 ccm 
abzüglich 0,1 g NaCl, diese 
brauchen an AgNO.,-Lösung: 17,8 ccm 

42,2 ccm, entsprechen 0,61 NaJ 
— 0,110 NaJ 

0,5 g NaJ, dem entsprechen 
0,19 g NaCl. 

NaJ: Resorbiert 0,290 g, also 72,5 % 

NaCl: „ 0,21 g, also nur 52,5%. 

Da die Äquivalente von NaJ und NaCl sich wie 150:58,5 ver¬ 
halten , so wird nach der Proportion 150:58,5 = 72,5:27,5 fast doppelt 
soviel Chlorid - als Jodidäquivalent resorbiert, j 

3. Bromid-Chlorid. 

Josefine H., 10 Jahre alt, Gewicht 21,9 kg, Si 67 cm, Hemiatrophia 
facialis. 

a) 19. III. Einstundenversuch. 

Klysma: In 27 ccm BrNa = 0,40 g, Verlust 0,01 g, verblieben 0,39 g 

„ 44 „ CINa — 0,40 g „ 0,01 g „ 0,39 g 

Im Spülwasser (titriert und colorimetr.): 0,15 g NaBr 

Verbrauch an AgNCX,: 45,0 ccm 

abzüglich 0,1 g NaCl, 

diese brauchen AgNO 3 : 17,8 ccm 

27,2 ccm entsprechen 0,272 g NaBr 
— 0,15 g NaBr 

0,122 g NaBr, dem entsprechen 
0,073 g NaCl. 

NaBr: Resorbiert 0,24 g, also 61,5 % 

NaCl: „ 0,32 g, „ 82%. 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 181 


b) 20. III. Einstandenversuch bei Josefine H. 

Klysma: In BO ccm BrNa = 0,45 g, Verlust 0,08, verblieben 0,37 g 
In 50 „ CINa = 0,45 g, „ 0,08, „ 0,37 g 

Im Spülwasser (titriert) 0,22 g NaBr. 

Verbrauch an AgN0 3 - 

Lösung: 73,0 ccm 

abzüglich 0,1 g NaCl, 

diese brauchen 17,8 ccm 

55,2 ccm entsprechen 0,552 g NaBr 
— 0,22 g N aBr 

0,332 g NaBr, dem entsprechen 
0,188 g NaCl. 

NaBr: Resorbiert 0,15 g 40,5 °/ 0 
NaCl: „ 0,162 g 44 °/ 0 . 

Die NaBr-Resorption betrug in zwei aufeinanderfolgenden Tagen 
einmal 61,5 °/ 0 , das andere Mal 40,5 °/ 0 , war also niedriger, als wenn 
NaBr allein injiziert wird. 

Die NaCl-Resorption war einmal 44 °/ 0 , einmal 82 °/ 0 . Es läßt 
sich nicht entscheiden, ob der Kochsalzgehalt des Spülwassers allein 
an dieser Differenz schuld ist oder ob wirklich so beträchtliche 
Unterschiede in der Resorption Vorkommen. Jedenfalls werden in 
beiden Versuchen viel mehr Chlorid - als Bromidäquivalente resorbiert , 
das Verhältnis wäre 58,5:103. 


4. Jodid-Bromid und Chlorid« 

a) Josef K., 12 Jahre alt, Gewicht 26 kg, Si 71 cm, Purpura hämorrhagica. 
2. III. 1922. 

In 100,6 ccm! 20,6 ccm NaJ 0,45 g, Verlust 0,02 g, verblieben 0,43 g 

Lösung { 30,0 „ NaBr 0,45 g, „ 0,02 g, „ 0,43 g 

1 Stunde 150,0 „ NaCl 0,45 g, „ 0,02 g, „ 0,43 g 

Der Vorgang bei der Bestimmung wie oben. 

Q INaJ nach Fresenius 0,131 g, resorbiert 0,299 70 °/ 0 
im Spul- I Naßr mit Aq chlori 0;24 g ^ 0,19 44 o j Q 

wasser [ NaC i berechnet o,153 g ^ 0,277 64 % 

b) Bruno L., 11 1 / fl Jahre alt, Gewicht 32,8 kg, Si 71 cm, Struma vasculosa. 
7. III. 1922. Lösungsgemisch wie oben. NaJ, NaBr, NaCl, je 0,43 g ver¬ 
blieben. 1 Stunde. 

. o ... ( NaJ nach Fresenius 0,1275 g, resorbiert 0,3025 g 70 °/ 0 

lm fcpul- I Naßr mit Aq chlor . 0 233 g ^ 0, 197 g 46 °/ 0 

wasser ( NaCl berechnet 0,163 g „ 0,267 g 62°/ fl 

c) Franz N., 10 Jahre alt, Gewicht 20,2 kg, Si 63, Encephalitis lethargica 
9. III. 1922. Wie oben. NaJ, NaBr, NaCl je 0,43 g verblieben. 

Q ... (NaJ 1 0,09 g, resorbiert 0,34 g 79 # / 0 

im aput- ^ NaBr j. wje oben 0 ,223 g . 0,207 g 48.. r ) °' 0 

wasser ^ NaC1 J 0,112 g „ 0,318 g 74 °/ 0 . 


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182 


A. F. Hecht: 


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d) Adolfine H., 10 Jahre alt, Gewicht 21,9 kg, Si 67, Hemiatrophia facialis. 
23. III. Wie oben. NaJ, NaBr, NaCl je 0,40 g verblieben. 

... ( NaJ 1 0,096 g, resorbiert 0,304 g 75% 

'3 {NaBr wie oben 0,20 g r 0,20 g 50% 

w&ssor 1 NaC1 l 0,043 g „ 0,352 g 91,5 % 

Es wurden gleiche Teile von NaJ, NaBr und NaCl, und zwar in Versuch 
4a), b), c) je 0,43 g, in Versuch 4d) 0,40 g verabfolgt. 

NaJ-Resorption : 0,299 g, 0,303 g, 0,34 g, 0,30 g 

70 0 / 700 / 700 7 * 0 ; 

I0> i0> f 0> i 0* 

durchschnittlich 73,5 °' () also ziemlich gleichmäßig und beiläufig so hoch, als 
wenn NaJ allein injiziert worden wäre. 


Na Bf’Resorption: 

0,19 g 

0.197 g 

0,207 g 

0,20 g 


4*°lo 

46°/o 


50,5°l 0 , durchschnittl. 47,2°! 

N aCl-Resorption: 

0,277 g 

0,267 g 

0,318 g 

0,366 g 


64% 

62% 

74% 

88%, durchschnittl. 72%. 


Die Jodid- sollte sich zur Bromidresorption wie 150:103 ver¬ 
halten, das stimmt beiläufig 73,5:47,2, und zur Chloridresorption 
wie 150:58,5. 

Die Chloride werden aber viel rascher resorbiert, einmal sogar 
nicht nur nach dem Äquivalentverhältnis, sondern auch absolut. 

Die Bromide fallen aus der Reihe, indem sie im Gemisch der 
drei Halogensalze nur in äquimolekularen Mengen wie die Jodide, 
aber nicht rascher resorbiert werden. 

Es scheint , daß NaBr und NaJ einander in der Resorption nicht 
stören , daß NaCl die Aufsaugung des NaJ auch nicht beeinträchtigt , 
wohl aber die des NaBr (sowohl in den Versuchen 3a und b als in 
den Versuchen 4 a, b, c, d), denn im Einstundenversuch beträgt die 
Resorption 


für NaBr allein 

„ neben NaJ 

r r> NaCl 


NaCl und NaJ 


87% und 85,7% 
87% 

/ 61,5% 
l 40,5% 
44% 

46% 
48,5% 
50,5%. 


VH. Natr. salicyl. 

Natr. salicyl. wurde in isotonischer 2,33proz. Lösung verwendet 
und jedesmal 50 ccm injiziert, also 1,6 g. 

Die Bestimmung gelingt leicht colorimetrisch, wenn man genau 
die gleiche Menge Eisenchlorid zusetzt und beim Wasser der Darm¬ 
spülung auch auf genaue neutrale Reaktion achtet. 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 183 


Na salicyl.-Ge- 

Verlast bei 


Eingeführte 

Na salicyl.-Menge 

Resorbierte 

halt des Klysmas 

Einführung 


Na salicyl. - 
Menge 

im Spülwasser i 

Na salicyl.-Menge 

8 

8 


8 

8 

| nach Std. | 

8 

Anna Sch., 6 1 /* Jahre alt, Gew. 

18,6 kg, 

Si 62, Gesiohtsekzem. 

1,165 

0,15 


1,01 

0,51 

1 

0,50 — 49 0 o 

1,16 

0,08 


1,08 

0,26 

2 

0,82 = 76«/ 0 

1,16 

0,04 


1,12 

0,24 

3 

0,88 = 78 °/ 0 

1,16 

0,08 


1,08 

0.23 

4 

O 

cT' 

00 

II 

£ 

© 

Marta A., 11 

Jahre alt, 

Gew. 44,2 kg, Si 77,5, 

Rekonv. nach Chorea minor. 

1,16 

0,08 


1,08 

0,52 

1 

0,56 = 52»,,, 

1,16 

j 0,07 


1,09 

0,25 

l 2 

0,84=77 °/ 0 


Die Resorption von Na salicyl. bleibt erheblich hinter derjenigen von 
Halogensalzen des Natriums zurück; auch wenn man das NaJ, das 
schwerst resorbierbare Salz, zum Vergleich heranzieht. 

1 2 3 4 Stunden 

Na salicyl. 49 76 7s 80°/ 0 

NaJ 72 82 96 99°/ 0 

VIII. Chloralhydrat. 

Chloralhydratklysmen haben in der kinderärztlichen Praxis eine 
ausgedehnte Anwendung gefunden und wirken prompt schlaferzeugend. 
Es wäre gewiß sehr interessant, bei Eintritt der Schlafwirkung sich 
vom Resorptionsverhältnis zu überzeugen, doch geht es meist nicht 
an, das beruhigte Kind durch eine Darmspülung zu stören. Unsere 
Versuche sind daher nicht als abschließend anzusehen. Chloralhydrat 
wird bekanntlich meist in schleimigem Vehikel verordnet; es wirkt 
aber auch in wässeriger Lösung nicht darmreizend, wenigstens beim 
älteren Kind, was für den Zweck möglichst rascher Resorption vor¬ 
teilhafter wäre, denn Mucilaginosa verzögern die Resorption erheblich. 

Die Zusammensetzung unseres Klysmas war jedesmal: 

Chloralhydrat 0,5 

Mucil. Gummi arabio. ad 5,0 
Aqu. destillat. ad 50,0. 

Technik der Chloralhydralbestimmung [Kalomelmethode nach 
C. Archangelsk *)]. Die Methode beruht auf der Zersetzung des Chlo- 
ralhydrats bei saurer Destillation in Chloroform und Ameisensäure. 
Letztere verwandelt das Sublimat in Kalomel. Die mit 20proz. Lö¬ 
sung von H 3 P0 4 angesäuerte Lösung wird der Wasserdampfdestillation 
unterworfen, bis im Destillat auf Neutralisation mit n/10 NaOH und 
Zusatz der gleichen Menge konzentrierter wässeriger Sublimatlösung 

l ) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 46, 347, 1901. 


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184 


A. F. Hecht: 


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keine Trübung mehr auftritt. (Noch 0,00006 g Chloralhydrat geben 
in 5 ccm Destillat deutliche Trübung.) Das Destillat wird nun mit 
n NaOH deutlich alkalisch gemacht, auf dem Wasserbad auf etwa 
30 ccm eingeengt und mit Essigsäure neutralisiert (scharf, durch ent¬ 
weichende C0 9 wird die Lösung leicht wieder alkalisch), dann Zu¬ 
satz von gleicher Menge konzentrierter Sublimatlösung. Überschüssige 
NaOH führt zur Bildung von zitronengelbem Quecksilberoxychlorid 
(HgCl 9 • 3 HgO), auf dem Wasserbad bilden sich dann schwarze Flocken 
von HgCl 3 -2 HgO; dadurch erhält man zu hohe Werte [O. Dämmer 1 )]. 
Eine leichte Gelbfärbung des Kalomels auf dem Filter beim Trocknen 
ist bedeutungslos. Nach 1—2 Stunden setzt sich ein flockiger Nieder¬ 
schlag ab, von dem abfiltriert wird. Das Filtrat kommt durch 
6 Stunden ins kochende Wasserbad, der sich dabei bildende Nieder¬ 
schlag von Kalomel wird 2 Stunden absetzen gelassen, abfiltriert, 
gewaschen, getrocknet und gewogen. Aus dem Kalomel errechnet 
man das Chloralhydrat durch Multiplikation mit 0,3510. 

Unsere Patienten waren zwei Fälle von Chorea und ein Fall von 
Ekzem mit unaufhörlichem Juckreiz. 

1. Martha A., 11 Jahre alt, Gew. 44,2 kg, Si 77,5 cm, Chorea minor. 

a) 10. XII. 0,5 Chloralhydrat. 

Verweildauer 4 Stunderi, war schläfrig, schlief aber nicht. 

Verlust 0,15 g, verblieben 0,35 g. 

Gehalt des Spülwassers: 0,189 g, resorbiert 0,311 g = 88°j 0 . 

b) 15. Xn. 0,5 Chloralhydrat. 

Verweildauer 1 Stunde , war nicht schläfrig. 

Verlust 0,28 g, verblieben 0,22 g. 

Gehalt des Spülwassers 0,16 g, resorbiert 0,06 g*= 27°; 0 . 

2. Hermine F., 7*/ 4 Jahre alt, Gew. 23 kg, Si 66 cm, Chorea minor. 

21. XII. 0,5 Chloralhydrat. 

Verweildauer 2 Stunden , war schläfrig. 

Verlust 0,13 g, verblieben 0,37 g. 

Gehalt des Spülwassers 0,08 g, resorbiert 0,29 g =78 °/ 0 . 

3. Anna Sch., 6 1 /« Jahre alt, Gew. 18,6 kg, Si 62 om, Eczema faciei. 

a) 27. XII. 0,5 Chloralhydrat. 

Verweildauer 2 Stunden, war schläfrig. 

Verlust 0,15 g, verblieben 0,35 g. 

Gehalt des Spülwassers 0,13 g, resorbiert 0,22 g = 50,5%. 

b) 28. XII. 0,5 Chloralhydrat. 

Verweildauer 1 Stunde, hat nach 8 / 4 Stunde 20 Minuten geschlafen, 
zur Darmspülung geweckt. 

Verlust 0,16 g, verblieben 0,34 g. 

Gehalt des Spülwassers 0,153 g, resorbiert 0,187 g=^ 5,5 °/ 0 . 


*) Handb. d. anorg. Chem. II, 2, 857. 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 185 


Die schlaferzeugende Dosis betrug bei einem 6 1 / 3 jährigen Mäd¬ 
chen von 18,6 kg Körpergewicht und 62 cm Sitzhöhe 0,187 g, eher 
noch weniger, da das Kind bereits 20 Minuten schlief. 

Die Resorption ist bei 1 Stunde 27 °/ 0 , 55°/ 0 , 
bei 2 Stunden 59,5 °/ 0l 78 °/ 0 , 
bei 4 Stunden 88 °/ 0 . 

Die Resorption von Chloralhydrat geht also etwa mit derselben Ge¬ 
schwindigkeit wie von Natr. salicyl . vor sich. Es scheint aber ein Bruch¬ 
teil (höchstens 1 / ;? der verabfolgten Dosis) zur Einleitung des Schlafes 
zu genügen. 


IX. Die Resorption von Campherklysmen. 
(Gemessen am Gehalt des Harns an Campherglykuronsäure.) 


Der per os aufgenommene Campher wird in der normalen Leber 
gepaart und als Campherglykuronsäure ausgeschieden. Die quan¬ 
titative Bestimmung der letzteren im Harn beträgt in den ersten 
24 Stunden meist über 90°/ 0 [Stejskal und Grünwald 1 )]. 

Dies ist leicht durchzuführen, da die linksdrehende Campher¬ 
glykuronsäure auch mit einem für Dextrose geeichten Polarimeter 
bestimmt werden kann. Dextrose ( a )o — + 52 > 8 
Campherglykuronsäure («) D =—32,5. 

Man multipliziert also die für Dextrose ermittelte Drehungszahl 
noch mit 1,6 und erhält Campherglykuronsäure. 

Campher: Campherglykuronsäure = 152,16 : 362,26 (nach den Mo¬ 
lekulargewichten). 

Den Campher berechnet man aus der Campherglykuronsäure 
durch Multiplikation mit 0,42. 

Bei Campherklysmen ist eine unvollständige Paarung zu er¬ 
warten, da ja, wie eingangs erwähnt, zum Teil eine direkte Einver¬ 
leibung in das Venensystem mit Umgehung der Pfortader erfolgt. 
Man erhält also nur Minimalwerte . Es wurde sowohl Ol. camphora- 
tum als auch Kadechol (Ingelheim), eine 17 °/ 0 Campher enthaltende 
Verbindung des Japaneamphers mit Desoxycholsäure, verwendet. 


1. Grete D., 12 Jahre alt, Tbc. pulmonum. 

Klysma: 5 g Kadechol, enthaltend 0,85 g Campher, in 50 g warmer Milch 
aufgeschwemmt. 


Ham 

nach Stdn. 

3 


Campher¬ 

glykuronsäure 

0,08 


6 


0,12 


Campher 

0,04 nach 3 Stunden geformter 
Stuhl, Kadechol enthaltend. 

0,06 


0 Wien. klin. Wochenschr. 22, Nr. 30, 1909. 


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186 


A. F. Hecht: 


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In 6 Stunden waren 0,1 g Campher resorbiert und ausgeschieden 
worden, wenn man vom anhepatisch resorbierten Campher absieht. 


2. Konr&d F., 11 Jahre alt, Tbc. pulmonum. 
Dieselbe Dosis Kadechol im Klysma. 


Ham 

Campher- 

glykarona&ure 

Campher 


nach Stdn. 




3 

0,08 

0,04 

nach 3 Stunden geformter 
Stuhl, Kadechol enthaltend. 

6 

0,11 

0,055 


Also das gleiche Ergebnis. 

3. Grete D., Wie Versuch 1. 



Ham 

Campher- 

glykurona&nre 

Campher 


nach Stdn. 




3 

0,18 

0,09 


6 

0,09 

0,045 


9 

0,12 

0,06 


12 

0,1 

0,05 

nach ll 1 /* Stunden dünn¬ 
flüssiger Stuhl, Kadechol 
enthaltend. 

15 

Spur 

0,24 



Die Ausscheidung war nach 16 Stunden beendet und hat für 
0,85 g Campher 0,24 g, also mehr als ein Viertel, ergeben. 

Der Verlust durch den Stuhlgang, sowie die bloß den gepaarten 
Campher berücksichtigende Bestimmung lassen den Wert als tief 
unter der Gesamtresorption liegend erscheinen. 


4. Konrad F., Wie Versuch 2. 


Ham 

nach Stdn. 

3 

6 

9 


Campher* 

glykuronsäure 

0,24 

0,12 

deutliche Spur 


Campher 

0,12 

0,06 

Spur nach 9 Stunden dünnflüssi¬ 
ger Stuhl, Kadechol ent¬ 
haltend. 

0,18 


Im Harn ist über 1 / 5 des im Klysma dargereichten Camphers 
erschienen. 


5. Robert B., 6 Jahre alt, Pleuritis sicca. 

a) 4,5 g Kadechol im Klysma, enthaltend 0,765 g Campher. 

Im 24 ständigen Ham gefunden über 0,2 „ „ 

b) Campheröl (10°/ 0 ) im Klysma, enthaltend 0,765 „ „ 

Im 24 ständigen Harn gefunden etwa 0,3 n „ 

6. Karl P., 12 Jahre alt, Tbc. pulmonum. 

a) 4,5 g Kadechol im Klysma, enthaltend 0,765 g Campher. 

Im 248tündigen Harn gefunden über 0,3 „ „ 

b) Campheröl (10°/ 0 ) im Klysma, enthaltend 0,765 „ „ 

Im 24 ständigen Harn gefunden 0,3 „ „ 



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Über die Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 187 


Die Versuche 5. und 6. ergeben keinen wesentlichen Unterschied 
zwischen Kachedol und Campheröl hinsichtlich der Resorption. Die¬ 
selbe beträgt 35—40°/ 0 , wenn man von der anhepatischen Resorp¬ 
tion absieht. 

X. Die Resorption von Chloralhydratklysmen, gemessen am Gehalt 
des Harns an Urochloralsäure. 

Die Ausscheidung des Chloralhydrats erfolgt nach Reduktion zu 
Trichloräthylalkohol und Paarung mit Glykuronsäure als Urochloral¬ 
säure. 4 — 6 Stunden nach interner Einverleibung treten auch ge¬ 
ringe Mengen Chloralhydrat in den Ham über [Neuberg 1 )]. 

Die spezifische Drehung der Urochloralsäure («)d = — 69 ’ 6 ° 

» » n n Dextrose (^==+52,8°. 

Die Urochloralsäure bestimmt man polarimetrisch, indem man die 
für Dextrose gefundene Drehungszahl mit 8 / 4 multipliziert. Chloral¬ 
hydrat : Urochloralsäure = 165 : 325 (nach den Molekulgewichten). 
Der Wert für Chloralhydrat ist halb so groß wie für Urochloralsäure. 

1. Jakob, L., 2 1 /* Monate alt, Pylorospasmus, Inanition nach der R&m- 
stedtschen Operation. 

Klysma: 0,3g Chloralhydrat in Mixt gummosa. Geringe Sohlafwirkung. 

Innerhalb 18 Stunden im Ham 0,02 g Chloralhydrat, 
n 24 „ „ „ 0,03 „ „ 

Nach 24 Stunden erscheint nur der 10. Teil der dargereichten 
Menge im Ham als Glykuronsäurepaarung. 

Tags darauf Klysma: 0,5 g Chloralhydrat ebenso, deutlichere 
Schlafwirkung. 

Innerhalb 13 A / 9 Stunden 0,08 g Chloralhydrat, also etwa der 
6 . Teil im Harn gefunden. 

Zusammenfassung. 

1 . Läßt man einem medikamentösen Mikroklysma nach einem 
gegebenen Zeitintervall eme sorgfältige Darmauswaschung folgen, dann 
kann man durch Analyse des Spülwassers die beiläufige Resorptions¬ 
größe des verabfolgten Medikamentes berechnen. Wenn auch der 
absolute Wert dem Fehler ungenügender Auswaschung unterworfen 
ist, so sind doch verläßliche Vergleichs werte in bezug auf die Ver¬ 
weildauer des Klysmas und in bezug auf das Verhalten verschie¬ 
dener chemischer Substanzen zu erzielen. 

2 . Die Halogensalze des Natriums verhalten sich in isotonischer 
Lösung und äquimolekularen Dosen, so, wie es bereits aus Tierver- 

x ) „Der Ham etc.“ Springer, I. Bd., S. 458, 814. — Ebenso Thitrfdder , 
Zeitschr. f. physik. Chem. 164. 1866. 


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188 A. F. Hecht: Resorption von medikamentösen Klysmen bei Kindern. 

suchen mit Darmschlingen bekannt ist. CINa wird rascher als BrNa 
und dieses wieder rascher als JNa resorbiert. 

3. Kombiniert man die Halogensalze durch Mischung isotonischer 
Lösung von JNa, BrNa und CINa, dann erfolgt die Resorption bei¬ 
läufig nach dem Äquivalentgewicht. 

BrNa und JNa stören einander in der Resorption nicht: es 
scheint, daß CINa die Resorption des BrNa beeinträchtigt, die des 
JNa unbeeinflußt läßt. 

4. Natrium salicylicum wird langsamer als die Halogensalze des 
Natriums resorbiert. 

5. Chloralhydrat verhält sich beiläufig wie Natrium salicylicum; 
es genügt bereits die Resorption von einem Drittel der verabfolgten 
Dosis, um die Beruhigung einzuleiten. 

6 . Bei Campher- und Chloralhydratklysmen erscheint nur ein 
Bruchteil der verabfolgten Dosis im Harn als Glykuronsäurepaarling. 
Ein Schluß auf die Resorptionswerte läßt sich bei dieser Versuchs¬ 
anordnung nicht ziehen, da ja nicht die ganze resorbierte Substanz 
den Pfortaderkreislauf passiert und in der Leber synthetisiert wird. 



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Ül>er die Wirkung des Pilocarpins. 

Von 

Assistenzarzt Dr. 0. Platz. 

(Aus der Med. Klinik des Krankenhauses Magdeburg-Sudenburg 
[Direktor: Prof. Dr. E. Schreiber].) 

{Eingegangen am 7. Juli 1922.) 

Unsere vergleichenden Untersuchungen über die Wirkung des Atro¬ 
pins und Adrenalins haben gezeigt, daß die verschiedenartige Wir¬ 
kung der Mittel bei subcutaner, intramuskulärer oder intravenöser 
Einverleibung entweder auf ResorptionsVerschiedenheiten oder auf 
eine Zersetzung der Drogen in den Geweben des Körpers zurück¬ 
zuführen ist und daß man daher, um diese auszuschließen, für die 
pharmakologische Prüfung des vegetativen Nervensystems nur die 
intravenöse Injektion benutzen wolle. In der Annahme, daß ähn¬ 
liche Momente auch bei der Wirkung des Pilocarpins eine Rolle 
spielten, unternahm ich vergleichende Untersuchungen mit Pilocarpin 
bei subcutaner und intravenöser Darreichung. Bei meinen 30 Pilo¬ 
carpinversuchen injizierte ich Dosen von 0,001—0,01 g. Beobachtet 
wurden Puls, Blutdruck, Atmung, Speichelabsonderung, Schwei߬ 
sekretion und die Veränderungen des Zucker-, Kochsalz und Trocken¬ 
substanzgehaltes des Blutes (nach Bang), die Veränderung des Blut¬ 
bildes und event. Glykosurie. (Tabelle I.) 

Das Pilocarpin rief in allen Versuchen eine Pulsbeschleunigung 
hervor, wie sie die angeführten Beispiele zeigen. Dieselbe ließ 
sich sowohl bei der intravenösen als auch bei der subcutanen In¬ 
jektion noch deutlich bei der Dosis von 0,001 g immer nach weisen. 
Bei der intravenösen Einspritzung erreichte die Pulsfrequenz in allen 
Fällen sofort nach der Injektion ihr Maximum, um sich bereits nach 
der 20. Minute dem Ausgangswert wieder zu nähern, während bei 
der subcutanen die Höchstzahl zwischen der 5. und 15. Minute und 
der Anfangswert nach der 40. Minute noch nicht wieder erreicht 
wurde. Die Steigerung der Pulsfrequenz betrug nach der intra¬ 
venösen Injektion 10—48 Schläge, nach der subcutanen 10—22 pro 
Minute. Während bei der intravenösen Einspritzung die stärkste 
Pulssteigerung bei den höheren Dosen erreicht wurde, konnte dieser 


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Parallelismus bei der subcutanen nicht festgestellt werden. Eppinger 
und Heß fanden bei subcutaner Einverleibung nie eine Wirkung des 
Pilocarpins auf die Pulsfrequenz, während Bauer nach derselben 
meist eine Pulsbeschleunigung, nie aber eine Pulsverlangsamung be¬ 
obachtete; Barlocco will die letztere bei seinen Vagotonikern gesehen 
haben. Meine Beobachtungen stimmen nur mit denen von Bauer 
überein. (Tabelle II.) 

Aus den angeführten Beispielen, und zwar bis zu Dosen von 
0,002 intravenös und 0,0025 subcutan abwärts, sehen wir, daß das 
Pilocarpin stets eine Blutdruckerniedrigung hervorruft. Dieselbe er¬ 
reichte bei der intravenösen Einspritzung den tiefsten Stand ent¬ 
weder sofort oder spätestens nach 5 Minuten, bei der subcutanen 
dagegen nach 10—20 Minuten. In beiden Fällen betrug sie 10 bis 
15 mm Hg- Nach Bauer soll das Pilocarpin bei subcutaner Injektion 
eine Neigung zur Blutdrucksteigerung bewirken, während es nach 
Barlocco in Dosen von 0,01 subcutan bei Vagotonikern den Blut¬ 
druck herabsetzt. 

Ein Vergleich der beiden letzten Versuchsreihen zeigt, daß sich 
die Wirkung des Mittels auf den Puls bei beiden Anwendungsarten 
noch bei geringeren Dosen nachweisen läßt als diejenige auf den 
Blutdruck. Die Resorptionsverhältnisse spielen beim Pilocarpin keine 
so erhebliche Rolle wie bei dem Adrenalin; immerhin treten natür¬ 
lich die Pulssteigerung und die Blutdruckerniedrigung schneller ein 
bei der intravenösen, auch steigt die Pulszahl höher und geht schneller 
zur Norm zurück. Beachtenswert ist, daß bei der intravenösen Ein¬ 
spritzung die Wirkung auf die Pulszahl der Größe der Dosis ent¬ 
spricht, nicht aber bei der subcutanen. 

Was die Atemfrequenzveränderung nach Pilocarpin anlangt, so 
fand ich bei meinen Untersuchungen bald eine geringe Vermehrung, 
bald eine Verminderung. Irgendeine Gesetzmäßigkeit konnte ich 
nicht finden. Der Atemfrequenzveränderung wird auch in der Lite¬ 
ratur keine besondere Wichtigkeit zugeschrieben. (Tabelle III.) 

In meinen Versuchen rief sowohl die intravenöse als auch die 
subcutane Einspritzung stets eine Steigerung des Blutzuckergehaltes 
hervor; selbst bei der geringsten von mir angewandten Dosis von 
0,001 g war die Vermehrung deutlich. Sie schwankte bei der intra¬ 
venösen Einspritzung zwischen 0,011 und 0,131 °/ 0 , bei der subcutanen 
zwischen 0,010 und 0,039 °/ 0 . Sie erreichte ihre Höhe bei der intra¬ 
venösen Injektion spätestens nach 5 Minuten, um bereits nach 10 Mi¬ 
nuten sich ihrem Ausgangspunkt wieder zu nähern, bei der subcutanen 
war infolge der langsamen Resorption die Höhe zwischen 15 und 
30 Minuten (meist nach 15) und der Anfangswert nach 45 Minuten 
annähernd wieder erreicht. Weder bei der intravenösen noch bei 



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Tabelle I . Wirkung dt» Pilocarpins auf die Pulsfrequenz. 


Über die Wirkung des Pilocarpins. 


191 


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192 

der subcutanen Darreichung konnte ein Parallismus zwischen der 
verabreichten Dosis und der Höhe des Blutzuckeranstieges festgestellt 
werden. Meine Versuche bestätigen die Befunde von Bomstein und 
Vogel , die bei Hunden und Kaninchen durch intravenöse Pilocarpin¬ 
einspritzungen Hyperglykämie herv<>rriefen. Dagegen fand Ouygan 
nach Pilocarpin keine Erhöhung des Blutzuckergehaltes. 

Die Schwankungen des Blutkochsalzgehaltes sind, wie die vor¬ 
stehenden Zahlen zeigen, bei beiden Anwendungsweisen sehr gering 
und liegen innerhalb des Bereiches der Fehlerquellen der Bestimuiungs- 
methode. Der Kochsalzgehalt wurde in 26 Fällen (nach Bang), und 
zwar 13 mal nach subcutaner und 13 mal nach intravenöser Injektion 
untersucht. Bei letzterer stieg er in 6 Fällen um 0,01—0,03 °/ 0 , in 
7 Fällen fiel er um 0,03—0,09 °/ 0 . Bei der subcutanen stieg er nur 
in 1 Fall um 0,03, in den 12 anderen Fällen fiel er um 0,04—0,12 °/ 0 . 
Die Kochsalzveränderungen zeigen also kein charakteristisches Ver¬ 
halten. Ein Parallelismus zwischen der Menge des Schweißes oder 
Speichels bestand nicht, wie man vielleicht hätte erwarten können. 
In der mir zur Verfügung stehenden Literatur fand ich keine Mit¬ 
teilung über das Verhalten des Blutkochsalzes nach Pilocarpin. 
(Tabelle IV.) 

In allen meinen Versuchen fand ich eine Vermehrung der Blut¬ 
trockensubstanz nach Pilocarpin. Dieselbe erreichte ihre Höhe bei 
der intravenösen Einspritzung sofort und war bereits nach 10 Mi¬ 
nuten zum Ausgangswert herabgesunken; sie schwankte dabei zwi¬ 
schen 2,1 und 3,9 °/ 0 . Nach der subcutanen Einverleibung wurde die 
Höhe mit Ausnahme eines Falles, bei dem sie erst nach 20 Minuten 
erreicht wurde, stets nach 15 Minuten beobachtet, nach 8 / 4 Stunden 
war sie auf den Anfangswert zurückgesunken: sie schwankte zwi¬ 
schen 2,6—2,7 °/ 0 . Die Vermehrung der Trockensubstanz nahm aber 
bei beiden Anwendungsweisen nicht mit der Dosis zu. Auch bestand 
kein Parallelismus zwischen der Menge des Speichels oder Schweißes, 
ebensowenig zwischen der Vermehrung des Blutzuckers und der 
Trockensubstanz. 

Die Vermehrung der Trockensubstanz beruht zweifellos auf Blut¬ 
eindickung. Bomstein und Vogel fanden bei ihren Versuchen eine 
Vermehrung des relativen Hämoglobingehaltes, der roten Blutkörper¬ 
chen und des Eiweißgehaltes des Serums. Sie führen diese Ver¬ 
mehrung mit Recht auf eine Wasserverschiebung innerhalb der Kör¬ 
pers und nur zu einem kleinen Teil auf Wasserverlust durch vermehrte 
Exkretion, Sekretion und Perspiratio insensibilis zurück. (Tabelle V.) 

Wie die Beispiele zeigen, fand sich in allen Fällen eine Ver¬ 
mehrung der roten Blutkörperchen. Dieselbe schwankte zwischen 80 
bis 90000. 



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Uber die Wirkung des Pilocarpins. 


193 


Ein Parallelismus mit der verabreichten Dosis konnte nicht 
festgestellt werden. Auch Bornslein und Vogel fanden bei Hunden 
eine Vermehrung der roten Blutkörperchen. 

Die Gesamtzahl der Leukocyten wurde in 16 Fällen nach intra¬ 
venöser und in 14 Fällen nach subcutaner Injektion bestimmt, und 
zwar stets am ersten Tage nach der intravenösen und 24 Stunden 
später bei demselben Patienten mit derselben Dosis nach subcutaner. 

Nach der intravenösen Injektion beobachtete ich in 10 Fällen 
eine Vermehrung der Leukocyten um 200—1300 und in 6 Fällen 
eine Verminderung um 300—800, nach der subcutan in 9 Fällen eine 
Vermehrung um 200—2200, in 3 Fällen eine Verminderung um 200 
bis 600. Das Maximum, desgleichen das Minimum der Leukocyten- 
zahl lag nach der intravenösen Applikation zwischen 5 und 15 Mi¬ 
nuten, nach der subcutanen zwischen 15 und 25 Minuten. Eine 
Abhängigkeit der Veränderung der Leukocytenzahl von der verab¬ 
reichten Pilocarpindosis konnte ich nicht feststellen. Harvey fand 
nach Pilocarpin eine Leukocytose, die er auf Kontraktion der glatten 
Muskelfasern der Milz zurückführt, denn nach Abbinden der Milz¬ 
gefäße bleibt die Leukocytose aus. Auch Schenk beobachtete nach 
subcutaner Injektion eine starke Vermehrung der weißen Blutkörper¬ 
chen durch Lymphocytenzunahme. Caro , Horbazcewski, Rieder und 
Wilkin8on sehen im Pilocarpin ein Leukocytotonicum. Frey fand 
nach Policarpin subcutan keine nennenswerten Schwankungen im 
Blutbild und weist darauf hin, daß diese Frage noch mittels intra¬ 
venöser Injektion nachgeprüft werden müßte. Allen den genannten 
Autoren, die von Pilocarpin als von einem Leukocytose erregenden 
Mittel sprechen, kann ich nicht zustimmen, denn aus meinen Ver¬ 
suchen geht keine einheitliche Wirkung desselben im Sinne einer 
Vermehrung der weißen Blutkörperchen hervor. 

Die neutrophilen Zellen fand ich nach der intravenösen Injektion 
in 10 Fällen um 2—14 °/ 0 vermindert, in 2 Fällen um 5 resp. 15 °/ 0 
vermehrt (Lues cerebri, Neurasthenie), bei der subcutanen in 9 Fällen 
um 2—14°/ 0 vermindert und in 3 um 3—10°/ 0 vermehrt (Neurasth., 
Hyst., Dem. praec.). Der Zeitpunkt des Maximums resp. Minimums 
der Zahl der Neutrophilen ist gleich demjenigen der Leukocyten¬ 
zahl überhaupt. 

Die Eosinophilen waren nach der intravenösen Injektion in 
10 Fällen um 1—5 °/ 0 vermehrt und in 2 um 1 und 2 °/ 0 vermindert 
(Dem. sen., Lues cerebri), bei der subcutanen in 10 Fällen um 1 bis 
4° 0 vermehrt und in 2 um 1 °/ 0 vermindert (Neurasth. und Lues 
cerebri). Die Fälle, bei denen nach der subcutanen Einspritzung 
eine Verminderung beobachtet wurde, hatten bei der intravenösen 
eine Vermehrung und umgekehrt. 

Z. f. d. ff. exp. Med. XXX. 1 


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über die Wirkung des Pilocarpins. 


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FcUta , Bertelli und Schweeger, Port und Brunow beobachteten nach 
Pilocarpin stets eine Eosinophilie. Wollenberg spricht von einer ge¬ 
ringen Eosinophilie bei genügender Anspruchsfähigkeit des eosino¬ 
philen Systems. Nach Frey dagegen werden die Eosinophilen kaum 
durch Pilocarpin beeinflußt, denn Differenzen von 3 °/ 0 liegen inner¬ 
halb der Fehlergrenzen. Schenk fand keine Veränderung dieser Zellart. 
Schwenker und Schlecht kommen zu dem Schlüsse: Pilocarpin und 
Physostigmin haben entweder keine nennenswerte Beeinflussung der 
Eosinophilen zur Folge oder sie führen zur Abnahme bzw, zum 
völligen Verschwinden derselben. Aus meinen eigenen Untersuchun¬ 
gen ziehe ich den Schluß, daß das Pilocarpin subcutan wie intra¬ 
venös in den meisten Fällen nur eine geringe Vermehrung dieser 
Zellen bewirkt, in vereinzelten Fällen jedoch auch eine unerhebliche 
Verringerung hervorrufen kann. Ich stimme dabei mit Frey überein, 
daß die Differenzen der Zahlen so gering sind, daß sie kaum das 
Bereich der Fehlerquellen übersteigen. 

Die Lymphocyten erfuhren bei der intravenösen Injektion in 
9 Fällen eine Vermehrung um 1—17 °/ 0 , in 3 Fällen eine Verminde¬ 
rung um 1—ll° 0 (Dem. sen., Lues, her., Hyst.); bei der subcutanen 
in 9 Fällen eine Vermehrung um 1—10 °/ 0 , in 3 Fällen eine Ver¬ 
minderung von 1—12 °/ 0 (Hyst., Lues her., Neurasth.). Beachtenswert 
scheint der Fall 1 der Tabelle VII (Epilepsie), bei welchem nach 
der intravenösen Einspritzung eine Verminderung um 11 °/ 0 , bei der 
subcutanen eine solche von 12 °/ 0 erreicht wurde. 

Harvey , Faita und Waldstein fanden nach subcutaner Pilocarpin¬ 
einspritzung eine Lymphocytose, während Pechler , dschenheim und 
Poms keine konstante Wirkung auf die Lymphocyten feststellen 
konnten. Frey beobachtete bei Kaninchen und Meerschweinchen nach 
Pilocarpineinspritzungen einen raschen Anstieg der Lymphocyten, 
beim Menschen hingegen blieben dieselben in ihrem absoluten Wert 
unverändert. Nach Schenk beruht die LeukocytenSteigerung in der 
ersten halben Stunde nach subcutaner Anwendung auf einer Lympho- 
cytenvermehrung. Nach meinen Versuchen tritt nach Pilocarpin sub¬ 
cutan wie intravenös in den meisten Fällen (5H°/ 0 ) eine Vermehrung 
ein, welche die Fehlergrenze übersteigt, nicht unbeträchtliche Ver¬ 
minderung kommt jedoch auch vor (42 °/ 0 ). 

Die Veränderungen in der Zahl der Mononuclearen waren nach 
Pilocarpin derart gering, daß sie irgendwelche Schlüsse nicht zulassen. 
Der Ansicht Friedbergs , daß diese Zellen sich den Schwankungen 
der Polnucleären anschließen, kann ich nicht zustimmen. 

Bei 30 Pilocarpinversuchen wurde auch die Speichelmenge sowie 
die Schweißsekretion kontrolliert. Einen Schweißausbruch beobach¬ 
tete ich nur 2mal, und zwar bei einer Patientin, die 0,00ö g Pilo- 



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Über die Wirkung de« Pilocarpins. 


197 


carpin intravenös, und bei einer anderen, die 0,01 g subcutan er¬ 
halten hatte. Nach der intravenösen Einspritzung trat der Schwei߬ 
ausbruch 5 Minuten später auf und war nach 1 / 4 Stunde beendet, 
nach der subcutanen etwa nach 15 Minuten und dauerte bis zu 
40 Minuten. Rötung des Gesichtes ohne Schweißausbruch fand ich 
bei allen Versuchen bis zu Dosen von 0,0025 g intravenös wie sub¬ 
cutan, bei den geringeren Dosen wurde sie nicht beobachtet. 

Die Speichelmengen schwankten zwischen 10 und 120 ccm. Eine 
Abhängigkeit von der Dosis konnte ich nicht feststellen; auch war 
die Speichelmenge bei der subcutanen und der intravenösen Ein¬ 
spritzung gleich groß. Die Sekretion begann bei der intravenösen 
Einverleibung nach 2-—10 Minuten und hielt bis zu 30 Minuten an, 
während sie nach der subcutanen etw^a 10—15 Minuten später be¬ 
gann und meist nach einer Stunde noch bestand. 

Nach Bauer ist die Salivation eine häufigere Erscheinung nach 
Pilocarpin als die Schweißsekretion, was mit meinen Resultaten 
übereinstimmen würde. Dagegen habe ich die von Bauer zuweilen 
beobachtete Blässe der Haut nicht gesehen. 

Glykosurie habe ich in keinem meiner Fälle beobachtet. Harn¬ 
drang trat 3 mal, 2 mal nach subcutaner, 1 mal nach intravenöser 
auf, dagegen niemals schmerzhafter Blasentenesmus. Von 1 Patientin 
(Lues her.) wurde sowohl nach der intravenösen als auch nach der 
subcutanen Einverleibung über Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und 
Herzklopfen geklagt. 

Im allgemeinen wurde die intravenöse Injektion nach Pilocarpin 
genau so gut vertragen wie die subcutane. Am lästigsten war den 
Patienten die Speichel- und Schweißsekretion. 

Zusammenfassung. 

Pilocarpin bewirkt Pulsfrequenzerhöhung und Blutdruckerniedri¬ 
gung. Die Zunahme der Pulszahl ist nach der intravenösen Anwen¬ 
dung stärker als nach der subcutanen. 

Die Atemfrequenz zeigt keine charakteristischen Veränderungen 
nach Pilocarpineinspritzungen. 

Stets erfolgte nach letzteren ein Blutzuckeranstieg, der nach 
intravenösen beträchtlicher ist als nach subcutanen. 

Die Veränderungen des Kochsalzgehaltes im Blut liegen inner¬ 
halb der Fehlergrenzen. 

Die Bluttrockensubstanz nahm nach Pilocarpin zu, und zwar am 
stärksten nach den intravenösen Einspritzungen. Ein Parallelismus 
zwischen Zunahme des Blutzuckers und der Trockensubstanz konnte 
nicht festgestellt werden. 


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19S 0. Platz: über die Wirkung des Pilocarpine. 

Beide Injektionsarten riefen eine geringe Vermehrung der Erythro- 
cyten hervor. 

Die Gesamtzahl der Leukocyten war bald vermehrt, besonders 
nach der subcutanen Einspritzung, bald vermindert. 

Die Neutrophilen zeigten meist eine mäßige Abnahme, die Eosino¬ 
philen eine Zunahme, die aber noch innerhalb der Fehlergrenzen 
liegt, die Lymphocyten einen mäßigen Anstieg. 

Pilocarpin bewirkt häufiger eine verstärkte Speichel- als Schwei߬ 
sekretion. 

Bei der verschiedenen Wirkung der subcutanen Pilocarpinein¬ 
spritzung gegenüber der intravenösen dürften wahrscheinlich Re¬ 
sorptionsverschiedenheiten eine Rolle spielen, jedoch nicht in so 
ausgesprochener Weise wie ich das beim Adrenalin und Atropin 
nachweisen konnte. 

Pilocarpin wird vom Menschen intravenös ebensogut vertragen 
wie subcutan. 

Anhang. 

Da ich in meinen Arbeiten über die Wirkung des Atropins, 
Adrenalins und Pilocarpins (wenn auch bei diesem in nicht so aus¬ 
gesprochenem Maße) nachweisen konnte, daß bei der sukcutanen 
Applikationsart der Effekt oft ein anderer ist als bei der intra¬ 
venösen, was auch Csepai und Sanguinetti hinsichtlich des Adrenalins 
betont haben, stehe ich auf dem Standpunkt, daß man zur pharma¬ 
kologischen Prüfung des vegetativen Nervensystems nur die intra¬ 
venöse Injektion dieser Mittel benutzen sollte. Die schwierige Frage 
der Dosierung habe ich bereits in meinen Arbeiten gestreift, werde 
aber in einer folgenden Mitteilung noch ausführlicher darauf zu¬ 
rückkommen. 


Literaturverzeichnis. 

Aschenheim und Porus: Monatsschr. f. Kinderheilk. 10, 503. 1914. — Bauer : 
Dtech. Arch. f. klin. Med. 107, 39. — Barlocco : Riforma med. Jg. 36, Nr. 44, 
S. 997. 1920. — Bornstein und Vogel: Biochem. Zeitschr. 118, 1. 1921. — Caro 
nach Woüenberg. — Eppinger und Heß : Zeitschr. f. klin. Med. 67 u. 68. 1910. — 
Die Vagotonie. Berlin 1910. — FaUa , Bertelli und Schweeger: Zeitschr. f klin. 
Med. 71. 1910. — Frey : Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 2, 38 u. 50. 1913. -- 
Friedberg: Monatsschr. f. Kinderheilk. 18, 432. 1920 — Harvey : Joum. of 
physiol 35,115. 1907. — Horbazcewski nach Wollenbcrg. — Mac Guygan: Journ. 
of pharmacol. a. exp. therap. 407. 1916. — Pechler nach Wollenberg. — Platz: 
Zeitschr. f. d. ges. exper. Med. 28, H. 1, S. 81 u.ff. — Port und Bruno : Arch. f. 
experim. Pathol.u.Pharmakol.76, H.3/4, S.239.1914. — Rieder nach Wollenberg. — 
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Zeitschr. f. klin. Med. 76, 77.1912. — Waldstein nach Wollenberg. — Wükinson nach 
Wollenberg. — Wollenberg: Zeitschr. f. klin. Med. 92, 249. 1921. 



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Über Echinokokken-Anaphylaxie. 

Von 

Primararzt Dr. Johann Hugo Botteri. 

Direktor des LaDdeskraokeDhauaei in Sibenlk (Sebenico) SHS. 

(Eingegangen am 7. Juli 1922.) 

Die Echinokokkenkrankheit ist eine in Dalmatien weitverbrei¬ 
tete Invasionskrankheit. In den letzten 20 Jahren haben wir im 
hiesigen Landesspitale 262 Echinokokkuskranke auf ca. 40000 ge¬ 
samter Patientenzahl aufgenommen. Weibliche Personen erkranken 
etwas öfter als männliche (4:3), und zwar wird am meisten das 
Alter zwischen 20—40 Jahren befallen. Die Lokalisation ist ca. 60°/ 0 
in der Leber, 14°/ 0 in den Lungen, 7°/ 0 in der Milz, 7°/ 0 im Peri¬ 
toneum, die übrigen Prozente sind in den anderen Organen verteilt. 
Eine Multiplizität der Echinokokkuscysten in der Leber haben wir 
in 20 °/ 0 der Fälle beobachten können. 

Ähnliche Statistiken liefern auch die anderen Spitäler Dalmatiens. 

Parallel damit geht die Infektion des Schlachtviehs. Die Rinder, 
welche zum großen Teil aus Bosnien kommen, sind von 50—90°/ 0 
infiziert, und zwar am meisten im Herbst und Winter, am wenigsten 
im Frühjahr und Sommer. Es hängt diese Schwankung der Morbi¬ 
dität vielleicht mit der häufigeren Infektionsgelegenheit im Frühjahr, 
wo das Gras beim schnellen Emporwachsen die Parasiteneier in die 
Höhe treibt, zusammen. Natürlich wird die Infektion beim Schlachten 
erst nach 6—9 Monaten manifest, wenn die Blasen eine bemerkbare 
Größe erreicht haben. Die Lokalisation derselben ist überwiegend 
in den Lungen, und zwar fast immer multipel, weniger oft in der 
Leber. Beim Schafe sind die Verhältnisse ähnlich. Von Ziegen und 
Schweinen finden wir hingegen höchstens nur 10°/ 0 infiziert. 

Wegen Mangel an wirksamen inneren Medikamenten sind wir 
auf die chirurgische Therapie angewiesen. Die Technik derselben 
hat in den letzten Jahren, besonders nach Einführung der präven¬ 
tiven Formolisierung nach Entleerung der Cysten, große Fortschritte 
gemacht, ist aber sicher noch lange nicht die ideale Behandlung 
einer solchen Affektion. Die primäre Vemähung und Versenkung 
der Cyste eventuell mit Capitonnage derselben gelingt in der Minder¬ 
zahl der Fälle. Die meisten hingegen sind den Gefahren einer lang- 


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200 


J. H. Botteri: 


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wierigen, sekundären Eiterung eventuell mit Gallenfluß aus der 
marsupialisierten Cyste ausgesetzt. Man muß bedenken, daß man 
noch immer ca. 15°/ 0 der marsupialisierten Echinokokkuskranken an 
der monatelangen Eiterung erschöpft zugrunde gehen sieht. Je 
größer die Cyste, desto ausgiebiger und länger ist die Eiterung. 

Die einzige mögliche Verbesserung der Prognose wäre demnach 
eine frühzeitige Diagnose, wenn die Cyste noch relativ klein ist. 
Erstens gelingt bei solchen kleinen Cysten die primäre Reduktion 
viel leichter und zweitens ist die sekundäre Eiterung nach einer 
eventuell nötigen Marsupialisation eine viel geringere und kürzere 
und die Prognose somit eine viel günstigere. 

Eine frühzeitige Diagnose ist bei den Lungencysten mit Hilfe 
der Radioskopie leicht, bei den Cysten in den anderen Organen 
dagegen nicht. Eine Probepunktion ist auf alle Fälle streng unter¬ 
sagt, denn abgesehen von der möglichen Keimaussäung (Greffes) in 
die durchstoßenen serösen Höhlen, ist nie die Gefahr eines selbst 
tödlichen anaphylaktischen Choks auszuschließen. Klassisch bleibt 
der Fall von Deve , wo eine junge Person wenige Stunden nach der 
Operation einem Chok erlag, welcher auf eine Sensibilisierung in¬ 
folge einer 26 Tage vor der Operation ausgeführten Probepunktion 
zurückzuführen war. Erst kürzlich (30. XI. 1921) wurde im Verein 
der Ärzte in Halle a. S. ein Fall von Beneke mitgeteilt, bei welchem 
ein tödlicher Chok nach einer Laparotomie als Folge einer vor Jahren 
erfolgten Sensibilisierung durch eine spontan geplatzte Echinokokkus¬ 
cyste eingetreten ist. 

Dem Bedürfnisse einer frühzeitigen Diagnose entspringen viele 
serologische Reaktionen. 

Die Präcipitinreaktion gab in den Händen Weinbergs gute Resul¬ 
tate. Sie ist aber doch nur in 35°/ 0 der Fälle positiv. 

Die Meiostagminreaktion von Ascoli ist sehr inkonstant. Die 
Abderhalden sehe Reaktion gab befriedigende Resultate, ist aber sehr 
umständlich und heikel. 

Die Komplementbindungsmethode von Bordet-Gengou wurde von 
Ghedini-Weinberg für die Echinokokkose bearbeitet, sie ist eine der 
konstantesten, indem sie 82°/ 0 positive Resultate liefert, muß aber 
unbedingt einem gut eingerichteten Laboratorium genau wie die 
Wassermann sehe Reaktion überlassen werden. Es sind vor kurzem 
(Berl. klin. Wochenschr. 1921, Nr. 36) sehr gute Berichte über die¬ 
selbe von der serologischen Abteilung des Instituts „Robert Koch“ 
veröffentlicht worden. 

Die Eosinophilie ist wenig konstant und dabei nicht spezifisch. 

Experimentell wurde die Echinokokkenanaphylaxie von Weinberg 
und Ciuca beim Meerschweinchen geprüft. Es gelang diesen Autoren, 



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Über Echinokokken-Anaphylaxie. 


201 


sowohl di© aktive wie die passive Sensibilisierung regelmäßig zu er¬ 
zeugen. Die Intracutanreaktion wurde von französischen und italie¬ 
nischen Autoren versucht und geübt ( Boidin , Laroche , Caeoni ), aber 
bis jetzt gar nicht oder nur höchstens sehr oberflächlich wissen¬ 
schaftlich bearbeitet. Nur einmal erwähnt Fontano , einen Menschen 
aktiv sensibilisiert zu haben. Die passive Übertragung der Allergie 
hat er nicht versucht und die Desensibilierung ist ihm nicht ge¬ 
lungen. 

Der Inhalt der Echinokokkenblasen beim Menschen ist von leicht 
alkalischer Reaktion und enthält immer Eiweiß, manchmal in Spuren, 
oft aber in bedeutender Menge bis 2°/^, ohne daß dabei die ge¬ 
ringste Spur Vereiterung, etwa in Form leukocytärer Einwanderung, 
wahrzunehmen wäre. 

Natürlich habe ich dabei nur die Cysten mit wasserklarem Inhalt 
und ohne Tochterblasen berücksichtigt, weil eben die Bildung der 
letzteren eine Art Selbstverteidigung des Parasiten gegen irgendeine 
äußere schädliche Einwirkung darstellt (Deve) und weil damit eine 
Veränderung nicht nur der Blasen wand, sondern auch des primären 
Blaseninhaltes doch möglich wäre. Beim Rinde aber enthalten einige 
der jungen Blasen, welche sich in den Lungen entwickeln, eine 
Flüssigkeit, welche selbst mit den feinsten klinischen Eiweißproben 
(Sulfosalicylsäure) keine Spur von Trübung ergibt. Sie enthalten auch 
keine Albumosen, wohl aber Spuren Pepton und ziemlich viel lipoide 
Substanzen. 

Entgegen der noch immer von vielen Lehrbüchern angeführten 
Annahme (Mohr und Stctehelin), daß die Hydatidenflüssigkeit ein 
Toxin enthält (intoxication hydatique), habe ich mich bei vielen 
vorsichtig angestellten, quantitativ abgestuften Vorversuchen über¬ 
zeugen können, daß dieselbe für den Menschen primär nicht toxisch 
ist. Normale Menschen reagieren weder auf intracutane, noch auf 
subcutane, noch auf endovenöse Einspritzung von steriler Eohino- 
kokkenflüssigkeit in keiner Weise. Es reagieren nur Echinokokkus¬ 
kranke darauf. Wäre diese Reaktion eine Toxinüberempfindlichkeit, 
so müßte erstens mit wiederholten Impfungen eine antitoxische Im¬ 
munität gelingen und zweitens wäre eine solche atypische Form der 
Toxinallergie (Doerr) passiv nicht zu übertragen. Nun geht aus 
meinen später erwähnten Versuchen hervor, daß bei der Echinokokken¬ 
anaphylaxie weder die erste noch die zweite Voraussetzung zutrifft. 

Es handelt sich eben um eine Allergie gegen Eiweißantigene und 
nicht gegen Toxine. 

Nach dem günstigen Ausfall dieser Vorversuche ging ich über, 
am Menschen zu experimentieren. 


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220 


J. H. Botteri: 


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Die Berechtigung zu solchen Versuchen fand ich einerseits in der 
Harmlosigkeit einer Sensibilisierung gegen ein Antigen, mit dem der 
betreffende Organismus bei der relativen Seltenheit der Erkrankung 
höchstwahrscheinlich in seinem Leben nie in Berührung kommen 
wird, und andererseits, wenn auch einmal eine Invasion mit Para¬ 
siteneiern doch stattfinden sollte, könnte die Persistenz einer Sensi¬ 
bilisierung nie von Schaden, vielleicht sogar von Nutzen sein. 

I. Aktive Anaphylaxie« 

Es läßt sich beim Menschen ziemlich leicht eine Sensibilisierung 
gegen Echinokokkenfiüssigkeit auf subcutanem Wege durch eine ein¬ 
malige, relativ kleine Antigendosis (2—5 ccm), manchmal sogar durch 
wiederholte intracutane Impfungen von nur 0,10—0,20 Antigen er¬ 
zeugen, während die Sensibilisierung auf endovenösem Wege schwer 
und nur mit wiederholten und größeren Dosen zu erreichen ist. In 
dieser Beziehung sind die Verhältnisse beim Menschen dieselben wie 
beim Meerschweinchen. Weinberg hat nämlich schon vor 9 Jahren 
festgestellt, daß beim genannten Tiere die Erzeugung der Echino¬ 
kokkusanaphylaxie am besten auf subcutanem Wege, schlechter auf 
peritonealem Wege und am schlechtesten auf endovenösem Wege 
gelingt. Die Ursache kann die sein, daß bei der intravenösen Zu¬ 
fuhr das Antigen rasch und in starker Konzentration zu den Gewebs¬ 
zellen gelangt und ebenso rasch gebunden wird, während bei der 
subcutanen Applikationsmethode nur ein geringer Bruchteil des An¬ 
tigens in langsamem Tempo ins Blut Übertritt und auf diese Weise 
eine langsame, kontinuierliche, dafür aber um so wirksamere Sensi¬ 
bilisierung der in Betracht kommenden Gewebe bewirkt. Merkwürdig 
ist die Tatsache, daß die Höhe der bei diesen Experimenten an 
Meerschweinchen angewandten Sensibilisierungsdosen (bei einmaliger 
Injektion 2 g, bei wiederholten 0,25 g) genau mit denen, welche ich 
bei der Sensibilisierung des Menschen gegen dasselbe Antigen als 
nötig gefunden habe, übereinstimmen. Und doch ist der Mensch 
nicht weniger als 200 mal schwerer! 

Einmal ist es mir gelungen, eine Patientin per os zu sensibili¬ 
sieren und zwar durch Darreichung von 350 g sterilen Antigens auf 
7 Tage verteilt. Ich habe das Antigen immer unmittelbar vor dem 
Essen gegeben, um die Einwirkung der Salzsäure womöglich auszu¬ 
schalten. Natürlich ist in diesem Falle an kleine Läsionen oder an 
pathologische Durchlässigkeit der Magendarmwand zu denken. 

Die Uberempfindlichkeit habe ich mit intracutaner Impfung von 
0,1—0,2 steriler Hydatidenflüssigkeit geprüft. Etwa 8—10 Tage 
nach der sensibilisierenden Einspritzung ist die intracutane Reaktion 
positiv in Form einer Rötung und Infiltration der Haut von der 



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Über Echinokokken Anaphylaxie. 


203 


Größe eines Fünfkronenstückes, währenddem vor der Sensibilisierung 
entweder gar keine Reaktion oder nur eine leicht entzündliche Papel 
von höchstens 1 cm Durchmesser auf tritt. 

Nun gelingt es sowohl mit der menschlichen eiweißhaltigen wie 
mit der tierischen eiweißfreien Hydatidenflüssigkeit (bei letzterer viel 
größere Mengen vorausgesetzt) den Menschen zu sensibilisieren in 
der Weise, daß er nach einer bestimmten Inkubationszeit eine posi¬ 
tive Intracutanreaktion nicht nur bei Impfung mit eiweißhaltigem, 
sondern auch, obwohl viel schwächer und inkonstanter, bei Impfung 
mit eiweißfreiem Antigene aufweise. 

Ohne die später besprochene Frage der Mitbeteiligung der lipoiden 
Substanzen an der Anaphylaxie zu berühren, wäre es wohl möglich, 
daß es sich beim eiweißfreien Rinderantigen um die Wirkung ganz 
minimaler Eiweißspuren handle, welche nicht mehr chemisch, sondern 
nur serologisch nachweisbar wären. 

Eine physikalische Vorbedingung der Antigenfunktion ist die 
Wasserlöslichkeit Es ist daher die irreversible Koagulation durch 
Erhitzen (Kochen) stets mit einem Verlust des anaphylaktogenen 
Vermögens verknüpft. Durch einmaliges Auf kochen der Hydatiden¬ 
flüssigkeit wird ihre anaphylaktogene Wirkung nicht abgeschwächt, 
wenn dabei das Eiweiß infolge der alkalischen Reaktion nicht aus¬ 
fällt. Erst wenn man durch Essigsäurezusatz den optimalen Säure¬ 
grad erreicht und die Flüssigkeit vom ausgefällten Eiweiß befreit, 
wird die mit dem Filtrat bei anaphylaktischen Individuen angestellte 
Intracutanreaktion stark abgeschwächt, ja ganz aufgehoben. 

Die Intracutanreaktion ist bei echinokokkuskranken Menschen 
eine imposante. Ich pflege sie an der Volarseite des Unterarmes in 
der Weise anzustellen, daß ich mit einer sehr feinen Kanüle streng 
intracutan 0,10—0,20 Echinokokkusblaseninhalt unter Bildung einer 
weißen Quaddel einspritze. Ich nehme immer ausschließlich mensch¬ 
liche konservierte Hydatidenflüssigkeit, weil tierische zu inkonstant 
ist. Ich suche womöglich eine solche Flüssigkeit anzuwenden, deren 
Eiweißgehalt um 1 °/ 00 liegt, weil sich mir eine solche Konzentration 
eben als die optimale erwies. Sie wird bei der Operation in sterile 
Gefäße aufgefangen, zentrifugiert, das Sediment nicht nur auf Sterilität 
sondern auch auf etwa eingewanderte Leukocyten (bei Schädigung 
der Echinokokkusmembran) geprüft und mit 0,5 °/ 0 Karbol- oder 
noch besser 2°/ 0 Chloroformzusatz aufgehoben. 

Ich ziehe letzteres vor, weil das Chloroform einen Teil der lipoiden 
Substanzen in sich aufnimmt und mir dann die Reaktion reiner 
erscheint. 

Selbstverständlich muß die Hydatidenflüssigkeit wasserklar sein. 
Eine gelbe Farbe derselben verrät Galleinfiltration durch eine nicht 


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204 


J. H. ßotteri: 


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mehr intakte Membran und ist darum eine Flüssigkeit als nicht 
einwandfreies Antigen zu verwerfen. Tochterblasenbildung ist als 
defensiver Vorgang der Cyste gegen äußere Schädlichkeiten aufzu¬ 
fassen und weil eben ein solcher aktiver Vorgang leicht Verände¬ 
rungen auch der primären Hydatidenflüssigkeit setzen könnte, ist 
eine solche als Antigen nicht zu gebrauchen. 

Am Tage nach der Impfung findet man eine manchmal hand¬ 
tellergroße Rötung und Schwellung der Haut an der Impfstelle und 
zugleich ein subcutanes entzündliches ödem, welches manchmal die 
ganze Volarseite des Unterarmes, ja sogar den ganzen Umfang des¬ 
selben einnimmt. Die Haut fühlt sich heiß an. Dieses ödem ist 
oft nach 48 Stunden noch größer, die Rötung hingegen etwas blässer. 
Die ganze Reaktion klingt meistens am vierten Tage vollständig ab. 
Die Rötung allein ist nicht als positive Reaktion zu deuten. Nur 
eine Hautinfiltration von mindestens 5—6 cm Durchmesser, besonders 
aber ein gleichzeitiges subcutanes ödem ist als positive Reaktion 
aufzufassen. Ich muß hier bemerken, daß dieses in erster Linie 
charakteristische ödem manchmal bei kachektischen Patienten wenig 
ausgesprochen ist. Man muß in solchen Fällen eine dicke Hautfalte 
zwischen den Fingern emporheben und mit einer solchen an der 
entsprechenden Stelle des anderen Unterarms vergleichen. Auch die 
Rötung ist bei solchen herabgekommenen Patienten manchmal sehr 
blaß und von cyanotischer Färbung. 

Es kommt nie zu einer Allgemeinreaktion. 

Eine positive Cutanreaktion nach v . Pirquet oder eine Ophthalmo¬ 
reaktion nach Calmelte läßt sich mit dem Antigen nicht erzielen, 
selbst nicht mit seinem ätherischen Extrakt. 

Die Echinokokkusflüssigkeit behält ihre Antigenwirksamkeit mo¬ 
natelang auf der gleichen Höhe, wenn sie gut verschlossen mit 
2 °/ 0 Chloroformzusatz aufgehoben wird. Ich besitze ein solches An¬ 
tigen, welches nach über zwei Jahren noch gut wirksam ist. Die 
damit angestellte Intracutanreaktion bei Echinokokkusträgern ist 
streng spezifisch. Den Vorwand, daß es sich dabei um eine ein¬ 
fache Reaktion auf fremdes Eiweiß, daher um eine nicht spezifische 
Reaktion handle, habe ich durch Impfkontrolle mit Eiereiweiß und 
artfremden Seris a priori ausgeschlossen. Die Annahme von Ghraetz , 
daß das Eiweiß der Echinokokkenfiüssigkeit kein spezifisches Eiweiß, 
sondern in die Cyste hinein diffundiertes Serumeiweiß des Wirtes 
sei und daß es sich somit bei der Echinokokkenanaphylaxie nicht 
um eine für Echinokokkose spezifische Reaktion, sondern ganz ein¬ 
fach um eine durch artfremdes Eiweiß bedingte Reaktion handelt, 
ist nach meinen Experimenten am Menschen nicht mehr aufrecht 
zu halten, da ich mit homologem Antigen gearbeitet habe. 


Gck igle 


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Über Echinokokken-Anaphylaxie. 


205 


Temporäre Anergie kommt vor, und zwar hauptsächlich, wenn 
der Echinokokkus vereitert ist. Daß es sich dabei nur um eine all¬ 
gemein verminderte Reaktivität eines durch die Infektion geschwächten 
Organismus handelt, beweist die Tatsache, daß, sobald der Patient 
nach der Operation sich zu erholen anfängt, die Intracutanreaktion 
wieder positiv wird. Patienten mit multiplen Cysten im Peritoneum 
(Echinococcosis peritonei), hauptsächlich wenn die Erkrankung unter 
dem Bilde der Phthisis hydatidea verläuft, reagieren manchmal 
negativ. In solchen Fällen habe ich beobachtet, daß bei guter 
Pflege und roborierender Diät die anfangs negative Reaktion in 
eine positive umschlägt. Man kann diese negative Reaktion bei 
der Cachexia hydatidea auf verschiedene Weise erklären. In erster 
Linie kann man an einen dauernden Zustand von Antianaphylaxie 
denken, bei welchem durch kontinuierlichen Zufluß beträchtlicher 
Antigenmengen sämtliche spezifische Antikörper sofort bei ihrer Ent¬ 
stehung neutralisiert werden. Zweitens könnte man in solchen Fällen 
(den Versuchen von Dole am Meerschweinchen analog) an einen Ver¬ 
lust der Fähigkeit zur Antikörperproduktion durch eine forcierte, 
durch längere Zeit hindurch fortgesetzte Überschwemmung mit An¬ 
tigen denken. In beiden Fällen wäre es doch denkbar, daß durch 
Hebung der Körperkräfte eine erneute bzw. gesteigerte Antikörper¬ 
produktion stattfinden könnte, welche den Umschlag der Reaktion 
erklären sollte. Ich erkläre mir das Ausbleiben der Reaktion in 
solchen Fällen ganz einfach durch die verminderte Reaktivität eines 
kachektischen Organismus. 

Eine temporäre Abschwächung der Reaktion tritt nach einer 
positiven subcutanen Tuberkulinreaktion genau wie auch im Verlaufe 
von fieberhaften Infektionserkrankungen auf. 

Es besteht keine gegenseitige Beeinflussung zwischen der Cutan- 
reaktion v. Pirquet bzw. der Intracutanreaktion von Mantoux und 
der Echinokokkusimpfung. 

Milchinjektionen, Typhusvaccine, Thyreoidin, Jodkali und Sal- 
varsan sind ohne Einfluß auf die Reaktion. 

Es gelingt mit Hilfe der Intracutanreaktion ganz kleine Echino¬ 
kokkuscysten zu diagnostizieren, was wohl von großer prognostischer 
Bedeutung ist. So gelang mir schon ein paarmal die Diagnose einer 
hühnereigroßen Lebercyste, welche durch die Operation bestätigt 
wurde. Selbstverständlich ist die Prognose in einem solchen Falle 
eine viel günstigere, als wenn man die Cyste erst später etwa bei 
Faustgroße und mehr operiert hätte. 

Ein anderer Fall mit einer nußgroßen zentralen Lungencyste, ohne daß 
klinische Anhaltspunkte für das Bestehen etwaiger sonstiger Lokalisation 
des Parasiten vorhanden wären, bietet eine recht positive Reaktion. 


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J. H. Botteri: 


In den letzten Tagen habeieheine kleineigroße,rundliche Vorwölbung 
am rechten Leberrand mit Hilfe der Intracutanreaktion als Echino¬ 
kokkencyste diagnostiziert. Bei der Operation konnte man die Cyste 
vom Leberparenchym samt der Pericyste in toto ausschälen und auf 
diese Weise erst eine wirklich ideale Operation ausführen. Bei 
späterer Eröffnung der Cyste, welche einen inneren Durchmesser 
von 38 mm hatte, fand ich eine große Menge Tochter blasen und 
gefalteter und geschrumpfter Membranen, mit denen die primäre 
Cyste vollgepfroft erschien. Natürlich in solchen Fällen hätte selbst 
eine Probepunktion ein negatives Resultat ergeben. 

Die Dauer der Uberempfindlichkeit ist bei Echinokokkenträgern 
eine sehr lange. Ich habe viele Patienten gesehen, welche vor zehn 
Jahren, einer sogar vor 22 Jahren operiert worden waren und klinisch 
und radioskopisch nichts Pathologisches darboten, welche noch immer 
stark intracutan reagierten. 

Die künstliche Uberempfindlichkeit nach den von mir angewandten 
Sensibilisierungsdosen dauert hingegen etwa 4—8 Wochen. 

II. Passive Anaphylaxie. 

Mit dem Serum von Echinokokkuskranken ist mir die passive 
Übertragung der Uberempfindlichkeit auf andere Menschen zweimal 
gelungen. Selbstverständlich habe ich jedesmal, neben der Wasser - 
mannschen Reaktion, einen Vorversuch in bezug auf etwaige Hämo¬ 
lyse und Agglutination des Empfängerblutes durch das Spender¬ 
serum angestellt. Es waren zur Erzeugung der passiven Anaphylaxie 
größere Serummengen (130 resp. 300 g) erforderlich, während kleinere 
keinen Erfolg hatten. Selbst ca. 30 g Antiserum bei einem nur 
5 Jahre alten Kinde genügten nicht, um die Anaphylaxie zu über¬ 
tragen, obwohl das Serum von einem stark reagierenden Echino¬ 
kokkusträger herstammte. Bei Verwendung größerer Serummengen 
habe ich ein Gemisch aus mehreren Antiseris eingespritzt. Nach 
intravenöser Einverleibung trat die passive Anaphylaxie bei der am 
nächsten Tage ausgeführten Impfung in Form einer starken Reaktion 
mit ausgedehntem ödem prompt auf, verlor sich aber sehr bald in 
der Weise, daß schon die am 4. Tage angestellte Reaktion negativ 
ausfiel. Bei der subcutanen Antiserumeinverleibung trat hingegen 
die passive Anaphylaxie erst später, und zwar am 5. Tage, ebenfalls 
mit einer starken Intracutanreaktion auf. Dieser spätere Eintritt 
der Uberempfindlichkeit ist aus der langsamen Resorption der Serum- 
kolloide bei subcutaner Präparierung ohne weiteres erklärlich. 

Merkwürdig ist der Umstand, daß nach intravenöser Präparierung 
die passive Anaphylaxie nur gegen das homologe eiweißhaltige 
Antigen, dagegen nicht gegen das heterologe eiweißfreie Antigen ge- 


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über Echinokokken-Anaphylaxie. 


207 


richtet war, während bei subcutaner Präparierung die Uberempfind¬ 
lichkeit gegen beide Antigene, wenn auch in verschiedenem Maße, 
gerichtet war. 

Ich muß hier bemerken, daß die passiv präparierten Patienten 
am Tage der Präparierung weder gegen homologes noch gegen 
heterologes Antigen nicht im geringsten reagiert hatten. 

Ich erkläre mir dieses verschiedene Verhalten mit der größeren 
Intensität der passiven Präparierung auf subcutanem Weg dem endo- 
venösen gegenüber. Je intensiver die Präparierung, desto geringer 
ist ihre Spezifizität und desto wahrscheinlicher die Gruppenreaktionen. 

Eine lokale passive Gewebsanaphylaxie ist mir nicht gelungen. 
Ich habe mich dabei des Versuches H . Küstners , aber in etwas 
modifizierter Anordnung, bedient. Im Verlaufe eines Tages habe ich 
mehrere Male in dieselbe Hautstelle 5 ccm Antiserum intracutan 
eingespritzt, und jedesmal durch Gummischlauch eine stundenlange 
passive Hyperämie folgen lassen. Die am nächsten Tage an der¬ 
selben Stelle angestellte Intracutanreaktion verlief aber bei drei 
Versuchspersonen genau wie die mit Normalserum angestellte Kon¬ 
trolle durchaus negativ, was mit der relativen Antikörperarmut im 
Serum echinokokkuskranker Menschen übereinstimmt. 

Andere drei Versuche habe ich in derselben Anordnung mit dem 
vom citrierten Blute reagierender Echinokokkusträger abzentri¬ 
fugierten Plasma angestellt. Dazu habe ich Blut mit hochgradiger 
Eosinophilie angewandt (34 °/ 0 bei 10000 Leukocyten), um dabei 
auch eine eventuelle Mitbeteiligung der im Plasma suspendierten 
Eosinophilen an dem Zustandekommen der Reaktion zu prüfen. 
Aber weder diese Versuche noch die intracutane Einspritzung von 
einem Gemische Antigen und Antiplasma im Verhältnis von 1:5 
ergaben positive Resultate. 

Die Eosinophilie der Echinokokkuskranken fasse ich mit E. Schwarz 
als einfache anaphylaktische Reaktion auf. Es ist mir gelungen, 
durch lang fortgesetzte Intracutanimpfungen an Echinokokkusträgern 
oder Echinokokkusoperierten eine enorme Steigerung der Eosinophilie 
herbeizuführen, so in einem Falle von 300 auf 3500, in einem 
anderen von 860 auf 4350! Wäre die Eosinophilie, wie Lepsky 
annimmt, eine unspezifische Abwehrreaktion des Organismus gegen¬ 
über dem Eindringen fremder Stoffe ins Blutplasma und nicht eine 
spezifisch anaphylaktische Reaktion, so möchte auch bei Einver¬ 
leibung anderer fremden Stoffe eine solche Eosinophiliesteigerung 
öfters zu konstatieren sein. Eine fokale Steigerung der Eosinophilie 
im Blute, welches durch Stich aus einer positiven Reaktionsstelle 
gewonnen wurde, konnte ich dem Fingerbeerblute gegenüber nicht 
konstatieren. Vielleicht ließe sie sich im Schnitte nachweisen. Wenn 


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208 


J. H. Botteri: 


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man Äntigen und Antiserum in verschiedenen Verhältnissen (von 
1:1 bis 1:10) 24 Stunden aufeinander im Thermostat einwirken läßt, 
so bemerkt man bei Vornahme der Intracutanprobe mit dem Ge¬ 
mische keine Abschwächung der Reaktion. Es findet also im Glase 
keine bemerkenswerte Bindung zwischen Antigen und Antikörper 
statt, was wieder auf einen geringen Antikörpergehalt des Echino¬ 
kokkusträgerserums hinweist. Die Bildung eines anaphylaktischen 
Giftes in vitro ist mir nicht gelungen. Zu einem Antigen Anti¬ 
körpergemische (1:4) habe ich d^s doppelte Quantum frischen 
Komplementes in Form menschlichen Normalserums, um eine even¬ 
tuelle Komplementarmut des Antiserums auszugleichen, zugesetzt 
und den nach 24 Stunden Bebrütung entstandenen Niederschlag 
habe ich normalen Menschen intracutan eingespritzt. Keiner derselben 
bot die geringste Reaktion dar. 

III. Antianaphylaxie. 

Eine Desensibilisierung durch lang fortgesetzte intracutane Re¬ 
aktionen gelingt nicht, auch läßt sich keine Abschwächung der Re¬ 
aktion damit erzielen. Größere Dosen kann man subcutan wegen 
der Gefahr einer Nekrose nicht anwenden (Arthussches Phänomen). 

In der Hoffnung, die Weiterentwicklung des Parasiten durch eine 
mit steigenden Anti gendosen erzielte Immunisierung aufzuhalten, 
habe ich, um eine vorbereitende Desensibilisierung zu erreichen, den 
endovenösen Weg eingeschlagen. Selbstverständlich habe ich mit 
großer Vorsicht und mit sehr kleinen Dosen angefangen. Nach der 
Empfindlichkeitsskala von Doerr ist das Meerschweinchen gegen die 
Erzeugung sowohl von aktiver wie von passiver Anaphylaxie am 
empfindlichsten. Weniger empfindlich, aber doch dem Meerschwein¬ 
chen nahestehend, ist der Mensch. Dann folgen in einem erheblichen 
Abstande die übrigen Tiere. Es wurde nun beim Meerschweinchen 
bestimmt, daß die kleinste sensibilisierende Dosis und die minimal 
tödbche Dosis ungefähr um das Tausendfache voneinander quantitativ 
entfernt sind (Doerr und Buss). 

Bei vielen Hunderten von Impfungen, welche keine Sensibili¬ 
sierung erzeugten, habe ich eine solche doch bei 7 Personen beob¬ 
achtet und zwar fast immer nach zwei- bis dreimal wiederholten 
Impfungen. Wenn man nun die Menge Antigen für eine Impfung 
auf 0,20 berechnet, wie ich meistens zu tun pflege, müßte die mini¬ 
mal tödliche Reinjektionsdosis 200 g betragen. Wahrscheinlich wird 
sie aber höher liegen, weil eben die Menschenempfindlichkeit doch 
geringer als diejenige des Meerschweinchens geschätzt wird. In An¬ 
betracht dessen habe ich bei meinen endovenösen Injektionen nie 
die Dosis von 4—5 ccm überschritten, welche Menge etwa der zehn- 



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Uber Echinokokken-Anaphylaxie. 


20D 

bis zwanzigfachen sensibilisierenden Dosis entspricht und dennoch 
nur den vierzigsten bis fünfzigsten Teil einer hypothetischen minimal 
gefährlichen Dosis darstellt. 

Ich möchte hier hinzufügen, daß laut Experimenten am Meer¬ 
schweinchen der tödliche Chok bei der Echinokokkusanaphylaxie 
viel seltener als bei der Serumanaphylaxie zu beobachten ist ( Wein¬ 
berg und Ciuca ), und auch das erst bei Reinjektion von 2 g Anti¬ 
gen, was im Verhältnis zum Körpergewichte eine hundertmal größere 
posierung als die von mir beim Menschen angewandte darstellt. 
Nach einer endo venösen Antigeninjektion tritt bei überempfindlichen 
Menschen und zwar sowohl bei Echinokokkuskranken wie bei künst¬ 
lich aktiv und bei künstlich passiv anaphylaktisierten Menschen ein 
charakteristischer Symptomenkomplex auf, der wohl als leichter Chok 
zu deuten ist. Das klinische Bild ist folgendes: Sofort nach der 
Injektion tritt Blutandrang zum Kopfe, Rötung des Gesichtes, In¬ 
jektion der Conjunctiven, hie und da Schwindel, und nach wenigen 
Minuten bricht eine allgemeine Urticaria aus, welche an den Stellen 
der früheren Cutanreaktion besonders gut ausgeprägt erscheint. Es 
tritt dabei ein wahres Wiederaufflammen sämtlicher alter Reaktionen 
auf, und zwar sowohl derjenigen, welche mit homologen als, wenn 
auch in schwächerem Maße, derjenigen, welche mit heterologem 
eiweißfreien Antigen angestellt w r orden waren. Ferner tritt manch¬ 
mal Blutdrucksenkung, Erbrechen, Dispnoe und Stuhldrang ein. Oft 
beobachtet man leichte Temperatursteigerung, Eiweißspuren und ver¬ 
mehrtes Urobilinogen im Harne. 

Diese allgemeinen Symptome lassen nach kurzer Zeit prompt nach 
und die Patienten sind bald ganz hergestellt, ohne die geringsten 
Folgen davonzutragen. Ich will gleich bemerken, daß ich solche 
Patienten mehrere Monate lang tagtäglich in meiner Anstalt beob¬ 
achtet habe. Die Urticaria blaßt nach einer bis zwei Stunden voll¬ 
ständig ab, während die Reaktivierung der alten Reaktionen bleibt 
in Form von ödem bis zum nächsten Tage bestehend. 

Nach einem solchen Chok trat in drei Fällen eine vollkommene 
Desensibilisierung gegen die Intracutanreaktion in der Dauer von 
3—7 Tagen ein, nach welcher Zeit die Uberempfindlichkeit wieder 
einsetzte. Bei dem passiv präparierten Falle war die Desensibili¬ 
sierung eine dauernde. 

Man kann den Chok auch mit kurz aufgekochten homologen 
Antigenen auslösen, wenn dabei infolge der alkalischen Reaktion das 
Eiweiß nicht ausfällt. Hingegen läßt sich mit heterologen, eiwei߬ 
freien Antigenen kein Chok erzielen, obwohl, wie erwähnt, eine 
Sensibilisierung damit wohl gelingt. Dieses Verhalten wäre durch 
die Annahme ganz minimaler, nicht mehr chemisch, sondern nur 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. ]4 


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210 


J. H. Botteri: 


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serologisch nachweisbaren Eiweißspuren erklärlich. Bekanntlich ge¬ 
lingt manchmal mit chemisch nicht nachweisbaren Eiweißspuren wohl 
die Erzeugung einer Sensibilisierung, nicht aber die eines Choks, 
weil dazu 1000 mal größere Mengen notwendig sind. 

Die Hydatidenflüssigkeit enthält neben albuminoiden auch lipoide 
Substanzen, und es wäre denkbar, daß auch die letzteren bei dem 
Zustandekommen der Anaphylaxie eine Rolle spielen. 

Jedenfalls wenn auch Lipoidextrakte aus Bandwürmern nach 
K. Mayer in 50° 0 der Fälle zu sensibilisieren vermögen, reagiereg 
die Tiere mit anaphylaktischen Symptomen nur, * wenn die eiwei߬ 
haltigen, wäßrigen Bandwurmextrakte zur Reinjektion benützt werden, 
während reines Lipoid wirkungslos bleibt. 

Dem Tierexperimente analog konnte ich bei meinen Versuchen 
durch intravenöse Injektion von lipoidhaltigen, aber eiweißfreien 
Rindsantigenen nie einen Chok erzielen, während mir ein solcher mit 
eiweißhaltigem Antigen selbst bei viel geringerer Dosierung gelungen ist. 

Im Tierexperimente gelingt die passive Übertragung der Uber¬ 
empfindlichkeit durch das Serum der mit Lipoiden behandelten Meer¬ 
schweinchen auf normale Meerschweinchen nicht. Es gelingt hin¬ 
gegen leicht die passive Übertragung der Anaphylaxie auf normale 
Meerschweinchen durch das Serum echinokokkuskranker Menschen 
( Weinberg) und Rinder (Schern). Mir ist, wie oben erwähnt, die passive 
Übertragung der Echinokokkenanaphylaxie von Menschen zu Menschen 
zweimal gelungen. 

Es ist darum unwahrscheinlich, daß die Echinokokkenanaphylaxie 
eine reine Lipoidreaktion sei. Man muß vielmehr die Mitwirkung 
eines wahren Antigens aus der Gruppe der Proteine annehmen. 

Da aber bisher die Rolle der lipoiden Substanzen bei den Immun¬ 
phänomenen sich nicht einwandfrei erweisen ließ, möchte ich auch 
hier die Frage der Mitbeteiligung der lipoiden Substanzen an der 
Echinokokkenanaphylaxie offen lassen. 

Am Schlüsse will ich bemerken, daß Versuche im Gange sind, 
um einerseits die diagnostische Bedeutung der Reaktion bei Tieren 
und anderseits um den Schutzwert einer präventiven aktiven Immu¬ 
nisierung, d. h. einer Vaccination der Tiere gegen eine Echinokokken¬ 
infektion festzu stellen. 

Ob bei bereits vorhandener Infektion durch künstliche Steigerung 
des Antikörpergehaltes eine eingreifende Wirkung auf die Cysten¬ 
wand oder wenigstens eine Hemmung des Cystenwachstums zu er¬ 
zielen sei, scheint es unwahrscheinlich, da die betreffenden Anti¬ 
körper nicht auf Endotoxinwirkung entstanden sind und somit wahr¬ 
scheinlich keine aggressive Wirkung haben werden. Es werden 
jedenfalls auch in dieser Richtung Versuche angestellt. 



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V ber Echinokokken-Anaphylaxie. 


211 


Auszüge aus einigen Krankengeschichten. 

I. Pr.-Nr. 1573. Acim L, 28 Jahre, aus Kolarine (Gemeinde Benkovac). 
Außer Malaria keine früheren Erkrankungen. Vor l 1 /* Jahren bemerkte er eine 
Vorwölbung unter dem rechtem Rippenbogen. Etwas Kurzatmigkeit beim 
Laufen. Nie Ikterus, nie Urticaria, keine Schmerzen, kein Fieber. Die Leber¬ 
dämpfung fängt oben in der Mamillarlinie am oberen Rand der IV. Rippe mit 
einer Linie, welche seitlich abfällt bis zum XI. Dornfortsatz. Die Herzdämpfung 
fängt oben an dem oberen Rand der III. Rippe an. Der Spitzenstoß ist tast - 
bar und sichtbar im IV. I. R. genau in der Mamillarlinie. 

Der untere Leberrand ist von normaler Konsistenz und Schärfe in der 
Mitte zwischen Nabel und Schwertfortsatz zu palpieren. Nach rechts kann 
man ihn bis zum X. Rippenknorpel verfolgen, nach links verliert er sich in den 
Müztumor. Der rechte Rippenbogen ist etwas vorgewölbt. Röntgen: Die» 
rechte Zwerchfellskuppe steht in der Höhe des IV. Interkostalraumes und ist 
in ihrer Bewegung eingeschränkt. Die hinteren Zwerchfellspartien zeigen nor¬ 
male Lagerung und Bewegungen. Der rechte Sinus pleurae ist frei und gut 
aufhellbar. 

Leukocyten 10000. Eosinophile 200 (2°/ 0 )* Auf intracutane Impfung 
mit homologem Antigen tritt Rötung und starkes ödem im Umfange von 
80*130 mm. Am nächsten Tage ist die ganze Volarseite des Unterarmes 
ödematös. Die Impfung mit heterologem eiweißhaltigem Antigen ergibt Rötung 
und ödem im Umfange von 00 00 mm. Diejenige mit heterologem eiwei߬ 
freiem Antigen nur im Umfange von 40-40 mm. 

Diagnose: Große Ecluncoccouscyste an der vorderen Leberkuppe mit Herz- 
und Leberverdrängung. Zweizeitige Operation nach Volkmann. Bei der trans- 
pleuralen Eröffnung der Cyste entleert sich 1750 g wasserklare, leicht alka¬ 
lische Flüssigkeit mit 3 / 4 ° \ M Eiweiß. Ausspülung mit 2°/ 0 Formalin. ln den 
nächsten Tagen starke Cholerrhagie. Sofort nach dem zweiten operativen Ein¬ 
griff wird die Intracutanreaktion negativ, und zwar glaube ich mehr infolge von 
Anergie als infolge von Antianaphylaxie, weil bei der zweizeitigen Operation 
keine Gelegenheit zu einer größeren Resorption Hydatidenfiüssigkeit geboten 
war. Selbstverständlich kann man eine solche nicht ausschließen, weil durch 
die infolge der Entleerung bedingte Entspannung der Pericyste eine bessere 
Durchblutung und eine stärkere Durchlässigkeit derselben wohl möglich er¬ 
scheint. Der letztgenannte Vorgang scheint aber in konkretem B'alle unwahr¬ 
scheinlich, weil nach der Entleerung der Cyste keine anaphylaktischen Symptome 
(Urticaria, Chok u. a.) aufgetreten sind. Dagegen ist der Rtarke Gallenfluß 
ausreichend um die Schwächung des Gesamtorganismus und damit auch der 
cutanen Allergie zu erklären. Die Anergie ging nach 14 Tagen in die frühere 
Hyperergie über. Zuerst ting Patient gegen homologe Antigene und erst viel 
später auch gegen heterologe intracutan zu reagieren. 

II. Pr.-Nr. 470. Simo S., 45 Jahre alt, Banjevac (Benkovac). Außer Kurz¬ 
atmigkeit keine subjektive Beschwerden. Sehr blasser und cvanotischer, stark 
heruntergekommener, kachektischer Pat. Die Leberdämpfung fängt vorne oben 
an der IIL Rippe, rückwärts 2 Querfinger unter dem Angulus. Der Leberrand 
reicht bis in die Mitte zwischen Nabel und Proc. xyph. und ist von normaler 
Schärfe und Konsistenz. Eine faustgroße fluktuierende Geschwulst ist in der 
Ileocöcalgrube zu palpieren, mehrere kleinere im kleinen Becken. Bei der 
Röntgenoskopie steht die rechte Zwerchfellskuppe in der Höhe der III. Rippe- 
Der seitliche und hintere phrenicokostale Winkel ist frei. Im linken Unter¬ 
lappen hinter dem Herzen ein runder, eigroßer, scharf begrenzter Schatten. 

14* 


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212 


J. H. Bottcri: 


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Alb. 4 * Urobilinogen normal. Diazo neg. Leukocyten 9200 mit 9.3" c 
Eosinophilen. 

Diagnose: Echinococcosiß multiplex. 

Die Intracutanreaktion mit homologem Antigen ergibt nur eine cyanotische 
Verfärbung um den Einstich in der Ausdehnung von 50-100 mm ohne die ge¬ 
ringste Infiltration und ohne Spur eines Ödems. Die Impfung mit heterologem 
Antigen verläuft vollkommen negativ. Bei guter Pflege und roborierender Diät 
unter Anwendung hypertonischer endovenöser Traubenzucker- und Kochsalz¬ 
infusionen erholt sich Pat. so weit, daß er nach 5 Wochen auf die intracutane 
Reaktion mit einem starken ödem 65.80 mm reagiert. Zu gleicher Zeit mit 
der zunehmenden Besserung steigt die absolute und relative Eosinophilie in 
der Weise, daß nach 2 Monaten die enorme Zahl von 3800 Eosinophilen auf 
9100 Leukocyten erreicht wurde (41°/ 0 ). 

HI. Pr.-Nr. 157. Ursula G., 19 Jahre alt, Jadrtovac (Sibenik). Aufge¬ 
nommen wegen Malaria. Zufälligerweise wird die P. zusammen mit vielen 
anderen Kontrollpatienten intracutan geimpft. Statt einer erwarteten nega¬ 
tiven Reaktion reagiert sie mit einem starken ödem (100 160 mm). Bei ge 
nauercr Palpation entdeckt man über der Leberincisur hoch oben unter dem 
Rippenbogen bei starker Inspiration eine nußgroße Vorwölbung von derselben 
Konsistenz wie das umliegende Lebergewebe. 

Leukocyten 6600 mit 500 Eosinophilen (7,5%). Die Intracutanreaktion 
mit eiweißfreiem, ganz frischem heterologem Antigen ist negativ, diejenige mit 
eiweißhaltigem (0,5%) heterologem Antigen ergibt nur eine leichte Rötung 
30*40 mm. Eine gleich darauf angestellte Wiederholung der Impfung mit 
homologem Antigen ergibt wieder oino stark positive Reaktion. 

Diagnose: Latenter Leberechinokokkus. 

Die Operation bestätigt die Diagnose. Die Cyste war eigroß und im 
Leberparenchim tief eingebettet. 

IV. Pr.-Nr. 1511. Pasko M., 25 Jahre alt, Visoka, Lecevica. Seit einem 
Monate intermittierendes Fieber mit Schüttelfrösten. Chinin bleibt ohne 
Wirkung. Starkes Seitenstechen rechts in der Brust und unaufhörliche Diar- 
köe, aber ohne Schleim und ohne Blut. Keine Amöben im Stuhle. Kein 
Ikterus. Der stark heruntergekommene Patient macht einen septischen Ein¬ 
druck. Der obere Rand der Leberdämpfung steht in der Achselhöhle am 
höchsten (V. R.). Nach unten ist die Leber wenig vergrößert. Am Röntgen 
bemerkt man einen starken Hochstand der rechten Leberkuppe bei freiem 
Pleurasinus. Alb.-Spuren. Urobilinogen etwas vermehrt. Leukocyten 14000. 
Gegen die Intracutanreaktion ist Pat. energisch. 

Diagnose: Leberabsceß. Bei der transpleuralen Eröffnung stößt man auf 
einen vereiterten Leberechinokokkus. 8 Wochen nach der Operation ist die 
Intracutanreaktion stark positiv (80* 110 mm) mit starkem ödem, aber fast 
ohne Rötung. Leukocyten 8000 mit 3,5% Eosinophilen. Die Reaktion mit 
heterologem Antigen ist negativ (leichte Infiltration 30-30 mm). 

Die absolute und relative Eosinophilenzahl steigt mit zunehmender Besse¬ 
rung, um bei der Entlassung die Höhe von 520 bei Gesamt-Leukocytenzahl von 
4500. d. h. 11% zu erreichen. 

V. Pr.-Nr. 1516. Ivanica M., 32 Jahre alt, Vinisce, Trogir. Vor 4 Jahren 
an Echinococcus hepatis operiert. Vor 3 Monaten Hämoptoe, Urticaria und 
starkes Jucken am ganzen Körper, Schwellung der Augen. Seit einem Monate 
Schmerzen hinter dem Sternum. Blaßcyanotische Patientin ohne Ödeme. 
Die Leberdämpfung fängt oben in der Mamillaris an der IV. R. hinten am 
Angulus scapulae. Der Leberrand ist scharf, von normaler Konsistenz und 
reicht nach unten bis 2 Querfinger oberhalb des Nabels. Großer harter Milz- 


Gck igle 


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über Echinokokken-Anaphylaxie. 


2U5 

tumor. Herzspitze in dem V. I.-R. 3 cm außerhalb der Mamillarlinie. Der 
rechte Rippenbogen ist vorgewölbt. Rechts ausgesprochener Caput medusae. 
Kein Hydatidenzittern. Bei der Röntgeno skopie ist die rechte Zwerchfells¬ 
kuppe in der Höhe der IV. R. Im Harne Spuren Eiweiß. Urobilinogen -f -f-K 
Leukocyten 7300 mit 3,2°/ 0 Eosinophilen. Fieberfrei. Intracutanreaktion 
150-100 mm starke Rötung und starkes ödem. 

Diagnose: Echinococcus hepatis mit Herzverdrängung nach links. Bei der 
Operation entleert man 4 1 klarer, etwas gelblicher Flüssigkeit mit 1° (XJ 
Eiweiß, im Sediment Scolices und Hacken. Marsupialisation der Cyste. Im 
Verlauf der Behandlung entwickelt sich ein rechtsseitigas thoraxempyem. Exitus 
an Herzschwäche 26 Tage nach der Operation. Obduktion: Die operierte Cyste 
leer, gut drainiert. Im rechten Leberlappen findet man eine zweite, etwa 
apfelgroße, vereiterte Cyste, welche durch eine 4 cm dicke Leberparenchym - 
wand von der ersten entfernt war. Empyema Thoracis dextri. 

VI. Pr.-Nr. 201. Niko B,. 28 Jahre alt, Sibenik. Trockener Husten seit 
einigen Monaten, nie Hämoptoe, nie albuminöse Expektoration. Kein Fieber. 
Am Röntgen sieht man in der Mitte des linken Lungenfeldes, vom Hilus ca. 

3 cm entfernt, einen runden, scharf begrenzten Schatten von der Größe einer 
Pflaume. Keine Tbc.-Bacillen im Sputum. Wassermann negativ. Leukocyten 
7500 mit 4°/ 0 Eosinophilen. Die intracutane Reaktion mit homologem Antigen 
ergibt ein starkes Odem 80-130 mm und eine blasse Rötung. Heterologes 
eiweißfreies Antigen, gar keine Reaktion. 

Diagnose: Echinococcus pulmonis. 

VII. Pr.-Nr. 334. Antula G., 26 Jahre alt, Zablace. Operiert vor 1 Jahre 
an einem enormen Echinococcus suppurativus peritonei. Jetzt subjektiv gesund 
Objektiv keine Anhaltspunkte für andere Cysten. Leukocyten 7200 mit 300 
Eosinophilen (4°/ 0 ). Die intrucutane Reaktion ergibt starke Reaktion sowohl 
mit homologem (120-180 mm) wie mit heterologem Antigen (80-100 mm). Nach 
mehreren Cutanimpfungen und einer endovenoser Injektion steigt stufenweise 
die absolute Eosinophylenzahl bis auf 3466 bei einer Leukocytengesamtzahl 
von 10200. 

VIII. Pr.-Nr. 402. Ante D., 40 Jahre alt, Mandalina, Sibenik. Operiert vor 
22 Jahren an Echinococcus suppurativus renis, welcher in das Nierenbecken 
pereforiert hatte. Jetzt klinisch und radioskopisch gesund. Leukocyten 9800, 
Eosinophilen 200 (2°/ 0 ). Reagiert auf homologes Antigen mit Rötung und 
starkem ödem des ganzen Vorderarmes. Auf heterologes eiweißfreies Antigen 
mit starkem Odem und Rötung 60 -70 mm. 

IX. Pr.-Nr. 710. Jeka Z., 34 Jahre alt, Golubic, Knin. Seit einiger Zeit 
Schmerzen und Vorwölbung im Epigastrium. Fieber. Enorme schmerzhafte 
fluktuirende Prominenz im Epigastrium. Nabelwärts ist der Leberrand zu 
palpieren. Leukocyten 10000. Eosinophilen 900. Die Intracutanreaktion mit 
homologem Antigen ergibt eine schwache Rötung und mittelmäßiges ödem im 
Umfange 55-84. Dieselbe mit heterologem Antigen nur eine Rötung von 
40-40 ohne ödem. Bei der Operation entleert sich eine große Menge teils 
vereiterter, teils durchsichtiger Tochterblasen. 

X. Pr.-Nr. 690. Luca R., 30 Jahre alt, Vrlika. Kolikartige Schmerzen in 
der Lebergegend. Am rechten Leberrande ganz seitlich palpirt man bei tiefer 
Einatmung eine kleine eigroße Vorwölbung. Kein Fieber. Die intrakutane 
Impfung mit homologem Antigen ergibt ein mäßiges ödem von 80-100 mm 
Ausdehnung. Dieselbe mit heterologem Antigen ist vollkommen negativ. Bei 
der Operation konnte man die zur Hälfte im Leberparenchym eingebettete Cyste 
samt der Pericyste ohne besondere Schwierigkeit und ohne Blutung in toto 
ausschälen und auf diese Weise erst eine wirklich ideale Operation ausführen. 


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214 


.]. H. Boüeri: 


Bei späterer Eröffnung der Cyste, welche ein inneres Durchmesser von 38 mm 
hatte, entleert sich eine große Menge von ganz kleinen Tochterblasen und 
viele gefalteten und geschrumpften Membranen, mit welchen die primäre Cyste 
förmlich vollgestopft war. Zu gleicher Zeit hat man eine Cholecystotomie wegen 
Gallensteine ausgeführt, welche letzteren wohl die Ursache der in der Anam¬ 
nese erwähnten Kolikschmerzen gewesen sein dürfte. 

Zusammenfassung. 

Di© Flüssigkeit der Echinokokkusblase sensibilisiert den Menschen 
im Sinne der Allergie. Die Sensibilisierung gelingt auf künstliche 
Weise durch subcutane Injektionen von kleinen Mengen der Cysten¬ 
flüssigkeit. Dabei besteht kein Unterschied zwischen heterologer 
und homologer Provenienz der Cystenflüssigkeit. Die vorbehandelten 
Individuen reagieren nach einer mindestens 8 tägigen Inkubations¬ 
periode mit charakteristischen Erscheinungen. Der überempfindliche 
Zustand läßt sich mit dem Serum sensibilisierter Individuen passiv 
auf normale übertragen. Sensibilisierte Individuen kann man durch 
parenterale Zufuhr der betreffenden Substanz desensibilisieren. Intra¬ 
venöse Injektion von Echinokokkenflüssigkeit verursacht bei sensi¬ 
bilisierten Individuen deutliche anaphylaktische Symptome. Nach¬ 
dem die Echinokokkenflüssigkeit alle vorstehenden Postulate erfüllt, ist 
sie als wahres Antigen zu betrachten. Sie enthält keine primären Toxine- 

Zum Beweis der eingetretenen Allergie eignet sich die Intra- 
cutanreaktion; sie zeigt sehr charakteristische und eindeutige Sym¬ 
ptome. Die PirquetBche und Galmette sehe Probe sind dazu nicht geeignet. 

Die intracutaue Reaktion ist als ein wertvolles diagnostisches Mittel 
beim Menschen verwendbar. 

Echinokokkusträger reagieren auf intracutane Impfungvon Echino- 
kokkusflssigkeit mit einer spezifischen Lokalreaktion. Dieselbe ist mit 
homologem Antigen viel deutlicher und konstanter als mit heterologem. 

Die Reaktion gestattet die Diagnose auch latenter Fälle. Hühnerei¬ 
große Cysten geben schon eindeutige positive Reaktionen. Es hat darum 
die Reaktion außer dem diagnostischen einen großen prognostischen Wert. 

