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Case
Shelf
HARVARD UNIVERSITY.
LIBRARY
OF THE
PEABODY MUSEUM OF AMEBIOAN
AB0EE0L0GY AND ETHNOLOGY.
Bought I^O«? 1^7.
ZENTRALBLATT
FÜR
ANTHROPOLOGIE
IN VERBINDUNG MIT
F. v. LUSCHAN * H. SEGER * G.THILENIUS
HERAUSGEGEBEN VON
GEORG BUSCHAN
XIII. JAHRGANG 1908
BRAUNSCHWEIG
DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN
1908
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. v. Luschan, H. Seger, G. Thileniog
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 1. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeines, Methoden*
1. Bericht über die Tätigkeit des Anthropologischen Instituts am
Museum für Gewerbe und Landwirtschaft in Warschau (poln.).
Swiatowit 1906, Bd. VII, p. 115—117.
Dieses Institut besteht seit 1905; es hat bisher anthropologische Unter-
suchungen der menschlichen Reste mehrerer prähistorischer Fundstätten in
Polen vorgenommen. Auch einige selbständige Gräbergrabungen wurden von
diesem Institut ins Werk gesetzt. R. F. Kaindl- Ceernowitz.
2. Eugen Fischer: Jahresbericht der Literatur über Physische
Anthropologie im Jahre 1905. Sonderausgabe aus Schwalbes
Jahresbericht über die Fortschritte der Anatomie und Ent-
wickelungsgeschichte. N. F. Bd. XI, Abt 3; Jena, G. Fischer,
1907.
Dieser stets hochwillkommene Bericht wird diesmal von den Anthropo-
logen mit um so größerer Freude aufgenommen werden, als Herausgeber und
Verleger auf Anregung des Verfassers eine dankbar zu begrüßende Neuerung
trafen: dieser Teil der bekannten Schwalbeschen Jahresberichte wird
nämlich von jetzt an (zu dem mäßigen Preise von 4 M.) separat zu haben
sein. Dadurch werden auch alle die glücklicherweise an Zahl stets zunehmenden
Freunde der Anthropologie, die nicht speziell Anatomen sind, in die Lage
versetzt sein, dieses fast unentbehrliche Handwerkszeug des anthropologischen
Forschers mit Leichtigkeit sich beschaffen zu können. Nur für speziellere
osteologische Arbeiten mußte öfter, um Wiederholungen zu vermeiden, auf
Referate im speziell anatomischen Teile des Jahresberichtes verwiesen werden;
künftig soll aber gerade aus dem Kapitel „Kopfskelett" das anthropologisch
Wichtige in die Sonderausgabe herübergenommen werden. Die Menge der
aufgezählten Titel erreicht, trotz dieser Einschränkung, die stattliche Anzahl
von 521 Nummern. — Was die Anordnung betrifft, so möchte Ref. auf einen
kleinen, aber stets von neuem empfundenen Mangel aufmerksam machen : die
Titel sind in alphabetischer Reihenfolge, nach verschiedenen Hauptabschnitten
geordnet, aufgezählt und mit einer laufenden Nummer versehen, die später
bei der Besprechung der betreffenden Schrift im Text wieder angeführt
wird; im Text ist die Anordnung nun aber natürlich nicht nach der laufenden
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. ]
2 A. Referate. Allgemeines, Methoden.
Nummer, sondern nach der sinngemäßen Zusammengehörigkeit getroffen;
sollte es eine zu große Belastung der Drucklegung bedeuten, wenn im
alphabetischen Verzeichnis hinter jedem Titel, falls die Schrift im Text be-
sprochen wird, die Seite angegeben würde, wo das geschieht? (Der Stern
für die nicht besprochenen Schriften könnte ja dafür fortfallen.) Man würde
dadurch viel Zeit, die mit Hin- und Herblättern verloren geht, sich ersparen
können !
Hoffentlich rechtfertigt der Erfolg die von der Verlagsbuchhandlung ge-
hegte Erwartung, daß diese Sonderausgabe einem Wunsche weiterer Kreise
entgegenkommt! Die vom Verfasser ausgesprochene Bitte, ihn zu unter-
stützen durch Zusendung von Sonderabzügen, besonders solchen Schriften,
die an schwer zugänglicher Stelle erscheinen, sei gleichfalls, im allgemeinen
Interesse sowohl wie im eigensten Interesse der Autoren, weiten Kreisen zur
Berücksichtigung empfohlen! P. Bartels-Berlin.
8« Gustav Wolff: Die Begründung der Abstammungslehre.
München, E. Reinhardt, 1907.
Wolff ist bekanntlich ein scharfer Gegner der Selektionstheorie oder
des Darwinismus. Vorliegende Arbeit zeigt dies von neuem. Besonders be-
achtenswert (weil von vielen nicht beachtet) erschien mir in seiner Ausein-
andersetzung der Nachweis, daß der Gedanke der Deszendenz wohl zu allen
Zeiten bei Naturforschern auftauchte, aber niemals in Details ausgearbeitet
wurde. Dies geschah erst durch Darwin, der damit solchen Erfolg hatte, weil
der Materialismus, auch eine alte Geistesrichtung, dem Zeitgeist entsprach,
und Darwin eben diesen Materialismus stützte. Darwin versuchte es, die
Deszendenz iu beweisen, er tat tatsächlich nichts anderes, als sie durch ge-
wagte Vergleiohungen unserem Verständnis etwas näher zu bringen. Alle seine
Beweise konnten der Kritik nicht standhalten, wie Wolff in früheren Arbeiten
ausführlich darlegte. — Auch der Lamarekismus ist ganz ungenügend, um
uns die Deszendenz zu erklären. Jeder Erklärungsversuch, der bisher ge-
geben wurde, streitet mit wissenschaftlichen Tatsachen oder logischen Schluß-
folgerungen. Gleiohes kann man nicht von einer Deszendenzlehre sagen, die
man nicht weiter tu erklären versucht. Wenn zwei Dinge gleich gebaut sind,
dann ist logisch niohts dagegen anzunehmen, daß sie voneinander abstammen,
aber was hilft uns das, wenn wir uns keine Vorstellung davon machen
können, wie das eine sich aus dem anderen entwickelte. Welchen Nutzen hat
aber eine wissenschaftliche Hypothese, wenn sie etwas unserem Verständnis
nicht näher bringt?
Ihren Nutzen erweist dann Wolff in folgender Weise: Gesetzmäßig ist
nach Wolff in der Natur nur die Zweckmäßigkeit; mit dieser Zweckmäßig-
keit streiten die rudimentären Organe, es sei, daß man diese am ausgebil-
deten Tiere oder nur embryologisch wahrnimmt Hier ist also ein Gegensatz
vorhanden, den wir uns durch eine Hypothese erklären müssen; zu diesem
Zwecke läßt sich nun die Deszendenzlehre verwenden. So hat uns die Zweck-
mäßigkeit zur Deszendenztheorie geführt; Verfasser schließt mit dem Satz:
Die Teleologie ist die einzige Begründung der Abstammungslehre.
Die Zweckmäßigkeit erklärt weder Lamarekismus noch Darwinismus;
denn beide setzen Körper voraus, die zweckmäßig reagieren können, sie
fangen also beide damit an, etwas als existierend anzunehmen, was sie er-
klären sollen.
Zum Schluß bestreitet Wolff dann noch die teleologische Form des
Lamarekismus, welche durch Pauly eingeführt wurde. Auch Pauly erklärte
A. Referate. Allgemeines, Methoden. 3
die Wirkungsweise des teleologischen Prinzips nicht; über dieses, das auch
Wolff annimmt, wissen wir überhaupt nichts.
Da viele sich nie darüber klar werden, ob der Darwinismus, dem sie
anhängen, philosophisch begründet ist, so ist diese Schrift Wolff 8, wie alle
seine vorhergehenden, als Gedanken anregend sehr zu empfehlen.
Kohlbrugge- Utrecht.
4. Karl Pearson: The scope and importance to the State of the
science of National Eugenics. 45 S. Journal Oxford University
Junior Scientific Club. London, Aug. 1907.
Nach Pearson ermangeln zurzeit die Statistiker, Sozialreformer, Ärzte
usw., die sich mit den Problemen der Eugenik befassen, nur allzuoft in kläg-
lichem Maße der hierzu nötigen Vorschulung. Doch erwartet er hierin schon
von einer nahen Zukunft Besserung: Er glaubt, daß in 20 Jahren jede
Universität, wie jetzt nur die in London, ein „Laboratorium für National-
eugenik" haben werde, und daß ein vorurteilfreies Studium der Eugenik all-
gemein unter die akademischen Fächer aufgenommen sein werde. Um zu
verstehen, wie eine Nation leiblich und geistig kräftiger und im Weltdaseins-
kampf tüchtiger wird, dazu genüge das Studium «der Philosophie und der
politischen Geschichte nicht. Aber auch die bisherige Anthropologie ein-
schließlich der Cranio- und sonstigen Anthropometrik habe in dieser Üinsicht
kein einziges Gesetz zu zeigen vermocht Die erste Aufgabe der Staatskunst
sei es doch, dafür zu sorgen, daß die Nation leiblich und geistig gesund sei.
Hierzu ist nach Pearson die wichtigste Bedingung die, daß die geistig und
leiblich tüchtigeren Typen eine überwiegende Fruchtbarkeit entfalten. Von
der Kasseent Wickelung hänge auch die fortschrittliche oder rückschrittliche
gesellschaftliche und politische Entwickelung der Völker ab.
Nun bestehe aber ein Antagonismus zwischen hoher Zivilisation und
Rassereinigung durch natürliche Auslese. Mittels irgendwelcher Milieu-
verbesserungen, die nicht Selektion der Keime bedeuten, sei keine Rasse-
reinigung möglich. Erzieherische Erfolge an Verbrechern oder hygienische
Erfolge bei tuberkulösen, neuropathischen usw. Individuen verdecken bloß
die Entartung hinter einer Anhäufung aufgehaltener Entarteter. Das Heil
liege nur in einer bewußten Rassekultur. Aber die Ausschaltung der Un-
tüchtigen von der Fortpflanzung sei nur die eine Seite der Eugenik; die andere
bestehe in der Anwendung der Vererbungsgesetze zur Begünstigung der Ver-
mehrung der wertvolleren Typen und zu deren Vervollkommnung.
Mittels einer Tafel, welche die Fruchtbarkeit der Taubstummen, der
Tuberkulösen, der Verbrecher und der Geisteskranken im Vergleich mit den
mehr normalen Personen darstellt, wird gezeigt, daß unter den heutigen
sozialen Bedingungen die degenerierten Konstitutionen mehr als die
normale Zahl von Nachkommen zu haben pflegen. Von den sonstigen
statistischen Ergebnissen und Berechnungen, die Pearson in dieser Arbeit
bietet, mag erwähnt werden, daß nach seiner Berechnung 55 bis 75 Proz.
der menschlichen Todesfälle nicht durch Zufälligkeiten bedingt, sondern
selektiv wären, ferner daß die zwei oder drei Erstgeborenen einer Familie
einen relativ größeren Beitrag zur Tuberkulose, zur Kriminalität, zu den
Geisteskrankheiten und sonstigen psychischen Defekten liefern als die später
geborenen Kinder.
Es gereicht dem Referenten zu großer Genugtuung, konstatieren zu
können, daß die leitenden Gedanken dieser Schrift völlig mit den Grund-
anschauungen der „Vererbung und Auslese" des Referenten übereinstimmen,
1*
4 A. Referate. Allgemeines, Methoden.
wahrend er allerdings betreff» ma n che r der hier berichteten Einzelheiten
Bedenken hegt. W. Schallmayer-München.
5. Y. Franz: Zur Frage nach den geschlechtsbestimmenden Ur-
sachen. Die Umschau 1907, Jahrg. XI, Nr. 38.
Von erwachsenen Menschen kommen auf 1000 Männer 1003 Frauen. Man
hat das Geschlecht der Kinder abhängig gemacht einmal vom Altersverhältnis
der Eltern (war die Mutter älter als der Vater, so sollten mehr Mädchen
geboren werden und umgekehrt, während ältere Frauen im allgemein mehr
Knaben zu gebären scheinen), ferner vom Temperament der Eltern, und endlich
hat man dem Ernährungszustand besonders der Mutter einen bestimmenden
Einfluß zugeschrieben. Beobachtungen im Tier- und Pflanzenreich lassen daran
denken, daß ungünstige Lebensbedingungen die Erzeugung männlicher Pro-
genies begünstigen, daß also die Erzeugung eines männlichen Nachkommen
als eine geringere Leistung der Mutter anzusehen ist (Schulze), bekannt
ist, daß der als Futterpflanze angebaute Mais fast nur die männliche Rispe
entstehen läßt, während die einzeln wachsende, also unter günstigeren Lebens-
bedingungen stehende Pflanze auch den weiblichen Kolben trägt. Issako-
witsch hat an Daphniden experimentell nachgewiesen, daß bei Hunger- und
Kältekulturen die Neigung zu männlicher Nachkommenschaft hervortritt.
Ein noch besseres Beispiel bietet die Scholle dar, welche unter den ihr un-
günstigeren Bedingungen der salzärmeren Ostsee nach Osten zu mehr und
mehr an Häufigkeit und Größe einbüßt und damit auch mehr und mehr die
dem männlichen Typus ähnlichen Charaktere annimmt. Auch wird die Ost-
seescholle früher geachlechtsreif als die Nordseescholle, wie überhaupt die
Männchen diese Reife früher erlangen als die Weibchen. Umgekehrt kommt
die Flunder in der salzreicheren Nordsee schlechter fort und entwickelt hier
mehr die männlichen Charaktere.
Interessant sind ferner die Versuche Hertwigs, welcher nachwies, daß
verfrüht gereifte und überreife und künstlich befruchtete Froscheier vor-
wiegend zu männlichen Tieren werden. Ebenso fiel auch ein Vergleich von
normal gelegten und überreifen Eiern des Wasserfrosches zugunsten dieser
Theorie aus, indem von den ersteren mehr als die Hälfte zu Weibchen, von
den überreifen (97) Eiern fast sämtliche zu Männchen wurden. Nach seinen
Mitteilungen auf der Rostocker Zoologenversammlung hat derselbe folgendes
beobachtet: Von den abgelegten Eiern eines Frosches wurde die erste und
vierte Portion — also die früh- und überreifen Eier — in einem größeren
Prozentsatz zu Männchen, die mittleren zwei Portionen zu Weibchen. Er
schließt hieraus eine gewisse Sexualitätskurve. Im allgemeinen scheinen
mangelhafte Ernährung, Frühreife, Kälte usw. nur als mittelbare, den Er-
nährungszustand herabsetzende und so als geschlechtsbestimmende Faktoren
zu wirken. So wird es verständlich, daß in stickstoffärmeren Nährlösungen,
verdünnter Luft u. a. bei Pflanzen männliche Geschlechtsorgane, in Stickstoff-
reicheren Lösungen, Licht usw. dagegen weibliche Geschlechtsorgane vor-
wiegend zur Ausbildung gelangen.
Nach der von Hertwig aufgestellten Hypothese über die Geschlechts-
entstehung hängt diese davon ab, ob die Keimplasmarelation ( — ) eine sehr
hohe ist, in welchem Falle sich ein männliches Individuum ausbildet, während
bei reichlicher Kernmasse ein weibliches entstehen soll. Während Hertwig
ferner einen geschlechtsbestimmenden Einfluß des Spermatozon experimentell
nicht nachweisen konnte, zeigten jedoch seine verschiedenen mit Fröschen
A. Referate. Anthropologie. 5
angestellten Versuchsreihen, daß nicht nnr der Mutter, sondern auch dem
Vater ein wichtiger Einfluß auf die Entwickelungs- und Lebensfähigkeit der
Progenies zuzuweisen ist. Dr. Kellner-Untergöltzsch.
II. Anthropologie.
6. Therese Wolff: Beiträge zur Anthropologie der Orbita. 63 S.
m. 5 Tafeln. Inaug.-Dis«. z. Erlang, d. philos. Doktorwürde.
Zürich 1906.
Die auf Anregung Martins ausgeführte Arbeit stellt unsere gesamten
Kenninisse über die Anthropologie der Orbita zusammen und bietet durch
die zahlreichen systematischen Messungen, die sich nicht nur auf die Orbitn
beschränken, einen wertvollen Beitrag zum Kapitel der Korrelationen des
Gesichtsskeletts. Das Material bestand aus 303 Schädeln verschiedenster
Herkunft. Die Verfasserin unterzieht die üblichen Meßmethoden der Orbita
einer Kritik und schlägt an Stelle des Dacryon und des Lacrimalpunktes den
Maxillo - Frontalpunkt als Ausgangspunkt für die Breitenbestimmung vor.
Derselbe ist durch den Schnittpunkt des verlängerten Innenrandes der Orbita
mit der Sutura naso - frontalis gegeben. Die Einteilung des Orbitalindexes
erfolgt nach folgenden Zahlen: x — 75,9 chamäkonch, 76 — 84,9 mesokonch.
85 — x hypsikonch. Die Korrelationen zum Obergesichtsindex sind viel
regelmäßigere als bei den alten Maßen, da die Variabilität des Tränenbeins
fortfällt. Mesoprosopie ist meist mit Mesokonchie, Chamäkonchie fast nie-
mals mit Leptoprosopie kombiniert.
Die Biorbitalbreite entspricht im allgemeinen der Jochbogenbreite, nur bei
oligenkephalen Schädeln besteht ein Mißverhältnis. Dagegen ist der Interorbital-
index (Verhältnis der Inter orbitalbreite zur Biorbitalbreite) eine ziemlich variable
Zahl. Bei niedriger stehenden Rassen (Australier, Feuerländer, ßotokuden,
Grönländer) scheint die Interorbitalbreite verhältnismäßig klein zu sein. Die
Verfasserin maß im ganzen sechs verschiedene Interorbitalbreiten (drei vordere
dem Dacryon, Lacrimal- und Maxillo-frontalpunkt entsprechend, zwei mittlere,
und zwar eine obere und eine untere, und eine hintere am Foramen opticum).
Die Interorbitalbreite wächst mit Ausnahme einiger Typen nach hinten zu.
Die Länge der Orbita wände wurde mit einem eigens konstruierten Orbito-
meter bestimmt; meist ist die laterale Wand länger als die mediale, die obere
länger als die untere Die Abweichung der durch inneren und äußeren Orbital-
rand gelegten Ebene von der Frontalebene (gemessen mit dem Goniometer),
hängt in erster Linie von dem größeren oder geringeren Hervortreten des
Jochbeines ab.
Verfasserin studierte ferner den Anteil der einzelnen Knochen am Auf-
bau der Orbita. Das Tränenbein zeigt eine große Variabilität, namentlich
bei Vergleich verschiedener Rassetypen. Beim Europäer ist das Os lacrimale
hoch und schmal und liegt dem Orbitalrand nahe, während es bei Ostasiaten
kurz und breit ist und sich mehr vom Orbitalrand entfernt. Die Höhe des
Dacryon über der durch den tiefsten Punkt des unteren Orbitalrandes ge-
legten Ebene weist dementsprechend große Verschiedenheiten auf, indem sie
bei Europäern und Ägyptern größer ist als bei Ostasiaten und Ozeaniern.
Ob das Mongolenauge mit durch diesen Befund zu erklären ist, vermag die
Verfasserin an der Hand ihres lediglich osteologischen Materials nicht zu
entscheiden. Auffällig klein wurde das Tränenbein bei Papua, Maori und
Timoresen befunden. Der Anteil des Stirnbeines an der Konfiguration der
Orbita variiert ebenfalls; beim Europäer hilft es mehr beim Aufbau der late-
6 A. Referate. Anthropologie.
ralen Wand, beim Papua, Maori, Amerikaner and Ostasiaten mehr bei dem
der medialen Wand. Auf die weiteren Einzelheiten der 63 Seiten starken
Arbeit kann nicht eingegangen werden. Es möchte jedoch nicht unerwähnt
bleiben, daß die Beziehungen der Profilneigung des Orbitaeinganges zum
Profilwinkel des Obergesichts vielleicht ein näheres Studium verlohnt hätten,
um zu entscheiden, inwieweit die Orbita an der bei zunehmender Gehirn-
entwickelung wahrscheinlich stattfindenden Drehung des Obergesichtes teil-
nimmt.
Der Arbeit sind 13 Photogravüren beigegeben, welche einige charakte-
ristische Typen veranschaulichen. M. Friedemann-Berlin.
7. 0. Reche: Über den Nasenindex. Korrespondenzbl. d. deutsch,
anthropol Ges. 1907, Jahrg. XXXVIII, Nr. 7.
Verfasser übt an dem bisherigen Nasenindex Kritik und kommt zu dem
Schluß, daß derselbe zur Charakterisierung der Nase nicht genügt. Die scharfe
Trennung der tierischen von der menschlichen Nase ist mit einem Nasenindex,
der das Verhältnis von Nasenlänge und Nasenbreite ausdrückt, nicht dar-
zustellen. Denn ein niedriger Index würde auch bei einer sehr langen Nase,
wie sie den Tieren eigentümlich ist, möglich sein. Was die Nase des Menschen
so scharf von der des Tieres scheidet, ist die größere Höhe des Nasenrückens;
als weiterer Unterschied kommt ferner die Länge der Nase und die Breite
der Apertura pyriformis in Betracht. Der Verfasser sucht daher diese drei
Maße in einem Index zu vereinen. Als Maß für die Höhe des Nasenrückens
nimmt der Verfasser die Differenz des Bogens, den die Nasalia an der Stelle
der kleinsten Nasenbreite bilden, von der zugehörigen Sehne. Diese Differenz,
erhält ein positives Vorzeichen, wenn die Wölbung der Nasenbeine gegen-
einander konvex, ein negatives, wenn sie konkav ist. Zur Bestimmung der
Bogenlänge verwendet der Verfasser ein 2 mm breites Maßband aus Pauslein-
wand. Multipliziert man die Differenz mit 100 und dividiert das Produkt
durch die Breite der Apertura pyriformis, so erhält man einen Index, welcher,
wiederum mit 100 multipliziert und durch die Nasenlänge dividiert, den
eigentlichen Nasenindex ergibt. Mit diesem Index lassen sich die Formen-
unterschiede der Nase sehr gut zum Ausdruck bringen. Uie niedrigen Index-
werte bezeichnen die niedrig-, die hohen die hochstehenden Nasenformen.
Die Trennung von menschlicher und tierischer Nase kommt in dem Index
deutlich zur Geltung. Den niedrigsten Index haben in der Tabelle des Ver-
fassers unter den menschlichen Nasen die Analeute und Kongoneger, deren
Index sich von dem des Gorilla nicht sehr unterscheidet, den höchsten Index
die Hamburger. Nicht in die Reihe paßt der Hylobates lar d", dessen abnorm,
hohen Index der Verfasser durch eine ausgeprägte Kürze der Nase erklärt.
Die Analeute, Karolinenleute, die Moriori, die Vitiinsulaner und die Tiroler
zerfallen in Hinsicht auf den Nasenindex in zwei Typen, was nach der An-
sicht des Verfassers auf Rassenmischung zurückzuführen ist. Daß sich die
Mannigfaltigkeit der Nasenformen auch nicht in diesem Index zur zahlen-
mäßigen Darstellung bringen läßt, gibt der Verfasser selbst zu. Hierin teilt
der Index das Schicksal fast aller anthropologischen Maße. So läßt es sich
z. B. einem niedrigen Index nicht ansehen, ob er auf eine größere Länge der
Nase, eine größere Breite der Apertura pyriformis oder auf eine geringe Höhe
des Nasenrückens zurückzuführen ist; es wird jedenfalls noch eine Nach-
prüfung der Resultate des Verfassers an einem umfangreicheren Material
nötig sein, bevor sich die Brauchbarkeit des neuen Index mit Sicherheit wird
beurteilen lassen. M. Friedemann-Berlin.
A. Referate. Anthropologie. 7
8. Camillo Tovo: Sur la suture palatine transverse chez les crimi-
nels. Mit 3 Figuren. Archivio di psich. 1907. Vol. XXVIII,
p. 464 — 468.
Nach den Untersuchungen von Stieda und Eillermann herrscht von
den drei von den beiden Autoren unterschiedenen Verlaufsformen der queren
Gaumennaht an normalen Europäerschädeln der erste Typus, d. h. die nach
vorn konvexe Linie mit interpalatinem vorderen Fortsatz vor; die beiden
anderen Typen sind weniger häufig. Tovo studierte das Verhalten der
Naht an 130 männlichen normalen und 148 männlichen (erwachsenen) Ver-
brecherschädeln (zumeist aus Oberitalien stammend), sowie an 98 weiblichen
normalen (aus Piemont) und 311 weiblichen Verbrecherschädeln (aus ganz
Italien, vorwiegend aber aus dem Süden stammend).
Es wiesen auf von den Schädeln:
Typus I
(nach vorn ge-
bogene Naht)
Proz.
Typus II
(gerade Naht)
Proz.
Typus III
(nach rückwärts
gebogene Naht)
Proz.
58
1 17,2
24,8
71
| 16,8 |
12,2
49
1 28,0
28,0
62
1 24,8 |
15,2
Normaler Männer . . .
Verbrecherischer Männer *
Normaler Weiber ....
Verbrecherischer Weiber
Aus dieser Zusammenstellung geht deutlich hervor, daß der Typus I
an den Schädeln Krimineller viel häufiger vorkommt als an denen normaler
Menschen.
Bei allen Säugetieren (ausgenommen den Gorilla und das Genus der
Phociden) zeigt die Quernaht des Gaumen fast durchweg eine nach vorn ge-
bogene Linie mit einem gleichfalls nach vorn gehenden interpalatinen Fort-
satz, also den Typus I. Sein Auftreten beim Menschen dürfte daher als
Atavismus zu deuten sein, hingegen das Vorkommen des Typus III als eine
progressive Erscheinung. Buschan- Stettin.
9. Leone Lattes: Asimmetrie cerebral! nei normali e nei delin-
quenti. Archiv, di psichiatria 1907. Vol. XX VIII, faßc. I — II t
p. 1—22; 1 Tafel.
Lattes untersuchte 100 links- und rechtsseitige Hemisphären des ana-
tomischen Instituts in Turin auf ihre Asymmetrien und fand zunächst eine
Differenz im Gewichte zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte.
Nach Boroca beträgt dieselbe 2g bei den Männern, einige Gentigramm bei
den Weibern. Bei Verbrechern nimmt diese Differenz zu. Die größte Differenz
fanden Giacomini (28g), Saraglia (51g), Lattes (60g). Die Gleichheit
im Gewichte beider Hemisphären gibt Giacomini mit 13,5 Proz., Chiarugi
mit 13 Proz., Tenchini mit 2S Proz., Lattes mit 5 Proz. an. Überdies
ergaben sich jedoch auch morphologische Asymmetrien der Hemisphären, und
zwar besonders im Lobus parietalis und Lobus occipitalis. Dem Sulcus lunatus
(Affenspalte) spricht Lattes eine besondere degenerative Bedeutung ab.
Dr. v. Hovorka-Wien.
10. Siffre: Rapport de Tos et de la dent, ä propos d'une raandibule
de Gorille fracturee au raoment de la formation de la 3 e mo-
laire. Bullet, et Mem. de la Soc. d'Anthropol. de Paris 1906.
Tome VII, p. 385-392.
8 A. Referate. Anthropologie.
Am Unterkieferknochen eines männlichen Gorilla stellte Siffre eine
Fraktur fest, welche während des Wachstums des dritten Molarzahnes statt-
gefunden haben dürfte. Der Knochen wies eine einseitige, am linken Kiefer-
winkel lokalisierte Formveränderung auf, welche sich in einer Verschiebung
der linksseitigen Kieferachse, sowie der Muskelansätze kundgab. Die Ab-
wesenheit des zweiten Molarzahnes gestattete ein Vorrücken des dritten nach
vorn, welcher zugleich den Platz des ersteren einnahm. Die anfänglich auf-
tretende Hypertrophie des Knochens ist mit der Zeit wieder zurückgegangen,
und zwar in jenem Moment, in welchem die Folgen des Traumas ge-
wichen sind. Dr. v. Hovorka- Wien.
11. Kiewit de Jonge: De verhouding van den borstomvang tot de
lichaamslengte en de uitzetting van den Thorax bij inlanders.
Geneeskdg. Tijdsohrift v. Nederl. lndie 1907. B. XLV1I.
Für den Europäer nimmt man an, daß der Brustumfang wenigstens die
Hälfte der Körperlänge betragen soll; viele Lebensversicherungsgesellschaften
werden Leute zurückweisen, welche dieser Anforderung nicht genügen. In der
vorliegenden Arbeit wird nun gezeigt, daß bei Javanen und Ambonesen der
Brustumfang relativ kleiner ist als bei Europäern, denn von 550 Männern
(fast nur Soldaten reiferen Alters) besaßen 260 einen kleineren Brustumfang,
als der Hälfte der Körpergröße entspricht. Im Durchschnitt betrüg das Ver-
hältnis 1:49-, dabei sind die Javanen (339) 161,1, die Ambonesen (145)
162,5 lang. Übrigens weisen die kleineren Soldaten (wie in Europa) relativ
größeren Brustumfang auf. Die Ausdehnung des Brustkorbes bei tiefer
Inspiration ist schwer zu bestimmen, denn jeder Untersucher findet hier andere
Zahlen, die Zunahme schwankt bei diesem Material zwischen 1,54 und 2,92.
Alles hängt hier von der Methode, dem Handhaben des Meßbandes ab, so
daß Zahlen zweier verschieden geübter (nicht in gleicher Weise ausgebildeter)
Forscher nicht miteinander verglichen werden können. — Die Messungen,
wie sie für Lebensversicherungsgesellschaften geschehen, sind denn auch
wertlos. Für die Bestimmung des Brustumfanges und der inspiratorischen
Zunahme ist es gleichgültig, ob bei hängenden oder erhobenen Armen ge-
messen wird. Kohlbrugge-Utrecht.
12. Franz von Neugebauer: Zusammenstellung der Literatur über
Hermaphroditismus beim Menschen. Jahrbuch f. sexuelle
Zwischenstufen 1906, VIII, S. 685—700.
Auf das Verdienstliche dieser Zusammenstellung haben wir bereits im
Jahrgang X, S. 329 dieses Blattes hingewiesen. Der vorliegende Bericht
ergänzt den vorigen (1905) um 121 Nummern über menschliche und
9 Nummern über tierische Zwitterbildung. Buschan- Stettin.
18. Kathinka v. Rosen: Über den moralischen Sehwachsinn des
Weibes. 48 S. Halle, Marhold, 1906.
Der unerfreuliche Ausblick, daß die erstrebte Gleichstellung des Weibes
mit dem Manne außer anderem notwendig eine Umgestaltung vieler sozialer
Verhältnisse und Werte zur Foljje haben muß, darf nicht dazu führen, jenes
Streben mit ungerechten, kleinlichen Mitteln, verallgemeinernden unbewiesenen
Behauptungen zu bekämpfen. Nur der naturwissenschaftliche und soziale
(s. v. v.) Beweis, daß eine gesunde Frauenbewegung ungerechtfertigt, schäd-
lich und so kontraindiziert sei, hat hier Platz. In ihrer Schrift begeht Ver-
fasserin dieselben Fehler wie Möbius: sie verallgemeinert und unterscheidet
A. Referate. Anthropologie. 9
noch weniger als jener gesunde und kranke, Durchschnitts- und Ausnahme-
personen. In dieser Weise würde es nicht schwer halten, den Beweis für
den physiologischen und moralischen Schwachsinn des Mannes anzutreten.
Diejenigen Eigenschaften, welche Verfasserin zu ihrer Philippika ereifern, er-
scheinen ihr beim Manne als Ausnahme, als Ausfluß von Krankheit. Bis auf die
wenigen Elitenaturen ist nach Eathinka v. Rosen das Weib eine moralische
Mißgeburt: „Für die meisten ist Mitleid und Teilnahme ein Sport" (S. 19),
„der Zug von Grausamkeit ist in milder Form bei allen vorhanden" (S. 13),
„sie ist es, die jede menschliche Regung in ihm (d. h. dem Manne) erstickt"
(S. 12); dagegen haben die von Männern ausgeführten Verbrechen durch-
schnittlich einen Zug ins Große (S. 12), und der grausame Mann gehört zu
den belasteten, weibähnlichen Geschöpfen (S. 15). In der Ausübung der als
weiblich besungenen Eigenschaften ist der Mann der Frau häufig „über"
(S. 20); das Weib ist moralisch feige, sein Hauptfehler ist Unwahrheit
(S. 29), seine Fähigkeit zu lieben wird überschätzt. Die Mädchen der „unteren
Klassen u erkundigen sich häufig vor dem Wege zum Standesamte nach
Mitteln gegen die Empfängnis (S. 37). Diese Blütenlese, deren Sinn sich
auch im Zusammenhang nicht ändert, charakterisiert das Buch; wenn dieses
sich gegen einen bestimmten Teil der hypermodernen Frauen richtete, wäre
«8 anzunehmen, so aber liefert es keinen Beitrag zur Naturgeschichte des
Weibes. Daran ändert auch das von Möbius seinerzeit geschriebene Vor-
wort nichts. Dr. Kellner-Untergöltzsch.
14. Griinhaum: Milchsekretion nach Kastration. Deutsche med.
Wochenschr. 1907, Nr. 26.
Es ist noch nicht sichergestellt, ob als letzte Ursache der Milchsekretion
post partum der nervöse Reiz, vermehrter Blutzufluß nach den Mammae nach
der Geburt, ob der Ausfall der Sekretionsprodukte der Piacent a oder andere
Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. Bekanntlich ist die Milch Sekretion
nicht allein an die voraufgegangene Schwangerschaft gebunden. Einige Beob-
achtungen, in denen nach Fortnahme der Ovarien Sekretion der Mammae ein-
trat, haben den Verfasser veranlaßt, weitere einschlägige Fälle zu sammeln.
Unter 21 wegen Erkrankung des Uterus oder seiner Adnexe operierten Fällen
trat 14 mal nach Ovariotomie die Sekretion ein, und zwar derart, daß die
Brüste anschwollen und schon bei leichtem Druck Tropfen einer kolostrum-
oder milchähnlichen Flüssigkeit auf der Warze hervortraten, welche auch bei
mikroskopischer Untersuchung den Milchcharakter erwiesen. Besonders be-
weisend erschien ein Fall, in welchem schon früher die Ovarien bis auf einen
kleinen, die Menstruation noch auslösenden Teil entfernt waren, und die
Sekretion eintrat, als auch dieser entfernt worden war. Ob die Frauen schon
geboren oder überhaupt nicht geboren hatten, war einerlei. Die Sekretion
begann gewöhnlich etwa drei Wochen nach der Kastration und hielt wenige
Tage bis vier Monate an. Dr. Kellner-UntergÖltesch.
15. Lommatsch: Bemerkenswerte Ergebnisse der Statistik der
Zwillingsgeburten im Königreich Sachsen. Die Umschau
1907, Jahrg. XI, Nr. 40.
Wie die Verhältniszahl der Totgeborenen bei Einzelgeburten dank der
vorgeschrittenen geburtshilflichen und Wohlfahrtseinrichtungen seit Jahren
«inen Rückgang zeigt (z. B. gegen den Zeitraum von 1881 bis 1885 mit
3,79 Proz., im Zeitraum 1901 bis 1905 3,44 Proz.), so ist dieser Rückgang
bei den Zwillingsgeburten besonders intensiv: 1881 bis 1883 7,65 Proz. gegen-
10 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
über 1901 bis 1905 mit 5,81 Proz. Wesentlich tritt der Rückgang hervor
bei den Zwillingsgebnrten mit einem toten Kinde.
Betreffs des Geschlechtes hat sich seit 50 Jahren ein regelmäßiges An-
steigen der gemischten Zwillingsgebarten gezeigt, und zwar von 35,9 Proz.
in den Jahren 1856 bis 1865 auf etwa 38,0 Proz. neuerdings. Es überwiegen
hierbei die gemischten über die gleichgeschlechtlichen Zwillinge um so mehr,
je mehr Kinder in derselben Ehe vorangegangen waren. So waren beispiels-
weise von den Zwillingsgeburten Primiparer 35,8 Proz. gemischte, bei einer
größeren Zahl vorangegangener Kinder dagegen bis zu 45,2 Proz. Knaben-
zwillingsgeburten gingen vorzugsweise männliche Kinder voraus (unter 1445
Ehen 874 mal, das ist etwa in 60,5 Proz.); bei gemischten Zwillingsgeburten
waren die vorausgehenden Kinder ebenfalls häufiger, wenn auch nicht so-
häufig, Knaben. Weniger deutlich war das Verhältnis bei Mädchenzwillings-
geburten: Bei kleinerer vorausgegangener Kinderzahl überwogen wohl die
Mädchen, bei größerer Kinderzahl dagegen nicht, ja es wurde das Verhältnis
sogar umgekehrt. Man kann also den Schluß ziehen, daß das „Geschlecht
der nachfolgenden Zwillinge vorzugsweise durch die Neigung der Mutter zur
Erzeugung des einen oder des anderen Geschlechts bestimmt wird", daß aber
auch Zwillingen in höherem Maße Knaben vorangehen. Ferner aber scheinen
die Zahlen darauf hinzuweisen, daß mit zunehmender Kinderzahl die mütter-
liche Neigung zur Erzeugung eines besonderen Geschlechtes abnimmt.
Dr. Kellner-UntergöUzsch.
III. Ethnologie and Ethnographie.
Allgemeines.
16. 0. Schneider: Muschelgeldstudien. Nach dem hinterlassenen
Manuskript bearbeitet von Carl Ribbe, herausgegeben vom
Verein f. Erdkunde zu Dresden. 191 S. m. 16 Taf. u. 33 Text-
bildern. Dresden, £. Engelmanns Nach f., 1905.
In jahrzehntelanger mühsamer Kleinarbeit hat ein auch sonst durch
seinen wissenschaftlichen Eifer bekannter Mann alles zusammengetragen, wa»
ihm über Muschelgeld irgend erreichbar schien. Er hat die Vollendung seines
Werkes nicht eilebt, aber der durch seine ethnographischen Sammlungen und
sein Buch „Zwei Jahre unter den Kannibalen der Salomoinseln u bekannte
Reisende Ribbe hat die Drucklegung sorgsam und pietätvoll besorgt.
Naturgemäß ist fast die Hälfte des Buches der Südsee gewidmet, auf
deren Inseln Muschelgeld ja seit jeher eine so große Rolle spielt. Fast ebenso-
groß ist aber der Raum, den die Behandlung des Kaurigeldes einnimmt.
Enthält nun jener erste Teil des Buches eine große Fülle neuer und bisher
wenig bekannter Angaben, so scheint mir doch der das Kaurigeld behandelnde
Teil noch ungleich wichtiger und verdienstvoller. Dieser bildet eine Mono-
graphie von einer fast erschöpfenden Vollständigkeit; von unseren Zeitgenossen
hätte höchstens R. Andree, dieser ethnographische Polyhistor, eine ähnliche
Arbeit leisten können.
Als den meisten Fachgenossen etwas ferner liegend, möchte ich aus
dem reichen Schatze dieser Abhandlung nur die zum Teil auf briefliche
Mitteilungen von Hirth zurückgehenden Angaben über Kaurigeld in China
hervorheben. Das Zeichen pei für Kaurischnecke kommt in Hunderten von
Zusammensetzungen vor, wo immer ein Wort irgend etwas mit Geld, arm,
reich, teuer, billig, Tribut, verschwenden usw. zu tun hat. Ebenso enthält
das Zeichen pau (kostbar, teuer) in seiner modernen Form ein Dach, unter
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 11
dem sich die Zeichen für Nephrit, für Topf und für Kaurischnecke be-
finden — so enthält dieses Zeichen für „kostbar" wirklich alles, was für die
älteste Kultur Chinas überhaupt als wertvoll gelten muß. Auch in Japan
scheint die Kaurischnecke in vorhistorischer Zeit als Geld gedient zu haben,
wie wenigstens ihr heutiger Name dort (takaragai = Muschel des Reichtums)
zu bedeuten scheint. v. Luschan-Berlin.
17. von Luschan: Über Boote aus Baumrinde. Sonderabdruck
aus „Aus der Natur". 1907, 13 S.
Im Periplus maris Erythraei eines anonymen Verfassers (aus der zweiten
Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts) findet sich die Angabe, daß
man sich auf der Insel Menuthias, die heutzutage mit Sansibar identifiziert
wird, für den Fischfang und für die Jagd auf Schildkröten der „naviculae
coosutae et uniligneae" bediente. Verfasser deutet diese Stelle dahin, daß
man sowohl genähte Boote als auch Einbäume benutzt habe (nicht „ genähte
Einbäume u , wie man vordem übersetzte), was auch den tatsächlichen Ver-
hältnissen entspricht. Von der Suaheli-Küste her kennt man Einbäume, und
daß aus Rinde zusammengenähte Boote in der gleichen Gegetnd existieren,
davon konnte sich Verfasser an der Küste von Mocambique persönlich über-
zeugen. Er erwarb hier für das Museum für Völkerkunde zu Berlin ein 5 m
langes, 1,05m breites und in der Mitte 0,33m hohes Boot, dessen Körper
aus zwei nahezu gleichen Stücken Baumrinde (Baumwollenbaum) besteht,
die etwa in der Mitte zusammenstoßen und zusammengenäht sind. Die
Struktur dieses Bootes wird eingehend beschrieben und durch Abbildungen
erläutert. Auf diese Rindenboote bezieht Verfasser sowohl die Nachricht im
Periplus, als auch die der arabischen Schriftsteller des elften Jahrhunderts,
die für die Gegend um Mocambique ausdrücklich „genähte" Boote erwähnen.
— Im Anschluß hieran läßt sich Verfasser noch über das sonstige Vor-
kommen von Rindenbooten aus. Er findet, daß sich dasselbe auf zwei große
ethnographische Provinzen beschränkt, auf den amerikanischen Kontinent
(vor allem auf die großen nordamerikanischen Seen) und Neu-Holland. Einige
typische Stücke werden beschrieben und abgebildet. — Ob es in der Vorzeit
Europas Rindenboote gegeben hat, vermag Verfasser nicht zu entscheiden,
hält es aber in Anbetracht der auffälligen Ähnlichkeit der Worte „ Barke u
und „Borke" englisch = „bork tt wohl für möglich, trotzdem einige Linguisten
„Barke" = Kahn für ägyptischen Ursprungs halten. Buschan- Stettin.
18. Krauss: Anthropophyteia, Jahrbücher für folkloristische Er-
hebungen und Forschungen zur Entwickelungsgeschichte der
geschlechtlichen Moral. Bd. IV, 477 S. Leipzig, Deutsche
Verlagsaktiengesellschäft, 1907. 30 M. '
Auch dieser Band reiht sich seinen Vorgängern würdig an und bildet
eine wahre Fundgrube für den Ethnographen und Kulturforscher. Sie ist
eine Materialsammlung allerersten Ranges und bedarf heute trotz ihres
heiklen Inhalts — heikel natürlich nur für falsche Prüderie! — kaum noch
der Empfehlung oder gar der Entschuldigung. Es sind diesmal eine ganze
Reihe von Aufsätzen, oft sehr kurzen und mannigfaltigen Inhalts. So ver-
anschaulicht Felder sein Solinger erotisches Idiotikon, Aigremont eine sehr
eingehende und ausgezeichnete botanische Studie über erotische Pflanzen-
benennungen im deutschen Volke. Man ist erstaunt über die Masse hierher-
gehöriger Namen. Besonders sind es gewisse Pilze, Orchisarten, die Alraun-
wrrzel, Sedum usw.; die äußere Ähnlichkeit gibt gewöhnlich die Volksnamen,
12 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
selten der Geruch ubw. Interessant sind weiter die „Zeitehen u in Nord-
dalmatien von Mitrovic und die n Zuchtwahlehe tt in Bosnien von Kraus s,
die „Probeehen" darstellen. Ganz ausgezeichnet behandelt v. Bülow das
Geschlechtsleben der Samoaner, und zwar hier nur die Geburt. Moral ist bei
ihnen Befolgung der Landessitte, und doch steht ihre Moral sehr hoch. Den
sog. „ Tropenkoller u führt Verfasser hauptsächlich auf die lange andauernde
geschlechtliche Abstinenz . während der Seereise zurück und identifiziert ihn
so mit dem „ Samenkoller tt des gemeinen Mannes. Wem er t teilt derbe
deutsche Bauern er Zählungen aus dem Ober- und Unterelsaß und Baden mit,
Felder solche aus dem Bergfischen, Apitzsch solche deutscher Matrosen.
Sehr interessant ist ein durch viele und schöne Photographien illustrierter
Aufsatz von Lüdecke über erotische Tätowierungen, der freilich oft zu
Widerspruch reizt, so z. B. wenn Verfasser behauptet, solche Bilder zeugten
stets für starke Libido oder starke Potenz. Sehr lehrreich für die Psycho-
pathologia sexualis sind die Mitteilungen von Amrain, ebenso die erotischen
und skatologischen Sprichwörter der Serben, gesammelt von Karadzic und
erläutert von Krauss, wie auch des letzteren Fortsetzung südslavischer
sexueller Volksüberliefungen. Endlich beschließen eingehende Referate das
Ganze. Med.-Rat Dr. P. Nücke-Hubertusburg.
19. Zeitschrift für Religionspsychologie. Grenzfragen der Theo-
logie und Medizin. Jahrg. I, 1907. Halle, Mai-hold. (Jahr-
gang 10 M.)
Soeben geben Oberarzt Dr. Bresler und Pfarrer Vorbrodt eine Zeit-
schrift heraus, deren erstes Heft vorliegt. Bisher ward die Psychologie in
.der Theologie nur stiefmütterlich behandelt, und alles ging in der Dogmatik
oder Exegese und Textkritik auf. Jetzt soll es anders werden, und man will
die Religion auf eine breite und bessere psychologische Basis stellen, wo sich
alle Konfessionen begegnen können. Nicht nur die Geistlichen sollen hier
mitwirken, sondern vor allem die Ärzte und insbesondere wieder die Psycho-
logen und Psychiater. Die Zahl der Mitarbeiter und der eingelaufenen
Arbeiten ist eine sehr große, das Organ also offenbar sehr zeitgemäß. Das
erste Heft führt sich gut ein und enthält vor allem einen langen Aufsatz von
Vorbrodt über die Grundfragen der biblischen Religionspsychologie und
eine interessante Abhandlung Freuds über die Ähnlichkeiten zwischen
Zwangshandlungen und Religionsübung.
Med.-Bat Dr. P. Näcke-Hubertusburg.
Spezielles.
20. Z. Zaborowski: Zur Frage der Herkunft der Arier (poln.).
Swiatowit 1906, Bd. VII, p. 49—53.
Zaborowski vertritt die Ansicht, daß die Arier nicht aus Asien nach
Europa kamen, vielmehr den umgekehrten Weg zogen. Er bestreitet,
daß es in Asien ein Urvolk der Arier gibt. Das Ergebnis seiner Forschung
unter Benutzung authentischer Traditionen besteht darin, daß die Arier
zwischen 1500 und 1000 v. Chr. aus dem heutigen Rußland nach Asien
zogen. Diese arische Urbevölkerung Rußlands waren hochgewachsene, licht-
haarige Langköpfe. Als nomadisierende Hirten sind sie von hier nach Asien
gezogen. Zaborowski verweist schließlich darauf, daß seine Forschungen
sich mit den auf sprach geschichtlicher Grundlage geführten Forschungen
decken; diese hätten die Urheimat der europäischen Arier ebenfalls nach
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 13
Sudrußland verlegt, also in dasselbe Gebiet, in dem auf Grundlage seiner
Untersuchungen die Heimat der nach Asien gewanderten Arier zu suchen ist.
i?. F. Kaindl-Czernowitz.
21. 0. Kolberg: Zur Volkskunde von Oberschlesien (poln.). Mate-
ryaly anthrop.-archeolog. der Krakauer Akad. 1906, Bd. VIII,
p. 140—212.
Aus dem Nachlasse des verdienten polnischen Ethnographen Kolberg
veröffentlicht S. Udziela Lieder (mit Noten) und Überlieferungen der Polen
aus Oberschlesien. Dazu kommt ein kleines Verzeichnis volkstümlicher Aus-
drücke u. dgl. Den Beschluß macht ein Verzeichnis von Monographien und
Zeitschriften, in denen Beiträge zur Volkskunde Oberschlesiens zu finden sind.
IL F. Kaindl-Ceernowitz.
22. J. 8. 8«: Beiträge zur Ethnographie der Großpolen (poln.).
Materyaly anthrop.-archeolog. d. Krakauer Akad. 1906, Bd. VIII,
p. 3—139.
Die Forschungen behandeln das Grenzgebiet von Schlesien und Polen.
Sie geben eine kurze Charakteristik des Volkes; schildern in Wort und Bild
den Hausbau, die Geräte und ihren Schmuck und geben eine sehr ausführ-
liche Darstellung der Tracht in den verschiedenen Ortschaften. Ferner
werden die Feiertags- und Festgebräuche geschildert, sehr ausführlich die
Hochzeitsfeier (mit zahlreichen Bildern). Auch Überlieferungen und viele
Lieder (mit Noten), ferner Sprichwörter und Beiträge zum Wörterbuch werden
mitgeteilt. Interessant ist die Mitteilung, daß prähistorische Urnen nach dem
dortigen Volksglauben Gefäße sind, in denen die Asche verbrannter Hexen
verscharrt wurde. Ferner wird über den Brauch berichtet, die in den
Getreidespeichern aufgeschütteten Getreidehaufen mit ornamentalem Schmuck
zu versehen. Die Mädchen geben diesen Getreidehaufen zunächst die regel-
mäßige Gestalt von vierseitigen Pyramidenstümpfen und verzieren dann die
obere Grundfläche und die Seitenflächen mittels der Schaufel mit allerlei
Ornamenten, nicht nur, um einem alten Brauche Genüge zu tun, sondern auch
um etwaigen Diebstählen auf die Spur zu kommen. Einige Tafeln im Bunt-
druck (gemalte Koffer, Trachtenbilder) vervollständigen die Arbeit.
R. F. Kaindl-Czernotvitz.
28. A. Bochenek: Materialien zur anthropologischen Charakteristik
der Bevölkerung im Königreich Polen (poln.). Materyaly an-
throp.-archeolog. der Krakauer Akad. 1906, Bd. VIII, p. 69
—76.
Bochenek bietet weitere Beiträge zur Anthropologie der Polen, indem
er über die bäuerlichen Bewohner im Bezirk Mlawa (Gouvernement Plock)
handelt. Er bespricht Wuchs, Schädelbau, Farbe der Augen und des Haares
der Männer und Frauen. Danach ist die Bevölkerung von mittlerem Wuchs,
vorwiegend kurzköpng (81,3 Proz.), helläugig, Haar mitteldunkel oder hell.
Unter den Frauen war die Kurzköpngkeit weniger scharf ausgeprägt; es
entspricht dies also der Annahme anderer Forscher von der Einwanderung
kurzköpfiger Männer aus der Karpathen gegen d (vgl. in demselben Bande der
Materyaly die Arbeit von Rutkowski). Auch zählen die Frauen weit mehr
Dunkelhaarige als die Männer (Frauen 18,5 Proz., Männer bloß 6,5 Proz.).
R. F. Kaindl-Czernowite.
14 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
24. K. Potkanski: Studien über die mittelalterliche Besiedelung
Kleinpolens (poln.). Sprawozdauia der Akad. Krakau 1906,
Bd. XI, Nr. 4.
Potkanski unterscheidet drei Gruppen von Ortsnamen: 1. die patronomi-
schen (Endsilbe -ice); 2. die vom einstigen Begründer und Besitzer herrührenden
(Endsilbe -ow); 3. die physiographischen von den örtlichen Verhältnissen
gegebenen. Indem er deren Verbreitung auf kleinpolnischem Gebiete unter-
sucht, kommt er zu folgenden Schlüssen. Die patronomischen treten zumeist
längs der Flußläufe auf und kommen in größerer Anzahl nebeneinander vor,
besonders an den Oberläufen der Zuflüsse der Weichsel. Die Gegenden, wo
diese Ansiedelungen auftreten, waren schon in prähistorischen Zeiten be-
völkert und zählen zu den fruchtbarsten Gebieten. Im Gegensatz dazu finden
sich die nach ihrem Besitzer genannten Ortsnamen überall zerstreut, zumeist
in weniger fruchtbaren Gegenden. Die physiographischen Ortsnamen treten
ebenfalls zerstreut auf, doch in größerem Zusammenhange mit den Ortsnamen
nach den Besitzern als den patronomischen. Die Erklärung dieses Ergebnisses
der Untersuchung faßt Potkanski dahin zusammen, daß die patronomischen
Ortsnamen die Ansiedelungen der ältesten Ansiedler bezeichnen, welche die
geeignetsten, fruchtbarsten Gebiete besetzten; hier war auch die Bedingung
zur raschen Vermehrung, zur Heranbildung von Stämmen gegeben; daraus
erklärt sich das Vorkommen von patronomischen Ortsnamen dicht neben-
einander in größerer Zahl. Die Ansiedelungen nach dem Begründer und
Besitzer sind von einzelnen Unternehmern und deren Familien begründet
worden; denn die unfruchtbaren Gegenden lockten nicht größere Scharen an.
Die physiographischen Namen sind an diese Beschränkungen nicht gebunden.
Die patronomischen Namen bezeichnen jedenfalls sehr alte Siedelungsstätten ;
doch kann nicht gesagt werden, daß die beiden anderen Namengruppen
nur jüngeren Orten zukommen. R. F. Kaindl-Czernowüz.
25. L. Rutkowski: Anthropologische Charakteristik der Bevölke-
rung von Plorisk und der benachbarten Bezirke des Ptocker
Gouvernements (poln.). Materyaty anthrop.-archeolog. der Kra-
kauer Akad. 1906, Bd. VIII, p. 4-68.
Rutkowski hat im fünften Bande derselben Materialien (1900) eine
anthropologische Charakteristik der Bauern aus Plonsk und Umgegend ge-
boten. Nun setzt er die Mitteilung von anthropologischen Materialien, Maß-
zahlen usw. für die Bäuerinnen derselben Gegend, ferner für die Männer und
Frauen der Schlachta (Adel) fort. Es ergeben sich charakteristische Unter-
schiede zwischen den Bauern und den Schlachtzizen , von denen einzelne sich
wohl aus der verschiedenen Lebensführung, dem besseren Verhältnis der
Adeligen und dergleichen erklären lassen; andere können aber nur von der
verschiedenen Abstammung herrühren, so vor allem die größere Körperhöhe
bei Frauen und Männern aus dem Adelstande, ihre größere Hirnschale, Unter-
schiede im Schädelbau, in der Haupthaar- und Augenfarbe u. dgl. Ver-
fasser versucht sodann die Ergebnisse seiner Untersuchungen mit Rücksicht
auf die neueren Forschungen über den Ursprung der Slaven und ihr Ver-
hältnis zu den Germanen, als auch mit Bezug auf den in letzter Zeit ebenfalls
schon erörterten verschiedenen Ursprung des Adels und des Volkes in Polen
in Zusammenhang zu bringen. Er wendet sich gegen die Anschauung, daß
die Germanen Lang-, die Slaven Kurzköpfe gewesen seien. Die Polen ins-
besondere seien aus einer Mischung einer kurzköpfigen Rasse entstanden,
deren Mittelpunkt die Karpatben waren und sind, und einer langköpfigen,
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 15
deren Sitze man weiter im Norden suchen muß. Die langköpfige weicht,
offenbar infolge ihrer schwächeren Konstitution, immer mehr der kurzköpfigen.
Man kann auch annehmen, daß von Süden eine starke Wanderung von kurz-
köpfigen Adeligen nach Norden stattfand, während langköpfige Leute von
hier nach dem Süden zogen; an dieser Wanderung waren vorwiegend Männer
beteiligt. Mit letzterer Ansicht ist jene von T. Hryncewicz verwandt; nur
daß dieser der Anschauung ist, daß die von den Karpathen ausgehenden
Kurzköpfler einem kriegerischen Volk angehörten, das das langköpfige Hirten-
volk besiegte und assimilierte, während Rutkowski darauf hinweist, daß
die Waffen in den Grabstätten der langköpfigen Bewohner dagegen sprechen,
daß diese gar so friedlich gewesen seien. R. F. Kaindl-Gzernowite.
26. Bernhard Stern: Geschichte der öffentlichen Sittlichkeit in
Rußland. Kultur, Aberglaube, Sitten und Gebräuche, eigene
Ermittelungen und gesammelte Berichte. Bd. I. Kultur, Aber-
glaube, Kirche, Klerus, Sekten, Laster, Vergnügungen, Leiden.
502 S. m. 29 teils färb. Illustr. Berlin, Herrn. Barsdorf, 1907.
Im Grunde genommen ist das vorliegende Werk vorwiegend für den
Kulturhistoriker und Soziologen geschrieben, indessen, da es auch zahlreiche
Beiträge zur Volkskunde bringt, so sei es an dieser Stelle noch besonders
erwähnt. Verfasser hat sich bereits durch seine interessante, zweibändige
Studie „Medizin, Aberglaube und Geschlechtsleben in der Türkei" (siehe
Zentralbl. 1903, VIII, S. 355) vorteilhaft eingeführt. Er verbindet gute
Literaturkenntnis mit scharfer Beobachtungsgabe, die durch jahrelangen Auf-
enthalt im Osten Europas für die dortigen Zustände geübt worden ist.
Im vorliegenden ersten Bande schildert er auf geschichtlicher Grund-
lage die Entwickelung der Kultur, Bildung und Sittlichkeit in Rußland, von
den heidnischen Zeiten an bis zur jüngsten Gegenwart. Er zeigt, wie der
ganze Werdegang des russischen Volkes es dahin bringen mußte, daß es
immer noch in den Banden der Finsternis gefesselt gehalten wird. Dies tritt
besonders deutlich in den überaus zahlreich erhaltenen , zweifelsohne heid-
nischen Anschauungen, abergläubischen Vorstellungen und heidnischen Ge-
bräuchen zutage. Von den vielen hierauf bezüglichen Notizen, die Verfasser
in seine Darstellung ein flicht, seien u. a. die Abschnitte über das Wesen der
Sekten, von denen manche unter religiösem Deckmantel erotische Ziele ver-
folgen, Gebräuche bei der Geburt und beim Begräbnis, das intime Geschlechts-
leben, sexuelle Entartungen, Liebe und Liebeszauber, Gebräuche bei kirch-
lichen und Volksfesten, volkstümliche Heilmittel, Hexen-, Geister-, Vampyr-
aberglaube usw. erwähnt. Verschiedentlich zieht Verfasser hierzu historische
und ethnographische Parallelen heran. • Buschan- Stettin.
27. J. Wassilieff: Übersicht der heidnischen Bräuche, des Aber-
glaubens und des Glaubens der Wotjaken im Gouvernement
Kasan und Wiatka (russ.). Izv. Obsch. Arche'ologii, Istorii i
Etnografii pri Kazan. Univers. 1906. Bd. XXII, Lfg. 3, S. 185
—219; 4, S. 253—276 u. 5, S. 321—349.
Die heidnischen religiösen Anschauungen der Wotjaken haben schon
manchen russischen Forscher nach Gebühr angezogen. Das Volk, längst
der orthodoxen Religion zugerechnet, hält doch noch fest an seinen
heidnischen Bräuchen. Opferfeste und Opferdienst stehen noch in voller
Blüte. Stammes- und Familienheiligtümer (kuala) — einzelne Gebäude —
sind auf den Höfen zu sehen, die heiligen Haine stehen unverletzt, und
16 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
der Volksglaube verbietet streng, einen Ast darin abzubrechen. Feierlich
wird das Opfer dargebracht in den Kuala, den Hainen, auf den Feldern usw.
Priester Wassilieffs Arbeit bietet wertvolles Material hierzu, besonders für
den Opferdienst der Wotjaken. Kaum gibt es iu der russischen Fachliteratur
ein anderes Werk, in dem der Opferdienst der Wotjaken so ausführlich be-
handelt worden wäre ')• Ein Kapitel ist den Opferpriestern verschiedenen
Ranges gewidmet: zuerst ist es der Usto-Tuno, noch alle Charakterzüge
eines Schamanen an sich tragend (zu unterscheiden ist er von den Zauber-
und Wunderdoktoren), dann die Priester und ihre Gehilfen bei dem Opfern
in den Familien- und Stammesheiligtümern, in den heiligen Hainen usw.
Darauf folgt die lange Reihe der Opferdienste: die Opfer, an denen das
ganze Dorf, obwohl einzelne Familien verschiedenen Stämmen angehören, teil-
nimmt, z. B. Feldgottesdienste, Opfer zu Zeiten von Epidemien u. a. m., die
Stammesopfer, zu denen nur Stammesangehörige zugelassen werden, die
Familienopfer, nur von den Gliedern der Familie verrichtet, die Opfer bei
Heirat und Einlaß der Neuvermählten in die Familie, der Geburt und dem Tode
— jeder Opferdienst wird umständlich beschrieben, zuerst die Sakrifianten,
ihre Wahl durch den herbeigeführten Usto-Tuno, wenn eine solche stattfindet,
die Gehilfen, das Teilnehmen am Opferbringen der Frau des Opferpriesters,
die gebotenen Opfertiere und ihre Farbe, dann das Ritual des Opferbringen s,
sehr ausgearbeitet, in verschiedenen Fällen variierend. Ein recht wichtiges
Material für die den heidnischen Opferdienst Studierenden ! Verfasser tut uns
noch viel anderes über Brauch und Sitte der Wotjaken kund: Leichenfeste
und Totenfeste mit Einladung des Verstorbenen, das Vertreiben der bösen
Geister (in einem Falle wird ein Hund als Repräsentant der Seuche in Pro-
zession herumgetragen, langsam gemordet, endlich verbrannt), Bräuche bei
der Geburt (die heidnische Namengebung durch die Hebamme, das Zurück-
rufen der Seele, wenn das Kind kein Zeichen des Lebens bei der Geburt
gibt) u. a. m. Nachrichten über kosmogonische Ansichten der Wotjaken,
Tierglauben, Volkskalender, Lieder, Zaubersprüche, Gebete (Text und Über-
setzung). Wertvoll scheinen uns aus dem Munde des Volkes angeführte
Erzählungen „über heidnische Wunder" , in denen sich der Volksglaube
kund gibt.
Einen großen Mangel sehen wir aber in Verfassers Arbeit: es fehlt öfter
die Anzeige, woher das Material stammt. Soll es eine Sammlung literarischer
Nachrichten sein, ist es vom Verfasser selbst aufgezeichnet worden und au»
welchen Gegenden? Einheitlich können doch Brauch und Sitte nicht sein,,
wenn es sich um die wotjakische Bevölkerung zweier Gouvernements handelt.
Besonders bei den Wotjaken, deren heidnische Ansichten einen so scharf aus-
geprägten Stammescharakter zeigen. Auch gibt es in der volkskundlichen
Literatur über die Wotjaken einige Anzeigen, daß Brauch und Sitte bei ver-
schiedenen Stämmen variieren. So sagt Bogajewsky in seiner wertvollen
Arbeit über den heidnischen Glauben bei den Wotjaken (Etnogr. Obozr. 1890,
No. 2, S. 78): „Bis zur Zeit sind die Wotjaken überzeugt, daß die verschiedenen
Stämme ihren Stammesgottheiten verschieden huldigen. u So auch ein anderer
gut unterrichteter Forscher, Wereschagin: „Anderthalb Jahr nach der Geburt
eines Kindes wird ein Fischopfer dargebracht ; jedes Dorf muß eine bestimmte
*) Eine analoge Arbeit unter demselben Titel hat derselbe Priester Wassili 6ff
iy03 in M&noires de la Soc. Finno-Ougrienne , Bd. XV11I, erscheinen lassen. Da.
wir sie nicht zur Hand haben, so ist es uns unmöglich, den Inhalt dieser mit der
russischen zu vergleichen; wir glauben aber nicht fehl in der Annahme zu gehen,,
daß das neueste Werk beträchtliche Erweiterungen aufweist.
A* Referate. Ethnologie und Ethnographie. 17
Gattung opfern, und wenn man keinen Fisch der nötigen Gattung hat, zahlt
man oft sehr teuer, um einen zu bekommen. u Einige Winke haben wir auch
in Wassilieffs Arbeit gefunden: So beschreibt er einen Opferdienst, der zum
ersten Male im Stamme Poska verrichtet worden war — und nun darf das
Opfer nicht stattfinden, ohne daß ein Mitglied des Stammes Poska ihm bei-
wohnt. Also muß es Opfer und Opferdienst geben oder gegeben haben, die
nur von einigen Stämmen ausgeführt werden konnten und vielleicht auch mit
dem Kultus anderer Stämme Unterschiede aufwiesen. Es wäre eine höchst
interessante Studie, den Kultus der Wotjaken innerhalb ihrer verschiedenen
Stämme, obwohl sie in einem Dorfe oder in weit entlegenen Dörfern wohnen,
so ausführlich, wie es Verfasser getan hat, zu erforschen.
Wera Charusin-Moskau.
28. S. Tsfehitscherin : Der Zustand des Unterrichts bei den an der
Wolga wohnenden Allogenen (russ.). Izv^stija Imp. Russk.
Geograf. Obsch. 1906. Bd. XLII, Lief. II— III, S. 591—649.
29. 8. Tsohitscherin: Bei den an der Wolga wohnenden Allogenen.
Reiseberaerkungen (russ.). 427 + 210 S. St. Petersburg 1905.
Schrift und Buch gehören eng zusammen. Sie sind das Resultat einer
Sommerreise in die Dörfer der Tataren, Wotjaken, Tschuwaschen und Tschere-
missen. Nicht volkskundliches Interesse leitete dabei die Verfasserin ; es war
ihre Absicht, das Schulwesen, die graduelle Russifizierung der Allogenen, die
Einwirkung der Schule und der orthodoxen Kirche auf ihr Gemütswesen zu
studieren. Unter diesem Gesichtspunkte bietet das von ihr Geleistete viel
Interessantes. Obgleich ihre Berichte keine ethnographische Beschreibung
der besuchten Völkerschaften bieten, möchten wir sie doch dem Ethnographen
empfehlen. Denn aus diesen Reiseberichten, aus den Gesprächen mit Priestern,
Lehrern — meist selbst Allogenen — , mit dem Volke, aus den Schulbesuchen
schaut die Volksseele deutlich hervor. Besonders lenken wir die Aufmerk-
samkeit des Lesers auf den Anhang im Buche der Frau Tschitscherin,
welcher Antworten auf ein von der Verfasserin herumgesandtes Programm
enthält. Manches Volkskundliche wird da der Ethnograph herauslesen. So
z. B. enthalt S. 105 bis 111 die Erzählung eines Priesters, wie das heidnische
Opfer durch den orthodoxen Gottesdienst vertreten wurde. Es ist ein farben-
reiches Charakterbild — bis zu den Reden der Frauen, die den ergrimmten
Lokalgeist in Form eines Feuerballes oder einer weißen Kuh in den Wald
flüchten gesehen hatten, bis zur Beschwerde, die die Tschuwaschen gegen
ihren Priester geschrieben hatten, in der sie klagten: wegen seines Verbotes,
das Opfer zu vollbringen, sei ein Gewitter ausgebrochen, das viel Unheil an-
gerichtet habe, wofür der Priester verantwortlich sei, ihnen den Schaden zu
ersetzen. Fügen wir hinzu, daß Schrift und Buch mit schönen photographi-
schen Aufnahmen ausgestattet sind, die Typen und Kostüme wiedergeben.
Wera Charusin-Moskau.
30. M. Tschormanoff: Notizen über die Kirgisen des Distrikts
Pavladarska (russ.). Zapiski Zapadue - Sibirskago Otdela Imp.
Russkago Geograf. Obsch. (Omsk*) 1906. Bd. XXXII.
Diese Arbeit stammt, wie die Redaktion uns bekannt macht, von einem
Kirgisen, dem wahrscheinlich der Auftrag zuteil geworden war, eine Reihe
aufgestellter Fragen zu beantworten, und ist um die 70er Jahre des 19. Jahr-
hunderts niedergeschrieben worden. Verfasser gibt inhaltreiche Nachrichten
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. o
IS A. Referate. .Ethnologie und Ethnographie.
aber die Winterwohnungen der Kirgisen, ihr Nomadisieren, die Viehzucht,
den Ackerbau und die Gewerbe. Sehr eingehend wird von der Falken- und
Habichtjagd berichtet, von dem Fang der Jagdvögel, ihrer Zähmung und
Ablichtung zur Jagd. Ausführlich wird auch noch die verschiedene Zu-
bereitung der Milcherzeugnisse beschrieben. Wera Charusin-Moskau.
31. A. Dirajeff: Ethnographische Materialien. Kirgisische
Härchen von den Abenteuern dreier Kahlköpfe. I. Kirgi-
sischer Text II. Russische Übersetzung. Lief. XI. Taschkent
1906.
Der unermüdliche Verfasser teilt hier drei Märchen mit, deren Helden
kahlköpfige Schlauhälse sind. Das erste ist eine Variante des Märchens vom
listigen Diebe, dessen uralte Variante wir in Herodots Erzählung von der
Schatzkammer Rampsenits (Herodot II, 121) besitzen. Das Motiv ist sehr
verbreitet 1 ). Im kirgisischen Märchen finden wir das wohlbekannte Be-
stehlen der Schatzkammer, die Verderbnis des ältesten (immer ist es der
älteste von den zweien) Diebes, das absichtliche Vergießen von Milch (einige
Male ist es Öl, Wein), um den Hingerichteten beweinen zu können, ohne den
Verdacht auf sich zu ziehen, die List mit der Königstochter, der von dem
Diebe eine Totenhand zugeschoben wird. Aber das kirgisische Märchen
kennt noch andere Details, die wir Diebesmotive nennen möchten. Oft
werden sie im Zusammenhange mit dem Bestehlen der Königs Schatzkammer
erzählt, oft bilden sie einzelne Märchen von listigen Dieben, denen man
einige Male bestimmte Namen gibt. Ob dies Bruchstücke einer großen
Diebesepopoe sind oder zur Erzählung vom frechen Diebstahl angezogen
werden, läßt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Es sind Erzählungen aus
der Kindheit des Diebes und seinen Lehrjahren, seinen Listen, wobei er
seinen Meister betrügt, seinen Diebestaten (z. B. das Entnehmen von Eiern
eines brütenden Vogels, ohne daß es der Vogel bemerkt) usw. — Das zweite
Märchen handelt von einem Schlauhalse, der sich durch freche List zweimal
eines Leichnams entledigt. — Das dritte berichtet von einem klugen (auch
kahlköpfigen) Knaben, dessen Weisheit sich im Erfinden von 40 Lügen-
geschichten kund gibt. Wera Charusin-Moskau.
32. L. Lapicque: Les negres d'Asie et la race negre en general.
BulL et Memoires de la Soc. d'anthropol. de Paris 1906, Tome
VII, p. 233—249.
Die Urbevölkerung, welche die Gestade des Indischen Ozeans in alten
Zeiten bewohnte, bestand nach Lapicque aus Negern. Eine Bestätigung
für diese seine Annahme findet er in den geographischen Wohnsitzen der
Negerrasse, sowohl in Afrika, als auch in Melanesien, und den nicht sehr zahl-
reichen Inseln des Zwischenraumes (Sansibar, Madagaskar, Andamanen usw.).
Als charakteristisch für den Negertypus stellt er schwarze Haut, krauses
Haar und platte Nase hin. Während die Neger des afrikanischen Festlandes
ziemlich homogen sind, macht sich bei den Negern der afrikanischen Küste
die Mischung seitens fremder Hassen geltend; so sind z. B. in Abessinien
semitische, auf Madagaskar malaiische Einflüsse leicht nachzuweisen. Die
Neger von Ozeanien werden durch die Papuas repräsentiert und weisen eine
l ) Eine Variante ist von uns aus dem Munde einer russischen Bäuerin im
Öouv. Olonetz niedergeschrieben worden. Wir haben sie aufgezeichnet in unserer
Rezension über das Buch Klingers, Märchenmotive in Herodots Geschichte (ruas.),
Kiew 1908, die 8. 168 — 184 das Motiv von der Schatzkammer ausführlich bespricht.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 19
viel stärkere Rassenvermischung auf als die afrikanischen ; am reinsten haben
sie sich noch in Neu-Guinea erhalten.
Die Negritos von Indonesien weichen von den echten Negern stark ab,
indem sie sich stark mit Malaien vermischt haben, dagegen hat sich die
Negerbevölkerung der Andamanen ziemlich rein erhalten; sie ist im Gegen-
satz zu den anderen Negern von kleiner Gestalt und subbrachykephal, während
wir die Neger im allgemeinen als dolichokephal kennen. Den Schlüssel zur
Erklärung findet Lapicque in den asiatischen Negern, indem er annimmt,
daß in Indien aus der Gegend des Pendschab eine erobernde arisch- weiße Be-
völkerung gegen Osten und Südosten ausstrahlte und die früher dort seßhaften
Draviden bezwang. In dieser dravidischen Urbevölkerung erblickt Lapicque
jedoch bereits eine Mischung von Negerblut und sieht sich daher bemüßigt,
eine prädravidische Bevölkerung anzunehmen, die er als Paria-Neger be-
zeichnet. Zu den vorerwähnten fügt Lapicque ein anderes wichtiges Neger-
merkmal hinzu, nämlich die Länge des Unterarms und die Enge der Hüften,
woraus er einen radio-pelvinen Index konstruiert. Aus Messungen, die er auf
seinen Reisen, sowie in den Museen in Paris und London ausführte, konnte
er eich von dessen Verläßlichkeit bei Untersuchungen in der Negerfrage
überzeugen.
Lapicque berührt auch die Abstammung der Malaien, welche er durch-
aus ah eine Mischrasse ansieht; sie sollen aus der Vermischung von weißen,
gelben und schwarzen Asiaten (?) entstanden sein.
Dr. Oskar v. HovorJcchWten.
38. E. F. Gautier: Etudes d'ethnographie Saharienne. L' Anthro-
pologie 1907. Tome XVIII, p. 37—68.
Ergebnisse einer in den Jahren 1904/05 ausgeführten Reise von Oran
nach dem Niger, in drei Abschnitten: Gräber, Felszeichnungen, neolithische
Waffen und Werkzeuge. Auf der ganzen Strecke findet man keine Dolmen
wie an den Mittelmeerküsten, dagegen sehr häufig, „ sozusagen auf jedem
Schritt u , Bestattungen unter Steinhaufen, sogenannte ardjem. Sie sind sicher
älter als der Islam und enthalten Gerätschaften und Schmucksachen aus
Feuerstein, Straußeneischale, Glas, Kupfer, Eisen, sogar Silber. Die Fels-
zeichnungen stellen Elefanten, Büffel, Antilopen, Löwen, Kamele, Strauße
und numidische Reiter mit kleinen, runden Schilden dar. Wird fortgesetzt.
Ludwig Wüser-Heidelberg.
84. Maclaud: Notes anthropologiques sur les Diola de la Casamance.
L'Anthropologie 1907. Tome XVIII, p. 69—98.
Ausführliche, durch Abbildungen und Maßtabellen erläuterte Beschrei-
bung der Diolaneger aus Französisch • Guinea. Sie sind mittelgroß (Männer
169, Weiber 154 cm), dunkelbraun, flachnäsig, mit kleinem, besonders nach
hinten verlängertem Schädel und rohen, wilden Gesichtszügen.
Ludwig Wüser-Heidelberg.
85. Gaillard: Etüde sur les lacustres du Bas-Dahomey. L'Anthro-
pologie 1907. Tome XVIII, p. 99—125.
Auf den Lagunen der Dahomeküste wohnen seit einigen Menschenaltern
etwa 10000 Pfahlbauer, teils wegen des erleichterten Fischfanges, teils zum
Schutz gegen feindliche Oberfälle, teils auch — für unsere vorgeschichtlichen
Verhältnisse wichtig — zur Verminderung der Seuchengefahr. Ihre Lebens-
weise als Fischer und Schiffer prägt sich in ihrem Äußeren aus: gebückte
20 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Haltung, Seemannsgang, breite schwielige Hände mit verkürzten und ver-
krümmten letzten Fingern, Plattfüße mit gespreizten Zehen ; was davon ererbt,
was während des Einzellebens erworben, das festzustellen, wäre einer ge-
naueren Untersuchung wert. Sitten, Gebräuche, Gesundheitsverhältnisse
werden eingehend geschildert. Obwohl die Kinder lange gestillt werden,
fallen doch viele den Verdauungsstörungen zum Opfer; auch die schädlichen
Folgen der Trunksucht machen sich geltend. Trotzdem steigt die Sterblich-
keit kaum über 15 auf 1000 im Jahr. Ludwig Wilser-Heidelberg.
36. £• Pechuel-Loesche: Volkskunde von Loango. 482 S. Mit
Illustrationen. Stuttgart, Strecker u. Schröder, 1907.
Was lange währt, wird gut. Mehr als 30 Jahre ist es her, daß die
Deutsche Loango- Expedition auszog, von großen Erwartungen begleitet, die
sich nur zum Teil, wie manche der Enttäuschten zu Hause meinten, gar nicht
erfüllten. Man hatte von großen Entdeckungen geträumt — es war ja die
Zeit, da der dunkle Weltteil anfing, uns seine Geheimnisse zu erschließen — ;
daß die Expedition nicht über die Küstenstriche hinauskam, konnte man ihr
nicht verzeihen. Die emsige wissenschaftliche Arbeit der Teilnehmer wurde
nicht geachtet. So kam es, daß auch die begonnene Publikation stockte; der
ethnographische Teil blieb aus, und man hatte sich allmählich an den Ge-
danken gewöhnt, daß das Werk der Expedition ein Torso bleiben werde. Nun
ist doch unerwartet der Schlußband erschienen oder wenigstens ein erster Teil
desselben. Denn nur einen Teil seines Materials hat der Verfasser, wie er im
Vorwort sagt, hier publiziert, der Rest ist, um den Umfang des Bandes nicht
über Gebühr anschwellen zu lassen, zurückgestellt. Hoffentlich nicht für
immer. Aber was Prof. Pechuel-Loesche in diesem Buche bietet, ist, wenn
auch nicht erschöpfend, doch so vortrefflich, daß man es ohne Bedenken als
die beste Monographie eines afrikanischen Volkes bezeichnen darf, die wir
besitzen.
Der ganze stattliche Band ist in vier umfangreiche Kapitel geteilt. Das
erste Kapitel, betitelt: Wesen der Leute, unterrichtet uns über die Körper-
beschaffenheit und die physische Leistungsfähigkeit der Eingeborenen, ihren
Charakter, ihre geistige Begabung und deren Ausdruck in Sprichwörtern,
Liedern, Rätseln, Musik usw. Der Verfasser nennt die Bewohner von Loango
Bafioti, obwohl dies kein eigentlicher Stammesname ist, sondern nur dunkle
Menschen bedeutet. Das zweite Kapitel behandelt die sozialen und politischen
Verhältnisse. Das alte Reich von Loango hat längst aufgehört zu existieren;
der letzte König soll 1787 gestorben sein und ist noch nicht beerdigt, weil
ein König nur von seinem Nachfolger bestattet werden darf und ein Nach-
folger eben nicht gewählt worden ist. Unsere Kenntnis der Staatsverfassung
von Loango mit dem königlichen Hof und seinen zahlreichen Würdenträgern
stammt hauptsächlich aus älteren Schriftstellern. Überlebt hat das Reich die
Organisation der Gaugemeinschaften, Erdschaften, wie der Verfasser sie nennt,
die ausführlich geschildert werden. Die beiden letzten Kapitel beschäftigen
sich mit der Religion. Auch auf diesem für Westafrika schon so oft be-
arbeiteten Gebiete weiß der Verfasser viel Neues zu erzählen. Sehr interessant
ist es, daß der Verfasser sich energisch gegen die seit Tylor übliche Definition
von Fetisch als eines von einem Geist oder einer Seele bewohnten Gegen-
standes wendet. Von einer solchen Anschauung sei in Loango keine Spur
vorhanden. Auch wenn der Fetisch menschenähnlich gestaltet ist, was
keineswegs die Regel ist, gilt er nicht als beseelt, sondern seine Kraft beruht
einzig und allein in einem Stoffe, dem unter zauberischen Getränken eine
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 21
übernatürliche Kraft einverleibt worden ist. Damit sind auch hier Vor-
stellungen nachgewiesen, die außerhalb des animistiscben Gedankenkreises
stehen.
Die Ausstattung mit Abbildungen ist für unsere Zeit auffällig spärlich;
man sieht es dem Buche an, daß es entstanden ist vor der heutigen photo-
graphischen Epoche, in der jedes Buch zum Bilderbuch wird. Aber das Fehlen
der Illustrationen ersetzt diesmal der ausgezeichnete Inhalt in vollem Maße.
B. Ankertnann-Berlin.
37. R. E. Dennett: At the back of the blaok man's mind or Notes
on the kingly of fiee in West-Africa. XV u. 288 S. Mit 2 1 Tafeln.
London, Macraillan & Co., 1906.
Ein wunderliches Buch, aus dem man um so weniger klug wird, je ge-
nauer man es liest. Der Verfasser hat sich das doppelte Ziel gesteckt, nach-
zuweisen, einmal, daß in Afrika neben und über dem Fetischismus noch eine
höhere Form der Religion existiert, zweitens, daß das Königtum in untrenn-
barer Verbindung mit dieser zweiten Religionsform steht und von zentraler
Bedeutung für das westafrikanische Staatswesen ist. Was den ersten Punkt
betrifft, so läuft die Unterscheidung der beiden Religionsformen im wesent-
lichen auf dasselbe hinaus, was andere Beobachter als gute und böse Zauberei
bezeichnet haben. Der König und die offiziellen Medizinmänner oder Priester
üben guten Zauber zum Wohle des Landes und Volkes, für das Gedeihen der
Feldfrüchte, das rechtzeitige Eintreten und Aufhören des Regens aus, dagegen
gibt es Leute, die Zauberkraft zum Schaden ihrer Mitmenschen benutzen,
Krankheit und Tod verursachen, Tiergestalt annehmen können usw. Dennett
bezeichnet den zur letzten Gruppe gehörigen Komplex von Vorstellungen und
Handlungen als Ndongoismus nach dem Wort Ndongo, das einen bösen Geist
bezeichnen soll, der im Leibe der Zauberer lebt Den anderen Teil der Re-
ligion nennt er Nkiciismus nach dem Worte Nkici, das nach Dennett eine
geheimnisvolle den Dingen innewohnende Eigenschaft oder Kraft ist. Diese
Kräfte scheinen auch persönlich aufgefaßt zu werden, wie die mit dem Plural-
präfix der Personenklasse gebildete Form Bakici Baci zeigt. Bis hierher
würde sich alles ganz gut in den Rahmen dessen, was wir von der Religion
der Neger wissen, einfügen lassen. Der Verfasser glaubt nun aber ein förm-
liches philosophisches System entdeckt zu haben, von dem er einen Teil schon
in einer früheren, auch an dieser Stelle besprochenen Arbeit veröffentlicht
hat, nämlich das Kapitel über die Jahreszeit und Monate. In diesem Buche
behandelt er nun auch die anderen Serien von heiligen Symbolen, die heiligen
Haine, Bäume, Tiere, Flüsse usw. und sucht sie in Verbindung mit seinen
Kategorien zu bringen. Es erscheint im höchsten Grade zweifelhaft, daß
westafrikanische Neger ein solches kompliziertes System ausgeheckt haben
sollten, und man wird die Befürchtung nicht los, daß ein guter Teil dieses
Systems in dem Gehirn des Verfassers entsprungen ist. Das System ist auch
keineswegs so vollkommen, wie es die Theorie verlangt; der Verfasser muß
öfters eingestehen, daß er einzelne Glieder desselben, die eigentlich vorhanden
sein müßten, nicht hat auffinden können. Interessant ist es, bei einem Ver-
gleich des neuen Buches von Pechuel-Loesche zu sehen, daß dieser treff-
liche Beobachter nichts von dem philosophischen System der Bavili weiß.
Immer kann etwas Wahres daran sein; nur handelt es sich vermutlich nicht
um ein philosophisches System, sondern um ein Kultsystem, in dessen Mittel-
punkt als höchster Priester und Zauberer der König steht. Da kein König
von Loango mehr existiert, so ist auch der staatliche Kult verfallen und eine
22 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
genaue Feststellung desselben, die für die Religionsgeschichte Afrikas von
großer Wichtigkeit wäre, kaum mehr ausführbar. Was der Verfasser ge-
funden, sind wohl Überreste dieser Organisation des Kults, die von den Ein-
geborenen heute zum Teil selbst nicht mehr verstanden werden.
Bei einem späteren Aufenthalt in Benin hat der Verfasser auch hier
Spuren dieses Systems zu entdecken geglaubt, wichtiger aber als seine theo-
retischen Spekulationen sind die tatsächlichen Mitteilungen über die Bräuche
der Bim. Alles in allem ein Buch, das man mit Vorsicht gebrauchen muß,
wenn man nicht Gefahr laufen will, die Meinungen des Verfassers für solche
der westafrikanischen Neger zu nehmen. B. Ankermann-Berlin.
38. Desplagnes: Notes sur les origines des populations nigeriennes
(avec 2 planches). L' Anthropologie 1907, Tome XVII, p. 525
—546.
Die gründliche Arbeit über die Bevölkerung des Nigerbeckens kommt zu
folgenden Schlußsätzen: 1. Eine sehr tiefstehende Urbevölkerung mit Zwerg-
negern, von denen man außerhalb des Waldbereichs kaum noch Spuren
findet. 2. Eine Schicht schwarzer, aber nicht prognather Völker, die die Alten
schwarze Äthiopier nannten, Abkömmlinge der stein zeitlichen Bevölkerung
des Südens hamitischen Ursprungs, die zahlreiche Spuren in Nordafrika
zurückgelassen haben. Dazu ist zu bemerken, daß „h amitisch tt keine natur-
wissenschaftliche Bezeichnung ist; es handelt sich um Angehörige der Mittel-
meerrasse (H. mediterraneus), die durch langen Aufenthalt im Süden, unter-
stützt durch Blutmischung mit Negern, schwarz geworden sind, ihre Gesichts-
bildung im allgemeinen aber beibehalten haben. 3. Eine Reihe von
Völkerschaften, die „Roten" genannt, die verschiedene Grundbestandteile
erkennen lassen, wovon der eine, vermutlich semitisch -sumerisch, seßhaft
und gewerbefleißig, die saharische Gesittung begründet hat. Anthropologisch
H. mediterraneus mit geringer Beimengung von H. brachycephalus. Im
ganzen kann man verschiedene Einwanderungen von Norden her unter-
scheiden, die jeweils neue Kulturfortschritte mitgebracht bzw. angeregt haben.
Der Aufsatz schließt mit den Worten: „Aber alle diese Vermutungen " und
Wahrscheinlichkeiten müssen befestigt werden durch zahlreiche Untersuchungen
in der Urgeschichte, der Altertumskunde, der Anthropologie und der Sprach-
wissenschaft des Sudans und der Sahara; ein weites Feld öffnet sich für die
Tätigkeit der Reisenden, der Forscher und Gelehrten, denen Funde und Ent-
deckungen zweifellos gestatten werden, nach und nach den Schleier zu lüften,
der in diesem Winkel von Afrika den Ursprung der Menschheit bedeckt."
Man wird gewiß mancherlei dort finden können, letzteres aber sicherlich nicht.
Ludwig Wilser-Heiddberg.
89. Louis Desplagnes: Le plateau central Nigerien. Une mission
arohöologique et ethnographique au Soudau francais. Mit 236
Abb. u. 1 Karte. Paria, Emile Larose, 1907.
Es ist das Verdienst des Verfassers, eines französischen Offiziers, uns ein
fast unbekanntes Gebiet erschlossen zu haben, und zwar in so ausgezeichneter
Weise, daß sein Buch zu den hervorragendsten Neuerscheinungen auf dem
Gebiete der afrikanischen Völkerkunde gerechnet werden muß. Es ist das
Gebiet, das von dem großen Bogen des Niger umschlossen ist, ein zerklüftetes
Hochplateau, das von heidnischen Stämmen bewohnt wird, den Habb6, die
sich vermutlich vor den mohammedanischen Eroberern hierhin zurückgezogen
haben. Die Rasse ist daher sehr gemischt, weil Flüchtlinge der verschiedensten
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 23
Stämme sich hier zusammengefunden haben. Die Geschichte der Entwicklung
dieser Völker schildert der Verfasser ausführlich. Zu erwähnen ist, daß der
Sage nach ursprünglich hier Pygmäen, untermischt mit großwüchsigen
Negern, gewohnt haben sollen. Auf diese historische Einleitung folgt
eine eingehende ethnographische Beschreibung der Habbe, die den Hauptteil
des Buches ausmacht und über die Hälfte des ganzen Bandes umfaßt.
Diesem Abschnitt ist ein ethnographisches Kapitel allgemeineren Inhalts
vorausgeschickt, und den Anhang des Buches bildet eine ausführliche Dar-
stellung der Archäologie des mittleren Sudan. Es ist die erste zusammen-
fassende Beschreibung der prähistorischen Grabstätten, der bearbeiteten
Monolithe und der in reicher Fülle gefundenen Steinwerkzeuge.
Dem Buche ist eine große Karte des Nigerbogens beigegeben. Die zahl-
reichen Abbildungen nach Photographien des Verfassers sind leider sehr klein
und daher manchmal undeutlich. B. Ankermann-Berlin.
40. H. Trilles: Proverbes, legendes et eontes Fang. Bull, de la
Soctete' Neuchäteloise de Geogr. 1905. Tome XVI, p. 49—296.
Der Verfasser, der seit Jahren als Missionar unter den Fang im Congo
frangais lebt, hat schon früher eine lange Reihe von Aufsätzen über diesen
Volk 8 8 ta mm in einer französischen Mission szeitsohrift erscheinen lassen. Er
hat inzwischen die Volksliteratur der Fang gesammelt und veröffentlicht
in dieser Arbeit zahlreiche Proben derselben. Nach einer kurzen ethno-
graphischen Einleitung folgen zunächst Sprichwörter und Rätsel, meist in der
Fangsprache mit wörtlicher Übersetzung und Erklärung. Den Hauptteil
nehmen die Erzählungen und Märchen ein, 34 an der Zahl, die nur in freier
Übersetzung gegeben sind. Es sind teils religiöse Erzählungen, teils solche,
die sich auf Naturerscheinungen beziehen, teils moralische Geschichten,
hauptsächlich aber, wie überall in Afrika, Tiermärchen. Den Schluß
machen einige Märchen im Fangtext mit Interlinearübersetzung.
B. Ankermann-Berlin.
41. Joseph Halkin: Quelques peuplades du distriet de PUele.
Fasoicule I. Introduction. Les Ababua. Mit 2 Taf. u. 1 Karte.
Liege 1907.
Die Arbeit beruht hauptsächlich auf den Beantwortungen eines von dem
Verfasser verwandten Questionnaire ethnographique et sociologique, außerdem
auf anderen ungedruckten handschriftlichen Quellen. Daneben ist auch die
bereits vorhandene Literatur benutzt. Der Verfasser will auf diese Weise
eine Reihe von Stämmen des Uelle-Gebiets behandeln; das Torliegende
erste Heft beschäftigt sich mit den Ababua. Die Darstellung ist keine
zusammenhängende, sondern es sind in systematischer Anordnung die Ant-
worten auf die Fragen der Questionnaire gegeben. Die Arbeit dürfte
alles enthalten, was bis jetzt über die Ababua bekannt ist. Über ihre
Sprache erfahren wir nichts, so daß ihre Verwandtschaftsbeziehungen unklar
bleiben. Leider sind nur 2 Tafeln mit Abbildungen beigegeben, von denen
eigentlich nur die eine ethnographisches Interesse hat. Die Karte ver-
anschaulicht die Wohnsitze der Stämme des Uelle-Gebiets.
B. Ankermann-Berlin.
42. W. L. H. Duckworth : Description of a human cranium from
Walfisch Bay, Siidwest-Africa. Journal of Anat. and Physiol.
1907. Vol. XLI, p. 211—215.
24 A. Referate. Ethnologie and Ethnographie.
Beschreibung einet Schadeis einer wahrscheinlich kleinen erwachsenen
weiblichen Person von der Walfischbai. Der Schädel zeigt die Anomalie des
Os malare bipartitnm. Fritdemann- Berlin.
43. S. Passarge: Die Buschmänner der Kalahari. 144 S. 2 Taf.,
24 Abb. im Text u. 1 Karte. Berlin, Dietrich Reimer (Ernt»t
Vohsen), 1907.
Der ausgezeichnete Geograph, dessen großes Werk über die physische
Geographie der Kalahari die Bewunderung aller Fachleute erregt hat, be-
schenkte uns schon 1905 in den „ Mitteilungen aus den deutschen Schutz-
gebieten u mit einer Zusammenfassung seiner ethnographischen Beobachtungen
über die Buschmänner jenes Gebietes. Von diesem Aufsatze ist das vor-
liegende Buch eine erweiterte Ausgabe, für die nicht nur die Ethnographen,
sondern auch weitere Kreise dem Verfasser und dem Verleger zu Dank ver-
pflichtet sind. Eines der merkwürdigsten Völker der ganzen Erde hat hier
kurz vor seinem völligen Aussterben einen feinfühligen Beobachter und
Schilderer gefunden.
Die Beschreibung des Lebens einer Buschmannfamilie (S. 40 — 67) ist
ganz besonders plastisch und gehört zu den besten Schilderungen dieser Art.
Ebenso möchte ich auch auf die meisterhafte Beschreibung des Kunststückes
verweisen, wie manche Buschmänner es fertig bringen, ganz allein eine große
Antilope oder eine Giraffe von der Herde zu trennen und zu Tode zu hetzen.
Auch sonst ist das Buch voll von wichtigen und neuen Mitteilungen. Er-
schöpfend ist es freilich noch lange nicht, aber es bedeutet einen großen Fort-
schritt gegen die filtere Literatur und enthält allerhand Fingerzeige für
künftige Reisende.
Gänzlich unberührt ist die Frage geblieben, ob die Buschmänner eine selbst-
ständige Keramik haben, wie manche Beobachter behaupten, andere energisch
in Abrede stellen. Nicht ganz zu ihrem Rechte ist in dem Buche die eigen-
artige Kunst der Buschmänner gekommen. Die in Taf. 2 wiedergegebenen
Tierzeichnungen aus den Tschorilo-Bergen sind ebensowenig auf der Höhe
wie die vor so langer Zeit von Fritsch abgebildeten. Das Berliner Museum
besitzt seit meiner Reise 1905 mehrere ungleich bessere Originale von ver-
tieften Zeichnungen und jetzt dank einer großartigen Zuwendung der
Rudolf Vi rchow- Stiftung auch eine Mappe mit getreuen Kopien bunter
Malereien.
Die Wiener Akademie der Wissenschaften entsendet jetzt einen bereits
in der Südsee glänzend bewährten Ethnographen, Dr. R. Pöch, für mehrere
Jahre nach Südafrika, mit der alleinigen Aufgabe, dort die letzten Überreste
der Buschmänner zu studieren. Naturgemäß wird Pöch dank seiner fach-
männischen Vorbildung und seinen großen Mitteln an Zeit und Geld sehr
viel mehr leisten als alle seine Vorgänger auf diesem Gebiete — aber auch
ihm sei Passarges Buch hiermit auf das wärmste empfohlen. Hoffentlich
bringt er alle die Probleme, die Passarge aufwirft oder nur streift, zu
wirklicher Lösung, hoffentlich gelangt er aber auch zu einer anderen An-
schauung über die Zukunft der Buschmänner. „Gefängnis und Zuchthaus
wären Belohnung, existieren außerdem in jenem Lande gar nicht. Bleibt da
etwas anderes übrig als Erschießen ? u So steht wörtlich bei Pas sarge, wo
er erzählt, wie Buschmänner einige Schafe gestohlen hatten. Ich selbst kenne
die Verhältnisse in der Kalahari zu wenig, um mir ein Urteil über diese An-
sicht erlauben zu können, aber ich glaube nicht, daß sie da wesentlich anders
liegen als in den Teilen von Britisch-Südafrika, in denen ich selbst Busch-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 25
m&nner studieren konnte. Da habe ich im ganzen 41 Buschmänner gesehen,
zwei in Freiheit, alle übrigen in Zuchthäusern, und alle diese waren wegen
Schaf diebstahl verurteilt gewesen. Jeden einzelnen von diesen habe ich ge-
fragt, wieviel Kinder er habe, und jeder einzelne antwortete, er hätte kein
einziges oder keines mehr.
So stirbt vor unseren sehenden Augen ein interessantes, begabtes und
liebenswürdiges Volk aus — einfach weil eine kurzsichtige Eingeborenen-
politik nicht versteht, daß Menschen nicht von heute auf morgen von der
Jagd zum Ackerbau übergehen können. Der Fleischhunger des Buschmanns
muß gestillt werden — mit der Jagd ist es vorbei ; da muß er Schafe stehlen,
wenn er nicht verhungern will, und er stiehlt wirklich, obwohl er weiß, daß
ihn Stockstreiche und Zuchthaus erwarten. Warum aber die britische
Kolonialregierung nicht irgendwo, etwa in den endlosen Steppen von
Betschuana-Land, eine Art von Reservation für ihre Buschmänner anlegt und
ihnen ab und zu einmal ein paar Dutzend Schafe schenkt — das begreife ein
anderer. Überall werden in Menagerien Raubtiere gefüttert, und alle Kultur-
staaten haben Schongesetze für seltene Pflanzen und Tiere — nur die letzten
Reste des Volkes, das ganz allein noch eine wichtige frühe Stufe der mensch-
lichen Kulturentwickelung vertritt, läßt man in den Zuchthäusern elend ver-
kommen, v. Luschan-Berlin.
44. Kurt Breysig: Die Völker ewiger Urzeit. I. Bd. Die Ameri-
kaner des Nordwestens und des Nordens. XXVI u. 563 S. m.
1 Völkerkarte. Berlin, Georg Bondi, 1907.
Der Verfasser dieses Buches besitzt offenbar eine recht beträchtliche
Zahl von Gegnern. Ein erheblicher Teil der langen Einführung besteht aus
Abwehr und Polemik, und auch im Uauptteil des Werkes setzt sich dies fort :
Ehrenreich, Andrew Lang, Bücher und „die von Helmolt geplante
und geleitete Sammlung von Volksgeschichten einzelner Verfasser tt werden
hier mehr oder weniger scharf bedacht. Am schlimmsten aber ergeht es
Oskar Peschel. Seiner „Völkerkunde" wird vom Verfasser „Befangenheit
und Mangel an Durcharbeitung tt vorgeworfen, und ein Blick in den Abschnitt
über die Keime der bürgerlichen Gesellschaft lehrt nach ihm, „daß dermaßen
brüchig und dermaßen oberflächlich auch 1874 ein Buch nicht auszufallen
brauchte, wie dieses in seinen der Gesellschaft und der Zeit der Urzeit Völker
geordneten Teilen. Sie hätten selbst bei alleiniger Bearbeitung und Benutzung
von Waitz' großem Werk wesentlich besser geraten müssen. Es handelt sich
in ihnen fast durchgängig um willkürliche und schnellzusammengeraffte
Sammlung weniger Nachrichten tf . (S. 98.)
Peschels „Völkerkunde" ist nicht einwandfrei und kann es auch nicht
sein; sie stammt aus der Zeit, als Gameron und Stanley Afrika noch nicht
durchquert hatten, als die wissenschaftliche ethnologische Forschung in den
Vereinigten Staaten kaum eingesetzt hatte, als viele spanische Dokumente
aus der Zeit der Gonquista noch nicht im Druck zugänglich waren und als
man noch nichts von den vielen Neudrucken schwer erreichbarer alter Quellen
wußte, die heute so sehr dem Forscher seine Studien erleichtern. Einige in
die Augen fallende Irrtümer sind durch A. Kirchhoff in der 5. Auflage ver-
bessert worden. Im übrigen aber weiß ein jeder, der mit dem großen Geo-
graphen und Ethnologen irgendwo auf derselben Linie gearbeitet hat, daß
Peschels Material auf der sorgfältigen Durcharbeitung erstaunlich vieler alter
Quellen beruht und auf den gediegenen Kenntnissen, die er sich während
einer sechzehnjährigen Tätigkeit als äußerst gewissenhafter Herautgeber des
26 A. Referate. Ethnologie and Ethnographie.
„Ausland" erworben hatte. Daß hier und da zur Abrundung und Ergänzung
des soliden Grundstocks weniger gründlich bearbeitetes Material herangezogen
werden mußte, ist bei einem Werke Ton diesem Umfang und dieser Tief e kaum
zu vermeiden und ist infolge des leidenden Zustandes Pe seh eis bei Bearbeitung
seiner „ Völkerkunde a um so mehr zu entschuldigen; ist doch ihre Abfassung
tatsächlich nur auf Kosten seiner Gesundheit möglich gewesen. Der Verfasser
der „Völker ewiger Urzeit" hat nun allerdings nicht „zusammengerafft 11 ; das
hatte ein Teil der wenigen von ihm benatzten Quellen schon vorher für ihn
besorgt. Seine Gewährsmänner für die Behandlung der Nordwestindianer
sind in erster Linie die Arbeiten von Boas, Krause's „Tlinkit" und
H. H. Bancrofts „Native Races u . Diese werden hier und da ergänzt durch
die Arbeiten von Niblack, Erman, Buschmann, Jacobson, Dodge
(deutsche Bearbeitung). Da Boas 1 vortreffliche Arbeiten den Zustand der
Nordwestindianer behandeln, als sie schon seit etwa 10Q Jahren mehr oder
weniger unsanft durch die eindringenden Europäer aus dem Schlafe der
„ewigen Urzeit" geweckt waren, so bleiben für die Beurteilung der primitiven,
unberührten Verhältnisse jener Indianer in der Hauptsache nur die Werke
von Krause und Bancroft übrig, von denen das letztere ganz kom-
pilatorisch ist und die beide bei allen ihren Verdiensten auch nicht annähernd
die alten Quellen für den entbehrlich machen, der diese Völker einmal gründ-
lich ethnologisch behandeln will. Wo hier und da vom Verfasser auch andere
Originalquellen benutzt zu sein scheinen, so Langsdorff und Sproat, da
ergibt eine Nachprüfung, daß auch sie nicht zur Hand gewesen, sondern aus
Krause und Banoroft übernommen sind. Wie sich die unzureichende
Bekanntschaft mit der in Betracht kommenden ethnologischen Literatur im
ganzen Buch bemerkbar macht, zeigt in besonders auffälliger und wenig er-
freulicher Weise die beigegebene Völkerkarte. Nachdem wir seit 1891 glück-
licher Weise eine in der Hauptsache gesicherte Norm für die Rechtschreibung
nordamerikanischer Indianernamen besitzen, bringt der Verfasser dadurch
wieder die allergrößte Verwirrung in sein Buch hinein, daß er sämtliche Namen
in die deutschen Lautwerte transskribiert. Bei Unkenntnis der richtigen
Aussprache passiert es ihm dabei zuweilen, falsch zu transskribieren. Einige
Stichproben mögen von dem Aussehen der Karte einen Begriff geben:
Beoduk steht für Beothuk; Eiowee für Jowa; Kötschin für Kutchin; Massat -
schuset für Massachuset; Mohak für Mohawk; Muskwackiuk für Foxes;
Naktsche für Natchez; Seienne für Cheyenne; Selisch für Salish; Senekee für
Seneca; Shani für Shawnee; Tschikresa für Chickasaw; Tschokta für
Choctaw; Upsaroka für Crow; Witsiba für Wichita. Wenn dieses System
der Rechtschreibung Karte und Buch in hohem Grade verwirrend machen, so
lassen eine ganz erhebliche Zahl grober Irrtümer sie geradezu als minder-
wertig erscheinen. Auch hierfür können nun einige wenige Proben gegeben
werden: Zur „Stämmefamilie u der Pani, welche die moderne Ethnologie nicht
kennt, gehören nach dem Verfasser u. a. die Tonica und die Stämme von
Florida und Ostgeorgia; die Catawba, die Sapona (i. e. Saponi), die Jamassa
(i. e. Yamassee) rechnet er zu den „Irokesen und Verwandten u , während er den
Algonquinstamm der Cheyenne zu Sioux macht und die Siouxvölker des Mana-
hoaebundes zu Algonquins. Die Andastes, die bekanntlich mit den Susque-
hannocks identisch sind, teilt der Verfasser in zwei Teile: als Andastes macht
er sie zu Irokesen, als Susquehannocks zu Algonquins. Der Name Tschippe wee
kommt auf der Karte zweimal vor: einmal soll er den Algonquinstamm der
Chippewa bezeichnen, an der anderen Stelle die athapaskischen Chipewyan.
Die Verwendung der Ausdrücke „ Kolumbianer u und „Kolumbien 11 , welche die
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 27
amerikanische Ethnologie in diesem Sinne nicht kennt, und die, weil ganz
«heterogene Stamme umfassend, auch ganz unbrauchbar sind, wirkt höchst
▼erwirrend. Irrtümer und anfechtbare Behauptungen sind im übrigen noch
in erheblicher Zahl vorhanden, so in den Bemerkungen über Lippenpflöcke
■und über das Verhältnis von der Frau zum Manne, in der Auffassung vom
„Großen Geist" und von der „langen drucklosen, jauchzenden Jugend" der
Untertanen der Inkaherrscher. Die Quechua werden „das höchstgestiegene
der amerikanischen Völker genannt ; der Präriehund wird zu den Raubtieren
gezählt, und von den Taten Josephs und seiner Nez Perces weiß der Ver-
fasser nichts.
Es steht zu befürchten, daß das Buoh in dieser Form keinen Fortschritt
in der Ethnologie Nordamerikas bezeichnet Georg Friederici-Kiel.
45. Ales Hrdlicka: Diseases of the Indiana, more especially of
the Southwest Unites Staates and North Mexico. Washington
med. Annais 1906, Vol. IV, Nr. 6, p. 372—394.
Um das pathologische Verhalten der nordamerikanischen Indianer,
worüber bisher so gut wie nichts bekannt war, zu studieren, hat Verfasser
«inmal selbst auf seinen sechs Expeditionen (1898 bis 1905) zahlreiches
Material über 38 wilde Stämme im Südwesten der Vereinigten Staaten und
im Norden Mexikos gesammelt, als auch die Antworten von Äerzten an 103
Indianerschulen und Agenturen in allen Teilen der Vereinigten Staaten ver-
arbeitet, die auf eine diesbezügliche Anfrage von selten des Bureau of Indian
Affairs auf seine Veranlassung hin von diesen eingelaufen waren.
Das Ergebnis seiner eigenen Beobachtungen faßt Verfasser dahin zu-
sammen, daß die nordwestamerikanischen und nordmexikanischen Indianer
im Gegensatz zu der weißen Bevölkerung des Landes mancherlei Unterschiede
bezüglich der Häufigkeit bzw. Seltenheit gewisser morbider Prozesse dar-
bieten. Häufig wurden unter den Indianern beobachtet: Krankheiten des
Magendann kaoals, der Respirationsorgane, der Augen, muskuläre und senile
Arthritis, Pocken, Masern, Malaria und Dysenterie, selten hingegen
Anämie, Erkrankungen der weiblichen Brust, Krankheiten des Herzens, der
Arterien und Venen, Asthma, Affektionen der Leber und der weiblichen
Oenitalien, viele Hautkrankheiten, Zahnkaries, Krebs, Rachitis, Hernien, Idiotie
{im höheren Grade), Geisteskrankheit, Nervenleiden (ausgenommen Epilepsie),
Scharlach und Knochenbrüche. Wichtig ist ferner die Beobachtung Hrdlicka s,
daß er an keinem der zahlreichen Knochen aus voreuropäischen Grabstätten
•der von ihm untersuchten Gebiete irgendwelche Spuren von Syphilis ent-
decken konnte. Diese Beobachtung, sowie die, daß solche aus alten Grab-
stätten Perus und anderer Gebiete Südamerikas ebensowenig bekannt geworden
sind, läßt ihn in Zweifel ziehen, ob die Syphilis in der Tat in Amerika als
-einheimisch zu betrachten ist; denn es ginge kaum an, anzunehmen, daß
ganze Landstrecken von dieser für Amerika als endemisch geltenden Seuche
gänzlich verschont geblieben sein sollen.
Die statistischen Erhebungen von, Seiten des Bureau of Indian Affairs
beziehen sich vor der Hand nur auf das Vorkommen von Albinismus, Kropf,
Kretinismus, Geisteskrankheit, Epilepsie, Idiotie, Taubstummheit, Rücken-
marksverkrümmungen und Tuberkulose. Verfasser teilt die Ergebnisse im
einzelnen mit; da Vergleichsmaterial zum Teil ihm fehlt, so lassen sich
dieselben leider noch nicht recht verwerten. Einige Angaben mögen hier
mitgeteilt werden. Geisteskrankheiten unter den Indianern 0,38, unter den
Weißen 1,8 Promille; Epilepsie unter ersteren 1,17, unter den Weißen Frank-»
28 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
reichs 0,5 bis 3,4 (je nach dem Departement) und den Wehrpflichtigen Italiens
1,3 bis 5,1 Promille; Idiotie unter den Indianern 1,07, unter der weißen
Bevölkerung der Vereinigten Staaten 1,55 Promille. Buschan- Stettin.
46. F. Weygold: „Die Dakotaindianer." Jahresber. d. Württemb»
Ver. f. Handelsgeographie, Jahrg. 1907, S. 51—78.
Dieser Aufsatz bringt nichts, was man nicht in den Arbeiten von Kiggs,
Mc Gee, Mooney, Dodge und Custer finden könnte, aber er gibt eine
gedrängte und gemeinverständliche gute Übersicht der Ethnologie und Ge-
schiebte der Dakotas. Der früher so irrig gedeutete Sonnentanz wird beson-
ders berücksichtigt und die mit der Geistertanzreligion verbundenen Wirren
sind in aller Kürze gut dargestellt. Aber man sollte aufhören, das Gemetzel
von Wounded Enee am 20. Dezember 1890 eine „Schlacht" zu nennen. Es
war ein richtiges „Schlachten", bei dem 150 indianische Weiber und Kinder
die Hauptopfer waren; Mooney („Ghost- Dance Religion", p. 831, 835, 836 r
869, 870 u. passim) und Grinnell (Amer. AnthropoL, Vol. X, p. 232) haben
sich mit nicht mißzuverstehender Deutlichkeit über den Charakter dieser
„ Schlacht a ausgesprochen.
Leider hat sich eine Anzahl recht störender Druckfehler in die Schreib-
weise der Indianernamen eingeschlichen, da die Korrektur wegen der weiten
Entfernung dem Verfasser nicht vorgelegt worden ist.
Georg Friederici-Kiel.
47. David J. Bushneil jr.: Virginia from early records. Amer»
Anthropologist 1907, N. S. Vol. IX, p. 31—44.
48. David J. Bushneil jr.: Discoveries beyond the Appalachian
Mountains in September, 1671. Ebendaselbst, p. 45 — 56.
49. Charles C. Willoughby : The Virginia Indians in the seventeenth
Century. Ebendaselbst, p. 57 — £6.
50. William R. Gerard: Virginia's Indian contributions to English.
Ebendaselbst, p. 87—112.
51. W. H. Holmes : Aboriginal shellheaps of the Middle Atlantic
tidewater region. Ebendaselbst, p. 113 — 128.
52. James Mooney: The Powhatan Confederacy, past and present»
Ebendaselbst, p. 129 — 152, mit farbiger Karte.
Die Herausgeber des American Anthropologist hatten es sich zur Auf-
gabe gemacht, zur Tri-Centenarfeier von Jamestown fast die ganze Frühjahrs-
nummer ihrer Zeitschrift den Virginiaindianern zu widmen. Einige der besten
ethnologischen Federn des Landes haben sich diesem Unternehmen zur Ver-
fügung gestellt, und so ist es gelungen, ein ganz besonders interessante»
und wertvolles Jubiläumsheft zu schaffen. In seinem ersten Aufsatze bringt
Bushnell zunächst einige gute Wiedergaben von White 8 Originalen im
Britischen Museum, die ja bei de Bry, nicht zu ihrem Vorteil, erheblich
retuschiert worden sind. Ferner einige Abbildungen von den fünf einzigen
erhaltenen ethnologischen Gegenständen aus dem ältesten Yirginien, die sich
im Ashmolean Museum zu Oxford in England befinden, und schließlich einige
Auszüge aus Handschriften des Britischen Museums und der Bodleyan Library,
Oxford, mit zwei oder drei ethnologischen Angaben, die man in den anderen
uns über die Virginia-Indianer zur Verfügung stehenden Quellen vergeblich
suchen dürfte.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 29
In seiner zweiten Arbeit bringt Bu shn eil das Tagebuch eines Marsches
zur Wasserscheide der Appalachen; dieses ist zwar schon vor Jahren an
anderer Stelle veröffentlicht worden, die hier gegebene Version zeigt aber eine
Reihe nicht unwesentlicher Varianten. Angefugt sind diesem Journal einige
Bemerkungen des um die amerikanische Kartographie verdienten Dr. John
Mitchell, aus denen einige Hinweise auf die östlichen Sioux und die salz-
machenden Shawnees des oberen Ohiobeckens von Interesse sind.
Willoughby folgt in seiner gediegenen Art mit einem Aufsatz über die
Kultur der Indianer Virginias im 17. Jahrhundert. Dem Kenner der von ihm
benutzten und leicht zugänglichen Quellen: Hariot, Smith (edit. Arber),
Strachey, Beverley und schließlich auch Byrd, bringt der Aufsatz zwar
nichts neues, aber die Zusammenstellung ist klar, übersichtlich und nahezu
erschöpfend. Einige Hinweise und Vergleiche erhöhen ihren Wert, so, wenn
der Verfasser die zuweilen übersehene Tatsache hervorhebt, daß in alten
Zeichnungen die Wohnhäuser, ganz besonders die Rundhütten, verhältnismäßig
viel zu hoch wiedergegeben werden, oder wenn er sich über das Vorkommen
prähistorischer Angelhaken auf der ganzen atlantischen Küste ein wenig ver-
breitet, das kunstvolle Federwerk, die Salzgewinnung aus Pflanzen und das
Räuchern der Austern bei diesen Indianern besonders kennzeichnet.
Auf S. 70, unten, hat sich offenbar ein sinnstörender Druckfehler ein-
geschlichen: Bei Besprechung des Schmuckes sagt Willoughby: „A head-
dress of deer antlers was sometimes worn, also the dried head of an enemy."
Ich wüßte nicht, wo irgend eine der oben genannten Quellen von einem ge-
trockneten Feindeskopf, sei es als Schmuck, sei es zu irgend einem anderen
Zweck, spricht. Dagegen sagen Smith (edit Arber, S. 66) und Strachey
(edit. Ha kl, Soc, S. 67), daß die Indianer Virginias zuweilen eine getrocknete
Feindeshand als Kopfschmuck trugen. Für „head" ist also offenbar „hand u
zu setzen.
Es ist bekannt, daß eine ganz erhebliche Zahl von Worten aus den
Vokabularien der Indianer Amerikas in die europäischen Sprachen über-
gegangen ist. W. R. Gerard untersucht in seinem Aufsätze den Beitrag
der Algonquins von Virginia in dieser Hinsicht. Von den 24 erörterten
Worten seien nur „Hickory" , „Hominy", „Moccasin", „Opossum", „Persimmon",
„Racoon", „Roanoke", „Terrapin a und „Tomahawk" als in weiteren Kreisen
bekannt, hier aufgeführt.
W. H. Holmes gibt in großen Zügen ein Bild von dem Vorkommen der
Kjökkenmöddinger an der atlantischen Küste der Union; sie müssen in der
Hauptsache den Algonquins zugeschrieben werden. Als typisches und lehr-
reiches Beispiel werden dann die künstlichen Austern 8 chalenhügel mit zahl-
reichen Spuren primitiver Ansiedelung besprochen, die sich an der Mündung
von Pope'sCreek in den Potomac, etwa 100 km stromabwärts von Washington,
befinden, und die durch Kalköfen offengelegt worden sind. Anlage, Art
der Schalen, Spuren der Wohnplätze, die gefundenen Artefakte werden nach-
einander untersucht und zum Teil durch Abbildungen erläutert. Die Zahl
der gefundenen polierten Steinwerkzeuge und Knochenartefakte war ver-
hältnismäßig gering. Auch auf einige Skelette stieß man bei den Abräumungs-
arbeiten, aber über ihre Begräbnisart konnte nichts ermittelt werden; auch
in anthropologischer Hinsicht wird über sie nichts gesagt. Interessant ist
die ja auch anderwärts gemachte Feststellung, daß die Austern vor dem
öffnen und Verzehren allgemein geröstet oder gekocht wurden.
James Mooney gibt in großen Zügen eine sehr hübsche Darstellung
der Geschichte des Powhatanbundes von den Tagen Verrazanos bis zum
30 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Jahre 1902, als mit dem Tode eines bejahrten Nansemond, William
W. Weaver, „das letzte Echo von Powhatan als einer lebenden Sprache*
dahinschwand u .
Im besonderen äußert sich Mooney eingehend über Kopfzahl und Land-
besitz des alten Powhatanbundes, sowie über die ihn umgebenden Sioux- und
Irokesenstämme. Die Pamunkeys bildeten wahrscheinlich den Kern des Bundes,,
der um 1570 durch Eroberungen Powhatans zustande gekommen war. Nach
dem Vertrage von 1677 hatte er jegliche Bedeutung verloren. Was jetzt
noch an Resten übrig ist, hat eine starke Misohung erfahren, besonders durch
Negerblut, wie denn überhaupt auf der anderen Seite des Ozeans die ganze
afrikanische Bevölkerung der südatlantischen Staaten einen starken Einschlag
von Indianerblut besitzt Unter diesen Nachkommen der alten Powhatan»
leben die Pamunkey und Mattapony als Stämme organisiert, die Chickahominy
und Nansemond sind nicht organisiert In der Hauptsache sind sie Fischer
und Farmer. Georg Friederici-Kiel.
53. A. L. Kroeber: The dialectic divisions of the Moquelnmnait
family in relation to the internal differentiation of the other
linguistic families of California. Amer. Anthropologist 1906 r
N. S. Vol. VIII, p. 652—663.
Kalifornien ist in Nordamerika das Land der zahlreichsten indianischen
Sprachfamilien und der größten Unsicherheit über deren innere Verhältnisse,
und Beziehungen zueinander. Zwar hat auch die neuere Forschung an der
ursprünglich aufgestellten Zahl der Sprachfamilien, mehr wie 20, im wesent-
lichen nicht zu rütteln vermocht, und auch über die Sprachen und Dialekte
innerhalb dieser Familien sind Wörterverzeichnisse in großer Zahl vorhanden,,
aber dieses linguistische Material ist qualitativ zum größten Teile so minder-
wertig, daß es wenig dazu beizutragen vermag, die immer noch herrschende
Verwirrung zu klären.
Professor Kroeber stellt nun in diesem Aufsatze in kurzer, übersicht-
licher Form zusammen, was über die innere Differenzierung der kalifornischen
Sprachfamilien als im wesentlichen gesichert oder doch als wahrscheinlich
gelten kann, und bringt die dialektische Einteilung der Moquelumnanfamilie
hierzu in Beziehung. Es werden einige anregende Hinweise gemacht, aber
bevor nicht eine gesicherte Basis für ein exaktes Sprachstudium gewonnen,
ist, dürfte sich schwerlich etwas bestimmtes behaupten lassen.
Georg Friederici-Kiel.
54. J. Walter Fewkes: The sun's influence on the form of Hopf
Pueblos. Amer. Anthropologist 1906, N. S. Vol. VIII, p. 8&
—100.
Mindeleff hatte schon vor 15 Jahren darauf hingewiesen, wie auffallend
unabhängig vom Gelände Hopidörfer in langen, parallelen Häuserreihen an-
gelegt sind. Fewkes untersucht und beweist nun an den Pueblos der Ost-
Mesa, Hano, Sichömovi und Walpi, daß diese Anordnung lediglich durch das
Bestreben bedingt ist, den Wohnungen eine möglichst reichliche Sonnen-
bestrahlung zu sichern. Georg Friederici-Kiel.
55. J. Walter Fewkes: Hopi ceremonial frames from Canon dfr
Chelly, Arizona. Amer. Anthropologist 1906, N. S. Vol. VIII»
p. 664—670.
Die beiden hier beschriebenen Gestelle sind wahrscheinlich Unika in
ihrer Art. Sie sind mit ziemlicher Sicherheit als merkwürdig gestaltete-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 31
Klappern zu deuten, die ja in der einen oder anderen Form über ganz Amerika
in den Zeremonien der Indianer eine führende Rolle spielen. Verfasser kommt
nach eingehender Untersuchung zu dem Ergebnis, daß diese Gegenstände bei den
ältesten Hopi nicht ursprünglich waren, sondern daß sie jener älteren Kultur
zugesprochen werden müssen, die früher weit über den Südwesten der
heutigen Union ausgebreitet war, und der die Hopi einen großen Teil ihrer
Mythologie und ihres Ritus entlehnt haben. Georg Friederici-Kiel.
56. Karl Sapper: »Spiele der Kekchi-Indianer". Boas Memorial
Volume, p. 283— 289, New York 1906.
Spiele irgend welcher Art sind bei den mittelamerikanischen Indianern
sehr selten, selbst die Kinderspiele bestehen zumeist in Arbeit. Die Ball-
spiele der alten Zeit haben die Kekchi völlig vergessen, wogegen städte-
bewohnende Indianer einige Glücksspiele von den Weißen übernommen haben.
Immerhin konnte der Verfasser auf dem Lande ein altes einheimisches
Würfelspiel, das Puluc, beobachten, dessen Wesen er beschreibt.
Mündliche Unterhaltung ersetzt die fehlenden Spiele, zu welcher bei
größeren Festlichkeiten dramatische Tanzspiele mit Musik kommen. Die
Form dieser Spiele ist althergebracht aus den Zeiten vor der Conquista, aber
von der christlichen Geistlichkeit sind neue Texte und Melodien an die Stelle
der alten gesetzt worden.
In Campur, Alta Vera Päz, wohnte Prof. Sapper einem solchen Tanz-
spiele bei, dessen Verlauf mit wörtlichem Text in Ursprache und Übersetzung
hier mitgeteilt wird. Georg Friederici-Kiel.
57. Lehmann : Ergebnisse und Aufgaben der mexikanischen For-
schung. Arcb. f. Anthropol. Neue Folge 1907. Bd. VI, Heft 2
und 3.
In erfreulicher Weise mehren sich gegenwärtig die Bestrebungen, welche
sich bemühen, den Gefahren des einseitigen Spezialistentums zu begegnen.
In die Reihe dieser Erscheinungen gehören auch zusammenfassende Dar-
stellungen über einzelne eng begrenzte Sonder gebiete, welche auch dem Nicht-
Spezialisten einen Einblick in deren Tatsachen und Probleme gew&hren. Eine
Reihe derartiger Aufsätze veröffentlicht bekanntlich seit einer kurzen Zeit
das von Thilenius geleitete Archiv für Anthropologie. Zu ihnen gehört
auch der vorliegende, für den wir dem Verfasser zu besonderem Danke ver-
pflichtet sind, weil es gerade auf diesem Gebiete an einer allgemein ver-
ständlichen orientierenden Zusammenfassung aus fachmännischer Feder bis
jetzt völlig gebrach.
Lehmann behandelt der Reihe nach die einschlägige Literatur, die
Quellen, das anthropologische und prähistorische Problem, die Sprache, die
materielle, soziale und geistige Kultur und die Geschichte. Bei der Rassen-
frage, der Vorgeschichte und der Sprache sind dabei die Grenzen der Be-
trachtung bis über den ganzen Kontinent ausgedehnt. Bei dem sprachlichen
Kapitel weist der Verfasser darauf hin, auf wie schwachen Füßen die Theorie
steht, welche die Einverleibung als ein Merkmal aller amerikanischen Sprachen
hinstellt: vielfach ist der Bau der Sprachen noch unbekannt; in den Maya-
sprachen ist von einer Einverleibung gar keine Rede; und auch die an-
scheinend hierher gehörigen Erscheinungen des Mexikanischen erklärt Leh-
mann anders (S. 39).
Der unfertige Zustand der mexikanischen Forschung spiegelt sich natür-
lich auch in dieser Darstellung wieder, die demgemäß an abschließenden
32 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Ergebnissen verhältnismäßig arm ist. Besonders klar teigt das der Abschnitt
über die mexikanische Religion. Für die Aufhellung der Geschichte Mexikos
bezeichnet Lehmann als die wichtigste gegenwärtige Aufgabe die Lösung
der Toltekenfrage. A. Vierkandt-Berlin ( Groß-Lichter fdde).
58. George Byron Gordon: The serpent raotive in the aneient art
of Central America and Mexico. Transact. of the Dept of
Archaeology, Free Museum of Science aud Art 1905, vol. I,
part III, p. 131—163, 18 Tafeln.
Nichts ist bedenklicher als abschließende Urteile in Problemen, die ein-
mal, ihrer Natur nach, den letzten Grund der Erscheinungen anschneiden,
andererseits sich auf einem Gebiete bewegen, das wissenschaftlich erst seit
kurzer Zeit bearbeitet zu werden angefangen hat. Derart sind Betrachtungen
über den Ursprung des Menschen, der Sprache usw. Ähnlich steht es auoh
mit Fragen über den Ursprung der Kunst, im besonderen der Ornamentik.
Kein vernünftiger Mensch kann bestreiten, daß es bei den Ornamenten
zwei grundverschiedene Reihen von Erscheinungsformen gibt, die man kurz
die geometrische und die realistische nennen mag. Obgleich sicherlich infolge
späterer Deutungen traditionell durch die Jahrtausende mitgeschleppter Orna-
mente Übergänge von einer Reihe zur anderen (und auch im umgekehrten
Sinne) vorkommen, wobei vor allem die Veränderung von Motiven bei Über-
tragung von einem Material auf das andere wichtig ist 1 ), so wird man doch
billigerweise mit der Beantwortung der weiteren Frage, ob geometrische
Muster oder realistische die primären oder sekundären Erfindungen mensch-
lichen Kunst- und Dekorationstriebes gewesen sind, sehr zurückhaltend sein
müssen.
Die Mexikanistik ist eine ganz junge Wissenschaft, und unsere Kenntnis
der alten Kulturvölker Mexikos und Zentralamerikas eine stellenweise sehr
lückenhafte. Es ist daher schon aus diesem Grunde mißlich, einzelne aus
dem Zusammenhang herausgerissene Ornamente von Bauwerken und in Bilder-
schriften in ein ontogenetisches System mehr oder weniger willkürlich und
gewaltsam zu bringen.