Die Echinokokkusflüssigkeit behält ihre antigene Wirksamkeit 
monate-, ja selbst jahrelang, wenn sie gut verschlossen mit 2°/ 0 
Chloroform aufgehoben wird. 

Anergie kommt bei Vereiterung der Echinokokkuscysten und bei 
dekrepiden Kranken mit ausgedehnter Cystenaussaat vor. Der 
allergische Zustand, wenn er durch eine Erkrankung bedingt war, 
dauert sehr lange, auch nach operativer Entfernung der Cysten. 
Künstlich herbeigeführte Allergie ist kurzdauernd. 

Die Eosinophilie der Echinokokkuskranken ist als Teilsymptom 
der Anaphylaxie zu deuten. 

Die Frage der Mitbeteiligung der lipoiden Substanzen an der 
Echinokokkusanaphylaxie ist noch offen zu lassen. 


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über Echinokokken-Anaphylaxie. 


215 


Anhang. 

Tabelle A. Aktive Anaphylaxie. 


i 1 

1 


i 

c 5 - = 

Intracutan- 






r S P ’S 

impfung mit 


Proto- 








Name, Alter. 

Diagnose 

Weg der Sensibilisierung und 

2 * -4) 



Dauer der Ana- 

koll- i 
Nr. J 

Wohnort 

nötige Antigendosis 

® *3 N 

x Ü t; * 

£ 4 ~ ‘33 

mensch¬ 

lichem 

eiweiß- 

freiem 

phylaxie 


, 


1 

•c * Q 
Sfl c. *-> . 

= . ri x 

f- T3 c z: 

Antigen 

Rinds¬ 

antigen 



I. Sensibilisierung mit 

von menschlichem Echinokokkus stammendem 

Antige 

n. 

175 I 

iKarmela, M., 1 Cystitis poly- 

Subcutan 60 g 

IX 



Über 2 Mo- 


33, Sibenik 

posa 

1 

1 




nate für 

menschliches 



l 





Antigen, 


i 

i 



| 


20 Tage für 


1 


1 


| 


eiweißfreies 

Rindsantigen 

188 ! 

Ilija, T., 16, 

Caries Bterni 

Subcutan 30 g 

VIII 

-H-r 1 

neg. 

Cber2Monate 


Sibenik 





1410 

Gjuro, G., 26, 

Entichiasis 

Subcutan 5 g 

X 

-f 


3 Wocheu 


Cicvara 

e Trachoma 



i 



1635 

Vaso, S., 26, 

Pannus Tra- 

Subcutan 4 g 

VIII 



5 Wochen 

1 

Numic 

chomatosus 






1641 | 

Marica, S., 20, i 

Hysteria 

Subcutan 5 g 

VIII 

-f- | 


Bald 

i 

Sibenik 

gravis 




entlassen 

274 , 

Frane, R., 40, 

Gonitis rh. 

Subcutan 5 g 

VIII 

-f-i- 


Uber 7 Tage 


Rab 

chronica 1 





(entlassen) 

1249 

jPetar, C., 17, 1 

Vitium cordis 

Subcutan 5 g 


V 




Vrpolje 







1377 

Fila, N., 27, 

Lues sec. 

Subcutan 3 g 

VIII 

+ 


30 Tage 


Kucice 

W. +++ 1 






1462 

Vinka, M., 22, 

Paresis 

Subcutan 3 g 

IX 

-f 


20 Tage 

! 

Sibenik 

facialis 




| 


1508 

Petra, S., 22, 

Trachom 

Subcutan 3 g 

IX 

4- 

l 

Bald 


Prvic Luka 





i 

entlasßen 

127 ! 

Josip, M., 14, 

i Bronchitis 

Subcutan 2 g 

VIII 

1 

T 


Bald 


Rogoznica 





1 

I 

enttassen 

551 

Xiko, 0., 8, 

! Glomerulo¬ 

Subcutan 1,5 g 

VIII 

+ 


15 Tage 


Bilice 

nephritis ehr. 

Iniravenös 5 g 





1522 

Marija,M., 21, 

Keratitis 

— 

n eg. 

neg. 



Böhmen 

profunda 






230 

Marko, M., 46, 

Chorioretini- 

Intravenös 5 ccm -f 2,5 ccm 

— 

neg. 




Tijesno 

I tis luetica 

in 10tägigen Intervallen 





1497 

Knmo, S., 24, 

Ulcus 

Intravenös 2 -f 2 -f 4 ccm in 

— 

neg. 




Seget 

duodeni 

1 8 resp. 5 Tagen Intervallen 



1 


1579 

Ante, S., 25, 

Infiltratio 

Intravenös 1 -f 2-f 2 + 5 ccm 

XII 



13 Tage 


Ljubotic 

apicis p. 

nach 8, 5, 10 Tagen 





156 

t Stipe, G., 29, 

Bakteriuria 

Drei Impfungen (intracu- 

X 

++ 


Am 12. Tage 


Rogoznica 


tan) nach 10 resp. 2 Tagen 



I 

ven.desensib. 

1376 ilLuka, G., 18, 

1 Fungus genus Drei intracutane Impfungen 

VI 

+ 


Über 16 Tage 


Sibenik 

l 

1 in 4 tägigen Intervallen 




(entlassen) 


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216 


J. H. Botteri: 


Tabelle A (Fortsetzung). 


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Weg der Sensibilisierung und 

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Rinds¬ 

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1578~! 

1 

Angja, M., 26, 
Citluk 

Graviditas 

Drei Cutan-Impfungen 
nach 2 resp. 8 Tagen 

IX 

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Bald 

entlassen 

1148 | 

i 

Marija, V., 50, 
IvoSevci 

Pannus Tra- 
chomatosus 

Zwei intracutane Impfun¬ 
gen in 8 tägigen Intervallen 

xn 

4 1 


12 Tage 

1435 I 

Marin, P., 42, 
Velaluka 

• Trachoma 

Zwei intracutane Impfun¬ 
gen in 12 tägigen Intervallen 

IX 



Weiter intra- 
ven.eingespr 

1400 | 

Stipan,R., 19, 

| Pakovoselo 

Infiltratio j 
pulmonum 

Zwei Impfungen in 8 tägigen 
Intervallen 

VII 



Über 20 Tage 

1574 j 

'Marija, P., 17, 
Zlarin 

Cat. apic. ! 
pulm. 

Eine intracutane Impfung 

■ 

vm 

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24 Tage 

1615 ! 

Pera, M., 19, 
Kijevo 

Multiple | 
Sklerose 

| Per os 350 g während einer 
Woche 

VI 

-L I 

' 


6 Tage 


303 

339 


II. Sensibilisierung mit eiweisfreiem Rindsantigen. 


Krste, G., 41, 

Prostatitis 1 Subcutan 30 g, intravenös 5 g 

IX 

r-f i -f-r 

Konjevrat 

chronica | 



Mate, B., 43, 

Sclerosis | Subcutan 30 g, intravenös 5 g 

VII 

— 1 -f 

1 Radoniö j 

multiplex j 


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Tabelle B. Passive Anaphylaxie. 



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Name, Alter. 

Diagnose 

Weg der Sensibilisierung und 

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Dauer der Ana- 

koll- 

Wohnort 

angewandte Antiserumdosis 


1 ogem 

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phylaxie 

Nr. 

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Antigen 

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(Rinds-) 

Antigen 


447 , 

Frane, Z., 24, 

Dyspepsia j 

300 g subcutan (von 4 ana- 

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Über 10 Tage. 


i Velaluka 

nervosa j 

phylaktischen Individuen 




Wurde am 10. 



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gesammelt) 




Tag mit 7,50 
ccm homolog. 
Antigens in¬ 
travenös de- 
sensibilisiert 

363 

Marko, N., 39, 

Leucoma 

135 g intravenös 

n 


0 

2 Tage 


Sibenik 

adhaerens 


i 



1639 

Frane, B., 5, 

Fractura 

28 ccm subcutan 

— 

0 

0 

— 


Sibenik 

femoris 






1619 

Karimir, K.J 

Ulcus ventri- 

20 ccm intravenös 

— 

0 

0 

— 


28, Tijesno 

culi 






1410 

Gjuro, G., 26, 

Trachom 

10 ccm intravenös 

— 

0 

1 0 

— 


Cicvare 



i 




1249 

Petar, C., 17, 

Vitium cordis 

10 ccm intravenös 

— 

0 

0 

— 


Vrpolje 





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UNIVERSITY OF MINNESOTA 


1573 | Aöim, I., 28, | Vor 2 Monaten an j 2,50 g eiweißfreien Ohne Symptome. 
I Koiarine Echinococcus he- Rindsantigens 

I patis oporiert Tag darauf 5 g des- Symptomlos. 

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Über Echinokokken-Anaphylaxie. 


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Digitized by Got igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 


220 


J. H. Botteri: über Echlnokokken-Anaphylaxie. 

Literaturverzeichnis: 

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12. Fontano: Intradermo e sottocutaneo reazione con liquido cistico neile 
echinoccosi umane Policlinico 1920. — 13. Ohedini u. Zamorani: Versuche über 
die durch helminthische Produkte hervorgerufene Anaphylaxie. Zentralbl. f. 
Bakteriol., 55. — 14. Qraetz: Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. Ibidem. — 

15. Rolle de Hartoch: Die Überempfindlichkeit 1920 (Ergehn, d. ges. Med.) — 

16. Much: Pathologische Biologie 1920 (Immunwissenschaft). — 17. Pericic: Die 
Echinokokkenkrankheit in Dalmatien. Wien. Klin. 1905. — 18. Pfeiler , W 
Die Serodiagnostik der Echinokokkenkrankheit. Zeitschr. f. Haustiere 11. 1912. — 
19. Bichei: Die Anaphylaxie 1920. — 20. Schern: Praktische Verwertung der 
Anaphylaxie. Arch. f. Hyg. 1913. — 21. Schmidt: Technik immunbiologischer 
Untersuchungsverfahren 1921. — 22. Schwarz: Eosinophilie, Jahreskurse für 
ärztliche Fortbildung 1914. — 23. Weinberg u . Ciuca: Anaphylaxie hydatique 
experimentale. Soc. de Biol. 1913. — 24. Weinberg , Segnin: Anaphylaxie et 
eosinophilie. Soc. de Biol. 1914. — 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



(Aus der Medizinischen Poliklinik in Freiburg i. Br. [Direktor: 

Prof. Kurt Ziegler].) 

Über Ursache uiid Entstehung der Aderlaßlipämie. 

Von 

Dr. Fritz Edelmann 

Assistenzarzt. 

(.Eingegangen am 5. Juli 1922.) 

Die pathologischen Formen von Lipämie unterscheiden sich von 
den physiologischen Zuständen vermehrten Blutfettgehaltes dadurch, 
daß die letzteren eine, nach Fettzufuhr in der Nahrung auftretende, 
in ca. acht Stunden abklingende Erscheinung sind, während die 
ersteren längere Zeit bestehen bleiben und auch bei relativ fettarmer 
Ernährung zustande kommen. Derartige pathologische Lipämie- 
oder Lipoidämieformen sind bekannt beim Diabetes mellitus, bei 
verschiedenen Intoxikationen (Phosphor-, Phlorizin-, Chloroform-, 
Alkoholvergiftung), nach Pankreasexstirpation, im Hungerzustand, bei 
Kachexieen und auch bei der Cholämie. Bei der letztgenannten 
Form kommen allerdings besondere Verhältnisse (vermehrte Lösungs¬ 
fähigkeit des Serums für Lipoide?) in Frage. Quellen für das im 
Serum angehäufte Fett sind nach Rosenfelds u. a. Untersuchungen 
nur Nahrungs- oder Depotfett. 

Als Ursache für die Fetthäufung im Serum kommt in Betracht: 
1. eine mangelhafte Veränderung des in feiner Emulsion im Serum 
vorhandenen Fettes, so daß es von der Zelle nicht aufgenommen 
werden kann. Fischer u. a. halten nämlich für die Aufnahme des 
Fettes eine vorhergehende Lösung oder Verseifung desselben für not¬ 
wendig; 2. eine Schädigung der Capillarwand und der Zellmembran 
und als Folge davon mangelhafte Resorption; 3. allgemeine Gewebs- 
zellschädigung mit gestörtem Zellstoffwechsel und dadurch bedingte 
mangelhafte Verarbeitung des Fettes; 4. eine Funktionsstörung der 
Leber; nach Freudenberg , Shibata u. a. hat die Leber im Fettstoff¬ 
wechsel die Aufgabe, das zur Verarbeitung bestimmte Fett in eine 
bestimmte Modifikation (vielleicht Tributyrin) umzuformen, in welcher 
es allein für den Zellstoffwechsel angreifbar ist; es soll daher eine 
partielle Schädigung dieser Funktion ebenfalls eine Fettanhäufung 
im Serum verursachen können. 


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222 


F. Edelmann: 


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Was diese Möglichkeiten betrifft, so ist zunächst zu bemerken, 
daß die Resorption des Fettes von der Gewebszelle in gelöstem Zu¬ 
stande (analog der Darmresorption) wohl anzunehmen ist. Ebenso 
aber ist durch die Untersuchungen von K. Ziegler u. a. erwiesen, 
daß Fett auch in feinst emulgiertem Zustande von der Zelle auf¬ 
genommen werden kann, so daß der Resorptionsmodus der Fette aus 
dem Darm nicht ohne weiteres auf die parenterale Resorption über¬ 
tragen werden kann. Eine besondere Rolle spielt ferner bei der 
Frage der Fettresorption aus dem Serum die Annahme einer Serum¬ 
lipase, wobei zur Voraussetzung gemacht ist, daß die Resorption nur 
in verseiftem oder gelöstem Zustande möglich ist. Ursprünglich war 
das Vorhandensein eines derartigen Fermentes überhaupt zweifelhaft. 
Nach der von Rona und Michaelis angewandten Methode (Stalagmo- 
meter) ist aber an der Existenz desselben wohl nicht zu zweifeln. 
Es wäre also die Entstehung einer Lipämie möglicherweise auf ein 
Versagen dieser Lipase zurückzuführen. 

Die experimentelle Erforschung der Lipämiefrage war mit großen 
Schwierigkeiten verbunden, bis Boggs und Morris (und fast zu der¬ 
selben Zeit auch Morawitz und Pratt ) die Aderlaßlipämie beim Ka¬ 
ninchen beschrieben. Die ersteren erklärten diese Erscheinung durch 
eine Stoffwechselstörung, welche durch den Eiweißverlust bedingt 
sei. Sie glauben, daß das Fett in Form einer Protein-Calcium-Leci- 
thinverbindung im Serum worhanden sei. Milne schreibt die Ent¬ 
stehung der Aderlaßlipämie einer durch die Anämie bedingten 
schlechten Sauerstoff Versorgung und daraus resultierenden vermin¬ 
derten Oxydationsenergie zu. Was den letzten Punkt anbelangt, so 
ist beim Diabetes mellitus, wo doch gerade die höchsten Lipämie- 
grade Vorkommen, sicher keine verminderte Oxydationsenergie voi- 
handen (Erhöhung der C0 2 -Ausscheidung; Magnus-Levy). Außerdem 
hat Bieling nachgewiesen, daß bei der Aderlaßanämie des Kaninchens 
bis zu 20 °/ 0 Hämoglobin das Kohlensäurebindungsvermögen des 
Blutes nicht abnimmt, demgemäß keine Säuerung des Blutes und 
also auch kein Sauerstoffmangel bestehen kann. 

Sakai wies an Hand zahlreicher Versuche nach, daß Kaninchen 
keine Resorptionslipämie bekommen. Eine solche trat nur ein bei 
anämisierten Kaninchen. Er nahm an, daß beim normalen Kaninchen 
die Elimination des Fettes aus dem Serum ebenso schnell verläuft 
wie die Resorption aus dem Darm. Die Aderlaßlipämie war bei 
fettreicher Ernährung leichter auslösbar wie bei fettarmer. Das 
Serumfett stammt also nach seinen Ergebnissen sowohl aus dem 
Nahrungs- als auch aus dem Depotfett. Weiter stellte Sakai bei den 
anämisierten Kaninchen eine Abnahme der Serumlipase fest. Diese 
Abnahme w r ar nicht proportional der Größe der Aderlässe, konnte 


Gck igle 


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Über Ursache und'Entstehung der Aderlaßlipämie. 


223 


also nicht von der Blutverdünnung herrühren. Sie war, aber nur 
bei Milchfütterung, ungefähr umgekehrt proportional der Stärke der 
Lipämie. Sakai schreibt diese Verminderung der Lipase einer Schä¬ 
digung gewisser, aber nicht näher bezeichneter, Lipase bereitender 
Organe zu. Endlich fand er noch eine mit der Lipämie einher¬ 
gehende Hypercholesterinämie, welche er durch Lösung von Chole¬ 
sterin im Serumfett erklärt. 

In neuester Zeit hat Horiuchi den Lipämiekomplex bei anämi- 
sierten Kaninchen genau untersucht. Auch er glaubt als Ursache 
der Lipämie eine Schädigung von Lipase bereitenden Organen, als 
welche er Leber, Milz und Lymphknoten ansieht, annehmen zu müssen. 
Als eine Betätigung dieser Auffassung könnte die von Bergei ver¬ 
tretene, aber bestrittene Lehre vom Lipasegehalt der Lymphocyten 
herangezogen werden. Feigl hat die von Horiuchi gefundenen Zahlen 
vor kurzem bestätigt, ohne auf die Pathogenese der Lipämie an sich 
weiter einzugehen. 

Wie ersichtlich, herrscht also zur Zeit die Neigung vor, die Ent¬ 
stehung einer pathologischen Lipämie rein aus einer Verminderung 
der Serumlipase zu erklären, resp. eine partielle Organschädigung 
anzunehmen, welche sich in einer verminderten Produktion von Li¬ 
pase ausdrückt. Da nun in den genannten Untersuchungen die 
einzelnen Phasen der Anämisierung und das gesamte Verhalten der 
Versuchstiere verhältnismäßig wenig berücksichtigt ist, schien eine 
erneute Prüfung der Entstehung und des Verlaufs experimenteller 
Aderlaßlipämien gerechtfertigt. 

Eigene Untersuchungen. 

Die Untersuchungen wurden so vorgenommen, daß Kaninchen in 
längeren und kürzeren Intervallen durch verschieden große Aderlässe 
anämisch gemacht und unter Berücksichtigung des Körpergewichtes, 
der Blutveränderungen, zum Teil auch der Wasserausscheidung der 
Gehalt des Serums an Neutralfett und Lipoiden bestimmt wurde. 
Es wurden insgescmt 16 Tiere verwandt, welche alle nach guter 
Erholung mehrere Male zu den Versuchen herangezogen werden 
konnten. Ein Teil der Fettbestimmungen wurde nach der von 
Shimidzu angegebenen Modifikation der Methode von Kumagawa und 
Suto ausgeführt. Zum Teil wurde dann das nach der erwähnten 
Methode erhaltene Gesamtextrakt (Gesamtfettsäuren -f- Cholesterin 
-r Unver8eifbarem) in Chloroform gelöst und das Gesamtcholesterin 
nach Autenrieth und Funk bestimmt. Zu dem anderen Teil der Fett¬ 
bestimmungen wurde die Mikromethode von Bang verwandt. Parallel- 
bestimmungen mit der Kumagawa-Sutoschen Methode ergaben be¬ 
friedigende Resultate. Die nach Bang erhaltenen Werte aller Frak- 


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224 


F. Edelmann : 


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tionen sind sämtlich durch Doppelbestimmungen gewonnen. Nicht 
genügend übereinstimmende Werte wurden verworfen. Ebenso wurden 
die Blutzucker-, Chlorid- und Trockensubstanzbestimmungen nach 
den von Bang angegebenen Mikromethoden ausgeführt. Auch hier 
sind sämtliche Werte Mittelwerte aus Doppelbestimmungen. Die 
Aderlässe wurden aus der Ohrvene mittels der von Zahn angegebenen 
Saugglocke gemacht. Die jeweils angewandte Methode und weitere 
Einzelheiten sind bei den einzelnen Versuchsreihen erwähnt. 

Verdauungslipämie. 

Zur Frage der Verdauungslipämie bei Kaninchen wurden zunächst 
einige Untersuchungen angestellt. Sie ergaben folgendes: 

Tabelle I 1 ). 


1 

Petrol&therextrakt nach Bang 

Bemerkungen 


| vor der 

Ölinjektion 

1 2 Stunden nach 
| der Ölinjektion ! 

1 24 Stunden noch 
| der Ölinjektion 

Kan. 40 
Kan. 41 
Kan. 42 

1 0,090 

0,059 
0,076 

1 0,107 

i 0,074 

1 0,072 

0,075 

0,070 

0,086 

Alle 3 Tiere erhielten 

5 com 01. olivarum mit 
Schlundsonde. 


Nach einmaliger reichlicher Fettzufuhr (Olivenöl) tritt im Ver¬ 
lauf der nächsten Stunden keine sichtbare Serumverändqrung auf, 
und es ist auch quantitativ kein wesentlich erhöhter Fettgehalt des 
Blutes festzustellen. 

Tabelle II. 


i 

Gesamtextrakt nach 
Kumagawa-StUo 

Bemerkungen 

Bei Rübenfütterung 

Nach einer Woche reiner 
Haferfütterung 

Kan. 100 | 

, 0,146 

0.282 1 

Kan. 81 

0,154 

0,260 


Bei Haferfütterung 

Nach tägl. Gabe von 10 ccm 

0,290 ; 

1 

0,244 

Das öl wurde mit der Schlund - 
sonde gegeben; es traten 

01. olivarum (4 Tage lang) 

0,346 I 

0,310 

keine Durchfalle auf. 


Hält man jedoch die Tiere einige Tage hintereinander auf fett¬ 
reicherer Kost, so tritt eine deutliche Erhöhung des Blutfettgehaltes 
ein. Außerdem hat K . Ziegler nach vorhergehender Hungerperiode 
eine deutliche mikroskopisch sichtbare Resorptionslipämie beschrieben. 

. Es ergibt sich daraus, daß beim Kaninchen die Fettaufnahme 
aus dem Darm sich derart abspielt, daß Resorption und Verwertung 

x ) Die einzelnen Versuche sind jeweils an mehreren Tieren vorgenommen. 
Da es aber unmöglioh ist, sämtliche Protokolle zu veröffentlichen, so enthalten 
die folgenden Tabellen immer nur Einzelbeispiele einer größeren Anzahl gleich¬ 
artiger Versuche. 



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über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 


225 


sich im allgemeinen die Wage halten, so daß es nicht zu einer 
typischen Resorptionslipämie kommt. Bei einseitiger länger dauernder 
Nahrungsänderung, bei reichlichem Fettgehalt derselben überwiegt 
aber die Resorption über die Verwertung; ebenso anscheinend auch 
bei vorausgehender Hungerperiode. Der Unterschied der Fettresorp¬ 
tion beim Kaninchen gegenüber anderen Tieren und auch dem Menschen, 
wie er von Neisser und Bräuning , Bang , Sakai beschrieben wurde 
ist also mehr quantitativer als prinzipieller Natur. Auf die Be¬ 
ziehungen der Resorptionslipämie zur Frage der Serumlipase soll 
später ein gegangen werden. 


Aderlaßwirkung. 

Es wurden nun zunächst die durch einen einzelnen Aderlaß 
hervorgerufenen Änderungen des Blutfettgehaltes nachgesehen und 
außerdem untersucht, in welcher Beziehung die Größe der Aderlässe 
und die Häufigkeit ihrer Wiederholung zum eventuellen Eintritt einer 
Lipämie stehen. 

Tabelle III. 


Gesamtextrakt nach Kumagawa-StUo 




vor dem 

2 Stunden 

6 Stunden 

8 Stunden 

24 Stunden 

Bemerkungen M 


II 

, nach dem 

nach dem 

nach dem 

nach dem 


II 

Aderlaß 

Aderlaß 

Aderlaß 

Aderlaß 

Aderlaß 


Kan. 100 

0,340 

0,280 

_ 

0,338 

0,892 

Aderlaß v.30ccm; 

Kan. 

31 

0,310 

0,308 


0,303 

! 

0,494 

nach 2 Std. noch 
15 ccm Blut ent¬ 
zogen, nach 8 Std. 
18 ccm. 





Kan. 

Kan. 

100 , 

81 , 

0.217 

0,248 

_ 

0,244 
; 0,204 

— 

| 0,244 

Aderlaß v. 13 ccm 


Was die Wirkung eines einzelnen Aderlasses anbetrifft, so ist bis 
zu 2 Stunden nach dem Aderlaß der Fettgehalt des Serums durch 
die Blutverdünnung etwas herabgesetzt. Nach ca. 4—8 Stunden 
ist dieser Verlust jedoch wieder ersetzt, ja zum Teil sogar über¬ 
kompensiert. Nach 24 Stunden ist fast durchweg der Anfangswert 
w r iederhergestellt, wenn keine weiteren Aderlässe mehr gemacht 
werden; anderenfalls tritt natürlich eine Steigerung ein. Die Größe 
des einzelnen Aderlasses spielt hierbei nur eine relativ geringe Rolle. 


1 ) Bei dem ersten Versuch wurde nach 24 Stunden beiden Tieren nochmals 
15 ccm Blut entzogen. Kan. 81. kam ad exitum. Am nächsten Tage wurden 
bei Kan. 100 noch 15 ccm Blut entzogen. Das Gesamtextrakt hatte inzwischen 
2,058 g pro 100 com Serum erreicht. Das Tier kam an diesem Tage ebenfalls 
ad exitum. Das Gewicht fiel während dieser Tage bei Kan. 100 von 3380 auf 
2350 g. Bei Kan. 81 von 2800 auf 2000 g. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 15 


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F. Edelmann: 


226 


Tabelle IV. 


Kan 

1 

100. | 

Zeit¬ 

intervall 

Tag 

1. 

1 Größe des 
! Aderlasses 

' ccm 

1 25 

Gesamtextr. 
n. Kumag.- 
Suto 

0.210 

Bemerkungen 

Das Gewicht schwankte während der 


r> 

15. 

30 

0,207 

Zeit zwischen 2920—3200 g. 

n 

n 

23. 

25 

0,138 

Am 19 Tage wurden ebenfalls 25 ccm 


w 

31. 

24 

t 0,151 

Blut entzogen. Die Anal, ging verloren. 

Ti 

81. , 

1. 

30 

0,294 

Das Gewicht schwankte auch hier und 

V 

n 

14. 

23 

0,215 

und zwar zwischen 2400—2580 g. 

n 

V) 

19. 

; 22 

, 0,157 ■ 

r> 

r? 

i 26. 

! 21 

0,146 



Mehrere kleine , mittlere und große Aderlässe in großen Zwischen¬ 
räumen machen dieselben Einzelveränderungen und bewirken auf die 
Dauer keine Erhöhung des Blutfettgehaltes; dieser nimmt vielmehr 
in mäßigem Grade, aber ausgesprochen, ab. Die Reparation des Blut¬ 
verlustes ist vor der Wiederholung des Aderlasses ausgeglichen. 

Wird aber eine tägliche Entziehung von 20—30 ccm Blut vor¬ 
genommen, so tritt alsbald eine starke Erhöhung des BlutfettgehaÜes 
bis auf das 10- und mehrfache des Ausgangswertes ein (vgl. Tabelle III, 
V, VIII, IX, X). Manche Tiere gingen dabei unter rapidem Kräfte¬ 
verfall zugrunde; andere erholten sich rasch wieder. Der Fettgehalt 
des Blutes fiel bei diesen letzteren nach Aufhören der Aderlässe 
ebenfalls rasch innerhalb 3—4 Tagen wieder auf den Ausgangswert 
zurück und zwar lange vor Ersatz der experimentellen Blutverluste. 


Tabelle V (Kan. 49). 


Datum 

r 

Gew. Erythroc. 

g 

" 

Hgl. 

°/o 

Größe 

des 

Ader¬ 

lasses 

ccm 

Aussehen 

des 

Serums 

Gesamt¬ 

extrakt 

nach 

Kumag., 

Suto 

Chole¬ 

sterin 

nach 

AiUenr., 

Funk 

Bemerkungen 

13. XII. 20 

12450 4 080 000 

65 

12 

etw. trüb 

0,456 

0,029 


27. XII. 20 

i 2700 4 710 000 

75 

12 

klar 

0,324 

0,036 


10.1. 21 

2890 5 190 000 

65 

30 

klar 

0,261 

0,025 

Am 9., 11., 13., 

11.1.21 

2910 4 080 000 

53 

20 

etw. trüb 

0,316 

0,026 

15. Januar je 

12.1. 21 

2780 2 750 000 

45 

20 

opalesc. 

0,456 

0,052 

5 ccm 01. ofi- 

13.1. 21 

2650 ; 2 410 000 

30 

15 

stark op. 

0,656 

0,054 

varum. Sonst 

14.1. 21 

2700 2 380 000 

28 

10 

■ milchig 

2,060 

0,187 

Haferfütterung. 

15.1. 21 

2740 ! 2 430 000 

29 | 

12 

stark op. 

0,824 

0,084 


18.1. 21 

3000,3 450 000 

47 

10 

klar 

0,447 

0,045 


1. II. 21 

2930 i 5 080 000 

65 

18 

klar 

0,273 

0,031 


8. II. 21 

3010 ; 4 540 000 

60 

25 

klar 

0,325 

0,035 

Reine Haferfütt. 

9. II. 21 

2960 ! 4 120 000 

50 

29 

leicht op. 

0,226 

0,042 


10. II. 21 

3000 ! 3 110 000 

40 

28 

etw. op. 

0,360 

0,061 


11.11.21 

3000 ; 2 420 000 

30 

30 

opalesc. 

0,292 

0,039 


12. n. 21 

12950 1 2 000 000 j 25 

25 

milchig 

1,020 

0,078 

Das Gew. stieg 

18. II. 21 

3000 1 710 000 

23 

10 

milchig 

1,293 

0,105 

i. d. folg. Tagen 

22. II. 21 

3000 ! 4 010 000 

55 

18 

klar 

0,235 

0,035 

bis auf 3150 gern. 


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Über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 


227 


Die Lipämie trat sowohl bei gewöhnlicher Kost (Hafer und Rüben) 
als auch bei Fettzufuhr (Olivenöl) deutlich in Erscheinung. In 
letzterem Falle war die Lipämie aber gegenüber fettärmerer Er¬ 
nährung leichter auslösbar und bedeutend hochgradiger. 

Bestimmungen des Gesamtpetr olätherextraktes und des Cholesterins 
ergaben, daß nicht nur das Neutralfett, sondern auch das Gesamt¬ 
cholesterin, wenn auch absolut in geringerem Maßstabe, an der Er¬ 
höhung beteiligt ist. 

Die Lipämie trat durchschnittlich bei einer Verminderung der 
Zahl der Ery throcy teil auf ein Drittel dos Normalwertes auf (bei 
ca. 2 Millionen Ery throcy ten; 20°/ o Hämoglobin; vgl. Tabelle V). 
Dieser Grad der Anämie ist indessen nicht in direkte Proportion 
zu setzen zum Auftreten der Lipämie. Das Wesentliche bleibt stets 
die in kurzen Zwischenräumen wiederholte Alteration des Blutes 
und ihre Folgeerscheinungen. Der Grad der Anämie entspricht daher 
unter den gegebenen Versuchsbedingungen nur der notwendigen 
Summe von Blutentziehungen, welche imstande ist, diejenige Störung 
auszulösen, deren Folgeerscheinung die Lipämie ist. Ähnliche Anämie¬ 
grade durch langsame sonstige Blutschädigungen hervorgerufen 
brauchen deshalb nicht notwendig zu einer Lipämie zu führen. Es 
erscheint mir wichtig, zu betonen, daß danach nicht die Anämie als 
solche, sondern die durch die Aderlässe hervorgerufenen Reaktions¬ 
erscheinungen im Gesamtstoffwechsel von Bedeutung sind. Indi¬ 
viduelle Schwankungen bezüglich des Eintrittes der Lipämie und 
des Anämiegrades sind je nach der konstitutionellen Verfassung des 
Versuchstieres nach oben und unten möglich. 

Verhalten des Körpergewichtes. 

Interessant ist ferner das Verhalten des Körpergewichtes. Wieder¬ 
holte in größeren Zwischenräumen ausgeführte Aderlässe haben eine 
auffallende Labilität der Körpergewichtskurve mit Zunahme und 
Abnahme zur Folge, die weit über das Maß der durch die Blut¬ 
entziehungen gesetzten Gewichtsverminderungen hinausgehen. 


Tabelle 17. 



1, 

li 

Jl 

i 

Zeitraum 

kiesamtextrakt n. 
j Kumagawa'Suto 

Größe der 
Aderlässe 

ccm 

Gewicht 

K 

Bemerkungen 

Kan. 

100 

1. Tag 

0,:512 

: 12 

2800 

In der Zwischenzeit 

V 

100 

10. „ 

0,217 

12 

3030 

tgl. 0—8 ccm Blut entz. 


100 , 

20. „ 

— 

— 

3400 



81 ' 

1. „ 

0,280 

12 

2350 

In der Zwischenzeit 

V) 

81 

10. „ 

0,248 

13 

2370 

keine Blutentziehung 


8! !| 

20. „ 

— 

— 

2800 



15 * 



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F. Edelmann: 


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228 


Bei eine Woche lang wiederholten kleinen Aderlässen zeigt sich 
anschließend eine sehr deutliche Tendenz zu Gewichtsansatz. Bei 
häufigen großen Aderlässen tritt dagegen mit dem Auftreten der 
Lipämie ein * deutlicher Gewichtssturz ein, der bei zwei tödlich 
endenden Fällen innerhalb weniger Tage bis zu einem Drittel des 
Körpergewichtes betrug (vgl. Tabelle III). Bei den Tieren, die sich 
wieder erholten, stieg mit dem Geringer werden der Lipämie das 
Gewicht wieder an, um häufig höhere Werte als den Anfangswert 
zu erreichen. Bei oinem Tier, bei dem zweimal eine Lipämieperiode 
im Abstande von Wochen hervorgerufen wurde, blieb beim 

zweiten etwas geringeren Anstieg des Blutfettgehaltes auffallender¬ 
weise der Gewichtssturz aus. Die Lipämie war bei dieser Wieder¬ 
holung im Gegensatz zu der ersten Lipämieperiodo ohne besondere 
Fettfütterung erzeugt worden (vgl. Tabelle V). 

Die Versuche zeigen also, daß in größeren Zwischenräumen wieder¬ 
holte Aderlässe oder Perioden kleiner Aderlässe eine gewisse Labilität 
in den stofflichen Umsetzungen verursachen, welche in einem starken 
Schwanken der Gewichtskurve zum Ausdruck kommen; bei ge¬ 
nügender Verlängerung der Versuchsdauer aber eine deutliche Ten¬ 
denz zum Gewichtsansatz erkennen lassen. Die assimilatorischen 
Vorgänge überwiegen schließlich die diesimilatorischen. Um eine 
einfache Wasserretention kann es sich dabei nicht handeln, da bei 
konstanter Wasser- und Nahrungszufuhr die W asserau$scheidungs- 
verhältnisse durch die Nieren keinerlei Anhaltspunkte für eine Wasser¬ 
retention, überhaupt kein deutlich erkennbares Verhältnis zwischen 
Wasserausscheidung und Körpergewicht zu Tage treten ließen. Wie 
schon erwähnt, zeigt der Fettgehalt des Serums dabei geringe 
Schwankungen, vorübergehende geringfügige Erhöhungen, mit zu¬ 
nehmendem Körpergewicht aber eine deutliche, wenn auch nicht 
sehr hochgradige Abnahme. Man kann daraus schließen, daß auch 
bezüglich der Fettsubstanzen eine Erhöhung und Beschleunigung der 
assimilatorischen Vorgänge in der Gewebszelle statthat. Die stoff¬ 
lichen Umsetzungen werden also im ganzen erhöht, die Assimilation 
überwiegt. 

Bei großen täglich wiederholten Aderlässen kommt es dagegen zu 
einem rapiden Anstieg des Blutfettgehaltes. Fast regelmäßig tritt 
auch ein, in manchen Fällen geradezu rapider, Gewichtssturz ein. 
An der Erhöhung des Blutfettgehaltes nehmen in erster Linie das 
Neutralfett, aber auch die übrigen Lipoide teil (vgl. auch Tabelle VIII). 
Die Dauer dieses Zustandes erhöhten Blutfettgehaltes ist experi¬ 
mentell dadurch begrenzt, als weitere Antriebe der Stoffwechsel¬ 
störung durch weitere Aderlässo nicht mehr möglich sind, ohne das 
Leben der Tiere aufs Spiel zu setzen. Auf hören der Aderlässe führt 



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über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 229 

zu alsbaldiger Wiedererholung, die Lipäinie schwindet so schnell als 
sie gekommen, der Gewichtsverlust wird ersetzt, zum Teil sogar 
überkompensiert. Der genannte Verlauf der Erscheinungen zeigt, 
daß in diesen Fällen offenbar durch die Aderlässe intensive Reiz- 
wirkungen ausgelöst werden, durch welche wahrscheinlich die dis- 
similatorischen Vorgänge in der Gewebszelle eine abnorme Steigerung 
erfahren, oder vielleicht auch sekundär die Resorptionsleistung der 
Gewebszelle geschädigt wird. 

Die scheinbar auseinandergehenden Zeichen erhöhter Assimilation 
und Gewichtszunahme bei wiederholten kleineren Aderlässen auf der 
einen Seite, und die mangelhafte Fettverwertung, die Lipämie ver¬ 
bunden mit starkem Gewichtsverlust bei täglichen großen Aderlässen 
auf der anderen Seite dürften kaum durch eine verschiedenartige 
biologische Wirkung der Aderlässe zu erklären sein. Es ist vielmehr 
im höchsten Grade wahrscheinlich, daß es sich nur um quantitativ 
abgestufte Wirkungen prinzipiell gleicher Art handelt. Man hätte 
sich den Vorgang dann so vorzustellen, daß kleinere Aderlässe den 
Stoffumsatz in der Zelle zwar erhöhen, daß aber, ähnlich wie bei 
gesteigerter Muskelarbeit, eine Erhöhung der Assimilation resultiert. 
Stärkere Protoplasmareizung durch große häufige Aderlässe führt 
dagegen zu einer Erhöhung (Überreizung) des Stoffumsatzes, bei der 
die Dissimilation weit überwiegt, ein Stoffansatz infolgedessen nicht 
mehr möglich ist. Denkbar wäre auch, daß die resorptiven Vor¬ 
gänge überhaupt durch die funktionelle Überlastung der Gewebszelle 
leiden. Daß gerade das Fett von diesen Störungen in erster Linie 
getroffen wird, könnte vor allem dadurch bedingt sein, daß wir es 
hier mit einem relativ schwer brennbaren Nährmaterial zu tun haben. 
Befördernd käme hinzu, daß die Fettverbrennung durch den Mangel 
des Glykogens (Glykogenschwrund der Leber vor Auftreten einer 
Lipämie; Rosenfeld, Morawitz ) — falls das Fett überhaupt in die 
Leberzellen gelangt — noch w r eiter erschwert wird. 

Die Seruiulipase. 

Bei dieser Stellungnahme zu den geschilderten Vorgängen ist 
die Ansicht von der ausschlaggebenden Bedeutung, die ein ver¬ 
minderter Lipasegehalt des Serums auf das Zustandekommen der 
Lipämie hat (Sakai u. a.), nicht berücksichtigt worden. Wir hielten 
die Vernachlässigung dieser Frage schon aus dem Grunde für be¬ 
rechtigt, weil, wie schon erwähnt, die Aufnahme von Fett in die 
Zelle in Form feinster Emulsion möglich und erwiesen ist. Trotzdem 
soll die Möglichkeit der von Sakai beobachteten Abnahme des Li¬ 
pasegehaltes infolge der Aderlässe nicht bestritten werden. Aller¬ 
dings ist zu der von ihm verwandten stalagmometrischen Methode 


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F. Edelmann: 


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2:50 


zu bemerken, daß eine gegen die Anfangszahlen verminderte Tropfen¬ 
zahl nicht unbedingt auf eine geringere Menge der Lipase zu be¬ 
ziehen ist, da auch geradeso gut die in gleicher Menge vorhandene 
Lipase in ihrer Wirkung irgendwie gehemmt sein kann. Nun haben 
die Untersuchungen von Koenigsfeld ergeben, daß bei der Lipämie 
das Komplement durch das in vermehrter Menge vorhandene Chole¬ 
sterin gehemmt wird. Es konnte sich also bei der „Verminderung“ 
der Lipase um ähnliche Vorgänge handeln. Auch Aschoff hat schon 
auf diese Möglichkeit hingewiesen. Es haben nun auch Versuche, 
über die noch besonders berichtet werden soll, ergeben, daß ein 
Serum mit bestimmtem Lipasegehalt — der durch eine bestimmte 
Abnahme der Tropfenzahl charakterisiert ist — nach Zusatz von 
Cholesterin, nicht aber nach Zusatz von Neutralfctten, keine oder 
doch nur eine unwesentliche Abnahme der Tropfenzahl aufweist. 
Wir sehen also bei gleichbleibendem Lipasegehalt das eine Mal die 
lipolytische Wirkung eintreten, nämlich eine Verminderung der 
Tropfenzahl der Tributyrinlösung, das andere Mal aber diese Wirkung 
durch Cholesterinzusatz gehemmt. Es ist demnach aus derartigen 
Untersuchungen nicht ohne weiteres zu schließen, daß bei der Ent¬ 
stehung einer Lipoidämie die Menge des lipolytischen Fermentes 
abnorm geringer oder seine Produktion pathologisch vermindert sei; 
es scheint vielmehr ein gleichzeitig hoher Cholesteringehalt hemmend 
auf die Lipolyse einzuwirken. Das Ferment kann in gleicher Menge 
vorhanden sein und produziert werden, seine Wirkung bleibt aber 
aus. Hierfür spricht auch die rasch sich wieder einstellende volle 
Lipasewirkung bei raschem Abklingen der Lipämie. 

Hierher gehört auch die Beobachtung von Verse, daß beim 
Kaninchen bei gleichzeitiger Fett- und Cholesterinfütterung eine 
deutliche Resorptionslipämie auftritt, während sie bei alleiniger Fett¬ 
fütterung nicht zustande kommt. Nun hat das Kaninchen normaler¬ 
weise einen sehr niederen Cholesteringehalt des Serums (. Horiuchi ; 
eigene Untersuchungen). Es scheint deshalb die Erklärung am nahe¬ 
liegendsten, daß eine gleichzeitig mit einer Fettaufnahme erfolgende 
Cholesterinaufnahme eine Hemmung der Lipasewirkung bedingt und 
infolgedessen das Fett in feinster Emulsion deutlicher hervortreten 
läßt. Der Vorgang bei der Fettresorption und beim Hervortreten 
einer Verdauungslipämie bei den verschiedenen Tierarten und auch 
beim Menschen scheint danach wesentlich modifiziert durch den ver¬ 
schieden hohen Cholesteringehalt im Serum. Höherer Cholesterin¬ 
gehalt wie beim Meerschweinchen, Hund und auch beim Menschen 
läßt infolge hemmender Wirkung des Cholesterins auf die Lipase 
(und vielleicht dadurch bedingter langsamerer Elimination des Fettes 
aus dem Serum) eine deutliche Resorptionslipämie hervortreten; 



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Über Ursache und Entstehung der Aderlaßhpämic. 


231 


relativ geringer Cholesteringehalt, wie beim Kaninchen, läßt dagegen 
die Lipase stärker in Aktion treten, die Fettemulsion im Serum hält 
sich nur in geringen Grenzen, vielleicht geht auch die Elimination 
des Fettes aus dem Serum rascher von statten. Die Frage, ob die 
Fette aus dem Serum corpusculär oder gelöst resorbiert werden, 
läßt sich deshalb vielleicht dahin beantworten, daß wohl stets beide 
Arten der Resorption in Betracht kommen, daß aber je nach dem 
Cholesteringehalt des Serums der geloste Anteil größer oder kleiner 
ist. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die Bemerkung 
Salcais — der die Abnahme der Lipasewirkung bei anämisierten 
Kaninchen am sichersten bei gleichzeitiger Milchfütterung nachweisen 
konnte — in einem besonderen Licht, wenn man in Betracht zieht, 
daß die Milch relativ beträchtliche Mengen Cholesterin enthält. 

Ätherwirkung, histologische Untersuchungen. 

Bei seinen Versuchen über Fettresorption beschrieb K. Ziegler 
bei parenteraler peritonealer Injektion von Neutralfett eine außer¬ 
ordentliche Beschleunigung der Resorption desselben bei gleichzeitiger 
Ätheraarkose. Um diesen Einfluß bei der Aderlaßlipämie zu kon¬ 
trollieren, wurden von zwei Kaninchen vom gleichen Wurf am fünften 
Aderlaß tage das eine Tier 40 Minuten einer Äthernarkose unter¬ 
worfen, das andere nicht, und bei beiden Tieren der Fettgehalt des 
Blutes fortlaufend nachgesehen. Das Ergebnis war folgendes: 


Tabelle VII. 


jl" 


Petrol&therextrakt nach Bang 


1 

i; 



! 

i 

2. Tag 

7*/4 v. 

Bemerkungen 

M 

4»/ a n. 


5 V* n. : 

■ ! 

6Va n. 1 


Kan. 32 

0,073 


0,070 

0,07.5 1 

0,319 


r 33 | 

l! 

0,319 


0,2X4 

0,374 1 

i 

1,093 

Kan. 33 stand von 4 l / a bis 
5V 4 n. unt. Äthereinwirkung 


Bei dem nicht narkotisierten Tier war bis zum folgenden Tage 
eine Steigerung des Blutfettgehaltes um das ungefähr 4 1 / 9 fache des 
Anfangswertes eingetreten; bei dem narkotisierten Tier eine etwa 
gleiche Erhöhung schon zur Zeit der Narkose, welche Erhöhung bis 
zum folgenden Tag auf das ca. lOfache des Anfangawertes stieg. 
Der direkte Einfluß der Äthernarkose gemessen am Blutfettgehalt 
zeigte sich in einer deutlichen, wenn auch nicht sehr hochgradigen 
Verminderung. 1*/ 4 Stunde nach der Narkose setzte die erwähnte 
Steigerung ein, welche bis zum übernächsten Tage das 17 fache des 
Ausgangswertes erreichte. Daraus scheint ebenfalls hervorzugehen, 
daß durch die Ätherwirkung die Fettresorption vorübergehend eine 
leichte Verbesserung erfährt. Auf die durch die Aderlässe hervor- 


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282 


F. Edelmann: 


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gerufen© Stoff wechselstör ung wird jedoch durch die Äthernarkose ein 
nachhaltiger Einfluß nicht ausgeübt. Um diese Ansicht zu stützen, 
wurde vor Beginn der Aderlässe und sofort nach der Narkose beiden 
Tieren jeweils ein Leberstückchen des gleichen Lappens exstirpiert 
und untersucht. 

Bei beiden Tieren waren vor dem Versuch die Leberzellen prak¬ 
tisch fettfrei. Nur in den Epithelien waren vereinzelt Spuren, und 
etwas mehr und regelmäßiger im periportalen Bindegewebe Fett in 
feinstkörniger Form nachzuweisen. Bei dem nicht mit Äther be¬ 
handelten Tier sah man während der mäßigen Lipämie eine ziemlich 
deutliche Vermehrung des Fettes in der Peripherie einiger Läppchen 
und zum Teil auch um die Zentralvene herum, und zwar ausnahmslos 
in feinster Staubform. Teils waren die ganzen Zellen, teils nur die 
Pvandzonen derselben mit Fettstäubchen besetzt. Nur ganz selten 
hatten sich auch kleine Fettkügelchen gebildet. Die Endothelien 
enthielten nur vereinzelt Fett. Der überwiegende Teil der Leber 
zeigte keine Fettresorption, trotz der, wenn auch wenig hochgradigen 
Lipämie. Beim zweiten, mit Äther behandelten Tier, zeigten un¬ 
mittelbar nach der Äthernarkose die Leberzellen, die im übrigen 
etwas verbreitert — wie gequollen — aussahen, ziemlich gleichmäßig 
in den Randzonen Fettkömehenaufnahme und zwar — im auf¬ 
fallenden Gegensatz zu dem Kontrollier — nicht in Staub-, sondern 
in kleinster Tropfenform. Auch die Kupfer sehen Sternzellen ent¬ 
hielten zahlreicher als in dem vorhergehenden Falle Fettkörnchen. 
Ein Vergleich der beiden Befunde zeigt also, daß in der Tat die 
Ätherwirkung eine gewisse Erleichterung der Fettaufnahme und ein 
Zusammenfließen desselben in Tropfenform zur Folge hat. 

Auch bei zw r ei weiteren Fällen, die auf der Höhe der Lipämie 
ad exitum kamen, wurden Leber und andere Organe auf ihren 
zellulären Fettgehalt untersucht. (Vgl. auch Tabelle III.) Der Be¬ 
fund war folgender: 

Kan . 7 00: Leber: Fleck weise in der Peripherie und Zentrum der Acini 
staubförmiges und kleintropfiges Fett innerhalb der Leberzellen. Überwiegen¬ 
der Teil der Lebersubstanz, ebenso die Endothelien, frei von Fett. In den 
Gefäßen deutliche Lipämie. Niere: Lipämie sehr deutlich auch in den Capillar- 
schlingen. Zellen der Rinde vollkommen frei von Fett. Stützsubstanz der 
Papillen enthält spärliche Fettröpfchen. Epithelien auch hier frei. Herzmuskel: 
Deutlich hervortretende Lipämie. Muskelfasern frei von Fett. Die Mark¬ 
scheiden der Nerven zeigen eine intensive Fettfärbung. Müz: Pulpa, Follikel 
und Kapsel frei von Fett. Ganz vereinzelte Fettkörnchenzellen. Dünndarm: 
(Jejunum) Epithel frei von Fett (das Tier hat am Tage vorher 10 ccm Olivenöl 
erhalten). Im lockeren Bindegewebe um die Chylusgefäße äußerst spärlich 
Fettröpfchen. Clylusgefäße selbst frei von Fett. Ausgesprochene Lipämie. 

Kan. 81: Leber: Wie bei Kan. 100 hauptsächlich staubförmiges und feinst- 
körniges Fett fleckweise in den zentralen und peripheren Läppchenpartien. 



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Über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 233 

Überwiegender Teil des Parenchyms und auch die Endothelien fettfrei. Niere: 
Wie bei Kan. 100: Die Papillen enthalten noch weniger Fett. Die Fettzellen 
im Hilus der Niere sind zerklüftet, deutlich in Auflösung begriffen, z. T. stark 
verkleinert. Milz: Ebenfalls völlig frei von Fett. Dünndarm: Spuren von Fett- 
kömchen im papillären Bindegewebe, etwas reichlicher wie bei Kan. 100. Epi¬ 
thelzellen völlig frei von Fett. 

Kan . 15: (Diesem Tier wurde 5 Tage nach Abklingen der Lipämie — 
vgl. Tab. X — ein Leberstückchen exstirpiert und untersucht). Es zeigte sich 
in den Leberzellen ziemlich diffus feinstkömiges Fett, besonders auch im pcri- 
portalen Bindegewebe reichlich intrazelluläres Fett. In der Umgebung der 
Zentralvene und in den Endothelien feine Fettkömchen. Nur der periportale 
Fettgehalt war etwas gegen die Norm erhöht. 

Aus den histologischen Bildern ergibt sich, daß trotz hochgradig¬ 
ster Lipämie — vielleicht mit Ausnahme der Leber — keinerlei 
Fettresorption nachzuweisen ist. Im Gegenteil, der normale Fett¬ 
gehalt der Organe, Milz, Nieren usw. ist völlig geschwunden trotz 
hochgradigster — auch färberisch nachweisbarer — Lipämie. Ver¬ 
gleicht man die beschriebenen Präparate mit solchen, wie sie auf 
der Höhe einer enteralen oder parenteralen Resorptionslipämie er¬ 
halten werden (derartige Präparate wurden mir freundlichst von 
Prof. Ziegler zur Verfügung gestellt), so besteht ein absoluter Gegen¬ 
satz zwischen dem reichlichen Fettgehalt der Organe beim Normal¬ 
tier und dem durch Aderlässe lipämisch gemachten Kaninchen. 
Das Verhalten des Darmes (trotzdem am Tage ante exitum 10 ccm 
Olivenöl gegeben worden waren, waren in dem einen Fall nur noch 
geringe Reste, in dem anderen fast nichts mehr von Fett im Darm 
nachweisbar; außerdem Darmepithelien und Chylusgefäße völlig frei 
von Fett) beweist, daß die enterale Resorption nicht gestört war. 
Es sprechen also auch die histologischen Bilder zugunsten der An¬ 
sicht, daß in der Tat eine schwere Störung der Fettresorption oder 
Fettverwertung in den Organzellen durch die Aderlässe hervorgerufen 
wird. 

Wirkung von intravenöser Traubenzucker- und Ringerlösung- 

Injektion. 

In drei Versuchsreihen mit je drei Tieren eines gleichen Wurfes 
wurden nun noch in Anlehnung an frühere ergebnislose Versuche 
von Freudenberg und auch von Sakai Untersuchungen angestellt, ob 
der Eintritt und die Höhe der Aderlaßlipämie sich beeinflussen läßt 
1. durch die intravenöse Zufuhr von Traubenzucker als leicht brenn¬ 
barem Nährstoff, oder 2. durch intravenöse Infusion einer entsprechen¬ 
den Menge Ringerlösung als Ersatz der wichtigen durch den Ader¬ 
laß entzogenen Salze und einer damit verbundenen Schonung des 
Salzgehaltes der Gewebszellen. Die Ergebnisse sind aus der folgen¬ 
den Tabelle (dritte Versuchsreihe) ersichtlich. 


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234 


F. Edelmann 




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Über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 


235 


Daraus geht hervor, daß sich der Eintritt der Lipämie an sich 
durch die geschilderten Maßnahmen nicht verhindern läßt. Es zeigt 
sich aber, allerdings nicht immer gleichmäßig, daß sowohl durch 
intravenöse Gaben von Traubenzucker- als auch von Ringerlösung 
die Höhe der Lipämie etwas herabgedrückt, ebenso der Eintritt 
derselben etwas verzögert wird und die Lipämie im allgemeinen 
etwas rascher abklingt. Ein gewisser Einfluß ist also unverkennbar. 
Es liegt nahe, anzunehmen, daß eine Schonung des Salzgehaltes der 
Gewebe einen begünstigenden Einfluß auf den Ablauf der sonstigen 
zellulären Umsetzungen ausübt; ebenso scheint die Zufuhr von leicht 
brennbarem Traubenzucker der Arbeitsleistung der Zellen günstigere 
Bedingungen zu schaffen. Auf jeden Fall sind die geschilderten 
Erscheinungen eine weitere Stütze für die Ansicht, daß infolge der 
häufigen Aderlässe ein erhöhter Reizzustand der Zelle mit erhöhten 
Dissimilationsvorgängen besteht. Im einzelnen ist noch die Tat¬ 
sache bemerkenswert, daß bei Bestimmung der einzelnen Lipoide 
bei dem mit Traubenzucker behandelten Tier der Wert für das ver- 
esterte Cholesterin sehr hoch erscheint und fast die ganze Alkohol¬ 
fraktion einnimmt, während das freie Cholesterin in der Petroläther¬ 
fraktion gleichzeitig fast völlig verschwindet. Ob diese Verhältnisse 
irgendwie in Parallele zu setzen sind mit dem Lipämiekomplex beim 
Diabetes mellitus, wo ja bekanntlich auch das veresterte Cholesterin 
dominiert (Beumer und Bürger ; Klemperer und Umber), ist schwer 
zu entscheiden. Ebenso unklar ist auch die Rolle, welche die 
künstlich erzeugte oder die pathologische Hyperglykämie dabei spielt. 

Verhalten des Chloridgehaltes und der Trockensubstanz des Blutes 
während der AderlaSlipämie. 

Es wurden bei 3 Tieren während der Anämisierung fortlaufend 
neben dem Petrolätherextrakt auch der Chloridgehalt und die 
Trockensubstanz des Blutes nach Bang bestimmt. Die Ergebnisse 
waren folgende (s. Tabelle IX): 

Nach einem einzelnen Aderlaß fällt der Chloridgehalt des Blutes 
unmittelbar nach dem Aderlaß etwas ab, was durch die gesetzte 
Blutverdünnung zu erklären ist. Der Ersatz der Salze aus dem 
Gewebe findet aber in überschüssigem Maße statt, so daß schlie߬ 
lich eine Hyperchlorämie resultiert. Es entspricht dies Verhalten 
auch den Versuchsergebnissen von Veil (dort auch weitere Literatur). 
Wie aus der Tabelle IX ersichtlich ist, folgt aber bei fortgesetzten 
Blutentziehungen der erwähnten Hyperchlorämie ein, wenn auch 
nicht sehr hochgradiges, Absinken des Chloridgehaltes sowohl des 
Gesamtblutes als auch der Trockensubstanz. Durch Infusion von 


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236 


F. Edelmann: 


Tabelle IX. 



Kaninchen 33 (Kontrollier) 

Kaninchen 36 (Kingerlösung) | 

Datum und Gröüe 

1 Prim. 

Pctr.- 
1 Extr. 
nach 
Bang 

Trok- 

kensub- 

stanz 

Chloridgehalt 

Prim. 

Petr. 

Extr. 

nach 

Bang 

Trok- 
kensub- 
s tanz 

Chloridgehalt | 

des Aderlässe» 

des 

Gesamt - 
blutes 

der 

Trok- 

kensub- 

stanz 

des 

Gesamt¬ 

bildes 

der 

Trok- 

kensub- 

stanz 

31. X. 1921 
Aderl. v. je 15 ccm 

0.094 

16,46 

0,511 

3,10 

0,121 

17,76 

0,455 

2,70 

1. XI. 1921 
Aderl. v. je 10 ccm 

0,080 

12,68 

0,536 

4,25 

0,091 

14,72 

0,530 

8,60 

2. XI. 1921 
Aderl. v. je 15 ccm 

0,099 

11,42 

0,511 

4,47 

0,070 

13,21 

0,561 

4,25 

3. XI. 1921 
Aderl. v. je 15 ccm 

' 

0,068 

10,44 

0.530 

5,08 

I 

0,078 1 

13,35 

0,548 

1 4,10 

4. XI. 1921 
Aderl. v. je 15 ccm 

0,319 

10,80 

0,482 

4,46 

0,091 

13,36 

! 0,552 

4,13 

5. XI. 1921 
Aderl. v. je 10 ccm 

1,093 

| 11,45 

0,456 

3,98 

0,102 

12,52 

0,546 

4,36 

7. XI. 1921 
Kein Aderlaß | 

1,620 

i 14,39 

0,467 

3,-25 

0,671 

13,60 

0,565 

4,15 


Be¬ 

merkungen 


Bei Kan. 
35 wurde 
die ent¬ 
nommene 
Blut¬ 
menge je¬ 
weils 
durch 
eine ent¬ 
sprechen¬ 
de Menge 
Ringer¬ 
lösung er* 
ersetzt 


Ringerlösung (Kan. 35) wird dieses Absinken verhindert und da¬ 
durch also der Salzgehalt der Gewebe geschont. 

Die Trockensubstanz des Blutes nimmt bei fortgesetzten Ader¬ 
lässen stetig ab. Es erklärt sich dies durch den Verlust corpuscu- 
lärer und gelöster Blutbestandteile. Beim Auftreten der Lipämie 
nimmt das Trockengewicht wieder zu, was auf die vermehrte Menge 
der Fettkörper zu beziehen ist. 


Verhalten des Blutzuckers während der Aderlaßlipämie. 

Bei 4 Tieren wurde außer dem Blutfettgehalt der Blutzueker- 
gehalt während der Anämisierung fortlaufend verfolgt. Die Ergeb¬ 
nisse waren folgende: 


Tabelle X. 



i 

Kaninchen 15 



Kaninchen 4 


Zeit 

j Größe des 
| Aderlasses 
| ccm 

Prim. Petr.- 
Extr. nach 
Hang 

Blutzucker¬ 

gehalt 

Größe des ! 
Aderlasses 

ccm 

Prim. Petr. 
Extr. nach 
Bang 

Blutzucker- 
gehu It 

1. Tag 

30 

0,121 

0,125 

30 

0,126 

0.127 

2. n 

20 1 

0,074 

0,192 

28 | 

0,105 

0,146 

3. n 

10 

0,4iS2 

0,172 

16 ! 

0.832 

1 0.155 

4. n 

10 

0.440 

0,173 

15 

0,939 

0.141 

5. r 

12 

0.550 

| 0,138 

ti 

0,518 

0,125 

6. r 

11 

0,«02 

! 0,193 

- ! 

_ 

_ 

7. n 

— 

0.369 

0,159 

— 

_ 

_ 

8. n 1 

— 

0.090 

0,103 

6 

0,125 

0,129 

9. * | 

6 1 

0/193 j 

0,106 

— | 

— 

— 


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Über Ursache und Entstehung der Aderlaßlipämie. 237 

Durch einen einzelnen Aderlaß wird, wie schon mehrere Autoren 
(Literatur bei Veil) fesfcgestellt haben, eine Hyperglykämie erzeugt. 
Wie aus Tabelle X hervorgeht, ist der Blutzuckerspiegel im Verlauf 
der Anämisierung starken Schwankungen unterworfen. Dieselben 
zeigen aber die Tendenz, den Schwankungen des Blutfettgehaltes zu 
folgen, und man erhält die höchsten Blutzuckerwerte auf der Höhe 
der Lipämie. Man ist wohl berechtigt, auch dieses Verhalten des 
Blutzuckerspiegels als einen weiteren Beweis für die Ansicht zu 
betrachten, daß die Entstehung einer Lipämie auf eine Störung des 
intermediären Stoffwechsels zurückzuführen ist. Von dieser Zellstoff- 
wechselstörung werden nicht nur die Fettsubstanzen, sondern auch 
die Kohlehydrate betroffen. Die Schwankungen des Blutzucker¬ 
gehaltes bei wiederholten großen Aderlässen sind also prinzipiell 
gleicher Natur, wie diejenigen des Blutfettgehaltes. Sie bleiben aller¬ 
dings quantitativ stark hinter den Blutfettveränderungen zurück. Die 
Ursache hierfür dürfte darin gelegen sein, daß wir es bei den Kohle¬ 
hydraten mit einem sehr viel leichter angreifbaren und brennbaren 
Stoff zu tun haben. 


Zusammenfassung. 

Die Aderlässe wirken im allgemeinen durch den Verlust eorpus- 
culärer und gelöster Blutbestandteile anregend auf die stofflichen 
und zellulären Umsetzungen. In größeren Zwischenräumen vor¬ 
genommene Blutentziehungen sind im allgemeinen von einer Er¬ 
höhung der Assimilation mit erhöhtem Ansatz (Steigen des Körper¬ 
gewichtes) gefolgt. Die dissimilatorischen Vorgänge werden durch 
erhöhte Assimilation ausgeglichen bzw. überkompemiert. Große, in 
kurzen Zwischenräumen wiederholte Aderlässe führen dagegen zu 
starkem Abbau von Körpersubstanz mit rapidem Gewichtsverlust 
und zu einer Störung der Aufnahme und der Verwertung des Fettes 
in der Gewebszelle und als Ausdruck hiervon zu einer starken Er¬ 
höhung des Blutfettgehaltes, welche das 10- und mehrfache der 
Norm erreicht. An dieser.Erhöhung ist in erster Linie das Neutral- 
fett. aber auch sämtliche andere im Serum vorkommende Lipoide 
beteiligt. Es überwiegen hierbei die dissimilatorischen Vorgänge 
absolut die assimilatorischen. Beide Folgeerscheinungen der Ader¬ 
lässe sind nicht als prinzipiell verschieden, sondern nur als quanti¬ 
tativ abgestufte Reizwirkung auf die Gewebszellen aufzufassen. Der 
relativ sch werstbrennbare Nährstoff, nämlich das Fett, wird in erster 
Linie von den Störungen der Assimilation (diese als Folge der 
pathologisch erhöhten Dissimilation aufgefaßt) betroffen. Die Störung 
der Lipase Wirkung im Serum ist dabei zwar nachzuweisen, kann 
aber nicht als ausschlaggebend für die Zurückhaltung (Blockierung) 


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238 


F. Edelmann: 


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des Fettes im Serum angesehen werden. Die Störung der Lipase¬ 
wirkung ist nicht bedingt durch eine verminderte Lipaseproduktion; 
sie ist nur die Folge der Hemmung der Lipasewirkung durch das 
gleichzeitig in vermehrter Menge vorhandene Cholesterin. Sie wirkt 
also im Sinne einer Vermehrung des in feinster Emulsion kreisen¬ 
den Fettes. Eine Resorptionsstörung allein aus diesem Zustand 
läßt sich nicht beweisen, da eine Fettaufnahme in die Zellen in 
feinst emulgierter Form mit Sicherheit nachgewieseii ist. Die Stö¬ 
rung bei der Aderlaßlipämie betrifft vielmehr die Aufnahme und 
Verarbeitung des gelösten wie des ungelösten Blutfettes. 

Äthereinwirkung begünstigt in geringem Maße die Aufnahme v on 
Fett in die Gewebszelle, hat jedoch keinen nachhaltigen Einfluß auf 
den Verlauf der Lipämie. 

Intravenöse Zufuhr von Traubenzucker- und Ringerlösung wirkt 
in geringem Grade als Schutz gegen die durch die Aderlässe hervor¬ 
gerufene Schädigung. Sie verringert die Höhe und Dauer des lipä- 
mischen Zustandes. 

Der Kochsalzgehalt des Blutes zeigt, entgegen der vorübergehen¬ 
den Erhöhung nach einem einzelnen Aderlaß, bei fortgesetzten Blut¬ 
entziehungen und dadurch bedingten lipämischen Zuständen eine 
mäßige Verminderung. Intravenöse Salzzufuhr verhindert diese Ver¬ 
minderung. 

Der Blutzuckergehalt zeigt bei wiederholten Aderlässen Schwan¬ 
kungen, welche den Veränderungen des Blutfettgehaltes im großen 
und ganzen gleichsinnig verlaufen. Die Erklärung für diese Schwan¬ 
kungen des Blutzuckerspiegels ist in den gleichen Einflüssen auf den 
intermediären Stoffwechsel zu suchen, wie für die Lipämie. 


Literaturverzeichnis. 

Aschoff , L .: Dtech. med. Wochenßchr. 1921, S. 1182. — Autenrieth-Funk: 
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Die Mikrobestimmung der Blutlipoide. Biochem. Zeitschr. 90, 235. 1918. — 
Derselbe: Über Lipämie. Biochem. Zeitschr. 90 u. 91. 1918. — Bergei. 8.: 

Die Lymphocytose, ihre experimentelle Begründung und biologisch klinische 
Bedeutung. Ergehn, d. inn.Med. u. Kinderheilkunde 20, 36.1921.— Beutner u. Bürger: 
Beiträge zur Chemie des Blutes in Krankheiten mit besonderer Berück¬ 
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(Aus dem pharmakologischen Institut [Prof. Kochmann ] und der medizinischen 
Klinik [Prof. Volhard der Universität Halle.) 

Zur Frage der Blutdrucksteigerung. 

I. 

Experimentelle Untersuchungen über die Bedingungen der 

Adrenalinwirkung. 

Von 

Walter Hülse, 

Assistenzarzt der medizinischen Klinik. 

(Eingegangen am 17 . Juli 1922.) 


Inhaltsübersicht. 

Seite 

1. Uber den heutigen Stand der Hypertoniefrage.240 

2. Kurze Besprechung der bisherigen Untersuchungen über den Adre¬ 
nalingehalt des Blutes 

a) bei normalem Blutdruck.245 

b) bei Hypertonien.246 

3. Die Adrenalinwirkung am Gefäßapparat des Frosches 

a) Methode.247 

b) Spontane Empfindlichkeitssteigerung des Froschpräparates . 249 

c) Beeinflussung der Adrenalinwirkung durch OH- und H-Ionen 250 

d) Beeinflussung durch Kaliumchlorid.256 

e) Beeinflussung durch Calciumchlorid.258 

f) Beeinflussung durch Kochsalz und durch Änderung der mole¬ 
kularen Konzentration.258 

g) Beeinflussung durch Natriumcitrat..260 

4. Besprechung der Ergebnisse.262 

5. Zusammenfassung.266 


1. Über den heutigen Stand der Hypertoniefrage. 

So wenig Überstimmung bisher in den Fragen über Wesen und 
Bedeutung der krankhaften Blutdrucksteigerung herrscht, sei es, daß 
sie im Zusammenhang mit Nierenkrankheiten, sei es, daß sie essen¬ 
tiell, losgelöst von jeder erkennbaren Komplikation, auftritt, so einig 
ist man sich darin, daß ihr als unmittelbare Ursache erhöhte Wider¬ 
stände in der Peripherie des Blutkreislaufs durch Verengerung der 
Arteriolen zugrunde liegen müssen. 

Die Frage, ob die Gefäß Verengerung anatomisch oder funktionell bedingt 
ist, kann heute bei allen Formen von Hypertonien als in letzterem Sinne ent- 



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W. Hülse: Zur Frage der ßlutdruckBteigerung. I. 


241 


schieden angesehen werden. Denn der alten Lehre von Gull und Sutton '), daß 
die Hypertonie auf einer Systemerkrankung im Bereiche der Arteriolen, einer 
arterio-capillary-fibrosis, mit Querschnitts Verminderung der gesamten Strom- 
behn beruht, widersprechen sowohl die Sektionabefunde wie die klinische Er¬ 
fahrung. Wenn man in älteren Fällen von chronischer Hypertonie auch ge¬ 
wöhnlich in verschiedenen Gefäßgebieten Veränderungen der Arteriolen fest¬ 
stellen kann, so sind sie niemals so ausgebreitet, daß durch eine kompen¬ 
satorische Erweiterung eine Regulation des Blutdrucks nicht mehr möglich 
ist. Dazu sind Fälle schwerster Hypertonie bekannt, wo sich außer in den 
Nieren nennenswerte Veränderungen an den in Betracht kommenden Gefäßen, 
insbesondere im Splanchicusgebiet, nicht vorfanden (Volhard und Fahr 2 ). Und 
bei der akuten Hypertonie der akuten diffusen Glomerulonephritis kommt 
jene Ursache überhaupt nicht in Betracht. 

Jene Annahme läßt sich auch gar nicht vereinigen mit der klinischen 
Beobachtung, daß die Blutdrucksteigerung gerade bei den Fällen, bei denen 
eine allgemeine Arteriosklerose am ehesten in Frage kommt, die essentielle 
Hypertonie und die genuine Schrumpfniere, durch große Schwankungen aus¬ 
gezeichnet ist 3 ). 

Diese Erfahrungen sprechen bestimmt gegen anatomische und für funk¬ 
tionelle Gefäßverengerungen. 

Wenn somit ein erhöhter Vasomotorentonus als unmittelbare 
Ursache der krankhaften Blutdrucksteigerung allgemein angenommen 
wird, so weichen die Ansichten in der Frage über die Ursache der 
allgemeinen Gefäßkontraktion auch heute noch weit auseinander. 
Die Ursache liegt darin, daß trotz der großen Zahl von Unter¬ 
suchungen positive Tatsachen in dieser Frage überhaupt nicht 
bekannt sind. 

Als der einzige außer allem Zweifel stehende ursächliche Umstand 
ist die Beziehung mancher Fälle von Hypertonien zu chronischen 
Erkrankungen der Nieren anzusehen. Es darf nur auf die Blut¬ 
drucksteigerung bei Harnstauung und bei Cystenniere — Fälle, wo 
es sich sicher nur um isolierte Nierenerkrankungen handelt — hin¬ 
gewiesen zu werden und auf die bekannten Versuche von Päßler 
und Heinecke 4 ), die nach operativer Verkleinerung einer Niere und 
Exstirpation der anderen Blutdrucksteigerung auftreten sahen, sobald 
ein gewisser Grad von Niereninsuffizienz vorlag. Wenn in einzelnen 
Fällen von Cystenniere trotz bestehender Niereninsuffizienz keine 
Blutdrucksteigerung auf tritt [E. Kylin b )\ so berechtigt dieses nicht, 
die ursächliche Beziehung der Hypertonie zu Nierenerkrankungen 
gänzlich zu leugnen. Wir wissen gar nicht, auf welchem Wege von 

*) Gull und Sutton: Medico-chir. Transaktions 55 9 273. 1872. 

-) Volhard und Fahr: Dis Brightsche Nierenkrankheit. Berlin: Julius 
Springer 1914. 

3 ) Pal, J.: Gefäßkrisen. Leipzig: Hirzel 1905. — Monakow, P. v .; Dtsch. 
Arch. f. klin. Med. 183, 129. 1920. 

4 ) Päßler und Heinecke: Verhandl. d. dtsch. pathol. Gesellech. 1905. 

5 ) Kylin, E .: Zentralbl. f. inn. Med. 1922, Nr. 3/4. 

/>. f. d. g. exp. Med. XXX. 10 


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242 


W. Hülse: 


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der Niere aus Gefäßtonus und Blutdruck beeinflußt werden und 
können daher nicht sagen, welche besonderen Bedingungen sonst 
noch erfüllt sein müssen, damit eine nephrogene Blutdrucksteigerung 
auftreten kann. 

Diese klinischen Erfahrungen haben den Grund gelegt zu der 
verallgemeinernden Theorie, daß jeder Blutdrucksteigerung letzten 
Endes eine Erkrankung der Nieren, speziell ihrer Gefäße, zugrunde 
liegt 1 ). Das Bestechende dieser Theorie liegt darin, daß sie, gestützt 
auf klinische Erfahrungen, eine anscheinend so vieldeutige Krankheits¬ 
erscheinung auf eine einheitliche Erkrankung zurückführt. 

Nun sind aber doch Tatsachen bekannt geworden, die es wahr¬ 
scheinlich machen, daß auch auf anderem Wege als durch die Nieren 
dauernde Blutdrucksteigerungen erzeugt werden können. Es sind 
Fälle von Hypertonie beschrieben worden, wo nennenswerte Ver¬ 
änderungen an den Nieren, einschließlich ihrer Gefäße, nicht fest¬ 
gestellt werden konnten [v. Monakow*)]. Ich selbst habe anatomisch 
einen Fall von Hypertonie mit Tod an Hirnblutung untersuchen 
können, bei dem gerade die Veränderungen an den Nieren so gering¬ 
fügig waren, daß eine Erklärung der Hypertonie durch eine primäre 
Erkrankung der Nierengefäße kaum möglich erschien. 

Auch bei der akuten diffusen Glomerulonephritis ist es nach den 
neuesten Untersuchungen sehr fraglich geworden, ob die Blutdruck¬ 
steigerung eine Folge der Nierenerkrankung ist. Tatsächlich scheint, 
worauf Riegel und in letzter Zeit besonders Kylin 8 ) und Lundberg 4 ) 
hingewiesen haben, die Blutdrucksteigerung der Nierenerkrankung 
vorauszugehen. Dieselbe Schädlichkeit, welche die allgemeine Gefä߬ 
verengerung verursacht, trifft in gleicher oder besonders starker 
Weise auch die Nierengefäße und hat sekundär die anderen 
Erscheinungen der sogen, akuten diffusen Glomerulonephritis zur 
Folge. 

Man muß sich demnach wohl vorstellen, daß der Mechanismus, 
der zur Blutdrucksteigerung führt, auf verschiedene Weise in Be¬ 
wegung gesetzt werden kann. Einmal sind es Vorgänge, die sich 
unter bestimmten Bedingungen primär im Körper entwickeln, wie 
z. B. bei der akuten Glomerulonephritis unter dem Einfluß einer 
Infektion (primäre Hypertonie), das andere Mal sind es Verände¬ 
rungen, die in Beziehung zu der durch gestörte Nierenfunktion be¬ 
dingten Stoffwechselstörung stehen (sekundäre Hypertonie). Eine 

*) VoJhard und Fahr: 1. c. — Romberg , E. v.: Kongr. f. inn. Med. 1904, 
S. 64. — Schlager: Münchn. med. Wochenschr. 1913, Nr. 2, S. 63. 

*) Monakow , P . v.: Dtsch. Arch. f. klin. Med. 188, 129. 1920. 

*) 1. c. 

4 ) Lundberg: zit. n. Kylin. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


243 


Niereninsuffizienz im klinischen Sinne mit Rest Stickstoff erhöhung im 
Blute ist für die letztere Gruppe nicht in jedem Falle erforderlich. 

Sieht man die sekundäre Blutdrucksteigerung als einen von den 
Nieren ausgelösten kompensatorischen Regulationsmechanismus an 
[A. Bier 1 )], um eine ausreichende Ausscheidung der harnfähigen 
Stoffe aufrechtzuerhalten, so könnte bei sehr langsam einsetzenden 
Nierenstörungen, wie z. B. bei Fällen von gutartiger Nierensklerose 
Volhards, die Kompensation so vollkommen erreicht werden, daß 
eine durch Reststickstofferhöhung im Blute kenntliche Niereninsuffi¬ 
zienz für die ganze Dauer des Krankheitsverlaufes ausbleibt (benigne 
Nephrosklerose mit latenter oder kompensierter Niereninsuffizienz). 
Für die Harnabsonderung ist nicht nur die sekretorische Leistungs¬ 
fähigkeit der Nieren maßgebend, sondern auch die Durchblutung. 
Verminderung der ersteren kann durch Zunahme der letzteren weit¬ 
gehend kompensiert werden, und diese Kompensation wird um so 
vollkommener erreicht werden, je länger der Körper Zeit hat, kom¬ 
pensatorisch wirkende Kräfte, in erster Linie Herzhypertrophie, zu 
entwickeln. Daß mit Eintritt der klinisch erkennbaren Niereninsuffi¬ 
zienz (manifeste Niereninsuffizienz), die nur der Ausdruck des schließ- 
lichen Versagens auch der kompensatorischen Maßnahmen ist, der 
allgemeine Gefäßkrampf zu allgemeiner Ischämie und hochgradiger 
Oligurie (die sich durch eine Senkung des Blutdruckes bessern läßt), 
führen kann, vermag die Ansicht von der ursprünglich nützlichen, 
kompensatorischen Bedeutung jenes Vorganges nicht im geringsten 
zu berühren. Doch haben spekulative Erörterungen über die Zweck¬ 
mäßigkeit eines biologischen Vorganges wenig Wert, so lange wir 
die Bedingungen zu seiner Entstehung nicht klar übersehen. 

Die klinischen Erfahrungen bei den renalen sekundären Hyper¬ 
tonien sprechen für die Anschauung, daß die Vermittlung der Blut¬ 
drucksteigerung auf chemischem Wege vor sich geht: nur die Nieren¬ 
erkrankungen gehen mit Blutdrucksteigerung einher, die Neigung 
zu Stickstoffretention zeigen. Auch die erwähnten Versuche von 
Päßler und Heinecke lassen die enge Beziehung von Blutdruck¬ 
steigerung und Nierenfunktion deutlich erkennen. In diesen Fällen 
hat es den Anschein, als wenn retinierte chemische Substanzen die 
Gefäßmuskulatur direkt oder indirekt zur Kontraktion veranlassen. 

Wenn man nun auf Grund dieser klinischen Erfahrungen all¬ 
gemein geneigt ist, wenigstens für einen Teil der Fälle von Hyper¬ 
tonie, eine solche chemische Vermittlung der Blutdrucksteigerung 
anzunehmen, so sind wir dann noch ganz im Unklaren darüber, wie 
diese fraglichen chemischen Stoffe zur Blutdrucksteigerung führen. 

*) Bier , A.: Müncbn. med. Wochenschr. 1900, Nr. 16, S. 527. 

16* 


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2U 


W. Hülse : 


({reifen sie direkt oder auf Umwegen [Nebennieren? Volhard 1 )] 
peripher an den Gefäßen an, oder versetzen sie das Vasomotoren- 
zentrum direkt oder reflektorisch 2 ) in einen erhöhten Reizzustand. 
et wa analog der Erregung des Wärmezentrums durch fiebererregende 
Stoffe beim Fieber [v. Bergmann*)]' 

Gewisse klinische Erfahrungen sprechen zweifellos für eine peripher 
ausgelöste Gefäßverengerung. Es ist sehr auffallend, wie wenig der 
Blutdruck bei Hypertonien reagiert auf Mittel, die gewöhnlich den 
zentralen Gefäßtonus beträchtlich herabsetzen, wie z. B. Chloralhydrat 
(eigene Beobachtungen). Volhard hat darauf hingewiesen, daß bei 
der echten Hypertonie anscheinend alle Gefäßgebiete, sogar die Him- 
gefäße (Pseudourämie, Retinitis albuminurica) von der Gefäßkon¬ 
traktion betroffen sind, während bei den Blutdrucksteigerungen, die 
durch nervöse Vermittlung entstehen, die Verengerung der Bauch¬ 
gefäße von Erweiterung in anderen Gefäßgebieten begleitet ist. 

Die Frage der Anwesenheit peripher angreifender pressorischer 
Stoffe im Blute muß heute als die für das Blutdruckproblem dring¬ 
lichste bezeichnet werden. Die vielen mühevollen Untersuchungen 
haben bisher nicht über das Stadium reiner Theorie hinaus zu einer 
positiven Erkenntnis, weder in bejahendem noch in verneinendem 
Sinne, geführt. Die Lösung dieser Frage wird die erste Aufgabe 
systematischer experimenteller Untersuchungen über die Ursache 
der Blutdrucksteigerung sein. 

Unter den chemischen Stoffen, die hier in Frage kommen, hat 
man in erster Linie an das Adrenalin gedacht. Von französischen 
Forschern ist sogar ein Krankheitsbild der Hyperepinephrie auf¬ 
gestellt worden: Hyperplasie der Nebennieren mit vermehrter Aus¬ 
schüttung von Adrenalin und Hypertonie. Arbeiten aus neuerer 
Zeit scheinen es auch wahrscheinlich zu machen, daß es länger 
dauernde Erhöhungen des Blutdruckes ohne Mitwirkung des Adre¬ 
nalins nicht gibt 4 ). 

Diese Adrenalintheorie der Hypertonie nimmt an, daß die Vorgänge im 
Körper, die zur Hypertonie führen, nicht selbst die Gefäßkontraktion ver¬ 
ursachen, sondern zunächst die Nebennieren direkt oder indirekt zu einer ver¬ 
mehrten Ausschüttung von Adrenalin veranlassen, welche dann erst den allge¬ 
meinen Gefäßtonus erhöht. Infolge der direkten nervösen Verbindung von 
Niere und Nebenniere \Jacoby h )) wäre dann auch eine rein reflektorische Blut¬ 
drucksteigerung denkbar, für welche Erschwerung der Blutzirkulation in der 

*) Volhard , F .: Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen in 
Mohr & Staehelin, Handb. d. inn. Med. Bd. 3. Berlin: Julius Springer 1918. 

-) Frey , W. und E. Hagemann: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 25, 271. 1921. 

3 ) Bergmann , v.: Münchn. m. Wochcnschr. 1922, Nr. 3, S. 97 (Ref. ü. Vortr. 
im Ärztl. Verein Frankfurt a. M. vom 17. X. 21). 

4 ) Anrep: nach Volhard 1. c. S. 1299. 

Ä ) Jakoby , C.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmokol. 29, 171. 1892. 


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^. Original frorn 

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Zur Frage der Blutdruckßteigerung. I 245 

Niere und Spannungsänderungen der Gefäßwandungen den auslösenden Reiz 
bilden könnten. 

Diese Theorie setzt natürlich voraus, daß eine anhaltende Adrenalinver¬ 
mehrung im Blute auch eine dauernde Blutdruckßteigerung zur Folge hat. 
Daß dieses der Fall ist, haben die Versuche von Kretschmer 1 ) mit Adrenalin¬ 
dauerinfusion gezeigt. Auch vereinzelte klinische Beobachtungen scheinen dies 
darzutun, bei denen jene im Experiment willkürlich geschaffenen Verhältnisse 
im Leben gleichsam verwirklicht erscheinen. 

Neußer *) hat 2 Fälle von Carcinom der Nebennieren beobachtet, die unter 
dem Bilde der Schrumpf niere mit Draht puls und Hirnblutung verliefen. 
Volhard erwähnt in seiner Monographie 2 Fälle von Hypernephrom, die das 
Bild der hypertonischen Nephritis zeigten, und bei denen durch Entfernung 
des Tumors die Erscheinungen zum Verschwinden gebracht worden konnten. 
In den beiden letzten Fällen muß es allerdings von vornherein bezweifelt 
werden, ob eine Vermehrung der Adrenalinsekretion Vorgelegen hat. Hyper¬ 
nephrome nehmen bekanntlich ihren Ursprung fast stets von der Nebennieren¬ 
rinde, und in Übereinstimmung hiermit hat Biedl 3 ) Extrakte von Hyper¬ 
nephromen bei Untersuchungen auf Adrenalin stets wirkungslos gefunden. In 
einem von Neußer klinisch als Überfunktion der Nebennieren aufgefaßten Falle 
stellte aber Biedl in dem Extrakt des gefundenen Nebennierencarcinoms eine 
überaus starke Adrenalinwirkung fest. 

Für den Zusammenhang von nephritischer Blutdrucksteigerung und Adre¬ 
nalin scheint auch ein von Kunstmann*) mitgeteilter Fall von Morbus Addi- 
sonii und chron. Nephritis, der bis zum Ende ohne jede Blutdrucksteigerung 
verlaufen ist, zu sprechen. Kunstmann erklärt dies damit, daß die chronische 
Nephritis bei Morbus Addisonii den Blutdruck nicht steigern kann, weil zum 
Zustandekommen der Hypertonie normale Funktion des chromaffinen Systems 
erforderlich ist. 

2 . Kurze Besprechung der bisherigen Untersuchungen über den 
Adrenalingehalt des Blutes, 
a) Bei normalem Blutdruck. 

Die Angaben über den Adrenalingehalt des normalen Blutes 
schwanken zwischen Konzentrationen von 1:400000 [Fraenkel 7 *)] und 
1 : 2 Milliarden [Trendelenburg tt )]. Die Ursache dieser großen Unter¬ 
schiede ist in der Schwierigkeit des Adrenalinn ach weises im Blute 
begründet. Eindeutige chemische Methoden können nicht in An¬ 
wendung gebracht werden, da ihre Empfindlichkeit nicht im ent¬ 
ferntesten an die hohen Verdünnungen, in denen das Adrenalin im 
Blute scheinbar vorhanden ist, heranreicht. Einige der biologischen 
Methoden weisen gegen reine Adrenalinlösungen eine vielleicht hin¬ 
reichend hohe Empfindlichkeit auf. Sie sind aber zu wenig spezifisch 

l ) Kretschmer , W.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 57, 423. 1907. 

-) Zit. nach Volhard: 1. c , S. 1291. 

3 ) Biedl, A.: Innere Sekretion 2, 20. Berlin-Wien: Urban & Schwarzenberg. 

'*) Kunstmann , G.: Über einen Fall von chronischer Nephritis mit allge¬ 
meinem primären Amyloid. Diss. Erlangen 1913. 

,v ) Fraenkel , A.: Arch. f. exp. Pathol. und Pharmakol. 00, 395. 1909. 

“) Trendelenburg , P.: idem 79, 154. 1910. 


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246 


W. Hülse: 


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und gestatten in der bisher geübten Art kaum eine zu beobachtende 
Blutwirkung eindeutig auf Adrenalin zu beziehen. 

Die meisten Arbeiten über den Adrenalingehalt des Blutes haben nur noch 
historisches Interesse. Sie sind in der Mehrzahl angestellt mit Blutserum. Wie 
aber O'Connor 1 ) gezeigt hat, entstehen bei der Blutgerinnung Stoffe, die mit 
ihrer vasoconstriotorischen Wirkung Adrenalin vortäuschen. Im Plasma des 
normalen peripheren Venen- und Arterienblutes von Tieren konnte O'Connor 
gefäßverengernde Stoffe nicht nachweisen. Trendelenburg 2 ) hat mit Berück¬ 
sichtigung dieser Erkenntnis Untersuchungen mit frischem arteriellen Citratblut 
von Kaninchen ausgeführt und dann nur an hochemptindlichen Präparaten mit 
der von ihm weiter ausgearbeiteten Laewen sehen Froschdurchspülungsmethode 
eine eben angedeutete Wirkung, die einer Adrenalinkonzentration von 1:1 — 2 
Milliarden entsprach, festetellen können. Aber auch hier läßt Trendelenburg 
noch die Frage offen, ob es sich nicht auch nur um adrenalinähnliche Körper 
handelt, die sich nach der Entnahme des Blutes rasch bilden. 

Als unbedingtes Erfordernis hat sich weiter herausgestellt, daß zu Unter¬ 
suchungen über den Adrenalingehalt des BluteB arterielles Blut benutzt werden 
muß, da das Adrenalin bei Entfaltung seiner Wirkung in den Geweben größten¬ 
teils aufgebraucht wird. Meine Untersuchungen haben diese von EUiot 3 ) zuerst 
geäußerte Ansicht voll bestätigt (s. Abschnitt 8), so daß es als sicher angesehen 
werden kann, daß das Adrenalin im peripheren Venenblute überhaupt nicht 
oder wenigstens in noch niedrigeren Konzentrationen als im arteriellen Blute 
vorhanden ist. Untersuchungen an menschlichem arteriellem Blute sind aber 
der Schwierigkeiten wegen, die der Gewinnung solchen Blutes entgegenstehen, 
bisher nicht ausgeführt. 

b) Bei Hypertonien. 

Einwandfreie Untersuchungen über die Adrenalinämie bei den 
verschiedenen Formen von Hypertonien sind bisher nicht bekannt, 
da sie sämtlich mit Serum angestellt sind. Nur Volhard erwähnt 
Untersuchungen von Schuster mit Blutplasma, die aber stets ein 
negatives Ergebnis hatten, selbst mit Plasma von Fällen mit Nieren¬ 
insuffizienz. Da es sich aber um Venenblutplasma handelte, kann 
diesen Untersuchungen eine Bedeutung nicht beigemessen werden. 

Da in den Serumversuchen nur der Gehalt an sog. Gerinnungsstoffen be¬ 
stimmt wird, iBt es nicht verwunderlich, daß die verschiedenen Untersucher zu 
außerordentlich verschiedenen Adrenalinwerten gekommen sind. Denn es ist an¬ 
zunehmen, daß der Gehalt an solchen Stoffen in den einzelnen Fällen ganz 
verschieden ist. Unter normalen Verhältnissen mag die Angabe von Trendelen - 
bürg 4 ), daß bei der Gerinnung stets gleiche Mengen erregender Stoffe Entstehen, 
unter der Voraussetzung, daß die Gerinnung unter gleichen Bedingungen erfolgt, 
zutreffen. Dann würde, wie Bröking und Trendelenburg ö ) behauptet haben, 
diesen Serum versuchen wenigstens ein relativer Wert innewohnen. Sicher trifft 
diese Angabe aber nicht zu bei Fällen von Morbus Brightii. Sobald eine 

*) O'Connor , «7. M.: Arch. f. exp. Pathol. und Pharmakol. 67, 195. 1912. 

2 ) Trendelenburg , P.: 1. c. 

3 ) Zit. nach Biedl: 1. c. 

4 ) Trendelenburg , P.: Münch, med. Wochenschr. 1911, Nr. 36, S. 1919. 

Bröking , E . B. und Trendelenburg , P.: Deutsch. Arch. f. klin. Med. 103, 

1H8. 1911. 


Go*, igle 


_O riginal from 

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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


247 


Hydräraie auftritt, muß auch der Prozentgehalt jener Stoffe im Verhältnis der 
eintretenden Blutverdünnung sinken und demgemäß auch die Wirkung des 
Serums auf die glatte Muskulatur. In mehreren Versuchen habe ich mich 
davon überzeugt, daß die Wirkung des Nephritisserums in der Tat in genauem 
Verhältnis zu der bestehenden Hydrämie steht, daß also das Serum von chro¬ 
nischer Nephritis im allgemeinen weniger wirksam ist, wie normales Serum. 
Damit stimmen die Ergebnisse von Schlayer 1 ) und von Bröking und Trendelen¬ 
burg , daß im Blutserum bei chronischer Nephritis in der Mehrzahl der Fälle 
eine Verminderung der Adrenalinkonzentration gefunden wird, überein. An¬ 
dererseits gibt es Fälle von Nierenkrankheiten mit einer Eindickung des Blutes, 
besonders die ödembereiten Nephrosen ( Volhard). Man wird nicht fehlgehen, 
wenn man annimmt, daß die Angaben über vermehrten Adrenalingehalt des 
Blutes-) bei Nephritis sich auf solche ödemfälle beziehen. 

Außer dem Versuche des direkten Nachweises einer Hyper&drenalinämie 
hat man sich bemüht, die Adrenalintheorie der Hypertonie auf indirektem 
Wege durch den Nachweis einer Hyperglykämie wahrscheinlich zu machen. 

Wenn ich die bekanntgegebenen Befunde 3 ) durch meine eigenen ergänze, 
möchte ich die Blutzuckerfrage bei Hypertonien als dahin entschieden ansehen, 
daß bei chronischen Hypertonien, besonders bei der essentiellen Hypertonie, 
öfter eine leichte Erhöhung des Blutzuckerspiegels vorliegt, die aber in keinem 
Parallelismus zur Höhe der Blutdrucksteigerung steht, daß aber bei der akuten 
Hypertonie der akuten diffusen Glomerulonephritis der Blutzuckerwert stets 
im Bereich des Normalen liegt. Sichere Schlüsse auf eine Hyperadrenalinämie 
können auch bei den chronischen Hypertonien mit Hyperglykämie nicht ge¬ 
zogen werden, weil jeder Parallelismus der Erscheinungen fehlt und weil die 
Bedingungen zur Entstehung einer Hyperglykämie z. Z. noch so unübersehbar 
sind, daß sie den Schluß auf eine ganz bestimmte Organstörung nicht zuläßt. 

3. Die Adrenalinwirkung am Gefäßapparat des Frosches. 

a) Methode. 

Entsprechend dem Ziel der Untersuchungen, die Frage zur Ent¬ 
scheidung zu bringen, ob die Hypertonie auf eine Vermehrung vaso- 
constrictorischer Stoffe im Blute zurückzuführen ist, mußte eine 
Methode benutzt werden, die die gesamte gefäßverengernde Wirkung 
des Blutes zur Darstellung bringt. Diesen Anforderungen genügen 
nur die Durchströmungsmethoden überlebender Präparate. Da Prä¬ 
parate von Warmblütern nicht in genügender Menge zur Verfügung 
standen, war die Froschdurchspülungsmethode nach Laewen-Trendelen - 
bürg die Methode der Wahl. 

Wenn das Froschpräparat sich auch durch besonders große Emp¬ 
findlichkeit gegen gefäßverengernde Reize auszeichnet, so reicht unter 
den gewöhnlichen Versuchsbedingungen seine Empfindlichkeit doch 
selten an die hohen Adrenalin Verdünnungen heran, wie sie nach den 
Untersuchungen von Trendelenburg , wenigstens im normalen Blut, zu 

J ) Schlayer: Dtsoh. med. Wochenschr. 1907, Nr. 46, S. 1897. 

’ 3 ) Schur , H. und Wiesel , J.: Wien. klin. Wochenschr. 1907, Nr. 23 u. 27. — 
Kretschmer , W.: Verhandl. d. dtsch. Kongr. f. inn. Med. 1910, S. 731. 

3 ) Lit. bei Härle , F.: Zeitschr. f. klin. Med. 92, 124. 1921. 


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248 


W. Hülse: 


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erwarten waren. Daher mußten zunächst im Anschluß an die im 
Schrifttum bereits vorliegenden Untersuchungen die Bedingungen 
studiert werden, unter welchen die Adrenalinwirkung besonders stark 
auf tritt, damit die Y T ersuchsanordnungen so geregelt werden konnten, 
daß hoch empfindliche Präparate mit einiger Regelmäßigkeit erzielt 
wurden. Um entscheiden zu können, welcher Anteil dem Adrenalin 
an einer eintretenden Reaktion zukommt, mußte zuvor die Wirkung 
des Blutes am Froschpräparat genau zergliedert werden, so, daß die 
Adrenalinnatur eines gefäßverengemden Stoffes eindeutig erkannt 
werden konnte. 

Zur Methodik ißt folgende« zu bemerken: die Herstellung der Präparate 
erfolgte genau nach den Angaben von Trendelenburg. Die aus der Venenkanüle 
abfließende Tropfenzahl wurde als Maß der Änderung der Gefäßweite betrachtet. 
Die Versuche wurden stets an Präparaten von Rana esculenta angestellt. Da 
mir zum Teil nur kleine Tiere zur Verfügung standen, machte anfangs das 
Einführen der Aortenkanüle gelegentlich große Schwierigkeiten. Dieselben 
lassen sich aber dadurch leicht überwinden, daß die Kanüle in dem Winkel 
an der Vereinigungsstelle der beiden Aorten, die bei der Entfernung der Ein¬ 
geweide sorgfältig geschont werden müssen, eingeführt wird. Präparate, die 
nach längerer Durchströmung die Flüssigkeit auch an anderen Stellen als aus 
der Venenkanüle, auch nur in ganz geringer Menge abtropfen lassen, sind un¬ 
brauchbar. 

Bei den Injektionen in den zuführenden Schlauch muß mit peinlicher Sorg¬ 
falt darauf geachtet werden, daß sich der Fliissigkeitsspiegel in dem Steigrohr 
der Mariotteschen Flasche nicht im geringsten verschiebt. Sinkt der Spiegel 
während der Injektion, so wird die eingespritzte Probe durch die vorbei fließen de 
Durchströmungsflüssigkeit sofort verdünnt und der Ausschlag entspricht nicht 
mehr der verwendeten Konzentration: das Präparat erscheint dann wenig emp¬ 
findlich. Erfolgt andererseits die Injektion zu schnell, so antwortet das Prä¬ 
parat auf den entstehenden höheren Druck sofort mit einer Zunahme der Ab- 
tropfgeschwindigkeit, die aber fast stets sofort nach Beendigung der Einspritzung 
von einer Verlangsamung gefolgt ist. Diese Verlangsamung kann bei einer zu 
schnellen Injektion einer ganz indifferenten Flüssigkeit, wie z. B. der Durch¬ 
strömungsflüssigkeit selbst, bis zu 20°/ 0 betragen, also sehr beträchtliche Adre¬ 
nalinmengen Vortäuschen. 

Auch bei guter Beherrschung der Technik wird die zu prüfende Lösung 
nicht als vollkommen unveränderte Flüssigkeitssäule durch das Präparat hin¬ 
durchfließen. Eine leichte Verdünnung durch die in dem System befindliche 
Durchströmungsflüssigkeit wird in jedem Falle, schon allein durch Diffusion, 
eintreten. Um diesen Fehler möglichst klein zu gestalten, muß die Spritzen¬ 
kanüle möglichst weit aortenwärts bis in den fein ausgezogenen Teil der Aorten¬ 
kanüle eingeführt werden. Der durch die Verdünnung bedingte Fehler ißt ver¬ 
hältnismäßig um so größer, je kleiner die Injektionsmenge ist. Mit zunehmen¬ 
der Menge wächst aber die Schwierigkeit einer vollkommen gleichmäßigen Ein¬ 
spritzung, so daß es technisch schon fast unmöglich ist, 1 ccm jedesmal in 
genau gleicher Weise in daß Präparat hineinzubringen. Um beidem Rechnung 
zu tragen, bemaß ich bei den eigentlichen Versuchen die Injektionsmenge stets 
auf 0,5 ccm. 

Nur bei sorgfältigster Vermeidung der erwähnten Fehlerquellen können 
mit der Froschdurchspülungsmethode gute Ergebnisse erzielt werden. Die 



Origiralfm _ _ 

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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


249 


Technik der Injektion, die nicht frei von persönlichen Umständen ist, ist für 
die Genauigkeit des Ausschlages wie für die Empfindlichkeit des Präparates 
von größter Bedeutung. 

Die Adrenalinlösungen wurden vor den einzelnen Injektionen stets aus den 
_ Stammlösungen frisch hergestellt. Ebenso wie bei den Lokalanästethika 1 ) wird 
auch bei dem Suprarenin die Wirkung einer Lösung von ihrem Gehalt an 
(freier Base abhängig sein. Da es kaum möglich ist, zu entscheiden, ob in einer 
Lösung von salzsaurem Suprarenin eine vollständige Hydrolysierung eingetreten 
ist und somit die größtmögliche Suprareninwirkung in Erscheinung tritt, schien 
es ratsam, Lösungen der reinen Base zum Vergleich heranzuziehen. Die Base 
Supraren. crist. puriss. Höchst) ist bekanntlich in Wasser fast unlöslich. Nach 
5—10 Minuten langem leichten Schütteln fand sie sich aber stets ungefähr im 
Verhältnis von 1:20000 in doppelt destilliertem Wasser gelöst. Der Gehalt 
dieser Stammlösung wurde colorimetrisch gegen Lösungen mit bekanntem Supra- 
reningehalt (aus Supraren. HCl synth. Höchst 1 : 1000 hergestellt) unter Be¬ 
nutzung des von Zanfrognini ~) angegebenen Reagens bestimmt. Diese Basen- 
lösungen sind sehr leicht zersetzlicb. Sobald eine stärkere Rotfärbung eintrat, 
was meist nach 1—3 Stunden geschah, wurden sie stets durch neue ersetzt. 
Die weiteren Verdünnungen erfolgten stets, wenn in den Protokollen nichts 
Besonderes angegeben ist, mit der entsprechenden Durchströmungsflüssigkeit. 

b) Spontane Empfindlichkeitssteigeruug des Froschpräparates, 

Es ist bekannt, daß die Adrenalinempfindlichkeit des Frosch¬ 
präparates in der ersten Zeit der künstlichen Durchströmung ständig 
zunimmt. Trendelenburg 3 ) führt diese Empfindlichkeitesteigerung auf 
eine allmähliche Beseitigung des Gefäßtonus durch den Druck der 
auf den Gefäßen lastenden Durchströmungsflüssigkeit zurück. Wenn 
aber eine solche passive Dehnung der Gefäße einträte, so müßte 
gleichzeitig mit der Empfindlichkeitssteigerung eine Zunahme der 
Durchströmungsgeschwindigkeit erfolgen. In Wirklichkeit geht aber 
der Änderung der Ansprechbarkeit eine stetige Abnahme der Tropfen¬ 
zahl parallel. Eine Quellung des Gewebes, insbesondere der Gefäß- 
endothelien, durch welche die größere Gefäßweite infolge der Abnahme 
des Tonus ausgeglichen werden kann, kommt für die Erklärung 
dieser Erscheinung kaum in Betracht. Denn peripher angreifende 
Mittel, wie z. B. Äther {Kochmann) können ihre Wirkung an den 
verengten Gefäßen auch bei mehrmaliger Einspritzung genau so ent¬ 
falten, wie vor der Verengerung. Dabei tritt diese Wirkung so 
plötzlich ein, und hört auch wieder nach Aussetzen der Ätherein¬ 
wirkung so schnell wieder auf, daß eine Entquellung und erneute 
Quellung schwer vorstellbar ist. 

Diese prompte Reaktion spricht vielmehr dafür, daß nervöse 
Einflüsse im Sinne einer stärkeren Tonisierung für die während der 

*) Oros , O.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 63, 80. 1910. 

-) Zanfrognini , A.: Dtsch. med. Wochenschr. 1909, Nr. 40, S. 1752. 

3 ) Trendelenburg , P.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 63, 161. 1910. 


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250 


W. Hülße: 


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Durchströmung eintretende spontane Gefäßverengerung die Verant¬ 
wortung tragen. Und zwar müssen es, da das Zentralnervensystem 
zerstört ist, periphere Gefäßnervenzentren sein, die erst allmählich, 
wahrscheinlich unter dem Einfluß einer Entsäuerung der Gewebe 
infolge der Durchströmung (s. Abschnitt 4b) eines selbständigen Tonus 
fähig werden. 

Wir erkennen somit in der spontanen Empfindlichkeitssteigerung 
eine Abhängigkeit der Adrenalinempfindlichkeit des Froschpräparates 
von dem Tonus der Gefäße. Die weiteren Untersuchungen werden 
eine allgemeine Bestätigung dafür geben, daß die Reizempfindlichkeit 
für Adrenalin durch' tonisierende Stoffe erhöht, durch solche mit 
tonushemmenden Eigenschaften vermindert wird. 

c) Beeinflussung der Adrenalinwirkung durch Hydroxyl- und Wasserstoff- 

Ionen» 

Die ersten Untersuchungen wurden in dem heißen Frühsommer 
des Jahres 1921 ausgeführt. Die Ergebnisse bei der Nachprüfung 
in der kälteren Jahreszeit wichen von den zuerst gewonnenen in 
mancher Hinsicht ab. 

Den weiteren Erörterungen seien 2 Protokollauszüge als Versuchs¬ 
beispiele beigefügt (Tabelle I und II). 

Diese Versuche bestätigen somit zunächst die bekannte Tatsache, 
daß kleine Alkalimengen an sich eine Gefäßverengerung erzeugen 
[Heymann 1 ) 9 Fleisch 9 )]. Weiter schien auch die Vermutung be¬ 
stätigt zu werden, daß die Verstärkung der Wirkung des Supra- 
reninum-HCl durch OH-Ionen [ Alday-Hedonnet a ), Schmidt 4 )] nur 
auf eine vollständigere Hydrolysierung des Salzes zurückzuführen 
ist. Denn diese Verstärkung wurde nur bei Verwendung des salz- 
sauren Salzes beobachtet, während die gefäßverengernde Wirkung der 
Base in allen Versuchen durch die Anwesenheit von OH-Ionen auf¬ 
gehoben oder wenigstens stark herabgesetzt wurde. Dieses ver¬ 
schiedene Verhalten trat besonders in dem in Tabelle II mitgeteilten 
Versuch zutage: bei Dauerdurchströmung mit Suprareninum-HCl 
verursachte eine Injektion der normalen alkalischen Ringerlösung 
eine deutliche Verstärkung der Gefäßkontraktion, während dieselbe 
Injektion bei Durchströmung mit Suprareninbase eine teilweise Auf¬ 
hebung der Wirkung zur Folge hatte. Es muß aber bemerkt werden, 
daß die Versuche mit salzsaurem Suprarenin auch nicht eindeutig 
verliefen: in einem Teil der Versuche wurde auch die Suprarenin- 

*) Heymann , P.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 90, 27. 1921. 

*) Fleisch , A.: Zeitschr. f. allg. Physiol. 19, 269. 1921. 

•**) Alday-Redonnel , Th.: Biochem. Zeitsohr. 110, 306. 1920. • 

4 ) Schmidt. A. K. E.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 89, 144. 1921. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


251 


Tabelle I. (Aus Protokoll 30.) 

6. VI. 21. Kana esculenta. Von 12 h 45' ab mit bicarbonatfreier Frosch-Ringer¬ 
lösung durchströmt. 


Zeit 

Durchströraungsflüasigkeit 

Injektion 

Tropfenzahl 
in 1 Minute 

Änderung 
der Tropfen 
zahl in °/o 

4“ 05' j 

0,7 °/ 0 NaCl-Lösung 


28.6 


4 l * 27' ! 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 

27.9 


4 h 28'; 

dgl. 

1 :50 Millionen 

23,1 

~ 17,2 

4 l * 30' 

dgl. 


25,0 


4 h 50', 

dgl. 

0,5 ccm Sup. basic. 

27,9 


4 h 51' 

dgl. 

1 : 50 Millionen 

18,8 

~ 42,4 

4 h 55' 

dgl. 


25,0 


5 h 05' j 

0,7 °/o NaCI-LöBung 


30,0 


I 

4* 1 °/o D . i «rNaO H 




5 h 20' ! 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 

30,0 


5»‘ 21' ! 

dgl. 

1 : 50 Millionen 

‘21,4 

- 28,7 

5 h 25' 

dgl. 


27,2 


5 h 40' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. baeic. 

27,2 


5 h 41' 

dgl. 

1 : 50 Millionen 

25,0 

- 8 

5»> 46' 

| dgi. | 


27,2 


6 h 15' 

0,7 °/„ NaCl-Lösung 


27,2 



+ n / t oo-NaOH 




6 h 32'! 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 

20,0 


6 h 33' 

i f V| | 

1 : 50 Millionen 

18,2 

' - 9 

6 h 35' | 

dgl 


19,4 


6 h 43' 1 

dgl. 

0,5 ccm Sup baeic. 

20,0 


6 h 44': 

i dg). 

1 : 50 Millionen 

20,0 

0 

6 h 45' | 

1 dgl. j 


20,0 


6 h 48' i 

1 dgl. 


20,0 


6 h 56' 1 

j Normal-Ringer 


20,0 


7 h 15' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 

22,2 


7 h 16' | 

! dgl. j 

1 : 50 Millionen ! 

16,6 

-25,2 

7 h 20' ! 

i dgl. 


18',8 


7 h 32' 

1 dgl. 

0.5 ccm Sup basic. 

21,4 


7 b 33' 

dgl. 

1 : 50 Millionen 

20.0 

- 6,5 

7 h 35' i 

dgl. 

l 

20,0 


7 h 40' 1 

0.7°, ’ 0 NaCl-Lösung | 

1 

20,6 


7 h 58' ; 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 

20.6 


7 h 59' 

dßl. 

1 : 50 Millionen 

16.6 

-19,4 

s h 05', 

dgl. 


19,4 


8 h 15' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. baeic. 

20,0 


8 h 16' 

dßl. 

1 : 50 Millionen 

12,0 

-40 

s*> 20' ; 

i dgl. 


16,2 



HCl-Wirkung durch Alkali deutlich abgeschwächt. Darauf gerichtete 
Prüfungen ergaben, daß geringfügige Zeitunterschiede von der Her¬ 
stellung der Lösung bis zum Augenblick der Injektion schon aus¬ 
reichten, um diesen verschiedenen Einfluß des Alkali hervorzu¬ 
bringen. Es blieb daher kein Zweifel, daß in diesen Ergebnissen 
nur die adrenalinzerstörende Wirkung des Alkali in Erscheinung 
trat, der die Base natürlich schneller anheimfällt als das salzsaure 
Salz. 


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252 


W. Hülse: 


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Tabelle II. (Aue Protokoll 33.) 

9. VI. 21. Rana esculenta. Von l h 3CK ab mit bicarbonatfreier Frosch-Ringer- 

lÖsung durchströmt. 


Zeit 

I Durchströmungsflüssigkeit 

[ 

Injektion 

i 

Tropfenzahl 
in 1 Minute 

Änderung 
der Tropfen¬ 
zahl in °/ 0 

G h 25' 

| bic.-freie Ringerlösung 

! 

30 


6» 28' 

bic.-freie Ringerlösung 


! 30 



-f- Supr. HCl 1 : 10 s 



6» 32' 

dgl. 


26,1 

6 h 35' 

dgl. 


21,4 

6 h 36' 

dgl. 

0,5 ccm Normal-Ringer- 

21,4 

6 h 37' 

dgl. 

lösung 

17,1 

— 20 

ß» 40' 

dgl. 


20,0 

6 h 42' 

bic.-freie Ringerlösung 


20,0 

6» 55' 

dgi. 


28,6 

7* 03' 

bic.-freie Ringerlösung 


28,6 


-f Supr. basic. 1:10" 



7 h 06' 1 

dgl. 


24,0 

7» 09' 

dgl. 

0,5 ccm Normal-Ringer¬ 

17,1 

7 h 10' 

dgl. 

lösung 

19,4 

7 h 11' 

dgl. 


1 -21,4 

— 25 

7" 13' 

dgl. 


18,6 

7 h 20' 

bic.-freie Ringerlösung 


17,6 

7 h 40' 

dgl. 


27,2 

7» 43' 

dgl. 

0,5 ccm Normal-Ringer¬ 

27,2 

7 h 44' 

dgl. 

lösung 

! 24,0 

- 11.7 

7“ 48' 

dgl. 


27,2 

7 h 51'j 

dgl. 

0,5 ccm bic.-freie Ringer¬ 

27,2 

7 h 52' 

dgl. 

lösung 

! 27,2 

0 

7» 53' | 

dgl. 


27,2 

7“ 55' ! 

dgl. 


1 27,2 ! 


Da die Schnelligkeit der Suprareninzerstörung von der Temperatur 
in hohem Maße abhängig ist, war damit zu rechnen, daß die Ver¬ 
suche bei niedrigerer Außenwärme einen anderen Verlauf nehmen 
würden. Diese Vermutung wurde durch die Nachprüfungen in 
kälterer Jahreszeit bestätigt: jetzt wurde sowohl die Wirkung des 
Suprareninum-HCl wie die der Base regelmäßig durch Alkali ver¬ 
stärkt (Tabelle III). Dabei zeigte sich eine Abhängigkeit dieser 
Sensibilisierung von der Alkalikonzentration derart, daß die Supra- 
reninempfindlichkeit in dem Maße der Tonisierung durch Alkali stieg. 
Aber auch unterschwellige Alkalimengen, die selbst ohne Einfluß 
auf die Gefäßweite waren, ließen noch eine geringe Steigerung der 
Reizempfindlichkeit der Gefäße gegen Suprarenin oft deutlich er¬ 
kennen (vorletzter Versuch in Tabelle III). 

Sowohl die zuletzt angeführte Tatsache, als auch die Anordnung 
der Versuche zeigen ohne weiteres, daß es sich nicht um eine ein¬ 
fache Summation von Alkali- und Adrenalinwirkung handeln kann. 
Aus der in den Versuchen durchgeführten Maßnahme, daß zur Ver- 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


253 



Tabelle III (aus Protokoll 109). 



27. X. 

Kana eßculenta. Von 

ll h 30' ab mit bicarbonatfreier Frosch-Ringer- 


lösung durchströmt. 






Tropfenzahl 
in 1 Minute 

Änderung 

Zeit 

Durchströmungsflüssigkeit 

! 

Injektion 

der Tropfen¬ 
zahl in o/o 

4 h -_>5' 

bic.-freie Ringerlösung 

0,5 ccm Sup. HCl 1 :10 H 

23,1 ! 


4 b 26' 

dgl. 


20 

-13,3 

4 h 40' 

dgl. 


24 


4 h 45' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. basie. 1: 10 8 

25 


4 b 40' 

dgl. 


16,6 

-33,6 

5 b 

bic.-freie Ringerlösung 


24 



+ 3% “/ 100 -NaOH 




5 h 10' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 1 :10 8 

20 


5 h 11' 

dgl. 


7,5 

- 62,5 

5 h 30' 

dgl. 


17,1 


5 h 40' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. basic. 1 : 10 8 

18,8 


5* 41' 

dgl. 


4,0 

-78,9 

6 h 10' 

bic.-freie Ringerlösung 


| 14,6 


6 b 45' 

dgl. 


! 20,6 


6 h 48' 

bic.-freie Ringerlösung 


20,6 



; + 1 °/o ”/i«o-NaOH 




7 h 05' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 1: 10 8 

20,0 


7 h 06' 

dgl. 


12,5 

- 37,5 

7 h 20' 

bic.-freie Ringerlösung 


18,8 


7 h 45' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. HCl 1 : 10 8 

19,4 


7 h 46' 

dgl. 


15,4 

20,6 

7 h 58' 

dgl. 


18,2 i 



dünnung des Suprarenins stets die Durchströmungsflüssigkeit benutzt 
wurde, ergibt sich, daß durch die Injektion keine Änderung in der 
OH-Ionenkonzentration im Froschpräparat eintritt, daß demnach der 
ganze Anschlag in der Gefäßweite allein auf Suprarenin bezogen 
werden muß. 

Alday-Redonnet hat die Vermutung ausgesprochen, daß die Adre¬ 
nalinverstärkung durch Alkali darauf beruht, daß nicht dem Adrenalin 
selbst, sondern nur seinen Zersetzungsprodukten, deren Bildung durch 
Alkali gefördert wird, die gefäßverengernde Wirkung zukommt. Dem 
widersprechen jedoch unsere ersten Versuche: durch die die Supra- 
reninzerstörung fördernde hohe Außenwärme wurde die Suprarenin- 
wirkung oft restlos beseitigt. 

Gegen jene Anschauung spricht auch folgende Beobachtung: ge¬ 
legentlich wurde bemerkt, daß am Beginn der Durchströmung mit 
alkalischer Ringerlösung eine kurzdauernde Gefäßerweiterung ein¬ 
trat, der die gewöhnliche Gefäßverengerung schnell folgte. Aus der 
als Beispiel angeführten Tabelle IV ist zu ersehen, daß eine Supra- 
reninprobe, die nach Eintritt der Gefäß Verengerung von starker 


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254 


W. Hülse: 


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Wirkung ist, im ersten Stadium der Durchströmung die Durchflu߬ 
geschwindigkeit gar nicht ändert, obwohl der Einfluß des Alkali auf 
die Adrenalinzerstörung in beiden Fällen der gleiche sein muß. Um 
eine Lähmung im gefäßverengernden Apparat der Gefäße, welche 
eine Verengerung nicht eintreten läßt, kann es sich nicht handeln, 
weil die durch Alkali erweiterten Gefäße auf andere Reize deutlich 
reagieren: sie verengern sich auf mechanische Plexusreizung und nach 
Injektion von hypotonischen Lösungen ebenso prompt, wie sie sich 
z. B. auf Äther erweitern. Diese Empfindlichkeit der Gefäße auf 
andere Reize spricht auch dagegen, daß die Verengerung auf 
Suprarenin deswegen ausbleibt, weil aktive vasodilatatorische Nerven¬ 
apparate in den Gefäßen durch das Alkali in erhöhte Erregung ver¬ 
setzt werden oder daß die Gefäßmuskulatur gelähmt ist. Es dürfte 
sich vielmehr um eine Verminderung des Gefäßtonus handeln (siehe 
Abschnitt 4 g). 

Tabelle IV (aus Protokoll 110). 

28. X. 21. Rana esculenta. Von 12 h 40' ab mit bicarbonatfreier Frosch- 

Ringerlösung durchströmt. 


Zeit 

Durcbströmungsflllasigkeit 

Injektion Tropfenzahl 

m 1 Minute | 

5*25' 

bic.-freie Ringerlösung 


24 

5 h 28' 

i bic.-freie Ringerlösung 
-f 2,5 °/ 0 “/mo-NaOH 


24 

5 h 30' 

dgl. 


26,1 

5 h 32\7 

dgl. 

0,5 ccm Sup. basic. 

30,0 

5 h 33' 

dgl. 

1 :50 Millionen 

30,0 

5* 34' 

j dgl. 


30,0 

5 h 35' 1 

dgl. 


28,4 

5 h 46' 

dgl. 

0.5 ccm Sup. basic. 

18,1 

5 h 47' ; 

dgl. 

1 :50 Millionen 

9,1 

6 h ! 

! dgl. 

! 

15,0 


Änderung 
ler Tropfen- 
zahl in °/o 


— 50 


Der Gefäßverengerung als typischer Alkaliwirkung steht eine 
Gefäßerweiterung durch schwach konzentrierte Säuren gegenüber 
[Fleisch *), Adler 1 ), Krogh 8 ]. Ebenso wie frühere Untersucher konnte 
auch ich diese Gefäßerweiterung nicht in jedem Falle erreichen. 
In der Mehrzahl meiner Versuche war aber der gefäßerweiternde 
Einfluß geringer HCl-Mengen ( n / 1000 ) sehr deutlich. Fleisch 4 ) und 
Adler' 1 ) führen mehrere der Umstände an, die das Ausbleiben der 
Dilatation bedingen können. In Hinsicht auf das Ziel dieser Unter¬ 
suchungen wurde von einer Zergliederung der direkten Säureein- 


*) Fleisch, A.: Ptiiigers Arcli. f. d. ges. Physiol. 171, 77. 1918. 
2 ) Adler , L.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 91, 81. 1921. 
8 ) Krogh, A.: Journ. of physiol. 53, 399. 1920. 

4 ) Fleisch, A.: Zeitsohr. f. allg. Physiol. 19, 269. 1921. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


255 


Wirkung abgesehen und nur der Einfluß auf die Adrenalinempfind¬ 
lichkeit des Froschpräparates geprüft. 

Entsprechend dem Tonusverlust wird die Adrenalinempfindlich¬ 
keit der Gefäße durch Säuren stark herabgesetzt, bzw. aufgehoben 
(Tabelle V). Ein gewisser Anteil dieser Wirkung fällt aber zweifel¬ 
los auf die mangelhafte Hydrolysierung bzw. die Bildung von 
Suprarenin-HCl aus der Base in der mit Salzsäure versetzten Lösung. 
Dafür sprechen besonders die Befunde von Heymann 1 ), der, obwohl 
er durch Säure Gefäßverengerungen erzielte, auch eine Abnahme der 
Adrenalinempfindlichkeit feststellte. 


Tabelle V (aus Protokoll 10). 

2*. IV. 21. Rana esculenta von l h 30' ab mit bicarbonatfreier Ringer-Lösung 

durchströmt. 



Zeit ! 

| 

1 Durchströmungsflüssigkeit , 


Injektion 

! 

Tropfenzahl' 
in 1 Minute 

5 h 

46' 

! bic.-freie Ringerlösung 

0,5 com 

Sup. HCl 1 

: 10* ; 

18,7 

5 h 

47 */,' 

dgl. 



10,3 

5 h 

50' 

dgl. 




12,2 

6 h 


bic.-freie RingerlÖBung 




| U,6 



; - n / 1000 -HCl-Gehalt 




1 21,4 

6 h 

03' 



1 

; 

6 h 

05' 




1 

23,1 1 

6 h 

08' 


! 0,5 ccm 

Sup. HCl 1 

: 10 h 

23,1 

6 h 

09' 




23,1 

6 h 

10' 





22,2 

6»* 

15' 





22,2 


Änderung 
ler Tropfen¬ 
zahl in °/o- 

-46 


r 31 
0 


Ganz kleine Säuremengen, die selbst die Gefäßweite nicht ver¬ 
ändern — z. B. n / 1000 o’HCl — können unter solchen Umständen, 
unter denen die Suprareninzerstörung sehr schnell erfolgt (in leicht 
alkalischer Lösung bei hoher Außenwärme) eine verstärkte Suprarenin- 
wirkung hervorrufen. Bei diesen geringen Konzentrationen tritt nur 
die die Suprareninzerstörung hemmende Eigenschaft der Säure-Ionen 
in die Erscheinung. Es sei in diesem Zusammenhänge auf die 
Untersuchungen von Kretschmer 9 ) hinge wiesen, der in Blutdruck¬ 
versuchen bei Säureinfusion eine beträchtliche Verlängerung der 
Blutdrucksteigerung durch Suprarenin beobachtete. 

In den Versuchen mit Alkali und Säure läßt sich demnach eine 
enge Verknüpfung von Tonisierung und Sensibilisierung der Gefäße 
deutlich erkennen. Bei der Beziehung von Suprareninempfindlieh- 
keit und OH-Ionen handelt es sich nicht um eine einfache Sum¬ 
mierung, sondern um eine Potenzierung, gleich gerichteter Wir¬ 
kungen. 

4 ) 1. c. 

2 ) Kretschmer , W.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 57, 438. 1907. 


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W. Hülse: 


2ob 


d) Beeinflussung durch Kalium-Chlorid. 

Nach den angeführten Versuchsbeispielen (Tabelle VI und VIl) 
hat das KCl eine dem Alkali gleichsinnige Wirkung auf die Supra- 
reninempfindlichkeit der Froschgefäße. Auch bei KCl machte sich 
das von der Temperatur abhängige gegensätzliche Verhalten be¬ 
merkbar. Nur ist der Einfluß von KCl lange nicht so stark, wie 
der von Alkali. Die Vermutung, daß die Abhängigkeit der Kali¬ 
wirkung von der Temperatur auch durch eine die Suprarenin- 
zerstörung begünstigende Eigenschaft des Kalis verursacht sei, wurde 
durch Reagensglasversuche bestätigt: ein Vergleich der Suprarenin- 
zersetzung in KCl-Lösungen mit solchen in Wasser oder gleich kon¬ 
zentrierten Kochsalzlösungen zeigt, daß sie in der ersteren, be¬ 
sonders bei Brutschranktemperatur, sehr viel schneller erfolgt. Diese 
Erscheinung ist auch nicht überraschend, da bekannt ist, daß das 
Kalium im Ablauf chemischer Umsetzungen als Katalysator wirken 
kann 1 ). 

Tabelle VI (aus Protokoll 20). 

22. V. 21. Rana esoulenta. Von 12 h 10' ab mit 0,7 °, 0 NaCl-Lösung durch¬ 
strömt. 


Zeit 

! DurchströmunggflUssigkelt j 

I _ ! 



Injektion 


Tropfenzahl 
in 1 Minute 

Änderung 
der Tropfen 

1 zahl in °/o 

5 h 

20V»'; 

0,7 

°/o 

NaCl-Lösung 

j 0,5 

» ccm 

Sup. HCl 1 

,10* 

i 27,2 


5* 

21' 



dgl. 




22,2 

| -18 

5 h 

25' 



dgl. 





23,1 


5 h 

40' 



dgl. 

0,5 

ccm 

Sup. bas. 1 : 

: 10* 

25 


5* 

41' 



dgl. 




15,0 

-40 

5 h 

45' 



dgl. 





23,1 

! 

5 h 

56' 

i 0,7 

°/o 

NaCl-Lösung 





25 

i 



i 

r0, 

05 % KCl 






! 

6 h 

20' 



dgl. 

0,5 

ccm 

Sup. HCl 1 

: 10 9 

24 


6 h 

21' 



dgl. 




18,2 

- 26 


25' 

i 


dgl. 





22,2 


6 h 

40' 



dgl. 

0,5 

ccm 

Sup bas. 1 : 

: 10* 

25 


6 h 

41' 



dgl. 




18,7 

i - 25.2 

6 h 

47' 



dgl. 





22,2 

1 

6 h 

50' 

0,7 

% 

NaCl-Lösung 





23,1 





-f 0,1 # /„ KCl ! 






| 

7 h 

05' 

i 


dgl. 

0,5 

ccm 

Sup. HCl 1 

: 10* 

23,1 

1 

7 h 

06' 



dgl. 




14,3 

-38 

7 h 

09' 

i 


dgl. 





18,7 

| 

7 h 

25' 



dgl. 

0,5 

ccm 

Sup. bas. 1 : 

: 10* 

25 

1 

7 h 

26' 



dgl. 




20 

- 20 

7 h 

30' 

; o,7 

°/* 

NaCl-Lösung 





23,1 

1 

8 h 




dgl. 

0,5 

ccm 

Sup. HCl 1 : 

10« 

24 

1 

8 b 

46' 



dgl. 




18,8 


8 h 

55' | 



dgl. 





21,4 

l ~ 21 


x ) M. Kochmann hat in analoger Weise über eine Verstärkung der Wir¬ 
kung von Novocainchlorid durch Kaliumsulfat berichtet. Vortr. im Verein 
der Ärzte zu Halle. Ref. Münch, med. Wochenschr. 1920, Nr. 29, S. 858. 


Gck igle 


O rigina l from_ __ 

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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


257 


Tabelle VII (aus Protokoll 106). 

22. X. 21. Kana esculenta. Von l h an Durchströmung mit 
0,7 °/ 0 NaCl-Lösurg. 


Z.-it 1 

■ DiirchströmungsflUMigkeit 

1 

Injektion 


Tropfensahl 
j in 1 Minute 

| Änderung 
der Tropfen 
zahl in °/o 

4 h 25' 

0,7 ®/ 0 NaCl-LöBung 

1 

0,5 ccm Sup. bas. 


23,1 


4 h 26' j 

dgl. 

1 

1 : 50 Millionen 


17,6 

- 23,8 

4 h 33' 

dgl. 




‘21,4 

4 h 25' 1 

dgl. 

0.5 

ccm Sup. bas. 1 : 

1G M 

•> 


4 h 36' 

dgl. 



20 

10 

4 h 45' j 

j 0,7 % NaCl-Lösung 




, 21,4 



! + 0,1 °/„ KCl 






4* 55' ! 

1 dgl. 

0,5 

ccm Sup. bas. 1 : 

10* 

22,2 


4 h 56' | 

i dgl. 



14,8 

- 35,6 

5 h 

dgl. 




18,8 


5 h 48' 

dgl. 


0,5 ccm Sup. bas. 


l 21,4 


5 h 49' , 

dgl- 


1 : 50 Millionen 


9,0 , 

- 58 

5 h 55' i 

0,7 °/ 0 NaCl-Lösung i 




1 17,6 | 


6 h 05' 

dgl. 

0,5 

ccm Sup. bas. 1 : 

10* 

20,6 

I 

6 h 06' 

dgl. 



14,6 

29 

6 h 10' 

f dgl. 




i l- r >,8 


6 h 15' | 

dgl. 

0,5 

ccm Sup. bas. 1 : 

10« 

20 


6 h 16' 

dgl. ; 



16,6 

-17 

♦»■* 22' 

dgl. 




18,8 ; 

• 


Im Gegensatz zu den Hydroxylionen übt aber das K-Ion keine 
nachweisbare Tonisierung der Gefäße aus. Wenn bei höheren Kali¬ 
konzentrationen — die Grenzkonzentration lag bei den einzelnen 
Präparaten in verschiedener Höhe — eine Gefäß Verengerung mit 
Abnahme der Adrenalinempfindlichkeit eintritt, so findet diese Er¬ 
scheinung darin ihre Erklärung, daß das Kali in größeren Mengen 
eine Giftwirkung“ auf die Gefäße ausübt. Denn solche verengten 
Gefäße verhalten sich auch gegen mechanische Nervenreize mehr 
oder weniger refraktär. Eine Analogie zu dieser Kaliwirkung ergibt 
sich aus den Untersuchungen am quergestreiften Muskel, wo sich 
ein ähnliches Verhalten verschiedener Kalikonzentrationen findet 
[Overton x )\ Die Höhe der Kalikonzentrationen ist daher maßgebend, 
ob eine Sensibilisierung ( Alday-Redonnet 1. c.) oder eine Abnahme 
der Empfindlichkeit (Schmidt 1. c.) zutage tritt. 

Einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Alkali- und Kali¬ 
sensibilisierung kann man aus der Tatsache, daß das Kali in den 
wirksamen Konzentrationen selbst den Gefäßtonus nicht beeinflußt, 
nicht entnehmen. Auch das Alkali hat in sehr geringen Mengen 
keinen Einfluß auf den Kontraktionszustand der Gefäße. 


*) Nach Nagel , W.: Handb. d. Physiol. d. Menschen, Braunschweig 1909, 
Bd. IV, S. 497 ff. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 17 


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258 


W. Hülse: 


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e) Beeinflussung durch Calciumchlorid. 

Entsprechend den Untersuchungen über die Erregbarkeit der 
quergestreiften Muskulatur (J. Loeb 1 ) entfaltet das Calcium auch an 
der glatten Muskulatur der Gefäße innerhalb gewisser Konzentration 
eine die Erregbarkeit hemmende Wirkung: es schwächt die Adrenalin¬ 
empfindlichkeit deutlich ab. Adrenalinmengen, die beträchtliche Ge¬ 
fäßverengerungen auslösen, können durch Vorbehandlung des Prä¬ 
parates mit CaCl. 2 ihrer Wirkung gänzlich beraubt werden. Durch 
diese Feststellungen gewinnen die von mir 9 ) gemachten klinischen 
Beobachtungen, daß der Blutdruck bei der akuten diffusen Glomerulo¬ 
nephritis durch Calcium anscheinend in spezifischer Weise beeinflußt 
werden kann, experimentelle Stützen. Dabei besitzt das Ca aber 
selbst eine ausgesprochene Gefäß Wirkung: besonders solche Gefäße 
die sich in einem gewissen Kontraktionszustand befinden, werden 
durch kleine Ca-Mengen deutlich erweitert. 

Da diese von mir im Anschluß an die klinischen Untersuchungen 
angestellten Beobachtungen von Schmidt in zum Teil schon längere 
Zeit zurückliegenden Untersuchungen (1914) bestätigt und eingehend 
beschrieben sind 3 ), kann von einer Wiedergabe von Versuchsproto¬ 
kollen Abstand genommen werden. 

Meine Versuche mit höheren CaCl^-Konzentrationen sind nicht 
ganz eindeutig verlaufen. Es soll daher der Hinweis genügen, 
daß auch beim Calcium durch Änderung der Konzentrationen mög¬ 
licherweise eine Abschwächung oder eine Sensibilisierung erzeugt 
werden kann. 

f) Beeinflussung durch Kochsalz und durch Änderung der molekularen 

Konzentration. 

Die Suprareninerregbarkeit der Froschgefäße ist ebenso wie die 
der quergestreiften Muskulatur 4 ) an die Gegenwart von Na-Ionen 
gebunden. Daß es das Kation ist, welchem diese Funktion zu¬ 
kommt, ergibt sich daraus, daß das NaCl durch andere Natrium¬ 
salze in isotonischer Konzentration weitgehend ersetzt werden kann 
(siehe Abschnitt 4 g.). Wird die Konzentration der zur Durchströmung 
benutzten froschphysiologischen NaCl-Lösung (0,6 °/ 0 ) verringert, so 
ist zunächst eine Gefäßverengerung mit gesteigerter Reizempfindlich- 
keit für Suprarenin zu beobachten. Dieser anfänglichen Sensibili¬ 
sierung folgt aber bei Dauerdurchströmung mit hypotonischen NaCl- 

l ) Loeb, J.: Vorlesungen über die Dynamik der Lebenserscheinungen. 
Leipzig 1906. 

*) Hülse, W.: Zentralbl. f. inn. Med. 1920, Nr. 25. 

a ) Schmidt, A . K. E.: 1. c. 

4 ) Nagel, W.: 1. c. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


259 


Lösungen eine verminderte Erregbarkeit, die bis zu völliger Un¬ 
empfindlichkeit fühlen kann (siehe Tabelle VIII). 

Geringe Erhöhungen der NaCl-Konzentration können eine leichte 
Erhöhung der Reizempfindlichkeit mit sich bringen (unter 10 Ver¬ 
suchen 6 positive), die oft noch im Verlaufe der Dauerdurch- 
strömung etwas ansteigt. Mit etwa 1 °/ 0 gelangt man aber an eine 
Grenzkonzentration, jenseits welcher mit einer Gefäßerweiterung ein 
teilweiser Verlust der Suprareninempfindlichkeit eintritt. 

Neben der spezifischen Wirkung des Na-Ions kommt in diesen 
Erscheinungen die Anisotonie der Durchströmungsflüssigkeit zum 
Ausdruck. Hypotonische Lösungen verursachen allgemein eine Ge¬ 
fäßverengerung mit Zunahme der Empfindlichkeit für Suprarenin, 
hypertonische Lösungen entfalten die umgekehrte Wirkung. Hyper¬ 
tonische Zuckerlösungen oder Doppelringerlösungen, in denen das 
Ionen Verhältnis nicht verändert ist, wo also kein überwiegender 
Einfluß eines bestimmten Ions besteht, erweitern die Froschgefäße 
in derselben Weise wie eine diesen Lösungen isotonische NaCl-Lösung 
und schwächen auch dementsprechend die Verengerung durch Adrenalin 
ab. Auf eine spezifische Wirkung des Na-Ions ist demnach nur der 
Empfindlichkeitsverlust bei Dauerdurchströmung mit gering konzen¬ 
trierten NaCl-Lösungen und die gesteigerte Erregbarteit bei geringen 
Erhöhungen der Kochsalzkonzentration zurückzuführen. 


Tabelle VIII (aus Protokoll 17). 

10. V. 21. Rana esculenta. Von 12 h 25' Durchströmung mit 0,0 u / 0 NaCl- 

Lösung. 


1 


, 

, Änderung 

Zeit 

i 

j Durchströmungsflüssigkeit 

Injektion j 

Iropleniahl der j r0 p[ en . 
in 1 Minute Mh , , n 0/# 

4» 15' 

0,6 °/ 0 NaCl-Lösung 

0,5 Sup. bas. 1 : 50 Million. 

21,4 j 

4 h 16' ! 

dgl. 

16,6 - 22,4 

4» 25' J 

0,3 °/ 0 NaCl-Lösung 


20,0 

4 h 32' 

dgi. 

0,5 Sup. bas. 1 : 50 Million. 

17,1 

4» 33' 

dgi. 

11,0 35,7 

4» 40' 

dgl. 

i 

15,0 

5 h 45' 

dgl. 

0,5 Sup. bas. 1 : 50 Million.! 

16,2 

5 h 46' 

dgl. 

16,2 — 

5 h 50' , 

dgl. 

0,5 Sup. bas. 1 : 20 Million. 

15,8 

5 h 51' 

dgl. 

15,8 — 

5 h 58' 1 

dgl. 


15,4 

6 h 

0,6 °/ 0 NaCl-Lösung 
-f 3 0 rt Na. citr.-Lös. ana. 


15,4 

6 h 55' 

dgl. 

0,5 Sup. bas. 1 : 50 Million. 

18,8 

6 h 56' | 

dgl. 

12,5 33,5 

7 h 02' jj 

dgl. 

* . . *1 

15,0 

Auch bei diesen Untersuchungen zeigt sich demnach wieder die 
enge Beziehung von Gefäßtonus und Adrenalinempfindlichkeit. 

17* 

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260 


W. Hülso: 


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g) Beeinflussung durch Natriumcitrat« 

Das Natriumcitrat ändert die Reaktion der Gefäße nur im Be¬ 
reich anisotonischer Konzentrationen. Tabelle IX sei als Beispiel 
der direkten Einwirkung verschieden starker Citratlösungen auf die 
Weite der Froschgefäße angeführt. Man ersieht, daß eine 4proz. 
Lösung eine deutliche Gefäßerweiterung, eine 2proz. und noch deut¬ 
licher eine lproz. eine ausgesprochene Gefäßverengerung verursachen. 
Die 3proz. Lösung verhält sich ungefähr indifferent. Bestimmungen 
des osmotischen Druckes mit der Methode der Gefrierpunktsbestim- 
mung ergeben, daß eine 3proz. Lösung von Natriumcitrat der ver¬ 
wendeten Durchströlnungsflüssigkeit ungefähr isotonisch ist. Die 
Hypertonie der 4proz. Lösung kommt auch noch dann zur Geltung, 
wenn man sie zu gleichen Teilen mit Durchströmungsflüssigkeit ver¬ 
dünnt. Wie die angeführte Tabelle zeigt, wird durch diese Erweite¬ 
rung die Adrenalinwirkung zum Teil verdeckt. 

Während bei Durchströmung mit 0,3proz. Kochsalzlösung das 
Präparat in kurzer Zeit einen beträchtlichen Teil seiner Erregbarkeit 


Tabelle IX (aus Protokoll 42). 

21. VI. 21 Rana esculenta. Von 2 h ab Durchströmung mit Ca- und bicarbonat- 

freier FroBch-Ringerlösung. 


"’l 

Ant 

i j 

Hurchst römungsflüssigkeit 

i 

_ ... Tropfenzahl 

Injektion |„ i Min. 

1 

Änderung 
der Tropfen¬ 
zahl ln °/ 0 

5 h 20' 

bic.- u. Ca-freie Ringor- 

0,5 ccm 4 °/ 0 Na citr. 1 24 



21 ' 
5 b 25' 
5 h 30' 
5h 31' 
:» h 35' 
5 h 40' 
5 h 41' 
5 h 43' 
5 h 55' 
5 h 56' 
6 h 

6 h 20' 
6 h 21' 
fih 25' 
6 h 55' 
6 h 56' 
7 h 

7 h 05' 
7 h 06' 
7 h 20' 
7 h 23' 
24' 
7 h 28' 
7 h 40' 
7 h 41' 
7 h 45' 


lÖBung 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl- 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 

dgl. 


0,5 ccm 3% Na citr. 


0.5 ccm 2°/ 0 Na citr. 


0,5 ccm 1 °/ n Na citr. 


0,5 ccm 3 °/ 0 Citr. 

+ DurchBtr.-FlüsB. ana 

0,5 ccm 4% Citr. 

+ Durchstr.-FlÜBB. ana 

0.5 ccm Sup. bas. 1:10" 


0.5 ccm Sup. bas. 1:10 H in 
3 °/ 0 Citr. + Durchstr.- 
i FIübb. ana 

10,5 ccm Sup. bas. 1:10* in 4 °/ 0 
; Citr. + Durchptr.-FlÜBB. ana 


30 

24 

24 

25 
25 
25 
23,1 
24 
23,1 

18.5 
23,1 
21,8 

21.5 

21.8 

23.1 

27.2 
23,1 

23.1 

18.2 

20.6 
24 
16,6 
23,1 
24 


+ 25 


+ 4 


— 7,6 


- 2ü 


+ 18 


-21 


31 


Go gle 


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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


261 


einbüßt, hält sich dieselbe stundenlang unverändert, wenn die ent¬ 
sprechende Verdünnung der physiologischen NaCl-Lösung mit 3proz. 
Natriumcitratlösung angesetzt wird (s. Tab. VIII). 

Der angeführten Tabelle IX ist weiter die auffallende Tatsache 
zu entnehmen, daß in dem Versuch mit Zusatz von 3proz. Citrat¬ 
lösung die Adrenalinwirkung verstärkt wird. Tabelle X läßt diese 
Erscheinung noch deutlicher erkennen und gibt gleichzeitig einen 

Tabelle X (aus Protokoll 41). 


20. VI. 21 Rana esculenta. Von ll h 50'ab Durchströmung mit bicarbonat- u. Ca- 

freier Frosch-Ringerlösung. 


Zeit 

' Durchatrömungsfllissigkeit 

j 

Injektion 

Tropfenzahl 
in 1 Min 

Änderung 
der Tropfen- 



i 


zahl in °/o 

4 h 10' 

bic.- u. Ca-freie Ringer- 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10* in 

1 26,1 


4 n ly 

lösung 

Durchstr.-Flüss. 

1 20,0 

-23 

4 h 25' 

Normal-Ringerlöß u ng 


26,1 

i 

4» 40' 

ohne CaCl^ 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10** in 

26,1 


4 h 41' 

dgl. 

Durchstr.-Flüss. 

26,1 

0 

4 b 43' 

dgl. 


26,1 


4 b 50' 

bic.- u. Ca-freie Ringer- 


26,1 

i 

5» 10' 

lösung + 0,1 °/ 0 Na citr. 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10* in 

25,0 


5» 11' 

dgl. 

Durchstr.-Flüss. 

: 10.0 

- 60 

5 h 12' 

dgl. 


11,0 


5» 15' 

dgl. 


14,3 

i 

5 b 40' 

dgl 

0.5 ccm Sup. bas. 1:400 

23,1 


5» 41' 

dgl. 

Millionen in Durchstr.- 

12 

— 4<^ 

5" 45' 

dgl. 

Flüss. 

16,6 


6» 05' 

dgl- 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10 w in 

25,0 


6 h 06' 

dgl. ! 

Durchstr -Fluss. 

18,1 

27.6 

6» 10' 

dgl. 


, 22,2 


6» 20' 

dgl. ; 

0,5 com Sup. bas. 1:10® in 

I 25,0 


<> b 21' 

dgl. 

Durchstr.-Flüss. 

9,3 

-63 

6» 26' 

dgl. i 


! 13,0 


6 h 30' 

| dgl. 1 

0,5 ccm der abgetropften 

j 18,8 


6 h 31' 

dgl. j 

Flüss i.d. Zeit 6 h 21'—6 h 25' 

I 13,8 

- 26,6 

6*» 40' 

1 dgl. I 


1 16,6 


6" 41' 

bic.-u. Ca-freie Ringer- j 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10* 

15,0 


7“ 35' 

lösung 

23,1 


7 b 36' 

dgl. 


17,3 

25 

7 b 40' 

dgl. 


21,4 | 



Anhalt für ihre Erklärung. Während bei Durchströmung mit bicar- 
bonatfreier Ringerlösung durch Injektion von Surprareninum-HCl 
1 :10 8 nur eine Verengerung von 23°/ 0 und bei Durchströmung mit 
Normalringerlösung überhaupt keine Verengeiung zu erzielen war, 
wurde durch Zusatz von nur 0,1 °/ 0 Na-Citrat zur Durchströmungs¬ 
flüssigkeit, der an sich keinen Einfluß auf die Abtropfgeschwindig- 
keit hatte, die Adrenalinwirkung so gesteigert, daß bei einer Ver¬ 
dünnung von 1 :1 Milliarde das Präparat noch mit einer Abnahme 


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YV. Hülse: 


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26*2 


der Tropfenzahl von 27.6°/ 0 antwortete. Da, wie früher gezeigt 
wurde, die geringe Empfindlichkeit des Präparates in der warmen 
Jahreszeit, besonders bei Verwendung von alkalischer Durchströmungs¬ 
flüssigkeit, auf der sehr schnellen Adrenalinzerstörung beruht, lag 
die Vermutung nahe, daß das Citrat die Adrenalinreaktion deshalb 
verstärkt, weil es die Zerstörung des Adrenalins hemmt. Daß dies 
in der Tat so ist, zeigt Tabelle XI: der durch Zusatz von etwas 
Alkali zu der Adrenalinverdünnung vollständig aufgehobene Adrenalin¬ 
ausschlag erscheint in voller Stärke wieder, sobald außer dem Alkali 
eine geringe Menge Citrat hinzugefügt wird. Bei Durchströmung 
mit alkalischer RingerlÖ6ung ist die z. Z. der stärksten Gefäßverenge- 


Tabelle XI (aus Protokoll 27;. 

31. VI. 21 Rana esculenta Von 12 h SO 7 ab mit bicarbohat-u. Ca-freier Frosch- 


Zeit 


5 h 52' 
5 h 53' 
5 h 55' 
10 ' 

6 b 11' 
6 h 14' 
6 h 20' 
6 h 21' 
6 h 25' 


Ringerlösung durchströmt. 


Durchat römungflütwigkeit Injektion 


T 


Tropfenzahl 
! in 1 Min. 


|ca- u. bic.-freie Ringer- 0,5 ccm Sup. bas. 1:10* 25 

| lösung 17,6 

I dgl- 21,4 

dgl. 0.5 ccm Sup. bas. 1:10" in 27,2 

\ dgl. Durchstr.-Flüss. + 1 °/ 0 27,2 

dgl. n / 100 -NaOH 27,2 

dgl. 0,5 ccm Sup. bas. 1:10* in 26,1 

dgl. Durchetr.-Fluss. + 1% 18,2 

| dgl. I n / 100 -NOaH +0,1 °/ 0 Na citr. 22,2 


Änderung 
der Tropfen- 
zahl in % 


-30 


U 


-30 


rung aufgefangene Abtropfflüssigkeit von neuem in das Präparat 
hineingebracht, gewöhnlich ohne jede Wirkung. Der in Tabelle X 
durch Querstriche abgegrenzte Versuch zeigt, daß bei Gebrauch 
citrathaltiger Durchströmungsflüssigkeit jener Flüssigkeitsanteil eine 
sehr beträchtliche Gefäß Verengerung hervorrufen kann. Auch dieser 
Versuch spricht dafür, daß die Verstärkung der Adrenalinwirkung 
durch Citrat auf einer Konservierung des Suprarenins beruht. 

Diese Annahme wird des weiteren durch Reagensglasversuche 
bestätigt: in einer 2°/ 0 n / 200 -NaOH + 0,3°/ 0 Na-Citrat enthaltenden 
Flüssigkeit wird die Suprareninbase wesentlich langsamer zerstört, 
wie in einer Lösung, die nur das Alkali in der gleichen Konzen¬ 
tration enthält. Allerdings kann, wie der Vergleich mit rein wäs¬ 
seriger Suprareninlösung zeigt, die Alkalizerstörung des Suprarenins 
durch Citrat nur verzögert, nicht vollständig aufgehoben werden. 


4« Besprechung der Ergebnisse« 

Diese Untersuchungen haben eine Reihe von Tatsachen ergeben, 
die es ermöglichen, die Adrenalinempfindlichkeit des Laewen-Tren- 
ddeiiburgschen Präparates erheblich zu steigern, ohne daß das Prä- 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


263 


parat seine physiologischen Eigenschaften verliert. Den stärksten 
Einfluß auf die Erregbarkeit der Gefäße besitzt das Alkali. Dieser 
starken Wirkung steht aber die schnelle Zerstörung des Suprarenins 
in alkalischen Lösungen gegenüber. Bei sehr hohen Suprarenin- 
verdünnungen genügen, besonders bei höheren Wärmegraden, ganz 
geringe Zeitunterschiede vom Herstellen der Lösung bis zur Berüh- 
riihrung des Suprarenins mit den Gefäßwänden, um beträchtliche 
Unterschiede in der Wirkung hervorzubringen. Besonders die Base 
fällt dieser Zerstörung sehr schnell anheim. In Anbetracht des her¬ 
vorgetretenen unterschiedlichen Verhaltens von Suprareninum-HCl 
und Suprareninum basic., und der Tatsache, daß das Adrenalin im 
Körper zweifellos in Basenform vorhanden ist, ist aber gerade die 
Verwendung der Base zur Eichung der Präparate bei Blutunter¬ 
suchungen erforderlich. 

Die Suprareninzerstörung durch Zusatz von Säuren zu verhindern, 
hat sich als nicht brauchbar herausgestellt, da Säuren naturgemäß 
die sensibilisierende Wirkung des Alkali aufheben, und weil unter 
Umständen bereits ein ganz geringfügiger Säureüberschuß genügt, 
um die umgekehrte Wirkung, Abnahme der Suprareninempfindlichkeit, 
hervorzurufen. 

Dagegen kann das Na-Citrat zur Verzögerung der Suprarenin¬ 
zerstörung benutzt werden. Eine große Zahl von Versuchen hat 
aber gezeigt, daß man bei höherer Temperatur doch nicht ganz 
sicher sein kann, daß stets die gesamte ursprüngliche Suprarenin- 
menge in citrathaltigen alkalischen Lösungen ungekürzt zur Wirkung 
kommt. Deshalb wurde bei den weiteren Untersuchungen das Alkali 
zunächst vollkommen ausgeschaltet und erst in der älteren Jahres¬ 
zeit bei wenig empfindlichen Präparaten ein geringer Alkalizusatz 
.*500 “ "/ßooo'^aOH-Gehalt) mit Vorteil verwendet. 

Es haben sich auch keine Bedenken ergeben, die Kalisensibili- 
siorung praktisch zu benutzen. Die Begünstigung der oxydativen 
Suprareninzersetzung ist noch in Lösungen von 0,05 °/ 0 KCl kaum 
merklich und kann bei schnellem Arbeiten ganz vernachlässigt wer¬ 
den. Die Kalisensibilisierung kann noch dadurch verstärkt werden, 
daß das entgegengesetzt wirkende Ca-Ion aus den Lösungen entfernt 
wird. Durch einen Zusatz von Na-Citrat würde der Kalk außerdem 
doch zur Ausfällung gebracht werden. 

Auoh die Eigenschaft des Na-Ions, fördernd auf die Erregbarkeit 
der Gefäße einzuwirken, kann dadurch verwertet werden, daß man 
mit dem Na-Ionengehalt bis dicht an die gefäßerweiternde Grenz¬ 
konzentration herangeht. Zur Erreichung einer möglichst hohen 
Na-Ionenkonzentration wird auch am besten das Na-Citrat ver¬ 
wendet. 


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264 


W. Hülse: 


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Die Untersuchungen wurden daher zunächst fortgesetzt mit einer 
folgendermaßen zusammengesetzten Lösung (weiterhin mit D.-Fl. I 
bezeichnet): 0,7 °/ 0 NaCl, 0,05°/ 0 KCl, 0,5 °/ 0 Na-Citrat. Die Präparate 
erreichten damit eine durchschnittliche Empfindlichkeitsgrenze gegen 
Suprareninbasenkonzentration von 1:400—500 Millionen, während 
man sonst sehr selten auf mehr wie 1:200 Millionen gelangt, wenn 
nicht Ausschläge durch technische Fehler auf Rechnung des Supra- 
renins gesetzt werden. 

Diese Untersuchungen haben gezeigt, daß die Adrenalinempfindlich¬ 
keit enge mit dem nervös bedingten Gefäßtonus verknüpft ist 1 ). 
Diese Beobachtung erfordert noch einige Bemerkungen, weil sie im 
Widerspruch steht mit den bisherigen Anschauungen über die Adrenalin¬ 
wirkung. 

Nach den Untersuchungen von Elliot (zit. nach Biedl ), auf welche sich die 
Ansichten über die Adrenalinwirkung hauptsächlich stützen, gewinnen gerade 
dezentralisierte und denervierte Gewebe eine Überempfindlichkeit für Adrenalin. 
Wenn man diese Erscheinung bei der Dezentralisation gut durch den Fortfall 
sympathischer Hemmungen erklären kann, so scheint der gleiche* Einfluß der 
sogenannten degenerativen Nervendurchschneidung doch zu beweisen, daß die 
Adrenalinempfindlichkeit in keinem Zusammenhang mit dem Gefäßtonus steht. 
Denn entnervten Organen können tonisierende Impulse nicht zufließen. Dieser 
Schluß würde zutreffend sein, wenn es gelänge, durch eine sogenannte degene- 
rative Nervendurchschneidung das betreffende Organ, z. B. die Gefäße, voll¬ 
ständig zu entnerven und ihres Tonus zu berauben. Die Versuche von Hey¬ 
mann (1. c.) über den Einfluß kleiner Säuremengen auf die Gefäße nach der 
Denervation nach Pearce zeigen jedoch, daß Bolche denervierte Gefäße durch¬ 
aus nicht ihres Tonus beraubt sind: unter Säureeinwirkung tritt eine sehr 
deutliche Gefäßerweiterung ein, die natürlich nicht möglich wäre, wenn die Ge¬ 
fäße infolge fehlenden Tonus’ maximal dilatiert wären. 

Auch nach der sogenannten Denervation gewinnen die Froschgefäße einen 
gewissen Tonus wieder, der, wenn man der Gefäßmuskulatur nicht eine weit¬ 
gehende Selbständigkeit beilegen will, nur dadurch Zustandekommen kann, daß 
noch periphere Zentren vorhanden sind (Ganglien 3. Ordnung im Sinne Langleys ), 
die eines selbständigen Tonus fähig werden. Solche Ganglienzellen sind in der 
Tat besonders in den Gefäßen des Splanchnicusgebietes, wo sie direkt in die. 
Gefäßmuskulatur eingelagert sind®), nachgewiesen. Der Tonus der Gefäße wird 
unmittelbar durch diese peripheren Zentren bestimmt werden, deren Tonus 
wieder abhängig ist von Impulsen fördernder und hemmender Art, die von den 
übergeordneten Zentren auf getrennten Nervenbahnen (Vasoconstrictoren- und 
Dilatatoren) übermittelt werden und wohl auch von Reizen, die von der äußer¬ 
sten Peripherie (Intima der Gefäße) ausgehen. Wenn man die „Zweckmäßig¬ 
keit“ biologischer Vorgänge voraussetzt, werden die letzteren, sofern die über¬ 
geordneten Zentren im Zusammenhänge erhalten sind, reflektorisch antagoni¬ 
stische Mechanismen in Bewegung und einen gefäßverengernden Reiz in seiner 


1 ) Die die Muskulatur direkt zur Kontraktion veranlassenden Mittel, wie 
BaCl* und KCl in größeren Gaben, vermindern die Erregbarkeit der Gefäße. 

*) Glaser , W.: Die Innervation der Blutgefäße in Midier , L. R.: Das vege¬ 
tative Nervensystem, S. 82. Berlin: Julius Springer 1920. 



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Zur Frage der Biutdrucksteigerung. I. 


2<)5 

vollen Auswirkung stören. An denervierten Organen, fällt jede reflektorische 
Hemmung fort, und die Adrenalinwirkung kommt in ganzem Ausmaß ungehemmt 
zur Geltung. 

Daß von Gehirn uod Rückenmark solche reflektorischen Hem¬ 
mungen ausgehen können, ist bekannt. Sie werden durch einen Ver¬ 
such folgender Art bewiesen (Tabelle XII). Dieser Versuch zeigt, 
daß die Empfindlichkeit gegen Suprarenin stufenförmig nach der 
Decapitation und weiter nach der Ausbohrung des Rückenmarks 
ansteigt. 

Tabelle XII (aus Protokoll 76). 

11. IX. 21 Rana esculenta. Curaresiert. Von 12 h 30' ab mit bicarbonat-freier 

Ringerlösung durchströmt. 


Zeit 

Eingriff 

Injektion 

Tropfenzahl 
in 1 Min. 

Änderung 
der Tropfen 
! zahl in % 

4 h 30' 


0.5 ccm Sup. bas. 1:30 

22,2 


4 b 31' 


Millionen 

14,6 

- 34.2 

4 h 33' 



16,2 


4 h 40' 

Daeapitation 

; 

20 


4 h 45' 


dgl. 

‘21,4 


4 h 46' 


10,4 

-51 

4 h 48' 


1 

12 


4 b 50' 

Ausbohrung des 


16,2 


5 h 

Rückenmarks 

dgl. 

20 

I 

5 b 01' 1 


6,2 

- 69 

5 h 04' 

i 


12,2 



Aber auch den Ganglien, die in den Verlauf der sympathischen 
Nervenfasern vom Austritt aus dem Rückenmark bis zu den Endi¬ 
gungen in den Gefäßen eingeschaltet sind, muß eine weitgehende 
Selbständigkeit beigelegt werden. Dadurch wird ja gerade die 
Sonderstellung des sympathischen Nervensystems bedingt. Auch 
durch diese Ganglien wird die Reizwirkung an den Gefäßen ab¬ 
geändert werden können. Bei einem sehr geringfügigen Reiz ist es 
denkbar, daß die reflektorische Hemmung den ursprünglichen Reiz 
überwiegt, d. h. daß eine Umkehr der Reizwirkung entsteht. Die 
sogenannte Umkehr der Adrenalin Wirkung, wie man sie gelegentlich 
bei Verwendung kleinster Adrenalinmengen beobachtet, ist vielleicht 
auf solche reflektorische Überkompensation zurückzuführen. 

Welche Bedeutung den peripheren Ganglien für die an den 
Gefäßen zu beobachtenden Erscheinungen zukommt, zeigen z. B. die 
Versuche von Fleisch 1 ) über die Übertragung von Reizen auf zirku- 
latorisch selbständige Gefäßgebiete. Bei meinen Untersuchungen 
fiel auf, daß die Technik der Präparate des Laeuien-Trenlelenburgschen 

*) Fleisch , A.: Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 171, 128. 1918. 


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266 


W. Hirse: 


Präparates, je nachdem, ob die der Aorta anliegenden feinen Nerven¬ 
fasern sorgfältig geschont oder bei der Einbindung der Aortenkanüle 
mit unterbunden werden, beträchtliche Unterschiede in der Reaktion 
des Präparates hervorrufen kann. Die Gefäßreflexe scheinen daher 
für den Ausfall der Gefäßreaktionen von großer Bedeutung zu sein. 
Durch die Annahme einer Reizung oder Lähmung gefäßverengernder 
oder gefäßerweiternder Elemente allein lassen sich die Erscheinungen 
an den Gefäßen kaum erklären. Eine aktive Gefäßerweiterung wird 
man sich überhaupt so lange schwer vorstellen können, solange ein 
anatomisches Gebilde, an dem ein aktiv erweiternder Reiz an den 
Gefäßwänden angreifen kann, nicht bekannt ist. 

5. Zusammenfassung. 

1. Die Spontansensibilisierung des Laewen - Trendelenburgschen 
Präparates steht im Zusammenhang mit der unter dem Einfluß der 
Durchströmung eintretenden Zunahme des Gefäßtonus (Entsäuerung 
der Gewebe). 

2. Alkali verstärkt sowohl den Gefäßtonus als auch die Adrenalin¬ 
empfindlichkeit. Bei der Beziehung von Alkali zur Adrenalinwirkung 
handelt es sich nicht um eine Summierung zweier Einzel Wirkungen, 
sondern um eine Potenzierung. Die Steigerung der Reizempfindlich¬ 
keit kann durch die adrenalinzerstörende Wirkung des Alkalis ver¬ 
deckt werden. Die Alkalisensibilisierung ist daher, besonders bei 
höheren Wärmegraden, nur mit Vorsicht zu verwerten. 

3. Säuren haben in schwachen Konzentrationen eine Gefä߬ 
erweiterung mit Abnahme der Adrenalinempfindlichkeit zur Folge. 
Die mangelhafte Bildung von freier Base in sauren Lösungen ist für 
die Abnahme der Adrenalinreaktion auch von Bedeutung. 

4. KCl hat in geringen Konzentrationen eine dem Alkali gleich¬ 
sinnige Wirkung. Bei höheren Konzentrationen schwächt es die 
Ansprechbarkeit der Gefäße auf Adrenalin ab. Das Kali wirkt auch 
fördernd auf die Suprareninzerstörung, wahrscheinlich infolge kata¬ 
lytischer Eigenschaften. 

5. CaCl 3 verursacht innerhalb gewisser Konzentration eine Gefä߬ 
erweiterung mit Abnahme der Adrenalinempfindlichkeit. 

6. Die Anwesenheit von Na-Ionen ist für die Erregbarkeit der 
Gefäße für Suprarenin erforderlich. NaCl kann durch andere Na-Salze, 
wie Na-Citräte, weitgehend ersetzt werden. 

7. Hypertonische Lösungen bewirken eine Gefäßerweiterung und 
Sinken der Reizempfindlichkeit für Suprarenin; hypotonische Lösungen 
eine Gefäßverengerung und anfängliche Steigerung der Suprarenin- 
empfindlichkeit mit folgender Verminderung (Mangel an Na-Ionen). 


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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. I. 


267 


8. Natriumcitrat ist nur von Einfluß im Bereich anisotonischer 
Konzentrationen im Sinne der unter 7 angeführten Regeln. Eine 
3proz. Lösung von Na-Citrat verhält sich indifferent. Daneben hat 
das Na-Citrat die Eigenschaft, das Suprarenin vor der Alkalizer¬ 
störung zu schützen. 

9. Durch Verwertung dieser Ergebnisse kann die Suprarenin- 
empfindlichkeit des Laetoen-Trendelenburgschen Präparates beträcht¬ 
lich gesteigert werden. Es besteht eine enge Verknüpfung von 
Sensibilisierung und Tonisierung der Gefäße. Der Widerspruch dieser 
Beobachtungen mit den im Schrifttum niedergelegten ist nur ein 
scheinbarer, durch die verschiedene Deutung der Befunde bedingter. 
Für die an den Gefäßen zu beobachtenden Erscheinungen sind wahr¬ 
scheinlich Gefäßreflexe von großer Bedeutung. 


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(Aus dem Pharmakologischen Institut (Prof. Kochmann) und der Medizinischen 
Klinik (Prof. Volhard) der Universität Halle). 


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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. 

II. 

Untersuchungen über gefäßverengernde Stoffe im Blute. 

Von 

Walter Hülse, 

Assistenten der Medizin. Klinik. 

(Eingegangen am 17. Juli 1922.) 

Inhaltsübersicht. 

1. Wirkung des normalen Blutes am Laewen-Trendelenburgschen Präparat 268 


a) Viscosität und Gerinnungsstoffe.269 

b) Erkennung der Adrenalinwirkung.275 

c) Gehalt des menschlichen Blutes an gefäüwrengcrnden Stoffen 

bei normalem Blutdruck.277 

2. Die physiologische Adrenalinämie.279 

3. Untersuchungen mit dem Blute von Hypertonien.283 

4. Suprareningehalt des Blutes bei Suprareninblutdrucksteigerungen . . . 287 

5. Besprechung der Ergebnisse mit Schlußfolgerungen.290 

6. Zusammenfassung.291 


1. Wirkung des normalen Blutes am Froschpräparat. 

Nach den Untersuchungen von Trendelenburg 1 wonach auch das 
ungeronnene Citratblut und auch das Blutplasma durch längeres Stehen 
eine ständig zunehmende gefäßverengernde Wirkung gewinnt, schien 
es erforderlich, ebenso wie es Trendelenburg getan hat, zu den Unter¬ 
suchungen ganz frisches Citratblut zu verwenden. In zahlreichen Ver¬ 
suchen konnte ich mich davon überzeugen, daß an empfindlichen 
Präparaten auch das von Gerinnung sicher ganz freie Citratplasma 
eine Abnahme der Abtropfgeschwindigkeit verursacht. Diese 'Er¬ 
scheinung ist nicht mehr verwunderlich, nachdem Freund 2 ) gezeigt 
hat, daß das Plasma auch ohne Gerinnung, wahrscheinlich durch 
Zerfallsprodukte der Blutplättchen, gefäßverengernde Eigenschaften 
gewinnt. Es bleibe hier dahingestellt, ob es sich um solche neu- 

J ) Trendelenburg, P.: Areh. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 79, 154. 1916 
*) Freund, II.: Arch. f exp. Pathol. u Pharmakol 86, 266. 88, 39. 1920. 


Go-gle 


Original fram __ 

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W. Hülse: Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 269 

gebildete Stoffe handelt, oder nicht nur um eine Änderung des 
Colloidzustandes der Bluteiweißkörper. Außerdem mußte mit der Mög¬ 
lichkeit gerechnet werden, daß in der verhältnismäßig langen Zeit, 
bis das Plasma zur Injektion gebrauchsfertig gewonnen werden kann, 
ein Teil des Adrenalins in dem alkalischen Blut verloren geht. 

Zu den ersten unterrichtenden Untersuchungen wurde Blut aus 
den Ohrvenen von Kaninchen ohne und mit Zusatz von Suprareninum 
basic. benutzt. Ich nahm an, was durch die Untersuchungen auch 
bestätigt wurde, daß das frische Venenblut allein keinen auf gefä߬ 
verengernde Stoffe zu beziehenden Ausschlag am Trenddenburgechen 
Präparat verursachen darf, und daß es auf diesem Wege am besten 
gelingen werde, die Wirkung des Blutes an sich, wie sie vielleicht 
durch Viscosität, Eiweißgehalt, Zerfallsprodukte der Blutplättchen 
verursacht sein kann, zu unterscheiden von der durch Adrenalin 
bedingten Gefäß Verengerung. Als Ziel dieser Untersuchungen wurde 
erstrebt, die Versuche so zu gestalten, daß das frische Venenblut 
ohne jeden Einfluß auf die Tropfenzahl bleibt, daß aber dem Blute 
zugesetztes Suprarenin am Froschpräparat in der gegebenen Konzen¬ 
tration wiedergefunden wird. 

a) Viscosität und sog. Gerinnungssubstanzen. 

Aus den Untersuchungen über den Einfluß des Natrium citricum 
auf die Erregbarkeit der Froscbgefäße hat sich ergeben, daß zur 
Verdünnung des Blutes, um die Gerinnung zu verhindern, eine 3proz. 
Lösung am besten geeignet ist. Zu den Versuchen wurde daher das 
Blut direkt aus der Vene in einer mit genau der gleichen Menge 
von 3proz. Natriumcitratlösung gefüllten Spritze aufgefangen, und die 
weiteren gewünschten Verdünnungen durch Nachfüllen mit der ent¬ 
sprechenden Menge von Durchströmungsflüssigkeit (D.-Fl. I) her¬ 
gestellt. Blutgerirmungen werden bei dieser Versuchsanordnung mit 
Sicherheit verhindert. 

Die ersten Untersuchungen schienen eine Bestätigung der Ergebnisse 
von Trendelenburg zu bringen, daß sich auch im ungeronnenen Blute 
nach der Entnahme aus dem Körper, rasch steigend, gefäßverengernde 
Körper bilden, so daß das einige Zeit alte Citratblut eine stärkere 
Wirkung entfaltet als ganz frisches Citratblut (s. Tabelle I). 

Bei Verdünnungen des Blutes im Verhältnis von 1:5 war das 
nach 20—30 Sekunden nach der Entnahme in das Präparat in¬ 
jizierte Blut von wesentlich geringerer Wirkung wie das im Ver¬ 
hältnis von 1:2 verdünnte. Mit längerem Stehen wurde aber auch 
bei dieser Verdünnung eine Verstärkung des Einflusses auf die Ab¬ 
tropfgeschwindigkeit beobachtet. Bei einem Vergleich der Ausschläge 
einer Versuchsreihe mit dem Blute desselben Tieres,- w r obei mit 


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270 


YV. Hülse: 


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Tabelle I. (Aus Protokoll 47.) 

30. VI. 21. Rana esculenta. Von l h mit D.-Fl. I durchströmt. 


1 

Zeit 

1 

Tropfenzahl 

Änderung der 

| Injektion 

in 1 Minute 

| Tropfenzahl in % 

5" 40' ! 

0,5 ccm Venenblut, Verdünnung 1:2 j 

i 21,4 


5» 41' i 

(1. Portion) 

l 

18,2 

i -1* 

5 h 45' 

20 

1 

6 h ! 

0,5 ccm desselben Blutes 

19,4 


6“ 01' 

(2. Portion) 

10 

! 

6 h 05' 

15,8 

1 

6 h 30' 

0,5 ccm desselben Blutes 

20 

1 

6" 31' 

: (3. Portion) 

1 * 1 

10 

-50 

6» 35' 

15,8 

I 


peinlichster Sorgfalt auf genau gleiche Versuchsbedingungen geachtet 
wurde, fiel die Verschiedenheit der Ausschläge aus, die, wie die 
Prüfung des Präparates ergab, nicht auf einer Empfindlichkeits¬ 
änderung beruhte. 

Es handelte sich jetzt zunächst um die Analyse dieser Erschei¬ 
nungen. Ich hatte von vornherein Zweifel, daß sie, wie Trendelenburg 
annimmt, ausschließlich auf die Bildung gefäßverengernder Körper 
im Citratblute zurückzuführen seien. Denn in mehreren Versuchen 
zeigte sich, daß das verdünnte ganz frische Citratblut eine stärkere 
Wirkung ausübte als das mehrere Stunden abgestandene Blutplasma. 
Wahrscheinlicher erschien es, daß die Tropfenabnahme, wenigstens 
die nach der Injektion des ganz frischen Blutes, a,uf die Blutviscosität 
zurückzuführen sei, obwohl Trendelenburg die Möglichkeit, daß die 
Viscosität des Blutes eine Verlangsamung der Geschwindigkeit des 
Flüssigkeitsdurchflusses verursachen könnte, ablehnt. Seiner Begrün¬ 
dung gegenüber, daß die starke Wirkung des Citratblutes von der 
Empfindlichkeit des Präparates abhängig ist, daß es also nicht rein 
physikalische Eigenschaften des Blutes sein können, welche die Tropfen¬ 
abnahme verursachen, ist zu bemerken, daß die veränderten Strö¬ 
mungsverhältnisse, wie sie durch viscöse Flüssigkeiten bedingt wer¬ 
den, für die Gefäße einen Reiz darstellen können, auf den sehr 
empfindliche Präparate stärker ansprechen als weniger empfindliche. 
Es fällt aber auch die Vorstellung schwer, daß der rein physikalische 
Einfluß der Viscosität am Froschpräparat die Durchsrömungsgeschwin- 
digkeit gar nicht verändern soll. Es sei nur auf die Versuche von 
O'Connor l ) hingewiesen, der bei Verwendung eines Glascapillarsystems 
mit 4 fach verdünntem Serum noch eine geringe Tropfen abnahm e 
beobachten konnte. 

Die Bedeutung der Viscosität geht nun des weiteren hervor aus 
Untersuchungen, die mit indifferenten viscösen Flüssigkeiten ange- 

A ) O'Connor . J. M.: Münehn. med. Wochenschr. 1911, Nr. 27, S. 1439. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigening. II. 


271 


stellt wurden, Arabinlösungen, deren Viscositätsgrad mit dem Heß- 
schen Viscosimeter auf bestimmte Blutverdünnungen genau eingestellt 
waren, verlangsamten die Durchflußgeschwindigkeit in derselben 
Stärke wie die entsprechenden frisch hergestellten Blutproben. Nur 
blieb bei Arabinlösungen die am Blut zu beobachtende Steigerung 
der Wirkung bei längerem Stehen vollständig aus. 

Dieses Verhalten des Blutes konnte aber in seiner geringeren 
Stabilität begründet sein, derart, daß sich beim Stehen in den 
verschiedenen Schichten ein verschiedener Viscositätsgrad ausbildet. 
Bei Behandlung des Blutes in genau derselben Art, wie sie bei den 
Injektionen in das Froschpräparat gehandhabt wurde, ließ sich bei 
Prüfung der Viscositat in der Tat feststellen, daß die verschiedenen, 
sonst zu Injektionen benutzten Blutproben mit dem Stehen eine 
entsprechende Steigerung ihres Viscositätsgrad es aufwiesen. Beim 
Stehen tritt nämlich in dem mit Citrat verdünnten Blute sehr schnell 
eine teilweise Sedimentierung der Erythrocyten ein. Die spezifisch 
schwerere an Erythrocyten reiche Schicht des Spritzeninhaltes sinkt 
bei der Injektion sehr schnell nach dem Kanülenende, so daß bei 
den späteren Injektionen eine Flüssigkeit in das Präparat gelangt, 
die mit der Dauer des Stehens einen ständig zunehmenden Viscosi¬ 
tätsgrad gewinnt. Wurden die Injektionen mit gesenktem Stempel¬ 
ende der Spitze ausgeführt, so fand sich dementsprechend das um¬ 
gekehrte Verhalten: die späteren Injektionen verursachten eine we¬ 
sentlich geringere oder überhaupt keine Tropfenabnahme bis auf die 
letzten Proben, die natürlich eine sehr starke Wirkung entfalteten. 

Aus diesen Untersuchungen ergab sich demnach, daß auf eine 
absolute Gleichmäßigkeit der Blutverdünnung ganz besonders geachtet 
werden muß. Es fand sich, daß bei dem schnellen Arbeiten, wie 
es Trendelenburg vorschreibt — 20 Sekunden von der Blutentnahme 
bis zur Injektion —, eine solche Gleichmäßigkeit nicht zu erzielen war. 
Daraus erklärte es sich, daß auch bei Verwendung ganz frischen 
Blutes von demselben Tier selten ganz übereinstimmende Ausschläge 
gesehen wurden. Ist eine Sedimentierung der Erythrocyten einge¬ 
treten, so ist es bei gefüllter Spritze sehr schwer, eine gleichmäßige 
Verteilung wieder zu erreichen. Dieses gelingt am besten dadurch, 
daß man dem Spritzeninhalt eine paraffinierte Glasperle von be¬ 
kanntem Volumen oder besser eine kleine Luftblase hinzufügt. Durch 
leichtes Schwenken der Spritze gelingt es dann unschwer, die er¬ 
forderliche Gleichmäßigkeit der Blutverteilung wieder herzustellen. 

Wurde für eine solche Vermischung Sorge getragen, so war auch 
an den empfindlichsten Präparaten eine weitere Abnahme der Durch- 
fiußmenge durch die Injektion längere Zeit abgestandenen Blutes 
nicht mehr zu bemerken. Eine Stunde altes Citratblut übte z. B. die 


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272 


W. Hülse : 


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gleiche Wirkung aus wie ganz frisches, unmittelbar nach der Ent¬ 
nahme geprüftes. Damit war bewiesen, daß im vorsichtig entnommenen 
Citratblut nachträglich keine gefäßverengemden Stoffe entstehen oder 
jedenfalls erst nach so langer Zeit, daß dadurch die Untersuchungen 
des Blutes auf den intra vitam vorhandenen Grad seiner gefäßver¬ 
engernden Wirkung nicht gestört werden. 

Durch hohe Blutverdünnungen kann der Einfluß der Viscosität 
ausgeschaltet werden. Wie die Versuche zeigten, verursacht das im 
Verhältnis von 1:5 verdünnte Blut an empfindlichen Präparaten 
noch fast ausnahmslos eine geringe Abnahme der Tropfenzahl. Erst 
bei Verdünnungen von etwa 1:10 kann man bei vollkommener Ver¬ 
mischung sicher sein, daß der Verlauf des Versuches durch die Vis¬ 
cosität nicht mehr gestört wird. Diese hohen Blutverdünnungen 
sind aber deshalb sehr mißlich, weil dadurch in Anbetracht der zu 
erwartenden sehr geringen Adrenalinkonzentrationen der Adrenalin¬ 
nachweis im Blute wesentlich erschwert wird. 

Um Versuchsfehler durch die Viscosität zu vermeiden, wählte 
ich daher den Weg der Durchströmung der Präparate mit viscöser 
Flüssigkeit. Als Mittel benutzte ich Gummi arabicum, da mir das 
kalkfreie Arabin in genügenden Mengen nicht zur Verfügung stand. 
Der Kalkgehalt des Gummi arabicum, durch den die Empfindlichkeit 
des Präparates möglicherweise leiden konnte, ist deshalb zu vernach¬ 
lässigen, weil der frei in Lösung befindliche Kalk durch das Natrium 
citricum zur Ausfüllung gebracht werden wird. Um diese Fällung 
möglichst vollständig zu erreichen, wurde der Natriumcitratgehalt 
der Durchströmungsflüssigkeit auf l 1 /‘j°/o* entsprechend dem Gehalte 
des injizierten Blutes, erhöht. Es hat sich in den früheren Unter¬ 
suchungen gezeigt, daß dieser hohe Citratgehalt auch bei langer 
Durchströmung die Empfindlichkeit nicht beeinträchtigt. 

Am vorteilhaftesten würde es sein, wenn unverdünntes Blut, dem 
Na-Citrat in Substanz beigefügt wäre, zu den Untersuchungen be¬ 
nutzt werden könnte. Es zeigt sich jedoch, daß, wenn die Viscosität 
der Durchströmungsflüssigkeit auf die des unverdünnten Blutes ein¬ 
gestellt wird, die Tropfenzahl ständig abnimmt und schließlich bis 
fast zum Nullpunkt heruntergeht. Es läßt sich auch durch Druck¬ 
steigerung im System nicht die Beständigkeit in der Tropfenfolge 
erreichen, wie sie zur Gewinnung eindeutiger Ergebnisse erforder¬ 
lich ist. 

Mit einer Durchströmungsflüssigkeit vom Viscositätsgrad 1,8 (mit 
dem Heßs chen Viscosimeter gemessen), die ungefähr einer Verdünnung 
des Blutes mit 3 °/ 0 Citratlösung zu gleichen Teilen entspricht, ge¬ 
langt man jedoch nach einiger Zeit rasch abnehmender Tropfenzahl 
zu einer hinreichenden Beständigkeit der Durchflußgeschwindigkeit. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigening. II. 


273 


Es mußte jetzt der Einfluß einer solchen Gummilösung auf die 
Suprareninempfindlichkeit des Laewen-Trendelenlurg&chen Präparates 
geprüft werden. Die Zusammensetzung der Gummilösung = D.-Fl. II 
war folgende: 2 Teile 6proz. Gumrai-arabicum-Lösung, 1 Teil l,4proz. 
NaCl- -f- 0,1 proz. KCl-Lösung, 1 Teil 6proz. Na-cit.-Lösung. Die 
schwach saure Gummilösung wurde vorher durch Zusatz von Natrium¬ 
carbonat neutralisiert. 

Wie zu erwarten, tritt infolge der Durchströmung mit Gummi¬ 
lösung eine beträchtliche Verlangsamung des Durchflusses ein. Diese 
Verlangsamung nimmt auch noch weiter zu, wenn bereits die D.-Fl. II 
in voller Konzentration das Präparat durchfließt. Erst nach längerer 
Zeit, nach x j 2 —*/ 4 Stunden, stellt sich mit D.-Fl. II die Durchflu߬ 
geschwindigkeit auf eine annähernd beständige Höhe ein. Diese zu¬ 
nehmende Verlangsamung kann schlecht als rein physikalische Ein¬ 
wirkung der Viscosität aufgefaßt werden, da sich ja die Viscosität 
nicht mehr ändern kann, sobald D.-Fl. II in voller Konzentration 
hindurchfließt. Sie spricht vielmehr dafür, daß durch die viscöse 
Flüssigkeit auch der Tonus der Gefäße im Sinne einer Steigerung 
beeinflußt wird. Wie bereits erwähnt, ist es denkbar, daß die ver¬ 
änderten Strönrungsverhältni8S9 in den Gefäßen bei Verwendung 
viscöser Flüssigkeiten, insbesondere durch die stärkere Kohäsion der 
Colloidteilchen an den Gefäßwänden, ein Reiz ausgeübt wird, der 
mit einer Kontraktion beantwortet wird. Analoge Beobachtungen 
hat£. Adler 1 ) am Meerschweinchen uterus gemacht; auch bei diesen Ver¬ 
suchen zeigte sich, daß pharmakologisch indifferente Mucilaginosa, wie 
Gummi arabicum, eine Tonussteigerung hervorzurufen imstande sind. 

In dieser Tonussteigerung ist zweifellos die hauptsächlichste Ur¬ 
sache für den verstärkten Adrenalinausschlag bei Durchströmungen 
mit Gummilösungen zu erblicken, wie er aus den als Versuchsbei¬ 
spiele angeführten Tabellen II und III deutlich zu erkennen ist. Die 
enge Verknüpfung von Tonisierung und Sensibilisierung ist in den 
früheren Versuchen überzeugend dargelegt. 

Bei dem Gebrauch viscöser Durchströmungsflüssigkeit sind aber 
wohl neben der Tonisierung auch noch rein physikalische Einflüsse 
für die Verstärkung der Adrenalinwirkung von Bedeutung. Denn es 
ist klar, daß, wenn auch nur die geringste Gefäß Verengerung auf tritt, 
die Viscosität in der plötzlich verengten Strombahn sich stärker be¬ 
merkbar macht und eine stärkere Abnahme der Tropfenzahl ver¬ 
ursacht, als es der Adrenalinwirkung bei Durchströmung mit nicht 
viscöser Flüssigkeit entsprechen würde. Die Verlängerung der Adre¬ 
nalinwirkung, die neben der Verstärkung in diesen Versuchen aus¬ 
nahmslos zutage trat, dürfte durch die veränderte Strömung in den 

*) Adler , L Berl. klin. Wochenschr. 1913, Nr. 21, S. 969. 
z. f. d. g. exp. Med. XXX. 18 


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274 


W. Hülse: 


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Tabelle II. (Aus Protokoll 55.) 

12. VII. 21 Rana escul. Von ll h 3(K mit D.-Fl. I durchbtrömt. 


Zeit 

Durcbströmungs- 

flüssigkeit 

| Injektion 

Tropfenzahl 
in 1 Min. 

Änderung 
der Tropfen- 
zahl in •/„ 

5 h 04' 

D.-Fl. I 

0,5 ccm Sup. bas. 

i 


5 h 05' 

dgl. 

1:50 Millionen in D.-Fl. I 

12 

-41,7 

5 h 08' 

dgl. 


17,1 


5 h 20' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. bas. 

21,4 


5* 21' 

dgl. 

1:10 8 in D.-Fl. I 

17,6 

-17,7 

5“ 23' 

D.-Fl. II 


19,4 


5 b 28' 

dgl. 


15,3 


5" 33' 

dgl. 


12,8 


5" 40' 

(Druck + 5 cm) 


10,5 


6» 05' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. bas. 

17,1 


6“ 06' 

dgl. 

1:10® in D.-Fl. II 

8,3 

-51,2 

6» IO' 

dgl. 


11,6 


6 h 30' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. bas. 

17,1 


6 h 31' 

dgl- | 

1:500 Millionen in D.-Fl. II 

j 14,0 

-18,1 

6 b 40' 

dgl. 


! 16,0 



Tabelle III. (Aus Protokoll 59.) 

17. VII. Rana escul. Von 12 h 45' mit D.-Fl. I durchströmt. 


Zeit 

1 

Durchströmungs- _ , . ,. 

flilaaigkeit Injektion 

Tropfenzahl 
in 1 Min. 

Änderung 
der Tropfen¬ 
zabl in % 

3 h 50' 1 

D.-Fl. I 0,5 ccm Sup. bas. 

1:200 Millionen in D.-Fl. I 

23,1 


3 h 51' 1 

18,2 

- 21,2 

4 h 05' 

D.-Fl. II j 
! Druck 4-5 cm 

21,4 


4 b 40' 

! 0,5 ccm Sup. bas. 

; 1:200 Millionen in D.-Fl. II 

21,4 


4 b 41 / 

10,5 

-51 

4 b 48' 

1 

15,0 


5 h 

0,5 ccm Sup. bas. 

1:800 Millionen in D.-Fl. II 

19,4 


5 h 01' 

16,2 

- 16,5 

5 h 05' 

Druck -f 2 cm 

17,6 | 


5 h 20' j 

0,5 ccm Venenblut 1:2 

18,2 ! 


5 h 21' 

18,2 

0 

5* 25' 

0,5 ccm Sup. bas. 

18,2 


5 h 26'* 

1 -.800 Mill. in Venenblut 1:2 

14,8 

- 18,7 

5 h 30' 

• 

16,6 


6 h 

! 0,5 ccm Sup. bas. 

17,1 


6 h 01' 

| 1:800 Mill. in Venenblut 1:2 

13,5 

-21 

6 h 03' 

(2. Portion) 

1 15,0 



Gefäßen zu erklären sein. Infolge der erhöhten Kohäsion wird adre¬ 
nalinhaltige Lösung noch in Berührung mit den Gefäßwänden sein, 
wenn im axialen Teil der Strombahn bereits adrenalinfreie Flüssig¬ 
keit hindurchströmt. 

Alle diese Umstände haben zur Folge, daß Gummi arabicum 
keine Herabsetzung der Adrenalingefäßverengerung, wie sie vielleicht 
infolge der reizmildernden Eigenschaft der Mucilaginosa erwartet 


Gck igle 


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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 


275 


werden könnte, eintritt, sondern im Gegenteil eine Verstärkung. Auf 
diese Weise wurde mit D.-Fl. II an frischen Sommerfröschen eine 
durchschnittliche Empfindlichkeitsgrenze gegen Adrenalinbasenkon¬ 
zentrationen von 1:500—800 Millionen, oftmals auch von 1:1 Milli¬ 
arde und darüber erreicht. Lange Zeit in Gefangenschaft befindliche 
Frösche liefern nach meinen Erfahrungen weniger empfindliche 
Präparate. 

Tabelle III zeigt nun weiter, daß bei Durchströmung mit D.-Fl. II 
das im Verhältnis von 1 : 2 verdünnte periphere Venenblut keinerlei 
Wirkung mehr auf die abfließende Tropfenzahl ausübt, daß aber das 
diesem Blute zugefügte Suprarenin noch nach 1 / 9 stündigem Stehen 
in voller Konzentration nachzuweisen ist. Damit war das diesen 
Untersuchungen gesteckte Ziel erreicht. 

b) Erkennung der Adrepalinwirkung.* 

Wenn bei strenger Einhaltung der beschriebenen Methode die 
Gefahr, bei Untersuchungen des menschlichen Blutes auf gefäßver¬ 
engernde Stoffe, Täuschungen anheimzufallen, kaum noch zu befürch¬ 
ten war, so schien es doch ratsam, noch nach einer Methode zu 
suchen, die es gestattet, die nach Injektion einer Blutprobe zu be¬ 
obachtende Reaktion auf möglichst einfache Weise auf ihre Adre¬ 
nalinnatur zu prüfen. 

Der einfachste Weg ist der, durch Stoffe, die dem Adrenalin 
streng spezifisch antagonistisch wirken, das Froschpräparat für 
Adrenalin unempfindlich zu machen. Diesen Weg hat bereits Tren¬ 
delenburg 1 ) versucht, als er eine Gefäß Verengerung durch das Aus¬ 
bleiben derselben nach Vergiftung des Präparates mit Ergotoxin 
als Adrenalin Wirkung anzusprechen versuchte. Trendelenburg fand 
jedoch, daß am ergotoxinvergifteten Frosch neben der völligen 
Unterdrückung der Adrenalin Wirkung auch eine Abschwächung der 
Wirkung von altem Blut oder Plasma zu beobachten ist. Wenn 
demnach nach Vergiftung mit Ergotoxin eine vorher auftretende 
Gefäßverengerung auch vollständig auöbleibt, so ist man nicht be¬ 
rechtigt, diese Tatsache als Beweis für die Adrenalinnatur einer ge¬ 
fäßverengernden Substanz anzusprechen. 

In neuerer Zeit hat Hildebrandt -) über einen Antagonismus zwi¬ 
schen Atropin und Adrenalin am Gefäßapparat des Frosches be¬ 
richtet. Meine Untersuchungen brachten eine Bestätigung dieser 
Tatsache. Sie zeigten des weiteren, daß es mit Hilfe des Atropins 
in der Tat gelingt, einen mittelbaren Beweis für den Adrenalin¬ 
charakter einer gefäßverengernden Substanz zu erbringen. 

l ) Trendelenburg , P.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 79, 154. 1916. 

a ) Hildebrandt , F.: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 86, 225. 1920. 

18* 


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W. Hülse: 


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27<i 


Tabelle IV. (Aus Protokoll 51.) 

x. VII. 21. Rana escul. Von l h 45' ab mit D.-Fl. I durchströmt. 


/eit 

Durchströmungs* 

; flilssigkeit 

ii 

Injektion 

Tropfenzab 
in 1 Min. 

Änderung 
der Tropfen- 
»hl In •/„ 

5 h 20' 

ii D.-Fl. I 

0,5 ccm Sup. bas. 

22,2 

1 

5 h 21' 

dgl. 

1:50 Millionen 

10 

— 55 

5 h 30' 

]! dgl. 


16,6 


5» 43' 

Ii dgl. 

0,5 ccm Sup. bas. 

21,4 


5 h 44' 

dgl. 

1:300 Millionen 

17/3 

- 17," 

5" 50' 

dgl. 


18,8 


6 h 08' 

dgl. 

0,5 ccm Serum 1:2 

19,4 


6 h 09' 

dgl. 


S 2 

-57,7 

6 h 15' 

dgl. 


14,3 


6 h 25' 

dgl. 

0,5 ccm Serum 1:10 

19,4 


6 h 26' 

dgl. 


15,0 

22.7 

6 h 30' 

dgl. 


18,2 


6 h 40' 

D.-Fl. I 


18,8 


6» 55' 

i mit Atrop. sulf. 1:10* 

0,5 ccm Sup. bas. 

19,4 


6 h 56' 

dgl. 

1:50 Millionen 

19,4 

0 

6“ 58' 

dgl. 


1 19,4 


7" 05' 

dgl. 

0,5 ccm Sup. bas. 

19,4 


7 h 06' 

dgl. 

1:300 Millionen 

20 

: 0 

7» 10' 

dgl. 


20 


7 h 15' 

dgl. j 

0,5 ccm Serum 1; 2 

20 

i 

7» 16' 

dgl. 


j 8,1 

-59,5 

7 h 20' 

dgl. 


13 


7» 25' 

dgl. 

0,5 ccm Serum 1:10 

17,6 


7 h 26' 

dgl. 


14,3 

i -18,8 

7 h 30' 

dgl. 


i 1«,6 

! 

7 h 40' 

dgl. 

0,5 ccm Venenblut 1:2 

18,7 

■ 

7» 41' 

dgl. 


11,6 

1 -38 

7 h 47' 

dgl. 


16,2 



Tabelle. V. 

(Aus Protokoll 53.) 



11. 

VII. 21. Rana escul. Von l h 25' ab mit D.-Fl. 

I durchströmt. 




Tropfenzahl 

Änderung 

Zeit 

Injektion 

in 1 Minute 

| Tropfenzahl 

6" 15' 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10 H 

23,1 

1 

6 b 16' 


16,2 

1 — 30 

6 h 21' 


20,0 


6» 33' 

0,5 ccm Serum 1:5 

22,2 


6 h 34' 


15 

- 32,4 

6» 38' 


ix,2 


6 h 45' 

1 ,0 ccm Atrop. 1:10 1 

23,1 


6 b 46' 


23,1 


6» 47' 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10* 

23,1 


6 h 4H' 


23,1 

0 

6 h 52' 


23,1 

, 

6» 5*' 

1,0 ccm Atrop. 1 :10 J 

23,1 


6 h 59' 


23,1 


7» 

0,5 ccm Serum 1:5 

23,1 


7» 01' 

1 

16,2 

-30 

7 h 05' 


20 



Gck igle 


_ _Original fram 

UNIVERSfTY OF MINNESOTA 




Zur Frage der ßlutdrucksteigerung. II. 


277 


Vorstehende Protokolle mögen als Erläuterung aus einer Reihe 
gleichsinnig verlaufener Untersuchungen dienen. (Tabelle IV und V.) 

Durch diese Versuche war demnach die Tatsache gegeben, daß 
durch Atropin in geeigneten Konzentrationen die Adrenalingefäß - 
Verengerung vollständig aufgehoben wird, während die Wirkung der 
sog. Gerinnungssubstanzen und der Einfluß der Viscosität gänzlich 
unbeeinflußt bleiben. Jedoch mußte eine bestimmte Atropinkonzen¬ 
tration eingehalten werden, weil bei sehr starken Lösungen und 
namentlich bei länger dauernder Einwirkung in einigen Versuchen 
auch eine geringe Abschwächung der Serumwirkung zu beobachten 
war. Andererseits durfte die Atropinlösung nicht zu schwach gewählt 
werden, weil dann nur eine Abschwächung und keine vollständige 
Aufhebung der Adrenalinwirkung eintrat. Am geeignetsten fand sich 
eine Atropinlösung von 1:10 4 . Die bei Blutuntersuchungen in Be¬ 
tracht kommenden Adrenalinkonzentrationen werden dadurch ganz 
unwirksam, während Gerinnungsstoffe und Viscosität voll zur Geltung 
kommen. Der einfacheren Handhabung wegen und um zu vermeiden, 
daß bei zu langer Einwirkung des Atropins doch eine Verminderung 
der Gefäßverengerung durch andere Umstände als durch Adrenalin 
zustande kommt, wurde bei den späteren Untersuchungen der Prüfung 
des Blutes eine Injektion von 1 ccm der Atropinlösung 2—3 Minuten 
vorausgeschickt. Auch bei dieser Versuchsanordnung tritt die eine 
Differenzierung gestattende Eigenschaft des Atropins voll in Erschei¬ 
nung. Wie schon Hildebrandt beobachtet hat, verhalten sich die für 
den Adrenalinreiz empfindlichen Elemente auch nach kurzdauernder 
Atropineinwirkung für längere Zeit refraktär. 

c) Gehalt des menschlichen Blutes an gefäß?erengernden Stoffen bei nor¬ 
malem Blutdruck. 

Da die Viscosität des normalen menschlichen Blutes nur innerhalb 
sehr enger Grenzen schwankt, konnten die Untersuchungen mit der 
unveränderten Gummilösung (D.-Fl. II) ausgeführt werden. Mehrfache 
Viscositätsbestimmungen ergaben, daß das im Verhältnis von 1:2 
mit 3proz. Citratlösung verdünnte Blut stets ungefähr den gleichen 
Viscositätsgrad aufweist (meist um 1,9). Wenn die Durchströmungs¬ 
flüssigkeit eine etwas geringere Viscosität besitzt, so stört dieses die 
Versuche nicht. Es empfiehlt sich sogar, die Durchströmungsflüssig¬ 
keit auf einen etwas niedrigeren Viscositätsgrad einzustellen, als das 
zu prüfende Blut. Es wurde nämlich gelegentlich gesehen, daß auch 
bei genau gleicher Viscosität nach Injektion des Blutes die Abtropf- 
geschwindigkeit um ein geringes anstieg. Trotzdem mit dem Heß - 
sehen Viscosimeter eine gleiche Viscosität gemessen wird, ist die innere 
Roibung, bedingt durch die Kohäsion der Teilchen, in einer Gummi- 


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278 


\V. Hülse: 


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lösung offenbar eine etwas andere als im Blute. Wenn außerdem 
durch eine etwas höhere Viscosität des Blutes eine geringe Tropfen¬ 
abnahme verursacht wird, so kann man sich durch Verwendung von 
Atropin von der Xichtadrenalinnatur dieser Erscheinung sehr leicht 
überzeugen, während eine Zunahme der Tropfenzahl infolge zu nied¬ 
riger Viscosität des Blutes leicht eine vorhandene Adrenalin Wirkung 
verdecken kann. 

Die Untersuchungen an normalem menschlichen periphärem Venen¬ 
blut hatten das gleiche Ergebnis, das am venösen Kaninchenblut 
gemessen wurde: das venöse Blut besitzt keine meßbaren gefäßverengen¬ 
den Eigenschaften , das dem Venenblut zugesetzte Suprarenin verursacht 
aber stets bis zur Empfindlichkeitsgrenze des Präparates den entsprechenden , 
durch Atropin zu beseitigenden Ausschlag in der abfließenden Tropfenzahl. 

Das gleiche Ergebnis lieferten aber auch die Versuche, die mit 
frischem arteriellen Blut von Menschen mit normalem Blutdruck 
angestellt wurden. Das arterielle Blut wurde stets durch Punktion 
einer Arteria radialis gewonnen in der Art, wie es Hürter 1 ) ausführ¬ 
lich beschrieben hat. 

Als Belege seien 2 Versuche angeführt (Tabelle VI). die an einem 
besonders empfindlichen Präparat, das noch auf Adrenalinkonzentra¬ 
tion von 1: 3 Milliarden deutlich ansprach, ausgeführt werden konnten. 


Tabelle VI. (Aus Protokoll 68.) 

18. VIII. 21. Rana escul. Von 9 h 05' ab mit D.-Fl. I durchströmt, 
von 4 h 40' ab mit D.-Fl. II. 


■ 

" ■ ■ 

" — ■ -— 

Tropfenzahl ■ 

‘Änderung der 

/.CU 

Injektion 

| in 1 Minute 1 

Tropfenzahl in °/o 

5 h 

21/ 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10" 

-3,1 


5 h 

21' 

6,S 

- 7o,6 

5»i 

35' ’ ! 


16,2 


5 h 

45 ' : 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10° 

22/2 


5 h 

46' |; 

15,4 

-30,6 

5 h 

53' 


18,8 


6 h 

; 

0,5 ccm Sup. bas. 1:3 Milliarden 

, 21,4 


6 h 

01' 

17.6 

- 17,8 

6* 

01' 


19,4 


6 h 

25' 

0,5 ccm Art.-Blut 1:2 

21,4 


6 h 

26' 

(Pat. A.) 

21,4 

0 

6 h 

27' ; 

21.4 


6 h 

30' 1 


20.6 


6 h 

35' : 

0,5 ccm Art.-Blut 

20,6 


6 h 

86' ;! 

(Pat. B.) 

18,8 

- 8,7 

6 h 

3!*' j; 


19,4 


6*» 

4.y !' 

1 ccm Atropin 1:10' 

19,4 


6 h 

47' .! 

0,5 ccm Art.-Blut 

19,4 


6 h 

48' 

(Pat. B., 2. Teil) 

17,6 

- 9,3 

6 h 

53' „ 

18,* 


1 ) 

Hürter: 

Dtsch. Arch. f. klin. Med. 108, 1. 

1912. 




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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 


279 


Die Tabelle zeigt, daß das Blut des Patienten A., der einen Blut¬ 
druck nach Riva-Rocci von 118:65 mm Hg auf wies, die Tropfenzahl 
garnicht veränderte. Durch Injektion des Blutes vom Patienten B. 
(Blutdruck 112:72 mm) wurde die Durchströmung ein wenig ver¬ 
langsamt. Sie konnte auch durch vorangehende Vergiftung mit Atropin 
nicht beständig erhalten werden, so daß die Tropfenabnahme nicht auf 
Adrenalin bezogen werden konnte. Die Viscositätsbestimmung der 
zur Injektion bestimmten Blutprobe zeigte eine Viecosität von 1,95. 
Nach entsprechendem Ausgleich des Viscositätsunterschiedes war auch 
das Blut vom Patienten B. vollständig wirkungslos (in der Tabelle 
nicht mehr angeführt). 

Diese Untersuchungen haben also ergeben, daß die gefäßverengende 
Kraft des normalen menschlichen arteriellen Blutes geringer ist 9 als es 
einer Suprareninkonzentralion von 1: l y 5 Milliarden entspricht. 

2. Die physiologische Adrenalinämie. 

In neuerer Zeit haben sich verschiedene Forscher [ Trendelenburg 1 ), 
Gley' 2 )] gegen die übliche Vorstellung gewendet, daß der Tonus der 
Vasomotoren durch das aus den Nebennieren durch die Nebennieren¬ 
venen in den allgemeinen Blutkreislauf gelangende Adrenalin aufrecht 
erhalten wird. Diese Einwände gründen sich vor allem auf die Tat¬ 
sache, daß das Adrenalin in so geringen Mengen im Blute zu kreisen 
scheint, daß es eine Hormonwirkung kam äußern kann. Nach Oley 
und seinen Mitarbeitern kann man das Adrenalin wohl in den Neben¬ 
nierenvenen finden, aber nicht mehr in den Venen, die den Leberkreis- 
lauf überwunden haben. Das Adrenalin, dessen rasches Verschwinden 
aus dem Blute dadurch erwiesen scheint, kann aus diesem Grunde 
keine tonische Wirkung auf das cardio-vasculäre System ausüben. 
Gley bemerkt, daß, wenn man den Sekretionsprodukten einer endo- 
crinen Drüse eine physiologische Wirkung auf die allgemeinen Fun- 
tionen des Oranismus zuschreiben will, verlangen muß, daß diese 
Stoffe zum mindesten im Blute der linken Herzkammer nachweis¬ 
bar sind. 

Der großen Bedeutung wegen, die das Adrenalinproblem für die 
Physiologie und Pathologie des Menschen besitzt, schien es erforder¬ 
lich, mit der beschriebenen Methode nachzuprüfen, wie weit von den 
Nebennieren entfernt das Adrenalin im Blute sich nachweisen läßt. 

Zu diesem Zwecke wurde bei Kaninchen von einer Stelle dicht 
oberhalb der Einmündung der Nierenvenen ein dünner Gummikatheter 
in die Cava inferior eingelegt, und durch Vorschieben des Katheters 

r ) Trendelenburg P.: Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 79, 154. 1916. 

-> Zit. nach Sergent, E.: Press. m£d. 82, 1921. 


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Original fro-m 

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280 


W. Hülse: 


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das Blut zur Untersuchung auf folgenden Stellen entnommen: 1. Ein¬ 
mündung der Nebennierenvenen, 2. dicht oberhalb der Einmündung 
der Lebervenen, 3. nach Einmündung der Lebervenen, 4. aus dem 
rechten Herzen, und 5. noch durch Herzpunktion aus der linken 
Herzkammer. Nach Beendigung der Untersuchungen wurde das Tier 
getötet und durch Ausmessen nachgeprüft, ob die Blutentnahme tat¬ 
sächlich an den gewünschten Stellen erfolgt war. Vor jeder neuen 
Blutentnahme wurde der nur etwa 1 / 3 ccm fassende Katheter durch 
Ausspritzen mit Ringerlösung gereinigt und dann noch einige Tropfen 
Blut duroh den Katheter abgelassen. Auf die Weise wurde ver¬ 
hindert, daß bei den späteren Blutentnahmen durch das im Katheter 
vorhandene, vom vorhergehenden Versuch stammende Blut eine 
Mischung von Blut aus verschiedenen Stellen der Cava gewonnen wurde. 

Auf diese Art wurden zwei Versuche ausgeführt, die überein¬ 
stimmende Ergebnisse lieferten. Eines der Protokolle lege ich in 
Tabelle VII vor. 

Diese Versuche lassen die Tatsache erkennen, daß bei hinreichend 
empfindlichen Präparaten das Adrenalin bis in das rechte Herz hinein 
nachzuweisen ist . Erst nach Überwindung des Lungenkreislaufes ist 
es mit der biologischen Methode nicht mehr zu fassen. Da bei dem 
Übertritt vom rechten zum linken Ventrikel eine weitere Verdünnung 
nicht mehr vor sich geht, muß angenommen werden, daß das Adrenalin, 
wenigstens zum Teil, im kleinen Kreislauf zerstört wird, eine Tat¬ 
sache, auf die wir weiter unten nochmals zu sprechen kommen. Wir 
werden dort sehen, daß diese Zerstörung keine vollständige ist und 
können daraus mit Sicherheit den Schluß ziehen, daß eine gewisse 
Adrenalinmenge in den großen Kreislauf gelangt. Sie liegt nur unter 
der Grenze des für uns meßbaren. 

Bei der Verwertung der mit der Froschdurchspülungsmethode ge¬ 
wonnenen Ergebnisse muß man sich darüber klar sein, was mit 
dieser Methode gemessen wird: man bestimmt offenbar die Summe 
der im Blute vorhandenen auf die Vasomotoren ein wirkenden Stoffe. 
Diese Stoffe sind sicherlich nicht einheitlicher Natur. Neben gefä߬ 
verengernden Stoffen, die auch nicht allein durch Adrenalin dar¬ 
gestellt werden — es sei nur das Hypophysin und das p-Oxyphenyl- 
äthylamin oder Tyramin erwähnt —, sind im Blute zweifellos auch 
Stoffe enthalten, die eine Gefäßerweiterung verursachen. Wenn solche 
Körper im Blute auch noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen sind, 
so wissen wir doch, daß z. B. ß = Imidazolyläthylamin oder Histamin 
dessen Bildung im Organismus bekannt ist, eine Gefäßerweiterung 
verursacht [Dole und Laidlow 1 ), Schenk*), eigene Versuche]. 

*) Dole und Laidlow : Joum. of physiol. 52, 355. 1919. 