Der Verfasser hat es nun unternommen, über das Schlangen motiv als
Symbol und Dekorationsvorwurf bei den Mexikanern, Tzapoteken und Maya
(S. 132) zu handeln. Die Arbeit wäre gewiß sehr dankbar und verdienstvoll,
wenn der Verfasser nur bei dem geblieben wäre, was man einwandfrei als
Schlangenmotiv wird ansprechen dürfen. Leider aber hat er seine Aufgabe
weit ausgedehnt und in den Kreis seiner Untersuchungen geometrische Motive
hineingezogen, deren Zugehörigkeit zum Schlangenmotiv eigentlich erst ob-
jektiv nachgewiesen werden sollte. Daß er subjektiv die heterogensten Dinge
zusammenbringt und mehr vergleicht als sondert — was in jeder Disziplin oft
zu verhängnisvollen Irrtümern führt — , kann die ruhige Kritik nicht ver-
anlassen, ihm einfach auf Treu und Glauben blindlings zu folgen.
Daß zwischen Mexikanern und Mayas seit alten Zeiten Beziehungen
geistiger und kommerzieller Art bestanden haben, ist sicherlich eine Tatsache.
Daß bei diesen Völkern und vielen anderen amerikanischen Stämmen die
Schlange ein sehr auffälliges und unendlich häufig wiederkehrendes Symbol
oder Dekorations mittel ist, wird von niemandem bestritten werden. Daß
Darstellungen von Schlangen an Monumenten und Tempelwänden die Mitte
halten zwischen Verzierungen, symbolischen Ideen und „ Hieroglyphen tt
l ) Die* deutet Verfasser selbst S. 157 an.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 3$
(S. 161), soll ebenfalls bis zu einem gewissen Grade zagegeben werden. Aber
eine Frage liegt doch da gewiß recht nahe, nämlich die, ob jene Völker in
ihrer Religion, in ihrem Kult nicht ausgiebig mit Schlangen und Schlangen-
Symbolen zu tun hatten.
Wenn da der Verfasser (S. 160) behauptet, daß der Schlangen dienst für
das alte Mexiko von keiner Autorität bezeugt sei, so ist dies eine vollständig
irrige Behauptung. Die Belege hierfür lassen sich aus Sahagun, Dur an,
Torquemada usw., vor allem aber aus den Bilderschriften massenhaft er-
bringen, ganz zu schweigen davon, daß wir in Pilon de Azucar (im Staate Vera
Cruz) durch die Ausgrabungen H. Strebeis ein klassisches Beispiel einer alten
Kultstätte von Schlangen, Kröten usw. aufgedeckt haben. Dasselbe gilt
auch für die Mayastämme.
Die naturgemäße Erklärung hierfür ist doch wohl die, daß bei diesen
Völkern die Schlange unter anderem das Symbol des Wassers, des Regens,
des Regengottes war. Daher ihr ungemein häufiges Vorkommen in den Dar-
stellungen, realistisch und stilisiert, in Bilderschriften, auf Monumenten, in
der Keramik usw.
Es würde zu weit führen, wollten wir hier alle Theorien und Schluß-
folgerungen des Verfassers kritisch durchgehen. Nur einige für jeden Mexi-
ka nisten ins Augd springende Irrtümer mögen herausgegriffen werden.
So ist es (S. 140) den Tatsachen widersprechend, wenn der Verfasser
von Schlangenköpfen und Übergängen redet, wo typische Rauchwolken und
Züngelchen in den Bilderschriften dargestellt sind (Abbildungen Tafel IVa).
Ebenda (Tafel IVb, 2 bis 7) ist deutlich teils die mexikanische Hieroglyphe
des Tageszeichens ätl „Wasser tf , Wasser in einer Schale, dargestellt, teils
der knöcherne Nasenhalbmond (yacametztli). Tafel IVc (1 bis 3) ist der Erd-
oder cipactli-Rachen wiedergegeben. Von Schlangenköpfen ist da keine Rede.
Hier wie bei den Maya- Monumentdarstellungen liegt die Sache offenbar
so, daß es sich um einen bestimmten Stil handelt. Der Verfasser fühlt das wohl
auch selbst, wenn er sagt „the compromise becomes the style" (S. 157). Die sich
verzweigenden Voluten (Züngelchen) erweckten wahrscheinlich bei den india-
nischen Künstlern die Vorstellung von Schlangen- und Reptilrachen und
wurden deshalb bald mit Zähnen, bald mit Augen versehen. In dieser Weise
werden ganze Ranken und Zweige behandelt. Das erscheint gar nicht weiter
wunderbar, wenn man weiß, daß z. B. in mexikanischen Codices auch Stein-
messer, Herzen und andere Gebilde mit Augen und Zähnen stilistisch aus-
gestattet werden.
Das Venussymbol als ein „special development of the ophignathos tt
(S. 142) aufzufassen, dürfte mehr als gewagt sein. Ist doch dies Zeichen
ähnlich dem Quincunxsymbol der Mexikaner vermutlich nur die Andeutung
der Hauptpunkte der Venusbahn.
t)ie Ableitung des Ankistron (Mäander) und Climankistron (Stufen-
mäander) aus dem Schlangenrachen (S. 144 ff.) bringt die gefährliche Ver-
quickung geometrischer und realistischer Motive. Wenn Verfasser im Anfang
und Schluß (S. 159) seiner Arbeit auf die Bedeutung der Geflechtstechnik
hinweist, so zeigt er damit einen ganz anderen Weg an, auf dem jene geo-
metrischen Motive entstanden sein können, wobei des Schlangenrachens sehr
gut entraten werden kann. E3 ist neuerdings gerade diese Ableitung von
geometrischen Mustern aus plektogenen Motiven von Dr. Max Schmidt für
Brasilien zunächst versucht worden. Für die Erklärung eines Teiles des
geometrischen Ornamentschatzes amerikanischer Völker sind die von Schmidt
entwickelten Ideen sicherlich zutreffend.
Zentralblatt für Anthropologie. 1903. 3
34 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Daß die Ruinen von Mitla ziemlich isoliert dastehen, ist eine wohl-
bekannte Tatsache. Daß Verfasser sie der zentralamerikanischen und mexi-
kanischen Kultur einzureihen versucht (S. 163), ist weniger ein Resultat seiner
Ornamenttheorien, nach denen die Mitlafriese „represent the serpent motive
in its last disguise under the most highly specialized forma and in its highest
degree of differentiation tt , als vielmehr eine Vermutung, die sich jedem auf-
drängen muß, der weiß, daß die Tzapoteken ein Volk waren, das gleichsam
die Zwischenträger von mexikanischer zur Mayakultur bildete.
Dr. W. Lehmann-Berlin.
59. Adels Breton: Some notes on Xochicalco. Trausactions of the
Dept. of Archaeology, Free Museum of Science and Art 1905,
Vol. I, part III, p. 51-65; 5 Tafeln.
Die auf archäologischem Gebiete in der Erforschung der Ruinen Yuca-
tans und Mexikos sehr verdienstvolle Verfasserin gibt in ihrer Abhandlung
wertvolle Nachträge zu dem, was in der Literatur über eine der schönsten
mexikanischen Tempelpyramiden, die Pyramide voä Xochicalco, bekannt
ist. Was über ein Wassersymbol im Zusammenhange mit einer Schlangen-
darstellung S. 56 bis 60 gesagt wird, stößt meines Erachtens auf ernstliche
Bedenken. Ich bekenne offen, daß es schwer ist, jene Gebilde befriedigend
zu erklären, meine aber gerade deswegen von einer bestimmten Deutung ab-
sehen zu müssen, bis anderweitiges Vergleichsmaterial gefunden wird.
Interessant ist der Versuch einer Rekonstruktion des Grundrisses der
Pyramide im Anschluß an die Pläne der Ruinentempel von Tepoztlan und
des „Tigertempels" von Chich'enitza.
Besonders wichtig sind die Zeichnungen der Verfasserin, welche die ein-
zelnen Fassaden und Friese der Pyramide veranschaulichen.
Dr. W. Ijehmann-Berlin.
60. Relaciön de los pueblos de Acatlan, Chila, Petlaltzingo, Icxitlan
y Piaztla. Anales del Musep Nac. de Mexico, Segunda £poca
1907, Tomo IV, Nüm. 3, p. 97—118.
Die Quellen für das mixtekische Gebiet der jetzigen Republik Mexiko
fließen ziemlich spärlich. Es ist daher von großem Interesse und dankbar
zu begrüßen, daß diese Relaciones nach einer Kopie des Dr. Nicolas Leon
veröffentlicht werden konnten. Sie gehören zu den Berichten, die auf Befehl
des Königs Philipp II. von Spanien ausgefertigt wurden. Die Relaciön von
Acatlan geht auf das Jahr 1581 zurück. Es wurden zu ihrer Herstellung
außer einem Spanier, der die mixtekische und mexikanische Sprache be-
herrschte, noch zwei alte Indianer als Sachverständige hinzugezogen.
Die Ortschaften Acatlan, Chila, Petlaltzingo, Icxitlan und Piaztla liegen
in der Mixteca Baja. Es werden die einzelnen dazugehörigen Flecken auf-
gezählt. Der Ort Piaztla liegt in dem Gebiet der Totolteca, die ein ver-
dorbenes Mexikanisch sprechen (S. 116).
Es wird das Verhältnis dieser mixtekischen Orte zum mexikanischen
Reiche in alter Zeit geschildert, dem sie keinen oder nur unerheblichen Tribut
entrichteten. Von den Produkten des Landes, der Tracht der Bewohner ab-
gesehen, und einigen auf die Namen der Orte bezüglichen Sagen sind für die
mexikanistische Forschung von besonderem Interesse Angaben über die heid-
nischen Götter, die in der Mixteca Baja verehrt wurden.
Es waren dies: In Acatlan ein Gott namens Guacosagua, „7 Hirsch",
und Yahaghiguhu, „aguila y resina de oli (olli) u . Es waren Idole aus
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 35
Smaragd (esmeralda). Letzterer hatte einen Adlerkopf. In Ghila verehrte
man Toyuaxinuho, „mono de agueros". Ihm wurden außer Menschen-
opfern Wachtel-, Papageifedern- und Weihrauchopfer dargebracht. In
Petlaltzinco verehrte man Nuchi, „6 Wind", und Xaquaa'ho, „7 Haus",
ebenfalls Idole aus Smaragd. In Icxitlan verehrte man tetzahuteotl
(mex. tetzauh-teotl, „der Gott des wunderbaren Vorzeichens"), „Dios
Especo tt . Ihm, wie den anderen Göttern, wurden Menschenherzen dar-
gebracht. Die Lippen des Mundes des Idoles wurden mit dem Blut der
Herzen bestrichen. In Piaztla wurde der Gott ometoistl (mex. ome
tochtli), „2 Kaninchen tf , verehrt Das Idol bestand aus „palo rezio bien
labrado a manera de uno que se parecia en unos remolinos de ttra . y era
de altura de un ombre mediano". Dr. W. Lehmann-Berlin.
61. C. V. Hartman: The Alligator as plastic decorative motiv in
eertain Costa Rican pottory. Amer. Anthropologist 1907, N.S.,
Vol. IX, p. 307—314.
In einem in Aussicht stehenden „Memoir" des Carnegie- Museums wird
Verfasser über seine wertvollen Ausgrabungen in der Nähe von San Jos6,
Costa Rica, berichten. Hier sind bei dem Indianerdorfe Curridabat Begräbnis-
stätten ausgebeutet worden, die eine große Masse von Töpferwaren, aller-
dings meistens zerbrochenen, geliefert haben. Die vorwiegenden Formen
unter ihnen sind dreifußartige Gefäße, von denen etwa 90 Proz. ohne jede
Ornamentierung sind. Unter den immerhin mehrere hundert Stück zählen-
den verzierten Gefäßen zeigten etwa 80 Proz. das Alligatormotiv als Orna-
ment. Hierüber macht der Verfasser in diesem vorläufigen Bericht inter-
essante Angaben, die durch gute Abbildungen nähere Erläuterung finden.
Georg Friederici-Kiel.
62. R. Terneau: Les noureaux docnments anthropologiques rap-
portes de l'Equateur par le Dr. Rivet. L' Anthropologie 1907,
Tome XVIII, p. 146—155.
Die Sammlung von Rivet, der als Arzt die Gesandtschaft für Erd-
messung nach Quito begleitet hatte, seit dem 18. April im Naturgeschicht-
lichen Museum in Paris ausgestellt, fesselt in doppelter Hinsicht die Auf-
merksamkeit des Anthropologen, einmal durch die Schädel (350) und Knochen,
dann durch die gewerblichen Erzeugnisse, Topf waren, Waffen, Werkzeuge,
Götterbilder, der um den Gleicher wohnenden Eingeborenen Amerikas. Wir
müssen daher dem Herausgeber der Anthropologie für diesen mit zahlreichen
Abbildungen (leider nicht von Schädeln !) ausgestatteten Bericht sehr dankbar
sein. Unter den nicht verunstalteten Schädeln unterscheidet Verneau drei
Typen: echte Langköpfe mit sehr schmaler Stirn und geringem Hohlraum,
Rundköpfe mit breiter Stirn und etwas größerem Innenraum (beide in den
alten Grabstätten von Peru vertreten) und endlich solche, die an die ältesten
Bewohner von Patagonien erinnern, plump, roh, mit fliehender Stirn, starken
Augen Wülsten , breitem Gesicht mit weit ausladenden Jochbeinen und kräf-
tigen vorstehenden Kiefern; das Hinterhaupt ist zwar verkürzt, die Brachy-
kephalie aber doch keine sehr ausgesprochene. Während jedoch die Ur-
bewohner der Südspitze Amerikas von hoher Gestalt waren, sind diese
Mittelamerikaner eher klein, Männer im Durchschnitt 157, Weiber nur
145 cm. Daß die älteste amerikanische Rasse vom Norden nach dem Süden
vorgedrungen ist, wird man dem französischen Forscher gern glauben; die
3*
36 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Unterschiede im Wuchs erklären sich teils durch die Höhenlage, teils durch
Rassenmischung.
Unter den zum Teil nicht ohne Geschmack verzierten Töpferwaren ist
ein Krug in Menschengestalt von Nago hervorzuheben. Die Bronze&xte zeigen
sehr verschiedene Formen, flach, mit geraden Rändern, geschweift mit Löchern
zum Befestigen am Stiele, während andere wieder ganz unseren heutigen
Beilen mit Schaftloch gleichen. Die Steingeräte sind sehr klein, sorgfältig
geglättet und meist mit einem Loch zum Anhängen versehen; sind es
Schmuckstücke, Amulette oder, wie Rivet vermutet, gar Spiegelchen? Ein
rohes Götterbild aus Stein erinnert an solche, die bei Costarica gefunden
sind, ein anderes an die bekannten Bildwerke französischer Dolmen. Kleinere
sind aus Knochen oder Metall gefertigt, eines ist sogar aus Gold.
Die reichhaltige Sammlung wird noch eingehender beschrieben werden
und kann, wenn sie auch nicht alle sich aufdrängenden Fragen zu lösen ver-
mag, doch künftigen Forschern auf dem Gebiete amerikanischer Volkskunde
als Leitfaden dienen. Ludwig Wilscr- Heidelberg.
63. P. Karl Teschauer S. J«: Mythen und alte Yolkssagen aus
Brasilien. Authropos 1906, Bd. I, S. 24— 34, 185—193 und
738—744.
Die Mythen und Legenden, die hier mitgeteilt werden, stammen ursprüng-
lich wohl zum größten Teil von den Tupi und Guarani, den Bewohnern der
brasilianischen Ostküste zur Zeit der Entdeckung, und haben sich bis auf den
heutigen Tag im Munde des brasilianischen Volkes erhalten. Ihrem Inhalt
nach teilt Verfasser sie in: 1. Geistersagen, 2. Tiersagen, 3. kosmische Mythen,
4. alte Traditionen.
Besonders ausgedehnt und mannigfaltig ist der Sagenkreis des Koru-
pira, der in manchen Gegenden auch Caapora genannt wird und in ver-
schiedener Mißgestalt auftritt. Nach den älteren Zeugnissen ist er ein Dämon
des Waldes, der den Menschen nicht nur Böses zufügt, sondern auch Gutes
tut. Nach den neueren Forschungen des brasilianischen Gelehrten Barboza
Rodrigues ist er jedoch der Herr und Schutzgeist der Wälder und des
Wildes, der diejenigen bestraft, welche es vernichten wollen und oft jene
belohnt, die ihm gehorchen, oder deren er sich erbarmt. Ein anderer Dämon
ist der Yurupari, der im Süden Anhangs, heißt. Barboza Rodrigues
sieht in ihm nicht einen Dämon, sondern einen Traumgeist, der das Alpdrücken
und böse Träume erzeugt, zumal sein Erscheinen immer während des Schlafes
stattfindet. Verfasser schließt sich auf Grund der mitgeteilten Sagen der
Meinung der älteren Schriftsteller an, daß beide Geister sich als übelwollende
Wesen charakterisieren, die, wenn sie auch einmal etwas Gutes zu tun
scheinen, doch zuletzt mit ihrem verhängnisvollen und schädlichen Einfluß
ihre Opfer heimsuchen.
Die Tiersagen sind meist Fabeln, denen eine ausgesprochene Moral
nicht angehängt ist, die jedoch die Eigenschaften der Tiere genau angeben.
Barboza spricht ihnen überhaupt eine moralische Belehrung ab und meint,
sie seien nur instruktiver Natur und verfolgten den Zweck, den Kindern die
Eigenschaften der Tiere besser einzuprägen. Verfasser nimmt dagegen bei
allen diesen Erzählungen eine stillschweigend eingeschlossene Moral an.
Diese Fabeln stammen aus verschiedenen Gegenden Brasiliens und sind zu-
meist treue Übersetzungen brasilianischer Originale, die von Barboza
Rodrigues und dem verdienstvollen Couto Magalhaes aus dem Munde
der Indianer in der Tupisprache (lingoa geral) aufgezeichnet wurden. Die
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 37
deutsche Übersetzung gibt den eigenartigen Charakter der indianischen Er-
zählung trefflich wieder. Am interessantesten sind die Schildkrötenfabeln,
denen ich auch am oberen Rio Negro begegnet bin. In ihnen wiederholt
sich immer wieder der Gedanke der Überlegenheit des Geistes über die rohe
Kraft Der Jabuti, eine kleine Landschildkröte, überwindet die stärksten
Geschöpfe durch seine Schlauheit. Er besiegt den schnellsten Hirsch im
Wettlauf (wie der Swinigel den Hasen in unserem bekannten Märchen), tötet
den Jaguar, überlistet den Menschen und den starken Riesen Ussu.
Die kosmischen Mythen behandeln „der Welt Anfang u nach einer
Legende der Mundurukü am Tapojoz, den Ursprung des Amazonas, den
Ursprung der Pflanzung und die Entstehung einiger Sternbilder nach
Legenden der Makuschi am Rio Branco, so des Orion, der Plejaden und des
Kanopus.
Unter den „alten Traditionen tt versteht der Verfasser Volkserzählungen,
die eine Art „Geschichte " zur Voraussetzung haben oder auch einen Über-
gang zu dieser bilden können. Zunächst teilt er verschiedene Fassungen
einer Sintflutsage mit, die schon in den ältesten Nachrichten erwähnt wird und
neuerdings von Barboza am Purus nachgewiesen wurde, wo die Pfahlbauten
der Paumariindianer der Furcht vor einer neuen Sintflut zugeschrieben werden.
Die Sage von zwei Brüdern, die aus fernen überseeischen Ländern nach
Südamerika kamen und dort die Stammväter der Urbevölkerung wurden,
scheint in der Fassung, die P. Teschauer nach dem Bericht des P. Simon
deVasconcellosS.J. gibt, eine starke spätere Beeinflussung erfahren zu haben.
Auch die „Mani-Sage", die Legende von der Entstehung der Maniok-
pflanze aus dem Grabe bzw. Hause (oka) eines Mannes namens Mani, die
den Schluß der Abhandlung bildet, hält Ehrenreich (Mythen und Legen-
den usw. Berlin 1905, S. 18) für eine moderne, auf trivialer Namensdeutung
beruhende Mythe; doch' kehrt dasselbe Motiv auch in anderen amerikanischen
Sagen wieder.
Sehr angenehm berührt der objektive Standpunkt, den Verfasser gegen-
über den naiven Erzählungen einnimmt. Möge sein Beispiel Nachfolger
erwecken! Gerade die Missionare sind dazu berufen und gewissermaßen
dazu verpflichtet, die alten Traditionen, zu deren Verschwinden sie beitragen,
der Wissenschaft zu erhalten und zugänglich zu machen.
Dr. Th. Koch-Qrünberg-Nikolassee (Berlin).
64. C. H. de Goeje: Bijdrage tot de Ethnographie der Surinaamsche
Indianen. Internat. Arch. f. Ethnogr., Bd. XVII, Supplement.
Leiden 1906.
Verfasser, Leutnant zur See der niederländischen Marine, hat an der
dritten und vierten Expedition nach Surinam (1903 bis 1904 1 ), die besonders
der Erforschung des Gonini und Tapanahoni, zweier Quellflüsse des Maroni,
galten , als Topograph teilgenommen. Neben seiner Hauptarbeit hat er sich
in dankenswerter Weise mit ethnographischen Studien beschäftigt, deren
Herausgabe nun das „Internationale Archiv für Ethnographie" in gewohnter
glänzender Ausstattung besorgt hat.
Die Indianer Surinams zerfallen in zwei große Abteilungen, die heutzu-
tage durch die Buschneger, Nachkommen flüchtiger Sklaven, voneinander
getrennt sind, die Küstenstämme und die „Wild stamme" des Innern. Die
') Vgl. Tijd8chrift van het Koninklijk Nederlandsch Aardrijkskundig Genoot-
schap. Jahrg. 1902, 1903, 1904, 1905. Verslagen der Coppename-, Saramacca-,
Gonini-, Tapanahoni-expeditie.
38 A. Referate. Urgeschichte.
Küstenstämme, Karaiben oder Galibi, Arrowaken, War au, haben im Verkehr
mit den Europäern schon vieles von ihrer Eigenart eingebüßt. Die Inland-
indianer zerfallen in eine Menge von Stämmen, die zum großen Teil noch
völlig unbekannt sind. Das hier beigebrachte Material behandelt in erster
Linie die Upurui, die eine Unterabteilung des ansehnlichen Stammes der
Rukujana oder Oyana darstellen, und die Trio, die bisher von keinem
Reisenden genauer untersucht waren. Beide Stämme gehören mit den Galibi
sprachlich zur großen Karaibengruppe. Verfasser bespricht in einzelnen
Kapiteln an der Hand seiner jetzt im Ethnographischen Museum in Leiden
befindlichen Sammlung und mit Heranziehung der einschlägigen Literatur
kurz, aber präzis die materielle und geistige Kultur dieser Stämme: Wohn-
sitze und Handelsbeziehungen; Körperbau, Kleidung und Schmuck; Haus,
Hausrat und Haustiere; Bootsbau, Lebensmittel, Feuermachen, Tabak; Jagd,
Fischerei, Waffen, Gerätschaften; Töpferei; Spinnen, Flechten und Weben ;
Ornamentik, Zeichnen, Spielzeug; Musik (mit Notenbeigaben einiger Gesänge
und Flöten melodien); Bevölkerung, Sitten und Gebräuche, Sagen, Handel
Den wertvollsten Beitrag liefert Verfasser in den drei ausführlichen
Vokabularen des Kaiina (Galibi), Trio und Upurui, die den zweiten Teil der
Abhandlung bilden und sämtlich während der Tapanahoniezpedition (1904)
aufgenommen wurden. Das Trio war bisher gänzlich unbekannt. Die
wenigen Wörter, die Crevaux als „Trio" überliefert hat, gehören einem
Jargon an, dessen sich die Indianer im Handelsverkehr mit den Buschnegern
bedienen. Das Upurui ist nur ein Dialekt des Ojana (Rukujana oder
Uayana, das uns besonders Coudreau durch ein größeres Vokabular zugäng-
lich gemacht hat) und unterscheidet sich nur unwesentlich von diesem. Die
Transkription, die Verfasser gebraucht, ist einfach, aber genau. Aus sämt-
lichen bisher bekannten Sprachen der Karaibengruppe sind Wörter zum Ver-
gleich herangezogen. Hervorzuheben sind die zahlreichen Sätze und Konju-
gationsformen. Besonders dankbar müssen wir sein für die deutsche Über-
setzung, die Verfasser diesem zweiten Teile beigefügt hat
Sechzehn, zum Teil farbige Tafeln geben Abbildungen von Dörfern, ein-
zelnen Häusern, Indianern in Gruppen und bei ihren häuslichen Beschäfti-
gungen nach Photographien, von Gegenständen der Sammlung und Proben
der Gesichtsbemalung nach Zeichnungen wieder. Doch wäre zu wünschen,
daß auch die Flechtarbeiten der Tafel VIII auf photographischem Wege repro-
duziert worden wären, da man an den sehr skizzenhaften Zeichnungen un-
möglich die Flechttechnik erkennen kann.
Für seine ausgezeichnete und sorgfältige Publikation verdient der Ver-
fasser die uneingeschränkte Anerkennung. Möge ihm auch auf seiner neuen
Forschungsreise, die er im April dieses Jahres angetreten hat, und die der
Erforschung der unbekannten Gebiete des südlichen Surinam gilt, voller
Erfolg beschieden sein. Dann dürfen wir für die Ethnologie weitere wert-
volle Beiträge erwarten. Dr. Th. Koch-Grünberg-Nikolassee (Berlin).
IV. Urgeschichte.
Allgemeines.
65. J. Lanz- Liebenfeld: Theozoologie oder die Kunde von den
Sodomsäfflingen und dem Götterelektron usw. 171 S. mit
45 Bildern. Wien, Moderner Verlag, O. J. (1906?).
Eins der merkwürdigsten Bücher, das ich je las ! Eine stupende Gelehr-
samkeit wird hier ins Feld geführt, um die unglaublichsten Behauptungen
A. Referate. Urgeschichte. 39
aufzustellen. Verfasser ist Darwinist und meint, es müsse nicht nur überall
Zwischenformen gegeben haben, sondern diese h&tten sich untereinander ver-
mischt, „sodomisiert", wie er es nennt. So entstanden fortwährend Bastarde
der merkwürdigsten Zusammensetzung, auch zwischen den „Tier menschen"
und den Tieren, z. B. Mensch und Affe, Tiermenschen und Vogel usw. Er
hält alle Fabelwesen der Alten für wahrhafte Gestalten, wie alle Abbildungen
solcher und sucht dies auch aus der hebräisch-babylonisch-griechischen usw.
Literatur nachzuweisen, indem er alle möglichen Worte für Geheim wort e er-
klärt und in seinem Sinne interpretiert. So ist die ganze Welt von „Äff-
lingen" durchseucht, bis in unsere Zeit; die Germanen am wenigsten. Um
nun eine reine, edle Menschenzucht zu erstreben, muß durch Zuchtwahl „ent-
afft" werden, sowohl das Volk, als auch die Fürsten und Adligen, und hier
trifft er sich mit so manchen Modernen. Hier noch einige Kraftstellen: „Die
Elektrizität ist die „Offenbarung". „Die Götter waren nicht nur lebendige elek-
trische Empfangsstationen, sondern auch elektrische Kraft* und Sendstationen u ,
„elektrisch und göttlich sein ist eins!" „Die Zugehörigkeit Jehovas zu den
geflügelten Menschenwesen. tt „Christus war ein elektrischer Vor mensch."
„Er ward nicht gekreuzigt, sondern ward an den Pfahl gebunden und von
den lüsternen Äfflingen sodomisiert!" Die Dreieinigkeit „entpuppt sich uns
... als eine großartige Anthropologie. u „Gott ist die gereinigte Rasse."
Die soziale Frage ist für Verfasser keine Magen-, sondern eine Rassenfrage.
Lanz ist ein Germanenschwärmer. Trotz seiner Absurditäten ist das Büch-
lein für den Denker, Linguisten, Kulturforscher und Historiker doch vielfach
anregend. Dr. P. Näcke- Hubertusburg.
66. Ludwig Wilser: Menschwerdung, ein Blatt zur Schöpfungs-
geschichte. Mit 21 Abbildungen u. 7 Taf. 144 S. Stuttgart,
Strecker & Schröder, 1907.
Eine populärwissenschaftliche Darstellung des Entwickelungsganges
des Menschen in seiner Urzeit.
Im 1. Kapitel führt der Verfasser, entsprechend seinen schon bekannten
Veröffentlichungen aus, daß als Bildungsherd und Ausstrahlungszentrum der
lebenden Wesen das Meer am Nordpol (gegen den Südpol verhält er sich
nicht mehr so abweisend wie früher) anzusehen sei und daß auch die Mensch-
werdung sich dort vollzogen haben müsse. Er zeigt weiter, daß in seiner Weiter-
entwickelung der Mensch nicht vom eigentlichen Affen abstammen kann,
sondern daß vielmehr Großaffen und Menschen bis zu ihrer Spaltung in
verschiedene Zweige gleichen Stammes eine gemeinsame Entwickelung durch-
gemacht haben. Eine ungefähre Vorstellung, wie diese gemeinsamen Vor-
fahren ausgesehen haben mögen, glaubt er sich in den bekannten Darstellungen
von Mas d'Azil und Altamira machen zu können; für diese, zwar früher
ausgestorbenen, aber wahrscheinlich mit den ersten Menschen zeitgenössischen
Geschöpfe schlägt er die Bezeichnung Fithecanthropus atavus vor. — Im
2. Kapitel entwickelt Verfasser die Entstehung der speziell menschlichen
Eigenschaften , d. h. des aufrechten Ganges , der zum Greiforgan gewordenen
Hand, sowie der bedeutenden Gehirnzunahme, und kommt hierbei auf den
Pithecanthropus erectus, nach ihm besser durch Proanthropus erectus ersetzt, zu
sprechen, den er als ein bisher unbekanntes Bindeglied, aber nicht zwischen
Affen und Menschen, sondern zwischen diesem und beider gemeinsamen Vor-
fahren, also als einen Seitenverwandten auffaßt. — Im 3. Kapitel wird der
eigentliche Urmensch geschildert, der Homo primigenius, der seine Vertreter
in den Angehörigen der Neandertalrasse findet. Der letzte, „ Ausblicke u be-
40 A. Referate. Urgeschichte.
titelte Abschnitt bringt allerlei Betrachtungen über einzelne Kapitel der
Menschenkunde im allgemeinen (u. a. über Bedeutung der Menschenkunde,
ererbte Anlagen, Lamarck und Darwin, Naturzüchtung und Artenbildung,
Gesundheitspflege und Zuchtwahl).
Das Büchlein ist anregend geschrieben und wird sicherlich der Anthro-
pologie manchen neuen Anhänger zuführen. Wilser versteht es vorzüglich,
wissenschaftliche Probleme in gemeinverständliche Formen zu kleiden. Ich
bin aber auch auf der anderen Seite überzeugt, daß seine Gegner über ihn
herfallen und sein Werk herunterreißen werden, leider oft genug nicht mit
Gegengründen, sondern nur mit Redensarten. Man sollte doch lieber die
Kleinigkeiten aus dem Spiele lassen zum Besten des großen Ganzen. Wilser
geht ja seine eigenen Wege und hält mit einer anerkennenswerten Konsequenz
an seiner Theorie, die er in voller Überzeugung auf alle mögliche Weise zu
stützen sucht, fest. „Wenn diese Darstellung, trotz möglichster Unpartei-
lichkeit und vorurteilsfreier Würdigung anderer Auffassungen, doch manchmal
unverkennbar des Verfassers Eigenfarbe trägt, so möge man das einem Manne
zugute halten, der selbst am Kampf um die Wahrheit, ganz besonders auch
hinsichtlich der Herkunft des" Menschen, lebhaften Anteil genommen hat." —
Dies sind seine eigenen einleitenden Worte. Buschan- Stettin.
67. V. Giuffrida-Ruggeri: Cr&nes enropeens deformes. Revue de
Prtcole d'anthropol de Paris 1906. Annee IX, p. 316—324.
Im Gegensatz zu den Anschauungen von Schliz über die künstlich
deformierten Schädel in germanischen Reihengräbern glaubt Giuffrida-
Ruggeri annehmen zu können, daß es nicht nötig sei, an besondere Defor-
mierungsursachen zu glauben. Dies gilt nicht nur für die Alte Welt, sondern
auch für das deutsche Mittelalter und vielleicht auch für andere Länder.
Auch im Kaukasus und in Frankreich finde man eine ähnliche, viel strengere,
fast grausame Sitte der Kopf band agen bei Neugeborenen. Der Deformations-
defekt ist als unwillkürlich, ungewollt anzusehen und hängt von der ethnischen
Psychologie ab. Die sogenannten makrokephalen Schädel des Reihengräber-
typus können von den deformierten Schädeln dieser Gräber nicht getrennt
werden, und ihre Form ist als ebenso unwillkürlich zu bezeichnen wie jene
der deformierten Schädel. Dr. Oskar v. Hovorha- Wien.
68. Hans Pohlig: Eiszeit und Urgeschichte des Menschen. 141 S.
Leipzig, Quelle u. Meyer, 1907.
Die Ergebnisse der Geologie kommen auch für die Entwickelungs-
geschichte der organischen Welt in Betracht. Es war daher vorauszusehen,
daß die Forschungen über die Eiszeit, wie sie ja über die Verbreitung
mancher Pflanzen- und Tierarten ein neues Licht verbreiteten, auch der Prä-
historie zugute kommen würden. Denn wie die Entstehung der lebenden
Wesen in ursächlichem Zusammenhang mit den erdgeschichtlichen Epochen
steht, so ist auch die Urgeschichte des Menschen an die Entwickelungsphasen
des geologischen Aufbaues der Erdrinde geknüpft. So kann man das ältere
Tertiär als die Epoche der Halbaffen, das mittlere als die der Affen bezeichnen;
das obere Tertiär ist die Zeit der Anthropoiden, das ältere Quartär ist die
Epoche der Pithecanthropen ; mit dem jüngeren Quartär beginnt endlich das
Zeitalter des Menschengeschlechtes.
Der Verfasser, der zu den eifrigen Vertretern der Entwickelungstheorie
gehört, weiß seine Darstellung in ein so populäres Gewand zu kleiden, daß
seine Beweisgründe auch „dem unbefangenen Kinde" einleuchten müssen.
A. Referate. Urgeschichte. 41
Nur hätte er sich nicht zu einer unmotivierten Schärfe der Polemik hinreißen
lassen sollen; so wenn er Richthofens Lößtheorie abweist, und sonst öfter.
Seine eigenen Ansichten sind doch zum Teil auch anfechtbar ; so die Behaup-
tung, daß es Dinge gibt, die „ohne Ursache, weil ohne Anfang sind". Oder
wenn er die Ursache der Eiszeit nur in kosmischen Veränderungen sieht.
Den Schluß des Buches bildet eine kurze, aber treffende Beschreibung der
bemerkenswertesten Tierarten der Vergletscherungsperioden und der inter-
glazialen Epochen, wo der Verfasser offenbar aus dem Vollen schöpft. Alles
in allem ein hübsches Buch, lebendig geschrieben und höchst übersichtlich
geordnet. Prof. Hahn-Stätitt.
Spezielles, Funde.
69. A. Rutot: Le cannibalisme ä l'epoque des cavernes en Belgique.
Bull. Soc. pre*histor. de France 1907, Se"ance du 27 juin.
Ed. Dupont hatte bereits vor 40 Jahren für die diluviale Bevölkerung
der belgischen Höhlen wahrscheinlich gemacht, daß damals Kannibalismus
sehr verbreitet gewesen sein muß. Dank dem Umstände, daß er bei seinen
Ausgrabungen immer ein Stück für spätere Nachprüfung unverändert stehen
ließ, gelang es Rutot, von neuem den Beweis zu erbringen, daß in der Tat
die Troglodyten Belgiens gegen Ausgang der Madeleinezeit dieser Unsitte
huldigten, die ja nun auch für den Diluvialmenschen von Krapina feststeht.
In der Höhle „Trou de Frontal" (Furfoz) lagen 18, zumeist weibliche
Personen bestattet. Viele dieser menschlichen Knochen war^n zerbrochen.
Von 52 waren 18 eingeschnitten, 33 hatten Hammerschläge erfahren und 2
zeigten Brandspuren. Dupont nahm an, daß es sich hier um die Überreste
eines Leichenmahles zu Ehren eines verstorbenen Häuptlings handeln mag,
eine Ansicht, die in der modernen Völkerkunde ihre Unterstützung findet.
Das Trou du Frontal ist indessen nicht der einzige Ort, wo man mensch-
liche Knochen des Paläolithicums aufgefunden hat, die Kannibalismus ver-
raten; ähnliche Funde wurden noch an 12 weiteren Höhlen festgestellt, die
Verfasser im einzelnen aufführt. Buschan- Stettin.
70. E. T. Hamy: Les premiers Gaulois II. L' Anthropologie 1907.
Tome XVIII, p. 127—139.
Die Knochenfunde weiterer gallischer Grabhügel werden beschrieben und
durch Abbildungen wie Tabellen erläutert. Überall zeigt sich eine Mehrheit
hochgewachsener Langköpfe, gallischer Eroberer, neben einer Minderheit
untersetzter Kundköpfe, früherer Bewohner des Landes, die seit dem Ende der
Steinzeit sich stark vermehrt hatten. Die kraftvolle Rasse der Eroberer wird
besonders gekennzeichnet durch einen in einem lothringischen Hügel ge-
fundenen Häuptling von ungewöhnlicher Leibeslänge mit mächtigem Schädel
(im Museum von Nancy, bei 208 mm Lauge und ungefähr 150 mm Breite,
Index 72). Die Gebisse sind meist tadellos. Den Schlußworten des Ver-
fassers, daß mit dem „neuen Metall" (Eisen) auch „eine neue Rasse" ins
Land gekommen sei, wird man beistimmen können. Es ist dies Homo euro-
paeus, der übrigens schon in neolithischer Zeit stark vertreten, dann durch
die Vermehrung der Rundköpfe in den Hintergrund gedrängt war und zu-
letzt in der Eisenzeit durch zwei neue Verbreitungswellen, die gallische und
die germanische Einwanderung, eine mächtige Verstärkung erfahren hat. Die
Rasse der Rundköpfe nennt Hamy „protoligurisch", was ich aus zwei Gründen
nicht billigen kann: erstens verdienen die Rassen rein naturwissenschaftliche
42 A. Referate. Urgeschichte.
Bezeichnungen, und zweitens waren die Ligurer ursprünglich als Nachkommen
des Homo mediterraneus var. prisca sive fossilis reine Langköpfe und hatten
ältere Wurzeln im Lande als die von Osten her zugewanderten Rundköpfe.
Ludwig Wüser-Heidelberg.
71. Alexander Bugge: Die Wikinger. Bilder aus der nordischen
Vergangenheit. Autor. Übertr. a. d. Norwegischen von Heinz
Hungerland. 282 S. Halle a. S., Niemeyers Verlag, 1906.
Diese Darstellung der nordischen Verhältnisse gerade in jener Epoche,
in der sich die nordischen Völker zu Nationen und Staaten zusammenschlössen,
ist vornehmlich zu dem Zwecke unternommen, die heutigen Beziehungen der
skandinavischen Länder auf die historischen Voraussetzungen zurückzuführen.
So ist die Schilderung der Wikingerzeit aus den wichtigsten Quellen, besonders
'aber noch aus Tacitus und der Edda, doch auch aus gewissen Denkmälern,
namentlich in Irland, abgeleitet und zu sieben „Bildern 41 ausgestaltet, deren
Frische und warmer Patriotismus über gelehrte Forschung hinaus sich auch
an weitere Kreise wendet. In Rücksicht hierauf und mit Übergehung ge-
legentlicher Wiederholungen und freierer Kombinationen mögen nur die Haupt-
gedanken hier kurz wiedergegeben werden.
Nach den ältesten Nachrichten traten die nordischen Völker wie die
anderen Germanen anfangs noch als Einzelstämme auf, aus denen zuerst der
Sveen staat um den Mälar sich konsolidierte mit der Einrichtung des Groß-
königtums, dann die Dänen durch gemeinsame Götter Verehrung , zuletzt die
Norweger durch Haralds Sieg. Und wie zeitlich, so entwickelten sich die
drei nordischen Nationen auch nach Charakter und sozialen Verhältnissen
verschieden, aber bei allem Sondert um herrschte doch zwischen ihnen ein
Solidaritätsgefühl: „auch heute noch sind sie nicht eine Nation und werden
es anscheinend niemals sein, aber als freie Völker wirken sie zusammen im
Dienste des Friedens und Fortschritts u . Nun ist gewiß richtig, daß das
Kulturniveau eines Volkes am deutlichsten durch die Stellung der Frau ge-
kennzeichnet wird, aber es ist doch ein sonderbarer Weg, wenn diese Blüte
der Kultur zuerst geschildert und dann erst die chronologischen, die all-
gemeinen Verhältnisse und endlich die sonstigen Anschauungen der Zeit ent-
wickelt werden. Das Weib in der Wikingerzeit ist also weniger nach den
phantastischen Sagas als nach den Skalden versen, Eddaliedern, Gesetzen und
Runensteinen gezeichnet; in frühgermanischer Zeit sei trotz der idealisierten
Darstellung des Tacitus die Stellung der Frau eine schlechtere gewesen, erst
die Wikingerzeit habe sie befreit und großzügige Gestalten in allen Lebens-
stellungen geschaffen, während im späteren Mittelalter unter dem Einflüsse
des Christentums diese Selbständigkeit wieder geschwunden sei, damit aber
auch üble Folgen der Wikingerzüge, Vielweiberei und Harems wir tschaft Der
nächste Abschnitt greift wieder zurück und beschäftigt sich mit dem Leben
in einer Wikingeransiedelung. Wenn die nordischen Völker damals zuerst
mit beträchtlichen Teilen Europas in Berührung kamen und seitdem erst zu
den zivilisierten Nationen gehören, so hat sich gerade in dem so verschieden
gearteten Irland doch wohl das eigentümlichste Leben entwickelt, das die
buntbewegte Wikingerzeit aufzuweisen hat. Die keltischen Verhältnisse zeigten
hohe Kultur neben primitivem Klanrecht und Blutrache, Nomadentum und
Sinnlichkeit neben tätigem Christentum und hochentwickelter Poesie, als etwa
im 7. Jahrhundert Norweger und Dänen mit ihnen in Berührung kamen, in
zahlreichen Scharen erst plündernd, dann Niederlassungen gründend auf
Irland landeten, Dublin, Wexford, Waterford, Cork, Limerick erbauten und
A. Referate. Urgeschichte. 43
der ganzen Insel selbst den Namen gaben, sie schließlich politisch beherrschten,
aber kulturell Sitte, Tracht und Christentum von den Iren annahmen, ein
merkwürdiges Beispiel gegenseitiger Beeinflussung. Besonders zahlreich sind
die im nächsten Kapitel zusammengestellten Erinnerungen an die Wikinger
auf der Insel Man erhalten, einem Irland im kleinen. Es wurde im 10. Jahr-
hundert ein norwegisches Königreich, das zuweilen mit über die Hebriden
und Anglesey gebot, dann zum Vasallenstaat herabsank und heute noch im
englischen Kronbesitz durch seine eigenartige Selbstregierung , seinen Thing-
stättenhügel und seine Richter an die Wikingerzeit gemahnt; besonders aber
bezeugen noch Personen- und Hofnamen, wie zahlreiche Runensteine die ein-
stige Kulturblüte. Dieser Abschnitt ist mit einigen Bildern geschmückt und
verbreitet sich über diese eigenartigen Denkmäler, die, obschon in norwegischer
Sprache und von Christen errichtet, doch heidnische Darstellungen enthalten,
deren äußere Form keltischen Vorbildern entnommen wurde, so daß z. B. aus
Simson mit dem Löwen eine Darstellung Odins mit dem Fenriswolfe wird.
Das fünfte Kapitel stellt unter dem Titel „Herdfeuer der Kultur in alter Zeit"
eine Anzahl von Kulturzentren der Wikingerpeiiode zusammen, in Dänemark
Lebe auf Seeland, in Schweden Upsala, Birka, Sigtuna, Gottland, in Jütland
Schleswig und Hedeby, während solchen reichen Mittelpunkten dauernder
Berührung von Einheimischen und Fremden in Norwegen nur kleinere Plätze
ähnlicher Art wie Vestfold, Nidaros, Jaederen, Ringerike und das nördliche
Halogaland zur Seite gestellt werden können. Aus allen diesen oft sehr zer-
streuten Einzelheiten baut sich dann als Hauptstück der sechste Abschnitt,
„Kultur und Lebensanschauung der Wikingerzeit ", auf. Wichtiges muß man
freilich noch hier und da suchen, die Namenerklärung versteckt sich in eine
Anmerkung S. 112, desgleichen die bestimmte Zeitansetzung (Ende des 8. bis
Anfang des 11. Jahrhunderts) in eine andere S. 215. Der anfänglichen Ver-
einzelung und Abgeschlossenheit der nordischen Völker machte die Berührung
mit fremden Elementen so gründlich ein Ende, daß für den Norden auf allen
Gebieten des Lebens eine neue Epoche anbrach. Sprache und Schrift änderten
sich, die jüngere Eisenzeit hub an, Raub und Plünderung stehen neben all-
mählicher Ansiedelung, neben dem Krieger der Kaufmann, und so erweitert
sich der gesamte Gesichtskreis. Der alte Götterglaube wird mehr und mehr
zu einer Religion des Kampfes, die Vorstellungen von Walhall und Odin
treten in den Vordergrund, die Dichtung wird erneuert und vertieft, denn
neben der Götter- und Heldensage umfaßt sie die ganze damalige Lebens -
anschauung, die im ganzen aristokratisch und etwas pessimistisch ist, ohne
indes zum Lebensekel zu führen. Nicht sanft ist allerdings diese Kultur, sie
ist eine von Männern geschaffene, für starke Naturen passende, dabei in ihrem
Grunde urnordische. Als kleiner Zusatz zu diesen großen Umrissen sei zu
S. 243 die Bemerkung gestattet, daß zu den Beispielen für das Brettspiel in
Wikingerniederlassungen auch die schon S. 30 und 90 erwähnte Jomsburg auf
Wollin wieder angeführt werden kann, die durch sorgfältige Untersuchung
in ihren Fundstücken als wikingisch nachgewiesen ist und in dem Grabfelde
auf dem Galgenberge u. a. den nordischen völlig gleiche Brettspielsteine barg
(siehe Baltische Studien, N. F., Bd. II, S. 1 1 5). — In einem Schlußkapitel wird
abschließend die Umwertung der Wikingeranschauungen beim Eintritt der
nordischen Völker in das Mittelalter beleuchtet, zunächst das langsame Ringen
des Christentums mit dem Asenglauben, dann die anstatt der freien Ent-
faltung der Persönlichkeit sich immer mehr durchsetzende tiefere Empfindung,
ein reineres Verhältnis zum Weibe, eine innigere Auffassung der Natur, kurz
eine menschlichere allgemeine Bildung, verkörpert im Skalden Sighvat, der
44 A. Referate. Urgeschichte.
um 1030 nach Rom pilgerte. Die Verbindung des Nordens mit Kultur und
Christentum war damit dauernd besiegelt.
Im ganzen ein inhaltreiches Buch, dessen Lektüre aber wegen des hin-
und herflutenden Gedankenganges nicht leicht ist; dazu kommt, daß der Druck
nicht sorgfältig genannt werden kann und selbst der Ausdruck oft recht an-
fechtbar ist. Auffallend ist der gänzlich undeutsche Gebrauch des „doch" au
unzähligen Stellen wie S. 48, 122, 163, 280 u. a.; ebenso S. 120 „hingegen tt ,
S. 128 „nicht und sondern auch tt , S. 214 „bei kleiuem beginnt es licht zu
werden u , S. 45 „mit dem Mantel vor sich ausgebreitet tt , S. 47 „Es ist ehren-
voll, über Frauen zu trauern, der Männer soll man gedenken, sagt Tacitus. u
Nein: ich kenne nur die eine Lesart Tac. Germ. 27: „ femin is lugere bonestum
est, viris meminisse tf — aber der schlichte Sinn dieser Worte ist in jener
Übersetzung denn doch gänzlich verschoben. Prof. Dr. Weiter- Stettin.
72. J. Wenzl: Über die Ausgrabungen bei Asenkofen. Beiträge
z. Anthropologie u. Urgeschichte Bayerns 1907. Bd. XVI, Heft 3/4,
S. 85—116 mit 18 Taf.
Es wird die Beschreibung eines Meßverfahrens für Ausgrabungen voraus-
geschickt, das genaueste Angaben über das örtliche Neben- und Untereinander
der Fundstücke gewährleistet. Danach werden neun Hügel bei Asenkofen nord-
östlich von Freising a. d. Isar untersucht, die scheinbar regelmäßig angeordnet,
aber von verschiedenem Umfang sind. Sie waren ganz mit Streuscherben
durchsetzt und enthielten Leichenbrapdreste in Mulden, doch auch Bestattung,
besonders in der Westhälfte des großen Hügels E; daneben scheinen sich
noch Flachgräber zu befinden. Nach Bau und Formencharakter gehören sie
zur älteren Hügelgräberbronzezeit, Stufe B. Neben kleinen Feuersteinen, Schleif-
und Klopf steinen , die bei der steinfreien Bodenbeschaffenheit wertvoll waren,
kommt nur Bronze vor, darunter Weißbronze; die Technik in Guß, Treiben
und Gravieren durchaus geschickt. Von Schmucksachen sind viele Nadeln
mit gebogenem Stiel und schraubiger Verzierung am Halse, massivem Kopf
oder Öse zu erwähnen, Armbänder aus Blech, zum Teil in Spiralen endend,
Ringe aus starkem oder schwächerem Draht, besonders ein Bernsteinschmuck,
der auf Taf. XXXIX rekonstruiert ist. An Waffen fanden sich Randkelt,
Schwert, Dolche, Messer. Die Keramik zeigt nur kleine Gefäße wohlerhalten,
dem Toten als Mundgeschirr mitgegeben, größere konnten nicht mehr voll-
ständig zusammengebracht werden, sie wurden vermutlich bei der Totenfeier
zu Streuscherben zertrümmert. Als Ornamente dienen erhabene Leisten am
Halse, Buckel, selten Strichornamente, die sonst unverzierten Tassen haben
mehrfach Kugelboden. Am auffallendsten ist der gleichzeitige Nachweis von
Bestattung und Verbrennung, da letztere bisher erst für Stufe D angesetzt
wurde; die Möglichkeit von Nachbestattungen ist jedoch bei der sorgfältigen
Untersuchung bei diesen Hügeln ausgeschlossen, so daß man wohl allmählich
zu einer Gliederung der Periode B kommen wird. Vermutungen über die
Nationalität der Bestatteten sind unterdrückt, bei Erwähnung der Siebenzahl
in den Schmucksachen und der Sitte der Streuscherben Parallelen aus anderen
Beobachtungskreisen zur Erwägung gestellt. Prof. Dr. Walter- Stettin.
73. J. L. Pic: Die Urnengräber Böhmens. A. d. Böhmischen über-
setzt v. Jos. Müller-Horsky u. J. V. Zelizko. M. 100 Taf.
u. 91 Abbildg. im Text XXII, 210 S. Leipzig, Karl W. Hieree-
mann, 1897. Groß 4°. Preis 80 M.
Joseph La die lau s Pic, der Direktor der prähistorischen Abteilung
des böhmischen Landesmuseums in Prag, hat ein großes Werk über die
A. Referate. Urgeschichte. 46
Altertümer des Landes Böhmen (Starozitnosti zeme Ceske, 5 Bde., Prag 1899
bis 1905, vgl. Zentralbl. VII, 1902, S. 58 bis 60; XI, 1906, S. 101 bis 103)
in tschechischer Sprache herausgegeben. Den Teil über den Elradischt bei
Stradonitz hat Joseph Dechelette ins Französische übersetzt (vgl. Zentralbl.
XI, 1906, S. 173 bis 174). Ihm ist jetzt eine deutsche Übersetzung des Bandes
über die Urnengräber gefolgt. Dieses umfängliche Buch enthält mehr als
der Titel verspricht. Der Verfasser zieht darin gleichsam die Summe seiner
Arbeiten und unternimmt es, auf Grund der Funde eine vollständige Be-
siedelungsgeschichte seines Landes zu entwerfen. Im Zusammenhange damit
werden die prähistorischen Rassen- und Stammesfragen Europas eingehend
erörtert und so ziemlich alle wichtigeren Fundprovinzen in den Kreis der
Betrachtung gezogen. Wir wollen ihm dabei nur soweit folgen, als es zum
Verständnis seiner Ansichten notwendig ist, im übrigen aber uns auf den
Kern der Sache, die böhmischen Urnengräber und die damit zusammen-
hängenden Fragen, beschränken.
Als die älteste Bewohnerschaft Böhmens, abgesehen von dem nur in
geringfügigen Spuren nachweisbaren diluvialen Menschen, betrachtet Pic
das Volk der Hockergräber. Es gilt ihm als Repräsentant der allgemein
verbreiteten nicht -arischen Urbevölkerung Europas, deren letzte Reste in
den Basken zu erblicken seien. Die Einwanderung erfolgt« von Thüringen
aus zu einer Zeit, wo die verschiedenen neolithischen Kulturen schon eine
Mischung eingegangen und Kupfer und Bronze in Gebrauch genommen waren.
Zonenbecher und thüringische Schnurkeramik bilden die Ausstattung der
ältesten Gräber, halbkugel- und birnförmige Gefäße mit Voluten-Punktstich-
und Winkelbandverzierungen den Inhalt der gleichzeitigen Siedelungen. Jene
dienten zum Totenkult, diese zum Hausgebrauch, ein zeitlicher Unterschied
sei nicht vorhanden.
Die Glanzperiode des Hocker Volkes wird durch die Aunjetitzer Kultur
dargestellt. Der Verfasser betrachtet sie „sozusagen als eine Nationalt rächt u ,
bei der man wohl die Ursprungsmotive, hier die italisch-schweizerische Terra-
maren- und Palafitkultur, nicht aber die Dauer angeben könne. (In Deutsch-
land beschränkt man den Aunjetitzer Formenkreis bekanntlich auf die erste
Periode der Bronzezeit.) Es ist ihm in dieser Hinsicht bezeichnend, daß man
Hockergräber noch in dem jüngeren Teile des Grabfeldes von Bylan wieder-
finde, hier aber bereits mit Schwanenhalsnadeln, Harfenfibeln, Pferdetrensen
von Kisen und Bronze und einer Keramik, die sich an die jüngste Phase der
Hallstätter Kultur in der Oberpfalz und in Oberfranken anlehnt. Da man
ein Bindeglied bisher nicht gefunden habe, bleibe nur die Annahme übrig,
daß die Aunjetitzer Kultur sich so lange erhalten habe, bis sie von der
Bylaner abgelöst sei.
Das Urvolk verschmolz im Laufe der Zeit kulturell mit den später ein-
gewanderten Elementen. Anthropologisch ist es noch in den Gräbern der
ersten christlichen Periode nachweisbar, und zwar zu 6 /io der damaligen Be-
völkerung. Gegenwärtig ist der Typus, bis auf wenige Spuren in der Umgegend
von Prag, verschwunden. Die heutigen Böhmen sind Nachkommen der in den
ersten Christengräbern vertretenen brachykephalen Minderheit, und diese wieder
stammt in direkter Linie von dem Geschlechte der Urnengräber ab.
Das Urnengräbervolk erscheint bei seinem ersten Auftreten ausschließlich
im nordöstlichen Böhmen und steht in deutlicher Beziehung zum nördlichen
und östlichen Nachbargebiet, während sonst alle Einwandrer scharen von
Westen oder Süden gekommen sind. Die Fund Verhältnisse lassen erkennen,
daß es als Zweig eines größeren nationalen Ganzen in mehreren Etappen ein-
46 A. Referate. Urgeschichte.
drang, und daß seine ursprüngliche Eigenart durch die Berührung mit anderen
Elementen der damaligen Bevölkerung und fremde Kultureinflüsse modifiziert
wurde. Pic unterscheidet zunächst den Lausitzer und den schlesischen
Typus. Der erstere drang auf zwei Wegen ein. Der eine führte von
Sachsen her elbaufwärts, der andere von der Lausitz über den Je senken paß
gegen die Mohelka und den Iserfluß und von da nach dem oberen und mitt-
leren Eibgebiete. Die Einführung erfolgte zu einer Zeit, als die Lausitzer
Buckelkeramik, ebenso wie die kannelierte, sich schon im Verfall befand, wo
aber die zweigliederige Spiralscheibenfibel noch im Gebrauch war. Der
schlesische Typus ist nur im Gebiete von Eöniggrätz und Turnau, also an
der östlichen Peripherie des lausitzeschen , vertreten. Diese Lage deutet
darauf, daß er von Schlesien über den Paß von Nachod herübergekommen ist.
Hierfür spricht auch noch eine andere Beobachtung. Es zeigen sich nämlich
bei ihm einerseits Einflüsse der kannelierten Keramik, die sich an das schle-
sische Gebiet westlich anschließt, andererseits an die ungarische Buckel-
keramik. Da nun die kannelierte Keramik Böhmen selbst nicht erreicht hat,
so muß man annehmen, daß die Ausbildung des schlesischen Typus jenseits
der Grenze erfolgt, und daß er als fertiges Produkt, offenbar infolge der An-
kunft eines neuen Volksstammes , in Böhmen eingezogen ist. Für die Zeit-
bestimmung kommen einmal eine Hallstätter Doppelnpiralfibel und sodann
zwei auf dem Grabfelde von Menik gefundene Armbänder und eine Fibel
vom Duxer (La Tene-) Typus in Betracht. Daraus geht hervor, daß die dort
bestatteten Menschen zur selben Zeit gelebt haben wie die Leute der La Tene-
Skelettgräber, oder mit anderen Worten, daß das Volk der schlesischen Urnen-
gräber mit den historischen Bojern zusammengetroffen ist.
Die Fortsetzung des schlesischen bildet der Platenitzer Typus, auf
dessen Entstehung Einflüsse aus Süddeutschland (Franken, Oberpfalz) und
den östlichen Alpenländern und der ungarischen Tiefebene eingewirkt haben.
Während seiner Herrschaft drang das Urnengräbervolk weiter nach Westen
vor und veranlaßt© die dortigen Urbe wohner, von der Körperbestattung zur
Brandbestattung überzugehen (Grabfeld von Bylan). Chronologische An-
haltspunkte ergeben, abgesehen von der bemalten Keramik, den dreiteiligen
Gefäßen, Hallstattschwertern, Schwanenhalsnadeln, Harfenfibeln usw.. nament-
lich die eiserne Hammeraxt aus dem Reit ergrab 10 von Platenitz (Taf. XXX),
das säbelförmige Hiebmesser aus dem Gräberfeld von Morin und gewisse
Bronzescliüsseln , die Pic auf Grund verschiedener Vergleichsfunde in die
letzten drei Jahrhunderte vor Christus versetzt.
Damit ist der chronologische Anschluß erreicht an die Urnengräber der
römischen Kaiserzeit, welche am reichsten durch die beiden Nekropolen
des Pichora- und des Trebitzkahügels bei Dobrichov vertreten sind, her
Verfasser hält sie für die unmittelbare Fortsetzung der alten Urnenfriedhöfe.
Er gibt zwar zu, daß man einen eigentlichen Übergang bisher nicht habe
feststellen können, doch seien in einem Grabe von Lisovic ( Taf. L, 10 — 13)
und in einem anderen von der Pichora (Taf LXXXII, 7 — 13) je ein Gefäß
vom Platenitzer Typus zusammen mit den römischen Fibeln gefunden worden,
und in Ohnistan sei ein Grabfeld mit mäanderverzierten Gefäßen nur 50 Schritt
von einem solchen des Platenitzer Typus entfernt gewesen. Übrigens sei
selbst in Deutschland an der Kontinuität der Bevölkerung vom ersten Auf-
treten der Urnengräber des Lausitzer Typus bis zum Ende der Kaiserzeit
kein ernstlicher Zweifel ausgesprochen worden, so daß es nicht notwendig
sei, sie noch des näheren zu begründen. (Die Kos sin nasche Karpodaken-
hypothese scheint der Verfasser nicht zu kennen.)
A. Referate. Urgeschichte. 47
Dagegen steht es für die deutschen Gelehrten fest, daß das Gebiet
zwischen Elbe und Weichsel während und nach der großen Wanderung einen
Besiedelungswechsel durchgemacht habe, und daß die slavische Besiedelung
erst von da datiere. Als spezifisch slavisch gelten ihnen die Skelettgräber
mit Schlafenringen und die Burgwallkeramik. Pic führt folgende Gegen-
gründe an. Erstens stimmen alle Chronisten darin überein, daß die heid-
nischen Slaven ihre Toten verbrannt haben. Tatsächlich sind auch überall
im Osten Brandgräber mit sogenannter Burgwallkeramik zum Vorschein ge-
kommen. Die Skelettgräber stammen wahrscheinlich alle erst aus christlicher
Zeit. Zweitens ist die Burgwallkeramik nicht slavischen Ursprungs, über-
haupt nicht vom Osten hergekommen, sondern aus der provinzial- römischen
Kultur abgeleitet, denn wir finden in den römischen Provinzen, insbesondere
in Rätien und Noricum, die ganze Entwicklung in Form, Ornament und
Herstellungsart schon vollständig vorgezeichnet. Auch auf den spätrömischen
und merovingischen Gefäßen böhmischer und norddeutscher Gräberfelder be-
merkt man Stempeleindrücke, die denen der Burgwallkeramik genau ent-
sprechen, und es ist deshalb nicht richtig, daß zwischen dem Verschwinden
der provinzial-römischen Kultur und dem Erscheinen des Burgwalltypus eine
große Lücke klaffe. Ebensowenig sind die Schläfenringe slavischer Herkunft,
denn in dem Funde von Castel Selva (Südtirol), der dem letzten vorchrist-
lichen Jahrhundert angehört, trifft man schon Armbänder, die an dem einen
Ende S-förmig ausgehämmert sind, und zwei Armbänder gleicher Art, das
eine aus der Kaiserzeit, das andere aus einem fränkischen Grabe, befinden
sich im Mainzer Museum. Einen direkten Beweis für die alte Ansässigkeit
der Slaven im Bereich der Urnengräber liefert einmal die Erhaltung einiger
aus dem Altertum überlieferter Orts- und Stammesnamen (s. Zentralbl. 1907,
S. 47 f.), sodann die von Pic untersuchte Ansiedelung von Michle, deren
Scheiben in ununterbrochener Schichtenfolge von der Burgwallzeit bis zur
Periode von Trebitzka herunterreichen. Ebenso fand Wankel bei Lostitz
in Mähren vier übereinandergelagerte Schichten mit Einschlüssen von bronze-
zeitlicher, hallstättischer, Burg wall- und mittelalterlicher Keramik.
Schon aus dieser knappen Inhaltsangabe wird der Leser den Eindruck
gewonnen haben, daß der Verfasser in starkem Gegensatz zu den besonders
in Deutschland und Skandinavien herrschenden Anschauungen steht. Dieser
Gegensatz entspringt vor allem aus seiner historisierenden Methode. Anstatt
von einer strengen Prüfung der archäologischen Verhältnisse ausgehend die
ethnologischen und historischen Deutungen gleichsam reifen und sich von
selbst ergeben zu lassen, tritt er mit einem fertigen Programm der vor-
geschichtlichen Völkerkunde an die Funde heran und preßt sie wohl oder
übel in sein System hinein. Das Vorhandensein einiger schwach gekrümmter
Skelette auf dem Friedhofe von Bylan, der sich zum größten Teile aus
Brandgräbern zusammensetzt, genügt ihm, um die Gleichheit der Bevölkerung
mit dem alten Hockergeschlecht für gesichert zu halten, und die abgrund-
tiefe Kluft zwischen Aunjetitzer und Bylaner Kultur stört ihn nicht im min-
desten, wenn seine Theorie ihren unmittelbaren Zusammenhang erheischt.
Ebenso willkürlich ist die Verknüpfung der Platenitzer mit den kaiserzeit-
lichen Urnengräbern und der letzteren mit den Funden der Burgwallperiode.
In allen diesen Fällen vermißt man den vom archäologischen Standpunkte
unbedingt zu fordernden Nachweis eines allmählichen Überganges in Be-
stattungssitte und Typus der keramischen und sonstigen Beigaben. Was
der Verfasser in dieser Beziehung an angeblichen Beweisen beibringt, ist so
dürftig und widerspricht zum Teil so sehr allen anderwärts gemachten Er-
48 A. Referate. Urgeschichte.
fahrungen, daß die Schwäche seiner Position dadurch nur noch deutlicher
wird.
Damit h&ngt zusammen seine Geringschätzung jeder relativen Chrono-
logie. Nach seiner Ansicht gibt es in der Prähistorie eigentlich nur „National-
trachten" von einer fast unbegrenzten Dauer und „Moden", aber keine auf
gesetzmäßiger Entwickelung beruhende Veränderung der Typen. Das ent-
hebt ihn der Notwendigkeit, seine Hypothesen über das Verhältnis der ver-
schieden en Gruppen zueinander mit den herrschenden Altersbestimmungen
in Einklang zu bringen; es bewirkt aber auch einen gewissen Mangel an
Kritik in der Beurteilung einzelner auffällig zusammengesetzter Funde. Wenn
er z. B. angibt, daß er in einer Kulturgrube bei Slavetin mitten unter Hall-
stattscherben auch einen solchen mit Punktstichverzierung (Hinkelsteintypus)
gefunden habe, so werden andere darin nicht, wie er, ein Zeugnis für die
Langlebigkeit der neolithischen Keramik, sondern einen belanglosen Zufall
erblicken, für den es eine Reihe plausibler Erklärungen gibt. Ähnlich dürfte
es mit den „Platenitzer" Gefäßtypen in kaiserzeitlichen Gräbern stehen. In
anderen Fällen gelangt Pic zu seinen abweichenden Datierungen, weil er
unzusammengehörige Dinge in Parallele setzt. So ist die eiserne Streitaxt
in dem Platenitzer Reitergrabe typologisch durchaus verschieden von den
angeführten La Tene-Äxten in Kärnten und Krain, und das halls tattische
Haumesser mit dem schnabelförmigen Griffende aus Hof in mag zwar als ent-
fernter Vorfahr der frührömischeu einschneidigen Kurzschwerter zu be-
trachten sein, ist aber doch, wie die italischen Analogien zeigen, durch einen
weiten Abstand davon getrennt.
Auch bei dem Versuche, die Kontinuität der Besiedelung von der Völker-
wander ung8- bis zur Burgwallzeit zu beweisen, arbeitet der Verfasser mit
untauglichen Mitteln. Denn mit allen seinen Argumenten schafft er doch
die Tatsache nicht aus der Welt, daß etwa vom vierten Jahrhundert an ein
vollständiger Bruch mit der Vergangenheit zu bemerken ist und an die Stelle
der bisherigen blühenden Kultur das Nichts oder wenig mehr als nichts tritt.
Das Versiegen des römischen Kulturstromes reicht da zur Erklärung allein
nicht aus. Treffen wir doch in den germanisch gebliebenen Ländern wäh-
rend der nachrömischen Zeit einen Fuudreichtum , wie kaum in einer
anderen Periode vorher oder nachher. Selbst die Ansiedelung von Michle
bestätigt doch nur die an sich höchst wahrscheinliche Vermutung, daß das
Land nie völlig menschenleer gewesen ist, sei es, daß Reste der alten Be-
wohner dablieben, sei es, daß kleinere Scharen der neuen unmittelbar nach
rückten.
Sein Endziel, die einwandfreie Herleitung des tschechischen Stamm-
baumes von dem Volke der Urnengräber, hat Pic also nicht erreicht. Dies
tut indes der Verdienstlichkeit seines Werkes keinen Eintrag. Wenn heute
die böhmische Urgeschichte so gut bekannt ist, wie nur von wenigen anderen
Ländern, so haben wir ihm vor allen dafür zu danken. Anzuerkennen
ist auch der unermüdliche Eifer, womit er auf seinen Studienreisen in allen
europäischen Museen Vergleichsmaterial gesammelt hat, und der Bienenfleiß,
mit dem er alle auf die Vorzeit der Slaven bezüglichen Tatsachen und Beleg-
stellen zusammenträgt. So erscheint sein Werk als eine wichtige Quellen-
schrift, die niemand ohne reichen Gewinn aus der Hand legen wird.
Mit der gewiß sehr schwierigen Übersetzung haben sich die beiden damit
betrauten Herren ersichtlich große Mühe gegeben, und in anbetracht des Um-
standes, daß das Deutsche offenbar nicht ihre Muttersprache ist, kann man
mit dem Ergebnis zufrieden sein. Die immerhin recht zahlreichen Verstöße
A. Referate. Urgeschichte. 49
und Flüchtigkeiten hätten bei einer sorgfältigeren Korrektor von Seiten des
Verlegers vermieden werden können.
Die Ausstattung ist, was die Menge der Abbildungen betrifft, von der
verschwenderischen Opulenz, die man an den Arbeiten von Pic gewohnt ist.
Im übrigen ist sie dem allerdings ziemlich hohen Preise angemessen.
H. Seger-Breslau.
14t. Karl Buchtete: Die Lausitzer und schlesischen Brandgr&ber
in Böhmen. Jahrbuch der k. k. Zentralkommission f. Erforsch,
u. Erhaltung d. Kunst- u. histor. Denkmale. N. F. Bd. IV,
Sp. 1—51. Wien 1906.
Fast zu gleicher Zeit mit dem Werke von Pic über die böhmischen
Urnengräber ist von dem Hauptvertreter der modernen archäologischen Schule
in Böhmen, Karl Buchtel a, eine Abhandlung desselben Inhalts erschienen.
Gerade weil sie ganz unabhängig von jenem und selbst ohne Bezugnahme
darauf geschrieben ist, gewährt die Gegenüberstellung ein besonderes Inter-
esse. Der Verfasser hat sich zuerst durch seine scharfe Kritik des ersten
Bandes der Starozitnosti von Pic 1 ) in weiteren Kreisen bekannt gemacht.
Die Vorzüge jener Arbeit : gründliche Beherrschung des Stoffes und ein feines
Gefühl für stilistische Unterschiede, sind in der vorliegenden nicht weniger
bemerkbar. Aber auch Buchtela besitzt eine starke Neigung zu ethno-
logischen Konstruktionen und läßt sich durch sie zu Schlußfolgerungen ver-
leiten, die mehr in vorgefaßten Meinungen als in dem Tatsachenmaterial
begründet sind.
Gleich Pic unterscheidet er als Hauptgruppen den Lausitzer 2 ) und den
schlesischen Typus. Aber er erkennt, daß innerhalb jeder von beiden eine
chronologische Entwickelung stattgefunden hat, und er gelangt durch eine
Analyse namentlich der keramischen Typen zur Aufstellung von vier Stufen
für die lausitzische und zweien für die schlesische Kulturgruppe. Die jüngste
Stufe wird bei beiden als Bylaner Kultur bezeichnet. Er sieht also in dieser
keine volklich verschiedene Gruppe, sondern identifiziert sie mit dem von
Pic sogenannten Platenitzer Typus. Die Herkunft des Brandgräber Volkes
leitet auch er vom Norden und Osten her. Er nimmt an, daß am Ende der
Ann jetitzer Periode zwei Einwandererströme eingedrungen wären, welche ihre
Toten verbrannten und die lausitzische Kultur mit sich brachten. Unter
harten Kämpfen hätten sie die autochthone (Aunjetitzer) Bevölkerung zurück-
gedrängt und sich in der Weise festgesetzt, daß wir in Mittel- und West-
böhme d die mit den Urbewohnern vermischte Gruppe der nördlichen und in
Ostböhmen die unvermischte Gruppe der östlichen Einwanderer vorfinden.
Dieses Bild erfuhr eine einschneidende Veränderung erst, als im Osten ein
mächtiger Nachschub, diesmal im Geleite der reinen schlesischen Kultur, er-
folgte, wodurch die „lausitzische" Bevölkerung Ostböhmens bis auf geringe
Spuren allmählich nach Mittelböhmen geschoben wurde. Während der
Bylaner und vollends in der sich anschließenden römischen Epoche vollzog
*) Buchtela, Vorgeschichte Böhmens, deutsche Beilage zu Niederles Vestnik
Slovanskych Starozitnosti III, Prag lö99.
■) Trotz der schwierigeren Aussprache sollte man doch endlich diese zwar
hei Städtenamen eingebürgerte, bei einem Ländernamen aber gänzlich unberechtigte
Adjektivbildung durch die auf -isch ersetzen, also nicht von Lausitzer, sondern von
lausitzischem Typus sprechen. Freilich kann man einem böhmischen Archäo-
logen aus der falschen Schreibweise keinen Vorwurf machen, wenn sie von den
Lausitzern selbst angewendet wird.
Zentralblatt für Anthropologie. 1906. 4
50 A. Referate. Urgeschichte.
sich dann die innige Verschmelzung aller dieser Elemente, aus denen schließ-
lich die heutigen Tschechen hervorgegangen sind.
Wie man sieht, stimmt diese Besiedelungsgeschichte mit der von Pic
angenommenen im wesentlichen überein. Ob Buchtela für den vermeintlich
ununterbrochenen ethnischen und kulturellen Zusammenhang des Geschlechtes
der Brandgräber mit dem der slavischen Reihengräber bessere Gründe an-
zuführen hat, vermag ich nicht zu beurteilen, da mir der Aufsatz, auf den
er deswegen verweist, nicht zugänglich ist. Wenn er aber behauptet, daß
die höchste Blüte der Byianer Kultur in das erste Jahrhundert vor Christus
und ihr Ende in das erste Jahrhundert nach Christus falle, weil sie mit der
durch die Duxer Fibel charakterisierten La Tene-Kultur gleichzeitig und diese
mit der Stradonitzer nahe verwandt sei, so möchte ich ihm entgegenhalten,
daß die zwei oder drei, nach seiner eigenen Angabe nicht einmal sicheren
Fälle, wo man Duxer Fibeln und Ringe in Brandgräbern des Byianer Typus
gefunden haben will, doch unmöglich ausreichen, um diese ganze aus-
gesprochen hallstättische Kultur in die vorrömische Zeit zu verweisen und
eine auf tausendfältiger Erfahrung aufgebaute Chronologie über den Haufen
zu werfen. Ferner ist Stradonitz um die Wende unserer Zeitrechnung be-
reits zerstört worden ; nach der Menge der Funde muß der Ort jahrhunderte-
lang bestanden haben, und die Duxer Fibel ist von den dort vertretenen
Fibelformen zweifellos die älteste. Somit gehört sie spätestens dem zweiten
Jahrhundert vor Christus an. Alles andere, vor allem die Keramik, ist in
Stradonitz so total verschieden von dem Inhalt jener Gräberfelder, daß jeder
Gedanke an eine zeitliche Berührung von der Hand zu weisen ist. Was der
Verfasser von dem Einfluß der römischen Kultur auf die Byianer erwähnt
[mit dem Rädchen (?) eingedrückte Punktlinien als Umsäumung rastrierter
Bänder und an den Gefäßwänden angebrachte plastische Rippen], ist viel zu
allgemein, als daß damit etwas anzufangen wäre. Dergleichen einfache
Motive kommen zu den verschiedensten Zeiten unabhängig voneinander vor.
Bedenklich erscheint mir schließlich auch die Sicherheit, mit der sowohl
Pic wie Buchtela einen nationalen oder wohl gar Rassengegensatz zwischen
den Geschlechtern der Brandgräber und der Hockergräber konstruieren. In
Schlesien haben wir die gleichen Fundverhältnisse, aber hier liegen bestimmte
Anhaltspunkte vor, daß der lausitzische Typus sich aus dem Aunjetitzer all-
mählich entwickelt hat, mit anderen Worten, daß die Brandgräberkultur nur
eine jüngere Stufe und Fortsetzung der frühbronzezeitlichen und spätneoli-
thischen ist. Die Vermutung liegt nahe, daß auch in Böhmen der Gegensatz
eher auf zeitlicher, als auf völkischer Differenz beruht, was nicht ausschließt,
daß Zuwanderungen aus Schlesien und der Lausitz zu wiederholten Malen
stattgefunden haben. Auf das Fortbestehen der Beerdigung neben der Ver-
brennung ist kein allzugroßes Gewicht zu legen. Während des ganzen Alter-
tums und fast in allen Ländern Mitteleuropas haben wir dieselbe Erschei-
nung — ich erinnere nur an das Gräberfeld von Hallstatt — , ohne daß
dabei an Bevölkerungs Verschiedenheiten zu denken wäre.
Die Abhandlung ist mit einer Übersichtskarte und fünf Tafeln aus-
gestattet und mit einem Verzeichnis der böhmischen Brandgräberfelder ver-
sehen. H. Seger-Brcslau.
B. Literatur-Übersicht des Jahres 1907. 51
B. Literatur -Übersicht des Jahres 1907.
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C. Tagesgeschichte.
Freiburg (Breisgau). Prof. Dr. Eugen Fischer erhielt die Bronze-Medaille
des Prix Broca von der Society d* Anthropologie de Paris für seine Arbeit: Die
Variationen an Badius und Ulna des Menschen.
Hannover. Dr. H. Hahne habilitierte sich an der kgL technischen Hoch-
schule als Privatdozent für europäische Vorgeschichte (prähistor. Archäologie) mit
der Habilitationsschrift „Norden und Süden in der Vorgeschichte Europas* und der
Antrittsvorlesung „Die Germanen in der Vor- und Frühgeschichte". Sein erstes
Kolleg wird über „die vorgeschichtlichen Kulturkreise Europas" handeln.
Paris« Am 30. September verstarb im Alter von 65 Jahren Edouard Four-
drignier, ein Prähistoriker, und am 13. Oktober im Alter von 33 Jahren Dr.
N. Vaschide, der Direktor des Laboratoire de Psychologie pathologique de l'Ecole
des Hautes-Etudes, der sich auch auf anthropologischem Gebiete betätigte.
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. v. Luschan, H. Seger, G. Thilenius
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 2. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeines, Methoden.
75. L'£cole d'anthropologie de Paris, 1876—1906. Portrait-froutis-
pice de Paul Broca. 210 S. Paris, F. Aican, 1907.
Ein Bericht über die Tätigkeit der von P. Broca begründeten ficole
d'anthropologie de Paris wahrend ihres 20 jährigen Bestehens, d h. eine kurze
Geschichte dieses vorbildlichen Instituts aus der Feder Thulies, ein Verzeichnis
der im Laufe der Jahre an ihm gehaltenen Vorlesungen und eine Zusammen-
stellung der anthropologischen Arbeiten der bisher an ihm tätigen 21 Lehr-
kräfte, das allein die Seiten 115 bis 210 ausfüllt. Möge uns in Deutschland
eine ähnliche Hochschule recht bald beschieden sein, bei der Schwerfälligkeit
unserer maßgebenden Persönlichkeiten leider wohl noch lange ein frommer
Wunsch. Bnschan- Statin.
76. E. T. Hamy : La collection anthropologique du Museum national
d'histoire naturelle, lecon d'ouverture du cours d'anthropologie
faite le 11. avril 1907. L'Anthropoiogie 1007, tome XVIII,
p. 257—276.
Als Einleitung zu seinen Vorlesungen des letzten Sommersemesters gab
der Verfasser die hier abgedruckte Geschichte der seit 1892 ihm unterstellten
Sammlung von ihren ersten Anfängen im 17. Jahrhundert bis zum heutigen
Tage. Seit neun Jahren ist diese in dem prachtvollen Neubau untergebracht, den
die Teilnehmer des XII. Intern. Anthropologenkongresses bewundern konnten,
doch hat, wie Hamy sich ausdrückt, die Übersiedelung „hinsichtlich der Auf-
stellung keinerlei Vorteil gebracht". Trotz der oft geltend gemachten Übel-
stände „hat aber die neue Sammlung ein großartiges Ansehen, und der
Besucher erhält einen wirklich bedeutenden Eindruck, wenn er aus dem Saal
Vibraye auf den Balkon tritt und sein Auge über das Heer wohlgeordneter
Skelette schweifen läßt u . Welchen Aufschwung diese Sammlung, eine wissen-
schaftliche Sehenswürdigkeit von Paris, in den beiden letzten Jahrzehnten
genommen hat, ist schon daraus zu ersehen, daß sie jetzt 49 000 Gegenstände
umfaßt, gegen 22 000 im Jahr von Hamys Dienstantritt.
Ludwig Wilser- Heidelberg.
Zentralblatt f ir Anthropologie. 1908. 5
66 A. Referate. Allgemeines, Methoden.
77. Th. Mollison: Einige neue Instrumente zur Messung von
Winkeln und Krümmungen. Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol.
1907, Bd. X, Heft 3, S. 489—499.
Verfasser gibt zunächst ein neues Goniometer an, das zusammen mit
dem zugehörigen Schädelstativ vor allem für denjenigen außerordentlich wert-
voll ist, der seine Instrumente auf die Reise in fremde Sammlungen mit-
nehmen muß. Das kleine handliche Instrument ist aber auch sonst sehr
praktisch und spart gegen alle bisherigen viele Arbeitszeit. (Leider sind die
Preise nicht angegeben.)
Zum Einstellen in die deutsche Horizontale benutzt Verfasser ein ein-
faches, aus drei Säulen bestehendes Gestell (zwei Säulen fest, eine dagegen
drehbar), auf zwei von dessen oben verschieblichen Querbalken die beiden
Ohrpunkte ruhen, während vorn eine kleine Feder vom Gaumen bzw. Zahn-
bogen aus den Schädel so hoch hebt, daß der eine untere Orbitalrand an eine
genau ebenfalls in Höhe der Ohrstützen angebrachte Kante stößt. Das ganze
Gestell kann zusammengelegt werden. Als Goniometer dient ein metallener
Winkeltransporteur, in dessen Mitte ein durch kleines Gewicht stets senk-
recht sich stellender Zeiger pendelt. Die Rückseite des Transporteurfußes
wird mit Schrauben an einen Taster- oder Stangenzirkel Martins befestigt,
worauf am Transporteur der Winkel zwischen der Vertikalen und der Ver-
bindungslinie zweier von den Zirkelenden berührter Punkte abgelesen werden
kann. — Das Instrument scheint recht brauchbar und wird sich sicher rasch
Freunde erwerben.
Das Cyklometer soll dazu dienen, Kurven am Objekte selbst (natürlich
auch an der Zeichnung) nach ihrem Krümmungsradius von Strecke zu Strecke
zu bestimmen. Zwei feste Spitzen und eine in besonderer Konstruktion sich
daran auf und ab bewegende Spitze, mit deren Bewegung ein Zeiger
verbunden ist, werden auf das betreffende Kurvenstück (z. B. Scheitel-
wölbung , ein Stück von 30 mm Sehnenlänge) aufgesetzt und die Krümmung
nach ihrer Radiusgröße unmittelbar abgelesen. Auch dieses Instrument, das
wohl bisher völlig gefehlt hat, wird sich rasch einführen. Beide sind durch
Instrumentenmacher Hermann in Zürich zu beziehen.
E. Fischer- Freiburg t. B.
78. R. Imhofer: Die Bedeutung der Ohrmuschel für die Fest-
stellung der Identität. Archiv f. Kriminalauthropol. 1907,
Bd. XXVI, S. 150—162.
Die genauere Untersuchung der Ohrmuschel, welche in den neueren Lehr-
büchern für gerichtliche Medizin nur wenig oder gar nicht berücksichtigt
wird, findet Imhofer besonders in Fällen von Feststellung der Identität oder
der Familienangehörigkeit einer bestimmten Person für wünschenswert. Selbst
an der Leiche ist sie recht gut verwendbar, da sie der Zerstörung mehr
Widerstand leistet als z. B. das bald der Fäulnis anheimfallende Auge. Unter
die wichtigsten, zur Identifizierung vollkommen genügenden Merkmale rechnet
Imhofer das angeborene Cololom des Läppchens, die Erbsenform des
Darwinschen Knotens, die winkelige Abknickung der Helixlinie an Stelle
der Darwinschen Spitze und fehlende Einrollung (Macacus-Ohr), Drei-
gabelung des Antihelix.
Imhofer empfiehlt, daß bei allen Ohrmuscheluntersuchungen vier
Bestandteile genau untersucht werden, und zwar: Helix, Antihelix, Tragus,
Läppchen. Dr. Oskar von Hovorka-Wien.
A. Referate. Allgemeines, Methoden. 67
79. 6. U. Yule: On the influenoe of Bias and of personal equation
in statistics of illdeflned qualities. Journ. of the Anthropol.
Instit. 1906. Vol. XXXVI, p. 325—381; 30 Tabellen.
In dieser rein theoretisch -statistischen Abhandlung geht Verfasser von
dem Gedanken aus, daß bei Untersuchungen, die nicht auf Messungen, sondern
auf Schätzungen nicht meßbarer Eigenschaften (Farbe, geistige Veranlagung
und dergleichen) durch verschiedene Beobachter beruhen, gewisse individuelle
Fehler unvermeidlich sind. Er untersucht sie experimentell, indem er eine
große Anzahl verschiedener Beobachter eine Reihe von verschieden hell oder
dunkel getonten photographischen Papieren nach vorgeschriebenen Gruppen
rubrizieren läßt, und zeigt, daß nicht nur die subjektiven Fehler der Beob-
achter, sondern auch die Anzahl der verlangten Rubriken von einem be-
stimmten Einfluß ist; er wendet sich gegen die Anwendbarkeit der Methoden
von Galton und Pearson in Fällen wie der vorliegende und sucht im
folgenden, unter Benutzung dieser Methoden selbst, des weiteren ihre Schwächen
darzulegen. P. Bartels-Berlin.
80. Francis Galton : Probability, the foundation of Eugenics. The
Herbert Spencer Lecture delivered on june 5th, 1907. 30 p.,
1 Taf., Oxford 1907.
Das neue Wort „Eugenics" ist vom Verfasser geprägt und bildet den
Hauptbestandteil des Namens einer Stiftung, die, gleichfalls vom Verfasser,
der Universität London dargeboten und von ihr angenommen wurde: „The
Eugenics Laboratory" befindet sich in London, 88 Gower Street, wird von
D. Heron als Vorsteher und Miss Elderton als Assistent verwaltet und
bezweckt das Studium der Einflüsse, welche geeignet sind, die Rasseneigen-
schaften der kommenden Generationen, und zwar sowohl die physischen als
auch die moralischen, zu verbessern oder zu verschlechtern. Zu diesem
Zwecke muß eine große Anzahl von Daten gesammelt und verarbeitet werden.
Die Verarbeitung geschieht nach den vom Verfasser gemeinsam mit Pearson
begründeten biometrischen Methoden. Über die Grundzüge dieser Methode
gibt Verfasser einen kurzen Überblick, der wohl geeignet ist, in das Ver-
ständnis dieser Methode und besonders der Termini technici einzuführen, und
deshalb jedem, der sich über das von der Pearsonschen Schule geübte Ver-
fahren informieren will, zur ersten Einführung empfohlen werden kann. Da-
gegen wird wohl mancher Leser von dem zweiten Teile des Vortrages des
berühmten Verfassers enttäuscht sein, in welchem ganz allgemeine Aus-
führungen über die Macht des Vorurteils, die Veränderlichkeit der öffentlichen
Meinung und dergleichen enthalten sind. Man begreift nicht recht, wozu
ein so großer Apparat von gelehrten und schwierigen Darlegungen auf-
geboten wurde, wenn über die Möglichkeit, sie für den genannten idealen
Zweck, die Menschen zu bessern, anzuwenden, so wenig gesagt wird: „Erst
wenn die wünschenswerte Menge an Kenntnissen", so schließt Verfasser,
„gewonnen sein wird, erst dann, und nicht eher, ist der Zeitpunkt gekommen,
einen heiligen Krieg gegen die Gewohnheiten und Vorurteile auszurufen,
welche die physischen und moralischen Eigenschaften unserer Rasse ver-
schlechtern." So edel der Zweck ist, so dürfte doch auch diese Schrift
kaum dazu beitragen , den biometrischen Methoden neue Anhänger, in
Deutschland wenigstens, zu gewinnen, da auch hier wieder zwar ein sehr
verfeinertes Verfahren, aber kein greifbares Resultat geboten wird.
P. Bartels-Berlin.
68 A, Referate. Allgemeines, Methoden.
81* M. Nussbaum: Mutationserscheinungeii bei Tieren. 24 8.
Bonn, F. Cohen, 1906.
Einen experimentellen Beweis für die Entstehung neuer Arten durch
Mutation hat man in der Tierwelt bisher nicht erbracht. Verfasser glaubt«
durch die Analyse einer größeren Reihe von Artcharakteren gezeigt zu haben,
daß die Verschiedenheiten in den Organen und in der äußeren Erscheinung*
in vielen Fällen nicht anders als durch Mutation entstanden sein können, da
die Existenz von Übergangsformen unmöglich ist. An Beispielen aus der
Anatomie des fertigen und des embryonalen Formenkreises habe er auch
den Beweis erbracht, weshalb bei der Entstehung einer bestimmten Art die
charakteristischen Merkmale nicht in langsam fortschreitender Entwickelung.
sondern, soweit es den prinzipiellen Unterschied anlangt, in einem Zuge ent-
standen sein müssen. Dr. Warda- Blankenburg (Thür.).
82. Robert Sommer: Familienforschung und Vererbungslehre.
Mit 16 Abb. und 2 Tab. VI, 232 S. Leipzig, J. A. Barth,
1907.
Vornehmlich aus anthropologischen und psychologischen Gesichtspunkten
ist das Buch Sommers entstanden. Es faßt vieles zusammen, was wir über
die Vererbung beim Menschen wissen, und gibt eine Menge neuer Gesichts-
punkte für die Anwendung der Hereditätsforschungen auf den Menschen.
Da das Buch auch für den Laien verständlich geschrieben ist. wird es über
einen engen Kreis wissenschaftlicher Interessenten hinaus anregend wirken.
In den einleitenden Kapiteln wird die Bedeutung der Familienforschung
für die Talent- und Charakterpsychologie, die Psychopathologie und die
Kriminalpsychologie beleuchtet; sie gibt oft Aufschlüsse in bezug auf Er-
scheinungen, die die Individualpsychologie zwar feststeilen, aber nicht gene-
tisch ableiten kann. Die Theorie der Rassenmischungen kann nur aus der
Geschichte einzelner Familien geklärt werden, die aus der Mischung von
sicher heterogenen Rassenelementen entstanden sind. Es kann die Frage
beantwortet werden, in welcher Weise sich die verschiedenen Eigenschaften
der Ureltern vererben, ob ein Rassen- bzw. Generationselement das andere
überwiegt, wie die Verteilung der physischen und psychischen Eigenschaften
sich bei den Kindern vollzieht, ob die Eigenschaften isoliert vererbt werden
oder Synthesen mit dem anderen Element eingehen, usw.
Kapitel III belehrt über Familie, Stammbaum und Ahnentafel. Verfasser
unterscheidet drei Schemata für die Aufzeichnung der Generationsreihen:
1. Die einfache Generat iousreihe, wenn man, von einer bestimmten Person
ausgehend, ihre Aszendenz in der Weise feststellt, daß man stets nur die-
jenigen Vorfahren von Vater und Mutter, welche luit diesen den gleichen
Namen haben, sowie deren Frauen aufführt. 2. Den Stammbaum, in welchem
die Deszendenz eines bestimmten Paares in der Weise festgestellt wird, daß
sämtliche Nachkommen genannt werden, so weit sie den gleichen Namen
tragen. 3. Die Ahnentafel, wenn man die väterliche und die mütterliche
Ahnenreihe in ihren männlichen und weiblichen Mitgliedern darstellt. Nur
die Vereinigung von Stammbaum und Ahnentafel kann der Forschung aus-
reichendes Material liefern. — Es ist die Möglichkeit vorhanden, daß in jedem
Menschen potentiell die ganze Summe seiner Verfahren steckt. Entgegen-
gesetzt diesem Gedanken der Summierung ist der einer fortschreitenden Ver-
mischung in der Deszendenz im Sinne einer allmählichen Veränderung des
ursprünglichen Elementes. Schematisch läßt sich dieser Gedanke in der
Weise ausdrücken, daß man jedes neue Individuum zur Hälfte von väterlicher.
A. Referate. Allgemeines, Methoden. 69
zur Hälfte von mütterlicher Seite herleitet. Diese zweite Auffassung be-
zeichnet aber Verfasser als unrichtig, da offenbar eine viel größere Konstanz
der Vererbung im Gegensatz zu einer fortschreitenden Verteilung besteht; die
Erfahrung spricht eher dafür, daß das Sohema einer Summierung der Ahnen
den wirklichen Vererbungstatsachen relativ näher kommt, als das der fort-
schreitenden Teilung. Zum Schluß dieses Kapitels gibt Verfasser Methoden
an, schematisch und zahlenmäßig Stammbäume und Ahnentafeln einzuteilen
und einzelne Glieder zu bezeichnen.
In Kapitel IV handelt Verfasser von psychopathischer Belastung und
Degeneration, in Kapitel V von individueller Anlage und Geisteskrankheit.
Ei* weist auf die interessante Aufgabe hin, bei den verschiedenen Psychosen
den individuellen Faktor von dem Typus der Krankheit zu sondern. Wenn
man nicht nur Anlagen und Krankheit des Kranken, sondern auch die An-
lagen der Angehörigen studiert, wird es gelingen, besondere Beziehungen zu
finden zwischen der besonderen Form der Krankheit und den Anlagen in der
Familie. Ganz besonders gilt dies für den primären (endogenen) Schwachsinn.
Nach Kapitel VI (Kriminalität und Vererbung) bedarf es einer sehr sorg-
fältigen Prüfung von einzelnen Fällen, um allmählich Regeln über die merk-
würdigen Zusammenhänge von Familiencharakter, Psychopathologie und
Kriminalität aufzustellen. Verfasser glaubt schon jetzt einige Typen heraus-
schälen zu können.
Im folgenden Kapitel (Vererbung, Entwickelung und Züchtung) folgen
interessante Schlüsse von unseren Kenntnissen über die Variabilität der Arten
auf die Gestaltung und Entwickelung der menschlichen Gesellschaft. Durch
die endogene Variation ist die Möglichkeit des weiteren Fortschrittes gegeben.
Unter den Abarten von der normalen Organisation unterscheidet Verfasser
neben der pathologischen, der kriminellen, der indifferenten auch die art-
steigernde. Für die Anpassung in der Tierwelt und ganz besonders im Leben
der Menscheuarteu ist von der größten Wichtigkeit die bewußt vollzogene
Übung bestimmter Bewegungsarten und Leistungen. Dieses psychologische
Element stellt Verfasser als dynamische Anpassung der mechanischen gegen-
über. Eine ganz überwiegende Bedeutung würde dies dynamische Clement
erhalten, wenn sich nachweisen ließe, daß die Vererbung von Eigenschaften
wesentlich von ihrer willkürlichen Übung abhängt. Verfasser ist nun geneigt,
anzunehmen, daß nicht zwischen bewußten Hirn Vorgängen und den Keim-
zellen ein Zusammenhang existiere, wohl aber zwischen diesen und ßewegungs-
automatismen, d. h. Innervationsvorgängen, die ursprünglich bewußt gewesen,
durch Übung aber automatisch geworden sind. Es vererben sich also nicht
bestimmte Gedanken und Gefühle, sondern Bewegungsantriebe, die sich in
der Konstruktion der Keimzellen organisch niedergeschlagen haben. Die
Streitfrage, ob sich erworbene Eigenschaften vererben, ist also
nicht generell zu bejahen oder zu verneinen, sondern in folgender Weise zu
beantworten: 1. Es ist in keiner Weise nachzuweisen, daß Eigenschaften, die
bei einem Individuum lediglich durch äußere Umstände entstehen, sich erblich
übertragen. 2. Eigenschaften, die durch willkürliche Anstrengung und
Spannung der Aufmerksamkeit allmählich automatisch gewordene Vorstellungs-
reihen darstellen, die in Form von Bewegungsmechanismen verharren, haben
wahrscheinlich eine erbliche Kraft. Voraussetzung hierzu ist die Annahme,
daß die organische Hirnbeschaffenheit auf die Beschaffenheit des Keimplasmas
eine Einwirkung haben kann. Diese Annahme wird nach Verfasser durch
eine große Anzahl von Beobachtungen in der Physiologie und Pathologie ge-
stützt. Es ist also der Wille, der in Form von Aufmerksamkeit und Spannung
70 A. Referate. Allgemeines, Methoden.
Vorstellungsreihen in Bewegungsmechanismen umsetzt, ein dynamisches und
gestaltendes Element in dem entwickelungBgeschichtlichen Werden.
Im Tier- und Pflanzenreich — so lehrt Verfasser im nächsten Kapitel
„Vererbungsgesetze" — eröffnet sich uns ein Ausblick auf ein enormes Gebiet
von Vererbungstatsachen, aber die Zahl der Regeln, d. h. der typisch wieder-
kehrenden Gruppen von Erscheinungen, und noch mehr die Zahl der eigent-
lichen Gesetze mit Erkenntnis des Grundes der Regeln ist nocli verhältnis-
mäßig sehr klein. Von Wichtigkeit ist die Analogie, die sich zwischen der
sogenannten Parthenogenesis bei den Bienen und der Entstehung der weib-
lichen Keimzellen im übrigen Tierreich (und beim Menschen) findet. Bei
der Entstehung der Drohnen liegt scheinbar ein Fall von ungeschlechtlicher
Fortpflanzung vor. Physiologisch kann man jedoch den Vorgang so auf-
fassen, daß es sich um eine indirekte Folge der geschlechtlichen Fortpflanzung
der Großeltern handelt, wobei die scheinbare Mutter nur die Bedeutung der
Vermittlerin hat. Die Zellen der Mutter, aus welchen die Drohnen ohne ge-
schlechtliche Fortpflanzung entstehen, sind Geschwisterzellen derjenigen, aus
denen der übrige Körper der Königin sich gebildet hat. Während diese in
ihrem individuellen Leben Weibchen ist, trägt sie in sich Zellen von rein
männlicher Entwicklungsfähigkeit, die eigentlich aus der geschlechtlichen
Fortpflanzung der Großeltern entstanden sind. In analoger Weise sind (beim
Menschen) die Eizellen schon bei der Geburt jedes Weibes vorgebildet, im
Gegensatz zu den Spermatozoon, die im persönlichen Leben des Mannes ent-
stehen. Sie sind also ent wickelungsgeschichtlich nicht ein Produkt der Frau,
sondern ein solches der Eltern dieser Frau, sie sind Geschwisterzellen der
übrigen Körperzellen desjenigen Weibes, dem ßie angehören. In diesen eigen-
tümlichen Tatsachen liegt vielleicht der Grund für eine Reihe von Ver-
erbungstatsachen, die darauf hinauslaufen, daß die Kinder außerordentlich
oft auf eines der Eltern der Mutter zurückschlagen.
Weiter gibt Verfasser einen klaren Überblick über die Vererbungsgesetze,
die Mendel an den Deszendenzreihen untereinander befruchteter Hybriden
gefunden hat. Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Auch
für die Vererbung von menschlichen Merkmalen werden sich vielleicht be-
stimmte Regeln und Gesetze ergeben.
Über die folgenden Kapitel können wir wieder kürzer hinweggehen.
Kapitel IX behandelt die „Methoden der Familienforschung tt , erwähnt Ur-
kunden, Werke, Familiennamen, Grabdenkmäler, Kapitel X erörtert die
Wappenkunde als Teil der genealogischen Zeichenlehre. Verfasser gibt ein
Schema für ein modernes, der Familienforschung nutzbar zu machendes
Familienabzeicben, das er als „Ahnenuhr" bezeichnet. Die kurze Beschreibung
macht es nicht verständlich, wie Verfasser sich den Gebrauch dieser Ahnen-
uhr denkt.
In Kapitel XI folgen allgemeine Betrachtungen über die „körperliche
Untersuchung vom Standpunkte der Vererbungslehre", in Kapitel XII Be-
merkungen über individualpsychologische Untersuchungsmethoden.
Kapitel XIII ist das umfangreichste und bringt die Geschichte einer
bürgerlichen Familie vom 14. bis zum 20. Jahrhundert. Diese Geschichte ist
mit großer Liebe geschrieben; sie hält unser Interesse trotz vieler sehr ins
einzelne gehender Mitteilungen bis zuletzt rege. Und doch müssen wir ge-
stehen, daß die Ausbeute vom Standpunkte der Vererbungswissenschaft über-
aus spärlich ist. Die genauere Schilderung von 14 Familienangehörigen aus
sechs vollen Jahrhunderten nach der Seite ihrer geistigen Begabungen und
ihrer Lebensschicksale ist immer noch viel zu dürftig, als daß sie ein Beitrag
A. Referate. Allgemeines, Methoden. 71
zur Lehre von der Vererbung genannt werden könnte. Diesen Ehrgeiz aber
hat Verfasser mit seiner Geschichte der Familie Soldan auch gar nicht be-
sessen; ihm war es um die Darstellung der Methode zu tun, hier hat er
anregend und belehrend gewirkt, so daß wir Grund haben, ihm dankbar
zu sein.
Endlich beschäftigt sich Kapitel XIV mit Familienromanen aus der
neueren Literatur (Zola, Gustav Freytag, Wilhelm Jordan), Kapitel XV mit
Familienbewußtsein und Chroniken, Kapitel XVI mit Regeneration und Adel.
Dr. Warda-Blankenburg (Thür.).
83. Wilhelm Strohmayer: Über den Wert genealogischer Be-
trachtungsweise in der psychiatrischen Erblichkeitslehre.
Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neur. 1907. Bd. XXII, Erg.-Heft,
S. 115—131.
Strohmayer, dem wir schon mehrere wertvolle Arbeiten zur Vererbungs-
wissenschaft verdanken, wendet sich hier in temperamentvoller Weise gegen
die bisher blühende Erblichkeits- Massenstatistik, gegen prozentuarisch ab-
geschätzte erbliche Belastung, gegen den „staatlich kontrollierten Rassen-
stall", aber auch gegen den Pessimismus von Martius. Im Gegensatz zu
diesem erklärt er die Wahrscheinlichkeitsrechnung, mit der wir uns bei der
Vererbung leiblicher und körperlicher Charaktere begnügen müssen, nicht für
wertlos, betont vielmehr die Wichtigkeit einer auf der Genealogie basierenden
Familienforschung. Er gibt Beispiele aus der Genealogie der Habsburger
und der Valois. Aus ihnen schließt er, daß weder einseitige schwere erbliche
Belastung, noch Inzucht, noch konvergierende Belastung schlechthin zur De-
generation führen müssen, sondern daß nur das Zusammentreffen zweier
familiärer gleichsinniger Erbschaftscadres verhängnisvoll wird. Auch über
die bald günstige, bald ungünstige Bedeutung der Inzucht finden wir inter-
essante Bemerkungen. Dr. Warda-Blankenburg (Thür,).
84. Wilhelm Strohmayer: Zwei historische Geburtenkurven fürst-
licher und ritterschaftlicher Geschlechter. Arch. f. Rassen -
u. Geschlechtsbiologie 1907, Jahrg. IV, Heft 3, S. 374—380.
Ottokar Lorenz, dem Jenenser Historiker und Genealogen, war es auf-
gefallen, daß in den Dynastien die Zeugungsverhältnisse außerordentlich großen
zeitlichen Schwankungen unterliegen. In seinen nachgelassenen Papieren fand
sich eine Zusammenstellung, die er seihst als wichtige Kurve der Geburten
bezeichnet. In dieser berechnet er für 20 deutsche Dynastien die Zahl der
männlichen und weiblichen Geburten für den Zeitraum von 1501 bis 1866
generationsweise, indem er diesen Zeitraum in 11 Generationen zerlegt. Die
beiden Kurven (für männliche und weibliche Geburten) zeigen einen all-
mählichen Anstieg und erreichen ihre größte Höhe im letzten Drittel des
17. Jährhunderts, um wieder tief abzusinken. Strohmayer suchte das
Resultat nachzuprüfen und entwarf dieselben Kurven über denselben Zeit-
raum für 16 Familien der althessischen Ritterschaft. Er fand denselben
Gipfel am Ende des 17. Jahrhunderts. Verfasser glaubt nicht, daß dieser
merkwürdige Verlauf der Geburtenkurve durch 11 Generationen auf äußere
Einflüsse zurüokzuführen sei (Entvölkerung Deutschlands nach dem Dreißig-
jährigen Kriege und reaktives Emporschnellen der Geburtenziffer), sondern
vermutet den letzten Grund in anderen biologischen Gesetzen.
Dr. Warda-Blankenburg (Thür.).
72 A. Referate. Allgemeine«, Methoden.
85. W. Strohmayer: Familiäre Tabes auf erblich - degenerativer
Grundlage. Neurologisches Zentral». 1907. Bd. XXVI, S. 754
—756.
In einer Familie mit konvergenter Belastung durch zwei Generationen
fand Verfasser zwei Schwestern mit tabisohen Erscheinungen. Erworbene
und angeborene Syphilis werden ausgeschlossen. Es handelt sich bei beiden
Schwestern um reflektorische Pupillenstarre und Westphalsohes Zeichen.
Doppelseitiges Fehlen des Kniephänomens ist als echtes Stigma erblicher De-
generation beschrieben, angeborene Pupillenstarre als seltenes familiäres Vor-
kommnis bekannt. Verfasser nimmt aber nicht eine Kombination dieser Er 4 -
scheinungen, sondern eine echte tabische Erkrankung an und setzt sie in
besondere Beziehung zu dem mehrfachen Vorkommen von Diabetes in der
Aszendenz. Dr. Warda-Blankenburg (Thür.).
86. W. Johannsen: Über Dolichokephalie und Brachykephalie.
Zur Kritik der Indexangaben. Archiv f. Rassen- u. Gesellschafts-
Biologie 1907. Vol. IV, S. 171 — 188.
Dieser beachtenswerte Beitrag eines Botanikers zur Indexfrage ist ent-
standen bei Gelegenheit von Studien über Erblichkeitsprobleme, zu deren
Untersuchung Verfasser Versuche mit Züchtung von schmalsamigen und breit-
samigen (dolicho- und brachyspermen) Bohnenrassen anstellte. Bei der Fest-
stellung der Längen-Breitenin dices wurde ihm klar, da beide Maße variieren,
daß der in der üblichen Weise bestimmte („rohe") Längen-Breitenindex ein
höchst unzuverlässiges Charakteristikum der Form darbietet. Er zeigt an
sehr großen Reihen (Zehntausenden von Individuen), daß der Index in sehr
hohem Grade von der absoluten Länge abhängt, und zwar, daß er mit
steigender absoluter Länge kleiner wird. Es ist also eine Korrektion der
„rohen tt Indices notwendig. Dies kann entweder so geschehen, daß man die
Indices der einzelnen Längenmaßklassen vergleicht (also bei den verschiedenen
Bohnenrassen z. B. Indices bei einer Länge unter 8 mm, bei 8 bis 9 mm,
bei 9 bis 10mm, bei 10 bis 11mm usw.), oder daß man bei Berechnung des
Index nicht die zugehörige Länge, sondern ein willkürlich gewähltes festes
Längenmaß zugrunde legt; im Beispiele könnte man etwa die Längenklasse
11 bis 12mm (als die Norm) wählen, also die Länge 11,5mm als Normal-
länge für den Vergleich. — Die Anwendung auf anthropologische Fragen lag
nahe. Retzius und Fürst überließen dem Verfasser das nicht publizierte
Originalmaterial absoluter Messungen von schwedischen Wehrpflichtigen, und
an einem Teil dieses Riesen materi als, sowie an den von Thomson und Mac
Iver publizierten Maßen ägyptischer Schädel stellte Verfasser nun die dem
Folgenden zugrunde liegenden Berechnungen an. Zunächst zeigt sich (bei
ersteren). daß der durchschnittliche Wert der Indices mit steigender absoluter
Kopflänge regelmäßig abnimmt, wie sich bei Einsetzung der Korrektion, die
durchschnittliche Länge 19,51 cro als Normalmaß zugrunde gelegt, klar ergibt.
Eine wichtige Anwendung auf die Frage des Verhältnisses der Indices zur
Körperlänge (mit Rücksicht auf Ammons Gesetz der Langköpflgkeit der
Großen) zeigt, daß dies zwar für die „rohen" Indices zutrifft, daß aber bei
Einsetzung der Korrektion die Indices mit steigender Körperl änge als solche
nicht abnehmen, im Gegenteil eine kleine Vergrößerung der Indices deutlich
ist: der Einfluß der Körperlänge auf den Index ist eben nur durch die mit
der Körperlänge wachsende Kopflänge bedingt. — Eine weitere wichtige An-
wendung ergibt sich bei Betrachtung des ägyptischen Materials. Hier hatten
die v rohen" Indices scheinbar gezeigt, daß die Frauen mehr brachykephal als
A. Referate. Anthropologie. 73
die Männer waren. Durch Vergleich der nach Längenmaßklassen geordneten
Ergehnisse findet Verfasser aher das gerade Gegenteil, daß nämlich die
Männerschädel innerhalb jeder Längenmaßklasse einen höheren durchschnitt-
lichen Index hatten als die Frauenschädel.
Verfasser fordert also eine Korrektion der „rohen" Indices. Er will da-
mit nur eine Anregung geben, da er nicht Fachmann ist, wie er selbst sagt,
die Literatur nicht beherrscht und nicht die Absicht hat, sich weiter mit der
Schädellehre zu beschäftigen. Es darf daran erinnert werden, daß ähnliche
Forderungen vor kurzem von t. Török erhoben wurden (vgl. mein Referat,
Zentralbl. 1906, S. 260, 261), welcher nach Feststellung der Variationsbreite
die beiden bei der Berechnung des Index zugrunde gelegten Maße, Länge
und Breite, je nach ihrer Zugehörigkeit zur großen, mittleren und kleinen
Gruppe, durch g, m, k bezeichnet und den Index durch beigefügte Zeichen,
k a s
z. B. r-, — , -=- usw., charakterisiert. — Diese neuen Vorschläge bilden eine
k k m
Ergänzung, die durchaus Berücksichtigung verdient. P. Bartels-Berlin.
II. Anthropologie.
87. Ales Hrdlicka: Measurements of the cranial fossae. Proceed.
U.S. National Museum 1907. Vol. XXXII, p. 177—232; 2 Taf.
Verfasser unternahm diese Untersuchung in der Absicht, die infolge
schlechter Konservierung oder Fehlens von Material oft unmögliche Gehirn-
messung möglichst zu ersetzen durch Messung der Schädelgruben. Im ganzen
wurden 148 Schädel untersucht, Weiße, Neger, Indianer beider Geschlechter,
Kinder und Föten, Affen und andere Säugetiere. Es wurden nur Maße ge-
nommen, welche der Länge verschiedener Teile des Gehirns entsprechen. Die
Meßpunkte mußten, und hierin scheint mir etwas Bedenkliches zu liegen, in
künstlicher Weise bestimmt werden, da anatomische Punkte hierfür nicht
geeignet waren- so wurde z. B. beim Erwachsenen der vordere Meßpunkt der
vorderen Schädelgrube bestimmt durch den Punkt der Schädelinnenfläche,
welcher auf einem Kreis von 2 cm Radius und mit dem Foramen coecum als
Mittelpunkt liegt; der hintere Meßpunkt liegt 2 cm vom Foramen opticum
entfernt auf dem scharfen Rande des kleinen Keilbeinflügels. Eine große
Reihe von Ergebnissen ist aufgezählt, die erhalten wurden als Alters-, Ge-
schlechts-, Rassendifferenzen, als Verschiedenheiten bei verschiedenen Schädel-
indices usw., und die im einzelnen im Original nachzusehen sind; allgemeine
Gesichtspunkte konnten anscheinend nicht herausgefunden werden.
P. Bartels-Berlin.
88. Gaston Backman: Om scaphocephalien och den uppkomst.
Upsala Läk. Förh. Xyföljd 1907, Vol. XII, p. 1—48; 3 Taf.
Backmans Untersuchungen über die Skaphokephalie und ihre Ent-
stehung erstrecken sich auf eine Reihe von Schädeln aus Museen in Schweden,
Dänemark und Norddeutschland. Er fand, daß sie nicht ausschließlich an
Dolichokephalie gebunden ist, sondern auch bei Meso-, ja sogar bei Brachy-
kephalie vorkommen kann. Für die wahrscheinlichste Grundursache hält er
die hereditäre Syphilis; er läßt es unentschieden, ob diese Schädelverbildung von
dem Obelion oder von der Falx cerebri und den umgebenden Duralpartien
ausgeht, obwohl für den zweiten Fall die größere Wahrscheinlichkeit vor-
handen ist. Kinder mit solchen Schädeln sind durch die fötale Verlängerung
des Schädels dazu prädisponiert, in vorderen Kopflagen geboren zu werden.
74 A. Referate. Anthropologie.
Hiermit stimmen überein die vier Haupttypen der ausgeprägten Skapho-
kephalie, welche den vier Grundformen der in Kopflage neugeborenen Kinder
entsprechen. Backman findet die Skaphokephalie viel häufiger beim männ-
lichen Geschlecht, sowie bei den besser situierten Klassen.
Dr. Oskar von Hovorka- Wien.
89. B. Adachi: Processus parietalis squamae temporalis. Zeit-
schrift f. Moiphol. u. Anthropol. 1907. Bd. X, H. 3, S. 485
—488.
Adachi beschreibt in Wort und Bild einen kleinen dreieckigen zacken-
förmigen Knochen fortsatz, der etwa von der Mitte des oberen Nahtrandes
der Schläfen ßcbuppe sich in einen entsprechenden Ausschnitt des unteren
Parietalrandes einschiebt, so daß also die Sutura parieto-temporalis hier eine
nach oben sehende Zacke hat. Form und Größe wechseln sehr; trotz relativer
Häufigkeit scheint die Bildung übersehen worden zu sein, sie kommt nach
Verfasser unter 70 japanischen Schädeln 37 mal, unter 10 europäischen 5 mal
vor. Auch an Affenschädeln ist sie häufig; ein Fall spricht dafür, daß sie
gerade an der Stelle liegt, wo eventuell eine überzählige Naht im Scheitelbein
auftreten kann. E. Fischer-Freiburg i. B.
90. A. Rauber: Die Achse der Schädelhöhle. Archiv f. Anthropol.
1907. N. F. Bd. VI, S. 12—35; 4 Abb.
Verfasser bestimmte an einem Kaffern-, einem Tschuktschen-, einem
Chinesen- und einem deutschen Schädel in einer im Original nachzusehenden
Weise die Achse der Schädelhöhle. Er glaubt, daß man bei einer Dar-
stellung der Höhlenachse aus ihr jedes Individuum zu erkennen vermöge;
auch könne man, „wenn nur die Schädel genügend voneinander verschieden
sind", alle Rassen voneinander unterscheiden, um so leichter, wenn auch das
Maß der Innenbreite durch eine besondere Linie hinzugefügt wird; doch seien
die Messungen der Schädeldurchmesser dadurch nicht hinfällig geworden.
1\ Bartels-Berlin.
91. A. Rauber: Der Schädel vom Johannisfriedhof, in Form von
medianen, transversalen und horizontalen, äußeren und inneren
Vielecken dargestellt. 60 S., 3 Tai Internat. Monatsschr. f.
Anat. u. Phys. 1907. Vol. XXIV.
An einem sonst nicht weiter interessanten Gräberschädel legte Verfasser
zur Darstellung seiner Methode mit einer feinen ( l 2 mm dicken) Säge eine
Anzahl von Schnitten, deren Formeigentümlichkeiten an Zeichnungen unter-
sucht werden, zu deren Analyse die Konstruktion von End- und Höhenviel-
ecken dient. Die Endvielecke finden ihre Ecken an den Enden oder Rändern
der durchschnittenen Gewölbeknochen nnd haben die Basallinie zur schließen-
den Seite; die Höhenvielecke dagegen sehen von den an den flachen Stellen
des Gewölbes befindlichen Nähten ganz ab und haben ihre Ecken an den
Punkten der höchsten Wölbung der Schädelknochen; die Schlußseite ist hier
wie dort die Basallinie. Es soll dieses Verfahren eine Ergänzung der bisher
üblichen Messungen darstellen und wesentlich auch geeignet sein, der inneren
kraniometrischen Untersuchung die ihr gebührende Aufmerksamkeit zu-
zuwenden. P. Bartels-Berlin.
92. A. Rauber: Der Schädel der Ritterstraße, in Form von äußeren
und inneren Vielecken dargestellt. Anatom. Hefte 1 907, Heft 99,
S. 83—154; 5 Taf.
A. Referate. Anthropologie. 75
Über diesen bei Erdarbeiten gefundenen Schädel ist gar nichts bekannt,
und er besitzt keinerlei besonders interessante Eigenschaften. Er diente nur
als Objekt für den Versuch, „in der Form von planmäßig angelegten Viel-
ecken einen bestimmteren Ausdruck der Schädelform zu finden, als es zurzeit
auf anderem Wege geschehen kann 11 . Verfasser wird dabei von der Hoffnung
geleitet, daß Individualität, Rasse, Alter und Geschlecht sich durch die be-
sondere Form und Größe ihrer Schädelvielecke auszeichnen werden. Die
Methode stellt offenbar sehr große Ansprüche an den Fleiß und die Zeit des
Untersuchers; daß aber das Beschreiten dieses Weges auch lohnend ist, wird
erst nachzuweisen sein. P. Bartels-Berlin.
93. Schlaginhaufen: Untersuchungen über den Sagittalumfang
und seine Komponenten an hundert Schädeln aus Melanesien.
Mitteil. d. Ver. f. Erdkunde z. Dresden, 1907, S. 10—40; 14 Abb.
An Umrißzeichnungen werden zunächst die absoluten Werte des Sagittal-
bogens sowie seiner drei Bestandteile festgestellt und miteinander verglichen;
darauf wird das gegenseitige Verhalten je zweier seiner Komponenten unter-
sucht; nach Schwalbes Vorgang, welcher das Verhalten von Parietal- und
Frontalbogen durch den Scheitelbeinindex ausdrückte, wird noch ein Front o-
Occipital-Index (Occipitalbogen x 100 : Frontalbogen) und ein Parieto-Occipital-
Index (Occipitalbogen x 100: Parietal bogen) berechnet und zur Vergleichung
verwendet; die so erhaltenen Werte werden in Tabellen mitgeteilt und im
Text im einzelnen besprochen. Diese Untersuchungen sollen nach des Ver-
fassers eigenen Worten „den Zweck haben, für die Bearbeitung des Sagittal-
umfanges und seiner Komponenten an den Schädelserien jeder Varietät der
menschlichen Art Vergleichs materialien zu schaffen". — Wendete man dies
Verfahren auch auf die übrigen Schädelumfänge an, so erhielte man damit
eine Untersuch ungsmethode, die ähnlichen Bestrebungen wie den von Rauber
empfohlenen, vorstehend besprochenen gerecht würde, vielleicht aber einfacher
durchzuführen wäre. P. Bartels- Berlin.
94. W. L. M. Duckworth: Report on a cranium with greatly
reduced and irregulär dentition. Journal of Anat. and Physiol.
1907. Vol. XLI, p. 208—210.
Verfasser beschreibt einen Schädel eines männlichen Adulten mit sehr
auffälligen Dentitionsanomalien. Nur der Oberkiefer konnte untersucht
werden; es war nur ein Zahn erhalten, so daß die Dentition nach der Be-
schaffenheit der Alveolen beurteilt werden mußte. Es handelt sich um
folgende Abweichungen vom normalen Typus. Die seitlichen Schneidezähne
sind sehr klein, namentlich rechts; der rechte Canine ist auffällig klein. Der
zweite Prämolarzahn ist rechts auf die Fläche des harten Gaumens ver-
schoben und sieht mit seiner Krone nach der Mittellinie des Gaumens. Es
ist dies der einzige vorhandene Zahn. Ein rechter dritter Molar ist nicht
entwickelt. Links ist die Alveole des ersten Pra molaren obliteriert. Hinter
dem zweiten Prämolaren ist der Alveolarrand durch einen Alveolarabszeß zer-
stört worden, so daß sich über die Beschaffenheit der Alveolen nichts aus-
sagen ließ.
Auffällig ist ferner an dem Schädel die Kleinheit des Gaumens; namentlich
ist die Länge sehr reduziert. An dem vorderen Rande des Foramen magnum
befindet sich ein medianes Tuberculum bei gleichzeitigem Vorhandensein der
seitlichen Tubercula.
Der Schädel ist stark orthognath. Friedemann-Berlhu
76 A. Referate. Anthropologie.
95. P. J. Moebius: Über die Verschiedenheit männlicher und weib-
licher Schädel. Archiv f. Anthropol. 1907. N. F. Bd. VI,
S. 1—7; 1 Taf.
Diese letzte Arbeit des vor kurzem leider durch ein tückisches Leiden
dahingerafften Verfassers vereinigt in charakteristischer Weise die Vorzüge
seiner Arbeitsweise mit ihren Mängeln, scharfe Beobachtung, aber in mehr
aphoristischer Weise mitgeteilt, und geistvolle, aber oft sehr anfechtbare Be-
gründung. Ich beschränke aus naheliegenden Gründen die Kritik auf diese
Bemerkung und gebe im folgenden nur eine kurze Analyse seiner Mitteilungen.
Verfasser ist erstaunt, daß weder Rebentisch noch mir bei unseren
Bearbeitungen der Geschlechts unterschiede am Schädel ein schon von 6 all
(Anat. et Phys. du syst, nerveux III, 139; 1818) erwähntes Charakteristikum
bekannt gewesen ist: die relativ bedeutende Ent Wickelung des weiblichen
Hinterhauptes. Den Unterschieden in der Ausbildung der „Außenwerke",
Muskeif ort sätze, Stirnhöhlen, Augenbrauenbogen, Stirnwulst (welche letzteren
Verfasser übrigens den Hörnern der Tiere analog sein und mit dem geschlecht-
lichen Leben zusammenhängen läßt), und den Differenzen der Kapazität der
Stirnkapsel wird nun dieser neue Charakter angefügt. Die Beweisführung
geschieht an Material, dessen Geschlecht selbst erst (von £. Schmidt u. a.)
bestimmt war. aber trotzdem Verfasser selbst in einigen Fällen in seinem
Urteil von seinen Vorgängern sich unterscheidet, legt er diesem Mangel des
Materiales nur sehr geringen Wert bei. Um den gefundenen Unterschied
auch zahlenmäßig zu erweisen, werden zunächst die absoluten Schädellängen
verglichen; doch findet Verfasser in Übereinstimmung mit Rebentischs und
meinen Ergebnissen den männlichen Schädel durchschnittlich länger. Die
relativen Maße (Längen- ßreitenindex) ergeben auch nicht das gewünschte
Resultat. Nunmehr vergleicht Moebius das Verhältnis des Umfanges zur
relativen Länge, um die Länge in Beziehung zur Größe des Schädels zu
setzen: doch stellte sich heraus, daß auch „da nichts Brauchbares heraus-
kommt". Schließlich verfiel Verfasser auf den Gedanken, durch eine von der
Mitte des Gehörganges ausgehende, zur größten Länge senkrechte Linie diese
in vordere und hintere Länge zu trennen und das Verhältnis der hinteren
zur ganzen Länge zu untersuchen. Bei 20 männlichen Schädeln betrug nun
der Index 40,25; bei 20 Weibern 47,68; drei weitere Gruppen von je 20 be-
stätigten dies Ergebnis: das weibliche Hinterhaupt ist relativ länger als das
männliche. Wegen der Bedeutung dieses Verhaltens verweist Verfasser auf
seine bekannten Beiträge zur Lehre von den Geschlechtsunterschieden (1903,
H. 7 8 u. 1906, H. 11/12), indem er nur die Andeutung gibt: „Die stärkere
Ausbildung dieser einen Stelle muß der Eigenschaft des Weibes entsprechen,
durch die es den Mann zweifellos übertrifft/ — Einige andere Eigenschaften
des weiblichen Kopfes deutet Verfasser folgendermaßen: Kleinheit des Gesichtes,
infolge größeren Überwiegens des Sagittalbogens über die Basis = Mangel
an Energie; kleines zurückweichendes Kinn = Unfähigkeit, sich durchzusetzen;
Stärke der Hinterhauptfortsätze (und derNackenrauskeln) [nicht immer gleich-
wertig! Referent] = geschlechtliche Sinnlichkeit nach männlicher Art; grober
Kieferwinkel = Rücksichtslosigkeit; Schmalheit der Nase = geistige Feinheit.
— Ein kapselartiges Vorspringen des oberen Teiles der Hinterhaupt schuppe
ist mir besonders bei den Hottentotten- und BuschmannBohädeln unseres
anatomischen Museums aufgefallen; von 14 zeigten es 13 Schädel (Internat.
Monatsschr. f. Anat. 1904, S. 164); unter diesen 13 Schädeln ist mindestens
einer sicher männlich: vor kurzem sah ich ferner auf unserem Präpariersaal
bei einer männlichen Leiche einen ganz exzessiven Fall. So wird also das
A. Referate. Anthropologie. 77
von Moebius Mitgeteilte als Anregung wertvoll, im übrigen aber, hinsicht-
lich der Deutung als Geschlechtsunterschied, mit einer gewissen Vorsicht auf-
zunehmen sein und erst der Nachprüfung und Bestätigung bedürfen. Vor
allem wäre die Möglichkeit des Einflusses pathologischer oder halbpatho-
logischer Umstände (Anomalien der Lambdanaht!) zu berücksichtigen.
P. Bartels-Berlin.
96. Beyerthal: Weitere Untersuchungen über die Beziehungen
zwischen Schädel umfang und Intelligenz im schulpflichtigen
Alter. Zeitschr. f. experiment Pädagogik 1907. Bd. V, H. 3 4,
S. 223—230; mit Tabelleu.
In Verfolg seiner Studien (s. Zentralbl., Bd. XI, S. 268) kommt Verfasser
auch für die Schulkinder im Alter von 9 1 2 bis 10 1 2 Jahren zu dem Ergebnis, daß
eine Gesetzmäßigkeit zwischen Schädelumfang und Intelligenz besteht. Hier
trat dieser Zusammenhang noch deutlicher zutage als bei den vorausgehenden
Altersstufen und Klassen der früheren Untersuchungen. Es stellte sich her-
aus, daß in dem genannten Alter mindestens ein Schädelumfang von 52 cm
für die Knaben und von 51 cm für die Mädchen (mit einer einzigen Aus-
nahme) erforderlich war, um hervorragend gute Seh ulieis tungen aufzuweisen.
Auf Grund seiner nunmehr 2000 Schädelmessungen an Kindern von 6 bis
10 Jahren glaubt er schon die praktische Tatsache als gesichert betrachten
zu müssen, daß sechsjährige Schulknaben mit einem Schädelurafang unter
50 cm und Schulmädchen mit unter 49 cm nur selten „sehr gute" Leistungen
im Laufe des Schuljahres zeigen werden. Buschan- Stettin.
97. F. Marino: Cervelli di delinquenti. Arch. di psich. 1907.
Vol. XXVIII, p. 582—584.
Vorläufige Zusammenstellung der Befunde an 13 Verbrechergehirnen,
die sich im Museo di antropologia criminale von Parma befinden. Folgende
Abweichungen vom normalen Typus erscheinen dem Verfasser bemerkenswert :
1. Übertriebene Ausbildung der Sagittalfalten im Stirnlappen; 2. leichte Unter-
brechung des Sulcus interparietalis, besonders rechterseits; 3. Einfachheit der
ersten Schläfenwindung und ihre Vertiefung in den Sulcus Rolando auf der
linken Seite; 4. häufige Variationen in übermäßiger Entwickelung des Prä-
euneus; 5. relativ häufige Unterbrechung der aufsteigenden Stirnwindung und
6. Fehlen des Sulcus centralis des Lobus supraorbitalis linkerseits in zwei
Fällen. Buschan- Stettin.
98. Cesare Mannini: Sopra un caso molto raro di mammella sopran-
numeraria nelP uorao. Mit 1 Figur. Arch. di psich. 1907.
Vol. XXVIII, p. 491—497.
Ein sonst normal gebauter 55 jähriger Geisteskranker (Lypemania in-
volutiva Kräpelin) zeigt seit seiner Geburt ungefähr 5 bis 6 cm unterhalb des
linken Trochanter major auf der entsprechenden Hinterbacke einen sub-
cutanen, verschiebbaren, leicht abgrenzbaren Tumor (8 cm Basis Durchmesser,
einige Zentimeter Höhe) mit einer zentralen Protuberanz auf seiner Höhe, die
eine seichte Einbuchtung trägt. Diese Geschwulst ist von fest elastischer
Konsistenz, läßt beim wiederholten Betasten eine begrenzte Turgescenz
erkennen und erweist sich auf oft schon mäßigen Druck schmerzhaft.
Allem Anschein nach handelt es sich um eine überzählige Brust. — Bei ge-
wissen Säugetieren, Capromys Fournieri (Fledermaus) und Myopotamus Coypus
(Nagetier) trifft man normalerweise Zitzen an der gleichen Stelle, wie im vor-
78 A. Referate. Anthropologie.
liegenden Falle, an. Danach würde dieser als eine Rückschlagserscheinung
aufzufassen sein. Buschan- Stettin.
99. U. Dexler: Zur Anatomie des Zentralnervensystems von Ele-
phas indieus. Arbeit a. d. Neurolog. Inst a. d. Univers. Wien
1907. Bd. XIV (145 S.).
Eingehende makro- und mikroskopische Untersuchung des Gehirns eines
25 Tage alten weiblichen Elefanten aus dem zoologischen Garten zu Berlin.
Uns interessieren davon nur die Gewichtszahlen. Das Gewicht deB Zentral-
nervensystems (Gehirn 2040 g + Rückenmark 1878 g) verhielt sich zum
Körpergewicht (240 kg) wie 1:107,77, das des Gehirns allein wie 1:117,7,
das des Rückenmarks allein wie 1 : 1282,3, sein Gewicht zu dem des Groß-
hirns wie 1 : 1 0,9. — An dem kugelig zusammengeballten Großhirn fiel in
der Dorsalansicht das enge Massenverhältnis zwischen dem Cerebellum und
dem Großhirnmantel auf. Das Kleinhirn (ohne Arme, zehn Tage lang in
5proz. Formol gelegen) wog 496 g, der Rest des Gehirns also 1544 g; das
Kleinhirn verhielt sich im Gewicht also zu diesem Rest wie 32,1 : 100 oder
nach Abzug des Hirnstocks (ungefähr 400 g) wie \:2 l / 9 . Busehan-Stettin.
100. Benedykt Dybowski: Vergleich des menschlichen Gebisses mit
demjenigen anderer Säugetiere (polu.). Mit 35 Abb. Kosmos
1907. Jahrg. XXXII, Heft 6 8.
Die Abhandlung ist eiu Bruchstück eines umfangreichen Studiums, das
unter dem Titel: „Über die Zähne der Säugetiere" (poln., mit 106 Abb.) in
der obengenannten Zeitschrift, Jahrgang XXX, Heft 8 bis 12, 1905, und
Jahrgang XXXI, Heft 1, 1906 erschien. Auf Grund der vergleichenden
morphologischen Analyse einzelner Zähne kommt der Verfasser zum Schlüsse,
daß alle Säugetier zahne nach einem und demselben Grundtypus gebaut sind.
Dieser Typus zeichnet sich durch die Anhäufung höckerförmiger Elemente,
die „Jugum u genannt wird, aus. Normal gibt es vier solcher Jochbildungen
in jedem Zahne, und jedes Joch besteht gewöhnlich aus drei Haupthöckern:
dem Wandhöcker, dem Bogenhöcker und dem Säulenhöcker (Murus, Arcus,
Columna). Die Höcker sind ebenfalls keine einfache, sondern zusammen-
gesetzte Bildungen, daher ist auch der allgemeine Bau der Zähne kompli-
zierter, alB in der paläontologischen Odontologie angenommen wird. Diese
Tatsachen bestimmten den Verfasser zur Annahme der Konkreszenztheorie.
Von der Art und Weise, wie sich die einzelnen Zähnchen zu den Zahn-
höckern, diese zu den Jochen und diese wiederum zu den vieljochigen
Zähnen vereinigen, hängt die verschiedene Form der Zähne des (iebisses ab.
Auf Grund zahlreicher Beispiele zeigt der Verfasser, daß alle Zähne in
dem Gebisse einer Tiergatt ung eine ununterbrochene Kette von Modifikationen
eines und desselben Typus aufweisen, und daß alle Eck-, Schneide- und Prä-
molarzähne als Umbildungsformen der Molarzähne aufzufassen sind, während
die letzteren, obwohl ihrer äußeren Form nach verschieden, doch alle dem
vierjochigen Typus angehören.
Das Gebiß des Menschen ist ganz genau nach dem Typus der Säugetier-
zähne gebaut, und sowohl hier wie dort läßt sich in den Zähnen des Ober-
und Unterkiefers die exakteste Homologie, wie es der Verfasser mit Hilfe
zahlreicher Abbildungen nachweist, durchführen. Ihre Bestandteile, also die
einzelnen Höcker, müssen jedoch einer präzisen Forschung unterzogen werden.
Alle Zähne des menschlichen Gebisses, gleich denjenigen der Tiere, ge-
hören zu dem vierjochigen Zahntypus.
A. Referate. Anthropologie. 79
Was die sogenannten Talonzähne (Osborn) anbetrifft, so hält diese der
Verfasser für deformierte Zähne, die von dem sogenannten sextuberkulären
Zahne abzuleiten sind. Der Talon des Oberkiefers stellt die hintere innere Fläohe
der Zahnkrone dar, auf der die Säule (Columna) des dritten Joches und das
degenerierte vierte Joch sich befinden, während das sogenannte Talonid das
ganze dritte und vierte Joch eines Molaren des Unterkiefers repräsentiert.
Die Ursache der Entstehung des Talon, also der Asymmetrie, welche
zwischen der einen Zahnkronenfläche und der anderen obwaltet, ist der Meinung
des Verfassers nach durch den Druck, der auf einen in der Entwickelung
fortschreitenden Zahn von Seiten seiner Umgebung ausgeübt wird, zu erklären.
Außerdem aber können hier die Verkürzung und Verengung des Kiefers
oder andere ähnliche Umstände, die das Zahnwachstum begleiten, einwirken.
In allen Zähnen des Oberkiefers, wo die Höcker sonst noch vereinzelt
ihrer Wand gegenüber zu stehen kommen und noch nicht zu einem einheit-
lichen Arcus verschmolzen sind, überall da, wo die Bogenwurzeln noch nicht
zusammengewachsen oder wenigstens noch ersichtlich zweiteilig sind, findet
man keine Spur von einem Talon. Er läßt sich aber immer dort nachweisen,
wo die Bogen und Wurzel zusammengewachsen sind, bei solchen Zähnen, die
sich durch eine Bchräge Lage (in Beziehung auf die Hauptachse der Zahn-
alveole) auszeichnen, so. daß der innere Bogenteil des Zahnes entweder nach
vorn oder nach hinten im Verhältnis zu dem äußeren, dem Wandteile, ver-
schoben ist.
Der sogenannte fünfte Höcker in den oberen Molarzähnen des Menschen
(Tuberculum anomale, Tuberculum Carabelli) ist kein neuer Erwerb des
menschlichen Gebisses, wie dies manche behaupten. Er ist der umgebildete
Säulenhöcker, der sich bei allen Säugetiergattungen nachweisen läßt.
Ein großer Teil der Abhandlung ist der Besprechung der Cope-Osborn-
Theorie, welche der Verfasser zu widerlegen sucht, gewidmet.
Er zeigt, daß überall, auch beim Menschen, der sogenannte „Haplodont"
kein Typus eines Urzahnes, sondern ein im Regreß begriffener Molarzahn ist;
dies ist zu schließen aus der Vergleichung der Zahnkeime des Säuglings,
denen man bis jetzt zu wenig Aufmerksamkeit schenkte.
Den Erörterungen des Verfassers gemäß wäre so gut die Knospungs-
theorie, wie auch die Terminologie Osborns zu verwerfen; diese, da sie
willkürlich und nicht auf Grund des vergleichenden Studiums aufgestellt,
die Verwirrung der Begriffe zur Folge hat, jene, weil sie die Entstehung der
Zähne aus dem Eckzahne, was mit dem wirklichen Sachverhalt nicht überein-
stimmt, annimmt. Dr. Wüold Schreiber-Ijemberg.
101. K. Nagel: Untersuchungen über den Armwinkel des Menschen.
Zeitschrift f. Morphol. u. Authropol. 1907. Bd. X, Heft 3, S. 318—352.
Nagel hat auf des Referenten Anregung versucht, die anatomische
Grundlage des Arm winkeis des Menschen zu eruieren, d. h. des nach außen
offenen Winkels, den die Längsachse des Oberarmes mit der des gestreckten,
supinierten Unterarmes bildet. Er maß mit einem Instrument, das aus
zwei um eine Winkeltransporteurachse drehbaren Linealen besteht, an
50 Leichen (je rechts und links) den Winkel am intakten Arm, dann am ent-
fleischten Gelenkpräparat, und schließlich wurden die einzelnen Knochen,
Humerus und Radius-Ulna, untersucht. Als Kontrolle zu den Leichenmessungen
wurden die Arme von je 30 Männern und Frauen ebenfalls bezüglich des
Winkels gemessen. Verfasser findet den Winkel beim europäischen Manne
(Badener) rechts und linkB im Mittel je 170°, bei der Frau 168°.
80 A. Referate. Anthropologie.
Das wichtigste Ergebnis ist nun der Nachweis, daß der Armwinkel
anatomisch eine ganz verschiedene Grundlage haben kann. Bald ist seine
starke (bzw. schwache) Ausbildung bedingt durch entsprechende Entwicklung
des Winkels zwischen Humeruslängsachse und Trochleaachse desselben, bald
durch solche des Winkels zwischen Vorderarmachse und Radius- Ulna- Gelenk-
achse, bald kombinieren sich diese Winkel als Maxima, bald als Minima, bald
als entgegengesetzt variierend. Auch für eine große Zahl anderer Form-
varianten an Ober- und Unterarmknochen konnte nachgewiesen werden, daß
sie nicht als strikte Grundlage des Armwinkels auftreten. So wird also die
Größe des menschlichen Armwinkels durch individuell verschiedene Kombi-
nation individuell verschieden ausgebildeter Formvarianten der Humerus- nnd
Radius-Ulna-Gelenkteile bedingt. [Durch die Güte deB Herrn Prof. Koll-
mann wird Referent auf eine Arbeit von Hübscher aufmerksam gemacht,
die zu anderen Resultaten kam, die dem Verfasser und Referenten leider ent-
gangen war, ein Nachtrag soll sich mit ihr noch befassen.]
Weiter ist sehr wichtig, daß man durch Messung gewisser (im Original
nachzusehender) Gelenk Verhältnisse an allen drei Knochen den Armwinkel
des betreffenden Individuums bestimmen kann. (Also an Skeletten den Arm-
winkel fremder Rassen.)
Endlich zeigte die Messung an Armen von 20 Berufsathleten, daß diese
eine Verstärkung der Armkrümmung besaßen; der Winkel war im Mittel um
6° kleiner als an den Armen ebenso vieler ausgelesen muskelschwacher, nicht
körperlich arbeitender Individuen (Studenten).
Nach diesen, die früheren Untersuchungen des Referenten über Variationen
an Radius und Ulna ergänzenden Resultaten fehlt zur Anthropologie des
Armes noch vor allem eine Untersuchung des Arm winkeis bei Kindern und
dann bei Angehörigen der verschiedenen fremden Rassen.
E Fischer-Freiburg.
102. Joseph Brennemann: The saeral or so-called „Mongolian"
pigment spots of earliest infaney and childhood, with especial
reference to their occurence in the American Negro. Amer.
Anthropologie 1907. X. S. Vol. IX, p. 12—30; 1 Taf.
Verfasser hat 40 Kinder von amerikanischen Negern sorgfältig auf Vor-
kommen und Verteilung der Pigmentflecke untersucht; wie er glaubt, muß
man fast stets beim amerikanischen Neger mit einem Einschuß weißen Blutes
rechnen, wenigstens wenn man zwei bis drei Generationen zurückgeht; nur
in zwei Fällen war bekannt, daß eine andere Beimischung (Indianerblut) be-
stand. Etwa die Hälfte der untersuchten Kinder war weniger als eine Woche
alt. 35 mal konnten nun deutlich bläulich pigmentierte umschriebene Stellen
gesehen werden ; in einem Falle hatte unmittelbar nach der Geburt ein hand-
großer tiefblauer Sacralfleck bestanden, von dem aber zur Zeit der Unter-
Buchung (9 Monate nach der Geburt) sich mit Sicherheit nichts mehr fest-
stellen ließ. In vier anderen Fällen, wo der Fleck gleichfalls vermißt wurde,
war (mit einer Ausnahme) die Hautfarbe sehr hell. In den 35 Fällen, wo
Pigmentflecke beobachtet wurden, ließ sich keinerlei Beziehung zwischen
ihrer Intensität und der Blutmischung feststellen. Im Gegensatz zu her-
gebrachten Meinungen versichert Verfasser, daß das Neugeborene beim
amerikanischen Neger nur hell oder gar weiß aussieht, wenn die Eltern sehr
hell sind. Er macht darauf aufmerksam, daß bei der Statistik zu berück-
sichtigen ist (was ja auch geschieht), daß die hellere Farbe einen guten
Kontrast für die Pigmentflecke bildet, während eine dunkle Hautfarbe sie
A. Referate. Anthropologie. Öl
mehr oder weniger verdecken kann. — Mikroskopische Untersuchung eines
Stückes Haut aus der Sacralgegend eines Neugeborenen (Mischling), das
makroskopisch keinen Pigmentfleck erkennen ließ, ergab den bekannten Be-
fund der Anhäufung von Pigmentzellen in den tiefen Schichten des Corium.
— Verfasser erklärt sich gegen die Deutung der Flecke als spezifisches
Rassenmerkmal. Literatur und Hypothesen der Deutung sind berücksichtigt.
P. Bartels-Berlin.
103. II. F. C. ten Kate: On pigment spots in newborn children.
American Anthropologist 1907. Vol. IX, p. 433—436.
ten Kate bespricht die Arbeit Brennemanns (siehe voriges Referat)
über die Geburtsflecke bei Negern; er erwähnt dabei die von Brennemann
übersehene Arbeit Eatos (Mitteil. med. Fakultät der K. Jap. Univ. zu Tokyo
VI, Nr. 41905), die, wie erstere, auch ältere Kinder beachtet, ten Kate
lehrte schon 1902, daß diese Flecke kein Rassencharakteristikum sind, wie
Baeltz früher glaubte, eine Auffassung, die Brennemann teilt, heute,
nach den Untersuchungen an so vielen Völkern, wohl jeder teilen muß.
ten Kate bringt neue Mitteilungen für Arawaken und Karaiben (Guayana)
und wünscht, daß nähere Untersuchungen an den Indianern Nordamerikas
angestellt würden. J. H. F. Kohlbrugge- Utrecht.
104. S. Watoff: Taches pigmentaires chez des enfants Bulgares.
Bull, et Mem. de la Soc. d'anthropol. de Paris 1907. Tome VIII,
p. 231—248.
Auf Veranlassung von Deniker stellte Verfasser Untersuchungen über
das Vorkommen der sogenannten Mongolenflecke bei bulgarischen Kindern
an. Unter 3500 Kindern im Alter bis zu 14 Jahren (Distrikt Sofia) ver-
mochte er bei 20, d. i. in 0,5 Proz., das Vorhandensein von solchen Pigment-
flecken festzustellen, und zwar an 1 7 bulgarischer, 3 jüdischer und 1 tschechi-
scher Abstammung im Alter von 15 Tagen bis zu 5 Jahren. Die einzelnen
Fälle werden von ihm beschrieben und durch Abbildung veranschaulicht.
Die Flecke waren zumeist schon bei der Geburt bemerkt worden, manch-
mal auch erst später nach einigen Monaten. Beide Geschlechter waren ziem-
lich gleichmäßig davon betroffen. In Familien mit mehreren Kindern waren
nur ein bis zwei damit behaftet. Die Eltern der Pigmentierten waren häufig
braun, die Kinder ähnelten ihnen häufig, aber nicht immer. Im allgemeinen
waren die Kinder braun (Augen: 15 mal dunkelbraun, 5 mal braun; Haare:
5 mal schwarz, 10 mal dunkelbraun, 4 mal braun, 1 mal blond; Haut: 8 mal
dunkelbraun, 6 mal braun, 1 mal lichtbraun, 5 mal weiß). 6 von den 20 Kindern
besaßen ein Gesicht von mongoloidem Typus. Bezüglich der Kopfform waren
3 rundköpflg, 2 mesokephal, 5 hatten einen länglichen Schädel.
Bei allen Kindern waren die Flecke auf die Sacro-Lumbargegend be-
schränkt, nur eins hatte einen Fleck auf der Oberlippe, unterhalb der Nase,
ein anderes deren zwei oben auf dem Scheitel. Im allgemeinen fanden sich
die Flecke über den Hinterbacken, aber man begegnete ihnen auch weiter
hinauf vom Kreuzbein an bis zum Nacken. Ihre Zahl belief sich von einem
bis zu zahlreichen. Auch ihre Form war variabel, desgleichen ihre Größe
(von 0,5 bis 5 cm im Durchmesser). Sie waren bald deutlich, bald undeutlich
von ihrer Umgebung abgesetzt. Ihre Farbe war blau, hellblau, dunkelblau,
vereinzelt braun. Die Haut erschien an den fraglichen Stellen in nichts im
Äußeren sonst verändert.
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. Q
82 A. Referate. Anthropologie.
Die von Dr. Karakaschoff vorgenommene histologische Untersuchung
der Pigmentflecke ergab folgenden Befand. In der Dermis fanden sich
oblonge Zellen mit sehr reichem Pigment, die nach verschiedenen Dichtungen
hin Ausläufer aussandten und durch diese wahrscheinlich miteinander in
Verbindung standen. Ihr Pigment war von demselben morphologischen Cha-
rakter wie das der Zellen des Rete Malpighi; es war gleichmäßig über das
ganze Protoplasma und seine Ausläufer verteilt. Diese Pigmentzellen waren
besonders häufig in den mittleren Schichten nachweisbar und folgten häufig
dem Verlaufe der Kapillaren. Wahrscheinlich stammen sie von Epithelzellen
derselben her; ob sie aber ihr Pigment selber bilden oder es von außen auf-
nehmen, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen. Das, allerdings nur selten
beobachtete, Vorhandensein von großen Pigmentschollen mit Eisenreaktion in
Zellen, welche dicht neben der Gefäßwand gelegen waren, würde dafür sprechen,
daß das Pigment aus dem Blute stammt. Die Zellen bilden dasselbe wahr-
scheinlich in Melanin um, und, indem sie es dann in die Dermis weiter trans-
portieren, erzeugen sie den Pigmentfleck.
In der Diskussion betont Deniker, daß in fünf Fällen die Flecke zu
beiden Seiten der Wirbelsäule entsprechend den Segmenten der Wirbelkörper
angeordnet waren, und daß dadurch eine gewisse Ähnlichkeit mit den Fell-
zeichnungen der Säugetiere besteht, die gleichfalls im engen Zusammenhange
mit der Verteilung des Pigmentes in der Dermis stünden. Buschan- Stettin*
105. Riebold: Der Nachweis des Vorhandenseins somatischer Pe-
rioden im weiblichen Organismus und ihrer Abhängigkeit von
kosmischen Perioden. Archiv f. Gynäkologie 1907, Bd. XLIV,
S. 182—197.
Die Länge einer physiologischen Wochenperiode bleibt bei demselben
Individuum stets konstant, nur der Rhythmus, nach dem das betreffende
weibliche Wesen jenen Wochenperioden folgt, kann sich ändern. Die Men-
struation tritt nicht regelmäßig am Ende einer physiologischen Woche ein,
sondern sie kommt bald etwas früher, bald etwas später. In längeren Reihen
gleichen sich die Abweichungen aber stets wieder aus, so daß die zeitliche
Einheit der physiologischen Woche streng gewahrt bleibt. Die Verfrühung
oder Verspätung der Perioden folgt dem Gesetz der Halbteilung der Perioden ;
sie kann eine ganze, eine halbe, eine Viertel-, eine Achtel- usw. Woche betragen.
Dadurch, daß dabei Bruchteile von Tagen herauskommen, der Eintritt der
Menstruation aber stets nach ganzen Tagen angegeben wird, entstehen wieder-
um in einzelnen Fällen kleine Fehler, die sich aber in längeren Reihen voll-
ständig ausgleichen. — Die Menstruationstage aller Frauen, die derselben
physiologischen Woche angehören und die nach demselben Rhythmus men-
struieren, fallen, soweit man dies nach den zeitlichen Schwankungen, denen der
Eintritt der Menstruation unterworfen ist, und bei den natürlicherweise sich
ergebenden kleinen Fehlern der Berechnung, erwarten kann, annähernd zu-
sammen.
Es scheint nur folgende vier Wochenperioden von 6,48, 6,83, 7,28 und
7,71 Tagen zu geben. Die Berechnung der physiologischen Wochen perioden
ergibt bei allen Frauen immer nur eine der genannten Zahlen, die, voraus-
gesetzt, daß genügend lange Reihen vorliegen, bis auf die zweite Dezimale
übereinstimmen.
Die physiologischen Wochen von 6,48 und 6,83 Tagen entsprechen einem
physiologischen Monat von 25,92 und 27,32 Tagen, sie stimmen mit den
kosmischen Perioden von 25,92 und 27,32 Tagen vollkommen überein.
A. Referate. Anthropologie. 83
Diese vollkommene Übereinstimmung der bei zahlreichen Individuen
viele Jahre hindurch immer gleichen und konstanten somatischen Perioden
mit den wissenschaftlich sichergestellten kosmischen Perioden kann wohl
nicht auf einer Zufälligkeit beruhen, sondern macht die Abhängigkeit der
ersteren von den letzteren nahezu zur Gewißheit
Merkwürdig ist, daß sich die Periodizität nicht auf die Töchter von der
Mutter vererbt, und daß Angehörige derselben Familie oft eine ganz ver-
schiedene Periodizität aufweisen. E. Roth-Hcüle a. S.
106. John Benj. Nichols: The numerical proportions of the sexes
at birth. Memoirs of the Amer. Anthropol. Association 1907.
Vol. I, p. 247-300.
In zahlreichen Tabellen sind Statistiken über viele Millionen von Geburts-
fällen aus verschiedenen Ländern verarbeitet, welche im Zusammenhang
überblicken zu können an sich wertvoll ist; allgemeine Schlüsse sind aber
nicht gezogen, sondern die Tabellen enthalten in der Überschrift die spezielle
Frage, deren Beantwortung in der Tabelle gegeben wird; so enthält z. B.
Tabelle VIII eine Statistik über das Geschlechtsverhältnis ehelicher und un-
ehelicher Lebendig- und Totgeburten, Tabellen XIV bis XVI behandeln die
Zwillings-, Drillings-, Vierlingsgeburten usw. Die Einzelheiten müssen im
Original nachgesehen werden. P. Bartels-Berlin.
107. W. Weinberg: Tuberkulose und Familienstand. Zentralblatt
f. allgein. Gesundheitspflege 1907, Jahrg. XXV, S. 85—112.
Die verheirateten Männer haben in Stadt und Land eine wesentlich
geringere Tuberkulosesterblichkeit als die ledigen und die verheiratet ge-
wesenen. An dem geringen Unterschied zwischen Ledigen und Verheirateten
in der Stadt sind Wanderungen und soziale Einflüsse, sowie eine gesundheit-
liche Auslese neben den Vorteilen der Ehe nicht unwesentlich beteiligt. Die
verheirateten Frauen stehen in der Stadt mit ihrer Tuberkulosesterblichkeit
zwischen den ledigen und verheiratet gewesenen. Auch hier spielen Wande-
rungen und physische Einflüsse eine Rolle. In ganzen Ländern ist die Tuber-
kulosesterblichkeit am geringsten bei verheirateten Frauen. Der Einfluß des
Familienstandes auf die Tuberkulosesterblichkeit bewegt sich bei beiden Ge-
schlechtern in der gleichen Richtung, wie der Einfluß auf die allgemeinen
Sterbeziffern.
Der Einfluß der sozialen Stellung ist bei den Verheirateten beider Ge-
schlechter ziemlich gleich stark; beim Manne ist der Einfluß der Familien-
standskategorien auf die Tuberkulosesterblichkeit verschieden groß. Bei den
verheirateten Männern aller sozialen Schichten ist die Tuberkulosesterblichkeit
geringer als bei ledigen oder verheiratet gewesenen.
Der Einfluß der Gebürtig keit erscheint unter Berücksichtigung des
Familienstandes erheblich, er hängt mit den Wanderungen, sozialen Einflüssen
und gesundheitlicher Auslese zusammen. Die Sterblichkeit der Frauen an
Tuberkulose ist im Alter der stärksten Fruchtbarkeit von derjenigen der
Männer weniger verschieden als sonst. Dies ist auf die Schwangerschaften
und Geburten, auf das Stillen nur teilweise zurückzuführen, daneben kommt
die häufigere Summierung langdauernder ungünstiger Berufsverhältnisse bei
den Männern in Betracht, welche bei diesen die Tuberkulose - Sterblichkeits-
kurve bis in ein höheres Alter hinein nur wenig absinken läßt.
Beim Vergleich der verschiedenen Kategorien des Familienstandes für jedes
Geschlecht unter sich erscheint der Einfluß der Geburten entschieden geringer
6*
84 A. Referate. Anthropologie.
als beim Vergleich der Tuberkulosesterbliohkeit beider Geschlechter in der-
selben Altersklasse.
Bei den Witwern findet durch die häufigeren Wiederverheiratungen eine
stärkere gesundheitliche Auslese statt als bei den Witwen, daher erscheint die
Tuberkulosesterblichkeit der ersteren ganz besonders hoch.
E. Roth-Halle a. S.
108. Moritz Mayer: Eine seltene Häufung angeborener Mißbildungen
und Kontrakturen« Viertel jahrsschr. f. gerichtl. Medizin 1907,
Bd. XXXIV, Heft 2; m. 3 Abb.
Ausgetragenes kräftiges Kind, das nur 3 l 2 Monate lebte, mit normalen
Körpermaßen. — Zahlreiche abnorme Stellungen und Kontrakturen in Armen
und Fingern. Innenrotationsstellung der Ober- und Unterschenkel. Klump-
fußstellung. Patella seitlich an den Tibiae sitzend, so daß sie intra vitam
nicht gefunden wurde; beiderseits Schwimm bau tbildung zwischen erster und
zweiter Zehe; die zweite Zehe stand schräg, die große überlagernd. Augen-
höhlenachse schräg verlaufend; Verwachsung des Scrotum mit der unteren
Penisfläche. Auch bildete sich Nystagmus und Strabismus, divergens des linken
Auges aus. Die Kontrakturen nahmen trotz Behandlung zu. — Die Sektion
ergab außer Hydroceph. ex- und internus nichts. Die uneheliche Mutter war
erst 17 Jahre alt, der Vater wahrscheinlich Trinker; Lues congen. nicht aus-
geschlossen. Die abnorme ZehenBtellung zeigten Mutters Schwester und
Vater auch. Als Ursache der Difformitäten war zu geringes Fruchtwasser
anzunehmen. Kellner- Untergöltzsch.
109. Gaupp: Klinische Untersuchungen über Ursache und Motive
des Selbstmordes. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Medizin 1907,
Bd. XXXIII.
Verfasser hat 124 Fälle von Selbstmordversuchen, die dieserhalb und
nicht wegen Geistesstörung dem Münchener Brauch gemäß der psychiatrischen
Klinik zugeführt wurden, genau untersucht und war infolge genauer weiterer
Nachrichten so in der Lage, zu zeigen, wie wenig sich meist Ursache und
Motive der Tat decken. 60 Fälle betrafen Männer, 64 Frauen. Bei der in
Deutschland drei- bis viermal so großen Anzahl männlicher Selbstmörder
gegenüber den weiblichen weist deren Überwiegen hier zweifellos nur darauf
hin, daß die Selbstmorde von Frauen nicht mit gleicher und zum Ziele führen-
der Energie unternommen wurden. Von allen erwies sich bei psychiatrischer
Untersuchung nur eine Person als gesund, 44 waren ausgesprochen
geisteskrank, 12 (5 Männer, 7 Frauen) litten an Epilepsie, 10 Frauen an
Hysterie, 28 (24 Männer, 4 Frauen) an schwerem chronischen Alkoholismus,
22 Frauen waren von Haus aus krankhaft veranlagte Naturen, welche be-
kanntlich eine größere gemütliche Erregbarkeit und eine krankhafte Re-
aktionsweise auf äußere oder innere Einflüsse besitzen; davon standen 17
noch unter 25 Jahren, mehrere von ihnen waren geistig beschränkt. Mehr-
fach wurde Menstruation zur Zeit der Ausführung der Tat (ein Zustand, auf
welchen schon mehrfach hingewiesen worden ist) festgestellt. Sollten anderer-
seits ebenso genau vorgenommene Untersuchungen erweisen, daß diese er-
schütternden Verhältnisse nicht nur durch das Großstadtmaterial bedingt
sind, dann würde die Forderung zu erheben sein, daß für den einzelnen
Selbstmörder unseres Erachtens der Beweis zu liefern sei, daß er bei Be-
gehung der Tat gesund gewesen ist, und nicht umgekehrt wie bisher.
Kl 11 n er- Untergöltesch.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 85
III« Ethnologie und Ethnographie.
Allgemeines.
110. Iovan Erdeljanovie: Ethnologie, Ethnographie und ihnen ver-
wandte Wissenschaften (serbisch). Belgrad 1906.
Im ersten Teile dieser Einführungsvorlesung bezeichnet Erdeljanovie
als letztes Ziel der Ethnologie die Erforschung der allgemein gültigen, un-
veränderlichen Gesetze in der Entwickelung ethnischer Gemeinschaften,
während er im zweiten Abschnitte die Ethnographie als bloße Völker-
beschreibung ohne rein wissenschaftlichen Charakter, sondern mit mehr prak-
tischen Zwecken aufgefaßt wissen will. Die Anthropologie soll nach ihm von
der Ethnologie völlig geschieden bleiben (dieselbe Ansicht hat Martin auf
dem diesjährigen Anthropologenkongresse in Straßburg ausgesprochen und
ausführlich begründet): die letztere hat sich mit der geistigen Kultur zu be-
schäftigen, die erstere dagegen beruht auf zoologischer Grundlage, ist rein
somatologisch und hat den Menschen nur als Individuum aus der Spezies
Homo zu behandeln. Volkskunde und Prähistorie betrachtet Erdeljanovie
als Zweige der Ethnologie, als Hilfswissenschaften: Geographie, Kultur-
geschichte, Soziologie, Psychologie, Sprachwissenschaft und Nationalökonomie.
Die Ethnologie selbst rechnet Erdeljanovie zu den Geisteswissenschaften,
und ihre Methode soll hauptsächlich die induktive sein. '
A. Byhan-Hamburg.
111. Waxweiler: La vie dans les phenomenes sociaux. Conference.
Extrait du Bullet, de PInstitut General Psycbologique. Paris
1907.
Verfasser führt hier sehr schön einige Ideen weiter aus, die er in seiner
ausgezeichneten „Esquisse d'une Sociologie u (Brüssel 1906) schon gegeben
hatte. Das soziale „Phänomen 44 existiert an sich nicht, sondern beruht nur
auf den „possibilite's interreactionelles" der Individuen, die zuletzt auf physio-
chemischen Determinismen beruhen. Man hüte sich in der Soziologie, wie
auch sonst, vor jedem Anthropomorphismus! Die „affinite sociale 44 sei kein
eigentlicher Instinkt, sondern bezeichne nur die Eigenschaften, „qui le rendent
sensible aux excitations venant des autres individus de eon espece". So bilde
sich eine gegenseitige Annäherung und weiterhin eine Anpassung. Diese
„affinite sociale 44 ist zunächst noch nicht Sympathie, die sich erst später
bildet. Die Sozialpathologie ist für das Studium der Soziologie sehr wichtig.
Die Adaption an andere ist eine besondere Form der „impulsion r6petitrice u .
Dies geschieht bewußt oder unbewußt. Jeder ist mehr oder weniger der
„psychologischen Infektion u ergeben. Es gibt keine „Seele der Volksmasse 44 ,
sondern nur kollektive Phänomene im einzelnen Individuum, die bei dem
einzelnen sehr verschieden stark sind. Schließlich bildet sich zwischen den
Personen eine „interdependance sociale" aus, es bilden sich Gewohnheiten,
Gebräuche aus (letztere fehlen den Tieren), die dann zu Gesetzen führen,
welche anfangs nur repressiv sind. Besonders ausgestattete Personen führen
weiter neue Gebräuche, neue Gesetze ein. Biologisch gesprochen ist also die
Soziologie nicht die Gesellschaftswissenschaft, nicht die der Institutionen,
sondern die des sozialen Lebens, der sozialen Organisation.
Medieinalrat Dr. P. Näcke-Hubertusburg.
86 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
112. G. Kropatscheck: De amuletorum apud antiquos usu capita
duo. Inaug.-Diss. Gryphiae MCMVII.
Kropatscheck analysiert den Begriff „Amulett", welcher Name bereits
den Römern bekannt war. Er findet sich besonders häufig bei Plinius und
Charisius und wird bei dem letzteren mit dem „Phylakterium" der Griechen
verglichen. Kropatscheck untersucht auch die Bedeutung anderer Syno-
nyma, wie: Apotropaion, fascinum, bulla, alligatura, periamma, breskanion,
telesma usw. Als Amulett bezeichnet Kropatscheck Mittel, durch welche
Dämone, als die Ursachen von Krankheiten und anderen Übeln, vertrieben
werden. Dies geschieht durch Worte, Gebete oder Beschwörungsformeln,
indem ihnen irgend eine übernatürliche Kraft zugeschrieben wird. Um sich
vor der Macht der Dämone zu schützen, hat man demnach in früheren Zeiten
solche Worte, Gebete und Formeln mit sich getragen, um bei jeder Gelegenheit
bereits im vornhinein gesichert zu sein. Im Altertum war man von der
Wirksamkeit der Amulette so überzeugt, daß selbst die damaligen Ärzte sie
ihren Kranken verschrieben; auch im Mittelalter war ihr Brauch sehr ver-
breitet. Auch die Wirkungsweise vieler Pflanzen und den Glauben an ihre
Wunderkraft führt Kropatscheck auf ihre Verwendung als Amulette zurück.
Dr. Oskar von Hovorka- Wien.
Spezielles, Rassenkunde.
113. Anton Hang!: Die Moslims in Bosnien und Herzegowina«
Ihre Lebensweise, Sitten und Gebräuche. Autor. Obersetzung
von Herrn. Tausk. 267 S. Sarajewo, Daniel A. Kajon, 1907.
Das ursprünglich in serbo-kroa tischer Sprache verfaßte Werk schildert
die jetzigen zum größten Teil slavischen Bewohner der durch Österreich-
Ungarn okkupierten Provinzen, wobei der Umstand hervorzuheben ist, daß
der Verfasser selbst ein Landeskind ist. Da derselbe mohammedanischer
Konfession ist, so darf es uns nicht wundern, daß er vorwiegend das religiöse
Moment bei der Schilderung der Mohammedaner in Bosnien betont und Dinge
breit behandelt, die eigentlich gar nicht hergehören, so z. B. das Heiligtum
Kabla in Arabien, das Grab der Stammmutter Eva in Dschedda usw.
Bosnien und Herzegowina wird bekanntlich außer einigen unbedeutenden
Minoritäten (Albanesen, Spaniolen, Deutschen usw.) vorwiegend von Serbo-
Kroaten bewohnt, welche sich zu drei Konfessionen (mohammedanisch, katholisch,
griechisch-orthodox) bekennen und auch anthropologisch nur unbedeutend von-
einander abweichen. Die konfessionelle Teilung ist hier von einer hohen Bedeu-
tung, da sie mit den politischen Parteiungen zusammenhängt und sozusagen die
politische Scheidewand zwischen den katholischen Kroaten und den ortho-
doxen Serben bildet. Die Mohammedaner bilden das Mittelglied, das Züng-
lein an der Wage, indem sie dem vermögenden Adel und Hochadel aus jener
Zeit entstammen, welcher vor Jahrhunderten zur Zeit der türkischen Invasion
vom Glauben seiner Väter zum Islam übertrat. Deswegen repräsentieren
noch heute die bosnisch-herzegowinischen Mohammedaner den Grundbesitz,
während die Knieten (Lohnbauern) in der Regel Christen sind. Während
nun Hangi im ersten Abschnitt vorwiegend die Lebensweise, die religiösen
Gebräuche des Mohammedaners, sein Verhältnis zum Haus und zur Außen-
welt schildert, befaßt er sich im zweiten Teil des Buches mit den Sitten beider
Geschlechter. So beschreibt er die Gebräuche bei der Geburt, das Treiben
der Kinder, den charakteristischen Asiklik (Flirt), die Brautwerbung und die
mohammedanische Hochzeit, die Ehe und das Sterben. Wertvoll ist in dem
Buche der Umstand, daß der Übersetzer in der Regel die Urtexte dem Über-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 87
tragenen gegenüberstellt, was besonders seitens der ethnographischen
Forschung zu begrüßen ist; allerdings hat er dieses Prinzip nicht immer
streng eingehalten und die Übersetzung manchmal allzu frei durchgeführt.
Dr. Oskar v. Hovorka- Wen.
114. Adolf Struck: Makedonische Fahrten. I. Chalkidike. Zur
Kunde der Balkanhalbiusel. Heft 4. Wien und Leipzig, Hart-
leben, 1907.
Adolf Struck darf zurzeit vielleicht als der beste Kenner Makedoniens
gelten, das er während der Jahre 1898 bis 1903 in verschiedenen Reisen
nach allen Richtungen hin durchquert hat. Er beabsichtigt, seine Studien
in einer Reihe nach den Landschaften geordneter Einzeldarstellungen zu
veröffentlichen. Als erste erscheint die vorliegende Schilderung der Halbinsel
Chalkidike. Sie bildet das 4. Heft der verdienstlichen, von Karl Patsch
herausgegebenen Sammlung: Zur Kunde der Balkanhalbinsel, die damit eine
treffliche Fortsetzung findet.
Von Salonik aus führt uns der Verfasser zunächst in das Zentrum der
Chalkidike, dann in den Südwesten, um die Golfe von Kassandra und Ajon
Oro8 herum, entlang der ganzen Ostküste, wieder nordwärts bis zum Beschik-
see und nach Salonik zurück. Er gibt so ein fast vollständiges Bild der
Halbinsel. Dank seiner umfassenden Kenntnis der antiken Literatur sowohl
wie der älteren und neueren Abhandlungen und Reisewerke ist Struck in
der Lage, überall die offenstehenden Fragen zu wissen und näher auf sie
eingehen zu können. Als seine Hauptaufgabe betrachtet er, zur Klärung der
antiken Ortskunde beizutragen Doch hält er seine Augen nach allen Seiten
offen. Neben den historischen Exkursen findet sich eine Menge wichtiger
Angaben über den gegenwärtigen Zustand von Land und Leuten. In allen
Ortschaften hat er die Zahl der Bewohner festzustellen gesucht, mit Berück-
sichtigung der ethnographischen Verhältnisse, der Haupterwerbsquellen und
der landwirtschaftlichen und bergbaulichen Produktion. Das ist in der Türkei,
wo es an jeder zuverlässigen Statistik fehlt, nötiger als anderswo. Die Ur-
einwohner haben nach Struck zweifellos dem thrakischen Volkstum an-
gehört. Die Fruchtbarkeit und der Krzreichtum zogen frühzeitig phönizische
und jonische Kolonisten an, doch erhielt sich das thrakische Element lange
Zeit. Von den ethnographischen Mitteilungen aus der Gegenwart seien
besonders die eingehenden Untersuchungen über das Vorkommen der Jürüken
hervorgehoben. Diese bewohnen den ganzen Südabhang des Kaloron Oros,
eben so den Südwest- und Westabhang des Chortiatsch.
Die Darstellung ist schlicht und sachlich. Bei Balkanreisenden muß
man es noch ausdrücklich anerkennen, wenn sie keine Räubergeschichten
erzählen. Eine Karte mit zahlreichen Höhenbestimmungen und eine Reihe
Bilder nach guten und charakteristischen Aufnahmen erhöhen den Wert der
Schrift, die für die Kenntnis der wenig erforschten Halbinsel einen großen
Fortschritt bedeutet. , P. Träger-Berlin.
115. Hugo Grothe: Zur Landeskunde von Rumänien, Kultur-
geschichtliches und Wirtschaftliches. Mit 23 Abb., 4 Karten
u. 1 Farbendruck. XV u. 127 S. (Angew. Geographie, III, 1.)
Halle a. d. S., Gebauer-Schwetschke, 1907. Preis 4 M.
Der Verfasser will in diesem Buche keine systematische Landeskunde
von Rumänien geben und verzichtet deshalb auf die Behandlung einiger
Gebiete, wie Staatshaushalt, Tier- und Pflanzenwelt und Ähnliches, jedoch ist
das Gebotene völlig hinreichend, dem Leser einen Überblick über die heutigen
88 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Zustände dieses in Deutschland noch ziemlich unbekannten Bandes und deren
Grundlagen und Ursachen zu verschaffen.
Im 1. Kapitel schildert der Verfasser in knappen Zügen die Verteilung'
und Gestaltung der Gewässer, geologische und orographische Verhältnisse,
Klima und etwas eingehender die merkwürdige Sumpflandschaft der Balta
zwischen Braila und Galarasi (die, n. g., der des Donaudeltas ganz ähnlich
ist). Im 2. Kapitel kommt Orot he zunächst auf die vielumstrittene Frage
nach der Herkunft der Rumänen zu sprechen und möchte deren Heimat auf
Grund der orographischen Verhältnisse in den Südkarpathen und in Oltenien
suchen, ohne jedoch ausschlaggebende Beweise dafür zu liefern. Die Berüh-
rungen zwischen Albanesisch und Rumänisch sollen nicht durch ein örtliches
Zusammensein, sondern durch die gemeinsame Grundlage, das Thrakische,
veranlaßt, und die Daker nicht nach einer Übersiedelung südlich der Donau
romanisiert worden sein, sondern in ihren nördlichen Sitzen durch die von
Süden her allmählich vordringende römische Zivilisation. Meines Erachtens
kann man nur von folgenden Gesichtspunkten ausgehen: Da die Geschichte
seit dem Einbruch der Goten und dem Zurückziehen der römischen Beßat-
zungen aus Dakien (etwa 270) bis zum Abschluß des Einströmens von
Völkern von Osten her (1050) nichts über die Schicksale der Römer und
romanisierten Daker bzw. Thraker im Nordosten der Balkanhalbinsel, welche
dort irgendwo zurückgeblieben und angewachsen sein müssen, meldet, und
da auch die Nachrichten aus den späteren zwei bis drei Jahrhunderten spär-
lich und belanglos sind, so vermag — solange die ethnischen und ethno-
graphischen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel überhaupt noch nicht besser
geklärt sind — vorderhand nur die Sprachforschung gewisse Anhaltspunkte
zu liefern. Diese hat nun folgendes festgestellt: Albanesisch und Rumänisch
haben eine geringe Anzahl von lautlich ähnlichen Wörtern, welche wohl aus
dem Thrakischen bzw. Dakischen stammen; die lateinischen Elemente des
Albanesischen sind altertümlicher als die des Rumänischen (was ja auch den
geschichtlichen Tatsachen entspricht); die vier rumänischen Dialekte weisen
zwei Schichten von slavischen Elementen auf: ältere, allen gemeinsame, welche
ihrer lautlichen Gestaltung gemäß nur dem älteren Bulgarisch bis Ende des
12. Jahrhunderts entlehnt sein können, und jüngere, die ihren jetzigen
slavißchen Nachbarsprachen entnommen sind; das Istrorumänische steht dem
Dakorumänischen näher als das Aromunische (die Stellung des Meglen ist
noch nicht ganz klar). Daraus dürfte zu folgern sein, daß die Urrumänen
von den Albanesen räumlich getrennt waren; daß alle heute in vier Gruppen
gespaltenen Rumänen mit den alten bulgarischen Slaven in Beziehung standen;
daß die Aromunen den Zusammenhang mit den nördlichen, den Dakorumänen,
früher verloren als die istrischen, erstere vielleicht infolge des Vordringens
der Serben nach Süden und Osten, letztere, welche keine türkischen Lehn-
wörter haben, durch die Vorstöße der Türken (und wahrscheinlich ebenso die
wieder untergegangenen rumänischen Kolonien in Slavonien, der Slovakei,
Böhmen, bei Triest). Noch ein Moment könnte man heranziehen, die wirt-
schaftlichen Verhältnisse, unter denen die Rumänen — soweit unsere Kennt-
nisse zurückreichen — lebten und zum Teil noch heute leben. Sie waren —
was Grothe übersieht — eine fluktuierende Hirtenbevölkerung, welche
durchaus nicht fest am Boden haftete, im Sommer auf die Berge, im Winter
in die Täler wanderte und den Aufenthalt je nach den politischen Zuständen
wohl auch in entferntere Gegenden verlegte (vgl. die oben erwähnten Kolonien)
oder umgekehrt die Wanderungen einschränkte (wie die Siebenbürger, welche
früher bis zur Dobrudza zogen, und die Aromunen, die ihre Herden von
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 89
Epirus und vom Pindos nach Thessalien und bis in die Morea hinabführten).
Dies alles läßt mich zu der Ansicht hinneigen, daß man den Urrum&nen kein
bestimmt umgrenztes Gebiet als Heimat oder Ausgangspunkt zuweisen darf,
wie Karpathen, Balkan oder Bosnien. Vor den hier im Osten lange währenden
Völkerstürmen dürften die romanisierten Daker und Thraker in der ganzen
zentralen Gebirgsregion von Siebenbürgen bis zum Pindos hin eine Zuflucht
gefunden und sich hier in beständiger Berührung mit den zwei bis drei
Jahrhunderte später eingewanderten slavischen Nachbarn zu Rumänen ent-
wickelt haben (gotische Einflüsse ließen sich nicht nachweisen), bis sie end-
lich durch den serbisch-bulgarischen Querriegel in eine nördliche und eine
südliche Gruppe gespalten wurden. Letztere wurde durch weitere slavische
und dann türkische Vorstöße dezimiert und zersplittert (heute nur noch etwa
200000), während die Dakorumänen im Schutze der Wälle der Südkarpathen
sich kräftig entfalten und so vermehren konnten, daß sie schließlich, wie die
Chroniken melden, imstande waren, in dem vorgelagerten östlichen und süd-
lichen Hügellande festen Fuß zu fassen und dort kleine Reiche zu gründen,
welche sich späterhin über die ganze Walachei und die Moldau mit der
Bukowina ausdehnten. Es ließen sich zur Unterstützung dieser Hypothese
noch manche Einzelheiten anziehen, doch würde das zu weit führen.
Hierauf folgt nach einem kurzen Abriß der Geschichte Rumäniens ein
Überblick über die Bevölkerungsdichte und die ansässigen Fremden, unter
denen die Bulgaren als Wandergärtner, die Griechen als Handeltreibende, die
Juden in der Moldau als Handwerker und Krämer hervortreten. Eingehend
schildert Grothe sodann die Entwickelung der Agrarverhältnisse, das allmäh-
liche Überwiegen des Großgrundbesitzes, das Aufkommen der Leibeigenschaft
im 17. Jahrhundert und das Bestreben der Fürsten im 18. und 19. Jahr-
hundert, sie zu erleichtern, bis zu ihrer tatsächlichen Aufhebung 1864.
Recht knapp ausgefallen ist dagegen der Abschnitt „Ethnographisches"; aus
rumänischen und österreichischen Schriften hätte sich dafür noch mancherlei
gewinnen lassen. Grothe unterscheidet zwei Typen von Dorfanlagen: den
zerstreuten Weiler im Gebirge und Hügellande, in der Ebene die Dorfzeile.
Dort sind Häuser, Speicher, Ställe und Gärten von einem massiven Holzzaun
umgeben, hier liegen die Häuser offen und gartenlos da. Dort herrscht das
Holzhaus mit Schindeldach vor, hier die Flechtwerkhütte mit weiß getünchtem
Lehmbewurf und Schilf dach. Neben letzteren treten noch die „bordei" auf,
halb unterirdische Hütten, welche nach Grothe von den Tataren eingeführt
sein sollen, tatsächlich wohl uralter Herkunft sind. Den Schluß des Kapitels
bildet die Schilderung des harten Lebens der Bauern und ihrer Tracht, welche
den Verhältnissen angepaßt, dabei gefällig und farbenreich ist.
Der letzte Teil des Buches ist der Wirtschaft gewidmet, dem heutigen
Stande des Ackerbaues, der Viehzucht, des Bergbaues, des Handels und Ver-
kehrs, woran sich noch ein statistischer Anhang zur Geographie und Wirt-
schaft anschließt.
Bedauerlich ist, daß in der Schreibung der rumänischen Namen manche
Fehler vorkommen; vielleicht wäre es überhaupt besser gewesen, sie in
deutscher Umschrift wiederzugeben (leider gibt es ja in der geographischen
Literatur noch kein einheitliches System für Wiedergabe fremder Namen).
Abgesehen davon, daß in der Anleitung für die Aussprache ein Vokal (a)
gar nicht erwähnt wird, finden sich: für das richtigere Bucsecs (wenigstens
magyarisch so) im Druckfehlerverzeichnis das unmögliche Bucgecs (rumän.
Buceciu), S. 6 Calarasci (lies Galarasi), S. 10 Verful (lies Varful), Jezeru (lies
Jazerul), S. 33 Bacau, Falciu (lies Bacau, Fälciu) usw.; ferner S. 4 ses (ses),
90 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
S. 8 grinda8 (grinzi?), S. 37 Igiena teranului (Igiena tar.), die „birt u (der b.)
und Ähnliches.
Sachlich möchte ich zu S. 19 bemerken, daß heute in den Dinarischen
Alpen keine Rumänen leben und daß die am Monte Maggiore wohnenden
Istrorumänen nicht auch schwarze Walachen, Moroblachi heißen; das ist ein
Name für die Orthodoxen in Dalmatien. Kutzowalachen sind nicht nur ver-
einzelt Kleinhändler, sondern in den meisten Städten Makedoniens, Serbiens,
Bosniens usw. findet man solche als Krämer und Gastwirte. Die Donau ist
durchaus nicht die scharfe Südgrenze der Dakorumänen östlich von Serbien,
sondern längs des ganzen Unterlaufs greifen sie nach Bulgarien über. —
S. 25: Turanisch- bulgarische Elemente lassen sich im Rumänischen nicht
nachweisen , nicht einmal in der Sprache der heutigen Bulgaren. — S. 33 :
In Serbien und Bulgarien sitzen nicht nur einige Tausende von Rumänen,
sondern nach Weigand (Jahresber. d. rumän. Inst., VII, S. 16) in ersterem
150000, in letzterem 50000. A. Byhan- Hamburg.
116. Baron Franz Nopcsa: Das katholische Nordalbanien. Eine
Skizze. Separat aus „Földrajzi Közlemenyek", Budapest. 56 S.
u. 1 Karte. (Kommission bei Gerold u. Co., Wien 1907.)
Verfasser, welcher das Land nur von Eingeborenen begleitet ein halbes
Jahr durchstreift hat, warnt davor, den Räubergeschichten von der Unsicher-
heit Nordalbaniens Glauben zu schenken; er nennt vielmehr die Bevölkerung
die sympathischste, die er kennen gelernt habe. Im Hauptteil wird der
Knlturstand dieser dunkelsten Gegend Europas geschildert, dabei einige
wichtige ethnographische Erscheinungen ziemlich eingehend berücksichtigt.
Nach einem kurzen Einweis auf das fast allgemeine Analphabetentum der
Nordalbanesen und die Einteilung ihres gegischen Dialektes in drei Mund-
arten kommt der Verfasser zunächst auf die Blutrache zu sprechen. Das im
„Kanun Lek Dukadzinit" aufgezeichnete Gewohnheitsrecht kennt Eideshelfer,
Blutrache und Wehrgeld noch als gesetzliche Institutionen. Letzteres wird
nördlich vom Drin im Betrage von 1200 Kronen angenommen, südlich von
Merdita gilt nur Blutrache. An Stelle des Mörders darf irgend einer seiner
männlichen Verwandten getötet werden. Kommt der Mörder als Gast zum
Bach er (zoti gjakut = Herr des Blutes), so wird ihm höfliche Aufnahme und
Bewirtung nie verweigert werden (wie im Kaukasus), und solange er da
weilt, steht die Blutrache. Überhaupt ist das Gastrecht heilig, der Mord
eines Gastes kann nie mit Geld, nur mit Blut gesühnt werden; manchmal
vollziehen die eigenen Stammesgenossen die Strafe. Ist jedoch das Gastrecht
(bessa) zwischen zwei Stämmen förmlich gekündigt, so gilt jeder Angehörige
des einen im Gebiete des anderen als vogelfrei. — Das für den Albanesen
wichtigste Gerät, die Elinte, tritt in allen Arten, vom Feuerstein- bis zum
Perkussion sge wehr auf; bei allen möglichen Anlässen wird damit geknallt.
Im Lande selbst wird nur eine Art Karabiner aus weichem Eisen gefertigt.
— Bei Verwundung und Krankheit werden, auch von Mohammedanern, auf
Papier geschriebene Sprüche angewendet; die Anfertigung dieser Amulette
„bildet eine Hauptbeschäftigung der Pfarrer". — Gewaltsamen Todes sterben
durchschnittlich 19 Proz. , am wenigsten in Smija mit 5, am meisten in
Toplana mit 42 Proz.
Das typische Haus des Wohlhabenden ist die Kula. An Möbeln finden
sich darin höchstens einige Schemel, seltener halbrunde, geschnitzte Stühle,
und zur Beleuchtung Kienspäne, nur bei den Reichsten zylinderlose Petroleum-
lämpchen. Der runde Tisch ist nur 20 cm hoch. Die Häuser der Ärmeren
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 91
haben ein bis zwei Zimmer, mit der Feuerstelle in der Mitte. — Brot wird
in einer tönernen Backglocke mit Eisendeckel gebacken. Vor dem Essen
pflegt man ein Gläschen Raki ins Feuer zu gießen. — Zum Übersetzen über
den Drin wird noch der Serk, die aufgeblasene Ziegenhaut, benutzt (vgl.
Zeitschr. f. E. 1905). — Die näher beschriebene Männer kleidung ähnelt der
rumänischen, ihr schwarzer Bortenbesatz variiert nach den einzelnen Stämmen.
Das Haar wird vielfach bis auf einen Schopf auf dem Scheitel mit Wasser
und Asche abrasiert. — Familiennamen gibt es nicht, man hängt an den
eigenen bei Bedarf den Namen des Vaters oder der Heimat an. — Die
Stellung der Frau ist eine ganz tiefe: es gilt z. B. für eine Schande, sich mit
einer Frau öffentlich zu streiten, und die Blutrache verschont sie als minder-
wertig. Die kirchliche Trauung folgt oft erst 8 bis 14 Tage nach der Hoch-
zeit oder gar nicht. Die Ehe ist streng exogamisch. — Von anderen sozialen
Einrichtungen ist, wie für die Südslaven, auch für die Albanesen die Blut-
brüderschaft typisch: bei deren Schließung trinkt der eine einen Tropfen Blut
vom anderen. Noch inniger ist merkwürdigerweise das Verhältnis zum Compar,
d. h. zu dem, welcher an einem Kinde die Zeremonie der ersten Haarschur
vollzieht. — Die einzelnen Stämme zerfallen in Bajraks, an deren Spitze ein
erblicher Bajraktar steht. Bemerkenswert ist, daß sich hier vor 15 Jahren
ein Bund der Jugend (Pari t' dzelmijs) organisiert hat, im bewußten Gegen-
satz zum Männerbunde des Bajraktar. — Die alten Mythen und Sagen sind
durch die Kirche ausgerottet, man weiß nur noch Ungewisses von den am
Cukadi hausenden Berggeistern, dem Werwolf (striga), von Geisterhöhlen.
Ein Anhang (S. 47 bis 56) bietet wertvolle Mitteilungen zur Geographie
und Geologie. Beigegeben ist schließlich noch eine schöne Spezi alkarte im
Maßstabe 1 : 100000, welche der Verfasser auf seinen Wanderungen neu auf-
genommen hat. A. Byhan-Hamburg.
117. R. Wassermann: Beruf, Konfession und Verbrechen. Eine
Studie über die Kriminalität der Juden in Vergangenheit und
Gegenwart. Statistische und nationalökonomische Abhandlungen.
Heft 2, S. 1—106. München, E. Reinhardt, 1907.
Um gewisse Legenden bildungen über die Kriminalität der Juden zu zer-
streuen, hatte es Wassermann mit Hilfe einer neuen mathematischen Methode
unternommen, auf eine geographisch zusammenfassende Erforschung dieses
Themas einzugehen. Als solche Untersuchungen kommen selbstredend nicht
so sehr die absoluten, als vielmehr die Vergleichszahlen in Betracht. In den
meisten Staaten liegen die letzteren bei den Juden niedriger als jene der
Andersgläubigen. So wurden in Deutschland in den Jahren 1899 bis 1900
unter je 100000 der Bevölkerung wegen begangener Verbrechen und Vergehen
761 Juden, 833 Andersgläubige verurteilt, in Rußland in den Jahren 1875 bis
1885 259 Juden, 426 Andersgläubige; dagegen in Österreich von 1896 bis 1898
183 Juden, 143 Andersgläubige, in Ungarn in denselben Jahren 556 Juden,
477 Andersgläubige. In Holland übersteigt die Kriminalität der Juden die-
jenige der Christen nur in der öffentlichen Verletzung des Schamgefühls
(0,8 Christen, 2,4 Juden), Verbreitung unzüchtiger Schriften (0,0 Christen,
3,3 Juden), Notzucht und Kuppelei (0,9 Christen, 1,4 Juden), Beleidigung
und Verleumdung (5,8 Christen. 13,9 Juden), Betrug (0,8 Christen, 2,4 Juden),
Hehlerei (0,5 Christen, 2,4 Juden), Übertretung der Steuergesetze (7,2 Christen,
15,3 Juden). In allen übrigen 34 Arten von Verbrechen und Vergehen
werden die Juden von den Christen überflügelt. Wassermann bespricht
ferner auf breiter Grundlage die Kriminalität der Juden in Deutschland und
92 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
die Ursachen derselben, wobei er zur Aufstellung einer „Ist u - und „Soll u -
Kriminalität, sowie eigener Kriminalitätsfaktoren gelangt. In gleicher Weise
hat er auch die Kriminalität der Juden Österreich-Ungarns bearbeitet. Die
Entwickelung der Kriminalität der Juden in Deutschland und Österreich,
sowie den Einfluß der einzelnen Berufsarten auf dieselbe belegt er mit eigenen
Tafeln und Tabellen und macht zum Schluß spezielle Vorschläge für die
künftige Ausgestaltung der deutschen Kriminalstatistik. Im Anklang an das
bekannte Schlagwort von Franzos (jedes Land hat die Juden, die es ver-
dient) stellt er folgenden Satz auf: „Die Kriminalität der Juden eines Landes
ist nichts Festes-, sie ist nicht bedingt durch die Rasse und wurzelt nicht im
Wesen der jüdischen Eigenart. Sie ist vielmehr das Produkt sozialer Ver-
hältnisse, auf das Rasseneigentümlichkeiten, wenn überhaupt, nur in einem
ganz geringen Maße einwirken." Dr. Oskar von Hovorka-Wien.
118. Maurice Fishberg: Probleme der Anthropologie der Juden.
IL Die Körpergröße. Zeitschr. f. Demographie u. Statistik der
Juden 1907. Bd. III, Nr. 7, S. 101—104, u. Nr. 8/9, S. 120—129.
Fußend auf einem ungeheuren statistischen Material, wie wir es bereits
aus anderen Schriften des Verfassers kennen, kommt derselbe zu folgendem
Ergebnis :
1. Die Körpergröße der Juden ist nicht in jedem Lande gleich, sie ist
sehr veränderlich. Die Grenzen dieser Veränderung sind fast ebenso weite,
wie sie unter anderen verschiedenen Rassen Europas beobachtet wurden. —
2. Die geringe Körpergröße kann nicht nur dem Einflüsse der Umgebung
oder der Beschäftigung zugeschrieben werden. Die Tatsache, daß die Juden
meistens Beschäftigungen in geschlossenen Räumen ausüben, die nur wenig
Muskelanstrengung erfordern, ist zum großen Teil auf einen Prozeß künst-
licher Selektion zurückzuführen. — 3. Die Größe der Juden hängt von der
Größe der Nicht Juden ab, unter welchen sie leben. In Ländern, in welchen
die eingeborene Bevölkerung groß ist, sind auch die Juden groß, und wo die
eingeborene Bevölkerung nur von kleinem Wüchse ist, sind auch die Juden
kleiner. — 4. Ob diese letzte Erscheinung auf Mischehen mit NichtJuden
zurückzuführen ist, läßt sich auch nicht positiv festlegen, weil die ost-
europäischen Rassen nicht viel größer sind als die Juden, und die vom Ver-
fasser eingeschlagenen Methoden (1. Klassifizierung der durch Messung er-
haltenen Ziffern in Größenklassen und 2. Einteilung der Ziffern in Serien und
Verteilung derselben auf eine ab- und eine aufsteigende Linie) für die Er-
forschung dieses Problems nicht genügen, um in diesem Punkte Klarheit zu
schaffen. Buschan- Stettin.
119. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften: Kusejr 'Amra.
I. Textband mit einer Karte von Arabia Petraea und 145 ein-
gedruckten Bildern. 238 Seiten. IL Tafelband. 41 Tafeln.
Wien 1907.
In diesem Werke berichtet Alois Musil über seine Entdeckungsreisen
in den Ländern Moab und Edom. Ein großer Teil des Werkes ist der Be-
schreibung des durch seinen künstlerischen Schmuck hochwichtigen Wüsten-
schlosses Kusejr 'Amra gewidmet. Aber auch ethnologisch sehr wichtige
Beobachtungen über das Leben, Denken und Treiben der Wüstenaraber finden
sich, die der Verfasser so gut wie kein anderer machen konnte, weil er völlig
als Beduine unter seinen Begleitern lebte. Er kann daher viel berichten von
ihren Raubzügen, ihren Kämpfen, ihren Bräuchen, ihrem Aberglauben usw.
Messer schmidt-Berlin.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 93
120« Seh. Ochser: Sidra di Nischmata. Zeitschr. der Deutsch.
Morgenland. Gesellschaft 1907. Bd. LXI, S. 145—177.
Das „Buch der Seelen", das hier in Übersetzung geboten wird, enthält
die Vorschriften und die genaue Beschreibung der Trauerbräuche bei den
Mandäern. Messerschmidt-Berlin.
121. Max Löhr: Volksleben im Lande der Bibel« (Wissenschaft
und Bildung. Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des Wissens.)
134 S. Leipzig, Quelle u. Meyer, 1907. Preis 1 JC
Dem Charakter der genannten Sammlung entsprechend, ist die Schilde-
rung, welche der Verfasser in dem vorliegenden Buche von dem Leben und
Treiben der heutigen Bevölkerung Palästinas entwirft, knapp gehalten, dabei
aber völlig hinreichend, dem Leser ein deutliches Bild von deren Kulturstand
zu geben. Biblische Überlieferungen werden überall zum Vergleich heran-
gezogen, doch überwuchern anerkennenswerterweise die archäologischen
Interessen nicht, die Darstellung der Gegenwart bleibt immer die Hauptsache.
Im 1. Kapitel wird die Gliederung des Landes in vier Zonen und die
Zusammensetzung der Bevölkerung behandelt. Neben den überwiegenden
Arabern von verschiedener Hautfarbe, Typus und Glauben gibt es einige
Gruppen anderer Herkunft. In Nablus wohnen noch 200 Abkömmlinge der
alten Samariter, und jenseits des Jordans sitzen Turkmenen, welche im Be-
griffe sind, aus nomadischen Viehzüchtern zu seßhaften Ackerbauern zu
werden. Vor 30 Jahren kamen Tscherkessen , die um Dzeras Ackerbau
treiben; auch die Juden sind erst neuerdings aus Europa und Asien ein-
gewandert. — Auch hier kommen schon neben Kalkstein beim Bau von
städtischen und Fellachenhäusern mit Erde gefüllte Petroleumkästen zur Ver-
wendung, während an manchen Orten Höhlen und Felsengräber als Wohnung
dienen. Als Bauopfer legt man unter die Schwelle eine Silber- oder Gold-
münze oder schlachtet darauf einen weißen Hahn. Gegen den bösen Blick
hängt man über der Tür einen Hundeknochen, Kamelkinnbacken, Alaun
oder einen Gegenstand von blauer Farbe auf, da Blau als Schutzfarbe gilt.
Tote werden in Steinkisten beigesetzt. Vorher werden ihnen alle Leibes-
öffnungen verstopft, und die Frauen lösen zur Trauer ihr Haar, zerreißen
ihre Gewänder und schwärzen sich das Gesicht. An die Beerdigung schließt
sich an manchen Orten ein orgiastischer Tanz, verbunden mit Klage-
gesängen, an. — Kaufehe ist allgemein üblich, und bei ihrem Abschluß findet
unter anderem ein Schwertertanz statt. — Die Brotfladen, meist aus zer-
riebenem Durra, backen die Frauen in eisernen Backglocken mit Tondeckeln.
Daß Männer spinnen, kommt bei den Beduinen vor. — Nach der Geburt des
ersten Sohnes pflegen sich die Eltern nach ihm zu benennen. Der Besitz
vieler Töchter gilt für ein Unglück, obwohl er für den Vater ein Kapital
bedeutet. — An den primitiven Haken pflüg fügt man zum Säen von
Durra usw. ein trichterförmiges Rohr. Gedroschen wird mit Tieren oder mit
dem Dresch schütten. Auf der Jagd verwendet man mannshohe Schilde.
Als Bienenstöcke dienen längliche Tonkruken. — Töpferei und Weberei üben
auf dem Lande die Frauen aus, gewerbsmäßig werden beide besonders in
Gaza betrieben. In Hebron fertigt man Glaswaren und Wasser- und Öl-
schläuche aus Ziegen feilen.
Aberglaube ist bei allen Bewohnern stark ausgeprägt, und der Mohamme-
daner scheut sich da nicht, sich an den hl. Elias zu wenden, Christen und
Juden an mohammedanische Heilige. Der Araber glaubt sich von unzähligen
bösen Geistern umringt, vor denen ihn nur das beständige Aussprechen von
94 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Allahs Namen schützt Nicht darf man ihn aber an natürlichen Heilquellen
nennen, da hier die Geister selbst das Bad bereiten. Gegen den bösen Bück
helfen goldene oder silberne Plättchen mit einer Anrufung Allahs oder dem
Bilde des hl. Georg oder auch beschriebene Papierstreifen, am Halse oder in
der Kopfbedeckung getragen; Kinder werden von der Großmutter zu diesem
Zwecke geräuchert. Gegen Fieber braucht man Aderlaß, gegen manche Krank-
heiten Feuerzauber: Berührung mit glühenden Nadeln, Nägeln, Sicheln.
Im 6. Kapitel bespricht der Verfasser unter anderem eingehend das
Schulwesen: Er hebt das Bestreben der Regierung hervor, es auf dem
Lande ernstlich zu fördern und die Koranschulen in Jerusalem zu modernen
umzugestalten. Über den Einfluß der Schulen der christlichen Konfessionen
auf die Eingeborenen fällt er dagegen ein ziemlich ungünstiges Urteil. Das
letzte Kapitel schildert die Vergangenheit und den heutigen Zustand
Jerusalems. — Zur Veranschaulich ung sind 27 Abbildungen von charakte-
ristischen Landschaften, Städten, Bäumen, Typen usw. beigegeben.
A. Byhan-Hamburg.
122. A. Jaussen: Itineraire de Nakhel a Petra« Revue biblique
internal N. F., 1906, p. 443—464.
Verfasser beschreibt eine von ihm unternommene Reise und flicht in den
geographischen Bericht wertvolle Angaben zur Volkskunde der betreffenden
Gegend ein: Bestattungsgebräuche usw. Messer schmidt-Berlin.
123. A. Jaussen: L'immolation che« les nomades ä Test de la Mer
Morte. Revue biblique internat, N. F., 1906, p. 91 — 114.
Verfasser berichtet über sorgfältige Erkundigungen, die er bei 1 3 Stämmen
eingezogen hat. Er beschreibt den Vorgang der Opferung und führt dann
eine ganze Reihe von Gelegenheiten an, bei denen Opfer vorgenommen werden.
Dabei kommen verschiedene interessante Volksbräuche zur Erwähnung.
Messer schmidt-Berlin .
124. Carra de Vaux: Talismans et conjurations arabes. Journal
Asiatique 1907. Ser. X, tome IX, p. 529 — 557.
Talismane und Beschwörungen spielen eine große Rolle in der arabischen
Literatur und im heutigen Leben des Islam. Dazu erbringt der Verfasser
einige neue Beispiele aus einem Manuskript der Bibliotheque Nationale von
einem unbekannten Autor. Das Manuskript enthält eine Sammlung ver-
schiedener Beschwörungen, z. B.: 1. eine Beschwörung, um einem Feinde zu
schaden, indem man ihm einen Skorpion sendet. Dieser wird in einen Krug
getan, siebenmal wird eine bestimmte Formel ausgesprochen, dann wird er
freigelassen, und er wird nun direkt auf den Feind zugehen und ihn stechen.
2. Eine Anrufung des Menschen an seinen Schatten. Schon im alten
Arabien beschäftigte sich der Aberglaube mit dem Schatten : Wenn eine Hyäne
durch den Schatten eines Menschen geht, so verliert er das Gefühl, und die
Hyäne kann sich leicht seiner bemächtigen. Im vorliegenden Manuskript
wird der Schatten als eine Art Bruder des Menschen betrachtet, der mit
mysteriösen Kräften begabt ist. Auch hier will man einen Feind schädigen:
In der Sonntags- oder Mittwochsnacht geht man in ein leeres Haus, setzt
sich hin, mit dem Gesicht nach Osten, eine Fackel hinter sich, so daß man
seinen Schatten sieht, stellt in diesen hinein Räucherwerk und bittet und
beschwört ihn nun um Hilfe gegen den Feind, dem er diese und jene Übel
antun möge. Diese Bitte ist siebenmal auszusprechen und das Ganze in drei
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 95
Nächten zu wiederholen. 3. Behexung ist sehr häufig. Mohammed seihst
soll von Jüdinnen behext worden sein, indem sie eine kleine Wachsfigur von
ihm fertigten und sie mit Nadeln durchstachen. Im vorliegenden Manuskript
heißt es: Man zeichnet die gemeinte Person auf ein Blatt, schreibt ihren
Namen auf die Brust und ferner mit einer in Safran getauchten Nadel die
Beschwörung auf das Blatt. Dieses nagelt man dann, den Kopf nach unten,
an die Wand und spricht eine Beschwörung. Darauf sticht man glühende
Nadeln oder ein Messer in das Herz der Figur und spricht wiederum Be-
schwörungen. 4. Ein Beispiel, wie man die Liebe eines anderen gewinnt: Man
nimmt eine wilde Turteltaube, hält sie Dienstag, Mittwoch, Donnerstag
gefangen. Freitag, „in der Stunde der Venus", nimmt man ein dünnes Blatt
und schreibt eine Beschwörung mit einem in Moschus und Safran parfümierten
Griffel. Dieses Blatt hängt man mit einem Faden an den Flügel der Taube,
spricht eine Beschwörung, schlägt die Taube mit einem Stein auf den Kopf
und läßt sie frei. Alsdann wendet sich die Liebe der genannten Person dem
Beschwörer zu. Messerschmidt-Berlin.
125. Karl Opitz: Die Medizin im Koran. 92 S. Stuttgart, Ferd.
Enke, 1906.
Die vorliegende Studie bildet gleichsam die Fortsetzung der beiden von
uns' bereits angezeigten Abhandlungen Epsteins über „Die Medizin des
Alten Testaments" und „Die Medizin des Neuen Testaments und des Talmud".
Denn nachdem in diesen die Kenntnisse zusammengestellt waren, welche die
Verfasser dieser für Juden- und Christentum heiligen Bücher von der Medizin
und Hygiene besaßen, erschien es gewiß angebracht, auch die diesbezüglichen
Stellen aus dem Glaubensbuche der jüngsten der drei Weltreligionen, des
Islam, zu sammeln. Wenngleich anfänglich zu erwarten stand, daß der Koran
bei weitem nicht eine so große Ausbeute an medizinisch interessanten Tat-
sachen zutage fördern würde, so ist man doch erstaunt, zu sehen, daß es
Opitz gelungen ist, ein ziemliches Material zusammenzubringen, so daß wir
einen recht guten Einblick in die Kenntnisse Mohammeds vom menschlichen
Körper und seinen Funktionen gewinnen, sowie in die Grundsätze, die für
ihn bei der Zusammenstellung von Gesundheitsregeln maßgebend waren.
Da der Koran ein dichterisches Werk, sein Inhalt religiösen Betrachtungen
gewidmet ist, so kann man natürlich nicht verlangen, in ihm fachmedizinisches
Wissen niedergelegt zu finden. Dessen ungeachtet dürfte das Medizinische,
das gelegentlich eingeflochten ist, wohl der Betrachtung wert sein, weil es
die Ansicht und die Kenntnisse der vor islamitischen, von den Kulturländern
ziemlich abgeschlossen lebenden Araber widerspiegelt. Aus diesem Grunde
dürfte es auch den Ethnologen interessieren.
Der 1. Abschnitt behandelt die eigentliche Medizin im Koran (Entwicke-
lung des Menschen, Anatomie und Physiologie, Pathologie, Therapie und Tod),
der 2. die Hygiene, im besonderen die persönliche und allgemeine Hygiene,
und der 3. endlich die von Mohammed erlassenen Gesundheitsgesetze, und zwar
die Ernährung8-, die Sexual-, die rituellen und die sozialbygieni sehen Gesetze.
Bu schan- Stettin.
126. Krauss: Das Geschlechtsleben im Glauben, Sitte und Brauch
der Japaner. 161 S. gr.-Fol., mit 80 Taf. Leipzig, Deutsche
Verlagsaktiengesellschaft, 1907. 30 Jt
Dies auch durch Darstellung ganz hervorragende Werk des berühmten
Folkloristen und Slavisten Dr. F. S. Krauss ist eine wahre Fundgrube nicht
96 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
bloß für das Geschlechtsleben der Japaner, sondern auch über ihre Herkunft,
Religion, Eheverhältnisse, Kunst usw. Überall sind ethnographische Parallelen
angeführt. Abgehandelt werden im besonderen: der Phalluskult, die vater-
rechtliche Ehe, die Stundenehe, Uranier und Urninden, die mechanischen
Mittel zur Befriedigung des Geschlechtstriebes und die Erotik in Bildwerken.
Verfasser macht mit Recht darauf aufmerksam, daß man bei den Japanern
hinsichtlich der geschlechtlichen Verhältnisse auf Überbleibsel alier-
ältester menschlicher Rückständigkeit stößt. Er zeigt, daß das Volk
trotz der massenhaften erotischen Bilder, Feilhalten von Selbstbefriedigern usw.
doch nicht das geile Volk ist, wofür es oberflächliche Reisende ausgeben.
Auch der noch jetzt so weit ausgebreitete Phalluskult (Verfasser schlägt
dafür den besseren Namen Phalloktenismus vor, da auch fast ebenso häufig
die xreig = Vulva verehrt wird) ist ganz naiv, und die anscheinend lockeren
Eheverhältnisse haben mit unserer Prostitution nur äußerliche Ähnlichkeit.
Gerade dies Kapitel ist vom Verfasser glanzvoll behandelt. Der Hauptmasse
nach läßt Verfasser die Japaner aus China abstammen (aus Korea ist wohl
richtiger: Ref.). Auch die Badesitten haben an sich nichts Anstößiges für
die Japaner. Die Shintugötter sind männlich, weiblich, geschlechtslos oder
Hermaphroditen und gerieren sich geschlechtlich wie die Menschen. Die
beliebteste und häufigste Gottheit der alten Japaner war der Penis, an Wegen,
besonders Kreuzwegen und Feldrainen, in Tempeln, Kapellen, Sohreinen usw. in
natura (auch als Naturspiele) oder auch stilisiert dargestellt. Die Personi-
fizierung des Geschlechtstriebes oder, richtiger gesagt, der Geschlechtsteile, ist
sehr ursprünglich. Sie sind zugleich Ehegötter. Es gibt auch phallische Fest-
lichkeiten, wobei sich das Volk tadellos benimmt. Eigentliche Dirnen gibt
es nicht, nur „ Zeit weiber", die eine regelrechte „ Stundenehe u eingehen, welche
nichts Schmachvolles an sich hat. Homosexuelle finden sich in allen Schichten,
wenn auch jetzt nur im stillen. Hier flicht der Verfasser sehr interessante
vergleichende Ausblicke bezüglich der Männerliebe ein, die bei einigen
Völkern sogar als religiöse Institution auftritt.
Med.-Bat Dr. P. Näcke-Hubertusburg.
127. N. W. Thomas: Kinship Organisation and group marriage in
Australia. Cambridge, University Press, 1906.
Kein Problem der australischen Völkerkunde hat die Forschertätigkeit
so lebhaft beschäftigt, wie die sozialen Organisationen der Heiratsklassen und
Totemgruppen, zum Teil auf Kosten mancher anderer Gebiete, wie das z. B.
in Howitts Buch bemerkbar ist. Seit Morgans kräftig anregender Be-
handlung liegt nur von Cunow der schwache Versuch einer zusammen-
fassenden Darstellung vor. Gerade das letzte Jahrzehnt hat aber eine be-
deutende Erweiterung unserer Kenntnisse gebracht, große Teile des mittleren
und nördlichen Australiens überhaupt erst erschlossen. Die Bekanntschaft
mit den eigenartigen zentralaustralischen Verhältnissen hat die Problematik
in ganz neue Bahnen gewiesen ; insbesondere die Frage nach dem Ursprünge
des Totemismus hatte mit früher unbekannten Tatsachen zu rechnen. Eine
Anzahl neuer Fragen wurden durch meinen Versuch gegeben, die australischen
Zustände kulturhistorischer Betrachtung zu erschließen. Alle Arbeiten auf
diesen Gebieten mußten durch eine erschöpfende Darstellung der sozialen
Einrichtungen Australiens, wie sie Thomas in dem vorliegenden Werke ver-
sucht, neuen Anstoß und vor allem festeren Boden gewinnen. Ein erstes,
bedeutendes Verdienst des Buches ist die Sammlung des Materials, das teil-
weise schwer zugänglich, in seltenen Büchern oder schlecht erreichbaren
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 97
australischen Zeitschriften zerstreut ist. Von den mir bekannten Tatsachen
fehlt nur die Angabe von Nind über das Zweiklassensystem am König-
Georgs-Sund, obwohl der Verfasser Nind als Entdecker des Klassensystems
erwähnt. Das System der Gegend von Perth ist wohl mit Unrecht als Vier-
klassensystem aufgeführt. Es läßt sich übrigens gegenüber der früher von
mir vertretenen Auffassung, daß es eine Abwandlung des West -Viktoria-
systems mit verblaßten Phratrien darstelle, auch als Totem System auffassen,
in dem die Klasseneinteilung noch nicht vollständig durchgedrungen ist. Die
Beurteilung der südwestaustralischen Systeme ist überhaupt vielleicht am
wenigsten kritisch durchgearbeitet, auch bezüglich der Verbreitung der
Phratrien. Die Karten hätte man etwas weniger skizzenhaft gewünscht; die
Orientierung und Nachprüfung wird durch das Fehlen jeglicher Landschafts-
signatur erschwert. Außerdem wird durch Einführung von Signaturen für
unsichere Abgrenzungen die falsche Vorstellung erweckt, als seien alle übrigen
Grenzen genau. Auf Karte 1 sind Nr. VIII und IX vertauscht. Unter
den von Thomas aufgeworfenen theoretischen Fragen ist die nach der
Ursache des Überganges zum Vaterrecht zu erwähnen. Thomas macht
ganz richtig darauf aufmerksam, daß die Zugehörigkeit zur Lokalgruppe
sich ursprünglich stets nach dem Vater richte. Er zeigt, daß weder die
patria potestas, die bei cognatischer Deszendenz genau so kräftig aus-
gebildet sei wie bei agnatischer, noch das Erbrecht den Wechsel hervorrufen
konnte; im letzten Falle unterschätzt er allerdings wohl die Bedeutung des
individuellen Erbrechts in Australien. Er weist auf die solidarische Haft-
pflicht der Totemgruppen hin und glaubt, daß sich aus dieser Solidarität eine
Tendenz zur lokalen Konzentrierung und zur Absorbierung der schwächer
vertretenen Gruppen ergeben müsse. Dies Ergebnis des Überganges zum Vater-
recht setzt aber die Existenz der Lokalexogamie voraus, wie sie in rein
matriarchalen Gebieten der Regel nach nicht vorhanden ist. Thomas über-
sieht aber auch, daß die Ursache seit Entstehung totemistischer Gruppen
wirksam sein und die Ausbildung des Matriarchats überhaupt unmöglich
gemacht haben müßte, oder umgekehrt, daß die Solidarität sich bei mutter-
rechtlicher Durcheinanderwttrfelung der Totemgruppen gar nicht hätte aus-
bilden können. Der fundamentale Fehler, den er freilich mit sämtlichen
englischen Ethnologen, allein Frazer neuerdings ausgenommen, teilt, ist das
Festhalten an der Theorie der absoluten Priorität des Mutterrechts , die er
zwar nicht für durchaus bewiesen hält, aber doch durch gewichtige Gründe
gestützt erachtet. Die Bemerkung, daß wir nirgend einen Übergang vom
Vaterrecht zum Mutterrecht, wohl aber bisweilen — in Nordamerika — den
umgekehrten Vorgang nachzuweisen im stände seien, erledigt sich aber durch
die Feststellung, daß das Matriarchat überhaupt nur eine Episode in der
Menschheitsgeschichte darstellt. Was ferner die sogenannten Überlebsel des
Mutterrechts betrifft, deren wichtigstes die Stellung des Mutterbruders ist, so
ist zu bemerken, daß auch in vaterrechtlichen Verhältnissen das Band zwischen
der Frau und ihrer Sippe durchaus nicht durch die Heirat gelöst wird, zumal
bei totemistischer Verfassung. Gerade im Gegenteil gibt Thomas selbst den
Weg an, wie sich durch stärkere Betonung des Schutzverhältnisses zwischen
der Frau und ihren Verwandten mutterrechtliche Anschauungen sekundär
ausbilden können. Das ist aber wohl nur bei lokaler Endogamie möglich.
Deshalb leidet auch Längs von Thomas angenommene Theorie an einem
inneren Widerspruch, da durch den Zusammenschluß zweier exogamer vater-
rechtlicher Horden nicht ein mutterrechtliches Zweiklassensystem entstehen
kann, ganz abgesehen davon, daß nicht nur die beiden den Phratrien syno-
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 7
98 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
nymen Totems sofort bei dem Zusammenschluß durch Stammesdekret aus-
getauscht werden mußten, sondern daß, nach den Tatsachen zu urteilen, auch
eine nachträgliche Aufteilung der übrigen Totems stattgefunden haben muß,
wozu in dem System gar kein zwingender Grund vorlag. Weit beachtens-
werter sind die Bemerkungen von Thomas über den Zusammenhang der
Zweiklassensysteme mit den Adler-Krähenmythen, sowie seine Theorie, daß
die Vierklassensysteme nur eine Systematisierung der im Zweiklassensystem
gegebenen V er wand tsohaftsbe Ziehungen und Heiratsregeln darstellen. Die
kulturhistorische Betrachtung ergibt freilich die Wahrscheinlichkeit, daß es
sich vielmehr um Eontakt- und Ausgleichserscheinungen zwischen vater- und
mutterrechtlichen Anschauungen handelt. Vielleicht die besten Teile der
theoretischen Erörterungen bilden die kritischen Abschnitte, in erster Linie
die leider noch nicht überflüssige Kritik der Morgan sehen Anschauung von
der Ent wickelung der Familie, die, wie gezeigt wird, weder den Tatsachen
noch auch nur konsequenter Durchführung der eigenen Prinzipien standhält.
Die gleiche, überall erkennbare Sorgfalt der Begriffeabgrenzung erleichtert
Thomas auch den Nachweis, daß die australischen Fälle sogenannter
Gruppenehe nicht als Überlebsel einer früheren Promiskuität zu deuten,
sondern der Einzelehe gegenüber sekundär sind. Dieser Nachweis ist ihm
zweifellos voll gelungen, wenn des Verfassers Bemerkungen über den tem-
porären Charakter jener Verbindungen und ihre genetische Erklärung als
„adelphic polyandry" auch nicht überall Beifall finden sollten. Die Be-
schränkung der piorrauru-artigen Institutionen auf Gebiete mutterrechtlichen
Zweiklassensystems läßt einen genetischen Zusammenhang vielleicht nicht
undenkbar erscheinen.
Alles in allem befestigt das vorliegende Buch den Ruf unvergleichlicher
Sachkenntnis und ßelesenheit, sowie einer vielleicht manch u.al zu ängstlich
zurückhaltenden kritischen Sorgfalt, den sich Thomas durch seine bisherigen
ethnographischen Arbeiten erworben hat. Man kann in vielen Punkten anderer
Meinung sein als er; aber kein gewissenhafter Forscher wird das Buch ohne
erbeblichen Gewinn aus der Hand legen. Fritz Graebner-Köln.
128. Walter E. Roth: Notes on government, morals and crime.
North Queensland Ethnography 1905. Bulletin Nr. 8. Bris-
bane 1906.
Es ist wiederum eine Fülle reicher Beobachtungen und zwar, wie wir
bei seiner langjährigen Erfahrung und seiner Stellung als Protektor of Abo«
riginals annehmen dürfen, richtiger und zuverlässiger Beobachtungen, die
uns Roth, leider wahrscheinlich zum letzten Male, in dem von der Regierung
Queenslands herausgegebenen achten Bulletin über die Ethnographie Nord-
Queenslands in kurzer, knapper, allen' verschönernden Beiwerks entbehrender
Form darbietet. Es ist ein Jammer, daß ein solcher Mann von der so lange
und mit so segensreichem Erfolge für seine farbigen Schützlinge und für die
Wissenschaft bekleideten Stellung weichen mußte! Um einen Begriff der
behandelten Materie zu geben, seien hier nur die Überschriften der 13 Ab-
schnitte genannt; ein Eingehen darauf ist an dieser Stelle nicht tunlich.
1. Die Versammlung, der „Rat u der Ältesten. 2. Rechte und Pflichten des
Individuums. 3. Verhaltungsvorschriften. Das gegenseitige Verhältnis der
Geschlechter. 4. Obscönitäten. 5. Untugenden: Faulheit, Verlegenheit, Ge-
fräßigkeit. 6. Respekt vor dem Alter. 7. Behandlung stammesfremder
Personen. 8. Begrüßungsformen. 9. Land- und Jagdfrevel; Erbrecht.
10. Verbrechen gegen das Individuum. 11. Verbrechen gegen das Eigen-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 99
tarn. 12. Eigentumsmarken. Die sogenannten Schrift- oder Botenstäbe.
13. Sühnegebräuche. Der zwölfte Abschnitt ist außerdem illustriert durch
vier Tafeln mit gut beschriebenen und vortrefflich abgebildeten Botenstäben.
Dr. B. Hagen-Irankfurt a. M.
129. F. v.Luschan: Sammlung Baessler, Schädel von polynesischen
Inseln. Veröffentlich, a. d. Kgl. Museum f. Völkerkunde 1907.
Bd. XII. Berlin, G. Reimer.
Der eigentlichen Untersuchung geht eine ausführliche Beschreibung der
Fundorte aus der Feder des Sammlers, Geh. Hofrat Professor Dr. Arthur
Ba es s ler, voraus, die auch erkennen läßt, mit welchen Schwierigkeiten das
Sammeln von Schädeln wirklich einwandfreier Bestimmung verknüpft ist.
Um das Material zu erweitern, nahm von Luschan zu der ßaessler-
schen Sammlung eine Anzahl anderer polynesischer Schädel hinzu, 13 von
Professor von den Steinen gesammelte Schädel von den Marquesasinseln,
26 von Professor Thilenius von Neuseeland mitgebrachte Schädel, 9 Maori-
schädel, die A. Reisdeck gesammelt hat. Einzelne Punkte der angewendeten
Technik sind ausführlich klargelegt. Ebenso die Gründe, welche den Ver-
fasser veranlaßten, die nach ihrem Geschlechte nicht mit Sicherheit zu be-
stimmenden Schädel der männlichen oder weiblichen Gruppe zuzuteilen. —
Auch im Nachwort wird nochmals auf einige technische Fragen hingewiesen,
die während der Drucklegung des Bandes auf der Versammlung zu Monaco
besprochen wurden, in der vorliegenden Veröffentlichung aber nicht mehr
berücksichtigt werden konnten; so besonders die Messung der Nasenhöhe an
der Verbindungslinie der Unterränder der Nasenöffnung und die von Martin
vorgeschlagene Messung des alveolaren 'Profil winkeis mit Benutzung des Sub-
spinalpunktes.
. Untersucht wurden im ganzen 28 Schädel von den Marquesasinseln , SO
von der Tahitigruppe, 23 von Mangaia, mit welchen ein von der Nordküste
von Rarotonga stammender vereinigt wurde, ferner 87 Schädel von Neu-
seeland, eine prächtige Serie, in der fünf Moriori (Bewohner der Chatham-
inseln) eingerechnet sind. Von jedem einzelnen dieser Schädel ist eine sehr
ausführliche Beschreibung gegeben, aus deren Gesamtheit wir nur einige
Punkte hervorheben können. — Diese genaue Beschreibung jedes Einzel-
objektes entspricht einem Wunsche Prof. Baesslers, der sie zur Bedingung
gemacht hatte. Eine Beschreibung der Rassenmerkmale ganzer Gruppen, wie
v. Luschan sie vorgezogen hätte, ist zweifellos als das geeignetere Verfahren
zu bezeichnen. Von besonderem Interesse sind zwei Fälle von geheilter
Trepanation bei Bewohnern der Marquesasinseln (S. 748 und 749), für welche
sie zwar früher einmal behauptet, später aber wieder in Abrede gestellt
wurde. Die beiden Fälle sind in guten Abbildungen im Text wiedergegeben.
Bei einem dritten Schädel (S. 878) ist ein Spalt in der Gegend der linken
Lambdanaht vorhanden, den der Verfasser ebenfalls auf eine geheilte Tre-
panation zurückführt. Auch ein Neuseelandschädel weist am Frontale in der
Nähe des Bregma eine Vertiefung auf, bei der man an eine nicht völlig durch-
geführte Trepanation mit unvollständiger Heilung denken könnte. Doch
erweckt die Abbildung den Eindruck, daß die Vermutung des Autors, es
möchte sich um einen kariösen Prozeß, vielleicht Lues, handeln, mehr Wahr-
scheinlichkeit für sich hat. Bei einem Schädel der Tahitigruppe (S. 884)
besteht die Bildung einer Linea temporalis suprema, wie sie Virchow beim
Schädel eines Pah Ute beschrieb. Die Zähne sind bei fast allen Schädeln
äußerst abgekaut und oft auch distoziert, und in zahlreichen Fällen haben
7*
100 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Abszesse die Alveolen zerstört. Bei mehreren Individuen finden sich auch
arthritische Veränderungen der Kiefergelenke. Der Autor glaubt die Ab-
Schleifung der Zähne eher auf eine technische Verwendung zurückführen su
müssen, etwa zum Weichmachen irgendwelcher textiler Fasern oder der-
gleichen, um so mehr, als manchmal, aber niemals in irgend einem Zusammen-
hang mit der Absohleifung der Zähne, erwähnt wird, daß die Neuseeländer
Binsen kauen, um sie weich und geschmeidig zu machen. — Von anderen
interessanten Befunden sei nur noch ein Fall erwähnt, in welchem bei einem
weiblichen Maorischädel (S. 980) am Rande der Apertura piriformis ein etwa
12 mm langes, schmales Knochen Stückchen vom Stirnfortsatz des Oberkiefers
durch eine Naht getrennt ist. Der Autor deutet diesen Befund als ein ge-
trennt gebliebenes Stück des Zwischenkiefers.
Der Beschreibung der Einzelobjekte schließen sich ausführliche Tabellen
der individuellen Maße an. Darauf folgt eine kurze Besprechung der Gruppen,
in welchen verschiedene Korrelationen einiger Formverhältnisse geprüft
werden. Es ergibt sich z. B. bei den Marquesassch adeln eine Verbindung
der größeren relativen Länge mit geringerer Kapazität, breiterer Nase und
breiterem Obergesicht. Bei der Maorigruppe fällt besonders die große
Variationsbreite der Kapazität auf, ein Verhalten, das der Autor auf die
gerade bei Ozeaniern häufige große Schwankung der Körpergröße zurückführt.
Allerdings glaubt er auch in der bedeutenden Intelligenz und dem geradezu
phänomenalen Gedächtnis mancher polynesischer Stamme einen Grund für
das Vorhandensein außerordentlich großer Kapazitäten (bis zu 1795 ccm) zu
finden. Aus dem Vergleich der Kapazitäten der längsten und der kürzesten
Schädel ergibt sich, daß die Dolichokephalen im Mittel eine geringere Kapa-
zität aufweisen, als die Brachykephalen. Dieses Verhältnis spricht sich bei
den Frauen deutlicher aus, als bei den Männern. Die positive Korrelation
der breiteren Hirnkapseln mit schmaleren Nasen und schmaleren Ober-
gesichtern kommt überhaupt nur bei den Frauen zur Geltung.
Die Einreihung der wenigen Cbatham- Insulaner unter die Maorigruppe
wird mit der außerordentlichen Ähnlichkeit beider Gruppen motiviert, die so
weit geht, daß es unmöglich wäre, einen typischen Moriori von einem Maori
zu unterscheiden. Ein Hauptergebnis der Arbeit ist die Erkenntnis, daß
man „polynesische Inseln u nur in sprachlicher Beziehung zusammenfassen
darf. Natürlich gibt es eine polynesische Spracheinheit, so gut als es eine
semitische oder indogermanische gibt, aber dort so wenig wie da entspricht
der sprachlichen Einheit auch eine somatische Während aber die somatischen
Eigenschaften fremder Einwanderer teils zur Bildung von Mischrassen führten,
teils nahezu oder gänzlich wieder verschwanden, haben die überlegenen geistigen
Eigenschaften überall gesiegt, in gleicher Weise, wie das auch bei anderen
Völkern nachweisbar ist. Die Folge davon ist die Verbreitung polynesischer
Dialekte und polynesischer Kultur auch auf Inselgruppen, auf denen melane-
sische, papuanische und sogar neuholländische Typen nachweisbar sind.
Am Schlüsse ist eine kurze biographische Notiz über den vor Erscheinen
des Bandes verstorbenen Herrn Geh. Hof rat Prof. Dr. A. Bae ssler
gegeben.
Der gediegenen Arbeit sind 33 Tafeln mit ausgezeichneten Abbildungen
je eines Schädels in allen fünf Normen beigefügt. Dr. Th. Mollison-Zürich.
130. R. Parkinson: Dreißig Jahre in der Südsee. Land und Leute,
Sitten und Gebräuche im Bismarck- Archipel und auf den
Deutschen Salomo - Inseln. Herausgegeben v. B. Aukermann.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 101
Mit 56 Tafeln, 4 Karten und 141 Textabbildungen. Stuttgart,
Strecker u. Schröder, 1907. (14 Jt)
Parkinson ist ohne Frage der beste Kenner des ßismarck- Archipels ;
ein langes Leben draußen mitten unter den Eingeborenen hat ihm eine Ver-
trautheit mit diesen Kindern der Natur, ein Verständnis für ihr Denken und
Treiben geschaffen, wie es kaum jemand außer ihm besitzt. Er war deshalb
wie wenig andere befähigt, ein nicht nur reiches, sondern vor allem lebens-
volles Bild von der Bevölkerung unserer mel artesischen Besitzungen zu ent-
werfen und dadurch das lebhafte Interesse aller derer zu erwecken, denen
eine einsichtsvolle Eingeborenenpolitik als wesentliches Element unserer
Kolonialarbeit erscheint. Wie die Dinge bei uns liegen, ist mit dem Kolonial-
interesse das der ethnologischen Wissenschaft aufs engste verknüpft; der
Herausgeber hat recht damit , daß nichts in höherem Maße geeignet ist, ver-
ständnisvolle Anteilnahme an ethnologischen Problemen aus dem engen Kreise
der Fachgelehrten in weitere Volkskreise zu tragen, als allgemein verständ-
liche Bücher von der Art des vorliegenden. Aber Parkinson will nicht nur
als anspruchsloser, populärer Kolonialschriftsteller, sondern als ernsthafter
Mitarbeiter auf dem Gebiete der Völkerkunde angesehen werden. In der Tat
stehen seine Arbeiten über den Bis marck- Archipel, die nordwestlichen Salomo-
Inseln, den Berlinhafen - Bezirk usw. unter den neueren Quellenschriften zur
Ethnologie der Südsee in erster Reihe. So muß denn die Kritik auch
seinem Hauptwerke die Ehre einer strengen, wissenschaftlichen Bespreqhung
zuerkennen.
Wie zu erwarten, bringt Parkinson in erster Linie reiches Tatsachen-
material, das Unsere Kenntnis der behandelten Stämme wesentlich vertieft
und erweitert. Am wenigsten ist das bei den nördlichen Salomonen und
den östlich davon liegenden polynesischen Inseln der Fall, deren Schilderung
im wesentlichen identisch, teilweise sogar vollständiger in des Verfassers
früheren Arbeiten enthalten ist. Am meisten aus dem Vollen schöpft er
natürlich bei den Küstenbewohnern der Gazelle- Halbinsel , seinen ständigen
Nachbarn. Da ist in erster Linie die Sammlung von Sagen und Märchen zu
nennen, von denen nur wenige Stücke, zwei allerdings vom Grafen Pfeil in
Form und Inhalt fast identisch, bisher publiziert waren. Manches Neue ent-
halten die Abschnitte über die Geheimbünde, besonders den Dukduk; sie
bestätigen dessen geringes Alter auf Neu-Britannien. Die Angabe von
Schnee, daß der Dukduk als Vogel angesehen wird, verliert wesentlich an
Bedeutung dadurch, daß er auch als Baumwipfel bezeichnet wird. Über den
Ingiet weiß Parkinson, wie er andeutet, noch mehr, was ihm eine wissen-
schaftlich nicht gutzuheißende Prüderie auszuführen verbietet. Weiter sind
besonders die Angaben über die medizinischen Kenntnisse und Kuren her-
vorzuheben, durch die wiederum einige Mitteilungen des von Parkinson
nicht günstig beurteilten Powell bestätigt werden, sowie in dem Bericht über
Zauberei der Abschnitt über das Pepe, in dem allerdings größere Klarheit
erwünscht wäre. Zu dem wichtigsten Bezug dieser Institution, ihrem wahr-
scheinlichen Zusammenhang mit totemis tischen Vorstellungen, ist Parkinson
nicht vorgedrungen. Über Baining und Sulka berichtet er ausführlich nach
den schon gedruckten Arbeiten und einigen mündlichen Mitteilungen von
Pater Rascher und Bruder Müller. Das westliche Neu-Britannien hat er
selbst schon früher kurz behandelt, bringt aber doch jetzt eine ganze Reihe
von Ergänzungen. Wichtig ist z. B. die Ausdehnung des von der Montague-
Bucht bekannten Stilbezirks bis zu den Mengen, sowie die Beibringung
der Kegelhutmaske mit Gesichtsornamentik vom Südkap. Auch in Neu-Irland
102 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
und Nachbarschaft haben die Masken, ihre Verwendung und Bedeutung,
Parkin 8 on 8 besonderes Interesse erregt; für den Nordwesten der Insel
charakteristisch ist ihre sonst in Melanesien zurücktretende Verwendung im
Totenkult und ihre totem istische Ausgestaltung. Auffallend ist das Fehlen
echter Masken auf Aneri, obwohl es mit anderen Kulturbeziehungen der Insel
übereinstimmt. Hochwichtig ist die Verschmelzung von Leichenverbrennung
und Plattformbestattung in Nordwest-Neu- Irland, sowie das Vorkommen der
Hockermumie im mittleren Inselteil. Für Mutschau wird das Vorhandensein
von Totemismus , das nach der allgemeinen ethnographischen Lage zu ver-
muten war, bestätigt ; interessant ist ferner, daß auf Emirau neben den Penis-
muscheln auch Peniskalebassen vorkommen. Völlig unbekannt war bisher
die Bevölkerung der Tench- Insel, die wegen ihrer Abgeschlossenheit nach
gewissen Richtungen besonderes Interesse bietet Sie besitzt z. B. die alte
Stab- oder vielmehr Kreuzangel, aber auch den Webstuhl. Um so merk-
würdiger ist die Unkenntnis des Betelgenusses, der also seinen Weg nach der
Mutschau-Gruppe erst nach der Einführung der Weberei gefunden hat.
Die größte Bereicherung erfahren unsere Kenntnisse von den Bewohnern
der Admiralitäts-Inseln. Der Gruppenname Taui muß nach Parkinsons
Angaben endgültig aufgegeben werden. Zum ersten Male erfahren wir Ge-
naueres über die Verbreitung der drei Stämme Usiai, Moanus und Matankor,
sowie über ihre ethnischen Unterschiede. Danach erscheinen die Matankor
als Vertreter des polynesischen Volkstums, während die Moanus zwar auch
viele polynesische Züge aufweisen, aber in ihrer Kulturstellung wesentlich
durch Beziehungen zu Neu-Guinea bestimmt werden. Fast durchweg neu
sind die Angaben über die geistige Kultur der Moanus, die Parkinson zum
großen Teile aus dem Munde des Moanusmannes Po Minis aufgezeichnet
hat. Da ist eine Serie wichtiger Sagen und Märchen, Berichte über die ver-
schiedenen Kategorien von Geistern und ihre Aufenthaltsorte — an der
Spitze der bösen Geister steht der Feuergeist Kot, dessen Name mit dem der
Sulka-Geister identisch ist — , über Zauberei, die der Regel nach von einem
dem Häuptlinge dienstbaren Zauberer ausgeübt wird, über das ausgebildete
Häuptlings- und das damit zusammenhängende Hörigenwesen, über die bisher
für die Gruppe nur postulierte, aber erst jetzt sicher belegte echte Plattform-
bestattung, vor allem aber über das ebenfalls postulierte Totem wesen, durch
dessen Feststellung die gesamte melanesische Kulturgeschichte an Klarheit
und Sicherheit der Ergebnisse gewinnt.
Leider wird der Wert des großen und wichtigen Quellenmaterials durch
gewisse Mängel der Parkinson sehen Darstellung nicht unwesentlich herab-
gesetzt. Nicht nur fehlt häufig die wissenschaftlich erforderliche Klarheit
und Präzision der Angaben, sondern bisweilen auch die noch unentbehrlichere
unbedingte Zuverlässigkeit. So wird auf S. 393 erst die mütterliche Des-
zendenz des Totems bei den Moanus als uneingeschränktes Faktum hin-
gestellt; weiter unten, auf derselben Seite, ist es nur noch Vermutung, daß
Mutterrecht „wohl das Grundrecht ist", es wird aber zugegeben, daß es viel-
fach anders sei. Ebenso ist die Behauptung des Matriarchats für den nord-
westlichen Teil von Neu-Irland direkt falsch, die für Siar und Nachbarinseln
angegebenen Totemverhältnisse gelten in dieser Form höchstens für die letz-
teren. Sehr fraglich ist die Angabe, daß die Ingietfiguren nur für das ein-
malige Fest hergestellt würden. Die Nachricht auf S. 210, daß irdene Tami-
töpfe weit in West-Neu-Britannien verhandelt werden, beruht augenscheinlich
auf einer Verwechselung mit den Tamiholzschüsseln. Auf S. 281 behauptet
er, daß die Sanduhrtrommel bis vor wenigen Jahren in ganz Neu-Irland un-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 103
bekannt war und ein Kenner heute noch ohne Schwierigkeit nachweisen
könne, ob ein bestimmtes Exemplar aus der Gazelle- Halbinsel oder aus Kaiser-
Wilhelms- Land importiert wurde. Dabei hat schon Duperrey sie aus dem
südlichen Inselteil beschrieben und abgebildet, und die „Gazelle" hat ver-
wandte Bambustrommeln aus Neu-Hannover mitgebracht. Die Beschreibung
des Nord-Neu-Irland-Speeres auf S. 285 beruht auf einer Kombination zweier
ganz verschiedener Typen. Die Töpfertechnik der Nordsalomonen wird auf
S. 496 unzweifelhaft falsch geschildert Das sind nicht die einzigen Fälle;
aber sie allein zeigen schon, daß Parkinsons Angaben doch immerhin mit
einer gewissen kritischen Vorsicht zu verwenden sind.
Ein paarmal macht Parkinson den Versuch, über die reine Darstellung
zu wissenschaftlichen Erörterungen fortzuschreiten, jedesmal mit einem Miß-
erfolg. Seine alte Theorie von der Besiedelung der Gazelle-Halbinsel hat im
Laufe der Jahre nicht an Wahrscheinlichkeit gewonnen; jetzt schneidet er
selbst ihr, ohne es zu wissen, den Lebensfaden ab durch die Bemerkung, daß
die Bewohner des Inneren von West-Neu-Britannien denen der Gazelle-Halb-
insel verwandt erschienen. Die Theorie des Zusammenhanges mit Australien
hat Ankermann in der Vorrede genügend charakterisiert. Die mit einigem
Pathos als etwas ganz Neues vorgetragene Theorie von der Entstehung des
Totemismus endlich ist nichts anderes als die älteste, auf der Promiscuitäts-
lehre beruhende Anschauung. Betreffs der Eingeborenenästhetik steht Par-
kinson verständlicherweise auf dem naiven Stephan sehen Standpunkte,
wie seine Behandlung der Bainingornamente S. 261 ff. zeigt. Sprachlich ist
ihm unter anderem der Unterschied zwischen melanesischen und Papua-
sprachen nicht klar geworden; denn er rechnet die Nak an ai spräche zu der
letzten Gruppe, trotz des melanesischen Wortschatzes, der Possessivsuffixe,
der Personalpronomina, der Zahlwörter.
Der Herausgeber hat es sich grundsätzlich versagt, sachliche Änderungen
vorzunehmen; mit Recht, denn das hätte geheißen, das Buch von Grund aus
umzuarbeiten. Er hat sich begnügt, vorsichtig zu feilen, einige kritische
Anmerkungen zuzufügen, das Buch durch ein Register brauchbarer zu machen
und Parkinsons Abbildungen durch eine Anzahl von Zeiohnungen und
Photographien aus dem Berliner Museum zu ergänzen. Diese neuen Illu-
strationen sind fast ohne Ausnahme gut. Die von Parkinson herrührenden
Aufnahmen ethnographischer Gegenstände sind demgegenüber oft recht
unklar, die Objekte auf den Tafeln über- und durcheinander gehängt, so daß
ihre wissenschaftliche Verwertbarkeit leidet. Dagegen zeigen die übrigen
Aufnahmen des Verfassers die gewohnte Meisterschaft im Photographieren
und wären ein überaus wertvolles Material, wenn nicht der Verlag ein minder-
wertiges Reproduktionsverfahren angewandt hätte, so daß eine ganze Reihe
von Bildern lieber ganz fehlen könnte.
Es muß wiederholt werden, daß das Buch trotz der oben hervorgehobenen
Fehler eine wichtige ethnographische Quelle bleibt. Aber gerade aus diesem
Sachverhältnis folgt eine eindringliche Mahnung: Es ist nur ein Notbehelf,
daß die Völkerkunde in den Grundlagen ihrer Forschung auf Laien Beobach-
tungen angewiesen ist; und es ist da nur ein Gradunterschied, ob der
Gewährsmann ein Pflanzer oder ein Gelehrter eines anderen Wissenszweiges
ist. Nur der wird wirklich einwandfreies und zureichendes Material für die
Bearbeitung wissenschaftlicher Probleme schaffen können, der sachlich und
methodisoh sorgfältig vorgebildet ist. Im Interesse der Wissenschaft und
unserer Kolonien liegt die Hinaussendung von Ethnologen zum Studium der
Eingeborenen. Vorbedingung dazu ist aber die Heranbildung genügender
104 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Fachkräfte, die Hebung des ethnologischen Unterrichts an den deutschen
Hochschulen. Fritz Graebner-Köln.
131. K. Hauser: Das craniologisehe Material der Neu -Guinea-
Expedition des Dr. Finsch (1884/85) und eine Schädelserie
aus Neu-Irland. 102 S. m. Tabellen. Berlin, Max Günther, 1906.
Der Verfasser untersuchte 20 Schädel von der Südostspitze Neu-Guineas
(D'Entrecasteaux- und Moreaby- Archipel) , 12 Schädel aus Neu-Irland und
4 Schädel aus den benachbarten Inseln ( Duke- of- York und Kaau-Inseln). In
Anbetracht des geringen anthropologischen Materials, das wir aus diesen
Gegenden bis jetzt zur Verfügung hatten, füllt die unter Prof. v. Luschans
Leitung ausgeführte sehr eingehende Arbeit eine Lücke in erfreulicher Weise
aus. Auf das sehr reichhaltig in der Arbeit niedergelegte Material kann
nicht näher eingegangen werden ; es sei nur erwähnt, daß der größte Teil der
Schädel von dem d'Entrecasteaux- Archipel nach des Verfassers Untersuchungen
dem westmelanesischen Zweige (Keane) zuzurechnen ist, und zwar vorwiegend
dem von Volz sogenannten Neu -Guinea -Typus, während daneben noch eine
Beimischung des sogenannten Bismarck- Archipel-Typus anzutreffen ist. Auf-
fällig ist ferner das Vorhandensein eines brachykephalen Elementes , das dem
Verfasser mit Berücksichtigung des geringen Rauminhaltes der betreffenden
Schädel (<j> 1115 ccm, $ 1225, d* 1140 [abgeschätzt]) möglicherweise anf eine
Pygmäenbevölkerung hinzudeuten scheint.
Die Schädel Neu Irlands repräsentieren kein somatisch einheitliches Rassen-
element. Die einen gehören einem ausgesprochenen dolichokephalen , hypsi-
stenokephalen Typus an; sie sind leptoprosop, hypsiconch, prognath und pro-
phatnisch. Die zweite Reihe zeigt einen mehr brachykephalen Typus. Die
Schädel von den Kaau-Inseln entsprechen denen Neu -Irlands und Neu-
Britanniens. Die Festellungen des Verfassers sind am Schlüsse der Arbeit
in einem ausführlichen Schädelkataloge niedergelegt, dem 14 Kurvendar-
stellungen beigegeben sind. M. Friedemann-Berlin.
132. P. T. de Marzan: Le totemisme aux iles Fiji. Anthropos 1907,
Bd. II, S. 400—405.
II y a 2 especes de totems aux Fiji. Les uns, je les appellerai totem 8
principaux, les autres seront appeles secondaires. La raison en est que
les totems principaux ne sont point detruits ou mang^s et semblent accompaguer
l'origine de la tribu. Les totems secondaires sont, au contraire, manges, mais
avec un certain cer6monial.
Le totem principal etait double; il y avait un arbre totem et un aniinal
totem dans chaque tribu.
Le totem secondaire etait unique, double ou triple; Selon qu'on y comptait
une igname- totem, un taro- totem, une espece de ban an e- totem. Avant la
dispersion des diverses tribus, alors que toutes habitaient la montagne de
„Nakauvadra", dans chacun des differents centres que formait chaque tribu
sur la pente de la montagne, il y avait dans ce centre un arbre que cette
tribu venerait. Lors de la dispersion cet arbre fut porte pour etre plante
dans la premier „yavu" ou premier Etablissement de la tribu. L'espece
d'animal totEm de la tribu y fut aussi trouvee. — Quant ä Tigname-totem,
eile fut apporteV et fut plantee dans les premieres plantations que fit la tribu.
Voilä pourquoi cette igname est encore respectee et honoree; quand on la
cuit, on ne la coupe point autant que possible, on n'arrache point les barbes
de la tete de l'igname en question.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 105
Le respect du aux totem s principaux etait tres grand, il est encore con-
serve parmi les tribus de l'interieur. La on ne peut proferer le nom du
totem sans etre oblige de payer une amende ä la tribu qui l'honore, la encore
on conjecturera de l'avenir par la vue du totem.
Fonction du totem. Autrefois eile etait fort importante. De la vue du
totem *on conjecturait la vie ou la mort, le succes ou l'insucces d'une guerre,
un mariage beureux ou malbeureux. Le totem animal apparaissait avant la
naissance de l'enfant et, selon sa position, c'etait signe de vie ou de mort
pour l'enfant pres de naitre. .
Le totem suivait l'individu de sa tribu partout oü il allait s'etablir. Ainsi
j'entendis raconter un jour aux gens de Nabukebuke que Farbre „qumu u ne
poussait pas autrefois ä Nabukavesi, mais une femme de la famille des
Vunaqumu s'etant mariee avec un homme de Nabukavesi, le „qumu u y poussa
presque aussitöt.
En terminant ce resume, je dois faire remarquer que le totem arbre est
fort important, le plus important de tous. C'est celui qui se trouvait ä
Nakauvadra, c'est lui qui suit l'indigene partout oü il va; souvent il donne
le nom ä la tribu qui Fhonore; enfin n'est-ce point de ce totem que vient le
mot kai Vunaquma, kai Bau etc., arbre vanaqumu, arbre Bau etc., car kai
veut dire bois en langue de Pouest. La tribu serait donc comparee a un
arbre gigantesque. J. de Marzon-Solo i ra (Nausorie, Fiji).
133. 6. Friedend : Die Schiffahrt der Indianer. Studien und For-
schungen zur Menschen- und Völkerkunde unter wissenschaft-
licher Leitung von Georg Buschan. Heft 1. 130 S. Stuttgart,
Strecker u. Schröder, 1907.
Unter dem Titel: Studien und Forschungen zur Menschen- und Völker-
kunde beginnt eine neue Publikation zu erscheinen, die sicher einem allseitig
empfundenen Bedürfnis entgegenkommt. Das neue Unternehmen bezweckt
nämlich, größere monographische Darstellungen, deren Drucklegung in Zeit-
schriften oder Gesellschaftsschriften wegen ihres Umfang es unmöglich ist,
zum Abdruck zu bringen und so eine Art Sammelstelle für Monographien aus
Anthropologie, Völkerkunde und Urgeschichte zu bilden. Um indessen jede
Konkurrenz mit bereits bestehenden Fachzeitschriften und Gesellschafts-
schriften zu vermeiden, sollen nur Abhandlungen von mindestens sechs Druck-
bogen Umfang aufgenommen werden. Die Beiträge werden in zwanglosen
Heften erscheinen, deren jedes ein abgeschlossenes Ganzes bilden wird.
Das neue Unternehmen führt sich sehr gut ein mit seinem ersten Hefte
in Gestalt der wertvollen Abhandlung Friedericis über die Schiffahrt der
Indianer.
Einer kurzen Einleitung über die Beanlagung des Indianers für die Schiff-
fahrt, die ihn zum guten Seemann befähigt, folgt der Hauptteil über die
verschiedenen Schiffstypen, deren Abarten und geographische Verbreitung.
Frieder ici behandelt zuerst das Floß, die „balsa", nach Material (Binsen,
Kalebassen, Tierhaut, Balken, Bambus), geographischer Verbreitung und geo-
graphischer Bedingtheit. Es ergibt sich, daß die Balsa ein Ergebnis völliger
Baumlosigkeit ist, daß sie auch neben anderen besseren Fahrzeugen noch vor-
kommt, und daß sie an Form und Verbreitung seit der Entdeckung Amerikas
gewonnen hat, eine Tatsache, die sich aus den Vorzügen des Floßes (billig,
seetüchtig, tragfähig, segelsicher) erklärt. Dem kurzen Abschnitt über das
Fellrundschiff (bullboot in Nordamerika, pelota in Südamerika) folgt die Be-
handlung der eigentlichen Boote. Aus der großen Anzahl verschiedener
106 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Namen schlägt Friede rici folgende zur Bezeichnung der ^einzelnen Typen vor:
canöa = Einbaum, piragua = canöa mit Plankenerhöhung, kanü = Rinden-
boot, eine Namen gebung, der man sich wohl anschließen kann. Ursache der
geographischen Verbreitung der Bootstypen in Amerika sind die geologischen
und pflanzengeographischen Verhältnisse; so finden sich canöas vor allem in
tiefen, ruhigen Gewässern, kanüs dagegen auf den Stromschnellenstrecken der
Flüsse. Es werden daher bei Wanderungen eines Volkes Wechsel der Boots-
typen vorkommen. Das Kanu ist über ganz Amerika, wenn auch in ver-
schiedenen Formen, verbreitet; das verbreitetste Material ist Birke oder Ulme.
Aus ihm hat sich an der Küste Südchiles ein Plankenboot, die sogenannte
„Dalca* 4 , entwickelt, das in seinen verschiedenen Formen noch alle Stufen vom
Kanu der Magalhaestraße bis zur Dalca mit Holzplanken auf weist. Friede rici
hält die Dalca für den vorgeschrittensten Typus aller primitiven amerikani-
schen Fahrzeuge. Gleiche Konstruktion wie die Rindenboote weisen die Fell-
boote (kajaks, umiaks) auf, die indessen, wo sie beobachtet worden sind
(Alaska, Neu-Fundland), nachgewiesenermaßen von den Eskimos entlehnt sind.
Eine zweite Entwickelungsreihe leiten die canöas ein, die Einbäume. In
Nordamerika hat der Einbaum zwei Verbreitungsgebiete: Die Ost- und Süd-
staaten der Union , in denen er den höchsten Typ der Fahrzeuge bildet , und
die Nord Westküste , wo besonders die Haidah geschickt im Bau riesiger Ein-
bäume sind. In Meziko und Mittelamerika, sowie bei den Aruaks der An-
tillen herrschte der Einbaum vor, während ihn die Karaiben neben anderen
Booten besaßen. In Südamerika findet sich der Einbaum allgemein an der
Golfküste Venezuelas und Kolumbiens, sowie in den großen Stromsystemen
des Magdalena-Cauca, Amazonas und La Plata, vereinzelt in Peru und Chile.
Aus der Tatsache, daß die Abiponer bei ihrer Entdeckung ein Fischervolk
waren, das Canöas besaß, und das erst durch Erwerb der Pferde zu einem
Reitervolke wurde, das nur noch Pelotas benutzte — eine Erscheinung, die
auch bei den Charrüa und ihren Nachbarn auftritt — , schließt Friederici,
und wohl mit einigem Recht, daß auch viele der späteren Reiterstämme des
Chaco und der Pampas, die jetzt fast nur von Fleisch leben, früher dem
Fischfang in Canöas oblagen. Durch Erhöhung der Bordwände des Ein-
baumes durch Aufsetzen von Planken entsteht die Piragua, die ihrerseits
durch weiteres Erhöhen der Wände durch Planken zum modernen Planken-
boot wird. Wir haben also in Amerika zwei parallel laufende Entwickelungen
von Bootstypen, die beide ihren Abschluß im Plankenboot finden : Kanu — Dalca —
Plankenboot und Canoa — piragua — Plankenboot. Die Piragua ist in fünf Ge-
bieten verbreitet: a) Nord Westküste, b) St. Barbara-Kanal, c) Mexiko, d) Kleine
Antillen, e) Guayana. Mexiko steht völlig isoliert. Auf den Antillen und in
Guayana sind die Karaiben die Erfinder der Piragua, die Aruak entlehnten
sie von ihnen. Die Piraguas der Nordwestküste und des St. Barbara- Kanals
gehören wahrscheinlich zusammen. Friederici gibt bei dieser Gelegenheit
eine kurze ethnographische Schilderung der St. Barbara-Indianer, die bereits
1853 ausstarben uud über die nur geringes Material existiert. Er vergleicht
ihre Sitten, Gebräuche, Geräte usw. mit denen der Indianer der Nordwestküste
und stellt dabei eine weitgehende Übereinstimmung zwischen beiden fest.
Da noch hinzukommt, daß die St. Barbara-Indianer ethnographisch von ihren
Nachbarn völlig abweichen, so gelangt Friederici zu der Annahme, es sei
wohl möglich, daß die St. Barbara- Indianer südliche Ausläufer der Nordwest-
stämme sind, deren leistungsfähige Schiffahrt sie in zurückliegenden Zeiten
hierher geführt hatte, eine Annahme, die viel für sich hat und die geeignet
ist, neues Licht in manche noch ungelöste Probleme der Ethnographie des
A. Referate. Ethnologie and Ethnographie. 107
westlichen Nordamerika zu bringen. So könnte z. B. dieser Zusammenhang
als Parallele zu den immer deutlicher hervortretenden Beziehungen zwischen
Pueblos- und Nordwestindianern angesehen werden. Am Schlüsse dieses Ab-
schnittes faßt Fried er ici die Resultate nochmals kurz zusammen: Die Fahr-
zeuge sind eine Funktion der umgebenden Natur, daher das Auftreten gleicher
Typen in verschiedenen, geographisch gleichen Gegenden. Nur vereinzelte
Erscheinungen lassen sich vielleicht auf Wanderungen oder Entlehnungen
zurückführen. Die Fahrzeuge sind den Naturverhältnissen so gut angepaßt,
daß die europäischen Kolonisten sie vielfach angenommen haben. Nur an
den Seeküsten sind die indianischen Fahrzeuge den europäischen Schiffen
unterlegen.
In den nächsten Abschnitten behandelt der. Verfasser kurz das Ruder-
geschirr (pagaje, Stake, Treidelstrick, Steuerruder), das Segel, dessen Gebrauch
vor der Entdeckung sicher üblich war bei den Inkaperuanern, sehr wahr-
scheinlich bei den Mayas, wahrscheinlich, aber noch zweifelhaft, bei den
Inselkaraiben, den Anker (Steine), Schöpfgefäße, Ballast, Mitführen von Feuer,
Zeremonien beim Stapellauf, Bootshäuser (bei den Inselaruaks).
In dem Kapitel über den Seemannsgeist wird dargelegt, wie die natür-
liche Beanlagung der Indianer und das hohe Alter der Schiffahrt in Amerika
die Eingeborenen befähigte, alle Hindernisse, wie Wind und Strömungen.
Wasserfälle, Stromschnellen usw., zu überwinden und sie zu solch tüchtigen
Seefahrern heranzubilden, wie sie uns in den Karaiben, den Aruaks von
Guayana, den Tupi entgegentreten. Ein hohes Alter der Schiffahrt glaubt
Friederici nicht nur aus den Schöpfungsmythen ableiten, sondern auch aus
den Körperdeformationen der Fischervölker (Spreizfüße infolge Wattenlaufens
bei den Stämmen an der Colorado-, Orinoco-, Amazonasmündung; degenerierte
Beine bei den Indianern der Nordwestküste, bei Payaguas, Yaganes und
Alakalufs) nachweisen zu können.
Der nächste Abschnitt, das Boot im Frieden, behandelt die Rolle des
Bootes bei der Fischerei (mit anschließenden Bemerkungen über die in Amerika
üblichen Arten des Fischfanges, der Wasserjagd, das Konservieren der Er-
gebnisse), bei der Ernte (Einsammeln des wilden Reises), beim Handel (mit
Ausführungen über Flußzoll, Handelswege, Trageplätze, Seehandel, Märkte),
als Verkehrsmittel bei Wasserbauten (Pfahldörfer, schwimmende Häuser), als
Material zu Schiffsbrücken.
Das Kapitel: Das Boot im Kriege gibt eine interessante Übersicht über
Seekriege und einzelne Seegefechte zwischen Indianern, sowie über die Taktik
des indianischen Seekampfes.
Das letzte Kapitel stellt die Rolle des Bootes in Freud und Leid dar.
Wir lernen darin die Verwendung des Bootes als Weinbehälter (Guayana,
Orinoco, Brasilien), als Ölbehälter (Maynas, Indianer der Nordwestküste) und
als Sarg bei den letztgenannten Indianern, sowie bei denen des St. Barbara-
Kanals, der Moskitoküste, bei den Aruaks von Guayana, bei Chuutaquiros,
Maynas, Omaguas und Cocamas kennen. — Den Abschluß der interessanten
und wertvollen Abhandlung bildet ein 20 Seiten langes, geographisch geord-
netes Quellenverzeichnis, aus dem hervorgeht, daß der Verfasser seine Unter-
suchungen auf ein gut ausgewähltes Material gegründet hat, und daß er sich
stets bemüht hat, auf die ältesten zuverlässigen Quellen zurückzugehen. Es
ist dies ein Beweis einer langen Beschäftigung und großen Vertrautheit mit
der amerikanischen ethnographischen Literatur, und man kann es dem Ver-
fasser daher nicht verübeln, wenn er sich auf S. 1 5 gelegentlich der Bewertung
seiner Quellen in äußerst scharfer Weise gegen eine im „Anthropos tt , Bd. II
108 A. Referate. Urgeschichte.
S. 340 bis 341, abgedruckte Kritik seiner Abhandlung über das Skalpieren
wendet, in der er als ein Neuling in der Amerikanistik hingestellt wird. Ich
-glaube, jeder, der Fried ericis reiche Kenntnisse in der amerikanischen Ethno-
graphie kennen und schätzen gelernt hat, wird der Überzeugung sein, daß
jedenfalls er sich bei jener Gelegenheit nicht „als Neuling in der Amerika-
nistik kompromittiert u hat.
Ein immerhin fühlbarer Mangel, für den jedoch nicht der Verfasser ver-
antwortlich ist, macht sich bemerkbar. Das ist das Fehlen ausreichender
Illustrationen der verschiedenen Bootstypen, Ruder, Segel usw. Es wäre
sehr wünschenswert, daß bei späteren ähnlichen ethnographischen Mono-
graphien die Beigabe einer genugenden Anzahl von Abbildungen ermöglicht
würde.