-) Schenk , P Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 89, 332. 1921. 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 


281 


TdbeUe VII (aus Protokoll 142). 

26. XII. 21. Rana eecul. 

Von 10* 15' mit D.-Fl. I durchströmt, von 3 k 10' mit D.-Fl. II durchströmt. 


Zeit j 

■ 

Durchströmungsfliluigkeit 

i 

Injektion 

i 

Tropfenzahl 
in 1 Minute 

Änderung 
der Tropfen¬ 
zahl in */• 

3 b 

55' 

d -Fi. n. 

0,5 ccm Sup. bas. 1 : 10 7 ! 

22,2 


3 b 

56'1 

I 

3,2 

-85,6 

4 b 


1 ! 


14,6 j 


4 h 

15' 

1 

0,5ccm Sup. bas. 1 : 10 K 

21,4 


4 h 

16' 


11,0 

-49 

4 h 

20 ' 

1 


16,2 


4 b 

22 ' 

! i 

1 

0,5 ccm Sup. bas. 1 : 800 

20 


4 h 

43' 

1 

Millionen 

16,2 

- 19 

4 b 

45' 

i Druck -f 2cm 


17,1 


5 h 

10 ' 

|| i 

0,5 ccm Cava-Blut I. 1:2 

21,4 


5 h 

11 ' 

] 


4,3 

- 80 

5 h 

12 ' 

: i . 


9,4 


5 b 

15' 

i Druck 4-1 cm 


12,5 


5 h 

28' 

i 

0,5ccm Cava-Blut II. 1 :2 

20 


5 h 

29' 



8,1 

- 59,5 

5 h 

30' 



11,5 


5 h 

85' 

Druck + 2 cm 


15,0 


5 h 

42' 

i 

0,5 ccm Cava-Blut III. 1:2 

19,4 


5* 

42' 



14,6 

24,7 

5 k 

44' 



15,0 


5 h 

45' 

Druck -f 2 cm 


16,2 


5 h 

56' 

I 

0,5ccm Herzblut rechtSB. 

20 


5 h 

57' 


1:2 

17,1 

- 14,5 

5 h 

58' 


1 

17.6 

! 

6 h 




18,8 


6 h 

05' 


1,0 ccm Atropin 1 : 10 4 

19,4 


6 h 

06' 


19,4 


6 h 

07' 

i 

0,5 ccm Herzblut rechtes, i 

19,4 j 


6 h 

08' 


1 :2 

18,8 

— 3 

6 h 

09' 



18,8 


6 h 

12 ' 

Druck + 2 cm 


18,8 1 


6 h 

15' 



20 


6 * 

18' 


1,0 ccm Atropin 1 : 10 4 

20 


6 h 

19' 


20 


6 b 

20 ' 

1 

0,5 ccm Cava-Blut II. 1:2 

19,4 


6 h 

21 ' 



19,4 

0 

6 h 

22 ' 



19,4 


6 h 

25' 



18.8 


6 h 

28' 

D.-Fl. I. 




7 h 

33' 

D.-Fl. II. 




8 b 

05' 


0,5 ccm Herzblut linkss. 1:2 

17,6 


8 h 

06' 

j 


17.6 

0 

8 b 

07' 

I , 


17,6 


8 h 

10 ' 

1 Druck -f 2 cm 

1 

17,1 


8 h 

23' 

| ! 

0,5 ccm Sup. bas. 1 : 800 

18,8 


8 b 

24' 

'i 

Million 

15,4 

— 18 

8 h 

30' 

i 


16,6 



Die am Froschpräparate meßbare vasomotorische Eigenschaft des 
Blutes ist offenbar eine Funktion einander entgegenwirkender Kräfte. 
Die wirkliche Adrenalinkonzentration kann demnach mit biologischen 


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Original from 

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Digitized by 


28*2 VV. Hülse: 

Methoden überhaupt nicht sicher bestimmt werden. Sie kann wesent¬ 
lich höher sein, als es sich aus den Untersuchungen mit der Frosch¬ 
durchspülungsmethode ergibt. Es wäre auch nicht verwunderlich, 
wenn die verschiedenen biologischen Methoden einen verschiedenen 
Adrenalingehalt anzeigen würden, da sich die einzelnen Prüfungs¬ 
gegenstände gegen die im Blute vorhandenen Stoffe zum Teil ver¬ 
schieden verhalten. 

Aber wenn das Adrenalin auch tatsächlich nur in solch geringen 
Mengen im arteriellen Blut vorhanden ist — bei einer Konzentration 
von 1: 800 Millionen bis 1:1 Milliarde im rechten Herzen würde sich 
bei Berücksichtigung der Zerstörung im Lungenkreislauf ein Adrena¬ 
lingehalt von 1:2—3 Milliarden im linken Herzkammer blute er¬ 
geben —, ist es schwer, dem Adrenalin jeden Einfluß auf den Vaso- 
tonus abzusprechen. Ganz gleich, ob man das Adrenalin als ein 
Sekretions- oder Exkretionsprodukt [Gley 1. c. 1 )] der Nebennieren auf¬ 
faßt, man wird sich schwer vorstellen können, daß die hervorragendste 
pharmakologische Eigenschaft des Adrenalins, der Einfluß auf den 
Gefäßtonus, im Organismus gar nicht in Wirksamkeit treten soll. 
Wir wissen auch gar nicht, welches die geringste Adrenalinmenge 
ist, auf welche die Gefäße noch ansprechen. Die Bedingungen, unter 
welchen das Adrenalin im lebenden Organismus seine physiologische 
Aufgabe erfüllt, sind wesentlich andere, vermutlich günstigere, als 
bei den willkürlich geschaffenen Verhältnissen am überlebenden Prä¬ 
parat 9 ). Aber selbst hier sehen wir ja, daß es noch in Verdünnungen 
von 1 :3 Milliarden gelegentlich eine deutliche Gefäßverengerung 
erzeugt. 

Die Untersuchungen über die Blutdrucksteigerung durch Suprarenin 
können keine Antwort geben auf die Frage, ob das Adrenalin für 
den normalen Gefäßtonus von Bedeutung ist. Die gesamten den 
Gefäßtonus beherrschenden Vorgänge sind zweifellos durch nervöse 
und hormonale Einflüsse auf das engste miteinander verknüpft, weil 
nur auf diese Weise das erforderliche Zusammenspiel jener Vorgänge 
gewährleistet wird. Ein noch hinzutretender vasoconstrictiver Reiz, 
der das Gleichgewicht zu stören droht, wird, sofern er nicht durch 
physiologische Bedürfnisse gefordert ist, infolge jener Verknüpfung 
Widerstände zu überwinden haben und erst dann zur Wirkung ge- 

*) Eine scharfe Trennung von Sekreten und Exkreten ist überhaupt kaum 
möglich. Es ist wahrscheinlich, daß die sogen, inneren Sekrete überhaupt nur 
Produkte des Organsto ff Wechsels sind, also Exkrete. Da jedes Organ einen 
mehr oder weniger spezifischen Stoffwechsel hat, dürfte jedes Organ auch ein 
spezifisches inneres Sekret liefern. 

2 ) Nach Storn van Leeuwen u. v. d. Made (Arch. f. exp. Pathol. u. Phar- 
makol. 88, 318. 1920) sind im Blute Stoffe enthalten, welche die Adrenalin¬ 
wirkung fördern. 



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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Zur Frage der Biutdruckateigerung. II. 


283 


langen, wenn er einen gewissen Schwellenwert erreicht hat. So sehen 
wir das Adrenalin andere pharmakologische Eigenschaften schon ent¬ 
falten in Gaben, in denen es den Blutdruck noch ganz unbeeinflußt läßt, 
z. B. bei Unterdrückung eines Asthmaanfalles. Umgekeht verfügt der 
Organismus zweifellos über Maßnahmen, durch welche der normale 
Blutdruck auch nach Fortfall eines tonisierenden Stoffes eine Zeitlang 
aufrechterhalten wird. Es kann als allgemein gültiges biologisches 
Gesetz bezeichnet werden, daß lebenswichtige Funktionen durch 
mehrere gleichsinnig wirkende Kräfte geregelt werden, die vikariierend 
füreinander eintreten. Daher kann auch in den Versuchen von 
Lewandowsky , nach denen die Ausschaltung der Nebennieren zunächst 
kein Fallen des arteriellen Blutdruckes zur Folge bat, kein zwingender 
Beweis dafür erblickt werden, daß das Adrenalin von keiner physio¬ 
logischen Bedeutung für den normalen Gefäßtonus ist. 

Die besonders von Trendelenburg und Gley erhobenen Einwände 
können demnach die Ansicht von der Hormonwirkung des Adrenalins 
nicht widerlegen. Nachdem vielmehr bewiesen ist, daß das Adrenalin 
nicht bereits nach Überwindung des Leberkreislaufes aus dem Blute 
verschwunden ist, sondern vielmehr, wenn auch in sehr kleinen 
Mengen, in den großen Kreislauf gelangt, wird mit Sicherheit an¬ 
genommen werdon können, daß es bei seiner außerordentlichen 
pharmako-dynamischen Wirkung dort auch wichtige physiologische 
Aufgabe, insbesondere bei der Regulierung des Blutdruckes und des 
Svmpathicustonus zu erfüllen hat. 

3. Untersuchungen mit dem Blute von Hypertonien. 

Zur Untersuchung wurden die verschiedenen Gruppen von Hyper¬ 
tonien herangezogen: 4 Fälle von akuter diffuser Glomerulonephritis, 
3 Fälle von chronischer Nephritis und 3 Fälle von primärer oder 
essentieller Hypertonie. Es wurde darauf geachtet, daß nur solche 
Fälle zur Untersuchung kamen, die ein besonders charakteristisches 
Bild der betreffenden Gruppe darboten. 

Während ich bei den Untersuchungen mit normalem Blut im all¬ 
gemeinen mit der unveränderten DurchströmungsflüssigkeitII auskam, 
stellte es sich bei Versuchen mit Hypertonikerblut als erforderlich 
heraus, daß die Viscosität der Durchströmungsflüssigkeit jedesmal 
vorher auf das zu untersuchende Blut besonders eingestellt werden 
mußte. Durch das sehr wechselnde Verhältnis von Trockensubstanz 
und Wasser entstehen sehr erhebliche Unterschiede in der Viscosität. 
Die Einstellung erfolgte mit dem Helschen Viscosimeter auf das vor 
dem eigentlichen Versuch entnommene Venenblut. Da im allgemeinen 
das arterielle Blut eine etwas geringere Viscosität wie das venöse 
besitzt, wurde die Viscosität der Durchströmungsflüssigkeit gewöhn- 


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284 


W. Hülse: 


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lieh x / 9 —1 Teilstrich niedriger bemessen, als sie in dem entsprechend 
verdünntem Venenblut gefunden wurde. Trotzdem wurde nach Be¬ 
endigung des Versuches auch noch die Viscosität des benutzten 
arteriellen Blutes nachgeprüft, um vor Täuschungen sicher geschützt 
zu sein. 

Aus jeder der drei Gruppen sei ein Beispiel angeführt: 

1. Akute diffuse Glomerulonephritis. 

A. Fr., 15 jähriger Junge, Mitte Oktober 21 mit Halsschmerzen erkrankt, 
die nach einigen Tagen verschwanden. Am 22. X. plötzlich Schwellung des 
Gesichts, besonders der Augenlider; am nächsten Tage auch Schwellung der 
Beine. Dabei Kopfschmerzen, Atemnot. Zwei Tage vor der Aufnahme Schwel¬ 
lung des Leibes. Status am 29. X. 21: allgemeiner Hydrops, sehr blasse Haut¬ 
farbe. Der linke Ventrikel deutlich dilatiert, Akzentuation des 2. Aortentones. 
Starke Leberschwellung, geringer Milztumor. Urin trübe, bräunlich, Menge 
350 ccm in 24 Std., spez. Gewicht 1023, Eiweiß 1 °/ 0 . Sediment: reichlich Ery- 
throcyten, *Leukocyten, Nierenepithelien, hyaline und granulierte Zylinder. 
Ambardsehe Konstante 0,14. Blut: Rest-N 51,74 mg Indican-, NaCl 0,634, 
Cholesterin 162 mg°/ 0 , Kreatinin, 0,5 mg°/ 0 , Blutzucker 0,099 g°/ 0 . Blutdruck 
173 :113 mm Hg, Venendruck 188 mm H 2 0, Capillardruck 280 mm H^O Capil- 
laren ziemlich weit, in vielen Schlingen ausgesprochene körnige Strömung. Der 
Blutdruck hielt sich bis zum 6. XI. stets um 170 und fiel dann unter Calcium- 
behandlung zur Norm. Geheilt entlassen. Die Untersuchung des arteriellen 
Blutes auf gefäßverengernde Stoffe erfolgte am 30. 10. bei einem Blutdruck 
von 175 : 113. Die Viscosität des zur Hälfte mit 3proz. Citratlösung verdünnten 
Venenblutes betrug 1,7, die des nachträglich geprüften Arterienblutes 1,65 
(Tab. VIII). 

Tabelle VIII (aus Protokoll 111). 

30. X. 21. Rana escul. 

Von 10 b 05' ab mit D.-Fl. I durchströmt, von 5 h 20 / ab mit D.-Fl. II durchströmt. 


Zelt 

ii Injektion ' 

J i 

Tropfen zahl 

Änderung der 

in 1 Minute 

Tropfenzahl in % 

6 h 05' 

0,5 ccm Sup. bas. 1 : 200 Millionen 

22,2 i 


6 h 06' 

6 h 12' 

15,0 

19,4 

— 33.* 

6 h 20' 

0,5 ccm Sup. bas. 1 : 500 Millionen 

20 


6 h 21' 

16 

— 20 

ö h 25' 

Druck -f 3 ccm 

18,2 


6 h 38' 

0,5ccm Venenblut 1 : 2 (Pat. A. Fr.) 

20 


6 h 39' 

6* 41' 

6 b 42' 

20 

19,4 

19,4 

0 

6 h 56' 

0,5 ccm Arterienblut 1:2 (Pat. A. Fr.)' 

18,8 


6 h 57' 

6 h 58' 

6 h 60' 

18,8 

18,8 

18,2 

0 


2. Chronische Nephritis mit Übergang in Schrumpfniere. 

Pat. C. M., 43jähriger Mann. Sommer 1908 im Anschluß an Erkältung 
mit Ödemen, Kopfschmerzen, Atemnot und blutigem Urin erkrankt. Seitdem 
soll Urin stets Eiweiß enthalten haben. Gelegentlich auch leichte Schwellungen 



— Original fram — - - 

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Zur Frage der Blutdruckßteigerung. II. 


285 


an den Unterschenkeln. Im September 1921 traten Sehstörungon auf, deshalb 
Überweisung in die Klinik. Status: blasse Hautfarbe, leichte Ödeme an den 
Unterschenkeln. Herz besonders nach links verbreitert, Spitzenstoß deutlich 
hebend, 2. Aortenton stark akzentuiert. Puls gespannt, systolischer Blutdruck 
230 mm Hg, Venendruck 100 mm H a 0, Capillardruck 285 mm H 2 0. Milz und 
Leber nicht vergrößert. Im Urin Eiweiß -f-f-, Sediment: granulierte und hya¬ 
line Zylinder, Erythrocyten, Leukocyten, einzelne Nierenepithelien. H 9 0 Aus¬ 
scheidung im H 2 0-Versuch qualitativ schlecht, geringes Verdünnungsvermögen. 
Konzentrationsvermögen bis 1022. Ausgesprochene Retinitis albumin. Un¬ 
mittelbar vor der Blut Untersuchung betrug der Blutdruck 205 mm Hg. Die 
Viscosität des kurz vor dem Versuch entnommenen mit 3proz. Citratlösung 
1:2 verdünnten Veoenblutes war 1,8, die des zum Versuch benutzten Arterien¬ 
blutes 1,75 (Tab. IX). 

Tabelle IX (aus Protokoll 134). 

29. XI. 21. Rana escul. 

Von l0 b 35' ab mit D.-Fl.I durchströmt, von 5 h 10' ab mit D.-Fl. II (Viscos. = 1,7) 

durchströmt. 


Zeit 


Injektion 


Tropfenzahl Änderung der 
in 1 Minute Tropfenzahl in °/o 


:> b 

43' 

0,5 ccm Sup. bas. 1:108 

19,4 


5*» 

44' 

10,0 

-48,; 

:> h 

49' 

Druck+ 2 cm 

12,0 


6 h 

05' 

i; 0,5 ccm Sup. bas. 1 : 500 Millionen 

18,8 


ö h 

06' 

i 15,8 

— 16 

b b 

10 ' 

Druck-b 2 cm 

17,1 


6 h 

28' 

0,5ccm Venenblut 1 :2 (Pat. C. M.) 

17,1 


6 b 

29' 

16,8 

0 

6 h 

31' 


17,6 


6 b 

36' 

0,5ccm Arterienblut 1:2 (Pat. C. M.) 

17,1 


6 h 

37' 

15,8 

— 7,6 

6* 

39' 


17,1 


6 * 

41' 

1,0 Atropin 1 : 10 4 

17,1 


6* 

43' 

0,5 ccm Arterienblut 1 : 2 

17,1 

l 

6 b 

44' 


15,4 

i - 9,9 

6* 

47' 


17,6 



3. Essentielle Hypertonie. 


Pat. G. Sch. 53 Jahre alt. Immer gesund gewesen. Seit einigen Wochen 
zunehmende Atemnot, besonders nachts oft Anfälle hochgradigster Atemnot. 
In letzter Zeit Schwellungen der Beine. Status: leichte Ödeme an den Knöcheln. 
Hebender Spitzenstoß, Verbreiterung der Herzdämpfung nach rechts und nach 
links, Töne rein, starke Akzentuation der 2. Aortentones. Leber etwas ver¬ 
größert, Milz nicht vergrößert. Urin: Spur Eiweiß. Sediment: nichts Patho¬ 
logisches. Wasserversuch gut, Konzentration bis 1030. Ambardsche Kon¬ 
stante 0,078. Blut: N 32,48 mg -°/ 0 , Id di kan —, NaCl 0,591 g-%, Cholesterin 
186 mg-°/ 0 , Blutzucker 0,1313 g-°/ 0 . Blutdruck bei der Aufnahme 290:145 mm Hg, 
Venendruck 128 mm H 2 0, Kapillardruck 210 mm H,0. Kapillaren sehr stark 
geschlängelt, beide Schenkel ziemlich weit, ausgedehnte körnige Strömung. 
Augenhintergrund: sehr enge, kaum sichtbare Arterien, einzelne kleine Blutungen 
neben der Papille beiderseits. Am Tage der Untersuchung des Blutes auf 
gefäßverengernde Stoffe betrug der Blutdruck 252 : 148 mm Hg. Die anfäng- 


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286 


W. Hülse: 


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liehe leichte Herzdekompensation war an diesem Tage bereits behoben. Das 
zur Hälfte verdünnte Venenblut zeigte eine Viscosität von 2,15, das zur Injek¬ 
tion gebrauchte Venenblut eine solche von 2,05 (s. Tabelle X). 


Tabelle X. (Aus Protokoll 81.) 

20. IX. Rana escul Von IO 11 45' ab mit D.-Fl. I durchströmt, 
von 5 h 25' ab mit D.-FL II (Visc. = 2,05) durchströmt. 


Zeit 


Injektion 


Tropfenzahl Änderung der 
in 1 Min. \ Tropfenzahl in 


5 h 53' 
5 h 54' 
6 h 

6 h 12' 
6 h 13' 
6 h 18' 
6 h 19' 
6 h 22' 
6 h 30' 
6 h 31' 
8 h 33' 


jj 0,5 ccm Sup. bas. 1:400 Millionen j 

j Druck -f 2 cm 

, 0,5 ccm Sup. bas 1:800 Millionen | 

0,5 ccm D.-Fl. II I 

I Druck +2 cm | 

il 0,5 ccm Venenblut 1:2 

I I (G. Sch) ; 


6 h 42' | 
6 b 43' I 
6 h 45' j 
6 h 50' i 
6 b 51'i| 
6 h 55' 


0,5 ccm Arterienblut 1:2 
(Fat. G. Sch.) 

0,5 ccm Arterienblut 1 :2 


17,1 


11,5 

1 H,2 

17,1 i 

— 29 2 

14,0 

16,0 

-18,1 

16,0 | 
16,2 

17,1 

0 

17.6 

17,1 

16.6 

-f 3 

17,1 

17,1 | 

16,6 

4 - 3 

16,6 | 

15,8 1 

0 


Alle ausgeführten Versuche zeigten ein gleichsinniges Verhalten: 
Stets halte die Untersuchung des arteriellen Blutes bei den verschiedenen 
Formen von Hypertonien ein völlig negatives Ergebnis . Wie in dem 
in Tabelle XXIII wiedergegebenen Versuch fand sich gelegentlich 
eine eben merkbare Abnahme der Tropfenzahl, die aber durch Atropin 
nicht zu beheben war und demgemäß nicht auf Adrenalin bezogen 
werden konnte. In der Tat fand sich auch bei der Nachprüfung 
in solchen Fällen stets eine etwas zu hohe Viscosität des injizierten 
Blutes. 

Da die von mir verfolgte Methode Irrtümer mit ziemlicher Sicher¬ 
heit ausschließen ließ, war eigentlich die Hoffnung, die Blutdruck¬ 
steigerung auf eine Hyperadrenalinämie zurückführen zu können, 
schon hinfällig. Es war aber immerhin noch denkbar, daß im Blute 
besondere Verhältnisse vorlägen. So könnte z. B. das Adrenalin im 
Blute nicht frei, sondern an die Blutkolloide gebunden sein, und erst 
am Orte seiner Wirksamkeit durch die Tätigkeit voll lebensfähiger 
Zellen frei werden. Die Verhältnisse am überlebenden, mit O-armer 
Flüssigkeit durchströmten Froschpräparat lassen sich nicht gleichsetzen 
mit den im lebenden Organismus vorhandenen. Es schien daher 
möglich, daß das im Blute vorhandene Adrenalin am Froschpräparat 
nur zum Teil zur Wirkung kommt. Gegen eine solche Adsorption 



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Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 


287 


sprechen allerdings schon die Versuche, in denen wir dem Venenblut 
nach der Entnahme Suprarenin zusetzten und dabei stets die wirk¬ 
liche Suprareninkonzentration wiederfinden konnten. Weiter war in 
Betracht zu ziehen, daß vielleicht die Bedingungen, unter denen das 
Adrenalin im lebenden Organismus zur Wirkung kommt, wesentlich 
günsii ere sind, so daß schon Blutdrucksteigerungen entstehen bei 
solch geringen Erhöhungen der Adrenalinkonzentration, an welche 
die Empfindlichkeit der Präparate nicht mehr heranreichte. Gerade 
zu diesen Untersuchungen hatten mir nur längere Zeit in Gefangen¬ 
schaft befindliche Frösche zur Verfügung gestanden, die trotz Zu¬ 
satzes von etwas Alkali selten noch auf höhere Adrenalinverdün¬ 
nungen als auf 1:500 Millionen ansprachen. 

Diese Fragen sind dadurch zu entscheiden, daß man das Blut 
bei Blutdrucksteigerungen untersucht, die künstlich durch Suprarenin- 
injektionen erzeugt werden. 

4. Supr&reningehalt des Blutes bei Suprarenin-ßlutdrueksteigerung. 

Diese Untersuchungen wurden angestellt 1. dreimal an Menschen 
mit normalem Blutdruck, 2. einmal an einem Fall von akuter diffuser 
Glomerulonephritis zur Zeit der Blutdrucksteigerung, 3. einmal an 
einem Pat. mit akuter Nephritis, nachdem der Blutdruck zur Norm 
abgefallen war. Alle Untersuchungen brachten gleichsinnige Ergeb¬ 
nisse. Die Protokolle über den 2. und 3. Versuch sind etwas verkürzt 
in folgenden Tabellen wiedergegeben (Tabelle XI und XII). 

Diese Untersuchungen zeigen demnach, daß es bei den Blutdruck- 
Steigerungen , die künstlich durch intravenöse Suprarenininjektionen her - 
vorgebracht werden , mit Leichtigkeit gelingt , das Suprarenin im arteriellen 
Blute nachzuweisen . Auch in einem Falle, in dem 1 ccm Suprarenin- 
um HCl 1:1000 subcutan injiziert wurde, zeigte das arterielle Blut 
zur Zeit der Blutdrucksteigerung deutliche gefäßverengemde Eigen¬ 
schaften. Die Adrenalinnatur dieser Gefäßverengernng ließ sich ein¬ 
deutig erkennen daran, daß sie nach Atropinvergiftung des Präpa¬ 
rates vollständig ausblieb. Im Gegensatz zum arteriellen Blute blieb 
das venöse während des ganzen Ablaufes der Adrenalinwirkung im 
Körper wirkungslos. Nur in einem Falle verursachte es eine leichte 
Abnahme der Tropfenzahl, die aber, weil sie durch Atropin nicht zu 
beheben war, nicht auf Suprarenin bezogen werden konnte. 

Tabelle XL (Aus Protokoll 72.) 

6 . XI. 21. 40 jähriger Mann 0. Sch. am 5. IX. wegen akuter diffuser Glome¬ 
rulonephritis der Klinik überwiesen. Blutdruck 180:100 mm Hg. Visoosität 
des Venenblutes 1:2 verdünnt - 1,7. Viscosität des entsprechenden Arterien¬ 
blutes 1,65. Blutdruck kurz vor der Untersuchung 170 mm Hg. Nach intra- 


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288 


W. Hülse: 


venöser Suprarenininjektion von 0,2 ccm Sup. HCl Höchst 1:1000 um 6 h 30* und 
7 h 47' stieg der Blutdruck um 8 bzw. um 10 mm Hg. Die Entnahme des 
Arterienblutes erfolgte 8 Sekunden nach Beginn der Injektion, als ein leiohtes 
Beklemmungsgefühl bei dem Pat. einsetzte und der Blutdruck um etwa 5 mm 
gestiegen war. Das Venenblut wurde nach ca. 20 Sekunden entnommen. 

Rana escul. Von ll h 30' ab mit D.-Fl. I durchströmt, 
von 4 h 15' ab mit D.-Fl. II (Visc. = 1,65) durchströmt. 


Zeit 

i Injektion 

Tropfenzahl 1 Änderung der 
in 1 Min. Tropfenzahl in % 

5 h 

02' 

0,5 ccm Sup. bas. 1:50 Millionen 

! 20,6 


5 h 

03' 

8.« 

- 57,3 

5 h 

05' 

Druck -f 2 cm 

10,4 


6 h 

08' 

0,5 ccm Arterienblut 1:2 

21,4 


6 h 

09' 


21,4 

0 

6 h 

10' 


21,4 


6 h 

30' 

0,5 ccm Arterienblut 1:2 nach 

21,4 


6 h 

31' 

intraven. Inj. v. Sup. HCl (l.Teil) 

9,5 

— 55,6 

6* 

35' 

14,3 


6 h 

40' 

1 com Atropin 1:5000 

19,4 


6 h 

42' 

0,5 Arterienblut 1:2 

19,4 


6 h 

43' 

| (2. Teil) 

19,4 

0 

6 h 

45' 

19,4 


8 h 

13' 

10,5 ccm Sup. bas. 1:50 Millionen 

19,4 


8 h 

14' 

7,7 

-60,3 

8 h 

25' 

0,5 ccm Venenblut 1:2 nach in¬ 

18,8 


S h 

26' 

traven. Inj. v. Sup. HCl 

! 

1 

18,2 , 

-3 

8 h 

28' 

18,2 ; 



Tabelle XII. (Aus Protokoll 136.) 

2. XII. 21. Pat. K., 18 Jahre alt, wegen akuter diffuser Glomerulonephritis 
der Klinik überwiesen. Die Untersuchung des arteriellen Blutes auf gefä߬ 
verengernde Stoffe ergab am Tage nach der Aufnahme bei einem Blutdruck 
von 162 zu 105 mm Hg ein völlig negatives Ergebnis. Blutdruckabfall unter 
Calciumbehandlung. Am 14. XI. Blutdruck 122 mm Hg. Nach Injektion von 
0,1 ccm Sup. HCl Höchst 1:1000 mit Ringerlösung auf 1 ccm aufgefüllt stieg 
der Blutdruck nach 10 Sek. auf 140 mm Hg. 

Rana escul. Von ll h 50' ab mit D.-Fl. I durchströmt, 
von 5 h 20' ab mit D.-Fl. H (Visc. 1,8) durchströmt. 


Zeit | 

1 

| Injektion 

, i 

Tropfenzahl 
in 1 Min. 

Änderung der 
Tropfenzahl in % 

6 h 35' 

0,5 ccm Sup. bas. 1:10 8 

21,4 


6 h 36' 

12,0 

- 43,9 

6" 40' 

Druck p 2 cm 

16,2 


7 h 28' 

0,5 Art.-Bl. 1:2 nach intraven. 

20,6 


7 h 29' ! 

Inj. v. Sup. HCl 

9,7 

-53 

7 h 30'! 

10,4 ; 


7* 33' i 

Druck -j- 3 cm 

12,5 


7 h 40'; 

1,0 Atropin 1:5000 

18,8 


7 h 42' | 

0,5 Art.-Bl. 1:2 

18,8 


7 h 43' j 

(2. Hälfte) 

19,4 

0 

7 h 44' 

19.4 | 



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Gck igle 


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Zur Frage der Blutdruckßteigerung. II. 


289 


Die Grenze der Adrenalinkonzentration im arteriellen Blute, bei 
welcher noch eine mit klinischen Methoden nachweisbare Blutdruck¬ 
steigerung eintritt, liegt bei etwa 1: 200 bis 1 :300 Millionen. Bei 
hinreichend empfindlichen Präparaten läßt sich das Adrenalin im 
arteriellen Blute auch noch bei wesentlich höheren Verdünnungen 
nachweisen, obwohl im Blutdruck gar keine Änderung eintritt. So 
fand sich z. B. in einem Versuch nach intravenöser Injektion von 
“7 100 mg Suprarenin durch Injektion von Arterienblut, 1 : 2 verdünnt, 
eine durch Atropin zu beseitigende Tropfenabnahme, die einer 
Suprareninkonzentration von etwa 1 : 400 bis 500 Millionen ent¬ 
sprach *). 

Das verschiedene Verhalten von arteriellem lind venösem Blute 
kann nur, in Bestätigung der Ansicht von Elliot , so gedeutet werden, 
daß das Adrenalin bei Ausübung seiner Wirkung, in den kleinen 
Arterien und Capillaren aufgeb raucht wird. 

Da bei intravenöser Einverleibung das Suprarenin die Lungen 
durchströmen muß, ehe es in den großen Kreislauf gelangt, war nach 
den im Abschnitt 6 geschilderten Ergebnissen zu erwarten, daß in 
der Peripherie überhaupt nur noch ein Teil des zugeführten Supra- 
renins in Wirksamkeit tritt. Wie früher hervorgehoben, ist diese 
Zerstörung besonders für die Frage der physiologischen Adrenalin- 
ämie von Wichtigkeit. 

Rechnerisch aus der injizierten Adrenalinmenge und der Gesamt¬ 
blutmenge kann die Adrenalinkonzentration, die ohne Zerstörung im 
Lungenkreislauf im peripheren Arterienblut vorhanden sein müßte, 
nicht bestimmt werden. In der kurzen Zeit bis zum Eintritt der 
Blutdrucksteigerung ist noch keine vollständige Vermischung mit der 
gesamten Blutmenge eingetreten. Um die Verdünnungszahl festzu- 
stellen, benutzte ich die von Griesbach 2 ) angegebene Methode der 
Blutmengenbestimmung. Ich injizierte 5 ccm einer 1 proz. Kongorot¬ 
lösung intravenös und bestimmte colorimetrisch, in welcher Ver¬ 
dünnung das Kongorot in dem in genau entsprechender Zeit ent¬ 
nommenem Radiaiisblut vorhanden war, nachdem vorher der ent¬ 
sprechende Suprareninversuch ausgeführt worden war. Dabei wurde 
auf genau gleich schnelle Injektion beider Lösungen, die auf das 
gleiche Volumen aufgefüllt waren, geachtet. Aus der Verdünnung 
des Kongorots konnte dann berechnet werden, in welcher Verdünnung 
das einverleibte Suprarenin im Radiaiisblut vorhanden sein müßte, 
wenn es noch in voller Menge vorhanden wäre. Dabei fand sich, 

1 ) Bei Versuchen an Kaninchen ließ sich bei einer Suprareninkonzentration 
von 1 :200 Millionen im arteriellen Blut eine eben merkbare Blutdrucksteigerung 
in der Carotis regelmäßig erkennen. 

-) Griesbach , W.: Dtsch. med. Wochenschr. 19*21, Nr. 43. S. 12S9. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 19 


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Original fro-m 

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290 


W. Hülse: 


daß es sich in dem einen Versuch nur noch zu etwa 1 2 , in dem 
anderen zu etwas über */ 4 der ursprünglichen Menge am Frosch¬ 
präparat nachweisen ließ. 

5. Besprechung der Ergebnisse und Schlußfolgerungen. 

Durch diese Untersuchungen dürfte die Streitfrage, ob eine Hyper- 
adrenalinämie die unmittelbare Ursache der krankhaften Blutdruckstei¬ 
gerungist,in vemeinendemSinneendgültigentschiedensein. Sowenigaus 
dem negativen Ausfall der Untersuchungen am arteriellenBlut unter nor¬ 
malen Verhältnissen geschlossen werden kann, daß das Adrenalin für 
den normalen Gefäßtonus ohne jede Bedeutung ist, so beweisend sind 
die Untersuchungen bei Hypertonien dafür, daß es nicht allein eine 
Hyperadrenalinämie sein kann, was die Blutdrucksteigerung ver¬ 
ursacht. Denn auch bei dem stärksten Grade der Hypertonie läßt 
sich keine Adrenalinwirkung des arteriellen Blutes feststellen, wäh¬ 
rend auch schon bei ganz geringfügigen, durch Suprarenininjektionen 
erzeugten künstlichen Steigerungen des Adrenalingehaltes, die nicht 
einmal zu einer Blutdrucksteigerung führen müssen, ein solcher Nach¬ 
weis mit Leichtigkeit gelingt. Besonders lehrreich ist der in 
Tabelle XII mitgeteilte Versuch: Bei einer akuten diffusen Glome¬ 
rulonephritis besaß das arterielle Blut zur Zeit des hohen Blut¬ 
druckes von 162 mm Hg keine gefäßverengernde Eigenschaft, wäh¬ 
rend nach Abfall des Blutdruckes zur Norm eine wesentlich niedrigere 
künstlich erzeugte Suprareninblutdrucksteigerung bei demselben 
Patienten mit einem hohen Adrenalingehalte des arteriellen Blutes 
einherging. 

Es ist nach diesen Uutersuchungen auch unwahrscheinlich, daß 
die bei chron. Hypertonien gelegentlich vorhandene Erhöhung des 
Blutzuckerspiegels durch eine Adrenalinvermehrung im Blute ver¬ 
ursacht ist. Die größte Wahrscheinlichkeit dürfte der von Fahr 1 ) 
gegebenen Erklärung beizumessen sein, daß es sich in diesen Fällen 
um eine Pankreashyperglykämie, verursacht durch Sklerose der 
Pankreasgefäße, handelt. 

Da am Laewen-Trenielenburgsehen Froschpräparat die gesamte 
periphere Gefäß Wirkung des Blutes gemessen wird, kann aus diesen 
Untersuchungen des weiteren geschlossen werden, daß die Gefäß - 
kontraktionen , die der Hypertonie zugrunde liegen , nicht auf eine ein¬ 
seitige Vermehrung der gefäßverengemden Bestandteile des Blutes zurück¬ 
zuführen ist . 

Damit ist aber nicht ausgesagt, daß die Gefäßverengerung nicht 
doch zutn großen Teile peripher ausgelö9t ist. Schon Senator 2 ) hat 

J ) Fahr , Th.: Berl. klin. Wochenschr. 1921, Nr. 27, S. 730. 

2 ) Senator , H.: Zeitschr. f. klin. Med. 72, 189. 1911. 


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Zur Frage der Blufcdruckßteigerung. II. 


291 


darauf hingewiesen, daß durch den Ausfall antagonistischer Organe 
die drucksteigernden auch ohne erhöhte Tätigkeit das Übergewicht 
gewinnen können. Eine solche Leistungsschwache depressorisch 
wirkender Organe muß auf den Gefäßtonus von demselben Einfluß 
sein wie eine Funktionssteigerung der Organe mit pressorischer 
Wirkung. Man wird allerdings annehmen können, daß eine solche 
Verschiebung in dem Verhältnis der den Gefäßtonus regelnden Vor¬ 
gängen in gleicher Weise auch am Gefäßapparat des Frosches zum 
Ausdruck kommen würde. 

Es bleibt aber noch eine andere Möglichkeit offen, die eine peri¬ 
pher ausgelöste Tonussteigerung ohne entsprechende Zunahme gefä߬ 
verengernder Stoffe im Blute erklären kann. Die Versuche über die 
Suprareninblutdrucksteigerung haben ergeben, daß normalerweise der 
Schwellenwert des Adrenalinreizes, der eben noch eine Blutdruck¬ 
steigerung auslöst, ein relativ hoher ist. Es ist gezeigt worden, daß 
unter normalen Bedingungen beträchtliche Suprareninmengen im 
arteriellen Blute nachweisbar sein können, ohne daß sie sich im 
geringsten in einer Erhöhung des Blutdruckes kenntlich machen. 
Es ist denkbar, daß mit den Bedingungen der mit Blutdrucksteige- 
rung verlaufenden Krankheiten eine Umstimmung des Organismus 
einhergeht im Sinne gesteigerter Reizempfindlichkeit der Gefäße für 
gefäßverengernde Einflüsse. Und so ließe sich wohl erklären, daß 
ganz geringfügige, nicht mehr meßbare Erhöhungen, oder sogar die 
normale Adrenalinkonzentration des Blutes ausreichen, eine dauernde 
Steigerung des Vasotonus herbeizuführen. Bei diesen Überlegungen 
ist damit zu rechnen, daß die Sensibilisierung sich nicht nur gegen 
chemische Reize im allgemeinen und gegen den chemischen Reiz 
des Adrenalins im besonderen richtet, sondern gegen die gesamten, 
den Gefäßtonus aufrechterhaltenden Vorgänge; insbesondere gegen 
die von den Zentren auf nervösem Wege zu strömenden Reize, die 
wieder von den Gefäßen aus reflektorisch beeinflußt sein können. 

Die in dieser Richtung unternommenen experimentellen Unter¬ 
suchungen werden Gegenstand einer besonderen Mitteilung sein. 

6. Zusammenfassung. 

1. Im von Gerinnung freien Citratblut konnten gefäßverengernde 
Stoffe nicht nachgewiesen werden. 

2. Von großer Bedeutung ist die Viscosität des Blutes. Erst bei 
Blutverdünnungen von 1:10 werden bei vollkommener Vermischung 
die Versuche durch die Blutviscosität nicht mehr gestört. 

3. Da solch starke Verdünnungen den Adrenalinnachweis im 
Blute wesentlich erschweren, wird eine viscöse Durchströmungs¬ 
flüssigkeit benutzt, die in ihrem Voiscositätsgrad einer Blutverdün- 

19* 


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29*2 W. Hülse: Zur Frage der Blutdrucksteigerung. II. 

mmg von 1 :2 entspricht. Diese viscöse Durchströmungsflüssigkeit 
verursacht eine Verstärkung der SuprareninWirkung infolge einer 
Zunahme des Gefäßtonus und infolge rein physikalischer Einflüsse. 
Die Präparate erreichen mit dieser Flüssigkeit eine mittlere Empfind¬ 
lichkeitsgrenze gegen Suprareninkonzentrationen von 1 : 500 bis 800 
Millionen, oft von 1:1 Milliarde und darüber. 

4. Atropin hebt in bestimmten Konzentrationen die Suprarenin- 
wirkung vollständig auf, ohne die Serum Wirkung und den Einfluß 
der Viscosität abzuschwächen. Es ist daher geeignet, die Adrenalin¬ 
natur einer gefäßverengernden Substanz zu erkennen. 

5. Das frische menschliche VenenbltU verursacht keine Änderung 
der Durchflußgeschwindigkeit am Laewen-Trendelenburg sehen Präparat. 
Dem Venenblut zugesetztes Suprarenin kann noch nach 1 / a Stunde 
in voller Konzentration nachgewiesen werden. 

6. Auch das frische menschliche Arterienblut von Fällen mit nor¬ 
malem Blutdruck besitzt keine gefäßverengernden Eigenschaften. Die 
gefäßverengemde Kraft des Arterienblutes ist geringer wie die einer 
Suprareninverdünnung von 1 :1.5 Milliarden. 

7. Das physiologische von den Nebennieren abgesonderte Adrenalin 
läßt sich beim Kaninchen bis in das rechte Herz hinein verfolgen. 
Im linken Herzen ist es nicht mehr nachzuweisen. Da das Adrenalin 
im Lungenkreislauf nur zum Teil zerstört wird (siehe Nr. 10), muß 
das periphere Arterienblut gleichfalls Adrenalin enthalten. Entgegen 
der Ansicht von Gley wird daran festgehalten, daß dem Adrenalin 
wichtige physiologische Aufgaben zukommen. Mit der biologischen 
Methode kann die wahre Adrenalinkonzentration des Blutes kaum 
bestimmt werden, da mit dieser Methode die Summe der vasomoto¬ 
rischen Eigenschaften des Blutes, die sich aus gefäßverengernden 
und gefäßerweiternden Komponenten zusammensetzt, gemessen wird. 

8. Auch bei den verschiedenen Formen von Hypertonien besitzt 
das menschliche arterielle Blut keine meßbaren gefäßverengernden Eigen¬ 
schaften. 

9. Bei künstlicher Blutdrucksteigerung durch Suprarenininjektion 
läßt sich das Suprarenin im arteriellen Blute beim Menschen mit 
Leichtigkeit nachw'eisen, selbst dann, wenn die Injektionsmenge so 
gering ist, daß gar keine Blutdrucksteigerung auftritt. Die Reiz¬ 
schwelle für die Blutdrucksteigerung durch Suprarenin liegt normaler¬ 
weise bei Konzentrationen von 1 : 200 bis 300 Millionen im arteriellen 
Blute. Im peripheren Venenblut läßt sich bei diesen Versuchen kein 
Suprarenin nach weisen. 

10. Bei intravenöser Einverleibung wird das Suprarenin etwa zur 
Hälfte in der Lunge zerstört, ehr es in den großen Kreislauf gelangt. 


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_ _ Original ffom _ 

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Die Albuminurie als Zeichen vermehrten Eiweill- 
zerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 

Von 

V. Kollert und W. Starlinger. 

(Aus der II. med. Univ.-Klinik in Wien [Vorstand: Hofrat Prof. Dr. X. Ort n er].) 

(Eingegangen am 21. Juli 22.) 

I. Einleitung. 

Die vorliegende Abhandlung stellt einen Versuch dar, aus den 
regelmäßigen Beziehungen, die sich zwischen den Eiweißkörpern des 
Blutes einerseits und der chemischen Zusammensetzung des Harnes 
andererseits beim Normalen finden lassen, die Gesetze zu verstehen, 
welche die Eiweißausscheidung bei Nierenkranken beherrschen. Es 
werden zu diesem Behufe die Begriffe eines Bluteiweißbildes und 
Harneiweißbildes aufgestellt und zunächst an Nierengesunden das 
Verhalten derselben besprochen. An einem Beispiel aus der Patho¬ 
logie wird hierauf gezoigt, daß ein Wechsel in dem Aufbau des 
Bluteiweißbildes auch mit einer Schwankung in der Zusammensetzung 
des Harnes einhergeht. Die Veränderungen, welche bei Nieren¬ 
kranken die Eiweißdurchlägsigkeit der Niere an beiden Bildern hervor¬ 
ruft, erweisen sich dann als Spezialfälle gewisser allgemeingültiger 
Gesetze. 

Als Bluteiweißbild wird die Nebeneinanderstellung folgender, gleich¬ 
zeitig erhobener Werte bezeichnet: Fibrinogengehalt des Plasmas. 
Eiweißgehalt des Serums, Verhältnis der Serumglobuline zu den 
Serumalbuminen, Reststickstoff. 

Als Hameiweißbild wird bezeichnet: Menge des eventuell aus¬ 
geschiedenen Eiweißes, Harnstofffraktion. 

Auf die verwendeten Methoden und ihre Kritik soll im einzelnen 
in einer späteren Abhandlung eingegangen werden. Im Hinblick 
auf den uns zur Verfügung stehenden Raum wollen wir sie hier 
nur dem Namen nach anführen. Die Fibrinogenbestimmungen wurden 
größtenteils refraktometrisch ( Wintemitz) ausgeführt; Senkungsge¬ 
schwindigkeit der Erythrocyten (W. Starlinger) und der Ausfall der 
Fibrinogenflockung (W. Starlinger) dienten als Kontrolle. Der Eiwei߬ 
gehalt des Serums wurde refraktometrisch gemessen (Reiß)] die Be- 


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291 V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 

wertung des Eiweißquotienten erfolgte im Anschlüsse an die von 
Bohrer ausgearbeiteten Grundsätze. Der Reststickstoff im Serum 
wurde nach Pregl bestimmt. Den Eiweißgehalt des Harnes berechneten 
wir nach Kjeldahl (Eiweißfällung durch Kochen nach entsprechendem 
NaCl- und CH.,CooH-Zueatz). Für die Harnstofffraktion wurde das 
Hypobromitverfahren mit der Apparatur von Ambard benutzt. 

Als Arbeitshypothese, die auch den von uns gewählten Aufbau 
des Blut- und Harneiweißbildes erklärt, wird in den folgenden Aus¬ 
führungen eine Theorie von Herzfeld und Klinger verwendet. Nach 
ihr entstehen beim Zerfalle von Zellen zunächst grobdisperse Eiwei߬ 
teilchen, welche die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Fibri¬ 
nogens aufweisen. Mit weiterer Ausspaltung dieser Teilchen erlangen 
sie die Eigenschaften der Globuline, endlich der Albumine. Auf die 
Details dieser Theorie und ihre kritischen Grenzen können wir hier 
gleichfalls nicht eingehen; wir wollen uns mit ihr bei einer anderen 
Gelegenheit auseinandersetzen, da zum Eindringen in das Problem 
eine Erörterung zahlreicher Fragen nötig ist. — Daß der Harnstoff 
das quantitativ wichtigste Endprodukt des Eiweißstoffwechsels ist, 
steht heute (wenigstens bezüglich des Menschen) außer jeder Diskussion. 

Zum Verständnis der im folgenden abgeleiteten Gesetze sollen 
zunächst vier Typen von Blut- bzw. Harneiweißbildem in dem bereits 
angeführten Sinne aufgestellt werden: der Gesunde, der an Pneu- 
monia crouposa Erkrankte, der Nephrotiker und der Urämiker. 
Dabei werden, ohne auf Einzelheiten einzugehen, zur Stütze der 
eigenen Befunde in Schlagworten die entsprechenden Literaturan¬ 
gaben gleichfalls zusammengestellt. Mit Hilfe dieser Bilder wird im 
Folgenden der Versuch gemacht in die Gesetze der Albuminurien 
einzudringen. 

Wir möchten dabei von vornherein betonen, daß infolge der 
fließenden Übergänge zwischen den einzelnen Eiweißfraktionen einer¬ 
seits — so stellt z. B. unseres Erachtens der Begriff Globuline 
weniger eine chemisch, als eine physikalisch-chemisch definierbare 
Gruppe von Eiweißkörpern dar — der oft anfechtbaren Technik 
vieler Autoren andererseits, die in der Literaturübersicht zusammen¬ 
gestellten Zahlen über die Mengen der einzelnen Eiweißkörper vielfach 
nicht als absolute, sondern nur als relative Werte angesehen werden 
dürfen. Es läßt sich — wie in folgendem ausführlich gezeigt werden 
w ird — demnach bei bestimmten pathologischen Prozessen eine in 
einer gewissen Richtung erfolgende gesetzmäßige Verschiebung der 
einzelnen Eiweißfraktionen untereinander erkennen; andererseits wird 
man über ihr Maß im Einzelfalle sich nur vorsichtig äußern. Dabei 
erscheinen uns die Zahlen über das Fibrinogen verläßlicher, als jene 
über das Verhältnis der Globuline und Albumine zueinander. 



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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 295 

II. Blut- und Harneiweißbilder. 

1. Der Gesunde. 

< harakterisfcica des normalen Bluteiweißbildes: 

a) Fibrinogengehalt des Plasmas: 0,13—0,30 g °/ 0 (Mittelwert 
des Fibringehaltes: 0,27 g °/ 0 ). 

b) Eiweißgehalt des Serums: 7—9 °/ 0 . 

c) Globuline sind stets weniger reichlich vorhanden als Albu¬ 
mine. Das Verhältnis schwankt anscheinend zwischen 
20^-40:80—60. 

d) Reststickstoff: Mittelwert 27 mg °/ 0 im Blute (Feigl). Eigene 
Befunde: im Serum bis 50mg° 0 . 

Charakteristica des normalen Harneiweißbildes: 

a) In Harnen von niedrigem spez. Gewicht kein Eiweiß, in 
hochgestellten Harnen Spuren ( Mömer ). 

b) Bei gemischter Kost scheidet der Mann etwa 30 g Harn¬ 
stoff in 24 Stunden aus (Hammarsten). 


Tabelle I (Gesunde). 






Blut 




Harn 



Fibrinogen 


Gesamt* 






*r. 

Kefrak- 

j 


Eiweiß 




+ 

U-Aus- 


tometer 

S.M.W. j 

Flok- 

de« 

Gl. : Alb. 

H. X. 

Eiweiß 

i:-Fraktion 

scheidung 


Wert 

kung 

Serums 





in S1 Stund. 


K°/o 

Minuten 

ff % 


mg °/o 


ff 0 /« 

ff 

1 

0,13 

294 ; 

+ 

1 7,83 

10:90 1 

50 

H 1 

1,08 

! 15 

•> 

0,24 

415 


! 8,17 

5:95 ; 

40 

0 

1,44 

23 

3 

0,11 

295 

— 

; 7,46 

i 30:70 : 

36 

0 

2,29 

s 20,7 

4 

: 0,20 

780 

-f 

. 8,19 

15:85 i 

28 

B 

2,58 

! 25,8 

5 

l 0,15 

510 j 

-4- 

I 8,37 

15:85 1 

50 

B 

2,89 

23.2 


Literatur übersieht. Bluteiweißbild. 

a) Fibrinogen: 

Dienst: 0,27—0,47 g ° /0 , Mittelwert 0,336. Das Fibrinogen beträgt 4,7 ° ;o 
des Gesamtei weißes des Plasmas. Erben: 0,323 g °/ 0 (Mann). Frisch: 0,13 bis 
0,30 g %. Krösing: Fibrinogen N = 80—40 mg °/ 0 . Landberg: (Frau) 0,31 bis 
0,445 g °/ 0 , Mittelwert 0,377 g °/ 0 . Lewinski: (Mann) 0,36—0,48 g %, (Frau) 0,27 
bis 0,35. Nägeli: 0,9—3,8 Pulfricheinheiten. Mittelwert 2,1 Pulfricheinheiten 
0,45 g % Eiweiß. Pfeiffer: (Mann) 0,38 g %. Whipple: 0,3—0,6 g %. Wintemitz: 
0,21—0,57 g %, Mittelwert 0,456. Wu (1 Fall): 0,222. — Unsere Werte betragen 
nach der Methode von Winternitz: (Mann) 0,13—0,25 g %, (Weib) 0,16—0,30 g%. 
Nach dem Senkungsmittelwert: 300 Min. Mann, 200 Weib. Die Flockung 
eines normalen Plasmas wird mit ± bezeichnet. 

b) Fibrin: 

Gram: Mann: 0,20—0,30 g %, Mittelwert 0,27 g %; Frau: 0,21—0,38 g %, 
Mittelwert 0,29 g %. Lewinski: 0,21 g %. Nasse: 0,20—0,28 g %. Pfeiffer: 
0,2324 g%. 


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296 V. Kollert und W. Stärlingen Die Albuminurie als Zeichen 

c) Serumeiweiß: 

Alder: 8,02% (Mittelwert). Dienst: 6,56—7,914 g %, Mittelwert 7,17 g% 
(normale Frau). Hammarsten: 7,62 g % (Mittelwert). Kisch: 6,5—8,5 g %. 
Landoi8-Ro8emann: 7—8 g % im Plasma. Landberg: 6,78—7,22 g % Mittel- 
7,01 (Frau). Lewinski: 7,26 g % im Plasma (Mittel). Nägeli: 7,0--9,l g %. 
Reiß: 7 — 9 g %. FeiZ: 6,23—7,33 g % ^morgens im Bett). Wu: 6,50—7,54 g %, 
Mittel 6,94. Zangemeister: 8,45 g % (Frau). 

d) Globuline zu Albuminen: 

Alder: 20—35:65—80. Dienst: 2,94:4,61. Halliburton: 3,1 : 4,5. Ham¬ 
marsten: 1:1,1511. Hoffmann: 28:72—35:65. Joachim: 30:70—47:53. 
Lewinski: 1 :1,39—2,13. Mya und Vizeglio: 2,43 : 5,72. Nägeli: von 20 : 80 bis 
40 : 60. Bohrer: 22 : 78-46 : 54. Wu: 2,09 : 4,85 (Mittel). 

e) Rest Stickstoff: 

Bang: 19—39 mg % im Blute. Feigl: 20—35 mg %. Folin: 28—30 mg %. 
Zahlen vor Folin nach Feigl unzuverlässig. Nach Feigl sind in der Norm 
etwa 50 % des Reststickstoffs durch Harnstoflfstickstoff eingenommen. 

f) Harnstofffraktion: 

Feigl 1 ): 21,0—34,2 mg % (N —-10—16 mg % im Blute) Mittelwert 27,8 mg % 
(N = 13,0 mg %). 

Bemerkung: Die ausgeführten Werte gelten für den Erwachsenen, der bei 
gemischter Kost nicht schwer arbeitet. Schon unter physiologischen Ver¬ 
hältnissen bestehen unter Umständen große Schwankungen. So beträgt z. B. 
der Eiweißgehalt des Serums beim Neugeborenen nur etwas über 5 % {Zange¬ 
meister , Nägeli). In der Gravidität steigt das Fibrinogen, es sinkt der Eiwei߬ 
gehalt, die Globuline sind reichlicher vorhanden (Literatur bei Dienst). Im 
Senium steigt der R. N. (Literatur bei Feigl). 

2* Pneumonia crouposa, 

Charakteristica des Bluteiweißbildes: 

a) Fibrinogen- bzw. Fibringehalt erhöht. 

b) Eiweißgehalt des Serums sinkt in schweren Fällen. 

c) Das Verhältnis Globuline zu Albuminen ist zugunsten der 
ersteren verschoben. 

d) Reststickstoff kann normal sein, ist bei Fällen mit starker 
Intoxikation oft erhöht. 

Charakteristica des Harneiweißbildes: 

a) Febrile Albuminurie in vielen Fällen (Stortz 43 °/ 0 ); Rosen¬ 
stein 23 °/ 0 ); sie geht nicht mit der Höhe des Fiebers, 
sondern mit der Intoxikation parallel ( H . Strauß ). 

b) Vermehrte Hamstoffausscheidung, die mit der Schwere der 
Infektion parallel geht (F. Wagner). Die epikritische Harn¬ 
stoffausschwemmung kann sich anscheinend bis über das 
5 fache der Norm steigern (Pribram und Robitschek: 168 g 
in 24 Stunden) 

+ + 

l ) Berechnet nach UN zu U — 28 .* 60. Es ist demnach der gesamte N der 
Fraktion auf Harnstoff bezogen. 



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297 


vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 


Tabelle II [Pneumonie] 1 ). 


Nr. 

! Fibrinogen 

j Refrak-1 
tometer SM w 

Flok- 

Blut 

Gesamt- 
EiweiU j 
des 

Gl. : Alb. 

1 

R. N. 

Eiweiü 

Harn 

-r 

U-Fraktion 

+ 

LJ-Aua- 

scheidung 


Wert . 

R °/o Minuten 

kting 

Serums 

«°/o 


; mg o/o 


ff °/o 

in 24 Stund. 

ff 

1 

0,45 

15 

4 -f 

! 8,30 

70:30 

_ 

Spur 

! 1,36 

6,8 

2 ; 

0,79 

13 

4 -f 

7,14 

50 : 50 

— 

Spur 

1,69 

15.2 

3 

0,62 

13 

5 -f 

4,96 

60:40 

96 

Spur 

1 ,56 

14 


Literatur über nicht. Blutei weißbild. 

a) Fibrinogen: 

Vermehrung erwähnen Nägeli , Landois-Rosemann. Krösing fand in einem Falle 
117,6 mg % Fibrinogen N im Plasma. Reye fand Erhöhung bei experim. Pneum. 

b) Fibrin: 

Vermehrung beschreiben Andral und Öavarret , Berggrün , de la Camp , Gram f 
Halliburton , Lakschewitz , Langstein und Mayer , Nägeli , Pfeiffer. 

c) Serumeiweiß: 

Nach Achardy Touraine und *$7. Qirous deutliches Sinken bis zur Ent¬ 
fieberung. Zu dieser Zeit tiefster Stand. Nun rascher Anstieg auf übernormale 
Werte. Ähnlich Reiß. In leichten Fällen nur geringe Eiweißverminderung. 
Landois-Rosemann erwähnen Ei weiß Vermehrung bei fast allen Infektionen, 
nach Nägeli dagegen sinkt bei Infektionen der Eiweißwert. 

d) Globuline zu Albuminen: 

Halliburton , Langstein und Mayer , Mya und Vizelio, Reye fanden eine Ver¬ 
schiebung zugunsten der Globuline. Müller bestreitet die Gesetzmässigkeit 
des Befundes. 

e) R. N.: 

Cohn: 7 Fälle 35 mg %, 14 Fälle 45 mg %, 34 Fälle über 45 mg ° 0 . 

f) Harnstoff-Fraktion: 

Erhöhung in vielen Fällen (aber nicht konstant) fanden: Falta f Jaksch y 
Michaudj Nobecourt , Meillet und Bidaut , Wagner. Nach diesem Autor sinkt 
der Harnstoffgehalt rapid nach der Krise. 

Harneiweißbild. 

a) Albumen: 

Nach de la Camp meist geringe Albuminurie, die nach Cohn nicht parallel 
der R.-N.-Erhöhung geht. Wagntr betont, daß sie mit gleichzeitiger sehr 
starker Harnstoifausscheidung einhergeht. 

b) Harnstoff-Fraktion: 

Epikritische vermehrte Harnstoffausschwemmung: Aufrecht , de la Camp 9 
Huppert , Pribram und Robitschek , Naunyn: 1. Fall: am 10. Fiebertag 
+ + 

10,7 U ausgesch., 11. Fiebertag (Temperatur beginnt zu sinken) 45,4 U, 12. Tag 

+ 

(weiterer Temperaturrückgang) 91,9 g U. 2. Fall: 12. Tag (Beginn des Fieber- 

4 - + 

abfalles) *54,5 g U, 14. Tag (normale Temp) 90,4 g U. Nach Wagner geht in 

l ) Die Fälle sind auf der Höhe des Fiebers untersucht, weshalb die erst 
zur Zeit der Krise auftretende Harnstoffausscheidung in der Tabelle fehlt. 


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298 V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 

der Fieberperiode die Hamstoffausscheidung parallel mit der Hamstoffver- 
mehrung im Blute. Nach Richter überdauert der vermehrte Eiweißzerfall und 
mit ihm die vermehrte N-Ausscheidung die Krise. 

Bemerkung: Die angeführten Regeln des Blut- und Hameiweißbildes gelten 
nicht für die Fälle mit weitgehender Schädigung der Leber. Bei ihnen ist 
der Fibrinogengehalt des Plasmas gegenüber den Fällen ohne Leberschädigung 
stark herabgesetzt. Die eigenen Fälle sind auf der Höhe des Fiebers untersucht, 
weshalb die Hamstolfausschwemmung noch nicht zutage tritt. 

8. Nephrose. 

Charakteristica des Bluteiweißbildes: 

a) Fibrinogen bis zum 5 fachen des normalen Mittelwertes 
vermehrt. 

b) Serumeiweiß: mindestens in den späteren Stadien der 
Krankheit vermindert („Hydrämie“). 

c) das Verhältnis Globuline zu Albuminen ist zugunsten der 
ersteren verschoben. 

d) Reststickstoff normal, nur bei stärkerer Oligurie bzw. Anurie 
Erhöhung. 

Charakteristica des Hameiweißbildes: 

a) Albuminurien von dem höchsten bekannten Ausmaß. Die 
Menge des Hamei weißes kann gelegentlich jene des Serum¬ 
eiweißes übertreffen (Volhard). 

b) Harnstoffausscheidung über die Norm gesteigert. 

Beispiel: 

V.: Chron. Nephrose bei kavernöser Lungenphthise. 1. Bef. 1. XII. 21: 
Blutfibrinogen 0,8 g %, Serumeiweiß 6,38 g %, Eßbach Ham 5 °/ 00 . 

14. XII. 21: Blut Fgen. 0,67 g %, Serumeiweiß 6,47 g %, Hamei weiß 
(Kjeldahl) 2,16 g %. 

6. I. 22 1 ): 8 h vm. Blut Fgen. 0,95 g%, Serumeiweiß 5,82 g %, Hameiweiß 
0,74 g %. 12 h vm. Fg. 1,0 g %, Serumeiweiß 6,85 g %, Hameiw. 3,06 g %. 

4. II. 22: Blut Fgen. 0,88 g %, Serumeiweiß 5,61 g %. R,N. 61 mg %, 

Ham: Eiweiß 1,27 g %, U 1,59 g %. 

18. V. 22: Blut Fgen. 1,19 g %, Serumeiweiß 6,10 g %, Globulin: Albumin 
=r= 80 : 20, RN. 44 mg %, Ham: Eiweiß 1,785 g %, Harnstoff 2,106 g %, NH, 
0,105 g %, Chloride 1,1 g% (Tageshammenge unbekannt). 

Literatur über sicht. Bluteiweißbild. 

a) Fibrinogen: 

Vermehrt: Kollert , Kollert und Starlinger: 1,0, 0,98, 0,63, 0,89, 0,83, 0,79 g % 
im Plasma. Dienst glaubt, daß vielleicht die Fibrinogen Vermehrung aus der 
„Schwangerschaftsniere“ die „Schwangerschaftsnephritis“ mache. Er fand bei 
letzterer 0,443—0,88 (als Mittel 0,623 g %) Fibrinogen. Dieses machte 11,85 % 
des Gesamteiweißee aus. 

*) Die Versuche vom 6. I. 22 sind bereits in der vorläufigen Mitteilung 
enthalten. 



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vermehrten Eiweißzerfalleg bei geschädigter Nierenfunktion. 


299 


b) Fibrin: 

Bei „parenchymatöser Nephritis“ vermehrt: Bequerel und Rotier, Erben, 
Papp, Schmidt. 

c) Serumeiweiß: 

Verminderung des Trockenrückstandes fanden: Bequerel und Rodier, Erben, 
Popp, Schmidt. — Bartels, Munk betonen, daß Hypalbumose nicht der Ausdruck 
einer Hydrämie sei. Nach Askanazy hängen die stärksten Hydrämien mit 
den stärksten Albuminurien zusammen. Nach Volhard zuerst (auch bei stärksten 
Ödemen) erhöhte Konzentration des Blutes, dann zunehmende Hypalbumose, 
die auf die langdauemden Verluste an nativem Eiweiß zurückzuführen ist. 
Ähnlich Nonnenbruch. Dienst bei Schwangerschaftsnephrose 4,828-6,34 g% 
Eiweiß, Mittelwert 5,25 g %. Kollert und Starlinger: 5,8, 4,79, 5,01, 5,25, 4,5 
6,7 g %. Kisch: 5,9, 4,8, 5,2 g %. 

d) Globuline zu Albuminen: 

Globulinvermehrung Erben (parench. Nephr.). Ebstein, Munk (Nephrose). 
Nach diesem Autor ist auch das Verhältnis Euglobuline: Pseudoglobulinen 
zugunsten der ersteren verschoben. Volhard fand gelegentlich Viscositäts- 
steigerung im Serum. (Nach Nägeli ist gleich Globulin Vermehrung.) Dienst: 
(eine Schwangerschaftsnephrose) Globulin : Albumin = 1,32 : 3,41. 

e) Reststickstoff: 

Lichtwitz: normal oder nur wenig erhöht. Volhard: nie stark erhöht. 
80 mg % schon selten. 100 mg % nur ante mortem oder bei Anurie (Sublimat¬ 
nephrose!). Dienst (Schwangerschaftsnephrose): 23—71 mg %. 

Hameiweißbild: 

a) Albumen: 

Bartels fand tägl. Eiweißverluste von 15—17 g. Karvonen erwähnt einen 
Fall („syphilitische Nephritis“) mit 110 g tägl. Eiweißausscheidung. Volhard 
sah Albuminurien bis 50 %<,, ebenso F. Müller. Die Verteilung Globuline zu 
Albuminen im Blut und Harn ist verschieden {Hoffmann. Groß), noch relativ 
am meisten Globuline bei Amyloidose (Edlefsen, Senator). Sowohl Globuline 
wie Albumine des Harnes stammen nach Erben aus dem Blute (Präcipitations- 
methode). Auch starke Albuminurien gehen ohne Retention von Harnstoff im 
Blute einher {Bang). 

b) Hamstofffraktion: 

Nach Volhard ist die prozentuelle N-Ausscheidung auffällig über die Norm 
gesteigert. Der N-Gehait des Harnes kann (nach Ausfällung des Eiweißes!) 
bis 3 % steigen. F. Müller betont, daß die Fähigkeit der Niere einen stickstoff- 
reichen Harn zu bereiten intakt sei. 

4* Urämie« 

(Nephritis chronica tertii stadii ohne nephrotischen Einschlag. Chronische 

stille Urämie.) 

Charakteristica des Bluteiweißbildes: 

a) FibrinogengehaU: Wenig untersucht. Wahrscheinlich normal 
oder nur mäßig erhöht. 

b) Eiweißgehalt des Serums: normal. 

c) Verhältnis der Globuline zu den Albuminen entweder im Sinne 
der Verminderung verschoben oder annähernd normal. 

d) Reststickstoff stark erhöht. 


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:t()0 V. Kollert und W. Stariinger: Die Albuminurie als Zeichen 

Oharakfcerisfcica des Harneiweißbildes: 

a) Albuminurie nur gering. 

b) Hamstoffausscheidung gestört. 

Eigene Befunde konnten aus Mangel an reinen Fällen nicht 
erhoben werden. 

L Heratu rüber sicht. Bluteiweißb ild. 

a) Fibrinogen: 

Krösing sah bei einem Urämiefall einer postacarlatinösen Nephritis 53,4 mg 0 o 
Fibrinegen N. Th. Pfeiffer fand bei Urämie normale Fibrinwerte (Gerinnungs¬ 
fähigkeit des Blutes verzögert! Volhard). 

b) Eiweißgehalt des Serums: 

Kisch (1 Fall) 0,9 g %. Reiss normal, leichte Verminderung anscheine nd 
in Fällen mit etwas erheblicherer Albuminurie. 

c) Das Verhältnis Albumine zu Globulinen annähernd normal [Erlen, 
Csatdry ). Lange fand eine hochgradige (scheinbare?) Verminderung der Globu¬ 
line zugunsten der Albumine. 

d) Reststickstoff nach Fcigl bis 600 mg °/o * m Pl&ema. Bis 90 °/ 0 des R.-X. 
kann durch Harnstoff gebildet werden. Nach Strauß sind bei Urämie R.-X.- 
Werte über 1*20 mg °/ 0 . Nach Marshall und Davis kommen Harnstoffwerte bis 
700 mg °/ 0 vor. 

Harneiweißbild. 

a) Eiweiß nur in geringen Mengen. Es fehlt manchmal in dem nach der 
Nachtruhe entleerten Urin ganz, während es im Tagesharn auftritt und nach 
Muskelarbeit und Aufregungen sich verstärkt (P. F . Richter). 

b) Harnstoff-Fraktion. Urämie kann bereits auftreten, wenn auch die 
Harnst off konzentration bis 1 °/ 0 betragen hat. Auf N-Zulage verzögerte Aus¬ 
scheidung (Volhard). Ähnliches Richter u. a. 

III. Vergleichende Besprechung der aufgestellten Bilder. 

Wenn unsere aus der Literatur geschöpfte Anschauung richtig 
ist, daß beim Zerfalle von Körpereiweiß Teilchen entstehen, die 
zuerst großenteils die physikalisch-chemischen Eigenschaften des 
Fibrinogens, dann die der Globuline, endlich die der Albumine be¬ 
kommen und fechließlich vorwiegend in Harnstoff umgewandelt werden, 
so liefert die gleichzeitige Betrachtung der genannten vier Abbau¬ 
stufen gewissermaßen einen Querschnitt durch diesen Prozeß. Es 
bleibt dabei ganz außerhalb des Rahmens der Besprechung, wo im 
Körper der vermutete Eiweißabbau statthat. Es kommt diesbezüglich 
das Blut — was wenig wahrscheinlich ist — und die Gewebsflüssig¬ 
keit — was uns wahrscheinlicher dünkt — in Betracht. Das Blut 
ist dann, großenteils wenigstens, nur ein Bild für die in den Ge¬ 
weben sich abspielenden Vorgänge. Wir werden später auf die ersten 
Schritte hinweisen, den bereits geschilderten Bildern noch ein r Ge- 
webseiweißbild* anzureihen, um auch von dieser Seite her einen 
näheren Einblick in den Eiweißabbau zu erlangen. 



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vermehrten Eiweißzerfalles hei geschädigter Nierenfunktion. 


301 


An und für sich gibt die gleichzeitige Betrachtung der genannten 
Eiweißfraktionen noch keine klare Einsicht in die Stärke der Eiweiß- 
mauserung. Es liegen dabei ähnliche Verhältnisse vor, wie sie 
Eppinger für die Blutmauserung dargelegt hat: eine morphologische 
Betrachtung des Erythrocytenbildes allein gibt noch keinen Hinweis 
auf die Intensität des Zellunterganges. Vergleicht man aber die 
Stärke der Ausscheidung der Derivate des Blutfarbstoffes im Harn 
und Stuhl mit dem jeweiligen morphologischen Blutbilde, so kommt 
man zu einer tieferen Einsicht -4n die Raschheit des Zerfalles der 
roten Blutzellen. 

In ähnlicher Weise glauben wir auf einen gegen die Norm be¬ 
schleunigten Abbau von Körpereiweiß schließen zu dürfen, wenn wir 
bei einem Menschen vermehrtes Fibrinogen im Blute und vermehrte 
Harnstoffausscheidung im Harne antreffen. Der erste Befund sagt 
nach unserer oben entwickelten Anschauung, daß mehr lebendes 
Protoplasma in grobe Eiweißbruchstücke zerfällt und daß diese teil¬ 
weise in die Blutbahn ausgeschwemmt werden. Die vermehrte Harn¬ 
stoffausscheidung weist dann darauf hin, daß auch mehr derartige 
Bruchstücke des Zellprotoplasmas in ihre letzten Abbaustufen ge¬ 
spalten werden, ganz gleichgültig, auf welchem chemischen Wege die 
Bildung dieser Endprodukte erfolgt Es braucht dabei wohl kaum 
betont zu werden, daß die Harnstoffausscheidung im Harne eine 
sehr komplexe Größe ist, die sich zusammensetzt aus der Menge 
der Eiweißzufuhr durch die Nahrung, aus der Größe des Eiwei߬ 
zerfalles im Körper, aus der Retention von Harnstoff in den Ge¬ 
weben oder der Ausschwemmung aus ihnen, aus der Fähigkeit der 
Niere Harnstoff auszuscheiden und anderem. Auch ist die Bedeu¬ 
tung der Konzentration des Harnstoffes in einer Einzelportion und 
die in 24 Stunden ausgeschiedene Menge wohl auseinanderzuhalten. 

Die genannten Charakteristica, nämlich gegen die Form vermehrter 
Fibrinogengehalt des Plasmas und gesteigerte Hamstoffausscheidung im 
Urin finden wir bei zweien der von uns aufgestellten Bilder: bei 
der Pneumonie und bei der Nephrose. Tatsächlich ergeben sowohl 
die Stoffwechselversuche 1 ), die N-Ein-und Ausfuhr bestimmen, als auch 
die klinische Erfahrung, die sehr oft eine exzessive Abmagerung der 
Kranken im Verlaufe der genannten Prozesse feststellt, daß während 
ihres Bestandes ein gesteigerter Zerfall von Körpereiweiß erfolgt. 
In der Literatur ist seit Vogel (1854) bekannt, daß bei Pneumonien 
häufig mehr Eiweiß zugrunde geht als im Hungerzustande. 

Das Bluteiweißbild bei Pneumonie und Nephrose hat noch ein 
zweites charakteristisches Merkmal: die Vermehrung der Globuline im 

1 ) Siehe bezüglich der „parenchymatösen Nephritiden“ bei Askoli: Ver¬ 
lesungen über Urämie, Tabelle 1. 


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302 V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 


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Verhältnis zu den Albuminen . Sie ist nach verschiedenen Methoden 
von so zahlreichen Autoren festgestellt worden, daß an ihrem Vor¬ 
handensein kein Zweifel bestehen kann. Auch in unseren Beobach¬ 
tungen ist der Unterschied deutlich. So wurden z. B. beim zweiten 
normalen Fall 5°/ 0 , bei der ersten Pneumonie aber 70°/ 0 , der Ne¬ 
phrose 80°/ 0 Globuline gefunden, über ihr Ausmaß im Einzelfalle 
muß man. wie bereits erwähnt, sich allerdings im Hinblick auf die 
Unsicherheit der Methodik sehr zurückhaltend äußern. Für die uns 
hier beschäftigenden Grundfragen sind diesbezügliche absolute Zahlen 
jedoch wenig bedeutungsvoll. 

Da die Globulinteilchen — nach den physikalischen Eigenschaften, 
die sie besitzen, beurteilt — im Blut zu größerer* Komplexen ver¬ 
einigt zu sein scheinen als die Albumine, verleihen sie, falls sie ver¬ 
meint auftreten, dem Serum eine erhöhte Viscosität. So erklärt 
sich dieser von Volhard mehrfach bei Nephrosen erhobene Befund. 
Dabei muß man noch bedenken, daß bei dieser Krankheit häufig 
der Eiweißgehalt des Serums vermindert ist und daß dieses Sinken 
eine Herabsetzung der inneren Reibung bedingt (vgl. die Tabellen 
von Nägeli). Wenn trotz der Verminderung des Eiweißes ein solches 
Serum sogar eine erhöhte Viscosität aufweist, darf daher angenommen 
werden, daß zu dieser Zeit die relative Zunahme der Globuline eine 
sehr beträchtliche ist. 

Allgemein ausgedrückt, finden wir demnach im Blutplasma bei 
Pneumonie und Nephrose eine Verschiebung der einzelnen Dispersitäts¬ 
phasen des Eiweißes in dem Sinne , daß die großen Teilchen im Ver¬ 
hältnis zu den fein verteilten gegenüber der Norm bedeutend reichlicher 
vorhanden sind . 

Nach dieser Feststellung genügt es nicht mehr, falls wir in einem 
Plasma eine vermehrte Eiweißmenge vorfinden, ähnlich wie dies 
Volhard für das erste Stadium der Nephrose angibt, einfach von 
einer Eindickung der Blutflüssigkeit (hinsichtlich des Verhältnisses 
Eiweißkörper zu Wasser) zu sprechen, sondern wir müssen uns von 
nun ab stets fragen, ob ein solcher Befund auf einer gleichmäßigen 
Zunahme aller genannten Eiweißkörper zurückzuführen ist, oder etwa 
durch das Vordrängen einer Fraktion entsteht. Im ersten Falle kann es 
sich um ein Abströmen von Wasser, um eine echte Eindickung handeln, 
im zweiten Falle ist die Eiweißzunahme der Ausdruck einer Veränderung 
im Eiweißstoffwechsel. Häufig treten Verschiebungen des Wasserrgehaltes 
und Veränderungen des Eiweißstoffwechsels nebeneinander auf und 
bedingen, da sie nicht stets im gleichen Sinne und derselben Stärke 
erfolgen, mannigfache Variationen im Aufbau des Bluteiweißbildes. 

Trotzdem einzelne der hier zusammengestellten Befunde wieder¬ 
holt von sehr verschiedenen Autoren erhoben wurden, hat die eben 



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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 303 

dargelegte Verschiebung der Dispersitätsphasen in der Literatur un¬ 
seres Wissens keine systematische Bearbeitung erfahren. Nägeli , der 
die Verhältnisse bei den verschiedensten Krankheiten studiert hat, 
hat sich bisher auf ihre Registrierung beschränkt. Munk kam für 
die Nephrose zur Ansicht, daß es sich bei dieser Krankheit um eine 
pathologische Veränderung der dispersen Phase des Serums handle, 
dedingt durch eine Quellung der Kolloide. 

Ein eingehenderes Verständnis der verschiedenen Eiweißblutbilder 
ist aber erst möglich, wenn wir gleichzeitig die Verhältnisse der 
Ausscheidung der Endprodukte des Eiweißstoffwechsels im Harn be¬ 
trachten. Viel Mühe ist schon auf das Studium der Gesetze der Be¬ 
ziehungen zwischen Blut und Ham angewandt worden, seit man er¬ 
kannt hat, daß ihre Zusammensetzung sich gegenseitig beeinflusse. 
Von unserem Standpunkte aus müssen wir erklären, daß die Mehr¬ 
zahl der angestellten Untersuchungen, auch wenn sie nach den je¬ 
weils besten Methoden und mit allen Kautelen durchgeführt worden 
waren, meist schon dadurch zu weitgehender Fruchtlosigkeit in der 
Auswirkung der Ergebnisse verurteilt waren, daß die Fragestellungen 
durchweg zu eng gefaßt waren, da die Autoren nicht eine große 
Zahl von Eiweißabbaustufen gleichzeitig berücksichtigten, sondern 
bereits Korrelationen zwischen einzelnen suchten. Nach dem heutigen 
Stand der Eiweißchemie ist es auch heute noch vollkommen un¬ 
möglich, die Reihen der Abbaustufen des Eiweißes exakt in ihre 
Einzelindividuen zu zerlegen und deren Mengen zu bestimmen. Die 
Benützung der physikalisch-chemischen Eigenschaften einzelner Grup¬ 
pen scheint uns aber einen vorläufigen Weg zu geben, diese Schwierig¬ 
keit etwas zu umgehen und wenigstens die gröbsten Abweichungen 
von der Norm zu erkennen. Es sei gestattet, für dio oben erwähnte, 
in unserem Sinne zu enge Fragestellung ein Beispiel anzuführen: 
Solange man geglaubt hatte, daß der Eiweißquotient, d. h. das Ver¬ 
hältnis der Albumine zu den Globulinen, im Blut und Ham in engen 
mathematischen Beziehungen miteinander stehe, hat sich eine große 
Anzahl von Forschern mit dieser Fragestellung befaßt. Von dem 
Augenblicke aber an, als sich herausstellte, daß der erwähnte Eiwei߬ 
aufbau in Blut und Harn nicht identisch ist, erschien unseres Wis¬ 
sens keine Arbeit 1 ) mehr über dieses Thema. Und doch ergibt die 
Überlegung, daß das Eiweiß des Harnes aus dem Blute stamme, 
daß dieses letztere in seiner Zusammensetzung durch das Auftreten 
einer Albuminurie tiefgreifend beeinflußt werden müsse. Ja, unserer 
Anschauung nach bietet gerade der Befund, daß die Eiweißkörper 


*) Der Aufsatz von Mandelbaum (Dtscli. Arcli. f. kl in. Mod. 130) gehört nur 
teilweise hierher. 


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304 


V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 


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des Blutes nicht gleichmäßig in den Harn gelangen, eine wichtige 
Möglichkeit, dem Wesen der Albuminurie näherzutreten. 

Betrachten wir zu dießem Zwecke die vier von uns aufgestellten 
Stoff ivechseltypen vom Standpunkte der Albuminurie! Bezüglich des 
Gesunden haben Posner sowie Mörner nachgewiesen, daß man nur 
dann einen vollkommen eiweißfreien Ham ausscheidet, wenn dieser 
von niedrigem spezißschen Gewichte ist. Nimmt die Konzentration 
zu, so kommt es zu „physiologischer Albuminurie u . Kordnyi weist 
darauf hin, daß eine solche Albuminurie bei hochgestelltem Harne 
sogar bisweilen zur irrtümlichen Annahme eines pathologischen Nieren¬ 
prozesses führen könne, daß sie aber sofort verschwindet, wenn die 
Wasserzufuhr erhöht wird. Wir glauben nicht auf großen Wider¬ 
spruch rechnen zu müssen, wenn wir annehmen, daß ein solcher 

Harn (abgesehen z. B. von der uns hier nicht beschäftigenden NaCl- 
+ 

Menge) auch den U in höherer Konzentration aufweist. Im Hinblick 
auf spätere Überlegungen möchten wir daher für die physiologische 

Albuminurie den Satz aufstellen: Steigt beim gesunden Menschen die 
+ 

Konzentration des U im Harne , so wächst auch die Wahrscheinlichkeit 
einer physiologischen Albuminurie. 

Ähnliches dürfte auch bezüglich der Albuminurien bei Urämie 
gelten. Wenigstens hebt P. F. Richter hervor, daß dabei in der 
Ruhe häufig kein Eiweiß ausgeschieden wird, wohl aber nach Körper¬ 
bewegung. Daß eine solche unter krankhaften Bedingungen zu ver¬ 
mehrter Harnstoffausscheidung Anlaß gibt, scheint ziemlich sicher 
zu sein; speziell über die Verhältnisse bei der Urämie sind uns aller¬ 
dings keine Untersuchungen bekannt, auch wird die Beantwortung 
der Frage hier noch dadurch erschwert, daß bei diesem Leiden die 
Harnstoffausscheidung verzögert erfolgt. Beim vollkommen Gesunden 
führt mäßige Körperbewegung nicht zu vermehrtem Eiweißabbau, 
nach starken Anstrengungen aber erhöht sich der Eiweißgehalt des 
Serums ( Böhme) y der R.-N kann über 20°/ 0 gegen den Ruhewert 

steigen. Auch ändert sich seine Zusammensetzung; während er früher 
+ 

50°/ 0 U-N enthalten hatte, steigt dieser nun bis 80°/ 0 . Die Kon¬ 
zentration des Harnes erhöht sich, etwa 25 °/ 0 der Menschen scheiden 
Eiweiß aus (. Albu , Rumpel und Feigl). Zur Vermeidung von Mi߬ 
verständnissen wollen wir noch betonen, daß wir bei der folgenden 
Besprechung alle Urämien mit, wenn auch nur zeitweiser, höher- 
gradiger Eiweißabscheidung ausschließen, da es sich hier um die 
Aufstellung von Typen handelt. — Gehen wir zu den Pneumonien 
über, so finden wir, wenigstens in einer bestimmten Periode der Er¬ 
krankung, Hamstoffausscheidungen, die weit das physiologische Maß 


Gck igle 


O riginal frem 

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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 305 

übersteigen. Die Stärke der Eiweißausscheidung ist größer als unter 
normalen Verhältnissen, es kommt zu „febrilen“ Albuminurie. Auf 
die Frage, ob wir diese auf eine Schädigung der Niere zurückführen 
müssen, kommen wir noch später zurück. — Im Gegensätze zum Ge¬ 
sunden und zur Pneumonie steht die Funktion der Niere bei der 
Nephrose. Wenn wir dafür eine Formel prägen sollen, können wir 
sagen: Die Niere ist in hohem Grade eiweißdurchlässig. Daß es 
sich dabei nicht etwa um eine einfache Filtration von Eiweiß drehen 
kann, geht schon daraus hervor, daß, wie namentlich Lichtwitz hervor¬ 
hebt, Kristalloide mit kleinem Molekulargewicht von der Niere zurück¬ 
gehalten werden, während diese die großen Eiweißmoleküle durch¬ 
läßt. Wir stehen vielmehr auf dem Standpunkte, daß gewisse Teile 
der Niere in dem Sinne anders arbeiten, als diese auf Reize, die 
physiologischerweise — ähnlich wie wir oben schon gesprochen — 
nur von einer minimalen Albuminurie gefolgt werden, bereits mit 
einer massiven Eiweißausscheidung anspricht. Erinnern wir uns an 
dieser Stelle noch der Tatsache, daß bei der Nephrose der Harn¬ 
stoff in exzessiver Konzentration (bis 3 °/ 0 ) ausgeschieden wird. 

Die klinische Untersuchung zeigt nun, daß die Intensität der 
Albuminurien bei den genannten Prozessen im Einzelfall häufig in 
kurzen Zeiträumen schwankt. Welche Umstände bestimmen nun 
jeweils ihre Stärke? Um uns darüber klar zu werden, müssen wir 
zunächst über die Bedeutung des Auftretens von Eiweiß im Ham 
Rechenschaft geben. 

Bekanntlich denken wir alle beim Befunde einer Albuminurie 
fast ausschließlich an das Vorhandensein eines Nierenprozesses. Diese 
Verbindung der beiden Begriffe wird vielfach als so fest angesehen, 
daß im praktischen Leben ohne Albuminurie die Annahme des Be¬ 
standes eines Nierenleidens von vielen Ärzten abgelehnt wird und 
andererseits, noch häufiger, mit dem Auftreten einer Albuminurie 
renaler Natur auch die Diagnose einer Nierenerkrankung für gesichert 
gehalten wird. Das die erste Anschauung unrichtig ist, lehrt die 
Erfahrung, wonach gelegentlich Urämien bei Kranken auftreten, bei 
welchen der Harn kurz vor dem Ausbruch der akuten Erscheinungen 
eiweißfrei gefunden worden war. Die Gesetze, nach denen wahrend 
des Bestandes einer Urämie die Menge der Albuminurie schwankt, 
haben wir schon erwähnt. Im Verlaufe des Weltkrieges hat weiter 
His nachdrücklich auf den Bestand akuter analbuminurischer Nephri¬ 
tiden hingewiesen. Wir können daher den Satz präzisieren: Es kann 
eine Nierenentzündung ohne gleichzeitige Albuminurie bestehen . Auch 
die weitverbreitete Anschauung, daß renale Albuminurie eine Nieren¬ 
schädigung bedeuten müsse, hält bei näherem Zusehen der Kritik 
nicht stand. So ist von diesem Standpunkt aus die Feststellung 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 20 


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306 V. Kollert und W. Stärlingen Die Albuminurie als Zeichen 


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Mörners schon schwer verständlich, nach der ein gesunder Mensch 
einen vollkommen eiweißfreien Harn hat, wenn dieser diluierfc ist, 
aber Eiweiß in Spuren ausscheidet, wenn er konzentriert. Soll etwa 
jeder dichtere Harn bereits ein Hinweis auf eine leichte Nieren¬ 
schädigung sein? Im Anschluß an die Entdeckung der physiologischen 
Albuminurie hat sich eine Reihe von Autoren bemüht aus vorwiegend 
quantitativen Gesichtspunkten heraus die Grenzen zwischen physio¬ 
logischen und pathologischen Albuminurien festzustellen. Die Ver¬ 
suche sind alle gescheitert. Das Auftreten von oft reichlichem Eiweiß 
nach kalten Bädern, üppigen Mahlzeiten, Thoraxkompression usw. 
konnte nichc als Zeichen einer Nierenerkrankung gedeutet werden 
und war andererseits auch kaum als „physiologisch“ zu werten. Die 
größten Schwierigkeiten aber bedeutete und bedeutet bis heute die 
Erklärung der sogenannten orthotischen Albuminurie. Während ein¬ 
zelne Autoren (z. B. Stejskal) im histologischen Bilde der Nieren 
solcher Kranker einzelne nephritische Herdchen fanden und auf deren 
Bestand großes Gewicht legten, wurde von anderer, und zwar der 
überwiegenden Seite ein rein funktioneller Vorgang, der zur Eiwei߬ 
ausscheidung führt, angenommen. Pollitzer unterscheidet einen läsio- 
nellen Typus der orthostatischen Albuminurie von einem nicht läsio- 
nellen. Wir glauben, daß diese wenigen Andeutungen genügen, um 
erneut zu zeigen, daß nicht jede Eiweißausscheidung im Ham eine 
schwerere Nierenveränderung beweise. 

Unsere eigenen Untersuchungen über die Entstehungsbedingungen 
der Albuminurie gingen von einer Beobachtung am Krankenbette 
aus, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der zyklischen Albuminurie 
der Jugendlichen hat. Wir sahen bei einem Nephrotiker innerhalb 
weniger Stunden einen gewaltigen Wechsel der Albuminurie, je nach¬ 
dem er vorher in Ruhe oder Bewegung gewesen war, nüchtern blieb 
oder reichlich gegessen hatte. Im subjektiven Befinden und bei der 
übrigen objektiven somatischen Untersuchung ergab sich aber zwischen 
den verschiedenen Perioden der Eiweißausscheidung kein Unterschied. 
Wir legten uns daher die Frage vor: Beeinflussen die verschiedenen 
genannten Umstände die Funktion der Niere, oder ist etwa die 
wechselnde Nierenarbeit nur der äußere Ausdruck eines verschieden 
stark auf sie einwirkenden extrarenalen Faktors? Die erste Anschau¬ 
ung ist bekanntlich die heute allein gültige. Nimmt bei einem Ne- 
phritiker die Menge des Harneiweißes zu, so denkt man ceteris pa- 
ribus an eine Verschlechterung des Zustandes der Nieren; sinkt die 
Albuminurie, so wird eine Besserung diagnostiziert. Auch die ortho- 
tische Albuminurie wird, wie erwähnt, mit Störungen in der Funktion 
des Organes in Zusammenhang gebracht, wie sie etwa durch Stauung 
in der Vena renalis entstehen sollen. Alle diese Erklärungsversuche 



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vermehrten Eiweiüzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. ,‘{07 

haben aber bis heute zu keiner befriedigenden, alle Erscheinungen 
umfassenden Deutung des Wesens der Albuminurie geführt. Wir 
stellten uns daher auf den anderen Standpunkt und legten uns, ohne 
zunächst auf den Zustand der Niere selbst Rücksicht zu nehmen, 
die Frage vor: Kann der Wechsel der Stärke einer Albuminurie bei 
ein uni demselben Kranken nicht der Ausdruck des wechselnden An¬ 
gebotes irgendeines Stoffes an diese Niere sein? 1 ) 

Betrachten wir — zunächst ohne Hinblick auf die Albuminurie— die 
Ausscheidungsgesetze der Niere, so finden wir dabei immer wieder 
die Regel, daß, unter sonst gleichbleibenden Umständen, das vari¬ 
ierende Angebot eines Stoffes zu einem Wechsel seiner Ausscheidungs¬ 
größe führt. Es sei als Beispiel nur an die Glykosurie im Anschluß 
an alimentäre Hyperglykämie erinnert. Ambard und seine Mit¬ 
arbeiter unterscheiden hinsichtlich der Gesetze, nach denen die Ent¬ 
fernung eines im Blute kreisenden Stoffes durch die Nieren erfolgt 
(abgesehen von der „Elimination par effraction u ), zwei Reihen von 
Stoffen. Die Glieder der ersten diffundieren einfach durch die Nieren, 
so daß Blut und Harn jederzeit die gleiche Konzentration des be¬ 
treffenden Stoffes aufweisen. Hierher sollen gehören: Äthyl-, Methyl-, 
Propylalkohol, Aceton, Äthylacetat. Die zweito, weitaus größere 
Gruppe von Körpern aber wird durch die Niere sezerniert: Es han¬ 
delt sich um einen biologischen Vorgang. Auch hier steigt im all¬ 
gemeinen mit dem Angebot die Ausfuhr, aber diese letztere hat einen 
Grenzwert, über den hinaus die Niere nicht arbeiten kann („Concen- 
tration maxima“). 

Betrachten wir von diesem Standpunkte aus das Problem der 
wechselnden Albuminurie, so ist, da die Identität der Harn und 
Bluteiweißkörper feststeht (Erben) y anzunehmen, daß die Eiweißkörper 
des Blutes auf die Albuminurie einen Einfluß nehmen. Um eine 
einfache Diffusion bei geschädigter Niere dürfte es sieh nach dem 
bereits erwähnten, gegen eine solche Auffassung gerichteten, voll¬ 
berechtigten Ei wand von Lichiwitz nicht handeln. Wir kamen daher 
zu der Hypothese, daß die Nierenzellen, durch die das Eiweiß durch¬ 
geht, unter dem Einflüsse einer wechselnden Zusammensetzung der 
Bluteiweißkörper verschieden arbeiten, d. h. verschiedene Mengen 
Eiweiß durchlassen. Soll diese Auffassung haltbar sein, so muß im 
Einzelfall die Menge der Eiweißkörper des Blutes sich in irgendeiner 

*) Vom historischen Standpunkte betrachtet ißt diese Fragestellung sehr 
alt: eine humorale Theorie der Albuminurie wurde z. B. von Elliotson (1830), 
Graves (1831) aufgestellt, durch Bright aber vollkommen zurückgedrängt. In 
neuester Zeit überlegte Abderhalden , ob die Albuminurie nicht einfach die Folge 
einer Hyperproteinplasmie «ei — was unserer Ansicht nach unrichtig ist — 
oder etwa mit einer „Heteroproteinplasmie“ Zusammenhänge. 

20 * 


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308 V. Kollert und YV. Starlingcr: Die Albuminurie als Zeichen 

Weise ändern, wenn der betreffende Kranke mehr oder weniger Al- 
bumen ausscheidet. Es ergab sieh damit die Frage, ob und wie 
eine solche Veränderung festzustellen wäre. 

Einen Anhaltspunkt für die Richtung, in der sich eine derartige 
Untersuchung zweckmäßig bewegen konnte, schien uns das Verhalten 
der Albuminurie bei Nephrose zu geben. Da bei dieser Krankheit 
die höchsten bekannten Eiweißmengen ausgeschieden werden, mußte 
die Blutveränderung — wenn eine solche mit Albuminurie in Zu¬ 
sammenhang steht — ebenfalls die höchsten Grade erreichen. Be¬ 
trachten wir nun das Serum bei Nephrosen hinsichtlich der Eiwei߬ 
körper, so finden wir in der Literatur zwei Charakteristica angegeben: 
a) es besteht Hypalbuminose, b) die Globuline sind im Verhältnis 
zu den Albuminen vermehrt. Weiter ist das Serum milchig getrübt, 
eine Beschaffenheit, die auf das Vorhandensein großer Molekular- 
komplexe zurückgeführt wird. Nach Bemert sollen diese aus einer 
Globulin-Lipoidverbindung bestehen. Wir gewannen aus diesen Be¬ 
funden den Eindruck, es sei für diese Sera vor allem eigentümlich, 
daß in der Blutflüssigkeit bei Nephrosen die grobdispersen Eiwei߬ 
körper vermehrt seien und legten uns daher die Frage vor, wie sich 
die gröbstdisperse Eiweißfraktion des Plasmas , das Fibrinogen, bei 
der Nephrose verhalte. Zu unserer Überraschung fanden wir bei 
ihm eine grobe Abweichung von der Norm, die in ausgesprochenen 
Fällen Steigerungen bis über das Fünffache des Wertes bei Gesunden 
betragen kann. Die Ergebnisse bei den ersten sechs diesbezüglich 
beobachteten Fällen haben wir bereits in unseren vorläufigen kurzen 
Mitteilungen niedergelegt und sie hier nochmals bei der Besprechung 
des Bluteiweißbildes der Nephrose kurz vermerkt. Außerdem konnten 
wir noch drei hierher gehörige Kranke untersuchen. Die Einzel¬ 
heiten ihrer Eiweißbilder sind aus Tabelle S. 312 unter Nr. 7, 14, 10 
ersichtlich. 

Es zeigt sich also auch bei diesen Fällen das prinzipiell gleiche 
Verhalten wie bei den früheren und wir dürfen, gestützt auf unsere 
Befunde und die zwar zerstreuten und nicht systematischen Ergeb¬ 
nisse in der Literatur, den Satz aufstellen: Bei jener Nierenkrankheit, 
die zu den höchsten bekannten Albuminurien führt , der Nephrose , findet 
sich im Blutplasma eine starke Zunahme der grobdispersen Eiwei߬ 
körper . 

Wir wollen hier nur kuiz andeuten, daß in dieser enormen Ver¬ 
mehrung des Fibrinogens im Plasma anscheinend eine der charakte¬ 
ristischsten Eigenschaften der Nephrosen zu sehen ist. In den 
folgenden Ausführungen wird nur über eine Seite dieses Problemes, 
die Beziehung zur Eiweißausscheidung, besprochen. Es gelang uns 
aber bereits mehrfache Befunde zu erheben, die dahin deuten, daß 



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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Niorenfunktion. 


309 


dieses Symptom auch in andere Erscheinungen des heute noch so 
wenig durchsichtigen Leidens Einblick gewähren dürfte. 

Ehe wir uns der Frage zuwenden, ob dieses abnorme Bluteiwei߬ 
bild überhaupt die Ursache der Albuminurie sein kann, sei es ge¬ 
stattet, die in gewissem Sinne entgegengesetzte Fragestellung zu 
erörtern und zu erwägen, ob die Verschiebung des Eiweißquotienten 
nicht etwa die Folge der Albuminurie ist. Es liegt folgende Argu¬ 
mentation nahe: nach den Ergebnissen der Literatur besteht das im 
Harne ausgeschiedene Eiweiß vorwiegend aus Albuminen. Die Eiwei߬ 
körper des Harnes stammen aus dem Blute. Im Blute besteht bei 
Nephrose oft eine Hypalbuminose, die von mehreren Untersuchern 
auf die Albuminurie zurückgeführt wird. Schwinden nun bei ur¬ 
sprünglich normalem Globulin-Albuminverhältnis infolge der ver¬ 
änderten Nierentätigkeit teilweise die Albumine aus dem Blute, so 
muß hier eine relative Zunahme der Globuline in Erscheinung treten. 
Die Überlegung ist sicher richtig, aber der Schwund der Albumine 
erklärt nicht alle Erscheinungen des Bluteiweißbildes der Nephrose. 
Vor allem bleibt vollkommen unverständlich, wieso es zu einer ab¬ 
soluten Zunahme des Fibrinogens kommt, das, wie bereits mehrfach 
erwähnt, Werte bis zum Fünffachen der Norm annehmen kann. Eine 
Eindickung des Blutes kommt nicht in Betracht, denn es kann sich 
nicht allein das Plasma eindicken, sondern es müßten auch die 
Erythrocyten an Zahl zunehmen. Und Werte von 25 Millionen 
Erythrocyten hat noch niemand gesehen 1 ). Es bleibt also nur die 
Erklärung, daß das Fibrinogen von außen in das Blut hineinkommt, 
ähnlich wie wir dies schon bei der Deutung des Blutbildes der Pneu¬ 
monie angenommen haben. Nun lehrte aber gerade die Analyse 
dieses Bildes, daß Hand in Hand mit der Fibrinogenzunahme auch 
eine relative Vermehrung der Globuline erfolgt, ohne daß bei diesem 
Leiden erhebliche Eiweißverluste durch die Niere statthätten. Das 
gleiche findet sich, wie hier nur angedeutet werden kann, auch 
bei den anderen Krankheiten, die zur Fibrinogenvermehrung führen, 
z. B. frische Lues, progrediente Tuberkulose. Wir kommen daher 
zu dem Schluß: Die relative Zunahme der Globuline lei der Nephrose 
erfolgt aus zwei voneinander vollkommen unabhängigen Ursachen , aus 

^ 1 ) Wir müssen hier kurz auf die Ansicht Nonnenbruchs hinweisen, daß die 

Erythrocyten des Blutes eine annähernd konstante Größe darstellen, während 
die Sero-Eiweißwerte und der R.-N infolge des lebhaften Austausches der in 
Betracht kommenden Stoffe zwischen Blut und Geweben keine gleichbleibenden 
Werte ergeben. Unserer Ansicht nach liegt in dieser Anschauung ein richtiger 
Kern, wenn sie aber zu allgemein gefaßt wird, erreicht sie ihre kritische Grenze 
und verhindert leicht die Erkenntnis gewisser, unter pathologischen Verhältnissen 
anscheinend stets auftretender gesetzmäßiger Verschiebungen zwischen Geweben 
und Blut. 


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310 Y r . Kollert und W. Stärlingen Die Albuminurie als Zeichen 

der bei Fibrinogenzunahme stets auftretenden Verschiebung des Eiwei߬ 
quotienten und aus dem Einfluß der Albuminurie auf die Menge der 
Blutalbumine. 

Ist sonach die Ansicht, daß die Verschiebung des Eiweißquotienten 
einfach die Folge der Albuminurie sei, abzulehnen, so können wir 
uns wieder der Frage zu wenden, ob die Änderung des Bluteiwei߬ 
bildes etwa ursächlich die Eiweißausscheidung bedingen könne. Dabei 
ist eine, an dieser Stelle nicht näher zu erörternde Voraussetzung, 
daß die Niere eiweißdurchlässig sei, denn wir finden, wie zahlreiche 
Untersuchungen vieler Autoren ergeben haben, eine große Zahl von 
Hyperinosen, die ohne Albuminurie einhergehen. Wollen wir mittels 
klinischer Methoden den geschilderten Zusammenhang beweisen, so 
steht uns vor allem ein Weg zur Verfügung: Wir müssen feststellen, 
ob bei Kranken Schwankungen des Fibrinogens im Plasma auch mit 
gleichsinnigen Veränderungen des Eiueißgehaltes der Harne einhergehen. 
Wir können dabei nur Untersuchungen an ein und demselben Kranken 
miteinander vergleichen, da die einzelnen Menschen nach unserer 
Vorstellung eine ganz verschiedene Durchlässigkeit der Niere für 
Eiweiß besitzen. Auch dürfen die Versuche nicht weit zeitlich aus¬ 
einanderliegen, da die Eiweißdurchläs&igkeit der Niere auch bei den 
gleichen Menschen starken Schwankungen unterworfen ist. Am besten 
sind Untersuchungen zu vergleichen, die am selben Tage ausgeführfc 
wurden. 

Da wir in der vorliegenden Abhandlung das Bestreben haben, 
die Gesetze der Eiweißausscheidung als einen Spezialfall von Regeln 
zu erweisen, die für jeden Harn gültig sind, wollen wir uns zunächst 
fragen: In welcher Weise verändert sich der Ham bei Bestand einer 
für Eiweiß nicht durchlässigen Niere , wenn wir durch irgendeine Ma߬ 
nahme den Fibrinogengehalt des Plasmas verändern? Die folgende 
Tabelle bringt mehrere zu diesem Zwecke angestellte Versuche. Es 
wurde dabei derart vorgegangen, daß bei einem zu Bette liegenden 
nüchternen Kranken die Eiweißbilder morgens bestimmt wurden. 
Hierauf wurde 1 / Ä0 ccm Vaccineurin intravenös gegeben und mehrere 
Stunden später nochmals eine Bestimmung der Eiw'eißbilder vor¬ 
genommen. 

Die Tabelle III zeigt, daß Schwankungen im Fibrinogengehalt des 
Plasmas mit gleichsinnigen Veränderungen der Harnstoffkonzentration 
in der gleichzeitig gelassenen Harnportion einhergehen. 

Wir wollen nunmehr an einer größeren Reihe von Kranken, die 
Eiweiß ausscheiden, zwei in kurzem Zeiträume vorgenommene Auf¬ 
stellungen der Blut- und Harneiweißbilder miteinander vergleichen. 
Wir gingen zu diesem Zwecke meist derart vor, daß wir die erste 
Untersuchung morgens ausführten, dann den Kranken irgendeine 



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Nummer 


vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 
Tabelle III. 


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steigt 

sinkt 

steigt 

gleich 


sinkt 

steigt 

sinkt 

steigt 

steigt 

etwas 


Tätigkeit des täglichen Lebens (Spazierengehen, Stehen, Essen usw.) 
ausüben ließen und nach einiger Zeit wieder untersuchten. Es ergab 
sich so bald ein Steigen des Fibrinogens, bald ein Gleichbleiben oder 
Sinken des Wertes. Im Hinblick auf eine bessere Übersicht haben 
wir die Befunde der ersten auf diese Weise untersuchten und bereits 
teilweise veröffentlichten Krankengeschichten in die folgende Tabelle 
mit einbezogen. 

Es ergibt sich daraus, daß bei den im Laufe eines Tages vor¬ 
genommenen Doppelbestimmungen bei Nierenkranken ein Steigen des 
Fibrinogens im Plasma einer Vermehrung der Albuminurie entspricht , 
während bei Sinken des Fibrinogenspiegels Verminderung der Eiwei߬ 
ausscheidung statthat. Weiter gehen auch in den Fällen dieser 
Gruppe die Schwankungen des Fibrinogens parallel den Veränderungen 
der Harnstoffkonzentration im Urin. Wir verweisen in diesem Zu¬ 
sammenhänge nochmals auf die schon früher erörterte, vielleicht all¬ 
gemein gültige Vermutung, daß — unter sonst gleichen Umständen — 
ein Harn um so eher Eiweiß enthält, je höher sein Harnstoffgehalt 
ist. Wir möchten auch betonen, daß es sich bei dem Wechsel der 
Konzentration des Harneiweißes nicht etwa einfach um eine Schwan¬ 
kung in der Dichte der Harnportionen handelt, wenn diese dabei 
auch häufig Veränderungen unterliegt. Die Untersuchungen haben 
nämlich gezeigt, daß bei der gewählten Versuchsanordnung in ziem¬ 
licher Regelmäßigkeit einem Steigen des Harnstoff geholtes ein Sinken 
der Chloride im Harne (und umgekehrt) entspricht. Wir bringen in 
dieser Abhandlung nicht die entsprechenden Zahlen, da einige Ge¬ 
setze der Chloridausscheidung in einem anderen Zusammenhang be¬ 
sprochen werden sollen. 


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Tabelle IV. 


312 


V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 



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V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 


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Wenn wir die eben dargelegte Beziehung zwischen Fibrinogen¬ 
gehalt des Plasmas und Eiweißgehalt des Harnes als gesetzmäßig 
anerkennen, kommen wir zu der Anschauung, daß es für jede eiwei߬ 
durchlässige Niere einen bestimmten Schwellenvoert im Fibrinogenspiegel 1 ) 
des Plasmas geben dürfte, bei dessen Überschreiten es zur Albuminurie 
kommt , während, wenn er nicht erreicht wird, der Harn eiweißfrei 
ist. Es braucht der Erwähnung, daß für die Feststellung dieses 
Wertes auch die Methode des Eiweißnachweises im Harne von Be¬ 
deutung ist, da ja, wie allgemein bekannt, der eingeengte Harn des 
Gesunden nach dem Vorgehen von Posner , Mömer bereits Eiweiß 
erkennen läßt, während er etwa mit der Essigsäure-Ferrocyankali- 
probe noch eiweißfrei erscheint. 

Um die klinische Bedeutung dieser Auffassung über das Auf¬ 
treten einer Albuminurie darzutun, sei es gestattet, kurz eine 
Krankengeschichte mitzuteilen: Es wurde uns ein 25jähriger Mann, 
der eine derzeit latente Lues hatte, mit der Frage gesandt, ob eine 
antiluetische Kur erlaubt sei, da drei Tage, bevor der Kranke zu uns 
kam, etwa 1 / 2 °/ 00 Eiweiß im Harne gefunden worden war. Die Unter¬ 
suchung erwies einen normalen Herzbefund, keine Hypertonie. Im 
Harne nach der Kochprobe und mittels Essigsäure-Ferrocyankalium 
kein Eiweiß nachweisbar. Im Sediment keine Erythrocyten, keine 
Zylinder, einzelne Epithelien. Die darauf nochmals erhobene Ana¬ 
mnese ergab, daß der Kranke vier Tage vor der Untersuchung durch 
den Kollegen eine akute Angina lacunaris gehabt hatte. In der 
Jugend waren bei ihm Anginen sehr häufig gewesen. Wie läßt sich 
dieser vom klinischen Standpunkt aus banale Fall hinsichtlich 
seines Nierenbefundes deuten? Eine chronische diffuse Nephritis, die 
infolge Angina einen Nachschub erfahren hatte, dürfte kaum vor¬ 
liegen: dagegen spricht der normale Herzbefund, das Fehlen der 
Blutdrucksteigerung, endlich der vollkommen negative Sediment¬ 
befund. Weiters kommt eine herdförmige Nephritis in Frage: der 
somatische Befund ist mit ihr vereinbar, nicht aber der Sediment¬ 
befund. Da das Charakteristikum der herdförmigen Nephritiden die 
Hämaturie ist ( Volhard ), so ist es recht unwahrscheinlich, daß drei 
Tage nach dem Vorhandensein eines derartigen Nierenprozesses, der 
sogar zu einer immerhin mäßig reichlichen Albuminurie geführt 
hatte, auch bei sorgfältiger Durchmusterung des Sedimentes nicht 


l ) Der erhöhte Fibrinogengehalt erklärt die gegen die Norm verstärkte 
Ausflockbarkeit des Plasmas von Nierenkranken mittels konzentrierter Koch¬ 
salzlösung. Von Hoefft hat nachgewiesen, daß auch das Serum solcher Kranker 
eine gesteigerte Fällbarkeit durch Alkohol hat und bringt diesen Befund mit 
der Zunahme der Globuline in solchen Seren zusammen. Viscositätserhöhung 
im Plasma von Nierenkranken fanden Rotky , Kottmann. 



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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. 315 

ein Erythrocyt zu finden wäre. — Von dem Standpunkte aus, unter 
dem wir in der vorliegenden Abhandlung die Albuminurien be¬ 
trachten, läßt sich unseres Erachtens das Bild anders deuten. Die 
wiederholten Halsentzündungen in der Kindheit haben zu einer 
(herdförmigen?) Schädigung der Niere geführt, die zu gering war, 
um sonstige somatische Symptome zu erzeugen, sich funktionell aber 
dauernd in einer erhöhten Eiweißdurchlässigkeit der Niere äußert. Leidet 
dieser Kranke nun zu einer bestimmten Zeit nicht zufällig an irgend¬ 
einem interkurrenten Prozeß, der zu erhöhtem Zellverfall Anlaß gibt, 
so ist das alte Nierenleiden aus dem Harnbefunde nicht zu erkennen. 
Tritt aber durch irgendeine Ursache, z. B. in diesem Falle durch 
die Angina lacunaris, im Blute ein erhöhter Fibrinogengehalt auf, 
so manifestiert sich die vermehrte Eiweißdurchlässigkeit der Niere 
sogleich durch Albuminurie. Mit dem Normalwerden des Fibrinogen¬ 
gehaltes schwindet die Eiweißausscheidung wieder. Eine Nieren¬ 
schädigung, im Sinne eines Nachschubs des alten Prozesses, trat im 
Anschlüsse an die Angina nicht auf. — Unsere Deutung hat mit den 
allgemein üblichen gemeinsam, daß immer eine Nieren Veränderung 
angenommen wird. Der prinzipielle und wichtige Unterschied liegt 
aber darin, daß wir nicht einen neuen Nachschub des Prozesses in 
die Niere annehmen müssen, um die vorübergehende Albuminurie 
zu erklären, während die übrigen Anschauungen hierzu bemüßigt 
sind. Wir würden diese Annahme nur bei einem positiven Sediment¬ 
befunde machen. Daß unsere Auffassung auch für therapeutische 
Fragestellung weitgehende Bedeutung hat, sei hier nur kurz gestreift. 

Soweit unsere bisherigen Erfahrungen reichen, liegt der zum Auf¬ 
treten einer mit den gewöhnlich vertretenen Methoden nachweis¬ 
baren Albuminurie nötige Fibrinogenspiegel des Blutes höher als 
der Normalwert. So findet man bei allen in der Tabelle IV zu- 
saramengestellten Nierenkranken zur Zeit der Eiweißausscheidung 
das Fibrinogen im Plasma vermehrt. Dabei ist zu sagen, daß gleich 
wie die Albuminurie der Glomerulonephritiden, wenn der nephrotische 
Einschlag nicht zu stark ist, die Stärke der bei den Nephrosen zu 
beobachtenden Eiweißausscheidungen nicht zu erreichen pflegt, ebenso 
auch meist der Fibrinogen wert bei den Nephitiden tiefer liegt als 
bei den Nephrosen. Daß der zum Auftreten einer Eiweißausscheidung 
nötige kritische Grenzwert des Fibrinogenspiegels bei den einzelnen 
Kranken sehr verschieden ist, sieht man z. B. aus Nr. 11 und 13. 
In beiden Fällen war bei der einen Untersuchung kein Eiweiß im 
Harn nachweisbar, wohl aber bei der andern. Dementsprechend ist 
im Versuch 11 der kritische Fibrinogenwert zwischen 0,58 und 
0,67 g °/ 0 , bei 13 aber bereits zwischen 0,21 und 0,34 g °/ 0 gelegen. 
Wir werden daher die erste Niere für weniger eiweißdurchlässig an- 


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316 V. Kollert und W. Stärlingen Die Albuminurie als Zeichen 

sehen können als die zweite. Bei dem zweiten Kranken dürfte zur 
betreffenden Zeit schon eine ganz geringe Steigerung des Eiwei߬ 
stoffwechsels, wie sie etwa durch eine sehr reichliche Mahlzeit ent¬ 
stehen kann, genügen, um eine Albuminurie hervorzurufen. Beim 
ersten Kranken dagegen sind wohl nur schwerere Störungen hierzu 
fähig. Vielleicht gelingt es auf diese Weise, eine neue Einsicht in 
die Stärke der Nierenschädigungen im Einzelfalle zu erlangen. 

Der Begriff der verschiedenen Eiweißdurchlässigkeit der Niere er¬ 
klärt auch den Befund, daß bei mehreren Kranken dem gleichen 
Fibrinogen werte im Plasma eine ganz verschieden starke Albuminurie 
entsprechen kann. Weiter ist es so verständlich, daß der Nieren¬ 
gesunde auf Fibrinogenzahlen, die beim Kranken bereits hochgradige 
Albuminurie bedingen, noch nicht mit Eiweißausscheidung ansprechen 
muß. Die klinische Erfahrung, die seit langem ergeben hat, daß 
auf die gleiche Schädigung des Körpers, die eine Reihe von Menschen 
trifft, nur bei einem gewissen Prozentsatz Albuminurie auftritt, hat 
den Begriff der Eiweißdurchlässigkeit vielfach benützt. Seine Ana¬ 
lyse war aber bislang nicht möglich gewesen. 

Von dem entwickelten Gesichtspunkte aus ist zu erwarten, daß 
bei Nierenkranken zu Zeiten, in denen keine Eiweißausscheidung 
besteht, der Fibrinogengehalt des Plasmas normal oder nur wenig 
erhöht ist. Hierher gehören z. B. zwei Nephritiker mit fehlender 
Albuminurie, die wir bereits in unserer ersten Mitteilung erwähnten, 
der eine hatte 0,15 der andere 0,26 g°/ 0 Fibrinogen. Es ergibt sich 
daraus die Anschauung: Sinkt im Blute eines Nierenkranken das 
Fibrinogen auf annähernd normale Werte, so schwindet das Eiweiß 
aus dem Ham. Wir verstehen nunmehr, w r arum sich Albuminurie 
und Nierenkrankheit nicht vollkommen decken. Die Albuminurie 
ist eben an den erhöhten Fibrinogenspiegel des Blutes, d. h. nach 
unserer Auffassung, an den vermehrten Eiweißzerfall gebunden. Bei 
den früher erwähnten analbuminurischen Nephritiden dürfte die 
Eiweißmauserung annähernd normal gewesen sein (oder eine sehr 
geringe Eiweißdurchlässigkeit bestanden haben). Inwiefern die ein¬ 
zelnen, teilweise bereits aufgezählten Momente, die zu „physiologischer u 
Albuminurie fühlen, den Fibrinogen wert des Blutes beeinflussen, 
soll in einer folgenden Abhandlung besprochen werden. Es wird 
nun auch begreiflich, inwieweit der Satz, daß mit Besserung der 
Albuminurie auf eine Besserung des Nierenleidens zu schließen ist , 
Geltung hat. Bedingt, eine infektiöse Noxe, durch Erhöhung des Ei¬ 
weißzerfalles einerseits ein Steigen des Fibrinogenspiegels, andererseits 
aber etwa durch Toxinwirkung eine Schädigung der Niere, so 
wird es häufig Vorkommen, daß mit ihrem Schwinden Blutveränderung 
und Nierenschädigung sich im gleichen Sinne rückbilden. Es ist 



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vermehrten Eiweißzerfallee bei geschädigter Nierenfunktion. 


317 


aber leicht verständlich, daß die Alteration des gesamten Eiwei߬ 
abbaues sich nicht immer parallel mit der Nierenveränderung ent¬ 
wickeln muß. Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Grenzen, 
in denen der obige Satz Richtigkeit besitzt. 

Bei durch längere Zeit fortgesetzten Versuchen kann die Eiweiß- 
durchlässigkeit der Niere bei dem gleichen Kranken ebenfalls Schwan¬ 
kungen unterworfen sein. Es besteht dann auch im einzelnen Falle 
kein so strenger Parallelismus zwischen Fibrinogengehalt des Plasmas 
und Eiweißgehalt des Harnes, wie in den in der Tabelle IV nieder¬ 
gelegten Eintagversuchen. Als Beispiel hierfür diene folgender Fall, 
den wir teilweise gleichfalls bereits in unserer früheren Mitteilung 
erwähnten: 

1 .Befund v. 15. XII. 21: Fibrinogen 0,32 g°/ 0 , Harneiweiß 0,14 g°/ 0 . 

2. ” n 26. I. 22: Fibrinogen 0.23 g°/ 0 , Hameiweiß-Spuren. 

3. v ?? 10. V. 22: Fibrinogen 0,48, Gl.: Alb. =- etwa 30:70; R.-N44 

mg°/ 0 , Harneiweiß 0,03 g°; 0 , U: 1,26 g°/ 0 . 

4. - n 16. V. 22: Fibrinogen0.42,R.-N36mg °/ 0 , Harnei w.0,07g°/ 0 , 

U: 2,39 g°/ 0 . 

Es handelt sich um maligne Nephrosklerose (Blutdruck 270 mm Hg). 
Zur Zeit des ersten Versuches war nach dem Sedimentbefund 
ein nephritischer Nachschub wahrscheinlich. Bei der zweiten 
Untersuchung fast negativer Sedimentbefund. Kurz vor der dritten 
Untersuchung Haemorrhagia cerebri (+Oedema cerebri?). Zwischen 
dritten und vierten Befund Aderlaß von zirka 400 ccm Blut (Be¬ 
nommenheit, meningiales Bild: Nackenstarre, Kernig, Oppenheim, 
negativer Liquorbefund. Oculomotorius und Facialislähmungen im 
wechselnden Ausmaße). 

Vom Standpunkte der Eiweißdurchlässigkeit der Niere wäre nach 
unserer Hypothese anzunehmen, daß diese zwischen erster und 
zweiter Untersuchung vielleicht gleich blieb, zwischen erster und 
dritter sich entschieden gebessert hatte, während zwischen dritter 
und vierter wieder eine Verschlechterung eintrat. 

Es entsteht nunmehr die Frage: Bis zu welchen Werten muß beim 
nierengesunden Menschen das Fibrinogen im Plasma ansteigend ehe es 
zur zur Albuminutie kommt ? Genaue Zahlen können wir diesbezüglich 
trotz sehr zahlreicher Untersuchungen, die über den Fibrinogengehalt 
des Plasmas im letzten Jahre auf unserer Klinik angestellt wurden, 
nicht geben; wir schätzen den Grenzwert aber sehr hoch, etwa 
zwischen 0,6 und 1,0 g°/ 0 , ja sogar vielleicht in vielen Fällen noch 
bedeutend höher. Die Frage, ob jede vollkommen gesunde Niere 
überhaupt einen solchen Schwellenwert hat, ist deshalb so schwierig 


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318 V. Kollert und W. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen 


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zu beantworten, weil wohl die höchsten Grade des Eiweißzerfalles 
bei fieberhaften Zuständen .auftreten und es noch ein unerledigtes 
Problem ist, inwieweit eine solche „febrile Albuminurie“ jedesmal 
mit einer Nierenschädigung einhergeht. Auch im Experiment dürfte 
sich eine ausgiebige Erhöhung des Fibrinogenspiegels nur unter Be¬ 
dingungen erzielen lassen, unter denen eine leichte, vorübergehende 
Schädigung der Niere nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann. 
Die große Zahl der Albuminurien, die bei Athleten nach Höchst¬ 
leistungen auftreten (vergl. Collier ), sprechen für einen auch beim 
Gesunden bestehenden Schwellenwert. 

Als ein Beispiel einer febrilen Albuminurie diene folgender Fall: 
Sch. Kruppöse Pneumonie. Fibrinogen: 0.99 g°/ 0 . Im Ham niini- 

+ 

malste Spuren Eiweiß, U : 2,40 g°/ 0 , Chloride: 0,13 g 0/ 0 . Hier besteht 
bei stark erhöhtem Fibrinogenwert eine so geringe Albuminurie, daß 
die Eiweißdurchlässigkeit der Niere als sehr gering gewertet werden 
kann. 

Fassen wir unsere Anschauung über das Wesen der Albuminurie 
zusammen, so kommen wir zu folgendem Satze: Die Albuminurie der 
Nierenkranken ist der Ausdruck eines erhöhten Eiweißzerf alles bei 
gleichzeitigem Bestände einer für Eiweiß stärker als in der Norm durch¬ 
lässigen Niere. Es ist demnach zu ihrem Entstehen das Zusammen¬ 
treffen zweier, voneinander weitgehend unabhängiger Bedingungen 
nötig. 

Es erhebt sich nunmehr die Frage, ob jeder vermehrte Eiwei߬ 
zerfall mit Bluteiweißbildern einhergeht, die den bei der Pneumonie 
und der Nephrose beschriebenen Typen analog sind. Da es fest¬ 
zustehen scheint, daß das Auftreten der Hyperinose auch einen 
gesetzmäßigen Einfluß auf die anderen Glieder der Eiweißbilder 
bedingt, können wir die Frage auch näher dahin präzisieren, ob 
jeder vermehrte Eiweißzerfall mit Erhöhung des Fibrinogenspiegels 
im Blute einhergeht. In dieser Form gestellt, müssen wir sie ver¬ 
neinen. Da ihre Beantwortung eine weitere Möglichkeit der Ana¬ 
lyse der von uns aufgestellten Eiweißbilder gibt, sei es gestattet, 
auf sie näher einzugehen. 

Zuerst wollen wir die Wahl der Pneumonia crouposa und der 
Nephrose als Paradigmen für eine bestimmte Veränderung des Ei¬ 
weißstoffwechsels begründen. Die beiden Krankheiten haben zu¬ 
nächst gemeinsam, daß bei ihnen häufig der Diplokokkus pneumoniae 
eine ätiologische Rolle spielt. Für das erste Leiden ist das all¬ 
bekannt. Bezüglich des zweiten verweisen wir auf die Autopsie¬ 
fälle in der Monographie Volhards . Auch unter unseren Nephrosen 
findet sich ein Kranker, bei dem die Sektion als Todesursache eine 



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vermehrten Eiweißzerfalles bei geschädigter Nierenfunktion. ;j J 9 

Pneumokokkenperitoniti8 ergab. Im Tierexperimente führen die In¬ 
fektionen mit Pneumokokken ebenfalls zu starken Hyperinosen (Heye). 

Bei der chronischen Nephrose scheint, soweit derzeit Erfahrungen 
darüber vorliegen, die starke Erhöhung des Fibrinogens konstant zu 
sein. Nicht ganz so regelmäßig ist dieser Befund bei der Pneu¬ 
monie zu erheben. Wohl wird die Lungenentzündung unter den 
fieberhaften Prozessen, die zur Hyperinose führen, von den ver¬ 
schiedenen Forschern auf diesem Gebiete immer wieder hervor¬ 
gehoben und vielfach bei der Aufzählung der hierher gehörigen 
Leiden als Typus dieser Stoffwechselstörungen betrachtet; immerhin 
aber gibt es in der Literatur einzelne Fälle verzeichnet, bei denen 
ein annähernd normaler Fibrinogenwert gefunden wurde. Nägeli 
betont z. B., daß das Fibrin bei croupöser Pneumonie fast ausnahms¬ 
los vermehrt sei; doch mangelt diese Zunahme bei fehlender Leuko- 
eytose. Gram vermißte bei Krankheiten, die im allgemeinen mit 
Fibrin Vermehrung einhergehen, dann die Hyperinose, wenn gleich¬ 
zeitig eine schwere Leberschädigung (meist autoptisch) nachgewiesen 
werden konnte. Wir möchten — ohne wegen der Weitläufigkeit der 
sich aus dieser Fragestellung ergebenden Untersuchungen auf Einzel¬ 
heiten einzugehen — darauf hindeuten, daß wir das Fehlen der 
Fibrinogenvermehrung bei Pneumonie auf Grund experimenteller Er¬ 
fahrungen mit einer veränderten Funktion der Leberzellen in Zusammen- 
zu bringen. Der annähernd normale , ja vielleicht verminderte Fibrinogen - 
geholt im Verlaufe eines infektiösen Prozesses ist demnach kein Beweis 
dafür , daß der Eiweißzerfall nicht gesteigert sei. Erinnern wir uns, 
daß nach der eingangs erwähnten Theorie von Herzfeld und Klinger 
Eiweißspaltprodukte von großem Einflüsse auf die Stabilität der 
grobdispersen Eiweißkörper und die Geschwindigkeit ihres Zerfalles 
in kleinere Teile sind. Wir stellen uns nun vor, daß bei geschädigter 
hepataler Funktion Eiweißabbauprodukte aus der Vena portae in 
gesteigerter Menge die Leber passieren können, in den großen Kreis¬ 
lauf gelangen und hier auf das physikalisch-chemische Verhalten des 
Fibrinogens von Bedeutung sind. Einzelheiten und die nähere Be¬ 
weisführung sollen in einem anderen Zusammenhänge erörtert 
werden. Hier wollen wir nur darauf hinweisen, daß aus zahlreichen 
Angaben in der Literatur zu schließen ist, daß auch der Eiwei߬ 
abbau bei geschädigter Leber Veränderungen erfährt. In allen 
solchen Fällen scheint nämlich die Ammoniakbildung gegenüber der 
Hamstoffbildung zu überwiegen. 

Für die uns hier beschäftigende Fragestellung ist nur von 
Wichtigkeit, daß normaler Fibrinogengehalt noch nicht ausnahms¬ 
los das Fehlen eines gesteigerten Eiweißzerfalles bedeutet, wenn auch 
für die Mehrzahl der Prozesse die Regel gelten dürfte, daß die 


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Fibrinogenmenge im Plasma ungefähr ein Maß der Eiweißmauserung 
ist. Sehen wir nun, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, wie 
sich die häufigsten Infektionskrankheiten bezüglich des Fibrinogen¬ 
gehaltes des Plasmas verhalten. 

Vermehrung zeigen: 

Gelenkrheumatismus (Andral und Gavarret, Berggrün , Gram , 
Halliburton, Nagelt , Pfeiffer). 

Erysipel (Gram, Halliburton, Pfeiffer). 

Lues recens ( Wintemitz), Gram fand normale Fibrinwerte. 

Progrediente Tuberkulose (Frisch, Berggrün ), Gram fand normale 
Fibrin werte. 

Eiterungen (Andral und Gavarret , Gram). 

Peritonitis acuta (Pfeiffer). 

Annähernd normale Werte zeigen: 

Typhus abdominalis (Andral und Gavarret, Becquerel und Rodier, 
Gram , Hayem und Steiger, Nägeli , Pfeiffer). 

Malaria (Andral und Gavarret, Gram, Pfeiffer). 

Hinsichtlich der ersten Gruppe hat uns die Pneumonie als Bei¬ 
spiel gedient. Bezüglich der zweiten Gruppe wollen wir auf den 
Typhus abdominalis hin weisen 1 ). Leider konnten wir in dieser Hin¬ 
sicht noch keine persönlichen Erfahrungen sammeln. Es geht aber 
aus der Literatur hervor, daß febrile Albuminurien auch bei Typhus 
sehr häufig sind. Es besteht also der Widerspruch gegen unsere 
bisherige Hypothese von dem Zusammenhang zwischen Albuminurie 
und Fibrinogenvermehrung bei geschädigter Niere, daß eine Krank¬ 
heit, die mit normalem Fibrinogengehalt einhergeht, häufig zu 
Albuminurien führt. Diese Lücke unserer Kenntnisse kann nur 
durch genaue Analyse der entsprechenden Blut- und Harneiweiß- 
biider in ihrer Bedeutung geklärt werden. Der Objektivität der 
Darstellung wegen ist aber der Hinweis auf diesen Punkt nötig. Der 
Widerspruch zu unserer Hypothese ist wahrscheinlich in dem Sinne 
nur ein scheinbarer, als in diesen Fällen wohl nicht das Fibrinogen 
(wegen zu rascher Zerspaltung desselben) aber doch die Globuline 
(siehe Langstein und Meyer) vermehrt sind. Für die Globulinver- 

*) Die Giweißbilder hei Typhus dürften in folgender Weise zu präzisieren 
sein. Blut: Fibrinogen normal (S. o.) oder vermindert (Jürgens). Serumeiweiß 
vermindert (Reiß). Globuline: Albumin.? i?.-JV.;bei schwerer Intoxikation erhöht 
(Wagner , u. a.). Harn ; febrile Albuminurie häufig ( H . Strauß); geht mit der 
Schwere des Prozesses parallel (Stolte, Jürgens). Harnstoff: hohe Konzentration 
zur Fieberzeit, rasches Absinken nach der Entfieberung (Jürgens). Die von 
Langstein und Mayer an Typhustieren erhobenen Befunde ergaben teils stark 
unter-, teils übemormale Fibrinogenwerte (Zustand der Leber!). Die Globuline 
waren gegenüber der Norm vermehrt. 



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vermehrten Eiweißzerfallee bei geschädigter Nierenfunktion. 821 

mehrung spricht auch der Befund, daß solches Blut trotz normalen 
Fibrinogengehaltes Senkungsbeschleunigung aufweist (Schürer-Eimer 
1921 und Waldheim 1917). 

Wir wollen schließlich die Eiweißbilder vom Standpunkt des R.-N 
betrachten. Trotzdem gerade über dieses Gebiet eine sehr große 
und exakte Arbeit vorliegt, hoffen wir doch durch die Einordnung 
der Reststickstoffwerte in die von uns aufgestellten Schemen auf 
neue und wichtige Beziehungen hinweisen zu können. 

Betrachten wir von diesem Gesichtspunkte zunächst die Rest¬ 
stickstofferhöhung bei der Pneumonie. Sie wird in der Literatur 
verschieden ausgelegt: F. Wagner betont, daß der Faktor des Ei¬ 
weißzerfalles im ganzen Gebiete des R.-N eine größere Rolle spielt 
als dies bisher angenommen wurde und sucht durch gleichzeitige 
Bestimmungen von RN und Harnstoffausscheidung nachzuweisen, 
daß die R.-N-Erhöhung nicht auf eine schwere Funktionsstörung der 
Niere zurückzuführen sei, sondern vielfach mit dem vermehrten 
Hamstoffangebot an die Niere Zusammenhänge. Dem gegenüber 
deutet W. Falta den Befund dahin, daß bei Infektionskranken die 
Niere nicht den gleichen Anforderungen gewachsen sei wie die Nor¬ 
male. — Unseres Erachtens wird sich die Frage durch reihenweise 
Bestimmungen der Bluteiweißbilder klären lassen. Wir wollen hier 
nur betonen, daß nach den bereits angeführten hohen Fibrinogen¬ 
werten bei Pneumonie über das enorme Angebot von Eiwei߬ 
schlacken an die Niere kein Zweifel sein kann und daß unter 
solchen Umständen eine Niere gelegentlich wohl ihre maximale 
Konzentrationsfähigkeit im Sinne von Ambard erreichen wird. Je 
tiefer vorher dieser individuell ja variierende Grenzwert lag, desto 
eher wird es zur R.-N-Erhöhung kommen. Andererseits müssen wir 
uns dabei aber der Befunde Ambard's erinnern daß eben dieses 
maximale Angebot von Harnstoff an die Niere wieder eine Schädi¬ 
gung dieses Organes bedingen kann. Nonnenbruch kam auf einem 
ganz anderen Wege als Wagner zu der Ansicht, daß ein hoher 
R.-N kein Beweis für eine N-Retention zu sein brauche. Nach 
Harnstoffgaben per os fand sich nämlich gelegentlich ein er 
höhter R.-N im Blute, nachdem schon die ganze zugeführte 
Menge Harnstoff wieder ausgeschieden war. Schon Monakow hatte 
ähnliche Erwägungen aus seinen Befunden abgeleitet. Auch Folin , 
Denis und Seymour glauben nach Versuchen an Nephrosklerosen, daß der 
Reststickstoffgehalt des Blutes auch durch den Grad des Eiweißab¬ 
baues beeinflußt werde. Es sei hier darauf hingewiesen, daß bei 
der Pneumonie ein erhöhter Fibrinogen- und R.-N-Wert anscheinend 
ziemlich gleichzeitig bei der Entfieberung rasch zur Norm absinken, 
worauf nun die starke Harnstoff-Ausschwemmung einsetzt. 

Z. f. d. ff. exp. Med. XXX. 21 


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»J22 V. Kollert und W. Stärlinger: Die Albuminurie als Zeichen 

Die Frage der Beziehungen von Fibrinogen und Bluthamstoff, 
der ja einen beträchtlichen Teil des R.-N ausmacht, regt uns noch 
zu einer zweiten, einstweilen wohl noch hypothetischen, trotzdem 
aber vielleicht bedeutungsvollen Überlegung an. Wir haben in 
früheren Mitteilungen gezeigt, daß im Reagensversuch Harnstoff in 
Konzentrationen, in welchen er nicht allzu selten im menschlichen 
Blute anzutreffen ist, bereits einen deutlichen Einfluß auf die Flock- 
barkeit des Fibrinogens ausübt. Er vermag die Ausfällbarkeit dieser 
Eiweißfraktion durch Kochsalz, Alkohol, Hitze aufzuheben. Eine 
solche Stabilisierung des Fibrinogens geht nun nach der Anschauung 
von Herzfeld und Klinget mit erhöhtem Zerfall einher, wofür im 
Versuche allerdings exakte Beweise noch fehlen, da nur eine ver¬ 
änderte Quellung der Kolloide unter Einwirkung des Harnstoffes 
feststeht. Ist diese Hypothese aber richtig, so bewirkt bei Uraemie 
der durch die Erhöhung des R.-N beschleunigte Zerfall der grob- 
dispersen Eiweißteile seinerseits wieder eine Vermehrung des wich¬ 
tigsten Endproduktes, des Harnstoffes. Da gleichzeitig dessen Aus¬ 
scheidung durch die Nieren daniederliegt, entsteht so ein Circulus 
vitiosus, der vielleicht gelegentlich an dem raschen Ausbruch einer 
Urämie beteiligt ist. Auch aus der Literatur lassen sich für die 
eben entwickelte Hypothese gewichtige Stützen finden. Dieses Pro¬ 
blem ist allerdings sehr kompliziert (siehe Volhard, Theorie der 
Urämie). Mit dem Eintreten der Urämie tritt ein rapider Muskel¬ 
schwund auf, der die Annahme eines toxischen Eiweißzerfalles nahe¬ 
legt ( Bradford , Senator , Richter , v. Noorden , Volhard ). Im Serum 
nehmen die Globuline ab, was Lange mit der „lyophilen“ Fähigkeit 
des Harnstoffes in Zusammenhang bringt. Die bereits früher er¬ 
wähnte verzögerte Blutgerinnung dürfte mit der Beeinflussung des 
Fibrinogens durch den abnorm reichlich vorhandenen Harnstoff in 
Beziehung stehen. Wir finden also Anhaltspunkte für einen 
Einfluß des vermehrten R.-N auf die fixen Körperzellen und 
auf die zirkulierenden grobdispersen Eiweißkörper. Eis braucht 
dabei wohl kaum der Erwähnung, daß aus dieser Überlegung 
über die toxische Wirkung von Hamstoffstauung nicht etwa der 
Schluß gezogen werden darf, daß das gesamte klinische Bild 
der Urämie nur mit dem Harnstoff Zusammenhänge. Der Einfluß 
anderer Endprodukte des Eiweißstoffwechsels auf die Stabilität der 
grobdispersen Eiweißteilchen ist aber unseres Wissens nur wenig 
untersucht. 

Wir wollen diesen Abschnitt nicht schließen, ohne darauf hinzu¬ 
weisen, daß die getroffene Wahl des Harnstoffes als Paradigma der 
Endprodukte des Eiweißstoffwechsels wohl dadurch berechtigt ist, 
daß er quantitativ unter den verschiedenen Eiweißschlacken an 



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vermehrten Ei weißzerfall es bei geschädigter Nierenfunktion. 


323 


erster Stelle steht, andererseits aber willkürlich ist, als vielleicht 
auch andere Stoffe ähnlichen Gesetzen folgen. 

Weiter bedürfen die vorgelegten Befunde in einer weiteren 
Richtung einer Ergänzung. Zur besseren Klärung der besprochenen 
Stoffwechsel Vorgänge müssen im Hinblick auf den regen Austausch 
vieler Stoffe zwischen Blut und Geweben neben den Blut- und 
Harneiweißbildern auch „Gewebseiweißbilder“ studiert werden. Als 
Beispiel der Bedeutung derselben für das Verständnis der darge¬ 
legten Befunde sei das von Berad erhobene Ergebnis betont, daß 
bei Nephrosen trotz normalem R.-N im Blute der R.-N in den Ge¬ 
weben stark erhöht ist. Dies erhellt den Zusammenhang zwischen 
der Fibrinogenanreicherung im Plasma und der Harnstoffausschwem- 
mung im Harne. Vielleicht liefert die von Oännslen und Müller 
ausgearbeitete Methode des Studiums des Kantharidinblaseninhaltes 
hierfür einen brauchbaren Weg. 

Die dargelegten Untersuchungen führten zu folgenden Schlu߬ 
sätzen : 

1. Schwankt bei gesunder Niere im Laufe eines Tages der 
Fibrinogenspiegel des Plasmas, so ändert sich gleichsinnig die Konzen¬ 
tration der Harnstofffraktion des Urins. 

2. Schwankt bei kranker Niere im Laufe eines Tages der 
Fibrinogenspiegel des Plasmas, so ändert sich — falls das Fibrinogen 
vermehrt ist - gleichsinnig die Konzentration des Eiweißes und der 
Harnstofffraktion des Urins. 

3. Nephrosen mit starker Albuminurie haben einen außerordent¬ 
lich hohen Fibrinogengehalt des Plasmas. Gleichzeitig ist das Ver¬ 
hältnis der Globuline zu den Albuminen zugunsten der ersteren 
verschoben. Die hohe Harnstoffkonzentration des Urins steht mit 
dem vermehrten Fibrinogengehalt des Plasmas in Beziehung. 

4. Nephritiker mit Albuminurie zeigen einen gegen die Norm 
mehr oder weniger erhöhten Fibrinogengehalt des Plasmas. Die 
Albuminurie der Nierenkranken ist der Ausdruck eines vermehrten 
Eiweißzerfalles bei gleichzeitigem Bestände einer erhöht eiwei߬ 
durchlässigen Niere. 

5. Sinkt bei Nierenkranken der Fibrinogenspiegel des Plasmas 
unter einen bestimmten, individuell verschiedenen Wert, so schwindet 
die Albuminurie. Es läßt sich auf diese Weise ein objektiver Ma߬ 
stab für die Eiweißdurchlässigkeit der Niere finden. 

6. Mit Hilfe sogenannter Blut- und Eiweißbilder gelingt es, 
eine ungefähre Übersicht über den jeweiligen Zerfall des Körper¬ 
eiweißes bei verschiedenen krankhaften Zuständen zu erlangen. 

21 * 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



.‘124 V. Kollert und \V. Starlinger: Die Albuminurie als Zeichen usw. 


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Klinisch experimentelle Untersuchungen Uber Blut¬ 
serumkonzentration bei Arsenkuren. 


Von 

Dr. Heinrich Zimmer. 

(Aue der inneren Abteilung des Krankenhauses Berlin-Wilmersdorf [Leitender 
Arzt: Prof. R. von den Velden].) 

0 

Mit 10 Kurven im Text. 

(.Eingegangen am 25. Juli 1922.) 

Unsere theoretischen Vorstellungen über die Pharmakodynamik des 
Arsens lassen noch manche Frage ungeklärt und es muß uns deshalb 
jede Methode willkommen sein, die geeignet ist, die wissenschaftliche 
Erklärung der klinischen Erscheinungen zu fördern. Nach den Er¬ 
fahrungen der Klinik, sowie den Ergebnissen des Experimentes muß 
man dem Arsen sowohl eine reizende, als auch unter entsprechen¬ 
den Bedingungen eine hemmende, lähmende, zerstörende Wirkung 
zuschreiben, welch letztere ja vor allem in dem Einfluß auf neopla¬ 
stische Zellkomplexe ihren Ausdruck findet. 

Für das Arsen als Roborans und Tonicum sind es vor allem 
zwei Hauptpunkte, die für die Beurteilung des Erfolges einer Arsen- 
kur maßgebend sind, nämlich: die Veränderung des Blutbildes im 
Sinne einer Vermehrung der Erytkrocyten und die Zunahme des Kör¬ 
pergewichtes unter Fettansatz. 

Man hat früher auf Grund nicht eindeutiger Stoffwechselversuche dem 
Arsen in kleinen Dosen eine oxydationshemmende Wirkung zugeschrieben, 
allein Untersuchungen der A r oorrfe/ischen und Clöttaschen Schule 1 ) ergaben 
zwar eine Eiweißeinsparung und eine Zunahme des Fettgehaltes, aber keine 
verminderte Oxydationsenergie der Zellen. Wenn auch durch diese Unter¬ 
suchungen ein echter Stofiansatz fest gestellt war, so ließen doch mancherlei 
klinische Erfahrungen, wie der oft nur temporare Erfolg einer Arsenkur, sowie 
der innerhalb kurzer Zeit ziemlich erhebliche Gewichtsanstieg und sonstige 
Erscheinungen die Frage aufwerfen, ob die Gewichtsveränderungen zu einem 
nicht unerheblichen Teil durch Änderungen im Wassergehalt des Organismus 
bedingt seien. Auf diese Vermutung führten auch die Ergebnisse von Ver¬ 
suchen, die von den Velden' 2 ) über den Wasserhaushalt des Organismus bei der 
Antipyrese angestellt hatte. 


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H. Zimmer: 


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Am nächstliegendsten zum Studium der Verhältnisse des Wasser¬ 
haushaltes erscheint die einfache Aufstellung einer Wasserbilanz aus 
der Flüssigkeitsaufnahme und Abgabe während einer Arsenkur, allein 
diese Methode bietet zu große Fehlerquellen. Eine andere Möglich¬ 
keit, der Frage näher zu kommen, bietet die refraktometrische Unter¬ 
suchung des Wassergehaltes des Blutserums. Nach den Arbeiten 
von Reiß 9 ) läßt sich aus der vergleichenden Betrachtung des Eiweiß- 
bzw. Wassergehaltes des Blutserums mit regelmäßigen Körper¬ 
gewichtsfeststellungen entscheiden, ob eine echte oder auf Wasser¬ 
retention beruhende Gewichtszunahme vorliegt. Ich führte deshalb 
über längere Zeit sich hinziehende refraktometrische Blutserumunter- 
Stockungen bei chronischen Arsenmedikationen durch, um der Verhält¬ 
nissen des Wasserhaushaltes während der Arsenkur näher zu 
kommen. 

Die Untersuchungen wurden in der Art vorgenommen, daß jeden zweiten 
Tag morgens in nüchternem Zustande unter möglichst gleichen Bedingungen 
ohne vorherige Desinfektion der Einstichstelle, der Fingerbeero Capillarblut 
entnommen, in U-förmige Röhrchen aufgesaugt, zentrifugiert und das Serum 
refratet ometrisch auf seinen Eiweißgehalt untersucht wurde. Wie schon Reiß 
erwähnt, macht es für vergleichende Untersuchungen des Wassergehaltes keinen 
Unterschied, ob man Blutplasma oder Serum benützt. Zugleich wurde mor¬ 
gens nüchtern in Abständen von 2 bis 3 Tagen das Körpergewicht mög¬ 
lichst genau bestimmt. Allerdings wird man ja bei der Blutentnahme aus der 
Fingerbeere (Capillarblut) kein reines Serum, sondern dasselbe mehr oder 
minder gemischt mit Gewebsflüssigkeit erhalten, aber da die Blutserum¬ 
konzentration der Konzentration der Gewebsflüssigkeit an dieser Entnahme¬ 
stelle parallel geht, kommt diese Fehlerquelle für die vorliegenden Reihen¬ 
untersuchungen wohl kaum in Betracht. Nur bei Stoffaustauschuntersuchungen 
zwischen Blut und Gewebe , bei akuten Gleichgewichtsstörungen durch intra¬ 
venöse Injektion hochprozentiger Lösungen von Kochsalz und anderen Salzen, 
wo es darauf ankommt, die Veränderungen des Refraktometerwertes im Serum 
allein innerhalb einer gewissen kurzen Zeit zu beobachten, darf dieser Faktor 
als Fehlerquelle nicht vernachlässigt werden (Kontrolluntersuchungen am 
venösen BlutV Als Arsenpräparate wurden stomachal: Dürkheimer Max-Quelle 
und Fowlersche Lösung und subcutan Solarson verwendet. Die Ergebnisse der 
Untersuchungen seien in folgenden Tabellen und Kurven mitgeteilt. 

Als Vorversuch wurde zunächst der Verlauf von Eiweißkonzen¬ 
tration und Gewicht bei zwei unter möglichst reichlicher Nahrungs¬ 
aufnahme ohne bestimmtes Vorherrschen einer reinen Fett-Eiwei߬ 
oder Kohlenhydraternährung stehenden Patientinnen untersucht, um 
festzustellen, wie sich der Refraktometerwert des Serums unter reiner 
gemischter Mast (wie sie ein städtisches Krankenhaus zur Zeit er¬ 
laubt) verhält und ich fand in beiden Fällen den schon von Reiß*) 
angegebenen Verlauf bestätigt: während das Gewicht steigt , bleibt die 
Blutserumkonzentration von kleinen Schwankungen abgesehen im großen 
und ganzen konstant. 



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Klm. exper. Untersuchungen über Blntserumkonzentration bei Aroenkuren. 327 


Fall 1. 24 Jahre alte Patientin mit abgelaufener leichter Bronchitis ohne 
sonstigen pathologischen Befand der inneren Organe. 19 tägige Mastkur. 


Datum 

Gewicht in kg 

Eiweiß ®/ 0 

8. X. 

47,0 

8,47 

9. X. 

— 

— 

10. X. 

47,0 

8,28 

11. X. 

47,0 

8,172 

12. X. 

— 

— 

13. X. 

47,6 

8,28 

14. X. 

— 

— 

15. X. 

48,0 

8,366 

16. X. 

— 

— 

17. X. 

48,0 

7,778 

18. X. 

— 

— 

19. X. 

48,5 

8,601 

20. X. 

— 

— 

21. X. 

48,5 

8,28 

22. X. 

— 

— 

23. X. 

48,9 

8,708 

24. X. 

— 

— 

25. X. 

49,3 

8,708 

26. X. 

49,4 

8,622 

Gewichtszunahme in 19 Tagen: 2,4 kg Refraktometerwert bleibt mit Aus- 

nähme der Schwankung vom 

15. X. bis 19. X. 

nahezu konstant. 

Fall 2. 27 jährige Frau 
haften organischen Befund. 

mit chronischer Arthritis ohne sonstigen krank- 
18 tägige Mastkur. 

Datum 

Gewicht in kg 

Eiweiß °/ 0 

26. X. 

50,5 

8,92 

27. X. 

50,5 

8,92 

29. X. 

50,6 

8,92 

31. X. 

1. XI. 

2. XI. 

51,1 

51,1 

9,12 

9,05 

8. XI. 

52,1 

8,97 

5. XI. 

52,1 

8,85 

7. XI. 

52,1 

9,02 

9. XI. 

52.2 

8,92 

10. XI. 

52,0 

9,13 

12. XI. 

52,3 

9,0 


Gewichtszunahme in 18 Tagen 1,8 kg Blutserumkonzentration behält den 
gleichen Wert. 

Es folgen die Resultate, die bei Verabreichung der uns freund- 
lichst zur Verfügung gestellten Dürkheimer Maxquelle erzielt wurden. 
Die Maxquelle in Dürkheim (Pfalz) ist ein erdmuriatischer Koch¬ 
salzsäuerling, dessen Gehalt an As a 0 8 im Liter 19,5 m beträgt. Die 
Medikation wurde in der aus den beigefügten Protokollen und Kurven 
ersichtlichen Form durchgeführt. 


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328 


H. Zimmer: 


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Fall 3. 18 jähriges Mädchen, das wegen allgemein nervöser Beschwerden, 

sowie Ödemen an beiden Knöcheln das Krankenhaus aufsuchte. Die inneren 
Organe und das Nervensystem waren ohne krankhaften Befund, die ge¬ 
schwollenen Knöchel hatten ihre Ursache in Plattfußbeschwerden. Patientin 
war von sehr pastösem Habitus. Es bestand keine wesentliche Anämie: 
Hb. 65 °/ 0 , Erythrocyten 4,2 Millionen, F. J. 0,7. Immer fieberlos, W.-R. neg. 
Patientin erhielt Maxquelle, die immer gut vertragen wurde. Die Gesamt¬ 
menge des während der 22 tägigen Kur zugeführten As^O* betrug 57,33 mg. 


Datum 


Medikation 

Gewicht in kg 

Eiweiß */u Bemerk. 

10. VIII. 




57,3 

7,85 

11. VIII. 

3-20 

ccm 

Maxquelle 

57,0 

7,55 

13. VIII. 

3-20 

Y> 

r> 

57,2 

7,65 

14. vrn. 

3-40 

r> 

n 



15 . vm. 

3-40 

n 

n 

57,9 

7,63 

16 . vm. 

3-60 

V 

n 

58,0 

7,76 

19. vm. 

3 80 

n 

« 

58,0 

7,85 

21 . vm. 

3-80 

rt 

r> 

59,1 

7,85 

23. vm. 

3-60 

rt 

r 

59,3 

7,76 

25. vm. 

3-40 

r> 

n 

60,5 

7,63 

27. vm. 

3*40 


n 

60,6 

7,65 

29. vm. 

320 

T) 


60,4 

7,68 

3i. vm. 

3-20 

n 

n 

61,0 

8,01 

2. IX. 




61,0 

7,63 

4. IX. 




61,5 

7,63 



Wie aus dem Protokoll ersichtlich, stieg das Körpergewicht in 22 Tagen 
von 57 kg auf 61 kg und zwar ziemlich gleichmäßig. Die Blutserumkonzen¬ 
tration hielt sich während dieser Zeit, von einigen Schwankungen abgesehen, 
fast auf gleicher Höhe von 7,54 °/ 0 bei Beginn und 7,63 °/ 0 am Ende der Kur. 
Die vom 23. VDI. bis 29. VIII. ersichtliche Gewichtsschwankung ist von einem 
entsprechenden Verlauf der Refraktometerkurve im Sinne einer Wasserretention 
begleitet. Sicher handelt es sich in diesem Fall um einen zum größten Teil 
echten Stoffansatz (vgl. Fall 1 und 2) unter Arsen. Eine Beteiligung des 
Wasserhaushaltes, soweit er refraktometrisch im Blutserum festzustellen ist 
kann nur vom 23. VITE, bis 29. VIH. ersehen werden. 



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Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 329 

Fall 4. Patientin mit allgemeiner Defatigatio und nervösen Beschwerden. 
Innere Organe o. B. Hb. 75 °/ 0 , Erythroc. 5,2 Mill. F. J. 0,75. W.-R. neg. 
Immer fieberlos. Erhält als Roborans Maxquelle. Während der Kur keine 
Magen-Darmstörungen, guter Appetit. Dauer der Kur 26 Tage. Menge des 


in dieser Zeit zugeführten As^O, 

63,76 mg. 


Datum 

Medikation in ccm 

Gewicht in kg 

Eiweiß «/< 

Bemerk. 

16. IX. 


49 

8,28 

19. IX. 


50 

8,28 

21. IX. 


50,13 

8,28 

22. IX. 


50,5 

8,28 

24. IX. 

310 

50,8 

8,43 

25. IX. 

3-20 



26. IX. 

3-20 

51,1 

8,194 

28. IX. 

3 20 

50,7 

8,064 

29. IX. 

3-40 



30. IX. 

3-40 

50,8 

8,515 

1. X. 

340 


■8,4 

2. X. 

3*60 

51,4 

8,494 

4. X. 

3-60 

52,3 

8,344 

5. X. 

3-80 



6. X. 

3-80 

52,4 

8,28 

8. X. 

3-80 

52,6 

8,064] 


9. X. 

360 


8,064 


10. X. 

3-60 

52,5 

8,87 

* Menses 

12. X. 

340 

53,0 

7,848 


14. X. 

340 

53,1 

7,912 

15. X. 

3-20 



17. X. 

3- 20 

53,4 

8,28 

18. X. 

3 10 



19. X. 

3-10 

53,8 

8,624 

21. X. 


53,8 

8,494 

rss MJZ * 10. 

it 2* 26. iS. 30. ZI. t*. 6. 6 

iq n. n i 

* 18. 



Kurve 2. 


Die schon vor Beginn der Kur aus Kurve und Tabelle ersichtliohe Ge¬ 
wichtszunahme setzte sich auch während der Arsenmedikation zunächst in 
demselben Maße fort, von einer Schwankung (26. IX. bis 30. IX.) abgesehen. 
Gewichtszunahme während der 26 tägigen Kur von 50,8 kg auf 53,8 kg, also 
3 kg. Refraktometer wert zeigt bis ca. zum Höhepunkte der Kur am 8. X. 
außer der Zeit vom 28. IX. bis 30. IX. die Tendenz zum Sinken. (Konzen* 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 









330 


H. Zimmer: 


trationsabnahme vom 24. IX. bis 8. X. 0,4 °/ 0 ), um dann nach der Schwankung 
vom 8. X. bis 12. X. wieder zu steigen. Bei Vergleich beider Kurven finden 
wir eine offenbar auf WasBerretention beruhende Gewichtszunahme vom 30. IX. 
bis 8. X. bzw. 12. X. Für das Verhalten der Konzentrationskurve vom 
8. X. bis 12. X. sind vielleicht die Menses verantwortlich zu machen (ver¬ 
änderter Wasserhaushalt durch gestörte NaCl-Bilanz). von den Velden b ) fand 
bei Epilepsiekranken zur Zeit der Menstruation eine Störung der NaCl-Aus¬ 
fuhr und damit indirekt auch des Wasserhaushaltes des Körpers. Der Ver¬ 
lauf vom 8. bis 12. X. prägt sich auch in der Gewichtskurve im Sinne einer 
Änderung der Wasserbilanz aus. Doch müßte man bei einer reinen Störung 
des Wasserhaushaltes, bei einer Konzentrationserhöhung von 0,8 °/ 0 einen stär¬ 
keren Gewichtssturz als wie 100 g erwarten. Jedenfalls fand hier in dieser 
Zeit vielleicht unter dem Einfluß der Menses auch eine wechselnde Verteilung 
des Wassers im Organismus statt 

Es handelt sich sicher in diesem Fall um eine Kombination 
von echter Gewichtszunahme mit durch Wasserretention im Körper 
bedingter. Der Einfluß des Wasserhaushaltes tritt besonders vom 30. IX. 
ab in Erscheinung. Vom 12. X. ab dann gleichsinniges Ansteigen 
beider Kurven (echter Stoffansatz, vielleicht auch Nachlassen der 
wasserretinierenden Arsenwirkung bei fallenden Arsendosen). 

Fall 5. 27jährige Frau, die kurz vor der Krankenhausaufnahme eine 
akute Gastro-Enteritis durchgemacht hatte und wegen allgemeiner Defatigatio 
auf genommen wurde. Innere Organe sowie Nervensystem zur Zeit der Auf¬ 
nahme ohne pathologischen Befund, Hb. 70 ü / 0 » Erythroc. 4,4 Mill., F. J. 0,8. 
Patientin erhielt als Roborans Maxquelle. Die Dauer der Kur betrug 27 Tage 
und die Gesamtmenge des in dieser Zeit zugeführten As^Oj 70,2 mg. 


Datum 

Medikation in ccm 

Gewicht in kg 

Eiweiß o/ 0 Bemerk. 

24. VIII. 


49,2 

7,848 

26. vm. 

27. VIII. 

3-20 

49,2 

7,416 

28 . vm. 

3-20 

49,3 

7,7 

so. vm. 

3-40 

49,4 


1. IX. 

3-40 

49,3 

8,494 

2. IX 

340 

49,8 

7,848 

3. IX. 

3 • 60 



5. IX. 

3-60 

49,5 

8,333 

7. IX. 

3-80 

49,6 

7,848 

10. IX. 

3-80 

49,7 

8,1 

11. IX. 

3*60 



13. IX. 

3-60 

49,8 

\ Durchfall 

15. IX. 

16. IX. 

3-60 

3-40 

49,4 

<,060/ Magenbeschwerden 

7,427/ * 

19. IX. 

3-20 

49,9 

7,643 

21. IX. 

3-20 

50,2 

7,278 

23. IX. 


50,1 

6,98 

24. IX. 


50,1 


25. IX. 


50,1 

7,211 

27. IX. 


50,6 

7,632 

29. IX. 


50,6 

7,632 

31. IX. 


50,8 

7,642 

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• 

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Klin. experim. Untersuchungen über Blutserumkonzention bei Arsenkuren. 331 



Während der Arsenmedikation nahm das Körpergewicht nur um 0,9 kg 
zu. Die Blutserumkonzentration zeigte unter erheblichen Schwankungen eine 
Konzentrationsabnahme um 0,43°/ 0 von Beginn bis Ende der Kur. Vom 
25. VIII.—1. IX., also im Beginn stieg die Konzentration zunächst um 1 °/ 0 bei 
geringer Gewichtszunahme um 100 g, also fast Konstanz des Körpergewichtes 
bei Eindickung des Blutes (Wasserverlust bei gleichzeitigem echten Stoffansatz). 
Nach der Anamnese hatte Patientin ca. 8 Tage vor Beginn der Kur eine 
Gastro-Enteritis durchgemacht, im Krankenhaus sind aber keine Durchfälle 
mehr beobachtet worden, so daß der in der Kurve sich ausdrückende Wasser¬ 
verlust klinisch nicht geklärt ist. Zwischen 1. IX.—5. IX. ist eine deutliche 
von einer Störung der Wasserbilanz abhängige Gewichtsschwankung wahrzu¬ 
nehmen gewesen. Vom 5. IX. ab ist bis zum Ende der Kur eine deutliche 
Tendenz der Refraktometerkurve zum Sinken zu bemerken. Die Maxima, der 
im Verlauf der Kurve bemerkbaren Konzentrationsschwankungen, erreichen 
einen immer tieferen Wert, dabei mäßiges Steigen der Körpergewiohtskurve, 
abgesehen vom 13. IX.—16. IX. Die Gewichtsabnahme in dieser Zeit hat ihre 
Ursachen wahrscheinlich in leichten Magen-Darmstörungon, dadurch verminderter 
Nahrungsaufnahme und leichten Durchfällen. Zugleich bleibt der vorher 
sinkende Refraktometerwert vom 13. IX.—15. IX. nahezu konstant. (Es strömt 
aus dem Gewebe ins Serum immer so viel Wasser nach, als durch die leichten 
Durchfälle ausgeschieden wird.) 

Auch in Kurve 5 tritt also der Einfluß der Wasserbilanz auf Änderungen 
des Gewichtes unter Arsen deutlich in Erscheinung. 

Die refraktometrische Methode bot nun noch insofern Vorteile, 
als sie gestattete, in verschiedenen Stadien der Arsenkur den Ablauf 
ahuier Gleichgewichtsstörungen zwischen Blut und Oewebe innerhalb 
kurzer Zeit zu studieren, und hieraus Schlüsse auf eine durch Arsen 
eventuell veränderte Reaktionsfähigkeit des Gewebes auf solche Ein¬ 
griffe hinsichtlich Zeit und Intensität zu ziehen. 

Es wurden deshalb in Fall 5 zwei akute Versuche vorgenommen; 
der erste im Beginn der Kur nach 7 Tagen, der zweite nach 17 Tagen. 
Es wurden beidemale 20 ccm lOproz. sterile Kochsalzlösung intravenös 
injiziert und die Änderungen des Refraktometerwertes innerhalb der 
nächsten vier Stunden beobachtet. Uber den Effekt siehe Tabellen 
und Kurven. 


Digitized b' 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



332 


H. Zimmer: 


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V orbestimmung 

Versuch 1. 2. IX. — - 

Skala 

58,0 

Eiweiß •/• 

7,85 

20 ccm lOproz. Kochsalzlösung intravenös 

5 Min. post Injekt. 

57,0 

7,632 

10 „ „ 

r> 

56,8 

7,588 

20 „ „ 

r> 

55,6 

7,329 

30 „ „ 

n 

57,0 

7,632 

1 Std. , 


57,0 

7,632 

2 ti . 

n 

57,4 

7,718 

3 „ , 

n 

57,0 

7,632 

4 „ , 

V 

57,0 

7,632 

Vorbestimmung 

Versuch 2. 13. IX. - - 

Skala 

57,9 

Eiweiß °/ 0 

7,826 

20 ccm lOproz. Kochsalzlösung intravenös 

5 Min. post Injekt. 

56,5 

7,624 

10 „ ft 

n 

54,6 

7,119 

20 „ „ 

n 

54,1 

7,005 

30 ft „ 

n 

54,6 

7,763 

1 Std. , 

n 

55,0 

7,2 

2 „ * 

n 

56,0 

7,416 

3 „ „ 

n 

54,6 

7,136 

4 n , 

n 

57,0 

7,632 



Kurve 4. 


Beim ersten Versuch war der stärkste Grad der Verdünnung nach 20 Minuten 
erreicht, und zwar betrug er 0,5 °/ 0 . Nach 30 Minuten war der Refraktometer- 
wert wieder um 0,3 °/ 0 gestiegen und es hielt sich diese Verdünnung auch 
noch nach einer Stunde. Nach 2 Standen betrug die Konzentration 7,72 °/ 0 , 
nach 3 Stunden 7,63 °/ 0 und nach 4 Stunden ebenfalls. 

Im zweiten Versuch war der höchste Verdünnungseffekt ebenfalls nach 
20 Minuten erreicht, und zwar fiel der Refraktometerwert um 0,82 °/ 0 . Nach 
30 Minuten war der Anfangswert fast wieder erreicht, dann setzte eine neue 
Verdünnung ein, die sich auch in den nächsten 3 Stunden hielt und ihren 
tiefsten Grad nach 3 Stunden erreichte. 

Wie aus dem Vergleich der beiden Kurven ersichtlich, waren 
die Amplituden der Ausschläge im zweiten Versuch größer als im 
ersten und auch der Verdünnungseffekt stärker und zeitlich länger. 
Die Annahme liegt sehr nahe, daß dieser verschiedene Verlauf im 
zweiten Versuch seine Ursache in einer größeren Labilität des Gleich¬ 
gewichtszustandes zwischen Blut und Gewebe hatte. Vielleicht 
spielen hier Veränderungen der Quellungsverhältnisse des Eiweißes 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 333 

sowie Änderungen der Zellmembranpermeabilitäfc besonders der Ge- 
fäßendothelien und der Wassergehalt des Gewebes unter Arsen eine 
Rolle. 

Fall 6. 56 jährige Frau mit Magenscirrhus, sehr kachektisch und atrophisch, 
ohne Pylorusstenose, erhielt Dürkheimer Maxquelle in den üblichen Dosen. 
Die Dauer der Kur betrug 25 Tage, die Menge des in dieser Zeit gegebenen 
AsoO ;j 66,6 mg. 


Datum 

Medikation in ccm 

Gewicht in kg 

Eiweiß o/o 

Bemerk 

15. VI. 


41.2 

5,7 


17. VT. 

18. VI. 

3-20 

41,2 

5,648 


19. VI. 

3-20 

41,4 

4,703 


21. VI. 

3-40 


4,703 


22. VI. 

3-40 

43,3 

5,226 


25. VI. 

360 

43,4 

5,226 


26. VI. 

3-60 


5,248 


27. VI. 

3* 80 


5,03 


28. VI. 

3-60 

42,4 



30. VI. 

3 80 

41, s 

6,379 


1. VII. 

3-60 



2. VH. 

3-60 

41.5 

6,379 


5. VH. 

3-40 

43,4 

4,921 


9. VII. 

3-20 

44.0 

4,637 


13. VII. 


44,0 

4,812 




Kurve 5. 


Die Betrachtung der Kurve zeigt uns, daß, während das Körpergewicht 
in 25 Tagen um 2,8 kg zunahm, im Blutserum ein Sinken des Eiweißgehaltes 
um ca. 0,86 °/o eintrat (vgl. Anfangs- und Endwert der Serumkonzentration). 
Gleich nach Beginn der Kur erfolgte vom 18.—22. VI. ein sehr erheblicher 
Gewichtsanstieg von 41,2 auf 43,3 kg, also um 2,1 kg und zugleich, wenn auch 
in dem Maximalwert nicht ganz synchron mit dem Höhepunkt der Gewichts¬ 
zunahme eine Verdünnung im Serum um 0,94 °/ 0 . Die sehr erhebliche Gewichts¬ 
zunahme ist hier sicherlich auf eine Wasserretention im Organismus zurück¬ 
zuführen und die Annahme ist wohl berechtigt, daß um diese Zeit eine gewisse 
kachektische Ödembereitschaft des Gewebes bestand, die unter der Wirkung 
des Arsens beschleunigt wurde. Unsere Kenntnisse über die Entstehung kachek- 
tischer Ödeme sind noch ziemlich dürftig, auf jeden Fall müssen wir diese 


Difitized 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




334 


H. Zimmer: 


Digitized by 


Ödeme als Störungen des Gewebsstoffwechsels auff&ssen, wozu vielleicht 
Schädigungen der Capillarendothelien, sowie die durch die Gewebsreduktion 
bedingte Verminderung der Gewebsspannung hinzutreten. Dazu kommt viel¬ 
leicht auch eine Veränderung des Blutes infolge des allgemeinen Kräfte Verfalls. 
Es ist klar, daß dem Arsen als Kapillar- und Zellgift eine beschleunigende 
Wirkung auf alle diese Faktoren zukommt. Für die große Schwankung zwischen 
25. VI. und 5. VII. ist klinisch keine Ursache zu eruieren gewesen, es sei denn 
eine Ursache im Tumor selbst zu suchen (nach As?). 

Es tritt in vorliegendem Fall ganz besonders deutlich unter der Einwirkung 
des Arsens eine fast nur durch Wasserretention bedingte Körpergewichtszunahme 
in Erscheinung. 

Es folgen die Versuche mit Fowlerscher Lösung . 

Fall 7. 19jähriger junger Mann, der wegen allgemeiner Schwäche und 

Unterernährung im Krankenhaus aufgenommen wurde. Die inneren Organe 
ergaben außer einer leichten Verschattung der rechten Spitze im Röntgenbild 
keinerlei krankhaften Befund. Es bestand starke peripherische Anämie, Hb. 66 °/ 0? 
Erythrooyt. 5,6 Mill., F. J. 0,6. Temperatur war dauernd normal. Zur Hebung 
seines Zustandes machte Patient eine Arsenkur mit Fowlerscher Lösung durch 
nnd zwar steigend von H l bis 3 15 Tropfen täglich und wieder zurück. Die 
Dauer der Kur betrug 33 Tage. 


Dutum 


Medikation 

Gewicht in kg 

Eiweili °/ 0 

26. VIII. 




53,1 

7,56 

29. VIII. 




53,5 

8,2 

30. VIII. 

31 

Trpf. Sol. Fowl. 



31. VIII. 

32 

V 

r> n 

53,5 

8,71 

1 . IX. 

33 

T) 

n r> 

54 

8,1 

2. IX. 

3-4 

r 

* 

55 


3. IX. 

3-5 

r 

n n 

56 

7,84 

4. IX. 

3 6 

ry 

r> r> 



5. IX. 

3 7 


n r 

56 

7,76 

6 . IX. 

3-7 

n 

n r» 



7. IX. 

38 

r > 

r* ri 

57 


8 . IX. 

3-8 

r 

ri n 


6,95 

9. IX 

3-x 

T* 

V r> 

57,3 

7,76 

10. IX. 

39 


n r» 

56,8 

7,*6 

12. IX. 

310 

n 

n r» 

57,8 

7,61 

14. IX 

3-12 

n 

r* r 


7,62 

15. IX. 

3-13 

r» 

r> v 

57,6 


16. IX. 

3-14 

V 

r> n 

57,5 

7,67 

17. IX. 

3-15 

V 

r n 

57,3 

7,2 

19. IX. 

3-13 

n 

r n 

57 

7,66 

21. IX. 

3-11 

v> 

r n 

57 

7,63 

22. IX. 

3-10 

*y 

r n 

57 

7,5 

24. IX. 

3-s 


V V 

5* 

7.2 

26. IX. 

3-6 


- V 

57,6 

7,7 

28. IX. 

3-4 

M 

- ri 

57,7 

7,85 

30. IX. 

32 


r r» 

57,7 

7,63 

1 . X. 

3-1 


r r> 


7.8 

2 . X. 

— 



— 

— 

3. X. 

— 



— 

7,6 

4. X. 

— 



57 



Bemerk. 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 335 



Bei Betrachtung der Kurve sieht man schon einige Tage vor Beginn der 
Kur einen Verlauf im Sinne eines echten Stoff-(Eiweiß-)Ansatzes [JU&ß 4 )]. 
Die Gewichtszunahme während der 33 tägigen Kur betrug 4,2 kg, dabei sank 
die Eiweißkonzentration im Blutserum von 8,71 bis 7,63%? *1 b<> um ca. 1,1 %• 
Sofort nach Einsetzen der Arsenmedikation erfolgte starker Gewichtsanstieg 
unter gleichzeitiger Verdünnung bis 8. IX. um 1,76%. Vom 8. IX.—10. IX. 
wieder Eindickung des Serums um 0,91 °/ 0 , der eine Gewichtsabnahme vom 
9. IX.—10 IX. von 0,5 kg entsprach. Das langsame Sinken des Körpergewichts 
vom 12 IX.—22. IX. ist auf die während dieser Zeit bestehende Appetitlosigkeit 
und infolgedessen mangelhafte Ernährung (verursacht durch die Fowlersehe 
Lösung) zurückzuführen. Vom 16. IX.—19. IX. handelte es sich sicher um 
Wasserverschiebungen innerhalb des Organismus, für die eine Ursache klinisch 
nicht in Erscheinung trat. 

Wir sehen also außerordentlich deutlich , wie unter der Arsenmedi¬ 
kation , allerdings unter erheblichen Schwankungen , eine Gewichtszunahme , 
die zu einem recht erheblichen Teil auf Wasserretention im Körper 
beruhte , eintritt. 

Es wurden in diesem Fall am 6 . Tage der Kur und am 18. Tage 
akute Gewichtsstörungen wie in Fall 5 (s. S. 332) vorgenommen. 


Versuch 1. 5. IX.- 




Skala 

KI weiß % 

Vorbestimmung 

57,6 

7,76 

20 com lOproz. Kochsalzlös. 

intravenös 


5 Min. post Injekt. 

55,6 

7.329 

10 r» 

n n 

56,0 

7,416 

20 „ 

n n 

59,0 

8,064 

30 n 

n n 

56,5 

7,624 

1 Std. 

n n 

58,0 

7,848 

2 » 

n r> 

58,0 

7,848 

3 „ 

n n 

58,0 

7,848 

4 » 

rt n 

58,0 

7,848 


Digitized b' 


Google 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



33t) 


H. Zimmer: 


Digitized by 


Versuch 2 . 17. IX. —- 

Skala Eiweiß °/o 


Vorbestimmung 
5 Min. post Injekt. 

10 n r> r> 

20 n r» n 

30 r n n 

1 Std. r> n 

2 n r> r> 

3 n rt n 


55,0 

7,2 

53,8 

6,832 

54,4 

7,07 

52,6 

6,681 

53,0 

6,708 

54,0 

6,948 

53,0 

6,748 

53,0 

6,748 

54,2 

7,243 



Im ersten Versuch war der höchste Grad der Verdünnung um 0,35°/ 0 
schon nach 5 Minuten erreicht, dann wieder Eindickung; nach 30 Minuten 
noohmals geringe Verdünnung; nach 1 Stunde hatte sich die Konzentration 
wieder auf ungefähr den alten Wert wie vor Beginn des Versuches eingestellt 
und blieb in den nächsten 4 Stunden konstant. Im zweiten Versuch ebenfalls 
in den ersten 5 Minuten Verdünnung, dann wieder Eindickung, dann höchster 
Grad der Verdünnung nach 20 Minuten erreicht (0,5°/o)> dann steigt die Kon¬ 
zentration allmählich, um erst nach zeitweise geringer Senkung nach 4 Stunden 
den Anfangswert wieder zu erreichen. 

Vergleichen wir beide Versuchsergebnisse, so sehen wir im zweiten, 
der im Höhestadium der Kur ausgeführt wurde, erstens einen um 
0,17 °/ 0 größeren Verdünnungseffekt # und zweitens hält sich die er¬ 
reichte Verdünnung viel länger wie im ersten Versuch. Auch hier 
ist dieser Unterschied auf eine vielleicht unter Arsen veränderte 
Reaktionsfähigkeit des Gewebes auf osmotische Störungen zurück¬ 
zuführen. 

Fall 8. 47 jährige Frau, die wegen akuten Magen-Darmkatarrhs im Kranken¬ 
haus Aufnahme gefunden hatte. Es bestanden stark schleim- und bluthaltige 
Durchfälle, kein Erbrechen. Höchsttemperatur einmal bei der Aufnahme 37,5°. 
Hb. 75°/ 0 , Erythroc. 4,6 Mül., F.-J. 0,8. Herz nnd Nervensystem o. B. Auf 
den Lungen leichte Bronchitis. Ungefähr eine Woche nach Sistieren der 
Diarrhöen und Behebung des Magen*Darmkatarrhs wurde mit einer Arsenkur 
mit Fowlerscher Lösung begonnen. Die Solution wurde in sehr starker Ver¬ 
dünnung in den gleichen Dosen wie im vorigen Fall 28 Tage gegeben. 


Datum 

7. IX 

Medikation 

Gewicht in kg 

52,5 

Eiweiß in °/ 0 

7,113 

Bemerkungen 

9. IX. 

31 Sol. Fowl. 

52,5 

7,1 


10. IX. 

3-2 rt v 

52,8 

7,07 


12. IX. 

3*4 „ 

53,5 

7,416 


14. IX. 

3*6 n r* 

53,6 

7,642 


Gck igle 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 337 


Datum 


Medikation 

Fortsetzung. 
Gewicht in kg 

Kiweiü in °/ 

15. 

IX. 

3 

7 

Sol. Fowl. 

53,6 

7,524 

17. 

IX. 

3 

9 

n 

n 

54,0 

7,524 

19. 

IX. 

3 

11 

n 

„ 

53,9 

7,158 

22. 

IX. 

3 

14 

n 

r> 

53,5 

8,1 1 

24. 

25. 

IX. 

IX. 

3 

14 

n 

r> 

53.5 

8,064 J 

26. 

LX. 

3 

13 

n 

f* 

54,2 

7,632 

28. 

IX. 

3 

11 

n 

n 

54,* 

7,480 

30. 

IX. 

3 

9 

n 

n 

55,5 

7,416 

2. 

X. 

8 

7 

n 

n 


7,221 

3. 

X. 

3 

6 

r> 

n 

55,8 

7,2 

5. 

X. 

3 

4 

n 

r> 

55,4 

7,623 

7. 

X 

3 

2 

r> 

n 

7,682 

s. 

X. 

3 

1 

r, 

n 

55,4 

8,107 

1L 

X. 





55,1 

7,545 


,, 9. 

->c i —i—i—r 

mm 


m 




Bemerkungen 


Magenschmerzen, 

Erbrechen 


i" 

5 i 


1 


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1 

1 

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I 




1 

1 


1 





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n 

n 

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1 

1 

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1 

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1 









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1 

1 

8 

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1 



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1 

1 









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■ 

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1 

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8 

1 

1 









1 



■ 






1 


B 

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1 









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1 


H 

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1 





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1 

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1 

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1 







1 

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■ 

i 






3 


* j WA t* * ** * £. 1 


'■v «"j »i "j •^ortcntni^ 

Kurve 8. 


Die Gesamtgewichtszunahme betrug von Anfang bis Ende der Kur 2,9 kg. 
Bei Vergleich beider Kurven ist zunächst vom 9. IX.—14. IX. ein gleich¬ 
sinniger Anstieg von Gewichts- und Refraktometerkurve ersichtlich. Es ist 
dieser Verlauf zu erklären durch einen echten Stoffansatz, wobei durch die vor¬ 
hergegangene doch immerhin konsumierende Erkrankung verloren gegangenes 
Körpergewebe ersetzt wurde. Es überwog also vom 9. IX.—14. IX. echter 
Stoffansatz über die wasserretinierende Wirkung des Arsens derart, daß die¬ 
selbe in der Kurve dadurch verdeckt wird. Vom 14. IX. ab verläuft dann die 
Gewichtskurve derart, daß allen größeren und über längere Zeitabschnitte sich 
erstreckenden Körpergewichtsänderungen, Änderungen der Blutserumkonzen¬ 
tration im Sinne einer Störung der Wasserbilanz entsprechen. Die Gewichts¬ 
abnahme vom 17. IX.—24. IX. ist wie im vorigen Fall hier ebenfalls auf 
Appetitlosigkeit und Magen-Darmstörungen infolge der Medikation mit Fowler- 
seher Lösung zurückzuführen. Am 23. und 24. IX. waren die Magenbesohwerden 
derart, daß überhaupt kein Arsen gegeben werden konnte. Am 25. IX. wurde 
in der Kur wieder fortgefahren und die Lösung hinfort gut vertragen. Be¬ 
merkenswert ist vielleicht, daß während der kurzen Unterbrechung vom 
23.—24. IX. die Konzentration, die vorher im Steigen begriffen war, konstant 
blieb, während sofort nach Wiedereinsetzen der Arsenmedikation Verdünnung 
eintrat. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 22 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 














338 


H. Zimmer; 


Es seien nun noch zwei Beispiele mit •parenteraler Arsenzufuhr 
durch Injektionen mit Solarson mitgeteilt. 

Fall 9, 56 jähriger Mann mit chronisch cirrhotischer, offener Lungen¬ 

tuberkulose in sehr reduziertem Ernährungszustand. Zur Zeit der Kur fieberlos. 
Erhielt 12 subcutane Solarsoninjektionen. 


Datum 


Medikation 

Gewicht in kg 

Eiweiß in */o Bemerkungen 

9. IX. 

10. IX. 

1 

ccm 

Solarson 

47 

8,5 

11. IX. 

1 

n 

n 

47 

9,1 

12. IX. 

1 

n 

n 


13. IX. 

1 

n 

n 



14. IX. 

1 

n 

n 

47 

8,4 

15. IX. 

1 

n 

7) 


16. IX. 

1 

n 

n 

46,8 

9,8 

18. IX. 

1 

n 

r5 


19. IX. 

1 

n 

n 



20. IX. 

1 

n 

n 

46,9 

7,4 

21. IX. 

1 

n 

n 

22. IX. 

1 

n 

n 

47,1 

8,5 

25. IX. 




46 

8,3 

27. IX. 

28. IX. 




46,5 

«,4 



Aus der Betrachtung der Kurve sind während der Kur starke Schwan¬ 
kungen des Wassergehaltes des Blutserums bei gleichbleibendem Gewicht er¬ 
sichtlich, wohl als Verschiebungen des Wasserdepots im Körper zu deuten. 
Vielleicht sind diese Schwankungen hervorgerufen durch den entzündlichen 
Reiz im Gewebe nach den As-Injektionen, vielleicht auch verursacht durch 
akut veränderte Quellungsverhältnisse des Blut- und Gewebseiweißes. 

Fall 10. 32jährige Patientin mit allgemein nervösen, funktionellen Be¬ 
schwerden und Defatigatio. Innere Organe o. B. Anämie von Hb. 55 °/ 0 . Ery- 
throcyten 3,3 Mill., F.-J. 0,8. Immer fieberlos. Erhielt 12 Tage täglich eine 
Solareoninjektion subcutan. 


Datum 

Medikation 

Gewicht in kg 

Eiweiß in °/o Bemerkungen 

18. IX. 

20. IX. 

1 ccm Solarson 

49,7 

8,5 

21. IX. 

ln n 

49,7 

8,5 

22. IX. 

In n 


23. IX. 

ln n 

49,6 

8,28 

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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 339 


Fortsetzung. 


Datum 


Medikation 

(iowicht in kg 

Eiweiß in °/o 

24. IX. 

1 

ccm 

Solarson 

49,8 

8,28 

25. IX. 

1 

r> 

n 

26. IX. 

1 

r> 

V 

50,4 

8,28 

27. IX. 

1 

n 

V 

28. IX. 

1 

T> 

r> 

50,2 


29. IX. 

1 

n 

- 


30. IX. 

1 

n 

r 

49,9 

8,2 

1. X. 

1 

r> 

n 


3. X. 




51,0 

8,17 

5. X. 




8,7 



Bemerkungen 


Während der Injektionen erfolgte Gewichtszunahme um 1,8 kg in 14 Tagen 
mit gleichzeitiger Verdünnung um 0 f 33°/ o . Bemerkenswert ist, daß nach Be¬ 
endigung der Kur die Konzentration wieder stieg. 

Es finden sich also in fast allen vorliegenden Fällen Änderungen 
des Körpergewichtes, denen meist ein entgegengesetztes Verhalten 
des Serum-Eiweißgehaltes im Capillarblut entspricht. Fast immer, 
am deutlichsten bei Dürkheimer Maxquelle und Fowlerscher Lösung, 
ist eine zum Teil recht erhebliche Steigerung des Körpergewichtes 
am Ende der Kur im Vergleich zum Anfangswert festzustellen. 
Vergleicht man die Werte für die Eiweißkonzentration am Anfang 
und Ende der Arsen-Medikationen einzeln, so läßt sich in den Fällen 
5, 6, 7, 10 eine deutliche Verdünnung des Blutserums feststellen. 
In den anderen Versuchen ist der Endeiweißgehalt gleich oder fast 
gleich dem Anfangswert, in Fall 8 sogar etwas höher. Man würde 
aber zu ganz falschen Schlußfolgerungen kommen, wenn man nur 
die Versuchsergebnisse zweier einzelner Tage einander gegenüber¬ 
stellen wollte, um hieraus Schlüsse zu ziehen, denn bei Betrachtung 
des Verlaufs der Kurven über längere Zeit hin im ganzen ist er¬ 
sichtlich, und darauf kommt es an, daß fast allen größeren und über 
längere Zeitabschnitte sich erstreckenden Oeurichtsveränderungen jeweils 
ein Wechsel des Eiweiß- bzw. Wassergehaltes des Serums im Sinne 
einer Störung der Wasserbilanz entspricht. Ist also am Ende der 
Kur der Refraktometerwert der gleiche wie am Anfang oder ist 
derselbe sogar etwas höher, so kann trotzdem die beobachtete 
Körpergewichtszunahme auf einer Wasserretention beruhen. Die 

oo* 


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340 


H. Zimmer: 


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Entscheidung hierüber ergibt die vergleichende Betrachtung des Ver¬ 
laufs der beiden Kurven mit Berücksichtigung aller ihrer Schwankungen 
zwischen den beiden Einzelwerten. Der Verlauf der Konzentrations¬ 
und Gewichtskurven zeigt uns in unseren Versuchsreihen deutliche 
Änderungen des Wasserhaushaltes in ihrem Einfluß auf das Körper¬ 
gewicht während der Arsenmedikation. Dort, wo beide Kurven 
stellenweise nicht in diesem Sinne verlaufen (Zacken der Eiwei߬ 
kurve bei konstant bleibendem Gewicht oder Schwankungen der 
Gewichtskurve bei konstantem Wassergehalt des Serums) darf nicht 
vergessen werden, daß außer Störungen der Wasserbilanz auch der 
eiweißsparende und fettansatzbewirkende Einfluß des Arsens, die 
klinische Besonderheit der Falles (konsumierende Krankheiten) so¬ 
wie Verschiebungen der Wasserdepots innerhalb des Organismus auf 
den Verlauf beider Kurven von maßgebendem Einfluß sind. Des¬ 
halb braucht auch die höchste beobachtete Verdünnung im Serum 
nicht immer ganz synchron mit dem höchsten Gewichtswert zu 
gehen. In einem Teil der Fällo findet man höchste Verdünnung 
zur Zeit der stärksten Steigerung des Körpergewichtes. In den Fällen 
4, 6, 7 tritt sofort nach Beginn der Kur der Einfluß der Änderung 
der Wasserbilanz auf das Körpergewicht in Erscheinung. In den 
Fällen 3, 5, 8 beginnt der Verdünnungseffekt unter Arsen erst 
einige Zeit nach Beginn der Kur deutlich zu werden. Im Fall 3 
z. B. erst vom 13. Tage ab, man muß dabei berücksichtigen, daß 
es sich ja meist um eine Kombination mit echtem Stoffansatz 
handelt, der die Verdünnung zeitweise überdecken kann. Bei Fall 7 
findet sich der tiefste Refraktometerwert auf dem Höhepunkt der 
Medikation, in anderen Fällen (5) erst am Ende. Sehr schön ist 
aus Kurven 2, 3, 6, 10 trotz aller Schwankungen die deutliche Ten¬ 
denz der Konzentrationskurven zum Sinken ersichtlich. Bei einigen 
nur bis zum Höhepunkt der Kur (2), um dann bei fallenden 
Arsendosen wieder zu steigen, bei anderen (3, 10) bis zur Beendigung 
der Kur. 

Leider war es aus äußeren Gründen nur in den beiden Fällen 5 
und 7 möglich, acute Gleichgewichtsstörungen im Stoffaustausch 
zwischen Blut und Gewebe durch intravenöse Injektionen lOprox. Koch 
salzlözung hervorzurufen, auch konnten aus eben diesen Gründen 
Kontrollbestimmungen am venösen Blut (s. o.) bei der Häufigkeit 
der notwendigen Blutentnahmen innerhalb kurzer Zeit nicht vor- 
genon men werden. Ich war deshalb nur auf die Refraktometer- 
wertbestimmung im Capillarblut angewiesen und muß deshalb dieser 
Faktor als Fehlerquelle bei der Beurteilung der Ergebnisse dieser 
Versuche in Rechnung gestellt werden. Dazu kommt, daß in dem 
Ablauf dieser Reaktionen zwischen Blut und Gewebe sicherlich 



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Klin. exper. Untersuchungen über Blutserumkonzentration bei Arsenkuren. 341 


mannigfache, zeitlich dispositionelle, in ihren Einflüssen und Einzel¬ 
wirkungen nicht immer ganz übersehbare und durchsichtige Ein¬ 
flüsse stattfinden (dauernde Schwankungen der Konzentration in den 
verschiedenen Gewebskomplexen usw.); die auf das Versuchsergebnis 
von maßgebendem Einfluß sind, so daß wir schon unter normalen 
Verhältnissen innerhalb der physiologischen Breite mit großen 
Schwankungen in der Ausgiebigkeit und Dauer solcher akuten 
Gleichgewichtsstörungen zwischen Blut und Gewebe rechnen müssen. 

Es sollen deshalb zunächst aus diesen akuten Versuchen keine 
zu weitgehenden Schlußfolgerungen gezogen werden, aber vielleicht 
ist nach dem Ergebnis derselben (stärkerer und längerer Verdünnungs¬ 
effekt auf dem Höhepunkt der Kur) doch die Annahme berechtigt, 
daß es unter Arsen zu einer Änderung der Stabilität des Gleich¬ 
gewichtszustandes zwischen Blut und Gewebe und einer erhöhten 
Mobilisierungsfähigkeit des Gewebswassers bei acuten osmotischen 
Störungen kommt. 

Bezüglich der Pharmakodynamik der wasserretinierenden Wirkung 
sind folgende Möglichkeiten in Betracht zu ziehen: Die erhöhte 
Wasseravidität des Gewebes steht vielleicht in einem ursächlichen 
Zusammenhang mit der Beeinflussung des Stoff- besonders Fettstoff¬ 
wechsels durch Arsen. Die Frage nach den Beziehungen zwischen 
Wasserwechsel und Fettstoffwechsel ist viel diskutiert und es scheinen 
hier Zusammenhänge zu bestehen, die für eine Wasserverhaltung 
bei Fettansatz sprechen, analog der mit dem Ansatz von Kohlen¬ 
hydraten einhergehenden Wasserretention. Das Fettpolster enthält 
zu ca. ein Drittel seines Gewichtes an Wasser [vgl. Dennig 6 ) und 
Zuntz 7 )]. Des weiteren wäre zu denken an eine Änderung der 
schon öfter erwähnten Quellungseigenschaften des Blut-und Gewebs- 
eiweißes und der Ionenpermeabilität der Zellmembranen, um so mehr, 
als es sich bei dem Arsen doch um ein ausgesprochenes, im Gewebe 
angreifendes Zellgift handelt. 

Die Beeinflussung der Permeabilität ist ja zum größten Teil 
schon begründet in der Stoffwechselwirkung selbst. Wissen wir 
doch aus physiologischen Experimenten, daß das Auftreten der 
durch den Zellstoffwechsel selber gelieferten Abbauprodukte die 
lonenpermeabilität der Zellen auch schon unter normalen Verhält¬ 
nissen stark beeinflussen kann. Die dissimilationshemmende Wirkung 
des Arsens in kleinen Dosen führt im Zellstoff Wechsel dazu, daß der 
Ab- und Umbau großtoolekularer Verbindungen in kleine und kleinste 
vermindert wird; dadurch kommt es zu einem Sinken des normaliter 
vorhandenen osmotischen Druck Überschusses in den Geweben. Die 
Folge davon ist eine herabgesetzte Saugkraft derselben [Höher*)]. 
Es ist klar, daß in einem so veränderten chemisch-physikalischen 


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342 


Milieu acut gesetzte Konzentrationserhöhungen im Blut zu einer 
leichteren und ausgiebigeren Mobilisierung des Gewebswassers im 
Sinne eines Rückströmens in die Blutbahn und dadurch einer Ände¬ 
rung des Stoffaustausches zwischen Blut und Gewebe führen (siehe 
akute Versuche). 


Zusammenfassung. 

1. Zur Entscheidung der Frage, ob echter oder Pseudoansatz 
durch Wasserretention, hat Reiß in die Klinik die refraktometrische 
Methode eingeführt und an zahlreichen Untersuchungen dargelegt, 
welche Schlußfolgerungen aus der vergleichenden Betrachtung der 
Körpergewichts- und Blutserumkonzentrationskurven gezogen werden 
können. Meine beiden Versuche bei einfachem Stoffansatz bestätigen 
den von Reiß für diese Fälle angegebenen Verlauf. 

2. Nach früheren Untersuchungen und auch nach vorliegenden 
Versuchsreihen kommt es unter Arsen zu einem echten Stoffansatz . 

3. Zugleich wird aber durch meine Versuche die durch eine oft 
außerordentlich beschleunigte Gewichtszunahme innerhalb kurzer Zeit 
hervorgerufene Vermutung bestätigt, daß es sich zum großen Teil 
auch um einen Pseudoansatz durch Wasserverhaltung im Blut und Gewebe 
handelt , ersichtlich an dem Eiweißgehalt des Blutserums. 

4. Die beiden Versuche mit akuter Belastung des Blutes durch 
hochprozentige NaCl-Lösung sprechen für eine größere Labilität des 
Gleichgewichtszustandes zwischen Blut und Gewebe , vielleicht hervor¬ 
gerufen durch veränderte Quellungsverhältnisse des Blut- und Ge- 
webseiweißes (verminderter Quellungsdruck?) oder Schwankungen in 
der Zellmembranpermeabilität der Zellen, besonders der Gefäßendo- 
thelien. 

5. Praktische Schlußfolgerungen aus den bei den Versuchen ge¬ 
machten Erfahrungen: Mit der Dürkheimer Maxquelle ist ein zum 
Teil sehr erheblicher gleichmäßiger Gewichtsanstieg mit geringen 
Schwankungen (abgesehen von dem Fall VI) zu erreichen. Es 
herrscht also wohl sicher der „wahre Gewichtsansatz“ vor. 

Ebenfalls gute Erfolge sind auch bei Fowlerscher Lösung mit 
starker Gewichtszunahme zu erzielen, aber es zeigen sich erhebliche 
Schwankungen im Wasserhaushalt des Organismus und Magen¬ 
beschwerden auf dem Höhepunkt der Kur, die zur Gewichtsabnahme 
führen und dadurch den Erfolg der Kur beeinträchtigen. 

Geringere Erfolge in bezug auf Gewichtszunahme und „Ansatz“ 
durch parenterale Zufuhr des Arsens in Form von Solarsonein¬ 
spritzungen . In einem Fall starke Verschiebungen der Wasserdepots 
im Körper, vielleicht hervorgerufen durch den jedesmal gesetzten 


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Klin. erper. Untersuchungen über Biutserumkonzentr&tion bei Arsenkuren. 343 


entzündlichen Reiz des Gewebes bei der Einspritzung. Unmöglich¬ 
keit der allmählich steigenden und fallenden Dosierung des Arsens, 
die für den Erfolg der Kur doch wahrscheinlich von maßgebendem 
Einfluß ist. 

Berlin, April 1922. 


Literaturverzeichnis. 

*) von den Velden: Zit. Münch, med. Wochenschr. 1909, Nr. 5. — 3 ) Dera .; Kon¬ 
greß f. inn. Med. Wiesbaden 1921. — *) Reiß: Zeitschr. f. Elektrochem. 14 , 
613. 1908. — Der8.: Münch, med. Wochenschr. 1908, S. 1853. Dera.: Ergehn, 
d. inn. Med. 10. 1913. Dera.: Dtsch. Arch. f. klin. Med. 117. 1915. — 4 ) Dera.: 
Jahrb. f. Kinderheil k. 70, H. 3, S. 318. 1909. — a ) von den Velden: t Dtsch. 
Zeitschr. f. Nervenheilk. : 38, 87. 1909. — •) Dennig: Zeitschr. f. physikal. 

u. diätet. Therap. 1, 281. — 7 ) Zuntz: Therap. d. Gegenw. Juli 1901. — 
8 ) Heber: Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. 1906. 


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Haben parenteral einverleibte Proteinkörper und 
Nichteiweißkörper („Heizkörper") dieselbe Wirkung 
auf den intravitalen Eiweißabbau in der Leber? 

(VIII. Mitteilung zur Proteinkörperwirkmig.) 

Von 

Hanns Lohr. 

(Aus der Medizinischen Universitätsklinik Kiel [Dir. Prof. Dr. A. Schittenhelm].) 

(Eingegangen am 16. September 1922.) 

Bei der jetzigen Entwicklung der Proteinkörpertherapie droht 
eine völlig kritiklose Polypragmasie einzureißen. Die Überschwem¬ 
mung des Marktes mit Spezial- und Geheimpräparaten aller Art. 
Proteinkörpern und Nichtproteinstoffen, hat einen großen Umfang 
angenommen. Von wissenschaftlicher Seite werden die hererologsten 
Stoffe ausprobiert und in ihrer Wirkung ohne irgendwelche experi¬ 
mentellen Beweise alle als gleichwirkend, als „aktivierend“ erklärt. 
Man hilft sich bei den Nichteiweißkörpern mit der durch nichts be¬ 
gründeten Hilfshypothese der sekundären Abspaltung von Eiwei߬ 
abbauprodukten im Organismus. Immer wieder weist A. Schitten - 
heim darauf hin, daß z. B. der Erfolg einer Terpentininjektion oder 
der eines Kohlensäurebades doch auf chemisch und pharmakologisch 
völlig anderer Wirkung im Organismus beruhen muß als eine Pro¬ 
teinkörperinjektion, deren Reaktionsablauf biologisch, pharmakologisch, 
chemisch und physikalisch-chemisch sich ganz charakteristisch und 
eben völlig anders verhält. Mit Recht verlangt Schittenhelm , „daß 
die Kritik der Phantasie Halt gebietet“. Nach den Untersuchungen 
Siarken8tein8 wirken Nichteiweißkörper, wie z. B. auch hypertonische 
Lösungen usw., auf die Gefäße. Sie verhindern z. B. exsudative 
Entzündungsprozesse, sie verzögern den Durchtritt von Fluorescin- 
natrium in die Ciliargefäße des Auges. Terpentin wirkt nur auf die 
Entzündung solange es im Organismus kreist. Proteinkörper hin¬ 
gegen verursachen eine über Wochen hinausgehende Beeinflussung 
des Organismus (z. B. Antikörper). Ich kann an dieser Stelle nicht 
alle die Differenzen aufzählen, die der Experimentator bei der An¬ 
wendung von Eiweißkörpern und Nichteiweißkörpern feststellen muß. 


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H. Löhr: Haben Proteinkörper u. Nichteiweißkörper dieselbe Wirkung usw. 345 

Eines aber soll noch herausgehoben werden, daß Proteinkörper weit¬ 
gehend den Stoffwechsel verändern, während das von „Heizkörpern“ 
nicht feststeht. 

Wir bedienten uns zur Klärung dieser Fragen des Verfahrens von 
Hashimoto und Pick (Schmiedebergs Arch. Bd. 76). Diese fanden, 
daß bei Meerschweinchen unter gleichen Bedingungen das Verhältnis 
des unkoagulablen Stickstoffs zum Gesamtstickstoff nur geringen 
Schwankungen unterliegt. Die normale Meerschweinchenleber enthält 
im Durchschnitt 3,47°/ 0 an Gesamt-N und 0,28°/ 0 an Rest-N. Der 
Der unkoagulable N beträgt also etwa 8 °/ 0 des Gesamt-N. Nach 
Injektion allerkleinster Proteinkörpermengen verschiebt sich das Ver¬ 
hältnis ganz wesentlich. Der unkoagulable N nimmt dann im Durch¬ 
schnitt Werte von 19,31°/ 0 an. Ich konnte an einigen Tieren diese 
Versuche bestätigen. Nach Beginn unserer Arbeit fand sich auch 
eine entsprechende vorläufige Mitteilung von Bieling , Qottschalk und 
Isaac (Klin. Wochenschr. Nr. 31, 1922). Analysen dieser Autoren 
liegen mir noch nicht vor. Sodann injizierte ich die Meerschweinchen 
aber mit „ Reizkörpern “, 10°/ 0 Terpentinemulsion, Olivenöl, Silber- 
präparaten, destilliertem Wasser, isotonischen und hypertonischen 
Kochsalz- und Zuckerlösungen. Ich verfüge bisher nur über 15 Ana¬ 
lysen vorbehandelter Tiere. Normaltierlebern erhielt ich durch die 
Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. Schütz vom hiesigen hygienischen 
Institut aus den völlig entbluteten Wassermann-Meerschweinchen. Die 
Kostbarkeit des Tiermaterials und ihre heutzutage sehr schwierige 
Beschaffung zwingt nur zu schrittweisem Arbeiten. Die Versuche 
werden aber fortgesetzt. 

Methodisch gestalten sich unsere Untersuchungen folgendermaßen: 

Meerschweinchen werden mit dem Reizkörper injiziert und nach einigen 
Stunden bis einige Tage später nach dieser Vorbehandlung durch Duroh- 
schneidung beider Karotiden völlig entblutet und die sofort körperwarm ent¬ 
nommene, blasse Leber verarbeitet. Die sofortige Verarbeitung ist eine un¬ 
bedingte Notwendigkeit, da sonst schon die Autolyse einsetzt. Als Kontrolle 
dient die Leber unvorbehandelter Meerschweinchen, die in gleicher Weise ge- 
getötet werden. Nach Möglichkeit sind alle Versuchstiere mit dem gleichen 
Futter: Hafer und Kohlblätter, ernährt. 

Die entnommene Leber wird sodann nach Entfernung der Ligamente und 
der Gallenblase ohne Waschen in einer kleinen Reibschale mit einem Pistill 
zu einem feinen halbflüssigen Brei verrieben und durch ein trockenes, feines 
Metallsieb getrieben. Von dem erhaltenen Organbrei wird in zwei Wägegläschen 
je 1,5—2 g abgewogen. Die eine Portion wird sodann quantitativ in Kjeldahlkolben 
übergespült und in diesem der Gesamtstickstoff nach Kjeldahl betimmt. In der 
zweiten Portion soll der unkoagulable Stickstoff bestimmt werden. Zu diesem 
Zwecke verdünnten die Autoren den Brei in einem Becherglas mit 60—70 ccm 
Wasser und koagulierten nach Zusatz von zwei Messerspitzen festen Kochsalzes 
und einiger Tropfen Essigsäure bis zur schwach sauren Reaktion in kochendem 
Wasserbade, bis das geronnene Eiweiß sich in groben Flocken an dem Boden 


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346 H. Löhr: Haben Proteinkörper u. Nichtei weißkörper dieselbe Wirkung usw. 


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des Becherglases sammelte. (Verfahren nach Salkowsky.) Bei unseren Ver¬ 
suchen bewährte sich mit guter Konstanz Enteiweißung durch Zusatz von 75 bis 
100 ccm 2 °| 0 Kaliummonophosphat zu dem Organbrei und anschließendes Kochen 
mit Rohrrückflusskühler auf dem Wasserbade bis zur völligen Koagulation. 
Nach Filtration und Nachwaschen des Filters wird im Filtrat sodann gleich¬ 
falls nach Kjeldahl der Reststickstoff bestimmt. Coccidienkranke Lebern müssen 
von der Untesruchung ausgeschlossen werden, da diese an und für sich schon 
höhere Rest N-Werte haben. 

Im folgenden seien in einer kurzen Tabelle nur 10 von den 
15 Analysen wiedergegeben, die wir aus den Lebern mit verschie¬ 
denen Nichteiweißkörpern erhielten. 


Injektion von: 

I 

Zelt nach 
Injektion: 

Gesamt-N 
in 10 g 
Leberbrei 

Unkoogu- 
labler N 

Proz.-Verhlltnis 
von unkoogulabl. 
zum Geaamt-N 

_ 

0,5 Terpentinemuls. 

8 Std. 

0,3216 

0,0251 

7,8 

0,5 Terpentinemuls. 

1 14 * 

0,3282 

0,0297 

9,0 

1 ccm Olivenöl. 

24 * 

0,346 

0,0346 

9,9 

1 ccm aqua dest. intram. . . i 18 » 

0,3308 

0,0290 

8,8 

0,5 phys. NaCl intram. . . . 

10 n 

0,348 

0,0302 

8,6 

0,5 10°/ o NaCl intraper. . . . 

6 n 

! 0,3723 

0,0364 

9,78 

0,5 ccm 5°/ 0 Dextr. intram. . 

11 » 

0,441 

0,040 

9,22 

1 ccm 20°/ 0 Dextr. intraven. . 

5 n 

1 0,346 

0,02797 

8,2 

1 ccm 20°/ 0 Dextr. intraper. . 

28 r> 

0,2565 

0,0185 

7,2 

1 ccm l°/o Morphin intram. . 

12 „ 

| 0,377 

0,357 

9,4 

Wir sehen also aus diesen Analysen , daß eine Verschiebung des Ver - 


haltnisses Rest-N zu Oesamt-N nach Injektion von Nichteiweißkörpern 


nicht eintritt , während dieses nach kleinen Eiweißmengen (0,01 g Pferde - 
serum z. B. Hashimoto und Pick) immer der Fall ist . Die Versuche 
werden noch ausgedehnt werden. 

Jedenfalls scheint erwiesen, daß Nichteiweißkörper bei parente¬ 
raler Einverleibung ganz anders an den Organen wirken wie Eiwei߬ 
körper. Es ist daher auch völlig unberechtigt, kritiklos Nicht¬ 
eiweißkörper oder Proteinpräparate mit unbekannter Zusammensetzung 
unterschiedslos therapeutisch zu verwenden, vor allen Dingen, da 
diese sich auch tatsächlich in ihrem therapeutischen Effekt wesent¬ 
lich unterscheiden, worauf A. Schittenhelm kürzlich (Sammelreferat 
Med. Klin. Nr. 30, 1922) ausdrücklich hinweist. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach 
Y orhofsextrasystolen. 

Von 

Y. Miki (Tokio) und (\ J. Rothberger. 

(Aus dem Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien 
[Vorstand: Hofrat Prof. PaUauf].) 

Mit 12 Abbildungen im Text. 

(Eingegangen am 10. Juli 1922.) 