Den weiteren Heften des Unternehmens, deren bisher veröffentlichtes
Verzeichnis interessante Monographien aufweist, sehen wir mit der Hoffnung
entgegen, daß sie sich würdig dem ersten Hefte anreihen mögen.
Dr. Frite Krause-Leipzig.
IV. Urgeachichte.
Allgemeines.
134. Rudolf Magnus : Tom Urtier zum Menschen. Gemeinverständ-
liche Darstellung des gegenwärtigen Standes der gesamten Ent-
wicklungslehre. 126 S., m. 11 Abb. u. 15 Tai Halle a. S.,
C. Marhold, 1908.
Das vorliegende Schriftchen ist einer der mit großem Beifall auf-
genommenen Wandervorträge, die Verfasser als Redner der Gesellschaft
„Kosmos" in Stuttgart vor Laienpublikum in zahlreichen St&dten während
der vergangenen Winter gehalten hat. In gedrängter Zusammenstellung
bietet er in demselben eine historisch-kritische Übersicht der Geschichte des
Darwinismus, wobei er als jüngsten Vorläufer Darwins den bisher als solchen
noch gänzlich unbekannten Dichter W. Jordan (in seinem Demiurgos) feiert,
weiter eine Skizze des systematischen Aufbaues im Tierreich, eine Schilde-
rung der Person Darwins und seiner Lehre, sowie eine Erörterung der-
jenigen Punkte des Darwinismus, die von seinen Nachfolgern (Haeckel,
Pauly, de Vries und Semon) richtiggestellt bzw. überholt worden sind.
Den Schluß bildet eine Darstellung des biologischen Aufstieges vom Urtier
bis zum Menschen unter Vorführung von sieben Stammbaumtafeln, die von den
üblichen ähnlichen Darstellungen insofern abweichen, als nach der eigenen
originellen Idee des Verfassers in die Blätter desselben immer charakteristi-
sche Vertreter der wesentlichen Tiergruppen gesetzt sind.
Das Büchlein ist flott und gemeinverständlich geschrieben , allerdings
vollständig im Fahrwasser des Monismus. Für Laien, die sich darüber unter-
richten wollen, sei es aufs beste empfohlen. Buschan- Stettin.
135. W. Volz: Über das geologische Alter des Pithecanthropus
erectus Dub. Globus 1907. Bd. XCII, Nr. 21, S. 341—342.
Gelegentlich einer Forschungsreise in den Jahren 1904/1906 zur Unter-
suchung der Vulkane und des Gebirgsbaues von Sumatra studierte Verfasser
auch die Fundstelle des Pithecanthropus auf Java.
Die betreffenden Knochenreste wurden im Bette des Solo- Flusses bei
Trinil in den unteren Schichten der andasitischen, sandsteinartigen Tuffe, den
Produkten des noch schwach tätigen Vulkans Lawu-Kukusan, auf altpliooänen
Breccien gefunden. Durch Vergleich dieses Vulkans mit anderen Vulkanen
A. Referate. Urgeschichte. 101T
auf Jaya und Sumatra kommt Verfasser bezüglich das Alters des ersteren
zu dem Resultat, daß er zu den jüngeren Vulkanen zu rechnen ist: der
Kukusan muß höchstens als altdiluvial, der I^awu als weit jünger angesehen
werden; dementsprechend können ihre Tuffe höchstens altdiluvialen Alters
sein. Aus der Gestaltung des heutigen Solo- Flusses schließt Volz dann weiter,
daß die Lagen mit Pithecanthropus keineswegs älter als altdiluvial, aber auch
nicht jünger als jungdiluvial sind, voraussichtlich also dem mittleren Diluvium
angehören müssen. Hiermit stimmt noch der Gesamtcharakter der Fauna sehr
gut überein.
Es besteht für Volz kein Zweifel, daß der Pithecanthropus, den er für
einen fossilen Menschenaffen ansieht, und der Diluvial-Urmensch in Indonesien
gleichzeitig noch zusammen lebten, der erstere aber bei „seinem Ringen nach
höherer Entwickelung a unterlag. Buschan- Stettin.
136. Th. Arldt: Paläographisches zum Stammbaum des Menschen.
Zeitschr. f. Morphol. u. Authrop. 1907. Bd.X, Heft 2, S. 203— 215.
Arldt stellt einige recht interessante Tatsachenreihen aus Geologie und
Paläontologie, besonders Paläontologie der Säugetiere zusammen, die vor
allem zeigen — wenigstens möchte Referent das betonen — , daß alle Ver-
suche, den Ort der Menschwerdung und die allererste Men sehen ausbreit ung
zu erweisen, noch ebenso vollständig hypothetisch und unhaltbar sind, wie
die für den Ursitz der Amphibien und Reptilien. Von diesen an ausholend
und flocht ig zusammenstellend, was wir von Carbon- und Perm- usw. Konti-
nenten kennen, verlegt Verfasser das Entstehungszentrum der Primaten nach
dem in der Mitte der Kreidezeit isolierten nordamerikanischen Kontinent, von
dem aus gegen Ende dieser Zeit die Formen sich spezialisierend ausbreiteten.
Dabei würden die fossilen Halbaffen sich zunächst in Nordamerika, die
Schmalnasen in Eurasien, die Breitnasen in Südamerika, die Halbaffen in
Afrika ausgebreitet haben.
Endlich auf die Menschwerdung übergehend, setzt Verfasser diese, auch
wenn die tertiären Eolithen als noch nicht einwandfrei angenommen werden,
als sicher in das Tertiär, da schon in tertiär-diluvialen Übergangsschichten
Südamerikas Menschenreste gefunden sind ; es dürfte aber die Annahme einer
Entstehung im Pliocän genügen. Verfasser stellt sich örtlich und kausal
diese folgendermaßen vor. Zu Beginn der Pliocänzeit erhoben sich die Höhen
des tibetanischen Hochlandes und der indischen Gebirge, die Verhältnisse
dieser Gegenden völlig ändernd, die vorher der südlichen Nachbarschaft ähn-
lich waren. Dadurch könnte einer der hier zahlreichen Anthropoidenstämme
am Rückzuge in die tropischen Gegenden gehindert und bei dem jetzt inten-
siven Kampf ums Dasein hochgezüchtet worden sein. Im Pliocän gelangten
dann zahlreiche Säugetierfamilien und Pflanzenformen von hier aus nach Europa
und nach Afrika, mit diesen der Mensch.
Die in der Pliocänzeit schon über Asien nach Nordamerika gelangenden
Menschen wurden dann diluvial durch das Inlandeis von der übrigen Mensch-
heit getrennt, allerdings können auch später wieder Menschen denselben Weg
eingewandert sein. E. Fischer-Freiburg u B.
137 • J. de Morgan: Note sur Pincertitude de la Chronologie relative
des faits prehistoriques. L'Anthropologie 1907, toine XVIII,
p. 380—382.
An Beispielen aus Nordafrika und Vorderasien wird zu zeigen versucht,
daß die Einteilung der älteren Steinzeit oft eine willkürliche, weil auf Ver-
HO A. Referate. Urgeschichte.
mengung der Anschwemmungen beruhende sei. Wenn dies auch zweifellos
an manchen Fundstätten der Fall ist, so müssen wir doch an einer langsam
fortschreitenden, über ungeheure Zeiträume sich erstreckenden Vervollkomm-
nung der ältesten Steingeräte festhalten. Ludwig WUser-Htidelberg.
138. Em. de Munck : Les alluvions ä Eolithes de la terrasse supe-
rieur de la vallee l'Ourthe. Bull, de la Soc beige de geologie
1907. Tome XXI.
Apres avoir explore les rägions de Henri -Chapelle, Battice, Fleron,
Chaudfontaine et les alluvions de la. haute terrasse de la vallee de la Meuse,
Mr. de Munck a explore le basein de l'Ourthe. 500 m au N.-E. du hameau
de Gonhir (Boncelles) une coupe observee dans une cariiere de sable situee
ä Ougree et dont Mr. de Munck numerote les differents depots de 1 ä 8, il
a trouve dans le depöt 2 forme de limon des pentes ä quartz rouläs, un cou«
teau et un fragment de hacbe polie; dans le depöt 7 forme de gravier ä
rognons et eclats de silex plus ou moins roules et melangäs ä du sable, des
Eolithes un peu rouläs et d'autres non roules ä retouches tres nettes et parmi
lesquels il signale des racloirs, des perpoirs, des percuteurs, de helles et grosses
enclumes, des eclats d'enclumes avec bulbes de percussion, des rognons ayant
servi de percuteurs et en suite de racloirs, un grattoir-rabot bien retouche et
de petites laroes aux tranchants ebräches. Altitude 260 m. — Au S. du hameau
de Monchamp ä Beaufays, une coupe de 9 depots differents, observee dans
une fondation de maison, a donn6 dans la couche 9 formee de conglomerats ä
rognons et ä eclats de silex m&anges ä de la glaise, des Eolithes plus ou
moins roules: percuteurs, grattoirs simple et ä encoches. Altitude 280 m. —
Un affleurement de conglomerat ä rognons et ä eclats de silex melanges ä
de la glaise, situe au S-0. du hameau precite, a donne quelques Eolithes non
roules. L'auteur n'a pas continue les recherches parceque la position de la
couche ne lui donnait pas tous les appaisements voulus pour l'identification
des Eolithes trouv6s. — Le Ry de Gobry, qui coule des hauteurs de Beaufays,
a donne des Eolithes: percuteurs, racloirs et percoirs; ces Eolithes proviennent
du haut plateau de Beaufays. Mr.de Munck fait observer que les eaux cou-
rantes, bien loin que de faire des Eolithes, dötruisent tous les caracteres des
vrais Eolithes en les roulant et que les pieces trouvees en place sont toujours
plus helles et plus nombreuses que celles charriees dans les ruisseaux. — Un
gisement d'Eolithes ä Tilff, signale* par Mr. E. Rahir, a et6 observe et a
donne des eclats tranchants, des racloirs, des grattoirs, etc., non roules et,
d* apres Mr. de Munck, utilises sur place ä partir de la derniere periode du
Pliocene; leur position statigraphique leur assigne un age beaucoup moins
ancien que celui des Eolithes trouv^s ä Gonhir et a Beaufays. Une coupe
transversale de la vallee de l'Ourthe et une legende explicative figurent dans
le texte. Doudou et Vandebosch-Seraing (Belgique).
139. Em« de Munck : Les Eolithes des Hautes Fagnes de Belgique
et d'Allemagne. Bull, de la Soc. beige de geologie 1907.
Tome XXV.
La suite des recherches de Mr. de Munck prouve que l'aire de dis-
persion des silex eolithiques, dans les Hautes Fagnes, a une etendue plus grande
que celle qu'il indiquait ä la suite de ses premieres explorations. Mr. de Munck
a explore uu depöt de graviore 6itue le long de la rive beige de l'Eau- Rouge
a 150 m au N. du pont de la route de Foncorchamps ä Malmedy. Ce dep6t
A. Referate. Urgeschichte. 111
renferme des cailloux de roches primaires et des silex; certains de ces silex
.portent des traces de percussion profondes, caracteristiques et des ebrechures
r6gulierement disposees d'un meine cot6 de leurs bords ; malgre qu'ils ont ete
roules,Mr.de Munck dit qu'il serait difficile nier leur utilisation par l'bomine.
Le lit de TEau-Rouge contient des äolithes arrives lä par le charriage des
eaux; mais on ne peut admettre que la faible distance du transport — 4 l / 2 km
des bautes plateaux — et le faible debit des petits affluents de l\Eau- Rouge,
aient produit les retouches que präsentent ces silex. Pendant les grandes
crues m&me, Mr.de Munck n'a pu constater aucun entrechoquement süffisant
pour eclater des silex et, jusqu'ä preuve du contraire, il considere les pieces
recueillies comme etant des eolithes parfaits. Dans la vallee de la Hoegue,
Mr.de Munck a trouve* des silex analogues aux precedents, ä 5 7a km de la
source du ruisseau qui se trouve pres de la chapelle de Fischbach et de la
Baraque Michel oü l'auteur trouva, il y a deux ans, ses premiers eolithes
non roules et bien en place. Kotre prehistorien a ansei trouve quelques
eolithes dans la grande tranohee du chemin de fer ä Hockai, sur le haute plateau
de Cronchamps a environ 235 m au dessus du niveau de FEau- Rouge et ä
2 l /2 km seulement du gisement de PEau-Rouge. A Xhoffraix (Allemagne),
profitant de 2 trauendes creusees ä une profondeur de 1 m a 1,25 m, Mr.de
Munck, sur des roches primaires decompos6es en place et sous un depöt
tourbeux protecteur et vierge de tout remaniement moderne, notre chercheur
a trouve des silex dont les retouches sont d'autant plus intentionelles que les
causes naturelles qui peuvent etre invoquees comme pouvant produire ces
retouches manquant totalement. Mr.de Munck dit que les silex non rouläs
de Xhoffraix portent des retouches parfois tres fines, reguüeres et qu'ils ont
conserv^ toute leur nettete primitive. Sur le plateau de Malcbamps ä 57.0 m
d'altitude, Mr.de Munck a rencontre un lit de silex recouvert cTune legere
couche de tourbe; ces silex sont d'une texture assez grossiere et ont des
arretes peu tranchantes. Mr. de Munck n'y a recontre aucun ^olithe bien
caracterise et il conclut que l'homme prebistorique n'a s^journe que lä oü le
tapis de silex pouvait lui donner une matiere premiere utilisable et dedaignait
les lieux ne contenant que des silex de nature defectuense. Pour terminer
son etude, Mr.de Munck convie tous ceux qui s'interessent ä la question des
eolithes ä etudier les series de silex provenant de ses recherches au Musee
d'Histoire natuielle de Bruxelles oü ils se trouvent depo ses.
Boudou et Vandebosch-Serairtg sur-Meuse (Belgique).
140. S. Arabrosiani : Odinskultcns h&rkomst (Herkunft der Wodans-
yerehrung). Stockholm, J. Cederquist, 1907.
Wie es ein Fluch der bösen Tat ist, daß sie „fortzeugend Böses muß
gebären", so führen auch wissenschaftliche Irrlehren zu immer neuen Fehl-
schlüssen, bis schließlich ein wahrer Rattenkönig von Irrtümern entsteht. Salin s
verfehlte Ansicht, im dritten Jahrhundert habe sich ein mächtiger Kultur-
strom von der Nordküste des Schwarzen Meeres nach Skandinavien ergossen
(von mir andernorts, z. B. in „ Deutsche Kunst und Dekoration u , Bd. VII,
S. 12, eingehend und sachlich widerlegt), hat von Friesens noch verkehrtere
Ableitung der Runen aus der spätgriechischen Kursivschrift (von mir gleich-
falls in allen Einzelheiten als unmöglich gekennzeichnet, „Zur Runenkunde u ,
Leipzig und Wien, Akad. Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1905), diese
wieder die obengenannte, aus zwei Vorträgen in der Gesellschaft für nordi-
sche Sprachforschung zu Stockholm und im Verein Nord zu Upsala ent-
standene Schrift nach sich gezogen. Des Pudels Kern ist, die Verehrung des
112 A. Referate. Urgeschichte.
römischen Kaisers als oberster Gottheit sei von germanischen Kriegsleuten
nach dem Norden verpflanzt und von ihren Volksgenossen angenommen worden.
Von allem anderen abgesehen, spricht dagegen schon der Name Wodan (Odin
ist die jüngere nordische Form mit Verlust des anlautenden w), der nach dem
englischen Wednesday älter ist als die Auswanderung der Angelsachsen nach
Britannien und auch schon in der schwäbischen Runeninschrift der größeren
Nordendorfer Spange aus dem 4. Jahrhundert (die jüngste der mitbestatteten
Münzen ist von Valens, 378) vorkommt. Wodan war der höchste, schon von
Tacitus mit Mercurius bezeichnete Gott der Germanen. In mehr als will-
kürlicher, geradezu irrtümlicher Weise wird das Svithiod, Schwedenvolk, der
Heiinskringla als „Südrußland" erklärt. Die nordischen Goldbrakteaten wurden
freilich zuerst römischen Kaisermünzen nachgebildet, später aber mehr selbst-
ständig gestaltet und zum Teil mit den durch ihre heiligen Tiere gekenn-
zeichneten Bildern von Wodan und Thonar geschmückt. Die sehr hübsch
ausgestattete Schrift, die demnach aber nichts zum Verständnis der germani-
schen Götterverehrung beiträgt, ist am Schlüsse für des Schwedischen un-
kundige Leser mit einem kurzen Auszug in nicht einwandfreiem Deutsch
versehen. Ludwig Wilser-Heidelberg.
141. L. Manouvrier: Les cr&nes et ossements du dolme de Henou-
ville (Seine- et -Oise). Bull, et Mein, de la Soc. d'anthropol. de
Paris 1907. Tome VIII, p. 168—174.
Der Dolmen von Menouville, ein gedeckter Gang, wurde von Toujon
und Lemaire in den Jahren 1902/1903 ausgegraben. Er enthielt nach
Schätzung mindestens 50 Leichen ; an einigen Skelettresten waren die Spuren
einer Trepanation und anderer chirurgischer Eingriffe wahrnehmbar. Ver-
fasser teilt von einer Reihe Skelette die Maße mit. welche ihm an den Röhren-
knochen (Femur, Humerus, ganz vereinzelt auch Radius und Ulna), sowie den
Schädeln zu nehmen möglich war; wegen der Einzelheiten sei auf die Arbeit
selbst verwiesen. An den Oberschenkelknochen war die Platymerie allgemein
und in sehr ausgesprochenem Grade vorhanden. Er versucht auch aus den
Längen der verschiedenen Röhrenknochen die mutmaßliche Körperlänge zu
rekonstruieren. Für die (10) Männer findet er eine durchschnittliche Länge
von 1594, für die (7) Frauen eine solche von 1502 mm. Es scheint hiernach
die Bevölkerung von Menouville von kleiner Statur gewesen zu sein, wie sich
dies für die Neolithiker des Seinetales (sowie die des Maasbeckens) schon
herausgestellt hat. — Von den Schädeln konnten 16 nach ihrem Kephalindex
bestimmt werden: 6 waren dolichokephal, 5 mesokephal und ebensoviel brachy-
kephal. Die männlichen Schädel neigten mehr zur Langköpfigkeit.
Buschan-Stdtin.
142. L. Siret: A propos de poteries pseudo-myceniennes. L' Anthro-
pologie 1907. Tome XVIII, p. 277—299.
Die iberische Halbinsel ist nach des Verfassers Ansicht in der neueren
Steinzeit von den Phönikern, die deren Metallschätze ausbeuteten, beeinflußt
worden. Bemerkenswert, weil der noch immer weitverbreiteten Auffassung,
die Bronzekultur stamme aus dem Morgenlande, zuwiderlaufend, sind die
Worte Über den Eintritt des neuen Zeitalters: „Der Wechsel ist plötzlich und
gründlich gewesen; ich schreibe ihn einer mächtigen Einwanderung zu, die
im 12. oder 11. Jahrhundert aus dem Herzen Europas gekommen war."
Wenn man auch darüber wird streiten können, ob in Spanien die Bronzezeit
A. Referate. Urgeschichte. 113
wirklich so spät begonnen und die Steinzeit alles und jedes phönikischem
Einfluß zu verdanken hat, so muß man doch folgendem Satz unbedingt bei-
stimmen: „Auf die überredende Macht des phönikischen Handels folgt der
kriegerische Geist der keltischen Völker." Die bronzezeitliche Töpferei ist
von der stein zeitlichen vollkommen verschieden und zeigt dagegen die größte
Übereinstimmung mit derjenigen der Pfahlbauten aus der Bronze- und der
gallischen Friedhöfe aus der Eisenzeit: „Sie ist gleichfalls mit dem Kultur-
strome gekommen, der in ganz Westeuropa der Steinzeit ein Ende gemacht
hat und im übrigen mit so manchen anderen aus der Geschichte bekannten
Völkerwanderungen zusammenfällt. u Das Land war in dieser Zeit „durch-
aus europäisch, seine Eeltisierung war eine vollständige tt . Später machten
sich dann wieder südliche und östliche Einflüsse geltend durch die karthagi-
schen und griechischen Pflanzstädte, die schließlich der Römerherrschaft
unterlagen. Die von den Puniern wieder eingeführte bemalte Töpferware
ist es hauptsächlich, die von dem Verfasser ^peeudo-niykenisch" genannt
wird; für die karthagische Herkunft spricht ihm besonders ein oft wieder-
kehrendes Sinnbild, nämlich ein Vogel im Kampfe mit einer Schlange. Die
römische Zeit ist dann durch Terra sigillata, manchmal mit keltiberischen
Inschriften, gekennzeichnet. Auf die Römerherrschaft folgte die germanischer
Völker, insbesondere der Westgoten, die in spanischer Erde gleichfalls Er-
innerungen in Gestalt von Schmuckstücken germanischen Stils zurückgelassen
haben. Die gedankenreiche, mit vielen Abbildungen versehene Abhandlung
wirkt in mancher Hinsicht belehrend und anregend.
Ludwig Witeer-Heidelberg.
143. R. Campbell Thompson: An Assyrian incantation against
ghosts. Proceedings of the Society of Biblical Arcbaeology
1906. Vol. XXVIII, p. 219—227.
Der Artikel bringt die Besprechung und Übersetzung eines Textes, in
dem es sich handelt um die Abwehr eines Geistes, der den Lebenden belästigt,
und in dem ein unbegrabener Bruder, Schwester, Vater oder Mutter vermutet
werden. Außer Beschwörungen werden auch „Handlungen" vorgenommen:
Stricke gedreht, siebenfach geknotet, mit allerlei besprengt, z. B. mit Erde
von einem alten Grabe usw. Zwei Figuren werden hergestellt, eine den
Toten, die andere den Lebenden darstellend, erstere wird begraben, letztere
mit Wasser und Öl gereinigt und in die Sonne gelegt usf.
Messerschmidi-Berlin.
144. Heinrich Zimmern: Zum babylonischen Neujahrsfest. Berichte
d. philolog. - histor. Klasse d. Königl. Sächsischen Gesellschaft
d. Wissenschaften zu Leipzig 1906. Bd. LVIII, S. 126 — 156.
Das babylonische Neujahrsfest hat nicht nur innerhalb Babyloniens eine
hervorragende Wichtigkeit besessen, sondern auch nach außen hin in den
verschiedensten Richtungen weitgehende Einflüsse ausgeübt. Es ist daher zu
begrüßen, daß Verfasser in diesem Aufsatze eine Reihe interessanter Texte
übersetzt und bespricht, aus denen sich wichtige Streiflichter auf die mit
diesem Fest zusammenhängenden Mythen und mimischen wie kultischen
Handlungen im Verlaufe der Festfeier ergeben. Messersehmidt-Berlin.
Zentralblatt für Anthropologie. 1006.
114 B. Literatur-Übersicht des Jahres 1907
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Berlin. Prof. Dr. Karl Schuchhardt, bisheriger Direktor des Kestner-
Museums in Hannover, wurde zum Direktor der prähistorischen Abteilung des kgl.
Museums für Völkerkunde ernannt. — Dr. Alfred Götze, Direktorialassistent an
der gleichen Abteiluug, erhielt den Professortitel.
München. Als Leiter der ethnographischen Sammlungen des kgl. Hof-
museums wurde — ein Sanskritforscher, Prof. Dr. Scherraan in München, berufen.
Dieser Fall gibt zu denken. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß die kgl. bayer.
Regierung ihre völkerkundlichen Staatssammlungen für so minderwertig erachtet,
daß sie deren Fortführung einem Laien anvertraut. Denn ein solcher ist Herr
Scherman auf dem Gebiete der Ethnologie trotz seiner großen Verdienste als
Orientalist und Sprachforscher. Vielmehr scheint es im ganzen Deutschen Reiche
keinen Ethnologen von Fach zu geben, der an Buchners Stelle treten könnte.
Diese Tatsache (?) dürfte um so mehr Grund sein, Lehrstühle für Völkerkunde an
deutschen Universitäten schleunigst zu begründen, auf denen geeignete Kräfte heran-
gebildet werden.
Paris. Der Lehrstuhl für amerikanische Altertümer am College de France,
der seit dem Tode Leon Lejeals unbesetzt war, wurde Prof. Dr. Capitan
übertragen.
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. y. Luschan, H. Seger, G. Thilenius
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 3. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeinem, Methoden*
145. Beddoe:. The estimatioii of skull - capacity by a peripheral
method. Zeitschr. f. Ethnol. 1907. Bd. XXXIX, S. 695—701.
Die von Beddoe vorgeschlagenen Verfahren sind die folgenden: Um
den Kubikinhalt des skelettierten Kopfes festzustellen, multipliziert er
Vs Horizontalumfang, l / 8 Sagittalbogen und V 2 Transversalbogen, und sub-
trahiert von dem Produkt 0,3 Proz. für jeden Grad, um welchen der Längen-
breitenindex kleiner ist als 82. — Der Hovizontalumfang wird über der
Glabella, der Sagittalbogen vom Nasion zum Zentrum des Inion, der Trans-
versalbogen vom Mittelpunkt des einen äußeren Gehörganges zu dem des
anderen (über das Bregma) genommen. — Das so erhaltene Resultat soll um
3 Proz. geringer als das mittels direkter Messung bei Anwendung von Brocas
Methode gewonnene sein, aber größer als die nach Welcker und Ranke
erhaltenen Meßwerte. — Um den Kubikinhalt des nicht skelettierten Kopfes
zu bestimmen, wird das Produkt aus je einem Dritteil der drei oben genannten
Bogen (des Kopfes) durch 2000 dividiert und zu den Quotienten 0,3 Proz.
für jeden Grad des Kopfindex zwischen 50 und 82 addiert. — Tabellen
erläutern die Sicherheit der Ergebnisse im Vergleich zu ähnlichen Versuchen
von Manouvrier, Welcker, Pelletier, Lee, Pearson; leider werden nur
immer Mittelwerte verglichen, so daß man sich von den Einzelfällen keine
Vorstellung zu bilden vermag. P. Bartels-Berlin.
11. Anthropologie.
146. Witold Schreiber: Über die Deviation der anatomischen von
der geometrischen Medianebene des menschlichen Schädels in
bezug auf die Biauriöularlinie. Archiv f. Antbropol. 1907.
N. F. Bd. VI, S. 256—269.
An 60 Schädeln untersuchte Verfasser die, wie bekannt, bei jedem
Schädel vorhandene sagittale Asymmetrie mit Hilfe eines eigenen Apparates,
eines ähnlich dem Spen gel sehen Zeichentisch gebauten Kubus und des
etwas modifizierten Dioptrographen von Martin. An sämtlichen Schädeln
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 9
130
A. Referate. Anthropologie.
fand sich eine Abweichung der anatomischen Mediaoebene von der geome-
trischen, entweder nach der linken oder nach der fechten oder nach beiden
Seiten hin; linksseitige Abweichung kam am häufigsten zur Beobachtung.
Es konnte weder ein Einfluß der Rasse noch ein solcher der Schädelform
festgestellt werden. Die Medianpunkte der Schädelbasis zeigten die geringste,
die des Gewölbes die größte Neigung zur Deviation; die des Gesichtes stehen
zwischen beiden; am häufigsten kam eine Abweichung des Bregmapunktes,
am seltensten die des Staphylion (v. Török = Spitze der -Spina nas. post.)
zur Beobachtung. Über die Richtung der Deviation der einzelnen anato-
mischen Punkte ließ sich keine Regel aufstellen. — Mit Recht meint Ver-
fasser, daß zur Erforschung der Ursachen der Deviation und somit auch der
Asymmetrie die Berücksichtigung physiologischer (und pathologischer! Ref.)
Gesichtspunkte notwendig sei. P. Bartels-Berlin.
147. Aldrobandino Mochi: La circonferenza cefalica in rapporto
alla statura, al profltto scolastico ed alla intelligeüza. Estr.
delle Richerche e studi di psich., neurol., antropol. e filos. dedi-
cati al Prof. Enrico Morselli, nei XXV. annivers. del suo
insegnainento. 7. 8. Milano, Fr. Vallardi, 1906.
Studie über die Beziehungen von Kopf umfang zur Körpergröße und
Intelligenz bei 275 Knaben der 5. Elementarklasse der städtischen Schulen
von Florenz.
Der Kopf umfang schwankte innerhalb weiter Grenzen, zwischen 481
und 570 mm (im Mittel 520 mm), ebenso die Körpergröße zwischen 118 und
163 cm; Alter und Körperentwickelung waren gleichfalls sehr verschieden.
Hinsichtlich ihrer Leistungen untersuchte Verfasser die sehr intelligenten «nd
intelligenten Kinder auf der einen (I) und die „negativen" und mangelhaft
begabten Kinder auf der anderen (II) Seite. Dieselben verteilen sich auf die
einzelnen Serien des Kopfumfanges wie folgt:
Umfang ! | JJJo
491
—500
501 1 511
—510 | —520
521
—530
531
—540
541
—550
551
—560
561
—570
Gruppe I . . .
Gruppe II . . .
1
5
3
9
5
8
23
20
14
8
10
8
4
1
1
Unter den Knaben von höherer Intelligenz kommen demnach größere
Schädelumfänge als unter den wenig begabten vor.
Auf die Serien der Körperlänge verteilen sich die beiden Gruppen wieder-
um folgendermaßen:
™- !-m
124
—127
128
—131
132 i 136 i 140 j 144
— 1 35 1 — 1 39 j — 1 43 j — 1 47
148 | 152
— 151—155
156
—159
160
-»-163
Gruppe I . j 1
Gruppe II . 1 —
3
2
11
6
10 | 22 7 ' 5
11 8 ' 8 1 9
1 i !
10
3
1
1
2
Hiernach zu schließen, häufen sich die hohen Zahlen der Körperlänge
keineswegs unter den Intelligenten ; vielmehr kann man gerade das Gegenteil
behaupten — ein neuer Beweis für die vom Referenten durch zahlreiche
andere Beispiele gestützte Behauptung, daß zwischen Intelligenz und Schädel-
größe feste Beziehungen bestehen, die nicht unter Zuhilfenahme der Körper-
lauge eich erklären lassen. Buschan- Stettin.
A. Referate. Anthropologie. 131
148. Lomer: Sch&delmafi und Beruf. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie
1907. Bd. LX1V, Heft 4.
Unter Berücksichtigung des Satzes, daß der größeren Intelligenz der
größere Schädel entspreche, hat Lomer mit Ausschluß der das Resultat
trübenden Elemente (Rachitis, Hydrocephalus) das Material der Anstalt
Tapiau — 210 „ geistesgesunde u körperliche Sieche, 382 geisteskranke Pfleg-
linge, 58 verbrecherische Irre — verarbeitet. Die in der Hauptsache den unteren
Volksklassen angehörenden Elemente teilt er in Arbeiter, Handwerker,
Bauern, Kaufleute, Beamte, Gelehrte, Berufslose. Gemessen wurden Kopf-
umfang, Quer- und Längsbogen, Quer- und Längsdurchmesser. Es ergab
sich, daß die Maße bei den Arbeitern überall die geringsten aller Berufs-
klassen, auffallend groß — in bezug auf Kopf umfang am größten — die der
Bauern waren. Es fiel auf, daß der Kopfumfang bei den geisteskranken
Handwerkern ( — 1,4 cm) und Bauern größer war als bei den „geistes-
gesunden u . Ähnlich findet sich für die Quer- und Längsbogen, daß die „ge-
sunden" Arbeiter am niedrigsten stehen, die geisteskranken Arbeiter
diese jedoch, sowie auch die geisteskranken Handwerker und Bauern über-
treffen. In bezug auf Längs- und Querdurchmesser stehen die gesunden
Bauern wieder an erster Stelle, bei den geisteskranken Bauern sind die Maße
fast durchgehend höhere. Gerade das Prävalieren der Schädelmaße der
Geisteskranken vor denen der Gesunden muß als auffallend bezeichnet werden.
Ferner sind charakteristisch die großen Maße der Bauern und die kleinen der
Arbeiter. — Von den 650 Schädeln waren nur 162 mesokephal, die übrigen
brachykephal (die Indices gehen von 78,95 bis 83,87); die Bauern hatten den
kleinsten, die Gelehrten den größten Index. Eine irgendwie eindeutige Reihen-
folge der Indices ließ sich nicht aufstellen, dafür ist die Untersuchungsreihe,
wie Verfasser selbst zugibt, zu klein. Dr. Kellner- Untergöltzsch.
149. W. L« H. Duekworth: An accouut of certain anomalous con-
ditions of the cerebrum. Zeitschr. für Morphol. u. Anthropol.
1907. Bd. X, S. 353.
Im Studium der Monstrositäten haben wir es noch nicht weit gebracht;
über die Ursachen unvollzogener oder gehemmter embryonaler Ausbildung
wissen wir eigentlich gar nichts. Es mag sein, daß diesen jede Gesetzmäßigkeit
mangelt, indessen dürfte auch der Gedanke nicht zurückzuweisen sein, daß
die verschiedenen an einem Fötus hervortretenden Anomalien durch einen
Causalnexus verbunden sind. Hier Klarheit zu schaffen, wird nur auf Grund
eines sehr großen Materials möglich sein; die einzelne Beobachtung kann nur
den Wert von Bausteinen haben. Solche Bausteine, speziell für das Gehirn
bei anomalen nicht lebensfähigen Föten, bringt Duekworth.
1. Fall: Mangelnder Nervus opticus, fehlender vorderer Teil des Rhinen-
cephalon, anomaler reduzierter hinterer Teil. 2. Fall: Hydrocephalus und
Reduktion des Rhinencephalon. 3. Fall: Zyklopisches Auge, ungeteilte Hemi-
sphären, fehlendes Rhinencephalon. 4. Fall: Anencephalus. Dieser scheint
mir besonders interessant, da auch die Medulla vollständig fehlte und trotz-
dem die Muskeln der Extremitäten und ihre Nervenplexus wohl entwickelt
sind; solche Anomalien werden uns in Zukunft vielleicht zu wichtigen Schlüssen
führen, welche die Wichtigkeit solcher Studien für die Biologie, speziell auch
für die Physiologie erweisen würden.
Alle Fälle werden sehr eingehend, zum Teil auch nach mikroskopischen
Untersuchungen beschrieben, eine ausgebreitete Literatur ähnlicher Fälle
herangezogen und sogar Vergleichungen dieser Entwicklungshemmungen
9*
132 A. Referate. Anthropologie.
mit dem normalen Bau niederer Tiere angestellt, deren Zweck mir bei patho-
logischen Bildungen nicht einleuchtet. Aber es werden im zweiten Teil dieser
Arbeit nicht nur die Abweichungen am Gehirn, sondern alle sonst an oder
im Körper der Föten gefundenen Anomalien erwähnt, und man muß staunen
über die Koinzidenz vieler Monstrositäten, von denen wir nicht einsehen
können, daß sie irgend ein Causalnexus verbindet. Es ist eben dieses Zu-
sammentreffen, z. B. von Abweichungen am Rhinencephalon mit Rechts-Fingerig-
keit und Anus imperforatus , welches die Befürchtung erregt, daß wir wohl
niemals zu einer uns befriedigenden Erklärung gelangen werden. Die aus-
gebreitete Literaturübersicht werden Interessenten freudig begrüßen.
J. H. F. Kohlbrugge-Utreeht.
150. W. H. Duckworth: A noto on the dentition of some New
Guinea skulls. Trans, of the Odontolog. Soc. of Great Biitaiu
1907. Januaiy, p. 1—8.
Vorführung in Wort und Bild (14 Abb.) einer Reihe von Zahnanomalien
an Schädeln (nicht allein aus Neu- Guinea, wie der Titel besagt) in der
Sammlung der Universität Cambridge. Die Fälle betreffen: Beiderseitiges
Diastema (zwischen Caninus und Incisivus later.) an dem Oberkiefer eines
Neu -Guinea -Insulaners und eines Europäers, Fehlen des dritten oberen
Molaris an zwei Neu- Guineaschädeln (unter 137 Schädeln der gleichen
Herkunft dieser Anomalie in 10,7 Proz. anzunehmen, in 5 Proz. sicher nach-
weisbar), das Vorkommen von einem überzähligen Zahn am Gaumen eines
alten Ägypters, sowie den Durchbruch eines Zahnes in die Fossa nasalis an
zwei Schädeln aus Neu-Britannien, ungewöhnliche Stellung (Durchbruch durch
die Gesichtsfläohe des Oberkiefers) des Caninus an dem Schädel eines Süd-
Australiers und eines alten Peruaners, einen ähnlichen Durchbruch des zweiten
Prämolaris an einem Orang-Utanschädel, Zwillingsbildung (Gemination) des
dritten Molaren an einem Orang-Utanschädel, sowie an dem eines alten
Peruaners, Vorhandensein eines überzähligen Molarzahnes beiderseits am
Unterkiefer des Orang, sowie endlich eines überzähligen stiftähnlichen Zahnes
zwischen oberem zweiten Prämolaris und ersten Molaris am Schädel eines
Schimpansen. Busehan-Stetlin.
151. Hans Virchow: Ein menschliches Gebiß mit ungewöhnlich
langen Zahnwurzeln. Zeitschr. f. Ethnol. 1907. Bd. XXXIX,
S. 747—749; 1 Abb.
Beschreibung eines vom Berliner Präpariersaale gewonnenen Restes, an
dem die Zähne, soweit noch vorhanden, eine ganz enorme Länge der Wurzeln
erkennen ließen; Maßangaben und zwei sehr deutliche Abbildungen, welche
die Zähne mit den Wurzeln in situ, nach Aufmeißelung der Alveolen, zeigen,
sind beigefügt. Nähere Angaben über den Schädel konnten nicht gemacht
werden. P. Bartels-Berlin.
152. Hans Virchow: Zwei Diapositive von hohlen Eckzähnen von
Anthropoiden. Zeitschr. f. Ethnol. 1907. Bd. XXXIX, S. 749
—752; 2 Abb.
Die Bilder zeigen ein Obergebiß eines Orang mit hohlem linken Eckzahn
und ein Untergebiß eines Schimpansen mit hohlem linken Eckzahn. Die
Öffnungen sind rundlich und besonders am ersteren an den Rändern nach-
träglich noch abgeschliffen. Verfasser demonstriert diese Befunde in der
Absicht, gegen die Deutung derartiger Löcher in Tierzähnen als menschlicher
A. Referate. Anthropologie. 133
Artefakte, wie sie von Favreau kürzlich mit Bezug auf einen ähnlichen
Fund, einen Ecksahn des Höhlenbären aus der Einhornhöhle, versucht wurde,
Verwahrung einzulegen; er hält im vorliegenden Falle für die Ursache das
Abspringen der Zahnspitze beim Aufbeißen auf einen harten Gegenstand, will
aber damit die Möglichkeit des Vorkommens von Caries bei wild lebenden
Tieren nicht ausschließen. P. Bartels-Berlin.
158. Rudolf Hermann: Über das Vorkommen hohler Z&hne bei
fossilen und lebenden Tieren. Sitz.-Ber. d. Ges. Naturf. Freunde
z. Berlin 1907. S. 195—201; 5 Abb.
154. Rudolf Hermann: Weitere Beobachtungen über Zahndefekte
bei fossilen und lebenden Tieren. Ebenda». S. 284 — 288;
2 Abb.
"Wie in der soeben besprochenen Mitteilung von H. Virchow, so wird
auch in diesen beiden Aufsätzen die Frage des Vorkommens hohler Zähne
bei wilden Tieren behandelt im Hinblick auf das praktisch - diagnostische
Interesse, welches derartige Funde dem Archäologen bieten, und wofür der
von Favreau in der Einhornhöhle gefundene hohle Eckzahn des Höhlen-
bären, den er als menschliches Artefakt gedeutet hatte, ein Beispiel bildet.
Hermann konnte bei Durchsicht der Berliner Sammlung eine ganze
Reihe von hohlen Zähnen wilder Tiere, sowohl rezenter wie fossiler, auffinden ;
so von Pyknodonten, von Ursus spelaeus, Ursus priscus, von Hyaena äff.
germinans, Ursus Richardsoni, Meles taxus, vom Orang und Schimpansen, von
Cervus elaphus. Das Hohlwerden der Zähne führt er in den beschriebenen
Fällen zurück teils auf mechanische Ursachen (Verletzungen), teils auf senile
Atrophie der Pulpa und Ausbleiben der Bildung von Ersatzdentin, teils auf
Kombination beider Möglichkeiten. Eine dritte Ursache, die Caries, konnte
(mit Ausnahme- eines gleich zu erwähnenden Falles) nirgends mit Sicherheit
festgestellt werden, und auch in der Literatur ließ sich kein sicherer Fall
von Caries bei wild lebenden Tieren feststellen; die wenigen sehr unbestimmt
beschriebenen Ausnahmen scheinen Menagerietiere betroffen zu haben. Sehr
interessant ist es nun, daß es, wie Verfasser in der zweiten Mitteilung an-
gibt und abbildet, Dr. Stremme gelungen ist, einen cariösen Molarzahn von
Mastodon americanus Cuv. aufzufinden: „er zeigt auf der Kaufläche in dem
zweiten und dritten Querjoch eine tiefe Aushöhlung des Dentins, die von
überragenden Schmelzrändern eingefaßt wird. Die Pulpahöhle liegt noch
nicht bloß. An der proximalen wie an der distalen Seitenfläche des Zahnes
ist gleichfalls je ein ziemlich großer, ungefähr kreisförmiger Defekt sichtbar,
der von tief dunkelbraunem Dentin und etwas heller gefärbtem Schmelz um-
randet wird. Endlich fällt die dunkelbraune Färbung deB Zahnhalses auf,
des Teiles der Wurzel, der über die Alveole hinausragt. Aus diesem Befund
ergibt sich die wichtige Tatsache, daß wir es mit einer cariösen Erkrankung
des Zahnes zu tun haben." Die Abbildung ist leider im Druck undeutlich
ausgefallen, so daß es schwer ist, sich danach ein Urteil zu bilden.
P. Bartels-Berlin.
155. V. Zanolli: Rapport! metrici cranio-raehidei. 40 S. m. Tab.
Padova 1907.
Als Material dienten zwei Serien, eine von je 25 männlichen und weib-
lichen Schädeln aus Bologna, eine zweite von 14 männlichen und 7 weiblichen
Schädeln ans Padua. Hauptaufgabe der Untersuchung war die Feststellung
des Verhältnisses zwischen Schädelinhalt und Flächeninhalt des Hinterhaupt-
134 A.. Referate. Anthropologie.
loches in Beziehung zur Körpergröße. Die Vergleichung der Zahlenwerte
erfolgte, indem nach v. Töröks Methoden, die erfreulicherweise in letzter
Zeit mehr gewürdigt zu werden scheinen (vgl. mein Referat über „Kephal-
index u , Zentralbl. 1906, S. 260), nicht die arithmetischen Mittel, sondern die
für die kleinen, mittleren und großen Wertgruppen für sich ermittelten
Zahlenwerte verglichen werden. Die Feststellung der Zahlenwerte für den
Flächeninhalt des Hinterhauptloches erfolgte nach eigener Methode (Projektion
des Umrisses mittels einer Art Camera obscura und Messung der Umriß-
zeichnung mittels Planimeter); Referent begreift nicht recht, warum Verfasser
nicht den einfacheren Weg der Umrißzeichnung mittels eines der üblichen
Zeichenapparate, etwa des schönen Martin sehen Dioptrographen, eingeschlagen
hat. Die Durchführung der Untersuchung, welche sum Teil polemischer
Natur ist, kann hier nicht geschildert werden. Als Haupt resultat gibt Ver-
fasser an, daß das Verhältnis des Schädelinhaltes zum Flächeninhalt des
Hinterhauptloches mit wachsender Körpergröße abnimmt.
P. Bartels-Berlin.
156. Matteo Marangoni: Ricerche sul perone. Archiv, per Tan-
tropol. e la etnol. 1907. Vol. XXXVII, p. 305—320; 1 Tat
Ein kurzer Auszug aus einer 1904 1905 in Florenz unter Mochi ge-
arbeiteten Dissertation. Das Material bilden 1 1 2 Fibulae der verschiedensten
Herkunft; gemessen wurde: die größte Länge der Fibula und der zugehörigen
Tibia, und der größte sagittale Durchmesser des Capitulum und des Malleolus;
die Verhältniswerte der beiden Längenmaße, sowie der Durchmesser von
Capitulum und Malleolus zur Länge der Fibula werden berechnet und zu
Gruppen vereinigt. Um die Querschnittform zu studieren, verwendet Ver-
fasser dieselbe Methode, welche Fischer hierfür bei seiner Monographie der
Vorderarmknochen vorgeschlagen (offenbar ohne dies zu wissen, denn sonst
wäre wohl ein Zitat nicht unterblieben), indem er mittels Wachs einen dem
Knochen an Jeder beliebigen Stelle anzulegenden Ring formt, der dann aus-
einandergeschnitten und darauf wieder zusammengesetzt und gezeichnet wird.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung, deren Plan vielleicht von vornherein
etwas zu eng begrenzt war, werden hoffentlich noch einmal in ausführlicherer
Form mitgeteilt, begründet und erklärt werden. P. Bartels-Berlin.
157. Stöhr: Über die Schuppenstellung der menschlichen Haare.
Verhandl. d. anatora. Ges. (21. Versammlung, Würzburg) 1907,
S. 153—158.
Stöhr gibt eine äußerst gelungene und interessante Deutung eines be-
sonders glücklichen Fundes und dessen guter Beobachtung. Er fand an einem
Stück durch Mazeration vom Nacken eines viermonatigen menschlichen Fötus
losgelöster Haut eine deutliche Reihenanordnung der Haarkeime. Die Epi-
dermis hatte sich abgelöst, und auf ihrer Unterseite sah man je die Keime
von Dreier- und Fünferhaargruppen. Immer war das mittlere Haupthaar
der Gruppe größer, dazu je zwei bzw. vier verschiedene junge Nebenhaar-
keime, die Fünfergruppen deutlich älter als die Dreier. Nun standen Dreier
und Fünfer regelmäßig alternierend in Querreihen. Wenn man mit Bogen-
linien je die Fünfer verbindet und mit dünnereu jene kreuzenden Bogenlinien
je die Dreier, erhält man ohne jedes Schematisieren eine Abbildung eines
Schuppenkleides; es hat zwei Lagen Schuppen, eine ältere, unter bzw. hinter
deren Schuppen je fünf Haare stehen, und eine jüngere Lage, unter (bzw.
hinter) deren Schuppen je drei Haare stehen. Verfasser zieht den einzig
A. Referate. Anthropologie. 135
möglichen Sehlaß, daß wir hier in der Haarkeimanordnung deutlich die alte
Anordnung des Schuppen k leides unserer reptiloiden Vorfahren zu erblicken
haben. E. Fischer-Freiburg %. B.
158. Sergio Sergi: Sulla disposizione dei capelli intorno alla fronte.
1 Taf. Atti Soc. Rom. di Antropol. 1907. Vol. XIII, p. 71
—86.
Eine eingehende und sorgfältige Untersuchung und Darstellung der ver-
schiedenen Formen, in welchen die Haare, zu Strömen geordnet, an der Stirn-
region vorkommen. Leider fehlt eine genaue Angabe über die Anzahl der
untersuchten Individuen und die numerische Verteilung der Variationen,
welche hoffentlich in einer ausführlicheren Mitteilung nachgetragen werden
wird. Die größte Anzahl der Varianten (welche ohne Abbildungen schwer
zu beschreiben sind und im Original nachgesehen werden müssen), ebenso
gerade die seltensten Formen derselben fanden sich bei Idioten und Schwach-
sinnigen. P. Bartels-Berlin.
159. A. Geyidalli und 6. Benassi: Ricerche salle pieghe palmari.
Contributo allo studio antrop. della mauo. 83 S. mit 4 Taf.
Modena 1906.
160. A. Gevidalli: Cna scheda per lo studio antropologico della
mano. 8 S. u. 1 Schema. Modena 1906.
Untersuchungen über Handabdrücke von 100 Insassen des Irrenhauses
von Reggio-Emiüa; es werden, meist in Anlehnung an die vorhandene Literatur,
mehrere Formen unterschieden; leider fehlt jeder Versuch, vielleicht auch die
Möglichkeit, auf Grund eigener Untersuchungen die Variabilität beim gesunden
Menschen festzustellen und die beobachteten Varietäten auf Grund ver-
gleichender Beobachtungen zu verstehen. — Das in der zweiten Veröffent-
lichung empfohlene Zählblatt ist ein in fünf Rubriken, entsprechend den fünf
Fingern, eingeteiltes Stück Papier, welches außerdem noch Platz für die Abdrücke
der Palma und der Finger, sowie eine Reihe der üblichen vorgedruckten
Fragen zur Vervollständigung des Nationales enthält. P. Bartels-Berlin.
161. Grassl: Das zeitliche Geburtsoptimum. Soziale Medizin und
Hygiene 1907. Bd. II, S. 602—611.
Eine allzu rasche Fruehtfolge ist im allgemeinen schädlich. Von 100
Geborenen, welche innerhalb eines Jahres hinter Geschwistern zur Welt
kamen, starben 19,9 bis zum fünften Geburtstag, von 100 Geborenen, welche
mehr als zwei Jahre jünger als ihre Geschwister waren,* starben nur 11,6.
— Für die Mutter ist die beste Gebärzeit zwischen dem 25. bis 35. Lebens-
jahre.
Die optimale Zeugungszeit des Vaters dürfte etwas später einsetzen
und auch länger andauern. Für das Kind ist die optimale Geburtszeit,
wenn es zur Zeit der optimalen Gebärzeit seiner Eltern als drittes bis viertes
Kind im Abstand von mindestens zwei Jahren im Frühjahr zur Welt kommt
— Die Einschiebung einer gewissen freien Zwischenperiode für die Frau
geschieht am leichtesten durch die auch dem Kinde so notwendige Stillung. —
Gegen die Beschränkung der Kin d er zahl ist anzuführen, daß der Geschlechts-
genuß nioht Endzweck, sondern nur Mittel zum Zwecke der Fortpflanzung
der Art ist. Die Befruchtung wird also so sehr zu betätigen sein, daß
die Zahl und die Güte der Individuen bestehen bleibt und noch ein ange-
messener Zinszuwachs herauskommt. — Verfasser rechnet so 3,35 Kinder für
136 A. Referate. Anthropologie.
jedes Weib, und um den erforderlichen Überschuß an Knaben hervor-
zubringen, mindestens 3,4 Kinder für die verheiratete Frau heraus. — Je
jünger geheiratet wird, um so früher erfolgen die Geburten. Völker mit ab*
nehmendem Heiratsalter zeigen stets eine rechnerische Zunahme. — Man darf
die Beschränkung der Kinderzahl aus biologischen Gründen er£t nach
erreichtem Geburtsoptimum empfehlen und selbst daun nur dann, wenn die
bisher unterfrüchtigen Stände in der Kinderproduktion sich ihrer Pflicht mehr
als bisher erinnern. — Das allzu rasche Absterben der Intellektuellen hat
eine nicht zu leugnende Gefahr für das Gesamtvolk. — Eine systematische
Fürsorge für unsere Nachkommenschaft ist das beste Mittel, die Nation frisch
und jung zu erhalten. Die bisher so sehr in den Vordergrund getretene
Individualfürsorge muß wiederum auf familiäre Basis gestellt werden. Die
Familie ist und bleibt noch auf Hunderte von Generationen der Hauptpunkt
des physischen Lebens der einzelnen wie der Basse. E. Roth-Halle a. S.
162. G. F. Tocher: The anthropometric characteristics of the in-
mates of asylums of Seotland. Biometrika 1907. Vol. V,
p. 298—350; 11 Diagramme, 8 Karten, 3 Tafeln, 96 S. m. Tab.
In Schottland wird eine anthropologische Aufnahme der gesamten Be-
völkerung geplant, und man begann im Jahre 1903 unter Leitung des Ver-
fassers zunächst mit der Untersuchung der Insassen der Irrenanstalten.
4381 Männer und 3925 Frauen wurden untersucht, und zwar wurde auf-
genommen an meßbaren Charakteren: Körpergröße, „Kopflänge", „Kopf-
breite", „Kopf höhe"; an nicht meßbaren: Haarfarbe, Augenfarbe, Nasen form.
Der Zweck der Untersuchung ist die Beantwortung folgender Fragen:
1. Unterscheidet sich die geisteskranke Bevölkerung Schottlands körperlich
von der gesunden? 2. Ist in der Art der Verteilung der erhobenen Befunde
ein Unterschied gegen andere, wahrscheinlich gesunde Bevölkerungen fest-
stellbar? 3. Bestehen geographische Unterschiede? 4. Ist irgend ein Teil
von Schottland mehr homogen bzw. heterogen als ein anderer? 5. Andere
allgemeine Folgerungen? — Die Interpretation erfolgt mittels der bekannten
biometrischen Methoden, denen Referent nicht voltkommen zu folgen vermag.
Die wichtigste Frage, die erste, kann nicht beantwortet werden, weil bisher
kein Vergleichsmaterial (von der gesunden Bevölkerung) vorhanden ist. Die
Übersicht der Resultate ergibt eine Aufzählung von Tatsachen (bald hier
bald dort, bald in diesem, bald in jenem Charakter eine Differenz von den
übrigen), ohne daß irgend welche allgemeinen Gesichtspunkte der Deutung
der Befände ersichtlich würden. Vielleicht kann man mit wirklich sach-
gemäßer Anwendung der Statistik tatsächlich nicht mehr herausbringen; aber
dann ist es fast schade um die aufgewandte Mühe, die durch Anwendung der
sogenannten biometrischen Methoden noch vervielfacht wird: denn wenn wir
schließlich erfahren — um die hier vorliegende Antwort auf eine allgemeiner
interessante Frage herauszugreifen — , daß bei den Insassen der schottischen
Irrenhäuser in der Kopf breite die Variabilität des Mannes etwas größer ist,
sonst aber beide Geschlechter sich gleichartig verhalten, oder daß z. B. in
Ayr die Männer eine geringere Variabilität der Kopfmaße, die Männer zu
Inverness, die Frauen zu Aberdeen und Montrose eine größere Variabilität
der Kopfhöhe zeigen, so ist das ein Ergebnis, mit dessen Kenntnis uns ebenso-
viel oder ebensowenig gedient ist, als wenn wir die nackten Zahlen mitgeteilt
erhielten. Wenn also die Fragestellung richtig ist, woran in diesem einen
Punkt wohl nicht gezweifelt zu worden braucht, so entsteht die Frage, ob die
Methode richtig oder doch ausreichend ist. Referent vermißt, trotz des besten
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 137
Willens, den sehr schwierigen Gedankengängen der sogenannten biometrischen
Methoden zu folgen, schließlich stets den im Endergebnis zu suchenden
Beweis, daß das komplizierte Instrument der „Biometrie" auch wirklich mehr
leistet als die sogenannte „alte Statistik". P. Bartels-Berlin.
III. Ethnologie and Ethnographie.
Allgemeines.
163. NKcke: Die Uranfänge der menschlichen Gesellschaft Die
Umschau 11)07, Nr. 34.
Auch wenn die Menschheit, wie es auch Näckes Ansicht ist, ihren Ur-
sprung von mehreren Paaren von Urahnen genommen hat, sei es nun gleich-
zeitig oder nacheinander und an verschiedenen Orten, so muß angenommen
werden, daß ihre Vermehrung durch Incost vor sich gegangen ist. Für die
erste Zeit nimmt, im Gegensatz zu der Westermarckschen Lehre von der
Einehe, Verfasser, dessen Standpunkt von Neueren auch Iwan Bloch in
seinem Buche „Das Sexualleben unserer Zeit" teilt, geschlechtliche Promis-
kuität an, und zwar zu einer Zeit, als auch beim Menschen eine geschlecht-
liche Brunstzeit noch geherrscht hat. Aber schon früh werden einzelne
Zentren, Kerne von Fauilienbildung entstanden sein, in welchen dann eine
„Semipromiskuität" bestand, mit sich entwickelnden zeitlichen Ver-
hältnissen, die erst nach und nach zu mehr dauernden, festeren wurden, ein-
mal unter Schätzung des Weibes als Arbeitskraft und so als Besitz, des
Mannes als Schutzgeber und unter der sich mit der Geschlechtslust aus-
bildenden Gattenwahl und der Liebe zu dem erwählten Weibe und zum Kind.
So mögen aus den temporären mehr oder minder dauernde Verbindungen
geworden sein. Die auf dem Wege von der Halbpro miskuität zur Einehe
vorhandenen Zwischenstufen Polygamie und Polyandrie werden aus dem ört-
lichen und zeitlichen Milieu entstanden sein. Näcke ist der Ansicht, daß
eine Anzahl Zeichen in der Gegenwart für eine Umformung, eine Weiter-
entwickelung unserer jetzigen Ehe sprechen. Dr. Kellner- Unter gölte seh.
164. Wera Charuzina: Zur Frage der Feuerverehrung. Einführung
in ein Programm zum Sammeln von Belegen für die Feuer-
yerehrung bei den russischen Bauern nnd Fremdvölkern, mit
Beifügung des Programms (russ.). Etnograf. Obozrenie 1906,
Bd. LXX— LXXI, S. 68—205.
In dieser „Einführung" bemüht sich die verdienstvolle Verfasserin unter
Beibringung zahlreicher Beispiele aus dem reichen Schatze ihrer ethno-
logischen Kenntnisse, die Sitten und Gebräuche, welche auf das Feuer Bezug
haben, systematisch zu ordnen und die Anschauungen, die ihnen zugrunde
liegen, klarzustellen, um dem Sammler einen Überblick zu geben über all die
verschiedenartigen Dinge und Formen, welche dabei zu berücksichtigen sind,
und die Gesichtspunkte, die man festhalten muß.
I. Die Hypothesen, welche Kuhn und andere über die erste Bekanntschaft
des Menschen mit dem Feuer aufstellten, bezeichnet Charuzina als müßige
Hirngespinste, als unerheblich für die ethnologische Forschung. Der Mensch
verehrte das Feuer als ein Element, das mit innerem Leben begabt und mit
ähnlichen Eigenschaften wie der Mensch selbst ausgestattet war. Da es
meist nicht als bestimmter Gott personifiziert wurde, so blieb es bei der
Götterbekämpfung durch das Christentum zum Teil verschont, wie die an-
geführten Beispiele aus der Gedankenwelt der russischen Bauern usw. be-
138 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
zeugen. Die Jakuten und die alten Finnen kennen einen Herrn und Geist
des Feuers — die Tscheremissen sogar drei — , und in anthropomorpher
Gestalt tritt dieser bei den Babyloniern, Römern und anderen auf. Diese
letztere Vorstellung führte logischerweise zu der von einer Mutter des Feuer-
gottes (Sonne und ähnliche). — Nicht zustimmen dürfte man wohl der An-
sicht Charuzinas, daß Feuer und Herd vor allem erst nach der Seßhaft-
werdung in den Mittelpunkt des religiösen Interesses trete; die Wichtigkeit
und damit die Verehrung des Feuers hängen vielleicht im wesentlichen mit
den klimatischen Verhältnissen zusammen, vgl z. B. die Nordasiaten gegen-
über den Südseeinsulanern. Zunächst ist es Gegenstand der Verehrung in
der Familie oder Sippe, weiterhin des Stammes und endlich von Staats wegen.
Der Unsicherheit seiner Erzeugung halber wird es an manchen Orten be-
ständig unterhalten, und in späteren Kultstadien zuweilen von jungfräulichen
Priesterinnen behütet. Die Forderung der Jungfräulichkeit hängt wohl da-
mit zusammen, daß jede Sippe ihre eigene Feuergottheit besaß, als deren
Priesterin nur eine Angehörige derselben Sippe fungieren durfte; durch Ver-
heiratung aber würde die Priesterin in die Sippe des Mannes übertreten und
an deren Kult teilnehmen müssen. Dieser Umstand ist vielleicht auch mit die
Ursache, daß die Feuerferehrung leicht in enge Verbindung mit dem Ahnen-
kult tritt, wie bei den Giljaken, Votjaken, Tschuktschen ; der eigentliche Grund
dafür mag jedoch tiefer liegen und noch der Aufklärung bedürfen, da beide
manchmal getrennt erscheinen, ja sogar einander widerstreiten. — In der Sippe
(d. h. wohl der patriarchalischen und exogamischen) liegt das Priesteramt
meist in den Händen von Männern, da die Frauen, obwohl sie dem Feuer
eigentlich näher stehen, aus einer anderen Sippe stammen (vgl. oben). Bei
der Eheschließung, d. h. beim Eintritt in die Sippe des Mannes, müssen sie
deren Herd und Feuergott ihre Verehrung bezeugen (z. B. bei den Votjaken),
ebenso neu angenommene Knechte, Mägde usw. — Inwiefern der Hausgeist
der russischen Bauern hier heranzuziehen ist, läßt sich nicht sagen, da man
über sein Wesen noch zu wenig weiß; eher vielleicht der Geist der Riege,.. die
Geld bringende Hausschlange u. dgl. Im allgemeinen läßt sich behaupten, daß
mit dem Ahnenschutzgeist zugleich der des Feuers verehrt wird, sobald dieser
und der Hausgeist denselben Charakter haben und sich bei beiden neben
überall auftretenden anthropomorphen auch tberiomorphe, totemistische Züge
nachweisen lassen; ferner daß der Feuerkult älter ist als der Ahnenkult, und
daß dieser jenen teilweise ersetzt oder sich mit ihm vereinigt hat.
Für den primitiven Menschen gab und gibt es keinen wesentlichen
Unterschied zwischen dem irdischen, himmlischen und unterirdischen Feuer,
sie stehen in enger Verbindung miteinander, und oft finden sich verwandte
Namen für sie. An gewissen Tagen zündet er Holzstöße an, um den irdischen
Wesen für die kommende Zeit Sonnenlicht und -wärme und damit Fruchtbar-
keit zu sichern. Durch kirchlichen Einfluß erfuhr dieser Brauch Umdeutungen.
Blitz und Donner, welche jetzt mit Heiligen (Georg, Elias u. a.) an Stelle früherer
heidnischer Götter in Verbindung gebracht werden, stehen in Beziehung zum
Herdfeuer. Um den Blitz vom Hause abzulenken, wirft man bestimmte
Pflanzen ins Feuer, legt Herdgeräte vors Haus, unterläßt bei Gewitter gewisse
Handlungen. Donnerkeile schützen Menschen, Vieh, Getreide davor und
helfen auch in anderen Fällen. Vulkane werden von den Umwohnern eben-
falls oft mit der Sonne in Zusammenhang gebracht, so z. B. von den Kam-
tschadalen. Ähnliche Ansichten betreffen die Irrlichter, Meteore und das Elms-
feuer. — Selten werden verschiedene Arten von Feuer gekannt, wie z. B. von
den Jakuten.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 139
IL Die Verehrung der Gottheit des Feuers seitens des primitiven
Menschen ist natürlich keine ganz ideelle, man erwartet von ihr dafür ge-
wisse Gegenleistungen, die in der Hauptsache in der Abwehr böser Geister
vermöge ihrer vernichtenden, abschreckenden Kraft bestehen. Um die
Schädigung der Saaten durch feindliche Gewalten zu verhüten, geht man mit
brennenden Fackeln darüber, bringt einen angezündeten Pflug hin, wirft
glühende Pfeile oder Scheiben darüber und Ähnliches. Der Sicherung der
Fruchtbarkeit dient die Sitte, Neugetraute durch das Johannisfeuer springen
zu lassen, Vieh durch die Asche solcher, an bestimmten Tagen angezündeter
Feuer zu treiben. Diese heiligen Feuer werden oft auf altertümliche Weise,
mit Hilfe des Feuerbohrers oder -reibers, entflammt, und sie dürfen durch
die Anwesenheit unreiner Personen, z. B. Witwen, d. h. von Frauen, die zur
Unfruchtbarkeit verurteilt sind, nicht entweiht werden. — Auf derselben
Anschauung von der Geister verscheuchenden, Unreines vernichtenden Macht
des Feuers beruht der Glaube an seine heilende Kraft, welcher in Rußland
allgemein verbreitet ist. Es wirkt dabei entweder direkt durch seine Nähe
oder indirekt, indem es ein als Arznei angewendetes Mittel „weiht", dieses
gleichsam zum Träger seiner Heilkraft macht, z. ß. Wasser, in welches
glühendes Eisen geworfen wird. Auch schon Dinge, die die Farbe des Feuers
besitzen, vermögen zu helfen: man wickelt um den kranken Körperteil einen
roten Faden oder Gürtel, hängt rote Vorhänge an die Fenster der Krankenstube.
— Bekannt ist die Verwendung des Feuers bei den Ordalien. Bei den
Schamanen spielt es ebenfalls eine gewisse Rolle: die Bilder auf ihren
Trommeln scheinen Bezug darauf zu haben, und vor Beginn ihrer Zeremonien
verlöschen sie das Herdfeuer, um ihren eigenen Schutzgeist nicht zu ver-
scheuchen. Im Westen benutzen die Hexenmeister „reines" Feuer sogar für
„unreine" Zwecke (ebenso ja auch Altäre, Kirchen, Hostien u. dgl.).
III. Wenn man vom Feuer Hilfe und Wohltaten erlangen will, so muß
man sich ihm gegenüber auch entsprechend verhalten: behutsam und ehr-
erbietig mit ihm umgehen, es nicht beschimpfen, nicht hineinspucken, keine
unreinen Dinge hineinwerfen, sondern ihm vielmehr Opfer an Speise und
Trank darbringen. Noch jetzt schlachtet man beim Bau des Herdes ein Tier,
besonders einen Hahn. An bestimmten Tagen ist es verboten, Feuer an-
zuzünden, dieses will sich da gewissermaßen ausruhen; wer sich daran nicht
kehrt, dem verzehrt es Haus und Flur. Solche Tage tragen heute Namen
von Heiligen (Agathe usw.), und zwar oft aus merkwürdigen Ursachen: wegen
des Namens, oder wegen einer Stelle in der Lebensbeschreibung u. dgl.
Da also ein Brand als Strafe von Seiten des Feuergeistes galt, so hielt
man es früher für Sünde, ihn zu löschen; später schränkte man das Verbot
auf Brände infolge von Blitzschlag ein. Manchen Dingen aber wohnt eine
magische Kraft inne, Brände zu hemmen, sobald sie hineingeworfen werden,
wie dem Osterei, Brot u. a.
Wie bereits erwähnt, vermag das Feuer einen Teil seiner magischen
Kraft auch auf andere Dinge zu übertragen, besonders auf solche, die mit
ihm in dauernder Berührung stehen, wie der Ofen und der Herd. Deren
Aufbau findet oft mit Hilfe der Nachbarn statt, und daran schließt sich ein
gemeinsames Mahl an — ein Überrest der Anschauung, daß die ganze Sippe
verpflichtet ist, dem Feuer eine gute Stätte zu bereiten, um sich dessen
Gnade zu gewinnen. Wie das Feuer, so müssen Herd und Ofen vor unreinen
Handlungen und Worten bewahrt bleiben. — Auch auf Kohlen und Asche
überträgt sich die Kraft des Feuers. Die Huzulen gebrauchen Kohlen als
Amulette gegen den bösen Blick, und in Rußland bespritzt man zu demselben
140 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Zweck mit Wasser, in welches Kohlen geworfen wurden. Die Votjaken und
Weißrussen scheuen sich, Feuer, Asche oder Kohlen aus dem Hause zu geben,
weil sie damit den Schutzgeist weggeben könnten. Die Lichtspender: Kien-
span, Kerze, Lampe, genießen dieselbe Achtung, noch mehr natürlich die kirch-
lich geweihte Kerze: Der russische Bauer bekreuzigt sich, wenn er sie an-
zündet. — An sie reiht sich das Feuerzeug an. Das Bohrbrett des Feuerbohrers
der Tschuktschen ist an dem einen Ende in Form eines menschlichen Kopfes
geschnitzt, und das alt indische Feuerzeug stellt eine ganze Menschenfigur dar.
Auch das Brot muß zu dieser Gruppe gezählt werden, da in bezug dar-
auf dieselben Vorschriften gelten: Es darf nicht aus dem Hausegegeben, nicht
beschmutzt, nicht gescholten werden, sonst erschrickt es, platzt, bäckt nicht
aus; während des Backens darf nicht gelärmt, nichts geschliffen werden, kein
Toter im Hause oder im Dorfe sein. Bei Übersiedelung an einen anderen
Wohnort nimmt man Feuer oder Asche Vom alten Herde oder auch ein Stück
Brot mit.
Volksmärchen wissen von gewissen Tieren, besonders Vögeln mit roten
oder schwarzen Schnäbeln, Füßen, flecken zu erzählen, daß sie den Menschen
das Feuer gebracht hätten. In anderen Mythen erscheint als Feuerspender
ein Held und Wohltäter der Menschheit. Bemerkenswert ist, daß dieser oft
tierischer Herkunft und imstande ist, tierisches Aussehen anzunehmen. Dies
tritt gerade dann ein, wenn er der himmlischen Gottheit das Feuer entwenden
will. Den Sa mo jeden brachte es der weiße Bär, den Römern der Specht, den
Germanen der Storch, den Kelten der Zaunkönig. Die Zerstörung der Nester
solcher Vögel wird mit Brand oder Blitzschlag bestraft. Wenn die Kelten
trotzdem einmal im Jahre Jagd auf den Zaunkönig machten und ihn feierlich
rösteten, so weist das auf Totem ismus hin. Jünger sind die Legenden, welche
erklären wollen, wie dem Menschen die Feuererzeugung zuerst gelang, und diese
Erfindung biblischen Persönlichkeiten zuschreiben.
Wie gewisse Pflanzen mit dem Blitz in Verbindung gebracht werden,
so andere mit dem irdischen Feuer, es verbirgfsioh in ihnen. Es sind solche,
deren Holz sich besonders gut zum Feuerbohren oder -reiben eignet, oder die
in ihrem Mark eine natürliche Zunderbüchse bieten, wie der Stinkbaum im
Orient und bei den Griechen. Bei dem Mohn, der Eberesche usw. war die
rote Farbe der Blüte, der Früchte die Veranlassung dazu; auch ihnen mißt
man die Kraft bei, zu heilen und den Blitz abzuhalten. Damit steht im Ein-
klang die bekannte Tatsache, daß gewisse Bäume nicht zu Feuerholz ver-
wendet, manche Haine nicht angetastet werden durften.
Der zweite Teil, das Programm, d. h. Fragebogen (S. 182 bis 205), umfaßt
fünf Abteilungen: 1. Verehrung des Feuers als Element, Personifizierung des
Feuers, Verbindung des Feuers mit dem Ahnenkult (59 Fragen). 2. An-
schauungen über Sonne, Blitz, Irrlichter, feuerspeiende Berge u. dgl. (64 Fragen).
3. Volksspiele, -literatur, -kunst, -Ornamentik (11 Fragen). 4. Ansichten über
die Eigenschaften des Feuers (54 Fragen). 5. Feuerverehrung (102 Fragen).
A. Byhan-Hamburg.
165. G. Courty: Sur les petroglyphes ä travers le monde. Bull, et
Mein, de la Soc. d'anthropoi. de Paris 1907. Tome VIII, p. 153
—162.
Eine Zusammenstellung der dem Verfasser aus der Literatur bekannt
gewordenen Funde von Felseneinmeißelungen, zumeist sehr hohen Alters; ich
hätte nwsht gedacht, daß ihr Vorkommen sich auf so ausgedehnte Gebiete er-
strecken würde. Er schildert solche Petroglyphen aus Asien (China, Sibirien),
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 141
Australien (Sydney), Afrika (Nordrand, Süd-Abessinien, Sahara, Canarisohe
Inseln, Zentral-Niger-Plateau, Kapland), Amerika (Kalifornien, Orinoco-Gebiet,
Nicaragua, Bolivia, Peru u. a. m.), sowie Europa (Monta Bego, Schweden,
Großbritannien, Bretagne, Perigord); am ausführlichsten werden die auf
französischem Boden festgestellten Skulpturen behandelt. Verfasser behält
sich ein weiteres Eingehen auf dieses höchst interessante Gebiet für eine
spätere Arbeit vor. Buschan- Statin.
166. Siegmar Schnitze: Die Entwickelnng des Naturgefühls in der
deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Erster Teil: Das
romantische Naturgefühl. VII, 170 S., Halle a. S., Ernst Tren-
singer, 1907.
Verführt durch den Titel könnte leicht einer fragen, was denn die
Anzeige eines literarhistorischen Buches inmitten von Besprechungen ernster
wissenschaftlicher Werke zu tun habe? Der Inhalt dieses Buches rechtfertigt
aber mein Vorgehen ; denn er stellt nichts weniger als einen förmlichen Bruch
mit der Methode der offiziellen Literaturgeschichtenerzeuger dar! Das ist
die Leistung eines Naturforschers , der sich gar gehörig auf dem Gebiete der
Folklore, Ethnologie und Kulturgeschichte umgesehen hat und zudem die
deutsche Literatur vorzüglich kennt, ja, die Dichterwerke gründlich durch-
forscht hat. Nur ein Naturforscher, der auch selber ein Poet, konnte dieses
merkwürdige Buch schreiben, das sich wie ein anmutiger Novellen zyklus liest.
Vergeblich sucht der irrende Blick nach Stammtafeln, literarischen Schneider-
rechnungen, Verzeichnissen sämtlicher Auflagen und der Alexandriner, die
den Autor mit ihrer Weisheit dem Leser verekeln; hier entrollt sich vor uns
ein bedeutsames Stück menschlicher Geistesentwickelung, die auf den Werde-
gang der Ethnologie und der Folklore von ausschlaggebender Art war und
deren Einfluß noch lange nicht ganz überwunden ist. Die Schwärmerei der
Romantiker entfachte sich an den Sagen, Märchen, Liedern und Spruchen
der breiten Volksmengen. Die Begriffe Volkstum, Volkskunst und Volks-
kunde schufen erst die Romantiker, doch fehlte ei ihnen an sachlicher Be-
trachtung, und ihr Urteil litt unter einem Überschwang von Begeisterung.
Darüber kam selbst die tiefe Gelehrtheit eines Jakob Grimm nicht hinweg,
von dessen Romantizismus Schultze vorläufig noch nicht spricht. Wie klar
Schnitze jeden einzelnen Romantiker erfaßt, will ich mit vier Sätzen erläutern,
die er unter anderen Hölderlin widmet: „Hölderlins schwärmerisches
romantisches Gemüt sah das Hellentum und sein Verhältnis zur Natur
ganz anders, als es je in Wirklichkeit gewesen ist. Er sah nicht, daß das
vielgepriesene Einssein mit der Natur, das er an Homer bewundert, viel eher
die Folge eines natürlicheren, unvollkommeneren Zustandes der Kultur ist Es
war kein allzu großes Verdienst der Hellenen, auch keine besondere Be-
gnadigung durch Naturanlage. Es zeigt sich noch heute bei jedem einzelnen
in seiner Kindheit Tagen, in den Tagen freierer, ungehemmter Vorstellungen
und mangelhafter Naturkennt nis. u — Voll tiefsinnigen Scharfsinnes sind die
Abschnitte über die Naturphilosophie der Romantik, die schwäbischen und
die Rheinromantiker, die Meer- und Orientromantik. — Den Fortsetzungen
dieses Werkes, die von den Übergängen zum Realismus und vom Realismus
und Naturalismus handeln sollen, wird jeder Leser mit Erwartung entgegen-
sehen. Friedrich S. Krauss-Wien.
167. Georg Buschan: Linne als Ethnologe. Globus 1907. Bd. XCI,
S. 293—297.
Aus dieser interessanten und verdienstvollen Zusammenstellung lernen
142 A. Referate. .Ethnologie und Ethnographie.
weitere Kreise, welche Linnes Namen nur in Verbindung mit der Botanik
zu nennen gewöhnt sind, den großen Naturforscher auch als scharf beob-
achtenden Reisenden und Ethnologen kennen. Der Stoff ist einem Bericht
über Reisen durch Öland und Gotland entnommen , welche im Auftrage der
schwedischen Reichsstände im Jahre 1741 ausgeführt worden waren; der
Bericht ist in Form eines Tagebuches gehalten, der Stoff von Busch an aus-
gezogen und geordnet.
Zunächst erhalten wir ein allgemeines Bild der Bevölkerung, der Art
ihres Aussehens, ihrer Sprache, ihrer Tracht und ihrer Lebensweise. Die
Schilderung der Spiele und Vergnügungen bietet mancherlei volkskundlich
Interessantes: Das Parkspiel (Ballspiel), der Tanz, das dabei verwendete aus
einem Seehundsmagen gefertigte dudelsackähnlicbe Musikinstrument, das
Festgetränk, die Lura, welche mit glühenden Feldsteinen gekocht wurde, und
Ähnliches, vor allem die Hoch Zeitsgebräuche, unter denen besonders das
Prophylacticum gegen schwere Entbindung (die Braut steckt gleich nach dem
Verlassen der Kirche den Kopf geschwind in eine getrocknete Pferdeplacenta)
interessant erscheint; auch die Volksmedizin ist berücksichtigt, so daß
nicht nur der gebildete Laie, sondern auch der Spezialforscher diesen Aufsatz
mit Vergnügen lesen wird. P. Bartels-Berlin.
168. Moreira und Peixoto: Les maladies mentales dans les climats
tropicaux. Annalcs med.-psycholog. 1907. Tome LXV.
Verfasser haben die Frage nach den verschiedenen Einflüssen der heißen
Klima te auf Entstehung, Häufigkeit und Erscheinungsweise der Geisteskrank-
heiten einer erneuten Prüfung unterzogen, wozu sie bei der Ausdehnung
Brasiliens von 5° nördlich bis 33° südlich und seinen verschiedenen klima-
tischen Bedingungen reichliche Gelegenheit zu vergleichender Beobachtung
hatten. Sie haben hierbei keine Krankheitsform gefunden, welche vom Klima
abhängige Charaktere oder Varianten darböte. Auch ein Vergleich einer
zehnjährigen monatlichen Wärmekurve hat irgend welche Beziehungen zu den
Erk r an kungs fällen nicht ergeben. Sollten irgend welche Einflüsse der Tempe-
ratur, Luftfeuchtigkeit, der Luftdruckverhältnisse vorhanden sein, so werden
diese zweifellos balancieit durch die veränderten Kultur- und Lebensverhält-
nisse, die in ihren Wirkungen vielfach noch dunkel und schwer einzuschätzen
sind. Vielleicht beruhen hierauf die Beobachtungen älterer Irrenärzte, welche
den heißen Klimaten weniger Formen und einen anderen Ablauf der Psy-
chosen zuschrieben, wie es andererseits auch heute noch auffällt, daß die süd-
östlichen Länder Europas weniger Psycbosefälle als die westlichen aufweisen.
Einen besonderen Einfluß auf die Epilepsie wollte Lombroso in den meteoro-
logischen Verhältnissen finden, aber gerade hierfür hat ein Vergleich der
meteorologischen Beobachtungen des Observatoriums von Rio und den im
Höpital national des alienes beobachteten Epilepsieanfällen eine Stütze nicht
gebracht. — Beim Durchsprechen der einzelnen Krankheitsformen weisen
Verfasser auf die Ankylostomie der Vorfahren als ätiologische Ursache für
Imbecillität und Debilität hin. Die Seltenheit des Vorkommens der Neur-
asthenie erklärt sich durch die relative Einfachheit des Lebens. Für die
Dementia praecox werden besonders gemütliche Schädigungen augeschuldigt:
Strenge Disziplin, schlechte Behandlung der Dienstboten, Furcht vor Strafe,
Aufregungen der Revolutionsjahre. Selten war die progressive Paralyse,
welche nur in größeren Städten etwas häufiger wird: unter 9609 Kranken 216
Fälle = 2,2 Proz.; in den Privatanstalten war das Verhältnis 4,3 Proz. Bei
den Eingewanderten war sie unter anderen etwa doppelt so häufig als bei
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 143
den Negern, ganz auffallend selten bei Frauen. Aach Verfasser sehen in der
Lues zwar den wichtigsten, aber nicht den einzigen ätiologischen Faktor, die
verschiedensten Gifte können die Prädisposition schaffen; andererseits sehen
sie im Fehlen der vielen schädlichen Momente, welche die hohe Kultur-
entwickelung der gemäßigten Zonen mit sich führt, die Gründe für das seltene
Vorkommen der Paralyse in Brasilien. Mit dem Kulturfortschritt mehrt sich
dieselbe.
Von den eingewanderten Nordländern sind jene, welche den klimatisch-
hygienischen Vorschriften gemäß lebten, frei von geistigen Störungen ge-
blieben, ja man konnte beobachten, daß bei solchen, welche alle Zeichen
degenerativer Erkrankung mitbrachten, die weiteren Folgen ausblieben, die
sicher im alten Kulturlande nicht ausgeblieben wären.
Verfasser sprechen ferner über die beiden Krankheitserscheinungen Amok
und Latah, welche durchaus nicht, wie man angenommen habe, dem malaiischen
Archipel allein zukämen. Amok ist eine Form der Epilepsie, letztere gehöre
zur Hysterie und biete Ähnlichkeit mit dem Miryachit der Sibiren und Lappen,
dem Jumping der nordamerikanischen Springer und dem bah-tschi der
Siamesen.
Verfasser kommen zu den schon oben angeführten Schlüssen. Die Be-
ziehungen des Klimas sind rein individuelle und wie in den gemäßigten
Klimaten abhängig von Lebensweise und individueller nervöser Disposition.
Dr. Kdlner-Untergöltzsch.
Spezielles»
169. Meddelelser om Danmarks Antropologi. (Mitteilungen über
Dänemarks Anthropologie.) Herausgegeben von dem anthropo-
logischen Komitee; von Dr. phil. H. P. Steeusby. (With english
summary.) Bd. I, 172 S. Kopenhagen, G. E. C. Gad, 1907.
Das aus dem Generalarzt H. Laub, Universitätsprofessor Harald
Westergaard und Polizeiarzt Sören Hansen bestehende anthropologische
Komitee bat es sich zur Aufgabe gemacht, Massenuntersuchungen des Körper-
baues und anderer physischer Verhältnisse des dänischen Volkes vorzunehmen,
zu welchem Zweck es vom Staate pekuniär unterstützt worden ist.
Nach vierjähriger Arbeit werden nun zum ersten Male die diesbezüg-
lichen Mitteilungen in Form dreier orientierender Abhandlungen veröffentlicht.
Edv. Ph. Mackeprang: Die Körperhöhe der Wehrpflichtigen in Däne-
mark. Sören Hansen: Über die Größe des Kopfes erwachsener Männer
und Frauen. H. P. Steensby: Vorläufige Betrachtungen über Dänemarks
Rassenanthropologie. Mackeprang s Material umfaßt 42086 Wehrpflichtige
der Jahre 1904 und 1905. Er findet, daß die Mittelhöhe der völlig
erwachsenen Dänen am Beginne des 20. Jahrhunderts zwischen 169 und
169 V* cm schwankt und daß die Durchschnittshöhe innerhalb der letzten
50 Jahre um 3*/ 3 cm zugenommen hat. — Sören Hansen benutzte Messungen
von 3000 erwachsenen Männern und Frauen zwischen 20 und 65 Jahr
zur Aufklärung der Frage über die größere oder geringere Variabilität bei
Männern und bei Frauen, indem er teils die Körperhöhe, teils die größte
Breite und größte Länge des Kopfes vergleicht. — EP. Steeusbys Abhand-
lung ist mehr eine etwas polemische Gauserie über Rassenanthropologie , in
welche er Beobachtungen von drei verschiedenen Gegenden Dänemarks ein-
flicht, wo er anthropologische Messungen vorgenommen hat.
Povl Heiberg-Kopenhagen.
144 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
170. L. Bolk: Über die Verbreitung der Rothaarigen in den Nieder*
landen. Nebst einigen allgemeinen Bemerkungen über die
Anthropologie der Holländer. Zeitschr. f. MorphoL u. Autbropol.
1907. Bd. XI, S. 149—152.
Bolk legt hier eine vorläufige Arbeit vor. Ausgedehnte anthropologische
Untersuchungen an der holländischen Bevölkerung in Aussicht stellend, be-
spricht er zunächst einige Erscheinungen bezüglich der Verbreitung der Rot-
haarigen. Aber es stecken auch sonst eine Menge wichtiger Angaben in
dieser Arbeit.
Zunächst einige interessante Bemerkungen über den Friesentypus. So
wie Virchow diesen beschrieb, existiert er normalerweise überhaupt nicht.
Die Platykephalie auf der Insel Maiken — solche Schädel waren gerade in
Virchows Material — ist die Folge künstlicher Deformation des Kopfes der
Mädchen durch eine Haube aus Pappe. Die Männer haben andere Form, oft
die bekannte des Batavus genuinus. Diese faßt Verfasser als durch fort-
gesetzte Inzucht degenerierte Formen auf, während er in den großen, schön
gewölbten, länglichen Schädeln, die aus den Wohnstätten der ersten (christl.)
Jahrhunderte, den „Terpen", stammen, den wahren friesischen Schädel sieht.
Alle diese Schädel sind dolichokephal und leptoprosop; dieser Typus kommt
auch heute noch vor, aber er ist in der Minderzahl.
„Die Hauptmasse der Bevölkerung von Holland besteht aus zwei brachy-
kephalen Typen: einem blonden und einem brünetten." Der blonde Typus
hat einen Durch schnitt sindex von 80 bis 82, kommt in ganz Holland vor; der
dunkle, mit Index 84 bis 86, ist kleiner, chamaeprosop. Ganz auffallend sind
die Unterschiede gegen früher: Von 80 „Terp "-Schädeln erreicht keiner den
Index 82 (Mittel 76), dagegen von 80 Schädeln aus dem 14. und 15. Jahr-
hundert keiner mit Index unter 80 (Mittel 86)! — Dieser brünette Typus,
den Verfasser mit dem Homo alpinus in Verbindung bringt, ist besonders in
Zeel and, Limburg und Nordbrabant verbreitet.
Nun zur Frage der Roth aar igkeit. Verfasser erhob statistische An-
gaben über 479 000 christliche Schulkinder, (etwa 4000 Beobachter) und fand
darunter 2,45 Proz. Bothaarige. Außer in Zeeland ist der Prozentsatz in
allen Provinzen fast genau gleich, also ohne jede Abhängigkeit von der
Häufigkeit der Blonden, die in der nördlichsten Provinz doppelt so groß ist
wie in der südlichsten und zwischen beiden regelmäßig von Nord nach Süd
abnimmt. Von städtischen Judenkindern waren ebenfalls 2,47 Proz. rothaarig,
dabei nur 8 Proz. Blonde.
Also fehlt jeder Zusammenhang zwischen Pigmentarmut bzw. Blondheit
und Butilismus. Ebenso zeigt eine Tabelle, daß die Augenfarbe, mit der die
blonde, braune und schwarze Haarfarbe sehr schön parallel geht, von roter
Haarfarbe unabhängig ist, rotes Haar kommt bei allen Augenfarben gleich
oft vor. So hält also Verfasser den Rutilismus als eine Erscheinung sui
generis, unabhängig von den Pigmentverhältnissen der betreffenden Be-
völkerung. E. Fischer-Freiburg i. B.
171. Ridolfo Livi: La schiavitü medioevale e la sua influenza sui
caratteri antropologici degli Italiani. Riv. Ital. di sociologia
1907. Vol. XI (27 Seiten).
Verfasser macht den Versuch, festzustellen, ob und inwieweit die im
Mittelalter in Italien allgemein verbeitete Sklaverei auf den anthropologischen
Typus des heutigen Italien von Einfluß gewesen sei. Im ersten, besonders
für den Kulturhistoriker interessanten Teile werden zunächst Belege für den
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 145
Umfang des Sklavenhandels, die Herkunft und die soziale Lage der Sklaven
erbracht Hauptmarkt war (schon seit dem 8. Jahrhundert) Venedig, dessen
Staatskasse in den Jahren 1414 bis 1423 daraus eine jährliche Einnahme
von 50000 Dukaten gezogen hat, so daß sich ein jährlicher „Umsatz" von
10000 Sklaven berechnen läßt; auch andere Städte, besonders Genua, lieferten
jährlich reichen Ertrag, so daß also die Zufuhr fremder Bestandteile, welche
Italien auf diesem Wege erhielt, als ganz beträchtlich angesehen werden muß.
In erster Linie handelte es sich natürlich um Angehörige solcher Völker, „qui
non sint catbolice fidei Christiane u , besonders um solche weiblichen Geschlechtes.
Aber auch die eigenen Landsleute wurden gelegentlich, bei den vielen Fehden,
als Kriegsgefangene in die Sklaverei verkauft; schließlich kommen noch in
Betracht die sogenannten n Anime u , welche in zarter Jugend von ihren eigenen
Eltern verschachert worden waren ; doch waren diese letzteren beiden Gruppen
relativ nicht sehr beträchtlich. — Die Angehörigen der ersten Gruppe
stammten aus aller Herren Länder, und zwar wurde ein sehr großer Teil
derselben vom Schwarzen und vom Aso wachen Meere, aus Tana und Caffa
bezogen: „Tartari." — Die soziale Lage war keine schlechte; eine ganze
Reihe von beigebrachten Dokumenten, besonders letztwilligen Verfügungen,
zeigen dies. Die Kinder der Sklaven waren nicht gleichfalls Sklaven und
etwa gar verachtet, sondern sie konnten unbehelligt in der übrigen Bevölke-
rung leben und in ihr aufgehen.
Im anthropologischen Teil versucht Livi nun festzustellen, ob in den
somatischen Charakteren der heutigen Bevölkerung sich noch Spuren mongo-
lischen Einschlages nachweisen lassen. Zunächst spricht ihm bierfür der
allgemeine Eindruck, den er und andere besonders bei Betrachtung der
Gesichtszüge des weiblichen Geschlechts empfangen haben. Auf Grund seiner
Messungen, welche in seiner berühmten „Antropometria militare u veröffentlicht
sind, kommt er aber auch zu einem zahlenmäßig greifbaren Ergebnis: Die
verhältnismäßig hohe Prozent zahl für das Vorkommen von breiten und
niederen Formen des Gesichtes und niederer Stirn bei Venezianern geringer
Körpergröße deutet er in dem Sinne „des Überlebens der physiognomischen
Charaktere einer Rasse, welche nach ihrer gewaltsamen und grausamen Ver-
pflanzung in eine neue Heimat dort einen so günstigen Boden fand, daß sie
sich mit der herrschenden Bevölkerung verschmelzen konnte u .
P. Bartels-Berlin.
172. Hugo Schuchardt: Die iberische Deklination. Sitzungsberichte
der k. Akad. d. Wissenseh. in Wien, phil.-hist Kl. Bd. CLVII,
Abh. 2, 90 S. Wien 1907.
Der Verfasser wendet sich eingangs in längeren Ausführungen gegen
die Behauptung E. Philipons (La Ordination dans l'onomastique de l'Iberie),
daß aus den hispanischen Ortsnamen der arische Charakter des Iberischen
hervorgehe. Die iberische Sprache ist vielmehr die Vorgängerin der baskischen,
und das Aquitanische verknüpft das Baskische mit dem Iberischen des nicht
baskischen Hispaniens. Da die iberischen Namen von den alten Schrift-
stellern und in den lateinischen und griechischen Inschriften nie genau und
zuverlässig wiedergegeben werden, so stützt sich Schuchardt auf die in
einheimischer Sprache abgefaßten Inschriften und Münz auf Schriften. Ihre
Entzifferung ist sehr schwierig, nicht einmal der Lautwert der Zeichen steht
ganz fest, obwohl man von gleichartigen Aufschriften in lateinischer und
griechischer Sprache dabei ausgehen konnte. Auf S. 31 bis 62 werden dann
diese rein iberischen Namen auf ihre Kasussuffixe hin untersucht und auf
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. ]Q
146 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Grand deren ein Deklinationsschema aufgestellt, das sich mit dem baskischen
im wesentlichen deckt. Keltischer Einfluß äußert sich im Wortschatz des
Iberischen und umgekehrt, im Baskischen treten daneben natürlich auch
viele romanische Elemente auf. Die einstige geographische Verteilung des
Iberischen und des Keltischen durfte vielleicht in den heutigen romanischen
Mundarten der Gascogne und der Pyrenäen halbin sei durchschimmern, und
betreffs der Entstehung der romanischen und der richtigen Gestalt der
iberischen könnten schließlich noch die arabischen Formen Aufklärung geben.
— Den Schluß der Abhandlung bilden Zusätze, worin sich Schuchardt
unter anderem kurz über Vinsons neuerliche Behauptung von der gänzlichen
Verschiedenheit des Baskiscben und des Iberischen ausspricht, und zwei
alphabetische Verzeichnisse: Wörter in iberischer Schrift, hispanische und
aquitanische Wörter in lateinischer oder griechischer Schrift. — Neuerdings
behandelte auch Dr. Siegfried Schmidt die ethnographische Stellung der
Basken im Programm Muri 1905/06 und 1906/07.
A* Byhan-Hamburg.
173. H. Whitehead: The village deities of Southern India. Madras
Government Museum Bulletin 1907. Bd. V, Nr. 3, p. 105— 190;
mit 7 Taf.
Bei etwa vier Fünfteln der Bevölkerung Südindiens bildet die Anbetung
der Dorfgottheiten, von den Eingeborenen Gräma-Devata genannt, einen
wichtigen Teil des Konglomerats religiöser Anschauungen, Gebräuche und
Zeremonien, die gewöhnlich unter der Bezeichnung Hinduismus zusammen-
gefaßt werden. Der Brahmanismus hat die ursprüngliche Religion der
Drawidas weit weniger zu beeinflussen vermocht, als er von ihr beeinflußt
wurde. In fast jedem Dorfe und jeder Stadt Südindiens ist ein Altar oder
Symbol der Gräma-Devata zu sehen, und überall wird sie periodisch an-
gebetet und wohlwollend zu stimmen gesucht. Whitehead beschreibt ein-
gehend die Gebräuche bei der Verehrung lokaler Gottheiten in allen Teilen
der Präsidentschaft Madras In der Hauptsache stimmen sie allenthalben
überein. Die den Dorfgottheiten geweihten Andachtsstätten sind in der
Regel viel weniger imposant als die brahmanischen Tempel der Umgegend.
Sehr häufig sind sie sonst nichts als eine kleine Einfriedigung mit einigen
Steinen in der Mitte; manchmal ist gar keine besondere Andachtsstätte vor-
handen. Wenn Seuchen und Hungersnot einen Ort heimsuchen, so ist es die
Dorfgottbeit, die die Bewohner um Schutz anrufen. Siva und Vishnu mögen
als würdigere Wesen gelten, aber die Gräma-Devata wird als die nächste
Helferin angesehen. Der Ursprung dieser Form des Hinduismus liegt im
Dunkel vorgeschichtlicher Zeit; es ist wahrscheinlich, daß sie eine vorarische
Religion repräsentiert, die durch brahmanischen Einfluß mehr oder weniger
modifiziert wurde. Der Verfasser meint, daß sie mit dem Totemismus in
engster Beziehung steht Doch muß betont werden, daß Dorfgottheiten oft
in der jüngsten Vergangenheit entstanden sind, und noch heute ist es möglich,
sie im Werden zu beobachten; namentlich Personen, die unter außergewöhn-
lichen Umständen den Tod finden, können leicht zum Range örtlicher Gott-
heiten emporsteigen. Mit sehr wenigen Ausnahmen sind die Dorfgottheiten
weiblich. Im Tamillande hat nahezu jede Göttin einen männlichen Gefährten,
von dem angenommen wird, daß er ihren Altar bewacht und ihre Befehle
ausführt; ein männlicher Gott, Iyenar, hat eigene Andachtsstätten und gilt
als der nächtliche Beschützer der Dörfer. Im Telugulande wird Potu-Räzu
verehrt, und zwar teils als Bruder und teils als Gatte oder auch bloß als
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 147
Gefährte der Dorfgöttin. Mit diesen und wenigen anderen Ausnahmen sind
die Götter entschieden den Göttinnen untergeordnet. Vom brahmanischen
Kult unterscheidet sich der Kult der Dorfgottheiten ferner dadurch, daß man
diesen fast allgemein Tieropfer darbringt. Büffel, Schafe, Ziegen, Schweine
und andere Tiere werden nicht selten zu Tausenden geopfert, und die Opfer-
feste arten zu wilden Kundgebungen und Gelagen aus, die mitunter Wochen
hindurch andauern. An den Opfertieren werden unerhörte Grausamkeiten
verübt, die abzustellen der britisch-indischen Regierung nicht leicht fällt.
Einige Gebräuche erinnern daran, daß ehedem selbst Menschenopfer den
Ortsgottheiten dargebracht wurden. Im Tamillande sind Tieropfer nicht so
häufig wie in anderen Gebieten der Präsidentschaft Madras, was als Ein-
wirkung des Brahmanismus gilt, der dort in der Bevölkerung stärker wurzelt
als sonstwo in Südindien. Dem Gott Iyenar werden überhaupt keine Tier-
opfer dargebracht. Als Priester der Dorf gottheiten, „Pujaris", dienen gewöhn-
lich nicht Brahmanen, sondern Angehörige anderer Kasten, zumeist jener,
welche die unterste gesellschaftliche Stufe einnehmen. Wenn Brahmanen als
„Pujaris" amtieren, so geschieht es nur bis zum Zeitpunkte des Beginnes der
Tieropferung, worauf andere Personen das Amt des Priesters übernehmen.
Fehlinger-München.
174. L. Lapicque: Reoherches sur l'ethnogönie des Dravidiens.
Compt. rend. des s&mces de la Soc. de biologie 1907.
Tome LVIII, p. 949ff. et 1019f£.
Die im Auftrage des französischen Unterrichtsministeriums seitens
Lapicques vorgenommene anthropologische Untersuchung der drawidischen
Bevölkerung in Hindostan ergab bei dem Stamme der Kader Dolichokephalie
mit einem Schädelindex von 73,3, eine kleine Gestalt (156 cm im Mittel).
Die Kader leben in einer Seehöhe von 6 bis 1000 m; in einer Höhe von
1200 m leben die Mondower, welche sozial viel höher stehen und denen die
ihnen dienende Kaste der Poulayer Untertan ist. Die letzteren nähern sich
mit den Kadern sehr stark dem Negertypus, was ebenfalls von ihren Nachbaren,
den Malassern, gilt.
In demselben Gebirge leben ferner zwei drawidische Gruppen, die Tamul
und die Malabar. Lapicque untersuchte ferner 31 tamulische Sudras und
ermittelte bei ihnen als mittleren Nasenindex 74, Schädelindex 78, Körper-
höhe 161 cm; weiter 42 Parias mit einem Nasenindex 77,7, Schädelindex
76,7, Körperhöhe 162cm. Bei 43 Malassern fand er 79 Nasenindex, 76,2
Schädelindex und 159 Körperhöhe. Dr. Oskar von Hovorka-Wien.
175. Dean C. Worcester : The non-christian tribes of Northern Luzon.
Phil. Journ. of Science 1906. Bd. I, p. 791-875. Mit 67 Taf.
Über die nicht-christliche Bevölkerung in Nordluzon (dem nördlich des
Breitengrades von Manila gelegenen Teile der Insel) war bis zur Zeit der
Abtretung der Philippinen an die Amerikaner sehr wenig Tatsächliches be-
kannt. Erst die Forschungen von Dr. Barrows, Reed, Jenks, M. L.
Miller, Kapitän Nathorst, Leutnant Gase und besonders die von Dean
C. Worcester haben wichtige Aufschlüsse über die Ethnographie dieses
Gebietes gebracht. Prof. F. Blumen tritt gibt in seinem „ Alphabetischen
Verzeichnis der eingeborenen Stämme der Philippinen" (1890) für Nord- Luzon
36 verschiedene Stämme an; der von Mitgliedern der Jesuitenmission zu
Manila verfaßte Bericht über die Philippinen und ihre Bewohner („Report of the
Philippine Commission" 1900, Bd. 3, S. 333 bis 412) verzeichnet hier 26 Stämme.
10*
148 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie«
In Wirklichkeit ist deren Zahl viel geringer; sowohl Blumentritt, die
Jesuiten, wie andere Autoren stützten sich hei ihren Einteilungen fast aus-
schließlich auf die Stammesbezeichnungen, wobei ihnen entging, daß ein und
derselbe Stamm örtlich verschiedene Namen hat. Dr. Barrows, der diesen
Irrtum als erster feststellte, unterschied in Nord-Luzon bloß vier Stämme:
die Negritos, die Igoroten, die Uongoten und die Bukidnon; die Igoroten
teilte er wieder in mehrere „ Dialektgruppen tt ein. Worcester macht hier-
gegen Einwendungen, weil in Barrows 1 Klassifikation z. B. die zivilisierten
Tingianen in der Provinz Abra, die köpf jagenden Igoroten von Bontoc und
andere kulturell voneinander abweichende nicht- christliche Philippiner, die
teilweise auch in ihrer körperlichen Erscheinung differieren (obzwar nur in
geringem Maße), als ein Stamm zusammengefaßt werden. Er faßt als Stamm
die Abteilung einer Rasse auf, welche aus Individuen von gemeinsamer Ab-
stammung besteht, die unter sich in der physischen Eigenart, Kleidung,
Schmuck, der Natur der Gemeinschaften, die sie bilden, den Besonderheiten
des Hausbaues, den Methoden der Jagd, Fischerei und Bodenkultur, der Art
und Bedeutung der Gewerbe, der Bewaffnung und Kriegführung, in den
Heirats- und Begräbniszeremonien übereinstimmen und sich in diesen Punkten
von ihren Rassengenossen unterscheiden, jedoch nicht notwendigerweise eine
politische Einheit bilden und denselben Dialekt reden. — Eine politische
Einheit, wie es z. B. bei den nordamerikanischen Indianern der Fall war,
bildet keiner der philippinischen Stämme; ihre Sprachen sind so wenig
erforscht, daß die Stammeseinteilung auf Grund der Sprach Verschiedenheit
gegenwärtig unmöglich ist. — Wenn man von dem Kulturbesitz absieht und
nur die Körpermerkmale betrachtet, so lassen sich in Nord-Luzon vier nicht-
christliche Bevölkerungsgrappen unterscheiden: die Negritos, die Uongoten
(Negrito-Malaienmischlinge), die Kalinganen (ein vermutlich mit Chinesen oder
Japanern vermischter Stamm) und die Malaien. In wie viele Stämme die letzt-
genannten zu gliedern sind, ist schwer zu entscheiden. Worcester nimmt
die folgende Einteilung an: 1. Negritos, 2. Uongoten, 3. Kalinganen, 4. Ifugaos,
5. Bontoc-Igoroten, 6. Lepanto-Benguet-Igoroten, 7. Tingianen. (Die Kalin-
ganen , Ifugaos oder Silipanen und Tingianen behandelt Barrows als
„ Dialektgruppen tt des Igorotenstammes.) Worcester verzeichnet vor allem
die Synonyme, die für jeden Stamm gebräuchlich sind, sodann beschreibt er
das Wohngebiet, den physischen Charakter, Kleidung, Schmuck, Behausung,
Beschaffung des Lebensunterhalts, Waffen, Kriegführung und gesellschaft-
liche Gepflogenheiten. Die territoriale Gruppierung der Stämme soll etwas
näher betrachtet werden. Die Negritos sind jetzt noch zahlreich in den
Bergen von Bataan und Zambales und in der östlichen Bergkette Nord-Luzons,
die sich von Kap Engaüo bis Baier erstreckt; in beschränkter Anzahl findet
man sie in den bergigen Gebieten der Provinzen Rizal, Bulacan, Pampanga,
Tarlac, Pangasinan und Nord-llocos. Nur wenige erhielten sich in Nueva
Ecija und Abra. Der weite Landstrich zwischen dem Rio Grande de Cagayan
und dem Ablugflusse (Provinz Cagayan) ist vorwiegend von Negritos be-
völkert; sie sind außerdem in einem Teile der Provinz Tayabas anzutreffen.
Das Wohngebiet der Uongoten ist der Süden und Südosten der Provinz
Isabela, das östliche Nueva Vizcaya, die Berge längs der Grenze von Nueva
Ecija und Tayabas, die ehemalige „Commandancia" Infanta (die nun ein
Teil der gleichnamigen Provinz ist); einige isolierte Ansiedelungen liegen
bei Dupax in Nueva Vizcaya. Die Kalinganen leben an den Ostabhängen
und in den Flußtälern der Zentralkordillere ; an einigen Orten dehnen sich
ihre Niederlassungen in die Ebenen von Isabela und Cagayan aus, und ein
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 149
Zweig des Stammes befindet sich an der pazifischen Küste. Die lfugaos
sind im nordwestlichen Nueva Vizcaya konzentriert, von wo sie in das süd-
westliche Grenzgebiet der Provinz Isabels übergreifen; ihre Wohnsitze sind
von jenen der Bontoc-Igoroten, die im Norden und Osten der lfugaos,
und zwar hauptsächlich in Bontoc, leben, durch hohe Gebirge getrennt. Die
Benguet-Lepanto-Igoroten bewohnen die ganze Provinz Benguet, die
angrenzenden Berge der Provinz Union, die Subprovinz Amburayan mit Aus-
nahme der Ansiedelung Sigay, wo Tingianen leben, die Hügel an der Grenze
von Amburayan und Süd-Ilocos und die Subprovinz Lepanto, wo außerdem
nur noch einige Ansiedelungen der Tingianen gelegen sind. Die Tingianen
haben ihren Hauptsitz in Abra, sowie zahlreiche Niederlassungen in den öst-
lichen Bergen von Süd-Ilocos, Nord-Üocos, im Ablugt al, in der Zentralkordillere,
am Saltanfluß usw. — Wie bereits bemerkt, sind die zwischen den zuletzt
angeführten vier Stämmen bestehenden körperlichen Unterschiede, die Wor-
c est er beschreibt, nicht sonderlich bedeutend und als lokale Variationen
leicht zu erklären. Auf die Lebensweise der nicht- christlichen Bewohner
Nord-Luzons, welche in dem vorliegenden Aufsatz ausführlich geschildert ist,
soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden; es genügt, zu bemerken,
daß mit Ausnahme der Tingianen von Abra alle Stämme auf einer
niedrigen Kulturstufe stehen und vorwiegend noch äußerst primitiven Wirt-
schaftsmethoden anhängen. H. Fehlinger-München.
176. Richard Sehmidt: Fakire und Fakirtum im alten und modernen
Indien. Yogalehre und Yogapraxis nach den indischen Original-
quellen dargestellt. Mit 87 erstmalig veröffentlichten Reproduk-
tionen indischer Originalaquarelle in füuffarbigem Stein-
druck und zwei Abb. VII, 229 S. gr.-8°. Berlin, Herrn,
ßarsdorff, 1908.
Wenn Schmidt nicht gerädert, gespießt, zerrissen und verbrannt werden
sollte, so liegt die Schuld nicht an der mangelnden Bereitwilligkeit der Spiri-
tisten, Medien, Somnambulisten , Handaufleger, Gesundbeter und sonstiger
Wundertäter, sondern nur an unseren modernen Gesetzgebungen, die keine
Strafbestimmungen für diejenigen mehr enthalten, so da an dem heiligsten
und unausrottbarsten Afterglauben der Menschheit zu rütteln wagen. Man
wäre beinahe versucht zu glauben, er schildere das Fakirtum nur darum,
um sich über den Zauber- und Wunderglauben unserer verehrlichen mittel-
europäischen Zeitgenossen weidlich lustig zu machen. Doch nein, das ist ein
grundgelehrtes Werk eines unserer tüchtigsten Sanskritphilologen, der natur-
wissenschaftlich denkt und bei allem Forscherernst nie seinen Humor ein-
büßt Mit Recht betont er, für die Geschichte der Hypnose, z. B. der Auto-
suggestion, sei die Kenntnis des Yoga unentbehrlich. Zwar hat ein ameri-
kanischer Ethnologe in gleicher Weise die Kunststücke der indianischen
Schamanen aufgedeckt, doch sein in den Publikationen der Smithsonian
Institution erschienenes Werk fand in Europa nicht jene Beachtung, die dem
Buche eines Schmidt sicher ist; denn der bespricht die Inder, die unsere
nächsten Sprachstammverwandten und uns auch literarisch näher vertraut
sind. Ihre Askese, ihr Askesentum, die Wundertaten ihrer Yogins und deren
Philosophie ist Glaube von unserem Glauben, und wir Europäer haben wahr-
scheinlich in allen historischen Zeiten eine gewisse Fühlung mit den Indern
gehabt. Dessen wird man sich so recht aus der Lektüre dieses in jeder
Hinsicht wertvollen Buches bewußt. Das ist ein bedeutsames Kapitel mensch-
lichen Glaubens, das uns zu einem der lange verkannten Ursprünge aller
150 A.' Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Religionen hinleitet. Die in ihrer Art einzigen Bilder begrüßt man als eine
sehr willkommene Zugabe zu dem Buche, nur wäre eine Verdeutschung der
indischen Überschriften erwünscht. Friedrich S. Krauss-Wien.
177. J. Deniker et Bonifacy: Les Annamites et les Cambodgiens.
Bull, et M£m. de la Soc. d'anthrop. de Paris 1907. Tome VIII,
p. 106—115.
Die Kolonialausstellung zu Marseille gab den beiden Verfassern Gelegen-
heit, gegen 50 männliche Eingeborene von Indochina anthropologisch aufzu-
nehmen. Die Ergebnisse dieser Messungen werden mit denen anderer Autoren,
sowie mit denen verglichen, welche Deniker früher gelegentlich der Pariser
Weltausstellung und Bonifacy in Tonkin und China selbst vorgenommen
hatten.
Ein Vergleich der Maßzahlen an den Annamiten des Nordens (133 Ton-
kinesen) und des Südens (92 Conchinchinesen) läßt nur ganz unmerkliche
Unterschiede zwischen beiden Gruppen erkennen. Die Körperlänge beträgt
bei den ersteren etwas mehr als bei den letzteren (1584 gegenüber 1578
oder 1581). Der Schädelindex ist bei beiden ziemlich der gleiche (83 und
82,8). Der Nasenindex stellt sich bei den Tonkin es en etwas höher als bei
den Conchinchinesen (86 zu 83,6). Desgleichen begegnet man den schräg
verlaufenden, geschlitzten Augen ein wenig häufiger bei den Tonkinesen.
Die Annamiten des Inneren scheinen etwas kleiner und weniger brachykephal
als ihre nördlichen und südlichen Staramesgenossen zu sein, ihr Nasenindex
bringt sie aber den Conchinchinesen näher. Indessen sind diese Behauptungen
wegen des geringen Materials aus der dritten Gruppe noch mit Vorbehalt
aufzunehmen.
Im allgemeinen kann man die Annamiten charakterisieren als Menschen
von kleiner Statur (ungefähr 158 m), Subbrachykephalie (83), Mesorrhinie
mit Neigung zur Platyrrhinie (84,9) und mit geschlitzten, schrägen Augen
in 8 / 4 der Fälle. Buschan- Steilin.
178. L. Steiner: Einiges über die Augen der Javaner. Zeitschrift
f. Morphol. u. Anthropol. 1907. Bd. X, H. 3, S. 481—484.
Steiner hat wohl zuerst auf Pigmentation der menschlichen Conjunctiva
bulbi, und zwar an erkrankten Augen von Javanern aufmerksam gemacht
und den Sitz des Pigmentes nachgewiesen. Gleiches Pigment konnte Ref.
(s. Zentralbl. 1906, Bd. XI, S. 134) in der normalen Conjunctiva des Auges zahl-
reicher dunkler Rassen konstatieren, deren „ Weißes im Auge" schon früher
als „dunkel", „bräunlich" usw. beschrieben war. Eine gute Abbildung
solcher Augen fehlte, und Verfasser hat das Verdienst, auf des Referenten
Bitte eingehend, solche zu liefern. Er legt in tadellos schönen, farbigen und
äußerst natürlich wirkenden Bildern sechs Augen von Javanen vor, drei von
normalen Individuen, die die braune Färbung des Augweißes sehr schön
zeigen, zwei von Tracbomkranken und eines mit einem auf dem Lidrand
reitenden und einem auf dem Augapfel sitzenden Pigmentmal (Naevus).
Der beschreibende Text enthält einige willkommene Maßangaben über
die Größe der Lidspalte, die kleiner als die europäische ist, und die des
Hornh au t durch meß ser s (vielleicht auch etwas kleiner).
E. Fischer-Freiburg t. B.
179. Fritz Sarasin: Versuch einer Anthropologie der Insel Celebes»
2. Teil: Die Varietäten des Menschen auf Celebes. Materialien
A. Heferate. Ethnologie und Ethnographie. 151
zur Naturgeschichte der Insel Celebes. Bd. V, Teil 2. 163 S.
mit 22 Tafeln in Lithographie und Lichtdruck. Wiesbaden,
Kreideis Verlag, 1906. Preis hOJt.
Wenngleich die Vettern Sarasin auf ihrer Bereisung der Insel Celebes
den anthropologischen Forschungen viel weniger Beachtung schenkten, als
den geographischen Zielen, so dürfte das vorliegende Prachtwerk doch
trotz seines immer noch lückenhaften Charakters die Bezeichnung eines
„Standard -work u verdienen, da es zum ersten Male in die bisher recht
dunkeln anthropologischen Verhältnisse der Insel einiges Licht bringt.
Im ersten Abschnitt (S. 1 bis 22) gibt der Verfasser unter Beifügung
einer geographischen Karte einen Überblick über die Verteilung der Bevölke-
rung auf Celebes, im zweiten (S. 22 bis 29) macht er Mitteilungen über das
Material, auf welchem die anthropologischen Ergebnisse beruhen, sowie über
seine Untersuchungsmethoden. Es wurden auf den Reisen im ganzen
130 Personen photographisch und anthropologisch (Farbe des Gesichtes und
der Haare, zumeist auch Körpermessungen) aufgenommen. Skelett- und
Schädelreste standen dem Verfasser nur sehr wenige zur Verfügung. Das
osteologische Material bestand, abgesehen von den Schädeln der „Ur-Toala tt ,
nur in einem vollständigen Skelett eines makarassischen oder buginesischen
Mannes, sowie in fünf Schädeln aus Samboang und sieben aus Bira. Im
dritten Abschnitt (S. 30 bis 40) wendet sich Verfasser sodann der „ Ein-
teilung der Menschen Varietäten auf Celebes u zu. Legt man die Sprache als
Einteilungsprinzip zugrunde, dann besteht nach Prof. R. Brandstetters
Untersuchungen, die im Original mitgeteilt werden, ein deutlicher Gegensatz
zwischen den Idiomen der Provinz Minahassa (und zum Teil auch von
Bolaäng-Mongondow), in denen ein philippinisches Element steckt, und denen
des übrigen Celebes. Die Ethnographie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.
Nach Richters Untersuchungen -handelt es sich in dieser Hinsicht bei der
Bevölkerung von ganz Süd-, Südost-, Ost-, Zentral- und des westlichen Nord-
Celebes um eine ethnographische Einheitlichkeit, in der Minahassa aber und
teilweise auch in Bolaäng-Mongondow um fremdartige Bevölkerungselemente.
Dasselbe bestätigen die anthropologischen Erhebungen. Der Verfasser ist
gelegentlich dieser Studien aber zu der Überzeugung gekommen, daß, wenn
man von der Bevölkerung Minahassas absieht, die Einheitlichkeit der Be-
völkerung der übrigen Insel nur eine scheinbare ist. Über den ganzen Rest
läßt sich eine der herrschenden Bevölkerung gegenüber tiefere und ältere
Besiedelungsschicht anthropologisch in Trümmern nachweisen, welche man als
„Urbevölkerung" ansehen kann. Sarasin bezeichnet diese als die Toäla-
Schicht. Über sie legt sich nun breit die große Masse von Stämmen, welche
man als Toradja bezeichnet. Hierzu zählen noch die Makarassen und Bugis
der südlichen Halbinsel, oberflächlich mohammedanisierte oder christianisierte
Toradjastämme (allerdings wahrscheinlich noch mit Blut aus dem westlichen
Teile des Archipels vermischt) und die Stämme von Nord-Celebes bis nach
Bolaäng-Mongondow hinein, wo sie mit dem dritten unterscheidbaren Be-
völkerungselement in Berührung kommen, mit den Min ah assern, deren reinste
Form die vier Stämme der Toumbulu, Toumpakewa, Tounsea und Toundano
vorstellen.
In den nächsten drei Abschnitten (S. 41 bis 115) werden diese drei
Bevölkerungsschichten nun auf Grund der Erhebungen unserer
Reisenden, sowie der sonst in der Literatur zerstreuten Angaben
geschildert; eine vorzügliche Erläuterung hierzu bilden Tafel II bis XXII,
die recht gelungene und auch künstlerisch wiedergegebene Typen enthalten.
152 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Zu der Toalaschicht rechnet Verfasser zunächst die eigentlichen
Toala im Gebiet von Lamontjong (Süd-Celebes), Maläwa (nördlich von Tjamba)
und wahrscheinlich auch in dem Bergdistrikt von Lamuru; die Toala sind
schon stark mit bugischem Blute versetzt. Ferner gehören ihr an die Tomuna,
die den alten Typus der Urbevölkerung fast noch reiner bewahrt haben als
die ersteren, sowie die Tokea im Innern der Halbinsel. Außerdem glaubt
Sara sin im inneren Teile der Insel zerstreut noch „Toaloide" gesehen zu
haben, die dorthin durch Zufall verschlagen wurden oder geflohen waren. —
Die Sage hat noch eine deutliche Erinnerung an früher in Zentral-Celebes
vorhanden gewesene kleinwüchsige Volkastamme bewahrt, die anscheinend in
Höhlen lebten (wie die Toala). Für die heutige Urbevölkerung stellt sich die
mittlere Höhe auf 156,1 cm (30 Männer), bzw. 145,4 cm (20 Frauen).
Der zweiten, der Toradja-Schicht, gehört die große Masse der Be-
völkerung der Insel an, heidnische und mohammedanische Stämme. Diese
weisen untereinander nicht unerhebliche anthropologische Unterschiede auf,
die allerdings stets durch Zwischenglieder vermittelt werden, so daß man den
Eindruck einer von tieferen Zuständen zu höheren führenden Stufenleiter
gewinnt. Die anthropologische Schilderung dieser Stämme stößt auf große
Schwierigkeiten, da nur ganz spärliches Beobachtungsmaterial hierfür vor-
liegt. Verfasser will seine Darstellung daher auch nur als eine vorläufige
gelten lassen; es bleibt hier noch sehr viel zu erforschen übrig. Es werden
nacheinander geschildert die Toradja in der Gegend von Paloppo, die Tope-
bato, die diesen anthropologisch sehr nahe stehen, die Bergstämme des west-
lichen Zentral-Celebes, im besonderen die Tobada, eine besonders hoch
entwickelte Gruppe der Toradja-Schicht, die auch etwas höher und heller
sind und eine feinere Gesichtsbildung aufweisen als die beiden ersten Gruppen,
sowie die ihnen verwandten Tobesoa, Tonapu und Tokulawi, die eine Zwischen-
stellung zwischen den hoch entwickelten Tobada und der derberen Form der
Topebato einnehmen, weiter die Stämme der südöstlichen Halbinsel, die Tome-
kongka und Toialaki, sodann die Bugis und Mak&ssaren, die beide gleichsam
eine anthropologische Einheit bilden, und die Gorontalesen.
Über die Minahasser liegt trotz der zahlreichen Arbeiten über die von
ihnen bewohnte Provinz doch die anthropologische Kenntnis noch sehr im
argen. Soweit Sarasin sich ein Urteil hierüber bilden darf, ist es wahr-
scheinlich, daß die vier eigentlichen Stämme, die oben bereits angeführt
wurden, sich von den Bantiks und den südwestlichen Stämmen unterscheiden.
Leider standen zur Lösung dieser Frage dem Verfasser nur sehr wenig
Messungen zur Verfügung. Bezüglich der Herkunft dieser Volkselemente
vermutet er, daß sie mit der Bevölkerung der Philippinen, im besonderen den
Tagalen und Bisayas, verwandt sind. Es mag vorzeiten von Norden her
eine Völker Schiebung südwärts (und zwar zum Teil auf damals nooh vor-
handenen I^andbrücken) stattgefunden haben, die sich anthropologisch so-
wohl auf den Siau- und Sanghi- Inseln, als auch auf dem Nordostende von
Celebes nachweisen läßt. Die sprachlichen Ermittelungen stützen solche An-
nahme. Diese in der Minahassa in der ältesten Zeit bereits eingewanderten
Stämme fanden hier wahrscheinlich eine Urbevölkerung vor.
Das siebente Kapitel (S. 107 bis 115) bringt dann noch eine zusammen-
fassende Übersicht der anthropologischen Ergebnisse über die ver-
schiedenen Varietäten von Celebes. Die kleinstgewachsenen Stämme sind nach den
vorliegenden Messungen die Toala-Stämme (156,1 cm); es folgen ihnen in zu-
nehmender Reihenfolge die Tomekongka (156,4 cm), Gorontalesen (158,4 cm),
Paloppo - Toradja (159,8 cm), Bugis und Makassaren (162,2 cm), Tololaki
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 153
(163,4 cm), schließlich die Minahasser (164,7). Die am dunkelsten pigmentierten
Stämme sind die Toala (Gesichtsfarbe etwa 29 der Brocasohen Tafel); die
Toradja sind schon etwas heller (etwa 29 bis 30), die Minahassa die hellsten (etwa
30 bis 44). Der Kopfhaarbeschaffenheit nach sind die Toala- Stamme cymo-
trioh, alle übrigen Völkerstamme lissotrich. Die Gesichtsbehaarung ist bei
den Toala etwas stärker als bei den Toradja; die Bugis, -Makassaren und
Minahasser sind wieder reichlicher behaart. Die Vertreter der Toala- Stämme
sind graziler gebaut als die übrigen Stämme, die schwerer gebaut erscheinen.
Der Fuß der Toala-Stämtae zeigt nach vorn zu eine fächerförmige Verbreite-
rung, ferner in der Regel einen fast geraden Verlauf des inneren Fußrandes,
eine große Lücke zwischen der ersten und den übrigen Zehen und in vielen
Fällen eine Zudrehung der vier äußeren Zehen gegen die große. Diese, offen-
bar niedere, Fußbildung trifft man bei den übrigen Stämmen nur ganz
sporadisch an. Der Längenbreitenindex hat keine bemerkenswerten Unter-
schiede ergeben; höchstens kann man sagen, daß die Toala (Index 80,4)
noch an der oberen Grenze der Mesokephalie stehen, die übrigen aber deut-
lich braohykephal sind. Die Stirnbildung ist bei den Toala häufiger aus-
gesprochen fliehend und noch am häufigsten durch Vorwölbung der Arcus ge-
kennzeichnet. Die Gesichtsform dagegen zeigt deutliche Unterschiede. Bei
den reinen Vertretern der Toala ist das Gesicht kurz, breit, eckig und gegen
das Kinn zu verschmälert, bei den Toradja und Tomekongka dies nur noch
selten, vielmehr schon hoch oval, noch schmäler wird das Gesicht bei den
Bugis, Makassaren und Minahassern. Der Nasenindex zeigt eine beständige
Abnahme von den ultrachamaerrhinen Toala- Stämmen bis zu den an der
Grenze der Mesorrhinie stehenden Bugis, Makassaren und Minahassern. Die
Nase der Toala zeichnet sich öfters durch ihre Kleinheit (im Verhältnis zum
Gesicht), durch ihre Breite und zumeist tiefliegende Wurzel aus; sie hat auch
einen im Profil meist konkaven Rücken mit breiten Flügeln und häufig vor-
handener Naso-Malar- Falte. Bei den Toradjas kommt diese Nasenbildung
zwar auch noch, aber viel seltener vor. Die Lidspalte ist bei den Toala
durchschnittlich am weitesten geöffnet; die Minahasser fallen durch die Häufig-
keit einer Epicanthusbildung auf.
Im letzten Abschnitt (S. 116 bis 143) endlich zieht der Verfasser
einen Vergleich zwischen den celebensischen Menschenvarietäten
und den außercelebensischen Formen. Er konstatiert zunächst, daß
bisher nirgends auf Celebes wollhaarige Negrito- oder Papuaelemente an-
getroffen worden sind. Die Toala hält er für die Reste der Urbevölkerung,
die in der Urzeit aus Asien, vermutlich über die Javabrücke, dorthin ein-
wanderten. In eingebender Analyse zeigt er, daß die Weddas, Senoi und
Toala sowohl in somatischer, als auch ergologischer Hinsicht einander so nahe
stehen, daß sie alle drei als Angehörige einer gemeinsamen cymot riehen Ur-
bevölkerungsschicht angesehen werden können, die er als „weddaische u be-
zeichnet. Wie er weiter wahrscheinlich macht, muß sich ursprünglich eine
lückenlose Schicht weddaischer Stämme über den ganzen indischen Archipel
ausgebreitet haben. Die davon übrig gebliebenen Reste haben durch Ver-
mischung mit später eingedrungenen höheren Stämmen zahlreiche Modi-
fikationen erzeugt. Über die Reste der Urbevölkerungsschicht, die Verfasser
unter Mithineinziehung von Malakka und den Philippinen als weddaisoh-
nigritische bezeichnet, legte sich die große Bevölkerungsmasse, die er als
malaiische oder malaiisch-mongolische benennt. Verfasser berührt sodann das
Verhältnis der sogenannten Indonesier oder Ur- bzw. Prämalaien und der
Malaien. An der Hand zahlreicher Beispiele aus der Literatur zeigt er, daß
154 A. Referate. Ethnologie and Ethnographie.
hinsichtlich der vier körperlichen Merkmale, Körperlänge, Hautfarbe, Haar-
beschaffenheit und Kopfform, zwischen diesen beiden Völkergruppen keine
tiefgreifende Unterschiede besteben, weshalb solche prinzipiellen Gegensatze,
wie diese beiden Bezeichnungen, ihm nicht angebracht erscheinen. Jedoch
läßt er gelten, daß es abgeschlossene und reinblütigere Stämme auf der einen
Seite und solche auf der anderen gibt, bei denen Mischung in den ver-
schiedenen Graden und mit den verschiedensten Elementen vorhanden iat.
Er schlägt daher vor, seine „malaiische Schicht" in eine „proto- oder rein-
malaiische Schicht u und in eine „deutero- oder misch -malaiische Schicht
zu unterscheiden; zu ersterer rechnet er z. B. die Hattak, Dajak, Teng-
geresen, Igorroten usw., zu letzterer die Küstenmalaien und die Misch-
völker des Archipels, vor allem die Javanen. Die Entstehung der proto-
malaiischen Schicht sucht er in Hinterindien, ob aber aus weddaischer oder
einer anderen Wurzel, bleibt diskutierbar. Was Celebes anbetrifft, so würden
zur proto- malaiischen Schicht zu rechnen sein die Toradja (mit Ausnahme der
zur Urbevölkerung gehörigen Formen), die Bugis und Ma Vassaren zum über-
wiegenden Teile, sowie die Bewohner im Innern der nördlichen Halbinsel, wie
Gorontalesen, Mongondower und Minahasser, zur deutero- malaiischen Schicht
die Küstenformen der ganzen Insel, z. B. ein Teil der Bugis und Makassaren,
die Leute von Mandar, Kaili und des Tomini - Golfes , die Küsten -Goron-
talesen usw.