Es ist bekannt, daß die von der Kammer ausgelösten Extra¬ 
systolen (E.-S.) von einer vollständig kompensierenden Pause gefolgt 
sind; das gilt auch, wie Engelmann fand, für die vom unversehrten 
Vorhof des Froschherzens ausgelösten E.-S. Dagegen folgt nach der 
Reizung des Venensinus (Tigerstedt und Strömberg ) und der Hohlvenen 
( Engelmann ) des Frosches eine Pause, die ebenso lang ist wie eine nor¬ 
male Herzperiode, aber auch etwas kürzer oder länger sein kann. 
Diese Befunde konnten im wesentlichen auch für das Warm¬ 
blüterherz bestätigt werden; es zeigte sich aber insofern ein Unter¬ 
schied, als die Vorhofs-E.-S. meist von einer verkürzten Pause gefolgt 
waren. 

Mackenzie hatte schon 1894 bei der Analyse von Venen- und 
Leberpulsen gefunden, daß die vom Vorhof kommenden vorzeitigen 
Schläge eine zu kurze Pause haben; diese Angabe war aber übersehen 
worden und erst Wenckebach hat auf sie später hingewiesen. Das 
abweichende Verhalten der Vorhofs-E.-S. beim Säugetierherzen ist 
zuerst von Cushny und Matthews 1 ) experimentell festgestellt worden. 
Sie fanden, daß die Pause nur dann vollständig kompensiert, wenn 
die E.-S. spät in der Diastole auftritt; wenn sie früh kommt, ist die 
Pause immer zu kurz, die postkompensatorische Systole also vorzeitig. 
Sie meinen, man könne diesen Befund entweder dadurch erklären, 
daß die Erregungswelle auf die großen Venen zurücklaufe und dort 
eine E.-S. auslöse, oder dadurch, daß die Erregbarkeit des Vorhofs 
allmählich an wachse, bis endlich eine von den großen Venen unab¬ 
hängige Kontraktion erfolge, die im Vorhof selbst entsteht. Hering a ) 
hat dann die Befunde von Cushny und Matthews bestätigt. Als 
Cushny 8 ) dann kurz nach Wenckebach 4 ) die Ergebnisse des Tier- 


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348 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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expeiimentes auf die menschliche Pathologie anwandte, wies er dar¬ 
auf hin, daß eine kompensierende Pause sowohl von einer Kammer- 
wie von einer Vorhofs-E.-S. stammen könne, daß die kürzeren Pausen 
aber mit Sicherheit auf den Vorhof zurückzuführen sind. 

Die Erklärung für die Verkürzung der Pause nach Vorhofs-E.-S. 
gab dann Wenckebach in einer anderen Arbeit 5 ): Die Frage, ob die 
Pause vollständig kompensiere, hänge in erster Linie davon ab, ob 
der auf die Venen zurücklaufende Extrareiz noch vor der Fertig¬ 
stellung des normalen Reizes eintreffe oder nicht. Wenn er bei früh 
eintretenden E.-S. noch rechtzeitig in der Vene ankommt, erzeugt 
er dort eine Sinus-E.-S. und auf diese folgt eine Pause, die ebenso 
lang ist wie ein Normalintervall. Wenn der Reiz aber zu spät kommt, 
findet vollständige Kompensation statt, weil der mit dem Refraktär¬ 
stadium des Sinus zusammenfallende Extrareiz den Normalrhythmus 
nicht verschieben kann. Wenn eine E.-S. also spät in der Diastole 
einsetzt, ist die Pause kompensatorisch, und andererseits ist der Bige- 
minus um so kürzer, je früher die Vorhofs-E.-S. auf tritt. Wenckebach 
weist darauf hin, daß außerdem noch der Umstand in Betracht 
kommt, daß sehr frühzeitig auf tretende Vorhofs-E.-S. langsamer weiter¬ 
geleitet werden, so daß die Rückleitungszeit (R.-L.-Z.) um so länger 
wird, je früher die E.-S. eintritt. Auch dies sei also für die Länge 
der Pause von Bedeutung, und die frühzeitig auftretenden E.-S. könnten 
demnach eine längere Pause haben. Wenckebach meint weiter, wenn 
diese Erklärung richtig sei, dann müsse auch der Ursprungsort der 
E.-S. für die Länge der Pause von Bedeutung sein: Reize, die weit 
entfernt von der Vena cava entstehen, könnten eine lange, und viel¬ 
leicht kompensierende Pause haben, während diese um so kürzer sein 
werde, je näher der Reizort zur Cava liege. In seinem neuen Buche 6 ) 
sagt Wenckebach: „Die Extra-A-Periode ist um soviel länger als die 
Normal-A-Periode, als der Extrareiz braucht, um vom Vorhof den 
Sinus zu erreichen.“ 

Es war aber schon Cushny 7 ) aufgefallen, daß man beim Menschen 
Vorhofs-E.-S. mit einer so langen Pause finden kann, daß die Er¬ 
klärung durch die Rückleitung des Reizes schwierig ist. Er weist 
darauf hin, daß die Differenz zwischen der Pause und einem Normal¬ 
intervall nicht die reine R.-L.-Z. darstelle, sondern auch noch die Zeit 
enthalte, die der nächste Normalreiz braucht, um den Vorhof zu er¬ 
reichen, denn es wird ja nicht die Sinussystole, sondern die Vorhofs¬ 
systole verzeichnet. Immerhin sei aber die Pause auch für diese 
Erklärung noch zu lang; er glaubt jedoch, daß man sie doch bei¬ 
behalten könnte, wenn man annimmt, daß der auf den Sinus zurück¬ 
laufende Extrareiz dort nicht nur das Reizmaterial vernichtet, 
sondern auch die Reizbildung hemmt. Wir kommen auf diese An- 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 349 


sicht und auf die Nachwirkung der Extrareizung überhaupt noch 
später zurück. 

In der 2. Auflage seines Lehrbuches der Herzkrankheiten sagt 
Mackenzie 8 ) bei der Besprechung der von Gushny und Wenckebach 
gegebenen Erklärung, daß sie zwar plausibel, aber keineswegs be¬ 
wiesen sei: „Es gibt andere Möglichkeiten, die in Betracht gezogen 
werden müssen, bevor sie endgültig akzeptiert werden kann. Da 
aber diese Möglichkeiten immer noch spekulativer Natur sind, so 
würde es nicht angebracht sein, sie hier zu diskutieren.“ 

Dann haben Lewis , Mealcins und Withe 9 ) die von Wenckebach ge¬ 
gebene Erklärung in Versuchen an Hunden nachgeprüft. Sie be¬ 
stimmten zunächst die Leitungszeit zwischen dem Sinusknoten und 
dem rechten Herzohr. Dann reizten sie dieses mit Einzelschlägen 
und erzeugten dadurch E.-S. von verschiedener Vorzeitigkeit. Sie 
fanden Pausen von etwas verschiedener Länge, und zwar längere 
bei den vorzeitigeren E.-S., was sie mit Wenckebach durch die in den 
früheren Stadien der Diastole ungenügend wiederhergestellte Leit¬ 
fähigkeit erklären Sie suchten nun die spätesten E.-S. mit den 
kürzesten Pausen aus, bestimmten die Differenz zwischen der Pause 
und der Länge der Normalperiode und verglichen sie mit der recht¬ 
läufigen Leitungszeit. So fanden sie im Durchschnitt einen Wert 
von 0,03". Sie sagen nun: „On the assumption, that the speed of 
travel through the auricle is the same in both directions, the time 
so lost is according to our findings sufficient to account for the leng- 
thening of the retuming cycle (postextrasystolische Pause). Wenckebachs 
explanation holds £pod therefore in so far, as it applies to hearts 
undisturbed by changes in vagal tone over the temporary period of 
disordered heart action.“ 

In einer anderen, in demselben Jahre erschienenen Arbeit sagen 
Lewis und White 1( *\ daß die Länge der Pause in erster Linie von 
der Länge der Normalperiode bestimmt werde. Die Angaben von 
Cushny und Matthews und von Hering , daß die Pause bei sehr vor¬ 
zeitigen E.-S. länger ist, sei in den Kurven dieser Autoren nicht be¬ 
gründet; dagegen bestünden feste Beziehungen zur Länge der Normal- 
periode. Die Differenz gegenüber dieser ist aber klein und schwankt 
zwischen wenigen Tausendstel-Sekunden und 1—4 Hundertstel-Sekunden. 
Sie sagen: „For reasons which we consider later, we are not con- 
vinced, that Wenckebachs explanation, namely difference in the rate 
of conduction to the pacemaker accounts for these differences.“ Auf¬ 
fallend sei die Kürze dieser Differenz; sie beträgt bei Beizung des 
Herzohres oder der Cava inf. bei mittelgroßen Hunden nicht 
mehr als 0,03—0,05" und ist gewöhnlich halb so groß wie das 
A -V- Intervall, nie größer als dieses. Bezüglich der Beziehungen 


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350 Y. Miki und C. J. Rothberger: 

zwischen der Entfernung des Reizpunktes vom Sinusknoten und der 
Länge der R.-L.-Z. finden die Verfasser, daß ihre Befunde nicht un¬ 
vereinbar seien mit der Ansicht Wenckebachs, daß die größere Länge 
der Pause wenigstens in der Hauptsache als R.-L.-Z. aufgefaßt werden 
könne. In zwei Versuchen betrug bei Reizung des rechten Herzohres 
und der Cava inf. die Entfernung vom Sinusknoten 30 mm; nach 
der durchschnittlichen Leitungsgeschwindigkeit von 955 mm in der 
Sekunde wären 0,031" notwendig gewesen; um diesen Weg zurück¬ 
zulegen; da nun die Pause um 0,0384—0,0372" länger war als die 
Normalperiode, stimmt dies mit dem erwarteten Wert recht gut über¬ 
ein. Die erste postextrasystolische Normalperiode ist fast immer 
etwas länger als die anderen Normalperioden, und zwar um 0,003 
bis 0,005", höchstens um 0,01—0,02". Die Verfasser meinen, daß dabei 
vielleicht eine Hemmung im Sinne vonCushny eine Rolle spielt,was aber 
nicht bewiesen und nach Vagotomie auch nicht sehr wahrscheinlich sei. 

In der 2. Auflage seines Buches bespricht Lewis 11 ) auch die Pause 
nach Vorhofs-E.-S. ausführlicher. Er sagt: Die Pause ist um so viel 
länger als eine Normalperiode, als die Erregungswelle braucht, um 
vom Reizpunkt bis zum Schrittmacher zu laufen; dies sei schon lange 
vermutet ( Gushny und Matthew , Wenckebach) und von Letvis, Meakins 
und White bewiesen worden. Die Pause besteht also aus der R.-L.-Z. 
und der Dauer einer Normalperiode. Wenn die Pause vollständig 
kompensiert, was nur selten vorkommt , und zwar dann, wenn die E.-S. 
spät in die Diastole fällt, nimmt man an, daß der auf den Sinus 
zurücklaufende Reiz zu spät gekommen und schon in die Refraktär¬ 
phase des Sinus gefallen sei. In einer Anmerkung sagt Leids aber: 
„Diese Erklärung gilt nicht für alle kompensierten Störungen des 
Vorhofsrhythmus; einige Kompensationen sind, wie ich glaube, rein 
zufällig und beruhen auf einer vorübergehenden Verlangsamung des 
Herzschlages. w 

Es ist nun dem einen von uns ( Rothberger ), der gemeinsam mit 
Kaufmann die Entstehungsweise der extrasystolischen Allorhythmien 
studierte, noch ehe die eben zitierte Bemerkung von Leuns erschienen 
war, aufgefallen, daß man in Fällen von auriculärer Extrasystolie 
beim Menschen Pausen von sehr verschiedener Länge finden kann. 
In dem von Kaufmann und Rothberger gesammelten Kurvenmaterial 
finden sich Fälle, wo der überwiegende Einfluß der chronotropen 
Vaguswirkung außer Zweifel steht. Dies möge das folgende Bei¬ 
spiel zeigen. Es handelt sich um eine schon in der 3. Mitteilung 
von Kaufmann und Rothberger 1 ^) erwähnte Kranke, bei der auriculäre 
E.-S. mit positiver Vorhofzacke in unregelmäßigen Zwischenräumen 
auftraten, und zwar immer in demselben Abstande von der vorher¬ 
gehenden Normalsystole. Der Sinusrhythmus zeigte sehr beträcht- 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 351 


liehe periodische Schwankungen und die E.-S. treten gerade immer 
dort auf, wo die zunehmende Beschleunigung der normalen Reiz¬ 
bildung von einer brüsken Verlangsamung unterbrochen wird. Wir 
greifen als Beispiel einen Teil der aus der Kurve gemessenen 
Periodenlängen (in 1 / 100 ' / ) heraus (Nr. 41—64); die Kupplungen, d. h. 
die den E.-S. vorhergehenden Perioden sind fett gedruckt: 31, 103, 
57, 49, 48, 47, 38, 102, 60, 51, 50, 48, 49, 33, 106, 60, 55, 51, 50, 
48, 33, 104, 60, 51. Es ist nun ohne weiteres klar, daß man in 
diesem Falle nicht die Differenz zwischen der Pause und dem folgen¬ 
den Normalintervall als Rückleitungszeit (R.-L.-Z.) auffassen darf, 
denn ein Reiz kann nicht 0,42—0,46" brauchen, um von irgendeinem 
Punkte des Vorhofs den Sinus zu erreichen, abgesehen davon, daß 
die Normalintervalle nach der Pause allmählich kürzer werden, bis 
die nächste E.-S. auftritt. Da eine so starke Hemmung (durch die 
E.-S.) nicht anzunehmen ist, kann es kaum einem Zweifel unterliegen, 
daß in diesem Falle der Eintritt der ersten postextrasystolischen 
Systole durch den hohen Vagustonus verzögert und die Länge der 
Pause in erster Linie von der chronotropen Vaguswirkung und nicht 
von der Länge der R.-L.-Z. bestimmt wird. 

Etwas ganz ähnliches finden wir bei einem zweiten Falle (Prot. 
Nr. 1068), einem 30 jährigen Manne, bei dem nur nach Bewegung 
auriculäre E.-S. auftraten. Bei Ruhe war die Sinusfrequenz nahezu 
konstant, die Herzperioden schwankten nur zwischen 71 und 77 
(in Vioo O- Nach Kniebeugen stellten sich periodische Schwankungen 
ein, und auch da traten die einzelnen auriculären E.-S. immer dann 
ein, wenn die allmählich zunehmende Beschleunigung von einer 
Steigerung des Vagustonus abgelöst wurde. Auch hier genüge ein 
Teil der gewonnenen Werte (Nr. 94—112): 56, 38, 93, 62, 54, 38, 95, 
65, 54, 53, 40, 97, 74, 67, 60, 56, 40, 90, 70. 

In den beiden angeführten Beispielen ist die Verlängerung der 
Pause so beträchtlich, daß man nicht einmal entscheiden kann, ob 
der Extrareiz überhaupt auf den Sinus zurückgelaufen ist, denn wenn 
man die Kupplung und die Pause addiert, kommt eine bedeutende 
Uberkompensation heraus. Trotzdem sind diese Beispiele deshalb 
nicht ungeeignet für unseren Zweck, weil sie zeigen, daß die Länge 
der Pause in erster Linie von der Höhe des zu dieser Zeit be¬ 
stehenden Vagustonus abhängt. Man muß dies wohl im Auge be¬ 
halten und zwar auch in Fällen, wo die Unterschiede weniger kraß 
sind, denn es scheint, als ob die E.-S. gerade dann gern auftreten, 
wenn ein steigender Acceleranstonus auf eine plötzliche „Bremsung“ 
des Herzens folgt. (Kaufmann und Rothberger.) 

Es ist nun ohne weiteres klar, daß auf diese Weise Pausen von 
sehr verschiedener Länge Zustandekommen können, auch wenn alle 


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352 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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E.-S. von demselben Reizherd ausgehen, und zwar kann dies auch 
dann der Fall sein, wenn keine Scheinkompensation erfolgt, sondern 
die Pausen zu kurz sind. Wir müssen also vor allem trachten, 
diesen schwankenden Vagustonus* auszuschalten. 

Wir wollen deshalb, ohne auf die übrigen von Kaufmann und 
Rothberger gesammelten Fälle näher einzugehen, nur solche Beispiele 
untersuchen, wo die Normalperioden vor und nach der Rhythmus¬ 
störung gleich oder fast gleich lang waren, wo also größere Schwan¬ 
kungen im Tonus der extrakardialen Nerven nicht bestanden. 

Prot. Nr. 881. Einzelne aurio. E.-S. mit poe. Vorhofzacke. 


K-S. | 
Nr. j 

Kupplung 

Normalintervall 

Länge der 
Pause 

Differenz 

1 


vorher 

nachherj 



5 

65 

76 

! 75 

87 

kompensiert 

9 

1 46 

74 

1 74 

85 

! 11 

13 

48 

72 

1 73 

84 

i n 

18 

! 65 

74 

; 78 

89 

kompensiert 

23 

53 

78 

1 78 

89 

11 

28 

54 

78 

! 76 

86 

10 

33 

70 

75 

; 74 

78 

kompensiert 

37 

58 

75 

1 73 

84 

11 

41 

! 50 

72 

1 72 

82 

10 

45 

50 

72 

1 74 

84 

10 

50 

65 

75 

74 

84 

kompensiert 

54 

j 48 

75 

73 

84 

11 

58 ; 

56 

71 

72 

84 

12 

62 

65 

70 

75 

80 

kompensiert 

66 

, 65 

73 

74 

82 

kompensiert 

70 

66 

73 

76 

84 

kompensiert 

74 

56 

74 

7 6 

86 

10 

78 

44 

76 

76 

84 

8 

82 

50 

74 

74 

83 

9 


In diesem Falle scheint alles mit den experimentellen Angaben 
zu stimmen: die spät auf tretenden E.-S. 5, 18, 33, 50, 62, 66 und 70, 
die eine lange Kupplung haben, sind von einer vollständig kompen¬ 
sierenden Pause gefolgt, denn die Summe aus Kupplung und Pause ist 
gleich zwei Normalintervallen (z. B. bei Nr. 5: 65 + 87 = 152 = 2 • 76). 
Die anderen E.-S., die eine kürzere Kupplung haben, also früher in 
der Diastole eintreten, haben eine zu kurze Pause; diese ist um 
8—12 Hundertstelsekunden länger als ein Normalintervall und man 
hätte also 0,08—0,12" die Rückleitungszeit anzusehen und einen 
solchen Wert findet man auch bei anderen Vorhofs-E.-S. nicht selten. 
Nun ist diese R.-L.-Z. doch auffallend lang. Bei Reizung des rechten 
Hundevorhofes fanden Kaufmann und Rothberger (1917) nicht mehr 
als 0,03", und denselben Wert finden, wie oben erwähnt, auch Lewis 
und seine Mitarbeiter; selbst wenn man berücksichtigt, daß der Vor¬ 
hof beim Menschen größer ist als beim Hunde, ist nicht zu ver- 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 353 

stehen, warum die R.-L.-Z. 3—3,5 mal so lang sein soll. Daß die 
E.-S. beim Menschen nicht durch Einzelschläge erzeugt werden, kann 
den Unterschied wohl nicht erklären. 

Nun ist der oben angeführte Fall einer von denen, wo die E.-S. 
auf einer rhythmischen Reizbildung beruhen, es ist ein Fall von 
Parasystolie , und als solcher ist er auch von Kaufmann und Roth- 
berger 18 ) beschrieben worden. Bei solchen Fällen scheint nun die 
Länge der Pause von ganz anderen Gesetzen bestimmt zu werden, 
deren Studium nicht in den Rahmen dieser Mitteilung gehört. Nur 
auf folgendes wollen wir aufmerksam machen. Es ist auffallend, 
daß in diesem Falle die E.-S. 78 nach 0,08" den Sinus erreicht und 
dort eine E.-S. erzeugt, während z. B< die E.-S. 50 nach 0,10" schon 
zu spät kommen soll. 

Die eigentliche Veranlassung zu unseren Untersuchungen bilden 
aber Fälle wie der folgende. 

Prot. Nr. 871. Auric. E.*S. mit posit. Vorhofzacke. 2. Aufnahme. Wir 
bringen nur diejenigen E.-S., wo das Normalintervall vorher und nachher ganz 
oder fast ganz gleich ist. 


E.-S. 

Nr. 

i- ” 

' Kupplung 

1;_ 

Normalintervall 

vorher nachher 

LÄnge des 
Bigeminua 

Lfinge der 
Pause 

Differenz 

17 

49 

116 

114 

177 

1 128 

12—14 

20 

‘ 50 

114 

115 

167 

1 117 

2-3 

24 

51 

110 

113 

164 

i ns 

0 

32 

46 

117 

120 

169 

I 123 

! 3-6 

48 

49 

112 

114 

172 

123 

9-11 

58 

48 

115 

112 

161 

1 113 

0 

123 

80 

115 

115 

212 

| 132 

17 

129 

52 

119 

121 

171 

119 I 

0-2 

156 

50 

123 

121 

178 

128 

5-7 

171 

49 

118 

120 

181 

132 

12-14 

176 

60 

120 

120 

189 

l 129 

i I 

9 


In diesem Falle sieht man, obwohl zur Zeit der tthythmusstörung 
keine wesentlichen Schwankungen im Vagustonus erfolgen, doch sehr 
verschiedene Differenzen zwischen der Pause und der Länge des zu¬ 
gehörigen Normalintervalles. Es besteht gar kein Grund zu der An¬ 
nahme, daß die einzelnen E.-S. von verschiedenen Punkten im Vor¬ 
hofe ausgegangen sind, und daß die Unterschiede auch mit der Zeit 
des Eintrittes der E.-S. nichts zu tun haben, läßt sich aus der 
folgenden Zusammenstellung ersehen, in der zu den einzelnen Kupp¬ 
lungen die zugehörigen Differenzen in Klammer gesetzt sind: 46 (3—6), 
48 (0), 49 (12—14, 9—11, 12—14), 50 (2—3, 5—7), 51 (0—3), 
52 (0—2), 60 (9), 80 (17). Warum sind in diesem Falle die sog. 
Rückleitungszeiten so außerordentlich verschieden? Da kein Grund 
dafür besteht, eine so stark wechselnde Leitfähigkeit in der Vorhof- 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 23 


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Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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:;r>i 

muskulatur anzunehmen, und auf diese Art der Wert 0 ja auch gar 
nioht erklärt werden könnte, haben wir, da solche Fälle durchaus 
nicht selten sind, uns dazu entschlossen, die Verhältnisse unter ein¬ 
facheren Bedingungen noch einmal zu untersuchen, wo vor allem der 
Tonus der extrakardialen Nerven mit Sicherheit ausgeschaltet werden 
und man dafür sorgen kann, daß alle Reize von demselben Punkte 
ausgehen, so daß die zurückzulegende Strecke immer dieselbe ist. 
Da, wie erwähnt, in den Fällen, wo die einzelnen E.-S. auf einer 
rhythmischen Reizbildung beruhen, die Länge der Pause von eigen¬ 
artigen Umständen abzuhängen scheint, mußten Versuchsbedingungen 
gewählt werden, wo eine rhythmische Reizung sicher ausgeschlossen 
werden konnte. 

Die zu lösenden Fragen lauteten: 

1. Wie lange braucht ein am Vorhofe gesetzter Reiz, um vom 
Reizpunkte aus den Sinus zu erreichen und welche Änderungen er¬ 
fährt diese Rückleitungszeit unter verschiedenen Bedingungen? 

2. Ist zur Erklärung der Pause die Annahme einer Reizrückleitung 
ii berhaupt notwendig ? 

Alle Versuche sind an mittelgroßen Hunden in Morphin-Äther¬ 
narkose ausgeführt. Der Thorax war in der gewöhnlichen Weise 
geöffnet, das Elektrokardiogramm wurde von Ösophagus und Anus 
abgeleitet, und außerdem die Suspensionskurven des Vorhofes und 
der rechten Kammer verzeichnet; die Zeit wurde mit der Stimm¬ 
gabel in 1 / 50 " geschrieben. Gereizt wurden verschiedene Punkte des 
Vorhofes, und zwar das rechte und das linke Herzohr, die obere und 
die untere Hohlvene, und endlich der Sinusknoten "selbst, und zwar 
mit Einzelschlägen ohne Abblendung; die Elektroden wurden in einer 
nur wenige Millimeter betragenden Entfernung in die Vorhofmusku¬ 
latur eingehakt. 

Da nach den Befunden von Lewis und von Kaufmann und Roth¬ 
berger die Rückleitungszeit sehr kurz ist (gewöhnlich um 0,03"), war 
vor allem die Wirkung von Stromschleifen auszuschließen, die am 
Sinus direkt hätten eine Extrasystole hervorrufen können, obwohl 
von diesem Gesichtspunkte aus die Zeit von 0,03" ja wieder viel zu 
lang gewesen wäre. Daß nun Stromschleifen nicht in Betracht 
kommen, ließ sich leicht auf folgende Weise feststellen: Es wurde 
zunächst die Spitze des rechten Herzohres mit Einzelschlägen gereizt 
und die die Extrasystolen enthaltende Kurve aufgenommen. Dann 
legten wir unterhalb der Reizstelle über die ganze Breite des Herz¬ 
ohres eine Klemmpinzette an und zerquetschten dadurch die gefaßte 
Vorhofmuskulatur. Nun folgten auf Einzelschläge keine Extrasystolen 
mehr und bei faradischer Reizung mit starkem Strome flimmerte der 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhof sextrasy stolen. 355 

Vorhof nicht. Damit ist bewiesen, daß Stromschleifen als Reiz¬ 
ursachen anderer Vorhofteile nicht in Betracht kommen; wenn dann 
die Reizelektroden unterhalb der Klemmstelle angelegt wurden, traten 
natürlich die E.-S. wieder auf. 

An den aufgenommenen elektrographischen Kurven wurden dann 
die einzelnen Herzschläge der Reihe nach numeriert, die Dauer der 
aufeinanderfolgenden Herzperioden an den Stimmgabelschwingungen 
gemessen und die so gefundenen Werte in Form von Tabellen zu¬ 
sammengestellt, so wie es Kaufmann und Rothberger in ihren Unter¬ 
suchungen über die extrasystolische Allorhythmie getan hatten. Es 
enthält also der erste Stab die Nummern der aufeinanderfolgenden 
Herzschläge, der zweite die Dauer der vorangehenden Herzperiode, 
der dritte die „Kupplung“, d. h. das Intervall zwischen Normal- und 
Extrasystole, und der vierte die Differenz zwischen der Pause und 
der Länge des Normalintervalles, und zwar sind alle diese Werte 
in Vioo" angegeben*). 

1. Reizung des rechten Herzohres. 

Nehmen wir zunächst ein Beispiel für die Reizung des rechten 
Herzohres bei erhaltenen Vagis (Versuch 19, s. folgende Tabelle.) 

Die Dauer der Normalperioden beträgt, obwohl die Vagi erhalten 
sind, beinahe konstant 52. Von den Reizen ist meist sowohl der 
Schließungs- wie der Öffnungsschlag wirksam, an einzelnen Stellen 
aber nur der eine von beiden, wenn der andere in die refraktäre 
Phase des Vorhofs fiel. Entsprechend der absichtlich unregelmäßigen 
Reizung**) sind die ersten Kupplungen ungleich lang. Die Länge 
der Pause nach den Extrasystolen schwankt im ersten Teile des 

*) Wir bezeichnen den Wert, um den die Pause länger ist als das Normal- 
interv&ll im folgenden als Differenz (Diff.). Wenn man sich auf den Boden 
der Theorie der Reizrückleitung stellt, würde diese Differenz der Reizrück- 
loitungszeit (R.-L.-Z.) entsprechen. 

**) Wie in der Einleitung ausgeführt wurde, entsteht nach den Befunden 
von Kaufmann und Rothberger bei rhythmischer Reizung immer eine extra¬ 
systolische Allorhythmie, die in unseren Versuchen vermieden werden sollte. 
Ks wurde daher dem den Reizapparat bedienenden Assistenten eingeschärft, in 
ganz willkürlichen und unregelmäßigen Zwischenräumen zu reizen. Dies scheint 
aber merkwürdigerweise die Überwindung eines dem Menschen innewohnenden 
Bedürfnisses nach Rhythmus vorauszusetzen, und cs ist interessant, festzu- 
steilen, wie nach einiger Zeit sich dieses Bedürfnis unbewußt doch durchsetzt, 
wenn die Aufmerksamkeit etwas nachläßt. Wenn man die zwischen den ersten 
Reizen liegenden Intervalle ausmißt (Nr. 2—7, 7—11, 11—14 usw\), bekommt 
man folgende Werte: 222, 181,5, 153,5, 214, 232,5, 266,5, 183,5, 270, 187.5, 
305, 293,5, 316 , 5 , 311 , 311 , 369 . Wenn man bedenkt, daß diese Werte in 
Hundertstelsekunden angegeben sind, ist die Gleichheit der letzten Reizinter¬ 
valle doch bemerkenswert. 

23* 


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V. Miki und C. J. Rothberger: 


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3ot> 











Dauer der 

i 



| Dauer der 


1 

Nr. 

vorangeh. 

Kupplung 


Nr. 

1 vorangeh. 

Kupplung 

Diflf. | 


Herzper. 




,j Herzper. 

i 

1 

52 


1 

49 

52 

j 


v> 

20 

20 

i 

50 

52 


I 

3 

4 

31 

55 

31 

3 106 

51 

52 

52 

30 

30 

-- 

5 

52 



53 

21 

! 21 

98 

6 

52 


i ; 

54 

47; 



4 

s 

32 

55,5 

32 

| 3,:> 87,5 

55 

56 

52 

51,5 


i 

9 

52 



57 

51 



10 

52 


! 

58 

52 

1 


11 

22 

22 

nn \ 

59 

40 

40 


12 

55,5 


3,5 * 1 ’** 

60 

27 

27 

i 121 

To 

52 



61 

54 


2 

14 

46 

46 

1 

i 

62 

52 

i 

i 

15 

24,5 

24,5 

126,5 

63 

52 

1 

l 

16 

56 


4 

64 

52 

1 


17 

51,5 



65 

52 



IS 

52 | 

! 

i 1 

66 

27,5 | 

! 27, r, 

; 1 

19 

30 

30 


67 

22 

22 

103,5 

20 

25 

25 

110,5 

68 

54 


2 

21 

55,5 


3,5 i 

69 

52 ! 



22 

52 


l 

70 

1 51 



23 

52 

i 

i 

71 

51 



24 | 

48 

4s 


72 

r 5i 



25 

2 s 

-’s 

i 1 131 

73 

30 

30 


26 

55 


3 ! 

74 

215 

21,5 

104 

27 

52 


1 

75 

52,5 


1,5 

28 ■ 

52 



76 

51 



29 | 

52 



77 

51,5 



30 

27,5 

27,5 

00 

78 

51 



31 ; 

54 


79 

52 



32 

52 


i 

80 

32 

32 

_ 

33 

52 


1 

81 

27 

27 

1 113 

34 

52,5 



82 

54 


! 2 

35 

23 

23 


83 

1 52 

j 


36 

24 

24 

103 

84 

, 52 



37 

56 


4 

85 

51,5 



38 

52 



86 

; 51,5 



39 

52 



87 

1 21 

21 


40 ! 

52 



88 

| 56 


s : 78 

41 1 

34 

34 

3,5 i 

89 

51 



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55,5 


90 

1 52 



43 ; 

52 


I 

91 

51,5 

l 


44 

52 


1 

92 

51,5 

! 

; 


45 

28 

28 


93 

51 

i 


46 

21 

21 

i 96 

94 

i 51,5 

' 


47 

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1 

95 

52 

j 


48 

51 


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i 

' 1 

. 

Versuches (Nr. 1-44) 

nur in sehr engen Grenzen, sie beträgt meist 

55 — 

56, ist also um 3 

—4 länger als 

ein Normalintervall 

, und diese 


Differenz wäre also als R.-L.-Z. anzusehen, was ja gut mit den oben 
zitierten Angaben von Lewis übereinstimmt. Die nach der Pause 



Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhof sextrasy stolen. 357 

folgenden Normalperioden sind unverändert. In der zweiten Hälfte 
des Versuches finden sich zunächst zwei Pausen (Nr. 47 und 54), die 
kürzer sind als ein Normalintervall; wir kommen auf diese später 
noch zurück. Die folgenden Pausen zeigen eine kleinere Differenz 
als in der ersten Hälfte, sie betragen nur 1,5—2 und nur die letzte 
(Nr. 88) ist größer. Entsprechend der Verkürzung der Pausen ist, 
wie es bei Vorhofs-E.-S. die Regel ist, die physiologische Reizperiode 
nicht erhalten: Die Intervalle zwischen den die Rhythmusstörung 
einschließenden Normalsystolen sind kürzer als 2 oder 3 Normal¬ 
perioden. Bei Doppelreizen kann aber die postextrasystolische Systole 
auch zu einem solchen Zeitpunkt auftreten, daß die Rhythmusstörung 
fast genau kompensiert wird. (Nr. 2/4, 35/37, 66/68, 73/75.) 

Nach Vagotomie verkürzt sich die Dauer der Normalperioden 
auf 32. Bei der Reizung bekommen wir nun folgendes Bild (s. um¬ 
stehende Tabelle): 

Unter 10 Differenzen sehen wir sechsmal den Wert 3, zweimal 2. 
einmal 4 und einmal 5,5. Die kleinste Diff. wäre also 2. Die E.-S. 
79, die nur um 0,01" vor dem zu erwartenden Norraalschlage ein- 
tritt, kann also den Sinus nicht mehr erreichen und muß daher von 
einer kompensierenden Pause gefolgt sein: dasselbe gilt für die 
E.-S. 46, die um 0,02" zu früh kommt. Die verschiedene Länge 
der Diff. hat keine erkennbare Beziehung zur Einfallszeit des Extra¬ 
reizes. Die kürzeste Kupplung ist 19,5, sie ist also nur um wenig 
länger als die refraktäre Phase des Vorhofes, denn diese beträgt nach 
unserer Erfahrung für die von uns gewählte Reizstärke ungefähr 16. 
Dies ließ sich leicht dadurch feststellen, daß der auf einen wirk¬ 
samen Schließungsschlag folgende Öffnungsschlag fast immer dann ver¬ 
sagte, wenn er 0,16" oder noch früher auf den ersteren folgte*). 
Man sollte nun glauben, daß die R.-L.-Z. bei früh eintretenden J3.-S. 
länger dauert, als bei spät gesetzten, aber das ist nicht der Fall. 
Die E.-S. 28 mit der Kupplung 19,5 hat eine Diff. von 3, ebenso 
aber auch die E.-S. 21 mit der Kupplung 28; dagegen finden wir 
bei der E.-S. 37 mit der Kupplung 24 eine Diff. von 5,5, bei der 

*) Lewis, Drury und Bulger 1 *) reizten am Hundevorhof mit einem um 
300—400 °/ 0 über der Schwelle liegenden Strom und fanden für die absolute 
refraktäre Phase (R.-P.) bei 200 Reizen in der Minute Werte zwischen 0,029 
und 0,118 bei erhaltenen Vagis, und ungefähr 0,125 nach Atropin. Bezüglich 
des Einflusses der Reizfrequenz (F.) bei atropinisierten Tieren ergaben sich 
folgende Beziehungen: F. 100, R.-P. 0,2; F. 130—140, R.-P. 0,15 bis 0,17; F. 
290, R.-P. 0,08—0,11“. Nach unserer Schreibweise würden diese Werte also 
lauten: 20, 15—17 und 8—11. Unser Wert von 16 würde also ganz gut 
stimmen. Jedenfalls soll darauf aufmerksam gemacht werden, daß die R.-P. 
des Vorhofs beträchtlich länger sein kann als die Dauer der P.-Zaoke, was 
ja übrigens schon bekannt ist (Trendelenburg). 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



Y. Miki und C. J. Rofchberger: 


Difitized by 


358 


Nr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupplung 

Diff. 


Nr. j 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupplung 

Diff. 


i 

32 




49 

32 




2 

32 




50 , 

32.5 




3 

29 

29 


51 

32 




4 

31 

31 1 

94,5 

52 

23 

23 



5 

34,5 


2 ; 

53 

18 

18 


76 

6 

32,5 



54 | 

35 


3 


7 

32 



55 

32,5 

, 


8 

32 



56 

32 

! 


9 

20 

20 

h $ 

57 

32 

1 


10 

22 

22 

, 78 

58 

32,5 




11 

36 


4 


59 

32 




12 

32 



60 

32 

i 


13 

33 



61 

32 




14 

32 



62 

32 




15 

32 



63 

22 

22 



16 

32 



64 

24 

24 


82 

17 

19,5 

19,5 

| 

65 

36 


3 


18 

32 

32 

i 86,5 

66 i 

32,5 




19 

35 


2 


67 

33 




20 

33 


i 

68 

33 




21 

28 

28 

1 CO 

69 

32 




22 

35 


3 

u o 

70 

32 




23 

33 


i 

71 

l 26 

26 



24 j 

! 32 



72 i 

| 30 

30 


91 

25 , 

32 



73 

35 


3 


26 j 

32,5 



74 

32 




27 

32,5 



75 1 

32 | 



28 1 

19,5 

19,5 

i t rr 

76 ; 

32,5 




29 ! 

36 


3 

00,0 i 

77 : 

32 




30 

33 


1 

78 1 

32 




31 1 

32 


! 

79 1 

31 

31 


64,5 

32 

32,5 


1 

80 

33,5 

— 

l komp. 

33 ; 

32,5 



81 

32 

! 


34 1 

32 



82 * 

32,5 

I 


35 

32,5 



83 

31 

1 


36 j 

32 


! 

84 1 

32 

I 


37 

24 

24 

C 1 c 

85 

33 

i 


38 ! 

37,5 


5,5 

01,0 

86 i 

32 

i 


39 

32 


: 

87 , 

25 

25 


60 

40 1 

32 



88 1 

35 

1 3 

41 | 

32 



89 1 

32 



42 i 

32 



90 , 

32,5 



43 

32,5 



91 I 

32 



44 

32 



92 I 

32 

| 


45 , 

32 



93 ! 

32,5 



46 ; 

30 

30 

64 “ 

94 

32 

• 


47 

34 


— 

komp. 

95 1 

32 

i 


48 1 

32 

! I 

i ~i 

96 

32 

1 



E.-S. 87 mit der Kupplung 25 wieder eine Diff. von 3. Es ist 
nicht ersichtlich, warum gerade die E.-S. 37 eine so lange Diff. hat, 
und wir wollen daher diese Tatsache vorläufig nur zur Kenntnis 
nehmen, ohne uns auf Erklärungsversuche einzulassen. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 





Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 359 

Reizungen des rechten Herzohres bei durchschnittenen Vagis 
haben wir noch in folgenden Versuchen ausgeführt, deren Ergebnisse 
wir nun kurz wiedergeben können. 

Versuch 13. 10 Reizungen. Diff. 1 mal 4,5, 2 mal 4, 6 mal 3 und 

1 mal 1,5. 

Versuch 14. 9 Reizungen. Diff. 1 mal 4, 2 mal 3,5, 3 mal 3, 1 mal 2 

und 1 mal kompensiert (Normalperiode 39,5, Kupplung 38). 

Versuch 17. 15 Reizungen. Diff. 1 mal 5, 1 mal 4,5, 4 mal 4, 2 mal 3,5, 

1 mal 3, 2 mal 2,5, 4 mal 2. 

Prüfen wir nun auch in diesen Versuchen die Beziehungen zwi¬ 
schen der Länge der Diff. und der Einfallszeit der E.-S. In der 
folgenden Zusammenstellung sind die Kupplungen in aufsteigender 
Reihe geordnet; dort, wo “zwei E.-S. nacheinander auftraten, stehen 
beide Kupplungen nebeneinander. 


Versuch 13. 

Normalperiode 65. 

Versuch 14. Normalperiode 39,5. 

Kupplung 

Diff. 

Kupplung Diff. 

30 

3,5 

25 3 

31 

3 

32 3,5 

32 

33 

4,5 

3 

33 2 

33,5 3 

34 

3 

35, 33 4 

35, 59 

3 

36, 31,5 3 

36 

4 

38 kompensiert 

45 

3 


47 

3 


60 

1 


Versuch 17. 

Normalperiode 53—54. 


Kupplung 

Diff. 


20, 41 

25, 28 

5 

2,5 

Es geht aus diesen Versuchen 

28 

3,5 

hervor, daß die Diff. meist um 

28, 35 

O*) tL 

4 

3 herum liegt, daß aber nach 

33,5 

3 

beiden RichtungenAbweichungen 

34 

4 

Vorkommen, die in keiner er¬ 

36 

37 

4 und 2,5 

4 5 

kennbaren Beziehung zur Länge 

42, 23,5 

2 

der Kupplung, d. h. zur Ein¬ 

44 

4 

fallszeit der E.-S. stehen. 

45 

3,5 


45, 5, 28 

2 


47, 25 

2 



2. Reizung des linken Herzohres. 

Versuch 21. Die Ergebnisse der bei intakten Vagis vorgenomme¬ 
nen Reizungen werden wir in einem späteren Teile dieser Arbeit 
anführen. Nach Vagotomie betrug die Dauer der Normalperiode 34. 
Die Ergebnisse der Reizung zeigt die folgende Tabelle. 


Digitized b' 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



360 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 



Dauer der 


i i 

i 

Dauer der 

i ~ 

Nr. 

vorangeh. 

Kupplung 

Diff. 


Nr 1 

vorangeh. 

Kupplung 

Diff. 


Herzper. 




Herzper. 

i 

1 

34 



68 

! 17 

17 

2 

34 



69 

j 40 


6 

3 

34 



70 

! 34 

i 

4 

27 

27 

1 

71 

33,5 


5 

29 

29 

96 

72 

| 34 


6 

| 40 


6 


73 

34 


7 

34 



74 

34 


8 

33.5 



75 

34 


9 

34 



76 

33 

33 1 

10 

34 



77 

16? 

16 1 

11 

34 



78 

' 21 

21)spon- 

12 

34 



79 

25 

25J tan 


13 

33,5 



80 

37 

3 

14 

34 



81 

34 


15 

34 



82 

! 33 

| 

16 

34 



83 

34 

1 

17 

34 



84 

19,5 

19.5 

18 

32,5 

32,5 


85 

40 

6 

19 

17 

17 

89 

86 

i 34 


20 

39,5 


5,5 


87 

34 

, 

21 

34 



88 

34 


22 

34 



89 

34 


23 

34 



90 

34 


24 

34 



91 

27 5 

27,5 

25 

34 



92 

1" 

17 

26 

33,5 



93 

24 

24\spon- 

27 

' 25 

25 

63,5 

94 

1 25 

25/ tan 

28 

1 38,5 


4 

95 

37,5 


3,5 

29 

1 34,5 



96 

1 84 


30 

33,5 


. 

97 , 

33 

i 

31 

34 



98 

34 


32 

34 



99 

33.5 


33 

34 



100 

29,5 

29,5 ! 

34 

18 

18 

58 

101 

40,5 


6,5 

35 

, 40 j 


6,5 

102 

34 



36 

33.5 j 



103 

34 



37 

34 



104 

33,5 


38 

33 



105 

34 


39 

34 



106 

34 


40 

34 



107 

26,5 

26,5 

41 

27,5 ' 

27,5 

ß7 t; 

108 

17,5 1 

17,5 


42 

40 


6,5 


109 

38 


4,5 

43 

: 33,5 



110 

84,5 


44 

34 



111 

83,5 



45 

33,5 ! 



112 

34 



46 

34 



113 

34 



47 

30 

30 

68 

114 ! 

34 



48 i 

38 


4 

komp. 

115 

23 

23 


49 j 

34 j 



116 

20,5 

20,5 


50 

34 



117 1 

! 38,5 

4,5 

51 ! 

34 



118 

34 


52 

1 34 



119 

; 33 



53 

1 26 

26 


65 

120 

! 34 



54 

39 


5 

121 

34 



55 

34 



122 

23 

23 






123 

20 

20 


66 

34,5 



124 

3* 


4 

67 

M 



125 

34 




132 


59,5 


131 


69,5 


82 


82 


81 



e 


— Original fröm-- - - 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 




Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 361 

Es wurden 15 Reizungen ausgeführt. 8 mal trat nur 1 E.-S. 
auf. 5 mal folgten zwei, und 2 mal vier E.-S. aufeinander. Die 
Diff. betragen 3mal 6,5, 3mal 6, 1 mal 5,5, 1 mal 5, 2mal 
4,5, 3 mal 4, 1 mal 3,5 und 1 mal 3. Es ist schon daraus 
ersichtlich, daß die Diff. lei Reizung der Spitze des linken Herzohres 
bedeutend länger ist als von der Spitze des rechten, denn bei dieser 
lagen die Werte um 3 herum. In unserem Versuche wurde einmal 
(Nr. 47) die Rhythmusstörung kompensiert; der auf den Sinus 
zurücklaufende Extrareiz kam offenbar gerade in dem Augenblick 
an, wo das normale Reizmaterial schon fertig war. Die erste E.-S. 
der Viererreihe (Nr. 76) kommt jedenfalls schon zu spät. Daß im 
übrigen auch in diesem Versuche die Dauer der Diff. nicht von der 
Einfallszeit der E.-S. abhängt, ist schon aus dem Vergleich der E.-S. 
34, 41 und 100 zu ersehen, denn diese haben trotz sehr verschiedener 


4 



Abb. 1. Die zwei Relz-E.-S. sind von zwei spontanen E.-S. gefolgt (|): Siehe die hohe, zwei- 
phasische P-Zacke der Normalschläge. 

Kupplungen dieselbe Diff. Dagegen zeigt sich die interessante Tat¬ 
sache, daß diese einzelnen E.-S. die längste Diff. haben, während in 
den ziemlich gleich gebauten Viererreihen 76—79 und 91—95 sich 
am Schlüsse die kürzeste Diff. von 3 und 3,5 ergibt. Diese Werte 
sind aber hier nicht zum Vergleich heranzuziehen; die Kurve zeigt 
nämlich, daß von den vier Extrasystolen nur die beiden ersten 
künstlich ausgelöst sind, während die beiden letzten spontane E.-S. 
sind, die auch eine kleinere Vorhofzacke haben als die Normal¬ 
schläge. Dies ist aus Abb. 1 deutlich zu ersehen. Auf die Tat¬ 
sache selbst kommen wir noch zurück. 

Wir haben noch in einem zweiten Versuche (13) das linke Herz¬ 
ohr gereizt, dies geschah aber erst mehr als eine Stunde nach der 
Durchschnoidung der Vagi und der Accelerantes: dementsprechend 
war die Dauer der Normalperiode lang (77). Es sind nur 6 einzelne 
E.-S. verzeichnet worden, die Diff. schwanken zwischen 3 und 6 und 
verhalten sich in folgender Weise zur Einfallszeit der E.-S. (Diff. in 
Klammer): 38,5 (3), 39 (3). 48 (6), 49 (6), 61 (4 und 5). 


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Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 



362 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


3. Reizung der unteren Hohlvene nahe der A.-V.-Grenze. 


Versuch 23. Vagi intakt. 



. — 

_ _ _ 

- 


_ 





I 1 

Dauer der 

1 




Dauer der 1 




Nr. 

vorangeh. 


Diff. 


Nr. 1 

vorangeh. , 

Kupplung 

Diff. 



! Herzper. 

| Kupplung 



1 

| Herzper. f 



1 

33 | 




53 

33,5 

1 



2 

38 




54 

34 | 




o 

33 




55 

33,5 ! 




4 

33 i 


1 


56 

33,5 

i 



5 

33,5 




57 

15,5 1 

15.5 ! 


53,5 

6 

33,5 




58 

38 


4 

7 

34 




59 

34 , 




8 

34 




60 

34 

1 



9 

10 

31 

35,5 

31 

2 

66,5 

61 

62 

33 i 

34,5 I 


0 


11 

33,5 




63 

33,5 




12 

33 




64 

33,5 




18 

33.5 


i 


65 

33,5 , 




14 

33,5 


, 


66 

33,5 ; 




15 

24,5 

24,5 

i 


67 

33,5 




16 

18,5 

18,5 


80 

68 

34 




17 

37 

3,5 1 


69 

34 

i 



18 

33,5 




70 

18 

18 



19 

20 

33,5 

33 

1 



71 

72 

21 

! 21 

21 

21 

spont. 

E.-.S. 

96 

21 

33 

1 



73 

37? 




22 

27 

27 


64,5 

74 

! 33,5 


j 3,5? 


28 

37,5 


3,5 

75 

33 




24 

t 34 




76 

. 33 




25 

33 

1 



77 

' 34 




26 

i u 




78 

1 33 




27 | 

28 1 

3! 

35,5 


2 

66,5 

79 

80 

; 1H 
! 38 

16 

• 4 

54 

29 

33,5 




81 

34 


|; ' 

' 

80 

34 

! 



82 

34 




31 

33 




83 

33,5 




32 

18 

18 


c 

84 

33,5 




33 

37 


4 

Ou 

85 

34 


i 


34 

33 




86 

26 

26 

I 

64 

35 

34 

1 



87 

38 


4 

36 

33,5 




88 

34 

1 



37 

24,5 

i *24,5 



89 

34 




38 

21 

21 


81,5 

90 

34 




39 

36 


3 

91 

33 




40 

33 

1 



92 

27 

27 



41 

33,5 




93 

i 18 

18 


83 

42 

34 




94 

38 


4 


43 

33,5 




95 

1 34 




44 

45 | 

24.5 

37.5 

24,5 

3,5 

60,5 

96 

97 

33 

33,5 




46 

34 




98 

34 




47 | 

34 




99 

33 




48 

33 




100 

22 

22 



49 | 

34 

i 



101 

27? 

27? 


8 -> 

50 

31 

' 31 


67 

102 

36? 




51 

36 


2,5 

103 

34 




52 

33,5 




104 

34 





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_ Original from . _ 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 


Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 363 


jj Dauer der | 


Nr. 

i vorangeh. Kupplung 

i Diff. 


i Heriper. | | 

105 

33 ! 


106 

33,5 ; 


107 

33,5 , 


108 

! 34 1 


109 

l 34 


110 

I 33,5 i 


110 

; 33,5 1 


112 1! 34 , 1 


113 



114 

1 30,5 i 30,5 


115 

1 30 ! 

2 

116 

i 34 ; 


117 

! 33,5 ; i 


Nr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupplung 

i 

| Diff. 

118 

34 



119 

34 



120 

33 

33 


121 

35 



122 

34 



123 

34 

1 


124 

34 



125 

l 34 



126 

! 34 



127 

24,5 

24,5 


128 

37 


3 

129 

34 



130 

1 34 




i 

I 


i 68 

j komp. 


61,5 


i 


Die vorstehende Tabelle zeigt fast durchwegs Diff. von 3—4. 
Einmal (Nr. 120) wird die Rhythmusstörung kompensiert, weil der 
Extrareiz nur um 0,01" vor dem zu erwartenden Normalreize ge¬ 
setzt wurde. Die Bigemini 9/10, 27/28, 60/51 und 114/115 sind 
einander sehr ähnlich: Die Werte lauten zweimal 31, 35,5, einmal 
31. 36 und einmal 30,5, 36. Hier ist die Differenz zwischen der 
Pause und dem Normalintervall am kürzesten (2—2,5) und man 
darf wohl auch in diesen Fällen eine Kompensation annehmen, ob¬ 
wohl der Bigeminus etwas kürzer ist, als die Summe des vorher¬ 
gehenden und des nachfolgenden Normalintervalls (67, 67,5 und 68). 
Wir werden aber diese Verkürzung für unsere spätere Untersuchug 
im Auge behalten und ebenso auch die Tatsache, daß nach den zwei 
künstlichen E.-S. 70 und 71 eine spontane (72) auftritt. 

Es wurden dann 2 mg Atropin intravenös eingesprizt und nach 
2 Minuten mit der Aufnahme begonnen. Es zeigte sich nun, daß 
nicht nur keine Pulsbeschleunigung eingetreten, sondern die Dauer 
der Herzperiode sogar noch etwas länger geworden war (35—36). 
Es sind nun 22 Reizungen vorgenommen worden: von diesen müssen 
wir zwei für die spätere Besprechung ausschalten. Für die übrig 
bleibenden 20 ergeben sich folgende Diff.: Je 1 mal 7, 6, 5,5 und 
5. 2mal 4,5, lOmal 4, 1 mal 3,5 und 3mal 3. Von den 
20 Werten liegen also 10 bei 4 und 16 zwischen 3 und 4,5. Die 
längsten Diff. 7 und 6 betreffen die zwei Reizungen mit den kür¬ 
zesten Kupplungen (17 und 18), so daß der Reiz fast unmittelbar 
nach dem Ende der refraktären Phase wirkte. Sie finden sich gegen 
das Ende der Kurve, wo die Hohlvene schon öfter gereizt worden 
war, während im ersten Teile des Versuches auf eine Kupplung 18 
eine Diff. von 4 folgte. 

Im nächsten Versuch (24) betrug die Länge der Herzperiode 
nach Vagotomie 35. Es sind 14 Reizungen vorgenommen worden, 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



3 64 


V. Miki und C. J. Rothberger: 


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wobei 6 mal nur eine E.-S. auftrat, 7 mal zwei hintereinander und 
1 mal 3. 1 mal wurde die Rhythmusstörung kompensiert, weil 

die E.-S. nur um 0,01" vor dem zu erwartenden Normalschlage ein¬ 
trat. 1 mal läßt sich die Diff. nicht bestimmen; im übrigen finden 
sich folgende Werte: 2 mal 5,5, 1 mal 5, 2 mal 4,5, 3 mal 4, 2 mal 
3,5, je einmal 3 und 2. Es liegen also von 12 Werten 10 zwischen 
3,5 und 5,5. Die Beziehungen der Diff. zur Kupplung, also zur 
Einfallszeit der E.-S. ergeben sich aus folgender Zusammenstellung: 
Es sind zunächst zwei E.-S.-Paare da, mit den Kupplungen 34 und 
14. Die erste E.-S. kann nicht auf den Sinus zurückgelaufen sein, 
denn auch die einzelne E.-S. mit kompensierender Pause hatte die 
Kupplung 34. Es kommt also für die Reizrückleitung nur die 
zweite E.-S. mit der Kupplung 14 in Betracht. Dies ist der 
kleinste Wert, den wir überhaupt gefunden haben, gewöhnlich betrug 
die refraktäre Phase für den Vorhof 16. Wir bekommen also für 
diese beiden Paare und für die einzelnen E.-S. folgende Reihe: 
(Diff. in Klammer): 34,14 (5 und 4), 26 (5,5, letzte Reizung), 26,5 
(4), 28 (2), 29 (3), 29,5 (3,5), 34 (kompensiert). Im großen und 
ganzen scheinen also die früher auftretenden E.-S. eine größere 
Diff. zu haben, ohne daß strenge Beziehungen bestünden. Die un¬ 
gewöhnlich lange Diff. der E.-S. mit der Kupplung 26 ist wahr¬ 
scheinlich darauf zurückzuführen, daß es die letzte Reizung war. 
Bemerkenswert und nicht ganz verständlich ist, daß bei fast allen 
E.-S. das P.-R.-Intervall beträchtlich verkürzt ist (6 statt 10), so 
daß der Reiz also auf einem kürzeren Wege die Kammer erreicht 
haben muß. 


4. Reizung der oberen Mohlvene. 

Wir beginnen mit dem Versuch 13, obwohl da die Reizung erst 
spät — 86 Minuten nach der Durchschneidung der Herznerven — 
vorgenommen wurde. Die Reizelektroden lagen hoch, ungefähr 2 cm. 
über dem Sinusknoten, und zwar außen an der oberen Hohlvene. 
Die Dauer der Herzperiode betrug 83, das Herz schlug also ent¬ 
sprechend dem weit gediehenen Ausfall des Acceleranstonus lang¬ 
sam. Es sind nur 7 Reizungen ausgeführt worden und alle ergeben, 
obwohl die Kupplung zwischen 38 und 69 schwanken, die Diff. 3. 

Versuch 25- In diesem Versuche wurden die beiden Reizelek¬ 
troden knapp über dem Sinusknoten in die obere Hohlvene ein¬ 
gehakt, und zwar so, daß sie in der Längsachse des Gefäßes saßen 
und 4—5 mm voneinander entfernt waren. Es wurde mit schwachem 
Strom (12 cm Rollenabstand) und mit starkem Strom ( 6 cm R.-A.) 
gereizt. 



_ Qiigiraalirom __ _ „ 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 



Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 365 


Die Aufnahme bei intakten Vagis zeigte eine doppelgipflige P.-Zacke: der 
erste Gipfel war rund und niedriger, der zweite spitz und höher. Stellenweise 
wird die P.-Zacke kleiner, und dort kann die erste Phase ganz verschwinden 
oder so undeutlich werden, daß die Messung ungenau wird. Daß auch an 
diesen Stellen nicht von der Spitze aus gemessen werden darf, erhellt daraus, 
daß man sonst zu einer stark verkürzten Überleitungszeit käme (0,06 statt 0,10"), 
so daß es klar ist, daß die erste Phase bei der Verkleinerung der Vorhofzacke 
verschwunden ist; denn daß die Überleitungszeit sich tatsächlich nicht ge¬ 
ändert hat, ist auch aus den Suspensionskurven zu ersehen. 

Es sind zunächst 14 Reizungen mit schwachem Strom ausgeführt 
worden; infolge der geringen Stromstärke war immer nur der Öff¬ 
nungsschlag wirksam, es sind also nur einzelne E.-S. erzielt worden. 
Nur an einer Stelle folgten zwei E.-S. aufeinander: die erste ist 
durch den Reiz hervorgerufen, der unmittelbar nach dem Ablaufe 
der refraktären Phase (Kupplung 14,5) wirksam war, die zweite ist 
eine spontane E.-S., die nach der Kupplung 38 eintritt. Die Dauer 
der Normalperioden schwankt etwas, und zwar zwischen 38 und 40. 
Zwei E.-S. die spät auftraten, sind von einer kompensierenden Pause 
gefolgt, die Diff. der übrigen betragen: je 1 mal 4, 3,5, 3 und 

2.5, 3 mal 2, 3 mal 1,5 und 2 mal 1. Die Beziehung der Diff. 
zur Länge der Kupplung ergibt sich aus folgender Zusammen¬ 
stellung (Diff. in Klammer): 20 (2,5), 22 (4), 24 (1,5), 25,5 (2), 26 
(1,5), 26,5 (3,5), 27,5 (3), 31 (1), 32,5 (2), 34 (1,5 und 3), 37 und 
37,5 kompensiert. Dann trat einmal zwischen den Reizungen eine 
spontane E.-S. mit der Kupplung 36 auf und ihr entspricht die 
Diff. 1. 

Die bei Reizung mit starkem Strom gewonnenen Werte sind in 
der folgenden Tabelle enthalten. 

Wenn wir diese Tabelle überblicken, sehen wir, daß bei Reizung 
mit stärkerem Strome die Diff. noch etwas kürzer werden als bei 
Reizung mit schwachem Strom. Unter 14 Diff. finden wir folgende 
Werte: 2 mal 2, 2 mal 1,5, 9 mal 1 und lmal 0. Bei der Reizung 
mit schwachem Strome war, wie erwähnt, eine spontane E.-S. mit 
der Kupplung 36 aufgetreten; es ist nun sehr interessant, daß nach 
einigen Reizungen mit stärkerem Stibm diese spontanen E.-S. regel¬ 
mäßig nach den künstlich ausgelösten auftreten und daß die Kupp¬ 
lungen wieder so lang oder nur wenig länger sind (36—38). Man 
muß also annehmen, daß dieser Wert (36—38) die präautomatische 
Pause für den in der Nähe des Sinusknotens gelegenen Reizherd 
darstellt und daß dieser durch die vorangehende künstliche, wenn 
auch indirekte Reizung des Sinusknotens zur Reizbildung veranlaßt 
wird. Diese spontane E.-S. findet sich zuerst bei Nr. 33, nachdem 
vorher sowohl der Schließungs- wie der Öffnungsschlag gewirkt 
hatten; dies ist auch bei Nr. 53, 60 und 67 der Fall. Dort wo in 


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Gck igle 


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36(i Y. Miki und C. J. Rothberger: 


Versuch 25. Vagi intakt, Reizung mit stärkerem Strom. 



Dauer der 
vorangeh. 
Heriper. 

Kupplung 

Diff. 


Nr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupplung 

Diff. 


1 

37,5 




1 48 || 38 




2 

37,5 




49 | 

37 




3 

38 




50 ! 

38 




4 1 

26 

26 

j 


51 

30 

30 



5 

39,5 


1,5 

00,0 

52 

16 

16 


122,5 

6 

38 



- 

53 

36 

36 

apont. 


7 

38 




54 

40,5 


•2,5 


8 

38 




55 

38 




9 

37,5 




56 

38 




10 

35,5 


l 


57 

37,5 




11 

23 

23 

1 

1 


58 

19 

19 



12 

40 


1 1 

Do 

59 

18 

18 


1 1 T 

13 

39 



" ~ 

60 

37 

37 

spont.' 


14 

38,5 




61 

39,5 


1 


15 

38 




62 

38.5 




16 

38 




63 

3H 




17 

36 


i 


64 

38 


1 


18 j 

25,5 

25,5 



65 

18 

18 



19 1 
•20 | 

40 

39 


1 

65,5 

66 

67 

18,5 

38 

18,5 

38 

apont. 

113,5 

21 

38 




68 

39 


1 


22 ! 

38 




69 

38 




23 

37 




70 | 

38.5 

! 



24 1 

38 , 




71 

38,5? 




25 

21,5 | 

21,5 



72 

16 

16 

\ 


26'! 

39 1 


1 

60,5 

73 

38 

38 

spont. 

93,5 

27 : 

j 38 



— - 

74 

39,5 


2 


28 i 

! 38 




75 

37,5 




29 

; 38 




76 

38 




30 1 

38 


, 


77 | 

27 

27 



31 ! 

1 22 

22 



78 

1 18,5 

18,5 


121,5 

32 , 

! 26 

26 


124 

79 

36 

36 

apont. 


33 ! 

36 i 

36 

(spont.) 

80 

40 


2 


34 ; 

40 


1,5 


81 

38 j 


■ 


35 

38,5 



— 

82 1 

38 




36 

38 




83 

j 38 

i 



37 

38 




84 

1 22 ! 

22 

! 


38 

38 




85 

18 

18 

i 

117.5 

39 

23 

! 23 


_ 

86 

37,5 

37,5 

spont. 

40 

1 38 

1 

0 

61 

87 

1 40 ! 

1 

1 


41 

1 38 



- • 

88 

39 




42 

38 




89 

38,5 


i 


43 

i 38 

1 



90 

35 

35 



44 

I 38 




91 

17,5 

17,5 , 


1 k, H 5 

45 

1 22 

22 



92 

38 

38 l 

spont. 

1 -•V' 

46 . 

! 39 


1 

61 

93 

39 i 


1 


47 | 

i »» 



- 

94 

38 





der ersten Hälfte des Versuches der Schlioßungsschlag unwirksam 
war und nur eine künstliche E.-S. auftrat, blieb die spontane E.-S. 
aus (Nr. 4, 11, 18, 25, 39 und 45). Erst später, bei Nr. 73, nach¬ 
dem wiederholte Reizungen zu Doppelschlägen geführt hatten, kam 


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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 367 

die spontane E.-S. schon nach einem künstlichen Reiz. # Es scheint 
also, als ob die spontane Reizbildung oder der Austritt des Reizes 
aus dem Reizherd durch mehrere vorangegangene künstliche Reizungen 
erst in Gang gebracht würde; es ist aber dabei auch die Kupplung 
der unmittelbar vorhergehenden künstlichen E.-S. zu berücksichtigen: 
die spontanen E.-S. treten (mit Ausnahme der Nr. 32) dann auf, 
wenn vorher eine künstliche E.-S. kurz nach dem Ende der Refrak¬ 
tärphase ausgelöst worden war. Auch dies kann dazu beitragen, 
daß die einzelnen künstlichen E.-S. im ersten Teile der Tabelle nicht 
von spontanen E.-S. gefolgt waren. 

Nach Vagotomie trat kaum eine Beschleunigung des Herzschlages 
ein. Es wurde nun wieder zuerst mit schwachem Strome gereizt, 
so kamen 12 einzelne E.-S. zustande; die Diff. betragen: je lmal 
3,5 und 3, 4 mal 2, 2 mal 1 und 4 mal 0. Es trat keine spontane 
E.-S. auf. Bei Reizung mit stärkerem Strom sind 14 Reizungen 
ausgeführt worden. Die Diff. betragen: 2 mal 2, lmal 1,5, 3 mall 
und 8 mal 0. Auch hier sind sie also bei stärkerem Strom etwas 
kürzer. Es ist aber die Vorhofzacke manchmal so klein, daß eine 
genaue Messung nicht überall möglich ist. Es finden sich zwei spon¬ 
tane E.-S. mit den Kupplungen 29,5 und 35,5. Nach Atropin be¬ 
trägt die Dauer der Normalperiode 39—40. Es sind mit schwachem 
Strome 11 Reizungen ausgeführt worden. Die Diff. konnte einmal 
nicht bestimmt werden, die anderen Werte betragen: 2mal 2, lmal 
1,5, und 7 mal 1. Keine spontane E.-S. 

Versuch 24. Wir haben den ersten Teil dieses Versuches schon 
erwähnt, als wir von der Reizung der unteren Hohlvene sprachen. 
Die Reizung der Cava superior wurde erst 28 Minuten nach der 
Durchschneidung der Herznerven vorgenommen. Die Reizelektroden 
lagen so wie in dem eben erwähnten Versuch 25 der Länge nach 
auf der oberen Hohlvene, waren 4 mm voneinander entfernt, und 
die untere Elektrode saß unmittelbar oberhalb des Sinusknotens. 
In diesem Falle haben die Reizungen kompliziertere Störungen zur 
Folge gehabt, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht. Es sei 
erwähnt, daß die Normalschläge und die E.-S. große positive Vor¬ 
hofzacken haben und daß es sich um eine schöne, gut meßbare 
Kurve handelt. 

Dieser Versuch ist in mehrfacher Hinsicht von großem Interesse. 
Vor allem sehen wir hier, obwohl die Elektroden ebenso nahe dem 
Sinusknoten lagen wie in dem vorher besprochenen Versuche 25, 
doch Diff. von ganz ungewöhnlicher Länge, wie wir sie bisher auch 
von den entferntesten Punkten des Vorhofs nicht erhalten haben. 
Die Differenzen zwischen der Pause und dem folgenden Normal¬ 
intervall betragen: lmal 22, 2mal 21, lmal 17,5, 2mal 16, je lmal 


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368 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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Versuch 24. 



Dauer der 





Dauer der 



Nr. 

voran¬ 

gehenden 

Kupplung 

Dl ff. 


Nr. 

voran¬ 

gehenden 

Kupplung 

Diff. 


Herzperlode 




_ 

Herzperiode 



1 

40,5 




51 

22,5 

22,5 

•22 ' 86,5 

2 

40,5 




52 

64 

3 

40,5 




53 

42 



4 

40,5 




54 ! 

46 



5 

32 

32 


■ 

55 

46 



6 

18 

18 


o 

00 

'b* 

56 , 

43,5 



7 

58,5 


10 

57 1 

18 

18 


8 

48,5 




58 

19 

19 

96,5 

9 

38,5 

38,5 

spont. 

82,5 

59 

59,5 


16 

10 

44 


4 

60 

43,5 



11 

40 

40 



61 

46 



12 

19 

19 


116 

62 

45 



13 

57 


ii 


63 

42 



14 

46 




64 

41,5 



15 

48 




65 

41 



16 

45 




66 

18 

18 

4 18 

17 

42 




67 1 

50 


18 

17 

17 



68 

46 



19 

18 

18 


96,5 

69 , 

44 



20 

61,5 


16 

70 I 

44,5 



21 

45,5 




71 

42,5 



22 

47 




72 

41,5 


1 

23 

44 




73 

41 



24 

42,4 




74 

16 

16 


25 

42 




75 

28,5 

28,5 

104 

26 

32 

32 


95,5 

76 

59,5 

42 


17,5 !. 

27 

63 5 


21 

77 



28 

42,5 




78 ; 

45 


| 

29 

i 46 




79 1 

43 



30 

45 




80 

42,5 



31 1 

42,5 




81 i 

41 

i 1 


32 | 

i 42 




82 ! 

1 30 

30 


33 i 

; 20 

20 



83 

1 14,5 

14,5 

97 

34 ! 

16 

16 


95 

84 1 

1 52,5 


8,5 

35 

59 


15,5 


85 1 

44 



36 

43,5 



86 

43 



37 

48 


1 

1 

87 , 

44 



38 , 

44,5 




88 | 

42 



39 

43,5 




89 

41 



40 

42 


i 


90 

31 

31 

to 

*— i 

CO 

41 

42 


1 


91 i 

62 


42 

24 

24 



92 

41 



43 

17 

17 


96 

93 

45 



44 

55 


12 


94 

43,5 



45 

; 43 




95 | 

42 


1 

46 

46 




96 f 

40,5 



47 

45 



1 

97 

41 



48 

43,5 




98 

40,5 



49 

42 








50 

41,5 




i 





Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MINNESOTA 





Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasj'stolen. 36l> 


15,5, 12, 11, 10, 8,5 und 3,5*). Diese Zahlen sind in Anbetracht 
des Umstandes, daß die Elektroden unmittelbar über dem Sinus¬ 
knoten lagen, so auffallend, daß man sie unmöglich als R.-L.-Z. auf¬ 
fassen kann, und zwar um so weniger, als sie sehr weit auseinander 
liegen. Nun stellen sie die Differenz dar zwischen der Pause und 
dem folgenden Normalintervall und da «eigt eich wieder eine wich¬ 
tige Abweichung gegenüber den vorher besprochenen Versuchen. Die 
Normalperiode hat nämlich nach den E.-S. nicht dieselbe Länge wie 
vor der Reizung. Im Beginn der Kurve sehen w'ir vier gleichlange 
Normalperioden (40,5). Aber schon die ersten Reizungen haben eine 
nachhaltige Wirkung auf die Länge der folgenden Normalperioden. 
Denn nach der Pause Nr. 7 (50,5) folgt nicht das Intervall 40,5, 
sondern 48,5, es ist also wesentlich länger. Wenn wir nun längere 
Reihen von Normalperioden ansehen, wie Nr. 14—17, 21—25, be¬ 
sonders aber die längeren 44—50, 60—65 usw., so sehen wir, daß 
immer die letzte von diesen Normalperioden die kürzeste ist und 
fast die Länge der Perioden im Beginne der Kurve aufweist. Es 
scheint also, als ob sich die durch die Reizungen hervorgerufene 
Unordnung in der normalen Reizbildung allmählich beruhigte, daß 
der Normalrhythmus wieder zur Norm zurückkehrt und durch die 
nächste Reizung immer wieder gestört wird. Dabei vollzieht sich 
diese Rückkehr zur Norm oft in Schwankungen, indem das auf die 
Pause folgende Normalintervall kürzer ist als das folgende und dieses 
wieder länger als das nächstfolgende. Die folgenden Beispiele zeigen 
dies (Kupplungen fettgedruckt): 

Nr. 18—26: 17, 18, 61,5, 45,5, 47, 44, 42,5, 42, 

Nr. 33—40: 20, 16, 59, 43,5, 48, 44,5, 43,5, 42, 

Nr. 42—50: 24, 17, 55, 43, 46, 45, 43,5, 42. 

Dies ist um so merkwürdiger, als das Herz schon fast seit 1 / 3 Stunde 

dem Einflüsse der extrakardialen Nerven entzogen war, so daß es 
sich um einen rein peripheren Vorgang handeln muß. Es sei noch 
erwähnt, daß etwa die Hälfte der postextrasystolischen Systolen, 
nämlich die Nr. 7, 13, 27, 44, 67 und 84 eine etwas kleinere Vor¬ 
hofzacke haben als die anderen Normalschläge. Ob dies einen an¬ 
deren Reizursprung bedeutet, ist fraglich; jedenfalls zeigen die folgenden 
Normalschläge keine Änderung in den Vorhofzacken, so daß die 
auf diese postextrasystolischen Systolen folgende Arhythmie, wenig- 


*) Unter allen E.-S. ist nur eine, nämlich Nr. 9, spontan aufgetreten und 
diese hat bemerkenswerterweis3 so wie in dem vorher besprochenen Versuch 25 
wieder die Kupplung 38,5. Ihr Vorhof zacke unterscheidet sich nicht von der 
der Normalschläge. Die dazu gehörende Differenz beträgt 3,5. 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 24 


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UNIVERSITY OF MINNESOTA 



370 


Y. Miki und ü. J. Rothberger: 


Difitized by 


stens auf Grund des Elektrokardiogramms, nicht aus Verschiebungen 
des Reizursprungs erklärt werden kann. Die Tatsache, daß die Normal¬ 
perioden nach der Reizung länger sind als im Beginn der Kurve, 
wo die Frequenz des entnervten Herzens rein zum Ausdruck kommt, 
sowie der Umstand, daß diese Verlängerung allmählich zurückgeht, 
wenn genug Zeit bis zur nächsten Reizung verstreicht, endlich die 
außergewöhnliche Länge der postextrasystolischen Pausen, die es un¬ 
möglich macht, die Differenz einfach als R.-L.-Z. aufzufassen — alles 
dies spricht dafür, daß es sich da um eine starke und die Reizung 
überdauernde Hemmung handelt. Daß aber solche Arhythmien an 
einem vollständig entnervten Herzen zustande kommen können, ist 
deswegen von großem Interesse, weil man auch beim Menschen eine 
außerordentliche Länge der sogen. R.-L.-Z. und eine allmählich ab¬ 
klingende Verlängerung bzw. fortschreitende Verkürzung der folgenden 
Normalperioden findet und man leicht versucht sein könnte, dieses 
Verhalten auf eine Abnahme des Vagustonus zurückzuführen und 
vielleicht auch das Auftreten der E.-S. mit Schwankungen im Tonus 
der extrakardialen Nerven in Zusammenhang zu bringen. Es ist 
zwar richtig, daß es sich in unserem Versuche um eine elektrische 
Reizung handelt und daß es bei spontanen E.-S. anders sein kann, 
aber unser Befund mahnt doch zur Vorsicht. 

Noch ein anderer Umstand verdient unsere Aufmerksamkeit. 
Wenn wir bei den 13 Reizungen überall die Kupplungen und die 
Pause addieren, so bekommen wir folgende Werte: 68, 82,6 (spontane 
E.-S.), 86,5, 93, 95, 95,5, 96, 2 mal 96,5, 97, 104, 108,5 und 116. 
Es liegen also von den 13 Werten 7 zwischen 93 und 97, was bei 
den großen Unterschieden in der Länge der R.-L.-Z. merkwürdig ist, 
und es ist besonders auffallend, daß vier aufeinanderfolgende Werte 
fast gleich sind (Nr. 18—20, 26—27, 33—35 und 42—44). Wenn 
wir nun die einzelnen Summanden dieser Zahlen zusammenstellen, 
bekommen wir folgende Reihe (die Kupplungen sind fettgedruckt): 
68 = 18 + 50, 82,5 = 38,5 + 44 (spontane E.-S.), 86,5 = 22,5 + 64, 
93 = 31 + 62, 95 — 20 + 16 + 59, 95,5 — 32 + 63,5, 96 — 24 + 17 
+ 55, 96,5 — 17 + 18 + 61,5, 96,5 — 18 + 19 + 59,5, 97 — 30 + 14,5 
+ 52,5, 104 — 16 + 28,5 + 59,5, 108,5 = 32 + 18 + 58,5, 116 —40 
+19 + 57. Wenn wir aus dieser Reihe nur die fast gleichen 
Werte 95—97 herausgreifen, so sehen wir, daß bei ihnen die Länge 
der Pause zwischen 52,5 und 63,5 schwankt, also um 11, so daß 
also die verschiedene Länge der Kupplung durch die Pause so kom¬ 
pensiert sein muß, daß ungefähr dieselbe Summe (95—97) heraus¬ 
kommt. Dies scheint nun gegen die Hemmung zu sprechen, denn 
man sollte erwarten, daß eine stärkere Hemmung, also eine längere 
Pause entsteht, wenn eine E.-S. sehr früh oder wenn zwei E.-S. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 371 

hintereinander erzeugt werden, daß aber nach längeren Kupplungen 
die Hemmung weniger ausgesprochen sein wird. Dies ist aber nicht 
immer der Fall; so sehen wir nach der Kupplung 31 (Nr. 90) die 
Pause 62, nach der Kupplung 32 (Nr. 26) die Pause 63,5, nach der 
Kupplung 22,5 (Nr. 51) die Pause 64, aber nach der kurzen Kupp¬ 
lung 18 (Nr. 66) die kurze Pause 50 und auch nach Doppelschlägen 
kurze Pausen, wie z. B. bei Nr. 33—34: 20, 16, 59 usw., wo man 
eine stärkere Hemmung erwarten sollte. In diesen Beispielen hat 
also die Hemmung die Tendenz, die Länge der Kupplung auszu¬ 
gleichen, so daß fast gleiche Bigemini herauskommen. 

Daß bei der auf die E.-S. folgenden Arhythmie die Vagusendi¬ 
gungen eine Rolle spielen, ergibt sich aus der Fortsetzung des Ver¬ 
suches; denn als 1 Minute nach der intravenösen Injektion von 1,5 mg 
Atropin die Reizungen wiederholt wurden, trat diese Arhythmie nicht 
mehr auf. Die folgende Tabelle zeigt dies. 

Es ist zunächst zu bemerken, daß sich die Normalfrequenz 1 Mi¬ 
nute nach der Atropininjektion noch nicht geändert hat; die Dauer 
der Herzperiode nimmt erst im weiteren Verlaufe der Kurve etwas 
ab. Die Differenzen sind nun viel kürzer als vor dem Atropin. Sie 
betragen: je lmal 10 und 9, 2mal 8, je lmal 7,5, 7 und 6,5, 
2mal 6, je lmal 5, 4,5, 4, 3, 2,5 und 2, 2mal 1,5 und lmal 1. 
Schon die großen Unterschiede in diesen Werten zeigen, daß es sich 
auch hier nicht R.-L.-Z. im eigentlichen Sinne des Wortes handeln 
kann. Die längeren Differenzen finden sich mehr gegen das Ende 
der Kurve, wo schon öfter gereizt worden war. Außerdem ist zu 
bemerken, daß besonders in der ersten Hälfte der Kurve nach den 
künstlich erzeugten Doppelschlägen oft eine spontane E.-S. auftritt, 
die gewöhnlich nicht auf die Kammern übergeht; die Kupplung 
dieser spontanen E.-S. ist aber jetzt kürzer als vor dem Atropin, wo sie 
mit der im Versuch 25 übereinstimmte und 38,5 lang war; sie be¬ 
trägt nun 19—21, einmal 34 und erst gegen das Ende der Kurve 38. 
Die auf die E.-S. folgenden Normalperioden zeigen keine Arhythmie 
wie vor dem Atropin, aber es ist doch an manchen Stellen zu sehen, 
daß auch jetzt noch derselbe Einfluß sich geltend machen möchte, 
daß er aber nicht mehr so zum Durchbruch kommt. So zeigt die 
Reihe 38—42 die absteigenden Werte: 39, 38, 38, 37,5 (die Kurve 
ist noch einmal genau nachgemessen worden) und die Reihe 46—49 
die Werte 39, 38, 38, 37. Auch an anderen Stellen ist die auf 
die Pause folgende Periode noch ganz wenig verlängert. Man kann 
also wohl annehmen, daß die Mitreizung der Vagusendigungen 
zwar den Hauptanteil an der Hemmung hat, daß aber auch nach 
Lähmung der Vagi noch eine geringe Hemmung zustande kommen 
kann. 

24* 


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UNIVERSITY 0F MINNESOTA 



372 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 
Versuch 24. Nach Atropin. 


Sr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupp¬ 

lung 

Dilf. 


Nr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupp¬ 

lung 

Diff. 


i ! 

41,5 




“tsI 

28 

28 



2 

41 




74 | 

18 

18 


104 

3 

41 




75 

18 

18 

spont.. block. 


4 

41 




76 

40,5 


3 


5 

41 




77 

37.5 




6 

41 




78 

36 




7 

25 

25 



79 

36 




8 

22 

22 


95 

80 

36 




9 

48 


7 


81 

33 

33 


— 

1° 

41 




82 

38 


2,5 

71 

11 1 

41 




83 

35,5 




12 

33 

38 



84 

36 




13 

17 

17 


116 

85 

35 




14 

20,5 

20,5 

spont., block. 

86 

86 




15 

42,n 


1,6 


87 

24 

24 



16 

41 




88 

18 

18 


86 

17 

41 




89 

44 


8 


18 

40,5 




90 

36 




19 

29 

29 



91 

34,5 




20 

17 

17 


100 

92 1 

35 




21 

19 

19 

spont., block. 


93 

35 




22 

44 


4 


94 

22 

22 



23 

40 




95 | 

42 


6 

64 

24 

40 




96 

36 




25 

40 




97 

35 




26 

39 




98 

35 




27 

36 

36 



99 

36 




28 

17 

17 


115 

100 

16.5 

16,5 


— TT - 

29 

20 

20 

spont., block. 

101 

46 


10 

62,o 

30 

42 


2 


102 

36 




31 

40 




103 

34,5 




32 

39 




104 

35 




33 

40 




105 

27 

27 


— 

84 

28.5 

28,5 



106 

18,5 

18.5 


89,5 

35 

19 

19 


109 

107 

44 


8 

36 

21 

21 

spont.. block. 


108 

36 




37 

40,5 


1.5 


109 

35,5 




38 

39 




110 

35.5 




40 

38 




111 

35 




41 

38 




112 

35,5 




42 

37,5 




113 

85 




43 

24 

24 



114 

30,5 

30,5 



44 

? 

? 



115 

18 

18 



45 

9 




116 

38 

38 

spont., kl. P. 

128,5 

46 

39 




117 ! 

42 


6 


47 

38 




118 

1 36 




48 

38 




119 

35,5 




49 j 

37 




120 

35 




50 

21 

21 



121 

36 




51 

16 

16 


109 

122 

35 




52 

34 

34 

spont., block. 

123 | 

28 

28 



53 I 

38 


1 


124 

40,5 


4.5 

68.5 

54 

i 37 




125 

36 




55 

37 




126 

35 




56 

36 




127 

36 




57 

37 




128 

36 




58 

24,5 

21,6 


66,o 

129 

36 




59 

42 


5 


130 

22 

22 



60 

37 




131 

21 

21 


86,5 

61 

36 




132 

43,5 


7,5 


62 

36 




133 

36 




63 

36 




131 | 

36 




64 

36 




135 i 

36 




65 

36 




136 

36 




66 | 

32 

32 



137 

36 




67 

19,5 

19,5 


95,5 

138 

36 




68 

44 


6,5 


139 

27 

27 



69 

73,5 




110 

19 

19 


92 

70 

36 




141 

46 


9 


71 

!' 36,5 




142 

37 




72 

37 




143 

36,5 









144 

37 









145 

36 





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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 373 

5. Reizung des Sinusknotens*). 

Versuch 22. Das rechte Herzrohr wurde gegen die Herzspitze zu herunter¬ 
gezogen, das linke Herzrohr suspendiert; die Reizelektroden wurden beiderseits 
vom Kopfe des Sinusknotens angelegt, die eine etwa 4 mm oberhalb an der 
Cava sup., die andere unterhalb an der Basis des rechten Herzohres, so daß 
der Kopf des Sinusknotens in der interpolaren Strecke lag. 

Reizung hei intakten Vagis. Dauer der Normalperiode 44, im weiteren 
Verlauf der Kurve 45—46. Es sind 14 Einzel- und Doppelreizungen ausgeführt 
worden. Die Differenz ist einmal nicht zu bestimmen, die anderen Werte be¬ 
tragen: 6 mal 1 und 4 mal 0,5. Dann wurden viele Reizungen unmittelbar 
hintereinander vorgenommen, so daß eine Reihe von 12 E.-S. entstand; darauf 
folgte die Pause 49,5, während sie sonst 47 betrug: sie ist also um 2,5 länger. 
Auch die unmittelbar folgenden beiden Bigemini haben noch etwas längere 
Pausen (49,5 und 48,5). Dreimal sind nach Doppelschlägen spontane E.-S. 
aufgetreten; die zugehörigen Kupplungen betragen 46, 40 und 38,5. 

Nach Vagotomie verkürzte sich die Dauer der Herzperiode auf 38—38,5 bei 
hoher spitzer Vor hof zacke, später 45—46 bei kleiner, gespaltener Vorhof zacke. Es 
lassen sich 14 Differenzen berechnen. Diese betragen: je 1 mal 6, 4, 3 und 2, 5mal 1 
und 5 mal 0. Worauf die großen Verzögerungen (6 und 4) beruhen, ist aus der 
Kurve nicht zu entnehmen. Es sind ferner nach Doppelschlägen 3mal spontane 
E.-S. aufgetreten, die zugehörigen Kupplungen betragen 39,5, 45 und 40. — 
Nach 2 mg Atropin beträgt die Dauer der Herzperiode 44—45. Es lassen sich 
15 Differenzen berechnen. Diese betragen: 1 mal 10 (letzte Reizung), 2mal 6,5, 
2 mal 4, 1 mal 3,5, 3 mal 3, 4mal 2 und je 1 mal 1,5 und 1. Spontane E.-S. 
sind nicht aufgetreten. 

Versuch 26. Reizung des SinusknotenB der Länge nach. Die eine Elektrode 
liegt am Herzrohr-Cava-Winkel etwas dorsal vom Kopf des Sinusknotens, die 
andere halbwegs zwischen diesem und der Cava infer. Rollenabstand 10 cm. 
Bei intakten Vagis betrug die Dauer der Normalperioden 46—46,5. Die Normal- 
schläge haben eine zweiphasische Vorhofzacke mit vorangehender Negativität, 
die E.-S. eine große positive Vorhofzacke, und zwar sowohl, wenn der Schlie¬ 
ßungsschlag wirkte wie nach dem Offnungsschlage. Gewöhnlich wirkte ent¬ 
sprechend der geringen Stärke des Reizstromes nur die Öffnung, und von 
13 Reizungen haben 10 nur eine E.-S. erzeugt. Die Differenzen betragen je 
lmal 2,5, 2 und 1,5, 3 mal 1, 2mal 0.5 und 5mal 0. Die längste Verzögerung 
findet sich nach einem Doppelschlage mit den Kupplungen 37 und 16; bei 
einem anderen Doppelschlage mit den Kupplungen 23 und 15 war die post¬ 
extrasystolische Systole nach der Kupplung von 47 eingetreten, aber von einem 
anderen Punkte ausgegangen, was sich auch später in diesem Versuche öfter 
wiederholte. Dieser spontanen E.-S. entspricht die Differenz 0. 

Nach Vagotomie betrug die Dauer der Normalperioden 44—45,5, die Vor¬ 
hofzacken sind nun zunächst positiv, nehmen aber schon nach den ersten 
Reizungen dieselbe Form an wie vor der Vagotomie. Dann kommt es an drei 
Stellen vor, daß nach den Reizungen wieder die positive P-Zacke für einige 
Schläge zum Vorschein kommt. Wir schalten diese Stellen für die spätere Be¬ 
sprechung aus. Es sind im ganzen 17 Reizungen ausgeführt worden und an 
den 14 hier in Betracht kommenden Stellen finden wir die folgenden Diffe¬ 
renzen: je lmal 2 und 1,5, 3mal 1, 2mal 0,5 und 7mal 0. — Nach 1,5 mg 
Atropin beträgt die Dauer der Normalperiöden 45. Die Vorhofzacke ist groß 
und spitz, wird dann kleiner und ist in der zweiten Hälfte der Kurve klein 


*) Die Abschnitte 5, 6, 7 und 8 (1. Teil) sind irrtümlich klein gedruckt worden. 


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374 


Y. Miki und C. J. Rothbcrger: 


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und spitz. Es sind 17 Reizungen ausgeführt worden und bei nicht weniger 
als 13 von diesen hat die postextrasystolische Systole eine andere Vorhof zacke 
als die der betreffenden Reizung vorangehenden Normalschläge. Der Unter¬ 
schied in der Form ist manchmal äußerst geringfügig und betrifft nur die deut¬ 
lichere oder kaum mehr erkennbare Ausbildung eines der spitzen Zacke voran¬ 
gehenden Vorschlages. An diesen Stellen ist eine genaue Messung nicht möglich. 
Wenn man ohne Rücksicht auf diese Form Verschiedenheiten dort, wo eine ge¬ 
naue Messung ausführbar ist, die Differenzen bestimmt, so ergeben sich folgende 
Werte: lmal 1,5, 6mal 1 und 9mal 0. Nach drei Reizungen ergeben sich die 
scheinbar langen Differenzen 2, 3 und 4, aber an diesen Stellen spricht alles 
dafür, daß diese Werte nicht richtig sind, sondern durch die nicht mehr er¬ 
kennbare Ausbildung des Vorschlages zur Vorhofzacke zustande kommen, so 
daß die Pause zu lang genommen wird. 

. 6. Wirkung des Ausfalles des Acceleranstonus. 

Wir haben bisher diejenigen Differenzen angeführt, die vor und 
nach Vagotomie bzw. nach Atropininjektion bestimmt wurden, und 
wollen sie jetzt mit den Werten vergleichen, die nach der Durch¬ 
schneidung beider Accelerantes gewonnen wurden. 

Versuch 21. Reizung des linken Herzohres. 

Nach Vagotomie (siehe S. 361): 3mal 6,5, 3mal 6, je lmal 5,5 und 5. 
2mal 4,5, 3mal 4, je lmal 3,5 und 3. 

Nach 2 mg Atropin: lmal 8,5, je 2mal 8 und 7,5, 3mal 7, lmal 6,5, 
3mal 6, lmal 5,5, 2mal 5 und lmal 4,5. 

16 Minuten nach Acceleransdurchschneidung hatte sich die Dauer der Nor¬ 
malperiode von 34 auf 41—42 verlängert, der chronotrope Ausfall war also 
deutlich. Die Differenzen sind nun regelmäßiger, sie betragen: 8mal 7, lmal 6,5, 
2mal 5 und lmal 3. Außerdem ist bemerkenswert, daß sich an 4 Stellen der 
Kurve an zwei Reizextrasystolen zwei spontane ansohließen. (Die Kupplungen 
dieser vier Paare betragen: 23,5(?) und 22(?), 20,5 und 20, 21,5 und 25, 26 
und 31.) An einer Stelle geht die postextrasystolische Systole nicht vom Sinus 
aus, die zugehörige Vorhofzacke hat die Mittelform zwischen der der Normal¬ 
systolen und der Reiz-E.-S. 

Versuch 22. Reizung des Sinusknotens. 

Nach Atropin (siehe S. 373): lmal 10 (letzte Reizung), je 2mal 6,5 und 4, 
lmal 3,5, 3mal 3, 4mal 2 und je lmal 1,5 und 1. Spontane E.-S. waren nicht 
auf getreten. 

22 Minuten nach Acc.-Durchschneidung batte sich die Dauer der Normal¬ 
periode von 44—45 auf 58 verlängert. Es finden sich nun folgende Differenzen: 
je lmal 10 (letzte Reizung), 9,5, 8 und 4,5 und 3mal 4. Die doppelten Reiz-E.S. 
sind an drei Stellen von spontanen E.-S. gefolgt, und zwar sind diese zweimal 
aurioulären Ursprungs mit einer anders geformten Vorhofzacke und den Kupp¬ 
lungen 52 und 46 und den langen Differenzen 9,5 und 8; das drittemal ist es 
eine a.-v.-Extrasystole mit der Kupplung 59. 

Versuch 24. Reizung der unteren Hohlvene. 

Nach Vagotomie (siehe S. 364): 2mal 5,5, lmal 5, 2mal 4,5, 3mal 4, 
2mal 3,5, je lmal 3 und 2. Es lagen also von 12 Werten 10 zwischen 3,5 

und 5,5. 

26 Minuten nach Acceleransdurchschneidung hatte die Dauer der Normal¬ 
perioden von 35 auf 40—41 zugenommen. Einmal wurde die Rhythmusstörung 
kompensiert (Kupplung 38), im übrigen finden sich folgende Werte: je lmal 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 375 

10 und 9,5, 2 mal 8,5, je lmal 8, 7,5, 7, 6,5 und 5, 3 mal 4 und lmal 3,5. 
Die drei Viererwerte gehören nicht zu Reiz- sondern zu Spontan-E.-S., die nach 
den Reiz-E.-S. auftraten und eine kleinere Vorhofzacke aufwiesen als die 
Normalsystolen. Die Kupplungen dieser spontanen E.-S. betragen 45,49 und 50,5. 
Diese spontanen E.-S. sind nach künstlichen E.-S. auf getreten, die gleich nach 
dem Ende der refraktären Phase gesetzt worden waren, nämlich nach den 
Kupplungen 16,15 und 16. — Der kleinste Werte 3,5 gehört zu einer Reiz-E.-S. 
mit der Kupplung 33; vielleicht besteht hier Kompensation, der Bigeminus ist 
nämlich nur um 0,02" zu kurz. Die Beziehungen der Einfallszeit der E.-S. 
zur Länge der Differenzen ergeben sich für die einzelnen E.-S. aus folgender 
Zusammenstellung (Differenz in Klammer): 20,5 (9,5), 25 (10), 29 (7), 32 (6,5), 
33 (3,5, kompensiert?), 38 (kompensiert). Es haben also auch hier wie vor 
der Acceleransdurchschneidung die früher eintretenden E.-S. im allgemeinen eine 
längere Pause. Es ist aber an einzelnen Stellen zu sehen, daß auch die nach 
der postextrasystolischen Systole kommende Normalperiode noch um 0,01 bis 
0,02" länger ist; es dürfte also auch hier keine einfache R.-L.-Z. vorliegen, 
sondern auch eine Hemmung durch Mitreizung der Vagusendigungen eine 
Rolle spielen. 

61 Minuten nach Acceleransdurchschneidung betrug die Normalperiode 43 
bis 44. Es sind 24 Reizungen ausgeführt worden und es ergeben sich folgende 
Differenzen: lmal 11,5, 2mal 11 (ein Wert ist fraglich), je lmal 10, 7,5 und 7, 
je 3mal 6,5 und 6, je lmal 5, 4,5, 4 und 3,5, 3mal 3, je 2mal 2 und 1. Es 
traten 6 mal spontane E.-S. nach den Reiz-E.-S. auf und zu diesen gehören die 
Differenzen 5, 4,5 und je 2 mal 2 und 1. Das nach der Pause kommende 
Normalintervall ist nicht länger als die folgenden. 

Versuch 25. Reizung der oberen Hohlvene. 

Nach Atropin. Reizung mit schwachem Strom (siehe S. 367). 2mal 2, 

lmal 1,5 und 7mal 1. Keine spontanen E.-S. 

38 Minuten nach Acceleransdurchschneidung hatte die Dauer der Normal* 
periode von 39—40 auf 43—44 zugenommen. Die Vorhofzacke war negativ, 
es ist also der Reizursprung nicht mehr im Sinusknoten anzunehmen, die Über 
leitungszeit beträgt 15. Die von der oberen Hohlvene ausgelüsten E.-S. haben 
eine positive Vorhofzacke und, auch wenn sie nicht sehr vorzeitig sind, eine 
verlängerte Überleitungszeit: Kupplung 33,3, P.-R. 17, Kupplung 24, P.-R. 28! 
Es sind nur 6 Reizungen ausgeführt worden. Zweimal ist die Differenz nicht 
zu bestimmen, weil die postextrasystolische Systole keine deutliche Vorhof¬ 
zacke hat (Ubergangsform zwischen positiver und negativer P-Zacke). Im üb¬ 
rigen finden wir lmal den Wert 5, 2mal 4 und lmal 3,5. Daß die Differenzen 
nun umso viel größer sind als vor der Accelerans-Durchschneidung könnte in 
diesem Falle darauf zurückgeführt werden, daß die sog. Normalschläge nicht 
mehr vom Sinusknoten ausgehen, sondern von der Nähe der a.-v.-Grenze, so 
daß der an der oberen Hohlvene gesetzte Reiz jetzt einen längeren Weg zu¬ 
rückzulegen hat, so wie wenn der Normalreiz im Sinusknoten entstünde und 
die untere Hohlvene gereizt würde. 

Versuch 26. Reizung des Sinusknotens der Länge nach. 

Nach Afropin (siehe S. 373). lmal 1,5, 6mal 1 und 9mal 0. Bei 13 von 
17 Reizungen hatte die postextrasystolische Systole eine andere Vorhofzacke 
als die der Reizung vorangehenden Normalschläge. 

27 Minuten nach Acceleransdurchschneidung zeigt sich vor allem die sehr 
auffallende Erscheinung, daß trotz der Ausschaltung des Acceleranstonus die 
Dauer der Normalperiode nicht nur nicht zugenommen hat, sondern sogar noch 
etwas kürzer geworden ist; sie betrug nach Atropin 45 und beträgt jetzt 41. 


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376 

Die Vorhofzacken sind groß und spitz, größer als vor der Acceleransdurchschnei- 
dung, so daß also auch da der Ausfall nicht zur Geltung kommt. Eine Er¬ 
klärung für diese a u ff all e n de, von un s e re n sonstigen regelmäßigen Erfahrungen 
abweichende Tatsache können wir nieht geben; die GangJia stellata waren in 
der gewöhnlichen Weise präpariert worden und es ist auch im Versuchsprotokoll 
nichts Besonderes vermerkt. Es sind 21 Reizungen ausgeführt worden und es 
ergeben sich folgende Differenzen: je 2mal 5, 4, 3 und 2,5, 11 mal 2 und je 
lmal 1,5 und 1. Die zwei Fünferwerte gehören zu spontanen E.-S. (Kupp¬ 
lung 38 und 34,5), die nach den Reiz-E.-S. aufgetreten waren; eine von ihnen 
hat eine andere Vorhofzacke als die Normalschläge. Der Wert 4 gehört zu 
einer Reihe von drei E.-S., von welchen die erste eine spontane (Kupplung 38), 
die beiden anderen Reiz-E.S. sind. Die nach der Pause folgende Herzperiode 
beträgt in der Regel 42, ist also um weniges länger als die folgenden Normal¬ 
perioden (41). 

4 Minuten später, d. i. 31 Minuten nach Acceleransdurckschneidung wurden 
die Reizungen mit einem etwas schwächeren Strome wiederholt. Die Frequenz 
hatte merkwürdigerweise noch weiter zugenommen, die Dauer der Normal¬ 
periode ist jetzt auf 37—38 abgekürzt, die Vorhofzacken sind wieder groß 
und spitz. Es sind 14 Reizungen ausgeführt worden und es war immer nur 
der Öffnungsschlag wirksam. Zweimal bestand Kompensation, im übrigen be¬ 
tragen die Differenzen: 2mal 3, 5mal 2,5, 3mal 2 und 2mal 1,5. Es ist nur 
einmal eine spontane E.-S. nach einer Reiz-E.-S. aufgetreten, und zwar mit 
der Kupplung 37 und mit einer anderen Vorhof zacke. Die nach der Pause 
folgende Herzperiode beträgt in der Regel 38, ist also um ganz wenig länger 
als die folgenden (37). 

7. Wirkung der Erstickung auf die Länge der Differenz. 

Versuch 21. Reizung des linken Herzohres. 

16 Minuten nach Acceleransdurchschneidung (siehe S. 374): Dauer der Nor¬ 
malperiode 41—42. Differenz: 8mal 7, lmal 6,5, 2mal 5 und lmal 3. An vier 
Stellen schlossen sich an zwei Reiz-E.-S. je zwei spontane E.-S. an. 

Zwei Minuten später wurde die künstliche Atmung ausgesetzt. Nach drei 
weiteren Minuten war das Herz deutlich cyanotisch, aber nicht sehr dilatiert. 
Es wurden nun bei fortschreitender Erstickung die Reizungen des linken Herz¬ 
ohres wieder aufgenommen und dabei folgende Werte gewonnen (siehe neben¬ 
stehende Tabelle). 

Man sieht, daß während der Erstickung die Differenz zwischen 
der Pause und der folgenden Normalperiode bedeutend länger ist 
als bei künstlicher Atmung. Im ersten Teil der Kurve finden wir 
3 mal den Wert 13 und 2 mal 10. Dabei ist die nach der Pause 
folgende Normalperiode selbst wieder länger als die nächstfolgende, 
so daß für diese Differenz eher noch ein zu kleiner Wert angenommen 
worden ist. Man sieht nämlich, daß die nach den E.-S. folgenden 
Normalperioden allmählich kürzer werden, so daß die wirkliche Nor¬ 
malperiode im ersten Teile der Kurve mit 51 anzunehmen ist (Nr. 27 
und 28), dann mit 52 (Nr. 36), dann mit 54 (Nr. 45), und am 
Schlüsse der Kurve mit 64. Diese nach den Reiz-E.-S. allmählich 
fortschreitende Abnahme der Dauer der Herzperioden bestand vor 
der Erstickung nicht; wir haben sie schon einmal (S. 369) gefunden 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 377 


Nr. 

_ 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

Kupp- 

lung 

j Diff. 

’ 

Nr. 

Dauer der 
vorangeh. 
Herzper. 

I 

Kupp¬ 

lung 

1 

19 

19 


32 

62 


o __ 

40,5 

40,5 


33 

59 


3 

66 


13 

34 

54 


4 

53 



35 

i 54 


5 

49 



36 | 52 


6 

47,5 



37 ! 32 

32 

i 

24 

24 


38 

16 

16 

8 i 

65 


13 

39 

27 (?) 

27 (?) 

9 

52 



40 

56 (?) 


10 

48 



41 

63 


11 

47,5 



42 

62 


12 

47,5 



43 

54 


13 

26 

26 


44 

54 


14 

18 

18 


45 

54 


15 

36,5 i 

36,5 

spontan 

46 i 

21 

21 

16 

65 


10 kleines P 

47 

26 

26 

17 

55 



48 i 

240) 

24 (?) 

18 

50,5 



49 , 

70(?) 


19 

49,5 

! 


50 

62 


20 

49 



51 

62,5 


21 

49 



52 

62,5 

j 

22 

19,5 

19.5 


53 

63 


23 

70 


13 

54 

61,5 


24 - 

57 



55 ; 

19,5 

19,5 

25 1 

52 



56 ! 

24 

24 | 

26 , 

52 

i 


57 .i 

! 35(?) 

35(?) 

27 , 

51 



58 1 

72,5 


28 

51 



59 i 

64 

, 

29 

50,5 



60 

64 


30 

26 , 

26 

■ 

61 1 

64 


31 

72 


10 kleines P 

62 |i 

64 



Diff. I 

i 

kleines P 


spontan 
kleines P 
dgl. 


j anderes P 

1 

I >k leinen P 

!l 

i P wie hei 49 


8 


kleines P 


und dort als ©ine länger dauernde Hemmung aufgefaßt; sie war 
nach Atropin nicht mehr aufgetreten. In diesem Falle aber hatte 
das Tier schon vor einer halben Stunde 2 mg Atropin intravenös 
bekommen und da zeigt sich nun diese Hemmung während der 
Erstickung. Ferner ist bemerkenswert, daß nur bei drei Reizungen 
die postextrasystolische Systole dieselbe Vorhofzacke hat, wie die 
anderen Normalschläge; sonst hat sie eine kleinere P.-Zacke. Bei der 
5. und 6. Reizung hat auch der nächste Normalschlag noch ein 
kleines P. und bei den letzten Reizungen finden wir diese Abweichung 
sogar bei allen folgenden Schlägen. 

Nachdem die Atmung im ganzen durch 4 Minuten ausgesetzt 
gewesen war, wurde sie wieder eingeschaltet, und eine Minute später 
haben wir die Reizungen wiederholt. Der Herzschlag war sehr 
kräftig, die Dauer der Normalperiode betrug nur 33. Es sind 12 
Reizungen vorgenommen worden und es ergeben sich nun folgende 
Differenzen: 3mal 8, je lmal 7,5, 7 und 5, je 2mal 4, 3,5 und 3. 


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378 


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Versuch 22. Reizung deB Smusknotens (Kopf). 

22 Minuten nach Acceleransdurchschneidung (S. 374). Dauer der Normal¬ 
periode 58, Differenz: je lmal 10, 9,5, 8 und 4,5 und 3mal 4. Auf die dop¬ 
pelten Reiz-E.-S. folgen an drei Stellen spontane E.-S. 

4 Minuten nach Aussetzung der künstlichen Atmung war das Herz cyanotisch 
und etwae dilatiert, schlug aber noch sehr kräftig. Die Dauer der Normalperiode 
betrug im Beginne der Kurve 62 und am Schlüsse 71. Es sind 14 Reizungen 
ausgeführt worden und es ergeben sich folgende Differenzen: je 2mal 11 und 
10,5, je lmal 7 und 6,5, 2mal 6, lmal 5, 4mal 4 und lmal 0. Außerdem 
finden sich zwei Stellen, wo die Pause kürzer ist, als ein Normalintervall und 
an einer Stelle ist die folgende dafür länger. Diese Stellen lauten: 32, 18, 61, 
66 , 64 und 48, 18, 66 , 71 (dann folgt eine spontane a.-v. E.-S. Der Wert 71 
entspricht der Dauer der Normalperiode zu dieser Zeit). Diese offenbar vor¬ 
zeitigen Systolen haben keine von der Normalform abweichende P.-Zacke. Am 
Schluß der Kurve war das Herz stark dilatiert und begann unregelmäßig zu 
schlagen (Beobachtung). Es wurde daher, nachdem die Erstickung im ganzen 
5 Minuten gedauert hatte, die künstliche Atmung wieder eingeschaltet. Die 
nun wieder aufgenommene Kurve zeigt aber, daß jetzt atrio-ventrikuläre Auto¬ 
matic bestand, so daß wir die bei den Reizungen gewonnenen Werte hier nicht 
zum Vergleich heranziehen können. 

Die im Versuch 17 bei Erstickung angeführten Reizungen werden 
wir im folgenden Abschnitte besprechen. 


8. Wirkung von Chinin auf die Länge der Differenz. 

Da das Chinin die Reizleitung schädigt und die refraktäre Phase 
verlängert, haben wir seine Einwirkung auf die sog. R.-L.-Z. untersucht. 
Verwendet wurde folgende Lösung: Chinin, bisulf. 0,6, Natr. chlor. 3,0, 
Aqu. dest. 30. In einem ccm waren also 0,2 g Chinin enthalten. Die 
Lösung wurde intravenös eingespritzt. 

Versuch 17. Hund 8,7 kg. Reizung des rechten Herzohreß. 

Nach Vagotomie (siehe S. 359). Differenz: je lmal 5 und 4,5, 4mal 4, 2mal 
3,5, lmal 3, 2mal 2,5 und 4mal 2. 

Nach 0,4 g Chinin (in zwei gleich großen Dosen) trat eine geringe Be¬ 
schleunigung ein; die Dauer der Normalperiode, die vorher 54 betragen hatte, 
ist nun im Beginn der Kurve 50, am Ende 48 lang. Die schon vorher ge¬ 
spaltene R.-Zacke ist jetzt tiefer gespalten, fast verdoppelt, P. immer noch sehr 
hoch. Es sind 17 Reizungen ausgeführt worden und es ergeben sich folgende 
Differenzen: lmal 11, 2mal 9,5, 3mal 9, 2mal 8,5, 4mal 8, 3mal 7, je lmal 3 
und 2,5. Die Differenzen sind alßo bedeutend länger geworden, was mit der, 
wenn auch geringen Pulsbeschleunigung in einem interessanten Gegensatz steht. 
Die kleinen Werte 3 und 2,5 betrafen spät einsetzende E.-S. (Kupplung 38 
und 43), aber eine andere, nicht viel früher eintretende E.-S. (Kupplung 36,5) 
hat schon die Differenz 8,5. 

Nach 15 Minuten wurden 0,4 g Chinin auf einmal eingespritzt, so daß der 
Hund also im ganzen 0,8 g bekommen hatte (0,092 g pro kg). Nun stellte ich 
sich eine Verlangsamung ein: die Dauer der Herzperiode ist auf 62, am Ende 
der Kurve auf 66—68 verlängert. Die Reizungen ergeben nun ein ganz anderes 
Bild, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 379 



| Dauer der 

“ 1 



Dauer der 

: 


Nr. 

vorangeh. 

Kupplung 

Diff. 


Nr. 

vorangeh. 

Kupplung 

Diff. 



Herzper. 

J 



1 Herzper. 



1 

62 * 



58 

62 




2 

57,5 

57,5 


59 

62 




3 

38,5? 

38,5? j 

164 

60 

40,5? 

40,5? 



4 

68? 



61 

28? 

28? 


134,5 

5 

66 

| 


62 

66? 




6 

62,5 



63 

70 



— 

7 

45 

45 


64 

62 




8 

30? 

30? 

141 

65 

66 




9 

66? 




66 

41,5 

41,5 


106,5 

10 

68 




67 

65 



— 

11 

62,5 




68 

65,5 




12 

48 

48 


69 

62 




13 

30? 

30? ! 

144 

70 

66 




14 

66? 

i 


71 

54 

54 



15 

67,5 



72 

31 

31 


151 

1« 

62 



73 

66 




17 

64 



74 

68 



_ 

18 

50 

50 

114 

75 

62 




19 

64 

! 


76 

66 




20 

62 

1 


77 

62 




21 

60 

! 


78 

66? 




22 

50 

50 

© 

79 

64 




23 

60,5 



80 1 

66 


I 

24 

64 



81 

62 


' 

25 

62 

; 


82 

68 


* 

20 

63 




88 

62 




27 

50 

50 


114,5 

84 

54 

54 


118 

28 

64,5 




85 

64 




29 

62 




86 

64 




30 

61 




87 

57 

57 

1 

31 

62 




88 

32 

32 

155 

32 ! 

36? 

36? 


102 

89 

66 


1 

33 

66? 




90 

68 1 

1 

r _ . 

34 

1 66 




91 

62 | 




35 

1 61,5 




92 

66 ! 




36 

65,5 




93 

62 




37 ! 

44 

44 

I 

94! 

67 




38 

36 

36 

| 146 

95 ; 

63 


j 

39 

66 



96 

67 ! 



40 l 

67 



97 

37 

37 


104,5 

. 

41 ; 

61 



98 

67 



42 

57 

57 



99 

66 , 


1 

43 

32 

32 


153 

100 

63 


i 

44 

64 




101 

66,5 


1 

45 

68 




102 

62,5 


1 _ 

46 

62 



103 

48 

48 


47 

65 


i 

104 I 

28 ? 

1 28? 

i 144 

48 ! 

i 61 



105 

68? 


< 

49 ! 

| 48 

48 


106 

67,5 




50 | 

! 27? 

27? 

142 

107 

63,5 




51 

; 67? 



108 

66 




52 

! 68 



109 

63 




53 

62 



110 

66 




54 

66 



111 

63 




55 ! 

| 49 

49 


11 ß 

112 

67 




56 | 

1 67 

i 

110 

113 1 

1 64 




57 ■ 

61 



114 | 

1 66 


| 1 


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Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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Die in der vorstehenden Tabelle angeführten Werte sind, wenn 
nicht ein Fragezeichen beigefügt ist, genau, d. h. der Fehler ist 
kleiner als 0,01". An den durch ein Fragezeichen gekennzeichneten 
Stellen ist aus irgendeinem Grunde der Beginn der E.-S*. nicht sicher 
zu bestimmen, so daß die Länge der Kupplung und der Pause nicht 
genau angegeben werden kann, wohl aber die Länge des Bigeminus. 
Nach den ersten beiden Chinindosen hätte die Differenz, wenn wir 
von den vereinzelten extremen Werten absehen, sich zwischen 7 und 
9,5 bewegt. Man sollte nun jetzt, nach der Verdopplung der Dosis 
eine weitere Verlängerung der Differenz erwarten. Statt dessen aber 
sehen wir, daß die Pause nirgends auch nur so lang ist, wie nach 
den ersten Dosen (62 + 7 bis 9,5 = 69 — 71,5). Sie ist nur um 
wenig länger, an einzelnen Stellen sogar kürzer als ein Normal¬ 
intervall. Daß dies nicht etwa daher rührt, daß die Reiz-E.-S. den 
Sinus nicht erreichen, erhellt daraus, daß nirgends eine vollständige 
Kompensation besteht. Es kommt also die nach der Pause folgende 
Systole offenbar vorzeitig, sie ist also wahrscheinlich selbst eine E.-S., 
und zwar eine spontane. Wenn wir nun zunächst von der Pause 
absehen und die ihr nachfolgenden Intervalle ins Auge fassen, sehen 
wir nach den doppelten E.-S. folgendes: Nr. 5/6: 66, 62,5, Nr. 10/11: 68, 
62,5, Nr. 15/16: 67,5, 62, Nr. 40/41: 67, 61, Nr. 45/46: 68, 62, 
Nr. 52/53: 68, 62, Nr. 63/64: 70, 62, Nr. 74/75: 68, 62, Nr. 90 91: 68, 
62, Nr. 106/107: 67,5, 63,5 Das ist also ein ganz gesetzmäßiger 
Aufbau. Das zweite von den angeführten Intervallen entspricht dem 
Normalintervall, und das erste, das auf die Pause folgt, ist länger, 
das ist also die eigentliche Pause und diese gibt folgende Differenzen: 
lmal 8, 5 mal 6, 2 mal 5,5 und je 1 mal 4 und 3,5. Das auf die 
beiden Reiz-E.-S. folgende Intervall wäre als Kupplung der spon¬ 
tanen E.-S. anzusehen, deren Vorhofzacke sich nicht wesentlich von 
der der Normalschläge unterscheidet. Im ersten Teile der Kurve 
wird die auf die Reiz-E.-S. folgende Reihe von Normalsystolen ge¬ 
wöhnlich bald wieder von neuen Reizungen unterbrochen, aber an 
einzelnen Stellen (Nr. 45—48 und 63—65) sieht man doch Ansätze 
zu einem fortdauernden Zeit-Alternans, wie er im zweiten Teile der 
Kurve an den längeren Reihen 74—83,90—96, 99—102 und 106—114 
deutlich wird. Wir wollen uns vorläufig nicht weitor mit dieser 
merkwürdigen Erscheinung befassen, sondern nur darauf hin weisen, 
daß unter Umständen der Herzrhythmus durch die Reizungen dauernd 
verändert werden kann, so daß die wirkliche Differenz vollständig 
verdeckt wird und in der Länge der Pause nicht mehr erkannt 
werden kann. 

15 1 / 2 Minuten nach dem Beginne der eben besprochenen Auf¬ 
nahme haben wir die künstliche Atmung ausgesetzt und nach weiteren 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 381 


2 1 j 2 Minuten wieder eine Kurve aufgenommen; wir haben aber nicht 
gereizt, weil schon eine spontane Arhythmie bestand, die in der 
folgenden Tabelle dargestellt ist. 



Dauer der 



Nr. 

vorangehenden 

Kupplung 

Di ff. 

|| Herzperiode 



1 

93,5? 



2 

88 



3 

78 

78 


4 

70 

70 


5 

94 


6 

6 

88 



7 

78 

78 


8 

71 

71 


9 

94 


5 

10 

89 



11 

80 

80 


12 

74 

74 


13 

92 


5,5 

14 | 

86,5 



15 

81 

81 


16 

72 

72 


17 

93 


5 

18 

88 



19 

84 

84 

| 

20 

76 

76 


21 

92 


7 

22 

85 



23 ; 

85 



24 

79 

79 

i 

25 

92 


5 

26 

87 



27 

82 

82 


28 

89 


2 

29 

87 



30 

79 

79 


31 

89 


3 

32 

86 

I 



Intervall zwischen zwei 
aufeinanderfolgenden 


Normalsystolen 

Extrasystolen 

242 

70 (2 x 35) 

— 

•_'»><> - 
(7 -•< 37) 


243 

71 (2 x 35,5) 


263 

(7 x 37,5) 

246 

74 (2x 37) 


259,5 

_ (7 37)_ 

246 

72 (2 x 36) 


: 265 

(7 x 38) 

252 

76 (2 .;< 38) 


341 

(9 >.; 38) 

171 

261 

(7 x 37) 

171 

255 

(7 ;:< 36,4) 

168 j 

,«,*■ - 


Die ganze in der vorstehenden Tabelle wiedergegebene Kurve 
umfaßt nur 32 Herzschläge, aber es ist doch daraus zu ersehen, daß 
es sich hier um eine typische Parasystolie (Kaufmann-Rothberger) 
handelt. Da zuerst 5 E.-S.-Paare auftreten, kann man die zweite 
Kupplung, d. h. die Entfernung der beiden E.-S. voneinander als 
die Extrareizperiode ansehen. Sie schwankt etwas — das Tier ist 
im Begriffe zu ersticken — und zwar zwischen 70 und 76. Wenn 
man die Intervalle zwischen den weiter auseinanderliegenden E.-S. 
untersucht, so findet man, daß sie nicht durch 70—76 teilbar sind, 
wohl aber durch die Hälfte. Es ist also das scheinbare Extrareiz¬ 
intervall 70—76 selbst schon ein Doppelintervall (2 x 35 — 2 x 38), 
was sich wohl daraus erklären läßt, daß an dem mit Chinin ver¬ 
gifteten und erstickenden Herzen die refraktäre Phase länger ist als 


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382 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


35— 38, so daß der mittlere Extrareiz unwirksam bleiben muß. Die 
größeren Intervalle (255—341) sind dann ziemlich genau das 7—9fache 
des wirklichen Extrareizintervalles. 

Wir möchten hier darauf Hinweisen, daß wir schon bei der Besprechung 
anderer Versuche das Auftreten einzelner spontaner E.-S. erwähnt haben und 
daß ihre Kupplung, also ihre präautomatische Pause, ungefähr denselben Wert 
hatte, wie die Extrareizperiode in dem eben besprochenen Versuche. Wir er¬ 
wähnen folgende Beispiele: Seite 365, Kupplung 38 und 36, S. 365, Kupplung 

36— 38, S. 369 Anm. Kupplung 38,5; im Versuch 24 finden sich nach Atropin 
(S. 371) die Kupplungen 19—21, dann 34 und gegen Ende der Kurve 38: S. 373. 
in einem anderen Versuch die Kupplungen 39,5, 40 und 45; S. 376. Kupplungen 38 
und 37. In den Versuchen 21, 22 und 24 (S. 374) finden sich andere Werte, 
u. z.: bei doppelten spontanen E.-S.: 23,5 und 22, 20,5 und 20, 21,5 und 25, 
26 und 31. Im Versuch 22: 52 und 46 und im Versuch 24: 45, 49 und 50,5. 
Es ist sehr wohl möglich, daß auch die um 35—40 herumliegenden Extra¬ 
reizperioden noch Doppelintervalle sind, wir haben aber keine Veranlassung, 
hier weiter darauf einzugehen. 


6 7 ^ 8 y 9 10 



Abb. 2. Parasyatolie bei einem erstickenden, mit Chinin vorbehandelten Hundeherzen; die spon¬ 
tanen E.-S. haben eine andere Vorhofzacke ( r ). 

Daß diese spontanen E.-S. auf den Sinus zurückgehen, erkennt 
man daran, daß die Pause fast überall zu kurz ist, die physiologische 
Reizperiode ist also nicht erhalten; nur an zwei Stellen (24/25 und 
27/28) könnte vielleicht eine Kompensation angenommen werden. 
Die Differenz dieser spontanen E.-S. betrugen je lmal 7.6 und 5,5, 
3mal 5, je lmal 3 und 2. Wir können sie aber mit den früher 
gewonnenen Werten nicht vergleichen, weil die spontanen E.-S. 
offenbar nicht vom rechten Herzohr ausgehen. Die beifolgende Ab¬ 
bildung 2 gibt das Kurvenbild wieder. Die Normalsystolen 6, 9 und 
10 haben kleine, die E.-S. 7 und 8 große Vorhof zacken, und zwar 
entsprechen diese großen Zacken denjenigen der Normalsystolen vor 
der Erstickung (und nach Wiedereinleitung der künstlichen Atmung), 
während die kleinen Zacken der jetzigen Normal schlage bisher noch 
nicht vorgekoinmen waren. Die E.-S. gehen also offenbar vom nor¬ 
malen Schrittmacher aus und die Normalschläge von einem andoren 


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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextr&9ystolen. 383 

Sinusteil. Auch dies ist für das Verständnis der extrasystolischen 
Allorhythmie durch Parasystolie interessant. 

Die Reizung des rechten Herzohres wurde dann, nachdem diese 
spontane Arhythmie aufgehört hatte, 4 1 / 2 Minuten nach der Aus¬ 
setzung der künstlichen Atmung wieder aufgenommen. Am Schlüsse 
dieser Aufnahme war das Herz schon stark dilatierr und erholte sich 
bei Wiedereinleitung der künstlichen Atmung nur langsam. Die 
Dauer der Normalperiode betrug im Anfang der Kurve 95, und stieg 
dann allmählich bis zum Ende der Kurve auf 108. Die Differenzen 
sind sehr lang: wenn man sie aus der Differenz zwischen der Pause 
und dem zu der betreffenden Zeit bestehenden Normalintervall be¬ 
rechnet, findet man folgende Worte: je lmal 29, 25, 18, 17, 16, 
und 2 mal 14. Es ist aber immer das auf die Pause folgende Normal¬ 
intervall länger und es läßt sich deshalb bei 5 weiteren Reizungen 
die Differenz nicht bestimmen, weil zwischen den Reizungen kein 
zweites Normalintervall lag. 

Versuch 24. Reizung der unteren Hohlvene. 

61 Minuten nach Acceleransdurchschneidung (S. 375). Normalperiode 43—44 
Differenz: 11,5, 11, 11?, 10, 7,5, 7, je 3mal 6,5 und 6, 4, 3,5 und 3mal 3 
Von den Differenzen der spontanen E.-S. ist abgesehen. 

1 Minute nach 0,4 g Chinin ( 0,062 pro kg). Normalperiode im Beginn der 
Kurve 63, gegen das Ende auf 70 ansteigend. 12 Reizungen. 2 mal Kompen¬ 
sation bei spät auftretenden E.-S. (Kupplung 63 und 64,5), 2 mal spontane E.-S., 
im übrigen folgende Differenzen: 20, 19, 16, 14, 13?, 9, 7, 6,5. Die ersten 5 
Werte, die großen, finden sich nach doppelten Reiz-E.-S., von denen immer die 
zweite rasch auf die erste folgte. (Differenz in Klammer): 42/19 (20), 27/21 (13?), 
31/18,5 (19), 42/22 (14), 48/22 (16). Dagegen treten die kürzeren Differenzen 
nach einzelnen E.-S. auf, die spät in die Diastole fallen: 35 (9), 48 (7), 50 (6,5). 
Auf die spontanen E.-S. kommen wir noch zurück. 

Derselbe Versuch. Reizung der oberen Hohlvene. 

Nach Atropin (S. 371). Normalperiode im Beginn 41, am Ende 36. Diffe¬ 
renz: 10, 9, 2mal 8, 7,5, 7, 6,5, 2mal 6, 5, 4,5, 4, 3, 2,5, 2, 2mal 1,5 und 1. 

3 Minuten nach Chinin (2 Minuten nach der eben besprochenen Reizung 
der unteren Hohlvene). Normalperiode im Beginn 62, gegen Ende auf 51 ab¬ 
fallend; es ist also die durch das Chinin hervorgerufene Verlangsamung wieder 
in Rückbildung begriffen. Es ergeben sich folgende Differenzen: 20, 18, 17, 
2 mal 12, 11, 3mal 10, 9,5, 8 und 6. Die Beziehungen zwischen der Differenz 
und der Einfallzeit der E.-S ergeben sich aus folgender Reihe (Kupplung in 
Klammer): 20 (50/18), 18 (21), 17 (37), 12 (30,5), 12 (40,5), 11 (33), 10 (31,5/19), 
10 (52,5), 10 (50,5/51), 9,5 (34), 8 (46), 6 (52). Es finden sioh also die kurzen 
Differenzen vorzugsweise nach den spät auftretenden E.-S. Im ersten Teile 
der Kurve haben die naoh den Reiz-E.-S. folgenden Normalschläge immer 
eine negative Vorhofzacke, so wie es noch im letzten Teile der unmittelbar 
vorher aufgenommenen Kurve (Reizung der unteren Hohlvene) der Fall war. 
Nach den ersten drei Reizungen ist die postextrasystolische Systole auch vor¬ 
zeitig. Wir kommen darauf noch zurück. 


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384 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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Versuch 26. Reizung des Sinusknotens der Länge nach. 

31 Minuten nach Acceleransdurchschneidung (S. 376). Dauer der Normal¬ 
periode 37—38. Differenz: 2mal 3, 5mal 2,5, 3mal 2 und 2mal 1,5. 

Nach 21 Minuten bekam der 7,7 kg schwere Hund 0,4 g Chinin (0,052 pro 
kg). Darauf trat eine sehr beträchtliche Pulsverlangsamung ein. Die Dauer 
der Normalperiode beträgt im Anfang der Kurve 77—78 und steigt gegen das 
Ende bis auf 82. Dabei besteht eine geringfügige spontane Arhythmie dieses 
seit längerer Zeit entnervten Herzens. So lauten z. B. die aufeinanderfolgenden 
Normalperioden 5—16: 76,5, 78, 76, 78, 78, 77, 78, 76, 79, 81, 77, 78,5. Die 
Vorhofzacke, die früher groß und spitz war, ist jetzt breit und mehrfach ge¬ 
spalten. Die Stromstärke, mit der die früheren Reizungen vorgenommen worden 
waren, ist jetzt wirkungslos; die Rollen mußten etwas mehr übereinander- 
geschoben werden und es treten nun starke Stromscbleifen in der Kurve auf. 
Trotzdem ist aber auch jetzt nur der Öffnungsschlag wirksam, so daß also nur 
einzelne E.-S. erzielt wurden; auch daraus geht hervor, wie sehr die Erregtar- 
keit durch das Chinin herabgesetzt worden ist. Die Differenzen lassen sich 
bei 8 Reizungen gut messen und es ergeben sich folgende Werte: 6mal 6, je 
lmal 5,5 und 5. Es ist also auch hier eine sehr beträchtliche Verlängerung 
gegenüber den vor der Chinininjektion gewonnenen Werten festzustellen. 

9. Wirkung von Muskarin auf die Länge der Differenz. 

Versuch 14. Reizung des rechten Herzohres. 

Nach Vagotomie (S. 359). Normalperiode 39,5—40. Differenzen: lmal 4, 
2mal 3,5, 3mal 3, je lmal 2 und 1. 

Nach Muskarin: Normalperiode 48. 13 Reizungen. Differenz: 2mal 5,5, 

6 mal 5, 4mal 4 und lmal 2,5. Nach einer zweiten Muskarindosis beträgt die 
Normalperiode im Beginn der Kurve noch 47, steigt aber gegen das Ende auf 
55. 20 Reizungen. Differenz: je 2mal 10 und 9, 6mal 8, lmal 7,5, 2mal 7, 

lmal 6,5, 3mal 6, 2mal 5,5 und lmal 5. Es sind zwei spontane E.-S. auf¬ 
getreten mit den Kupplungen 40,5 und 47. 

Versuch 15. Reizung des rechten Herzohres. Keine Aufnahme vor dem 
Muskarin. Nach der ersten Muskarindosis , 1 Stunde 25' nach der Durch¬ 
schneidung der Vagi und Accelerantes, betrug die Dauer der Normalperiode 82, 
am Ende der Kurve 92. Differenz: 2mal 20, je lmal 10,5, 10, 9 und 8,5, 5mal 8, 
2mal 6,5 und lmal 5,5. Die beiden größten Werte (20) sind nicht ganz sicher, 
der Schließungsschlag war wirksam und der nach 19 und 20 folgende Öffnungs¬ 
schlag fällt gerade in die Anfangsschwankung des K.-Ekg hinein. Eine Vorhof¬ 
zacke ist nicht zu sehen. Wenn man annimmt, daß nur der erste Schlag auf 
den Sinus zurückgegangen ist, bekommt man die Differenz 20, wenn der zweite 
auch eine E.-S. erzeugt hat, die Differenz 1 und 0, was bei dem muskarinisirten 
Herzen wohl ausgeschlossen sein dürfte. Wir haben angenommen, daß der 
zweite Schlag nicht gewirkt hat, weil die refraktäre Phase wohl länger ist als 
19—20: aber beweisen läßt es sich nicht. 

13 Minuten nach der ersten wurde eine zweite Muskarindosis verabreicht. 
Darauf verlängert sich die Dauer der Herzperiode auf 156, was einer Frequenz 
von ungefähr 38 entspricht; es bestand also eine sehr hochgradige Verlang¬ 
samung. Auch die atrioventrikuläre Reizleitung ist stark gestört, indem viele 
Vorhofschläge auch nach langen Intervallen nicht auf die Kammern übergehen. 
Dort wo sie übergehen, beträgt die Leitungszeit 22. Die bei der Reizung des 
rechten Herzohres gewonnenen Werte sind in der folgenden Tabelle enthalten. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 385 



Dauer der 





Lauer der 



— 

Nr. 

vorangeh, 

Kupplung 

Diff. 


Nr. 

vorangeh. 

Kupplung 

Diff. 



Herzper. 




Herzper. 




1 

156,5 


;- 


39 

33 

33 


181 

2 

156 




40 

148 




3 

156 




41 

152 




4 

157 




42 

156 





51 

51 




93 

93 


269 



190 

*kO 


6 

139 

115 

115 


44 

176 

159 


20 


7 


291 

45 




8 

176 


20 

46 

157 




9 

10 

112 

175 

112 

19 

287 

47 

48 

157 

55 

55 


200 

11 

92 

92 


268 

49 

145 

. 


12 

176 


20 

50 

154 




13 

66 

66 


222 

51 

158 




14 

156 



52 

156 




15 

! 158 




53 

110 

110 


16 

> 157 

67 



54 

29 

29 

288 

17 

67 


231 

55 

149 


l._. 

18 

164 


i • 

56 

158 




19 

161 




57 

156 




20 

! 158 

114 



58 

146 

146 


330 

21 

1 114 

t 

287,5 

59 

36 

36 


22 

I 173,5 


18,5 

60 

148 




23 

1 155 



61 

153 




24 

154 




62 

154 




25 

153 

153 



63 

143 

143 



26 

27 

27 


329 

64 

39 

39 


330 

27 

149 



65 

148 




28 

155 

i 



66 

153 




29 

158 




67 

156 




30 

162,5 




68 

154 




31 

152 




69 

62 

62 


220 

32 

1 155 




70 

158 



33 

1 106 

106 


282 

71 

158 




34 

176 


20 

72 

156 




35 

68 

68 


227 

73 

154 

1 


36 

159 




74 

156 

| 


37 

156 




75 

156 

: 


38 

154 






1 



Wenn wir die auf die E.-S. folgenden Pausen in der vorstehen¬ 
den Tabelle überblicken, sehen wir, daß auf die langen Kupplungen 
eine Pause folgt, die eine Differenz von 18,5—20 ergeben würde; 
nur diese haben wir eingetragen. Andere Pausen sind bedeutend 
kürzer als das Normalintervall. Die Beziehungen zwischen der Ein- 
fallszeit der E.-S. und der Länge der Pause sind gut aus der folgen¬ 
den kleinen Tabelle zu ersehen, in der die Werte nach der Länge 
der Kupplung aufsteigend geordnet sind. Man sieht, daß die früh 
eintretenden E.-S. (Kupplung 27—55) ungefähr gleich lange Pausen 
haben, daß diese aber noch viel kürzer sind als das Normalintervall 
(156). Auf die Kupplungen 62 und 66 folgen Pausen von der 
Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 25 


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Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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886 

Läng© des Normalintervalls, auf die Kupplungen 67 und 68 etwas 
längere. Erst auf die nach 92 und noch später eintretenden E.-S. 
folgen die großen, ungefähr gleich langen Pausen, die eine Differenz 



- 





Nr. 

Kupplung 

| Pause' 

Nr. 

1 Kupplung 

| Pause 

20 

27 

149 

13 

1 66 

' 166 

54 

29 

149 

17 

67 

; 164 

39 

33 

148 

35 

68 

159 

59 

36 

148 

11 : 

92 

1 176 

04 

39 

148 

43 1 

1 93 

176 

5 

51 

139! 

33 

106 

, 176 

48 

55 

, 145 

9 

112 

175 



1 

21 

114 

173,5 

69 

62 

158 

' ! 

115 

176 


von 18,5—20 ergeben würden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, 
daß alle früheren postextrasystolischen Systolen vorzeitig sind, daß 
sie also selbst spontane E.-S. sind, wenn sich auch ihre Vorhof¬ 
zacke nicht von den anderen unterscheidet. Diese spontanen E.-S. 
kommen um so früher nach der Reiz-E.-S., je früher diese nach dem 
letzten Normalschlage gesetzt worden war. Auch die längste von 
diesen Pausen (164, Nr. 17) würde nur eine Differenz von 8 ergeben, 
und diese ist bei der enormen Hemmung durch das Muskarin wohl 
sehr unwahrscheinlich. Von der Kupplung 92—115 bleibt die 
Pause fast gleich lang und auch das spricht dafür, daß diese langen 
Pausen durch Rückleitung zu erklären sind. 

Diese merkwürdige Kurve führt uns nun zu der zusammen¬ 
fassenden Besprechung der auf die Reiz-E.-S. folgenden spontanen E.-S. 

10. Das Auftreten spontaner E.-S. nach den Reiz-E.-S. und die 
Verschiebung des Reizursprungs. 

Wir haben schon bei der bisherigen Besprechung der Versuche 
zu wiederholten Malen erwähnt, daß nach den Reiz-E.-S. spontane 
E.-S. aufgetreten sind. Bei näherer Untersuchung zeigt sich, daß 
dies nicht etwa nur gelegentlich vorkommt, sondern sehr häufig: 
unter den 14 Versuchen, welche dieser Arbeit zugrunde liegen, ist 
nicht ein einziger, in dem die spontanen E.-S. gefehlt hätten. Sie 
sind fast immer auriculären Ursprungs, nur hier und da haben wir 
eine atrioventrikuläre oder eine ventrikuläre E.-S. gesehen. Man 
erkennt die spontane E.-S. zum Teil an ihrer Vorzeitigkeit, und 
manchmal auch daran, daß sie eine andere Vorhofzacke hat als 
der Normalschlag, der nach der Pause zu erwarten gewesen 
wäre. Bezüglich der Vorzeitigkeit wäre folgendes zu sagen. Es 
kann auch bei auriculären E.-S. eine Pause zustande kommen, 
die kürzer ist nls ein Normalintervall, z. B. dann, wenn von zwei 



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Experimentelle UnteiBuchungen über die Pause nach Vorhofsextraßystclen. 387 


künstlichen Reizen der zweite nicht auf den Sinus zurückläuft; wir 
haben aber gar keinen Anhaltspunkt dafür, daß das bei den von 
uns gewählten Versuchsbedingungen jemals vorgekommen ist. Andrer¬ 
seits kann einer spontanen E.-S. auch eine Pause vorangehen, die 
länger ist als ein Normalintervall und die E.-S. ist doch vorzeitig. 
Dies zeigt z. B. die Abb. 8. Das Normalintervall beträgt 68,5—69, 
die Pause nach den doppelten Reiz-E.-S. 72; das gäbe also eine 
R.-L.-Z. von 3—3,5, und das ist zu wenig, da es sich um eine Reizung 


6 7 8 9 10 11 12 



Abb. 3. Spontane E.-S. (Nr. 10) mit anders geformter Vorhofzacke. 


57 58 59 60 Öl ö2 63 



Abb. 4. Spontane E.-S. (Nr. 61) mit anders geformter Vorhofzacke. 


des linken Horzohres bei erhaltenen Vagis handelt. Die Svstole 
Nr. 82, die auch eine etwas anders geformte Vorhofzacke hat, ist 
also selbst eine E.-S. 

Was nun dieForm der Vorhofzacke bei den spontanen E.-S. anlangt, so 
unterscheidet sie sich manchmal sehr deutlich von derderNoi malschläge. 
Dies zeigen die Abb. 3, 4 und 5. In Abb. 3 kommt die postextrasystolische 
Systole Nr. 10 vorzeitig (Kupplung 54. Normalintervall 58 — 59) und 
hat eine sehr hohe Vorhofzacke, während die der Normalschläge 
ganz klein ist. In Abb. 4 ist die Vorhofzacke der Normalschläge 
zweiphasisch mit vorangehender Negativität, die postextrasystolische 

25* 


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Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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388 


Systole Nr. Hl hat aber eine breite, gespaltene positive Vorhofzacko, 
die zu ihr gehörende Kupplung ist gleich dem Normalintervall. In 
Abb. 5 hat nicht nur die postextrasystolische, sondern auch noch 

die nächste Normalsystole eine nega¬ 
tive P.-Zacke, (Nr. 53 u. 54) während 
diese bei den Normalsystolen positiv, 
breit und gespalten ist. In anderen 
Fällen ist aber von einer Verände¬ 
rung der Form der Vorhofzacke bei 
den spontanen E.-S. nichts oder kaum 
etwas zu sehen. Dies zeigen die 
| Abb. 6 — 8, die aus einer und der- 
ip selben Kurve stammen (Versuch 21, 
g Reizung des linken Herzohres bei in- 
5 takten Vagis), und von demselben Ver- 
•g suche, von dem nach Vagotomie die 
rr ; Abb. 1 gewonnen wurde. In Abb. H 
t ist die postextrasystolische Systole 1 7 
'S vorzeitig (Kupplung 51, Normalinter- 
- vall H4 — H5), die Vorhofzacke unter- 
= scheidet sich aber nicht von der der 
■z Normalsystolen. In Abb. 7 geht die 
* zweite Reiz-E.-S. (Nr. H4) nicht auf 
f die Kammern über, die postextra- 
« systolische Systole 65 kommt vorzeitig 
c und hat eine etwas anders geformte 

? P.-Zacke. Von Abb. 8 haben wir schon 
**■ 

9 gesprochen. 

| t Wenn nach den Reiz-E.-S. mehrere 

z 

y spontane auftreten, bedeutet dies eine 
ir ; länger dauernde Verschiebung des Beiz - 
5 Ursprungs. Eine solche Verschiebung 
ist aus den Abb. 9. 10 und 11 gut zu 
ersehen. Die Abb. 9 stammt von dem 
aus S. 373 besprochenen Versuch 22 und 
stellt den Beginn der Kurve Nr. 2 dar. 
Die der ersten Reizung vorangehenden 
Normalsystolen 1—7 haben große, 
spitze Vorhof zacken. Nach den Reiz- 
E.-S. 8 und 9 wird die Vorhofzacke klein, breit und gespalten. Die 
Abb. 10 stellt ein späteres Stück aus derselben Kurve dar; man sieht 
zuerst 4 Schläge mit kleinen, gespaltenen Vorhofzacken, dann kommen 
6 große spitze P.-Zacken, wie sie im Beginn der Kurve zu sehen 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystölen. 


waren. In die beiden letzten von diesen Zacken (Nr. 104 und 105) 
fallen der Schließungs- und der Öffnungsschlag, die aber, wie die 


14 15 1« 17 lrt 1!» 



Abi». U. 



Abb. 7 



Abh. s. 

Stromschleifen zeigen, beide zu spät kommen und in den absteigen¬ 
den Schenkel der P.-Zacke, also in die refraktäre Phase fallen. Sie 
sind also unwirksam, und trotzdem stellt sich dann wieder die 


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Ahh. 11. 

Abb. 9—11. Verschiebung des Reiziirsprungs durch die künstliche Reizung. 





























Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 391 


kleinere Form der Vorhofzacke ein*). Noch deutlicher ist die Ver¬ 
schiebung des Reizursprungs durch die ersten Reizungen in Abb. 11 
zu sehen. Sie zeigt den Beginn der ersten Aufnahme im Versuch 17. 
Die Normalschläge haben eine negative Vorhofzacke — auf der 
Originalkurve sind vor dem hier reproduzierten Stück noch 7 solche 
Normalschläge zu sehen — der Schließungsschlag wirkt nicht, der 
Öffnungsschlag erzeugt eine große positive Vorhofzacke (es wurde 
das rechte Herzohr gereizt) und nun haben alle folgenden Normal¬ 
systolen große positive Vorhofzacken, und in der ganzen übrigen 
Kurve kommen negative Vorhofzacken nicht mehr vor. Es ist dies 
derselbe Versuch, den wir auf S. 359 und 378f. besprochen und 
von dem wir auf S. 382 die spontane Parasvstolie abgebildet haben. 

Wenn wir uns nun wieder den einzelnen, nach der Reizung auf¬ 
tretenden spontanen E.-S. zu wenden, so finden wir, daß sie besonders 
dann auftreten, wenn vorher eine künstliche E.-S. mit kurzer Kupp¬ 
lung stand, d. h. wenn durch einen Einzelreiz eine E.-S. bald nach 
dem Ende der refraktären Phase gesetzt wurde, oder noch eher 
dann, wenn zwei künstliche E.-S. erzeugt worden sind und die zweite 
sehr bald auf die erste folgt. Eine spontane E.-S. tritt also beson¬ 
ders leicht dann auf, wenn die vorhergehende künstliche E.-S. eine 
kurze Kupplung hatte. Bei der Durchsicht der Kurven stellt sich 
heraus, daß diese Kupplung in den meisten Fällen zwischen 16 und 
24 liegt. Wenn man die refraktäre Phase für die von uns ver¬ 
wendete Stromstärke mit 15 —16 annimmt — kürzere Kupplungen 
kommen kaum je vor —, so sind diese künstlichen E.-S., auf die die 
spontanen folgen, unmittelbar oder doch sehr bald nach dem Ende 
der refraktären Phase erzeugt worden (s.S.375, Vers.24; S. 378, Vers.22). 
Es kommt aber auch in einer und derselben Kurve vor, daß eine 
solche früh gesetzte E.-S. das eine Mal von einer spontanen gefolgt 
wird, das andere Mal nicht, und es kommt, wenn auch nicht 
so oft, vor, daß spontane E.-S. nach später gesetzten künstlichen E.-S. 
folgen, manchmal sogar erst nach dem die Pause abschließenden 
Normalschlage. 

Wir haben schon erwähnt, daß gelegentlich nach zwei Reiz-E.-S. 
auch zwei spontane auftreten können, wie es in den Abb. 1 und 5 
tu sehen ist. In Abb. 1 betrugen die Kupplungen der künstlichen 
E.-S. 27,5 und 17, dann folgen die spontanen mit den Kupplungen 
24 und 25. In Abb. 5 betrugen die Kupplungen der Reiz-E.-S. 27 

*) Es ist weiter zu bemerken, daß diesen beiden verschiedenen Formen 
der Vorhofzacken auch etwas verschiedene Rhythmen entsprechen. Die Dauer 
der Herzperioden beträgt nämlich im Beginn der Abb. 10, dort wo die Vorhofzacken 
klein sind, 45—46, in der Mitte, wo die P.-Zacken groß sind, nur 42—43 und 
am Schluß wieder 44—45. 


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Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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392 

und 23, die der spontanen 58 und 59,5. Das Herz war vorher der 
Erstickung ausgesetzt gewesen und zwar so lange, daß es bei der 
Wiedereinleitung der künstlichen Atmung maximal dilatiert w r ar, 
kaum noch schlug und sich erst nach Massage und rhythmischer Vorhof¬ 
reizung erholte. Zu der Zeit, wo die in Abb. 5 wiedergegebene Kurve 
aufgenommen w r urde, bestanden noch deutliche Nachwirkungen der 
Asphyxie in Form von a—v Leitungsstörungen (die Vorhof-E.-S. 52 
geht nicht auf die Kammern über). 

In zwei Versuchen, wo die Reizung sehr früh wirkte, trat an 
Stelle der E.-S. Wühlen bzw. Flimmern der Vorhöfe ein. Im Versuch 13 
trat nach der Kupplung 22,5 kurzes Wühlen auf. Später folgte ein 
Schließungsschlag nach der Kupplung 46 und nach 17 der Öffnungs¬ 
schlag, worauf es wieder zu Wühlen kam. Dann kommen wieder 
zwei Reiz-E.-S. mit den Kupplungen 54 und 22 und auf diese folgt nur 
eine spontane E.-S. mit der Kupplung 30. Im Versuch 22 Nr. 1 ent¬ 
stand nach der Kupplung 11 ein kurzer Anfall von Vorhofflimmern. 
Das Auftreten spontaner E.-S. und das von Vorhofflattern bzw. -flim¬ 
mern gehören offenbar zusammen. Diese Befunde sind nur weitere 
Beispiele für die zuerst von Mines 15 ) am gekühlten, künstlich ge¬ 
speisten Kaninchenherzen gefundene, dann von de Boer am Frosch¬ 
herzen bestätigte und mehrfach publizierte Tatsache, daß ein un¬ 
mittelbar nach dem Ende der refraktären Phase einsotzender Reiz 
Kammerwühlen erzeugt, ein etwas später wirkender aber nur eine E.-S. 
hervorruft. Diese Wirkungen sind dann auch von Lewis , Drury und 
Iliescu 1H ) näher untersucht worden. Daß diese spontanen E.-S. aber 
nicht, wie de Boer will, auf eine Kreisbewegung zurückgeführt wer¬ 
den können, d. h. darauf, daß die Erregung noch ein oder mehrere 
Male herumläuft, erhellt daraus, daß die spontanen E.-S., wie z. B. 
Abb. 5 zeigt, sehr spät auftreton können, so daß gar keine Kon¬ 
tinuität mit der künstlichen E.-S. besteht. Außerdem kommt es vor, 
daß die spontanen E.-S. nicht gleich nach den künstlichen auftreten, 
sondern erst nach der postextrasystolischen Normalsystole. Dies 
zeigt die Abb. 12 (Vers. 20, Nr. 2). Man sieht uerst zwei Normal¬ 
systolen (70 und 71), die Dauer der Normalperiode beträgt 67. Der 
Schließungsschlag ist unwirksam, der Öffnungsschlag löst nach 44,5 
die E.-S. 72 aus, die ein verkrüppeltes K.-Ekg. hat. Dann folgt eine 
Pause von 71,5. Die Vorhofzacke der postextrasystolischen Systole 73 
hat die gewöhnliche Form, und erst dann folgt nach der Kupplung 
57,5 die spontane E.-S. 74, die eine ganz andere Vorhofzacke hat 
und von der Pause 73 gefolgt ist. Am Schluß der Kurve sind 
wieder zwei Normalsystolen (75 und 76) mit der kleinen Vorhof¬ 
zacke zu sehen. An einer anderen Stelle derselben Kurve findet sich 
eine a.-v. E.-S. mit der Kupplung 55 und der Pause 83. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 393 


Die Kupplung der spontanen E.-S. kann sehr verschieden sein. 
Man findet oft Werte zwischen 36 und 38 (S. 382), und das ist in¬ 
sofern interessant, als dieser Wert mit der Länge der Extrareiz- 
poriodo in der Parasystolie (S. 381) überei ns timint. Es kommen aber 


70 71 72 73 74 75 76 



AM). 12. 


auch viel kürzere Kupplungen vor, wie z. B. in Abb. 1, und auch 
längere. Auch in einer und derselben Kurve können die spontanen 
E.-S. verschieden lange Kupplungen haben. Nach Chinin haben wir 
lange Kupplungen gefunden, meist um 60 herum, bei Erstickung 
sahen wir in einem Versuch (21. Nr. 5) die kurzen Kupplungen 36,5, 
27, 24 und 35. 


11. Übersicht über die Versuchsergebnisse. 

Bevor wir die Schlußfolgerungen besprechen, die aus unseren 
Versuchen gezogen werden dürfen, stellen wir unsere Ergebnisse in 
übersichtlicher Form zusammen, begnügen uns damit, nur das Wich¬ 
tigste anzuführen und heben die Hauptwerte durch Fettdruck hervor. 

Reizung des rechten Herzohres. 

Versuch 19. Differenz 3—4. Mittel 3.15. Hier, wie fast in 
allen folgenden Versuchen, finden sich Abweichungen nach beiden 
Seiten. 

Versuch 13. 4,5, 2mal 4, 6iual 3, 1,5. Mittel 3.2. 

Versuch 14. 4, 2mal 3,5, 3mal 3,2. Mittel 3,5. 

Versuch 17. 5, 4,5, 4 mal 4. 2 mal 3.5, 3. 2 mal 2,5. 4 mal 2 

Mittel 3,2. 

Reizung des linken Herzohres. 

Versuch 21. 3 mal 6.5, 3 mal 6. 5,5, 5, 2 mal 4.5. 3mal 4, 3.5, 5. 

Mittel 5. 

Nach Atropin: 8,5, je 2mal 8 und 7,5, 3mal 7, 6,5, 3mal 6, 5,5, 
2 mal 5, 4,5. Mittel 7.2. 

Versuch 13. 2 mal 6, 5, 4, 2 mal 3. Mittel 4,5. 


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394 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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Beizung der unteren Hohlvene. 

Versuch 21. Fast durchweg 3—4. Nach Atropin liegen von 
20 Werten 16 zwischen 3 und 4,5 (Mittel 4,2). Die größten Diffe¬ 
renzen 7 und 6 nach den kürzesten Kupplungen (17 und 18). 

Versuch 24. Von 12 Werten liegen 10 zwischen 3,5 und 5,5 
(Mittel 4). 

j Reizung der oberen Hohlvene. 

Versuch 13. 2 cm über dem Sinusknoten Differenz immer 3. 

Veisuch 25. Reizung knapp über dem Sinusknoten. Schwacher 
Strom; Mittel 2,1. 

Dasselbe. Staiker Strom. Mittel 1,14. (Unter 14 Werten 9mal 1.) 

Dasselbe. Nach Vagotomie schwacher Strom. Mittel 1,3. (Unter 
12 Werten je 4 mal 2 und 0.) 

Dasselbe. Starker Strom. Mittel 0,6. (Unter 14 Werten 8 mal 0.) 

Dasselbe. Nach Atropin, schwacher Strom. Mittel 1,25. (Unter 
10 Werten 7 mal 1.) 

Versuch 24. Reizung wie im Versuch 25. 28' nach Accelerans- 
durchschneidung. Mittel 13,6. Die folgenden Normalperioden sind länger, 
allmählich abklingende, starke Hemmung. Nach Atropin Mittel 5,2, 
Hemmung angedeutet. 

Beizung des JSinusknctens. 

Versuch 22. Mittel 0,8 (6mal 1, 4mal 0,5), nach Vagotomie 1,43 
(unter 14 Weiten je 5mal 1 und 0), nach Atropin 3,8. 

Versuch 26. Mittel 0,8 (unter 13 Werten 2 mal 0,5, 5 mal 0), 
nach Vagotomie 0,5 (unter 14 W 7 erten 7mal 0), nach Atropin 0.47; 
von 17 Reizungen haben 13 postextrasystolische Systolen eine andere 
V orhofzacke. 

Ausschaltung des Aaderanstonus (A.-D .). 

Versuch 21. (Linker Vorhof.) Nach Atropin Mittel 7,2, 16 Min. 
nach A.-D. Verlängerung der Herzperiode von 34 auf 41 2. Differenz 
Mittel 7,1. 

Versuch 22 (Sinusknoten). Nach Atropin 3.8. 22 Min. nach 
A.-D. Verlängerung der Herzperiode von 44 5 auf 58. Differenz 
Mittel 6,3. 

Versuch 24 (untere Hohlvene). Mittel 4. 25 Min. nach A.-D. 

Verlängerung der Herzperiode von 35 auf 40/1. Mittel 7,8. Die 
Werte liegen zwischen 5 und 10. Die frühen E.-S. haben eine 
längere Differenz, es besteht aber auch geringe Hemmung der folgen¬ 
den Normalintervalle. 61 Min. nach A.-D. Verlängerung der Herz¬ 
periode auf 43 4. Mittel 6,4. Keine Verlängerung der folgenden 
Normalperioden. 



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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 395 


Versuch 25 (obere Hohlvene). Mittel nach Atropin 1,25. 38 Min. 
nach A.-D. Verlängerung der Herzperiode von 39/40 auf 43/4. 
Negative Vorhofzacke, die Normalschläge gehen von der a.-v. Grenze 
aus!. Mittel 4,2 (nur 3 Werte). 

Versuch 26 (Sinusknoten). Nach Atropin Mittel 0,47. 27 Min. 

nach A.-D. Verkürzung der Herzperiode von 45 auf 41 (unter 
15 Werten 11 mal 2), Mittel 2. 31 Min. nach A.-D. weitere Ver¬ 
kürzung der Herzperiode auf 37/8. Mittel 2,6. 

Erstickung. 

Versuch 21. Nach A.-D. Mittel 7,1. Bei Erstickung 3 mal 13 
und 2 mal 10. Verlängerung der folgenden Normalperioden. 

Versuch 22. Nach A.-D. Mittel 6,3. Bei Erstickung 6,4. 

Chinin. 

Versuch 17. Mittel 3,2. Nach Chinin Mittel 7,8 (die meisten 
Werte liegen zwischen 7 und 9,5). Nach 2. Dosis spontane E.-S. 
nach den Reiz-E.-S. (S. 380), dann Parasystolie. Erstickung (S. 381). 
Mittel 19. 

Versuch 24. Nach A.-D. Mittel 6,4. Nach Chinin Mittel 13,1. 
Die großen Werte (20—13) nach rasch aufeinanderfolgenden Doppel- 
E.-S., die kleineren nach einzelnen späten E.-S. 

Derselbe Versuch (obere Hohlvene). Nach Atropin Mittel 5,2. 
2 Min. nach der früheren Reizung Chininwirkung im Abklingen. 
Mittel 12. 

Versuch 26. Nach A.-D. Mittel 2,6. Nach Chinin Mittel 5,8. 

Muskarin. 

Versuch 14. Mittel 3,1. Nach Muscarin Mittel 4,5. Nach 

2. Dosis 7,16. 

Versuch 15 (rechtes Herzohr), vorher nicht aufgenommen. Nach 
Muskarin Mittel 8. 

Fassen wir also kurz zusammen: 

1. Reizung der Spitze des rechten Herzohres. Die Differenzen 
liegen um 3 herum; es finden sich Abweichungen nach beiden Seiten 
ohne erkennbare Beziehung zur Länge der Kupplung. 

2. Reizung der Spitze des linken Herzohres. Die Differenzen 
liegen etwa bei 5. 

3. Reizung der unteren Hohlvene an der a.-v. Grenze. Die Diffe¬ 
renzen betragen etwa 4. 

4. Reizung der oberen Hohlvene 2 cm über dem Sinusknoten. 
Differenz immer 3. Dasselbe knapp über dem Sinusknoten. Diffe¬ 
renz für schwachen Strom 1,25—2,1, für stärkeren Strom 0,6—1,14. 
In einem Versuch sehr große Differenzen (bis 22) und allmählich ab¬ 
klingende Hemmung nach jeder Reizung. 


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5. Reizung des Sinusknotens. Differenz 0—1, meist 0, es kommen 
aber Werte bis 10 vor. 

6. Ausfall des Acceleranstonus verlängert die Differenz fast 
immer, und zwar auch dann, wenn er chronotrop nicht in einer Ver¬ 
langsamung zum Ausdruck kommt. 

7. Erstickung verlängert die Differenz meist beträchtlich. 

8. Chinin und Muskarin haben eine bedeutende Verlängerung der 
Differenz zur Folge. Auch Atropin hat meist eine verlängernde 
Wirkung. 

12. Schlußbetraclitungen. 

Ist die Differenz zwischen der Pause uni dem NormalinteroaU als 
Rückleitungszeit aufzufassen , d. h. erklärt sie sich durch die Zeit , die 
der Reiz braucht , um zum Sinus zu gelangen uni dort eine E.-S. aus¬ 
zulösen? Wenn wir zunächst die Versuche ins Auge fassen, wo vom 
Sinus entfernte Punkte gereizt wurden (rechtes, linkes Herzohr, 
untere Hohlvene), so sehen wir, daß diese Differenz je nach dem 
Reizwerte zwischen 3 und 5 schwankt. Das stimmt gut mit den 
Befunden von Lewis und White 10 ). Sie haben auch die Leitungs¬ 
geschwindigkeit im Vorhofe berechnet und finden, daß auch nach 
der Leitungsgeschwindigkeit ein solcher Wert zu erwarten ist. Dabei 
läuft der Reiz in umgekehrter Richtung. Vergleichen wir damit die 
Ergebnisse der Messung bei rechtläufiger Leitung, wie sie Garten 17 ) 
mit zwei Differentialelektroden vorgenommen hat: Die normale Er¬ 
regung geht vom Sinusknoten aus; ein 17 mm von ihm entfernter 
Punkt an der oberen Hohlvene bekommt den Reiz um 2,2 (0,022") 
später — wir haben für die umgekehrte Leitung bei etwa 20 mm 
Entfernung 0,03" gefunden. Lag die zweite Differentialelektrode an 
der Grenze zwischen unterer Hohlvene und Vorhof, so betrug die 
Verspätung 0,025" — wir haben für die umgekehrte Leitung etwa 
0,04 gefunden. Lag die zweite Differentialelektrode in einer Entfernung 
von 18 mm auf der Mitte des rechten Vorhofs, so betrug die Diffe¬ 
renz in einem Versuch 0,026", in einem anderen 0,022" — wir 
fanden für die umgekehrte Leitung vom weiter entfernten Herzohr 
ungefähr 0,03. Man kann also sagen, daß diese Werte hinreichend 
übereinstimmen: Punkte, die weiter vom Sinusknoten entfernt sind, 
geben längere Rückleitungszeiten. Es würde mit dieser Auffassung 
auch übereinstimmen, daß Erstickung, sowie Gifte, welche die Leitung 
verlangsamen, wie Chinin und Muskarin, eine deutliche Verlängerung 
der R.-L.-Z. herbeiführen. 

Wenn wir nun aber dieses Gebiet, das der Reiz zu durchlaufen 
hat, näher betrachten, sehen wir, daß es sich nicht um eine funk¬ 
tionell homogene Strecke handelt. Der Reiz durchläuft die Vorhofs- 
muskulatur bis zum Sinusknoten und dort hat er einen Widerstand 



ÜrigiraLEmm _ 

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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 397 


zu überwinden, bevor er an den Schrittmacher herankommt. Es 
kann ja keinem Zweifel unterliegen, daß es eine normale sino-auri- 
culäre Leitungszeit gibt, wenn auch über ihren genauen Betrag die 
Meinungen geteilt sind; daß aber eine Leitungsverzögerung an der 
Sinus-Vorhofgrenze stattfindet, ist sicher. Diese Grenze hat nun der 
Reiz einmal in umgekehrter Richtung und dann in normaler zu 
durchlaufen, denn das was wir verzeichnen, ist ja nicht die Sinus-, 
sondern die Vorhofsystole. Bezüglich des Betrages dieser Verspätung 
können uns vielleicht die unter Gartens Leitung ausgeführten Ver¬ 
suche von Sülze 1 *) gewisse Andeutungen geben. Er fand zunächst, 
daß die spontane Erregung an zwei Punkten des Sinusknotens selbst 
fast gleichzeitig auftritt. Dagegen ergaben sich beträchtliche Ver¬ 
spätungen, wenn die Grenze nach dem rechten Vorhofe oder nach 
der unteren Hohlvene zu überschritten wurde. So fand er in einer 
Entfernung von 12 mm vom Sinusknoten eine Verspätung von 0,002", 
in einer Entfernung von 14 mm schon 0,015" und bei 22 mm 0,027". 
Entfernt man sich vom Sulcus terminalis nur um 3,5 mm nach dem 
rechten oder dem linken Vorhofe, so beträgt die Verspätung schon 
0,010—0,015". Bezüglich der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des 
Reizes innerhalb des Vorhofs ergeben verschiedene Versuche Sülze s 
ungleiche Resultate (z. B. bei 19 mm 0,010", bei 11 mm 0,023", bei 
6 mm 0,010" und 0,012", bei 12,5 mm 0,022—0,024"). Sülze meint 
daß gleich große Entfernungen nicht in derselben Zeit durchlaufen 
werden müssen, weil man die Bahn nicht kennt. Jedenfalls zeigen 
diese, mit ganz einwandfreier Methodik ausgeführten Versuche, daß 
gewisse nicht unbeträchtliche Schwankungen in der Größe der Werte 
Vorkommen; man darf also nicht erwarten, daß auch bei gleich¬ 
bleibendem Reizorto immer ganz genau dieselben R.-L.-Z. sich er¬ 
geben werden. 

Wenn nun unsere Werte ungefähr richtig sind, so ergibt sich 
daraus, daß der Reiz auch vom entferntesten Punkte, nämlich von 
der Spitze des linken Herzohres nur ungefähr 0,05" braucht, um. 
zum Sinus zu gelangen. Wenn man also auch berücksichtigt, daß 
der menschliche Vorhof größer ist als der des Hundes, so würde 
sich wohl kaum eine größere R.-L.-Z. als 0,06—0,07" ergeben. Nun 
findet man aber beim Menschen, wie wir in der Einleitung bemerkt 
haben, sehr viel größere Werte und diese können demnach gewiß 
nicht einfach als R.-L.-Z. aufgefaßt werden. 

Wenn man nun in Betracht zieht, was sonst noch für die Diffe¬ 
renz zwischen der Pause und dem Normalintervall in Betracht 
kommen kann, so ergibt sich in erster Linie der hervorragende Ein¬ 
fluß der extrakardialen Nerven. Es ist offenbar, daß der Zeitpunkt, 
wo die postextrasystolische Systole eintritt, in erster Linie vom Tonus 


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398 


Y. Miki und C. J. Rothberger: 


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dieser Nerven bestimmt wird. Wenn zu dieser Zeit der Vagustonus hoch ist, 
wird das Auftreten der ersten Normalsystole verzögert, es entsteht eine 
größere Differenz und es kann so auch zur Scheinkompensation 
kommen. Unter diesen Umständen kann auch an den folgenden 
Normalperioden die hemmende Wirkung des abklingenden Vagus¬ 
tonus noch zutage treten, es muß aber nicht sein. Es ist sehr wohl 
möglich, daß schon das auf die Pause folgende Normalintervall un¬ 
gefähr die normale Länge hat, denn wir wissen, daß besonders nach 
Anstrengungen der Vagustonus sehr brüske Schwankungen aufweisen 
kann (Wenckelach, Kauf). Andrerseits kann aus der nach der Pause 
erfolgenden allmählichen Verkürzung der Normalperioden nicht mit 
Sicherheit auf eine* Abnahme des Vagustonus geschlossen werden, 
weil solche Verkürzungen auch bei durchschnittenen Vagis, ja sogar 
nach Atropin Vorkommen. 

Neben dem Vagustonus können noch andere Vorgänge für die 
Länge der Pause nach Vorhofextrasystölen von Bedeutung sein. 
Dies zeigt sich deutlich in den Versuchen, wo man mit den Reiz¬ 
elektroden näher an den Sinus heranrückt oder wo man diesen selbst 
reizt. Es ist klar, daß es bei der Reizung des Sinus keine R.-L.-Z. 
geben kann, und doch haben wir in 2 Versuchen bei intakten Vagis 
Mittelwerte von 0,8 (0,008") gefunden, nach Vagotomie 0,5 und 1,4, nach 
Atropin 0,47 und 3,8, und nach Acceleransdurchschneidung in einem 
Versuche sogar 6,3. Im Versuch 24, wo die Reizelektroden knapp 
über dem Sinusknoten lagen, haben wir 28 Minuten nach Accelerans¬ 
durchschneidung einen Wert von 13,6 bekommen, und da zeigen auch 
die folgenden Normalperioden eine beträchtliche, allmählich ab¬ 
klingende Verlängerung. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß wir es 
hier mit einer Hemmung zu tun haben, die wohl auf die direkte 
Einwirkung des elektrischen Reizes zurückzuführen ist. Man könnte 
nun geneigt sein, diesen Versuchen aus diesem Grunde jede Bedeutung 
für die menschliche Pathologie abzusprechen, aber es ergeben sich 
ähnliche Hemmungen auch unter Umständen, wo die Stromschlejfen 
nicht bis zum Sinus gelangen können, und endlich auch nach spon¬ 
tanen E.-S. Man findet manchmal eine sehr große Differenz zwischen 
Pause und Normalintervall, also scheinbar eine lange R.-L.-Z. nach 
früh auftretenden E.-S., und schon Hof mann und Holzinger 19 ) haben 
solche Hemmungen an der isolierten Froschherzkammer beschrieben. 
Nach ihren Versuchen kann die Verzögerung der auf die Reizung 
folgenden Spontanerregung besonders hochgradig werden, wenn mehrere 
E.-S. in kurzen Zwischenräumen aufeinanderfolgen und es kann dabei 
zu recht beträchtlichen Stillständen der Kammer kommen. Hofmann 
und Holzinger kommen daher zu dem Schlüsse, daß die E.-S. einen 
direkt hemmenden Einfluß auf die Kammer ausüben. Diese Hem- 



Qrigmal f r am 

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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach Vorhofsextrasystolen. 399 


mung ist dann von Rothberger tmd Winterlerg 30 ) auch am Hunde¬ 
herzen bei atrioventrikulärer und ventrikulärer Automatie untersucht 
worden. Diese Autoren fanden, daß die Hemmungswirkung von dem 
Zustande des Herzens abhängt und auf einem Mißverhältnis zwischen 
der Erregbarkeit des Herzens und der jeweils disponiblen Reizgröße 
beruht. 

Daß auch in unseren Versuchen die Hemmung einen bedeuten¬ 
den, wenn auch nicht genau abgrenzbaren Anteil an der Länge der 
Pause hat, haben wir schon mehrmals erwähnt. Die Bedeutung der 
Hemmung wird um so deutlicher, wenn wir unsere Ergebnisse mit 
denen vergleichen, die Cushny 7 ) an überlebenden Katzenherzen fand, 
denen er das Hissche Bündel durchschnitten hatte. Nach Cushny 
ist der Grad der Hemmung abhängig 1. vom Zustande des Herzens: 
Der hypodyname Zustand (bei Kälte, Asphyxie und längerer Versuchs¬ 
dauer) ist einer von den Faktoren, welche die Erholung nach der 
Reizung verzögern, also die Pause verlängern; 2. von der Zahl der 
Reize und der Dauer der Reizung: der Grad der Hemmung ist 
diesen Faktoren ungefähr proportional; 3. von der Reizfrequenz: 
je höher diese ist, um so stärker ist die Hemmung; dabei ist es für 
den Reizeffekt gleichgültig, ob die Reizelektroden nahe dem Bündel¬ 
querschnitt liegen oder an der Herzspitze, was für die Vorstellung 
von der Reizrückleitung wichtig ist. Die Hemmung beruht nicht 
auf einer Vagusreizung, denn Cushny sah sie auch nach Atropin. 
In unseren Versuchen spricht folgendes für den Einfluß der Hemmung: 
Wir haben im allgemeinen die größeren Differenzen nach den kür¬ 
zeren Kupplungen gesehen, also nach den früher gesetzten E.-S. 
Wir fanden ferner die größeren Werte oft nach längerer Versuchs¬ 
dauer bzw. am Schlüsse einer Kurve, nachdem schon oft gereizt 
worden war. Endlich fanden wir starke Verlängerungen der Pause 
nach Asphyxie, nach Chinin und nach Muskarin. Alles das könnte 
freilich auch auf eine Verzögerung der Leitung bezogen werden, aber 
dazu sind die Unterschiede doch zu groß. 

Man könnte nun geneigt sein, die Vorstellung der Reizrückleitung 
•auf den Sinus überhaupt abzuweisen und die Differenz der Pause 
gegenüber dem Normalintervall ausschließlich auf die Hemmung 
zurüekzuführen. Es ist aber klar, daß man auch dann, wenn man 
die Hemmung in den Vordergrund stellt, eine Reizrückleitung an¬ 
nehmen muß, denn sonst könnte der Sinus nicht gehemmt werden. 
Es ist also nur die Frage, ob man die Differenz zwischen der Pause 
und dem Normalintervall als reine Rückleitungszeit auffassen darf. 
Das ließe sich dadurch entscheiden, daß man mit je einem Gal¬ 
vanometer den Abgang der Erregung vom Reizorte und die An¬ 
kunft im Sinusknoten verzeichnet, wobei man auch die Richtung 


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400 


Y. Miki und C. J. Rothbergor: 


des Erregungsablaufes feststellen könnte. Da wir nicht über zwei 
Galvanometer verfügen, konnten wir solche Versuche nicht anstellen. 
Wir glauben aber doch sagen zu können, daß die Differenz unter 
gewissen Bedingungen mit der R.-L.-Z. identifiziert werden kann. 
Die wichtigste dieser Bedingungen scheint die zu sein, daß man mit 
den Reizelektroden nicht zu nahe an den Sinus heranrückt und daß 
man nicht zu starke Ströme verwendet. Es spricht manches dafür, 
daß die von den Herzohren und der unteren Hohlvene gewonnenen 
Werte die R.-L.-Z. darstellen: denn erstens ist die Differenz größer, 
wenn vom weiter entfernten linken Herzohr gereizt wird, als vom 
rechten, dann stimmen die gefundenen Werte ungefähr mit der Dauer 
der rechtläufigen Leitung überein, und endlich kann die Tatsache, 
daß man in einer und derselben Kurve gleich lange Pausen auch 
bei sehr verschiedenen Kupplungen bekommen kann (siehe Tabelle I, 
S. 356), doch kaum anders gedeutet werden, als daß die Differenz 
der R.-L.-Z. entspricht. 

Die wirkliche R.-L.-Z. kommt aber nicht immer, vielleicht 
sogar nur selten rein zum Ausdruck. Sie wird verwischt eines¬ 
teils durch die Hemmung und andrerseits durch das Auftreten 
spontaner E.-S. Es ist nun sehr merkwürdig, daß diese spontanen 
E.-S. gerade dann mit Vorliebe auftreten, wenn vorher eine künst¬ 
liche E.-S. bald nach dem Ablauf der refraktären Phase ausgelöst 
wurde, also gerade unter den Umständen, die auch die Hemmung 
befördern, man sieht nämlich, daß gerade solche früh auftretende 
E.-S. oft von einer Pause gefolgt sind, die kürzer ist als ein Normal¬ 
intervall. Es ist also die postextrasystolische Systole vorzeitig, und 
da eine Kompensation nicht stattfindet, muß sie selbst eine E.-S. 
sein. Oft hat eine solche spontane E.-S. eine andere Vorhofzacke 
als die Normalschläge, woraus deutlich zu ersehen ist, daß sie von 
einem anderen Punkte ausgeht. Wir haben solche Beispiele abge¬ 
bildet und auch erwähnt, daß manchmal auch die folgenden Systolen 
andere Vorhofzacken haben. Manchmal führen schon die ersten 
Reizungen zu einer dauernden Verschiebung des Reiz Ursprungs, wofür 
wir auch Beispiele gebracht haben. Es ist klar, daß dieser für daa 
Verständnis der Pause wichtige Umstand nur durch das Elektro¬ 
kardiogramm aufgedeckt werden kann, während die mechanischen 
Methoden des Experimentes und die Pulsschreibung beim Menschen 
für diese Verkürzung der Pause keine Aufklärung zu geben ver¬ 
mögen. 

Daß das zweite Intervall länger sein kann als die Pause, hatten schon 
Erlanger und Hirschfelder , sowie Cushny gesehen, und dieser erklärte es damit, 
daß zwei entgegengesetzte Vorgänge tätig sind, und zwar die Hemmung durch 
die Reizung und ein fördernder Faktor, wobei er an eine Verbesserung der 
Ernährung durch gesteigerte Sauerstoffzufuhr und Selbstmassage während der 



_ Origiralic;m _ _ 

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Experimentelle Untersuchungen über die Pause nach VorhofsextrasyStolen. 401 


Reizung dachte; diese Selbstmassage bewirke ja auch die wachsende Kon¬ 
traktion sstärke nach der Pause. Auch die Entwicklung eines spontanen 
Rhythmus während der Reizung hat schon Cushny beobachtet. 

Xun haben wir gesehen, daß die einer spontanen E.-S. voran¬ 
gehende Pause auch länger sein kann als ein NormalintervaU, und 
sie ist doch zu kurz, so daß sich eine scheinbar sehr kurze R.-L.-Z. 
ergibt, wenn man diese nur aus der Differenz zwischen der Pause 
und dem Normalintervall berechnet. In anderen Fällen haben diese 
spontanen E.-S. keine von der Normalform abweichende Vorhofzacke; 
sie sind dann nur durch ihre Vorzeitigkeit als spontane E.-S. zu er¬ 
kennen, und da muß man wohl annehmen, daß sie in einem anderen 
Teile des Sinusknotens entspringen. Es wäre dann auch zu ver¬ 
stehen, warum auf solche spontane E.-S. oft ein Normalintervall 
folgt, denn eine R.-L.-Z. kommt ja da nicht in Frage. Eine solche 
spontane E.-S. ist als ,, escape “ infolge der Hemmung der normalen 
Reizbildung aufzufassen, d. h. sie wird immer dann auf treten , wenn 
Normalintervall plus R.-L.-Z. länger dauern als die präautomatische 
Pause für einen im Vorhof oder in der Sinusgegend gelegenen , zur 
rhythmischen Reizbildung befähigten Reizherd. So läßt es sich auch 
verstehen, daß noch eine oder mehrere spontane E.-S. nachfolgen 
können, was ja auch beim Menschen schon wiederholt beobachtet 
worden ist. 

Die durch die künstlichen E.-S. hervorgerufene Hemmung der 
normalen, sowie die Förderung einer offenbar heterotopen Reizbildung 
können merkwürdige Folgen haben, die den Herzrhythmus auch 
weiterhin beeinflussen. Wir erinnern vor allem an den Versuch 24. 
wo der Herzrhythmus durch die Reizung über die Pause hinaus in 
Unordnung gebracht wird und diese in eigentümlichen Schwankungen 
zur Norm zurückkehrt (S. 369), ferner an die merkwürdige, in dem¬ 
selben Versuche beobachtete Tatsache, daß unter 13 Reizungen sich 
7 mal die Pause so nach der Kupplung richtet, daß fast gleich lange 
Bigemini herauskommen (S. 370). Hierher gehört auch der Zeitalternans 
im Versuch 17 (S. 380) und die Parasystolie in demselben Versuche 
und manches andere. Vielleicht treten solche Folgen nur bei Herzen 
auf, die dem Einflüsse der extrakardialen Nerven entzogen sind, und 
vielleicht hat man darin das Bestreben nach einem Ausgleiche der 
Störung auf einem ungewöhnlichen Wege zu erblicken. Daß aber 
sowohl die Hemmung der normalen, wie die Förderung der hetero¬ 
topen Reizbildung auch bei den E.-S. des Menschen eine Rolle 
spielen, kann nicht zweifelhaft sein. Die näheren Umstände müssen 
freilich erst erforscht werden. 

Es ergibt sich aus alledem , daß man nicht berechtigt ist, die Dif¬ 
ferenz zwischen der Länge der Pause und dem Normalintervall einfach 

7 . f. d. g. exp. Med. XXX. 26 


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402 Y. Miki u. C. J.Rothbergcr: Untersuch, üb. die Pause n. Vorhofsextrasystolen. 

als Rückleitungszeit aufzufassen , sondern daß diese Differenz von sehr 
verschiedenen Faktoren bestimmt ivird, so daß unter Umständen der 
Anteil der wirklichen R.-L.-Z. an der Länge der Pause ganz in den 
Hintergrund treten kann , 

Alles was hier vorgebracht wurde, gilt aber vorläufig nur für 
die in ganz ungleichmäßigen Zwischenräumen ausgelösten künstlichen 
E.-S. Die Entscheidung der Frage, von welchen Umständen die 
Länge der Pause in solchen Fällen bestimmt wird, wo die E.-S. in¬ 
folge einer rhythmischen Reizbildung entstehen (Parasystolie) muß 
einer besonderen Untersuchung Vorbehalten bleiben. 


Literaturverzeichnis. 

*) Cushny und Matthews: Joum. of phyeiol. 21. 1897. — *) Hering: Pflügers 
Arch. f. d. ges. Physiol. 82, 1. 1900. — 8 ) Cushny: Joum. of exp. med., 4, 
827. 1899. — 4 ) Wenckebach: Zeitschr. f. klin. Med. 86, 181. 1898. — A ) Der- 
selbe: Kgl.) Akad. Wiss. Amsterdam, Jan. 1908. — ®) Derselbe: Die unregelmäßige 
Herztätigkeit usw. Leipzig 1914, S. 38. — 7 ) Cushny: Heart 8 , 257. 1912. — 
8 ) Mackenzie: Lehrb. d. Herzkrankh. 2. Aufl., übers, v. Grote. Berlin 1910. 
S. 141. — 9 ) Lewis, Meakins und White: Phil. Transact. roy. soc. of London B. 
205, 375. 1914. — l0 ) Lewis und White: Heart 5, 335. 1914. — «) Lewis: 
The mechanism and graphic registr. of the heart beat. London 1920, S. 224. — 
l% ) Kaufmann und Rothberger: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 9, 116. 1919. — 
18 ) Dieselben: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 11, 44. 1920. — 14 ) Lewis y Drury 
und Bvlger: Heart 8, 83. 1921. — ,fi ) Mines: Transact. roy. soc. Canada 8, 
43. 1914. — 16 ) Lewis, Drury und Iliescu: Heart 8, 311. 1921. — 17 ) Garten: 
Skand. Arch. f. Physiol. 29, 131. 1913. — 18 ) Sülze: Ein Beitrag zur Kenntnis 
des Erregungsablaufes im Saugetierherzen. Dies. Gießen 1913. — 19 ) Hof mann 
und Holzinger: Zeitschr. f. Biol. 57 , 309. 1911. — 20 ) Rothberger und Winterberg: 
Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 146 , 385. 1912. 



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Zur Frage der Blutmengenbestiiinnung. 

I. Mitteilung. 

Untersuchungen Ober das Verhalten von Erythrocyten 
zu kolloiden Farbstoffen und kolloidem Gold. 

Von 

Kichard Seyderhelm und Walter Laiupe. 

(Aus der Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik in Göttingen [Direktor: 

Prof. Dr. Erich Meyer]) 

Mit 1 Textabbildung. 

(Eingegangen am 5. August 1922.) 

In dieser und in weiteren Mitteilungen sollen neue Unter¬ 
suchungen über eine mit Hilfe von kolloidalen Farbstoffen auszu¬ 
führende Blutmengenbestimmung gebracht werden. Derartige Blut- 
mengenbe8timmungen mit kolloidalen Farbstoffen sind in den letzten 
Jahren von amerikanischen Autoren ausgeführt worden. Bisher 
kamen die verschiedensten kolloidalen Farbstoffe wie Vitalrot, Kongo- 
rot, Trypanrot und Diaminreinblau *) hierbei zur Verwendung. Die 
erste Forderung, die an derartige Farbstoffe zum Zweck der Blut¬ 
mengenbestimmung gestellt werden muß, bezieht sich neben der 
möglichst langen Verweildauer in der Blutbahn auf die Undurch¬ 
lässigkeit der Membran der roten Blutkörperchen für diese Farbstoffe. 
Auch die Möglichkeit einer Adsorption, wenn auch nur kleiner Farb¬ 
stoffmengen von der Membran der Erythrocyten mußte ausgeschlossen 
werden. Derartige Untersuchungen wurden bereits von amerika¬ 
nischen Autoren, wenn auch nur in beschränktem Umfange (3 Ver¬ 
suche) ausgeführt, und zwar durch Keith , Qeraghty und RowtUree 1 ) 
mittels Vitalrot. Die genannten Autoren gingen in ihrer Arbeit so 
vor, daß sie einer bestimmten Menge Blut Farbstoff zusetzten, den 
Farbstoffgehalt des aus diesem Blut gewonnenen Plasmas colori- 
metrisch feststellten und mit dem berechneten Farbstoffgehalt ver¬ 
glichen. Es fand sich, daß praktisch in Betracht kommende Mengen 
von Vitalrot von den Erythrocyten weder adsorbiert, noch durch¬ 
gelassen wurden. 

*) Literatur siehe II. Mitteilung. 

26 * 


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R. Seyderbelm und VV. Ivampe: 


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404 


Im folgenden sollen zunächst Versuche wiedergegeben werden, 
die unter Einhaltung einer hiervon abweichenden Versucbstecbnik 
das Verhalten bestimmter kolloidaler Farbstoffe gegenüber Erythro- 
cyten untersuchen sollten. Notwendig erwiesen sich derartige ein¬ 
gehende Untersuchungen, da von später zu erörternden Gesichts¬ 
punkten ausgehend bei den folgenden Blutmengenbestimmungen Kol¬ 
loide verwandt wurden, über die analoge Untersuchungen noch nicht 
vorliegen. Es handelt sich um Trypanblau und Goldhydrosol. Als 
weiterer kolloider Farbstoff wurde Kongorot verwandt, das nicht 
nur von einem englischen Autor \Harris 2 )], sondern neuerdings in 
Deutschland auch von Griesbach 3 ) für Blutmengenbestimmungen be¬ 
nutzt wurde. 

Die angewandte Versuchstechnik war folgende: Es wurde gesunden 
Individuen durch Venenpunktion eine größere Menge Blut, z. B. 
170 ccm, entnommen und in einem peinlichst gesäuberten Glas¬ 
zylinder aufgefangen. Zur Verhütung der Gerinnung wurde in Er¬ 
mangelung von Hirudin eine bekannte Menge (zirka 1 10 des ent¬ 
nommenen Blutvolumens), in unserem Beispiel 17 ccm, einer 2proz. 
Ammoniumoxalatlösung, die durch Auflösen von 2 g Ammonium¬ 
oxalat und 0,9 g Kochsalz in 100 ccm Wasser erhalten wurde, 
hinzugesetzt. Nach sorgfältiger Durchmischung wurden mit diesem 
Oxalatblut 3 Hämatokriten gefüllt. Als solche wurden in Anlehnung 
an die von Bönninger angegebenen U-förmigen Hämatokriten U-förmig 
gebogene, fein graduierte Therrnometerröhrchen benutzt, die mittels 
Quecksilbersäule in der üblichen Weise nachgeeicht wurden*). 

Darauf wurde ein bestimmtes Quantum des Oxalatblutes, z. B. 
100 ccm, nach nochmaligem sorfältigem Durchmischen mit einem 
bekannten (am besten gewogenen) Quantum der zirka lproz. Lösung 
des betreffenden Farbstoffes, die mit 0,9proz. Kochsalzlösung her¬ 
gestellt wurde, im Beispiel 0,3079 g Trypanblaulösung versetzt. Von 
einer Korrektion bezüglich des spezifischen Gewichts wurde abge¬ 
sehen. Hierauf wurden 

1. die drei Hämatokriten, 

2. das mit Farblösung versetzte Oxalatblut, 

3. der Rest des Oxalatblutes (ohne Farblösung) 

eine halbe Stunde gleichzeitig zentrifugiert (3000 Touren pro Minute 
bei 17 cm Radius). Mit dem unter 3. gewonnenen Oxalatplasma 
wurde zur colorimetrischen Vergleichsbestimmung eine Standard¬ 
lösung (Oxalatplasma plus Farbstofflösung) hergestellt, um, worauf 

*) Nach unseren Erfahrungen empfiehlt sich eine derartige Kontrolleichung 
auch für die im Handel befindlichen U-förmig gebogenen Hämatokriten, da 
sic häufig an der BiegungssteÜe beträchtliche Ungenauigkeiten aufweisen. 



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Zur Frage der lilutmengenbeBtiminung. I. 


405 


.später noch hingewiesen werden muß, die jeweils wechselnde Eigen¬ 
farbe des Plasmas zu berücksichtigen. Es wurden z. B. 20 ccm 
dieses Oxalatplasmas mit einer wiederum gewogenen Menge der 
Farbstofflösung, die schon vorher benutzt wurde, z. B. mit 0,1944 g 
Trypanblaulösung versetzt. Mit einem Teil dieser Standardlösung 
wurde der Keil eines Aviznrieth-Qolonmetevs gefüllt. Dann wurde 
mit dem Rest der Standardlösung durch Hinzufügen verschiedener 
Mengen farbstofffreien Oxalatplasmas Verdünnungen hergestellt, z. B. 
75-, 50-, 25proz. Lösungen, bezogen auf die Standardlösung gleich 
100proz.,und durch colorimetrischen Vergleich eine Eichkurve gewonnen. 

Die Ablesungen ergaben z. B. bei 

100 75 50 25 °/u 

12,3 32,4 52,0 72,6 Skalenteile. 


Bei den Ablesungen wurde jedesmal das Mittel aus zehn Werten 
gewählt, wobei die einzelnen Ablesungen in der Breite von 2 bis 


3 Skalenteilen lagen. Es muß darauf 
hingewiesen w erden, daß die Eichkurven 
stets mit dem dazu gehörigen Oxalat¬ 
plasma hergestellt w'urden. Ein Ver¬ 
gleich der mit den verschiedenen 
Plasmen gewonnenen Eichkurven zeigt, 
daß diese nicht immer völlig zusammen¬ 
fallen. Das hängt wohl in erster Linie 
damit zusammen, daß im Autenrieth- 
Colorimeter eine Plasmamenge von 
gleichbleibender Dicke (Trog) auf der 
einen Seite mit der in dem sich ver¬ 



jüngenden Keil befindlichen Plasma- am>. i. 

Schicht von wechselnder Dicke auf der 

anderen Seite verglichen wird. Bei dieser Anordnung entstehen Misch¬ 
farben, die auf der einen Seite (Trog) eine veränderliche Gelbkomponente 
enthalten, während auf der Seite des Keils die Gelbkomponente im 
Vergleich zum Farbstoff stets die gleiche bleibt. Infolge der durch 
den jeweils verschiedenen Grad der Plasmafarbe auftretenden ver¬ 
schiedenen Mischfarben resultieren die für die verschiedenen Plas- 


mata sich nicht immer deckenden Kurven. 


Der wichtige Faktor der Eigenfarbe des Plasmas kann also Hin¬ 
auf die Weise mit in Rechnung gezogen werden, daß für jede Unter¬ 
suchung eine eigene Eichkurve hergestellt wird. Versuche mit wässe¬ 
rigem Standard und künstlichem Licht, w r ie es Griesbach angibt (1. c.), 
ergaben bei unseren Untersuchungen keine brauchbaren Resultate. 
Die Abweichungen waren so groß, daß man u. E. auch bei der 
Methode der Blutmengenbestimmung besser davon absieht. 


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406 


R. Seyderhelm und W. Lampe: 


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Nachdem in der oben geschilderten Weise die Eichkurve für 
das Farbplasma hergestellt war, wurde der Trog des Colorimeters 
mit dem aus 2. durch Zentrifugieren gewonnenen Farboxalatplasma 
beschickt. Im gewählten Beispiel ergab die Ablesung 50,3 Skalen¬ 
teile gleich 52,8 °/ 0 Farblösungsgehalt des Standards. Der abzu¬ 
leitenden Berechnungsformel des Blutkörperchenvolumens sind fol¬ 
gende Einzel werte zugrunde zu legen: 

Das Volumen des durch Aderlaß gewonnenen Blutes sei . = b 
" - •• zu b gesetzten Ammonoxalates sei . . = o 

" •' zur Standardbereitung benutzten Oxalat¬ 
plasmas sei ..— p 

der zum Standard verwandten Farblösung sei ~a 
** des Oxalatblutes, das zur eigentlichen Be¬ 
stimmung benutzt wurde, sei . . . . = g 
•• « der zu g gesetzten Farblösung sei . . . . -- f 

Der auf die Standardmenge p -f- a bezogene Prozentgehalt an 
Farbstofflösung im Farboxalatplasma, das aus g -f- f Farboxalatblut 
gewonnen wurde, sei gleich c. Das Blutkörperchenvolumen sei 
gleich K. 

Die Verdünnung der Farblösung a im Standard ist 

V + « 
a 


fach. 


Also ist die Farblösung f im Zentrifugat von g 
100 f(p -}- a) 
a-e 

d. h. in g f Farboxalatblut sind 
100 f(p -f 
a-e 

in g (tiii Oxalatblut sind folglich 

riOO f[p a 

L a-e 

b-g 

In g ccm Oxalatblut sind aber — — 

b o 

Oxalat. 

100 ccm Blut enthalten also 

°'9 " 


f auf 


ccm verdünnt, 


ccm Farboxalatplasma, 


— f ccm Oxalatplasma. 


ccm Blut und ^ 

b — c 


ccm 


100 f(p-j-a) 

ae b 

b-g 
b o 


100 


ccm Plasma, 



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Zar Frage der Blutmengenbestimmung. I. 


407 


d. i. 


K = 100 - 


oder 


K - - 100- 1 


100• • f-(p -f- a) (6 + o) , 100/'(6 + o) , 100 o 
a-eb-g bg b 

o f(b -\- 6) _ 100 fip + a) (6 -f o)^ 

6 1 bg ae-bg J‘ 


ln dem oben gewählten Beispiel war a = 0,1944, p = 20, 6 = 170, 
o = 17, 6-fo - 187, f= 0,3079, g = 100 und e = 52,8, also 


K = 100 1 4 


17 0,3079-187 30,79-20,1944-187 


' 170 


170-100 


0,1944-52,8 170-100 


45,36. 


Die Hämatokritwerte betrugen 45,71 

45,84 

45,72 

137,27 : 3 - 45,76. 

Dei' mittlere Hämatokritwert für das Blutkörperchenvolumen 
beträgt also 45,76, der Wert, der mittels Farbmethode gewonnen 
wurde, 45,36. Es ergibt sich demnach in diesem hier angeführten 
Beispiel eine gute Übereinstimmung zwischen beiden Werten. 

Die folgende tabellarische Übersicht gibt die im einzelnen ge¬ 
wonnenen Untersuchungsresultate wieder. 


I. Versuche mit Kongorot. 


Nr. 


K Kongorot 

K Hämatokrit 

Differenz 

bezogen auf Hämatokrit 

1 


48,56 

49,31 

— 0,75 

2 


49,15 

48,40 

} 0,75 

3 


51,90 

49,20 

4- 2,70 

4 


45,94 

45,99 

-0,05 

Summe 

195,55 

192,90 

+ 2,65 


Im Mittel beträgt also die Abweichung der Resultate mittels 
Farbstoffcolorimetrie und Hämatokrit noch keine +l,!-i° 0 . 


II. Versuche mit Trypanblau. 


Nr. K Trypanblau 

K Hämatokrit 

Differenz 

bezogen auf Hämatokrit 

5 ! 50,37 

i 50,97 

- 0,60 

6 42,43 

39,65 

4-2,78 

7 j 45,36 

45,76 

-0,40 

Summe 138,16 , 

136,38 

4-1,^8 

Im Mittel beträgt also die Abweichung 

ca. + 1.3 °/«- 


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408 


R. Seyderhelin und W. Lampe : 


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III. Versuche mit Goldhydrosol. 

Aus besonderen Gründen, auf die in der II. Mitteilung näher ein¬ 
gegangen werden soll, wurden in gleicher Weise auch Untersuchungen 
mit kolloidalem Gold von einer Teilchengröße von 4 — 6 fifx angestellt. 


1 

K Goldhydrosol 

K Hämatokrit 

Differenz 

bezogen auf Hämatokrit 

8 ! 

46,18 

48,65 

— 2,47 

9 

47,00 

46,06 

; 0,94 

10 

53,80 

53,50 

- 0,30 

11 

55,71 

52,94 

-f 2,77 

12 

52,70 1 

51,65 

+ 1,05 

13 

, 50,93 

52,06 

-1,13 

14 

1 46,64 

47,92 

-1,28 

Summe 352,96 

352,78 

+ 0,18 


Im Mittel beträgt also die Abweichung ca. 0,05 °/ 0 . 


Aus den obigen Resultaten geht hervor, daß die Werte für das 
Blutkörperchenvolumen, die durch Zusatz bekannter Farbstoff- bzw. 
Goldhydrosolmengen eruiert wurden, eine weitgehende Übereinstim¬ 
mung mit den Hämatokritwerten, die aus dem gleichen Oxalatblut 
gewonnen waren, auf wiesen. Für die in obiger Weise untersuchten 
Farbstoffe, das Kongorot und Trypanblau, sowie für das benutzte 
Goldhydrosol trifft daher die Annahme zu, daß nachweisbare Mengen 
derselben von den Blutkörperchen weder adsorbiert noch sonstwie 
aufgenommen werden. Die genannten Farbstoffe und ebenso da« 
Goldhydrosol verteilen sich gleichmäßig und ausschließlich im Blut¬ 
plasma, wenn sie einem bestimmten Blutvolumen zugesetzt werden. 
Sie erfüllen somit die oben postulierten Bedingungen, die eine Ver¬ 
wendung bei der Blutmengenbestimmung gerechtfertigt erscheinen 
lassen. Die Frage allerdings, ob sie genügend lange in der Blut¬ 
bahn verweilen, wird zunächst durch die Untersuchungen nicht 
berührt. 

Aus der weitgehenden Übereinstimmung der Resultate von den 
durch Hämatokrit und Farbstoffcolorimetrie gefundenen Werten geht 
weiterhin hervor, daß bei Verwendung von Ammoniumoxalat als 
gerinnungshemmendem Mittel nach scharfem Zentrifugieren bei 
3000 Touren (Radius 17 cm) sich kein Plasma mehr zwischen den 
Blutkörperchen findet. Selbstverständlich kann hieraus nicht der 
Schluß gezogen werden, daß dieser Hämatokritwert des Ammonium¬ 
oxalatblutes das wahre Blutkörperchenvolumen darstellt. Der Ein¬ 
fluß, den der Zusatz von Ammoniumoxalat an und für sich auf das 
Blutkörperchenvolumen durch Quellung, Entquellung, Osmose und 
dergleichen ausüben könnte, bleibt hierbei unberücksichtigt. Bei der 


Gck igle 


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Zur Frage der Blut mengenbestimm ung. I. 


409 


Blutmengenbestimmung spielt selbstverständlich der wahre Wert des 
Blutkörperchenvolumens eine große Rolle, da die Farbstoff in jektions- 
methode zunächst nur die absolute Plasmamenge ermitteln läßt. 
Aus den obigen Untersuchungsresultaten dürfte wohl die Berechtigung 
abgeleitet werden, zunächst bei den im folgenden wiederzugebenden 
Blutmengenbestimmungen Ammoniumoxalat sowohl zur Blutkörper¬ 
chenvolumenbestimmung mittels Hämatokrit, als auch zur colori- 
metrischen Bestimmung der Farbstoffverdünnung im Plasma zu ver¬ 
wenden, da das gleiche Moment, das eventuell das Volumen der 
Blutkörperchen vergrößert resp. verkleinert, die Plasmamenge in der 
Farbblutprobe verkleinert resp. vergrößert. 


Literaturverzeichnis. 

l ) Keith , Qeraghty , Bowntree: A method for the determin&tion of plasma 
and blood-vol. Arch. of internal med. 10, 547. 1915. — *) Die Originalarbeit 
war nicht zu erhalten, zitiert bei Erlanger : Blood Volume and ite regulation. 
Physiol. Rev. ed. The americ. phyeiol. Soc. 1, Nr. 2. — 3 ) Griesbach : Dtech. 
med. Wochenechr. 1921, Nr. 43. 


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Zur Frage der Blutmengenbestiminung. 

II. Mitteilung. 

Colorimetrische Blutmengenbestimmung mit Trypanblau. 

Von 

Richard Seyderhelra und Walter Lampe. 

Aus der med. Univ.-Klinik und Poliklinik in Göttingen [Direktor: Professor 

Dr. Erich Meyer].) 

(Eingegangen am 5. August 1922.) 

Ohne Zweifel ißt das experimentelle Studium der Blutmengen¬ 
bestimmungsmethoden durch die während des Weltkrieges ausgeführten 
Arbeiten amerikanischer Autoren im Jahre 1915, die sich mit 
Blutmengenbestimmung durch Injektion kolloidaler Farbstoffe be¬ 
schäftigen, in ein neues aussichtsreiches Stadium getreten. Auf die 
mannigfachen Einwände, die den bisher bekannten Methoden der 
Blutmengenbestimmung entgegengehalten werden, soll hier nicht ein¬ 
gegangen werden. Es sei diesbezüglich auf die übersichtliche Dar¬ 
stellung der verschiedenen Methoden durch Domarus 1 ) und J. Er¬ 
langer 2 ) hingewiesen. (Der Aufsatz von Erlanger weist allein über 
130 Literaturangaben auf.) 

Allein die Tatsache, daß die mit den bisherigen Methoden ge¬ 
fundenen Normal werte zwischen 4,8 °/ 0 [.Haldane-Smith 3 ) mittels 
Kohlenoxydmethode] und 9,8 °/ 0 [Kämmerer und Waldmann 4 ) mittels 
Antitoxinmethode] des Körpergewichts schwanken, steht im auf¬ 
fälligen Gegensatz zu der alten Vorstellung, daß die Blutmenge ein 
Dreizehntel (7,7 °/ 0 ) des Körpergewichts betrage. Mit der Welckers chen *) 
Auswaschmethode wurden von verschiedenen Untersuchern bei Hunden 
und Kaninchen, und von Bischoff 8 ) auch bei zwei Menschen, Werte 
gefunden, die ungefähr ein Dreizehntel des Körpergewichts betrugen. 
Aber auch der Auswaschmethode haften verschiedene Mängel an, 
und die zahlreichen Nachprüfungen verschiedener Autoren ergaben 
wiederum mehr oder minder beträchtliche Abweichungen. 

Die amerikanischen Autoren Keith , Oeraghty und Bowntree 7 ) be¬ 
nutzten als Erste einen intensiv gefärbten kolloidalen Farbstoff: das 
Vitalrot, dessen intravenöse Injektion in einer Dosis von 3 mg pro 



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R. Seyderhelm und W. Lampe: Zur Frage der Blutmengenbestimmung. U. 411 


Kilogramm Körpergewicht in wäßriger 1 proz. Lösung anstandslos 
von Menschen und Tieren vertragen wurde. Sie fanden, daß das 
in die Blutbahn injizierte Vitalrot nur langsam aus dieser ver¬ 
schwindet. Aus der colorimetrisch festgestellten Verdünnung des 
injizierten Farbstoffes berechneten sie das Plasmavolumen des In¬ 
dividuums und indirekt unter Verwertung des mit Hämatokrit ge¬ 
fundenen relativen Blutkörperchen Volumens die Gesamtblutmenge. 
Die Gerinnung des Blutes verhinderten sie mit gepulvertem Natrium¬ 
oxalat. Als Standardlösung für den colorimetrischen Vergleich be¬ 
nutzten sie Plasma des jeweiligen Individuums, dem eine bekannte 
Menge Farbstoff zugesetzt wurde. In 36 Fällen entnahmen sie 3 
und 6 Minuten nach der Injektion Blutproben und fanden in deren 
Plasma in 25°/ 0 der Fälle bei beiden Proben die gleiche Farbkon- 
zentration, in 25°/ 0 der Fälle eigentümlicherweise nach 6 Minuten 
einen etwas höheren Wert als nach 3 Minuten (2,5 °/ 0 Unterschied), 
und in 50 °/ 0 der Fälle nach 6 Minuten einen niedrigeren Wert als 
nach 3 Minuten (3 °/ 0 Unterschied). 

Im folgenden soll ein Versuch der genannten Autoren betreffs 
Verweildauer des Vitalrots in der Blutbahn wiedergegeben werden. 


Nach 2 Minuten betrug die Farbkonzentration im Plasma 100 °/ 0 
- 4 , •• „ * •• •• 104 °/ 0 

« .. * ■ •• •• 103 °/ 0 

a r * r * •• r 102 °/ 0 

10 .. .. .. •• „ 102 °/ 0 

.. 12 .. „ „ 97 °L. 


Die Konzentration des Farbstoffes im Plasma wurde dabei in der 
ersten Probe gleich 100°/ 0 gesetzt. 

Auf die mittels Vitalrot erhaltenen Blutmengenwerte soll im 
Zusammenhang eingegangen werden. 

Im Jahre 1920 wurden analoge Untersuchungen mit Kongorot 
von Harm 8 ) am Hunde durchgeführt. In Deutschland wurden der¬ 
artige Untersuchungen mit Kongorot von Griesbach am Menschen 
ausgeführt. Griesbach 9 ) injiziert 10 ccm einer 1 proz. wäßrigen 
Lösung von Kongorot. Seine Methodik weicht insofern von der der 
amerikanischen Autoren ab, als er mit defibriniertem Blute arbeitet 
und als Standard eine wäßrige Kongorotlösung benutzte. Er glaubte, 
den durch die Eigenfarbe des Serums bedingten Färb unterschied 
durch künstliches Licht ausgleichen zu können. Er fand, daß 
Kongorot außerordentlich lange in unverminderter Konzentration im 
Blute kreist, wie sich aus den folgenden hier wiedergegebenen Daten 
ergibt: 


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Original fro-m 

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412 


R. Seyderhelm und W. Lampe: 


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Die Farbkonzentration im Plasma 


4 

Minuten 

nach der Injektion betrug 

100 °/ 0 

11 

n 

?? r 


100 °/ 0 

20 

?? 

v n n 

n 

97°/ 0 

30 


r ?? r 


95,5 °/ 0 

60 

•i 

»i n " 


90 °j o 


Auf die von Griesbach gefundenen Blutmengenwerte soll weiter 
unten eingegangen werden. 

Während der Niederschrift dieser Arbeit wurde im Referat eine 
weitere Blutmengenbestimmungsmethode mit Trypanrot und Diamin¬ 
reinblau von Feringa und van Grefeld 10 ) (Holland) bekannt. Nähere 
Einzelheiten über diese Versuche konnten leider nicht erlangt 
werden. 

Die von oben erwähnten amerikanischen Autoren einerseits, 
sowie von Griesbach andrerseits durchgeführten Untersuchungen, die 
übereinstimmend eine beträchtliche Verweildauer der kolloidalen 
Farbstoffe in der Blutbahn ergaben, weisen gegenüber den früher 
bekannten Blutmengenbestimmungsmethoden erhebliche Vorteile auf. 
Der theoretisch mögliche Einwand, daß vielleicht geringe Mengen 
Farbstoff von der Oberfläche der Erythrocyten aufgenommen werden 
könnten, wurde bereits durch die in der ersten Mitteilung wieder¬ 
gegebenen Untersuchungen widerlegt. Eine Adsorption resp. Diffu¬ 
sion findet nicht statt; und es konnte das gleiche auch von einem 
konzentrierten und geschützten Goldsol durch colorimetrische Be¬ 
stimmung festgestellt werden. Vom Goldsol wissen wir, daß es 
ein typisches Kolloid ist, während bei den kolloiden Farbstoffen die 
Möglichkeit besteht, daß ein, wenn auch nur geringer Teil krvstalloid 
in Lösung geht. Es müßte von Interesse sein, festzustellen, ob die 
angewandte kolloide Goldlösung geeigneter wie die genannten 
kolloidalen Farbstoffe ist. 

Die intravenöse Injektion des zur Verwendung gelangten Goldsols 
verlief für Kaninchen und Mensch, abgesehen von einer leichten 
Temperatursteigerung beim Kaninchen, völlig reaktionslos. In Dia- 
lysierversuchen wurde beobachtet, daß sowohl die benutzten Farb¬ 
stofflösungen (Kongorot und Trypanblau) als auch das Goldsol in 
einem Zeitraum von 3 Tagen die Dialysiermembran von Schleicher und 
Schüll nicht passierten. Es war demnach durchaus denkbar, daß 
das Goldsol, das weder durch die Membran der Erythrocyten, noch 
die Membran der Dialysierhülsen diffundierte, längere Zeit im Blute 
kreiste. Die diesbezüglichen Untersuchungen ergaben, daß diese 
Vermutung bezüglich des hier zunächst verwandten Goldsols nicht 
zutraf, daß vielmehr die Verweildauer dieses intensiv dunkelrot ge- 



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Zur Frage der Blutmengenbestimmung. II. 


413 


färbten Goldsols im Blut auffallend kurz ist*). Im Kaninchenversuch 
ergaben sich folgende Werte für die Konzentration des Goldsols im 
Plasma: 

7 Minuten nach der Injektion 100 °/ 0 
10 37°/ 0 

15 „ .. „ 0 °/ 0 

Hierbei wurde der nach 7 Minuten erhaltene Wert gleich 100 °/ 0 

gesetzt. Dem 1825 g schweren Kaninchen waren 2 ccm Goldsol 
injiziert worden. Nach einer Injektion von 10 ccm Goldsol bei einer 
55 kg schweren Frau zeigte sich das Plasma bei der Entnahme 

(3 Minuten nach der Injektion) völlig ungefärbt. 

Diese Versuche zeigen, daß nicht die kolloide Natur an und für 
sich eine längere Verweildauer in der Blutbahn garantiert. Es läßt 
sich zunächst nicht entscheiden, ob das rasche Verschwinden des 
Goldsols auf einer Ausflockung oder auf ein Verlassen der Blutbahn 
durch intraendotheliale Zwischenräume (?) zurückzuführen ist. Ob hier¬ 
bei die Teilchengröße eine entscheidende Rolle spielt, muß noch 

offen bleiben. Das in obigen Versuchen benutzte Goldsol kann jeden¬ 
falls für Blutmengenbestimmungen nicht in Frage kommen. Die 
genannten hochmolekularen Farbstoffe erwiesen sich diesem anor¬ 
ganischen Kolloid bezüglich ihrer Verweildauer im Blute überlegen. 