Trotzdem Verfasser seine überaus fleißige und geistreiche Arbeit nur als
einen „Versuch" bezeichnet, bedeutet sie doch für die Forschung ein grund-
legendes Werk und bietet eine Fülle von Anregungen zu neuen Unter-
suchungen. Buschan- Stettin.
180. W. L. H. Duckworth: On the brains of aboriginal natives of
Australia in the Anatomy School, Cambridge Universitär.
Jouru. of anat. and phybiol. 1907. Vol. XLII, p. 63—87 uml
176—197.
Eine ausführliche (die erste) Beschreibung von vier Australiergehirnen;
nicht nur auf die äußere Form, sondern auch auf alle Furchen wird genau
eingegangen. Für erstere waren die Gehirne aber wohl zu schlecht kon-
serviert, um dar au 8 Schlüsse zu ziehen. Bei der Beschreibung werden immer
Vergleichungen mit anderen Rassen und fötalen Formen angestellt; der Be-
schreibung sind eine Reihe Zeichnungen beigefügt, die das Auge durch Schärfe
der Darstellung erfreuen. Leider werden die tiefen Gyn nicht angegeben.
Prozentsätze nach vier Gehirnen zu berechnen, hat wohl keinen Zweck. Wohl-
tuend in allen Arbeiten Duckworths wirkt seine scharfe Einteilung, wo-
durch das Nachschlagen sehr erleichtert wird. Auf die Details kann hier
nicht eingegangen werden. J. IL F. Kohlbrugge- Utrecht.
181. N. W. Thomas: Australian marriage customs. Folk-Lore 1907.
Vol. XVIII, Nr. 3, p. 306-318.
182. N. W. Thomas: Addenda to Australian canoes and rafts.
Journ. of the Anthropol. Instit. 1906. Vol. XXXVI, p. 409
—412.
In der ersten Arbeit polemisiert Thomas gegen Howitt, dem er eine
Reihe von Unklarheiten und Widersprüchen in seinen Angaben über die
Gruppenehe in Zentral - Australien nachweist. In dem zweiten Aufsatz
ergänzt er die Angaben seiner bekannten Arbeit über Canoes und Rafts
A. Referate. Ethnojogie und Ethnographie. 155
(s. ZentralbJ. 1906, XI, S. 220), ohne daß das Verbreit ungabild der Typen
irgend wesentlich verschoben wird. Vielleicht die wichtigste Ergänzung ist
das Vorkommen sehr kleiner Einbäume in der Gegend von Richmond. Nörd-
lich der Moreton-Bai 6ollen menschliche Köpfe als Boot Verzierungen dienen;
ob es sich um Schädel oder geschnitzte Köpfe handelt, ist nicht gesagt; hier
wäre wörtliches Zitat der Quellenangabe erwünscht gewesen.
F. Graebner-Cöln a. Eh.
183. W. Schmidt: Die geheime Jünglings weihe der Karesau-
Insulaner (Deutsch-Neu-Guinea). Nach den Mitteilungen des
Karesau - Insulaners Bonif az - Tamatai - Pritak. Anthropos 1907.
Bd. II, S. 1029—1056.
Der Aufsatz beginnt eine Serie von Abhandlungen über die Ethnologie
der Insel Karesau, einer der Scharten - Inseln. Der Gewährsmann ist als
Missionsschüler von Tumleo nach St. Gabriel gesandt worden, wo der Ver-
fasser ihn methodisch ausgeschöpft hat. Der vorliegende Artikel berechtigt
zu der Hoffnung, daß die ganze Serie eine wesentliche Bereicherung unserer
Kenntnisse darstellen wird. Die Initiationszeremonien der Insel zeigen deut-
lichen Mischtypus. Zu dem Masken wesen von Ost - Melanesien zeigen sich
nicht nur allgemeine Beziehungen, sondern die Formen der Masken Menoin-
poim und Wipor und vor allem ihre Charakterisierung als Mann und Weib
erinnern deutlich an den Duk-Duk. Auf der anderen Seite sind die Be-
ziehungen zu den australischen Jünglingsweihen unverkennbar; ich nenne
nun die Circumcisio im Gegensatz zur polynesischen Incisio und die Durch-
bohrung des Penis, das einzige bisher bekannte melanesische Analogon zu
der australischen Subincisio. Dazu kommt das Auftreten der Vogelgeister
und des Geistes, der die Jünglinge frißt, übrigens ebenfalls durch den Kasuar
repräsentiert wird, ferner eine Art Feuerzeremonie. Die Geisterhäuser und
Geisterflöten fügen sich dem gesamten Bestände des westlichen Neu-Guinea
ein, während die Institution der „Paten" ebenfalls für Australien typisch ist.
Von Bedeutung ist die Rolle, die der Morgenstern spielt. Unklar bleibt, was
der von den Jünglingen errichtete Pfahl und der von ihnen geschmückte
Baum meinen. Für die Feststellung etwaiger Kulturzusammenhänge wesent-
lich ist ferner die Sitte des Bluttrinkens; auffallend ist es aber, daß wir sogar
den Ameisenbiß südamerikanischer Initiationsriten wiederfinden. Jedenfalls
dürfen wir auf die weiteren Teile der Publikation gespannt sein. Da die
Sprache „melanesisch" ist, haben wir in der Kultur irgend welche Verwandt-
schaft mit Polynesien zu erwarten. Andererseits beweist die vorliegende
Arbeit, daß daneben und darunter die Elemente der ältesten Südseekulturen
in kompakter Masse erhalten sind. F. Graebner-Cöln a. Eh.
184. R. Poch: Bericht über meine Reise nach Neu-Guinea. Sitz.-
Ber. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-nat Kl. Vol. CXIV,
I, u. CXV, I. Wien 1905 u. 1906.
186. R. Poch: Reisen in Neu-Guinea in den Jahren 1904 bis 1906.
Zeitschr. f. Ethnol. 1907. Bd. XXXIX, Heft 3, S. 382—400.
186. R. Poch: Einige bemerkenswerte Ethnologika aus Neu-Guinea.
Mitt. d. Anthropol. Ges. in Wien 1907. Bd. XXXVII, S. 57
—71.
Verfasser hat auf seiner Reise, die ihn vorübergehend auch nach Australien
und den britischen Salomonen führte, in Neu-Guinea vor allem bei den Mo-
156 A.* Referate. Ethnologie, und Ethnographie.
numbo in der Gegend von Potsdamhafen, den Kai im Hinterlands von Finscb-
hafen, an der Nordostküste des britischen Gebietes bei Cape Nelson und Cape
Vogel, bei den Kaia-Kaia — sonst Tugeri genannt — und auf Neu- Irland im
mittleren Inselteil, angelehnt an die neue Regierungsstation Namotanai,
anthropologisch und ethnographisch gearbeitet. Von Potsdamhafen bringt er
interessante Einzelheiten über die Herstellungtorte verschiedener Ethnologika
und die Handelsbeziehungen der Stämme. Ein Kulturzentrum scheint ihm
im Mündungsgebiet des Augustaflusses zu Hegen. Ein Irrtum ist es freilich,
daß man bisher eine strenge Isolierung der Eingeborenenstämme angenommen
habe. Totemismus konnte er als soziale Einrichtung dort nicht feststellen,
während er den beobachteten Tänzen vielleicht zugrunde liegt. Der Text
der Tanzgesänge ist den Tänzern selbst unverständlich, was an australische
Verhältnisse erinnert. Von den Kai ist die Feststellung pygmäenhafter Typen,
sowie die Schutzdecken aus Rindenzeug gegen Pfeilschüsse zu erwähnen, bei
den benachbarten Poum die Feuer sage; übrigens ist die angeführte Inter-
pretation der Koiari- Säge- Methode durch Frobenius irrig, der Rotangstreifen
läuft nicht um das Holz herum, sondern tangiert es nur. Bei weitem die
wichtigsten Ergebnisse brachten die Forschungen an der britischen Nordost-
küste. Ich nenne die Tänze und das verblaßte Totemsystem der Kworafi.
die Entdeckung einer Papuasprache in diesem Gebiete, die Feststellung von
Bevölkerungsverschiebungen und die Ausgrabungen, die eine Jetzt dort un-
bekannte Töpferei und vor allem eine Ornamentik zutage förderten, die den
Osten von Neu -Guinea eng mit westlichen Bezirken, z. B. des Augusta- und
Fly- Flusses, sowie der Tugeri, verknüpft. Inzwischen sind auch in England
analoge Funde publiziert. Interessant sind auch die Trauerkappe und -jacke
von Cape Nelson. Von den Kaia-Kaia ist das ausgebildete Totemsystem und
die Jünglingsweihen, bei denen ein „Riese" die Hauptrolle spielt, Masken-
tänze mit Tiermasken, die Beziehungen zu den Inseln der Torresstraße er-
geben, und der Handel zu nennen, der dem Stamme z. B. die Keulensteine
aus dem Hinterlande zuführt. Von Neu- Irland sind die Angaben über Trepa-
nation, Über Begräbnisstätten und eine kanulose Küstenstrecke bei Namatanai
herforzuheben. In dem Abschnitt über Reiseausrüstung scheint es fraglich,
ob nicht die wissenschaftliche Bedeutung kinematographischer Aufnahmen
überschätzt ist. F. Gr 'aebner- Cöln a. Bh.
187. A. Hahl: Das mittlere Neu - Mecklenburg. Globus 1907.
Bd. XCI, Nr. 20, S. 310—316.
Verfasser gibt zunächst eine Darstellung der ethnischen Gliederung von
Neu -Irland, die sich fast genau mit der von mir in Stephan-Graebner
„Neu-Mecklenburg u skizzierten deckt, sodann eine genauere geographische
Übersicht des mittleren Inselteils. Die Bewohner werden als Melanesen an-
gesprochen, wobei die angegebenen Charakteristika für diese Völkergruppe
freilich der Prägnanz entbehren. Die materielle Kultur wird als in De-
generation befindlich bezeichnet. Im Hausbau wird Buka- Einfluß über Lihir
her angenommen. Das Urteil, daß es staatliche Verbände nicht gebe, beruht
natürlich auf europäischem Staatsbegriff. Die soziale Gliederung ist in
ihren Grundzügen durch Stephan bekannt. Der Grund und Boden soll an
H e irat 8kl as sen verteilt sein. Sicher als schief anzusehen ist die Angabe, daß
die Sippen sich meist dauernd befehdeten. Welcher Art die Unterabteilungen
der Klassen sind, ob etwa eine gewisse Lokalisierung der Klassen statt-
gefunden hat und die Unterabteilungen also Lokalgruppen sind, wird nicht
gesagt. Wichtig sind die Angaben über Männer- und Weiberhäuser; ein
A. Heferate« Ethnologie und Ethnographie. 157
reiches Weib darf ein Männerhaus errichten und wird als Mann geachtet.
In den Weiberhäusern werden die kleinen Hütten für die ins Pubertfttsalter
eingetretenen Mädchen errichtet. Dem Totem jeder Heiratsklasse sind ge-
wisse Gewässer eigen, und dorthin gehen auch die Seelen der Toten. Außer
diesen werden noch andere Kategorien von Geistern genannt und beschrieben.
Ausführlichere Behandlung finden ferner die Tänze, die unverkennbare Ähn-
lichkeit mit denen der Gazelle-Halbinsel haben. Auch die Geheimbünde sind
denen des letztgenannten Gebietes am nächsten verwandt, wenn auch die
Namen Duk-Duk und Jniet nach Hahl nicht vorkommen, was jedoch für die
Südwestküste sicher nicht richtig ist. — Die kurze Übersicht, die vieles nur
andeutet, auch natürlich zahlreiche lokale Verschiedenheiten außer acht läßt,
erweckt um so mehr das Bedürfnis einer eingehenden Behandlung des Gebietes,
dessen Erforschung für die Kulturgeschichte des östlichen Bismarck- Archipels
von großer Bedeutung ist. F. Graebner-Cöln a. Rh.
188. P.Abel: Knabenspiele auf Neu-Mecklenburg (Südsee). Anthro-
pos 1906, Bd. I, S. 818—824 u. 1907, Bd. II, S. 219-229 u.
708—714.
Kinderspiele werden leider von ethnographischen Beobachtern wenig
beachtet, und doch bieten gerade sie wichtiges Material zur Bestimmung
ethnologischer Beziehungen und damit zur Lösung kulturgeschichtlicher
Probleme. Allerdings sind unter ihnen manche so weit verbreitet, daß man
sie als Gemeingut der Menschheit anzusehen geneigt ist oder doch annehmen
muß, daß sie, wie die Wandermärchen, anderen Kulturgütern in der Ver-
breitung weit vorausgeeilt sind. So erinnert uns auch in dem vorliegenden
Aufsatz manches an die eigene Kinderzeit, so das Strickziehen, das Fangspiel,
das Bambusklopf en , bei dem einem Mitspieler die Augen verbunden werden
und er raten muß, wer auf den Bambus geklopft hat; ähnlich ist das Splitter-
ziehen, bei dem einer raten muß, wer von den Anwesenden einen Splitter in
der geschlossenen Hand hat. Sehr beliebt sind natürlich Kampfspiele, sei es,
daß die Parteien ihre Geschicklichkeit im Wurf nach dem Ziel erproben, sei
es, daß sie sich im naturgetreuen Gefecht, nur mit stumpfen Waffen, gegen-
übertreten. Ein beliebtes Spiel ist endlich das auch auf der Gazelle-Halbinsel
gespielte Mattenhalten : Einer von der einen Partei gebt mit vorgehaltener Matte
auf die andere Partei los, und diese muß raten, wer es ist. Die lebendige Dar-
stellung der Spiele läßt den guten Humor der kleinen Neu-Irländer erkennen.
Ethnologisch wichtig ist, daß als Parteien sich meist die beiden Heiratsklassen
gegenüberstehen, denen der Verfasser eine eingehende Anmerkung -widmet.
Nach Angabe des Verfassers wird die Klasse im Zweifelsfalle nach der Zahl der
Linien auf der inneren Handfläche bestimmt. Die bei den Spielen gesungenen
Lieder sind den Eingeborenen zum Teil unverständlich. Es wäre sehr zu
wünschen, daß Pater Abel die Vertrautheit mit dem Eingeborenenleben, wie sie
sich in der Schilderung der Knabenspiele zeigt, in möglichst großem Umfange
der Wissenschaft zugute kommen ließe. F. Graebner-Cöln a. Eh.
189. N. W. Thomas: Natives of Australia. (Native Races of the
British Empire.) London, A. Constable, 1906.
Verfasser ist durch seine Spezi alarbeiten auf dem Gebiete australischer
Ethnographie den Fachleuten als sehr belesener und gewissenhafter Forscher
bekannt. Das vorliegende Werk ist wie die ganze Sammlung, in der es er-
scheint, populär gehalten und läßt infolgedessen keinen streng wissenschaft-
lichen Maßstab zu. Immerhin muß man auch bei ihm die spielende Be-
158 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
herrschung des Materials bewundern, ferner aber die fließende Darstellung-,
geschickte Auswahl und Gruppierung des Stoffes, aus der sich als Gesamt-
resultat ein abgerundetes Bild der Eingeborenen kultur ergibt. Das Buch
enthält eine solche Fülle von Daten, daß selbst der Lehrer oder Schüler der
Ethnologie, der nicht speziell australische Probleme behandeln will, es mit
Nutzen verwenden wird. Zu bedauern ist der Mangel der Quellenangaben,
für den der populäre Charakter verantwortlich ist. Sehr häufig fehlen auch
die Lokalitätsangaben für diese oder jene Erscheinung, so daß es z. B. den
Eindruck macht, als sei ein großer Teil der Fischereime tho den für den
Erdteil allgemein, während sie in Wirklichkeit auf Nord - Queensland be-
schränkt und daher zum Teil sogar nur cum grano salis als typisch austra-
lisch zu betrachten sind. Diese Übertreibung der Gleichförmigkeit austra-
lischer Kultur machte natürlich die Herausarbeitung kultureller Unterschiede
untunlich und damit die Behandlung kulturgeschichtlicher Probleme, der
Thomas allerdings auch aus Prinzip abgeneigt ist. Auch die sozialen
Probleme kommen bei ihm als radikalem Pragmatiker zu kurz, und er
begnügt sich schließlich mit einer etwas schiefen Stellungnahme an Längs
Seite. F. Graebner-Cöln a. Rh.
190. Fritz Krause: Zur Ethnographie der Insel Nissan. Jahrb. d.
Stadt. Mus. f. Völkerk. zu Leipzig 1906. Heft I, S. 44 ff.
Das Leipziger Museum hat von dem Kaufmann Uhlig eine reiche Nissan-
Sammlung erworben; der Sammler hat dem Museum ferner ausführliche hand-
schriftliche Aufzeichnungen über Sitten und Gebräuche der Eingeborenen zur
Verfügung gestellt. Da dem Verfasser zudem außer den älteren Beständen
des eigenen Instituts die guten Sammlungen des Berliner und Dresdener
Museums zur Verfügung standen, da über die Eingeborenen der Gruppe
nicht zu verachtendes Material durch Schmiele und Sorge bereits publiziert
war, da auch die Ethnographie der Nachbargebiete für melanesische Ver-
hältnisse nicht schlecht bekannt ist, so war der Stoff für eine kritische Mono-
graphie der Inselgruppe wohl gegeben. Der beste Teil der vorliegenden
Arbeit ist der über die geistige Kultur der Eingeborenen, über politische,
rechtliche und Familienverhältnisse handelnde, in dem der Verfasser eine
nicht ungeschickte Kompilation seiner Quellen liefert. Interessant ist z. B.
die Beschreibung einer Bestattungsfeier durch Uhlig auf S. 62 f. Schon hier
fällt allerdings auf, daß Krause auch nicht einmal den Versuch macht, wider-
sprechende Angaben seiner Quellen kritisch zu prüfen. Voller Unklarheiten
ist insbesondere der Abschnitt Über die Familie, und alle Sonderbarkeiten,
die durch die möglichst gewissenhafte Ausfüllung des Steinmetzschen Frage-
bogens bei Sorge entstanden sind, werden unbesehen abgedruckt. Bedenk-
licher ist die Behandlung der materiellen Kultur. Auch da ist das zum Teil
gute Material — ich verweise z. B. auf die Beschreibung des Haas- und
Bootbaues, der Bereitung des Muschelgeldes, auf den Steinhammer auf S. 123
— vollständig unkritisch verwertet. Bei dem Kamm auf S. 84 ist Krause
selbst die Ähnlichkeit mit Admiralitätskämmen aufgefallen, ohne daß er aber
wagt, die zweifellose Wahrheit mit voller Bestimmtheit auszusprechen. Nicht
einmal geahnt hat er, daß der Korbteller auf S. 75 aus dem westlichen Neu-
Britannien und der große Angelhaken auf S. 126 von Ongtong-Java stammt.
Noch unangenehmer ist die Einreihung des auf S. 93 abgebildeten, aus dem
Westen von Deutsch Neu-Guinea stammenden Armbandes in den Kulturbesitz
von Nissan und die Aufnahme der typischen Neu- Hannover -Regenkappe auf
S. 95 f., von der sogar die durchbrochene Randverzierung noch in vergrößertem
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 159
Maßstabe wiedergegeben wird. Das Berliner Museum besitzt eine Anzahl
ganz typischer Nissankappen, wie sie auch im Papua- Album abgebildet sind;
aber ganz abgesehen davon zeigen Böcke, wie ich sie eben erwähnte, eine
sehr bedauerliche Unkenntnis allgemeinerer melanesischer Ethnographie.
Auch der Stirnschmuck Abb. 20, die Schleuder, die Trommel Abb. 116 und
der Korb Abb. 95 dürften entweder direkt von Neu-Irland her nach Nissan
importiert oder doch wenigstens nach westlichen Vorbildern hergestellt sein.
Daß der Flechtrahmen Abb. 113 schon von Danueil publiziert ist, ist dem
Verfasser entgangen. Dagegen weist sein Literaturverzeichnis auch Stephans
„Südseekunst u auf, in der von Nissan keine Rede ist, und die Krause auch
nicht in seiner Arbeit verwertet.
Überaus dürftig ist der Versuch einer kulturhistorischen Vergleichung
ausgefallen. Vor der Behandlung umfassenderer Probleme bewahrte den
Verfasser die oben dargelegte Unkenntnis allgemeinerer Sudsee- Ethnographie.
Aber selbst auf seinem kleinen Gebiet ist er nicht sicher: Unerfindlich ist
z. B., warum Bettstellen und Narbentätowierung, die ebensogut in Neu-
Irland vorkommen, sowie der Weberahmen, der sonst auf den Salomonen
nicht bekannt ist, zum Kulturkreis der Nordsalomonen gehören sollen. Des-
gleichen ist es haltlose Behauptung, daß der Nackenbüsche], die Maultrommel
und gar die Maske zum Kulturkreise des Bismarck- Archipels gehören. Die
Tanztrommel ist bis jetzt von den Nordsalomonen unbekannt, die Pan-
pfeife von Nissan weist absolut anderen Typus auf als die von Buka; beide
zeigen also durchaus keinen Anklang an die Kultur der Nordsalomonen. Von
den als kulturhistorisch unbestimmbar genannten Dingen gehört ein Teil, wie
erwähnt, gar nicht zur Kultur der Gruppe, über einen anderen Teil, wie die
Betelgefäße, den Leibgürtel, Angelhaken, Tragband und Muschelbeil, hätte
sich Verfasser vermutlich schon durch sorgfältige Benutzung von Stephan-
Graebner „Neu-Meckleoburg" eine Meinung bilden können.
Methodisch am unerfreulichsten ist der Abschnitt über die Pfeife. Hier
wird die alte, nicht gute, aber leider erst jüngst wieder als höchstes Ziel
ethnographischer Arbeit von einflußreicher Seite gepriesene Methode der
katalogisierenden Sammlungsbeschreibung, der Krause in seiner ganzen
Arbeit folgt, ad absurdum geführt. Er selbst erwähnt nach Parkinson,
daß die auf Buka gebrauchten und von dort nach Nissan verhandelten Pfeile,
wenn nicht alle, so doch in großer Mehrzahl auf Bougainville hergestellt
werden; er bezeichnet sie trotzdem fortwährend als Buka- Pfeile. Aber er
macht nun nicht einmal einen Versuch, mit Hilfe des ungeheuren, ihm zur
Verfügung stehenden Materials, zu dem vor allem die gut bestimmte Sammlung
von Parkinson in Dresden gehört, die Nissan- und Bougainville- Typen reinlich
zu scheiden — eine gar nicht so schwere Aufgabe — , sondern er verarbeitet
alle in den drei von ihm benutzten Museen zufällig von Nissan her ein-
gegangenen Pfeile zu einem Li n naschen System nach Anzahl, Stellung,
Material der Widerhaken usw. Dabei geschieht es natürlich, daß selbst die
wenigen Typen, deren Bestimmung als Nissan- und „Buka u -Pfeile sich ihm
aufdrängt, in den Schubfächern des Schemas bunt durcheinander ruhen. So
ist Typus 1, 1 eine echter Nissan-Pfeil, Typus 1, 2 ein Buka-Pfeil, II, 1 a Nissan-,
II, 1 b wenigstens nach Schaft und Befestigung Buka-Pfeil (in Wahrheit ganz
typisch Bougainville) usw. Die trefflichste Blüte dieser Systematik ist jedoch
der Unterschied der beiden Typen 1, 1 a und 1, 1 b. Während nämlich sonst
Typen, die sich im ganzen Habitus wesentlich unterscheiden, z. B. noch als
Untertypen von II, 2a/3 auftreten, besteht der gewichtige Gegensatz von
II, la und II, lb darin, daß der zweite Typus längere Zeit im Hüttenrauch
160 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
gelegen hat, der erste aber nicht. Doch genug, das ist Dilettantismus, und
der wäre selbst dann bedauerlich, wenn unserer Wissenschaft mehr Mittel
und Kräfte zur Verfügung ständen.
Das Jahrbuch des Leipziger Museums hat sich leider mit dieser Arbeit
nicht vorteilhaft eingeführt. F. Graebtier-Cöln a. Bh.
191. W. Lehmann: Essai d'une monographie bibliographique sur
File de Päques. Traduit eu francais par le R. F. Theophane
Calraes. Anthropos 1907. Bd. II, S. 141 — 151 u. 257— 268.
Verfasser hat sich jahrelang mit der Sammlung des gesamten auf die
Osterinsel bezüglichen Materials beschäftigt und ist bestimmt der beste
Kenner dieser eigenartigen Kultur. Es war daher schon zu begrüßen, daß
er sein bibliographisches Material der Gesamtheit zur Verfügung stellt; aber
die Abschnitte, die 1. Bibliographie, 2. Monographien, 8. Geographie, 4. Ent-
deckungsgeschichte, 5. Anthropologie, 6. Sprache und 7. Ethnographie um-
fassen, beschränken sich nicht auf Literaturangaben, sondern bringen dankens-
werte allgemeine Bemerkungen und Übersichten über den Stand der Forschung
auf den einzelnen Gebieten. In dem Kapitel über Ethnographie beschränkt
Verfasser sich auf eine ausführlichere Behandlung der beiden interessantesten
Objektgruppen, der Holzfiguren und der Seh rift tafeln , von denen überdies
auf vier Tafeln vorzügliche Darstellungen geboten werden. Überaus erwünscht
ist die zum Sohluß angefügte Aufzählung der dem Verfasser bekannten
Sammlungen und einzelnen Objekte von der Insel. Leider ist diese Liberalität,
daß Lehmann sein ganzes Quellenmaterial der Allgemeinheit zur Verfügung
stellt, ehe er es selbst ausgeschöpft hat, noch eine so seltene Erscheinung,
daß sie besonders rühmend hervorgehoben werden muß. Allerdings enthält
die Abhandlung so viel kritische Arbeit, daß jede weitere Forschung auf ihr
wird aufbauen müssen. F. Gr aebner- Cöln a. Bh.
*
192. G. Friederiei: Der Tränengruß der Indianer. 22 S. Leipzig,
Simmel u. Co., 1907.
In Bd.LXXXIX, 1906, S. 30 f. des „Globus" hatte Dr. Friederiei eine
Abhandlung über den Tränengruß veröffentlicht, die besonders in Südamerika
vielfache Beachtung fand. Unter anderen hat auch R. R. Schuller in
Santiago de Chile eine spanische Übersetzung des Artikels geliefert und ihr
eine umfangreiche Abhandlung in Form einer Streitschrift gegen Friederiei
angefügt. (Sobre el orijen de los Chan üa, rSplica al doctor Jorje Friederiei,
de Leipzig. Publ. en los anales de la Universidad de Chile, Tomo CXVIII,
nümero de Marzo i Avril. Santiago de Chile 1906.) Schuller behauptet
darin, Friederiei habe in dem Globusaufsatz eine Verwandtschaft zwischen
Tupi und Guaycurü herstellen wollen , und sucht diese Hypothese zu wider-
legen; in jenem Artikel handelte es sich aber gar nicht um die Frage der
ethnischen Zugehörigkeit der Charrüa, sondern nur um die nach ihren ehe-
maligen Wohnsitzen. Im vorliegenden Werke nun gibt Friederiei im
ersten Teile eine kurze, sehr scharf gehaltene und treffende Zurückweisung
der Angriffe Schullers, die sich zum Teil auf eine nicht einwandfreie Über-
setzung stützen (S. 1 bis 8).
Im zweiten Teile gibt Friederiei weiteres Material zur Verbreitung des
Tränengrußes in Amerika. Während nach dem oben genannten Aufsatze die
Sitte des Tränengrußes nur bei wenigen Völkern Südamerikas üblich gewesen
zu sein scheint, weist Friederiei nunmehr nach, daß die Sitte fast über den
ganzen amerikanischen Kontinent verbreitet gewesen ist. Auf Grund der
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 161
umfangreichen Literaturstudien, die alle Werke Friedericis auszeichnen,
wird der Tränengruß für folgende Völker belegt: in Südamerika für die
Charrua, Lengua, Tupi, Guarani, Tapuya, Zaparo, Karaiben Guayanas, vielleicht
auch für die Araukaoer; in Mittelamerika für die Inselkaraiben ; in Nord-
amerika für die Karankawa, Caddo, Sioux, Athapasken, Algonkin, Timucua.
Beachtet man, daß die Sitte vielfach wohl beobachtet, aber nicht beschrieben
wurde, daß sie aus vielen Stellen nicht unzweifelhaft hervorgeht, daß in Süd-
und in Nordamerika eine Reihe dem Tränengruß verwandter Sitten besteht,
so muß man in Anbetracht der Verbreitung dieser Sitte über ungeheure Erd-
räume und über die verschiedensten Völker dem Verfasser zustimmen, wenn
er daraus folgert, daß der Tränengruß „sich in früheren Zeiten nahezu über
den ganzen Erdteil Amerika erstreckt haben mag".
Dr. Fritz Krause-Leipzig.
193. Edward Sapir: Notes on the Takelma Indians of South western
Oregon. Amer. Authropologist 1907. N. S., Bd. IX, p. 251
—275.
Die Takelma sind in der ethnographischen Literatur besser unter dem
Namen Rogue River -Indianer bekannt. Es sind dieselben wie die Takilma
der linguistischen Karte des „Bureau of American Ethnology a , auf der ihnen,
wie der Verfasser meint, aller Wahrscheinlichkeit nach ein zu eng begrenztes
Wohngebiet angewiesen ist. Die Takelma sind heute als selbständiger Stamm
vollständig verschwunden; ihre Sprache reden nur noch ganz wenige Indivi-
duen, nach deren Tode sie für immer erloschen sein wird. Um so wertvoller
ist daher die vorliegende Abhandlung, die über viele Fragen betreffend ma-
terielle und geistige Kultur dieses Volkes Auskunft gibt. Über die Sprache
der Takelma stellt der Verfasser eine weitere Arbeit in Aussicht.
Georg Friederici-Dorlisheim.
194. Charles G. Willoughby: The adze and the ungrooved axe of
the New England Indians. Amer. Anthropologist 1907, N. S.
Vol. IX, p. 296—306.
Eine größere Anzahl von Steindeißel- und Steinbeil - Funden aus New
England wird in diesem Aufsätze besprochen und durch Abbildungen erläutert.
Die mannigfachen Arten des Deißels lassen auf eine gut entwickelte Technik
der Holzarbeiten bei den Algonquin -Stämmen dieser Gegend schließen. Auch
in Gräbern von Maine und Neu -Braunschweig, die scheinbar einer älteren
Bevölkerung88chicht angehören und die bisher keine Reste von Töpferwaren
geliefert haben, sind zahlreiche Deißel gefunden worden. Anzeichen häufen
sich, daß diese Grabstätten einer Vor - Algonquinbevölkerung zugehören, die
vielleicht mit den Beothuks von New Foundland eines Stammes war.
Georg Friederici-Dorlisheim.
195. Handbook of American Indians north of Mexico, edit by
F. W. Hodge; Part I. 972 S. Bulletin 30, Bureau of American
Ethuology. Washington 1907.
An dem Titel dieses Buches ist dreierlei beachtenswert: einmal hat sich
das Bureau of Ethnology in ihm endgültig, wie es scheint, und offiziell von
dem entsetzlichen Wort „Amerind" losgesagt; denn wenn irgend wo, so
mußte es hier erscheinen. Zweitens zeigt der Inhalt, daß unter „American
Indians north of Mexico " auch die Eskimo gerechnet werden, die ihren vollen
Anteil der Behandlung in dem Werke erhalten haben ; und drittens wird
ZentnJblatt für Anthropologie. 1903. \\
162 A. Referate. Ethnologie and Ethnographie.
dieser Titel auch nicht annähernd dem Inhalt des Buches gerecht. Denn wir
haben es in ihm mit einer Enzyklopädie der Völkerkunde Amerikas nördlich
Ton Mexiko zu tun, die auf alle ethnologischen Fragen in dieser Richtung*
zuverlässige Antwort erteilt oder den Weg weist, wo weitere Aufklärung zu.
finden ist. Es ist ein Werk, in dem sich das Bureau of American Ethnology
zu Washington und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter aus anderen Teilen
der Union ein bleibendes Denkmal gesetzt haben, ein Werk, das an prakti-
schem Wert für den Ethnologen und weite Kreise des gebildeten Volkes all»
seine bisherigen Arbeiten übertrifft, ein Werk endlich, das — soweit ich sehe
— bisher völlig allein dasteht und ähnliche Unternehmungen, wie die Cyclo-
paedia of India, ethnologisch weit hinter sich zurückläßt.
Das Gerippe des Werkes und das Wertvollste in ihm für den arbeitenden
Amerikanisten bilden die langen Listen gleichbedeutender Stammesnamen,
von denen in einzelnen Fällen mehr wie 200 verschiedene Worte dasselbe
Volk bezeichnen. Den Grundstock zu diesen listen bildeten Verzeichnisse,
die sich 0. T. Mason, James Mooney und H. W. Hensfcaw in der
Hauptsache ursprünglich für ihren eigenen Gebrauch aufgestellt hatten. Ein
alphabetisches Verzeichnis am Schlüsse des zweiten Teiles soll die Benutzung
dieser Listen weiterhin erleichtern.
Das Handbuch enthält ferner Aufsätze über Altertümer, Sitten, Fertig-
keiten und Künste der Indianer; über ihre Beziehungen su den Weißen und
über das Leben hervorragender indianischer Persönlichkeiten. Auch die in
die englische* Sprache übergegangenen indianischen Worte sind aufgenommen
und kurz behandelt. Die meisten dieser Abhandlungen sind naturgemäß
kurz, einige unter ihnen erreichen jedoch beträchtliche Längen ; der längste
unter etwa einem Dutzend ganz besonders umfangreicher Aufsätze, die schöne
Abhandlung von James Mooney über die Missionen, umfaßt 35 Seiten. Daa
ganze Werk erscheint auffallend frei von Irrtümern; Vergleiche mit Listen,
die sich der Referent in früheren Jahren zu seinem eigenen Gebrauche an-
gefertigt hatte, zeigen, daß in den Zusammenstellungen der gleichbedeutenden
Namen allerdings hier und da einige fehlen, daß aber auch nicht ein einziges
Wort der in die englische Sprache übernommenen Indianerbezeichnungen ver-
mißt wird. Daß die Anfsätze eines Werkes, zu dem 46 Mitarbeiter bei-
getragen haben, nicht durchweg gleichwertig sind, ist klar; auffallend in
dieser Hinsicht ist aber nur die häufig recht verschiedene Art der Quellen-
angaben. Während die meisten Verfasser, ganz besonders Holmes, Mooney,
Mason, Hrdlicka, sachgemäß und erschöpfend Quellenhinweise geben, läßt
dieser Punkt bei einigen anderen Mitarbeitern hier und da zu wünschen
übrig. Ganz besonders fällt es hierbei deutlich in die Augen, daß das „Hand-
book a in erster Linie auf Leute zugeschnitten ist, die nur die englische
Sprache verstehen. Nicht-englische Quellen sind nur in verhältnismäßig ver-
schwindender Zahl benutzt worden, und wo dies nicht zu umgehen war,
haben sich die Verfasser meistens auf Übersetzungen gestützt, die doch nun
und nimmer das Original ersetzen können. So sind, um nur einige zu nennen,
Bossu, Cabeza de Vaca, Hennepin, La Harpe, Pänicaut zumeist in
Übersetzungen zitiert, wo doch die Originale nicht weniger leicht erreich-
bar sind.
Für die zweite Auflage, deren Erscheinen nicht ausbleiben wird, ist es
vielleicht gestattet, einen Wunsch zu äußern. Der Referent weiß aus eigener
Erfahrung, daß Unsicherheit und Verschiedenheit über die Aussprache von
Indianernamen selbst in gebildeten Kreisen Nordamerikas herrschen. Ein
vergleichender Blick in die großen Lexika von Webster und Worcester und
A. Referate. Ethnologie and Ethnographie. 163
in die „Century Cyclopedia of Names u zeigt, daß auch diese sich nicht immer
einig sind. Wenn es so im eigenen Hause steht, wie soll es dann außerhalb
aussehen? Tatsächlich herrscht denn auch unter europäischen Ethnologen
die größte Unsicherheit über Aussprache und Betonung indianischer Namen.
Die folgende kleine, willkürlich aus dem „Handbook" ausgezogene Liste möge
denen, die sich dafür interessieren, als Prüfstein dienen, ob sie sich über
Aussprache und Betonung dieser ganz bekannten Namen sicher sind;
Agawam, Algonquin, Arikara, Attakapa, Cheyenne, Chickasaw, Hochelaga,
Kiowa, Lipan, Massassoit, Menominee, Miami, Michilimackinac, Muskingum.
Durch Einführung von Betonungs- und Aussprachebezeichnungen nach einem
einheitlichen System könnte die zweite Auflage des „ Handbook u solchen Un-
sicherheiten leicht abhelfen. Georg Friederici-Dorlisheim.
196. A. Hrdlicka: Contribution to the physical anthropology of
California. Univ. of Calif. Publications 1906. Vol. IV, p. 49
—64; 5 Tab., 1 Karte, 10 Taf.
Maße und Beschreibungen, illustriert durch eine Reihe von Abbildungen,
Ton 47 Kalifornier-Schädeln (vom Festland). Die Trennung der männlichen
von den weiblichen Schädeln stieß teilweise auf Schwierigkeiten, da beide Ge-
schlechter in einigen charakteristischen Merkmalen, z. B. in der Ausbildung der
Arcus supraorbitales und der Processus mastoidei, eine Annäherung anein-
ander zeigen. Nur viermal wurde künstliche Deformierung beobachtet in
Form einer leichten Kompression des Hinterhauptes, wie sie durch das Gewicht
des Kopfes allein beim Kinde hervorgebracht werden kann. Die Kapazität,
nach eigener Methode bestimmt (Science 1903, p. 1011 — 1014), betrug im
Durchschnitt 1357 (cT) und 1161 ($). Sowohl in den allgemeinen Form-
verhältnissen wie im Verhältnis der Proportionen ließ sich nur ein einziger
Typus erkennen: 72 Proz. der männlichen und 92 Proz. der weiblichen Schädel
waren z. B. mesokephal (doch hat Verfasser auch 7 cT, 1 $ dolichokephale,
2 cT brachykephale in seinem Verzeichnis aufgeführt , so daß also etwas un-
sicher bleibt, wie sich das Verhältnis bei einer größeren Reihe stellen würde).
P. Bartels-Berlin.
197. A. L. Kroeber: The religion of the Indiana of California.
Univers. Calif. Publ. in Amer. ArchaeoL and Ethnology 1907.
Vol. IV, No. 6.
Dieser Aufsatz stellt alles das übersichtlich zusammen, was aus alten
Nachrichten und neueren Untersuchungen über die Religion der Indianer
bekannt geworden ist, welche das Territorium des heutigen Staates California
bewohnten. Nach dem Stande ihrer Kultur gemessen, werden diese Ein-
geborenen am besten in drei Klassen geteilt Einmal die am niedrigsten
Stehenden, welche die mindestens zwei Drittel des ganzen Staatengebietes
umfassende Mitte von California bewohnen und den typischen eingeborenen
Californier darstellen. Die kleine Nordwestecke des Staates bewohnt die am
höchsten stehende Gruppe, während der ganze Süden Stämmen zufällt, die
kulturell sich etwa in der Mitte zwischen den beiden vorgenannten befinden.
Die Höchststehenden sämtlicher California -Indianer, die am Santa Barbara-
Kanal, und die vielleicht am tiefsten Stehenden, nämlich die der Halbinsel
California, werden vom Verfasser wegen mangelnder Nachrichten, wie er sagt,
in der Abhandlung nicht berücksichtigt.
Die religiösen Übungen jener Indianer werden nacheinander zusammen-
fassend erörtert: zunächst die, welche dem Individuum zufallen und besonders
11*
164 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
bei der Geburt, beim Eintritt in die Pubertät und beim Todesfall in die Er-
scheinung treten. Dann der Schamanismu9 mit seinen Einzelheiten und
schließlich die Zeremonien und feierlichen Betätigungen, welche vom ganzen
Stamme zum Wohle der Gesamtheit ausgeübt wurden und sich besonders bei
Trauerfeierlichkeiten, Aufnahme in geheime Gesellschaften und in Tänzen
aller Art zeigten. . Der verschiedenartige Zeremonialapparat wird vom Ver-
fasser kurz beschrieben. Nachdem auch Mythologie und Glaube eine zu-
sammenfassende Behandlung erfahren haben, werden in einem Schlußabschnitt
die charakteristischen Einzelheiten oder auch Unterschiede in den religiösen
Auffassungen der verschiedenen Stämme besprochen.
Quellennachweise gibt der Aufsatz nicht, wohl aber ein am Schluß an-
gefugtes Literaturverzeichnis. Georg Friederici-DorUsheim.
198. James Mooney : The Cheyenne Indians. Memoire Amer.
Anthropol. Assoc. 1907. Vol. I, p. 361—442.
Die Cheyenne liefern ein Schulbeispiel für die sich dem Ethnologen immer
mehr aufdrängende Tatsache, daß die Kultur der Indianer Amerikas, wie wir
sie kennen, verhältnismäßig sehr jung ist, daß ihre Überlieferungen nur eine
kurze Spanne Zeit zurückgehen, daß, wie der Verfasser es ausdrückt: „there
is nothing ancient or permanent in Indian life u .
Noch um 1680 Baßen die Cheyenne als seßhaftes Ackerbau volk im süd-
östlichen Minnesota in friedlicher Nachbarschaft mit den sprachverwandten
Ojibwa. Sie wohnten in erdgedeckten Holzhütten und nährten sich von Korn,
Fischen und Wasserwild. Während der um diese Zeit einsetzenden West-
bewegung aller Stämme jener Gegenden gelangten sie, abgetrennt von ihren
Stammverwandten, auf die westlichen Prärien und Plains hinaus, vertauschten
auf dieser Wanderung noch östlich des Missouri ihre erdgedeckte Hütte mit
dem Lederzelt und wurden ein schweifendes, Bison jagendes, räuberisches
Reitervolk. Innerhalb der verhältnismäßig kurzen Zeit von zwei Jahrhunderten
und unter den Augen der weißen Jäger und Händler haben sie ihre Wohn-
sitze um mehr als 1500 km verlegt und sind ein so vollständig anderes Volk
geworden, daß ihr früheres Leben nur noch ganz schwach aus alten ge-
heiligten Traditionen durchschimmert, und daß, hätten wir nicht ihre Algon-
quinsprache und die geschichtlichen Tatsachen, es unmöglich sein würde, in
dem schweifenden Bisonjäger des oberen Arkansas den seßhaften Ackerbauer
vom Quellgebiet des Mississippi wiederzuerkennen. Abgesehen vom heiligen
Pfeilkult haben sie alles, was sie an Sitten und Zeremonien besitzen, im Laufe
dieser Westwanderung angenommen, ihr ältester Kulturbesitz ist nicht älter
als 200 Jahre. Ihren großen Sonnentanz haben sie einem Stamme entnommen,
ihr Yersammlung8- und Regierungssystem einem anderen; der Omahatanz,
der Geistertanz, der Peyoteritus sind wieder anderen Völkern entlehnt. Ihre
Kriegerorganisation und ihre Schildheraldik sind neueren Datums. Infolge
von Zwischen heiraten mit Sioux, Ute, Kiowa und Pawnee ist ihr Blut ge-
mischt, alle Sitten und Zeremonien sind ständigen Veränderungen und Wechseln
unterworfen und sind heute nicht mehr, was sie vor 10 Jahren waren.
Alles dies wird vom Verfasser höchst anschaulich dargelegt, unter ganz
besonderer Berücksichtigung der Stammesorganisation, der Kriegergesell-
schaften, der geheimen Gesellschaften, der Kriegerkameradschaft, die uns
stark an die alten Dorier erinnert, und der Arbeitsgesellschaften , „which are
practically female trade unions u .
Die ereignisreiche Geschichte dieses markanten Stammes der Plains ist
nicht vergessen: das Chivington - Blutbad , General Custers Niederlage, die
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 165
kühne, lange erfolgreiche Flucht der nördlichen Cheyenne, der heroische Aus-
brach der wieder Eingebrachten aus dem Gefängnis von Fort Robinson —
alles ist einfach, kurz, klar und höchst eindrucksvoll dargestellt.
Es ist zu hoffen, daß diese nach Inhalt und Form ausgezeichnete Mono-
graphie Schule macht, und daß nach und nach alle Stämme Nordamerikas
Geschichtsschreiber finden, welche bei Forschungen, die in die Tiefe gehen,
die Breite vermeiden und in knapper, lesbarer Form ihr Geschick und ihre
Sitten vor uns aufrollen. Georg Friederici-Dorlisheim (Elsaß).
199. Theodor Koch-Grünberg: Südamerikanische Felszeichnungen.
'92 S. mit 29 Tafeln. Berlin, Ernst Wasmuth, 1907.
Dr. Koch-Grünberg gehört zu jenen jüngeren Ethnologen, die mit
gesundem, auf Reisen erworbenem Urteil eine große Literaturkenntnis, be-
sonders auf amerikanischem Gebiete, vereinen. Dabei befleißigt er sich einer
lobenswerten Nüchternheit, operiert stets mit den vorhandenen Tatsachen
und verliert sich nicht in das Gebiet müßiger Spekulation oder läßt eine
reiche Phantasie walten, wie das leider auf ethnologischem Gebiete jetzt
mehr und mehr da auftaucht, wo es heißen muß: „Und sehe doch, daß wir
nichts wissen können." Recht lehrreich ist in dieser Beziehung, was wir
über die südamerikanischen Petroglyphen oder Felsritzungen (mit Ausschluß
jener im Gebiete der andinen Kulturvölker) lernen können. Vom Hildes-
heim er Hortsmann (1749) an bis auf die Reisenden der Gegenwart herab
führt Koch alles an, was über diese figuren reichen Felsritzungen gesagt
wurde; es ist eine Summe von Widersprüchen, Deutungen, Phantasien, Speku-
lationen, die uns geradezu erschrecken macht; Bilderschriften, religiöse Mo-
tive, Göttergestalten, Mythologien, Völkerwanderungen, verschwundene alte
Kulturvölker usw., alles hat man herausgelesen, und je nach der Geschmacks-
richtung des Lesers kann man da wählen. Nachdem dieser ethnologische
Hexentanz an uns vorübergegangen ist (wobei auch viel Gutes und Zutreffen-
des, namentlich von Martius angeführt wird), gibt der Verfasser seine
eigenen Erfahrungen, begleitet von einer Karte des Uaupes und der benach-
barten Ströme , auf welcher 39 von ihm beobachtete Felsritzungen ein-
gezeichnet sind, deren Figuren dann auf 29 Tafeln mitgeteilt werden. Der
Zusammenhang mit den heutigen Stämmen jener Region wird sofort klar, und
besonders gelungen erscheint der Nachweis, daß es sich bei vielen Fels-
zeichnungen um die Darstellung jener merkwürdigen Tanzmasken handelt,
die Koch gleichfalls beschrieben hat (Archiv f. Anthropol. 1906). So sorg-
fältig, wie Koch, hat vor ihm noch keiner die südamerikanischen Felszeich-
nungen studiert und zergliedert, und wenn auch das Ergebnis zum Schlüsse
ein geringes ist, so hat es doch um so mehr Wert, als die Wahrheit dadurch
zu ihrem Rechte kommt und endlich — dazu mache ich leider noch ein
Fragezeichen — die phantastischen Deutungen in ihr Nichts versinken. Der
vortreffliche Martius hat sie schon Indianern zugeschrieben, welche an
Sinnesart und Bildung den heutigen gleichkommen; vor 30 Jahren (Ethnogr.
Parallelen 1878) habe ich sie nicht höher bewertet, und Theodor Koch
spricht nach zweijährigem Leben unter den Indianern, sowie nach seiner
gründlichen Durcharbeitung der auf die Felsbilder bezüglichen Literatur die
Überzeugung aus, „daß es sich lediglich um spielende Äußerungen eines
naiven Kunstempfindens handelt". Bkhard Andree- München.
200. H. von Ihering: Über das natürliche Yorkommen von Nephrit
in Brasilien. Verhandl. d. XIV. Amerikanistenkongresses 1906,
S. 507 bis 515.
166 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Wie früher für Europa, galt bisher auch für Amerika, im besonderen
Südamerika (Zeugnis von Barboza Rodrigues), als sicher, daß hier ein-
heimischer Nephrit und Jadeit fehlen und alle daraus verfertigten Stücke von
Asien importiert worden wären. Diese Ansicht hat sich als irrtümlich heraus-
gestellt, seitdem das Museo de S. Paulo neben einer stattlichen Serie schöner
Nephritbeile aus Grabhügeln Bahias (bei Amargosa) gleichzeitig einen rohen
und halb bearbeiteten, als Schleifstein verwandten Nephritblock erhalten hat,
der, ebenso wie die dort zahlreich vorkommenden Rohgeschiebe, es höchst
wahrscheinlich machen, daß dieses Gestein daselbst sein natürliches Vorkommen
haben mag. Wir übergehen die Angaben v. Iherings über die makro- und
mikroskopischen, sowie chemischen Untersuchungen dieses Nephrits und be-
schränken uns darauf, die Untersuchungen wiederzugeben, die den Prä-
historiker interessieren. Das Vorhandensein von Nephrit ist für zwei ver-
schiedene Gebiete Brasiliens erwiesen; das eine derselben entspricht dem Ama-
zonasgebiet, namentlich dem unteren, das andere den Staaten Bahia und
Espirito Santo. Das erstere liefert jene amulettartigen Zieraten, welche
man unter dem Namen „Muiraquitäs" kennt, aber keine Nephritäxte, das
zweite hingegen wohl die letzteren, aber keine Muiraquitäs. Die grünen
Steine, welche in demselben Gebiete zu Lippenschmuck verarbeitet wurden,
bestehen nicht aus Nephrit, sondern aus grünem Quarzit, Beryll und Amazonit.
Buschan-Stettin.
201. F. P. und A. P. Penard: De menschenetende Aanbidders der
Zonnestang. Paramaribo, B. Heyde, 1907.
Dieses Buch, von welchem bald ein zweiter Band erscheinen wird, ist
jedem zu empfehlen, der sich für die Folklore und Gebräuche der südamerika-
nischen Indianer interessiert. Es wurde von zwei Brüdern verfaßt, welche
zu den Bewohnern der Kolonie Surinam (Guayana) gehören, und mit den
Indianern (Karaiben, Arowakken) so vertraulichen Umgang pflegen, wie wohl
selten von Europäern erreicht wurde. Leider ist es nur denen verständlich,
welche die holländische Sprache lesen können. Die Verfasser sind keine
Fachethnologen, was gerade dem Buche einen besonderen Reiz gibt durch die
Frische der Darstellung und die von keinen gelehrten Thesen beeinflußte
Auffassung des Menschlichen. Die psychologischen Bemerkungen sind von
größtem Interesse und bekunden, daß die Seele der Karaiben für die Verfasser
kein Geheimnis kennt. Besonders interessant ist auch, daß dieselben ihre
karaibischen Freunde dazu zu bringen wußten, frei ihre Gedanken über den
Europäer zu äußern; ihre Bemerkungen sind allerdings nicht schmeichelhaft
für unsere Zivilisation und Sitten. Schade, daß dieses freie, überaus stolze
Volk dem Aussterben entgegengeht. J. H. F. Kohtbrugge-Ütrecht.
202. Fernando Thibon: La regiön mastoidea da los craneos Cal-
chaquies (estudio hecho sobre 100 cräneos). Tesis pres. para
optar al grado de doctor en ciencias naturales. 72 S. einschl.
Tafeln u. Abbildungen. Buenos Aires 1909; auch Anales del
Mus. Naciou. de Buenos Aires 1907. Tomo XVI, p. 307—346.
Die vorliegende Dissertation verdankt ihre Entstehung dem rührigen
Vertreter des anthropologischen Faches in Südamerika, Prof. Dr. Lehmann-
Nitsche, dessen Vorlesungen Verfasser zwei Jahre lang besuchte. Sie
erstreckt sich auf die Untersuchung der Mastoidregion von 100 in dem
Museo nacional und dem Museo etnografico von Buenos Aires befindlichen
Calchaquf - Schädeln. Das Geschlecht derselben festzustellen war mit
A. Referate. Urgeschichte. 167
Schwierigkeiten verbunden. Verfasser sog an dem genannten Schädel teil
die Durchmesser der Apophyse, ihre allgemeine Form, die Incisura di-
gastrica, die Crista, die Spina supra meatum, die Zonula Chipault, sowie
die Furchen und Foramina in der nächsten Umgebung in den Bereich
seiner Untersuchung. Jeder einzelne Befund ist in einer Tabelle nieder-
gelegt und wird durch eine Abbildung erläutert. Als Vergleichsobjekt dienten
leider nur die Ergebnisse, welche Le Double und P6rez (Oreille et
encepbale. Buenos Aires 1905) — die beiden einzigen Werke, welche dem
Verfasser zur Verfügung standen — über die fraglichen Punkte an Europäer-
Schädeln niedergelegt haben. Dessenungeachtet kommt Verfasser zu dem
Ergebnis, daß bezüglich des Verhaltens der Regio mastoidea doch verschiedene
Unterschiede zwischen Calchaqui- und Europäer-Schädeln bestehen. Am
Calchaqui- Schädel ist die Apophyse auf der linken Seite stärker entwickelt
(beim Europäer die rechte), ist die Innenhöhe dieses Fortsatzes niedriger,
und dies besonders rechts (beim Europäer umgekehrt); von den beiden Formen
der Apophysis paramastoidea s. supranumeraria herrscht die Crista (nach
der Bezeichnung von Perez) vor (beim Europäer die Bulla); es fehlen die
Foramina mastoidea in der Mehrzahl der Fälle, und zwar besonders auf der
rechten Seite (beim Europäer vorwiegend auf der linken), und es kommt die
Sutura petro-squamosa externa häufiger vor (als beim Europäer). — Es wäre
zu wünschen, daß diese Ergebnisse an Europäerschädeln nachgeprüft würden.
Buschan-Stettin.
IV. Urgeachlchte.
Allgemeines.
203. Rutot: Geologie et Prehistoire. Bull, de la Soc. Belg. de
Geologie 1906. Tome XX (43 S.).
Als Beispiel für die Wichtigkeit der Zusammenarbeit von Geologen und
prähistorischen Archäologen behandelt Rutot ausführlich die Vergleich ung
der diluvialen Fundstätten Spiennes -Heiin und St. AcheuL Das Studium
dieser Arbeit ist sehr empfehlenswert, da die beiden Fundstätten für die be-
treffenden Forschungen als „klassisch u gelten.
Nach Rutot s Ansicht sind Spiennes - Heiin und St. Acheul geologisch
identisch bis auf kleine örtliche Differenzen ; ebenso in bezug auf ihren Gehalt
an prähistorischen Funden. Im Mittelpunkte der geologischen Ausführungen
steht Rutot 8 1902 aufgestellter Erfahrungssatz „In den diluvialen Fluß-
sedimenten haben u. a. die zu unterst liegenden Geröllschichten nicht das-
selbe Alter wie die sandigen und tonigen Schichten über ihnen; sie sind
meist älter als diese. Die Geröllschichten aber, die über den Sanden und
Tonen liegen, sind diesen im allgemeinen gleichaltrig/ — Weiter geht Rutot
ein auf die so wichtige „Aufeinanderfolge von Flußsedimenten und Oberflächen-
bildungen tt innerhalb der Diluvialschichten. Hierbei spielen die prähisto-
rischen Funde und ihre Beziehungen zu alten Oberflächen die größte Rolle.
Auch auf die Frage der sekundären Vermischung diluvialer Faunen wirft
diese Ausführung einiges Licht
In den oberen, jung- bis mitteldiluvialen Schichten findet sich an
beiden Fundstätten das Artefakt-Inventar des jüngeren und mittleren Paläo-
lithicum8 bis zum Chelleen hinab, und zwar in gut gesonderten Schichten
übereinander in der von der Archäologie bereits aufgestellten Reihenfolge der
„Kulturen". In den unteren, altdiluvialen Schichten zeigen sich ebenso gut
voneinander gesonderte, den verschiedenen Stufen des Eolithicums (nach der
168 A. Referate. Urgeschichte.
Verteilung im Diluvium Belgiens) zuzuteilende Funde. — Daß es nicht nur
eolithische Steinwerkzeuge gibt, sondern auch „eolithische Kulturen", hier-,
für bringen die beiden Fundstatten in Rutots Auffassung wertvolles Beweis-
material, besonders auch gegen die Versuche, die primitivsten Steingeräte als
gleichaltrige Nebenerscheinungen der „klassischen" paläolithischen Artefakte
hinzustellen und vorpaläolithische Industrien wegzudiskutieren.
Rutot faßt hier noch einmal seine Erfahrungen und Ansichten über
dieses Thema unter Hinweis auf St. Acheul und Spiennes- Heiin zusammen.
Dr. Hahne-Hannover.
204. Rutot: Les aspects nouveaux de la prehistoire en 1906. Bull,
de l'Acad. royale de Belgique, cl. d. sc. 1906. Nr. 12, p. 915
—960.
Akademische Abhandlung über den Stand des Wissens von der tertiären
und diluvialen Steinzeit.
Die kleine Schrift ist als zusammenfassende Darstellung besonders Fern-
stehenden zur Orientierung zu empfehlen. Rutots Standpunkt bildet die
Grundlage für die Arbeit, die gerade deshalb für das Verständnis der weit-
schichtigen Diskussionen über die betreffenden Fragen als Glaubensbekenntnis
einer führenden Persönlichkeit wertvoll ist. Dr. Hahne- Hannover.
205. Rutot: I. Toujours les eolithes. II. Mise au point. Bull, de
la Soc. d'authropol. de Bruxelles 1905. Tome XXIV (Sonder-
abdruck).
Die erste Arbeit ist eine zusammenfassende Kritik über die Diskussionen,
die die Veröffentlichungen von Laville, ßoule, Obermaier über die Kreide-
mühlen - Silex hervorgerufen haben. In ihr ist das Wichtigste die Richtig-
stellung verschiedener Angaben, die Geologie und Archäologie des belgischen
Diluviums betreffend, auf denen die drei genannten Autoren fußten. Gut
ausgeführt ist die Hervorhebung der strittigen Punkte der so erregt geführten
Diskussion.
In der zweiten Arbeit weist Rutot eine Kritik Boules über seinen
Versuch einer Berechnung der Eiszeitdauer als unsachlich ab und stellt
Boules Angaben richtig. Rutots Satz „In der Wissenschaft prallen die
Ideen, nicht die Personen aufeinander", enthält ein schönes Ideal. Wertvolle
sachliche Ergänzungen zu der Geschichte der „Eolithen frage tt enthält die
Besprechung früherer und jüngerer Untersuchungen der klassischen Fund-
stellen des belgischen Eolithicums und Paläolithicums in Spiennes (Heiin).
Dr. Hahne-Hannover.
206. Rutot: Eolithes et Pseudoeolithes. Mein, de la Soc. d'authro-
pol. de Bruxelles 1906. Tome XXV (Sonderabdruck).
Eingehender Bericht über Ergebnisse gemeinschaftlicher Studien mit dem
Referenten während eines achttägigen Aufenthaltes desselben (18. bis 25. No-
vember 1905) in Brüssel, I. die EreidemÜhlensilex , II. die vom Referenten
zuerst studierte Entstehung von Silextrümmern an der Steilküste Rügens und
III. die aus norddeutschen Moränen und Fluvioglazialbildungen stammenden
Silextrümmerformen betreffend.
Referent hatte sich zur Aufgabe gemacht, Rutot zu veranlassen, sich
näher besonders mit den beiden letztgenannten Arten von Silex zu befassen,
die ja von großer Bedeutung für die Frage der ältesten Steinartefakte sind.
Auch war es Rutot bis dahin nicht gelungen, Kreidemühlen- Originalmaterial
A. Referate. Urgeschichte. 169
aus Mantes zu erhalten ; Referent führte die von ihm in Salzburg (Kongreß
1905) bereits erwähnten Ereidemühlensilex aus Rügen Rutot vor.
Rutots hier vorliegende Ausführungen über die geologische Seite der
„Kreidemühlenfrage 1 *, Vergleiche mit Vorgängen bei natürlichem Vorkommen
stark bewegten Wassers ergänzen die vom Referenten seinerzeit bereits dar-
gelegten (Zeitschr. f. Ethnol. 1905, S. 1024), von Rutot hier ebenfalls aus-
geführten „technischen" und archäologischen Betrachtungen über die Kreide-
silex sehr wesentlich. — Unterdessen sind ja auch von Anderen in ähnlicher
Weise diese Kreidemühlenentdeckungen auf das richtige Maß ihrer Bedeutung
verwiesen.
Ungleich wichtiger, aber auch schwieriger ist das zweite Kapitel: Das
Verhalten der Silex in den Glazialia und Fluvioglacialia Norddeutschlands.
Diese Frage ist von ernsten Forschern ja von vornherein in ihrer Bedeutung
erkannt; von mehr oder weniger laienhaften „Eolithensammlern" ist sie
ebenso sehr unterschätzt, wie sie von einseitigen Kritikern überschätzt ist.
Es ist für die an den betreffenden Fragen selbst Mitarbeitenden wissenswert,
die hier niedergelegten Ansichten Rutots kennen zu lernen und zu sehen,
wie er die betreffenden ihm vom Referenten vorgelegten Materialien auf-
genommen hat.
Das dritte Thema ist die Beurteilung der Rügener Steilküstensilex. Des
Referenten Beobachtungen werden an dieser Stelle zum ersten Male in extenso
mitgeteilt (Figur). Die Entstehung und schrittweise Abrollung von Silex-
trümmern ist hier einmal „in der Natur" beobachtet. Wie in den Kreide-
mühlen, so entstehen auch hier „Trugformen" primitiver Artefakte, hier wie
dort sind sie aber ephemere Produkte, hier wie dort ist das Mengenverhältnis
der wenigen beachtenswerten Stücke zu der Masse der regellosen Trümmer
ein völlig anderes als z. B. in den belgischen Eolithenhorizonten. (Übrigens
sind den am Rügener Strande überall zu findenden Silextrümmern auch echte
neolithische Artefakte beigemischt; außerdem werden die Abfälle der Kreide-
mühlen alljährlich, besonders im Herbst, in das Meer geschüttet. Referent.)
Der vorliegende Bericht Rutots ist noch sehr lesenswert, zumal da für
die ganze Eolithen-„ Frage" die betreffenden Materialien nach wie vor ihre
Wichtigkeit haben.
(Referent war und ist nicht in Allem Rutots Meinung, besonders nicht
hinsichtlich der Forschungsmethode.) Dr. Hahne-Hannover.
207. Rutot: Dejets, rebuts, rejets, malfa^ons, faux. Revue de
Täcole d'authropol. Paris 1907. Tome XVII, p. 60—64.
Das viel bekämpfte starre Festhalten von Vertretern der französischen
Wissenschaft an „ Systemen" in der Prähistorie, besonders in der Diluvial-
Archäologie, hat längst auch in Frankreich gewichtige und eifrige Gegner
gefunden. Auch Rutots Arbeiten finden dort mehr und mehr Aufnahme.
In der vorliegenden Abhandlung geht Rutot auf den vermeintlichen
Hauptgrund für das bisherige „konservative" Verhalten der französischen
Forschung ein. Unter dem Banne der Systeme, die sich auf „klassische Stücke"
stützen, wurde ein beträchtlicher Teil der bei den Ausgrabungen zutage
kommenden Fundstücke achtlos beiseite getan oder für belanglos gehalten als
Arbeit8abfälle, verfehlte Stücke usw.; dieses Material aber enthält gerade sehr
wichtige Dinge; die verschmähten „Nebenerscheinungen" gewähren gerade oft
Einblicke in die Kulturzustände einer steinzeitlichen „Industriestufe", be-
sonders auch in die Technik der Stein Verwendung und -bearbeitung über-
haupt. Dr. Hahne-Hannover.
170 A. Referate. Urgeschichte.
208. Ludwig Reinhardt: Der Mensch zur Eiszeit in Europa und
seine Kulturentwickelung bis zum Ende der Steinzeit. Zweite,
vollkommen umgearbeitete und stark vermehrte Auflage mit
535 Abbildungen, 22 Kunstdrucktafeln und 2 Karten; 921 S.
München, Ernst Reinhardt, 1908.
Die bereits auf S. 36 des vorjährigen (XII.) Bandes des Zentralblattes
angezeigte und empfohlene populär-wissenschaftliche Darstellung der ältesten
Urgeschichte des europäischen Menschen hat schon nach Jahresfrist eine
zweite Auflage erforderlich gemacht. Das Werk ist auf den doppelten Um-
fang (921 gegenüber 504 Seiten) angewachsen — leider, möchte ich sagen,
denn eine präzisere Behandlung des Stoffes würde meines Erachtens seinen
Wert erhöhen und umgekehrt seinen Preis herabsetzen. In seiner jetzigen
Fassung bringt der Verfasser allerlei Dinge, die nicht zur Sache gehören, wenn-
gleich auf der anderen Seite anerkannt werden muß, daß er nach Möglichkeit viel
Parallelen aus der modernen Völkerkunde heranzuziehen bemüht ist. Außer-
dem hätte vieles kürzer wiedergegeben werden können, ohne daß das Ver-
ständnis Einbuße erlitten hätte. Wenngleich man loben muß, daß mit der
Zahl der Abbildungen geradezu verschwenderisch umgegangen ist — ihre
Zahl ist von 185 in der ersten Auflage auf 535 gestiegen — , was für
populäre Darstellungen gewiß sein Gutes hat, so hätte doch auch hier eine
weise Beschränkung Platz greifen können; so z. B. hätten die zumeist recht
kleinen Landschaftsbilder und Fundorte, auf denen wirklich nichts Bemerkens-
wertes zu sehen ist, zum größten Teile fortbleiben können; der Preis wäre
dadurch sicherlich weniger belastet worden.
Da bereits an früherer Stelle der Inhalt des Werkes im einzelnen wieder-
gegeben und gewürdigt worden ist, so erscheint es überflüssig, dies von neuem
zu tun. Die Anordnung des Stoffes ist die gleiche geblieben, auch scheint
mir keine Änderung in den Ansichten des Verfassers eingetreten zu sein.
Seine Darstellung, die einen gefälligen Stil verrät, wird den allerneuesten
Funden und Ansichten gerecht; so wird z. B. die Eolithen frage, die Verfasser
im vergangenen Sommer an Ort und Stelle in Belgien studierte, eingehend be-
handelt und durch zahlreiche Abbildungen erläutert. Aber auch andere
Funde, die in der früheren Auflage zu kurz weggekommen waren (z.B. Era-
pina, Kesslerloch u. a.), erfahren auf Grund der neueren Beobachtung eine
bessere Behandlung.
Wenn auch die Kritik (entsprechend den in der Urgeschichte oft genug
auseinander gehenden Ansichten) dieses oder jenes tadeln könnte, so bleibt
das Werk als Kompilationsarbeit doch eine schätzenswerte Leistung. Für
eine spätere Auflage möchten wir dem Verfasser aber recht viel Kürzungen
empfehlen. — Eine sachliche Bemerkung noch. Die auf S. 114 angeführten,
von Zenker im Oderbett bei Stettin gefundenen „höchst primitiven Stein-
geräte" sind weiter nichts als sogenannte Naturspiele, ähnlich den bekannten
„pierres-figures* 4 Thieullens. Buschan- Statin.
209. R. Paribeni: Vasi dell' Italia e dell 9 estero con flguri animali
nelP interno e sugli orli. Bull, di paletnol. ital. 1906. Ann.
XXXII, Nr. 6—9, p. 105-116.
Eine interessante vergleichende Studie! Die in Ägypten aus Bronze
und Ton verfertigten Schalen, in deren Innern ein oder zwei Tierfiguren
(die Kuh der Hathor und andere Tiere, wie Gazellen, Vögel, Frösche) in Rund-
plastik dargestellt sind, haben sich in einem weiten Gebiete (Kreta, Kypros,
Italien, Mitteleuropa mit Hallstatt, ödenburg; in verkürzter Form in Klein-
A. Referate. Urgeschichte. 171
asien, Armenien nebst Kaukasus und Griechenland) weiter verbreitet und
auch zur Nachahmung angeregt Auch ist der Gebrauch, Ränder und Henkel
von Gefäßen mit menschlichen und tierischen Figuren zu schmücken, von
älteren, ägyptischen Prototypen abzuleiten. Damit wird wieder eine Ver-
mutung des Herausgebers der Hallstattfunde, v. Sacken (Das Grabfeld von
Hallstatt, S. 101), in Erinnerung gebracht: Daß ein dreieckiges Mal auf der
Stirn eines Tieres an einem Bronzebecken von Hallstatt auf den Apisstier
zurückgehe. — Vorsicht ist bei der Erklärung aller, offenbar Religion und
Kult U8 betreffenden Analogien geboten, zumal da die angeblichen Prototypen
der 18. Dynastie sich nicht durch einfache Verbindungslinien mit Hallstatt-
kultur-Produkten zusammenbringen lassen. Hubert Schmidt-Berlin.
Spezielles, Funde.
210. Nina Frances Layard: A winters work on the Ipswich palaeo-
lithic Site (Taf. XXX u. XXXI). Journ. of tbe Antbropol.
Institute 1906. Vol. XXXVI, p. 233—236.
Bei Untersuchung der Diluvialkiese und Sande bei Ipswich achtete Ver-
fasserin besonders auf das Vorkommen von „ Artefakten, die nicht klassische
Formen haben". Sie fand neben einer Reibe vorzüglicher, den coups de poing
zuzurechnender Stücke eine große Anzahl von einfachen SUexabsplissen, die
zum Teil deutlichen bulbe zeigen. Viele dieser Stücke charakterisieren sich
durch die Art ihrer Randabsplitterungen als Geräte: Schaber nnd Kratzer.
— Die Artefakte lagen in „ Nestern a beieinander. (Es ist nicht ersichtlich,
wie sich zu diesem Vorkommen die coups de poing verhalten. Referent)
Aus der Gleichaltrigkeit der betreffenden Fundschichten schließt Verfasserin
auf „ Zusammengehörigkeit a der Funde.
Der geologischen, sehr kurzen Ausführung über die Kiesgruben von Ips-
wich ist ein Gutachten Boyd Dawkins zugrunde gelegt: Die diskordant ab-
gelagerten Schichten sind Flußsedimente, aus ruhig fließendem Wasser abge-
setzt; stärkere Strömungen haben dazwischen Kiesschichten angeschwemmt.
Von den zwei nicht sehr gut gelungenen photographischen Tafeln zeigt
die erste zwei schöne „Silex- coups de poing", die andere eine Anzahl Ab-
schläge von Silex, von denen einige gut erkennbare Schlaghügel usw. zeigen,
sowie regelmäßige Randabsplitterungen und andere Anzeichen absichtlicher Zer-
arbeitung. Verfasserin scheint der Ansicht zu sein, daß ein Teil ihrer Funde von
Menschen benutzte natürliche Silextrümmer seien, deren Entstehung sie sich
durch H. Warrens „soil-creep"- Hypothese erklärt (s. Ref. 1906, Nr. 382).
Die coups de poing und die einfachen Artefakte hält sie für gleich alt und
für Werkzeuge derselben Menschen.
Für die endgültige Beurteilung der Funde genügt die Veröffentlichung
nicht. Aus Dawkins Gutachten geht hervor, daß es sich in Ipswich um
Sedimente verschiedenen Alters handelt, die zur Zeit der coups de poing
ihre endgültige Ablagerung erfuhren. Somit wäre die Vermutung nahegelegt
daß es sich mit den Ablagerungen von Ipswich so verhält, wie unter anderen
Rutot es für Chelles und andere Orte annimmt: daß Schichten mit älteren
Artefakten zur Zeit der coups de poing umgelagert wurden, und daß also hier-
durch ältere und jüngere Kulturhinterlassenschaften zusammengeschwemmt
wurden. Die Verfasserin äußert sich nicht über Beobachtungen, die auf
diese Fragen Licht werfen könnten, wie Fossilienfunde, Patina- und Rollungs-
erscheinungen der Artefakte und Anderes mehr. Dr. Hahne- Hannover.
172 A. Referate. Urgeschichte.
211. Paul Bartels: Tuberkulose (Wirbelkaries) in der jüngeren
Steinzeit. Mit 4 Abb. Archiv f. Anthopologie 1907. N. F.
Bd. VI, Heft 4, S. 243—255.
Bartels präparierte ein menschliches Skelett, welches in einem von
Prof. Pf äff in Heidelberg aufgedeckten Grabe der jüngeren Steinzeit ge-
funden wurde. Die Präparation geschah in der üblichen, außerordentliche
Mühe erfordernden Weise (gründliche Reinigung aller Bruchstücke, Aus-
probieren ihrer Zusammengehörigkeit, schließlich Zusammenfügen mittels
Hausenblaselösung). Dabei zeigte sich nun eine interessante Veränderung
der Wirbelsäule des als männlich und in den zwanziger Jahren stehend an-
genommenen Individuums, nämlich eine Kyphoskoliose (gering dextrokonvex)
im Bereiche des dritten bis vierten Brustwirbels. Von den Wirbelkörpern
des vierten und fünften Brustwirbels ist nur noch wenig Substanz erhalten,
die keilförmig (mit der Spitze nach vorn) zusammengedrückt und mit der des
sechsten Wirbelkörpers verwachsen ist, welcher seinerseits vorn ungefähr auf
die halbe Höhe reduziert ist. Vom dritten Wirbel zeigt im wesentlichen nur
die untere Körperfläcbe eine unregelmäßige pathologische Gestaltung, die das
Negativ der oberen Fläche vom vierten Brustwirbel darstellt. Die Gelenk-
fortsätze vom vierten bis sechsten Brustwirbel sind ankylotisch miteinander
verwachsen.
Bartels weist nach, daß die Veränderungen — Kyphoskoliose infolge
Karies der Wirbelkörper mit nachfolgender knöcherner Verschmelzung der
Teile — auf Tuberkulose zurückzuführen sind. Es würde damit der Fund
den ältesten Nachweis für Tuberkulose in Deutschland darstellen. Bei der
Tatsache, daß es zur Ausheilung gekommen ist, schließt Verfasser auf eine
lange sorgsame Pflege, die dem Charakter der Steinzeitmenschen entspräche.
Zum Schluß weist er darauf hin, wie notwendig es ist, bei ähnlichen Funden
alle Bruchstücke aufs sorgfältigste zu sammeln. Dr. med. Liebetrau-Hagen.
212. Basile Modestov : Introduction a l'Histoire Romaine. Traduit
du Russe par Michel Deiines. Pr^face de M. Salomou
Reinach, de l'Institut. Avec 39 planches hors texte et 30 tigures
dans le texte. Paris, Felix Alcan, 1907.
Unter dem Titel „Einleitung in die römische Geschichte" behandelt der
Verfasser, der eine Reihe von Spezialstudien auf demselben Gebiete in russi-
scher Sprache bereits veröffentlicht hat, die vorgeschichtliche Ethnographie
und die vorrömische Kulturentwickelung Italiens auf Grund der dort syste-
matisch bearbeiteten vorgeschichtlichen Funde mit besonderer Berücksichtigung
der geschichtlichen Quellen und der Resultate der Anthropologie und Linguistik.
Der Verfasser gliedert den Gesamtstoff in zwei Teile und faßt im ersten
Teile die vor die Gründung Roms fallende Kulturentwickelung zusammen,
um im zweiten Teile die Etruskerfrage ausführlich zu erörtern.
Er geht von den ältesten Spuren menschlichen Daseins in Italien, Sizilien,
Sardinien aus und behandelt zunächst die Kultur der paläolithischen (Bd. I,
Kap. I) und neolithischen (Bd. I, Kap. 2) Epoche, indem er das Problem des
„ Hiatus u durch die Annahme einer neuen Bevölkerung in der jüngeren Phase
dieser ältesten Entwickelung (mit G. de Mortillet und Pigorini) zu lösen
versucht. Zum Teil waren die Stationen der älteren Epoche auch in der
jüngeren bewohnt gewesen (Höhlen im Picenum, besonders im Valle della
Vibrata bei Teraino, in Ligurien und der römischen Campagna).
In der neolithischen Zeit kommen als neue Fundgruppen hinzu die Wohn-
gruben (fondi di capanne), Werkstättenfunde, letztere zum Teil mit Obsidian,
A. Referate. Urgeschichte. 173
und Grabanlagen teils in den natürlichen Höhlen, teils in künstlichen Grotten,
die den Erdhütten der europäischen Ureinwohner entsprechen, teils in bloßer
Erde. Das Charakteristikum der ganzen Zeit sinä die fondi di capanne, die
sich über ganz Italien ausbreiten, und neben denen nur aus lokalen Gründen
noch die natürlichen Grotten in Frage kommen. Zwei Perioden lassen sich
dabei nach dem Gebrauch der Waffen unterscheiden (Bd. I, Kap. 3) : Die jüngere
Periode zeichnet sich aus durch dreieckige Pfeilspitzen verschiedener Form,
deren Arbeit sich immer mehr verfeinert, durch große Feuersteindolche und
durchlochte Hämmer. Die höchste Stufe dieser Entwickelung geht mit dem
Auftreten von kupfernen Beilen und Dolchen über in die eneolithische
Epoche (auf dem Fest lande die Stufe der Nekropole von Remedello - Sotto,
Prov. Brescia, mit liegenden Hockern in Schachtgräbern, auf Sizilien die erste
sikulische Periode, nach Orsi, mit künstlichen Grotten a forno für zahlreiche
Bestattungen unter den Einflüssen des Orients). Das vorauszusetzende Handels-
volk, das die über das östliche Mittelmeergebiet strömenden Einflüsse des
Orients vermittelt haben soll, sucht Modestow in Cypern (S. 85 ff.), dessen
Bedeutung für Orient . und Occident er gewiß überschätzt ; selbst die weiß
inkrustierte Keramik von Stentinello und aus neolithischen Grotten Siziliens
glaubt er direkt auf Einflüsse Cyperns zurückführen zu müssen, obgleich hier
diese Ziertechnik im Unterschiede von Troja und Kreta nur eine sekundäre
Rolle spielt. Auch die primitive Tonplastik von Süd- und Mitteleuropa will
der Verfasser aus dem Orient ableiten (S. 87 f.) und findet eine Bestätigung
für seine Auffassungen in den anthropologischen Resultaten Sergis, der unter
den Schädeln von Castelluccio und Pantalica (erste und zweite sikulische
Periode) asiatische (kaukasische) Typen im Gegensatz zu der in ganz Süd-
europa verbreiteten (euro - afrikanischen) Mittelmeerrasse findet (S. 83 f.).
Was die Datierung dieser Epoche anlangt, so geht Modestow auch weiter,
als die Mehrzahl der Archäologen : er hält sie für gleichzeitig mit der vierten
cyprischen Periode (nach Ohnefalsch-Richter 2500 bis 1600 v. Chr.).
Obgleich der Verfasser auch für die eneolithische Entwickelung in Nord-
italien die Verbindung mit dem östlichen Mittelmeerbecken herzustellen sucht,
leitet er hier die Kenntnis der Metalle aus Mitteleuropa ab und möchte am
ehesten die Einwanderung eines von Norden kommenden Volkes gegen Ende
der neolithischen Zeit annehmen.
So kommt er zu einer ausführlichen Behandlung der vorgeschicht-
lichen Bevölkerung Italiens (S. 103 ff.). Sergis Mittelmeerrasse nimmt
er an und schließt ihr die Iberer und Ligurer als unter sich verwandte Stämme
an. Einen Zweig des ibero-ligurischen Stammes bilden die Sikuler; von ihnen
sind die Sikaner ethnisch zu trennen; diese läßt der Verfasser aus Afrika,
jene aus Italien nach Sizilien kommen (S. 127 ff., 133 ff.).
Überhaupt stehen die ethnographisch - anthropologischen Probleme im
Vordergrunde der Erörterungen im wesentlichen auf der Basis von Sergis
Theorien. Neuankömmlinge sind in Italien weiterhin die Terramaricoli,
die Träger der bronzezeitlichen Kultur, die zugleich den Leichenbrand, „die
Sitte der arischen Völker Europas", in Italien einführen (Bd. 1, Kap. 4,
S. 143ff.). Im einzelnen bekämpft der Verfasser sowohl die Theorie Brizios,
der die Terramaren den Ligurern zuweist und die Villajiovakultur für gleich-
zeitig hält (S.208f.), als die Annahme Sergis, daß die Terramaricoli Kelten
waren (S. 21 Off.).
Im Anschluß an diese mehr oder weniger theoretischen Ausführungen
folgt dann die Frage der Ausbreitung der Arier in Italien (Bd. I, Kap. 5,
S. 217ff.) und die Stellung der Latiner im Tiber tale (Bd.I, Kap. 5, S. 229 ff.).
174 A. Referate. Urgeschichte.
Obgleich für diese Abschnitte die Kenntnis der eisenzeitlichen Villanovakultur
vorausgesetzt wird, kommt er erst im Verlaufe des Kap. 6 (S. 242 ff.) und in
Kap. 7 zu einer ausführlichen Angabe der archäologischen Daten aus den
Nekropolen in den Albaner Bergen (S. 242 ff.), von Villanova (S. 311 ff.) und
von Bologna (S. 323 ff.). Die Latiner sind dem Verfasser die Nachkommen
der Terramaricoli, die Umbrer (mit Brizio) die Träger der Villanovakultur
in Mittel- und Norditalien; beide sind zu verschiedenen Zeiten und aus ver-
schiedenen Gegenden nach Italien gekommen. Den Abzug der Terramaricoli
aus den oberitalienischen Pfahlbauten haben wahrscheinlich die stammver-
wandten Neuankömmlinge (Umbrer, Sabeller, Osker) veranlaßt. Eine be-
sondere Aufgabe sieht Modestow in der ausführlichen Widerlegung der An-
sichten Pinzas, der die Kultur der ersten Eisenzeit in Latium aus der der
jüngsten Steinzeit abzuleiten sucht, und greift somit in viel umstrittene Fragen
ein, wie das Verhältnis von Leichenbestattung und Leichenbrand oder die
Herkunft der typischen Villanova-Urne und der gleichzeitigen Ornamentik; den
Einfluß der älteren primitiven Bevölkerung Latium 8 will er auf den Bestattungs-
ritus und fremde Sprachelemente beschränkt wissen* die die arischen Ein-
wanderer angenommen haben (S. 258 bis 271). Was die eigentliche Villanova-
kultur betrifft, so denkt er sich mit anderen die Kenntnis des Eisens und die
Ornamentik durch die Griechen, im besonderen durch die Jonier, vermittelt
Im zweiten Teile seines Werkes (S. 341 bis 468) unterzieht der Ver-
fasser das schwierigste Problem italischer Frühgeschichte einer Erörterung:
die Frage des Ursprunges der Etrusker. Eine positive Lösung desselben
hält er für möglich, wenn es gelingt, die antike Überlieferung vom klein-
asiatischen Ursprung der Etrusker in Einklang zu bringen mit den archäo-
logischen Daten. Die Grabarchitektur (S. 352 ff.), der Stadtmauerbau (S. 373 ff.),
die Kunst der Weissagung (S. 385 ff.), Musik, Kleidung und Stellung der Frau
(S. 391 f.) sind dem Verfasser Kulturelemente, die sich nicht aus der Herr-
schaft des griechisch- orientalisierenden Stils zwischen dem 8. und 6. Jahr-
hundert v. Chr. erklären lassen, sondern fest im nationalen Charakter der
Etrusker wurzeln, da sie nur bei ihnen, nicht bei den übrigen italischen
Stämmen zu finden sind; also müssen sie von den Etruskern selbst aus dem
Ursprungslande — Kleinasien — mitgebracht worden sein. In der etruski-
schen Inschrift von Lemnos sieht der Verfasser einen positiven Beweis für
die östliche Herkunft der Etrusker, wenn auch das Sprachenproblem als noch
ungelöst bezeichnet werden muß.
Die Kater -Hypothese (S. 409 ff.) — seit Niebuhr die deutsche zu
nennen — , die in letzter Linie auf den einzigen Gegner Herodots, Dionys
von Halikarnaß, zurückgeht, gründet sich auf die Frage, ob in der Reihe der
Pozzo-, Fossa- und Camera-Gräber die Phasen der kontinuierlichen Entwicke-
lung eines Volkes zu suchen sind (S. 424 ff.). Der Verfasser entscheidet sich
dahin (S. 432 ff.), daß zwischen den Pozzogräbern, die in Etrurien auch nach
der vollen Entwickelung der Kammergräber im Gebrauch sind, und den als
etruskisch erwiesenen Grabbauten sich keine Verbindung herstellen lasse —
weder im Grabritus, noch in der Grabform, noch in den Beigaben — und
daß die Fossagräber keineswegs vor den Kammergräbern in Etrurien auf-
tauchen, also die ganze Theorie von der kontinuierlichen Entwickelung dieser
Gräberformen unhaltbar ist.
Der Weg der Etrusker ging über das Tyrrhenische Meer an die West-
küste von Italien (S. 439). Gegen die Annahme eines Weges über das Adria-
tische Meer spricht die Tatsache, daß die etruskischen Niederlassungen in
Oberitalien erst dem 7. Jahrhundert v. Chr. angehören.
A. Referate. Urgeschichte. 175
Die Zeit der Ankunft der Etrusker wird durch die viel umstrittene
Chronologie der ältesten etruskischen Gräber bestimmt (S. 449 ff.) , die
ihrerseits von der Datierung der etruskischen Schrift abhängt (S. 461 ff.).
Modestow zieht dazu die ältesten lateinischen Inschriften heran, die auf
einer angeblich in der Tomba Bernardini zu Präneste gefundenen Goldfibel
und die Lapis niger- Inschrift vom Forum Romanum, und glaubt als Datum
der Ankunft der Etrusker das 9. Jahrhundert v. Chr. annehmen zu müssen.
Hubert Schmidt-Berlin.
213. F. Frassetto: Crani antichi del Contado di Camerino (UI e II
seeolo av. Cristo). 7 Fig. Atti Soc Rom. di Antropol. 1907.
Vol. XIII, p. 195—226.
Erneute Untersuchung von 15 schon von Calori (1873) beschriebenen
prähistorischen Schädeln, welche letzterer als „uralt" und „umbrisch" be-
zeichnet hatte. Die vom Verfasser nach den von Sergi gelehrten Grund-
sätzen durchgeführte Analyse fuhrt ihn dazu, zwei Typen darunter zu unter-
scheiden, von denen der eine, dem die meisten Schädel angehören, der Species
eurafricana, der andere, nur vier Schädel umfassende, der Species eurasica
angehören. Die im Museum zu Ancona bewahrten Beigaben weisen auf das
2. und-3. vorchristliche Jahrhundert hin. Da bisher nur sehr wenige alte
Schädel aus Umbrien und Picenum, dessen Bevölkerungen nach Frassetto
ebenfalls eurafrikanische und eurasische Typen gemischt aufweisen, be-
kannt sind, so verzichtet Verfasser vorläufig auf eine Entscheidung über die
Stammeszugehörigkeit der untersuchten Schädel, stellt aber weiteres in Aus-
sicht. — Unter den beobachteten Varietäten ist besonders interessant ein
ausgezeichneter Fall von „Os interpalato-susmaxillaire u (nach der Terminologie
von Le Double); die Abbildung (Fig. 7) ist sehr klar und schön.
P. Bartels-Berlin.
214. F. Frassetto : Crani Felsinei del V e IV seeolo ay. Cristo.
Atti Soc. Rom. di Antropol. 1907. Tome XIII, fasc. 1, p. 55
—70 und fasc. 3, p. 341—369; 1 Tat
In diesen beiden Abhandlungen bringt Verfasser eine systematische Be-
schreibung von 43 etruskischen Schädeln, welche sämtlich dem 5. und 4. vor-
christlichen Jahrhundert angehören; nur einer stammt vielleicht, nach den
Beigaben, bereits aus dem 6. Jahrhundert. Verfasser verzichtet darauf,
irgendwelche allgemeinen Schlüsse aus den Ergebnissen der Messung und
Beschreibung zu ziehen, da er zuvor noch ein größeres Vergleichsmaterial von
prähistorischen Schädeln aus der Gegend von Felsina durchzuarbeiten ge-
denkt — eine Resignation, die sicher mehr anzuerkennen ist als eine noch
so kühne und scharfsinnige „ Beweisführung u . P. Bartels-Berlin.
215. Q. Quagliati: Tombe neolitiehe in Taranto e nel suo territorio.
Bullet, di paletnol. ital. 1906. Anno XXII, No. 1—5, p. 17—49.
Erst jetzt erhalten wir Kunde davon, daß dieselben Ausgrabungen am
Scoglio del Tonno in Tarent 1899/1900, die zur Aufdeckung einer bronze-
zeitlichen Pfahlbauanlage mit spezifischer Terramarekultur geführt hatten,
auch die Reste einer dieser vorausgegangenen, älteren Bevölkerung aus
neolithischer Zeit an den Tag gebracht haben: Unmittelbar neben der bronze-
zeitlichen Station die Spuren von neolithischen Wohnplätzen in einer Tiefe
von 35 bis 50 cm und in derselben Schicht an verschiedenen Stellen die zu-
gehörigen Gräber. Die Anlage der letzteren ist sehr verschieden; regelrechte
176 A. Referate. Urgeschichte.
Steinkisten mit einem Skelett (Grab 1 : Fig. A), oder einseitige Stein Setzungen
mit zusammengelegten Knochen und drei Schädeln (Grab 4: Fig. B), oder
eine Art Nische auf dem Grunde des Tuffeisens mit den Skelettknochen von
zwei Individuen (Grab 2), oder eine elliptische Grube mit zerstreuten Ge-
beinen (Grab 3). Der ganze Bestattungsritus (sekundäre Beerdigung, Rot-
färbung in Grab 4 und Beigaben) entspricht den Gebräuchen der alten, „ibero-
ligurischen u Bevölkerung.
Analoge Beobachtungen machte Quagliati bei den Ausgrabungen auf
Bella vista, einem Privatgrundstück bei Tarent (S. 36 ff.), wo er 20 Gräber in
vier verschiedenen Gruppen aufdeckte. Hubert Schmidt-Berlin.
216. A. Tararaelli: Incisioni sopra monumenti preistorici nel Sulcis
(Sardegna). Bullet di paletnol. ital. 1906. Anno XXXII,
No. 1—5, p. 78—86; tav.VI.
217. A. Taramelli: Dolmen „Sa perda e s'altare" nel commune di
Birori in provineia di Cagliari. Bullet, di paletnol. ital. 1906.
Anno XXXII, No. 10—12, p. 268—271; tav. XXIII.
Als Denkmalspfleger Sardiniens fügt Taramelli zu den wenigen Beispielen
prähistorischer Figurenkunst der Insel Steinzeichnungen, die er mit Unter-
stutzung eines Geometers Benedetti bei der römischen Stadt Sulci (auf der
Insel S. Antioco vor dem Golfo di Palmas) in einer durch zahlreiche Nuraghen
und Gigantengräber ausgezeichneten Gegend gefunden hat; sie befinden sich
auf großen Steinblöcken der zerstörten Gigantengräber und nehmen mit
ihren Darstellungen (zweirädrige Wagen, menschliche und tierische Figuren)
offenbar auf das Leben der Verstorbenen Bezug. Zu ihrer Erklärung werden
meines Erachtens weniger die weither geholten Analogien (Felszeichnungen
Liguriens, Frankreichs, Portugals, Afrikas, Skandinaviens) beitragen, als die
Frage der Herkunft des Wagens und seines Typus, die unbeantwortet gelassen
worden ist.
In eine ebenfalls an spezifisch Bardischen Denkmälern reiche Gegend
führt uns auch der Dolmen von Birori (an der Eisenbahnstrecke Macomer
— Cagliari), der die Fundliste europäischer Megalitharchitektur bereichert
(Aufriß S. 269). Taramelli hofft noch mehr davon zu finden.
Hubert Schmidt-Berlin.
218. 6. A. Colini: Le scoperte archeologiche del dott. C. Rosa
nella Talle della Vibrata e la ciyilta primitiva degli Abruzzi e
delle Marche. Bullet, di paletnol. ital. 1906. Anno XXXII,
No. 6—9, p. 117—173; No. 10—12, p. 181—268; tav. VIII
—XXII.
Seinen wertvollen Studien über die eneolithische Periode und die Bronze-
zeit Italiens reiht der rührige Verfasser eine grundlegende Arbeit über das
Paläolithicum seines Vaterlandes an. Sie entspricht einem Bedürfnisse
der Zeit, nicht nur weil die paläolithischen Probleme gerade jetzt im Vorder-
grunde der Diskussion stehen, sondern besonders deswegen, weil in Italien die
einschlägigen Forschungen überhaupt im Rückstande sind.
Unter Zugrundelegung eines reichen Fundmaterials aus dem Tale der
Vibrata (Provinz Teramo), den nördlich sich anschließenden Marken und den
Abruzzen, aber auch mit Benutzung der nord- und süditalienischen, sowie der
sizilischen Funde behandelt Colini drei Gruppen von Steingeräten: a) die
Formen des Chelleen, S. 125 ff.; b) die Formen des Moustärien, S. 181 ff.;
c) Geräte aus dem Ende des Paläolithicums und ihre Fortdauer im Neolithi-
cum, S. 234 ff.
A. Referate. Urgeschichte. 177
Eine systematische Behandlung der primitivsten Kulturstufe Italiens
muß auf besondere Schwierigkeiten stoßen, weil das Fundmaterial zwar sehr
groß ist, aber die Lagerungs Verhältnisse und Fundumstände in den meisten
Fallen unsicher oder überhaupt unbestimmt sind. So ist die Bestimmung
der Formen nur auf Grund einer strengen Analyse des Materials nach der
Analogie der besonders in paläolithischen Schichten Frankreichs und Belgiens
gesicherten Formengruppen möglich. Der Verfasser unterzieht sich dieser
Aufgabe mit der ihm eigenen Genauigkeit und mit dem bei ihm gewöhnlichen
Aufwände von Literaturkenntnissen. Ein besonderes Augenmerk richtet er
auf die Unterschiede in der Ausgestaltung einzelner Teile der Geräte nach
dem verschiedenen Zweck, dem sie dienten, und will ähnlich, wie bei dem
französischen und belgischen Material, auch für die großen Fabrikations-
zentren Italiens (besonders in der Maiella, Provinz Chieti, und am Monte
Gargano) einen allmählichen Fortschritt in der Arbeit der Chelleen -Industrie
annehmen. Dagegen ist er nicht geneigt, einen Übergang vom Chelleen zum
Mousterien zuzugeben, sondern möchte die feiner retuschierten Chelles-Formen
eher aus einer wenigstens zum Teil stattgehabten Koexistenz der beiden
Industrien bei derselben Bevölkerung erklären (S. 144 ff.). Die Bestimmung
der Mousterien - Formen (Spitzen, Schaber, Späne, Disken) ist jedoch sehr
schwierig, weil sie sich von den neolithischen kaum unterscheiden. Jedenfalls
hatte die Mousterien-Industrie eine hohe Entwickelungsstufe in Ligurien, im
Gebiete von Parma und Reggio nördlich des Apennin und in Sizilien, wo
die beiderseits bearbeiteten Geräte des Chelleen, wie es scheint, gänzlich
fehlen oder besonders selten sind. Dagegen finden sich die mandelförmigen
Chelles-Geräte zahlreich in Mittel- und Süditalien, im besonderen im östlichen
Teile, und zwar isoliert oder in Verbindung mit formlosen Spänen, die
Gebrauchsspuren zeigen, oder mit weiter fortgeschrittenen Produkten, wie im
Acheuläen Frankreichs.
Die dritte Formengruppe, die teils ins jüngere Paläolithicum , teils ins
Neolithicum gehört, ist in den Höhlen Balzi Rossi, und zwar in den über den
unteren Mousterien- Schichten aufliegenden Ablagerungen beobachtet worden,
kommt im Tale der Vibrata, in den Marken und Abruzzen, ebenso weiter
im Süden am Monte Gargano, bei Benevent und in den Puglie vor und ist
auch bei der weiteren Erforschung der Grotten von Terra ini-Imerese und in
der Provinz Trapani (Sizilien) zu erwarten (vgl. V. Giuffrida-Ruggeri,
Materiale paletnologico della grotta del Castello di Termini Imerese. Atti
della societa Romana di Antropologia XIII, 2). Die vom Verfasser auf-
gestellten fünf Untergruppen enthalten meist Nachkommen des alten Chelles-
Gerätes in mannigfachen Varianten und haben ihre Analogien in Frankreich
(Campignien), Dänemark (Kjökkenmödding), Belgien (Spiennes u. a.), auch in
Norddeutschland, Norwegen und Groß Britannien (S. 251 ff.). Wie Formen
und Technik den Ausgangspunkt dieser ganzen Industrie in der Chelleen-
und Acheuleen-Stufe erkennen lassen, ebenso sicher ist es nach Pigorini,
daß gewisse Formen davon noch im Neolithicum im Gebrauch waren, be-
sonders die Äxte und Meißel neben den Spitzen und Schabern der Moustörien-
Art. Hier verbinden sie sich mit den Grund elementen einer neuen Kultur,
die die Töpferkunst, die Technik der Steinpolitur und die Domestikation von
Tieren für sich hatte. Kommen hierzu noch halbunterirdische Wohnungen
(fondi di capanne) und die Sitte der Leichenbestattung in hockender Stellung,
so ist es begreiflich, wenn Colini den Gesamtkomplex dieser neuen Er-
scheinungen aus der Einwanderung einer neuen Bevölkerung erklärt, die sich
mit den Resten der Paläolitbiker verbunden hat. Andererseits sind die
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 12
178 A. Referate, Urgeschichte.
italienischen Kongruenzen mit den jüngsten paläolithischen Schichten West-
und Nordeuropas so groß, daß Pigorini für alle gleichen Elemente eine
gemeinsame Quelle annimmt, Colini jedoch nur auf engere Beziehungen
zwischen diesen Gebieten schließen zu müssen glaubt. In den gleichartigen,
ägyptischen Analogien aber sieht letzterer einen Beweis für den zivilisatorischen
Einfluß der Mittelmeerländer, der sich seit dem Ende des Paläolithicums
nordwärts über Italien, Spanien und Frankreich bis nach Groß -Britannien
und Skandinavien geltend machte (S. 267). Darauf scheint ihm auch der
Hund der dänischen Kjökkenmödding zu weisen, der Verwandte in Südost-
Europa und in Afrika hat. Hubert Schmidt-Berlin.
219. L. Pernier: Tombe eneolitiche del Titerbese. Bullet, di palet-
nol. ital. 1905. Anno XXXI, No. 7—12, p. 145—153.
220. A. Jatta: Un sepolcro primitivo ad Andria e Peneolitico neu
Apulia Barese. Bullet di paletnol. ital. 1905, Anno XXXI,
No. 7—12, p. 153—176; tav. VIII— X.
221. 6. A. Colini: Necropoli a grotte artiflciale scoperta dal Prof.
A. Taramelli nel territorio di Alghero (Sassari). Bullet di
paletnol. ital. 1905. Auno XXXI, No. 7—12, p. 176 — 194; tav.
IV— VII.
Die drei Aufsätze sind Beiträge zu der Erforschung der in ihrer Be-
deutung noch zu wenig gewürdigten „Epoca eneolitica" Italiens und seines
Inselreiches. Pernier, bekannt durch seine Forschungen auf Kreta, ver-
öffentlicht das Inventar von fünf neuen, bei Viterbo (Provinz Roma) ge-
fundenen Gräbern Nr. 4 bis 8 (vgl. über die drei zuerst von Mancini ge-
fundenen Nr. 1 bis 3: Colini, Bullet. PaL Ital. 1903, XXIX, p. 150 ff.). Die
in ihrer Form mehr oder weniger ovoidalen, mit konkaven Wänden und
Böden gestalteten Gräber haben eine dromosartige Ausladung („insenatura"),
die zur Aufnahme der unteren Extremitäten des liegenden Hockers („cada-
vere rannichiato u ) diente. Bei dem Bronzefragment Fig. D aus Grab 5
(S. 151) erinnert Pernier an die mykenisch-nordischen Rasiermesser. Meines
Erachtens liegt hier ein der eneolithischen Epoche eigentümlicher Dolch mit
starker Mittelrippe vor.
Inhaltreicher und wichtiger ist der Aufsatz von Jatta, obgleich er sich
nur mit einem einzigen Funde beschäftigt: Mit einem in der Villa Pozzo-
Regano auf der Straße von Andria nach Corato in der Provinz Bari gefundenen
Skelettgrab. Form und Inhalt desselben sind in mancher Hinsicht von Be-
deutung. Es ist ein einfaches Erdgrab von der Art, wie sie auch sonst in
Italien in primitiver Zeit vorkommen, z. B. in der Gruppe vom Typus Reme-
dello, Cumarola u. a. m., aber im Unterschiede von diesen enthält es mehrere
Skelette, wie ein bei Benevent gefundenes, eneolithisches Grab. Ausgezeichnet
ist der Fund von Andria durch reichen Vorrat an keramischen Beigaben.
Nach den Verzierungen (getiefte Punktreihen, zonenartige Horizontalbänder,
weiße Inkrustation, linsenförmige Warzen in Reihen) stehen sie der neo-
lithi sehen Keramik Italiens und Siziliens, besonders der Gruppe der Glocken-
becher, den spätesten Produkten neolithischer Industrie, nahe. Völlig neu ist
in diesem Kreise jedoch die Henkelform an einem tiefen Napfe: Ein flacher
Vertikalhenkel mit aufgesetztem, großem Knopf, eine Form, die der Autor
der Pfahlbau- und Terramarenkeramik annähert. Diese Beigaben würden
das Grab nach der Auffassung des Autors als Produkte der vorarischen (ibero-
liguri8chen) Bevölkerung Apuliens in die erste Periode des Eneolithicums ver-
A. Referate. Urgeschichte. 179
weisen. Die Untersuchung eines der Schädel ergab seine Zugehörigkeit zur
Mittelmeerrasse.
Colin i steuert in seiner Art zur Kenntnis der Archäologie Sardiniens
bei auf Gruud der ergebnisreichen Forschungen A. Taramellis, dem die
Denkmalspflege dort anvertraut ist. Dieser hat etwa 10 km nördlich von
Alghero auf einem Terrain, das den Namen AngheluRuju führt, zehn große,
freilich schon größtenteils im Altertum ausgeraubte und neuerdings beim
Steinbrechen zerstörte Grabgrotten untersucht (Pläne Taf. N und Fig. A)
und doch noch so viel Funde gemacht, daß über Kulturstufe und Alter der-
selben kein Zweifel herrschen konnte (Not. d. scav. 1904, S. 301 ff.). Die
Grabformen repräsentieren eine den Grotten gräbern der ersten sikulischen
Periode analoge Entwickelung. Die Leichen sind nicht so zahlreich zusammen-
gehäuft wie in Sizilien. Die relativ zahlreichen Beigaben entsprechen
durchaus der eneolithischen Kulturstufe: Waffen und Geräte aus Stein und
Kupfer bzw. Bronze, verschiedenartige Schmucksachen aus Stein, Knochen,
Muscheln oder Tierzähnen und Tongefäße. Unter letzteren ist am wichtigsten
ein Glockenbecher, der fast intakt aus Grab 3 gekommen ist (Fig. C).
Dieser sowohl, als überhaupt ornamentale Elemente der sonstigen Keramik
weisen auf Beziehungen zur westeuropäischen Kultur hin (Megalithgräber in
Süd-Frankreich und Spanien). Im übrigen reiht sich diese Lokalgruppe der
eneolithischen Kultur Sardiniens ganz und gar an die Eigenart derselben
Epoche des Festlandes an. Die Grabarchitektur steht jedoch auf einer mehr
entwickelten Stufe als in der ersten, sikulischen Periode, während die damit
verbundene Keramik mit eingestempelten und eingeritzten Mustern wie ein
Archaismus erscheinen muß gegenüber der bemalten Keramik Siziliens. Wie
solche Differenzen zu erklären sind, ist noch nicht zu sagen. In Sardinien
können die bezeichneten Gräber älter sein als in Sizilien, oder hier an der
Peripherie eines Kulturkreises („lontano dai centri civili delP Oriente ! u ), also
in Sardinien, in Süd - Frankreich und zum Teil auch in Spanien kann die
keramische Industrie länger ihren neolithischen Charakter bewahrt haben —
so meint der Verfasser. Hubert Schmidt-Berlin.
222. P. Castelfranco: Nuove indagini nelle palafltte varesine.
Bullet di paletnol ital. 1906. Auno XXXII, No. 1—5, p. 49
—55.
Castelfranco setzt seine Pfahlbauuntersuchungen fort, die er auf die
schon früher (Bullet. XXX, 1904, S. 81 bis 90) aufgestellte Hypothese
gründet: Die Terramaricoli sind die Nachfolger des Pfahlbaustammes in Ober-
italien; ihre Nekropolen legten sie in ähnlicher Weise wie ihre Dörfer an,
nur in kleineren Dimensionen; demgemäß ist vorauszusetzen, daß auch die
Pfahlbauer die Asche ihrer Toten in Urnen niedergelegt haben, und zwar auf
der Plattform eines kleineren Pfahlbaues in nächster Nähe ihres Wohnplatzes ;
ist das der Fall gewesen, dann müßte an der mutmaßlichen Stelle einer Pfahl-
bau-Nekropole eine geringe Menge von Topf Scherben, gar kein Küchenabfall
oder eventuell nur ganz geringe Mengen davon — entsprechend dem etwa
anzunehmenden Leichenschmaus — , ferner Mangel an Schmucksachen, wie
in den Terramare- Nekropolen, zu beobachten sein. Unter solchen Voraus-
setzungen hat Castelfranco die nur 22m lange Station von Cazzago-
Brabbia im Lago di Varese untersucht und auffallend geringe Funde (Steine,
Rette von Pfählen, Scherben u. dgl.) gemacht, während ein Angriff auf den
daneben befindlichen großen Pfahlbau sofort eine Menge der sonst üblichen
Kulturreste mit reichlichen Küchenabfällen ergab. Er zieht daraus den
12*
ISO A. Referate« Urgeschichte.
Schluß, daß der kleinere Pfahlbau als Nekropole des größeren anzusehen ist,
will aber die Untersuchung fortsetzen. Hubert Schmidt-Berlin.
223. 6. Ghirardini: Palette priraitiva italica. Bullet, di pale tu ol.
ital. 1906. Anno XXXII, No. 10—12, p. 271—281.
Der Verfasser veröffentlicht ein bronzenes» einer Schaufel ähnliches
Gerät unbekannter Herkunft, das aus dem Museum zu Parma in das Museo
preistorico zu Rom gekommen ist und zu der von ihm schon früher (Bullet.
1902, XXVIII, p. 120 ff.) behandelten Gattung gehört Die Form des Griffes
bringt er merkwürdigerweise mit dem Griff der Antennensohwerter in einen
kausalen Zusammenhang. Ausgezeichnet ist die Schaufelplatte durch die
Darstellung eines phantastisch gebildeten und stilisierten Tieres mit langem,
geschweiftem Hörn und Schwanz. Analoge Geräte mit figürlichen Dar-
stellungen werden derselben venerischen Industrie zugewiesen, der auch die
figürlich verzierten Situlen und Cisten zu verdanken sind; ihre Blüte fällt
nach Ghirardini in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr., dem auch
die vorliegende Palette angehören müßte. Hubert Schmidt-Berlin.
224. Andreas Orosz: Die Uransiedelung Opoljenik zu Bodrogmonos-
torszeg, Korn. Bacs (uug.). Tört es Reg. ßrteßitö 1906. N. F.
Bd. XXII, p. 74—80.
Orosz durchforschte diese neolithische Station, welche sich 2km von
der Donau entfernt auf erhöhtem Boden, der in früheren Zeiten von Wasser
umgeben war, befindet. Unter den gefundenen Gegenständen nennen wir
eine 15 cm lange Tiergestalt aus Ton. Vgl. auch Zentralbl. 1906, Nr. 326.
Felix Müleker- Werschetz.
225. Felix Müleker: Die Nagyf aluer Uransiedelung und die Erd-
burg von Hunar-Szent- Peter, Korn. Temes (ung.). Tört. es
Reg. ßitesitö 1906. N. F. Bd. XXII, p. 49—54.
Westlich von Nagyfalu umschlingt beinahe inselartig der Aranka-Bach
eine Erhöhung, auf deren östlicher Seite sich, wie dort gesammelte Altsachen
und eine veranstaltete Ausgrabung ergaben, eine Ansiedelung der Hallstatt-
periode ausbreitete, deren Funde mit denen von Vattina vollkommen gleich
sind. Leider erfuhr man von den Funden erst nach den durchgeführten
Erdbewegungen.
Zwischen Munar und Szent-Peter, nächst Nagyfalu, ist ein trapezförmiger
Erdwall, dessen längste Seite sich nördlich befindet und an den Aranka-Bach
lehnt. Im Innern befanden sich Ansiedelungs- und Urnenfriedhofsreste, die
jedoch nur in einzelnen Zügen an die Funde von Vattina erinnern.
Selbstbericht.
226. H. M. Yassits: Gelber Berg. Beiträge zur Kenntnis der
Eisenzeit im Donautale (serb.). Starinar 1907. Heftl, p. 1 — 47;
mit Abb.
Die Ufergegend der Donau von Winze bis Golubaz ist reich an prä-
historischen Funden. Beim Dorfe Usia nächst der Mündung des Tumanaz-
Baohes grubVassits 1906 und konstatierte eine Ansiedelung, deren Keramik
mit Kalk eingelegte Verzierung aufwies. Gefunden wurden gegen zehn Idol-
fragmente; dagegen ist die Ausbeute an ganzen Gefäßen geringer gewesen.
Bronze, Hirschhorn und Stein waren schwach vertreten. In Serbien sind die
Analogien der inkrustierten Keramik zu Klitschewaz und etwa 10 km unter-
A. Referate. Urgeschichte. 181
halb Orsova gefunden worden. In Süd-Ungarn fanden sich ähnliche Sachen,
besonders in Werschetz, Vattina, Dubovacz und Gälya.
Felix Mflleker- Werschetz.
227. Stefan Berkeszi: Funde von Paracz, Korn. Temes (ung.).
Tört. es Reg. ßrtesitö 1906. N. F. Bd. XXII, p. 59 — 65;
mit Abb.
Am Begakanale, woher schon seit 1877 Funde bekannt geworden sind,
wurden 1906 gelegentlich der Erhöhung des Dammes Altsachen zutage ge-
fördert, welche Berkeszi für das Temesvarer Museum sammelte. Die dortige
Ansiedelung ist ziemlich groß und blühte in der Neolithperiode. Von den
Fund Objekten seien erwähnt: Ein Gefäß von der Form einer Kröte und eine
große Tonperle mit vier erhabenen Streifen, die abwechselnd auf- und abwärts
gebogen sind (Svastica?). Felix Milleker* Werschetz.
228. Theodor Ortvay : Die Ernährung des Urmenschen (ung.). Akad.
Antrittsabhaudlung. 61 S. Budapest 1907.
Ortvay stellt zuerst die Fragen auf: Was war die Nahrung des Ur-
menschen? Was bot ihm den ersten Nährstoff, die Pflanzen- oder die Tier-
welt? Dann führt er die Meinungen der Fachmänner an, unter welchen der
Franzose Hovelaque glaubte, daß der erste Mensch Vegetarier gewesen
war, was auch der Schweizer Büchner annahm. Diesen schlössen sich
Rauber, Peschel und Heinrich Schurtz an. Ortvay berücksichtigt nun
zuerst die Zahnbildung und die Verdauungsorgane des Menschen, ferner ört-
liche ungünstige Vegetation s Verhältnisse und bespricht schließlich, ein großes
Beweismaterial anführend, die Küchenabfälle der Höhlen, Pfahlbauten, Torf-
schichten, der Muschelhügel und die Lebensweise der heutigen wilden Völker.
Er kommt zu dem Schlüsse, daß der Mensch vom Anfange an ein homo
omnivorax, ein „Allesesser", gewesen ist. Felix Milleker- Werschetz.
229. Edmund Gohl: Die keltische Münzpr&ge- und BronzeguJS-
werkstätte zu Szalacska, Korn. Somogy (ung.). Numizmatikai
Közlöny 1907. Bd. VI, p. 47—63; mit Abb.
Hier gibt es schon eine seit anderthalb Jahrzehnten bekannte Uransiede-
lung, wo 1906 Koloman Darnay die Überreste einer Präge- und Gußwerkstätte
ausgrub. Ihre Reste lagen zerstreut auf einem Gebiete von 8 bis 10 qm, auf
dem sich Spuren eines Holzgebäudes vorfanden. Das Ergebnis waren drei
obere und ebenso viele untere Prägestöcke, Gußformen, Rohmaterial, Werk-
zeuge, keltische Münzen, halb- und ganzfertiger Schmuck und schließlich
Hausgeräte. Die Prägestöcke sind selten, jedoch nicht alleinstehend, da solche
schon aus der Schweiz und Frankreich bekannt sind. In Ungarn sind die
Scalacskaer die ersten. Mit diesen wurden kleinere Münzen erzeugt. Von
den Gußformen kamen auch schon zwei in Ungarn vor (Kom. Tolna und
Szöny). Diese dienten zur Herstellung von größeren Münzen. Eine Spät-
La Tene-Fibei stammt aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Die Münzarten waren
sehr lange im Gebrauche, und die Szalacskaer waren schon von den späteren,
schlechteren. Deshalb kann man die Anfertigung der Szalacskaer Präge-
stöcke in die Zeit um das Jahr 100 v. Chr. verlegen. Wahrscheinlich ist
der Fund einem pannonischen Stamme zuzuschreiben.
Felix Milleker- Werschetz.
182 A. Referate. Urgeschichte.
230. Karl Hadaczek: Ein Beitrag zum Einflüsse des etrnskischcn
Kunstgewerbes auf Mitteleuropa (ung.). Aroh. fotesitö 1907.
N. F. Bd. XXVU, p. 166—171; ra. Abb.
Beim Studium der prähistorischen Sammlungen des Budapester National-
museums fielen Hadaczek unter den eisenzeitlichen Altsachen einige Gold-
objekte aus Szarazd (Korn. Tolna) auf, Teile eines Halsschmuckes: räder-,
kugel- und zylinderförmige, verzierte Perlen, welche 1890, und einige
Silberfragmente aus Regöly (ebenfalls Kom. Tolna), Beste eines Ziergehänges,
welche 1892 erworben wurden. Sie weichen nämlich stilistisch von den
übrigen Objekten ab, was nur so erklärlich erscheint, daß die Ursache zu
ihrer Entstehung ein von Süden heraufdringender antiker Einfluß war. Die
Filigranarbeit, dann die häufige Wiederkehr der Menschenköpfe schließen
diese Gegenstände enge an den Schmuck der Griechen und Etrusker des
7. Jahrhunderts an, doch sind dieselben freie, teils ungeschickte Nach-
ahmungen etruskischer Arbeit und in Ungarn verfertigt
Felix Milleker- Werschetz.
231. Ludwig Märton: Der vorgeschichtliche Goldfund von Feregy-
häza, Kom. Temes (ung.). Arcb. ßrtesitö 1907. N. F.
Bd. XXVII, p. 58—67; mit Abbildungen.
Der Reichtum Ost -Ungarns an Goldfunden scheint Herodots Nach-
richten über die Agathyrsen zu bestätigen. Doch ist es nicht möglich zu
sagen, welche von den vielen Funden denselben zuzurechnen sind, da uns
hierzu alle Anhaltspunkte fehlen. Schon Hampel machte darauf aufmerksam,
daß unter dem Material blasses siebenbürgisches Gold vorkommt. Sophus
Müller knüpfte weitergehende Folgerungen an die Rolle des siebenbürgischen
Goldes im Welthandel. Um jedoch dem siebenbürgischen Golde im urzeit-
lichen Handel einen solchen bedeutenden Platz einräumen zu können, müßte
man noch weitere Beweise haben. Die Funde bestärken höchstens die An-
sicht, daß die Bewohner Ungarns ihr Land und dessen Goldreichtum kannten,
um sich den Luxus zu erlauben. Ein neuer Beweis für diese Annahme ist
der Goldfund von Feregyhaza, der 1905 zufällig" ans Tageslicht kam. Bei
der Herstellung der Objekte aber wurde mit dem edlen Metalle wahrlich
nicht gespart. Das Gewicht des Fundes ist nämlich 1 kg 291 g, das des
größten Armbandes übersteigt 330 g und das der kleinen schwankt zwischen
35 bis 55 g. Im ganzen sind 16 Schmuckstücke zusammengebracht worden,
darunter 14 Armbänder, welche drei Typen angehören. Der erste Typus
ist ein Armband mit offenen Enden, die in Spiraldiskenpaare endigen (2 Stücke),
der zweite ein solches, dessen offene Enden in je eine Spiraldiske endigen,
die einander gegenüberstehen (4 Stücke); die dritte Armbandart (6 Stücke)
besitzt spitze Enden. Dazu kommen zwei Knäuel Draht. Zum Vergleiche
zieht Märton hauptsächlich den Fund von Fokoru und den Schatz von
Michalkow (Galizien) heran. Verfasser glaubt schließlich auf Grund des
zweiten Armbandtypus den Fund mit jenen italienischen Bronzen in Ver-
bindung bringen zu dürfen, welche durch ihre getriebenen Punktreihen Einfluß
auf die Ornamentik der nordalpinen Metall- und Tongefäße gewonnen haben.
Deshalb kam der Fund seiner Ansicht nach kaum vor dem 7. Jahrhundert v. Chr.
in die Erde. Interessant ist es, daß die Gewichts Verhältnisse des dritten
Typus mit den gleichartigen Ringen eines schon lange bekannten Goldfundes
aus dem Märamaroser Komitat übereinstimmen. Dieser Umstand stützt die
Meinung Hampels, daß bei der ungarländischen Urbevölkerung das baby-
lonische Gesichtssystem herrschend war.
A. Referate. Urgeschichte. 183
Ein besonderer Zufall wollte es, daß 1906 nächst Feregyhäza, beiMercy-
falva, ein zweiter Goldfund gemacht wurde, der mehrere zylinderförmige
Spiralen aus doppeltem Draht enthielt, der an den Enden Schlingen bildet.
Von diesen sind sechs ganze und zwei fragmentierte gerettet worden. Im
Norden kommen diese Spiralen mit den Feregyhazaer Armbändern des ersten
Typus yor. Ein Teil des Fundes scheint nach Prag ins Münzeinlöseamt ge-
kommen zu sein. Etwas Draht und ein lorbeerblattförmiges Blech erwarb
ein Privatmann. Auch dieser Schatz scheint in das 7. Jahrhundert v. Chr. zu
gehören. Damals fanden am nördlichen Ufer des Schwarzen Meeres Völker-
bewegungen statt, deren letzte Wogen bis nach Ungarn gedrungen sein
konnten ; oder ist es vielleicht doch mit noch mehr Berechtigung annehmbar,
daß diese Schätze erst infolge des Erscheinens der Kelten dem Schöße der
Erde anvertraut wurden? Das Gold beider Funde ist dunkelgelb. — Prof.
Loczka unterzieht jetzt die ungarländischen Goldfunde einer Analyse, und
diese wird jedenfalls Licht in die Rolle des siebenbürgischen Goldes im prä-
historischen Welthandel bringen. Felix Milleker- Werschett.
232. Johann YisegrAdi: Bemalte Gefaßbruchstücke von der Ur-
ansiedelung zu Satoraljaujhely, Korn. Zemplen (ung.). Arch.
fetesitö 1907. N. F. Bd. XXVII, p. 279—287; m. Abb.
Der in den siebziger Jahren gezogene Ujronyvakanal durchschnitt eine
neolithische Station, die Visegradi jetzt untersuchte, und unter deren Resten
er bemalte Keramik gefunden hat: Bandmuster mit aufgetragener schwarzer
Farbe. Die Funde bieten Vergleichsmaterial zu Lengyel (Kom. Tolna), Tordos
(Kom. Hunyad) und Erösd (Kom. Kronstadt). Felix Milleker-Werschett.
233. Koloman Gubitza: Der frühmittelalterliche Friedhof von
Kishegyes, Kom. Bacs (ung.). Arch. ßrtesitö 1907. N. F.
Bd. XXVII, p. 343—363; mit Abb.
1906 wurde am Ende der Hauptgasse ein regelrechter Friedhof mit
Reihengräbern entdeckt und noch dasselbe Jahr von Gubitza aufgegraben.
Die Funde sind analog denjenigen aus dem alteren Friedhofe von Szentes
(Kom. Csongrad), und aus der Avarenzeit. Die Toten wurden ohne Rücksicht
auf Geschlecht, Alter und Reichtum nebeneinander einzeln bestattet; nur ein-
mal fand sich ein Ehepaar beisammen. Der Kopf lag immer in der Richtung
Nord-Ost. Von einem Sarge war keine Spur vorhanden, nur einige Male
ließen Spuren darauf schließen, daß die Grabwände mit Holz ausgestattet
waren. Die häufigste Beigabe ist das Eisenmesser, welches der rücklings
liegende Begrabene in der rechten oder linken Hand hält. Meistens bei den
Füßen, seltener beim Kopfe stand ein Tongefäß. Die Bronzesachen weisen
durchbrochene Griff- und Rankenmotive auf. Felix Milleker-Werschetz.
234. P. Pallary: Recherches palethnologiques sur le littoral du
Maroc eil 1906. L'Anthropologie 1907. Tome XVIII, p. 301— 314.
Im Auftrage des französischen Unter rieht 8 min isters hat der Verfasser
die marokkanische Küste, soweit es die Unruhen zuließen, nach Überbleibseln
der Steinzeit untersucht und auch eine Anzahl von Wohnstätten festgestellt,
die vom Pleistocän bis zum Neolithicum reichen.
Ludwig Wilser- Heidelberg.
235. J. Jarricot: Sur une figurine scaphoide de l'ancienne Egypte.
L'Anthropologie 1907. Tome XVIII, p. 369—379.
184 B. Literatur-Übersicht des Jahres 1908.
Es handelt sich um ein in den Trümmern des alten Memphis gefundenes,
im Privatbesitz befindliches Köpfchen ans gebranntem Ton, das der Verfasser
nach seiner eigentümlichen Bildung, kahnförmigem Schädel und Sattelnase
für eine Darstellung syphilitischer Entartung erklärt; mir macht die treffliche
Abbildung vielmehr den Eindruck, das Urbild sei ein Neger oder Mischling
mit viel Negerblut gewesen, der vielleicht als Spaßmacher gedient hat.
Ludwig Wilser-Heidetberg.
B. Literatur -Übersicht des Jahres 1908.
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192 C. Tagesgeschichte. — D. Briefkasten.
Pöoh. Ausgrabungen alter Topfscherben in Wanigela (Collingwood - Bai). Mitt.
Wien, anthrop. Ges. 1907, XXXVI, 6.
Ranke, H., Neue deutsche Ausgrabungen in Ägypten. Mit 7 Abb. Umschau XII,
5, ö. 85— 89.
Schrank, W. ; Priester und Büßer in babylonischen Sühnriten. 74 S. Dissertation,
Leipzig.
Seh weinfurth , G., Brief aus Biskra [Felsenzeichnungen, Ursprung des Amnion-
kultus], Zeitschr. f. Ethnol. XL, S. 88—95.
Starck, E. v., Babylonien und Assyrien, nach ihrer alten Geschichte und Kultur
dargestellt. V1U, 448 8. Marburg 1907, A. Ebel.
Zeltner. Fr. de, Notes sur le pr^historique Soudanais. L' Anthropologie 1907,
XVIII, p. 585—548.
C. Tagesgeschichte.
Berlin. Am 1 6. März verstarb im Alter von 72 Jahren Dr. Gustav Oppert,
Professor für nichtarische einheimische Sprachen Indiens.
Cambridge (Engl.). Seit 1904 besteht an der Universität zu Cambridge ein
«Board of anthropological studies*, mit dem Recht, einem Studenten, der prähisto-
rischer und historischer Anthropologie, Ethnologie, physischer Anthropologie und
psychologischer Anthropologie unter seiner Leitung obgelegen hatte, den Grad eines
„Doctor in seien oe" zu verleihen. Jetzt ist dieser Board auch befugt, direkt ein
Diplom in Anthropologie auf Grund eines Studiums von 3 Terms und einer Disser-
tation auszustellen.
Chambery (Savoie). Vom 24. bis 30. August d. J. wird in Chambery der
4. Congres pvehist. de France stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen folgende
Punkte: 1. Les palafittes, leurs ages; 2. Le paleolithique en Savoie et ces rapports
avec l'extension glaciaire; 3. Les neolithique des Alpes; 4. Blocs ä gravures pr£-
historiques. An die Sitzungen werden sich Ausflüge anschließen zur Besichtigung
der Museen in Aix-Les-Bains und Annecy, der vorgeschichtlichen Stationen in den
Seen von Bourget, Annecy und Aigue-Belette , sowie der Felsenzeichnungen am
Hont Cenis und im Tale der Tarentaise. Auskunft erteilt der Generalsekretär Dr.
M. Baudouin, Paris, rue Linn6 21.
Giefsen. Vom 3. bis 6. August d. J. findet unter Leitung von Prof. Dr.
Sommer ein »Kurs über Familienforschung und Vererbungslehre" statt Es werden
vortragen: Prof. Dr. Sommer und Prof. Dr. Dan nemann- Gießen: Die angeborene
Anlage im Gebiet der Psychologie, Psychiatrie, Pädagogik (in bezug auf den an-
geborenen Schwachsinn) und Kriminalpsychologie. — Dr. Kekule vonStradonitz-
Groß- Lichterfelde (Berlin): Grundbegriffe und Methoden der Genealogie. — Prof.
Dr. Strahl- Gießen: Die Keimzellen und ihre Entwickelung. — Prof. Dr. Hanse n-
Gießen : Über Variation, Vererbung und Artenbildung bei den Pflanzen. — Prof. Dr.
Martin- Gießen: Die Entwiokelung und Züchtung von Tierarten. — Gebühren 20 Jl.
Muansa (Deutschostafrika). Am 3. Februar verstarb an Lungenentzündung
Moritz Merker, Hauptmann der ostafrikanischen Schutztruppe, der Verfasser des
bekannten Werkes über „Die Masai".
New York. Am 19. Januar verstarb im Alter von 78 Jahren Morris K.
Jesup, der hochherzige Förderer der nordamerikanischen Wissenschaften, im
besonderen der Völkerkunde (Jesup -Expedition nach den Nordenden der Erdteile
zu beiden Seiten der Beringsee 1898 bis 1901).
D. Briefkasten.
M. le Docteur Jarrieot (9 cours Gambetta, Lyon, France), qui prepare un
traitä technique de craniomätrie , recevrait avec reconnaissance des tirages a part
des travaux anthropologiques de tous les auteurs que cette question a preoccupe\
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. v. Luschan, H. Seger, G. Thilenius
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 4. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeines, Methoden.
286. Aldobrandino Mochi : Di un dinamometro mascellare. Arohivio
per Pantrop. e la etnoL 1907. Vol. XXXVII, p. 463—465.
Demonstration eines vom Zahnarzt Dr. L. Arnone erfundenen Instru-
mentes zur Bestimmung der Kieferkraft, dessen genauere Beschreibung im
Text nachgesehen werden muß. Durch Zusammendrücken des in den Mund
genommenen Teiles des Instrumentes wird ein Zeiger in Bewegung gesetzt,
welcher auf einer Skala die angewendete Kraft in Kilogrammen angibt: diese
Kraft schwankte von 5 bis 100 kg, das Mittel betrug 30 kg. Geschlechts-
unterschiede sind vorhanden, aber verhältnismäßig viel weniger ausgeprägt
als bei der Messung der sonstigen Körperkräfte. P. Bartels-Berlin.
237. P. Naecke : Identitätsnachweis an Kindern. Archiv f. Kriminal-
anthropol. 1907. Bd. XXVHI, S. 346—357.
Verf. behandelt die Frage des Identitätsnachweises an Kindern, besonders
an Neugeborenen. Der bloße Eindruck einer äußeren Ähnlichkeit mit dem
einen oder anderen der Eltern ist zu verwerfen. Absolut sicher wären wohl Über-
einstimmungen der daktyloskopischen Bilder an Kind und Eltern und zwar
womöglich solcher an allen Fingern, vorausgesetzt, daß die konstante Ver-
erbung derselben erst einmal erwiesen ist. Die Bertillonage ist hier ganz
trügerisch. Ebenso sind Kopfform, Augen-, Haarfarbe bei ganz kleinen
Kindern sehr unsichere Zeichen. Als noch die besten Vergleichsobjekte
scheinen dem Verfasser der harte Gaumen, die Form der Zahnbögen, die
feinere Konfiguration der Ohrmuschel, die Progenie, Polydaktylie und der
Zwergwuchs zu sein, doch müßte zuvor noch der Wahrscheinlichkeitsgrad der
Vererblichkeit dieser Merkmale festgestellt werden. Wie man sieht, herrscht
bezüglich des Identitätsnachweises an Kindern noch sehr große Unsicherheit
Ob des Verf. Vermutungen zutreffend sind, bedarf noch langwieriger Nach-
prüfungen. Auf jeden Fall bietet die vorliegende kleine Arbeit manche
Anregung. Buschan- Stettin.
Zentmlblatt ffir Anthropologie. 1908. 13
194 A. Referate. Allgemeines, Methoden.
288. Hans Lotthammer: Katalog der anthropologischen Sammlung
in dem Anatomischen Institut der Universität Erlangen. 50 8.
Die anthropol. Sammlimgen Deutschlands von Joh. Ranke. VII.
Braunschweig, Friedr. Vieweg u. Sohn, 1908. Preis 6t/#.
Entsprechend dem Beschlüsse der deutschen anthropologischen Gesell-
schaft, das in Deutschland vorhandene Schädelmaterial zu inventarisieren, ist
nach längerer Frist wieder einmal ein Beitrag erschienen: die Schädel-
Sammlung des anatomischen Institutes zu Erlangen von seinem Assistenten
Lotthammer. Die Zahl der untersuchten Schädel ist nur klein, 116 Stück
im ganzen ; dazu kommt, daß über die Hälfte (63) unbekannter Herkunft ist.
Für die Kraniologie der Hassen kommt daher herzlich wenig dabei heraus,
wenn wir von den 28 Schädeln aus dem (bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts
benutzten) Forchheimer Friedhof absehen; leider faßt der Verf. das Ergebnis
dieser Gruppe nicht zu einem Gesamtbilde zusammen. Mehr Bedeutung lege
ich der allerdings auch nur kleinen Zahl (15) von Schädeln Hingerichteter
bei wegen mancherlei Anomalien, die sie darbieten. Kriminalanthropologen
wird dieser Beitrag willkommen sein. — Außereuropäische Rassenschädel
waren nur 5 vorhanden.
Die Anordnung des Stoffes ist die übliche: Verf. hat die Schädel nach
der Frankfurter Verständigung gemessen und sodann die wesentlichen Merk-
male an jedem einzelnen beschrieben. Buschan- Stettin.
239. H. Driesmans: Dämon Auslese* Vom theoretischen zum prak-
tischen Darwinismus. XV u. 349 S. Berlin, Vita, Deutsches
Verlagshaus. Ohne Jahreszahl (1907). — Preis JC 3,50.
Das Buch besteht aus vier Hauptteilen. Der erste behandelt ein rein
naturwissenschaftliches Problem, das der Vererbung; die übrigen drei sind
überschrieben: Deutsche Kulturauslese, Der Kulturwert des Deutschen Weibes,
Dämonistische Praxis.
Der erste Teil ist zweifellos der schwächste, und, obgleich alle Auf-
fassungen der in menschlichen Gesellschaften waltenden Ausleseverhältnisae
offenbar von den Anschauungen über Vererbung abhängen, hätte der Verf.
dennoch besser getan, diesen Teil ungeschrieben zu lassen. Populäre Dar-
stellungen der so verwickelten erbbiologischen Probleme setzen beim Dar-
steller eine Vertiefung in den Stoff und eine Beherrschung desselben voraus,
wie sie D. nicht besitzt. Er arbeitet hier mit so vagen Begriffen und Vor-
stellungen, daß der erbbiologisch ungeschulte Leser durch eine solche Natur-
lehre nur irr und wirr werden kann, während ein auf diesem Gebiet einiger-
maßen bewanderter Leser diesen Ausführungen nur mit schwerer Selbstüber-
windung zu folgen vermag. Wenn auch das Gebiet der Vererbungsbiologie
noch überreich ist an ungeklärten Problemen, ist es doch kein geeigneter
Tummelplatz für eine nur locker gezügelte Phantasie.
Die genannten anderen drei Teile bieten ein etwas günstigeres Feld für
des Autors vorwiegende Begabung, die in schöpferischer Kraft der Phantasie
besteht. Sicherlich ist kräftige Phantasie ein unentbehrliches Förderungs-
mittel wissenschaftlicher Forschung auf neueren Bahnen. Aber die mit Hilfe
der Phantasie geschaffenen Anschauungen müssen ohne Unterlaß durch das
Sieb einer scharfen Auslese geschickt werden, die in Form von Selbstkritik
mitleidslos und unerbittlich alles verwirft, was wissenschaftlich erkannten
Tatsachen oder eigenen Voraussetzungen widerspricht Beides muß sich der
Forscher bei der Prüfung seiner Ideen so vollständig und so scharf wie
möglich vergegenwärtigen, und natürlich muß er erstere genügend kennen.
A. Referat«. Allgemeines, Methoden. 195
Solche Anforderungen hat Driesmans nicht an sich gestellt. Es wäre
unendlich vieles wissenschaftlich einzuwenden. Doch kann hier nur auf einen
Grundfehler hingewiesen werden. Obgleich Driesmans prinzipiell die
Erziehung der Züchtung unterscheidend gegenüberstellt, kümmert er sich
doch in den konkreten Fällen nirgends um diesen sehr großen Unterschied,
sondern alles ist ihm Züchtung, kulturelle Veränderungen sind ihm jedes-
mal erbbiologische Veränderungen, und die Auslese arbeitet bei ihm stets
fabelhaft geschwind. Hier nur ein wahllos herausgegriffenes Beispiel von
so vielen derartigen: „Da der größte Teil des Volkes die militärische In-
stitution zu passieren gezwungen ist, hat sich der Charakter der befehls-
haberischen Schneidigkeit und strammen Einschwenkung dem deutschen
Volke bereits in noch weit höherem Grade mitgeteilt als der des juristischen
Formalismus, dem vorzugsweise die höher Gebildeten erliegen, und eine
augenfällige Umzüchtung der Volksnatur und des Charakters der deutschen
Nation in die Wege geleitet" (S. 108). Aber die umzüchtende Auslese hat
es doch nur mit vererb baren Eigenschaften zu tun. Es besteht also die
freilich schwere Aufgabe, stets und überall, sowohl bei Einzelpersonen wie
bei Völkern und Kassen, wenigstens versuchsweise ihr nur anerzogenes und
traditives, nicht angeborenes psychisches Inventar, das, wenn überhaupt,
jedenfalls nur in sehr geringem (von einer Generation zur nächsten sicher
nicht wahrnehmbarem) Maße vererbt wird 1 ), zu sondern von ihrem ver-
erbten psychischen Inventar, das unter bestimmten Bedingungen in vollem
Umfang vererbbar ist. Betrachtungen über menschliche Ausleseverhältnisse,
die überall da, wo dieser gewaltige Unterschied in Betracht käme, ihn einfach
ignorieren, fördern die wissenschaftliche Erkenntnis nicht.
Doch wird man dem Buch vielleicht nicht ganz gerecht, wenn man es
nur wissenschaftlich wertet. Wie es etwa dem Dramatiker eines historischen
Stoff es natürlich weniger um geschichtliche Richtigkeit, als vielmehr um
poetische Wirksamkeit zu tun ist, ungefähr ebenso kommt es dem Verf. von
„Dämon Auslese u vielleicht weniger darauf an, durch mühevolles skeptisches
und kritisches Erwägen eigener und fremder Anschauungen und Hypothesen
möglichst viel zur Erkenntnis der nüchteren Wirklichkeit beizutragen, als
vielmehr darauf, beim Leser lebhaftes Interesse für den behandelten Stoff zu
erwecken; und die Erfahrung lehrt ja, daß bei einem breiten Leserkreis eine
temperamentvolle Verschmelzung von Wahrheit und Dichtung viel suggestiver
wirkt als wissenschaftliche Strenge. Aber wenn es also ein Verdienst des
Buches ist, daß es zur Popularisierung des Auslesegedankens beiträgt, so
müßte sich dieses Verdienst in sein Gegenteil kehren, sobald in der mit
darwinistischer Gesellschaftsbetrachtung sich befassenden Literatur eine der-
artige Richtung dominierend würde, ähnlich wie es die Begriffsdichtungen in
der Philosophie unter Schelling und Hegel wurden. Eine Reaktion, be-
stehend in lange dauernder Diskreditierung der darwinistischen Soziologie
überhaupt, einschließlich der sozialeugenischen Bewegung, wäre dann gewiß
ebenso, wie dort, unausbleiblich. Dr. W. Schallmayer-München.
240. Emil Lobedank: Der Stammbaum der Seele. 137 S. u. 9 Abb.
Halle a. S., C. Marhold, 1907.
Der Verf. bringt keine neuen eigenen Forschungsergebnisse. Er will in
dem populär geschriebenen Buche den engen Zusammenhang zwischen der
l ) Dies ist die Auffassung des ernstesten Lamarckisten der Gegenwart, nämlich
R. ßemons (Archiv f. Rassen- und Ges.-Biol. 1905, 8. 180).
13*
196 A* Referate. Anthropologie.
anatomischen Entwickelung des Zentralnervensystems und den psychischen
Funktionen der Organismen, eine monistische Auffassung von Körper- und
Seelenleben gemeinverständlich vortragen. Dieses Bestreben wird wohl als
dankenswert anerkannt werden müssen, und ist in dem flott geschriebenen
kleinen Werk erreicht. Zunächst wird, gestützt auf die bekannten Forschungen
von Verworn, Preyer, France" u. a., die „Seele" der Urwesen ausführlich
besprochen, dann wird die fortschreitende Entwickelung psychischer Eigen-
schaften mit fortschreitender Entwickelung des organischen Baues in der
Tierreihe, der Übergang von rein reflektorischen Handlungen zu offenbar
bewußten Vorgängen, die Erscheinung von „ Gefühlen u verfolgt und schließlich
eine eingehende Besprechung den höchsten Sinnenfunktionen : Urteil, Verstand,
Vernunft gewidmet, welche nicht erst beim Menschen auftreten, sondern auch
schon an höher stehenden Tieren zu beobachten sind.
Dr. med. Litbdr au- Hagen.
II. Anthropologie.
241. Oswald Berkhan: Eine typische Nebenform des normalen
menschlichen Kopfes* Beilage z. Braunsohweig. Landeszeitung
1908, Nr. 111 vom 6. März.
242. Joteyko: Präsentation de M. Diamandi, calculateur de type
visuel. Joum. de neurol. 1908. Aunee XII, Nr. 22, p. 445— 451.
Die erste Arbeit ist eine kurze Notiz über einige Kopfmaße, die
Berkhan an dem (1,77 m großen) Rechenkünstler Heinhaus aus Elberfeld
genommen hat: Horizontalumfang 59,3, Länge 20, Querdurchmesser 17,
Kopfwölbung (von einer Ohröffnung zur anderen) 37,5, Entfernung der
Augenaxen 7 bis 7,5 cm. Leider hat Verf. weder die Ohrhöhe, noch den
Sagittalumfang festgestellt, um unter Zuhilfenahme dieser Maße entweder
nach Pearson Lee oder nach ßeddoe das mutmaßliche Hirngewicht zu be-
rechnen. Indessen lassen die von ihm mitgeteilten Zahlen schon zur Genüge
erkennen, daß diese Werte über das gewöhnliche Maß hinausgehen. Nach
der von mir in meiner Arbeit „Gehirn und Kultur" (Wiesbaden 1907) ge-
gebenen Zusammenstellung war ein Horizontal umfang von 59,5 cm (wie im
Falle Heinhaus) unter 189 hervorragenden Leuten zu 10 Proz., hingegen
unter 2619 sächsischen Soldaten nur in 1 Proz. vorhanden. Der vorliegende
Fall ist also ein neuer Beweis für die von mir vertretene Behauptung, daß
zwischen Schädelgröße und besonderer Gehirnleistung enge Beziehungen be-
stehen. Die Tatsache, daß Heinhaus einen Kreuzkopf (Metopismus) besitzt,
ist ferner ein Belag für meine Ansicht (Eulen burgs Realenzyklopädie,
3. Aufl., Artikel „Metopismus u ), daß ein Offenbleiben der Stirnnaht als ein
Zeichen der Superiorität anzusehen ist.
Die zweite Arbeit beschäftigt sich mit den psychischen Leistungen
des Rechenkünstlers Diamandi, die zu denen eines ähnlichen Rechenkünstlers
namens Inaudi, in Parallele gesetzt werden. Der erstere ist „visuel", der
letztere „auditif", d. h. jener muß die Ziffern, mit denen er operieren soll, mit
dem Gesichtssinn, dieser sie mit dem Gehör erfassen. Buschan- Stettin.
243. Aldobrandino Mochi: L'indice di curvatura del frontale. Ar-
chivio per Pantropol. e la etnol. 1907. Vol. XXXVII, p. 439—445.
Als Krümmungsindex des Stirnbeines bezeichnet Mochi das prozentuale
Verhältnis zwischen dem Bogen des cerebralen Teiles des Stirnbeines, ge-
messen zwischen Ophryon und Bregma, also mit Ausschluß des Glabellar-
A. Referat«. Anthropologie. 197
teiles und der zu diesem Bogen gehörigen Sehne. Ausgehend von der Tat-
sache, daß die Art der Krümmung nach Alter, Geschlecht und Rasse ver-
schieden ist, prüft er den Index, indem er ihn für einige kindliche, einige
männliche und weihliche, einige Rassen- (Feuerländer-, Australier-,' Peruaner-)
Schädel, sowie für den Neanderthaler und den Pithecanthropus berechnet; die
sämtlichen zuletzt genannten gehören zur Gruppe der fliehenden Stirn, mit
einem Index über 90; zur mittleren Gruppe, von 87 bis 90, gehören männ-
liche und weibliche Italiener, männliche afrikanische Neger; zur Gruppe
der vorspringenden Stirn gehören Föten, Sander, weibliche afrikanische Neger.
Verf. glaubt, daß die Variationen der Stirngegend hauptsächlich die Krümmung,
weniger die Breiten- oder Längenausdehnung des Stirnbeines betreffen.
JP. Bartels-Berlin.
244. Gius. Paravicini: Di un interessante microcefala Littleliana.
Archivio per Pantropol. e la etnol. 1907. Vol. XXXVII, p. 113
—289.
Mit ungemeiner Ausführlichkeit und großer Sorgfalt werden alle Daten
zusammengestellt, welche die Anamnese, die somatischen Eigenschaften, die
Funktionen und die Psyche einer jetzt 34 jährigen Mikrocephalin Luigina L.
betreffen, die bereits vor 20 Jahren von Venanzio beschrieben wurde, seitdem
aber in ihrer Entwickelung Fortschritte gemacht hat. Auf die sehr weit aus-
holenden Erörterungen des Verfassers, welche seine Stellung zur Entwicke-
lungslehre, zu den Fragen der Vererbung, sowie der Abstammung des
Menschen erläutern, kann hier nicht eingegangen werden. — Luigina ist
1337 mm groß, wiegt 65 kg, hat einen Kopf umfang von 440 mm und einen
Kopfindex von 78,91. P. Bartels-Berlin.
245. J. Jarricot : Quelques dispositions rares des os du cr&ne chez
des foetus humains et des nouveaunes. Bull, de la Soc. d'an-
thropol de Lyon 1907. Tome XXVI, p. 27—52; mit 10 Abb.
Verfasser beschreibt und bildet verschiedene seltene Erscheinungen am
Schädel von menschlichen Föten und Neugeborenen ab. 1. Einen Fall von
Parietale bipartitum bei einem 7 monatlichen Fötus; er hält diese Erscheinung
für ein Symptom eines intra - uterinen Hydrokephalus. — 2. Einen Fall von
Fontanella obelica verbunden mit amphilambdischen parietalen Fontanellen;
die erstere scheint ihm einen Atavismus, der allerdings noch nicht bewiesen
sei, die letzteren den Ausdruck einer normalen knöchernen Anlage (nach
Frassettos Theorie) zu bedeuten. — 3. Fünf Fälle von überzähligen
Knöchelchen in der Lambdanaht beim Fötus. Verfasser hält dieselben für
gleichbedeutend mit Worm sehen Enöchelchen und spricht ihnen demnach
eine morphologische Bedeutung ab. Er erklärt ihr Zustandekommen durch
mangelnden Synchronismus in der Entwickelung des Gehirns und seiner
knöchernen Hülle. Buschan- Stettin.
246. P. Adloff: Zur Frage der Konkreszenztheorie. Jenaische
Zeitschr. f. Naturwiss. 1907. Bd. XLIII, S. 530—536.
Verf. unternimmt eine kurze Verteidigung gegen Dependorf, der die
bekannte These angriff, die komplizierten Säugetierzähne seien durch Ver-
schmelzung mehrerer ursprünglichen Anlagen einzelner Stiftzähne entstanden.
Er führt einige embryologische Befunde (Keimanlagen, Sprossenbildung usw.)
auf, die seine Ansicht stützen (auf die hier im Detail nicht eingegangen
werden kann). E. Fischer-Freiburg i. B.
198 A. Referate. Anthropologie.
247. P. Adloff: Zur Frage der überzähligen Zähne im mensch-
lichen Gebiß* Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk. 1907, Jahrg.
XXV, S. 622—624.
Verf. schildert zunächst zwei äußerst seltene Zahnanomalien, nämlich
das Auftreten je eines überzähligen Milchmolaren, einmal distal vom linken
unteren zweiten Milchmolar, das andere Mal vorn vom gleichen oberen.
Beides waren kleine rudimentäre Zähnchen.
Anschließend wendet sich Verf. gegen Dependorfs (s. Zentral bl. 1907,
Xll, S. 322) Negation der atavistischen Bedeutung überzähliger Zähne, seine
Einwürfe widerlegend. E. Fischer-Freiburg t. B.
248. Franz Schwere: Über einige Variationen in der Umgebung
des Foramen occipitale magnum. Anatom. Anzeiger 1908,
Bd. XXXII, S. 156—165; mit 6 Abb.
Vorführung von Anomalien am Hinterhauptsloch des menschlichen
Schädels, die zu Gunsten der K ollmann sehen Theorie von der Manifestation
eines Occipital wirbeis sprechen. Dieselben betreffen das Vorhandensein eines
relief artigen Hervortretens des linken Randes des Margo anterior (Birmane),
eines Condylus tertius (Papua), einer höckerartigen Knochen verdickung, zu
beiden Seiten des Loches, die als verstärkte Enden von schwächeren Aus-
läufern derCondylen angesehen werden können (Battak), sowie eines Processus
paracondyloideus (Schweizer, Neger); dazu kommt noch ein Fall von Ver-
wachsung des Atlas mit dem Hinterhaupt. Vier dieser Schädel befinden sich
in der anthropologischen Sammlung zu Zürich, zwei im Privatbesitz. Der
Arbeit sind die Abbildungen beigegeben. Buschan- Stettin.
249. G. Fritsch: Über einen zweimal trepanierten Schädel. Zeitschi-,
f. Etbnol. 1907, Bd. XXXIX, S. 702—703.
Der Schädel stammt vom Bismarck-Archipel und ist dem Verf. durch
Parkinson übermittelt worden, welchem die betreffende Person namentlich
bekannt gewesen ist: es ist hier mit einem Zwischenraum von etwa 20 Jahren
zweimal eine Trepanation vorgenommen worden. Nach Parkinsons Mit-
teilungen werden diese Trepanationen notwendig fast immer infolge von
Verletzungen mittels Schleudersteinen; sie werden in folgender Weise vor-
genommen: „die getroffene Stelle des Schädels wird durch einen Kreuzschnitt
der Haut freigelegt, die Hautlappen zurückgeschlagen und entweder durch
assistierende Personen gehalten oder an entfernteren Haarbüscheln verknotet
Die Entfernung der Knochen geschieht durch die schabende Verwendung von
Obsidianmessern, bis das Gehirn freiliegt. Das Aussehen der pulsierenden
oder stockenden Gefäße führt den Operierenden durch vorsichtiges Aus-
einanderziehen der Windungen auf etwa in die Tiefe eingedrungene Knochen-
splitter. Nach Entfernung derselben und Reinigung der Wunde mit frischer
Kokosmilch als Desinfiziens wird ein abgewelktes, angeblich besonders präpa-
riertes Herzblatt der Banane auf das Gehirn gelegt, die Hautlappen darüber
zurückgeklappt und lose vereinigt. Das Blatt wird durch die Sekretion der
Wunde allmählich ausgestoßen. u „Die Mortalität der Operation soll nicht
bedeutend gewesen sein, solange nicht die Hinterhauptgegend in Frage kam."
— Wohl zu unterscheiden hiervon ist ein anderer Eingriff, der an gesunden
Kindern vorgenommen wird, um sie vor Krankheit zu schützen : Einschneiden
auf das Stirnbein, Auf schaben des Knochens und Freilegen des Gehirns; also
keine eigentliche Trepanation. P. Bartels-Berlin.
A. Referate. Anthropologie. 199
260. Tedeschi: Studi sul Neandertaloidisrao. Atti della Aoo. seiend
Veneto-Trentino-Istriana 1907, Vol. IV, p. 79—124.
Grundlage der Untersuchung bildet ein moderner, als „neanderthaloid"
bezeichneter, aber nicht abgebildeter, sardinischer Schädel, ferner eine Reihe
von 25 männlichen und 25 weiblichen sardinischen Schädeln und einige
Schädel anderer Rassen. Die Arbeit, ohne Abbildungen schwer verständlich,
richtet sich gegen die von Schwalbe angewendeten Grundsätze der kranio-
logischen Untersuchung und will neben oder an Stelle der anatomischen
Punkte für die Mediankurve (Nasion, Bregma, Lambda) die „architekto-
nischen u (Glabella, Metopion, Scheitelhöhe, Umbiegungsstelle des Scheitel-
beines, vorspringendsten Punkt des Hinterhauptes) setzen: ein diese Punkte
verbindendes Liniensystem wird in ähnlicher Weise analysiert wie das von
Schwalbe gewählte, daneben zum Vergleich die nach letzterem berechneten
Werte gesetzt und der Wert des ersteren für die Zwecke der Klassifikation
verfochten, während letzterem nur eiu deskriptiver Wert zugestanden wird.
P. Bartels-Berlin.
251. W. Waldeyer: Über Gehirne menschlicher Zwillings- und
Drillingsfrfichte verschiedenen Geschlechtes. Sitzungsber. d.
Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. 1907, S. 114—126 und Zeitschr. f.
Ethn. 1908, Bd. XL, S. 262—272.
Die zahlreichen, oft sehr weit gehenden, vielfach bestrittenen Angaben
über Geschlechtsunterschiede des Gehirnes beruhen fast ausnahmslos auf der
Vergleich ung der aus mehr weniger großen Serien gewonnenen Durchschnitte;
ihnen haftet, wie allen solchen Urteilen, der bei dem aktuellen Interesse,
welches diese Frage darbietet, besonders fühlbare Mangel an, daß sich für
den Einzelfall kein bestimmtes Urteil gewinnen läßt und daß die Verschieden-
heit des Lebensalters, der Lebensbedingungen usw. stets zur Stütze von
allerhand Einwendungen genommen werden kann. Waldeyer hat deshalb
auf einem anderen Wege, auf den bereits Rü ding er hingewiesen hatte, das
Problem zu lösen gesucht, indem er die Gehirne von Zwillings- und Drillings-
geschwistern auf etwaige Geschlechtsunterschiede hin verglich: hier durften
die allgemeinen Entwickelungsbedingungen , die Einflüsse der Rasse und der
Erblichkeit als gleich vorausgesetzt werden; die etwa zu berücksichtigenden
Einwände sind also hier von vornherein beschränkt. Seit Jahren hatte er
derartiges Material, das durchaus nicht ganz leicht zu erhalten ist, ge-
sammelt, und bereits 1898 über zwei Beobachtungen berichtet (Zeitschr. f.
Ethn.), denen er nunmehr die Beschreibungen von drei weiteren Zwillings-
sowie von drei Drillingsgehirnen anfügen konnte. Während aber die beiden
früheren Fälle darauf hinzuweisen schienen, daß in der Tat gewisse Unter-
schiede sowohl im Gewicht wie auch in der Ausbildung einzelner Teile zu
Gunsten des männlichen Geschlechtes bestehen, sind die Ergebnisse der
jetzigen Untersuchung weniger eindeutig (im Einklang übrigens mit neueren
ähnlichen Untersuchungen von Karplus). Im einzelnen er^ab sich folgendes:
I. Zwillinge: Körperlänge: c? 264, $ 256 mm; Körpergewicht: cf 362,
$ 330 g; Hirngewicht (frisch)- d* 32, $ 30 g. Die Ausbildung der Furchen
und Windungen ist an der Konvexität beim Knaben bedeutender; im be-
sonderen ist die Fissura Sylvii erheblich länger und besser ausgebildet, eine
deutliche Trennung der dritten von der zweiten Stirnwindung vorhanden.
II. Zwillinge: Körperlänge: c? 42, 5 40 cm; Körpergewicht: cf 1350,
$ 1233 g; das Knabengehirn zeigte folgende Unterschiede gegenüber dem der
Zwillingsschwester in der Ausbildung der Furchen und Windungen: 1. die
200 A. Referate. Anthropologie.
mittlere Stirnwindung reicher gegliedert; 2. bereits deutlicher Salon» temp.
inf. vorhanden; 3. Sulcus interparietalis bereits weiter fortgeschritten; 4. Insel
zwar bei beiden noch freiliegend, beim Knaben aber bereits Andeutung von
Furchung.
IE. Zwillinge: Körperlänge: d* 42, $ 40 cm; Körpergewicht: c? 1460,
5 1327g; Gehirngewicht: d"75g, $ 73 g. Beim Knabengehirn größere Aus-
bildung der syl vischen Furche und Umgebung; Insel weniger zutage liegend;
etwas reichere Gliederung des Stirnlappens; Zentralfurche mehr geschlangelt;
Interparietal- und erste Schläfen furche besser ausgebildet; deutlichere Furchen
im Hinterhauptlappen.
IV. Drillinge: Hirngewichte: c^ 110 g, cT 8 94g, ? 100g. In der
Ausbildung der Furchen und Windungen keine nennenswerten Unterschiede.
V. Drillinge: Hirngewichte: $ x 140g, ? 2 130g, c?130g. Die Aus-
bildung der Furchen und Windungen ist bei dem Knaben und dem größeren
Mädchen ungefähr gleich; aber auch das Gehirn des kleineren Mädchens
zeigt, wenn man die geringere Entwickelungsstufe berücksichtigt, keine
nennenswerten Unterschiede.
VI. Drillinge: Hirngewichte : ^58, d" 2 62, $ 60g. Die Gehirne
sind in der Ausbildung der Furchen und Windungen fast völlig gleich, nur
sind bei dem Mädchen die drei Stirnwindungen mehr glatt, die Insel beider-
seits noch mehr frei.
Aus allem dem ergibt sich der Schluß, „daß die hier vorliegenden männ-
lichen Gehirne zwar für die Mehrzahl der Fälle eine etwas weiter vor-
geschrittene Gliederung bei den Furchen und Windungen der Großhirnhemi-
sphären erkennen lassen, daß aber auch in einzelnen Fällen dieses nicht der
Fall war, so daß wir noch keineswegs in der Lage sind, von einem „gesetz-
mäßigen Verhalten u , wie es Rüdinger tut, sprechen zu können u . Sollte es
sich schließlich als richtig erweisen, daß das männliche Gehirn in der Ent-
wickelung dem weiblichen vorauseilt, so würde sich die Frage erheben, ob
dies nicht vorzugsweise damit zusammenhängt, daß die Entwickelungskräfte
es bei dem männlichen Fötus mit einer größeren Masse zu tun haben. Zur
Lösung dieser wichtigen Fragen bedarf es aber vor allem weiterer Beob-
achtungen. Waldeyer hat deshalb wiederholt die Bitte ausgesprochen, ihn
durch Überlassung geeigneten Materiales (in frischem oder konserviertem
Zustande) in der Untersuchung dieser Fragen zu unterstützen.
P. Bartels-Berlin.
252. Gino Menabuoni: Beitrag zur Erforschung der mongolischen
blauen Kreuzflecke bei europäischen Kindern. Monatsschr. f.
Kinderheilk. 1907, Bd. V (3 S.).
253. Gino Menabuoni: Contributo allo studio delle maochie mongo-
liehe bleu nei bambini europei. Riv. di olinioa pediatrica
(Firenze) 1907, Anno V (7 S, 1 Fig.).
Eine interessante Beobachtung des Vorhandenseins der sogenannten
Mongolenflecke bei einem siebenmonatlichen italienischen Knaben: „Auf der
Haut des Rückens und der Nates bemerkt man Flecke, die die Amme schon
seit den ersten Lebenstagen beobachtete; ihre Farbenintensität je nach den
Monaten etwas verschieden; gegenwärtig eintönig bläuliche Färbung. Haut
auf ihrer Höhe weder infiltriert noch erhoben; Haare weder vermehrt noch
verdichtet, Hautgefäße nicht erweitert. Flecke von ferne mehr bestimmt.
Zahl der Flecke: zwei in der Natesgegend, einer nierenförmig mit nach vorn
gewendetem Hilus, der andere beinahe kreisförmig. Ein dritter dreieckiger
A. Referate. Anthropologie. 201
Fleck auf der unteren Kreuzbeingegend, mit gegen das Steißbein gewendeter
Spitze. Ein vierter auf der Höhe der Lumbaigegend mit mehr nach links
verbreiteten, zerrissenen Rändern. Ein kleinerer Fleck befindet sich auf der
Höhe der Apophysis spinosa des 10. und 11. Wirbels; ein letzter großer
Fleck von sehr unregelmäßigen Umrissen auf beiden Schultergegenden.
Neben diesem Flecke», beiderseitig, in unsymmetrischer Lage, sind verschiedene
sehr kleine Flecke vorhanden, die ursprünglich, der Mutter zufolge, mit dem
größeren verbunden waren und sich später differenzierten. u Da die ziemlich
gebildeten Eltern ihre Abstammung sehr gut kennen, hält Verf. den Verdacht
mongolischer Kreuzung für unbegründet. Die Tatsache, daß beiderseits Syn-
daktylie, außerdem ein angeborener Herzfehler (Septumdef ekt ?) besteht, läßt
ihn vielmehr an einen teratologiachen Prozeß („Mongolismus-Erscheinungen")
denken. Wie dem immer sei, jedenfalls eine sehr wertvolle Beobachtung (die
erste aus Italien). P. Bartels-Berlin.
254. Hans Friedenthal: Über die Auffindung eines echten Mongolen-
fleckes bei einer Vertreterin der weißen Rasse. Sitzungsber.
d. Gesellsch. Naturf. Freunde. Berlin 1908, S. 24.
Friedenthal berichtet ganz kurz über die Auffindung eines echten
Mongolenfleckes in der Kreuzbeingegend einer etwa 34 jährigen Frau jüdischer
Rasse, indem er eigentlich nichts weiter als die Tatsache mitteilt, und auf
ihre Seltenheit hinweist; an näheren Angaben findet sich nur der Satz: „die
Haarfarbe ist für die krausen Kopf- und Terminalhaare schwarz, die Haut
leicht gelblich pigmentiert ohne auffällige Nuance". — Dieser wertvolle
Befund verdiente eine genauere Beschreibung der Farbe, Form und Aus-
dehnung, womöglich unter Beifügung einer Skizze, sowie die Erhebung
anamnestischer Angaben! P. Bartels-Berlin.
256. Rudolf Metzger: Das Eintreten der Menstruation. Inaug.-
Dissert Bonn 1907.
Statistische Erhebung über das Einsetzen der ersten Menstruation an
der Hand von 4113 Fällen aus der Kgl. Universitäts - Frauenklinik zu Bonn.
Die meisten Fälle (793) waren im 15. Lebensjahre zu verzeichnen, dem-
nächst im 16. (715) und 14. (710). In je einem Falle stellten sich die
Regeln bereits im 8. und 9. Jahr, desgleichen erst im 25. Jahre ein. Das
10. Jahr brachte 6 Fälle, das 11. dann 42. — Eine Einteilung der Fälle in
regelmäßig (3199) und unregelmäßig (914) menstruierende ergab dasselbe
Resultat; interessant ist dabei, zu erfahren, daß die auffällig früh (8. und
9. Jahr) oder spät (25. Jahr) einsetzenden Fälle zu den regelmäßig
menstruierenden gehörten. Anthropologischer Typus und Beruf wurden leider
nicht berücksichtigt. Buschan-Stettin.
256. A. Gurwitsch: Atlas und Grundriß der Embryologie der
Wirbeltiere und des Menschen. Mit 143 vielfarbigen Abb. auf
59 Tafeln und 186 schwarzen Abb. im Text. Lehmanns med.
Handatlanten XXXV. München, Lehmann, 1907.
Den vielen vorangegangenen prächtigen Atlanten aus allen Gebieten der
Medizin, unter denen wir den schönen osteologischen Atlas von Sobotta
bereits an dieser Stelle (ZentralbL 1904, S. 34) gewürdigt haben, reiht sich
nun diese neue, gleichfalls technisch sehr gute Publikation von Gurwitsch
würdig an, welche wegen ihres reichen und gediegenen Inhaltes, ihrer Über-
sichtlichkeit und Handlichkeit auch dem Anthropologen zur bequemen
202 A. Referate. Anthropologie.
Orientierung über die Hauptergebnisse der entwickelungsgescbi entliehen
Forschungen empfohlen werden kann, wenngleich sie natürlich für speziellere
in unser Gebiet hineinspielende Fragen, wie etwa vergleichende Histologie
der Placenta und andere, selbstverständlich die genauere Beschäftigung mit
der Spezialliteratur nicht entbehrlich zu machen vermag. P. Bartels-Berlin.
257. H. B. Bernelot Moens: Wahrheit Experimentelle Unter-
suchungen über die Abstammung des Menschen. 30 S. Leipzig,
A. Owen u. Co., 1908.
Eine Propagandaschrift, um für die vom Verfasser, Professor für Zoologie
und Botanik in Haarlem, geplanten Untersuchungen das nötige Kapital
zusammenzubringen. Er beabsichtigt nämlich ins Kongogebiet sich zu
begeben und hier in Gemeinschaft mit dem Arzte Dr. Boshouwers künst-
liche Befruchtung mannbarer Weibchen der Menschenaffen mit Sperma männ-
licher Neger, sowie Kreuzung der Menschenaffen untereinander durch natür-
liche oder künstliche Befruchtung vorzunehmen, sowie die beim Menschen
vorkommenden Krankheiten, im besonderen die Syphilis, bei diesen Tieren zu
studieren.
Die vorliegende Broschüre ist an die große Allgemeinheit gerichtet. Ihr
Inhalt besteht in der Darlegung der verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen
Menschen und Anthropoiden. Verfasser hofft, imstande zu sein, den experi-
mentellen Nachweis zu liefern, daß der Mensch nur eine höhere Entwickelungs-
form der menschenähnlichen Affen bedeutet. Buschan- Stettin.
258. Y. Giuffrida-Ruggeri: II Pithecanthropns erectus e Porigine
della specie umana« Rivista di Soienze 1907. Anno I (9 S.).
Eine summarische Übersicht über verschiedene, die Frage der mensch-
lichen Abstammung betreffende Ansichten. Verfasser ist geneigt, im Pithec-
anthropus, wenn nicht einen Vorläufer des Menschen selbst, so doch eine
diesem sehr nahestehende Form zu sehen, verkennt aber im übrigen nicht
die großen Schwierigkeiten, welche sich für die Beurteilung aus der Spärlich -
keit der Überreste, selbst ihre Zusammengehörigkeit vorausgesetzt, ergeben;
er schließt sich denen an, welche in den niederen Affen, den Anthropoiden,
dem Menschen selbständige Abzweigungen von einer gemeinsamen geringer
differenzierten Urform erblicken. P. Bartels-Berlin.
259. P. Adlon*: Ausgestorbene Menschenaffen nnd ihre Beziehungen
zum Menschen. Schriften d. phys.-ökonom. Ges. zu Königsberg
i. Pr. 1907. Jahrg. XLV1II, S. 113—116.
A dl off stellt einige kurze Angaben über die Formen der Zähne der
fossilen Anthropoiden zusammen und führt aus, wie die Ausbildung dieser
Zähne es bis jetzt nicht erlaube, eine der fossilen Spezies als Vorfahren einer
heutigen sicher zu erweisen. Insbesondere sprechen Schmelzrunzeln und
andere Merkmale der fossilen Zähne gegen eine Menschenvorfahrenstellung
dieser Wesen. (Ref. möchte allerdings eine sekundäre Rückbildung von bis
zu gewissem Grade ausgebildeten Schmelzrunzeln nicht für unmöglich halten,
sie würde die Reste beim Menschen erklären.) Dabei führt Verfasser als
neuen Gesichtspunkt aus, daß die Milchbackzähne des Menschen (vor allem
die ersten) durch ihre größere Molarähnlichkeit primitiver seien als die ent-
sprechenden aller (rezenten) Anthropoiden, die zum Teil durch die Ent-
wickeln g des Eckzahnes abgeändert wurden; folglich müsse eine nähere
Verwandtschaft zwischen Mensch und Anthropoiden bestritten, eine sehr frühe
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 203
Trennung beider Stämme angenommen werden — wie Hef. beifügen möchte:
allerdings nur unter der Voraussetzung, daß die Bildung eines starken Eck-
zahnes bei den Anthropoiden nicht relativ spät (phylogenetisch) und dafür
rasch und tiefgreifend in ihren Folgen eingetreten ist.
E. Fischer-Freiburg i. B.
260. Jarricot et P. Trillat: L'Hemisome (v »riete inferieure) et sa
teratogenie. Bibliographie auatom. 1907. Tome XVII, Fase. 1,
p. 1 — 24; mit 4 Fig.
Die Verfasser schildern und bilden ab ein äußerst seltenes menschliches
Monstrum, das die allgemeinen Merkmale der Adelphositen oder Omphalo-
riten aufweist und sich der Unterabteilung Perakephalus anschließt. Indessen
glauben sie dasselbe als einen Spezialtyp hinstellen zu dürfen, den sie Hemi-
80 ma benennen. Sie beschäftigen sich sodann mit der Teratogenie der Adel-
phositen, vermögen aber, trotz der verschiedenen hierüber aufgestellten Er-
klärungsversuche« die Entstehung des vorliegenden Monstrums nicht genügend
zu erklären. Buschan- Stettin.
III. Ethnologie and Ethnographie.
Allgemeines.
261. A. E. Crawley : Exogamy and the mating of cousins. Anthropol.
Essays pres. to Edward Bumett Tylor, p. 51 — 64. London 1907.
262. N. W. Thomas: The origin of Exogamy. Ebenda, p. 343—354.
A. E. Crawley ist der Ansicht, daß eine Tendenz zur Exogamie schon
bei den auf tiefster Stufe stehenden Menschen vorhanden war, daß Inzucht
nie und nirgends die Regel bildete. Er schließt sich der von Havelock
Ellis in „Psychology of Sex" ausgesprochenen Überzeugung an, daß bei
Brüdern und Schwestern, wie bei Knaben und Mädchen, die seit der Kindheit
zusammen aufwuchsen, sich der Paarungsinstinkt gewöhnlich nicht äußert,
weil die Bedingungen mangeln, die geeignet sind, den Instinkt wachzurufen.
Das Werben um die Gunst einer Person des anderen Geschlechts ist der
Vorgang, der langsam den Zustand sexueller Erregung hervorbringt, der
notwendig ist, um zur Vereinigung zu führen. Zwischen jenen, die von
Kindheit auf zusammenlebten, wurde durch die Gewöhnung aneinander die
Möglichkeit der sinnlichen Erregung bedeutend herabgemindert, wenn nicht
ganz aufgehoben. Brüder und Schwestern haben in der Beziehung beim
Eintritt der Pubertät bereits Jenes Verhältnis zueinander erreicht, dem sich
lange verheiratete Paare infolge der Erschöpfung jugendlicher Leidenschaft
und des täglichen Beisammenseins nähern. Es ist wahrscheinlich, daß dieselbe
Tendenz in gewissem Maße bei Tieren ebenfalls besteht. Bei Tieren wie bei
dem in primitivem Zustande lebenden Menschen ist der Geschlechtstrieb nicht
eine konstante, sondern eine gelegentliche Erscheinung, die sich nur bei
mächtiger Anregung äußert. Nicht das Fehlen der sexuellen Anziehung,
sondern ihr Vorhandensein bedarf der Erklärung und man findet sie bei der
Beobachtung der Erscheinungen des Liebeswerbens. — Wenn nun bei Ge-
schwistern der Paarungsinstinkt mangelt und dieser Mangel psychologisch
begründet ist, wie kommt es dann, daß Geschwisterehen ausdrücklich ver-
boten wurden? Crawley meint, dies komme daher, weil die Menschen das
Bestreben haben, das Normale durch Sitte und Gesetz zu behaupten und zu
fördern. Der Bestand derartiger Gesetze ist zum Teil auch darauf zurück-
zuführen, daß die Abnormitäten mit zunehmender Kultur sich mehren. „Aber
204 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
es wäre ein schwerer Irrtum, ein Vorherrschen der Inzucht in der Zeit, die
ihrem Verbot vorherging, anzunehmen. a
Über die Verheiratung von Geschwisterkindern wird das Folgende bemerkt
Alle Tatsachen weisen darauf hin, daß auf tiefer Kulturstufe nicht der
Frauenraub die Regel war; vielmehr beschafften sich die Männer ihre Frauen
durch freundschaftliches Übereinkommen. Von diesem Standpunkt aus wurde
es der zweckmäßigste Zustand sein, wenn jeder Stamm in zwei Gruppen
geteilt ist und wenn Männer der einen Gruppe Frauen aus der anderen
Gruppe nehmen. Dieser Zustand findet sich wirklich bei vielen unzivilisierten
Völkern: der Stamm ist in zwei exogame Gruppen geteilt, die Crawl ey
Phratrien nennt. Es handelt sich noch darum, herauszufinden, wie die Zwei-
teilung entstand. Eine Scheidung in zwei Gruppen, die von den Stammes-
angehörigen bedachterweise zu dem Zweck vollzogen worden wäre, Heiraten
blutsverwandter Personen gewisser Grade zu verhindern, ist undenkbar. Kein
Stamm hat sich jemals auf solche Art geteilt, die Teilung muß anders zu
erklären sein. Crawley betrachtet die Phratrien als „große Familien" im
weiteren Sinne des Wortes; sie stammen von Familien im engeren Sinne des
Wortes, die sich gegenseitig mit Ehefrauen versorgten. Die Phratrienamen
sind gewöhnlich unverständlich, im Gegensatz zu den Namen der Totem-
verbände, und also vermutlich älter. Die Totem verbände, aus denen eine
Phratrie besteht, sind als jüngere Zweige der ursprünglichen Doppelfamilie
aufzufassen, die dadurch entstanden, daß Frauen von anderen Gruppen ge-
nommen wurden; deren Kinder erhielten wieder die Namen ihrer Mütter.
Wird die Frage aufgeworfen, warum die Angehörigen zweier Phratrien fort-
gesetzt untereinander heirateten, so ist darauf zu verweisen, daß bei den auf
der untersten Entwickelungsstufe stehenden Menschengemeinschaften Frauen
nicht leicht zu beschaffen Bind und der Druck äußerer Umstände wird Ver-
bindungen, wie die eben geschilderten, begünstigen. Bei der Verheiratung
von Geschwisterkindern unter dem Phratriesystem ist es eine Eigenart, daß
Kinder von zwei Brüdern oder von zwei Schwestern nicht heiraten dürfen,
wohl aber die Kinder von Bruder und Schwestern. Aus den Phratrien ent-
wickelte sich später der Stamm. Die schädigenden Folgen der Verehelichung
von Geschwisterkindern hält Crawley nicht für so arg, als gewöhnlich an-
genommen wird; zudem wird fortwährend neues Blut zugeführt, weil das
Verhältnis der Geschlechter innerhalb der großen Doppelfamilie bald ungleich
wird und ein Teil der Männer gezwungen ist. sich Frauen bei anderen
Gruppen zu suchen.
F. W. Thomas hält der Annahme Crawleys, daß infolge des gemein-
samen Auf Wachsens keine geschlechtliche Zuneigung zwischen Bruder und
Schwester bestehe, die Tatsache entgegen, daß noch heute bei primitiven
Völkern Brüder und Schwestern getrennt zu leben gezwungen werden und er
erachtet eine solche Einrichtung als sinnlos, wenn sie nicht den Zweck hätte,
sexuellen Verkehr auszuschließen. Er nimmt an, daß in der primitiven
Gruppe sexuelle Vereinigungen von Eltern und Kindern durch Abneigung
gegen sie vermieden wurden ; die jungen weiblichen Personen wurden dauernd,
die jungen Männer auf so lange aus der Gruppe ausgestoßen, bis sie bei
anderen Gruppen Ehefrauen gefunden hatten. In der Ausstoßung der eigenen
jungen weiblichen Personen und der Einführung fremder hat man den Grund-
satz der Exogamie, und wenn nur zwei primitive Gruppen einander benachbart
waren, so entstand die einfachste Form der Exogamie. Thomas betrachtet
die Totem verbände als die älteren, die Phratrien als die neueren sozialen Ge-
bilde; er stützt sich dabei auf die Angabe, daß bei australischen Stämmen
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 205
Heiraten nur zwischen zwei bestimmten Totem verbänden erlaubt sind. Es
ist nicht einzusehen, warum deshalb die Totemverbände älter sein sollen als
die Phratrien. Selbst wenn „totemistische Exogamie innerhalb der Phratrie"
existiert, so bleibt es noch immer wahrscheinlich, daß, wie Crawley meint,
die Phratrie älter ist, und daß die weiteren Heiratsverbote nichts anderes als
eine Komplikation des ursprunglichen einfacheren Systems der Exogamie
darstellen. FeMinger-München.
268. Otto Stall: Das Geschlechtsleben In der Völkerpsychologie.
Gr. 8°, XIV u. 1020 S. Mit zahlr. Abb. Leipzig, Veit u. Co.,
1908. Preis brosch. 30 Jt.
St oll s Werk ist der erste glänzende Beweis davon, was die Psychologie
und insbesondere die Sexualwissenschaft der Völkerkunde zu danken und
weiterhin Ton ihr zu erwarten haben. Die Anhäufung scheinbar toter mensch-
licher Dokumente in den Museen, das Durcheinander von bunten Ratlosig-
keiten wächst plötzlich über die bloße kritische Vergleichung, über Maßzahl,
Herkunft, zeitliche Verarmung, Verschiebung hinaus, wenn der moderne
Wirklichkeitenbelau'scher mit der fest formulierten Frage nach bestimmten
Beweisstücken an die mühsam kollationierenden Kustoden herantritt. Siehe
da: eine Fülle freudigsten Lebens erblüht aus den vollgepfropften Schränken.
Alle Disziplinen werden von der großen und feierlichen Menschheits Wissen-
schaft befruchtet werden, wenn man fortfährt, wie St oll, bei ihr zu Anleihen
zu schreiten oder gar, wie Stephan in der Südsee, die Primitiven gleich an
Ort und Stelle mit sensibelster Unbefangenheit auf die ersten Zuckungen des
Denkens hin zu perskrutieren.
St oll ist seine Abhandlung natürlich unter den Händen ins Unermeß-
liche gewachsen. Daher ist der vorliegende starke Band gewissermaßen nur
ein vorläufiger, und zwar behandelt er den relativen Anteil der einzelnen
Sinneswerkzeuge an der menschlichen Sexualtätigkeit, parallel mit den ent-
sprechenden Funktionen des tierischen Körpers. Die Hauptetappen des
Buches markieren sich durch die Stichworte: Vorkehrungen zur Sicherung
der Fortpflanzung, Schönheitsideale, Frauenmästung, Fußverkrüppelung,
Kraniopädie, Tatauierung, Narben, Ohrpflöcke, Haarschur, Skalpe, Perücken,
Bart, Epilation, Nägelrituale, Zahnf eilung, Fingeramputation, Schminken,
Schmuck, Scham bedeckung, Beschneidung, Infibulation, Brüste, Tanz, Kastra-
tion, Phalluskult, Musik, Zote, Körperduft, Menstruation, spezielle Lusthand-
lungen. Hervorzuheben ist die angenehm ruhige Lesbarkeit des Stils und die
vorsichtige Zurückhaltung beim Theoretisieren. Alfred Kind - Berlin.
264. Richard Lasch: Über Sondersprachen und ihre Entstehung.
Mitteil. d. Anthropol. Gesellschaft in Wien 1907, Bd. XXXVII.
Sonderabdruck.
Auf Grund eines reichen Quellenmaterials bietet uns der Verfasser eine
Übersicht über die verschiedenen Arten von Geheimsprachen. In erster
Linie werden die Tatsachen selbst mitgeteilt; in zweiter Linie wird auch nach
ihren Gründen gefragt. Seinen Stoff gliedert Lasch teils nach den wirkenden
Ursachen, teils nach den in Frage kommenden Teilgruppen in die folgenden
vier Teile: 1. Die Frauensprachen. Die ältere Meinung, nach der die Exo-
gamie die Hauptursache dieser Erscheinung ist, die Frauensprache also das
Idiom des fremden Stammes darstellt, wird abgelehnt. Teils handelt es sich
vielmehr um eine Berufssprache, besonders wo der Boden ausschließlich von
den Frauen bestellt wird, teils um die Meldung gewisser Eigennamen und
206 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
damit verwandter Wörter, teils vielleicht auch nur um eine Scherzsprache.
2. Die Zauber- und Geistersprachen. Teils werden hier bestimmte Wörter
gemieden, durch welche man die Geister herbeizurufen oder zu verscheuchen
furchten würde, teils will man sich überhaupt vor ihnen unverstandlich
machen. Sie kommen teils bei bestimmten Arten des Nahrungserwerbes vor
(Fischfang und Schiffahrt, Kampf versuchen , Ernte, Goldsuchen und Zinn-
graben usw.), teils beim Kultus. Auch die Geheimsprachen der Geheimbünde
rechnet Lasch hierher, ohne bei ihnen die Wirksamkeit anderer Motive damit
ausschließen zu wollen. 3. Sondersprachen sozialen Ursprungs. Hierher
gehören einerseits besondere Hofsprachen, welche dem Gefühl der sozialen
Distanz entspringen, teils berufliche Geheimsprachen, wie die Diebes- und
Gaunersprachen oder die Kaufmanns- und Marktsprachen. 4. Scherzsprachen
der Kinder und Erwachsenen.
Leider erfahren wir selten in den Quellen Genaueres über die Einzel-
heiten dieser Sondersprachen — ein Mangel, den Lasch selbst (S. 7) beklagt.
Wir erfahren z. B. nicht, wie weit die Absonderung sich über den Wortschatz
hinaus auf Grammatik und Satzbau erstreckt oder ein wie großer Teil des
Wortschatzes überhaupt von ihr berührt wird. Gerne würden wir auch
näheres darüber erfahren, wie weit die Frauensprache von der gesamten
weiblichen Bevölkerung gesprochen wird und wie weit ihre Eigentümlich-
keiten sich jeweils in Zusammenhang mit der Meidung bestimmter Eigen-
namen auf ein oder auf wenige Individuen beschränken oder wie weit es sich
bei ihnen um einen dauernden besonderen Dialekt und wie weit um einen
fortgesetzten Wandel von Bezeichnungen handelt. Ähnlich wie so manche
andere könnten solche tieferdringende Fragen nur durch planmäßige
Beobachtungen beantwortet werden, die sich über längere Zeiträume erstrecken,
und an einer größeren Anzahl von Stellen auf Grund eines einheitlichen, von
einer einflußreichen wissenschaftlichen Organisation entworfenen Programmes
angestellt weiden müßten. A. Vierkant- Groß-Lichter felde b. Berlin.
265. P.Matschie: Die Verbreitung der Haustiere aus Hans Kraemer:
Der Mensch und die Erde. S. 79 — 164. Berlin, Deutsches Ver-
lagshaus Bong u. Co., ohne Jahreszahl.
Bei dem Charakter des Gesamtwerkes ist es nicht wunderbar, daß von
der Verbreitung der übrigen Tierwelt, die den Fachmann mehr interessiert
als weitere Kreise, nicht weiter die Rede ist, sondern nur die Verbreitung der
Säugetiere speziell bearbeitet ist. Und zwar durch den ausgezeichneten
Säugetierkenner Prof. Matschie vom Berliner Zoologischen Museum, der
sehr bezeichnend seine Darstellung mit einer Schilderung der früheren Jahr-
hunderte beginnt, die das Verschwinden der ursprünglichen Tierwelt vor der
sich ausbreitenden Kultur darstellt. Außerordentlich verdienstvoll ist die
Karte über die ja nahezu gründlich besorgte Ausrottung des amerikanischen
Bison. Sie ist nach den sorgfältigen Zusammenstellungen Aliens für dies
Werk gezeichnet. Vielleicht interessiert es weitere Kreise, daß, wie es scheint,
die Menschheit doch vor der ungeheuren Dummheit einer völligen Ausrottung
dieser wertvollen Tiere bewahrt bleibt. Nach einem Zeitungsausschnitt, der
dem Ref. in allerletzter Zeit zuging, haben sich gehegte Bisonherden so stark
vermehrt, daß man an eine Teilung derselben hat denken können.
In seinen ausführlicheren Darlegungen über die Verbreitung der Säuge-
tiere beginnt unser Autor mit der Kreidezeit, die er durch eine Erdkarte
nach Lapparent erläutert. Die anderen Karten sind zum Teil nach einem
besonderen Verfahren der Verlagsfirma für jeden geologischen Zeitraum so
A. Referate. Ethnologie and Ethnographie. 207
hergestellt, daß man die Karte der Jetztzeit für den geologischen Zeitraum
mit einer durchsichtigen Pause bedeckt, ein sehr praktisches Verfahren,
wenn das durchsichtige Papier wirklich einigermaßen aus hält. Im übrigen
ist natürlich hier nicht der Raum, auf das Detail der Arbeit einzugehen, die,
wie es dem Charakter des Buches entspricht, mit einer großen Anzahl außer-
ordentlich schöner Bilder ausgezeichnet ist. Ed. Hahn-Berlin.
266. Conrad Keller: Die Haustiere als menschlicher Kulturerwerb
aus Hans Kraemer: Der Mensch und die Erde. S. 165 — 304.
Mit zahlr. Abb. Berlin, Deutsches Verlagshaus Bong u. Co.,
ohne Jahreszahl.
Der Verfasser hat vor einiger Zeit ein Buch „Die ältesten Haustiere a
erscheinen lassen. So ist es verständlich, daß die Verlagshandlung in ihm
einen geeigneten Fachmann für dies wichtige Gebiet zu gewinnen glaubte.
Weiteren Kreisen wird auch die mit zahlreichen, schönen Bildern ausgestattete
Darstellung genügen, denn der Verfasser hat außerordentlich viel gesehen
und einen großen Schatz allermöglichen Abbildungen und Photographien zu-
sammengetragen. Fachleute würden freilich hier und da ihre Ansprüche gerne
noch etwas höher stellen, und hätten von einem Manne, der selbst ja so sehr
viel gesehen, gerne noch etwas mehr Einzelangaben und Belege. Auch ist die
Darstellung zu wenig durchsichtig, um uns überall ohne weiteres des Autors
wirkliche Meinung erkennen zu lassen. Jedenfalls kann man die Ansicht,
unsere heutigen Jagdhunde hätten irgend welche näheren Beziehungen zu
den ägyptischen Jagdhunden der ältesten Zeit, und nun gar, unsere Dachs-
hunde hingen mit kurzbeinigen kurzen Tieren dieser Zeit zusammen, nur als
seltsam bezeichnen. Daß Verfasser mit einer gewissen Bequemlichkeit
schwierigen Problemen gerne aus dem Wege geht, beweist, daß auch hier wie
in seinem anderen Werk die Frage nach dem Maultier unerörtert bleibt. Es
kommt sogar nicht einmal eine Abbildung vor. Daß Tributrinder vom sog.
Obelisken Salmanassars , die aus dem jedenfalls fernen und eigentlich immer
noch nicht ganz sicher erklärten Lande Musri stammen, als assyrische Rinder-
darstellung unter die Illustrationen gekommen sind, ist allerdings bedauerlich.
Der Künstler hat sich nämlich Mühe gegeben, ähnlich wie andere Tiere der-
selben Darstellung, die er kannte, vielleicht nicht einmal aus eigener An-
schauung* diese möglichst bizarr darzustellen. Aus dem Eingangskapitel „Die
H auetier werdung u habe ich jedenfalls nicht mit einiger Klarheit ersehen können,
wie sich der Verfasser zu der Annahme des Ref. stellt, daß Ackerbau oder
Pflugkultur, wie ich jetzt lieber sage und die Züchtung der wirtschaftlichen
Haustiere in irgend einem organischen Zusammenhange steht. Denkt Keller
wirklich daran, die Zähmung des europäischen Urs könnte in Europa selbst-
ständig und sogar hier zuerst erfolgt sein? Ed. Hahn-Berlin.
267. 0. von Hovorka und A. Kronfeld: Vergleichende Volksmedizin.
Eine Darstellung volksmedizinischer Sitten und Gebräuche,
Anschauungen nnd Heilfaktoren, des Aberglaubens und der
Zanbermedizin. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten heraus-
gegeben. Mit einer Einleitung von Prof. M. Nenburger.
Stuttgart, Strecker und Schröder, 1908. (28 Lief, ä 80 ^,
Gesamtpreis geh. Jt 22,40.)
Die beiden Herausgeber, die schon mit Erfolg auf dem Gebiete der Volks-
kunde gearbeitet, haben es sich zur Aufgabe gesetzt, die noch erreichbaren
Anschauungen und Gebräuche volksmedizinischen Charakters, im wesent-
208 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
liehen aus Europa, aber auoh mit vielen Ausblicken auf außereuropäische
Völker, zu sammeln und auf vergleichender Grundlage zu behandeln. Das
Werk, von dem uns die erste Lieferung, enthaltend drei Bogen des all-
gemeinen Teils und einen Bogen des speziellen Teils, vorliegt, wird sich in
seinem ersten Teil mit der allgemeinen Ätiologie, allgemeinen Pathologie und
Therapie, wie sie sich in der Seele des Volkes spiegeln, beschäftigen; dieser
Teil ist in glücklicher Weise nach Schlagwörtern in alphabetischer Reihen-
folge gruppiert. In der I. Lieferung ragt in diesem Teü besonders der Ab-
schnitt über Amulette durch Vielseitigkeit hervor. Der zweite Teil behandelt
die Anschauungen der speziellen volksmedizinischen Pathologie und Therapie,
eingeteilt nach den Organen und den großen medizinischen Disziplinen. Man
hat in diesem neuerscheinenden Werk ein ungeheures Material zusammen-
getragen, das der Volkskunde, aber auch in gleicher Weise der Geschichte
der Medizin, der Ethnographie und Psychologie dienen wird. Alle diese
Disziplinen haben daher ein großes Interesse am Erscheinen des neuen Buches,
das, der I. Lief, nach zu urteilen, ein Standard- Werk zu werden verspricht.
Von dem festen Boden dieses Werkes aus wird es dann weiter leicht gelingen,
die Volksmedizin in ihrem ganzen Umfang und in ihrer Bedeutung für die
menschliche Kultur kennen zu lernen. In ganz besonderem Maße wird das
vorliegende Buch dazu jeden befähigen, weil es sich zur Aufgabe gesetzt hat,
den Zusammenhang der volksmedizinischen und wissenschaftlichen Vor-
stellungen nachzuweisen und zu zeigen, in wieweit die volksmedizinischen
Anschauungen vor dem Forum der heutigen wissenschaftlichen Medizin zu
recht bestehen. Diese Tendenzen des Buches haben den unberechenbaren
Vorteil, daß sie über manche Vorstellungen ein ungeahntes Licht verbreiten
werden, und daß sie den Laien auf medizinischem Gebiet, wie es doch die
meisten Freunde der Volkskunde sind, gewissenhafte Nachweisungen über
die Beziehung der Volksmedizin zur Wissenschaft an die Hand geben. Wenn
das Buch es nebenher erreichen würde, aufklärend auf die medizinischen An-
schauungen des Volkes zu wirken, so wäre dies noch nebenbei ein schöner
Erfolg, den der Arzt und jeder Freund des Kulturfortschrittes aufs lebhafteste
begrüßen würde. Da wir uns so mannigfache Wirkungen von dem neuen
eigenartigen Bache versprechen, so können wir ihm aus bester Überzeugung
nur die weiteste Verbreitung unter allen wissenschaftlichen Fachgenossen und
Freunden der großen Kulturhistorie wünschen. Nach Erscheinen des ganzen
Werkes werden wir Gelegenheit haben, eingehend auf dieses zurückzukommen.
H. Laufer-Luxor.
268. Henry Balfour: The ftre-piston. Anthropolog. Essays pres. to
Edward Burnett Tylor. S. 17—49, mit 4 Tafeln und 1 Karte.
London 1907.
Das Feuerpiston, ein Instrument zum Feuermachen durch Kompression
der Luft, wurde in Europa 1801 oder 1802 erfunden. Es diente hier mehr
als „wissenschaftliches Spielzeug tt wie als praktisches Hausgerät. In ethno-
logischer Beziehung ist es von Interesse, daß das Feuerpiston auoh in Ost-
asien vorkommt, und zwar erstreckt sich sein Verbreitungsgebiet dort vom
nördlichen Birma und Siam über die malayische Halbinsel und den malayischen
Archipel bis Mindanao und Luzon. Nach eingehender Beschreibung der in
Ostasien verwendeten Feuerpistons wird versucht, die Frage zu beantworten,
ob das Instrument von Europäern dahin gebracht oder ob es von den wenig
zivilisierten Völkern, bei denen es heute im Gebrauch ist, erfunden wurde.
Die umgekehrte Annahme, nämlich, daß es von Asien nach Europa übertragen
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 209
wurde, darf als g&nzlich ausgeschlossen betrachtet werden, denn der Grund-
satz, daß durch Kompression der Luft Wärme erzeugt wird, ist in Europa
durch wissenschaftliche Experimente erkannt worden. Aber es scheint fast
unglaublich, daß auf tiefer Kulturstufe stehende Völker den Grundsatz heraus-
gefunden haben sollten, auf dem die Konstruktion des Feuerpistons beruht.
Ganz unmöglich ist das freilich nicht, wie die unabhängige Erfindung anderer
Instrumente in weit voneinander entfernten Regionen beweist. Die Einführung
des Feuerpistons aus Europa nach Ostasien läßt sich deshalb schwer an-
nehmen, weil es im Jahre 1865 im Osten schon sehr weit verbreitet war.
Wenn man dennoch voraussetzen wollte, daß unternehmende europäische
Händler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Feuerpistons auf ver-
schiedenen Inseln des malayischen Archipels und im Südosten des asiatischen
Festlandes absetzten, so muß man die Zeit in Betracht ziehen, die verstrichen
sein muß, ehe der Wert und das Wirkungs vermögen der neuen Vorrichtung
bei Völkern, welchen sie bis dahin ganz unbekannt war, so allgemein An-
erkennung gefunden haben konnte, wie es 1865 tatsächlich der Fall war.
Lange Zeit würde zudem erforderlich gewesen sein, ehe die Schwierigkeiten,
welche der Nachahmung eingeführter Feuerpistons mittels der Arbeits-
methoden der Eingeborenen entgegenstanden, zu überwinden waren, denn das
Feuerpiston ist ein Instrument, das äußerst genau konstruiert sein muß,
wenn es funktionieren soll. Ein anderer wichtiger Punkt ist, daß kein
Feuerpiston europäischer Erzeugung im ostasiatischen Verbreitungsgebiet
bisher gefunden wurde. All das sowie die örtlich verschiedene Ausstattung
der in Ostasien verwendeten Feuerpistons läßt die Übertragung aus Europa
nicht als wahrscheinlich annehmen. Die Chinesen kennen das Instrument
nicht. Wenn das Feuerpiston in Ostasien erfunden wurde, so bleibt es noch
immer fraglich, ob die Erfinder Indochinesen oder Malayen waren. Sicher
ist, daß die hauptsächlichen Verbreiter Malayen gewesen sind. Seine häufige
Benutzung bei den urmalayischen Stämmen Nordluzons und den Moi's von
Indochina, in Verbindung mit dem Umstände, daß benachbarte in der Kultur
höher stehende Völker es nicht kennen, kann als ein Hinweis auf die Er-
findung des Feuerpistons seitens eines urmalayischen Volkes gelten. — Balfour
erörtert zum Schluß die Frage, auf welche Art sich die Erfindung des In-
struments im fernen Osten vollzogen haben kann. Doch ist es gegenwärtig
nicht möglich, diese Frage in überzeugender Weise zu beantworten, und
vielleicht wird es, wie die zweifelsfreie Lösung des Problems der Monogenesis
oder Polygenesis des Feuerpistons, niemals gelingen. Fehlinger- München.
269. Georg Jacob: Geschichte des Schattentheaters. 159 S. Berlin,
Mayer u. Müller, 1907. 4 JL
Der Verfasser, welcher sich seit Jahren besonders mit dem türkischen
Schatten theater beschäftigt, gibt in diesem inhaltsreichen und auf umfassenden,
gründlichen Studien beruhenden Buche, das — wie der Untertitel besagt —
die erweiterte Neubearbeitung eines 1901 gehaltenen Vortrages ist und
zugleich eine jetzt vergriffene Schrift des Verfassers „Al-Mutaijam" in sich
schließt, einen Überblick über die Verbreitung des Schattenspiels vom
äußersten Osten bis ins westliche Europa. Wenn es, wie der Verfasser im
Vorwort hervorhebt, auch nicht die Lücken in unserem Wissen von der
Technik (Herstellung der Figuren, ihrer Farben, Transparenz usw.), den
Trachten, der begleitenden Musik, dem Quellenmaterial ganz auszufüllen
vermag, so sind doch die von Jacob darin niedergelegten Ergebnisse seiner
Forschungen — abgesehen von der literarhistorischen Seite — auch ethno-
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 24
210 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
logisch recht wertvoll (so schon v. Luschan im „Globus", Bd. LXXVI,
S. 323 bis 324).
Die frühesten Belege für die Aufführung von Schattenspielen findet
Jacob in der indischen Literatur, schon im 6. Jahrhundert und vielleicht
noch eher; im 11. Jahrhundert läßt es sich in China und Dzawa nachweisen.
Die Stoffe des Schattenspiels im letztgenannten Lande waren einheimisch oder
aus Sanskrit- Epen entnommen; ob das Wajang Purwa oder das Wajang
Beber älter, ist noch ungewiß. Auf das altdzawanische Wajang dürfte da«
siamesische Nang zurückgehen. Das chinesische Schattenspiel, das noch
heute blüht, weist manche Berührungen mit dem islamitischen auf, die die
Herkunft des letzteren aus jenem durch Yermittelung der Mongolen wahr-
scheinlich machen. — Den Mohammedanern blieb das Spiel bis zum 12. Jahr-
hundert unbekannt. Danach blühte es besonders in Ägypten, und es ist auch
ein ägyptischer Arzt Ibn Dänii&l, dessen drei Dichtungen die einzigen aus
dem arabischen Mittelalter erhaltenen sind. Von ihnen, deren Inhalt Jacob
dankenswerterweise im Auszug mitteilt, ist die dritte die interessanteste:
sie erzählt von Hahnen-, Widder- und Stierkämpfen, erwähnt die Feiung der
Widder gegen den bösen Blick durch Amulette, Zauberwasser usw*
Zu den Osmanen scheint das Spiel nicht von den Arabern, sondern von
den Persern gekommen zu sein : ein türkischer Name dafür findet sich bereits
im 13. Jahrhundert; dem Karagöz entspricht der persische Kecel Pehlewän;
das türkische Spiel ist mehr weltlich, gebraucht die Sprache des täglichen
Lebens, und gewisse Figuren kehren darin immer wieder, während das ara-
bische mehr religiös, historisch, poetisch abgefaßt ist und keine stehenden
Typen kennt. Die Figuren, welche gröber als die ostasiatischen sind, werden
in Tunis kunstlos aus dunkelblauem Leder geschnitten; etwas Stil zeigen die
ägyptischen, die türkischen aber und die besseren arabischen sind farbig und
transparent. Das Orchester besteht gewöhnlich aus fünf Instrumenten und
hält für jede Figur ein Leitmotiv fest.
Von den Osmanen wanderte das Spiel zu den Humanen, Griechen und
Bosniern, von Tunis aus nach Italien, Deutschland und Frankreich. Vom
Ende des 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts führt Jacob eine Reihe von
Belegen von Aufführungen in Rom, Neapel und in verschiedenen deutschen
Städten an. Das literarische Schattenspiel in Deutschland und das fran-
zösische, das Jacob bis zu dem modernen, im Chat Noir auferstandenen
behandelt, bieten weniger Interesse und haben mit dem ursprünglichen wenig
gemein, und die Hoffnung des Verfassers, daß einst ein vergeistigtes Drama
auf das Schattenspiel ah Verbindung zwischen Poesie, Malerei und Musik
zurückgreifen würde, dürften schwerlich viele teilen. Byhan-Hamburg.
270. Wilhelm Hertz: Aus Dichtung und Sage. Vorträge und Auf-
sätze. Herausgegeben von Karl Vollmöller. X, S. 219. 8°.
Stuttgart und Berlin 1907.
Mit der Sammlung und Herausgabe der hier vereinigten Aufsätze Herts'
erwarb sich Vollmöller, der berühmte und hochverdiente Romanist, den
aufrichtigen Dank aller, die deutsche Volkskunde wissenschaftlich pflegen.
Die Aufsätze waren in Zeitschriften erschienen, die nur wenigen noch zu-
gänglich sein dürften, doch Hertz' Ausführungen sind der Sache nach nicht
spurlos geblieben, vielmehr mit ihrem Gedankeninhalt längst zur Grundlage
der Volksforschung in deutschen Landen geworden. So mancher Verfasser
dickbäuchiger gelehrter Arbeiten, deren Lektüre ermüdend auf den Geist
einwirkt, schöpfte uneingestandenermaßen aus Hertz 1 Schriften die besten
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 211
Anregungen. Hertz ist ein Denker, aber auch zugleich einer der be-
deutendsten Meister wunderschöner deutscher Darstellungskunst. Sein ßuch
gewährt uns Blatt für Blatt neuen Hochgenuß, der aus der Schönheit unserer
Sprache quillt. „Mit Staunen vernehmen wir noch heute aus den warmen
Lippen der Lebenden Weisheit und Wahn der grauesten Vorzeit Wer aber
die alte Kunde recht verstehen will, der muß lernen, die Natur zu betrachten
nicht mit dem kühlen Forscherblick des modernen. Menschen , sondern mit
den Dichteraugen eines Kindes a , sagt Hertz (S. 197), doch das ist bei ihm
nur eine Redewendung, denn in Wirklichkeit besaß er immer den kühlsten
Forscherblick des neuzeitlichen Gelehrten für die sicheren Tatsachen des
Volkslebens, und nur seine Kunst der Darstellung, die sonst selten Gelehrten
eigen, beseelte die Ergebnisse seiner Forschung mit wahrem Leben. Das
trifft doch ein Kind nicht, sondern erst ein Dichter, der sich seiner Arbeit
bewußt ist. Seine Abhandlung über die Mythologie der schwabischen Volks-
sagen ist wohl der kürzeste, aber auch der beste Grundriß unseres Wissens
vom deutschen Volksglauben. Vortrefflich sind die kleinen Aufsätze über
die Hexenprobe und den Feuerreiter, dann über den ritterlichen Frauendienst
und altfranzösische Volkslieder, doch von entzückender Anmut sein Vortrag
über die Walküren und die Studien über die Nibelungensage und Beowulf,
das älteste germanische Epos. Selbst mir, der ich mich mit den letztgenannten
zwei Sagenstoffen bis zum Überdruß beschäftigen mußte, kamen sie in Hertz'
Wiedererzählung wie neu vor und ich las sie zweimal wieder! Über die
Walküren urteilen wir Volksforscher heutigentags etwas verschieden von
Hertz, weil wir diese Gestalten als Baumseelen in ihrer Ursprünglichkeit bei
allen Völkern der Erde kennen lernen und zwischen den Gebilden der Kunst-
dichter und denen des Volksglaubens schärfer unterscheiden. Die alt-
nordischen Walküren, Odins Schildjungfrauen, sind wesentlich Schöpfungen
von Kunstdichtern. Das Volk dichtet nirgends so hoch über seine Bedürfnisse
hinaus, sondern ist bescheiden. Friedrich S. Krauss - Wien.
Spezielles.
271. F. 6. Stebler: Am Lötschberg. Land und Volk von Lötschen.
IX und 130 S. Mit 138 Abbildg. im Texte. Zürich, Albert
Müllers Verlag, 1907.
In den ersten sieben Kapiteln des flüssig und anschaulich geschriebenen
Buches schildert der Verfasser die Landschaft des abgeschlossenen, nur durch
die enge Lonzaschlucht mit dem Rhonetal verbundenen Lötschtales, Klima,
Bergbau, Berge und Gletscher in touristischer Hinsicht, Geologie, Flora mit
besonderer Berücksichtigung der Nutzpflanzen und gibt einen kurzen Abriß
der Geschichte des Tales. Die zweite Hälfte des Buches ist der Volkskunde
gewidmet, und daraus will ich hier einiges anführen. Die Ackerkultur der
Lötscher ist reiner Hackbau, Pflug und Wagen haben sie nicht. Gemeinde-
besitz sind Säge, Walke, Flachs- und Hanf reibe, gewisse Flurteile und die
Almen. Manche von den hölzernen, auf steinernem Unterbau ruhenden
Wohnhäusern (136 in vier Gemeinden mit 1000 Einwohnern) sind reich
beschnitzt. Die Stadeln stehen der Abbildung zufolge auf Pfählen. Die
Sennhütten, welche zu 10 bis 20 beieinander stehen, haben unten den Stall,
darüber Küche und Wohnraum. Das Hausgerät gleicht dem der übrigen
Älpler. Auch die religiösen Gebräuche unterscheiden sich natürlich fast
nicht von den anderwärts üblichen (Votive, Alm segnen usw.); erwähnen
möchte ich nur, daß man die Kohlen des „neuen Feuers" am Karsamstag
14*
212 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
sorgfältig aufbewahrt. Reichlichen Gebrauch machen die Lötscher noch von
ihren Hausmarken: nicht nur auf die Hörner des Viehes, auf hölzerne Geräte
brennt man sie ein, sondern sie werden auch in Gemeindeverfügungen, in der
Schießgesellschaft, auf den „Tesalen" oder „Sohn&taen" (Stäbe mit den
Marken in der Reihenfolge der Rechte oder Pflichten eines jeden Haus-
standes, z. B. betreffs Nachtwache, Ziegenhut, Wasser), auf den „ Alpscheiten u
(dreikantige Scheite mit Kerben, in die Klötzchen eingefügt werden, oder
neuerdings mehr zweigeteilten Kerbhölzern gleichende) usw. verwendet Bei
Schafen macht man dafür verschiedenartige Einschnitte in die Ohren. Die
Hausmarke vererbt sich auf den jüngsten Sohn. — Kunkel, Spinnrad, Web-
stuhl, Schnürstuadla sind noch überall im Gebrauch. — Zu Fastnacht ziehen
Burschen, ganz mit Fell bekleidet und mit Masken aus Arvenholz und Fell,
„ Trinkein a und Aschenstöcken durchs Dorf; die Sage führt diesen Brauch
auf den „Trinkel stier krieg" oder auf die „ Schürten diebe" zurück (s. darüber
ausführlich Rütimeyer im „Globus", Bd. 91, S. 201ff., 213ff.). Des weiteren
berichtet Stehler von den Bräuchen im Familienleben, von den wirtschaft-
lichen Verhältnissen, von Nahrung und Kleidung, vom Volkscharakter und
der Sprache.
Die zahlreichen Abbildungen, mit denen das Buch ausgestattet ist, sind
durchweg recht gut und deutlich; neben Landschaftlichem bieten sie auch
sehr viel volkskundliches bzw. ethnographisches Material: Gedenktafeln
(Menschenfiguren), Gevatterbrote, Milchgerät, Traggabeln u. dgl.
Byhan-Hamburg.
272. Emil Fischer: Aus Alt -Bukarest Kulturhistorische Skizzen
mit besonderer Berücksichtigung der Kulturarbeit des Deutsch-
tums in Rumänien. 166 S. Bukarest, Buohdruckerei „Bukarester
Tagblatt", 1906.
Von Rumänien weiß und hört man bei uns sehr wenig, obwohl — oder
gerade weil — es das einzige Land im Osten ist, das in kultureller und
finanzieller Beziehung stetig fortschreitet (voriges Jahr ein Budgetüberschuß
von 40 MilL Lei =16 Proz.). Bukarest ist heute eine schöne, moderne
Großstadt, wie es dort aber vor 100 Jahren noch aussah, davon gibt uns
Fischer ein anschauliches Bild. Nur wenige Kulen der Vornehmen waren
aus Stein gebaut, die meisten Häuser, aus Holz, Fachwerk, Rutengeflecht,
Erde. An Eunststraßen gab es nur einige liederlich gehaltene, aber kost-
spielige Knüppeldämme. Das Trinkwasser, welches die Sacagii aus der
stinkigen Dimbovita brachten, wurde mit Alaun geklärt. In einer Vorstadt
hausten Bettler, Krüppel und Gesindel, die in einer besonderen Zunft berufs-
mäßig organisiert waren. Um den Hof, an welchem noch am Ende des
18. Jahrhunderts märchenhafter orientalischer Prunk herrschte (s. Kap. IV),
gruppierten sich die Bojaren. Der größere, ältere Teil dieses Adels war süd-
slawischen Ursprungs, hat sich aber später mit Rumänen, Türken, Sachsen,
Nordslawen und besonders Griechen vermischt, wie auch das Volk aus einer
Mischung (Thrakoromanen und Slawen) hervorgegangen ist. Die vom
17. Jahrhundert bis 1873 bestehenden Zünfte rühren trotz der vorwiegend
slawischen, türkischen, griechischen technischen Namen, welche Niederschläge
aus verschiedenen Kulturperioden sind, offenbar von den Sachsen her (Kap. VI).
Die einzelnen Gewerbe waren in bestimmten Straßen konzentriert, der Klein-
handel spielte sich auf den vier Plätzen und in Gewölben, der Großhandel in
den Hans ab. Auf rechtes Gewicht und Einhaltung des vorgeschriebenen
Preises wurde streng gehalten, Verstöße dagegen wurden mit Stockprügel,
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 213
Einkerben der Nase, Prangerstehen , Annageln des Ohres an den Laden-
tisch usw., Falschmünzerei mit Abhacken der rechten Hand geahndet. Der
Großhandel beschäftigte sich mit der Ausfahr von Landes produkten und der
Vermittelang von orientalischen Waren nach dem Westen, besonders nach
Leipzig; vom 15. bis 18. Jahrhundert war er Monopol der Kronstädter und
Hermannstädter. Rumänien war die Korn- und Schatzkammer der Sultane.
In Kap. VIII und IX beschäftigt sich der Verfasser mit dem Einflüsse
des Deutschtums. Dieser wird nicht nur direkt durch die 1000 Lehnwörter
im Rumänischen bezeugt; indirekt hat er auch durch die von deutscher
Kultur schon früh beeinflußten Nordslawen gewirkt. Die rumänischen Städte
hatten, wie die sächsischen in Siebenbürgen und die der Bukowina und
Galiziens, das Magdeburgische Stadtrecht. Deutsche Städte in Rumänien
waren einst Rucar, Piatra-Neam^, Cotnar, Säsisoara, Säsesti, Baia (Molde),
Carapolung (Langenowe, Langenau, bis Ende des 17. Jahrhunderts). Ein
erneutes Zuströmen von Sachsen begann um 1774, von Österreichern und
Reichsdeutschen um 1830. Bukarest zählt heute mindestens 25000 Deutsche,
das ist 10 Proz. der Einwohnerschaft. Alles in allem ist die moderne
Kultur der Rumänen direkt und indirekt ein Werk Siebenbürger Sachsen.
Das letzte Kapitel enthält einen interessanten Exkurs über die Testemele
(Kopftücher). Diese wurden aus Baumwolle in verschiedener Stärke, bis zum
feinsten Batist, weiß oder einfarbig gefertigt und mit zwei- bis dreifarbigen
Mustern verziert und zwar mit Hilfe der Battiktechnik. Die dabei ver-
wendeten Pflanzenfarben (40 Arten kannte man) wurden mit Alaun fixiert.
Alles in allem bildet diese Arbeit des sachkundigen Verfassers, welcher
sich um die Erforschung des Deutschtums, wie auch um die Sprach- und
Kulturgeschichte seines Adoptivvaterlandes verdient gemacht hat, eine wert-
volle Bereicherung unserer spärlichen Literatur über Rumänien.
Byhan-Hamburg.
273. E. A. Wolter: Lettische Fragmente (russ.). Izvestija Otdel.
russkago jezika i Slovesnosti. Iinp. Akad. Nauk. 1907. Bd. XII,
Nr. 3, p. 163—175.
Zwei lettische Urkunden aus dem 17. Jahrhundert, von Sprogis im
Archiv von Wilna aufgefunden und übersetzt. Dazu einige Erläuterungen
und Ergänzungen von Wolter: Lettische Besprechungsformeln aus dem 16.
und 17. Jahrhundert. Wichtiges Material zum Studium der lettischen Sprache
und der psychologischen Grundlage der Hexenprozesse.
Wera Charusin-Moskau.
274. Bernhard Stern: Geschichte der öffentlichen Sittlichkeit in
Bußland. Bd. ü, mit Illustrationen, Porträt des Verfassers und
ausführlichem Register über beide Bände. 652 S. Berlin, Herrn.
Barsdorf, 1908.
Dem auf S. 15 dieses Jahrganges angezeigten ersten Bande ist schnell
der zweite, noch umfangreichere, gefolgt. Auch er enthält zahlreiche Notizen,
die den Ethnologen und besonders den Folkloristen interessieren dürften.
Die Abschnitte „Das Weib und die Ehe tf (S. 299 bis 446), „ Geschlechts-
moral tf (S. 497 bis 518), „Prostitution, gleichgeschlechtliche Liebe und Lust-
seuche" (S. 519 bis 576) und „Folkloristische Dokumente" (S. 577 bis 616)
bringen eine Fülle ethnologischen Materials, das ebenfalls eine riesige Be-
lesenheit des Verfassers, vor allem auch in der russischen Literatur, bekundet;
viele seiner Ermittelungen beruhen auf persönlichen Beobachtungen oder auf
Mitteilungen guter Kenner der Verhältnisse. Als besonders die Fachgenossen
214 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
interessierende Abschnitte seien erwähnt: „Frauenranb upd Frauenmarkt tt ,
„ Hochzeit sge brauche und Hochzeitssitten der Russen", „Hochzeitegebräuche
der nicht -russischen Bevölkerung in Rußland u , „Probenächte und Jungfern-
schaft a , „Das Erotische und Obszöne in der Literatur und Karikatur tt t „Sexu-
elles Lexikon", „Obszöne Sprichwörter", „Erotische und obszöne Lieder" , so-
wie „Erotische und obszöne Erzählungen".
Das ganze Werk ist ein kulturgeschichtlich höchst wichtiges Dokument.
Es gehen dem Leser die Augen auf über die überaus traurigen sittlichen Zu-
stände, die noch jetzt in Rußland herrschen und nicht viel andere sind als
zur Zeit Peters des Großen. Vieles, was sich vor unseren Augen heute dort
abspielt, wird uns bei der Lektüre dieses durchweg anziehend geschriebenen
Werkes verständlich. Buschan- Stettin.
275. A. Zatschinjaef : Epische Überlieferungen aus den Gouverne-
ments von Orel, Kursk und Woronesch (russ.). Izvestija Otdei.
rußskago jezika i slovesnosti Imp. Akad. Nauk. 1906. Bd. XI,
Nr. 1, p. 147—171.
Die geographische Verbreitung der Bilynen (oder Starynen = russisches
Heldenepos) scheint nioht festgestellt zu sein. Der vorherrschenden Meinung,
es seien keine Bilynen in den südlichen Teilen des Verbreitungsgebietes der
Großrussen zu finden, stellt Verfasser die Äußerung entgegen, daß noch vor
kurzer Zeit Bilynen über Ilija Murometz, Dobrynja, Aljescha Po po witsch, Iwan
den Schrecklichen in den Distrikten von Zadonsk (Gouv. Woronesch) und
Jeletz (Gouv. Orel) sich hören ließen. Auch werden im Gouvernement
Woronesch Märchen mit epischen Motiven und Heldennamen erzählt, die, wie
bekannt, in engem Zusammenhang mit der epischen Tradition der Bilynen
stehen (unter anderen ein Märchen über Iwan den Schrecklichen, wo das
Licht einer von selbst sich anzündenden Lampe die Wahl eines Bauern-
knechts zum Zaren bestimmt). Vorstellungen über „Bogatyri" = Männer von
übermenschlicher Kraft (dieser Name wird den Helden des russischen Epos
beigelegt) sind der Bevölkerung der Gouvernements nicht fremd, nur werden
unter diesem Namen Kudejar, Stenjka Razin, Wanjka Kain gemeint. Eine
Bilyne über den Kampf zwischen Ilija Murometz und dessen Sohn (Motiv:
Rüstern und Zorab), im Gouvernement von Woronesch aufgezeichnet, soll schon
1861 im „Woroneschski Literaturni Zbornik" Vip. I erschienen sein. Den
christlichen Charakter der Bilyna, die nicht wie gewöhnlich mit dem Tode
des Sohnes endet (das Kreuz an der Brust rettet ihn zur Freude des Vaters),
glaubt Verfasser durch den Einfluß der Sänger von geistlichen Liedern zu
erklären, von denen wahrscheinlich die Bilyna dem Sammler gesungen wurde.
Solche Sänger finden noch zurzeit Beifall in den Dörfern und auf den Jahr-
märkten. — Beigegeben sind vier geistliche Lieder.
Wera Charusin- Moskau.
276. Sirelius: Das Kunstgewerbe der Ostjaken und Wogulen (russ.).
Eohegodnik Tobolßkago Musea, 1907. Vol. XVI.
Fortsetzung der in Lieferung XV angefangenen Übersetzung der Schrift
von Sirelius. Enthält folgende Absätze: 1. Verfertigung der Matten.
2. Das Färben. Sirelius ist der Meinung, die Ostjaken und Wogulen können
wohl die Farben unterscheiden, es mangeln ihnen aber die Benennungen für
die verschiedenen Farben. Die blaue Farbe ist ihnen nicht bekannt. 3. Ver-
fertigung der Stricke und anderer Geflechte, z. B. aus den Wurzeln der Zeder,
aus dem Stamme des Faulbeerbaumes. 4. Bearbeitung der Birkenrinde.
A. Referate. Ethnologie and Ethnographie. 215
Ö. Verfertigung des Fischleims. 6. Schmiedakunst und Gießerei. Die Volks-
tradition läßt die Schmiedekunst schon vor der Ankunft der Russen in Blüte
gestanden haben; später ist sie in Verfall geraten. Schmucksachen werden
in Formen aus Pappelrinde gegossen. 7. Gewöhnliches Handwerkszeug.
Wera Charusin-Moskau.
277. Die Juden in Österreich. Im Auftrage des „Verbandes der
Israelitische u Humanitätsvereine B'nai B'rith für Österreich" her-
gestellt. 160 S. VeröffentL d. Bureaus f. Statistik der Juden,
Heft 4. Berlin-Halensee, Louis Lomm, 1908.
Ein Beitrag zur Demographie der Juden in Österreich auf Grund der
statistischen Erhebungen. Die einzelnen Kapitel betreffen: 1. Zahl und Ver-
teilung; II. natürliche Bewegung (Eheschließungen, Geburten, Sterbefälle,
Alter der Verstorbenen, Todesursachen, natürliche Vermehrung); HL Geschlecht,
Altersgliederung und Familienstand; IV. Wanderbewegung; V. Taufbewegung;
VI. Schulwesen; VII. Umgangssprache; VIII. Berufs Verhältnisse; IX. Beruf s-
und Einkommens Verhältnisse in Galizien; X. Krimin alitäts Verhältnisse und
XL Geisteskrankheiten.
Einige, den Anthropologen besonders interessierende Angaben mögen
hieraus hervorgehoben werden. Nach der Volkszählung von 1900 wurden
in ganz Österreich 1 222 899 Juden = über 4 l / % Proz. der Bevölkerung
gezählt; davon sitzen zwei Drittel in Galizien. — Bei den Geburten fällt der
große Knabenüberschuß auf: gegenüber 1000 Mädchen 1102 Knaben (in
Bukowina sogar 1201). — Sowohl die Geburts-, wie auch die Sterberate ist
bei den Juden niedriger als bei den Christen. Auffallend selten ist Tuber-
kulose (in jeder Form und Lokalisation) , auch Erkältungskrankheiten, sowie
Herzleiden; bei Jüdinnen ist ferner bemerkenswert die geringe Sterblichkeit
an Krankheiten in der Schwangerschaft und im Wochenbett, besonders infek-
tiöser Natur. Als häufigste Todesursache wird Altersschwäche angegeben;
auch häufig Krebs und andere bösartige Neubildungen, sowie Gehirnblutung
und Gehirnverkalkung, schließlich Erkrankungen der Harn- und Geschlechts-
organe. — Das kriminelle Verhalten der Juden ist grundverschieden von dem
der Christen. Den höchsten Prozentsatz stellen jene wegen Vergehens gegen
das Tierseuchengesetz (47,1:100000; bei Katholiken nur 0,6), demnächst
wegen Krida (? Referent), ferner wegen Betrugs und wegen Diebstahl (hierin
von Christen allerdings übertroffen). — Von den Geisteskrankheiten erscheinen
die Juden besonders stark belastet mit Wahnsinn (Amentia), periodischer
Geistesstörung, erworbenem Blödsinn (Dementia), paralytischer Geistesstörung
(Dementia paralytica), sowie Melancholie und Imbezillität. Die Christen hin-
gegen sind stärker beteiligt an epileptischer Geistesstörung und Geistes-
störungen mit Herderkrankungen, besonders aber mit Alkoholismus.
Buschan- Stettin.
278. Andrew Lang: Anstralian problems. Anthropolog. Essays
presented to Edward Burnett Tylor. S. 201—218. London 1907.
Der Verfasser behandelt zwei Probleme des australischen Totemismus,
und zwar zuerst die Beschränkung der Eheschließung zwischen Angehörigen
eines Totems der einen Phratrie mit Angehörigen eines Totems der anderen
Phratrie des betreffenden Stammes, wie sie bei einigen australischen Stämmen
zu Recht besteht, während sonst für die Wahl der Ehegatten alle Totems
oder doch eine Mehrzahl von Totems der entgegengesetzten Phratrie in
Betracht kommen. Gewöhnlich wird die fortschreitende Beschränkung des
Eheschließungsrechts auf gewisse Gruppen innerhalb des Stammes als ein
216 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Mittel betrachtet, durch das die Verheiratung Blutsverwandter immer mehr
ausgeschlossen werden soll. Das erwähnte Extrem der Beschränkung, die
Gestattung der Eheschließung nur zwischen Angehörigen zweier bestimmter
Totems, bat das Gegenteil zur Folge: das unvermeidbare Ergebnis ist die
Begünstigung von Heiraten zwischen nahen Blutsverwandten, denn die Per-
sonenzahl innerhalb jedes Totems ist gering. Die Stämme, bei denen die
extremste Heiratsbeschränkung besteht, nehmen eine sehr tiefe Kulturstufe
ein, und Lang sieht deshalb die Praktik, wenn auch nicht als ursprünglich,
so doch als eine sehr alte Einrichtung an. Er gibt eine Theorie der Ent-
stehung einer derartigen sozialen Organisation, die er aber selbst nicht für
wahrscheinlich hält: Angenommen, daß örtliche Gruppen mit Tiernamen
existieren, die exogam und einander feindlich sind; sie beschaffen sich ihre
Frauen durch Raub. Da sie notwendigerweise blutsverwandt werden, hört
die Feindschaft auf und es kommen zwischen jedem Paar von Gruppen fried-
liche sexuelle Beziehungen zustande. Eine Reihe paariger Gruppen bildet
den Verband A und nimmt einen gemeinsamen Namen an. Eine andere
Reihe paariger Gruppen macht denselben Prozeß durch und wird zum
Verband B. Daraus, aus den Verbänden oder Phratrien A und B, die aus
mehreren paarigen Gruppen oder Totems bestehen, geht der Stamm hervor,
doch kommen Heiraten nur zwischen je zwei bestimmten Gruppen vor, wie
es ehedem Brauch war. „Das Arrangement ist stupid, aber nicht mehr als
der Brauch der nördlichen Urabunna", bei welchen die Heiratsregel „ein
Totem zu einem Totem u herrscht. — Die Annahme einer vorsätzlichen
Teilung der Stämme in Phratrien und der Phratrien in Totems weist Lang
mit Recht zurück.
Der zweite Teil des Aufsatzes behandelt den „Animismus und die Un-
kenntnis der Zeugung" bei den Arunta, bei den Stämmen in Nord -Queens-
land usw. Spencer und Gillen fanden, daß bei den Arunta die Zugehörig-
keit zu einem Totem nicht erblich ist und daß die Angehörigen eines Totems
untereinander heiraten. Einige Ethnologen hielten dies für die älteste Form
des Totemismus, andere meinten, darin eine dekadente Form zu erkennen.
Lang führt die Endogamie der Totemgruppe wie die Tatsache, daß die Zu-
gehörigkeit zu ihr nicht erblich ist, auf die animis tische Religionsphilosophie
der betreffenden Stämme zurück. Bei den Arunta z. B. besteht der Glaube,
daß am Beginne der Dinge zwei Wesen existierten, welche die Tiere (und
Menschen?) erschufen. Ihre Körper starben ab, doch ihr unsterblicher Geist
hauste fortan in bemalten Steinen, die Churinga genannt werden. Diese
unsterblichen Geister dringen in die Frau und verursachen die Empfängnis,
wenn sie den Ort passiert, wo das Churinga deponiert ist. Daher war jeder
Arunta, im Geiste, von Anfang an da und er kehrt unendlich oft in Menschen-
gestalt wieder; deshalb wird die Zeugung verneint. Bei den Stämmen am
Eyre-See und in Nord - Queensland herrscht ein ähnlicher Glaube. — Der
Glaube an die Reinkarnation und die Unkenntnis des Zeugungs Vorganges
kommen in der beschriebenen Form des Totemismus zum Ausdruck.
FeKUnger- München.
279. Ren ward Brandstetter : Ein Prodromus zu einem vergleichenden
Wörterbuch der malaio - polynesischen Sprachen für Sprach-
forscher und Ethnographen. 74 S. Luzern, E. Haag, 1906.
Es ist ein verdienstliches, auch für die Ethnologie recht ersprießliches
Unternehmen, dessen Plan der auf dem Gebiete der malaiischen Sprach-
forschung schon öfters hervorgetretene Verfasser in der vorliegenden Schrift
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 217
entwickelt. Sie zerfällt in einen theoretischen, praktischen und kritischen
Teil. Im ersten legt der Verfasser neun Gesichtspunkte dar, nach denen er
das beabsichtigte Wörterbuch abzufassen und die einzelnen Artikel zu gliedern
gedenkt. Was das Material anbelangt, so ersehe ich allerdings mit Bedauern,
daß sich Brandstetter im allgemeinen auf zwölf malaiische Sprachen be-
schränken will; es wäre doch äußerst nützlich, sowohl für die Sprach- wie
die Kulturforschung, wenn die polynesischen (ev. auch die melanesischen,
mikronesischen und Papuasprachen) mit herangezogen würden. Wie im
Kawi, dem älteren Bugischen und Malagasy, so dürften sich auch in jenen
vor langer Zeit abgesplitterten Sprachen an der östlichen Peripherie ältere,
wichtige Elemente finden. Der dritte Gesichtspunkt fordert die Ausscheidung
der Lehnwörter; ethnologisch sind sie wichtig, deshalb gibt Brandstetter
mit Recht immer die Herkunft an. Die nächsten Absätze betreffen den Laut-
stand, wobei sich einige recht interessante, auch in europäischen Sprachen
vorkommende Erscheinungen zeigen (wünschenswert wäre dabei eine möglichst
phonetische Transkription), sodann das Herausschälen der Wurzel, die Fest-
stellung der Wortart und die Angabe einiger wichtigerer Ableitungen. Von
ethnologischem Belang sind endlich noch der 8. und 9. Gesichtspunkt: Fest-
stellung der Grundbedeutung, des Wandels und der Übertragung des Sinnes,
sowie die Abgrenzung des Verbreitungsgebietes der Wörter. Im praktischen
Teile werden aus dem auf 2000 Artikel berechneten Wörterbuche 20 auf
Körperteile bezügliche als Proben und zur Erläuterung des theoretischen vor-
geführt. Der kritische Teil behandelt die Einschränkungen, welche die Be-
deutung vieler Wörter bei oder infolge bestimmter Anwendungsweisen
erleidet: in höflicher und höfischer Rede, euphemistisch, grob, im Ärger, im
Scherz, im religiösen Gebrauch, als Tabuwort, dichterisch, bei Spiel und
Tanz usw. Die eingehende Bearbeitung gerade dieser semasiologischen Er-
scheinungen würde dem Völkerkundler natürlich sehr willkommen sein.
Byhan-Hamburg.
280. P. A. Klein titschen: Die Küstenbewohner der Gazellehalbinsel
(Neupommern — deutsche Südsee), ihre Sitten und Gebräuche.
Unter Benutzung der Monatshefte dargestellt M. vielen Abb.
und zwei Karten. Hiitrup, Herz Jesu-Missionshaus, 1907.
Viel ethnologisch Neues enthält das Buch nicht. Aber es bringt eine
anspruchslos gehaltene, dabei im ganzen ziemlioh vollständige Darstellung
der ethnographischen Verhältnisse des Gebietes. Daß der Missionar für die
politischen und moralischen Begriffe der Eingeborenen nicht viel Verständnis
zeigt, sondern da fast nur Anarchie und greuliche Verwilderung sieht, wird
man ihm zu gute halten. Dagegen gibt er über religiöse Dinge, Zauberei
und Geisterglauben einige schätzbare Daten, wie z. B. den Abschnitt über
den Geist Kaia. In den übrigen Kapiteln wird man besonders zu den Ge-
bräuchen des täglichen Lebens, Gewinnung und Zubereitung der Nahrung
eine Anzahl interessanter Ergänzungen finden. Von anderen Angaben möchte
ich das Vorkommen der echten Kegeldachhütte auf der Gazellehalbinsel
(Bild S. 95), sowie des Nischengrabes im Hinterlande von Vunapope hervor-
heben. Auch die Abbildungen sind wenigstens zum Teil nicht neu und
geben nicht immer eine ganz richtige Vorstellung, wie auf S. 262 die
„Baininger Leute a ein Nakanairuder und einen Schild von den Französischen
Inseln führen; der Verfasser ist allerdings an dem Fehler unschuldig, da er
Bild nebst Bezeichnung in den Marien-Monatsheften als Beigabe zu einem
Aufsatz des P. Rascher vorfand. Ähnlich findet sich z. B. auf S. 241 unter
218 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Gegenständen der Gazeliebalbinsel als Nr. 16a ein Brustschmuck, der in
Wirklichkeit ein Schurz von Neu-Guinea ist. Auf der anderen Seite ist auf
S. 57 die bei Schnee fälschlich nach Neu- Hannover versetzte Strandland-
schaft richtig der Gazellehalbinsel zugeschrieben. Fritz Graebner-KÖln.
281. William Churchill: Weather words of Polynesia. Memoire of
the Araer. Anthropol. Association 1907. VoL II, Part 1.
Mehr als 1200 auf das Wetter bezügliche Worte hat Verfasser zu-
sammengestellt. Bas ist an sich ein Beweis für die Bedeutung der Witterungs-
vorgänge in Luft und Meer für die Polynesien Entsprechend findet sich
dann auch eine große Anzahl von meteorologischen Erscheinungen, wie Winde,
Wolken, Niederschläge, in den Sagen mythologisch verkörpert und unter
die frühesten Urahnen in den polynesischen Stammbäumen eingereiht, von
denen Churchill einen von ihm selbst auf Samoa aufgezeichneten hier ver-
öffentlicht. Nicht sehr glücklich ist die alphabetische Anordnung der Worte
innerhalb der einzelnen Kapitel: Wolken, Niederschläge, Winde, Temperatur,
optische Erscheinungen, Gewitter und Varia. Sachliche Anordnung bis ins
einzelne hätte die Zusammenhänge und selbst die Bedeutungs Wandlungen
von etymologisch verwandten Worten besser hervortreten, die Komplexe ver-
wandter Vorstellungen klarer übersehen lassen. Interessant ist, daß Churchill
aus dem Zusammenhange der Worte für Hitze und für Bequemlichkeit, An-
nehmlichkeit auf eine Urheimat der Polynesier mit gemäßigtem oder kaltem
Klima schließen möohte, im Gegensatz zu P. Smith. Trotzdem ihm manche
ethnologischen Tatsachen eine Stütze gewähren könnten, ist seine Beweis-
führung hierbei vielleicht doch ebenso wenig unangreifbar wie im Schluß-
abschnitt seine Behauptung, daß den Polynesiern der Sinn für die eigent-
lichen Himmelserscheinungen abgehe. F. Graebner-Köln a. Bh.
282. V. Giuffrida-Ruggeri: I crani egiziani del Museo civico di
Milano. Archivio per l'antropol. e la etnoL 1907. Vol. XXXVII,
p. 399-410; 2 Taf.
Von 159 altägyptischen Schädeln gehörte nach des Verfassers Klassi-
fikation die überwiegende Mehrzahl, 142, zum „Typus mediterraneus u ;
6 waren „negroid", 9 gehörten zum „Typus eurasicus" (5 sphenoidei, 1 platy-
cephalus, 1 sphaeroides, 1 zwischen sphenoides und sphaeroides, 1 unbestimmt);
dazu kommen 2 „cuboidei aberranti tt , welche Verfasser, wie er des genaueren
ausführt, für Vertreter einer den heutigen Buschmännern verwandten Kasse
zu halten geneigt ist. — Für denjenigen, welcher mit Interesse die An-
wendungen der tassonomischen Methode verfolgt, ist das Zugeständnis eines
so erfahrenen Kraniologen, wie es Giuffrida-Ruggeri ist, von Wert, daß
ihn neuere Erfahrungen zu der Erkenntnis geführt haben, daß außer den
vier klassischen kurzen Formen : sphenoides, sphaeroides, cuboides und platy-
oephalus, in Europa und Asien noch viele andere, nicht in diese Klassifikation
passende Formen vorkommen. P. Bartels-Berlin.
283. 0. Couvy: Notes anthropometriques sur quelques raees da
territoire militaire du Tchad. L' Anthropologie 1907. Tome
XVHI, p. 549-582.
Wie schon die Abbildungen zeigen und wie auch durch frühere Be-
schreibungen bekannt war, bilden die Völker um den Tschadsee verschiedene
Abstufungen einer Bassenmischung zwischen der schwarzen (H. niger) und
der Mittelmeerrasse (H. mediterraneus). Je nachdem das Blut der einen
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 219
oder der anderen vorwiegt, nehmen sie leiblich und geistig eine höhere oder
niedrigere Stellung ein. Der Verfasser hat seine Stellung als Militärarzt
benutzt, um an 245 erwachsenen Männern der verschiedenen Stämme, Saras,
Sokoros, Budumas, Bulalas und Wadaier, genaue Körpermessungen und
Farbenbestimmungen vorzunehmen. Am höchsten unter diesen Völkern stehen
die Wadaier, am tiefsten die Saras. Die Haut ist im allgemeinen dunkel,
manchmal aber auch ziemlich aufgehellt; dem plattnasigen Negergesicht stehen
auch edlere Bildungen mit höheren und feineren Nasen gegenüber. Auch die
Haare sind nioht wollig, sondern meist nur lockig. Die Schädelgestalt ist
im allgemeinen eine längliche, den beiden langköpfigen Stammrassen ent-
sprechend; rundliche Köpfe sind selten, der Index schwankt zwischen 71 und
83. Der Wuchs ist ziemlich hooh, zwischen 1,65 und 1,76, verdankt aber
im Gegensatz zu den Europäern seine Größe hauptsächlich den verhältnis-
mäßig langen Beinen. Ludwig Wilser-Heidelberg.
284. F. von Luschan: The raoial afflnities of the Hottentots. Report
of the British and South African Associat. 1905. Vol. III, p. 1 — 8,
m. Taf. V— XIV. London 1907.
In Afrika lassen sich, wenn man von den Angehörigen der mediterranen
Rasse, den Arabern, Europäern und sonstigen Einwanderern, desgleichen von
den Buschmännern und Pygmäen absieht, drei große Gruppen unterscheiden:
die Bantu-,.die Hamiten- und Sudan-Familie. Die jüngsten Sprachforschungen
haben uns in der Kenntnis des Völkergemisches im schwarzen Erdteil ein
gut Stück weiter gebracht, wie Verfasser an einigen Beispielen zeigt. Er
beschäftigt sich sodann näher mit der hamitischen Gruppe, zu der er auch
die Hottentotten stellt.
Ein grammatikalisches Genus besitzen von den Sprachen nur das Semi-
tische, Hamitische und Indogermanische, nicht jedoch die Bantu- Sprachen.
Daher wird man, wenn man diese Spracheigentümlichkeit bei Negerstämmen
vorfindet, hamitischen (semitischen) Einfluß anzunehmen haben. Das Hotten-
tottische besitzt nun ein grammatikalisches Genus. »Außerdem besitzt diese
Sprache ganz identische Geschlechtssuffixe, wie das Altägyptische, die Bedja-
Sprache u. a. m. Mit der Masai- Sprache bietet das Hottentottische insofern
auch Ähnlichkeit, als hier wie dort das grammatikalische Geschlecht zur Unter-
scheidung starker und großer Dinge von schwachen und kleinen dient. Aus
diesem Verhalten folgert Verfasser nun, daß die Sprache der Hottentotten
hamitischen Ursprunges sein muß. Das somatische Verhalten dieses Volks-
stammes bestätigt die gleiche Abkunft, wenngleich dieselbe durch Vermischung
mit den Buschmännern einen großen Teil seiner ursprünglichen hamitischen
Eigenschaften (unter anderen Körperlänge, große Scbädelkapazit) eingebüßt,
dafür aber spiraliges Haar und Steatopygie von diesen angenommen bat. Im
Gegensatz zu den die Jagd betreibenden Buschmännern haben die Hotten-
totten ihre ursprüngliche Lebensweise der Viehzüchter beibehalten.
Eine Serie wohl gelungener, instruktiver Hamiten typen ist dem Aufsatz
beigegeben. Btischan- Stettin.
285. E. T. Uamy: Deux cränes de Qualolos (Zambezia). Bull, et
mem. Soc. d'anthropol. de Paris 1907. Tome VIII, p. 271—272.
Mitteilung der wichtigsten Maße zweier weiblicher Schädel der Alolos
oder Qua-Lolos genannten Negergruppe von Cundine und Naqnexa (Zambezia,
Mosambik). Horizontalumfang 491, gr. Länge 176, gr. Br. 130, Höhe 130,
gr. Stirndurchmesser 1 10, kl. 93, L.-R-Index 73,8, Gesichtsindex 68,3, Orbital-
220 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
lindex 81,5, Nasenindex 64,2. — Ein Vergleich mit den von Hamy früher
gemessenen Schädeln ans Mosambik zeigt große Ähnlichkeit hinsichtlich der
Durchmesser und Indices. Buschan- Stettin.
286. Walter Hough: The Pulque of Mexico. Prooeed. U. St. Nation.
Museum (Washington) 1908, Vol. XXXIII, p. 577—592.
Pulque ist ein ans dem Safte der Agave durch Garung gewonnenes
Getränk, dessen Erzeugung sich ausschließlich auf Mexiko beschränkt. Aus
der vom Verfasser gegebenen interessanten Schilderung des Herstellungs-
verfahrens, das er an Ort und Stelle kennen lernte, führen wir nur folgendes
an. Ein Jahr vor der zu erwartenden Blüte der Agave wird die Pflanze nach
einer vorbereitenden Operation, capar genannt, seiner inneren noch unent-
wickelten Blätter, des sogenannten Herzens, beraubt, so daß in seinem Innern
eine Höhle entsteht, in welcher sich der aufsteigende Saft ansammeln kann.
Ein Jahr später wird mittels eines eigenartigen (siphonähnlichen) Werkzeuges
der Saft aufgesogen und in Säcke aus Fell gefüllt, die in ihrer Form den
auf der Balkanhalbinsel zum Überschwimmen von Flüssen heutigentags noch
üblichen Flößen aus einer Tierhaut gleichen. Drei Monate lang kann das
Einsammeln des Saftes an der Pflanze fortgesetzt werden, dann stirbt sie ab.
Aus einem großen Exemplar pflegen 45 Gallonen gewonnen zu werden. Zu
dem Safte wird ein Hefeferment in Form kleiner Körnchen, semilla genannt,
zugesetzt. Die bereits nach drei Stunden fertige Pulque stellt, eine trübe
weißliche Flüssigkeit vom Geschmack sehr alter saurer Milch dar. Seine
Znsammensetzung ist 1,26 Proz. albuminoide Substanzen, Gummi und Harz,
0,82 Proz. Zucker, 0,22 Proz. Salze, 3,68 Proz. Alkohol und 94,02 Wasser
und Gas. Pulque, das Nationalgetränk der Eingeborenen Mexikos, spielt in
der Folklore und in gewissen Gebräuchen eine große Rolle.
Der Aufsatz ist reich illustriert durch Darstellungen der verschiedenen
Manipulationen bei der Saftgewinnung, der dazu sowie zur Gärung und Auf-
bewahrung erforderlichen Geräte. Buschan- Stettin.
287. Henry Pittier de Fabrega : Ethnographie and lingnistic notes
on the Paez Indians of Tierra Adentro, Cauca, Colombia.
Memoire of the Amer. Anthropol. Assoc. 1907. Vol. I, p. 301
—356.
Die vorliegende Arbeit besteht aus zwei Abschnitten von verschiedenem
Wert; der erste ist ethnographisch, der zweite linguistisch. Eine kurze voraus-
geschickte Einleitung beginnt mit einem Satz, der zugleich den ethnographischen
Teil der Abhandlung charakterisiert: „Über die Ethnologie der Eingeborenen
der westlichen und mittleren Kordilleren Colombias und des dazwischenliegenden
breiten Caucatales ist sehr wenig bekannt. Die alten Geschichtsschreiber und
Chronisten haben nur lange Listen von mehr oder weniger wirren Stammes-
namen hinterlassen, Hand in Hand mit der Erzählung eines langen Ausrottungs-
krieges, den die Conquistadoren mit Gewissenlosigkeit und selbstsüchtiger Grau-
samkeit geführt haben. u Diese Sätze beweisen, daß der Verfasser jene alten
Geschichtsschreiber und Chronisten gar nicht kennt. Der Referent muß im
Gegensatz zum Verfasser feststellen, daß das Caucatal zu denjenigen Teilen
Amerikas gehört, über welche wir die besten ältesten ethnographischen Nach-
richten haben. Die Kapitel IX bis XXXVII seiner Crönica, in denen Cieza
de Leon die Völkerkunde des Caucatales vor uns aufrollt, gehören zu den
interessantesten Abschnitten der ganzen Literatur der Conquista. Die drei
langen Berichte von Sardella und Jorge Robledo in Bd. II und III der
A. Referate. Urgeschichte. 221
Dooumentos Inäditos del Archivo de Indias stehen an Wert kaum hinter
Cieza de Leon zurück. Dazu kommen wichtige Angaben bei Castellanos
in seinen „Elegias", bei Simon und Herr er a. Selbst fernerstebende Doku-
mente wie die „Relaciones Geograficas de Indias" liefern Beitrage zur Ethno-
graphie des Caucatales. Hätte der Verfasser wenigstens das „Ensayo Etno-
grafico y Arqueolögico de la Provincia de los Quimbayas" von Restrepo
Tirado oder die „Geografia fisica y politica" von Felipe P6rez zu Rate ge-
zogen, dann würde er manchen Hinweis gefunden haben.
Dies muß beim Studium des ethnographischen Teiles der Arbeit im Auge
behalten werden. Fast jeder seiner Unterabschnitte, die zum Teil durch
Quellen zweiter Hand, wie Manuel Rodriguez und filisee Reclus ge-
stützt werden, leiden unter dieser Nichtheranziehung der alten guten Chro-
nisten. Trotzdem ist auch dieser Teil in vieler Hinsicht sehr wertvoll. Da
ist besonders in Abbildungen und Beschreibung die „Piedra de los sacrificios"
mit ihren Petroglyphen. Diese Felsenzeichnungeu erinnern in mancher Hin-
sicht an die, welche uns R. Brown aus Britisch Guayana übermittelt hat.
Interessant ist ferner die Beschreibung der sogenannten „ Pianos de indios",
künstlich hergestellter, durch eine Art von Graben befestigter Plattformen,
auf denen die Vorfahren der Paeces der Sicherheit wegen ihre Ansiedelungen
zu bauen pflegten. Höchst dankenswert ist auch die Beigabe von vier wunder-
schönen Abbildungen von Brücken, die im Text näher beschrieben werden.
Diese Angaben sind deswegen besonders wertvoll, weil wir aus den oben an-
geführten alten Chronisten die Bewohner des Caucatales als vorzügliche Brücken-
bauer kennen, und weil diese Brücken offenbar im allgemeinen die Form aus
der Zeit der Entdeckung bewahrt haben. Der zweite, sprachliche Abschnitt
der Arbeit von Pittier de Fabrega bildet eine verdienstvolle Ergänzung
der alten linguistischen Abhandlung von Castillo y Orozco über die Paez-
Indianer. Hat auch der Verfasser wegen mangelnder Zeit und ablehnender
Haltung der Indianer nicht allzu tief in die Sprache eindringen können, so
ist doch sein Beitrag auf diesem Gebiete, auf welchem noch so wenig getan
ist, von der größten Wichtigkeit. Erwünscht wäre es vielleicht gewesen, wenn
der Verfasser zu der Frage Stellung genommen hätte, ob die Sprache der
Paeces zum Sprachstamme der Chibchas gehört oder, wie Brinton meint,
mit den Paniquita und anderen eine besondere Gruppe bildet.
Georg Friederici-Dorlisheitn.
IV. Urgeschichte.
Allgemeines.
288. Robert Forrer: Reallexikon der prähistorischen, klassischen
und frühchristlichen Altertümer. VIII, 940 S. M. 3000 Abb.
Berlin und Stuttgart, W. Spemann, 1908. Gr. 8°.
Ein Reallexikon der Vor- und Frühgeschichte! Welcher Altertums-
forscher hätte sich dies nicht schon lange gewünscht? Wie viel zeitraubendes
Suchen und Nachschlagen in bändereichen Zeitschriften und oft schwer zu-
gänglichen Werken könnte dadurch vermieden werden! Referent hat vor
Jahren den Plan eines solchen Lexikons mit einigen Facbgenossen erörtert.
Man war darin einig, daß er nur durch die gemeinsame Arbeit eines Stabes
von Prähistorikern , natürlich unter einheitlicher Leitung, ins Werk gesetzt
werden könnte, wie dies bei den gleichartigen Publikationen auf anderen
Wissensgebieten fast ausnahmslos geschehen ist und hier um so notwendiger
222 A. Referate. Urgeschichte.
schien, als bei dem Mangel geeigneter Vorarbeiten sozusagen alles von Grund
aus aufzubauen war.
Man muß daher den Mut des Straßburger Privatgelehrten bewundern,
der es unternommen hat, ein Wörterbuch dieser Art ganz aus eigener Kraft
herauszugeben. Es präsentiert sich äußerlioh al9 ein stattlicher Band in
Lexikonformat mit reichlichen, dabei meist vortrefflichen Abbildungen,
welche großenteils eigens für diesen Zweck angefertigt worden sind« Es
beschränkt sich aber nicht auf die Prähistorie, sondern zieht auch die
griechischen und römischen, ja selbst die ägyptischen und assyrischen
Altertümer sowie auch die frühchristlichen heran, weil, wie der Verfasser
in der Einleitung auseinandersetzt, „gerade heute die verschiedenen seit-
lichen und örtlichen Gebiete mehr als je zuvor keine strenge Abgrenzung
mehr vertragen, immer mehr in ein großes einheitliches Ganzes zusammen-
fließen u . Das klingt — von der seltsamen Satzbildung abgesehen — recht
einleuchtend, aber mit demselben Rechte könnte man noch alles mögliche
andere, was in irgend einem Zusammenhange für die vorgeschichtliche
Forschung wichtig werden kann, z. B. das weite Feld der Ethnographie, in
das Wörterbuch aufnehmen. Jedenfalls wird das Buch durch die überaus
zahlreichen Artikel mythologischen, kunstgesohichtlichen und ikonographischen
Inhalts unverhältnismäßig stark belastet. Ein Bedürfnis dafür lag wenigstens
auf wissenschaftlicher Seite gewiß nicht vor, denn für diese Materien gibt es
der Nachschlagewerke gerade genug.
Auf der anderen Seite vermißt man große Stoffgruppen, die in einem
prähistorischen Handbuche nicht fehlen dürften. Wenn die orientalischen
und klassischen Götter, Halbgötter und Heroen gewissenhaft aufgezählt
werden, so sollte doch auch für die gallischen und germanischen Gottheiten
ein Plätzchen übrig sein, zumal da diese auf erhaltenen Bildwerken — man
denke z. B. an die Cernunnosdarstellungen auf gallischen und dänischen
Metallarbeiten und an die Odinsbilder auf Goldbrakteaten — gar nicht selten
vorkommen. Die vorgeschichtliche Stammeskunde hat der Verfasser grund-
sätzlich ausgeschlossen Wenn aber gewisse Altertüraergruppen ihr eigen-
tümliches Gepräge nachgewiesenermaßen einem bestimmten Volke verdanken,
wie es unter anderem bei den skythischen und manchen germanischen der
Völkerwanderungszeit der Fall ist, so erwartet man, einen Hinweis darauf
unter dem Stichwort des betreffenden Völkerstammes zu finden, geradeso, wie
ja auch von hitti tischen Denkmälern, von etruskischer Kunst, keltischem
Stil usw. in diesem Sinne die Rede ist.
Eine gewisse Ifngleicbmäßigkeit macht sich auch in der Behandlung
der einzelnen Artikel bemerkbar, je nachdem sie dem Interessenkreise des
Verfassers näher oder ferner liegen. Der Artikel „Clavus" umfaßt (mit
Abbildungen) nicht weniger als 11 Seiten, der über den Aunjetitzer Typus
ganze 9 Zeilen. Den „Statuen" sind über 18 Seiten eingeräumt, den Gesichts-
urnen 12 Zeilen, ohne eine einzige Abbildung, ohne Literaturangabe, ja
selbst ohne Erwähnung ihres norddeutschen Verbreitungsbezirkes. Wichtige
Begriffe besonders aus der ostdeutschen und der nordischen Archäologie, wie
die Ausdrücke Megalithkeramik, Kugelamphoren, ösennadeln, Noppenringe,
Seelenlocb, Votivfunde, Tierornamentik, sind gar nicht behandelt. Ahnlich
steht es mit der Erwähnung von Fundorten: von süd westdeutschen sind oft
recht unbedeutende genannt und manche ausführlich geschildert, während
nord- und osteuropäische von fundamentaler Bedeutung mit Stillschweigen
übergangen sind. Literaturangaben sind bald gemacht, bald weggelassen.
Ein Prinzip habe ich dabei nicht erkennen können. Und doch glaube ich,
A. Referate. Urgeschichte. 223
daß bei einem solchen Nachschlagewerke gerade dieser Pnnkt die aller-
sorgfältigste Berücksichtigung verdient.
Die angedeuteten Mängel ergeben sioh aus der Unmöglichkeit für einen
Einzelnen, das weite Feld der prähistorischen Forschung gleichmäßig zu be-
herrschen. Davon abgesehen wird man der von Forrer geleisteten Arbeit
seine Anerkennung nicht versagen können. Zum ersten Male ist hier ein
gewaltiges Material in eine bequeme Übersicht gebracht und in knapper an-
sprechender Form verarbeitet. Wenn auch der Wert der einzelnen Artikel
naturgemäß recht verschieden ist und der Spezialforscher manchen Anlaß zu
Berichtigungen und Ergänzungen finden wird, so ist doch im großen und
ganzen der neueste Stand der Forschung berücksichtigt und zweifelhaften
Fragen gegenüber eine vorsichtige Zurückhaltung beobachtet. Das hindert
nicht, daß der Verfasser die Ergebnisse seiner eigenen Forschungen und seine
persönliche Ansicht bei jeder Gelegenheit stark in den Vordergrund stellt.
Er rechtfertigt diesen „persönlichen Stil" im Vorwort nicht ohne Selbst-
gefälligkeit mit seiner reichen und vielseitigen Erfahrung, die ihn auch ver-
anlaßt habe, von der Heranziehung von Mitarbeitern abzusehen und das ganze
auf seine eigenen Schultern zu nehmen.
Alles in allem ist das Buch wohl geeignet, einem unzweifelhaft vor-
handenen Bedürfnis entgegenzukommen und der Altertumsforschung neue
Freunde zu gewinnen. Viel wird dazu die in jeder Hinsicht ausgezeichnete
Ausstattung beitragen, für die man außer dem Verfasser auch dem Verleger
dankbar sein muß. Wenn einmal eine zweite Auflage nötig werden sollte,
so wird sich Gelegenheit bieten, die jetzt noch vorhandenen Lücken aus-
zufüllen und die bei einem ersten Versuche unvermeidlichen Unebenheiten zu
beseitigen. H. Seger-Breslau.
289. Julie Schlemm: Wörterbuch zur Torgeschichte. Ein Hilfs-
mittel beim Studium vorgeschichtlicher Altertümer von der
paläolithischen Zeit bis zum Anfange der provinzial- römischen
Kultur. XVI, 688 S. M. nahezu 2000 Abbildungen. Berlin,
Dietrich Reimer (Ernst Vohsen), 19Ö8.
Einen ganz anderen Charakter, wie das eben besprochene, hat das
Wörterbuch von Julie Schlemm, der verdienstvollen Mitarbeiterin an der
prähistorischen Typenkarte. Zunächst beschränkt es sich auf die Vor-
geschichte im engeren Sinne. Es zieht ferner in erster Linie das deutsche
und vorzugsweise das nord- und mitteldeutsche Fundgebiet in Betracht,
während die Länder des klassischen Kulturkreises verhältnismäßig kurz weg-
kommen und beispielsweise die Begriffe Dipylonstil, my kenisch, prämykenisch
und was damit zusammenhängt, überhaupt nicht erörtert werden. Insofern
könnte man darin eine Ergänzung des Forrer sehen Werkes begrüßen, in
welchem ja gerade das umgekehrte Verhältnis herrscht. Aber der Unter-
schied erstreckt sich auch auf die ganze Anlage, ja sogar auf den Zweck der
beiden Publikationen, indem es Forrer mehr auf Sacherklärungen, Julie
Schlemm dagegen auf Wort erklär ungen abgesehen hat.
Im Vorwort erzählt sie, wie das Buch entstanden ist. Bei der Lektüre
der Berichte und Abhandlungen über prähistorische Funde, beim Hören von
Vorträgen und bei Gesprächen mit Fachgelelirten drängten sich ihr in Fülle
Ausdrücke auf, die sie zunächst nicht verstand, wie S. Lucia- Fibel, Brano-
witzer Becher, Langdysser, Schalensteine, Wendelring u. dgl. mehr. Die
empfangenen Belehrungen sammelte sie auf Notizblättern, und weil sie annahm,
daß andere bei der Beschäftigung mit vorgeschichtlichen Altertümern mit
224 A. Referate. Urgeschichte.
denselben Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, beschloß sie, durch Veröffent-
lichung ihrer Notizen diesen Leidensgenossen einen Dienst zu erweisen.
Zugleich sollte durch Zusammenstellung der weit zerstreuten Literatur das
mühselige Suchen des Vergleichsmaterials erspart und dadurch auch dem
Fachmanne die Arbeit erleichtert werden.
Diese Entstehungsgeschichte muß man kennen, um die mitunter etwas
befremdliche Wahl der für die alphabetische Reihenfolge verwendeten Stich-
wörter zu begreifen. Als Überschriften dienen Fachautdrücke, die entweder
in der Literatur schon vorhanden waren oder von der Verfasserin ad hoc
geprägt worden sind. Leider hat sie dabei die selbstverständliche Forderung
außer acht gelassen, daß in einem solchen Nachschlagewerke das Stichwort
die Begriffsbestimmung des Gegenstandes enthalten soll. Geeignet dazu ist
entweder eine konventionelle Bezeichnung! z. B. ösennadel oder der über-
geordnete Gattungsbegriff: Bronzenadel, nicht aber ein so allgemeines und
deshalb nichtssagendes Epitheton wie durchbohrt, massiv, zugespitzt,
profiliert, umgekehrt kegelförmig (!), rhombisch, viereckig, zungen-
förmig, geschweift usw. Wer wird darauf verfallen, die bekannten ge-
triebenen Bronzetassen der Hallstattzeit unter T als „Tiefe getriebene
Metallschalen u zu suchen, oder die halbkugeligen Bronsebecken derselben
Periode unter R als „Bronzegefäße mit rundem (!) Boden*? — Zwar wird der
Ü beistand durch ein nach Gattungsbegriffen geordnetes Register einigermaßen
ausgeglichen, aber in einem „Wort er buche" müßte man sich auch ohne
Register zurechtfinden können.