Es war von Interesse festzustellen, inwieweit noch andere 
kolloidale Farbstoffe, deren intravenöse Injektion symptomlos ver¬ 
tragen wird, zur Blutmengenbestimmung geeignet sind. Im Gegen¬ 
satz zu den bisherigen Untersuchungen mit Vital- und Kongorot 
sollte der Versuch gemacht werden, einen geeigneten blauen Farb¬ 
stoff aufzufinden. Für die Colorimetrie bedeuten blaue Farbstoffe 
gegenüber roten einen entschiedenen Vorteil, ganz abgesehen davon, 
daß oft unkontrollierbar auftretende geringe Grade von Hämolyse, 
die eine Blutmengenbestimmung unmöglich machen, in einem von 
Farbstoff intensiv rot gefärbten Plasma einmal übersehen werden 
können. Uber derartige Versuche, einen geeigneten blauen Farb¬ 
stoff zu finden, berichtet iHarris. Es wurden von ihm Kongoblau, 
Nachtblau und Anilinblau als völlig ungeeignet befunden. Es gelang 
uns, in dem seit langem als Chemotherapeutikum bekannten Trypan- 
blau einen kolloidalen Farbstoff aufzufinden, der bezüglich der Ver¬ 
weildauer im Blute des Menschen dem Vital-und Kongorot zum mindesten 
zur Seite gestellt werden kann. Zur Verwendung gelangte ein Präparat 

*) Die Verweildauer des Goldsols im Blute hängt sehr von der Art seiner 
Bereitung ab. Untersuchungen in Gemeinschaft mit Prof. Hob. Wintgen über 
dieses interessante Verhalten verschieden hergestellter Goldsole sind noch nicht 
abgeschlossen und werden später veröffentlicht. 


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414 


R. Seyderhelm und W. Lampe: 


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von Casella, Frankfurt a. M. Als geeignete Dosis wurde ein Milli¬ 
gramm pro Kilo Körpergewicht ermittelt. Bei Verwendung von 
2—3 mg pro Kilo Körpergewicht stellte sich eine leicht bläuliche 
Verfärbung der Haut namentlich des Rumpfes, aber auch des Ge¬ 
sichtes, ein, die nach einigen Tagen wieder verschwand. Versuche 
betreffs der Verweildauer des Trypanblaus im Blute geschahen unter 
Mitwirkung von B . Büttner 9 der demnächst eine ausführlichere Ar¬ 
beit über das Schicksal der verschiedenen bei Mensch und Tier inji¬ 
zierten kolloidalen Farbstofflösungen veröffentlichen wird. 

In 5 Versuchen, bei denen die Farbkonzentration des Plasmas 
in der erstentnommenen Probe gleich 100 °/ 0 gesetzt wurde, fanden 
sich folgende Werte: 


Min. nach der ; 

I j 

2. 

8. 

4 

ö. 

Injektion ! 

i Vo 1 

°/o 

°/o 

°/o 

°/o 

3 

100 

100 

— 

100 

100 

4 

— 

- 

100 

— 

— 

6 

9*,4 

— 

! — 


100 

«V, 

1 

98 i 

i — 

98,9 

— 

8 

— 

— 

98,4 

— 

— 

»V. 

— 

— 

— 

96 3 

— 

10 

97,0 

— 

— 

— 

— 

io V. 

— 

95 

— 

— 

— 

n 

— 

— 

! 96,1 

— 

— 


Diese Werte beweisen, daß auch das Trypanblau zu den kolloi¬ 
dalen Farbstoffen gehört, die verhältnismäßig lange Zeit in der Blut¬ 
bahn verweilen. Diese Eigenschaft des Trypanblaus berechtigte zur 
Durchführung einer Blutmengenbestimmung in analoger Weise wie 
mit Vital- und Kongorot. 

Im einzelnen gestaltete sich die Versuchstechnik folgendermaßen: 

Nachdem Größe und Gewicht des Individuums festgestellt war, 
wurde I. aus einer ungestauten Armvene ca. 5 ccm Blut entnommen 
und zur Verhütung der Gerinnung mit 1 / 10 seines Volumens Am¬ 
moniumoxalatlösung versetzt. (Die Lösung wurde durch Auflösung 
von 2 g Ammoniumoxalat und 0,9 g Kochsalz in Wasser zu 100 ccm 
gewonnen und bewährte sich besser als der Zusatz von gepulvertem 
Natriumoxalat.) 

II. wurde aus der, wenn nötig, gestauten Vene in zwei peinlichst 
mit destilliertem Wasser gesäuberten und getrockneten Meßzylindern 
je 25 ccm Blut aufgefangen und wiederum mit 1 / l0 ihres Volumens 
Ammonoxalatlösung geschützt. Dann wurden 10 ccm einer Trypan- 
blaulösung intravenös injiziert, die so viel Milligramm Trypanblau ent¬ 
hielt, als der Patient Kilo wog. 



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Zur Frage der Blutmengenbestimmung. II. 


415 


Wiegt z. B. ein Individuum 60 Kilo, so werden von der vorrätig gehaltenen 
1 proz. (in 0,9 proz. Kochsalzlösung gelösten) Trypanblaulösung 9 ccm nach Fil¬ 
tration in ein Kölbchen gefüllt, mit ca. 10 ccm 0,9 proz. Kochsalzlösung ver¬ 
setzt und das Ganze bis zu 15 ccm zwecks Sterilisation eingekocht, dann ent¬ 
halten 10 ccm dieser Lösung 60 mg Trypanblau. 

Bei der Injektion ist aus Gründen der Genauigkeit und um 
Vitalfärbung zu vermeiden, darauf zu sehen, daß die gesamte Trypan¬ 
blaulösung in das Blut gelangt. 

3 und 6 Minuten nach beendeter Injektion werden dann III. aus 
einer möglichst nicht gestauten Armvene ca. je 10 ccm Blut ent¬ 
nommen und in gleicher Weise mit Oxalat versetzt. 

Bei Gewinnung des Ammonoxalatblutes läßt sich Hämolyse so gut wie 
sicher vermeiden, da aber aus unbekannten Gründen mitunter doch einmal 
Hämolyse auftritt (vgl. auch Keith u. a.), ist es schon aus diesem Grunde prak¬ 
tisch, zwei Blutproben nach der Injektion zu entnehmen, um bei etwaiger 
Hämolyse in einer Probe die andere benutzen zu können. 

Mit dem bei I. gewonnenen Blut wurden 2—3 Hämatokriten 
gefüllt und 

I. die Hämatokriten, 

II. das Oxalatblut, 

III. die beiden Farboxalatblutproben 

eine halbe Stunde bei 3000 Touren pro Min. zentrifugiert (Radius 
der Zentrifuge gleich 17 cm). 

Aus dem bei II. gewonnenen Oxalatplasma und einer bekannten 
(am besten gewogenen) Menge der gleichen Trypanblaulösung, die 
injiziert wurde, wurde darauf ein Standard hergestellt und mit 
diesem der Keil eines Autenrieth-Colorimeters gefüllt. Durch Ver¬ 
dünnung der Restmenge des Standards mit Oxalatplasma wurde 
eine 75 proz. Lösung (bezogen auf den Standard gleich 100) her¬ 
gestellt und eine Eichkurve gewonnen. Die Eichung ergab z. B. 
bei 100°/ 0 : die Ablesung von 11 Skalenteilen, bei 75°/ 0 : die Ablesung 
von 31 Skalenteilen. 

Schon oben wurde erwähnt, daß die Injektion größerer Trypan- 
blaumengen unter Umständen Blaufärbung der Haut bewirkt, wie 
dies übrigens schon Ehrlich beobachtet hat. Es mußten daher ge¬ 
ringere Farbstoff mengen (1 mg pro Kilo) injiziert werden, die nicht 
eine totale Blaufärbung, sondern eine oliv- bis blaugrüne Farbe des 
Plasmas ergaben. Aus dieser Modifikation der Versuchsanordnung 
ergaben sich zunächst infolge der jetzt colorimetrisch stärker mit¬ 
sprechenden gelben Eigenfarbe des Plasmas gewisse Schwierigkeiten, 
die besonders bei der Ablesung in jenen Regionen, wo sich der 
Standardkeil stark verjüngt, auftreten. Wenn man bei Herstellung 
des Standards so vorgeht, daß nach Möglichkeit die Ablesung der 


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416 


R. SeyderhehB- und W. Lampe: 


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xu untersuchenden Farboxalatplasmaproben, die unter III. gewonnen 
wurden, in die Region des oberen Viertels des hier noch dicken 
Keiles fällt, erleichtert sich die Ablesung ganz wesentlich. 

Im allgemeinen wird man die Standardkonzentration richtig treffen, wenn 
man beim Menschen pro Kilo Körpergewicht 45 ccm Plasma annimmt, d. h. 
bei einem 60 kg schweren Menschen 2700 ccm Plasma und 1 / 6 — 1 j 7 der für die 
Plasmamenge gefundenen Zahl (dazugesetztes Oxalat) dazu addiert. Das wäre 
im Beispiel ca. 3100 ccm Oxalatplasma. Sind nun 10 ccm Trypanblaulösung 
injiziert, so wäre der zu erwartende Farblösungsgehalt in diesen 3100 ccm ca. 
0,32 °/ 0 . Der Farbgehalt des Standards müßte also auch ca. 0,32°/ 0 betragen. 
Im Beispiel wäre das 0,064 Trypanblaulösung in 20 ccm Oxalatplasma. 

Die erwähnten Schwierigkeiten, die sich einerseits aus der Eigenfarbe des 
Plasmas, andrerseits aus dem sich verjüngenden Standardkeil ergeben, und 
zwar nicht nur bei Verwendung von Trypanblau, sondern prinzipiell auch bei 
Mischung von Plasma mit irgendwelchen Farbstoffen, zu beseitigen, war Auf¬ 
gabe einer besonderen Untersuchung, die zu einer Modifikation des Colorimeters 
führten und über die später nach völligem Abschluß der Untersuchungen be¬ 
richtet werden soll. 

Nach Feststellung der Farbkonzentration der unter III. gewon¬ 
nenen 2 Farboxalatplasmaproben, die in der Regel 3 und 6 Minuten 
nach der Injektion gewonnen wurden, wurde rückwärts auf die 
Farbkonzentration im Plasma bei 0 Minuten geschlossen, da, wie die 
oben angeführten 5 Beispiele zeigen, die Farbkonzentrationswerte 
der innerhalb 11 Minuten gewonnenen 3 Proben praktisch auf einer 
geraden Linie liegen. 

Ein Beispiel soll dies näher erläutern: 

a) Die Farbkonzentration einer nach 3 Minuten entnommenen Blutprobe 
betrug im Plasma 93,5°/ 0 des Standards; 

b) Die Farbkonzentration einer nach 6*/^ Minuten entnommenen Blutprobe 
betrug im Plasma 91,5 °/ 0 des Standards Trägt man diese Werte in ein Ko¬ 
ordinatensystem ein, dessen Abszisse die Minutenangaben, dessen Ordinate die 
Prozentangaben trägt, so schneidet die Verbindungslinie beider Punkte die 
Ordinate bei 95 °/ 0 , d. h. bei 0 Minuten beträgt die Farbkonzentration im 
Plasma 95 °/ 0 des Standards. Der auf diese Weise gefundene Wert wurde dann 
bei Berechnung der Blutmenge zugrunde gelegt. 

Die Ableitung der Berechnungsformel ergibt sich aus folgendem: 


Das durch Hämatokrit gewonnene Blutkörperchenvolumen sei = K 
Das Volumen des zur Standardherstellung verwandten Oxalat¬ 
plasmas sei.= p 

Das Volumen der zur Standardherstellung verwandten Farb¬ 
lösung sei. = a 

Das Volumen der injizierten Farblösung sei.= f 

Das Volumen der entnommenen Farbblutprobe sei.=6 

Das Volumen des zu 6 gesetzten Ammonoxalats sei .... — 0 

Die gegen den Standard abgelesenen Eichprozente des Farb- 

oxalatplasmas, das aus 6 + 0 gewonnen wurde, seien . . = e 



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Zur Frage der Blutmengenbestimmung. II. 


417 


p — a 

Die Verdünnung von a in p -j- a ist-fach. 

Ci 

Die Verdünnung des Farboxalatplasmas, das aus b }- 0 gewonnen 

i • i p - a 100 

wurde, ist also -fach. 

a e 

Die injizierten f ccm Farblösung sind also auf * —ccm 

Ci ' 6 

verdünnt. 

Wäre die ganze Blutmenge des Menschen so behandelt worden, 

so hätten sich also ~ ccm Farboxalatplasma ergeben 

müssen. Wie groß ist nun das Volumen des darin enthaltenen 
A mmoniumoxalates ? 

b ccm Farbblut sind mit o ccm Ammoniumoxalat versetzt; 

b ccm Farbblut enthalten - 00 " ^ CCm ^ asma - 

/100 - K\ 

\ 100 ) 

o ccm Oxalatplasma enthalten mithin o ccm Oxalat. 
100 1 

100 f(p \ ^) _^ ccm Oxalatplasma enthalten also: 


• 6 ccm Plasma sind also mit o ccin Oxalat versetzt. 


a-e 


o l l00f(p t a) 1 


ae 
["(100 ~ K)b 

Too 


ccm Oxalat. 


f- o 


Das Volumen des Gesamtplasmas beträgt also: 

rioo /■(? + «)_ 

100 f (p ~\ - ci) 1 ° L a e 

/ " a e f \ ~ [(10 0^K]b~~~ 

. ,.»> 


1 1 


oder 


“100 f(p - 4 - a) 


ae 




(100 - K) b 
100 


- 4 - o 


ccm 


ccm, 


also ist die Blutmenge B gleich 

ioo [ioof(p -h«) ,i r. 
^- -T - -f *! 1 


100 — K L a e 

Z. i. d. g. exp. Med. XXX. 


100 o ] 

(100 - K) -f- 100 oj 
27 


ccm. 


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Gck 'gle 


Original fro-m 

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418 


R. Seyderhelm und W. Lampe: 


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Im folgenden soll ein Beispiel einer derartigen Blutmengen¬ 
bestimmung im einzelnen wiedergegeben werden: 

Frau, 21 Jahre, 58,5 kg. 

Blutentnahme vor der Injektion = 60 ccm. 

Injektion von 10 ccm Trypanblaulösung. 

Farbkonzentration im Oxalatplasma der nach 3 Minuten ent¬ 
nommenen Blutprobe (10 ccm Blut + 1 ccm Oxalat) = 93,5 °/ 0 . 

Farbkonzentration im Oxalatplasma der nach ß 1 /^ Minuten ent¬ 
nommenen Blutprobe (10 ccm Blut -f- 1 ccm Oxalat) = 91,5°/ 0 . 

Standard = 20 ccm Oxalatplasma + 0,0753 der injizierten Trypan¬ 
blaulösung. 

Mit Hämatokrit gefundenes Blutkörperchenvolumen = 46. 

Also: JE' = 46; 100 -K =54; /* = 10; a = 0,0753; p = 20; 
e — 95 (auf 0 Minuten berechnet); b = 10; o = 1. 

Dann ist 

iOO/10 0 * 10 -20, 07 5:i x r 100 

~~ 54“ \ 0,0753^95 "" V * L* ~ (54 • 10) + 100. . 

= 4373 ccm Blut 
4 - 60 ccm (Blutentnahme!) 

also B — 4430 ccm Blut. 


Dann ist die Blutmenge ausgedrückt in Prozenten des Körper¬ 


gewichts = 


4,430-1,050-100 


58,5 


— = 7,95°/ 0 oder 


1 

12,6 ‘ 


Dabei wurde das spezifische Gewicht des Blutes als 1,050 gesetzt. 
Die Plasmamenge p beträgt 

/100-10-20,0753 \ / 100 \ 

\ 0,0753^95 10 ) ’ \ “ 540 + 100/ 

= 2363 ccm Plasma 

-f- 27 ccm (Plasma der Blutentnahme!) 

also p = 2390 ccm Plasma. 

Dann ist die Plasmamenge ausgedrückt in Prozenten des Körper¬ 


gewichts = 


2,390-1,030-100 
58^5 


4,2 °/ 0 oder 


1 

23,8 * 


Dabei wurde das spezifische Gewicht des Plasmas als 1,030 
gesetzt. 

In der ersten Mitteilung war schon darauf hingewiesen, daß bei 
Verwendung von Ammoniumoxalat als gerinnungshemmendem Mittel 
das Blutkörperchenvolumens vielleicht nicht absolut richtig gefunden 



_ Orig inal fr&m 

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Zur Frage der BlutmengenbeBtimmung. II. 


419 


wird, daß aber dieser Fehler bei Berechnung der Gesamtblutmenge 
praktisch herausfällt. Zwei Vergleichsuntersuchungen mit Blut, dem 
einerseits eine Spur Hirudin, andrerseits ein Zehntel seines Volumens 
an 2proz. Ammonoxalatlösung hinzugesetzt war, ergaben folgende 
Blutkörperchenvolumina: 

I. 1. Hämatokrit (Hirudin) 2. Hämatokrit (Ammonoxalat) 
51,90 52,97 

und 51,87 und 53,00 

Der Mittelwert betrug also bei dem Hämatokritversuch 
mit Hirudin 51,89, mit Ammoniumoxalat 52,99. 

Der Unterschied zwischen beiden Werten beträgt dem¬ 
nach nur 1,1 Vol.-°/ 0 . 

II. 1. Hämatokrit (Hirudin) 2. Hämatokrit (Ammonoxalat) 
45,1 46,2 

45,4 46,3 

und 44,7 und 46,4 

Der Mittelwert betrug also bei dem Hämatokritversuch 
mit Hirudin 45,1, mit Ammoniumoxalat 46*,3. 

Der Unterschied zwischen beiden Werten beträgt dem¬ 
nach nur 1,2 Vol.-°/ 0 . 

Die Gegenüberstellung der obigen Werte spricht dafür, daß die 
Verwendung von 2proz. Ammonoxalat auch für die Bestimmung der 
absoluten Plasmamenge keine wesentliche Fehlerquelle darstellt. 

Im ganzen wurde nach der obigen Methode bei 12 Menschen 
die Blutmenge bestimmt. Es handelt sich um Individuen männlichen 
und weiblichen Geschlechts aus verschiedenen Altersklassen und mit 
verschiedenem Körpergewicht. Die folgende tabellarische Übersicht 
gibt die gefundenen Werte wieder. 

Die Durchschnittswerte aus den oben angeführten 12 Einzel¬ 
untersuchungen ergaben für die Plasma- und Blutmenge in ihrer 
Beziehung zum Körpergewicht folgende Zahlen: 

Plasmamenge 4,63° 0 oder - des Körpergewichts; das sind 

21,b 

45 ccm Plasma pro kg. 

Blut menge--8,59 °/ 0 oder des Körpergewichts, das sind 

82 ccm Blut pro kg. 

Wenngleich sich diese Durchschnittswerte nur aus 12 Unter¬ 
suchungen ableiten, so soll doch hervorgehoben werden, daß mit dem 
von Keith , Qeragkty und Roumtree 7 ) in ihrer Arbeit gefundenen 

27* 


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420 


R. Seyderhelm und VV. Kampe 


£ 



Durchschnittswerten 
ei ne auff allendeUber- 
einstimmung besteht. 
Die entsprechenden 
Durchschnittswerte 
sind folgende: 

Plasraamenge 

— 5,15°/' oder —-— 

/0 19,4 

des Körpergewichts; 
das sind 50 ccm Plas¬ 
ma pro kg. 

Blutmenge 

— 8,8% oder ~ - 

des Körpergewichts; 
das sind 85 ccm Blut 
pro kg. 

Der von Gries¬ 
bach 9 ) mittels Kongo - 
rot gefundene Durch¬ 
schnittswert für die 
Blutmenge beträgt 
6,7 °/ 0 des Körper¬ 
gewichts. 

Wie bisher jeder 
Blutmengenbestim¬ 
mungsmethode mehr 
oder minder große 
Mängel anhaften, so 
ist auch die Methodik 
mit kolloidalen Farb¬ 
stoffen sicher noch 
nicht als die ideale 
Mengenbestimmung 
zu bezeichnen. Die 
Mängel, die ihr je¬ 
doch anhaften, be¬ 
treffen weniger die 
Zuverlässigkeit und 
Genauigkeit der Me¬ 
thode, als vielmehr 


Gck igle 


_ Origina l frcm __ 

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Zur Frage der Blutmengenbestiromung. II. 


421 


die Umständlichkeit der Technik. Ungeachtet dessen wurden die 
obigen Untersuchungen zunächst in dem Bestreben ausgeführt, mög¬ 
lichst alle in Betracht kommenden Fehlerquellen auszuschließen. 
Hierzu gehören die Verwendung einer wäßrigen Farbstofflösung als 
Standard und die Benutzung von durch Schlagen defibriniertem 
Blut, letzteres um so mehr, als nach unseren Erfahrungen hierbei 
Hämolyse häufiger als bei Gewinnung von Oxalblut eintritt. Ferner 
wurden auch durchgehend statt der sonst üblichen Volumbestim¬ 
mungen Gewichtsbestimmungen ausgeführt. 

Durch die Verwendung von Eigenplasma zur Herstellung des 
Standards wird immer der Farbstoffinjektion eine Blutentnahme von 
ca. 50 ccm vorausgehen müssen. Durch den Zusatz von Ammon¬ 
oxalatlösung komplizierte sich die Blutinengenberechnungsformel 
wesentlich. Daß aber die Zuverlässigkeit der auf obige Weise ge¬ 
wonnenen Blutmengenresultate diese methodischen Nachteile aufwiegt, 
geht wohl daraus hervor, daß einerseits die von uns gewonnenen 
Resultate mit jenen der amerikanischen Autoren, die ebenfalls Plasma¬ 
standards benutzten, weitgehend übereinstimmen, während anderer¬ 
seits hier Trypanblau, dort Vitalrot angewandt wurde. 

Daß die kolloiden Farbstoffe tatsächlich die gewünschte Bedingung 
erfüllen, quantitativ längere Zeit in der Blutbahn zu verweilen, folgt 
übereinstimmend aus den Untersuchungen von Keith , Geraghty f 
Rowntree , Griesbach und uns. 

Daß auch die Verteilung der im gesamten Blutkreislauf kreisen¬ 
den Farbstoffmenge-eine gleichmäßige ist, geht mit großer Wahr¬ 
scheinlichkeit aus eigenen Untersuchungen hervor, in denen bei mög¬ 
lichst gleichzeitiger Blutentnahme aus den Venen des linken und 
rechten Armes die gleiche Farbkonzentration im Plasma gefunden 
wurde. 

Bei einem der untersuchten Fälle wurde nach Verlauf von 
3 Wochen die Blutmengenbestimmung wiederholt. Die in der Ta¬ 
belle angeführten Werte ergeben eine weitgehende Übereinstimmung 
der ersten und zweiten Blutmengenbestimmung (Nr 6 und 7 der 
Tabelle). 

Uber die oben bereits aqgedeutete Modifikation der colorimetri- 
schen Technik, sowie über Blutmengenbestimmungen bei Kranken 
sollen weitere Mitteilungen folgen. 

Herrn Prof. Dr. R. Wintgen (Assistent am anorganisch-chemischen 
Institut, Prof. Zsigmondy) sind wir für die Herstellung des Goldsols 
sowie für die liebenswürdige Unterstützung bei Aufstellung der Be¬ 
rechnungsformeln zu größtem Dank verpflichtet. 


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422 R. Seyderhelm und W. Lampe: Zur Frage der Blutmengenbestimmung. II. 


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Literaturverzeichnis. 

*) Domarus: Methodik der Blutuntersuchung, Berlin 1921. — 2 ) J. Erlanger , 
Blood Volume and its Regulation. Physiol. Rev. 1921, 1, Nr. 2. — 3 ) Hol - 
dane-Smüh: Journ. physiol. 25. 1899 bis 1900. — 4 ) Kämmerer und Waldmann: 
Dtsch. Arch. f. klin. Med. 109. 1913. — ft ) Welcher: Aroh. f. ration. Med. 1858. — 
fl ) Bischof}: Zeitschr. f. Wissenschaft!. Zool. 1856. — 7 ) Keith , Geraghty und 
Roumtree: A method for the determination of Plasma and Blood Volume. Arch. 
of internal, med. 1915, lö. — *) Harris: Originalarbeit war nicht zu erhalten, 
zitiert bei J. Erlanger: Blood Volume and its Regulation. Physiol. Rev., ed. 
Americ. physiol. soc. 1921, 1, Nr. 2. — e ) Griesbach: Dtsch. med. Wochenschr. 
1921, Nr. 43. — 10 ) Feringa und van Crefeld: Originalarbeit war nicht zu erhalten, 
zitiert in der Dtsch. med. Wochenschr. 1921, Nr. 44. 


Gck igle 


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Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren. 

Von 

Julius Pohl. 

(Aus dem pharmakologischen Institut Breslau). 

(.Eingegangen am 12. August 1922.) 


In den letzten Jahren hat die Gallensäurenchemie bemerkens¬ 
werte Fortschritte gemacht. Während wir bisher von dem Molekül 
derselben kaum mehr gewußt haben, als daß sie drei CH(OH) 
Gruppen und eine Carboxylgruppe enthalten, sind wir jetzt über 
eine Reihe von Eigenschaften derselben belehrt worden, die bereits 
ein konstitutives Bild zu entwerfen gestatten. So würde z. B. nach 
Widand der Cholsäure und Desoxycholsäure nachfolgendes Formelbild 
zukommen. „ 


h/ 


H C 10 H ib COOH 


H # H C 10 H 18 ( ()OH 


H 1 H H 



HOH A HOH 

* - / v 

H 

Hg Hg 

Cholsäure C. 24 H 40 O 5 


H H H 

/ , \ 


H a 


HOH 


HOH 


\ 

H 

H, H, 

Desoxycholsäure c 24 h 40 o 4 


Vorwiegend waren .es Heinrich Wieland 1 ), Windaus , Barsche , 
Boedecker, Pregl u. A., denen wir eine Reihe von einschlägigen Re¬ 
sultaten verdanken. Der Reflex dieser Fortschritte auf pharmako¬ 
logisches Gebiet blieb nicht aus. Hermann Wieland 2 ) belehrte uns 
über die Wirkung der verschiedenen Gallensäuren auf das Frosch¬ 
herz mit dem Hauptergebnis, daß den Gallensäuren eine nach Art 
der Saponine sich abspielende Herzwirkung mit spezieller Beteiligung 
des N. vagus eigen ist. 

In dem Besitz einer Reihe von modernen Gallensäuren gelangt*), 
schien es mir wichtig, diese Beobachtung nach bestimmten Rich¬ 
tungen hin zu ergänzen. Wie auf dem Gebiete der Alkaloidchemie 
es gelungen ist, durch willkürliche Variation von den natürlichen 
Produkten ausgehend zu verbesserten Alkaloiden zu gelangen, so 
müßte es das Ziel der pharmakologisch-chemischen Gallensäure- 

*) Der Chem. Fabrik I. D. Riedel , Berlin, sei für Überlassung der Präpa¬ 
rate der wärmste Dank ausgesprochen. 


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424 


J. Pohl: 


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forschung sein, Gallensäuren zu schaffen, die hei einer maximalen 
Wirkung auf die Leber, die bekannte Nebenwirkung auf Herz und 
Blutkörperchen zurücktreten lassen. Ich untersuchte die neuen 
Gallensäuren zunächst auf die spezifische Funktion derselben, am 
Warmblüter die Gallensekretion zu fördern, sodann auf ihr Vermögen, 
die Fettresoiption vom Darm aus zu steigern. 

Neben diesen klinisch-therapeutischen Zielen habe ich mir noch 
eine Reihe pharmakologischer Aufgaben gestellt. Hat man nämlich 
einmal einen gut verlaufenden Gallensäureversuch mit seiner rasch 
ansteigenden Sekretionswelle der Galle gesehen — eine Kurve, die 
homolog der Harnflutkurve nach Salzinjektionen verläuft —, so ist 
der Gedanke berechtigt, diese Funktion auf ihre Beeinflußbarkeit 
durch andere chemische Agenzien zu prüfen. Ich suchte daher (im 
Abschnitt II) festzustellen, wie die einmal erhobene Volumsvermehrung 
nach einer Gallensäure durch wechselnde Zusätze gefördert oder ge¬ 
hemmt wird. j 

Das Prinzip der Gallenvermehrung durch Gallensäuren ist voll¬ 
kommen sicher. Sie sind die einzigen absolut zuverlässigen Chola¬ 
goga. So ergibt schon intravenöse Injektion von nur 0,10 chol- 
saurem Salz eine deutliche Gallenvolumsvermehrung. Die gleiche 
Menge Kochsalz ist in dieser Richtung völlig gleichgültig. 

Methode. 

Um die cholagoge Wirkung der Gallensäuren vergleichend zu 
prüfen, wurden mit Grünfutter gefütterten Kaninchen, die einen Tag 
gehungert hatten (damit der Magen für die folgende Operation nicht 
störend ausgedehnt sei) in Urethannarkose (1,0 Urethan pro Kilo) 
der Ductus choledochus unterbunden, eine Kanüle in die Gallen¬ 
blase eingebunden und die ausflließende Galle in halbstündigen 
Portionen gemessen. Nach meinen Erfahrungen schwankt die Menge 
der Galle bei derartigen Tieren trotz gleicher Fütterung individuell 
von 1 / a bis 12 1 / 2 ccm in einer halben Stunde. Letztere Zahl be¬ 
deutet Bildung von fiOO ccm Galle (!) in 24 Stunden bei einem 2 kg- 
Tier. Bei einer Normalzahl von etwa lOccm in einer halbenStunde ist eine 
wesentliche Steigerung der Sekretion durch Zufuhr anderer Substanzen 
nicht mehr wahrscheinlich. Bei diesen schwankenden Verhältnissen der 
Normalsekretion kann man also von keinem Tier auf ein anderes schließen, 
sondern muß stets eine Normalperiode desselben Tieres als Versuchs¬ 
basis haben, und alle gewonnenen Größen sind in Prozentzahlen 
dieser Basis anzugeben. 

Wie schon erwähnt, tritt die Wirkung einer Gallen Säureninjektion 
sofort ein. Pari passu mit der intravenösen Injektion tritt ein 
Mehrabtropfen aus der Kanüle ein, die zugeführte Gallensäure wird 



Qriginaiitöm ^ 

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Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren. 


425 


geradezu hinausgeworfen (sehr hübscher Vorlesungsversuch!). Die 
Injektion der auf 40° erwärmten Lösungen ins Blut ist natürlich 
äußerst langsam vorzunehmen, um die durch die Gallensäuren be¬ 
dingte Schädigung der Herztätigkeit aufs Mindestmaß herabzusetzen. 
Die sezernierte Galle wurde meist auf ihr spezifisches Gewicht bestimmte 
Gewöhnlich sind die Unterschiede der einzelnen Portionen minimal. 
Es sind somit die Versuchsgallen in ihren wesentlichen Bestandteilen 
als gleichmäßig vermehrt anzusehen. Nur der Farbenton wird in 
den positiven Versuchen heller. Der Wunsch, durch Cholesterin¬ 
bestimmung der sezernierten Gallen Näheres über Schwankungen dieses 
Körpers zu erfahren, scheiterte an dem geringen Cholesteringehalt der 
Kaninchengalle und an deren kleinen Volumen. Die Tiere blieben 
während des Versuches natürlich auf gespannt und wurden durch 
Tücher und elektrische Lampe gewärmt. 

Als Beispiel der Versuchsresultate sei ein Protokoll ausführlich 
wiedergegeben, die übrigen in eine Tabelle zusammengestellt. 

1. Versuch: Kaninchen 9 2,600 kg 

ll h 23' bis ll h 53' 2,9 ccm Galle, 1,0081 spez. Gew. 

Dann intravenöse Injektion von 0,5 cholsaurem Natron in 50,0 Wasser. 

1 l h 53' bis 12 h 23' 11,9 ccm Galle, 1,0141 spez. Gew. 

12 h 23' „ 12 h 53' 5,6 „ „ 1,0143 „ 

12* 53' „ l h 23' 3,2 „ r 1,0113 „ 

Bei der Sektion: Blut nicht lackig, gerinnt. Die Gallenvermchrung in der 
ersten halben Stunde beträgt also +313°/ 0 gegenüber der Norm, im ganzen 
Versuch in P/a Stunden + 138°/ 0 . 


Tabelle I. Chokaures Natron-Versuche. 


- - 

_ — — 

— -- 

— _ _ 

_ — 

_ .— 

— - . _ 

— 

Ver- 

sucbs- 

Nr. 

Gewicht 

des 

Tieres 

1 Normal- 
1 Sekretion, 
Vs Std. 

Gallens. 

Menge 

| Erste 
Vs Std. 

1 Zweite : 
Vs std. 

Steigerung 1 
in o/ für 
Vs Std. 

Bemerkung 

2 

i 2100 

i 2,8 

0,5 in 50 H 9 0 

6 ,N 


142 


3 

(i 1900 

! 4,4 

0,15 in 30H 9 O 

»5,8 

3,2 

55 


4 

i 2100 

i 4 - 7 

0,15 in 30 H 2 0 

6,8 


44 


5 

2100 

! 4,75 

0,15in30H 9 0 

1 »5,9 


46 

mit 0,3 Natrium 

6 

; 2800 

| 3,8 

0,15 in 30 H 2 0 

7 

3.8 

84,2 

benzoic. 

7 

1600 

2,5 

0,15in30H 2 0 

4,5 

3 

80 


8 

|;1*>0C(?) 

4,1 

0,15 in 30 

8,3 


102 

Jodalkalivers. 



Tabelle 11. Desoxycholsaures Natron. 


Ver- 

suchs- 

Nr. 

Gewicht 

des 

Tieres 

1 Normal- 
Sekretion, 

; Vs Std. 

Gallens. 
Menge j 

I Erste 
Vs Std. 

; ». d. 
Injekt. 

Zweite 
7 2 Std. 

Injekt. ! 

Steigerung 
in ®/o für 

Vs Std. 

Bemerkung 

9 

1900 

1 2700 

5,1 

0,5 in 50 H 2 0 

18 

13,5 

-t- 252 


10 

3,7 

0,5 in 50 d,0 

*,? 

4,2 

108 


11 

2100 

2,7 

0,4 in 40 H*01 

8,7 

9,4 

222 

Atropinversuch 

12 

2140 

3,7 

0,44 in 44H a O 

! 8,2 

9,1 

121 

Hafertier 

13 

2200 1 

7,5 

0,15 

13,5 


80 


14 

2500 

2,2 

0,09 

5,3 


140 


15 

| 2660 

4,6 

0,3 

9,7 

8,4 

110 



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42G 


J. Pohl : 


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Überblickt man die Tabellen I und II, so sieht man besonders 
bei II beträchtliche Steigerung der Volumina. 

Wählt man zum Vergleich gleich schwere Tiere, denen die gleichen 
Mengen Gallensäure gegeben war, so könnte man nach dem Resultat 
von rund 2000 g Tieren nach 0,15 für 

Cholsäure aus Versuch III, IV und V ein Mittel von 46°/ 0 
Desoxychols. „ „ XIII, XIV (sogar nur 0,09) Mittel v. 110° 0 

ziehen (unter aller Reserve, wegen verschiedener Ausgangswerte, 
was oben als bedeutsam besprochen wurde). 

Die Desoxycholsäure ist somit sicher ein recht energisches Chola¬ 
gogum*). Auch bei direkter Einführung von 0,5 desoxychols. Natrium 
ins Duodenum (Kanüle) wurde eine deutliche cholagoge Wirkung 
(von 2,9 ccm normal auf 5,1 ccm = + 75°/ 0 und 4,1 ccm) beob¬ 
achtet. Hingegen hat cholsaures Natrium zu 0,5 g subcutan inner¬ 
halb der nächsten 2 Stunden nicht gewirkt (Resorptionsstörung?). 

Da Salkowski 8 ) auf die leichtere Fällbarkeit des desoxycholsauren 
Kalks gegenüber dem cholsauren hinweist, so sei ausdrücklich be¬ 
merkt, daß die gelieferten Gallen stets absolut klar sezerniert 
wurden. Ich beobachtete ferner, daß desoxycholsaures Natron in 
Konzentrationen von 1—2,5 °/ 0 zu Galle hinzugefügt niemals eine 
Spur Trübung oder Ausfällung hervorgerufen hat. Selbst gleiche 
Volumina Tiergalle und 2,5 °/ 0 desoxylcholsaures Natrium bleiben 
12 Stunden lang klar. Der Calciumgehalt der Galle ist sehr gering. 
Der größte Teil der Gallenasche ist Kochsalz 4 ). Um aber ganz 
sicher zu gehen und zu erfahren, ob desoxycholsaures Natron in der 
Kalkausscheidung der Galle eine Änderung hervorruft, habe ich 
einen quantitativen Versuch mit Calciumbestimmung in der Galle 
nach Zufuhr von desoxychol saurem Natron durchgeführt. Waren in 
der Norm 1,5 mg Ca in 10 ccm Galle (Bestimmung mit n / 20 Kalium¬ 
permanganat), so fand ich in der absolut klaren Versuchsgalle 1,2 resp. 
1,7 mg Ca pro x / 2 Stunde, Werte, die im wesentlichen mit der Normal¬ 
zahl übereinstimmen. Da es sich aber vielleicht bei der Anlegung 
zur Gallensteinbildung weniger um die Menge, als um die Form der 
Ausscheidung des Kalkes handelt, mache ich darauf aufmerksam, 
daß selbst ausgefällter desoxycholsaurer Kalk in physiologischer 
Kochsalzlösung und Galle vollständig löslich ist. Kaninchengalle 
mit 1 / 3 ccm desoxycholsaurem Natrium (2,5 °/ 0 ) und 2 Tropfen 14proz. 
Chlorcalciumlösung (auf wasserfreies CaCl 2 berechnet) versetzt, bleibt 

*) Bemerkung bei der Korrektur: Während des Druckes obiger Mitteilung 
erschien in der Biochem. Zeitschr. 180, 566, eine Arbeit von Emst Neubauer 
(Wien): Beiträge zur Kenntnis der Gallensäuren. II., in der ebenfalls über die 
stark cholagoge Wirkung der Desoxycholsäure berichtet wird. 



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Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren. 


427 


stundenlang vollkommen klar, erst weiterer Zusatz bedingt Trübung, 
genau so wie bei normaler Galle. 

Ich habe ferner zur Orientierung in dieser Frage zwei jungen 
Hunden von gleichem Gewicht innerhalb 16 Tagen die Kolossaldosis 
von je 4 g Cholsäure resp. Desoxycholsäure in der Nahrung als Natron¬ 
salz zu täglich 0,25 gereicht; bei der Sektion der Tiere, die kräftig an 
Gewicht zugenommen, erwiesen sich beide Gallen als absolut klar, die 
Gallenblasen wände samtartig weich, glatt in der Oberfläche, nirgends eine 
Spur pathologischer Veränderung. Auch das mikroskopische Bild der 
Organe war normal. Hofmeister 5 ) hat darauf hingewiesen, daß die Kalk¬ 
ausscheidung in kolloiden Medien ganz anders verläuft, resp. ausbleibt als 
in wäßriger Lösung, was ebenfalls eine Ausscheidung von desoxychol- 
saurem Kalk in der Galle höchst unwahrscheinlich macht: die theoreti¬ 
schen Bedenken Salkowskis sind also in praktischer Richtung hinfällig. 

Kombinierte man mit Rücksicht auf Angaben von Heinz*) di6 
Desoxycholsäure mit Menthol, indem man eine Verbindung der Des¬ 
oxycholsäure mit Ol. menthae injiziert, so ergab der Halbstunden¬ 
versuch nur eine Steigerung um 108 °/ 0 , einen Wert, wie er auch 
bei reinem desoxycholsauren Natron beobachtet wird. Irgendein Einfluß 
des Menthols konnte bei einem quantitativen Versuch mit demselben 
allein nicht festgestellt werden. Hierfür folgende Zahlen als Beleg: 

Nonnale Sekretion 6,6 ccm in 1 / a Stunde. Dann intravenöse In¬ 
jektion von 30 ccm einer mit Menthol gesättigten Kochsalzlösung. 
Gallenmengen in je 1 / 3 Std. 5,9 ccm, 4,8 ccm und 5,8 ccm. Auch 
intravenöse Injektion von 0,23 g Mentholglykuronsauren Natrons 
(dargestellt nach Neuberg ) hatte keine gallentreibende Wirkung: nor¬ 
mal 4,4, nach der Injektion je 3,3 ccm durch zwei halbe Stunden. 

Selbst energische Atropinisierung hat auf die Wirkung der Des¬ 
oxycholsäure keinen Einfluß, z. B.: normal 2,7 ccm Galle, während 
und nach der Injektion von 40 mg Atropin + 0,4 desoxycholsaurem 
Natron halbstündige Gallenmengen von 8,7, 9,4, 8,6 ccm Galle. 

II. 

Die unter den eingeschlagenen Bedingungen energische cholagoge 
Wirkung der Cholsäure und Desoxycholsäure habe ich nun als Basis 
zur Prüfung der Beeinflußbarkeit der Leber durch eine Reihe von 
Substanzen gewählt, denen man eine Beziehung zur Leber zuge¬ 
schrieben hat, wie Alkohol, Jodnatrium, Salvarsan. 

Versuch: Kaninchen, 2,700 kg. 8 h 35' Lösung von 10,0 Äthylalkohol in 
100,0 H 3 0 per os. Nach etwa einer Stunde schwankt das Tier beim Laufen. 
Operation. 9 h 45' bis 10* 1 15' Gallensekretion 9,3 ccm. Injektion von 0,15 chol- 
saurem Natron in 30,0 dest. Wasser. Gallenmengen in den nächsten halben 
Stunden 11,75 und 6,3ccm ist pro Stunde gleich 18,05 ccm gegenüber 18,6 com der 
Norm. Somit Ausfall der Cholsäurewirkung. Wenn auch gegen den Versuch ein- 


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428 


J. Pohl: 


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gewendet werden kann, daß die Ausgangszahl von 9,3 eine relativ hohe ist, 
so daß sich eine Steigerung nur schwer äußern konnte, eo ist es doch auf¬ 
fällig, daß die nach derselben Cholatmenge einmal an einem andern Tier er¬ 
hobene Steigerung von 125 °/ 0 , hier für die erste halbe Stunde nur eine solche 
von 24 °/ 0 ergibt. Immerhin liegt hier die Möglichkeit einer H&nmung spezi¬ 
fischer Reize durch Lebernarkose infolge Alkoholwirkung und eine weiter zu 
verfolgende Beobachtung vor. 

Ausgehend von Sgalitzers 7 ) Beobachtungen über die Leberschädi¬ 
gung durch Jodnatrium, habe ich Tieren zunächst Jodnatrium und dann 
Gallensäuren gereicht, um in einer eventuellen Änderung der Gallen¬ 
sekretion einen Indicator für Funktionsstörungen der Leber zu finden. 
Wieder sei ein Versuch ausführlicher, die übrigen gekürzt angeführt. 

Kaninchen 2,800 kg, Galle normal in l /« Std. 4,1 ccm spez. Gewicht 
1,0112 Dann 0,15 cholsaures Natron 4" 0,3 Jodnatrium (NaJ -f- 2 H Ä 0) in 
30 ccm dest. Wasser. Gallensekretion der nächsten halben Stunde 3,5 ccm, 
spez. Gewicht 1,0113, der folgenden halben Stunde 3,0 ccm, spez. Gew. 1,0121. 
Der ausgedrückte Ham stark jodhaltig, ebenso gibt die Galle starke Jod¬ 
reaktion. Die cholagoge Wirkung ist somit ausgeblieben. 

Tabelle III. Jodid-Gallensäure-Versuche. 


Ver¬ 
such 8- 
Nr. 

i|Gewicht 
j des 

I Tieres 

II 

Normal - 
Sekretion, 
Va Std. 

Injiziert 

intravenös 

1 Sekre¬ 
tion 
i erste 
V« std. 

Sekre- 
i tion 

1 zweite 

Steigerung 
in Vo 

Bemerkungen 

18 

| 2300 

1! 

3,8 

Chols Na 0,15 
-f- Jodnatrium 
0,3 in Wasser 

3,2 

. r > 

V 13 

in einer Stunde 

17 

1900 

3,8 

Chols. Na -f 
Jodnatrium 
0,3in0,9NaCl 

13,5 

7,2 1 

{- 172 

in einer Stunde 

18 

2100 

4.1 

Chols. Na 0,15 
Jodnatrium 
0,3 in NaCl 

8,3 

4,9 

; 102 

in einer */« Std. 

19 

2800 

0,5 

Chols. Na 0,15 
- r Jodnatrium 
0,3 in Wasser 

0 


H 


20 

2300 

i 

0,15 Chols. Na 
r 0,3 Jodna- 
tfiuminWass. 

9,9 

4,9 


in einer Stunde 
14,8 statt 14 
einerNormalstd. 

21 

2300 

7,2 

Zuerst 0,3 
Jodnatrium, 
nach 3' Chols. 
Natrium 0,15 
i.destill.Wass. 

10,5 

2,8 


in einer Stunde 
13,3 statt 14,4 

22 

! 2100 

f 

2 

Zuerst 0,3 
NaCl, dann 
0,15 Chols. Na 
in dest. Wasser 

8.9 

1 

2,8 

4 147 

in einer Stunde 
9,5 ccm statt4 
einerNormalstd. 


Die vorstehenden Versuche beweisen, daß unter bestimmten Be¬ 
dingungen die cholagoge Wirkung der Cholsäure durch gleichzeitig 



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Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren. 


429 


oder vorher gereichtes Jodnatrium gemindert bis aufgehoben werden 
kann. Wird jedoch die Lösung des Jodids in Kochsalzlösung und 
nicht in destilliertem Wasser injiziert, so tritt die Wirkung der Chol- 
öäure unverändert ein. Es hindert demnach das Kochsalz den Über¬ 
tritt von Jodalkali in die Leberzelle, homolog wie es den Übertritt von 
Brom in die Gehirnzellen erschwert bis aufhebt. Ferner ist durch 
Jodkali versuche eine Prüfung der verschiedenen Gallensäuren auf die 
Stärke ihrer Reizwirkung für die Leber ermöglicht: die Choleäure- 
wirkung konnte durch Jodide gehemmt werden, nicht aber die der 
Desoxycholsäure und der Apocholsäure. 

Durch praktisch-klinische Gesichtspunkte angeregt, habe ich das 
Verfahren der Gallensäureinjektion benützt, um mich über die viel¬ 
fach diskutierte Frage der Leberschädigung durch Salvarsanpräparate 
zu orientieren. Ich habe den Versuchstieren zunächst lmal, dann 
wiederholt Neosalvarsan zu 0,15 sowohl unzersetzt als auch in zer¬ 
setzter Form gereicht und dann 0,15 Cholsäure in 30 ccm destillier¬ 
tem Wasser gegeben. Die beobachteten Gallenzunahmen von 84 °/ 0 und 
191 °/ 0 beweisen, daß die Kaninchenleber im Gegensatz zur syphi¬ 
litischen Menschenleber durch Neosalvarsan nicht getroffen wird. 

Die mit der Injektion von gallensauren Salzen gegebene Funk¬ 
tionsprüfung der Leber wird sich auch in anderen Fällen mit Erfolg 
anwenden lassen. 

III. Weitere Cholsäuren. 

Die durch Abspalten von Wasser aus Cholsäure entstehende Apo¬ 
cholsäure = C 24 H 88 0 4 hat ebenfalls eine kräftige cholagoge Wirkung 
(siehe Tabelle IV). Eine als Campher-Apocholsäure bezeichnete nach 
dem Choleinsäureprinzip gewonnene Lösung von Campher in Apo¬ 
cholsäure brachte keinen prinzipiellen Fortschritt in bezug auf chola¬ 
goge Wirkung, indem eine Steigerung von 83 °/ 0 (von 4,5 ccm auf 
9,9 ccm in A / 2 Std.) nach Injektion von 20 ccm einer nahezu 3proz. Lö¬ 
sung beobachtet wurde. Die Apocholsäure hat aber eine Eigenschaft, die 
es gestattet, noch folgende Frage mit ihr anzugehen. Es wäre mög¬ 
lich, daß die intravenös gereichte Apocholsäure oder Desoxycholsäure 
bei ihrem Kreisen durch den Körper in irgendeiner Form verändert, 
z. B. oxydiert oder dehydriert und dadurch in ihren grundlegenden 
Eigenschaften verändert würden. Schon daß die Desoxycholsäure 
deutlich stärker wirkt als die Cholsäure, macht es unwahrscheinlich, 
daß sie im Körper oxydiert würde. Von der Apocholsäure sah ich 
folgendes: frisches Kaninchenblut in lOproz. Aufschwemmung in phy¬ 
siologischer Kochsalzlösung bleibt mit cholsaurem Natron (0,2 in 
5proz. Lösung) versetzt durch eine Stunde fast unverändert, wird 
nicht sichtbar lackig. Hingegen wird eine Mischung von Blut, Koch¬ 
salzlösung und 0,1 5proz. Natriumapocholat in wenigen Minuten 


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430 


J. Pohl: 


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lackfarben. Wurde nun die Galle obigen Campherapocholafcversuches 
mit Kaninchenblut versetzt, so wurde 1 ccm dieser Galle + 5,5 ccm 
Normalblutaufschwemmung sofort lackfarben, während normale Galle 
mit demselben Blut, durch 10 Minuten beobachtet, unverändert blieb: 
Die Apocholsäure ist somit als solche, unverändert durch die Galle 
ausgeschieden worden. 


Tabelle IV. Weitere Gallensäuren. 


Ver- 1 
suchs- 
Nr. 

i Gewicht 
j de« 
Tiere« 

Normal- 
Sekretion 
7a Std. 

I ~ ‘ i 

| Substanz ( 

Erste 
7a Std. 

Zweite 
7a Std. 

Bemerkungen 

23 ! 

j 

. 1300 ! 

i • 

1 5,3 

Dehydrochols. Na | 
j 0,5/50 ! 

9,4 

10,7 

+ 89°/o pro Std. 

24 ' 

2700 

8 

dgl. 

21 

13,5 

+ 162% pro % Std 

25 

| 2000 

3 

Apochols. 0,45 

4,5 

3,4 

+ 31% pro Std. 

26 

2300 

2,6 

Apochols. 0,18/30 

7 

5,7 

+ 169% pro % Std. 

27 

1900 

5,4 

Campho-apochols. 

0,6 

9,9 

8,6 

+ 83% pro % Std. 

28 

2100 

4,1 

ßilians. Na 0,15/30 ! 

4,6 

4,6 

wirkt nicht 

29 

1900 

3,6 

Dioxycholens. 0,15 , 

14,1 

5,6 

264% pro 7* Std. 


Eine Reihe von homologen Versuchen mit weiteren Substanzen 
verlief negativ, und zwar nach intravenöser Injektion von 
Glykohyocholsaurem Natrium (0,15/30), 

Hyocholsaurem Natrium (0,15), 
ölsaurem Natron (0,4/40), 

Natrium sulfat. 0,990, 

Natrium salicylicum, 

Rheumextrakt (2/50), 

Isocyanallyl (wegen der Radieschenkur angestellt), 
Isocyanallyl-cholsaurem Natrium. 

IV. 

Die nächstbedeutsame Funktion der Galle ist die Förderung der 
Fettverdauung , möge sie in einer Beschleunigung der Emulgierung 
des Fettes oder Aktivierung eines Profermentes des Steapsins (Abder¬ 
halden) oder Steigerung der Durchgängigkeit der Darmepithelien für 
Fette beruhen. 

Ich verfolgte nun den Einfluß einer Anzahl obiger Gallensäuren 
auf den Umfang der Fettresorption mit folgender Versuchsanordnung: 
da mir ein Gallenfistelhund nicht zur Verfügung stand, so nahm ich 
zu jedem Versuch zwei Kaninchen von nahezu gleichem Gewicht, 
durchschnittlich 2 Kilo-Tiere, gleicher Ernährungsart, ligierte inUrethan- 
narkose nach 16—20 ständigem Fasten den Ductus choledochus, 
schloß die Bauchwand und führte anschließend eine Emulsion aus 
Gummi, 2,0 Sesamöl und 0,5 des betreffenden gallensauren Salzes 



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Physiologische Wirkungen neuer Gallensäuren. 431 

in gleichem Volumen durch Schlundsonde ein. Nach 24 Stunden wurden 
die Tiere getötet, der gesamte Magen-Darminhalt ausgespült, in 
großen Schalen am Wasserbad zur Trockne eingedampft und sodann 
die gesamten Massen mit Äther bis zur Erschöpfung extrahiert. 
Wenn man die auf 50 oder 100 ccm durch Destillation eingeengten, 
dunkelgrünen Extrakte nun mit Blutkohle versetzt und filtriert, so 
erhält man fast farblose ätherische Lösungen, deren Rückstand zur 
Gewichtskonstanz getrocknet, gewogen wurde. Ich habe mich durch 
Kontrollbestimmungen von ätherischen Fettlösungen überzeugt, daß 
dieses Verfahren quantitativ brauchbar ist. In jenen Fällen, wo die 
Gallensäure die Resorption des Fettes gefördert hat, muß man beim 
Versuchstier einen geringeren Rückstand finden als beim Kontrolltier. 
Ich bin mir wohl bewußt, daß die gewonnenen Zahlen keine abso¬ 
luten, sondern nur orientierende Werte geben, da sie voraussetzen, 
daß zwei verschiedene, aber gleichschwere Tiere nach Unterbindung 
des Ductus choledochus eine gleiche normale Fettextraktzahl liefern. 
Ich stelle die in dieser Versuchsreihe erhaltenen Werte wieder in 
einer Tabelle zusammen. 


Tabelle V. Fettresorption aus dem Darm nach 0,5 gallensaurem Natrium. 


Ver¬ 
so ch*- 
Nr. 

Kontroll- 
. tier, 
Äther¬ 
extrakt 

Gallensaures Natrium, 
Ätherextrakt in g 


Bemerkungen 

30 

2,78 

Chols. Na 1,56 

-1,22 

fördert die Fettresorption 

31 

32 

2,40 

2,03 

Desoxychols. 0,7 
Apochols. 2,024 

-1,7 

fördert 

indifferent 

33 1 

1,59 

Apochols. 1,97 : 

+ 0,4 

hemmt die Fettresorption 

34 

1,48 

ßilians. 1,66*) 

+ 0,18 

dgl. 

35 

1,39 

Hyochols. Na 2,24 

+ 0,85 

dgl. 

36 i 

2,00 

| Dioxycholens. 2,24**) 

+ 0,18 

dgl. 

37 

2,00 

Dioxycholadiens. 2,88 ***) 

+ 0,88 

dgl. 


Ohne auf die absoluten Werte ein besonderes Gewicht zu legen, 
zeigt diese Zusammenstellung, daß gerade die physiologischen Gallen¬ 
säuren, wie die Cholsäure, Desoxycholsäure ein deutliches, die Fett¬ 
resorption steigerndes Vermögen haben, die künstlich erhaltenen Deri¬ 
vaten abgeht. _ 

Li teraturverzeichni s. 

x ) Wieland, Heinrich: Zeitschr. f. physiol. Chem. 119,95. 1922. — 2 ) Wieland , 
Hermann: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 80. — 3 ) Salkowski: Klin. Wo- 
chenschr. 1922, Nr. 27. — 4 ) Brand: Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 90, 491. 
1902. — 5 ) Hofmeister , Fz.: Ergehn, d. Physiol. 9, 434. — 6 ) Heinz: Therap. 
Monatsh. 1920, 356, und Münch, med. Wochenschr. 1921, 625. — 7 ) Sgalitzer: 
Arch. internst, de pharmacodynamie 18, 285. 1908. 

*) Biliansäure = C 24 H S4 0 4 . 

**) Dioxycholensäure — C. 24 H 38 0 4 . 

***) Dioxycholadiensäure — C.> 4 H 36 0 4 . 


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Ein Beitrag zur Erklärung der Pathogenie der 
Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 

Von 

Dr. G. P. Alivisatos. 

{Aus dem Bakteriologischen und Antirabischen Institut in Nisch flngoslavien].) 

(Eingegangen am 24. August 1922.) 

Eine nur sehr seltene, aber sonst schwere und oft lebensgefähr¬ 
liche Komplikation der Schutzimpfung gegen Lyssa bilden die, be¬ 
sonders während, manchmal aber auch nach der Behandlung auf¬ 
tretenden Lähmungen und Myelitiden. 

Soweit wir die diesbezügliche Literatur übersehen konnten, reichen 
die ersten festgestellten Beobachtungen bis in das Jahr 1888 zurück 
und zwar wurden sie gleich während der ersten Anwendungen der 
Pasteurschen Schutzimpfungen im großen Maßstabe gemacht. Von 
da an sind in der Literatur oftmals neue Beobachtungen veröffent¬ 
licht, aber die genaue Zahl der bis jetzt vorgekommenen Fälle ist 
sehr schwer festzustellen, erstens weil viele davon vielleicht nicht 
zur Publikation gekommen sind, zweitens weil viele verkannt oder 
nicht in ätiologischen Zusammenhang mit der Behandlung gebracht 
wurden (besonders Nervenlähmungen). Auch ihre Häufigkeit im 
Vergleich zur absoluten Zahl der Behandelten ist schwer zu be¬ 
stimmen, aus den gleichen Gründen und weil oftmals vereinzelte 
Fälle zur Veröffentlichung kamen ohne Bezug auf die Zahl der in 
demselben Jahre Behandelten. 

Remlinger , welcher als erster eine eingehende Statistik über solche 
Lähmungen veröffentlicht hat, führt bis zum Jahre 1905 30 Läh¬ 
mungen für eine Gesamtzahl von 59 317 Behandelten an, außerdem 
11 in sechs anderen Instituten vorgekommene Lähmungen ohne 
weitere statistische Angaben. Simon erwähnt in seinem, im Jahre 1913 
erschienenen Aufsatz 100 Lähmungen für eine Gesamtzahl von 
211774 Behandelten. Somit wäre die Häufigkeit dieser Lähmungen 
ungefähr 0,48 °/ 00 . Die Zahl erscheint klein, fast unbedeutend zu 
sein, nachdem sie sogar unter der des Chloroformtodesniveaus steht, 
ein Vergleich, der mit Vorliebe bis jetzt gezogen wurde. Dabei 
führen nur 15° 0 dieser Lähmungen zum Tode, so daß, um bei dem 



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(i. P. Alivisatos: Pathogenie der Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 433 


Vergleiche zu bleiben, eine prophylaktische Behandlung gegen Lyssa 
bei weitem nicht so gefährlich ist wie eine Chloroformanästhesie. Die 
Sache liegt aber nicht ganz so, denn oftmals unterzieht man sich 
auch bei Bissen von ganz gesunden Tieren, lediglich aus Vorsicht, 
der Schutzbehandlung, wobei es schon einige Male vorgekommen ist, 
daß so Behandelte, obwohl das Tier ganz gesund geblieben war, 
ihrerseits von Lähmungen während der Behandlung befallen wurden 
und sogar starben. Dieser Umstand wiegt schon schwerer, denn es 
muß als eine Schattenseite der Pasteurschen Schutzimpfung gelten, 
daß diese bisher vielfach als harmlos angesehene Behandlung in 
Fällen belangloser Bisse, in denen sie hauptsächlich zur Beruhigung 
überängstlicher Gemüter angewendet wurde, imstande war, derartige 
üble Folgen nach sich zu ziehen. Außerdem scheint es, als ob diese 
Lähmungen häufiger in gewissen Instituten vorkämen, obwohl überall 
das Prinzip herrscht, daß der von einem unbekannten und ver¬ 
schwundenen Hunde Gebissene der Behandlung unterzogen werden 
muß. Somit können des öftern ganz härmlose Bisse sehr schlechte 
Folgen haben, und ich finde die pedantische Genauigkeit sehr gerecht¬ 
fertigt, mit welcher in einigen Instituten nach allen Einzelheiten 
des Unfalls und nach dem bisherigen Gesundheitszustand des Tieres 
sowie nach den übrigen Umständen geforscht wird, ob und wie weit 
die Hundswut in dem betreffenden Orte verbreitet ist, damit, wenn 
irgend möglich, die Gebissenen von der Behandlung befreit werden können. 

Zuletzt soll eine Behandlung, sei sie prophylaktisch, therapeutisch 
oder gemischt, ganz ungefährlich sein, und dieses allgemein gültige 
Postulat hat dazu geführt, daß fast überall, wo diese Lähmungen 
vorgekommen sind, sie vom klinischen und ätiologischen Standpunkt 
eingehend untersucht wurden, damit man ihr Wesen erkennen und 
womöglich Vorbeugungsmittel finden könnte. 

Was nun die Pathogenese dieser Lähmungen anbelangt, sind drei 
Hypothesen aufgestellt worden, die man experimentell zu stützen 
versucht hat. 

Babes war der erste, der ein Wuttoxin als Ursache dieser Läh¬ 
mungen angesehen hat. Daß ein Wuttoxin existiert, soheint heute, 
besonders nach den Studien des genannten Autors und den Arbeiten 
von Blassi und Russo-Tavali t Marie u. a. festzustehen. Vieles spricht 
für diese Theorie, aber es kann nicht näher auf dieselbe eingegangen 
werden, denn der Zweck dieses experimentellen Beitrages ist vor¬ 
läufig nur der, der einen dieser drei Theorien durch das Experiment 
die Basis zu nehmen. 

Es sei nur gesagt, daß, nach eigener Erfahrung bei sehr großem 
Material und bei Anwendung von verschiedenen Methoden, die Art 
der Behandlung und besonders die Qualität des verwendeten Virus 

Z. f. d. g. exp. Med. XXX. 28 


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434 


G. P. Alivisatos: Ein Beitrag zur Erklärung 


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fixe — dessen Begriff noch zu unbestimmt und dessen Eigenschaften 
noch immer zu wenig erforscht sind — für das Vorkommen der 
Lähmungen besonders in Frage kommen. Der experimentelle Beweis 
für diese Behauptung kann erst in einer späteren Abhandlung er¬ 
bracht werden. 

Eine zweite Theorie, die von verschiedenen Autoren (Lateran, 
Chaniemesse , Daddi , de Giovanni), aber besonders von J. Koch durch 
reiche Beobachtungen und Versuche verteidigt wird, ist diejenige der 
abortiven Tollwut , der atypischen Lyssa humana . Daß eine typische 
Lyssa mit Lähmungen beginnen kann, habe ich auch beobachten 
können, auch daß Lähmungen nachträglich durch Tollwutausbruch 
kompliziert werden können, ist leicht verständlich, daß die Nerven- 
substanz gebissener Menschen eine Zeitlang infektiös sein kann und 
die Wut zu übertragen vermag, ohne daß sich diese bei Lebzeiten 
durch irgendein klinisches Symptom bemerkbar machen mußte, hat 
schon Paltauf ie ) beobachtet und experimentell nachgewiesen, endlich 
ist es auch möglich und manchmal konstatiert worden, daß die 
Tollwut einen ganz atypischen Verlauf zeigen kann. Das aber alle 
derartigen Lähmungen eine atypische, abortive Wut sind, kann als 
ausgeschlossen gelten, erstens weil trotz genauer mikroskopischer 
Untersuchungen die Nervensubstanz der zur Sektion gekommenen 
, Fälle in der überwiegenden Zahl keine Negrischen Körperchen ent¬ 
hält und andrerseits selten sich als fähig erweist, die Wut zu über¬ 
tragen, zuletzt aber, weil diese Lähmungen der Mehrzahl nach in 
eine Zeit fallen, wo der Wutausbruch der kurzen Inkubation wegen 
als ausgeschlossen gelten kann, besonders wenn die Bisse minimal 
sind und sich an Stellen befinden, die vom Z. N. S. weit entfernt 
sind. Aber auch diese Frage soll in einer anderen Abhandlung ein¬ 
gehend besprochen werden, zusammen mit der vorigen, und somit 
treten wir an die letzte Hypothese heran, welche die jüngste, aber 
auch am meisten verteidigte zu sein scheint. 

Fast zu gleicher Zeit (1908) haben Müller 11 ) und Marinesco 1 *) die Auf¬ 
merksamkeit auf die bei der Schutzimpfung einverleibte Nerven¬ 
substanz gelenkt. Der erstere meinte gelegentlich der Beobachtung 
einer solchen Lähmung bei einem Veterinär am 15. Tage nach dem 
Bisse und am 12. nach Beginn der Behandlung, daß die Menge der 
einverleibten fremden Nervensubstanz bei weitem nicht vernach¬ 
lässigt werden darf und daß diese toxisch wirken kann. Desgleichen 
betont Marinesco bei der Diskussion eines Falles von Lähmung nach 
Schutzimpfung gegen Lyssa, welcher von Babis und Minorescu mit¬ 
geteilt war, die Möglichkeit eines cytotoxischen Einflusses der bei 
der Schutzimpfung einverleibten Nervensubstanz von Kaninchen auf 
das Zentralnervensystem des behandelten Menschen. 



__ Origina l fro-m _ 

UNIVERSITY 0F MINNESOTA 



der P&thogenie der Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 435 


Die Arbeiten von Abderhalden und die durch eie gegebene Mög¬ 
lichkeit, die Abwehrfermente in vitro zu demonstrieren, hat dazu 
geführt, daß Babte und Pittdesku 4 ) im Jahre 1914 das Serum von 
gegen Lyssa prophylaktisch geimpften Individuen auf gegen Ka- 
ninchennervensubstanz gerichtete Abwehrfermente prüften und solche 
auch wirklich nach weisen konnten. * Rochaix und Durand 23 ) haben 
gleichfalls solche Abwehrfermente im Serum des Patienten gelegent¬ 
lich einer Lähmung, und zwar in großen Mengen, nicht nur gegen 
Hunds- undKaninchennervensubstanz, sondern besonders gegen solche 
vom Menschen stammende, nachweisen können. Auf diese und ähn¬ 
liche Tatsachen sich stützend, neigen die letztgenannten Autoren zu 
der Ansicht, daß es sich bei diesen Lähmungen um Effekte der ein¬ 
verleibten Nervenmbstanz handelt, welche durch die ihretwegen hervor¬ 
gerufenen Abwehrfermente das zentrale Nervensystem des Behandelten 
schädigt. 

Auch Joanovic 10 ) spricht sich für die Meinung aus, daß die ein¬ 
verleibte Nervensubstanz die Ursache der Lähmungen sei und zwar 
auf Grund von Experimenten, die ein anderes, aber analoges Gebiet 
betreffen. 

Gaurmont und Rochaix T ) vertreten nochmals diese Meinung ge¬ 
legentlich der Publikation einer zusammenfassenden Statistik über 
die 20 jährige Arbeit der Antirabischen Abteilung des Bakteriolo¬ 
gischen Instituts in Lyon. 

Die außerordentlich schweren Verhältnisse, unter welchen die 
Gebissenen in Serbien gewöhnlich infiziert werden — über die eine 
kurzgefasste Übersicht in der Deutsch. Med. Wochenschr. 27 ) er¬ 
schienen ist — haben mich dazu geführt, eine Methode der Schutz¬ 
impfung auszuarbeiten, bei welcher von Beginn der Behandlung an 
große Mengen von durch Äther abgeschwächtem V. f. einverleibt 
werden. Dabei werden selbstverständlich hohe Dosen von Kaninchen- 
nervensubstanz eingeführt, da ja bis jetzt das Virus bekanntlich nicht 
rein hergestellt werden konnte. 

Obwohl nun diese Methode, bevor sie auf den Menschen über¬ 
tragen worden ist, genügend auf ihre Unschädlichkeit im Tieroxperi- 
mente erprobt wurde und obwohl *ie danach bei einer großen Zahl 
nicht gerade in den besten Verhältnissen Lebender und schwer Ge¬ 
bissener ohne jeden Schaden angewendet wurde, würde sie als 
ziemlich angreifbar in diesem Punkte erscheinen, wenn nicht gleich¬ 
zeitig ein direkter Beweis für die Unschädlichkeit der einverleibten 
Xervensubstanz von mir erbracht worden wäre. 

Die weitere Entwicklung einer Methode, die besonders dahin 
zielt, ohne viel Zeitverlust und in einigen Seancen solche Personen 
zu immunisieren, die von nur minimal wmtverdächtigen Tieren ge- 

2 ** 


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436 


G. P. Ali visatos: Ein Beitrag zur Erklärung 


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bissen wurden, hätte gewiß eine starke Hemmung erfahren wegen 
des Bedenkens, daß im Anwendungsfalle derselben durch die hohen 
Nervensubstanzdosen ab und zu einmal mehr geschadet als genützt 
werden könnte. — Nebenbei bemerkt, wurde dieses rasche Immuni¬ 
sierungsverfahren hier bei uns schon mehrmals mit Erfolg angewendet. 

Außerdem schien es mir notwendig, diese Methode als nicht 
schädlich darzustellen auch in bezug auf die in größeren Dosen mit 
einverleibte Nervensubstanz und zwar besonders mit Rücksicht darauf, 
daß die bezügliche Hypothese von namhaften Autoritäten aufgestellt 
wurde und noch immer verteidigt wird. 

Somit habe ich mir folgende Fragen gestellt und ihre Beantwortung 
auf experimentellem Wege versucht. 

1. Können größere Mengen von arteigener oder artfremder, 
nativer oder mit Äther behandelter Nervensubstanz (letzteres um 
unserer Behandlung vollkommen analoge Verhältnisse zu schaffen) 
subcutan einverleibt jemals zu klinisch bemerkbaren Schädigungen 
führen? Das Serum der so behandelten Tiere weist immer Abwehr¬ 
fermente auf, sind nun diese aber nur gegen die eingespritzte Nerven¬ 
substanz gerichtet oder auch gegen andere Arten von Nervensubstanz? 

2. Kann das so gewonnene abwehrfermenthaltige Serum von 
behandelten Tieren, anderen unbehandelten Tieren intralumbal 
injiziert, zu einer klinisch bemerkbaren Schädigung führen und kann 
man in vitro im Serum der nach letzterer Art behandelten Tiere 
(der mit Serum intralumbal injizierten) Abwehrfermente nachweisen ? 
Es ist nämlich denkbar, daß, abgesehen von klinischen Erscheinungen, 
bei der Wirkung eines gegen die Nervensubstanz abwehrferment¬ 
haltigen Serums direkt auf dieselbe eine Schädigung dieser Substanz 
stattfände (Abbau), wobei sie als parenteral einverleibtes (resorbiertes) 
Eiweiß zur Abwehrfermentbildung führen könnte, was in vitro durch 
die Abderhaldensche Reaktion ersichtlich gemacht werden könnte. 
Es wäre um so eher denkbar, als Serum, intralumbal eingespritzt, 
sehr langsam resorbiert wird und somit genug Zeit hat, seine 
schädigende Wirkung zu entfalten. Auf diesen letzten Punkt, der 
Fahndung nach diesen Abwehrfermenten, meinte ich besonderen 
Wert legen zu müssen, da man schon weiß, daß der Abbau von 
Nervensubstanz, besonders bei Tieren, sich klinisch unter Umständen 
kaum bemerkbar macht und das Ausbleiben der Myelitiden nicht 
genügt, um die Unschädlichkeit der einverleibten Substanz zu be¬ 
weisen. Nun war ein noch schwereres Problem zur Lösung zu 
bringen. Abgesehen davon, daß die Resultate von Tierexperimenten, 
welche die Wirkung von Abwehrfermenten auf die Nervensubstanz 
beweisen sollen, gar nicht geeignet sind, ohne weiteres auf den 
Menschen übertragen zu werden, dessen hoch entwickeltes Nerven- 


Gck igle 


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der Pathogenie der Myelitiden Dach Schutzimpfung gegen Lyssa. 437 


System ganz andere Empfindlichkeit besitzt, sind diese Myelitiden 
und Lähmungen sehr selten, und zwar, wie schon gesagt, wurde ein 
Fall für 2000 Behandelte errechnet. Da es nun unmöglich ist, 
über ein so ungeheueres Tiermaterial zu verfügen und in so großem 
Maßstabe zu experimentieren, um die erste Frage bejahend oder 
verneinend beantworten zu können, habe ich die Dosen der einver¬ 
leibten Nervensubstanz in relativ so hohem Maße gesteigert, daß 
eine Schädigung, wenn sie Vorkommen sollte, auch bei einem be¬ 
schränkten Tiermaterial hätte eintreten müssen. 

Es wurde also folgendermaßen vorgegangen: Einer ersten Serie von 
Tieren, zusammengesetzt aus Schafen, Kaninchen und Meerschweinchen 
wurdeKaninchennervensubstanz in hohen Dosen subcutan injiziert,einer 
zweiten Serie aus denselben Tieren bestehend, Schafnervensubstanz. 
Nachdem im Serum aller dieser Tiere Abwehrfermente gegen Schaf-, 
Kaninchen- und Meerschweinchennervensubstanz in höherem Maße 
gefunden wurden, sind bestimmte Dosen solchen abwehrferment¬ 
haltigen Serums anderen gesunden Tieren intralumbal eingespritzt 
worden, und zwar so: von Schafen an Schafe und Kaninchen, von 
Kaninchen an Kaninchen, von Meerschweinchen an Kaninchen, wonach 
die Sera aller so behandelten Tiere auf Abwehrfermente gegen 
Nervensubstanzsubstrate untersucht und negativ befunden wurden. 

Die Durchführung der Experimente gestaltete sich folgender¬ 
maßen*): 


Art der behandelten 
und Gewicht 


Kaninchennervensub- 
stanz. Emulsion 1:20 
| in Kochsalzlösung 


Kaninchennervensubst. 
72 Std. in Äther einge¬ 
taucht. Emuls. wie vorher 


12. V. 1921 
16. V. 1921 
20. V. 1921 
24. V. 1921 

ir, V. 1921 
19. V. 1921 
23. V. 1921 
27. V. 1921 


1 1 Schaf Nr. 77 

jl) : : S 

Schaf Nr. 81 

( n 71 

J 


29 kg 
2s,5 kg 
31.2 kg 


27,3 kg 
28.5 kg 


7 g 
7 g 

7 g 

4 g 


7 g 
7 g 
7 g 

4 g 


s. VI. 1921 
12. VI. 1921 


i|Kaninchen Nr. 2u, 21, 22. 
ii 2:i, 24, 25 (2,8-3 kg) 


17. VI. 1921 Meerschw einchen Nr. 1,2, 
21. VI. 1921 I; 3, 4. 5, 6 (600—800 g) 


1,5 g 
h5 g 

1 g 
1 g 


Wie man nun aus dieser Tabelle zu ersehen vermag, wurde den 
Tieren, auf Kilogramm Körpergewicht berechnet. 8—10mal mehr 
Nervensubstanz einverleibt, als man einem Erwachsenen bei der von 
mir vorgeschlagenen Methode Virus fixe einspritzt. 


*) Aus Raumersparnis lind weil sich die Experimente in gleichem Sinne 
wiederholen, sind nur einige Tabellen wiedergegeben. 


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438 


G. P. Alivisatos: Ein Beitrag zur Erklärung 


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Am 2. VI. wurde den Schafen der ersten Serie Blut entnommen 
und das hämoglobinfreie Serum auf Abwehrfermente gegen Kaninchen- 
und Schafsnervenßubßtanz untersucht. Es erübrigt sich zu sagen, 
daß die Substrate nach den Abderhaldenschen Vorschriften mit 
Tetrachlorkohlenstoff im Soxhlet-Apparat extrahiert und jedesmal 
vor Anstellung der Experimente mit Ninhydrin geprüft wurden. Die 
Emulsion der so vorbereiteten Substrate wurde knapp vor der 
Untersuchung im Verhältnis 1:3 mit destilliertem Wasser bereitet 
und sofort mit dem zu untersuchenden Serum versetzt. 

Die Resultate gestalteten sich folgendermaßen: 


Art. des Tieres | 
und Nr. 

Serum 

Substrat Emulsion 1:3 

Ninhydrinprobe im 
Dialysat nach 

17- 18 Std. 

Schaf 77 

1 a 1 ,5 g 1 

Kaninchennervensubstanz 1 ccm 

+ T + 1 


[ b 1,5 g 

Schafnervensubstanz 1 ccm 



! c 1.5 g 

— 

y 

Schaf 7* | 

ia 1,5 g | 

Kaninchennervensubstanz 1 ccm 

! + + -F 


b 1.5 g 

Schafnervensubstanz 1 ccm 

-F + -F 


c 1,5 g 


e 


a 1,5 g 

Kaninchennervensubstanz 1 ccm 

+ -F -F 

Schaf 79 | 

b 1,5 g 

Schafnervensubstanz 1 ccm 

_L -f- 

) 

c 1.5 g 

— 


Schaf 80 

la 1,5 g 

Kaninchennervensubstanz 1 ccm 

H 

Unbehandelt 

;b 1,5 g 

Schafnervensubstanz 1 ccm 

0 

(als Kontrolle) 

lc 1,5 g 

— 

H 

| 

1 a — 

Kaninchennervensubstanz 1 ccm 

0 


b — 

Schafnervensubstanz 1 ccm 

0 


Wie nun aus der Tabelle ersichtlich ist, sind Abwehrfermente im Sinne 
Abderhaldens schon am 9. Tag nach der letzten Einspritzung der Nerven- 
substanz im Serum der so behandelten Tiere in hohem Maße nach¬ 
weisbar und zwar nicht nur gegen die injizierte artfremde Nerven- 
substanz, sondern auch fast in gleicher Höhe gegen die Substanz 
arteigener Tiere, obwohl diese in keiner Speziesbeziehung zum antigen¬ 
spendenden Tiere stehen. 

Am 6. VI. wurden die Sera der Tiere 81, 82 auf Abwehrfermente 
genau nach dem obigen Schema untersucht und ihr Gehalt an Fer¬ 
menten gegen Kaninchen- und Schafsnervensubstanz in fast gleich 
hohem Maße konstatiert. Kleine Nuancen in der Blaufärbung der 
Ninhydrinreaktion waren nicht genügend, um auf einen Unterschied 
in der Menge der vorhandenen Abwehrfennente schließen zu lassen. 

Nachdem abermals das Serum der Schafe Nr. 77 und 79 am 
7. VI. auf Abwehrfermente gegen dieselben Substrate untersucht 
wurde, und jene des Schafes Nr. 81 am 11. VI. und konstatiert 
wurde, daß keine nennenswerten Differenzen in der Intensität der 



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der Pathogenie der Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 439 

Reaktionen festzustellen waren, wurde am 9. VI. den Schafen Nr. 77, 
78, 79 und am 12. VI. den Schafen Nr. 81, 82 je 45 ccm Blut ent¬ 
nommen und das gewonnene Serum anderen, nicht behandelten 
Schafen und Kaninchen, intralumbal — wie auf untenstehender 
Tabelle — injiziert. (Bei Schafen nach Ablassen 10—15 ccm Zere¬ 
brospinalflüssigkeit.) 

1 . Serie . 


10. VI. 

15 ccm Serum 

vom 

Schafe . 

Nr. 

77 

intralbl. dem Schafe Nr. 84 

10. VI. 

20 

n 

n 

r> 

n . 

r> 

78 

r> 

n 

n 

r 

85 

10. VI. 

20 

7? 

r> 

V 

r . 

r 

79 

V 

n 

r> 

n 

8b 

als Kontr. 20 

V 

n 

n 

unbehand. Schafe 

r 

80 

r 

n 

T) 

w 

88 

10. VI. 

2 

n 

V 

n 

Schafe . 

r> 

77 


n 

Kan. 

« 

47 

10. VI. 

2 

n 

n 

n 

n . 

n 

78 

r 

n 

rj 

r 

48 

10. VI. 

2 

r> 

n 

n 

n . 

n 

79 

n 

n 

r> 

n 

49 

10. VI. 

2 

n 

n 

ri 

unbehand. Schafe 

V) 

80 

n 

rt 

r> 

n 

44 


2. Serie. 

13. VI. 20 ccm gern. (10-f 10) Serum vom Schafe 81 u. 82 intralbl.dem Schafe 87 
lii. VI. 2 „ Serum n » 81 r n Kan. 41 

13. VI. 2 n ri n n 82 n n n 42 

Die Einstellung des Kontrolltieres unterblieb, da sie ja in der 
vorigen Serie ausgeführt wurde. 

Alle Schafe und Kaninchen vertrugen die Injektion sehr gut, 
nur bei den Schafen machte sich eine geringe Freßunlust und Müdig¬ 
keit bemerkbar, welche aber nur einen Tag dauerten, wonach keine 
objektiven Symptome mehr wahrnehmbar wurden. 

Am 18. VI. wurde mit der ersten Serie, am 22. VI. mit der zweiten 
Serie genau die gleiche Prozedur vorgenommen, mit dem Unterschied, 
daß jetzt den Schafen nur 10 ccm Serum von denselben Tieren 
stammend intralumbal injiziert wurde. 

Nun wurde das Serum der Schafe Nr. 84, 85, 86 und 88 am 
27. V 7 L, 6. VII. und 6. VIII. (9., 18. und 50. Tag nach der Injektion), 
den Kaninchen Nr. 47, 48, 49, 44 am 28. VI., 9. VII. und 26. VII. 
(10., 21., 38. Tag nach der Injektion) auf Abwehrfermente gegen 
Schaf- und Kaninchennervensubstanz untersucht, jedoch mit nega¬ 
tivem Resultat, während zwei Kontrollreaktionen mit Serum der 
Schafe 77 und 81 sich wieder in hohem Maße positiv zeigten. Die¬ 
selbe Erscheinung ließ sich noch weiterhin beobachten, man konnte 
nämlich keine Abwehrfermente gegen die obengenannten Substrate 
im Serum des Schafes 87 und der Kaninchen Nr. 41, 42 nach weisen, 
welche am 1. VII. und 15. VII. auf diese Eigenschaft hin unter¬ 
sucht wurden*). 

*) Die intralumbal eingespritzten Serumdosen möchten vielleicht im Ver¬ 
gleiche zur gesamten Blutmenge zu klein erscheinen und somit eine eventuell 
fehlende Wirkung des abwehrfermenthaltigen Serums auf das Zentralnerven- 


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440 


G. P. Alivisatos: Ein Beitrag zur Erklärung 


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Außerdem wurden die Tiere wöchentlich gewogen, wobei es sich 
erwies, daß bis zu einem gewissen Grade alle an Gewicht zugenommen 
hatten (9 Monate Beobachtungszeit). 

Das Serum der mit Kaninchennervensubstanz behandelten 
Kaninchen wurde am 23. VI. von den Tieren Nr. 20, 21, 22, 23 
und am 25. VI. von den übrigen Tieren auf Abwehrfermente gegen 
Schafs- und Kaninchennervensubstanz untersucht. Als Kontrolle 
diente das Serum eines unbehandelten Kaninchens, welches eine 
negative Reaktion zeigte, während alle übrigen Seren starke positive 
Reaktionen erkennen ließen. Kleine Unterschiede in der Blau¬ 
färbung durch Ninhydrin waren vorhanden, demnach fielen die Reak¬ 
tionen im großen ganzen etwas stärker mit Kaninchennervensubstanz 
aus als mit Schafsnervensubstanz, welche Unterschiede aber meiner 
Meinung nach nicht von Belang sind. 

Nun wurde am 25. bzw. am 26. VI. allen Kaninchen und einem 
nicht vorbehandelten Tiere Blut entnommen und am 27. VI. nach¬ 
mittags anderen Kaninchen wie folgt injiziert (nach Ablauf von un¬ 
gefähr 1 ccm Cerebrospinalflüssigkeit): 

vom Tiere Nr. 20 dem Kaninchen Nr. 30 je 3 ccm Serum 


n 

n 

n 

21 

r 

n 

n 

31 

r> 

3 

r 

rt 

n 

r 

n 

22 

n 

71 

n 

32 

n 

3 

n 

n 

n 

n 

71 

23 

n 

n 

n 

33 

n 

3 

n 

n 

n 

n 

r ) 

24 

n 

71 

n 

34 

11 

3 

n 

n 

n 

n 

n 

25 

r> 

n 

n 

35 

n 

3 

71 

71 

vom unbehandelten 

n 

n 

26 

V 

11 

v 

36 

n 

3 

71 

71 


(als Kontrolle) 


Alle Tiere vertrugen die intralumbale Einspritzung sehr gut, bis 
auf das Kaninchen Nr. 33, bei welchem sofort nach der Injektion 
eine Lähmung der hinteren Extremitäten auftrat. Diese Lähmung, 
die sich sofort zeigte, sobald das Tier losgebunden und freigelassen 
wurde, ist als Folge einer Läsion des Rückenmarkes durch die Kanüle 
aufzufassen, da erstens die Lähmung während der Operationszeit ein¬ 
getreten ist und zwar bei einem sehr unruhigen Tiere, bei welchem 
die Durchführung der intralumbalen Injektion mit großen Schwierig¬ 
keiten verknüpft war, und zweitens, weil eine ähnliche Lähmung bei 
einem Kontrolliere eines späteren Experimentes unter den gleichen 

System auf die geringe Menge der injizierten Dosen zurückgeführt werden. 
Demgegenüber möchte ich als sicher geltend annehmen, daß, nachdem be¬ 
kannterweise die Abderhctidensche Schwangeraohaftsreaktion schon am 8. Tage 
nach der Empfängnis positiv ausfällt, minimale Mengen von parenteral einver¬ 
leibtem Eiweiß genügen, um zu einer in vitro nachweisbaren Abwehrferment¬ 
bildung zu führen Desgleichen könnten in diesem Falle — wenn ein noch so 
geringer Abbau von Nervensubstanz stattfände — Abwehrfermente in genügen¬ 
der Menge gebildet werden, um in vitro zur Wahrnehmung zu kommen. 



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der Pathogenie der Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 441 


Bedingungen bemerkbar wurde. (Kontrolltier mit Serum behandelt, 
welches von unbehandelten Kaninchen stammte.) Zehn und zwanzig 
Tage nach dieser intralumbalen Injektion, also am 7. VII. und am 
17. VII. wurde allen Kaninchen Blut entnommen und das gewonnene 
Serum am 8. und 9. VII., 18. und 19. VIL auf Abwehrfermente 
gegen Kaninchennervensubstanz untersucht. Alle Serumproben gaben 
negative Resultate, außer jenen der Kaninchen Nr. 33 und 25; das 
Serum dieses letzteren Tieres, welchem homologe Nervensubstanz 
injiziert war, ist als Kontrolle des Substrates (Kaninchennerven¬ 
substanz) »n diese Serie eingefügt. Was das Serum des Tieres Nr. 33 
anbelangt, ergab dieses am 9. VII. mit Kaninchennervensubstanz ver¬ 
setzt ein schwach positives Resultat, dagegen zeigte dasselbe Serum, 
am 19. VII. untersucht, eine viel stärkere Reaktion und zwar auf 
Kaninchen und Schafsubstrat (auf letzteres etwas schwächer). Diese 
Erscheinung ist meiner Meinung nach leicht zu erklären, da ja 
bekanntermaßen bei einigen Erkrankungen des Zentralnervensystems 
sich im Serum des Patienten Abwehrfermente gegen Nervensubstanz 
bilden. 

Somit scheint mir der Widerspruch in den Angaben von Babes 
und Pitvlescu einerseits, Rochaix und Durand andererseits gelöst, 
indem die ersteren Autoren während der Lyssaschutzimpfung im 
Serum der Geimpften konstant Abwehrfermente gegen Nervensub¬ 
stanz, und zwar gegen die von Kaninchen in hohem Maße, in ge¬ 
ringerem gegen die von Menschen finden, Rochaix und Durand hin¬ 
gegen konstatieren, daß in einem Falle von Lähmung nach Schutz¬ 
impfung Abwehrfermente in hohem Maße gerade gegen menschliche 
Nervensubstanz, in schwächerem gegen die von Kaninchen und 
Hund vorhanden waren. Im ersteren Falle (Babes, Pituiescu ) sind 
die Abwehrfermente als Folge der einverleibten Nervensubstanz ent¬ 
standen, im zweiten Falle (Rochaix und Durand) außer aus dem¬ 
selben Grunde auch als Folge des parenteral einverleibten Nerven- 
eiweißes, welches sich bei einer Lähmung abbaut. Ein ähnlicher 
Prozeß geht im Falle unseres Kaninchens 33 vor sich und die kon¬ 
statierten Abwehrfermente im Serum wären als Ausdruck des Ab¬ 
baues der Nervensubstanz aufzufassen. Das Tier ist am 26. Tage 
nach Eintritt der Lähmung gestorben. Die Sektion ergab Atrophie 
des Lendenmarkes und Erweichung der Substanz, welche die Ein¬ 
stichstelle und benachbarte Gebiete betraf und als Folge der trau¬ 
matischen Myelitis aufzufassen ist. 

Am3. VIL,also am 12. Tage nach der Injektion, wurden dieSera der be¬ 
handelten Meerschweinchen auf Abwehrfermente gegen Kaninchen- und 
Meerschweinchennervensubstanz untersucht (als Kontrolle diente Serum 
eines nicht behandelten Meerschweinchens). Alle behandelten Tiere. 


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442 


G. P. Ali visatos: ETh Beitrag zur Erklärung 


zeigten Ab wehr f er mente gegen beide Substrate, dieselben waren aber 
fast durchwegs gegen die erstere Nervensubstanz in stärkerem Maße 
nachweisbar als gegen die zweite. Da aber mangels geeigneter Kanülen 
die Technik der intralumbalen Injektion an Meerschweinchen nicht 
gelingen wollte, habe ich drei Kaninchen ein Serumgemisch von je 
zwei Meerschweinchen intralumbal zweimal (4. VII. und 7. VII.) in 
Dosen von je 2 ccm injiziert. Alle Tiere blieben ganz gesund (fast 
ein Jahr lange Beobachtung) und ihr Serum am 11. und 26. Tag 
nach der letzten Injektion auf Abwehrfermente gegen Kaninchennerven- 
substanz untersucht, ergab negative Reaktionen. [Kontrolle wie 
oben: Serum von Kaninchen, welchen das Serum von nicht behan¬ 
delten Meerschweinchen intralumbal injiziert wurde (negative Reak¬ 
tion). Außerdem das Serum von Meerschweinchen 4 (positive Re¬ 
aktion).] 

Zuletzt wurde im Dezember eine neue Versuchsreihe auf- 
gestellt. Diese Reihe wurde fast genau so behandelt wie die vorige, 
was das Quantum (Dosen der einverleibten Nervensubstanz), die 
Zeit zwischen den einzelnen Injektionen und die Versuchsanordnung 
anbelangt, nur ist diesmal Schafsnervensubstanz anstatt der von 
Kaninchen gebraucht worden. Der Ablauf der Versuche sei hier — 
um Wiederholungen zu vermeiden — nur kurz gefaßt wiedergegeben: 

Den Schafen Nr. 97, 98, 99 je 25 g native Schafsnervensubstanz 
(Emulsion 1: 20) subcutan in die Bauchgegend injiziert, den Schafen 
94, 95, 96 dasselbe Quantum Nervensubstanz, welches aber vorher 
72 Stunden in Äther belassen war. (Nach Entnahme aus dem Äther 
Trocknen der gehackten Substanz unter der Glocke eine Stunde lang 
und Emulsionierung in physiologischer Kochsalzlösung 1 : 20 von 
dem ursprünglichen Gewicht berechnet.) 

Den Kaninchen Nr. 50, 61, 52, 53, 54, 56 wurde zweimal je 
1,50 g Schafsnervensubstanz subcutan in die Bauchgegend injiziert, 
den Meerschweinchen Nr. 10, 11, 12, 13, 14, 15 je 1 g an der gleichen 
Stelle. 

Es folgte die Untersuchung auf Abwehrfermente, welche in allen 
Fällen positiv ausfiel (Schaf- und Kaninchennervensubstanz). 

Serumproben von Schafen wurden anderen, nicht behandelten 
Schafen und Kaninchen in den oben erwähnten Dosen intralumbal 
injiziert und zwar wie folgt: 


vom Schafe 97 (2 mal je 15 ccm) dem Schafe 83 und dem Kan. 58 (2 mal je 2 ccm) 


»» r 98 u. 99 (gemischt) * 

r n 96 n 

n n 94 U. 95 r> 

v. unbehan¬ 
delt. Schafe 93 * 

n 89 r> 

r> 90 n 

* 91 « 

r 92 * 

n r 59 

r n 60 

r » 61 u. 62 

r v 63 

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der Pathogenie der Myelitiden nach Schutzimpfung gegen Lyssa. 443 


Serumproben von allen diesen so behandelten Tieren wurden am 
9. und 25. Tage nach der letzten Injektion auf Abwehrfermente 
gegen Schaf- und Kaninchennervensubstanz untersucht, sie gaben 
überall ein negatives Resultat. Alle Tiere sind bis heute noch ganz 
gesund, außer den Kaninchen Nr. 60 und 61, die ca. 4 1 / a Monate 
nach obiger Behandlung an Septicämie eingegangen sind. 

Nachdem nun Serumproben der Kaninchen 50—56 und der 
Meerschweinchen 10—15 auf Abwehrfermente untersucht, positive 
Resultate für Schaf- und Kaninchen- und, etwas schwächer, für 
Meerschweinchennervensubstanz gegeben hatten, wurden von neuem 
die Sera der so behandelten Tiere anderen nicht behandelten inji¬ 
ziert und zwar so: 


’om 

Kaninchen 

50 und 

51 

gemischt dem 

Kaninchen 

64 (2 mal 

je 2 ccm in In- 








tervall 

von S Tagen) 

r 

n 

52 a 

58 

r 

n 

V 

65 

dgl. 

r> 

n 

54 n 

5« 

V 

n 

r> 

66 

dgl. 

T- 

Meerschw. 

10, 11, 

12 


r 

n 

67 

dgl. 

- 

n 

13, 14, 

15 

r> 

rt 

r 

68 

dgl. 

- 

nicht behandeltem 

Kanichen 

yi 

n 

69 

dgl. 








(u. danach d. Kan. 19) 

- 

* 

n 

Meerschw. 

n 

n 

70 (2 mal 

je 2 ccm in In- 


tervftll von 8 Tagen) 

Das Kaninchen Nr. 69 bekam sofort nach der ersten Injektion 
Lähmung der hinteren Extremitäten, weshalb gleich an seine Stelle 
das Kaninchen Nr. 19 in Behandlung genommen wurde. Das ge¬ 
lähmte Kaninchen starb am 33. Tage nach der Injektion infolge der 
Lähmung; die Sektion ergab das gleiche Bild, wie es schon einmal 
beschrieben wurde. Das während seines Lebens entnommene Serum, 
am 9. und 19. Tag nach der eingetretenen Lähmung auf Abwehr¬ 
fermente untersucht, gab beim erstenmal ein schwach positives, beim 
zweitenmal ein viel stärker positives Resultat, und zwar besonders 
mit Kaninchennervensubstanz (Kaninchen- und Schafsnervensubstanz- 
substrat). 

Serumproben der so behandelten Tiere zweimal (10., 28. Tag 
nach der letztenInjektion)auf Abwehrfermente gegen Schaf-, Kaninchen- 
und Meerschweinchennervensubstanz untersucht, gaben ein vollständig 
negatives Resultat. Im übrigen sind alle Tiere bis zum heutigen 
Tage ganz gesund. 

Zuletzt sei erwähnt, daß Serumproben am 5. V. 1922 (das ist ein Jahr 
nach der Behandlung) den Schafen Nr. 77, 78, 81 und den Schafen 
97, 94, 93 (also 6 Monate nach der Behandlung) entnommen und 
auf Abwehrfermente gegen Kaninchen- und Schafsnervensubstanz 
untersucht, folgende Resultate ergaben: die Sera 77, 81 schwache 


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444 


G. P. Alivisatos: Ein Beitrag zur Erklärung 


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aber noch deutliche Resultate, die Sera 78, 97 und 94 stark posi¬ 
tive Resultate mit beiden Substraten. Serum 93 ergab ein voll¬ 
ständig negatives Resultat. 

Zusammenfassung. 

1. Arteigene oder artfremde native oder mit Äther behandelte 
Nervensubstanz Tieren subcutan injiziert, führt zu reichlicher Bildung 
von Abwehrfermenten im Sinne Abderhaldens ; diese Fermente sind 
aber nicht streng spezifisch, sondern imstande, Nervensubstanzen 
von mehreren, nicht in verwandtschaftlicher Beziehung stehenden 
Tieren abzubauen. Allerdings wirken gewöhnlich diese Fermente 
stärker auf das der eingespritzten Substanz homologe Substrat. 

2. Diese Abwehrfermente, obwohl — nach unserer Behandlungs¬ 
art — in hohem Maße im Serum der Tiere vorhanden und nur sehr 
langsam verschwindend, haben niemals auf das Zentralnervensystem 
der so behandelten Tiere schädlich wirken können. Es blieben sogar 
andere normale Tiere, denen das von den behandelten Tieren ge¬ 
wonnene abwehrfermenthaltige Serum intralumbal injiziert wurde, 
in jeder Beziehung gesund und haben niemals in ihrem Serum irgend¬ 
welche Abwehrfermente aufgewiesen, die ja durch ihr Auftreten auf 
einen Abbau der durch das injizierte Serum geschädigten Zentral- 
nervensubstanz hingewiesen hätten. 

Aus allen diesen Ausführungen geht hervor, daß die lei Schutz¬ 
impfung gegen Lyssa leobachteten Lähmungen nicht auf Effekte der mit 
eingespritzten Nervensubstanz aufgefaßt werden können . 


Literaturverzeichnis. 

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kungen über atypische Wutfälle. Zeitschr. f. Hyg.1911.— 3. Derselbe: LaRage.1912. 

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et Lesieur: Etudes cliniques sur la rage humaine. Joum. de Phye. et Patliol. 
g6n6r. 1906, S. 1047. — 7. Courmont et Rochaix: Vingt ann^es de fonctionneinent 
du service de la rage k l’Institut Bacteriol. de Lyon. Annales de Tlnstitut 
Pasteur. 1921. — 8. Daddi: Riv. crit. di clin. mod. 1, S. 900. — 9. De 
Giovanni: Contribution ä l’fitude des formes cliniques et du diagnostic de la 
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Zeitschr. f. d. ges. Neurologie 80. 1913. — 12. Koch f J.: Über die abortive Toll¬ 
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falle. Daselbst 14. 1910. — 14. Derselbe: Über die Entstehung akuter Para¬ 
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Die Frage der atypischen Lyssa humana. Zentralbl. f. Bakteriol. 85. 1920. — 



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antirabique. Annales de TInstitut Pasteur. 1905. — 23. Rochaix et Durand: 
La reaction d'Abderhalden au cours d’une paralysie cons£cutive au traitement 
antirabique. Cpt rend. soc. Biol. 79. 1916. — 24. Derselbe: Paralysie aecen- 
dante cons£cutive au traitement antirabique. Arch. d. medec. exp. et de l’ana- 
tomie patholog. 79. 1916. — 25 Rochaix: Le traitement antirabique dans la 
recion lyonnaise. 1917. Joum. de Physiol et de Pathol. 18 , Nr. 1. 1919.— 
2«. Simon: Über Lähmungen im Verlaufe der Tollwutschutzimpfung. Zentrbl. 
f. Bakteriol. 68. 1913. — 27. Alivieaios, G. P.; Die Schutzimpfung gegen Lyssa 
mit dem mit Äther behandelten Virus fixe. Dtsch. med. Wochenschr. 1922. Nr. 9. 


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Kurze Mitteilung. 

Blutbild und Blutkrise bei experimenteller 
Bleivergiftung. 

Bemerkungen zu der gleichnamigen Arbeit von H. Rauch. 

Diese Zeitschrift Band 28, Seite 50. 

Von 

Privatdozent Dr. Victor Schilling, 

I. Med. Klinik, Berlin. 

(Eingegangen am 26. Juni 1922.) 

Rauch schreibt ohne Literaturangaben: 

„Ich halte somit die basophil — getüpfelten roten Blutkörperchen 
für degenerative Regenerationsformen ... Rauch nimmt weiter an, 
daß die basophile Tüpfelung durch „eine abnorme Verklumpung des 
basophilen Spongioplasmanetzes “ entsteht. 

Beide Entdeckungen entsprechen absolut meiner seit Jahren 
Naegeli gegenüber vertretenen Anschauung, die ich in einer aus¬ 
führlichen histologischen Studie (Fol. haem. Arch. 11, S. 327. 1911) be¬ 
gründet habe. In meinem 1912 erschienenen Leitfaden „Das Blut¬ 
bild“ 1 ) steht unter 

„3. degenerierte regenerative Erythrocyten: 
a) blau punktierte Erythrocyten-basophile Punktierung ' 4 
und in der Beschreibung „degenerative tropfige Auflösungsform der 
Poly ehr omasie u . 

Die abnormen Verklumpungen des basophilen Spongioplasmanetzes 
(Netzsubstanz) habe ich in der erwähnten Studie und in meinen 
Arbeiten über die basische Substanz der Erythrocyten im „dicken 
Tropfen“ gerade auch für Bleivergiftungen in allen Übergängen be¬ 
schrieben und abgebildet-). 

Ich hoffe, daß die wörtliche Übereinstimmung unserer Definitionen, 
die übrigens auch den Anschauungen Askanazys und Pappenheims 
nahestehen, dazu beiträgt, die immer wieder auftauchende, unhalt - 
bare , karyogen-regenerative Abstammung der basophilen Punktierung 
(P. Schmidt , Naegeli , Kreibich, Le Blanc u. a.) nun endlich auch aus 
den klinischen und experimentellen Arbeiten verschwinden zu lassen. 

*) Gustav Fischer , Jena. 

2 ) Siehe besonders , ; Anl. z. Diagn i. dicken Bluttropfen I. AuH. 1917 
{G. Fischer), ausführlicher Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 234. 548 
und 582 ff. 1921. 


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Autorenverzeiehnis. 


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klärung der Pathogenie der Myeli¬ 
tiden nach Schutzimpfung gegen 
Lyssa. S. 432. 

Botteri , Johann Hugo, über Echino- 
kokken-Anaphylaxie. S. 199. 

Edelmann , Fritz. Über Ursache und 
EntstehungderAderlaßlipämie. S. 221. 

Hagemann , Erich. Die Spezifität der 
Tuberkulinreaktion. Vergleichende 
Untersuchungen mit Tuberkulin und 
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Hecht , Adolf F. und Julius Langer. Über 
die Resorption von medikamentösen 
Klysmen bei Kindern. S. 168. 

Hopmann, B. und R. Schüler. Über die 
Variation der relativen Erythrocyten- 
menge und ihre Abhängigkeit von 
wechselnder Verteilung der Erythro- 
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drucksteigerung. I. Experimentelle 
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bestimmung. II. Mitteilung. Colori- 
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Starlinger , W. s. V. Kollert. 

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