Auf die Übersicht folgt eine meist recht überflüssige Rubrik mit der
Erwähnung synonymer Bezeichnungen. Wenn gesagt wird, daß Steinzeit-
gräber auch Steinaltergräber, oder Lanzenspitzen von Feuerstein auch Speer-
spitzen von Stein genannt werden, so ist das doch die reine Papierverschwen-
dung. Daran schließt sich eine mehr oder weniger gelungene Beschreibung
des Gegenstandes. Der Ausdruck ist oft unbeholfen. Auch fehlt es nicht
an grammatischen Verstößen (vgl. z. B. S. 82 unten) und sachlichen Miß-
verständnissen besonders auf technischem Gebiet. Naiv sind Sätze wie der
folgende (S. 165): „Nach Nilson kann man eine ebenso große Geschicklich-
keit im Zurechtschlagen von Feuersteingeräten erlangen, wie der Steinzeit-
mensch, wenn man sich hinreichend lange darin übt."
Die Literaturnachweise beanspruchen einen breiten Raum, gewiß mehr
als die Hälfte des Textes. Die Verfasserin hat sich anscheinend bestrebt,
alle Stellen zu zitieren, wo der betreffende Typus abgebildet oder erwähnt
ist. Ein vergebliches Bemühen, da es sich zumeist um weit verbreitete und
häufig vorkommende Dinge handelt. Richtiger wäre es gewesen, die Angaben
auf solche Arbeiten zu beschränken, wo man eingehendere Belehrung über
den Gegenstand findet. Aber gerade da versagt ihre Literaturkenntnis nicht
selten. So fehlt bei den Artikeln „Lanzenspitzen aus Feuerstein" und
„ Feuersteindolche u die grundlegende Abhandlung von Sophus Müller in den
Nordiske Fortidsminder, bei „Ohr schmuck" die von Hadaczek, bei „Kessel-
wagen 1 * die von Blinkenberg in den Aar böger und Memoires, bei den
Mäanderurnen (hier komischerweise als Punktgefäße bezeichnet) die von
Kos sin na (über ostgermanische Lanzen spitzen) u. dgl. m. Manche wichtige
Zeitschriften sind gar nicht, andere nur ausnahmsweise herangezogen.
Trotz seiner offenkundigen Schwächen gilt doch auch von diesem Buche
der Satz, daß man daraus lernen kann, und ich zweifle nicht, daß es vielen
Lesern willkommen sein wird. Sympathisch berührt die Bescheidenheit,
womit die Verfasserin im Vorwort über ihre Arbeit urteilt. Die beigefügten
A. Referate. Urgeschichte. 225
Abbildungen sind von ihr selbst, größtenteils wohl nach älteren Veröffent-
lichungen, gezeichnet worden. Zur Veranschaulich ung der Typen genügen sie.
H. Seger-Breslau.
290. 0. Schrader: Sprachvergleichung und Urgeschichte. lin-
guistisch-historische Beiträge zur Erforschung des indogerma-
nischen Altertums. I. Bd. XII u. 235 S.; II. Bd. 559 S. 3. neu-
bearbeitete Auflage. Jena, Hermann Costenoble, 1907.
Otto Schraders Werk „Sprachvergleichung und Urgeschichte"
begegnete in den ersten Jahren nach seinem Erscheinen einer durchweg
günstigen Aufnahme, weil es damals keine wissenschaftlich geschulten Be-
urteiler gab, die dieses ganze, große Stoffgebiet annähernd übersahen und
sich die Mühe einer eingehenden, auch kritischen Versenkung in diesen
Wissenszweig nahmen. Als dies später der Fall wurde, erlebte Schraders
Werk durch v. Bradke, den Referenten, P. Kretschmer u. a. eine so
unangenehme Beleuchtung, daß die „linguistische Paläontologie" fortan für
eine abgetane Sache galt — wenigstens in der Art des Seh rader sehen Be-
triebes. Das sieht Schrader nachgerade selbst ein: er verfehmt darum den
früher so schmeichlerisch und stolz klingenden Namen der linguistischen
Paläontologie, die er selbst für endgültig tot erklärt, und stellt nun die als
Phönix aus der Asche jener Toten neugeborene „indogermanische Altertums-
kunde" dem Publikum als seine Fachwissenschaft vor: eine Vereinigung von
Archäologie, geschichtlicher Altertumskunde, Sittenkunde und Sprachforschung.
Die neue Auflage zeigt im ersten Teile eine trotz der neuerdings so
stark anschwellenden Literatur gegen früher gekürzte Skizze der Geschichte,
dagegen eine ausführlichere Darlegung der Methode der linguistisch-histo-
rischen Wissenschaft und ihres Verhältnisses zur Sachforschung. Wichtig
ist hier die Aufstellung, daß ein Wort in denjenigen Fällen als „indo-
germanisch" zu gelten habe, wo es wenigstens 1. in einer arischen und in
einer europäischen; 2. in einer nord- und in einer südeuropäischen Sprache ;
3. im Griechischen und Lateinischen nachgewiesen werden kann: eine Auf-
stellung, die in allen drei Punkten an Willkür und Grundlosigkeit nichts zu
wünschen übrig läßt und namentlich im letzten Punkte offenbar lediglich zur
Unterstützung der Sehr ad er sehen Urheimatsthese geschaffen worden ist
Im zweiten Teil des Buches ist der erste Abschnitt den Metallen
gewidmet, die ja mit der Kultur des indogermanischen Urvolks fast nur in
negativer Weise verknüpft sind. Die Sehr ad er sehe Darstellung erscheint
hier besonders oberflächlich und seicht und bietet jedenfalls den Sachforschern,
den Archäologen, nichts von Belang.
Der Schwerpunkt des Werkes liegt im zweiten Abschnitt des zweiten
Teiles, der die systematische Darstellung der indogermanischen Urzeit bringt,
nach folgenden Gesichtspunkten: Tierwelt, Haustiere, insbesondere Wald-
bäume, Speise und Trank, Ackerbau und Viehzucht, Handel und Wandel,
Familie, Recht, Religion, Urheimat. Da Schrader jetzt für die Urheimat
weder den Bestand der mitteleuropäischen Waldbäume noch den Pflugbau
mehr leugnen kann, so sucht er sich mit der Annahme eines Doppelvolkes
im Norden des Schwarzen Meeres zu helfen. Die Weststämme, d. h. die
späteren Europäer, saßen nicht mehr in der Steppe, sondern im Waldlande
und trieben Rind- und Schweinezucht, sowie ansehnlichen Pflugbau und
erfreuten sich des Salzgenusses; dagegen die Oststämme, die späteren Arier,
lebten nach wie vor in der Steppe, trieben Rindvieh zucht , kannten aber den
Ackerbau nur in geringem Maße. Mit dieser Neuerung hätte Schrader auf
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. ] 5
226 A. Referate. Urgeschiohte.
den Gedanken des Aufbaues einer einheitlichen Kultur des Urvolks natürlich
verzichten müssen. Allein diese Notwendigkeit merkt er ebenso wenig, wie
den Widerspruch, in den er sich mit jener Urspaltung zu den Ergebnissen
seiner eigenen Wissenschaft, der Sprachforschung, stellt. Ich kann hier leider
nicht näher darauf eingehen, gedenke das aber an anderem Orte ausgiebig
nachzuholen.
Was Schrader gegen den ihm sehr fatalen Anteil sagt, den jetzt die
Archäologie mit ihrer Fülle zuverlässiger Mittel ander Entscheidung dieser
Fragen hat, ist ebenso wenig ernst zu nehmen, wie die von ihm zu Hilfe
gerufenen Stimmen anderer durch Sachkenntnis nicht im geringsten irre
gemachter Gegner der Archäologie. Alle diese Einwürfe, namentlich die
gegen meine Methode und Ergebnisse, bedeuten einfach gar nichts, da sie
nur auf den Kenntnissen beruhen, die diese oder jene Eselsbrücke aus dem
Gebiete der Prähistorie den Nichtarchäologen vermittelt hat, womit die Not-
wendigkeiten ebenso wie die Unmöglichkeiten siedlungs- archäologischer Auf-
fassungen natürlich nioht begriffen werden können. Das Verständnis ist hier
allein demjenigen vorbehalten, der das volle archäologische Material beherrscht
Schraders letztes, vielleicht witzig sein sollendes Wort über die Archäologie
ist: „Töpfe dürften denn doch noch zerbrechlicher als Köpfe sein".
Wenn aber die Anthropologen nach dieser Stilprobe meinen sollten, daß
sie bei diesem hervorragenden Sachforscher und Sachkenner besser weg
kämen, so möchte ich nur noch mitteilen, daß Schrader es mit jener längst
abgetanen, neuerdings von Ny ström wieder aufgewärmten Fehlansicht hält,
als seien Lang- und Kurzköpfigkeit Eigenschaften, die je nach der Boden-
beschaffenheit und der menschlichen Beschäftigungsart veränderlich seien.
Natürlich, denn das hilft ihm über alle anthropologischen Studien hinweg und
er kann aus der Tiefe der Sachkenntnis heraus spotten: „Die Indogermanen
sind von Nordeuropa ausgegangen; warum? Weil sie dolichokephal , blond
und groß waren. Warum waren sie das? Weil sie von Nordeuropa aus-
gegangen sind".
Ernst gesprochen, es ist beschämend für die deutsche Wissenschaft, daß
ein Gelehrter, der auf sein eigenes Fach etwas hält, mit der unschuldigsten
Miene echter Biederkeit sich auf solche Raubzüge in Gebiete begeben kann,
wo er nach Ausweis seiner Leistungen sich völlig fremd fühlen muß.
Und solch ein Mann glaubt, bei den Vertretern der Ansicht von der
mitteleuropäischen Herkunft der Indogermanen einen verwerflichen Chauvinis-
mus als wahre Triebfeder für die Bildung ihrer Meinung aufdecken und sie
somit wissenschaftlicher Unredlichkeit öffentlich zeihen zu können. Von sich
selbst aber hat er die naive Überzeugung, daß er mit seinem Buche die
Gebiete im Norden und Westen des Schwarzen Meeres nicht nur als Aus-
gangsländer, sondern auch als Wiege der Indogermanen erwiesen habe und
letzteres aus paläogeographischen, anthropologischen (!), prähistorischen (!) und
„glottogonischen" Gesichtspunkten. Lassen wir ihn bei diesem beseligenden
Glauben.
Das Interesse der Wissenschaft aber erfordert es aufs dringendste, daß
wir auf indogermanischem Gebiete nicht fortwährend nur mit einem Neu-
aufguß der abgestandenen Ansichten des unrettbar veralteten Schrader scheu
Buches getränkt werden, sondern daß unter seinen sprachforschenden Fach-
genossen, d. h. solchen, die nicht bloß kompilatorisch arbeiten, wie Schrader,
sondern wirkliche Spezialstudien auf dem Gebiete der geschichtlichen Sach-
forschung gemacht haben — ich nenne in erster Linie Meringer in Graz —
sich möglichst viele finden, die baldigst als energische Konkurrenten Schraders
A. Referate. Urgeschichte. 227
auftreten. Dann erst werden wir ans dem alten Elend der „linguistischen
Paläontologie" herauskommen. Prof. Dr. Gustaf Eossinna-BerUn.
291. Richard Andree: Ethnologische Betrachtungen über Hocker-
bestattiuig. Mit 2 Tafeln. Archiv f. Anthropol. 1907. K F.
Bd. VI, Heft 4, S. 282—307.
Der Wert ethnographischer Parallelen für die Erklärung prähistorischer
Verhältnisse ist oft genug ausgesprochen, mitunter auch übertrieben worden.
Nirgends aber tritt er augenfälliger zutage als bei den Bestattungsgebräuchen.
Wir würden schlechterdings außerstande sein, die Bedeutung der viel-
gestaltigen und oft so seltsamen Verfahren zu erraten, nach denen man in
der Vorzeit die Leichen behandelt hat, wenn uns nicht die gleichartigen
Sitten heutiger Naturvölker den Schlüssel zum Verständnis lieferten. Es sei
nur daran erinnert, daß z. B. die Leichenverbrennung jetzt ziemlich all-
gemein auf die bei amerikanischen Stämmen nachgewiesene Vorstellung
zurückgeführt wird, wonach durch das Feuer die Seele vom Körper befreit
und zum Fortleben befähigt werden sollte.
Viel umstritten ist dagegen die Deutung der sogenannten Hockerlage
der Toten in Gräbern, besonders der jüngeren Steinzeit. Auch hier hat man
zwar gelegentlich auf Parallelerscheinungen in der Gegenwart hingewiesen.
Aber erst Andree blieb es vorbehalten, zu zeigen, wie weit, fast über die
ganze Erde hin, die Hockerbestattung heute noch geübt wird. Mit der bei
ihm gewohnten Gründlichkeit geht er ihrer Verbreitung in allen fünf Erd-
teilen nach. Er erläutert sodann die Verschiedenheiten in der Anwendung
des Brauches nach Lage, Orientierung und Formung der Leichen und wendet
sich schließlich zur Erklärung der Sitte, wobei er sich im wesentlichen auf
die Aussagen der Völker stützt, bei denen sie noch jetzt lebendig ist.
Ganz abgelehnt wird die wegen ihrer „ Sinnigkeit a wohl beliebteste
Hypothese, welche den Hocker mit einem Embryo vergleicht und annimmt,
man habe dadurch die Rückkehr des Menschen in den Mutterschoß der Erde
und seine einstige Wiedergeburt symbolisch darstellen wollen. Diese ge-
künstelte Auffassung findet in der modernen Völkerkunde nicht die geringste
Stütze und sie scheitert schon an der Tatsache, daß primitive Völker von der
Lage und Beschaffenheit des menschlichen Embryo keine Ahnung haben.
Eher kann schon die Baumersparnis bei der Wahl dieser Beerdigungsform
mitgesprochen haben, namentlich bei den sogenannten Halbhockern, die mit
angezogenen Beinen, sonst aber wagerecht ausgestreckt liegen. Auch die
Ansicht, daß die Hockerbestattung der gewöhnlichen Ruhelage im Leben
entspreche und somit den Zustand der Ruhe oder des Schlafes bedeute, weist
der Verfasser nicht für alle Fälle von der Hand. Er betont aber, daß die
echte Schläferstellung in Hockergräbern verhältnismäßig selten beobachtet
wird, und daß in den Äußerungen der Naturvölker dieses Motiv völlig zurück-
tritt gegenüber einem anderen, das sich auf die Verhinderung der Wiederkehr
des Toten bezieht. Die Angst vor dem „Heimgänger", vor der Rache des
Verstorbenen, vor dem Vampyrismus, ist die Ursache der meisten Leichen-
zeremonien, sie hat auch den allergrößten Teil der Hockerbestattungen ver-
anlaßt. Daher die weitgehende Fesselung und Einwickelung der Leichen,
daher das Zusammenbinden der Daumen und großen Zehen, das Verstopfen
oder Vernähen der Körperöffnungen, der Mangel an Waffen unter den Bei-
gaben, und das Verschließen in großen Deckelurnen, das wir in zwei weit
getrennten Gebieten, in Südamerika und Indien, antreffen. Die Hocker-
bestattung ist ein Musterbeispiel für den Völkergedanken. Deshalb ist es
15*
228 A. Referate. Urgeschichte.
verfehlt, bei den prähistorischen Hockern Europas und des Orients an ein
besonderes Volk zu denken, wie das wiederholt, zuletzt von Forrer, ge-
schehen ist. H. Seger-Breslau.
292. R. Verneau: A propos de la race de Grimaldi (reponse aux
eritiques de M. Paul Raymond). L'Anthropologie 1907,
Tome XVIII, p. 619—625.
Seine vorläufigen Mitteilungen im XIII. Band der Anthropologie hat der
Verfasser im II. Band des großen Werkes (Les grottes de Grimaldi, Monaco
1903) über die Höhlen bei Monte Carlo ergänzt und weiter ausgeführt. Hier
muß er sich gegen den Herausgeber der Revue prehistorique verteidigen,
dem die negerartige Rasse (race de Grimaldi, nach meiner Bezeichnung H.
niger var. fossilis) „sehr hypothetisch erscheint". Der ruhigen und sach-
lichen Entgegnung muß man zustimmen und dem Verfasser darin recht geben,
daß die fragliche Rasse „nach ihrem Wuchs, den Verhältnissen des Korpers,
der Schädel- und Gesichtsbildung, den Eigentümlichkeiten der langen Knochen
und des Beckens sich deutlich von den übrigen fossilen Rassen unseres Welt-
teils unterscheidet und somit den Forscher nötigt, eine besondere Gruppe
daraus zu machen u . Ludwig Wilser-Heidelberg.
293. Edmond Uue: Musee osteologique. Etüde de la faune quater-
naire. Osteometrie des mammiferes. Album de 186 plancbes
contenant 2187 figures. Bd. I, 50 S. Mit Taf. 1—93. Bd. II:
Taf. 94—186. Paris, C. Reinwald, 1907. Pr. 24 Fr.
Die Bestimmung der bei vorgeschichtlichen, besonders diluvialen Aus-
grabungen gefundenen Säugetierknochen ist etwas sehr mißliches. Zumeist
ist der Prähistoriker nicht imstande, dies zu tun, sondern muß sich an einen
sachverständigen Zoologen wenden, der oft genug noch die Mithilfe einee
Fachgenossen am naturhistorischen Museum benötigen wird. Diesem Mangel
will das vorliegende Werk abhelfen. Es füllt also in der Tat eine vor-
handene Lücke aus.
Verfasser, ein Tierarzt, der sich anscheinend auch mit Prähistorie be-
schäftigt, hat die verschiedenen Knochen (Schädel, Zähne, lange Röhren-
knochen, Schulterblatt, Becken, Hand- und Fußwurzelknochen) von 56 Säuge-
tieren, die uns aus der Quaternärzeit bekannt geworden sind, auf 186 Tafeln
naturgetreu im Bilde (2187 Einzeldarstellungen!) wiedergegeben und dem
ganzen eine Anleitung vorausgeschickt, in welcher Weise diese Knochen
wissenschaftlich gemessen werden sollen, was um so mehr not tut, als hierüber
keine Einheitlichkeit unter den Zoologen zu bestehen scheint; eine solche
Übereinstimmung ist, wie bei der menschlichen Osteometrie, die übrigens
von der tierischen mancherlei Abweichungen zeigt, zur besseren Verständigung
und Vergleichung der Stücke erforderlich. — Die dargestellten Tierknochen
sind in verschiedenen Ansichten — besonders sind die Epiphysen, weil diese bei
den Ausgrabungen vorwiegend angetroffen werden, mehrseitig wiedergegeben —
vom Verfasser entweder in natürlicher Größe oder verkleinert gezeichnet
worden; ein auf jeder Seite beigegebener Maßstab ermöglicht es, sofort die
wirklichen Dimensionen auszurechnen; als Vorbild dienten Tiere von mitt-
lerer Größe.
Inhaltsverzeichnisse, sowohl nach den einzelnen Tieren, als auch nach
den einzelnen Knochen alphabetisch geordnet, erleichtern den Gebrauch des
vorliegenden Werkes, das fortan dem Prähistoriker eine Selbstbestimmung
A. Referate. Urgeschichte. 229
seiner Funde gestatten und die Mithilfe eines zoologischen Museums über-
flüssig machen wird. .Möge es in keiner Museumsbibliothek fehlen.
Buschan-Stettin.
294. Rutot: Essai de camparaison entre la serie glaciaire du
professeur A. Penck et les divisions du tertiaire superieur et
du quaternaire de la Belgique et du nord de la France. Bull,
de la Soc. Beige de Geologie 1906. Tome XX.
Rutot ist einer derjenigen Forscher, die sich nicht scheuen, eigene An-
sichten, die sie als irrig erkannt haben, kurz und bündig als solche zu be-
zeichnen. Gerade bei dem schnellen Fluß der von ihm bearbeiteten Gebiete,
die so sehr von neuen Funden abhängen, sind seine öfters erscheinenden
Zusammenfassungen vom Stand der Fragen wertvoll. In der vorliegenden
Arbeit sucht Rutot eine Übereinstimmung herzustellen zwischen dem
Penck sehen „ System u und seinen eigenen Forschungsresultaten, unter be-
sonderer Betonung derjenigen Ergebnisse, die für die Tertiär- und Diluvial-
archäologie wichtig sind.
Pencks System bietet gerade für größere Überblicke über die gesamten
Eiszeitvorgänge in Europa mehr Anhaltspunkte, als z. B. das von Geikie,
weil in den Alpengebieten die Abschnitte der Eiszeit sich deutlicher spiegeln
als in den Hauptgebieten der nördlichen Vereisung, wo durch die jeweiligen
Wieder Vereisungen in weit stärkerem Maße die Spuren vorhergehender
Gletscherwirkung verwischt worden sind.
Das Resultat Rutots kommt in einer beigegebenen Tabelle zum
Ausdruck: Der Ausgangspunkt für die Parallelisierung ist die Überein-
stimmung der Geologen und Archäologen betreffend die Ansetzung des mitt-
leren Paläolithikums in das mittlere Diluvium (Löß-Solutreen). Nach oben
und unten bin ist die Tabelle auf „Parallelisierungsversuche" aufgebaut,
gegen die sich die „exakte Geologie" zwar ablehnend verhält, die aber als
Versuch stets wertvolle Hinweise für die Richtung weiterer Forschung ent-
halten. Vor allem haben sie dazu beigetragen, daß sich die auf dem
betreffenden Gebiete arbeitenden Geologen und Archäologen über die Frage-
stellung klarer geworden sind und einheitlichere Gesichtspunkte gewinnen.
Größere Überblicke herzustellen, muß auf diesem Grenzgebiet zwischen
Geologie und Archäologie immer versucht werden, da der Mensch eben nicht,
wie ein lokales Leitfossil, an engbegrenzte Gebiete gebunden ist: auch nicht
im Diluvium! Dr. Hahne-Hannoter.
295. Rutot: Sur la connaissance du feu auxepoques prehistoriques.
Bull, de l'Äcad. Royale de Belgique (cl. d. sc.) 1907, Nr. 2.
Verfasser hat große Materialien aller Steinzeitstufen, zumal der älteren
und ältesten, auf Spuren der Fe uerver Wendung seitens des Menschen unter-
sucht. Er glaubt sie bis in sein „Reutelien" hinab verfolgen zu können.
Als Symptom der Feuerverwendung sieht er, besonders in den Perioden ohne
Knochenfunde, an denen Feuerspuren zu erkennen wären, das Vorkommen von
„Craquelierung" von Steingeräten an. In den Massenfunden craquelierter
Silex von Thenay hat man keine als Geräte anzusehende Stücke gefunden. Als
Ursache der Craquelierung der tertiären Cantalsilex ist die Überschichtung
der ehemaligen tertiären Oberflächen mit Laven erkannt; beide Arten von
Funden scheiden also bei dieser Untersuchung aus. Das Vorkommen
craquelierter Silex und Silexgeräte in den diluvialen alten und älteren
230 A. Referate. Urgeschichte.
(eolithischen) Steinzeitstufen ist ein spärliches. Rutot diskutiert übrigens
gar nicht andere Entstehungsmöglichkeiten der Craquelierung , als die durch
Feuer in Menschenhand. Dr. Hahne-Hannover.
Georg F. L. Sarauw : Le f eu et son empoi dans le Nord de
PEurope aux temps prehistoriques et protohistoriques. Annale«
du XX. Congres archeol. et histor. de Belgique (Gand) 1907,
VoL I, p. 196—226; m. l'Taf.
Das Vorkommen von Feuersteinstücken zusammen mit Pyritüberresten
spricht dafür, daß beide zusammen ein Feuerzeug bedeuten. Von dieser
Voraussetzung ausgehend, prüft Sarauw an der Hand der vor- und früh-
geschichtlichen Funde Nordeuropas, welche Verbreitung diese Art der Feuer-
gewinnung, die nach Funden aus Frankreich und Belgien zu schließen, bereits
in der Magdalenien- Epoche bekannt war, gefunden hat. Was das Palaoli-
thikum im Norden anbetrifft, so sind uns keine Spuren dieser Feuererzeugung
aus diesem Zeitalter hinterlassen, ist dasselbe doch auch in den skandina-
vischen Ländern nur sehr schwach vertreten. Aber schon im Beginn des
Neolithikums (Übergang vom Asylien zum Tardenoisien) begegnen wir Silex-
stücken im Verein mit Pyritknollen in einem Funde aus dem Torfe auf
Seeland, und gegen Ausgang der Robenhausen-Epocbe zeigen sich zum
Zwecke der Feuer-Erzeugung besonders hefgestellte Feuersteine. Man kennt
eine ziemliche Anzahl derselben aus der neolithischen Zeit Dänemarks,
Schwedens, Deutschlands, Belgiens, Frankreichs und Englands. Sarauw
führt hierfür die Belege aus der Literatur an und bildet auch einzelne
charakteristische Stüoke ab.
Während der Bronzezeit blieb im allgemeinen derselbe Typus der Feuer-
Schlagsteine im Gebrauch; jedoch treten daneben nooh zwei neue Formen
auf, die aus Dolchen und kleinen Lanzenspitzen hergestellt wurden.
Dänemark und Schleswig-Holstein liefern hierfür zahlreiche Fundstücke.
Zur ältesten Elisen zeit scheint die bisherige Methode der Feuererzeugung
mehr außer Brauch gekommen zu sein, denn die Funde von Feuerschlag-
steinen nehmen an Zahl deutlich ab. Das Kopenbagener Museum besitzt
135 Stücke aus der Steinzeit, ungefähr 65 aus der> Bronzezeit und nur noch
zwei aus der Eisenzeit; da hierzu noch 120 Fundstücke unbekannten Alters
kommen, so dürfte sich die Zahl der bekannt gewordenen Feuerschlag-
steine im ganzen auf etwa 300 belaufen. — Mit Beginn unserer Zeitrechnung
tritt uns in den Gräbern eine ganz neue Form der Feuerschlagwerkzeuge
entgegen. Es sind dies aus Quarz oder quarzbaltigem Sandstein hergestellte
Steine von ähnlicher Form wie Weberschiffchen mit zwei parallelen Flächen,
von denen die obere auch wohl etwas konvex, die untere ein wenig konkav
erscheint; die Seitenflächen tragen eine Rille, die um den Stein herum lauft.
Diese Gegenstände, von denen die skandinavischen Museen gegen 100 be-
sitzen, hat man früher für Schleudersteine, Weberschiffchen, Schleifsteine und
anderes mehr angesehen, bis Steenstrup im Jahre 1868 auf ihre wahre Be-
deutung als Feuerzeuge hinwies. Nach den Versuchen, die Sarauw an-
gestellt hat, können diese Schlagsteine nicht durch Anschlagen mit einem
Silex Feuer zum wirklichen Entzünden eines Zunders ergeben haben, sondern
es muß dazu ein Stück Eisen verwendet worden sein. Er vermutet, daß dazu
eiserne Pfriemen dienten, die man in den Gräbern angetroffen hat. Diese
Form der Feuerzeuge findet sich von Finnland an über die Länder an der
Ostsee entlang bis Schottland und Irland hinauf verbreitet; merkwürdiger-
weise kennt man sie bisher aus England noch nicht; der südlichste Fund
A. Referate. Urgeschichte. 231
kam in Mähren zutage. Auch sind in den Gräbern dieser Periode, aus
Finnland und Norddeutschland, Eisenbänder, deren eines Ende eingerollt
war, gefunden worden, die ohne Zweifel zum Anschlagen bei der Feuer-
erzeugung dienten. Daneben waren allerdings auch noch Pyrit und Silex
in Gebrauch.
In den späteren Jahrhunderten behauptete sich das Eisen zur Feuer-
erzeugung in Verbindung mit Quarz; an seine Stelle trat später der Stahl.
Sarauw schildert die verschiedenen Formen, welche diese eisernen Schläger
hier und dort (Merowingergräber , gallisch -römische Gräber, Wikingerfunde,
sarmatische bzw. alt -ungarische Funde usw.) im Laufe der Jahrhunderte
annahmen. In 16 Abbildungen sind die wichtigsten Typen wiedergegeben.
Buschan- Stettin.
Spezielles.
297. Rutot: La prehistoire de la Flandre ä Pepoque de la pierre.
Congres de Gand. 1907.
Eine Einreihung der dem Verfasser aus Flandern bekannt gewordenen
Funde aus der Steinzeit vom „Reutelien" bis zum Neolithikum in das System
der Steinzeit, das Rutot als jüngstes Ergebnis seiner Studien für Nordwest-
europa aufgestellt hat. Als kurze Orientierung über Rutot s Anschauung,
und als allerdings sehr summarische Übersicht über die betreffenden
flandrischen Funde, ist die Arbeit lesenswert. Dr. Hahne-Hannover.
298. A. Rutot: La poterie pendant Pepoque troglodyte. Bull, de la
Soc. prehistor. de France 1907. Sitzung v. 26. Dezember.
Rutot greift hier die schon öfters aufgeworfene Frage nach dem Vor-
kommen von Topfgeschirresten zur paläolithischen Zeit von neuem wieder
auf. Er zählt aus Belgien allein 12 Fundstellen (Höhlen) auf, an denen
Ed. Dupont einwandfrei nachgewiesen hat, daß die Troglodyten die Kunst
der Keramik (Abbildungen) bereits verstanden. Bei zweien dieser Aus-
grabungen ist Rutot persönlich zugegen gewesen; desgleichen konnte sich
Referent gelegentlich einer Ausgrabung in der Höhle von Engis, die der
belgische Archäologe Do udou veranstaltete, im vorigen Sommer selbst davon
überzeugen, daß in der Tat hier rohe Tonscherben zusammen mit den Über-
resten der Höhlenhyäne (und mit verkohlten Weizenkörnern!) in einer
Sinterschicht eingebettet vorkommen.
Der älteste belgische Fund von keramischen Resten gehört dem unteren
Aurignacien an; von da an (wahrscheinlich Ausgang desselben) läßt sich ihr
Vorhandensein durch die beiden oberen Schichten dieses Zeitalters und durch
das ganze Magdalenien bis zu dessen oberster Stufe (Werkzeuge vom Type
tardenoisien) verfolgen. Merkwürdigerweise scheinen dieselben im neoli-
thischen Flenusien zu fehlen, was sich dadurch erklären dürfte, daß diese
Kulturschicht nur ein Überbleibsel der eolithischen Periode vorstellt. Der
ersten Andeutung einer Ornamentik begegnet man im unteren Magdalenien
(Stufe Goyet). — Daß gerade aus Belgien soviel Funde von Topfscherben
bekannt geworden sind, dafür findet Rutot eine ganz plausible Erklärung.
Die belgischen Troglodyten stammten aus Frankreich: während sie hier an
der Vezere genügend Wasser zur Verfügung hatten, wurde ihnen dieses
auf ihrer Wanderung über die wasserlosen Ebenen (limon Hesbayen) sehr
knapp. Sie mußten daher darauf sinnen, es in einer Vorrichtung mit sich zu
232 A. Referate. Urgeschichte.
führen; gelegentlich des Feuerbrandes auf dem tonigen Boden kamen sie auf
den Gedanken, sich daraus durch Feuer Gefäße zu machen.
Buschan- Stettin.
H. Breuil: L'äge de bronze dans le bassin de Paris. TL Orne-
ments de corps accessoires de yetement, d'equippement et de
Parnachement de bassin de la Somme. L'Anthropologie 1907,
Tomo XVin, p. 613—533.
In Fortsetzung früherer Veröffentlichungen sind hier Schmucksachen,
Haarnadeln, Fibeln, Armringe, Anhänger, Knöpfe u. dgl., sowie Teile von
Pferdegeschirr aus Hirschhorn und Bronze beschrieben und abgebildet. Ein
früher diesen Funden zugeteilter zierlicher Sporn ist richtig der gallischen
Eisenzeit zugewiesen. Ludwig Wilser-Heidelberg.
300. L. Schaudel: Les revetements de cabanes du Musee de Cham-
bery. L'Homme prdhistorique 1908. Tom. VI, p. 1—4, avec
2 planohes.
Auf Veranlassung Mortillets werden einige Stücke des Museums von
Chambery besprochen, die aus den Pfahlbauten des Sees le Bourget stammen,
und zwar von der Station Gräsine. Es sind Reste des Mauerputzes, der
ziemlich roh aus Ton hergestellt war und mit kleinen Steinen und Pflanzen-
resten durchsetzt erscheint; die Dicke beträgt 4 cm, die Rückseite zeigt Ab-
drücke von Strohgeflecht oder Holz, einzelne Löcher werden als Abzugs-
löcher für den Rauch gedeutet. Am bemerkenswertesten ist die Verzierung
auf zahlreichen Stücken, bestehend aus eingeritzten Linien, die Rechtecke
oder Bogen bilden; zwischen diesen Linien kommen konzentrische Kreise
oder das Hakenkreuz vor, auch fand sich ein Stempel zur Herstellung dieser
Eindrücke. Da gerade diese Seite wenig geschwärzt oder gebrannt erscheint,
so wird vermutet, daß die verzierte Seite der Hüttenwände nach außen ge-
richtet gewesen sei, wo man sich etwa auf Vorbauten mit offener Gallerie
öfter aufhalten mochte als in den kaum ausreichend erhellten Innenräumen.
Die Vermutung Perrins, die Stücke hätten zur Deckenverzierung gedient,
wird wohl mit Recht abgelehnt. Man hat zwar von anderen Pfahlbauten
die Anlage der Hütten schon besser kennen gelernt, z. B. in Schussenried,
auch schon Tonbewurf der Wände gefunden, unter anderem in Corcelette,
aber die geschmackvolle Verzierung derselben, von der die beigefügten Licht-
drucke eine gute Vorstellung geben, ist bisher nur von der Station Gresine
bekannt geworden. Trotzdem wird dadurch unsere ästhetische Vorstellung
von der Pfahlbaukultur im allgemeinen erfreulich erweitert.
Prof. Dr. Walter-Stettin.
301. A. de Mortillet: Les silex de Pilo de Riou. L'Homme pre-
historique 1907. Tome V, 7, p. 218.
Über die Entdeckung ägyptischer Stein Werkzeuge auf der Insel Riou
bei Marseille durch Gapita n und d'Agnet hatten wir auch im Zentralblatt
1906, 1, 49 berichtet, allerdings hypothetisch und unter gleichzeitiger Er-
wähnung der kritischen Bedenken Schweinfurths: der Vollständigkeit
wegen muß nun hinzugefügt werden, daß die Finder das ganze jetzt selbst
als eine Täuschung bezeichnen; ein Greis habe die Stücke bei einem Trödler
in Marseille gekauft und sie dorthin gebracht, um die Archäologen zu ver-
spotten! Mit Recht werden gegen diese Erklärung des von Gewissensbissen
gequälten, aber ungenannt zu bleiben wünschenden Greises Bedenken erhoben,
A. Referate. Urgeschichte. 233
noch mehr freilich gegen die allzu große Leichtgläubigkeit der Entdecker, die
mit absoluter Sicherheit von sechs Schichten redeten, deren Stratigraphie
jeden Zweifel ausschließe, endlich die gewagtesten Schlußfolgerungen daran
knüpfen zu müssen glaubten. Die letzteren hat schon Schweinfurth ge-
nügend als unwahrscheinlich zurückgewiesen, doch schien ihm der Beweis
für die ägyptische Provenienz der Fundstücke überhaupt nicht erbracht zu
sein: dies ist jetzt bestätigt sowohl durch die Art der Erwerbung als auch
durch die bestimmte Erklärung Mortillets, daß sie genau die Patina von
Steinwerkzeugen aus dem Fayum tragen.
Auch Fournier schließt sich in einem anderen Artikel (L'Homme pr6-
historique V, 12, 374) diesen Ausführungen an und bestätigt, daß er mit
Ri viere auf derselben Insel nur neolithische Reste ohne ägyptische Typen
gefunden habe. Er erinnert daran, daß Arnaud d'Agnel auch bei anderen
Gelegenheiten argen Täuschungen zum Opfer gefallen ist. Bedeutung hat
die Sache insofern, als derartige Fälle der Tagespresse Gelegenheit zum Spott
über die Unsicherheit der prähistorischen Untersuchungen bieten, und eine
offene, wenn auch bittere Lehre sich daraus für solche Forscher ergibt, die
durch unzutreffende Fundberichte und phantasie volle Folgerungen sich und
der Wissenschaft keinen Dienst erweisen. Prof. Walter- Stettin.
308. Kupka: Das Campignien im nordeurop&ischen Glazialgebiet.
Mit 28 Fig. Zeitechr. für Ethuologie 1907, Bd. XXXIX, S. 192.
Nach dem Dorfe Le Campigny, Seine-Inf6rieure, haben Salmon und
Mortillet das mittlere Neolithikum als Campignien bezeichnet, Capitan und
andere wollten diesen Zeitabschnitt aber noch dem Mesolithikum ein-
gliedern und dadurch den Hiatus beseitigt wissen. Die dänischen Forscher
von Steenstrup bis Sophus Müller verglichen diese Periode mit der Zeit
ihrer Ejökkenmöddinger. Neuerdings hat Sarauw (vgl. Zentralblatt 1904,
4, 248) im Magiemose einen steinzeitlichen Wohnplatz genau untersucht
und 8 ein Inventar dem älteren Asilien gleichgesetzt, besonders aber die all-
mähliche und lückenlose Entwickelung betont, die unter anderem durch zahl-
reiche Harpunenspitzen aus Hirschgeweih oder Knochen, offenbar Nach-
ahmungen der Renntierharpunen des Magdalenien, zu erweisen sei.
Nunmehr wird diese Periode auch für Norddeutschland nach den drei
Gruppen der Steingeräte, Knochen- oder Hornwerkzeuge und Tongeschirre
zum erstenmal zusammenhängend untersucht und dabei besonders auf die
altmärkischen Moorfunde von Kalbe und Arneburg Bezug genommen. Außer
Absplißen und Zufallsgeräten, die sich überall vorfinden, sind die Gradbeile
und Querbeile in Dänemark und Norddeutschland häufig; in Frankreich hat
man sie nicht beobachtet. Von Spaltern ist die lange Form mit griffähnlichem
Nackenende wie die kurze überall vertreten, während Exemplare der ersten
Art mit kleineren Abmessungen dem Norden eigentümlich sind, auch wohl
als querschneidige Pfeilspitzen im Neolithikum vorkommen. Die Meißel oder
Pickel treten mit den Spaltern im Campignien zuerst auf, und zwar Überall;
dasselbe gilt von langen und kurzen Kratzern. Von den zahlreichen Typen
des Schabers machen die zierlichen Scheibenschaber in allen Stationen dieser
Periode fast den Eindruck von Spielereien, die gestielten scheinen außer auf
altmärkischen Fundplätzen sonst nicht angetroffen zu sein, die Kernstein-
schaber sind bereits seit dem Soluträen gebraucht und somit älter als die
meisten Gerätformen des Campignien, endlich sind die Hohlschaber und
discoiden Formen schwer von verwandten zu unterscheiden. Spitzen sind
mit und ohne Schaftzungen den älteren Fundstellen gemeinsam, Bohrer wegen
234 A. Referate. Urgeschichte.
der zerbrechlichen angedengelten Spitze selten, aber gleichmäßig überall nach-
zuweisen, ebenso die nach ihrer Verwendung schwer zu klassifizierenden
Eernsteine und Schlagsteine; eine Handmühle fand sich nur in LeCampigny.
Dagegen fehlen gerade hier die für die anderen Stationen so wichtigen
Knochen Werkzeuge, die erst durch die reichen seeländischen Funde Sarauws
die Entwicklung vom Magdalenien zum Campignien erkennen ließen; die
altmärkischen Stücke dieser Art, schon von Virchow trotz ihrer damaligen
Isoliertheit als wichtig erkannt und vorneolithisch geschätzt, entsprechen
lanzettlichen Harpunen mit Kerben von Magiemose und gestatten nun erst
eine richtige Datierung. Reste von Keramik fehlen gleichermaßen an beiden
Stellen, sind dagegen in den dänischen Muschelhaufen und Le Campigny in
meist kleinen, ornamentlosen Bruchstücken angetroffen. — Alle Stationen
liegen an alten Uferrändern, bei manchen scheint eine langsame Niveau-
veränderung eingetreten zu sein und die Wohnplätze versenkt zu haben, so daß
wohl noch mancherlei Einzelfunde gleicher Art durch Zufall gehoben sein,
aber auf ergiebige Fundstellen in heutigen Mooren hindeuten dürften. Die
Zeitbestimmung gewinnt man durch Ansetzung der seeländischen Funde in
die Ancylusperiode, die altmärkische Station von Kalbe wird ihnen wegen
der auf altem Seegrunde gefundenen Harpunenspitzen gleichgestellt, die Be-
völkerung wird an beiden Stellen auf Flößen wohnend gedacht. Vertreten
diese Hinterlassenschaften ein älteres Campignien, so hätten wir in den
Kjökkenmöddingern und französischen Fundstellen eine jüngere Stufe, die
sich durch das Fehlen der altertümlichen Harpunenspitzen und das Auftreten
von Geschirrresten von der voraufgehenden Periode deutlich abhebt.
Prof. Dr. Walter-Stettin.
Gustaf Kossinna: Die Grenzen der Kelten und Germanen in
der La Tenezeit« Korrespondeuzbl. der Deutsch. AnthropoL
Gesellßch. 1907. Bd. XXXVIII, Heft 8, S. 57—62.
Auf Grund der Kos sin na sehen Forschungen, deren Resultat er 1895
auf der Kasseler Anthropologenversammlung mitteilte, erweist sich für die
La Tenezeit als Mittel der Grenzbestimmung «in Mittel- und Westdeutsch-
land zwischen germanischem und keltischem Gebiet in erster Linie die Gräber-
form als maßgebend: auf der einen Seite keltische Skelettgräber, auf der
anderen Seite germanischer Leichenbrand. Diese Untersuchungen ließen
sich auch für die späte Bronzezeit und Hallstattzeit mit demselben Resultat
durchführen.
Am Schluß der nordeuropäischen Bronzezeit verläuft die be-
treffende Grenze durch Mitteldeutschland; durch die Orte Quedlinburg,
Merseburg, Halle wird die südliche Spitze der Germanengrenze östlich vom
Harz in dieser Zeit bezeichnet. In der jüngsten Hallstattzeit (etwa
6. Jahrhundert) ändern sich östlich vom Harz die Grenzverhältnisse etwas;
die Nordgrenze des keltischen Skelettgräbergebietes ist keilförmig bis
Wernigerode, Oschersleben , Staßfurt nach Norden vorgeschoben. Es wird
somit das Gebiet der jüngsten germanischen Hausurnengräber teilweise vom
Gebiet keltischer Skelettgräber überdeckt, die Zeitstellung dieser beiden
Gebiete zueinander ist aber noch nicht sicher genug, um zu entscheiden, ob
in das germanische „ Hausurnengebiet u Keltengräber eindrangen, oder ob die
Hausurnenfriedhöfe bereits eine Rückeroberung des zeitweise keltisierten
Gebietes durch Germanen andeutet. Die nördlichsten keltischen Skelettgräber
ziehen sich in dieser Zeit von Eifel und Hunsrück durch ganz Nassau, Ober-
A. Referate. Urgeschichte. 285
und Kurhessen, Thüringen in das Saalegebiet; Königreich Sachsen and Ober-
lausitz sind ohne entsprechende Funde, in Mittel- und Nordschlesien erscheinen
sie dann wieder. Es handelt sich meistens um Frauengräber, gekennzeichnet
durch dicke Wendelhalsringe und Garnituren von steigbügelförmigen Hand-
gelenkringen.
Am Beginn der La Tenezeit (5. und 4. bzw. 3. Jahrhundert) liegen
jene im sechsten Jahrhundert vorübergehend von Funden rein keltischen
Gepräges behaupteten Gebiete am Harz wieder innerhalb der Grenzen rein
germanischer Funde. Die frühesten germanischen Urnengräber des 4. bis
3. Jahrhunderts finden sich unter anderem bei Dresden, Pirna, Meißen,
Großenhain, Würzen, Schneckenberg (Delitzsch), Gera(?), Pegau, KL-Korbetha,
Schafstedt, Langendorf, Groß -Jena, Vietzenburg, Liederstadt, Nauendorf,
Hasenburg, Erfurt, Andersleben. Hessen und Nassau, die Rheinlande und
das Nahegebiet, sowie die linksrheinischen L&nder werden in der älteren
La Tenezeit von keltischen Gräberfunden beherrscht. Während der mitt-
leren La Tenezeit treten dann in der Rheinprovinz und im Nahegebiet in
steigender Menge Brandgräber germanischen Gepräges auf, deren Inventar
bei genauem Studium über die Herkunft der aus ihnen sprechenden ethnolo-
gischen Gruppe Auskunft geben wird; ihre Heimat ist wahrscheinlich das
nordwestdeutsche Flachland. Die germanischen Brandgräber der späteren
La Tenezeit in Hessen - Nassau (Nauheim u. a.) lassen besonders durch ihre
Keramik ostwärts durch Thüringen und Sachsen bis in die Dresdener Gegend
den Weg der betreffenden Germanengruppe, der späteren Main - Germanen,
rückwärts verfolgen bis in ihre swebische Heimat. Eben dahin weisen auch
noch zwei bei Mainz im Rhein gefundene Bronzegürtelhaken spätester
La Tenezeit.
Mit der germanischen Einwanderung bis in linksrheinisches Gebiet hängt
wohl zusammen, daß wir nun auch im keltischen Nordfrankreich Leichen-
brand, aber in Gräbern mit keltischem Inventar antreffen. Dafür, daß auch
im keltischen Südfrankreich gegen Ende der La Tenezeit Leichenbrand Sitte
wird, ist der nächstliegende Grund der Einfluß der römischen Macht, die in
Südgallien Fuß gefaßt hatte. Im keltischen England, Alpengebiet und Ober-
italien treten in der späteren La Tenezeit neben Skelettgräbern keltische
Brandgräber auf: diese weit verbreitete Annahme der Leichenbrandsitte
seitens der Kelten ist wohl darauf zurückzuführen, daß sie diese Gegenden
besetzten zu einer Zeit, als in ihrem Stammlande Leichenbrand bereits Ver-
breitung gewonnen hatte.
Die südwestwärts gerichtete Germanenausbreitung in der La Tenezeit
hat offenbar in der geographischen Breite der Mainmündung sogleich eine
Ablenkung auf linksrheinisches Gebiet erfahren. Südlich von Main und
Nahe haben die Germanen, wie der fast gänzliche Mangel charakteristischer
Gräber und Siedelungen beweist, in der La Tenezeit offenbar überhaupt noch
nicht festen Fuß gefaßt. In der oberrheinischen Tiefebene bezeugen die
archäologischen Funde das auch historisch bekannte gelegentliche Auftreten
von Germanen in den nördlichsten Gebieten. (Markomannen und Ariovist-
völker.) Im südlichen Baden, am Schwarzwald und in Rhein-Bayern saßen
zu Gäsars Zeit, wie Kos sin na (bei Gelegenheit seiner Forschungen über den
Ursprung des Germanennamens) gezeigt hat, die Nemeter, in Rheinhessen die
Vangionen.
Die betreffenden archäologischen Funde stimmen mit den historischen
Überlieferungen überein, für das Unterelsaß sind zur Spät-La Tenezeit die
Triboken historisch bezeugt. Die Bodenfunde sind dort aber zurzeit noch zu
236 A. Referate. Urgeschichte«'
spärlich für maßgebende archäologische Untersuchungen. Nur ein allerdings
sehr charakteristisches Fibelbruchstück weist dort bis Jetzt zugleich die Kenn-
zeichen der Spät-La Tenezeit und germanischer Herkunft auf. „Es handelt
sich um das Bruchstück einer Bronzefibel, deren stark geschweifter Bügel in
der Hauptsache aus zwei dicken, kugelförmigen Bronzeknöpfen besteht, die
jeder eine mit gallischem Blutemail gefüllte Vertiefung in Form eines Mal-
theserkreuzes tragen. Gefunden ist das Stück zu Niedermodern bei Hagenau
und schon vor 20 Jahren durch Bleicher veröffentlicht tf (Bulletin de la
societe* d'histoire nat. de Colmar, vol. 27/29, 1886 bis 1888, p. 211, table
IX, fig. 1, 2), dessen Abbildungen der Kossinnaschen Arbeit beigegeben ist.
An diese Fibel knüpft Kos sin na einen archäologischen Exkurs mit ethno-
graphischen Folgerungen in der von ihm seit langein energisch und erfolg-
reich vertretenen Methode. Eine derartige Untersuchung ist an dieser Stelle
um so interessanter, als die archäologischen Folgerungen für die betreffende
Zeit durch historische Überlieferungen (wenigstens bis zu einem gewissen
Grade) kontrolliert werden können. Das Fundstück von Niedermodern gehört
einer weit verbreiteten echt germanischen Fibelfamilie an, die gekennzeichnet
ist durch die Bügelknöpfe und Emailkreuze, und die entstanden ist, als
seitens der Germanen in der mittleren La Teneperiode neben bzw. nach der
Verzierung durch echte Korallen auch die Technik des Emaillierens von den
Kelten übernommen worden war. Die Form der Emaileinlage einerseits, die
Form und Anordnung der Bügelknöpfe andererseits, endlich die Kombination
von Bronze und Eisen zur Herstellung des Schmuckstückes geben eine Ein-
teilung der Fibelfamilie an die Hand (alles von Kos sin na an dieser Stelle
mit ausgiebiger Fundortangabe belegt).
Die kritische Sonderung der Fibelfamilien läßt nun deutlich erkennen,
daß die auf Grund technischer Merkmale vorzunehmende Abgrenzung ihrer
Zweige zugleich eine geographische Verteilung ausdrückt. Ost- und west-
germanisches Gebiet sind leicht zu trennen; innerhalb des westgermanischen
Gebietes wird Vorpommern und Mecklenburg- Strelitz als Heimat gänzlich
aus Bronze gegossener Fibeln der bebandelten Gattung bezeichnet, wo
zugleich als Emailschmuck das Maltheser Kreuz auftritt. Dieses Gebiet zeigt
also allein innerhalb der germanischen Länder die betreffende Fibel mit einer
solchen Kombination ihrer Merkmale, wie sie auch das Fundstück von Nieder-
modern aufweist Der Schluß, daß jene germanische Fibel im Elsaß, in dem
Gebiete des Fundortes offenbar ein Fremdling, ein germanisches Importstück
ist, eingeführt von Germanen aus dem Gebiet, wo jene Fibelart heimisch ist,
nötigt zu dem weiteren Schluß, daß in der Spät-La Tenezeit in das Elsaß
Germanen von der bezeichneten Gegend zugewandert sind. Die für das
Elsaß historisch bezeugten Germanen gehören zu den s webischen Ariovist-
völkern, die aus swebischem Gebiet immer neuen Zuzug erhalten haben, d. h.
zunächst von den damals am Main sitzenden Sweben, aber doch höchst-
wahrscheinlich auch aus dem gemeinsamen swebischen Stammlande an der
mittleren Elbe und Havel; Mecklenburg - Strelitz wird zu dem Nachschub-
gebiet gehört haben.
K os sinnas Arbeit zeigt wieder, wie auch ein einzelnes Fundstück, wenn
es kritisch und vor allem auf Grund umfassendster Kenntnisse auf prähisto-
rischem Gebiet benutzt wird, wohl imstande ist, brauchbare Hinweise zu
liefern für ethnographische Verhältnisse, die sich nicht klar in historischen
Berichten wiederspiegeln oder der vorgeschichtlichen Zeit angehören.
Privatdozent Dr. Hans Hahne-Hannover.
A. Referate. Urgeschichte. 237
304. Jos. Vonderau: Steinzeitliche Hockergräber und Wohnstätten
auf dem Schulzenberge bei Fulda. Mit L Plan, 5 Skizzen und
8 Tafeln. 6. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins.
Fulda 1907.
Wie der Haimberg die erste steinzeitliche Ansiedlung, so hat erst 1904 der
gleichfalls westlich von Fulda gelegene Schulzenberg die ersten Hockergräber
für diesen Teil Hessens ergeben. Ein Hügel enthielt mehrere durch Kalk-
steinplatten getrennte Lehmschichten, darunter lag in einer in den Muschel-
kalk gearbeiteten Mulde ein liegender Hocker, bei dessen Bestattung schon
früher Beigesetzte beseitigt waren, wie die Zusammengehörigkeit der zer-
streuten Knochen und Gefäßscherben ergab. Unweit davon fand sich ein
sitzender Hocker in einer mit Holz abgedeckten und durch Säulenbasalt ge-
stützten Grube nebst Amphore und Schnurbecher, nur 2 m davon wieder auf
dem bloßen Kalkstein ein liegender Hocker mit topf artigem Becher; Scherben
und Knochenreste beweisen, daß die oberen Schichten hier durch Beackern
des Bodens schon beseitigt waren. Auch auf dem Gipfel des Berges war
beim Kapellenbau ein Hocker in eingehauener Grube gefunden, doch waren nur
noch geringe Reste zu bergen; ebenso scheint ein nordwestlich beobachtetes
Skelett unter Kalksteinplatten ein liegender Hocker gewesen zu sein. An
zwei Stellen sind auch Herdstellen aufgedeckt, teils quadratisch mit Steinen
umsetzt, teils mit runden Mulden, darin Reste von Steinwerkzeugen und Ton-
gefäßen, einmal sogar noch ein Topf mit Tierknochen. Die Urne mit echtem
Schnurornament und Tupfen darunter ist für die Bestimmung dieser Funde
am wichtigsten, gleichzeitig ist die unverzierte Amphore; sonst kommen
Scherben mit Schnittverzierung und weiß ausgelegten Vertiefungen nur im
ersten Hügel vor, alle anderen Scberbentypen jedoch gleichmäßig in Gräbern
wie in Wohnstätten. An Steinsachen sammelte man Schaber, Messer, Bohrer,
Beile, Reib- und Mahlsteine und ein für die schnurverzierte Keramik wich-
tiges Hammerbeil, das erste dieser Art im Fuldaischen. Ob die in der oberen
Steinschicht des Hügels gefundenen Bronzen, darunter eine Brillennadel,
gleichzeitig sind, wird offen gelassen. Neben einem Hocker lag ein Rinds-
schädel. Ranke hat die Skelette als drei kräftige Männer, dolichokephal,
und ein älteres Weib, brachykephal, bestimmt. Die Basalte des einen Grabes
stammen vom nahen Haimberge, dessen Befestigungen die Bewohner des
Schulzenberges wohl in unruhigen Zeiten aufsuchten. Jedenfalls sind die
gut charakterisierten Funde wichtig als Bindeglied zwischen den neolithischen
Stationen der Wetterau und dem östlichen Gebiet der Schnurkeramik.
Prof. Walter-Stettin.
>. Gorjanovic-Kramberger: Die Kronen und Wurzeln der Mahl-
zähne des Homo primigenius und ihre genetische Bedeutung.
Anatom. Anz. 1907. Bd. XXXI, S. 97—134.
306. P. Adloff: Die Zähne des Homo primigenius von Krapina.
Ebendaselbst S. 273—282.
Die Ergebnisse, die kürzlich Adloff über die Zahnausbildung des
Krapinamenschen veröffentlichte (s. Zentralblatt Bd. XII, S. 363), führen zu
einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Entdecker des Krapina-
menschen; beide Autoren stehen auf genau entgegengesetztem Standpunkt
bezüglich ihrer Folgerungen.
Gorjanovic-Kramberger schildert nochmals Kronenrelief und Wurzel-
bildung der Krapina molaren. Bezüglich der Höckerzahl findet er, daß deut-
liche Reduktionstendenz vorhanden; nur 50 Proz. sind etwa normalhöckerig,
238 A. Referate. Urgeschichte.
die Oberkiefermolaren sind so stark reduziert wie die des Kultureuropäers,
die unteren etwas weniger, etwa wie die mancher rezenter Naturvölker. Da-
nach falle der Krapinamensch in diesem Merkmal in die Variationsbreite des
rezenten, habe nur bezüglich der Höckerreduktionsgrade einzelner Molaren
gewisse Sondererscheinungen. Verfasser führt das auf funktionell- physio-
logische Faktoren zurück, zumal die Zähne des zur gleichen Primigenius-
rasse gehörigen Spymenschen darin anders sind.
Besonders auffallend sind die Wurzeln, die in 50 Proz. Verschmelzung,
partielle, aber auch totale, zu Zylinder- und Prismenbildung führende Ver-
schmelzung, dann Reduktion und Verkümmerung aufweisen. Die Beteiligung
der Einzelkiefer an diesen Reduktionen ist verschieden. Verfasser hält diese
Bildungen für phyletisch bedeutungslos; da Raumbeschränkung, wie sie bei
gelegentlichen ähnlichen Wurzelreduktionen heute als Grund angegeben wird,
nicht vorliegt, führt Verfasser die Erscheinung auf Änderungen in der Er-
nährung zurück (Feuergebrauch etwa), die etwa plötzliche Funktion 8 Verringe-
rung im Gefolge gehabt habe.
Auf der anderen Seite kommt starke Schmelzfaltenbildung vor, zahl-
reiches Auftreten der sogenannten Fovea anterior der Molaren, geringe Aus-
bildung des als progredient aufgefaßten Gar ab e 11 i sehen Höckerchens und
einiges andere (was im Detail beschrieben) — alles niedere Merkmale, die
Verfasser dahin verwertet, daß er die Krapinazähne für im ganzen phyletisch
primitive hält, die durch physiologische Einflüsse sekundär Abänderungen
erfuhren. Die Zähne, obschon „anscheinend rezentes Gepräge u besitzend,
sind ihm primitiv und können als solche der direkten Vorfahren angesehen
werden. Verfasser hält den Beweis für erbracht, daß dieser Krapinamensch
der direkte Vorfahr des rezenten Menschen ist, und zwar speziell der heutigen
Europäer. — A dl off betont umgekehrt, daß die Wurzelreduktion doch deutlich
das Gegenteil von primitiv sei, wie denn schon die gleichstarke Reduktion der
Erapina- und rezenten Zähne gegen Vorfahrenstellung jener sprechen würde; nun
scheine aber in Erapina die Reduktion sogar noch stärker als beim rezenten
— nicht Menschen, sondern Kulturmenschen! Auch Referenten erscheint
es etwas willkürlich, bald Merkmale phyletisch zu deuten, bald diese Deutung
zugunsten einer rein physiologischen völlig zu negieren. Adlof f benutzt alle
Merkmale, auch die von Gorjanovic-Kramberger anders gedeuteten, auf
gleiche Weise für seine Ansicht, daß der Krapinamensch kein Vorfahr des
rezenten sein könne. Dagegen hält er diese Möglichkeit für den Spymenschen
für gegeben. Dann müßte zwischen Spy- und Krapinamensch geschieden
werden, jener hätte sich fortgepflanzt, dieser, zugleich eine andere Art dar-
stellend, wäre ausgestorben (oder vielleicht noch irgendwo anders erhalten,
aber bis jetzt unbekannt).
Man sieht, wie schwer die Probleme hier sind! Welche Bedeutung
dieser Verschiedenheit der Zähne von Spy und Erapina zukommt, möchte
Referent als noch nicht entschieden betrachten, wenn er sie auch für wesent-
licher hält, als G or j an o vi 6- Kramberg er zugibt und sie phyletisch für
sehr beachtenswert findet. Trotz einzelner Abweichungen auch in osteo-
logischen Punkten ist aber andererseits hier die Artgleichheit evident —
und die Zahnunterschiede sind sozusagen nur quantitativ (Häufigkeit des
Vorkommens gewisser Merkmale). — A dl off stellt eine umfassende weitere
Publikation in Aussicht, was sehr erfreulich ist. Eine definitive Entscheidung
werden aber wahrscheinlich erst neue Funde geben. E. Fischer-Freiburg t. B.
ß. Literatur-Übersicht des Jahres 1908. 289
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Künsten en Wetensch. XLV, p. XIX— XXI.
Staat von Voorwerpen, buitgemaakt in de Landschappen Boni en Gowa, welke aan
het Bataviaasch Genootschap in bewaring zijn afgestaan. Not. Batav. Ge-
nootsch. v. Künsten en Wetensoh. XLIV, p. LVII — LIX.
Staat van voorwerpen, buitgemaakt op het eiland Bali gedurende de expeditie van
1906, welke aan het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschap
in bewaring worden afgestaan. Not. Batav. Genootsch. v. Künsten en Weten-
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-455.
C. Tagesgeschichte.
Kristiania. Am 24. April verstarb im Alter von 54 Jahren Dr. Gustaf
Guldberg, Prof. der Medizin an der Universität, der als Schüler v. Köllikers
hauptsächlich Beitrage zur Anatomie des Gehirns, sowie zur physischen Anthro-
pologie geliefert hat.
London. Am 14. März starb im Alter von 72 Jahren J. F. Hewitt, ein
Indienforscher; ebenso starb Dr. A.W. Howitt, der Führer der Burke-Wilk
Search Expedition im Jahre 'i 861, dem die Ethnographie Australiens mancherlei
Arbeiten verdankt.
München. Am 8. Mai verstarb im Alter von 58 Jahren Dr. Eduard Glaser,
ein bekannter Arabienreisender und Erforscher des 8abaischen Beiches.
D. Briefkasten.
Große Pläne schweben über den mächtig angewachsenen Materialien der Kgl.
Museen in Berlin. Jedem großen Sammelgebiet, das im Zusammenhang steht mit
der Kunst unserer Zeit und unseres Volkes, werden würdige Heimstätten erbaut
werden, geleitet von maßgebenden Männern. — Ägypten und Assyrien, Griechenland
und Born, Japan und China sollen ihre Schätze zeigen, und in der Darstellung der
deutschen Kunst wird gipfeln, was moderne Museumstechnik leisten kann; und alle
die offenbaren oder zarten Fäden, die vom Können anderer Völker und Zeiten zur
deutschen Kunst führen, werden dem Lernbegierigen klar vor Augen liegen! Aber
die Wurzeln der deutschen Kunst, die ersten Keime, die weltgeschichtlich im
grauen Halbdunkel liegen, die dem auf klassischen Pfaden wandelnden Kunst-
verständnis fern lagen von jeher, — das Können und eigene Schaffen unserer
eigenen vorgeschichtlichen Ahnen, der Germanen und Vorgermanen Kord- und
Mitteleuropas, das wird mit den Kultur- und Kunsterzeugnissen unserer gelben
und schwarzen Brüder hinausbefördert nach Dahlem: dort soll die „Völkerkunde 8
hausen, das Wissen von den „niederen Völkern und den primitiven Kulturstufen
ohne „hohe" Kunst. Es gibt zwar einen staatlichen Lehrer für deutsche Archäo-
logie, deutsche Vorgeschichte in Berlin; er ist nicht um Gutachten und Bat ge-
fragt worden. Von der neuen, kräftig emporblühenden Wissenschaft, die er an
der Spitze von wenigen deutschen Fachgelehrten vertritt, ist kein Hauch in den
Zukunftsplänen des „Deutschen Museums" zu spüren; daß wir eindrangen in die
„graue Vorzeit" Europas, schon recht viel zu sagen und zu zeigen hätten über die
Entwicklung der Völker Europas und auch über die Wurzeln einer Kunst Nord-
europas vor der „klassischen Zeit", das scheint völlig unbekannt; oder fürchtet
man des Chauvinismus geziehen zu werden, wenn man alle, auch die ältesten
Zeugnisse vaterländischer Kuns-t und Kultur vereinigen würde an hervor-
ragender Stelle inmitten der Hauptstadt des Deutschen Beiches? Es
würde allerdings kein „Kunstmuseum" werden: aber es könnte, von Männern
ernster Wissenschaft geleitet, eine Stätte der Erforschung unserer Kultur-
geschichte, der Wurzeln unserer deutschen Art und Kunst werden. Andere
Länder und Völker sind uns vorangegangen mit ähnlichen Einrichtungen — könnte
im Deutschen Beiche nicht auch eine Forschungsstätte für Kulturgeschichte der
deutschen Lande erstehen ? Material genug — übergenug birgt für die Vorgeschichte
das Völkerhaus an der Königgrätzerstraße , das nicht zu groß sein würde für ein
Nationalmuseum für deutsche Kulturgeschichte! Hahne -Hannover.
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. t. Lusehan, H. Seger, G. Thilenius
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 5. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeine*, Methoden.
807. Eugen Fischer: Jahresbericht der Literatur über Physische
Anthropologie. Bd. II: Bericht über das Jahr 1906. Sonder-
ausgabe aus Schwalbes Jahresbericht über die Fortschritte der
Anatomie und Entwicklungsgeschichte. (N. F., Bd. XII, Teil III,
Abt. IL) Jena, G. Fischer, 190&
In diesem soeben erschienenen Jahresbericht werden 540 Titel von Ar-
beiten, welche in das Gebiet der physischen Anthropologie fallen oder dieses
berühren, aufgeführt; eine große Anzahl derselben wird auch besprochen.
Aufs neue sei hier (vgl Zentralbl. f. Anthr. 1908, S. 1) darauf hingewiesen,
daß die Verlagsanstalt im Einklänge mit dem Herausgeber die dankenswerte
Einrichtung getroffen hat, diesen Bericht auch separat (su dem mäßigen
Preise von 6 Jft) abzugeben, so daß auch diejenigen Anthropologen, die nicht
in erster Linie Anatomen sind, und für die also der Besitz des Schwalbe-
schen Jahresberichtes weniger wichtig ist, ihn erwerben können. Ebenso sei
nochmals darauf hingewiesen, wie wichtig es nicht nur im Interesse des Re-
ferenten, sondern auch im eigenen Interesse der Autoren sowie dem all-
gemeinen der Wissenschaft ist, daß Separate, besonders solche aus schwerer
zugänglichen Zeitschriften, an den Herausgeber oder den Referenten ein-
gesandt werden; dasselbe gilt übrigens auch für unser Zentralblatt!
P. Bartels- Berlin.
808* J. U. F. Kohlbrugge: Die morphologische Abstammung des
Mensehen. 102 S. (Studien u. Forsch, zur Menschen- u. Völker-
kunde, herausg. v. B u s c h a n. Bd. II.) Stuttgart, Strecker u. Schröder,
1908.
Mit dieser Studie Kohlbrugges liegt die erste (somatisch-) anthropolo-
gische Arbeit vor aus einer vom Herausgeber unseres Zentralblattes ins Leben
gerufenen und hoch willkommenen Serie kleiner Monographien aus dem Gebiete
der Anthropologie, Ethnographie und Urgeschichte.
„Morphologische" Abstammung will Verfasser seine Untersuchungen
nennen mit Rücksicht auf die Philosophen, welche den konsequent natur-
wissenschaftlichen Standpunkt einseitig finden könnten und im Hinblick auf
Zentadblfttt für Anthropologie. 1908. yj
258 A Referate. Allgemeines, Methoden.
Arbeiten aus dem vorletzten und früheren Jahrhunderten, die auch die physi-
sche Seite berührten — wohl etwas viel Rücksichtnahme.
Die Studie gibt eine sehr gute Übersicht über alle die Fragen, die sich
erheben beim Versuche, die einzelnen Etappen auf dem Entwickelungsgange
des Menschen darzutun. Die Lösungs versuche und Beiträge dazu, die
Schwalbe, Klaatsch, Kollmann, Ranke u. a. gebracht haben, werden
kritisch beleuchtet, überall die schwächeren Stellen der betreffenden Hypo-
thesen herausgehoben; auch wird die Vereinigung der Tatsachen der Schlüsse
aus sich widersprechenden Meinungen versucht. Da Fortschritt auch im
Aufweisen von Fehlern und Lücken besteht, ist er auch in dieser Kritik ge-
geben, positiv Neues ist kaum geboten.
Ein Referat über dieses Referat ist schwer, so sei nur der Hauptgedanken-
gang wiedergegeben: Zunächst wird Schwalb es grundlegende Untersuchungs-
reihe über Pithecanthropus und Neandertalkreis dargestellt, wobei eine Anzahl
Tabellen nach Schwalbe und anderen Autoren die Lücke zwischen den
Variationsgrenzen des rezenten und des neandertalen Menschen recht ein-
engen, so daß die besonders scharfe Isolierung des Neandertalers etwas ver-
liert. Weiter wird die Kollmannsche Ansicht dargestellt über das gegenseitige
Verhältnis von Anthropoiden und Mensch, die ja besonders auf der Mensch en-
ähnlichkeit des fötalen Affenschädels beruht; die Einwände Schwalbes könnten
dabei noch ausführlicher erwähnt werden, insbesondere die Parallelfälle anderer
Säuger (Katze usw.). Daran anschließend wird die Pygmäenhypothese erörtert.
Sehr verdienstlich ist es, daß Verfasser eine ältere Arbeit, nämlich von
Aeby (1867), wieder ans Tageslicht zieht, worin Verhältnis von Gesichtsschädel
und Hirnschädel, dann Größe und Ausbildung des Hinterhauptes usw. bei
Primaten vergleichend untersacht werden und als menschenähnlichste Form
die südamerikanische Chrysothrix aufgewiesen wird. Diese Tatsache wird für
Verfasser verwendbar einmal zur Stütze der Kollmann sehen Meinung, niedrige
Formen müßten relativ menschenähnlich sein, dann aber zieht Verfasser den
Schluß, man könnte daraus die Herleitung des Menschen aus platyrrhinen
Formen unternehmen mit Umgehung der Katarrhinen; eine große Anzahl Tat-
sachen, die eine hohe Entwiokelung und menschwärts gerichtete Spezialisierung
bei Südamerikaaffen beweisen, werden beigezogen zur Stütze. Damit wäre dann
vielleicht die Ansicht vereinbar, nach der die Entwickelung dieser Westaffen
über die Entwickelungsbahn von Tarsius ging, dessen Stellung nach Hu-
brecht u.a. erläutert wird. Endlich werden als Hypothese, die den Menschen
noch weiter zurück wurzeln läßt, nämlich direkt in generalisierten, eoeänen
Säugern unter Ausschluß der Affen, Klaatschs Ansichten wiedergegeben.
In gewissem Zusammenhang mit all diesen Problemen steht nun die Frage
nach niedrigen Rassen und Rassenmerkmalen, deren Erörterung den Schloß
bildet. Hagens Ansichten über primitive Physiognomien werden kurz be-
sprochen; Verfasser findet sie nicht begründet; er reflektiert ausführlich über
primitive und nichtprimitive Merkmale, ob man primitiv nennt, was an
embryonale Formen oder was an Affenformen erinnert — Neues kommt dabei
nicht heraus.
Die ganze Arbeit ist für alle dem Probleme ferner stehenden recht gut,
um zu zeigen, was gesicherte Forschungsergebnisse sind, wo noch Kritik und
Zweifel nötig sind, aber ein plastisch klares Bild über die den verschiedenen
Theorien zugrunde liegenden Tatsachen gibt Verf. nicht, wollte er auch nicht
tun, trotzdem dem wissenschaftlichen Publikum aus den Reihen der Nicht-
Anatomen gerade die Darstellung auch der Grundlagen sicher willkommen
wäre. Und dem, der selber in den Problemen drin steckt, gibt sie wohl kaum
A. Referate. Allgemeines, Methoden. 259
Neues, nur willkommene Anregung einmal von anderem Standpunkt aus ge-
wohnte Überlegungen zu betrachten — und diese sie dankbar begrüßt.
E. Fischer-Freiburg i. B.
309. Max Steiner: Die Lehre Darwins in ihren letzten Folgen. Bei-
träge zu einem systematischen Ausbau des Naturalismus. Vll
u. 244 S. Berlin, Ernst Hofmann u. Comp., 1908.
Der Autor dieser Beiträge ist nicht etwa selbst Naturalist, sondern sein
Ziel ist, den Naturalismus und besonders die Entwickelungslehre zu vernichten,
teils mittels der Erkenntniskritik, dieser beliebtesten Waffe moderner Sophisten,
teils durch andere Mittel, unter denen die üblichste nicht fehlt : Entstellungen
durch unbefugte Unterstellungen. Dem gleichen Ziel dient auch die „von
einer freien Warte aus u oft und mannigfaltig hervorgekehrte spöttische,
souveräne überlegene Geringschätzung der Erfahrungswissenschaften und
ihrer aufrichtigen Diener, die mit Vorliebe als „zünftlerische", „unlogische",
„unkritische", „unwissende", auch „unaufrichtige" und „erstaunlich un wahr-
haftige" „Spezialisten" charakterisiert werden. Wieviel Schuld an den Ent-
stellungen, deren sich der Autor gegen die Entwickelungslehre bedient, der
polemischen Tendenz zuzuschreiben ist, und wieviel den sehr großen Lücken
seiner biologischen Kenntnisse, muß dahin gestellt bleiben ; sicher ist nur, daß
sie beide in derselben Richtung wirken. Im übrigen ist seine biologische
Orientierung in mancher Hinsicht nicht gering, und es mag den philosophie-
stolzen Autor genug Überwindung gekostet haben, sich mit der biologischen
Fachwissenschaft, deren „agitatorischer Überschätzung 44 er sich gewiß nicht
mitschuldig macht, soweit zu befassen, als er es getan.
Ihm ist (mit Kant) die ganze Deszendenzphantasie „nur ein gewagtes
Abenteuer der Vernunft". Der Haupteinwand, den Steiner im Anschluß an
Kant und Schopenhauer gegen die Entwickelungslehre vorbringt, ist
folgender: Der Naturforscher stellt sich die Pflanzen und Tiere, die vor der
Entstehung des Menschen gelebt haben, gerade so vor, als hätte ein mensch-
liches Auge sie jemals geschaut, obwohl vorausgesetzt wird, daß die subjektive
Fassung der menschlichen Sinne damals gar nicht wirksam war. Der Begriff
einer menschlichen Sinnen weit ohne menschliche Sinne enthalte aber eine
widerspruchsvolle und unlogische Annahme. Mit der Wissenschaftlichkeit des
Abstammungsdogmas zu prahlen, sei also recht unnütz, es ist nur Metaphysik.
Die Anschauung, die sich den Sinnen der Tiere von der Beschaffenheit der
Umgebung mitteilt, sei der menschlichen vielleicht diametral entgegengesetzt.
Die ganze „Einheitlichkeit aller Organismen" sei nur eine blutlose Abstraktion.
Die Entwickelungstheorie bediene sich der Annahme, daß die Außenwelt
an sich gerade so sich verhalte, daß menschliche Logik (!) und menschliche
Erfahrung, menschliche Mikroskopie und menschliches Experiment maßgebend
seien für einen außermenschlichen Zustand. Das sei ein extremer Anthro-
pomorphi8mus. Uns über die vormenschliche Zeit irgendwelche Vorstellungen
zu machen, das verbietet also die Erkenntniskritik. „Erkenntniskritisch ge-
wertet ist der Darwinismus nicht etwa eine Hypothese. Er ist nur die Hypo-
these einer Hypothese" (S. 46). — Die erwähnte Unzulänglichkeit der mensch-
lichen Logik bezieht sich aber nur auf die naturwissenschaftliche Logik,
beileibe nicht auch auf die erkenntniskritische, die dem Autor durchwegs für
unfehlbar und unwiderleglich gilt (S. 66). Vom hohen philosophischen Roß
herab predigt er der Naturwissenschaft ihre Inferiorität 1 ).
l ) Um wieviel mehr die gegenteilige Wertung berechtigt ist, ist im 1. Kapitel
meiner a Nationalbiologie " (Jena 1905) dargestellt.
17*
260 *A. Referate. Allgemeine», Methoden.
Er entlarvt sodann den Entwickelungsbegriff, der die Fiktion in sich
schließe, daß unsere Schattierungen des „Höheren* 4 und des „Niedrigeren",
des „ Einfachen u , absolute Eigenschaften seien. Tatsächlich haben denkende
Naturforscher die Subjektivität dieser Begriffe nicht verkannt, aber die
Deszendenztheorie kann dieser hinfälligen Begriffe auch entraten, sie setzt
streng genommen nur eine chronologische Ordnung der Organismenarten
voraus, die allerdings im großen und ganzen mit deren zunehmender Kom-
pliziertheit sich zu decken scheint. — Völlig unrichtig ist, daß Darwins Ent-
wickelungslehre die Hypothese der Urzeugung, d. i. die Annahme eines
„hyperempirischen Wunders tf , verlange; denn seine Lehre beschrankt sich auf
die Stammesverwandtschaft der tatsächlich vorhandenen und vorhanden ge-
wesenen Organismen.
Besonders großen Wert legt Steiner darauf, den Darwinismus dadurch
in Mißkredit zu bringen, daß er seine ethischen Konsequenzen deduziert,
natürlich so, daß sie unseren sittlichen Idealen und den herrschenden sozialen
Strömungen schroff widersprechen. Auffälligerweise ist ihm die neuere Lite-
ratur des „praktischen Darwinismus tt , obgleich sie ins Unübersehbare an-
zuwachsen sich anschickt, entweder wirklich völlig unbekannt, oder er ignoriert
sie gerne, weil es für die den Tendenzen des Buches dienlichen Irrtümer nicht
förderlich wäre, sich mit ihr auseinanderzusetzen. „Sowohl Freunde wie
Gegner der Selektionstheorie schoben die biologische Seite des Darwinismus
in den Vordergrund« Um das kulturelle Problem, das in der Darwinschen
Lehre verborgen ist, kümmerte man sich recht wenig", beliebt er im Vorwort
sehr irrig zu sagen, und als Erklärung für die angebliche Tatsache, daß die
weitaus wichtigere kulturelle Seite des Darwinismus bisher fast gar nicht be-
rührt worden, daß seine Folgen für die Moral, die Politik, die Humanität, das
Geschlechtsproblem bisher so wenig erkannt worden seien, gibt der Verfasser
an, daß die Darwinisten das Hervorkehren sittlicher Fragen am meisten zu
scheuen hätten. Der Darwinismus soll gezwungen werden, entweder die al-
truistische Moral oder sich selbst aufzugeben. Diese sei religiösen Ursprungs.
(Das ist zwar nicht richtig, aber es wird so oft unwidersprochen behauptet,
daß es den meisten als ausgemacht gilt.) Angeborene moralische Neigungen
gebe es nicht „Wer Probleme mit „angeborenen Neigungen" anstatt mit
Gründen aufhellen will", hat auf ein „Turnier mit geistigen Waffen ver-
zichtet", meint er gegen Darwin. Das soziale Leben fuße nur auf Verträgen,
und das Bindemittel zwischen sozialem Leben und Selbstliebe sei die Logik,
nicht der „ soziale Instinkt". Der Intellekt allein genüge, die Geselligkeit
dem Menschen anzuraten. Von jenen Sozialanlagen, die ähnlich wie die
Sprachanlage, zu ihrer Entwickelung äußerer physischer Einwirkungen be-
dürfen, sowie von dem Vorkommen von Defekten dieser Anlagen (moral in-
sanity) weiß der Verfasser nichts, ebenso von dem auch in der Tierwelt weit
verbreiteten, für die Fortsetzung der Generationenreihe unentbehrlichen
Familien- und Sozialaltruismus, desgleichen davon, daß der Darwinismus ganz
in Übereinstimmung mit seinen Grundanschauungen den sozialen Tugenden
hohen Kollektiv auslese wert zuerkennt. „Unbedingte Vertretung des eigenen
Vorteils und Vernichtung des Schwächeren schmücken, segnen und verjüngen
(der Entwickelungsidee zufolge) die Welt" (S. 109). Die Deszendenzlehre
„verdammt die Unterstützung der Schwachen und zieht dem Genießen (!) der
Gesunden, Klugen und Sohönen keine Schranken" (S. 223). Sie führt auch
zu Polygamie. Monogamie und Christentum lassen sich nicht voneinander
trennen. „Die Mittel sind (nach Darwinistischer Wertung) niemals für sich
allein edel, erst der Zweck heiligt die Mittel." „Wer sich mit Erfolg durch-
A. Referate. Allgemeines, Metboden. 261
sofalägt, ist . . . der Repräsentant einer vorzüglichen Varietät. tt „Charakteren
bringt der Darwinismus kein Verständnis entgegen/ Aucb die Wahrheitsliebe
könne nach dessen Wertung verderblich sein (S. 107, 108). Daß der Minder-
wertige lebe, müsse nach Darwinistischer Ethik als sein Verbrechen gelten.
In Wirklichkeit braucht „der praktische Darwinismus tf nur eine (mit in-
direkten Mitteln erreichbare) Vervollkommnung der Fortpflanzungs-
auslese anstelle der rohen Lebensauslese anzustreben, und auch er verlangt
eine altruistische Moral, allerdings nicht die speziell christliche. Daß der
Verfasser dies nicht sieht, mag sich durch seine völlige Unkenntnis der neueren
darwinistisch-soziologischen Literatur, für welche ihm die Orientierungsarbeit
seines eigenen Denkens keinen ausreichenden Ersatz schaffte, erklären lassen.
Im ganzen würde das in glänzendem Stil geschriebene Buch jedem
talentvollen Jesuiten Ehre machen. Dr. W. Sdhallmayer-München.
310. 0. Schlaginhaufen: Zur Diagraphentechnik des menschlichen
Schädels- Zeitechr. f. Ethnol. 1907, Bd. XXXIX, S. 85—107.
Nach Besprechung der historischen Entwickelung der Diagraphentechnik
und nach kritischer Würdigung unseres heutigen Instrumentariums, wobei der
Martinsche Kubuscraniophor auf das wärmste empfohlen wird, geht der Ver-
fasser auf die Wahl der Kurven über. Die Kurven müssen so gewählt sein,
daß sie die charakteristischen Eigenschaften des Schädels möglichst prägnant
ausdrücken. Der Verfasser bediente sich bei seiner Untersuchung des schon
von den Gebrüdern Sara sin angewandten Kurvensystems. Dasselbe besteht
aus drei Sagittalkurven : der Median-, der Augenmitten- und der Augenrand-
sagittale, aus drei Frontalkurven: der Ohrfrontale, der vorderen und der
hinteren Frontale (durch die Mitten der Abstände der Ohrfrontale vom vor-
dersten und hintersten Punkt des Hirnschädels) und aus vier Horizontal-
kurven: der Basalkurve (durch die Frankfurter Horizontale repräsentiert), der
Augenmittenhorizontalen, der Glabellarhorizontalen und der Scheitelhorizontalen
(durch die Mitte des senkrechten Abstandes der Glabellarhorizontalen vom
höchsten Punkt des Scheitels). Zeichnet man die Kurven eines Systems über-
einander und zieht man bestimmte Orientierungsradien , so treten die Form-
unterschiede der Schädel deutlich hervor, was der Verfasser an einem Russen-
und einem Australierschädel demonstriert. So charakterisiert sich z. B. der
seitlich steil abfallende Australierschädel, dessen Seitenwände in der ganzen
Sagittalrichtung der Medianebene fast parallel laufen, gegenüber dem Russen-
schädel in den Frontalkurven sehr deutlich. Am wichtigsten sind die Ab-
stände der Kurven in der Richtung der einzelnen Orientierungsradien, die
sich am besten durch Indices ausdrücken und dann tabellarisch vergleichen
lassen. Sehr kompliziert sind die Horizontalkurven, die einen geringen Ab-
stand haben und sich daher häufig kreuzen. Das ganze Kurvensystem, zu
dessen Analyse der Verfasser nur einen Anfangsversuch machen will, ist ein
holocraniales; es eignet sich, um das Verhältnis von Gehirn und Gesichts-
schädel auszudrücken. Zu Untersuchungen des Hirn- oder Gesichtsschädels
allein ist es, wie der Verfasser richtig bemerkt, nicht ausreichend. Die An-
regung, die der Verfasser mit seiner Untersuchung gegeben hat, wird hoffent-
lich bald beherzigt werden, und es wird sich dann zeigen, in welchem Maße
diese Methode unsere anthropologische Erkenntnis zu fördern imstande sein
wird. Friedemann-Berlin.
311. E. Fischer: Die Bestimmung der menschlichen Haarfarben.
Korrespondenzbl. d. deutsch. Anthropologischen Gesellschaft 1907,
Jahrg. XXXVIII, Nr. 9 bis 12.
262 A. Referate. Anthropologie.
Der Martin sehen Probetafel für die Irisfarbe des Auges und der
v. Lasch ansehen Hautfarbentafel will der Verfasser eine brauchbare Haar-
farbentafel an die Seite setzen. Zwar sind die Versuche hierzu nicht neu,
jedoch verfolgt der Verfasser bei der Auswahl der Farben ein eigenes Prinzip ;
er ordnet die Mannigfaltigkeit der Haarfarben in zwei Reihen, die grau-
schwarze und die gelb- braune. Danach stellen „Schwarz" und „Blond* nicht
einfach die entgegengesetzten Enden einer einzigen Reihe dar, sondern beim
Blonden sowohl wie beim Schwarzen hatte man auf eine gelbe oder graue
Komponente zu achten. Richtiges Schwarz findet sich nur in der grau-
schwarzen Reihe, während in der gelb -braunen Reihe das Braun -Schwarz,
das man gewöhnlich einfach als Schwarz bezeichnet, untergebracht ist.
Beim Blond gehört wiederum das Aschblonde der grau-schwarzen Reihe an,
während die gelbnüanzierten blonden Haarfarben wie Semmelblond usw. zu
der gelb -braunen Reihe gehören. Verfasser glaubt, daß die zwei Reihen
häufig zwei Rassenelemente anzeigen. So sind die Slawen wahrscheinlich grau-
blond, die Germanen gelb-blond, gold-blond und rot-blond. Die roten Tinten
stellen nach Verfassers Ansicht im Gegensatz zu der Frederics keine eigene
Reihe dar, sondern lassen sich lückenlos von der gelb-braunen Reihe abzweigen.
Die Haarfarbentafel besteht aus 30 Proben, welche 27 verschiedene
Farben repräsentieren. Die Proben werden aus einer besonders präparierten
Zellulose hergestellt, genau nach Original -Haarproben gefärbt und befinden
sich in einem aufklappbaren Etui Die ganze Tafel kostet 20 tM und ist von
der Firma Franz Rosset in Freiburg L Br. zu beziehen. Ob sie sich bewähren
wird, kann nur die Erfahrung lehren. Friedeinann- Berlin.
II. Anthropologie.
812. St. Oppenheim: Die Suturen des menschlichen Schädels in
ihrer anthropologischen Bedeutung. K orresp ondenzbL d. deut-
schen Anthropol. Ges. 1907, Jahrg. XXXVIII, Nr. 9 bis 12.
Der Verfasser unterscheidet bei der Untersuchung von Nahtstücken
den Index und die Form. Den Index gewinnt man durch Vergleich der
Bogenlänge des Nahtstückes (mit dem Bandmaß gemessen) mit der Länge
der gezackten Naht (durch Umlegen eines angefeuchteten Seidenladens
um die Zacken der Naht). Die einzelnen Abschnitte der verschiedenen Schädel-
nähte erklären sich aus den Verhältnissen des kindlichen Schädels.
In bezug auf den Index lassen sich deutliche Rassenunterschiede fest-
stellen. Der Verfasser untersuchte zu diesem Zwecke 460 Schädel, unter
denen sich auch mikrokephale und hydrokephale Schädel befanden. Die Re-
sultate werden an der Hand von Mittelwertskurven demonstriert, wobei der
Nahtindex der Schweizer als Basis gewählt wurde. Je höher der Nahtindex
ist, desto größer ist die Komplikation der Naht. Auffällig ist der niedrige
Index der Chinesen, beim Schweizer und Berber ist er im allgemeinen am
höchsten. Da die Form der Naht von der Zeit der Obliteration abhängt
(Gratiolet, Ribbe und Fred6ric), die Zeit der Obliteration der einzelnen
Nähte wiederum mit der Schädelform in Beziehung steht, so verspricht das
Studium der Schädelnähte bei näherer Kenntnis der hier obwaltenden Gesetse
später einmal aussichtsreich zu werden. Friedemann-Berlin.
313. 6. Buschan: Mongolismus. Encyklopäd. Jahrbücher der gesamt.
Heilkunde. N. F., Bd. VI. Berlin u. Wien, Urban u. Schwarzen-
berg, 1908.
A. Referate. Anthropologie. 263
Wieder hat uns der rührige Herausgeber des Zentralblattes eine seiner
zusammenfassenden Krankheitsmonographien beschert, die er so meisterhaft
und mit glänzender Beherrschung der Literatur in kurzen Zügen zu entwerfen
versteht. Es handelt sich dieses Mal wieder um eine den Anthropologen sehr
interessierende Erscheinung der Nervenpathologie, um jene Form der an-
geborenen Idiotie, die wir als Mongolismus bezeichnen. Die Arbeit erschöpft
vollständig unsere heutigen Kenntnisse über die in Ätiologie, Pathogenese und
Endverlauf noch unaufgeklärte Krankheit und empfiehlt sich daher von selbst
zur besten Orientierung über das eigenartige Phänomen des Mongolismus. —
Inwieweit etwa das Vorkommen des mongoloiden Typus (anscheinend) ohne
Idiotie, wie er fast unter allen Völkern, wenn auch als seltene Erscheinung,
beobachtet wird, eine Brücke zum Verständnis des Mongolismus bilden kann,
bliebe noch zu erforschen. H. Laufer-Luxor.
314. L. Lapicque: Tableau general des poids somatique et encepha«
lique dans les especes animales. Bull, et Mem. de la Soc
d'anthropol. de Paris 1907. Tome VIII, p. 248—270.
Um das Verhältnis Körpergewicht zu Hirngewicht zu veranschaulichen,
teilt Lapicque eine Tabelle mit, indem er auf die Abszissen das Körper-
gewicht und auf die Ordinate n das Hirngewicht einträgt, und zwar in geo-
metrische!* Progression. Die Teilstriche lauten also 1, 10, 100 usw. und nicht
1, 2, 3. Er nennt dies echelle logarithmique. In die so gebildeten Vierecke
wird nun durch Punkte jedes Gehirn an der für dieses angewiesenen Stelle
eingetragen, was sehr erleichtert wird durch Anwendung eines ebenfalls loga-
rithmisch (in geometrischer Progression) eingeteilten Lineals. Man erzielt hier-
durch eine genaue Einteilung, ohne in die Riesendimensionen einer Tabelle zu
verfallen, welche arithmetisch eingeteilt wäre. Sehr große und sehr kleine
Tiere stehen nun nahe nebeneinander, denn die Unterschiede oder Entfernungen
zwischen den Punkten sind nur Unterschiede der relativen Verhältnisse
zwischen Gehirn und Körpergewicht. Diese Punkte kann man nun wieder
durch gerade Linien miteinander verbinden. Tut man dies für verwandte
Tiere, dann erhält man Linien, die einander parallel sind. So ist die Linie
Löwe, Puma, Lynx, Katze parallel zur Linie Ratte, Maus, ebenfalls parallel
zur Linie Orang-Utang, Gibbon, und alle sind gleichzeitig parallel zu Linien,
welche die Gehirnpunkte für Raubvögel oder Schwimmvögel untereinander
verbinden. Diese Linien nennt Lapicque Isoneuralen; sie weisen allen
Tiergruppen einen Strich in der Tabelle an, je nach ihrem relativen Gehirn-
gewicht. Es ist beachtenswert, daß Insectivoren und Nagetiere auf dieselbe
Isoneurale fallen, und daß die Beuteltiere eine höhere Isoneurale zeigen als
erstere, und zwar zwischen diesen und den Raubtieren. Die Isoneurale des
Menschen liegt weit oberhalb der der Anthropoiden, auch oberhalb der süd-
amerikanischen Affen, die man sonst dem relativen Hirngewicht nach wohl
-dem Menschen am nächsten gestellt hat. Soweit stimmen die Isoneuralen
sehr schön mit unseren Begriffen über psychisches Können überein, und nur
der Elefant bildet eine Ausnahme, da seine Isoneurale zwischen Mensch und
Anthropoiden liegt. Diesen Ausnahmefall (auf welchen früher Dubois bereits
hinwies) will Verfasser noch näher studieren und zu erklären suchen. Zieht
man in dieser Tabelle andere schräge Linien, welche nur solche Punkte ver-
binden, die ein gleiches relatives Gehirngewicht anzeigen (Verhältnis 1:20,
1:100, 1:1000), dann werden diese Linien 45° geneigt sein und die Iso-
neuralen unter einem Winkel von 15° schneiden. Dadurch wird in bildlicher
264 A. Referate. Anthropologie*
Weife veranschaulicht, daß kleinere Tiere innerhalb einer homogenen Gruppe
ein relativ schwereres Gehirn haben ab größere.
Alle diese Verhältnisse lassen sich leichter an einer Tabelle zeigen als
beschreiben, überall ergeben sich Anschlüsse an Dubois' Arbeiten im Archiv
für Anthropologie, Bd. XXV, 8. 1—28 u. S. 423—441. Die Isoneuralen Ton
Lapicque drücken dasselbe ans wie der Relationsexponent von Dubois.
Lapicques Arbeit ist eine graphische Illustration von Dubois' algebraischen
Resultaten.
Weiter bringt dieselbe eine längere kritische Betrachtung über das relative
Gehirngewicht, die Schwankungen des individuellen Gehirngewichts und ähn-
liche Fragen, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann, dem
aber zur Selbstkritik sehr zu empfehlen s^nd, der sich mit ähnlichen Arbeiten
beschäftigt.
Ich will hier nur noch hervorheben, daß viele Gehirngewichtsbestimmungen
sich in den Arbeiten Ziehens und in der Monatsschrift für Psychiatrie und
Neurologie finden, was Lapicque nicht bekannt zu sein scheint. Das inter-
essanteste Resultat der graphischen Darstellungen Lapicques scheint mir
ihr systematischer Wert zu sein, denn man kann nach seinen Isoneuralen die
Tiere in schönster Weise in aufeinander folgende Gruppen ordnen. Es zeigt
sich weiter, daß der Mensch weit über allen steht, auch über den ihm sonst
wohl nahegerückten südamerikanischen Affen. Eine Stufenbildung nach der
Gehirnmenge ist gewiß ebenso berechtigt, wie eine, die nach den embryonalen
Hüllen oder Zähnen bestimmt wird. Allerdings wäre es wünschenswert, daß,
bevor dieses Einteilungsprinzip allgemeiner verwertet wird, die ungeheure
Menge der in der Literatur niedergelegten Gehirngewichte in eine La-
picque sehe Tabelle untergebracht würden, um festzustellen, ob die Iso-
neuralen wirklich solche konstante Linien sind. J. H. F. Kohtbrugge-Ütrecht.
315. L. Lapicque: Le poids eneephalique en fonetion du poids
corporel entre individus d'une meme espece. Bull, et Mem. de
la Soc. d'anthropol. de Paris 1907. Tome VIII, p. 343—345.
Diese Arbeit ist wie die vorige für den kaum verständlich, der nicht die
betreffenden oben zitierten Arbeiten Dubois' gelesen hat.
Nach Dubois' Untersuchungen ist das Gehirngewicht einer Spezies gleich
KP°» 56 K; ist der für jede Gruppe charakteristische Koeffizient, P das
Körpergewicht, genommen in der 0,56 Potenz. — Wie verhalten sich nun die
Individuen innerhalb einer Spezies? Dazu wurden besonders Hunde und
Menschen studiert; Lapicque gelangt dabei nun im Gegensatz zu Dubois
zu dem Resultat, daß innerhalb der Spezies diese Regel nicht Gültigkeit besitzt,
daß vielmehr innerhalb einer Spezies das Gehirngewicht variiert, wie die vierte
Wurzel aus dem Körpergewicht. Oder, mit anderen Worten, innerhalb der
Spezies ist Dubois' Relationsexponent nicht 0,56, sondern 0,25. Dubois
nahm an, daß auch innerhalb der Tierspezies der Relationsexponent derselbe
bleibe (0,56), nur für den Menschen fand er bereits den von Lapicque an-
gegebenen Wert 0,25 , wodurch der Mensch sich also von den Tieren unter-
scheiden würde. Lapicque wies nun für verschiedene Säugetiere nach, daß
der Relationsexponent für alle Tiere innerhalb einer Spezies wie beim Menschen
gleich 0,25 ist, wodurch der Unterschied fortfällt, den Dubois auoh nicht
hatte erklären können.
Weiter bringt die Arbeit einen zahlenmäßigen Beweis für die schon von
Darwin erwähnte Tatsache, daß Tiere durch die Domestikation an Hirn-
gewicht verlieren. Ich möchte allerdings dazu bemerken, daß die Zahlen auf
A. Referate. Anthropologie« 265
ganz ungenügendem Material beruhen, ein Mangel, der doch nicht mehr ver-
teidigt werden sollte durch die Annahme, daß wilde Tiere weniger variieren
als domestizierte (eine alte Auffassung, die ich schon wiederholt zurück-
gewiesen habe). Längere Zahlenreihen für wilde Tiere hatten Lapicque
meine Arbeiten über Semnopithecus liefern können.
Im dritten Teil dieser Arbeit erwägt Lapicque, ob man bei Ver-
gleichung der Geschlechter den Relationsexponenten zwischen Spezies »0,56 u
oder den zwischen Individuen einer Spezies „0,25 tt verwenden soll. Nach aus-
führlicher Erörterung dieser Frage gelangt er zu dem Schluß, daß man zur
Berechnung des relativen Hirngewichts das Körpergewicht der Männer und
Weiber in der 0,56 Potenz zu nehmen habe, also den gleichen Relations-
exponenten benutzen müsse wie zwischen Spezies, und dann, daß das relative
Hirngewicht bei Männern und Weibern einander vollkommen gleich ist. Anders
ausgedrückt, gelangt er zu dem merkwürdigen Ergebnis: Lee poids corporels
et encephaliques des hommes d'une part, des femmes de l'autre, sont entre
eux exactement dans les memes rapports que s'il s'agissait de deux especes
animales distinctes et egales en Organisation nerveuse.
J. H. F. Kohlbrugge-Ütrecht
316. P. Adloff : Das Gebiß des Menschen und der Anthropomorphen.
Vergleichende anatomische Untersuchungen. 164 S., 27 Tafeln.
Berlin, J. Springer, 1908.
Adloff legt ein sehr willkommenes Werk vor, eine monographische Be-
arbeitung der Menschen- und Anthropoiden - Zähne. Die zahlreichen Detail-
angaben sind jedem, der etwa zu Studien über Anthropogenese usw. anatomische
Grundlagen über die Zähne braucht, sicher von großem Nutzen. Die Be-
schreibung der Einzelheiten und die Abbildungen ergänzen recht gut die
tabellarischen Angaben de Ter ras (s. dieses Zentralbl. 1905, S. 132) über
Zahnvariationen. Nur bezüglich der Abbildungen kann Referent leider sein
Bedauern nicht unterdrücken, daß eine ganze Anzahl der Tafeln das Ober-
flächenrelief der Zähne nicht noch deutlicher, schärfer und exakter wieder-
geben — andere sind viel besser — ; freilich ist die Darstellung der Kaufläche
von Primatenzähnen außerordentlich schwer (in jeder Technik); aber gerade
diese mühsame Publikation hätte noch vollendetere Abbildungen verdient
Eine Inhaltsübersicht soll zeigen, was die Arbeit bietet : Zunächst werden
die Zähne des rezenten Europäers der Reihe nach geschildert (als Material für
die ganze Arbeit wurden die Schädel je des anatomischen und zoologischen
Institutes in Berlin und Königsberg und die Sammlung der anthropologischen
Gesellschaft in Berlin benutzt — leider wird nicht angegeben wieviel; Me-
lanesier waren etwa 170 darunter, ob von anderen Rassen mehr als de Terra
untersuchte, dessen Material Verfasser unzureichend nennt?). Auf die Be-
schreibung der Zahnformen bei nichteuropäischen Rassen folgt die ihrer
Variationen. (Eine Größentabelle gibt nun de Terras Maße — schade, daß
Verfasser diese nicht durch Messung seines Materiales vervollständigte — ;
wir brauchen Massen Untersuchungen zur Feststellung der Variationsbreiten.)
Dann folgt eine eingehende Beschreibung der Zähne des Krapina - Menschen
(nach 89 Originalen) und menschlicher Zähne aus dem jüngeren Diluvium
(Predmost). Es ist besonders wichtig, daß durch die zwischen Adloff und
Gorjanovic - Kramberger bestehende Kontroverse unsere Kenntnis von
Details über die Zähne des so eminent bedeutungsvollen Krapina -Menschen
nur gewinnen muß. Die beiden Autoren stehen sich noch ziemlich fern. Wie
266 A. Referate. Anthropologie.
früher (vgl. dieses Zentralbl., XII, S. 363) führt Verfasser aus, daß die Krapina-
Zähne so hoch und eigenartig spezialisiert seien, daß nicht nur Zahne heutiger
niederer Rassen, Melanesier, viel mehr und deutlichere pithecoide Merkmale
besitzen, sondern daß auch rezente Europäer in manchem Punkt primitivere
Zähne haben; die abgebildeten Lingualhöcker an den Schneidezähnen sind
allerdings auffällig genug. Verfasser hat sicher in vielen diesbezüglichen An-
gaben Recht (es kann hier nicht zuviel Detail gebracht werden — die Akten
über die Bedeutung der prismatischen Wurzelbildungen und -Verschmelzungen
hält Referent für noch nicht spruchreif). Verfasser kommt zum Schluß,
daß der Ausbildung der Zähne nach der rezente Mensch nicht vom Krapina-
Mensch abstammen könne. Dagegen sind beide Autoren einig, daß die Spy-
Zähne erheblich anders aussehen; Gorjanovic-Kramberger deutet dies als
funktionelle oder lokale Variationen. A dl off legt ihm mehr Bedeutung bei;
er führt aus, daß da die Zeugnisse enthalten seien für das Existieren mehrerer
altdiluvialer Menschen - Arten und Rassen. Vom Spy- Menschen läßt sich der
heutige ableiten. Der Krapina- Mensch wäre dann ein Seitenzweig gewesen.
Referent glaubt, man kann auch sonst manchen Punkt für solche Möglichkeit
anführen, Ausprägung gewisser osteologischer Merkmale; Gor janovic -Kram-
berg er selber hat von der besonderen Varietät des Krapina - Menschen ge-
sprochen; Verfasser macht auch darauf aufmerksam, daß gewisse Schwierig-
keiten in der Altersbestimmung der Krapina - Feuerstein - Artef acte wegfielen.
Die Frage muß wohl noch weiter geprüft werden. (Als neuen Namen für die
Krapina-Sondergruppe würde Verfasser homo antiquus vorschlagen.) Gerade
dieses Kapitel zeigt, wie wir mit unseren Kenntnissen von der Stellung und
Beschaffenheit des altdiluvialen Menschen noch im Fluß sind.
Es folgt eine Beschreibung der Gebisse — aller einzelnen Zähne — der
rezenten und fossilen Anthropoiden. Unter den lebenden interessiert be-
sonders die Abbildung des Gebisses von Gorilla Beringei, das bekanntlich
Schmelzrunzeln besitzt. Bei der großen Seltenheit des Anthropoidenmateriales
hat Referent hier sehr viel zu vermissen ; es fehlt jede Angabe über die Größe
der einzelnen Zähne, jede Angabe über Häufigkeit von Varianten, wie über-
haupt auf diese nur sehr wenig eingegangen ist.
Die Beschreibung der fossilen Anthropoidenzähne schließt sich an, auf-
fallenderweise ist Pithecanthropus mitten unter sie gestellt, trotzdem Ver-
fasser später seine Sonderstellung betont. Über gegenseitige Verwandtschafts-
verhältnisse der fossilen und rezenten Anthropoiden läßt sich nach Verfasser
heute noch fast nichts sicheres sagen, er erörtert die Möglichkeiten prüfend
und stellt sie gut dar. Einen breiten Raum nehmen nun noch Erörterungen
ein über Folgerungen für die Stellung des Menschen. Verfasser betont be-
sonders die Unterschiede des menschlichen Gebisses gegen das aller einzelnen
Anthropoiden. Unter solchen Unterschieden fällt besonders auf, daß der
Mensch auch bei Prognathie stets senkrecht aufeinandertreffende Zähne hat,
der Anthropoide bei starker Prognathie schräg nach vorn gerichtete. (Hier
scheint Verfasser die Arbeit Welcker 8 über Bißformen entgangen zu sein.)
Diese Anthropoiden-Eigenheit hält Verfasser für sekundäre Anpassung an die
Nahrung, wie er überhaupt das ganze Anthropoidengebiß (mit Recht) als stark
sekundär differenziert auffaßt. Am menschlichen Gebiß sieht er kaum pithecoide,
sondern nur allgemein primitive Merkmale. Ausführlich wird nun daraus die
vermutliche Abstammung des Menschen beleuchtet. Verfasser läßt die Formen
sich aus Creodontiern über Pseudolemuriden etwa parallel entwickeln: Le-
muren, Platyrhine, Cynopithecier einschl. Gibbon, je auf selbständigen Bahnen
bis zur Creodontenwurzel zurück und ebenso von diesen letzteren aus selb-
A. Referate. Anthropologie. 267
ständig einerseits Homo, andererseits Anthropoiden. Diesen Deduktionen von
etwa paralleler Entwickelang wftre mancher Einwand zu machen, Jedenfalls
ist aber diese ganze Auseinandersetzung als ehrlicher Versuch und als sehr
anregend für solche, die der Frage von anderer Seite zu Leibe gehen, sehr
zu begrüßen.
Ein kleines Schlußkapitel zur Concreszenzfrage und eine Betrachtung
über die Zukunftsform schließt das Buch, wobei Verfasser zum Resultat ge-
langt, daß die stammesgeschichtliche Verkürzung des Kiefers, die sich auch
in der Rückbildung von Weisheits- und oberen äußeren Schneidezahnen zeigt,
eine Verschlechterung nicht bedeutet und eine gewisse Grenze nicht über-
schreiten wird in Anpassung an mechanische Ansprüche.
E. Fischer-Freiburg i. B.
317. J. Kieffer: Beiträge zur Kenntnis der Veränderungen am
Unterkiefer und Kiefergelenk des Menschen durch Alter und
Zahnverlust. Zeitschr. f. Morpbol. u. Anthropol. 1908, Bd. XI,
S. 1—82.
Es ist sehr zu begrüßen, daß in vorliegender Arbeit einmal an reichem
Material gewisse Veränderungen, die der Unterkiefer während des Lebens
durchmacht, eingehend untersucht und festgelegt werden; wir wissen über
diese Tatsachen aus der Ontogenese noch so wenig und versuchen dabei stets,
phylogenetische Rätsel an diesen Knochen zu lösen. Verfasser untersucht
sehr eingehend die Formveränderungen des Unterkiefers infolge Alters und
Zahnverlustes an großem Material. Um die allen vorgeschlagenen Messungen
anhaftenden großen Mängel der Messung vom Kinnpunkt oder vom Kondylus
aus zu dem schwer exakt festzusetzenden Winkel zu vermeiden, entwirft
Verfasser Umf angskurven , verbindet prominenteste Punkte von Kinn und
Kondylus und sucht die stets einwandfrei feststellbare höchste Erhebung des
Angulus über dieser Linie.
Nun werden zunächst Altersunterschiede festgestellt an 118 Kiefern von
1 bis 18 Jahren alten Elsässern. Der Kieferwinkel wird regelmäßig kleiner
(Mittel: 139 zu 127°). Dagegen ist vom 18. bis 90. Jahre ein reiner Alters-
unterschied nicht zu finden, wie Verfasser an 102 oberdeutschen Männern und
58 Frauen konstatiert; die individuellen Schwankungen sind dabei außerordent-
lich groß. Bei dolichokephalen Rasseschädeln (Neger, Italiener, Indier usw.)
scheint der Winkel etwas kleiner zu sein.
Nun kann der Winkel bei recht verschiedener Konfiguration des Kiefers
denselben Zahlen wert behalten; wenn sich z. B. der Kinnpunkt hebt und der
Winkel an sich größer werden will, gleicht sich dies beides aus. Verfasser
fixiert solche Verhältnisse durch Berechnung eines Index zwischen der Länge
der Kinnkondyluslinie und der Entfernung des Angulus von dieser. Da kon-
statiert er nun, daß beim Zahnlosen (jeglichen Alters) der Winkel etwas
größer und der Index kleiner wird, d. h. der Winkel vergrößert sich und
rückt dabei nach hinten und einwärts (gegen den Weisheitszahn zu). Dabei
zeigen die Schwankungen, daß die Größe jeweils von der individuellen Form
(angeboren) abhängig ist, erst in zweiter Reihe folgt die Kautätigkeit; die
Veränderung ist überdies sehr gering. Das Alter an sich ist ohne Einfluß.
Weiter folgen ausführliche Untersuchungen über die Ausbildung des Tuber-
culum articulare und des Processus articularis posterior je in ihrer Abhängig-
keit zur Kieferfunktion. Ruhe- und Tätigkeitsstellung des Kondylus sind
beim Zahnlosen und Bezahnten recht verschieden, wodurch Druckwirkungen
und Knochenschwund an jenen Stellen und am Gelenkmeniskus je entsprechend
268 A. Referate. Anthropologie.
entstehen; die Mechanik des Eaoaktes und die anatomischen Verhaltnisse
werden ausführlich besprochen. E. Fischer -Freiburg.
318. Walter Lehmann: Reisebericht aus San Jose de Costa Rica.
Zeitschr. f. Ethnol. 1908, Bd. XL, S. 439—446.
Aus diesem Bericht über eine vorwiegend archäologisch-ethnographische
Interessen verfolgende Studienreise sei als für den Somatiker wichtig hervor-
gehoben, daß Verfasser bei mehreren längeren Besuchen, die er den Chiripo-
Indianern abstattete, Gelegenheit hatte, auch anthropologische Beobachtungen
anzustellen, vor allem „bei einigen Kindern im Alter von etwa lV a bis
2 Jahren ausgesprochene Mongolenflecke an der Steißbeingegend feststellen "
konnte; bei einem Kinde sah er einen ganz gleichen bläulichen, kleineren
Fleck „am Oberarm". P. Bartels -Berlin.
319. H. E. Luedecke: Erotische Tätowierungen. Anthropophyteia,
Bd. IV, S. 75—83 und Tafel III— IX. Leipzig 1907.
Verfasser beschreibt eine Anzahl erotischer Tätowierungen und gibt dazu
sehr gute instruktive Abbildungen. Seine Arbeit ist sehr verdienstvoll. Aber
der Theorie des Verfassers dürfte wohl nicht jeder ohne weiteres zustimmen.
Er behauptet, die Tätowierung als sekundärer künstlicher Geschlechtscharakter
trete auf teils bei lediglich vorhandener Libido, teils bei starker Potenz
-(-Libido; letztere Fälle seien die Regel. Auf die „nahe Verwandtschaft
des geschlechtlichen Schmuckes zur Psychopathia sexualis" hinweisend, sagt
er, der geschlechtliche Schmuck der Frau gehe direkt auf sogenannte psycho-
pathische Anlagen des Mannes (Masochismus, Fetischismus, Faszinierung), der
des Mannes auf dergleichen Anlagen der Frau zurück. „Die Tätowierung des
Mannes tf — fährt er fort — „ist zunächst und vor allem ein Symbol der Starke
und Grausamkeit, zu dem weiblicher Masochismus (blinde Unterwerfung) das
Korrelativ ist. Ein Analogon ist hierzu das Bemalen der indianischen Krieger,
die durch den grell bemalten Körper im Feinde die Vorstellung der Unüber-
windlichkeit, Grausamkeit, Stärke wecken wollen; in der modernen Kultur-
welt ist dieser Trieb natürlich abgeschwächt und das ist bezeichnend — ins
Erotische spezialisiert. Das Symbol der Stärke (Tätowierung überhaupt) wird
hier nun — zwecks Anziehungskraft des Femininen — dadurch an Kraft
erhöht, daß es aus erotischen Emblemen gewählt wird. In jedem echten
Weibe schläft ein Stück Masochismus, das vom Manne instinktiv geahnt
wird. Und so komme ich zu dem Schlüsse, daß 1. in jedem Geschlechtswesen
alle „ psych opathischen u Anlagen vorhanden sind, die einen im Keime, die
anderen ausgebildet, eine Reihe erstickt, eine andere verkümmert, eine dritte
ausgebildet. (Meine „Selbstbeobachtung", die ich objektiv aufgezeichnet
habe, bestätigt mir das unzweifelhaft) Daß 2. in jedem Geschlechtswesen
der Trieb zu geschlechtlichem Schmuck vorhanden ist, bis auf die, deren
Psyche völlig zerrüttet ist. Und daß 3. der Trieb des einen Geschlechts-
wesens zu geschlechtlichem Schmuck auf psychopathische Anlagen des anderen
zielt" — Diese Serie von Sätzen ist weiter nichts als eine Anzahl von Be-
hauptungen, aber weit entfernt davon, ein „ Schluß u zu sein. Die Quelle
dieser Selbsttäuschung darüber liegt vermutlich in der „Selbstbeobachtung 41
des Verfassers, die ihn auf Grund seiner Gefühle, Vorstellungen und An-
schauungen zu vorstehenden Aussprüchen veranlaßte. Die Selbstbeobachtung
verleitet ja leicht dazu, einige Gefühle und Vorstellungen nach außen zu pro-
jizieren und Beobachtungen an anderen im Sinne dieser eigenen Gefühle und
Vorstellungen zu deuten. So interessant und psychologisch wichtig diese
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 269
Selbstbeobachtungen auch sind, so wenig können sie von vornherein allge-
meine Gültigkeit beanspruchen. Wir müssen mithin gegenüber der empha-
tischen Behauptung des Verfassers, daß er „eine Theorie gebildet habe, die
weit über diese Sonderfrage hinausgehen dürfte", skeptisch bleiben. Als
ganz unerwiesene Behauptung hat es zu gelten, daß Tätowierung des Mannes
ein Symbol der Starke und Grausamkeit sei; es ist unerfindlich, daß Verfasser
immer Stärke und Grausamkeit in einem Atem nennt. Ebensowenig ist es
bis heute erweislich gewesen, daß Tätowierung als geschlechtlicher Schmuck
und als sekundärer Geschlechtscharakter generell anzusehen sei. Schließlich
muß man einmal entschieden gegen die so häufig geübte Verquickung von
normal-psychischen und psychopathischen Anlagen Front machen, jetzt wo
die Wissenschaft sich bestrebt, sowohl die normale wie die pathologische
Psyche in ihrem Umfang und in ihren Übergängen zu erkennen. Erst gilt
es, zu scheiden bis in die kleinsten Einzelheiten, dann erst zu verbinden.
Aber auch dann wird man nie die Bezeichnungen der Psychopathologie auf
die Psychologie anwenden, sondern eher umgekehrt wird man die psycho-
pathischen Eigenschaften, die ja nur eine Erhöhung oder Verminderung der
normalen bedeuten, nach den normalen benennen und sie so charakterisieren,
wie jene, d. h. die normalen, pathologisch oder krankhaft verändert sind. Der
umgekehrte Weg, wie er heute so beliebt ist — allerdings durch die viel-
fache Befruchtung der Psychologie durch die Psychopathologie erklärlich — ,
führt zu heilloser Verwirrung. H. Laufer-Luxor.
320. P. Strassmann: Die anthropologische Bedeutung der Mehr-
linge. Zeitschr. f. Ethnol. 1908, Bd. XL, S. 362—882; mit
11 Abb. u. 11 Tabellen.
Eine allgemein verständliche Darstellung der an die Mehrlingsgeburten
sich knüpfenden Fragen, in Anlehnung an viele eigene und fremde Beob-
achtungen (welche natürlich bei dem großen darüber vorliegenden Beob-
achtungsmaterial noch vielfach hätten versucht werden können), deren allge-
meiner Gedankengang dahin gerichtet ist, zu zeigen, daß die Mehrlingsgeburten
eine seltener werdende, rückständige Art der Fortpflanzung darstellen, und
daß die erhöhten Gefahren, denen die Mehrlingsmutter und die Früchte aus-
gesetzt sind, dazu beitragen, eine weitere Einschränkung der Multiparität
und den Übergang zur Uniparität herbeizuführen. P. Bartels -Berlin.
III. Ethnologie and Ethnographie.
Allgemeines.
321. Joseph Mazzarella: Les types sociaux et le droit. Paris,
Octave Doiu, 1908.
Den Hauptraum dieses Buches nimmt eine Untersuchung derjenigen
Eheform ein, wie sie besonders bei den Malaien vielfach entwickelt ist: der
Mann tritt zu der Sippe der Frau über und gerät ihr gegenüber in eine
ziemlich untergeordnete Stellung. Durch Anwendung eines vergleichenden
Verfahrens kommt der Verfasser zu dem Ergebnis, daß diese Eheform in be-
stimmten wirtschaftlichen Bedürfnissen ihren Ursprung habe, nämlich in der
Existenz ausgedehnter Ernährungsquellen, zu deren Ausbeutung es an der
erforderlichen Menschenkraft fehlt. Aus der Natur dieser Ursache leitet der
Verfasser eine ehemalige universelle Verbreitung dieser Eheform ab, woraus
sich für ihn auf Grund eines vergleichenden Verfahrens eine entsprechende
Verbreitung der Mutterfolge und der Sippenorganisation ergibt. Daß sich
270 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
eine solche Universalität für die Matterfolge aus der Morgan sehen Theorie
angesichts ihrer unsicheren Grundlagen nicht ableiten läßt, wird dabei aus-
drücklich vom Verfasser bemerkt.
Weitere Erörterungen des Buches drehen sich darum, daß im Gegensatz
zu einem von Post aufgestellten Schema die gesellschaftliche Organisation
der Naturvölker nur zwei entwickelungsgeschichtlich aufeinander folgende
Typen erkennen lasse, nämlich denjenigen der Sippenorganisation und den-
jenigen der Feudalorganisation« — Endlich enthält das Buch Erörterungen
und Vorschläge für die Entwickelung einer strengen Methodik, durch welche
die ethnologische Jurisprudenz zu einer sicher fundierten Aufstellung allge-
meiner Typen und Entwickelungsstufen befähigt werden soll. Dieses Be-
streben um eine Verbesserung der Methodik ist gewiß anzuerkennen« aber
die hier gegebenen Proben bleiben hinter dem vom Verf. selbst aufgestellten
Ideal weit zurück. Für die hier mitgeteilten Einzeluntersuchungen wird die
Kontrolle durch den Mangel an Quellenangaben und den wiederholten Verweis
auf andere Publikationen des Verfassers sehr erschwert. Auf die Bedenken
endlich, welche sich gegen die Aufstellung allgemeiner Schemata erheben,
braucht nur hingewiesen zu werden.
Vierkandt- Grroß-IAchterfelde b. Berlin.
322. Felix Rosen: Darstellende Kunst im Kindesalter der Völker.
Zeitschr. f. angew. Psychol. 1907, Bd. I, Heft 1, S. 93 — 118;
mit 6 Abb.
323. Max Yerworn: Zur Psychologie der primitiven Kunst. Mit
35 Abb. Naturw. Wocbenschr. 1907, Bd. XXII, Nr. 44; auch
in Buchform, 47 S. Jena, G. Fischer, 1908.
In den Zeichnungen unserer Kinder finden wir eine auffallende Über-
einstimmung mit den bildlichen Darstellungen der Naturvölker auf niedriger
Entwickelungsstuf e ; beide wollen erzählen, Ereignisse schildern. Die gleiche
Beobachtung können wir an den Zeichnungen des prähistorischen Menschen
machen. Auch in den Anfängen der Malerei der Renaissanceperiode treten
allerhand Züge hervor, die an solche primitive Darstellungsart erinnern, wie
Rose an dem Beispiele Giottos zeigt. Bis zu dem Zeitpunkte des wieder-
erwachenden Verständnisses für das klassische Altertum kannte die Malerei
nur geistlos schematisch wiederholende Darstellungen im byzantinischen Stile;
der individuelle Zug ging diesen Bildern ab, denn für die Charakterisierung
der dargestellten Personen genügte der beigesetzte Name. Giotto war der
erste, der sich von diesen Banden der byzantinischen Kunst frei machte.
Seine Auffassung entspricht vollständig der der kindlichen Darstellung. Wie
bei dieser, sind die Bildnisse nur durch charakteristische Umrisse gekenn-
zeichnet; die Farbe dient nur zum Decken der Fläche; es fehlt die Schattierung.
Außerdem sind die Figuren nicht auf festen Grund gestellt; sie erscheinen
ferner zu groß gegenüber den Hauptgegenständen ihrer Umgebung; die
Kenntnis der Perspektive geht dem Künstler noch ab. Erst Masaccio
setzte die Häuser und Bäume zu den Figuren ins richtige Verhältnis. Wäh-
rend Giotto in seinen Bildern nur erzählt, schildert Masaccio nebenbei
noch. In seine Darstellungen kommt bereits Stimmung hinein. Selbst die
Quattrocentisten (Boticelli) vermochten noch nicht das Kindliche in ihrer
Kunst abzustreifen.
Verworn beschäftigt sich mit der Entwickelung der Zeichen-
kunst in der vorgeschichtlichen Zeit. Er will bei der künstlerischen
Wiedergabe von Gegenständen zwischen physioplastischen und idioplastischen
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 271
Zügen unterschieden wissen. Die ersteren kennzeichnen die direkte sinnliche
Naturbeobachtung; sie stellen die unmittelbaren Erinnerungsbilder des Aus-
druckes der gesehenen Gegenstände dar, die letzteren dagegen beruhen bereits
auf einem abstrahierenden, theoretisierenden Yorstellungsleben; es wird hier
kein reines Erinnerungsbild zur Darstellung gebracht, sondern das, was der
Zeichner im Augenblick des Zeichnens von dem betreffenden Dinge aus dem
Gedächtnis weiß; er gibt das wieder, was er von dem Gegenstände durch
assoziative Kombination gelernt hat. Unter diesem Gesichtspunkte prüfte
Verfasser die uns aus der Vorzeit überkommenen Zeichnungen. Die Dar*
Stellungen des Paläolithikers gehören zur ersten Gruppe; sie sind von einer
erstaunlichen Lebenswahrheit und Naturtreue in Haltung und Bewegung, so
daß man das lebende Tier zu sehen glaubt. Der Mensch des Diluviums
zeichnete es unter dem frischen Eindruck des von ihm auf der Jagd Erlebten ;
seine motorische Handfertigkeit (geübt durch Bearbeitung von Stein und
Knochen) kam ihm dabei zu Hilfe. Ganz anders der Mensch der späteren
Abschnitte der vorhistorischen Zeit (Neolithicum , Bronzezeit usw.). Seine
Zeichnungen zeigen durchweg den Stempel des Konventionellen, Steifen, schon
Stilisierten, so daß man häufig im Zweifel ist, ob damit überhaupt ein leben-
diges Wesen gemeint ist; hier steht bereits das abstrahierende, theoretische
Vorstellungsleben im Vordergrunde. — Verfasser tritt sodann der Frage
näher, welche Umstände in der vorgeschichtlichen Kulturentwickelung das
scheinbar plötzliche und vollständige Erlöschen der physioplastischen Höhlen-
kunst herbeiführte und die Kunst der neolithischen und späteren Kulturstufen
idioplastisch gestaltete. Der Grund liegt seines Erachten s in dem starken
Emporwuchern des Vorstellungslebens. Den ersten Anstoß gab die Kon-
zeption der Seelenidee (aus verschiedenen Anzeichen erkenntlich); die aus
dieser Idee entspringenden religiösen Vorstellungen lieferten die allgemeinen
Bedingungen für die Entstehung einer idioplastischen Kunst. Natürlich fielen
noch andere Momente ins Gewicht, wie die Verwendung von Bildern leben-
diger Wesen zur dekorativen Verzierung, handwerksmäßiges Kopieren von
Vorlagen, Abnahme der Beobachtungsgabe beim Übergang von der Jagd zum
Hirten- bzw. Ackerbauleben. Zur paläolithischen Zeit brachte der Mensch
durch Zeichnen zum Ausdruck, was ihm Freude machte, Erinnerungen in
ihm wachrief, in den späteren Perioden der Vorzeit das, was er sich dachte.
Entsprechend dieser Erklärung findet sich bei denjenigen Naturvölkern,
bei denen die starren Vorstellungen und religiösen Ideen das ganze Leben
überwuchert haben (Neger, Indianer, Südseeinsulaner u. a. m.), eine extrem
idioplastische Kunst, hingegen dort, wo noch die Sinneseindrücke das Tun
und Denken des Volkes beherrschen (Buschleute, Eskimo), eine mehr physio-
plastische Kunst. — Eine Reihe Abbildungen dient als Belag für Verworns
Behauptungen» Buschan- Stettin.
324. Anton Dachler: Nordische Bauernhäuser. Zeitsohr. f. österr.
Volkskunde 1908, S. 1 ff.
Der Verfasser unternimmt es in diesem Aufsatze, nach der umfang-
reichen Literatur, eigenen Beobachtungen und Reiseergebnissen seiner Wande-
rung durch die Museen Skandinaviens, Dänemarks und Norddeutschlands,
ein Gesamtbild des nordischen Hauses zu geben. Darunter versteht er zur
nächst die Hausbauten Skandinaviens, er zieht aber bei der Betrachtung auch
Niedersachsen, Dänemark, Island und Finnland heran. Das behandelte Gebiet
umfaßt also geographisch und ethnographisch verschiedene Landschaften und
Hausformen. Ferner ist es auffallend, daß der Verfasser, den Ausführungen
272 A. Heferate. Ethnologie and Ethnographie.
Hennings folgend, die Einteilung nach den Völkern vornimmt: das friesische,
dänische, finnische Haus; dabei spricht er vom ungebrochenen Dachfirst, von
der Vereinigung verschiedener Räume unter einem Dach, wie die« Bancalari
tat. Andererseits legt er das Schwergewicht auf den Grundriß, vermeidet
den Ausdruck Flur, und folgt der Einteilung nach Herdraum und Ofenraum,
Rauchstube und Herdstube, wie dies Meringer und Bunker vertreten. Es
wäre nun doch höchste Zeit, daß sich die beteiligten Kreise durch ein güt-
liches Übereinkommen zu einem festen Einteilungsprinzipe entschlössen, damit
nicht in den verschiedenen Arbeiten bald auf diese, bald auf jene Besonder-
heit Gewicht gelegt würde, und damit eine gewisse Einheitlichkeit und Über-
sichtlichkeit der Literatur erzielt werde. Interessant ist, wie Dachler, auch
hierin vielfach Henning folgend, die geschichtliche Entwicklung und damit
die einzelnen Schichten verfolgt, die sich in den verschiedenen Bauformen
zeigen; auch die fremden Einflüsse sucht er festzulegen. Freilich sind Folge-
rungen auf diesem Gebiete sehr unsicher, und der Verfasser bewegt sich auch
sehr vorsichtig und zurückhaltend. Das nieders&chsische Haus in seiner
Einheitlichkeit ist als Einfeuerhaus oder Herdhaus zu bezeichnen. — Erst im
16. und 17. Jahrhundert hat sich eine zunächst nicht heizbare, später mit
einem Ofen ausgestattete Stube abgetrennt. Übergangsformen finden wir in
Schleswig, wo wir neben dem Herdraum auch einen Ofenraum voll ausge-
bildet finden. Dachler betrachtet bei der einzelnen Bauform regelmäßig:
1. den allgemeinen Charakter, inneren Bau und Grundriß, 2. Wand und Dach,
3. Ai-t der Beheizung und Beleuchtung, 4. Einzelheiten, als: Nebengebäude,
Ornamentik, Tisch, Bett usw.
Im skandinavischen Hause finden wir als einfachste Form die Stue (Stube)
mit dem offenen Herde, ohne Rauchabzug. Es ist dies die sogenannte Rauch-
stube. Sie muß den ältesten Königshallen der nordischen Völker (Homer!)
entsprechen. Hier ist gleich Gelegenheit, auf einige andere Beiträge zur
Hausforschung in der Zeitschr. f. österr. Volkskunde zurückzukommen. Den
Typus einer altsteierischen Rauchstube, wie er im kulturhistorischen
und kunstgewerblichen Museum in Graz zusammengestellt ist, schildert der
nun bereits verstorbene Museumsdirektor Karl Lacher (1907, S. 37 f.). Mit
der Frage der Beheizung und somit der Art und Benennung der Stube be-
schäftigt sich Dachler in seiner Besprechung von Bielensteins vortreff-
lichem Buch: „Der Holzbau und die Holzgeräte der Letten u und in den Be-
merkungen zur dritten Auflage von Otto Schraders „Sprachvergleichung
und Urgeschichte" (ebenda 1907, S. 164 ff., 168 ff.). Den Namen Stube, den
man bisher häufig von „stieben" abgeleitet bat, will Schrader auf das
griechische Wort zv<pog = Dampf zurückführen, weshalb Stube zunächst
einen Baderaum für Dampf bäder bedeutet hätte. Das wäre daher der älteste,
gelegentlich heizbare Raum. Dachler verfolgt dann die Einrichtung bis zu
den alten Germanen, Griechen, Skythen und Slawen und bezieht auch Hero-
dots Schilderung hierher. „Das Dampfbad ist also von den Griechen und
Slawen erfunden, von den Goten, ihren Nachbaren an der Weichsel, über-
nommen und gelegentlich der Wanderungen zu den Romanen und West-
germanen gebracht worden." (S. 173.)
Nach dieser kurzen Abweichung kehren wir zum nordischen Hause
zurück. Die Rauchstube macht später „bald nach dem Mittelalter" der Peis-
stube Platz, indem man dem Rauchofen eine Art von Schlot aufsetzte und
so einen einfachen Kamin bekam. Noch später trat vielfach der Ofen an
seine Stelle. Die Wände sind in Südschweden Blockwände, in Dänemark
Fachwerkbauten. Bei der armen Bevölkerung und in holzarmen Gegenden
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 273
kommen auch Steinhütten vor, die unseren Sennhütten gleichen. Rasen-
deckung ist die Regel. Die Inneneinrichtung ist einfach und massiv; Ver-
zierung und Schmuck nur wenig, da alles von einer dichten Rußschicht über-
zogen würde. Eine reiche Verzierung an Bemalung und Schnitzwerk sehen
wir an den zierlichen Getreidespeichern, die, wie in der Schweiz (Wallis),
gegen die Ungezieferplage auf Holzstützen gestellt sind und in unruhigen
Zeiten auch zur Verteidigung dienten.
Ganz andere Verhältnisse und damit Wohnbedingungen finden wir im
Osten und Norden. Die Lapplander wohnen nicht in gebauten Häusern, son-
dern in Zelten, bei denen wir wieder die festen Sommer- und Winterzelte
und Wanderzelte unterscheiden können. Auch bei den Finnen treffen wir
im Norden noch das Zelt und die Erdhütten wohnung; im Süden haben sie
dagegen ständige Wohnhäuser. Interessant ist es, daß an Stelle der Stube
die Rauchhütte oder der Küchenhut tritt; es ist dies ein leichtes, oben offenes
Zelt als Küchenraum. — Den Schluß der Abhandlung bildet ein Überblick
über die reiche, eigenartige bodenständige Volkskunst des Nordens, die sich
in Bemalung, Schnitzerei und Holzarbeiten aller Art äußert; sie ist auch in
Island reich vertreten. Prof. Dr. Otto Jauker-Laibach.
325. J. R. Bunker: Scheibenschießen. Zeitschr. f. österr. Volkskde.
1907, S. 1 ff.
326. J. B. Bunker: Tischkreuze. Ebenda, S. 12.
327. J. R. Bunker: Ein altes Kartenspiel. Ebenda, S. 122.
328. A. Stegensek: Grabverse aus Gonobitz und Umgebung« Ebenda
1908, S. 23.
Die früher als nebensächlich, vielfach kaum beachteten Eigentümlich-
keiten des Hausbaues, der Besiedelung und Wirtschaftsform haben sich heute
zu eigenen Wissenschaftsgebieten ausgebaut. Ja man hat erkannt, daß noch
Geringeres, z. B. der Hausrat mit seinen scheinbar alltäglichen Kleinigkeiten
eine ganze Fülle von Aufschlüssen zu geben vermag und zu den weitesten
Schlüssen und Vergleichen führen kann. Nun geht man noch einen Schritt
weiter und betrachtet Ochsenjoche, Ostereier, Gebäckformen, Zäune usw. und,
siehe da, auch daraus ergibt sich etwas Neues. Wenn es auch nicht sogleich
große Ergebnisse zeitigt, so ist man doch schon in der Auffassung so weit,
daß man alles sammelt, so lange derartige Dinge überhaupt noch zu sehen
und in ihrer Verwendung zu verfolgen sind.
J. R Bunker, der fleißige Sammler und Hausforscher, hat in den oben
erwähnten Aufsätzen auf solche Kleinigkeiten hingewiesen. Die immer mehr
abnehmende Sitte des Scheibenschießens mit allen ihren Veranstaltungen,
Eigenheiten und Gebräuchen ist noch sehr wenig untersucht und Bunker
verweist hier zunächst auf die Scheiben selbst, von denen er Maße, Bilder
und Inschriften bringt. Die Scheiben sind alle nicht sehr alt und lassen sich,
soweit sie datierbar sind, bis IS 32 verfolgen, in welchem Jahre der Schieß-
platz in Tamswey (im Lungau) begründet wurde. Die Inschriften beziehen
sich entweder auf ein genanntes Ereignis, ein Fest, Jubiläum, Abschied, oder
auf eine Person, oder sie sind allgemeiner Natur. Daneben gibt es Jux- und
Bestscheiben; sehr originell sind die Wasserscheiben. Am Trebersee werden
gegenüber dem Schützenstande am anderen Ufer drei Schreiben aufgestellt.
Auf sie wird nicht direkt geschossen, sondern man zielt auf das Spiegelbild im
Wasser. Die Kugel prellt von der Oberfläche des Sees ab und trifft die Scheibe.
Nur eine Scheibe scheint älter zu sein und bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts zu gehen, worauf die bildliche Darstellung und der Text hinweist.
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 18
274 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Bunker verweist ferner auf die sonderbare Sitte der Tischkreuze in der
Gegend von Köflach in Steiermark. Es ist dies ein auf dem Tisch der Rauch-
stube stehendes oder über dem Tische hängendes Holzkreuz mit gleich langen
oder ungleich langen Armen, mit einfacher Kreuzform oder als sogenanntes
Wiederkreuz. Reichen Schmuck erhalt es durch zahlreiche, von allen Seiten
in die Fugen gesteckte Kreaslein. Dadurch bekommt das ganze hangende
Stück in seinem unruhigen, fremdartigen Umriß eine ganz auffällige Form.
Daß alle diese kleinen Kreuzlein (noch dazn in einer so unregelmäßigen An-
ordnung) nur als Schmuck befestigt seien, wie Bunker bemerkt, halte ich
nicht für wahrscheinlich. Wohl dürfte das Volk, wie in so vielen Fällen,
eine Erklärung nicht geben, doch sind solche Formen sicherlich nicht ohne
Grund entstanden. Das Ding sieht doch stark fetischistisch aus. Früher
wurden solche Kreuze jedes Jahr erneuert, die alten am Tage vor der Weihung
der neuen (am Charfreitag) im offenen Herdfeuer verbrannt (Opfer?).
Von einem alten Kartenspiele aus dem Anfange des 18. Jahrhundert»
handelt auch Bunker. Es sind einteilige Karten, mit Bildern in farbiger
Ausführung bedeckt und mit vierzeiligen Strophen als Text ausgestattet.
Der Dialekt und die sprachliche Eigenart weisen auf Niederösterreich, viel-
leicht Wien. Der Inhalt der Strophen bezieht sich meist nicht auf das
Kartenspiel, sondern auf das dargestellte Bild und ist oft satirischer oder
erotischer Natur.
0. Stegensek spricht von Grabversen aus Gonobitz (Steiermark) und
Umgebung. Auf den zwölf Friedhöfen des Dekanats Gonobitz fand der Ver-
fasser neben 93 slowenischen auch Öl deutsche Grabverse. Sie bilden eine
willkommene Ergänzung zu den „ Grabschriften aus Österreich u , die
Dr. A. Petak gesammelt hat (II. SuppL-Heft d. Zeitschr. f. österr. Volkskde.
1904). Dabei ist die geschichtliche Entwickelung ganz deutlich zu verfolgen.
Im Anfange des 19. Jahrhunderts sind noch alle Inschriften deutsch, nur bei
Geistlichen manchmal lateinisch. Der erste slowenische Grabvers stammt von
1843 (bei einem Geistlichen), der zweite (1854) ebenfalls von einem Geist-
lichen; erst nach 1870 werden die slowenischen Grabinschriften häufiger und
haben schließlich die deutschen vollständig verdrängt. Die älteste (lateinische)
Grabinschrift ist die des Pfarrers Kaspar Hirzler von 1561. Auch in der
sprachlichen und Gedankenvorstellung unterscheiden sich die beiden Arten
von Inschriften: die deutschen entsprechen mehr der bürgerlichen Verstands-
poesie, die slowenischen der bäuerlichen Gefühlspoesie.
Prof. Dr. Otto Jauker- Laibach.
329. Friedrich S. Krauss : Slawische Volksforschung. Abhandlungen
über Glauben, Gewohnheitsrechte, Sitten und Bräuche und die
Guslarenlieder der Südslawen. 403 S. Leipzig, Wilhelm Heims,
1908.
Der vorliegende Band des unermüdlichen Volksforschers erhält seine Be-
deutung und richtige Einschätzung erst, wenn man ihn in Zusammenhang
mit den schon früher erschienenen Werken des Autors betrachtet: Sagen und
Märchen der Südslawen (1883), Sitte und Brauch der Südslawen (1885), Volks-
glaube und religiöser Brauch der Südslawen (1890), Anthropophyteia (I bis
IV), die Volkskunde in den Jahren 1897 bis 1902. (Romanische Forschungen
1903.)
Der Band ist in zwei ziemlich gleiche Abschnitte geteilt, deren erster
den abergläubischen Vorstellungen, den mythischen' Resten und der Sagen-
welt der Südslawen gewidmet ist.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 275
In der Einleitung wird von der Stellung dar zu besprechenden Guslaren-
epik gehandelt und untersucht, inwieweit „die ältesten (V) Bewohner des
Balkan in ihrer geistigen Entwickelung von den späteren Nachkömmlingen,
den Türken, bestimmt wurden". Da zeigt die anschauliche, kurze Geschichts-
darstellung, wie nach einem ersten Einflüsse der Byzantiner auf die Süd-
slawen die Türken in materieller und geistiger Hinsicht beherrschenden Ein-
fluß nahmen: Märchen und Sagen, Worte und Wendungen wurden vielfach
ganz und gar herübergenommen. Ein drittes Element, das umbildend auf
die Volksanschauungen eingewirkt hat, ist das Christentum. Dabei zeigt
sich die Erscheinung, die auch auf anderen Gebieten längst beobachtet ist,
daß nämlich einzelne Züge und Gestalten aus dem vorchristlichen Glauben
von der Kirche einfach herübergenommen , angepaßt und in ihren milderen
Seiten erhalten wurden, während sie andererseits in Schreckgespenster und
Dämonen verwandelt, und mit den düsteren Zügen ausgestattet wurden.
Das zeigt sich z. B. im Yilenglauben. Diese Waldfrauen, die als milde,
gabenspendende Schutzgeister erscheinen, werden auch zu Plagegeistern, die
necken, strafen und Übles tun, ja die gelegentlich mit den Hexen zusammen-
geworfen werden. Gelegentlich: denn im allgemeinen unterscheidet das Volk
scharf zwischen Yilen und Hexen. Im Hexenglauben treten nur einzelne
Züge entgegen, die auffallend an Hexensagen aus deutschen Gebieten er-
innern, z. B. die Hexenversammlung zur Zeit des Frühlingsanfanges (Wal-
purgis!); der Zusammenhang mit heilkräftigen Kräutern, Salz, Wachholder,
dem Nußbaum, Pferdehufen und Eierschalen, die Gestalt des Herodias gehören
hierher. Doch verweist Krause mit vollem Hechte darauf, daß, wenn in
örtlich getrennten Landschaften und bei verschiedenen Völkern solche ähn-
liche Züge wiederkehren, man deshalb noch lange nicht an eine Entlehnung
glauben muß, sondern daß ähnliche Naturereignisse, ähnliche Beobachtungen
ganz unabhängig voneinander zu ähnlichen Vorstellungen und Erzählungen
führen können« Das bezieht er auch auf die interessanten Pestsagen. Eigen-
tümlich ist, daß der Teufel im südslawischen Volksglauben sehr selten in un-
mittelbare Verbindung mit den Hexen gebracht wird. „Seine Gestalt ist dem
Volksglauben ursprünglich ganz fremd. tt Hexenmeister kennt man ebenfalls
nicht. Die zahlreichen Pestsagen sind nicht, wie man annehmen möchte,
uralt, sondern erst seit der Türkenzeit (Türkenpest) in Aufschwung gekommen.
— Der Glaube an die Rückkehr der Seelen Verstorbener weist ebenfalls
eine Reihe von Zügen auf, die uns aus anderen Gegenden wohl bekannt
sind; dazu gehört das Speise- und Trankopfer an die Seelen (M. Höfler);
die Versuche, den Verstorbenen die Rückkehr unmöglich zu machen; im
Gegensatze dazu das Herbeirufen geliebter Verstorbener durch nachgemachte
Wachsfiguren; auch das Leonorenmotiv taucht auf. Im engsten Zusammen-
hange mit dieser Vorstellungsreihe steht der Glaube an den Vampirismus,
über den schon so viel geschrieben worden ist. Im Gegensatze zu der land-
läufigen Anschauung vertritt Krause die Meinung, daß wir es hier nicht mit
einer nur den Südslawen eigentümlichen Vorstellung zu tun haben; sie kommt
auch bei vielen anderen Völkern vor. Hier scheint sie stark von manchen
türkischen Volks Vorstellungen beeinflußt worden zu sein. Die Verbrennung
oder Pfählung des Leichnams zur Abwehr ist aus der Literatur bekannt.
Vom Vampir wohl zu unterscheiden ist die Gestalt des Werwolfes, die
übrigens auch nicht als ausschließlich südslawisches Eigentum anzusehen ist.
Auf die Zusammenhänge mit der Lykanthropie und mit gewissen , vielleicht
vorchristlichen Kultgebräuchen wird kurz verwiesen. Daran schließen sich
die Sagen von der Mar (Trud). Die Kapitel über Menschenfleischessen (Herz-
18*
276 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
essen, vgl. Höfler, das Haaropfer) und Liebeszauber stehen in engstem Zu-
sammenhang mit dem ganzen Volksleben, wie es Krau ss in „Sitte und Brauch
der Südslawen u gegeben hat. — Alle diese Erörterungen werden passend
durch Wiedergabe von Sagen oder Liederbruchstücken ergänzt.
Die zweite Abteilung bringt aus der reichen Fülle der von Kr aus 8 auf-
gezeichneten Guslarenlieder eine Reihe von Proben, die im Stoff und in der
Art der Behandlung einen Begriff von dem Formenreichtum und der eigen-
artigen Auf fassung zu geben vermögen. Sie behandeln größtenteils geschicht-
liche Ereignisse, Kriegszüge, Märchen und Legenden. Die ältesten Stoffe
reichen nicht über das 14. und 13. Jahrhundert hinaus. Das Wertvolle an
diesen Liedern ist weniger die geschichtliche Überlieferung als die kulturell
und volkskundlich interessanten Züge, an denen diese Dichtungen so reich
sind. Gerade da, wo einzelne historische Tatsachen mit der Erzählung nicht
übereinstimmen, ergibt sich daraus eine Menge von Andeutungen über die
Denkweise und Anschauung des Volkes. Die Guslaren erinnern in vielen
Stücken an die fahrenden Sänger des Mittelalters: ihre soziale Stellung ist
gering; sie lieben es, nicht einem festen Erwerbe nachzugehen, sondern in
süßem Nichtstun immer dieselben Lieder wieder zu singen. Dabei beherrschen
diese „Sänger u nur einen beschränkten Kreis von Stoffen und Liedern, die
sie in einer feststehenden , einer fernen Zeit entnommenen Form mit formel-
haften Wendungen vortragen. Das gilt natürlich nur allgemein. Um einen
Überblick über das ihm zugängliche Stoffgebiet zu haben, legt sich der Guslar
einen Katalog an, d. h. er ordnet sich für sein Gedächtnis alle Lieder nach
ihrem Inhalt oder Anfangsworten in einem Merkgedichte an. Ein solches
Beispiel wird auch beigebracht. Den charakteristischen Unterschied zwischen
diesem ungebildeten Volksdichter und dem gebildeten Epiker sieht Krauss
darin, daß jener „in unmittelbarer und ständiger Fühlung mit dem Kreise
steht, für den er dichtet u . Das erstaunlich feste und sichere Gedächtnis
dieser Leute erklärt sich dadurch, daß sie die meisten dieser Lieder schon
all kleine Kinder gelernt haben und nur mechanisch hersagen. Für alle
diese Erscheinungen werden entsprechende Sprachproben gegeben.
Die nun folgenden einzelnen, oft umfangreichen Lieder sind in einzelnen
Abschnitten nach einem festen Plane angeordnet, der allerdings, dem ver-
schiedenen Stoffe entsprechend, einzelne Abweichungen zeigt. Zuerst wird
kurz der Inhalt nach seinem geschichtlichen, künstlerischen oder Sagen wert
gekennzeichnet, dann wird gewissenhaft angegeben, wo, wann, von wem und
unter welohen Begleitumständen die Dichtung übernommen wurde, und nun
folgt der Text in der Ursprache und in deutscher Übersetzung, die sich in
Wortfolge, Rhythmus und Satzgliederung dem Original möglichst anzu-
schließen sucht. Den Schluß bildet eine Reihe sprachlicher und sachlicher
Erläuterungen und Zusätze. Dem Inhalte nach können wir geschichtliche
Lieder, Sagen, Vilenlieder und legendäre Darstellungen unterscheiden; eine
scharfe Grenze ist allerdings nicht zu ziehen. In Dichtungen z. B. wie in
der Mutter der Jugovic ist nur der Hintergrund geschichtlich, der Haupt-
inhalt hegt in dem rein Menschlichen, das balladenartig gebildet ist.
Vielfach tritt es deutlich hervor, wie sich mit der örtlichen und zeitlichen
Entfernung die Bilder und Anschauungen verschieben. Je weiter ein ge-
schildertes Ereignis dem Gesichtskreise des Erzählers entrückt ist, um so freier
beginnt die poetische Erfindung zu walten. Geographische, geschichtliche und
naturwissenschaftliche Unrichtigkeiten kommen vor, was um so auffallender
ist, als sich sprachliche Eigentümlichkeiten, formelhafte Wendungen mit großer
Zähigkeit behaupten. Interessant ist z. B. die Rolle der Russen vor Wien 1683.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 277
Ungewohnt erscheinen Schreibungen wie Pasa, neben Paschen und
Paschas, der Travnikäer Vezir u. a. m. Ein von Otto Goldstein ausge-
arbeitetes Schlagwörter Verzeichnis von 25 Seiten erleichtert das Nachschlagen
und Aufsuchen von Beziehungen in sehr erwünschter Weise.
Prof. Dr. Otto JauJeer- Laibach.
330. Talko Hryncewicz: Über die Muslim oder die sogenannten
Tataren von Litauen. (Polnisch.) * Abhandl. d. k. k. Akad. d.
Wiss. in Krakau 1907, Bd. IX.
Das Wort „Tatar" war ursprünglich identisch mit „Mongole" und be-
deutete einen Barbaren; mit diesem Namen bezeichneten die Chinesen ihre
nördlichen Naohbarn, gegen welche sie, st&ndig geplagt, die berühmte chine-
sische Mauer erbauten. Heutzutage hat man auf Grund der wissenschaft-
lichen Untersuchungen das Wort „Tatar" für die Mongolen abgeschafft, und
dasselbe unberechtigterweise auf diese dem russischen Staate unterworfenen
Völker, die sich durch Gemeinsamkeit der Sprache auszeichneten, beschränkt,
um sie dadurch von den türkischen Völkern, die einen selbständigen Namen
führten (Kirgisen, Turkmenen), zu unterscheiden. Die Völker Rußlands, die,
als „Tataren" bekannt, türkisch sprechen, lassen sich in drei Gruppen teilen,
und zwar in:
I. Sibirische (70000). II. Kaukasische (76 000). III. Europäische Tataren,
die als Tataren von Kazan (600000), von Astrachan (50000), der Krim
(150 000) und von Litauen bekannt sind. Die letzten, die der Verfasser
zum Gegenstande seiner Monographie gewählt hatte, werden ausführlicher
zunächst vom historischen Standpunkte besprochen. Danach kamen die
Tataren (vom Jahre 1397 an), welohe ehemals an den Ufern des Don und
denen des Assowschen Meeres gewohnt haben, von der Krim und dem Zawolga-
land (Transwolga) nach Litauen, wohin sie, ursprünglich als Verstärkung
der Landesarmee von den Fürsten Witold und Swidrigiejlo bezogen und seß-
haft gemacht wurden. Im Laufe der Zeit erhielten sie verschiedene Privi-
legien und zahlreiche Landgüter, wobei sie sich aber der militärischen Pflicht
unterziehen mußten. Vom anthropologischen Standpunkte aus ist die Her-
kunft der Litauischen Muslims von Belang, denn, obgleich sie mit der
litauischen Schlachta (Adel) gleichberechtigt sind, unterscheiden sie sich
untereinander durch ihre verschiedene Abstammung; die aus den tatarischen
Ländern bezogenen Leute gehörten bereits in ihrer ursprünglichen Heimat
teils einer höheren und dem Dagestannischen Stamme zuzurechnenden Volks -
klasse an, teils dem gemeinsamen Volke, und somit dem mongolischen oder
finnischen Stamme.
Es folgen nun die anthropologischen Ergebnisse der 91 untersuchten
Muslimmänner , von denen 25 dem Zawolgastamme , 66 dem Zadonstamme
angehörten. 43,96 Proz. dieser Zahl bilden die Männer zwischen dem 31.
bis 50., 38,46 Proz. zwischen dem 16. bis 30. Lebensjahre, und 17,58 Proz.
kommt dem Greisenalter (senil) zu.
Im allgemeinen lassen sich die Ergebnisse dieser sorgfältigen Mono-
graphie folgendermaßen zusammenfassen:
Die Muslims von Litauen sind mäßig gewachsen, mit größerer Neigung
zum kleinen als zum hohen Wüchse. Dieses Merkmal teilen sie mit den
Weißrussen, mit denen sie auch in anderer Hinsicht viel Gemeinsames auf-
weisen. Ihr kurzer Rumpf ruht auf langen Beinen, sowie dies allen süd-
russischen Völkern eigen ist. Sie bilden einen dunklen Typus, und nehmen
278 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
eine Mittelstellung zwischen den dunkleren Juden und Wolgatataren einer-
seits und den helleren der Landesbevölkerung andererseits ein.
Ausgesprochen brachykephal stehen jedoch die Muslims den starker
brachykephalen Weißrussen nach, nicht aber den Lotischen und Wolgatataren.
Dieser Brachykephalie gesellt sich die schmale Stirn, wie sie auch bei den
Weißrussen vorkommt, zu.
Bas breite, leicht verlängerte Gesicht, ähnlich dem der Earaim und
Juden von Litauen, kleine, gerade, leptorrhine oder mesorrhine Nase, mäßig
breiter Mund und breites Kinn, ergeben den anthropologischen Typus eines
Muslims.
Alle diese Merkmale im Vergleich mit denjenigen der Nachbarn lassen
die berechtigte Vermutung zu, daß die Muslims als eine gemischte Rasse
aufzufassen sind. Die Einteilung in die oben genannten Klassen, welche der
Abstammung nach getroffen wurde, und denen auch die Muslims zugezählt
wurden, erwiesen sich von dem anthropologischen Standpunkte aus ab un-
berechtigt und unzulässig, da sie keine sichtbare Unterschiede aufweisen.
Es läßt sich vermuten, daß den Muslims früher mongolisches Blut bei-
gemischt wurde, was jedoch nicht in beiden Klassen als einem Ganzen,
sondern nur bei einzelnen Individuen festgestellt werden kann.
Dem sehr sorgfältigen Studium sind die betreffenden anthropometri-
schen Tabellen beigelegt. Dr. Witold Schreiber-Lemherg.
331. A. F. R. Hoernle: Studies in the medicine of ancient India.
Part I. Osteology or the bones of the human body. 252 S.
Oxford, The Clarendon Press, 1907.
Endlich haben wir den Beginn einer zusammenhängenden, wissenschaft-
ichen Behandlung der altindischen Medizin. Wir sagen Beginn, weil es
sich zunächst nur um die Osteologie handelt. Aber das genial angelegte
Werk geht weit über einen Anfang hinaus, es repräsentiert wirklich die
Osteologie der Inder, wie sie sich in den Werken ihrer Großen, deren Nach-
folger und Kommentatoren spiegelt. Mit der gründlichsten Gelehrsamkeit
philologischer Kritik und anatomischer Kenntnisse versucht Verfasser die
Entwiokelung der osteologischen Anschauungen sowie die Abhängigkeit der
einzelnen Autoren voneinander nachzuweisen und die wahre Form der osteo-
logischen Systeme Charakas und Susrutas, die man bis in die allerneueste
Zeit verändert und verstümmelt hat, wiederherzustellen. Dieser Versuch
muß als glänzend gelungen betrachtet werden. Es ist unmöglich, auf die
erstaunliche Fülle neuen sowie neugesichteten und kritisch gewürdigten alten
Materials einzugehen. In Kürze seien einige Resultate der Schrift hier wieder-
gegeben. Es ist zu unterscheiden zwischen den osteologischen Systemen
Atreyas, des Arztes, und Suärutas, des Chirurgen. Die medizinische
Lehre Atreyas, der im 6. Jahrh. v. Chr. lebte, soll von sechs Schülern
dargestellt sein, ist aber nur in den beiden Kompendien Agniveäas und
Bhedas überliefert. Letzteres ist bis heute nur in einem Manuskript be-
kannt. Das erste existiert heute nur in der Bearbeitung des Charaka aus
Kashmir, der es aber unvollendet ließ; überarbeitet und vollendet wurde es
von einem anderen Kashmir- Arzt, Dridhabala. In dieser Bearbeitung geht
es heute unter dem Namen Charaka Samhitä. Wenn auch Charakas
Lebenszeit in das zweite nachchristliche Jahrhundert und die Dridhabala«
in das 7. bis 9. Jahrh. n. Chr. gelegt werden muß, so ist doch mit guten
Gründen zu belegen, daß sie das osteologische System Ätreyas und Agni-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 279
vesas enthalten. Ferner ist Ätreyas Skelettlehre enthalten in mehreren
niohtmedizinisohen Werken, in den Gesetzbüchern Yäjnavalkya Dharma-
sästra (360 n. Chr.) und Visnu-Smrti und in den religiösen Büchern
Visnu-dharmottara und Agni Puräna. Die drei letzteren haben augen-
scheinlich ihr Kapitel über Anatomie Yäjnavalkya entnommen, und zwar
scheint der osteologische Abschnitt in späterer Zeit interpoliert zu sein. An
Yäjnavalkya schließt sich dann noch eine Schrift Särira („Anatomie") von
einem unbekannten Verfasser in unbekannter Zeit an. Es wird gezeigt, daß
diese nichtmedizinischen Schriften, wenn sie auch mit den beiden medizini-
schen Rezensionen nahe übereinstimmen, doch vermutlich das Kompendium
eines dritten, uns unbekannten Ätreya-Schülers zur Vorlage hatten. Es ge-
lingt nun Verfasser auf Grund seiner kritischen Vergleichungen das von alters
korrumpierte osteologische System Ätreya-Charakas in seiner ursprüng-
lichen Form wieder herzustellen. Dieses zählt 360 Knochen, einschließend
Zähne und deren Alveolen, Nägel, Rippenknorpel und Trachea. In großen
Zügen läßt dieses System schon das homologische Prinzip in der Skelettanlage
der oberen und unteren, sowie der rechten und linken Körperhälfte erkennen.
Vollkommen ausgebildet liegt die Erkenntnis dieses Prinzips aber erst in
Susrutas Lehre vor. Suäruta, der Begründer der großen Chirurgie, ist
als jüngerer Zeitgenosse Ätreyas oder unmittelbarer Zeitgenosse Agnivesas
aufzufassen. Sein Ayurveda ist neu herausgegeben und gesichtet worden
von Nägärjuna, und zwar scheint diese Neuausgabe zu derselben Zeit, näm-
lioh im 2. Jahrh. n. Chr., stattgefunden zu haben, wie die Bearbeitung von
Agniveäas Kompendium durch Charaka. Susruta zählt nur 300 Knochen,
er läßt die Nägel fort sowie die Zahnalveolen, die er als zu den Kieferknochen
gehörig erkennt, er fügt aber die Ohren und Augen hinzu, beide als knorpe-
lige Organe (beim Auge die Sklera) den Knochen zuzählend. Charakas
und Suärutas Systeme weichen dann wesentlich voneinander ab in der Auf-
fassung und Zählung der Wirbelsäule- und Gesichtsknochen; gerade in dieser
Hinsicht weist Susruta einen großen Fortschritt im Sinne der heutigen Ana-
tomie auf. Auch für Suärutas System gelingt es Verfasser, mit großer
Wahrscheinlichkeit die alte Form wieder herzustellen. Man muß den hohen
Stand grobanatomischer Kenntnisse in beiden Systemen bewundern. Für
Suärutas Schule ist es erwiesen, daß Susrutas Anweisung zur zergliedern-
den Präparation menschlicher Leichen sie zur Erkennung vieler, wenn auch
nicht aÜer Einzelheiten des Skeletts befähigte. Wie so oft im Laufe
der Kulturgeschichte, nicht zuletzt auch in der der Medizin, einem
hohen Aufschwung der menschlichen Erkenntnis eine lange Periode bloßer
scholastischer Be- und Verarbeitung der neuen Erkenntnis auf Grund
spekulativer Vorstellungen an Stelle beobachteter Tatsachen folgt, so folgte
auch dieser Glanzperiode anatomischen Wissens eine nicht auf praktische
Weiterbildung gerichtete, sondern sich nur auf Kommentierung und Über-
arbeitung der großen Systeme beschränkende, mehr mit philologischen als
anatomischen Prinzipien arbeitende Wissenschaft. Der Hauptvertreter dieser
Richtung ist Vägbhata L, dessen Lebenszeit um 625 n. Chr. fällt. Er faßt
in Astänga Samgraha die verschiedenen medizinischen Systeme zusammen
und kommt bei dem Bestreben, diese miteinander in Einklang zu bringen,
zu manchen Kompromissen recht unglücklicher Natur. Er adoptiert Susrutas
osteologisches System, nimmt aber mit Charaka die Zahl der Knochen auf
360 an und fügt aus Charaka diejenigen Gruppen hinzu, die bei Suäruta
zu fehlen scheinen: infolge der anders gearteten Zählung beider Systeme
280 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
kommt Verfasser teilweise zu ganz abenteuerlichen Angaben, so z.B. wenn
er vier Fersen zählt. Da diese falschen Angaben zum Teil auch in der über-
lieferten Rezension von Susrutas Osteologie vorkommen» während sie in der
vom Verfasser restaurierten Edition ausgemerzt werden müssen, so hat die
Annahme gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, daß Vägbhata selbst es war,
der Susrutas System zwecks Vorbereitung seines eigenen Systems in die
heute vorliegende traditionelle Redaktion gebracht hat.
Außer den großen medizinischen Werken bespricht Verfasser auch noch
die osteologischen Daten in den Veden, Satapatha Brähmana (etwa 500 v. Chr.)
und Atharva Veda (1000 v. Chr.).
Die ausführlich gegebenen Identifikationen der indischen Osteologie mit
der heutigen wird man Wort für Wort unterschreiben, das exakte Urteil des
Verfassers bewundernd. Den Schluß bildet der kritische Apparat, der alle
behandelten Texte in Original und Übersetzung bringt. — Mögen sich diesem
glänzenden ersten Teile des Werkes bald weitere Studien des Verfassers an-
reihen, aus deren weitschauenden Ausführungen wir die Aufklärung über den
Zusammenhang der indischen und hellenischen Heilkunde erwarten.
H. Laufer-Luxor.
332. Revon: Le rituel du feu dans l'ancien Shinntö. T'oung-pao
1908, Sene II, VoL IX, No. 2. (Leyden, Brill.)
Verfasser untersucht, übersetzt und erklärt genau eins der uralten,
schintoistischen Rituale (norito), die man bisher stets als Gebete aufgefaßt
hatte. Er zeigt klar, daß es sich in dem vorliegenden, auf das Feuer bezüglichen,
um eine Magie handelt, einen Zauberbann, um das Feuer aus dem Palaste des
Mikado zu bannen. Eis entstammt einer Sammlung, die etwa 1000 Jahr alt ist
und deren Inhalt schon lange durch Tradition fortgepflanzt wurde. Jährlich
zweimal wird von der Priesterkaste der „Ourabä", die auoh aus dem Schulter-
knochen weissagten (später aus dem Schildkrötenrücken), das heilige Feuer
an den vier äußeren Ecken des Palastes mit dem ursprünglichen Feuerbohra
(der Hi-kiri-ousou) angezündet und das obige Ritual gesprochen, also nicht,
um das Feuer anzubeten, sondern um es zu bannen. Dem Gebet
geht also die Bannformel voran. Hochinteressant sind die gelehrten
Noten des Verfassers, die uns über vieles aus der japanischen Mythologie be-
lehren. Wir sehen so z. B. , daß der Himmel materiell gedacht ist, ein Ab-
bild der Erde. In Japan existierten früher sehr wahrscheinlich, wie ander-
wärts (Korea, Sibirien usw.), heilige Pfähle mit einem Menschenkopf als
Übergang vom Fetischismus zur Idolatrie. Die Zahl 8 war dem alten Japaner,
wenn nicht eine heilige, doch eine viel gebrauchte Ziffer zur Abrundung
und kehrt daher oft in der Mythologie wieder. Bei dem Feuer sah der
Priester zuerst nur die gefährliche Seite; daher war es zu bannen. Erst
später ward auch seine Wohltat verspürt und das Feuer als Gott verehrt auf
Bergeshöhen und dort erbauten Tempeln. Verfasser weist auf so manche
Ähnlichkeiten zwischen japanischer, griechischer usw. Mythologie hin. Er
sagt sehr richtig: „Die allgemeine Mythologie ist wie ein Kaleidoskop, dessen
vielfache Kombinationen sich auf das Spiel von nur einigen Glasstücken zu-
rückführen lassen, von Elementen, die um so bescheidener an Zahl sind, als
das primitive Gehirn weniger wissenschaftliche Ideen über die Welt besaß. u
Dr. P. NOcke-Hubertusburg.
333. F. Crasselt: Die Stellung der Ehefrau in Japan. Anthropos
1908, Bd. III, S. 533—555.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 281
384. F. C rasselt: Japanische Erziehungsgrundsätze in Schrift und
Praxis und Japanische Schrift und Sprache und der Japa-
nische Unterricht darin. Globus 1908, Bd. XCII, Nr. 3 u. 16.
In dem ersten Aufsatze erörtert Verfasser, ein guter Kenner des japa-
nischen Kulturlebens, die Stellung der Ehefrau, keineswegs aber in erschöpfen-
dem Umfange, sondern nur nach der Richtung der Bevorzugung des Ehe-
mannes gegenüber der Ehefrau beim Ehebruch. Er kommt zu dem Schluß,
daß die Stellung der Frau nicht nur inferior, sondern sklavisch und eines
Kiüturstaates unwürdig sei. Ein auf dieser einzigen Basis beruhendes, doch
wohl vorschnelles Urteil! Der Ehemann habe nicht nur nach den früheren
Gesetzen der Tokugawazeit gegenüber seiner ehebrecherischen Frau ein
Scheidungs- und Tötungsrecht gehabt, das sich sogar zeitweise zur ent-
sprechenden Pflicht verstärkte, wobei Verfasser zwei Strafrechtsfälle erzählt,
sondern es sei die Bevorzugung, freilich unter Wegfall des Tötungsrechtes,
nach dem gegenwärtigen bürgerlichen Gesetzbuch und Strafgesetz noch ver-
stärkt, insofern eine Bestrafung eines Ehemannes, der mit einer verheirateten
Frau Ehebruch getrieben habe, im Gegensatz zu früher nur auf Antrag be-
straft werden könne. Das praktische Leben bestätige diese Bevorzugung,
denn den Mädchen werde von Kindheit an neben Gehorsam gegen die Eltern
der Spruch eingeprägt: „Der Mann ist erhaben, die Frau tief stehend. u Zur
Charakterisierung des sklavischen Verhältnisses erzählt er ein eigenes Erlebnis :
er sei eines Abends bei einem Japaner militärischen Ranges zu Grast gewesen,
als dieser in Gegenwart seiner Frau erklärt habe, er wolle gern wieder ein-
mal mit seiner Lieblingsfrau zusammenkommen und deshalb mit seinem Gaste
in das öffentliche Viertel, wo diese wohne, fahren, die Frau habe als Antwort
nur gelächelt, sie seien abgefahren, lange nach Mitternacht heimgekehrt und
auf das Händeklatschen sei die Frau, welche bis dahin gewacht habe, er-
schienen und habe sie bedient. — Wenn nun auch dem Verfasser, der die
Rechtsstellung der Ehegatten beim Ehebruch richtig zitiert hat, darin recht
zu geben ist, daß die Stellung der Ehefrau dem eigenen Manne gegenüber
eine inferiore ist, und daß sie mit unseren Anschauungen von Reoht und
Sitte in krassem Widerspruche steht, ja daß auch bereits einige gewichtige,
wenn auch sehr wenige, japanische Stimmen sich dagegen erheben, wie die-
jenige meines langjährigen Freundes, des Oberlandesgerichtsrat Sakamotp,in
dessen Familie in Japan ich selbst verkehrt habe, so kann sie doch nicht
ohne weiteres als eine sklavische und eines Kulturstaates unwürdige bezeichnet
werden. Solche auf Grund der einen Bevorzugung des Ehemannes erwachsene
Beurteilung ist die Folge der Anlegung eines falschen Maßstabes, nämlich
unserer Auffassung von Recht, Sitte, Religion; auch ist solche Frage nach
zahllosen anderen Gesichtspunkten, insbesondere wie verhält sie sich in ihrer
Wirkung zum Glück und Heile des ganzen japanischen Volkes und Staates,
zu prüfen. Das vom Verfasser erzählte Erlebnis übrigens halte ich kaum
für möglich; ich kann nur annehmen, daß der Japaner geäußert hat, daß er
seinen Gast zu einer Frau nach dem öffentlichen Viertel Yoshiwara führen will,
um dem Gast, nicht sich ein Vergnügen zu bereiten; der Verfasser hat es
falsch aufgefaßt, oder es liegt ein seltener Fall der Taktlosigkeit des Japaners
vor, der auf keinen Fall typisch zu nehmen ist.
Die beiden anderen Aufsätze dagegen sind recht lehrreich, der eine
führt uns in das Studium der japanischen Sprache und mehr noch in das der
Schrift an der Hand einzelner abgebildeter Schriftzeichen ein, der andere
zeigt an der Hand des in japanischen Volksschulen gebräuchlichen Lese-
buches unter Beifügung der einzelnen dortigen Abbildungen die Erziehungs-
282 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
methode Japans. In den Lesestücken nnd Abbildungen wird den Schülern
in Einzelsätzen und Erzählungen die ganze Sittenlehre gelehrt
Amtsgeriehtsrat Prost-Stettin.
K. Uintze: Yoshiwara. Die Regelung der Prostitation in
Japan. Zeitschr. f. Bekämpfung d. Geschlechtskrankheiten 1907,
Bd. VI, Nr. 6, S. 189—228.
Schilderung der Entstehung, Geschichte und Einrichtung des Yoshiwara,
des bekannten Prostituiertenviertels von Tokio, das allein gegen 3000 Mädchen
birgt, sowie der darauf bezüglichen polizeilichen Vorschriften, hygienischen
Einrichtungen u. a. m. Der Aufsatz bietet einen wertvollen Beitrag zur
Psychologie der Japaner, deren Anschauungen wie in so vielen anderen Dingen
auch bezüglich des Geschlechtslebens so grundverschieden von denen des
zivilisierten Europäers sind. Buschan-Steäin.
886. Bonifacy : Le laquage des dents en noir chez les Annamites.
Bull de la Soc. d'anthropol de Paris 1907, T. VHI, p. 437 — 440.
837. Ch. Crevost: Le laquage des dents chez les Annamites.
Ebendas. p. 441 — 442.
Ganz allgemein herrscht die Ansicht, die selbst in wissenschaftlichen Werken
Aufnahme gefunden hat, daß bei den Völkern Indo-Chinas die schwarze Fär-
bung ihrer Zähne vom Betelgenuß herrühre. Bonifacy räumt mit diesem
Irrtum "auf Grund eigener Beobachtungen endgültig auf. Schon der Um-
stand, daß die Hindus und Südchinesen auch die Gewohnheit des Betelkauens
üben und doch blendend weiße Zähne besitzen, und daß auf der anderen
Seite die verheirateten Japaner vollkommen schwarze Zähne haben, trotzdem
sie keinen Betel kauen, spricht schon gegen das Betel kauen als Ursache der
schwarzen Zähne. Von den Eingeborenen werden Schönheitsgründe für das
Schwarzfärben angegeben; in Wirklichkeit aber dürften es hygienische Ur-
sachen sein, der schwarze Überzug schützt gegen die fressende Tätigkeit des
Betels, konserviert also die Zähne. Die beiden Arbeiten schildern eingehend
das Verfahren der Schwarzfärbung, das aus zwei Akten besteht, einer 8 bis
14 Tage lang vorgenommenen Prozedur „nhuöm rang do u , wodurch die Zähne
zunächst rot gefärbt werden, und einer sich daran anschließenden, nur wenige
Tage dauernden zweiten „ nhuöm rang den", durch die sie ihre endgültige
schwarze Farbe erhalten. Die wirksame Substanz ist ein animalisches Harz,
das von einer Hemiptere Carteria lacca gewonnen wird; es handelt sich also
bei der Schwarzfärbung um ein richtiges Laokieren. Buschan-Stettin.
338. J. W. B. Koch : Beitrag zur Kenntnis der Anthropologie der
Bewohner von Niederländisch Neu -Guinea (südliche Küste).
Petrus Camper, Nederl. Bijdragen tot de Anat. 1906, Deel IV,
Afl. 1« en 2% S. 202—214.
Verfasser begleitete eine von der Holländischen Geographischen Gesellschaft
ausgerüstete Expedition als Arzt und hatte Gelegenheit, an der noch wenig
erforschten Südküste von Neu-Guinea 120 Eingeborene beiderlei Geschlechts
zu messen: er befolgte dabei die Martin sehen Vorschriften. In 16 Tabellen
werden folgende Maße vereinigt: Körperlänge und Spannweite, obere Extre-
mität, Brachialindex, Handmaße, untere Extremität, Fußmaße, Umlang der
Glieder, Breitenmaße des Rumpfes, Brustumfang, Körpergewicht, Kopfmaße,
Index cephalicus, Kopfumfang, transversale Gesichtsmaße, Gesiohtsindises.
Nasenmaße. Bei 30 Individuen (7 Frauen, 23 Männern) betrug die Puls-
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 283
frequenz in aufrechter Haltung 76,1, bei 18 Individuen in horizontaler Lage-
rang 63,3 im Durchschnitt pro Minute. — Irgendwelche Schlüsse zieht Ver-
fasser aus seinem Material nicht, da er es nur als Vorarbeit für andere,
weitere Beobachtungen betrachtet wissen will. P. Bartels-Berlin.
839. M. Moszkowski: Über zwei nichtmalaiische Stämme von Ost-
sumatra. Zeitsohr. f. Ethnol. 1908, Bd. XL, S. 229— 239; 2 Abb.
Bei einer Durchquerung des Sultanates Siak in Ostsumatra traf Mosz-
kowski auf Angehörige zweier, bisher wenig bekannter Stämme, deren
Lebensgewohnheiten in freilich sehr knapper Form beschrieben werden und
deren äußere Erscheinung kurz skizziert wird. Die Orang Akett, im Aus-
sterben begriffen, leben etwa 300 an Zahl in drei Dörfern, teils in Hütten,
welche sie auf Flößen erbauen, teils in Pfahlbauten. Schädel- und Gesichts-
index sowie die Körpergröße schwanken innerhalb sehr weiter Grenzen. Auf
Grund der Messungen von 13 männlichen Individuen bezeichnet Moszkowski
sie als eine brachycephale Zwergrasse (Körpergröße 144 bis 158 cm); doch
scheint Vermischung mit anderen Stämmen nicht selten gewesen zu sein,
worauf wohl die Größe der Schwankungsbreite hinweist; auch führt Mosz-
kowski selbst das Vorkommen von wolligem, gelocktem Haar neben schlichtem
Haar auf Sakeibeimischung zurück.
Die Orang Sakei, nach Moszkowski identisch mit den in Malacca
genau studierten (Martin u. a.) gleichnamigen Menschen, betragen auf
Sumatra etwa 3000 an Zahl, und bewohnen abgelegene Dörfer im Urwalde,
welche zum Schutz gegen Elefanten und Tiger von einem fast unüberschreit-
baren Wall umgeschlagener und kreuz und quer übereinander gelegter Baum-
stämme umgeben sind; die Häuser sind Pfahlbauten, welche sich etwa 2 l / 2 m
über der Erde erheben. Die Orang Sakei ähneln in ihrer äußeren Erscheinung
in überraschender Weise den Weddahs. Die Hautfarbe ist oliv und heller als
die der Malaien, die Haare sind langlockig, die Augen klein, dunkelbraun bis
schwarz, die Lidspalte ist horizontal, die Stirn sehr hoch, mehr weniger
fliehend, Arcus supraorbitales sehr stark, Nase platt wulstig, Lippen wulstig
aufgeworfen, starke Prognathie. Nach den Messungen von 117 männlichen
Individuen bezeichnet Moszkowski sie als eine typisch dolichocephale, breit-
gesichtige Rasse. Die Körpergröße variierte bei den Gemessenen zwischen
147,5 und 165 cm, der Durchschnitt betrug 156,16 cm. — Die Messungen
betrafen Länge und Breite des Kopfes und des Gesichtes, sowie die Körper-
größe. — Eingehendere Untersuchungen vorzunehmen, scheint nicht möglich
gewesen zu sein. Einige ethnographische Notizen sind beigefügt.
P. BarteHs-Berlin.
340. B. Etheridge, jun., and Thomas Whitelegge: Aboriginal Work-
shops on the coast of New South Wales, and their contents.
Records of the Australian Museum (Sidney) 1907, Vol. VI, No. 4,
p. 233—250; mit 42 — 45 Taf. u. Fig. 39—43 im Text.
Die Abhandlung enthält eingehende Mitteilungen über eine Anzahl von
den Verfassern 1899 und 1900 entdeckter und schon in einem vorläufigen
Bericht (Records of the Australian Museum, Vol. 6, No. 4, 1900, 148 u. 165)
besprochener alter Werkstätten der Eingeborenen. Als solche deuten sie näm-
lich eine Reihe von Plätzen an der Ostküste von New South Wales, nördlich
und südlich von Port Jackson, wo größere Mengen von Steingeräten und
Steinsplittern gefunden wurden. Die Beschaffenheit der Fundstellen zeigte,
daß hier aus der Nachbarschaft oder aus größerer Entfernung herbeigeschaffte
284 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Steine bearbeitet worden waren, und zwar in einer wohl wenigstens mehrere
Generationen zurückliegenden Zeit. Denn die Arbeitsstellen liegen auf einer
alten Landoberfläche, die später von Sand bedeckt und im Anfange des
Jahres 1899 durch einige heftige Stürme wieder frei gelegt worden war.
Die Hauptfundstellen finden sich bei Bondi, Maroubra und an der Beüambi-
küste; die übrigen (Rocklily und Dee Why nördlich von Manly, Kurneil und
Cronulla Beach an der Botany Bay, Gerringong, Redhead, UUadulla, Milton,
Wollongong) waren weniger ergiebig. Die Formen der Steingeräte werden
von den Verfassern genau beschrieben und klassifiziert, und eine große An-
zahl wird auf den Tafeln (42 bis 44) abgebildet. Sie stehen technisch etwa
auf der gleichen Stufe wie unsere spätdiluvialen (Magdalenien) und ein Teil
unserer frühneolithischen Werkzeuge, und lassen in ihren Formen keine
typischen Abweichungen von den aus ähnliohen Materialien hergestellten und
in ihrer Ausführung gleichwertigen Geräten anderer Gebiete erkennen.
Gustav Antze-Leipzig.
341. A. Thalheimer: Beitrag zur Kenntnis der Pronomina perso-
nalia und possessiva der Sprachen Mikronesiens. Stuttgart,
Metzlersche Buchhandlung, 1908.
Verfasser hat in dankenswerter Weise eine Lücke unserer linguistischen
Kenntnis ausgefüllt. Auf die Einzelheiten der Untersuchung einzugehen, ist
hier kein Platz; die Methode ist besonders in den phonetischen Fragen viel-
leicht nicht immer ganz sicher gehandhabt, in einzelnen Schlüssen fehlt viel-
leicht auch eine gewisse Präsumption nicht ganz. Die Hauptsache ist aber,
daß die Zugehörigkeit der mikronesischen Sprachen außer dem Palau und
Chamorro zu der Gruppe der „melanesi sehen u Sprachen, der Idiome von
Palau und den Marianen sowie vielleicht in gewissen Dingen von Yap zu den
indonesischen Sprachen, soweit die Pronomina als Kriterium in Betracht
kommen, zweifellos festgestellt ist. Das will sagen, daß der größte Teil der
mikronesischen Sprachen sich ebenso wie die „melanesischen" auf dem Grunde
einer bestimmten älteren Entwickelungsstufe der austronesischen Sprachen
gebildet haben, und zwar einer Stufe, von der aus auch das Polynesische sich
als besonderer Zweig entwickelt hat. Kulturgeschichtlich heißt das, daß die
„inelanesischen" und mikronesischen Sprachen als einheitliche Sprachgruppe
auf die Epoche der polynesischen Einwanderung in der Südsee zurückgehen.
Ob neben dem allgemeinen „melanesischen" Charakter der östlichen mikro-
nesischen Sprachen nicht doch auch eine Annäherung irgend welcher Art an
die indonesische Gruppe vorhanden ist, entsprechend den ethnologischen Be-
ziehungen des ganzen Mikronesien, besonders der Karolinen, zu Indonesien,
hat Thalheimer nicht untersucht. Denn die Ethnologie von Mikronesien
ist durchaus keine solche Terra incognita, wie er annimmt. Vor allem, daß
die Palauinseln und Marianen, in manchen Dingen auch Yap, mit einem
großen Teile ihres ethnographischen Besitzes mehr zu Indonesien als zur
Südsee gehören, war längst bekannt. Vielleicht kann ihm die Ethnologie
sogar einen weiteren Wink geben: Die Idiome von Palau und den Marianen
stehen nach seinen Ausführungen in näherer Verwandtschaft zu den philip-
pinischen. Die Ethnologie der Palauinseln weist nun in manchen Erschei-
nungen, wie z. B. der Bogen form, den Gefäßtypen usw., enge Beziehungen zu
Formosa auf, dessen Sprachen Verfasser nicht in den Kreis seiner Betrach-
tungen gezogen hat; vielleicht würde er da auch linguistische Gleichungen
nicht vergebens suchen. F. Graebner-Cöln.
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 285
842. Etnograflska Bidrag af Svenska Missionärer i Afrika. Utgif na
af Erland Nordenskiöld, I. Afrika. 182 S. 4°. Stockholm,
P. Palmquiets Aktienbolag, 1907.
Auf Veranlassung des bekannten schwedischen Ethnographen und For-
schungsreisenden Dr. Erland Nordenskiöld wurde 1907 in Stockholm eine
„ethnographische Missionsausstellung" abgehalten, deren Inhalt an ethno-
graphischen Objekten von schwedischen Missionaren in den schwedischen
Mission sdistrikten der fremden Weltteile gesammelt und eingeschickt war
und nach Abiauf der Ausstellung dem schwedischen Reiohsmuseum einverleibt
wurde. In Anknüpfung an diese Ausstellung hat Dr. Nordenskiöld oben-
genanntes Sammelwerk „Ethnographische Beiträge von schwedischen Missio-
naren in Afrika" herausgegeben. Dieses Werk enthält Aufzeichnungen von
Sagen, Gesängen, Rätseln, Sprichwörtern und Berichten von Sitten und Ge-
bräuchen, die teils von Missionaren, teils von eingeborenen Christen auf-
gezeichnet sind. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß Missionare, die jahr-
aus, jahrein in und mit einem fremden Stamme leben, sehr vieles von Lebens-
weise und Anschauungen kennen lernen, dessen der Forschungsreisende
schwieriger gewahr wird. Beweise dafür haben Missionare öfters in größeren,
selbständigen Arbeiten geliefert. Ein Verdienst Dr. Nordenskiölds bleibt
es aber, eine Reihe kleiner Sammlungen und Berichte gesammelt zu haben,
welche ohne seine Anregung nicht erschienen und übrigens kaum nieder-
geschrieben worden wären. Von großem folkloristischen Interesse sind die
vom Missionar N. K. Laman auf Schwedisch übersetzten Sagen und Gesänge
von den Mazinganegern am unteren Kongo. Unter den Sagen haben viele
den Charakter der Tierfabel, wo der Leopard und die kleine schlaue Zwerg-
antilope eine Hauptrolle spielen. Andere behandeln eheliche Verhältnisse
und schließen mit einem Moralsatz, der wie ein Scheinwerfer Denkweise und
Sitten erhellt. Gleichfalls besonders interessant ist eine Schilderung ver-
schiedener Fetischgruppen am unteren Kongo, die vom früheren Fetisch-
priester oder Schamanen Makumba in der Kikongosprache niedergeschrieben
und von P. A. Westlind übertragen ist. Hervorgehoben müssen ferner
J. Hammars ethnographische Schilderung des Babwendestammes und
A. Anderssons folkloristische Aufzeichnungen von den Kunamanegern
werden. Alles in allem eine Materialansammlung, deren Fortsetzung zu
wünschen ist. H. P. Steensby-Kopenhagen.
343. M. Delafosse: Les frontieres de la Cöte d'Ivoire, de la Cöte
d'Or et du Soudan. 256 S., mit vielen Abb. u. Photogr. Paris,
Masson, 1908. Preis 6 frcs.
Die Herren Clozel (vorher Gouverneur de la C6te d'Ivoire, jetzt Gouverneur
du S6n6gal et du Soudan) und Maurice Delafosse (Administrateur in der Cöte
d'Ivoire) sind die französischen Kolonialbeamten, die Französisch-Westafrika
vom ethnologischen Standpunkte am besten studiert haben und kennen. Leider
hat Clozel darüber sehr wenig publiziert: Dix annees en Cöte d'Ivoire,
und einige Artikel (Les Bayas etc.). Seine Tätigkeit zeigte sich am meisten
darin, daß er ein lebhaftes Interesse für das Kecht der Eingeborenen ins Leben
rief. Er befahl auch allen Beamten der Elfenbeinküste, sich schleunigst an
die Arbeit zu setzen, und so entstand ein prächtiger Band, Clozel et Villamur,
Les Coutumes indigenes de la Cöte d'Ivoire (1902), eine Fundgrube gut
gesammelter und geprüfter Tatsachen. Leider kam dieses Buch nicht in den
Handel (das Exemplar kostet 50 frcs.), und ein großer Fehler haftete ihm an:
Das Sammeln des Materials über das Recht der Eingeborenen geschah nicht
286 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten, sondern nach französisch-römischen
Tendenzen ; das gesammelte Material wurde daher in die Rahmen des franzö-
sisch-römischen Rechtes hineingezwängt. DiesesWerk von Clozel und Villa mu.r
wurde anfänglich als wahrer Codex für die Behandlung der Eingeborenen
benutzt; aber bald mußte man diesen Versuch aufgeben, da einerseits diese
Vorschriften doch nicht vollständig und dem ganzen Leben der Eingeborenen
entsprechend aufgestellt waren, und andererseits, weil doch zuviel „Barba-
risches u , den französischen Ideen Zuwiderlaufendes darin enthalten war.
So kam man einfach wieder zu dem französischen Codex zurück, den man
aber so gut wie möglich den lokalen Verhältnissen im einzelnen anzupassen
suchte.
Das gleiche Schicksal traf ein Buch Delafosse's, das er unter Mitarbeit
von Villamur, Richter in Cöte d'Ivoire, herausgab: Les Coutumes Agni,
Paris 1904, in dem das früher durch Delafosse für den großen Codex ge-
sammelte Material durchgearbeitet und erweitert wurde. Von Interesse dürfte
auch die Angabe sein, daß nicht alles, was Delafosse sammelte, in diesen
kleineren Code hineinkam, da man manohe Sitten für zu grausam oder den
französischen Anschauungen allzu entgegengesetzt hielt. Aus diesem Grunde
dürfen die Ethnologen weder den großen noch den kleinen Code für die Ein-
geborenen der Cöte d'Ivoire als ganz zuverlässiges oder vollständiges Dokument
benutzen.
Übrigens interessierte sioh um diese Zeit Delafosse mehr für Linguistik
und wurde allmählich auch zum besten Kenner der sogenannten guineischen
Sprachen, um so mehr, da er auch in Liberia längere Zeit wohnte und sonst
viel im Hinterlande der französischen Kolonien umherreiste. Man dankt ihm
unter anderen: Essai de manuel pratique de la langue mande* ou
mandingue (Paris, Ecole des langues Orientales, 4°, 1901, mit vielen Anmer-
kungen von historisch - ethnologischem Interesse), Essai de manuel de la
langueAgni (Paris, J.Andre\ 4°, 1901, mit Märchen, Gesängen, Exkurs über
die, Geschichte der Agni - Aschanti Völker usw.), Vocabulaire de plus de
60 dialectes parles dans la Cote d'Ivoire et le Soudan (Paris, Leroux,
4°, 1904, mit ethnologischen Anmerkungen).
Auf seinen Reisen und während seiner amtlichen Tätigkeit fand Dela-
fosse vielfach auch Gelegenheit zu ethnologischen Beobachtungen, von denen
einige im Werke La Cöte d'Ivoire (von dem Gouvernement de l'Afrique
oocidentale francaise, bei Gelegenheit der Kolonialausstellung in Marseille,
1906 herausgegeben; nicht im Handel) von ihm (S. 312 bis 422) bearbeitet
wurden. Da ich auf dieses Werk hier zu sprechen komme, so möchte ich
auch bei ihm vor seiner unkritischen Benutzung warnen. Dasselbe, in
14 Bänden abgefaßt, wurde durch ein Rundschreiben an die Gouverneure und
Administrateure hervorgerufen; aber die von ihnen eingegangenen Berichte
wurden nicht in extenso abgedruckt; man machte sie, mehr oder weniger,
für das größere Publikum zurecht; die Autoren bekamen keine Korrekturen,
und daher sind die Druckfehler zwar nicht sonderlich zahlreich, so doch oft
ganz irreleitend, da die Eigennamen beinahe in der Regel falsch gegeben sind.
Da zahlreiche Beobachtungen den in Frankreich wohnenden Kolonialbeamten
geradezu unnatürlich schienen, so wurden sie einfach weggelassen oder, was
noch schlimmer ist, sogar umgeändert. Im großen und ganzen bleibt das
Werk doch ein großes Unternehmen, da sich in ihm beinahe ein Fünftel
Afrikas nach allen Richtungen hin (Erdkunde, Meteorologie, Wirtschaft,
Ethnologie, Kolonisation usw.) bearbeitet findet. Über ein Volk, das in ihm
durch Delafosse nur nebensächlich behandelt wurde, die Siena (oder Senouf o).
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 287
gibt dieser jetzt eine eingehende Monographie in der Revue des Etüde a
Ethnographiqnes et Sociologiques.
Eine gute Gelegenheit für vergleichende Studien fand Delafosse als
Chef der französischen „Mission de delimitation" zwischen Elfenbein- und
Goldküste; während dieser längeren Reise machte er viele Beobachtungen,
von denen er einige in seinem im Titel zitierten Werke niedergelegt hat. Es
ist präzis und lebhaft geschrieben, mit einem ganz eigentümlichen Humor;
leider fehlt dem Buch ein Index; ethnologische Angaben finden sich fast auf
jeder Seite, unter anderem auch (z. B. S. 6 bis 8, 49 usw.) Exkurse über die
Klassifikation der Eingeborenen der beiden Kolonien. Wichtig sind seine
Ausführungen auf S. 59 , wie sich ein Stamm und ein Dialekt bilden kann,
die Beschreibung, S. 63 ff., der Tänze mit Masken der Agni des Ndenie, sowie
der Varietäten von Häusertypen. Die am gründlichsten studierten Völker
(es handelt sich hier mehr um Völker als um gut abgesonderte Stämme) sind
die Birifo, die Lobi und die Dagäri. Noch möchte ich die eigentümliche
Kapelle in Donko (Birifoland) erwähnen, voll von Statuen (aus frischem oder
gebranntem Lehm, oder aus Holz), die die Vorfahren des jetzigen Häuptlings
darstellen sollen (S. 180 bis 181). Das Buch ist mit sehr guten Photogra-
phien ausgestattet.
Wenn ich hier von Delafosses Arbeiten so ausführlich berichtete, so
soll man deswegen dooh nicht glauben, daß er und Clozel die einzigen sind,
die wissenschaftlich Ethnologie betreiben. Nennen möchte ich noch Tho mann,
Nebout, Gaden, Francois, deren Arbeiten man leider viel zu wenig kennt, da
im Gregenteil die von Desplagnes viel zu viel in den Vordergrund treten.
Da über das letztere Werk dieses Autors Herr Ankermann hier berichtet
hat, so möchte ich nur wenigstens darauf Gewicht legen, daß dieses Buch
zum guten Teil geradezu kindisch ist. Was Desplagnes selbst beobachtet
hat, d.h. das Habbevolk, ist gewiß von großem Werte, aber alle seine lin-
guistisch-historischen Theorien können die französische Ethnologie nur diskre-
ditieren. Desto mehr ist wichtig, hervorzuheben, daß es auch nüchterne
— aber gerade deswegen nicht so bekannte — Ethnologen in den französi-
schen Kolonien gibt, welche ihre Aufgabe darin erblicken: eifrig zu sammeln
und ausführliche Beschreibungen der so rasch verschwindenden lokalen Eigen-
tümlichkeiten zu geben. Das wissenschaftliche Studium der Eingeborenen
kommt endlich hier ins Leben, und verschiedene Zeichen lassen eine frucht-
volle Zukunft voraussagen. A. van Gennep-Clamart (Paris).
344. Th. Koch - Griinberg : Bericht über seine Reisen am oberen
Bio Negro und Yapuri in den Jahren 1903 bis 1905. Zeitschr.
d. Ges. f. Erdkde. zu Berlin 1906, S. 80—101.
345. Th. Koch-Grünberg: Kreuz und quer durch Nordwestbrasilien.
Globus 1906, Bd. LXXXIX, S. 166—169, 309—316, 373—380;
1907, Bd. XC, S. 7—13, 104—111, 117—124, 261—268, 325
—329, 345—351, 373-380.
346. Th. Koch- Grünberg: Die Maskentänze der Indianer des oberen
Bio Negro und Yapura. Arch. f. Anthropol. N. F. 1906, Bd. IV,
S. 293—298.
347. Th. Koch-Grünberg: Der Fischfang bei den Indianern Nord-
westbrasiliens. Globus 1908, Bd. XCIII, S. 1—6 u. 21-28.
348. Th. Koch-Grünberg: Das Haus bei den Indianern Nordwest-
brasiliens. Arch. f. Anthropol. N. F. 1908, Bd. VII, S. 37—50.
288 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
349. Th. Koch-Grünberg: Die Indianerstämme am oberen Rio Negro
und Yapurä und ihre sprachliche Zugehörigkeit Zeitechr. f.
Ethnol., 1.906, Bd. XXXVIII, S. 167—205.
350. Th. Koch-Grünberg: Die Makü. Anthropos 1906, Bd.I, S.877
—906.
351. Th. Koch-Grünberg: Les indiens Ouitotos. Journ. de la Soc.
des American, de Paris, N. S., 1906, Vol. III, 35 pp.
352. Th. Koch-Grünberg und Georg Hübner: Die Yauapery. Zeit-
schrift f. Ethnol. 1907, Bd. XXXIX, S. 225—248.
353. Th. Koch -Grünberg und Georg Hübner: Die Makuschi und
Wapischana. Zeitechr. f. Ethnol. 1908, Bd. XL, S. 1—44.
Es ist eine stattliche Reihe von Schriften des bekannten Reisenden und
Ethnologen, die uns vorliegen und, dem Charakter des Zentralblattes entspre-
chend, am besten im Zusammenhange durchgenommen werden. Verfasser hatte
in den Jahren 1903 bis 1905 das Gebiet des oberen Amazonas, westlich von
Manaos, systematisch erforscht und hierbei vier Reisen von ein und demselben
Ausgangspunkte (San Felippe) unternommen. Schrift 344 gibt einen allge-
meinen Überblick über die Gesamtexpedition, und auf einer Übersichtskarte
kann man sie bequem verfolgen. Als Hauptresultate bezeichnet er selbst die
genauere Erforschung der Flußgebiete des Orinoko bzw. Guaviare, Rio Negro
und Yapura und das ethnologische wie linguistische Studium der einheimi-
schen Stämme, welche zwar fünf bzw. sechs verschiedenen Sprachgruppen
mit zahlreichen Dialekten angehören, hinsichtlich Lebensweise und Kultur-
besitz aber doch recht ähnlich sind.
Arbeit 345 behandelt dann in flotter anschaulicher Darstellung, die man
hintereinander lesen muß, um sie recht zu genießen, die erste Reise und das
Leben und Treiben unserer indianischen Freunde im Urwald. Die drei
anderen Reisen sind gewiß ähnlich verlaufen. Es waren wesentlich Kahn-
fahrten, auf denen die verschiedenen Dörfer besucht und Ethnographica ein-
getauscht wurden. Dem Verfasser nachzufolgen, verbietet der Raum eines
Referates. Sehr lehrreich ist die Karte, welche die wirre Verteilung der ein-
zelnen Sprachgruppen auf beschränktem Gebiete demonstriert; von der Auf-
stellung der Miranya als besonderer Gruppe ist im Gegensatz zu einem späteren
Auf satze (349), Abstand genommen, ohne daß Gründe dafür angegeben
werden. m
Drei weitere Aufsätze (346 bis 348) behandeln, auch in der Art vorläufiger
Berichte, besonders bemerkenswerte Eigentümlichkeiten des indianischen
Lebens, erstere die Maskentänze, jene merkwürdigen bis ins Feuerland sich
erstreckenden Zeremonien ursprünglich religiösen Charakters; auf die Ver-
öffentlichung der vom Verf. mitgebrachten 130 Maskenanzüge darf man ge-
spannt sein; diese Anzüge werden jedesmal extra hergestellt und nach dem
Feste sogleich verbrannt; sie stellen eine Unzahl verschiedenster Dämonen
dar. — Der Fischfang, in der Arbeit 347 behandelt, wird mit Bogen und
Pfeil ausgeübt; die Angel ist erst von den Europäern eingeführt, ihr Gebrauch
aber sehr vervollkommnet und den lokalen Verhältnissen angepaßt. Ferner
sind Netze, Käscher, Reusen, kleine und große Fallen im Gebrauch, auch
Gifte, welche die Fische betäuben. — Dem Hausbau ist Arbeit 348 gewidmet;
aber wir erfahren nicht nur alle Einzelheiten der Technik, sondern auoh die
Pfostenverzierungen und lernen schöne, aus Palmblättern geflochtene Zier-
stücke wie Schlangen und prächtige Schwalben kennen, welche in den Häusern
aufgehängt werden; ein „Schmücke Dein Heim u aus dem Urwald!
A. Referate. Urgeschichte. 289
Definitiv bearbeitet in Buchform sind Bleistift- und Kohlenzeichnungen
sowie Felszeichnungen, welche schon im Zentralblatt bereits besprochen
wurden (vgl. Bd. XI, S. 75 und Bd.Xlll, S. 165). Letztere hätten mit mehr
Recht denn jene als „Anfänge der Kunst im Urwalde" bezeichnet werden
können, denn hier handelt es sich doch um spontane Ausübungen eines Be-
dürfnisses gewöhnlich zum Zeitvertreib, wie schon lange Holmberg in seiner
Studie: La sierra de Curamalel, Buenos Aires 1882, auseinander gesetzt hat.
Daß den Petroglyphen ein weiterer „mystischer** Wert nicht zukommt, war
jedem Einsichtigen klar; Verfassers prächtige Tafeln zeigen uns aber auch
vorwiegend, wie weit es der Indianer aus eigenem Antriebe in der Kunst
dieser Art bringen kann, während er bei den Bleistiftzeichnungen einem
Experimente unterworfen ist und Zeichnungen schafft, die er normalerweise
niemals ausführen würde. Der Wert eines solchen psychologischen Experi-
mentes, das uns die primitiven Vorstellungen jener Naturkinder erschließt,
wird durch diese Bemerkungen nicht beeinträchtigt
Die Arbeit 349 bringt eine willkommene Übersicht über die sprachliche
Gruppierung; auf die zweifelhafte Auffassung der Miranya wurde schon hin-
gewiesen. Von den fünf sicheren Sprachgruppen lernen wir die Maku und
Uitöto zum ersten Male durch Verfassers Erhebungen kennen, von den übrigen
drei schon bekannten, den Aruak, Betoya und Kariben, zahlreiche neue
Dialekte. Das Makü bzw. Uitöto wird dann als linguistische Monographie
in Arbeit 350 und 351 behandelt. Verf. hat aber auoh Herrn Hübner,
einen in Manaos ansässigen Deutschen, zu linguistischen Studien veranlaßt
und dessen Aufnahmen reich kommentiert in Arbeit 352 und 353 heraus-
gegeben; das Yauapery und Makuschi sind Kariten-, das Wapisobana ein
Aruakdialekt. Bibliographisch wünschenswert wäre es gewesen, die letzte
Arbeit, die zwei ganz verschiedene Sprachgruppen behandelt, in zwei selbst-
ständigen Teilen erscheinen zu lassen; auch für den Fachmann ist es schwer,
sich in dem Gewirr von Namen und Sprachen zurecht zu finden.
Hervorzuheben ist überall die klare, schöne Sprache und die zahlreichen
Abbildungen, namentlich der Indianertypen, die wir wohl hoffentlich nochmals
gesammelt, in einem besonderen Werke zum bequemen übersichtlichen Ver-
gleiche vorgelegt erhalten. Mit hohem Interesse sehen wir Herrn Koch-
Grünbergs großem Heise werke „Zwei Jahre unter den Indianern Nordwest-
brasiliens" entgegen. B. Lehtnann-Nitsche~La Plata.
IV. Urgeschichte.
Allgemeines.
354. Karl Jäger: Beiträge zur frühzeitlichen Chirurgie, bearbeitet
nach dem Material der kgl. Staatssammlung München. 141 S.
mit einem Atlas von 13 Tafeln in Lichtdruck. Wiesbaden,
C. W. Kreideis Verlag, 1907. (Preis 10 Jt.)
Nachdem Lehmann- Nitsche das in der anthropologisch-prähistorischen
Sammlung des Staates damals vorhandene Knochenmaterial mit Zeichen prä-
historischer Chirurgie bearbeitet hatte, ging K. Jäger daran, das später in
diese Sammlung eingelaufene Knochenmaterial aus prähistorischer und mittel-
alterlicher Zeit zu behandeln. Es stand ihm folgendes Material zur Ver-
fügung : eine durch Arthritis deformans veränderte Brustwirbelsäule aus dem
La Tenegräberfeld bei Manching (Oberbayern), ein Kreuzbein aus Nieder-
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. jg
290 A. Referate. Urgeschichte«
aichbach (Niederbayern) mit spaltförmigem Wirbeldefekt (Spina bifida
occulta), ein rechtes Hüftbein mit Hüftgelenkluxation und Arthritis deformans
und eine linke Clavicula mit schlecht geheilter Schrägfraktur von Weißen-
burg i. B. (Mittelfranken), aus der Hallstattperiode, das Fragment eines linken
Beckens mit geheilter Zertrümmerungsfraktur und dem knöchern verbackenen
Oberschenkel, welcher eine nach starker Eiterung und Sequesterabstoßung
ausgeheilte Fraktur mit knöcherner Ankylose zeigt, ein sehr defekter, durch
Rhachitis und chronische Periostitis pathologisch veränderter linker Femur
(Platyskelie nach J. Ranke) aus dem Hallstattgräberfeld bei Beilngries
(Oberpfalz), ein durch Arthritis deformans veränderter Femur aus einem
steinzeitlichen Hockergrab bei Fulda, ein römischer Femurknochen mit Perio-
stitis von Moosach (Oberbayern) und ein steinzeitlicher rechter Caloaneus
aus Ochsenfurt mit Arthritis deformans.
Zusammen mit dem Material von Lehman n-Nitsche und P. Bartels
sind folgende pathologisch veränderte prähistorische Knochen behandelt:
a) Schädelmaterial: 4 Traumen der äußeren Knochenschichten des
Schädels, 1 Lochbruch des Schädels, der sofort letal wirkte, 1 Fall von Caries
mit Nekrose der äußeren Knochenschichten des Schädels, l Fall von Ezostosia
eburnea des Schädels, 1 Cretinschädel (Bamberg) und 5 Schädeltrepanationen,
b) Sonstiges Knochenmaterial: 7 gut geheilte Frakturen, 6 schlecht geheilte
Frakturen, 9 Arthritis deformans, 1 Rhachitis, 1 Spondylitis tuberculosa,
2 Periostitis, 2 Osteomyelitis traumat.
Am häufigsten findet sich demnach die Arthritis deformans s. paupemm,
häufig sind auch Frakturen, die zum Teil bereits eine geschickte Frakturen-
behandlung zeigen; von Interesse ist es, daß bereits in der Hallstattperiode
Rhachitis konstatiert werden kann, die heutzutage auf künstliche Ernährung
zurückgeführt wird.
Das frühzeitliche Material stammt aus demOssuarium von* Chammünster,
das im Tale des Regens im bayerischen Walde an der Heerstraße zwischen
Regensburg — Nürnberg und Pilsen — Prag, der Einfallspforte ins westliche
römische Reich, dem Schauplatz fast ununterbrochener kriegerischer Verwüstun-
gen gelegen. Das Ossuarium, das anfangs des 1 9. Jahrhunderts ganz vergessen
war, dürfte wohl seit etwa 1600 nicht mehr benutzt worden sein« Aus dem
reichen Material (5000 Schädel) kamen 33 Schädel und 117 lange Knochen,
mit mehr oder minder deutlichen Defekten, in die Münchner Staats Sammlung.
10 Schädel und 6 Extremitätenknochen stammen aus dem Ossuarium von
Greding (Mittelfranken), sie scheinen nur bis ins 17. Jahrhundert zurückzu-
reichen.
Die Mehrzahl der Schädel weisen Traumen und Frakturen auf, durch
Hieb und Stoß auf das Schädeldach verursacht, durch Schwert- oder Beilhieb,
Kolbenschlag oder Schleudersteine hervorgebracht. Verletzungen des Ge-
Bichts schädel s oder Basisfrakturen fehlen. Trotz der Unmasse kriegschirur-
gischer Verletzungen fand sich unter den vielen Knochen kein einziger mit
einem Kugelschuß. Die Extremitätenknochen zeigen überwiegend Frakturen
(66), und zwar 54 Frakturen der unteren Extremitäten, davon sind 27 gut,
39 schlecht geheilt
Außer den Frakturen fand sich genuine Osteomyelitis in zwölf Fällen,
Arthritis deformans viermal, gewöhnliche Arthritis einmal, Rhachitis viermal,
Exostosen achtmal, Periostitis ossificans sechsmal, Coxa valga einmal, Tumor
der Regio poplitea einmal. Lues ließ sich an dem Material von Chammünster
neunmal konstatieren, in Greding fand sich kein Knochen mit Lues. Am
A. Referate. Urgeschichte. 291
Schädel landen sich 7 gut geheilte Frakturen, 2 Tumoren, 2 Fälle von Lue»,
1 partieller Hydrocephalus und 1 Trepanation.
Das untersuchte Material lehrt, daß die vorgeschichtlichen und früh-
mittelalterlichen heilkundigen Helfer die Prinzipien der Heilkunde beherrscht
haben. Ihre Leistungen in der Schädelchirurgie und Frakturenbehandlung
sind sehr beachtenswert. Ja wir müssen ihre scheinbar bescheidenen Leistungen
um so höher veranschlagen, als ihnen nicht die verfeinerten Hilfsmittel der
modernen Technik zur Verfügung standen. Die Ärzte des frühen Mittel-
alters erzielten mit ihrem konservativen Standpunkte und ihrem rein exspek-
tativen Verfahren gute Erfolge. Nachdem spätere Generationen vorüber-
gehend der Polypragmasie verfallen waren, kehrte man in der Neuzeit auf
den Standpunkt zurück, den unsere Altvorderen eingenommen hatten.
Als Anhang werden noch einige altperuanische Sohädel mit luetischen
Erscheinungen beschrieben; dieselben stammen zum Teil aus der Sammlung
Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Therese von Bayern, zum Teil aus der
Sammlung Gaffron, die beide Eigentum der Staatssammlung sind.
Die Arbeit Jägers stellt einen wertvollen Beitrag zur Kenntnis der
Knochenerkrankungen und der chirurgischen Behandlung in vor- und früh-
geschichtlicher bzw. mittelalterlicher Zeit dar. Die Beschreibung wird durch
einen Atlas mit mustergültigen Abbildungen der wichtigsten Fälle wesentlich
unterstützt. F. Birkner-MüncJien.
Spezielles, Funde.
355. Fred R. Coles: Report of stone circles surveyed in the
North -East of Scotland. Proceed. of the Soc. of antiqu. of
Scotland 1907, Vol. XLI, p. 130—172.
Beschreibung von 21 neuerdings untersuchten Steinkreisen in den Graf-
schaften Banffshire und Moray. Ihr Hauptcharakteristikum liegt in der
völligen Abwesenheit horizontaler Decksteine, wie sie für die Steinkreise
anderer Gegenden, in Schottland insbesondere für die zwischen dem Dee und
dem Spy, typisch sind. Das interessanteste dieser Denkmäler ist wohl das von
Lagmore, bestehend aus vier konzentrischen Kreisen, deren äußerster 66 Fuß
im Durchmesser maß. Zwischen dem zweiten und dritten Kreise befindet
sich eine oberirdische Steinkiste von 4' 9" Länge und 2' 9" Breite mit einer
Deckplatte von T 6" Länge. Obwohl alle diese Anlagen im Laufe der Jahr-
tausende bis auf kümmerliche Reste zerstört worden sind, gelingt es dem
Verfasser doch, ihre einstige Gestalt an der Hand sorgfältiger Pläne anschau-
lich zu machen. H. Seger-Breslau.
356. Fred R. Coles: 1. Report of stone circles surveyed in the
north-east of Scotland ; 2. Notice of standing stones, cists and
hitherto unrecorded cup- and ringmarks in yaries localities.
Proceed. of the Soc. of antiqu. of Scotland 1906, Vol. XL,
p. 164—200, 291—327.
Der Verfasser, Assistantkeeper am Schottischen Nationalmuseum, ist
mit der Aufnahme und Inventarisierung der megalithischen Denkmäler seiner
Heimat beschäftigt und teilt in der ersten der obigen Abhandlungen das
Resultat seiner Untersuchung von 24 Steinkreisen im nordöstlichen Schott-
land mit. Die Ausbeute an Funden war im ganzen dürftig. Ein goldenes
Armband, gefunden in einer Urne neben einer Steinkiste, läßt die Entstehung
der Kreise im Bronzealter vermuten. — In der zweiten Abhandlung werden
19*
292 A. Referate. Urgeschichte.
unter anderem mehrere Funde von Steinkisten mit tönernen Trinkbechern
von der schottischen Abart der Zonenbecher sowie eine Anzahl Opfersteine
mit näpfchen- und ringförmigen Vertiefungen beschrieben.
H. Seger-Breslau.
357. Robert Munro : Notes on a hoard of eleven stone kniyes found
in Shetland. Prooeed. of the Soc. of antiqu. of Scotiand 1906,
Vol. XL, p. 151—164.
Depotfund von 11 dünnen und flachen Messerklingen von unregelmäßig
ovaler oder dem Reckteck angenäherter Form. Das Material ist ein als
Felsporpbyr bekanntes vulkanisches Gestein, die Oberfläche ist auf beiden
Seiten geschliffen und poliert, der Rand ringsum zugeschärft. Von dieser
eigentümlichen Messerform liegen bisher gegen 100 Exemplare vor, fast
sämtlich von Shetland stammend. Sie dürften zum Sohneiden von Fleisch,
zum Häuten oder dgl. verwendet worden sein. Die Zeit ihrer Herstellung
ist nicht genau bestimmbar. ' Zwar sind sie in einzelnen Fällen mit neolithi-
schen Äxten zusammen gefunden worden, in anderen Fällen deuteten aber
die Fundumstände auf Beziehungen zu den „brochs", deren Erbauung erst
in die nachrömische Periode fällt. H. Seger- Breslau.
858. Robert Munro: Notes on ornamental stone balls etc. Proceed.
of the Soc. of antiqu. of Scotiand 1907, Vol. XLI, p. 290—300.
Die Auffindung zweier neuer Beispiele jener Schottland eigentümlichen,
szepterkopf ähnlichen Steingeräte mit vier, sechs oder mehr vorspringenden
Knöpfen gibt Gelegenheit, der viel erörterten Frage nach ihrer Herstellungs-
zeit und Bedeutung von neuem näher zu treten. Auf Grund eines mit Spiral-
ornamenten verzierten Exemplars waren sie früher allgemein dem Bronze-
alter zugeschrieben worden. Dagegen hatte Alexander Smith in einer
ausführlichen Monographie zu beweisen gesucht, daß sie in Wahrheit der
angelsächsischen Periode angehörten und den auf dem Teppich von Bayeux
abgebildeten Steinkeulen der Sachsen in der Schlacht bei Hastings entsprächen.
Aber Munro wendet mit recht ein, daß weder in der Umgebung von Hastings
noch überhaupt in England auch nur ein einziges Exemplar gefunden worden
sei, während deren aus Schottland an 200 vorliegen. Überdies rühren von
den datierbaren Funden ein halbes Dutzend aus dem Bronzealter, wo nicht
aus dem Steinalter her, aber nur einer aus der frühhistorischen Zeit. Daraus
folgt, daß sie in einer bestimmten Region während der ganzen Vorzeit in
Gebrauch gestanden und ein nationales Abzeichen gebildet haben. Nach
ihrer Verbreitung können sie nur von den Pikten oder Kaledoniern herrühren,
und sie geben einen Anhalt, die Ansässigkeit dieses noch vielfach rätselhaften
Volkes bis in die Steinzeit zur ückzu verlegen. Gedient haben sie wahrschein-
lich als Würdeabzeichen bei religiösen Zeremonien. Darauf deutet erstens
ihr häufiges Auftreten in Gräbern und zweitens die Anwendung entsprechen-
der Geräte bei den Begräbnisbräuchen der frühchristlichen Zeit, eine Er-
scheinung, die sich gerade im Kultus so oft beobachten läßt.
H. Seger-Breslau.
359. John Abercromby: The relative chronology of some cinerary
um types of Great Britain and Ireland. Proceed. of the Soc
of antiquar. of Scotiand 1907, Vol. XLI, p. 185—274.
Diese wichtige Arbeit stellt sich als Fortsetzung einer Abhandlung
Abercrombys im 38. Bande derselben Zeitschrift über die Keramik der
A. Referate. Urgeschichte. 293
ältesten Bronzezeit dar. Wie dort drei Typen der mit den mitteleuropäischen
Schnur- und Zonenbechern verwandten Gefäße unterschieden werden, so
werden hier fünf Typen von Aschenurnen als Repräsentanten des späteren
Bronzealters hingestellt: I. der Typus mit überhängendem Rande; II. die süd-
liche Gruppe (mit drei Unterabteilungen); III. die Deverel-Rimbury-Gruppe
(mit zwei Unterabteilungen); IV. der „Mauerkranz- oder Reifentypus"; V. der
inkrustierte Typus. Nach einer Analyse der Formen, wobei die Art des
Vorkommens, die Begleitfunde, die Verbreitung und die Analogien im Aus-
lande eingehend untersucht werden, kommt der Verfasser zu folgenden
Schlüssen. Etwa um 800 oder 900 v. Chr. sehen wir den vielleicht vom
Auslande stammenden Typus I zuerst im äußersten Südwesten von Groß-
britannien auftreten und sich dann allmählich nordwärts und westwärts bis
Schottland und Irland verbreiten. Kam er, wie zu vermuten, von Gallien
her, so müssen (?) wir annehmen, daß er durch neue Ansiedler, die ihre Toten
verbrannten, importiert wurde. Die Dauer des Typus I dürfte auf fünf bis
sechs Jahrhunderte zu schätzen sein. Er endet um 800 v. Chr., um welche
Zeit die Besitznahme des südöstlichen Yorkshire duroh die ersten Einwanderer
der La Teneperiode fällt. Zu Beginn des vierten Jahrhunderts v. Chr. oder
früher erscheinen im südwestlichen England, doch nirgends nördlich vom
Themsetal, einige neue Typen (II und III) augenscheinlich fremden Ursprungs,
die man auf einen Zufluß gallischer Kolonisten zurückführen kann. Sie
mögen zum Teil bis ans Ende des Bronzealters fortgelebt und es hier und
da sogar überdauert haben. Ihre Verfertiger erbauten rechtwinklige Erd-
werke und gebrauchten zum Grabenziehen Palstäbe. Die Schanze von South
Lodge camp enthielt in einem ihrer Gräben eine Urne vom Typus II 8 : letztere
muß kurz nach Fertigstellung der Anlage in die Erde gelangt sein, ein Zeit-
punkt, der um 350 v. Chr. fallen dürfte. — Der fremden Einwanderungen
weniger ausgesetzte Norden behielt indessen die alten Modelle bei und ent-
wickelte aus ihnen die neuen Typen IV und V. Beide sind etwa gleichzeitig
mit den südlichen Typen II und III, und alle vier zusammen haben in ent-
legeneren Teilen von Großbritannien noch lange fortgedauert, als die Kenntnis
des Eisens sich schon verbreitet hatte.
Die Abhandlung ist mit 200 vortrefflichen Phototypien ausgestattet.
Ä Seger-Breslau.
860. John Bruce: Notice of the excavation of a broch at Jarlshof,
Sumburgh, Shetland. Proceed. of the Soc. of antiquar. of
Scotland 1907, Vol. XLI, p. 11—33.
Beschreibung einer jener unter dem Namen „broch" bekannten prähisto-
rischen Befestigungen, welche aus mörtellosem Mauerwerk auf einem Hügel
errichtet sind und aus einem runden Turme, sowie häufig noch aus mehreren
Außenwerken bestehen. Ein schmaler Gang führt durch die mächtig dicke
Mauer in den runden Hof des Turmes. Hier liegen die Zugänge zu den in
der Mauer angebrachten Kasematten, runden oder rechteckigen Kammern
von vier bis fünf Fuß Durchmesser. Die hier beschriebene Anlage befindet
sich auf der Shetlandinsel Sumburgh, unmittelbar neben und zum Teil unter
dem durch Walter Scotts Roman „Der Pirat" bekannten Jarlshof, einer
mittelalterlichen Burg, deren Hof zeitweise als Begräbnisplatz gedient hat.
Der Hauptturm hatte einen Durchmesser von 63 Fuß, seine Mauern eine
Dicke von mehr als 15 Fuß. Die Hälfte des Turmes ist hier durch die See
weggerissen worden. Um den erhaltenen Teil liegen die Ruinen von vier
Nebengebäuden von ähnlicher Bauart und eines starken Außenwalles. An
294 A. Referat«. Urgeschichte.
verschiedenen Stellen fanden sich leere Steinkisten, außerdem zahlreiche Ge-
rätschaften aus Stein und Knochen, von Metallsachen dagegen nur eine
bronzene und eine silberne Nadel. Soweit man nach diesen Fundstücken
urteilen kann, muß man denen recht geben, die die Erbauung der brochs in
die Tornormannische Zeit setzen und den keltischen Urbewohnern des Landes
zuschreiben. H. Seger-Breslau.
361. H. Hardy: On yitrifled forte etc. Proceed. of the Soc of
antiquar. of Scotland 1906, VoL XL, p. 136—150.
Als vitrified forte, zu deutsch Glasburgen oder Schlackenwalle, bezeichnet
man bekanntlich gewisse über einen großen Teil von Mitteleuropa, nament-
lich aber in Schottland, Irland, Österreich und Ostdeutschland verbreitete
schanzenartige Erdwerke aus dem Ausgang der vorgeschichtlichen Zeit. Das
Innere der Wälle besteht aus einer Schüttung von lockeren Steinen, darüber
aus einer zwei bis drei Fuß dicken Schicht ähnlicher Steine, die infolge voll-
ständiger oder teilweiser Schmelzung zu einer lavaartigen Masse zusammen-
gebacken sind. Die Frage, wie dieser Schmelzprozeß zu erklären sei, hat
bisher noch immer keine befriedigende Antwort gefunden, trotzdem sich seit
mehr als einem Jahrhundert zahlreiche Gelehrte und Praktiker damit abge-
müht haben. Man kann die verschiedenen Erklärungsversuche im wesent-
lichen auf zwei Grundanschauungen zurückführen: nach der einen wäre die
Verschlackung zufällig entstanden, indem auf den Wällen zu irgend welchen
Zwecken, z. B. als Signal oder zu religiösen Festen, Feuer angezündet wurden,
nach der anderen wäre sie absichtlich hervorgerufen worden, um die Steine
in festen Verband zu bringen und dadurch den Verteidigungswert der Anlage
zu erhöhen. Die zweite Annahme begegnet, wie M 'Hardy ausführt, erheb-
lichen Schwierigkeiten. Durch praktische Versuche kann man sich leicht
überzeugen, daß die künstliche Herstellung einer solchen Schlackenschicht
eine so mühevolle Sache ist, daß man sich dazu nur in Ermangelung jeder
anderen Art von Bindeverfahren entschlossen haben wird. Wir finden aber
bei mehreren schottischen Wällen unter der Schlackenschicht regelrechtes
Mauerwerk, ein Beweis, daß man sehr wohl imstande gewesen wäre, dieses
auch bis zur Oberfläche emporzuführen. Noch schwerer wiegt die Tatsache,
daß die Schlackenschicht durchaus nicht fortlaufend den Wall durchzieht,
sondern vielfach unterbrochen oder nur an einzelnen Stellen vorhanden ist.
Ja, es hat sich gezeigt, daß sie an manchen Wällen gerade dort am stärksten
ist, wo nach den örtlichen Verhältnissen eine künstliche Befestigung über-
haupt nicht erforderlich war, z. B. an einer steil zum Meere abfallenden
Klippe, dagegen an einer ungeschützten Seite ganz oder fast ganz fehlte.
Endlich hätte für den Befestigungszweck eine Breite von vier bis sechs Fuß
genügt. Es gibt aber Fälle, wo sie nicht weniger als 40 Fuß beträgt. Aus
diesen und anderen Gründen ist die Annahme der absichtlichen Verschlackung
im höchsten Grade unwahrscheinlich.
Der Verfasser hat es nun unternommen, durch praktische Versuche fest-
zustellen, auf welchem Wege ein Zusammenschmelzen der Steine erfolgt.
Die Versuche wurden mit den mannigfachsten Methoden und Feuerungs-
mitteln und an verschiedenen Orten durch eine Reihe von Jahren angestellt.
Es ergab sich, daß ein noch loderndes, reichlich genährtes und rasch brennen-
des Feuer selbst bei sehr langer Dauer nicht zur Verschlackung führt. Wohl
aber geschah dies, wenn das Feuer sehr niedrig gehalten, langsam genährt
und durch immer wiederholte Zwischenlagen von Steinen bis an die Grenze
des Erstickens gebracht wurde. Hierzu stimmt, daß die Schlacke nicht selten
A. Referate, Urgeschichte. 295
Holzabdrücke aufweist, die nur von darunter liegenden Zweigen herrühren
können. Hardy schließt daraus, daß die schottischen Schlackenwälle zum
großen Teile nichts weiter als Signalstationen waren. Die Besatzung habe
darauf dauernd ein Feuer unterhalten, um es gegebenen Falles sofort als
Warnungszeichen aufflammen zu lassen; gleichzeitig wurde es zum Kochen
benutzt. Solch ein Feuer bewirkte in Gegenden , wo das Gestein leicht
schmelzbar war, mit der Zeit eine große Schlackenmasse, während sich ander-
wärts keine Spuren von Verglasung finden. Als Bestätigung dieser Ansicht
dient der Umstand, daß viele der in Rede stehenden Anlagen ihrer Größe
und Beschaffenheit nach unmöglich Verteidigungswerke gewesen sein können.
Wenngleich diese Schlußfolgerungen zunächst nur für Schottland Geltung
beanspruchen, so sind die mit größter Exaktheit durchgeführten Versuche
des Verfassers doch auch für die Verhältnisse in anderen Ländern von hohem
Wert und dazu angetan, eines der vielen Rätsel der Vorzeit seiner Lösung
näher zu bringen. H. Seger-Breslau.
362. L. M'Lellan Mann: Prehistoric beads of coarse vitreous paste.
Proceed. of the Soc. of antiquar. of Scotland 1906, Vol. XL,
p. 396—402.
Die in Britannien gefundenen prähistorischen Perlen aus Glas oder
emailartiger Paste haben bisher wenig Beachtung gefunden. Von letzterer
Art sind bisher etwa 150 Stück bekannt geworden. Sie scheinen die frühesten
nichtmetallischen Schmucksachen aus künstlich bereiteten Stoffen zu sein.
Sie sind opak, selten grau, gewöhnlich ins Blaue oder Grüne spielend, und
werden in Brandgräbern angetroffen. Die zugehörigen Urnen zählen in der
Regel zur Klasse der ungegliederten zylindrischen, eimer- oder tonnenf örmigen
Gefäße, selten zu der mit überhängendem Rande. Der Verfasser unter-
scheidet zehn Typen von solchen Perlen, von denen einige auch in Lignit und
in Bronze begegnen. Ähnliche finden sich auch auf dem Kontinent, in Asien und
in Afrika. Doch vermutet M'Lellan Mann, daß die britischen Handwerker
unabhängig vom Auslande die Fabrikation betrieben haben. Das Rohmaterial
könnte aus den Rückständen des Bronzegusses gewonnen worden sein, denn
die chemische Analyse hat ergeben, daß es sich aus denselben eisen- und
kupferhaltigen Silikaten wie die alten Bronzeschlacken zusammensetzt. Die
Verteilung der Funde über die verschiedenen Gegenden von England und
Schottland ist der Annahme des einheimischen Ursprungs günstig. Das Be-
stehen eines regelrechten Handels mit Perlen, wie er für das frühe Eisenalter
literarisch und archäologisch bezeugt ist, ist für das Bronzealter nicht nach-
zuweisen. " H. Seger-Breslau.
363. Joseph Anderson: Notice of bronze brooches and personal
Ornaments from a ship-burial of the Yiking time in Oronsay,
and other bronze Ornaments from Colonsay etc. Proceed. of
the Soc. of antiquar. of Scotland 1907, Vol. XLI, p. 437-— 450.
Der erste Fund wurde 1891 in einem Schiffsgrabe der Wikingerzeit auf
der Insel Oronsay gemacht. Er besteht aus zwei oblongen Bronzefibeln von
ungewöhnlicher Form, verziert mit Flechtornamenten und eingelegtem Bern-
stein im norwegischen Stil, einer halbkreisförmigen Bronzefibel der gewöhn-
lichen keltischen Art, einem Bronzering, einer Bernsteinperle und einem natür-
lichen, aber zum Aufhängen durchbohrten Kieselsteine. Der Grabhügel hatte
die Leichen eines großen Mannes und einer Frau enthalten; zu Seiten des
296 A. Referate. Urgeschichte.
Mannes hatte noch ein eiserner Dolch gelegen. Derselben Zeit gehören
mehrere andere in Grabhügeln auf Colonsay gefundene Schmuckgegenst&nde
an. Reicher war die Ausbeute eines Grabhügels bei Kiloran-Bay, wo inner-
halb einer 15 Fuß langen und 10 Fuß breiten rechteckigen Steinsetzung das
Skelett eines reich bewaffneten Kriegers und seines Pferdes und die Überreste
eines Bootes aufgedeckt wurden. Drei nachtraglich gefundene Münzen stammten
aus der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts. Nach dem Gutachten des
Herrn Haakon Schetelig vom Museum in Bergen war der Bestattete
zweifellos ein Norweger, wiewohl einzelne Züge auf den Einfluß des in Schott-
land damals schon herrschenden Christentums hinweisen und von den Fund-
stücken einige, z. B. eine Wage mit Gewichten, wahrscheinlich in Irland an-
gefertigt worden sind. H. Seger-Breslau.
864. Extraits du Rapport general sur les recherches et les fouilles
exeoutees par la Societe d' Archäologie de Bruxelles pendant
l'annee 1906 par le baron A. de Loe (president).
1. Examen d'un ouvrage en terre a Wytschaete (Flandre Occi-
dental e). Terre-plein circulaire d'environ 75 m de diametre et entoure d'un
fosse plein d'eau; il est plante d'arbres fruitiers; le centre semble un peu plus
eleve que le reste. Cet ouvrage ne parait pas devoir remonter au-dela du
moyen-age. — 2. Examen d'un ouvrage en terre ä Elsendamme
(Flandre occidentale). 11 est semblable au pre'c&ient. Quelle a 6t£ la desti-
nation des ces ouvrages se demande Mr. de Loe qui fait remarquer qu'ils se
trouvent dans des localitäs tres anciennes et il se demande si ce ne sont pas
la des marques de propriete ou des emblemes de droits feodaux. — 3. Examen
d'une grotte ä Bonnest (pr. de Luxembourg). Dans le pays eile est
appelee Wel-fra-haus. Elle est sans interet parceque, artificielle et moderne,
eile räsulte de l'exploitation du # gres. Elle a 8m de largeur sur 6 de
profondeur et 1,25 de hauteur. — 4. Examen d'un tertre ä Athus
(ffr. de Luxembourg). II est appele* Roemisches Grab et a 6te Signale
par Mr. M. Schweisthal quiF explora en 1892. H est artihciel, circulaire,
en forme de c6ne tronque* tres applati ayant 3 ä 4 m de hauteur et 120 de
circonfe>ence ä la base. Mr. de Loe le considere oomme etant une motte
f eodale et non un tumulus belgo-romain oomme le laisse supposer l'appellation
populaire. II serait necessaire d'y faire de nouvelles recherches pour ätre
completement fixe\ — 5. Recherches ä Blaton (pr. de Hainaut) et a
Pael (pr. de Limbourg). Dans le livre „Les Voies romaines" par van
der Rit, il est fait mention de deux tumuli belgo-romains au Bois du Mont-
Crapaud ä Blaton. Mrs. Dens et* Poils se sont rendus ä l'endroit indique
sans retrouver les 2 tumuli. De meme ä Pael ils ont trouvä, au lieu du
tumulus leur signalä, une eleVation naturelle tres reguliere mais trop con-
sid^rable pour Poeuvre des hommes. Des fouilles, faites quand m£me, n'ont
donne aucun resultat. Mrs. Dens et Poils ont trouve quelques sepultures
intactes de l'äge du fer ä Ways, Tombeek, Grez, Chaumont, Chapelle-
St. Lambert et Bonlez. Dans cette derniere localis il y a 2 tombes ä enceinte
de 44m de diametre; elles seront fouilläes prochainement. — 6. Recherches
ä Ottignies (Brabant). Des substructions ont et6 rencontrees par des
travaux la ou, de memoire d'homme, il n'y avait jamais eu d'habitation.
Apres v^rifications faites, les substructions en question ont ete* attribuees ä
une maison importante du XVII 6 siecle dätruite par incendie. — 7. Trou-
vaille de monnaies ä Damme (Flandre occidentale). — 8. Fouilles
ä Laeken (Brabant). Mr. Poils a trouve, dans un vergor, une grande
A. Referate. Urgeschichte. 297
pierre en gres Wemmelien enfouie en partie. La legende rapportait autrefois
que l'effort de 1 2 chevaux n'avaient pu deplacer la pierre ! La pierre n'a que
1 m sur 0,70 et 0,40 d'6paisseur moyenne; eile 6tait posee sur quelques
fragments de pierre formant socle de 0,50 de hauteur. Un fragment de
poterie rouge vernissee de l'epoque romaine a ete" trouvä dans les däblais. —
9. Fouilles dans la foret de Meerdael Hamme-Mille (Brabant).
Dans la for£t de Heverlä s'elevent, disseminäs, 24 tumuli dont quelques -uns
sont peut-&tre belgo-romains. La foret de Meerdael possede une enceinte
fortifiee et ldtombes de la periode proto-historique, 2 tumuli geminäs, 7tom-
belles, des vestiges d'habitation, un tranyon de voie, le tout de l'epoque belgo-
romaine. Tout ceci etait totalement ignore jusqu'icL Des fouilles pratiquees
ont donne de beaux resultats et elles seront continuees. L'auteur fait
remarquer l'interet qu'il y a d'explorer minutieusement les forets. —
10. Fouilles a Merchtem (Brabant). La Commission a aussi etudi£
le tertre Hunsberg, mais a reconnu qu'il ne constitue qu'une motte feodale
jadis entouree de douves. Boudou et Vandebosch-Seraing (Belgique).
365. 6. Ghilain: Dicouverte de silex eolithiques dans la vallee de
la Hoegne et dans l'Eau-Rouge. Bull. Soo. d'anthropol. de
Bruxelles 1906, 29 Octobre.
L'auteur rappelle la Conference de Mr. de Munck au sujet des Eolithes
trouv6s par lui sur le haut plateau de la Baraque-Michel et dans l'Eau-Rouge.
En yillegiature dans ces parages, Mr. Gh ilain y a fait aussi des recherohes
pour se faire une conviction au sujet de la question si actuelle et si contro-
versee des Eolithes. A son avis, si les silex en question sont reellement des
pieces utilis^es par des etres intelligents, ils doivent etre localis^s en des
endroits assez restreints, isol6s les uns des autres et correspondant ä l'etendue
des stations de ces peuplades si celles-ci avaient habite le sol apres la for-
mation des yall^es, et se trouver sur certains sommets seulement, s'ils avaient
ete employes avant le creusement des vallons. Si, au contraire, ces silex
n'ont pas ete utilises, toute la zone presentant les m^mes conditions g£o-
graphiques et autres et ayant meme Situation climatologique doit en posseder.
D'apres toutes ses recherches surtout dans les nombreux ruisseaux de cette
conti-ee, Mr. Gh ilain dit pouvoir declarer avoir decouvert dans la Hoegne,
dans le Hockay et dans l'Eau-Rouge seulement des silex eolithiques et que
pas une Beule fois il n'a tu dans un autre cours d'eau des environs un
Beul eolithe. C'est le Hockay qui a charrie les silex que Ton trouve dans
l'Eau-Rouge et il est completement d'accord avec Mr. de Munck pour dire
que c'est apres le confluent de ces 2 cours d'eau qu'on trouve des eolithes.
Fait remarquable, dit Mr. Ghilain, ce n'est que vers les sources et
jusqu'ä des distances relatiyement peu eloignees de celles-ci que sont ren-
contres les silex. La patine brun marron dont sont recouyerts les eolithes,
effet de leur s^jour dans des eaux ferrugineuses, est d'autant plus foncee que
les pieces se trouvent plus eloignees des sources. Les silex utilises provien-
nent, selon toute probabilite, de la Baraque-Michel et du plateau de Hockay.
L'auteur n'hesite pas ä dire que ce n'est pas le charriage des eaux qui a
donne aux silex une apparence eolithique, car dans ce cas, on trouverait des
silex ayant cet aspect dans tous les ruisseaux du yoisinage et dans toute
l'&endue des ri vieres qui cependant n'en possedent que vers leurs sources
seulement. Ge n'est pas non plus un oaprice de la nature qui les a rendus
differents des autres silex, car toutes les conditions climatologiques et autres
sont la-bas absolument identiques.
298 A. Referate. Urgeschichte.
Quoique roules, les silex portent des traces d'utilisation bien nettes et se
ressemblent beaucoup quant ä la forme. Ceux de la Ho&gne sont cependant
plus beanx que ceux du Hockay.
Le Conferencier conclut que Ton est bien en presence d'instruments tres
primitifs utilises sur les lieux par des ätres intelligents; il a foi dans la geo*
logie et autres seien ces soeurs pour d&erminer l'&ge des pieces trouvees; il
continuera ses explorations et se fera un plaisir d'en faire connaitre ult6-
rieurement les resultats. Doudou et Vandebosch- Seraing (Belgique).
366. Bulletin des Musees Boy. d. arts decorat« et industr. k Bruxelles
1906, avril.
La Station näolithique de Pessoux (pr. de Namur). La collection
de silex tailles et de haches polies, formte, durant ces dernieres annees, par
Mr. J. Bast in, formier ä Pessoux, vient d'etre acquise par Mr. L. Cavens
pour les Musees Royaux. Ces pieces sont en silex du Hainaut, de la Hesbaye
et des environs de Maestricht. II y a de belles et grandes lames retouchees,
des lames simples, des pereoirs, des poincons, des grattoirs, des pointes de
fleches de formes variees, des haches polies retailläes en silex de Spiennes et
de Maestricht, une hachette en phtanite noir retaillee sur une face. II y a
aussi des instruments minuscules ä forme plus ou moins geomätrique et ä
retaille dorsale et une petite hachette polie en Jadeite equarrie des 2 cötes et
ä tranchant bien conserve. Des rognons de silex brut, des nucleus et des
eclats de debitage demontrent que les neolithiques taillaient souvent aussi leurs
Instruments sur place.
Ces pieces ont ete recueillies surtout au lieu dit „Le Solin du bois de
Priesse 11 . Cette Station oü se rencontrent melangees les industries tarde-
noisienne et robenhausienne est connue de longue date sous le nom de Station
de Linciaux.
La necropole de Grobbendonck (pr. d'Anvers). Le Bulletin
remercie Mr. le Comte Adrien d' Ursel pour le don fait aux Musees qui
consiste en une belle serie d'urnes et de vases d'offrande trouves en 1904 au
lieu dit „Scheidhaag". Ces urnes, faites ä la main, en contenaient de plus
petites suivant une pratique des Beiges d'avant la conquete r omaine. La
necropole est de Tage du fer et s'etendait sur une surface de 2 heetares
environ.
Bijoux barbares trouväs aux environs de Chimay (Baron
A. de Loö). Ils proviennent de tombes franques däcouvertes pres de Chimay
en 1880 et consistent en: une bague en bronze a chaton plat orne" d'une
figure ciselee en creux, representant un animal fantastique qui semble vouloir
saisir l'extremite de sa queue; 2 boutons d'ornement de fourreau de scrama-
saxe portant une gravure en creux representant, ä premiere vue, une plante
arborescente; un bracelet, en bronze, ouvert; les extrem it 6s renflees portent
quelques traits ciseles; une paire de boucles d'oreilles en fil de bronze avec
pendant de meme nature.
Mr. le Baron de Zerezo de Tejada a depose ces objets aux Collections
en memoire de feu Albert Carron de qui il les avait recus en don.
Doudou et Vandebosch- Seraing (Belgique).
367. G. Cosyns : Determination par Fanalyse chimique de l'&ge relatif
des ossements trouves dans la grotte de Bosee a Engihoul.
AnnaL de la Soc. Roy. zool. et macoL de Belgique 1907.
Tome XLII, p. 163—168.
A. Referate. Urgeschichte. 299
Gräce ä Intervention du laboratoire de Geologie de l'Universitä de
BruxeUes, Mr. Cosyns a pu explorer la grotte de Rosee decouverte ä Engihoul
par Mrs. Doudou et Vandebosch. L'auteur rappelle que l'ancienne grotte
d'Engihoul, iormant vraisemblablement comme la grotte de Rosee partie d'une
grande region souterraine, a äte* l'objet de nombreuses 6tudes: beaucoup
d'explorateurs y ont trouve des ossements d'Ours et de rares silex semblants
fortement däranges de leurs gitements primitifs.
Le depot fossilifere dans la grotte de Rosee est des plus importants:
coprolithes d'Hyene, dents, os divers, le tont dans le plus grand desordre au
point de vue stratigraphique. Dans une coupe a travers un eboulis de plus
de lOmetres de hauteur, l'auteur a distingue ä la partie infeneure des dents,
des phalanges, etc. qui, entrainäs par les eaux, sont venus s'accumuler ä la
base du depöt; quelques metres plus haut des restes d'Ours des cavernes;
vers la partie superieure des ossements d'Ours plus rares, mais ceux d'Hyene,
de Mammoutb, de Rhinoceros, de Cheval, de Boeuf, de Renard, etc. deyiennent
plus nombreux; le gtte est recouvert de limon sterile plus ou moins agglomere
de Stalagmite. Mr. Cosyns dit avoir trouve* aussi quelques silex, quelques
debris de repas et quelques os travailtes par Thomme.
L'auteur 6tablit, par analyse chimique, que les divers os de cette caverne
sont de 3 6poques differentes bien däfinies et suffisament eloignees les unes des
autres pour que la composition des ossements ait eu le temps de se diffe-
rencier. Se basant sur les analyses chimiques d'ossements par E. von Bibra
en 1844, par le Dr. Wibel en 1869, par E. Ri viere en 1885 et enfin par
A. Carnot en 1892, Mr. Cosyns reprend la these de A. Carnot qui avait
conclu que, si la composition generale des ossements fossiles de tous les äges
varie beaucoup avec la nature des terrains qui les renferment, il existe une
relation assez constante entre les quantitäs de Fluor et de Phosphore que
contiennent les fossiles primaires et secondaires, tandis que la teneur en Fluor
est beaucoup moindre dans les fossiles tertiaires, quaternaires et surtout
modernes.
Le limon gluant de la grotte de Rosee a tres bien conserve" les os
trouves; les restes d'Ours paraissent les plus anciens; ils sont tapissäs de
dendrites de Mn et montrent, au microscope, les progres dela mineralisation;
les ossements de Cheval semblent beaucoup moins anciens et ceux de Renard
ne portent presque pas de marques de fossilisation. L'auteur, qui est
chimiste, a analyse* cea divers restes osseux qui ont donn£, entr'autres corps
chimiques, Fluorure de Calcium: 3,6 pour l'Ours, 3,4 pour l'Hyene, 1,2 pour
le Cheval, traces pour le Renard. On remärque dono que le degre* d'apati-
sation, mis en evidence par le dosage de Fluorure de Calcium, per m et de
preciser le triage des ossements melanges des gisements.
Mr. Cosyns conclut que cette me'thode peut surtout etre pr£cieuse pour
fixer un age aux ossements humains que l'on trouve au voisinage de däbris
quaternaires. Doudou et Vandebosch - Seraing (Belgique).
868. Fiedler: Über Säugetierreste aus braunschweigischen Torf-
mooren nebst einem Beitrag zur Kenntnis der osteologischen
Geschlechtscharaktere des Rindsschädels. Zeitschr. f. Ethnol.
1907. Bd. XXXIX, S. 449—508; mit 24 Abb., 11 Diagrammen
u. I Taf.
Eine eingehende Schilderung der im Naturhistorischen Museum zu
Brannschweig aufbewahrten Moorfunde, soweit sie Reste der Gattungen Sus
und Bos darstellen. Die schöne Tafel gibt ein Bild des im Jahre 1875 ge-
300 A. Refei-ate. Urgeschichte
fun denen, fast vollständig erhaltenen Skelettes von Boa primigen ius Boj. —
Die Einzelheiten der osteologischen und osteometrischen Beschreibung der
Fundstücke, welche nach dem Plan der Arbeit sehr eingehend sein mußten,
da sie eine Ergänzung zu früher von anderen gegebenen gelegentlichen Fund-
berichten bilden sollen, können hier nicht mitgeteilt werden. Interessant ist
der Versuch (mittels Bleidrahtmethode und Winkelbestimmung) im Schädel-
profil des Rindes einen auch sonst erwähnten Geschlechtsunterschied zahlen-
mäßig zu fixieren: das Stirnbein ist beim weiblichen Geschlecht nicht so weit
nach hinten ausgezogen wie beim männlichen, und der Neigungswinkel der
Stirn- zur Hinterhauptsfläche ein verschiedener; wie immer bei Untersuchungen
über Geschlechtsunterschiede, zeigen sich aber auch hier Formen, an denen
der dem Geschlechte eigentümliche Typus nicht so markant zum Ausdruck
kommt. P. Bartels-Berlin.
369. F. Hertlein: Ringwälle im Iagstkreis. Fundberichte aus
Schwaben 1907. Bd. XIV, S. 91; m. 1 Abbildung u. 1 Karten-
skizze.
Der Burgstall bei Finsterlohr, ein gallisches Oppidum, über dessen erste
Untersuchung im Zentralblatt 1904, S. 377 berichtet ist, mag hier mit einigen
Nachträgen erwähnt werden. Die Außenbefestigung wird jetzt als 8 m dicke
gallische Mauer angegeben mit starker Steinmauerfront, während die innere
Befestigu ngslinie kein steinernes Hinterhaupt der Gesamt mauer und keine
Spuren von Klammern zum Halten der verfaulten Balken ergab. Wie auf
dem Altkönig, fanden sich nun auch hier in der Mauerfront in Abständen von
2 m die 45 cm breiten Löcher früherer Pfosten. Auch an dem schon bekannten
Alten Tor ließen sich nun die Pfostenlöcher nachweisen, doch leider scheinen
die Kleinfunde, deren Spärlichkeit schon damals hervorgehoben wurde, auch
inzwischen nicht bereichert zu sein. — Ganz anders ist das Gesamtbild des
Rosensteins bei Heubach, wo drei steil abfallende Hochflächen wie Blatter
durch schmale Stiele mit der Albhochebene verbunden sind; aber diese Höhen
sind nicht ringsherum befestigt, so daß sich eine Yergleichung mit gallischen
Städten Frankreichs aufdrängen müßte, eben weil die steilen Abhänge vielfach
keiner Befestigung bedürfen. Der eigentliche Rosenstein ist auf dem einzigen
schmalen Zugange durch Wälle abgegrenzt, die denen des Burgstalles ent-
sprechen, wenn auch die Pfosten des Steinkerns hier noch nicht so bestimmt
nachzuweisen waren; immerhin darf die Anlage ebenfalls in die letzte Zeit
gallischer Siedelung in diesen Gegenden gesetzt werden, und die Quermauer
im Innern würde die Ostterrasse als Arx innerhalb des oppidum abtrennen.
Der kleine Westteil scheint dagegen eine ältere Sonderanlage gewesen zu
sein. Auch die zweite selbständige Hochebene ist durch einen Doppelwall
vom Zentralplateau abgetrennt; es dürfte dieser kleinere Hochberg wohl als
Vorläufer der größeren Volksburg auf dem Kosenstein anzusehen sein. Der
östliche Seitenflügel des Mittelberges ist in seinem spitzen Vorsprunge wiederum
durch einen Doppelwall abgetrennt und könnte eher als eine Art Fort für
die Hauptbefestigung gedient haben, da der Hauptzugang in das Lappertal
führt und dem Angreifer des Rosensteins in Rücken und Flanke fällt sowie
eine Quelle sichert. Ein breiterer Rücken, der Heidenbuoren, hat trotz seines
verdächtigen Namens noch keine Funde ergeben, wie denn in diesem ge-
waltigen System von Bergfesten nur ein halbes Steinwerkzeug mit trichter-
förmigem Bohrloch ohne Spur von Metallbohrung entdeckt ist.
Prof. Walter-Stettin.
A. Referate. Urgeschichte. 301
870. S. von Forster: Die Besiedelung des Nürnberger Landes in
vorgeschichtlicher Zeit. Festschrift des XVI. deutsch. Geo-
graphentages, S. 153—165. Nürnberg 1907.
Im Stadtgebiet des heutigen Nürnberg sind zufällig nur zwei vor-
geschichtliche Funde bekannt geworden, neun kleine Tongefäße von Lausitzer
Formen, die anfangs verdächtig schienen, aber durch ähnliche Stücke aus
einem bronzezeitlichen Grabhügel bei Neumark i. 0. beglaubigt werden, sowie
ein chronologisch nicht zu bestimmender Netzsenker. Aber neolithische Be-
siedlung mit Feuerstein werk zeugen ist in der Umgegend bei Mögeldorf be-
obachtet, und die noch nicht veröffentlichten Untersuchungen des Hohlen Fels
bringen Material für die allerfrühste neolithische Stufe. Reicher fließen die
Quellen von der Bronzezeit an, denn es ist ein Depotfund der älteren Bronze-
zeit, Äxte, Dolch, ein Schwert von mykenischem Typus und anderes der älteren
und jüngeren Stufe zugehöriges Inventar in naher Umgegend zusammen-
gebracht. Die Gräber waren Flachgräber, die Bronzekultur ist im allge-
meinen nicht so entwickelt wie im Norden, doch ist eine Verwandtschaft der
oberpfälzisch-fränkischen Gruppe mit den Typen der mittleren Donauländer
ersichtlich. Am stärksten war aber das Nürnberger Land zur Hallstattzeit
besiedelt : von den 306 untersuchten Grabhügeln gehören die meisten und das
reichste Grabinventar hierher, und zwar in die jüngere Stufe. Die Grabhügel
dieser Periode liegen auf natürlichen Erhebungen und bergen selten nur eine
Bestattung. Verbrennung ist etwas seltener als Beerdigung, die Unterschiede
von Arm und Reich sind deutlich erkennbar. Die Blütezeit ist im Beckers-
loher Grabfeld erreicht, die Wanderungsrichtung von Nordosten einfallend,
aber die Beziehungen weisen auf die süddonauländische Zone hin. Mit dem
Ende dieser ganzen reichen Entwickelung um 300 v. Chr. tritt eine merkliche
Abnahme der Siedlungen im ganzen Gebiete ein, das Inventar aus der La Tene-
zeit ist noch recht spärlich. Erwähnt sei noch der Froschfels am Brunner
Berg, ein Schalenstein der bekannten Art erratischer Blöcke, die wohl zu
Kultzwecken mit Mulden versehen sind. Auch die römische und allemann ische
Zeit ist im Gebiete wenig bemerklich. Im allgemeinen ist aber eine An-
lehnung an die Kulturkreise anderer Länder nachgewiesen, besonders hat die
einmal angeknüpfte Verbindung mit dem Orient lange weiterbestanden, doch
hat sich auch in Bronzetechnik und Keramik eine lokale Industrie ausgebildet
Das somatische Material ist noch gering. Die Anregung Virchows auf der
18. anthropol. Versammlung 1887 zu Nürnberg ist fruchtbar gewesen.
Prof. Walter-Stettin.
371. K. Stolyhwo: Le crAne de Nowosiolka considere comme preuve
de l'existence k Pepoque historique de formes apparentees ä H.
primigenius. Bull, de PAcad. des Sciences de Cracovie 1908.
Fevr.
Daß zwischen H. primigenius und H. recens — übrigens, wenn alle
lebenden Rassen, hoch- wie tiefstehende umfassend, ein sehr weiter Begriff —
Bindeglieder, Übergangsformen bestanden haben müssen, ist stets meine
Meinung gewesen, und auch Schwalbe gibt dies neuerdings mit gewissen
Einschränkungen für die ältere europäische Steinzeit zu. Unter den Wild-
völkern der südlichen Halbkugel wird man ähnliche unentwickelte Schädel-
formen noch heute finden können. Der Verfasser bemüht sich nun, zu zeigen,
daß auch in Europa noch in geschichtlicher Zeit „dem H. primigenius morpho-
logisch verwandte Bildungen" gelebt haben. Der Schädel, um den es sich im
besonderen Falle handelt, ist 1904 in einem skythischen Grabhügel der Eisen-
302 A. Referate. Urgeschichte.
zeit bei Kiew gefunden worden, also kaum älter als unsere Zeitrechung. Eine
große Anzahl von Maßen desselben werden mit solchen der ältesten euro-
päischen Rassen (nicht bloß des H. primigenius) und des Pithekanthropns
verglichen, wobei sich nach Stolyhwo ergibt, daß von 47 untersuchten Merk-
malen 23 mit H. primigenius übereinstimmen, 11 eine unbedeutende und 13 eine
erhebliche Abweichung zeigen. In bezug auf Länge und Breite stimmt der sky-
thische Schädel (200 : 1 44) fast genau mit dem vom Neandertal (149 : 147) überein,
hat dagegen, was ausschlaggebend ist, eine bedeutend höhere Schädelwölbung
(66 : 54). Augenwulste sind vorhanden, doch lange nicht in dem Maße wie
bei Homo primigenius. Ein nicht minder wichtiges Merkmal, die Kinnbildung,
hat der Verfasser, obwohl er den Unterkiefer mehrfach gemessen, gar nicht
berücksichtigt. Nach seiner ganzen Gestalt, wie auch nach seinem Alter,
stelle ich den fraglichen Schädel zu H. europaeus mit vollständigem Ausschluß
rundköpfiger Beimengung und etwas roherer, unentwickelterer Bildung, wie
sie übrigens auch manchmal bei Germanen der Völkerwanderungszeit an-
getroffen wird. Wäre H. primigenius von höheren Rassen zurückgedrängt
worden, so hätte dies nur in nordsüdlicher Richtung geschehen können, nicht
umgekehrt — Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch darauf hinweisen, daß
im letzten Heft (IX, 3) der „ Mannheimer Geschichtsblätter a an einen Schädel-
fund erinnert wird, den 1880 Zahnarzt Langeboth im Neckarkies bei Mann-
heim in nächster Nachbarschaft einiger Elefanten zahne gemacht hat. Der
eine Schädel war nicht zu erhalten, soll aber durch seine starke Augenwulst
sehr an den Neandertaler erinnert haben, ein anderer kam nach Bonn und
wurde im gleichen Jahr von Schaaffhausen der Berliner Anthropologen-
versammlung vorgelegt. Er war klein, hatte „eine ganze Reihe primitiver
Merkmale" und Zähne, deren „gewaltige Wurzeln tt denen der Australier
glichen. Wir haben es also anscheinend mit einem bisher wenig beachteten
bzw. in Vergessenheit geratenen Vorkommen des Homo primigenius zu tun.
Ludwig Wilser.
372. J. Heierli unter Mitwirkung von Prof. Dr. Henking, Prof.
Dr. Hescheler, Prof. I. Meister, Dr. E. Neuweiler und anderer
Forscher: Das Kesslerloch bei Thaingen. 214 S. m. 32 Tai.
u. 14 Textillustr. Neue Denkschr. d. Schweiz. Naturforsch. Ges.
1907, Bd. XLIU.
Die bekannte Fundstätte von Thayngen — Heierli schreibt so, ab-
weichend von der uns geläufigen Schreibweise Thaingen — , um deren Auf-
deckung sich J. Nüesch große Verdienste erworben hat, ist von Heierli
in den Jahren 1902 bis 1903 weiter erschlossen worden und soll nunmehr,
nach Aussage Heierlis, vollständig ausgebeutet worden sein. Diese Nach-
lese scheint wohl mit derselben Gründlichkeit, wie dies schon Nüesch getan
hatte, vorgenommen worden zu sein ; dessen ungeachtet bleibt es zu bedauern,
daß die historisch - antiquarische und die naturforschende Gesellschaft zu
Schaffhausen nicht den bisherigen bewährten Forscher Nüesch mit diesem
Abschlüsse betraut haben, der doch für den besten Kenner der einschlägigen
Verhältnisse gelten darf.
In dem Vorliegenden, wie wir es von den Denkschriften der Schweize-
rischen Naturforscher - Gesellschaf t gewohnt sind, prächtig ausgestatteten
Werke gibt Heierli in Verbindung mit Spezi alforschern eine Darstellung
seiner Ausgrabungsresultate sowie der seiner Vorgänger, die er aber nicht
immer als solche kennzeichnet, so daß der Anschein erweckt wird, als rührten
sie von ihm selbst her. Es ist daher natürlich, daß wir dabei, besonders
A* Referate. Urgeschichte. 303
unter den Abbildungen, manchen Bekannten schon begegnen. Im allgemeinen
läßt sich als Gesamtergebnis sagen, daß die neuen Ausgrabungen die Ergeb-
nisse von Nüesch im großen und ganzen bestätigen, wenngleich sich kleine
Abweichungen ergeben haben sollten. So z.B. will Heierli verschiedene
Horizonte dos Materials, cL h. eine gelbe und eine graue Lehmschicht, unter-
schieden wissen, hingegen ist Meister (S. 58) der Ansicht, daß diese ver-
schiedenfarbigen Lehme zu Änderungen von Klima, Fauna und Flora oder
zu einem Wechsel in der menschlichen Besiedelung in nicht der geringsten
Beziehung gestanden hätten.
Nach Schilderung der Lage, der Ausdehnung und Größe des Kessler-
loches (S. 2 bis 3) wendet sich Heierli sodann zur Geschichte der Erforschung
derselben (S. 3 bis 45) , wobei er von neuem die bekannten Fälschungen,
denen Merk zum Opfer gefallen war, breittritt. — In dem dritten Kapitel
(S. 45 bis 66) schildert Prof. Meister die geologischen Verhältnisse. Er
stimmt Penok bei, daß die Besiedelung des Kesslerloches in die Zeit der
Achen Schwankung zu versetzen sei, desgleichen Nüesch, daß die Stätte im
Kesslerloch ein höheres Alter als die im Schweizerbild besitze. Den größten
Teil des Werkes (S. 61 bis 154) nimmt im nächsten Kapitel die Abhandlung
von Prof. Hescheler über die Tierreste ein. Ich halte diese minutiöse
Beschreibung beinahe jedes Knochens für eine wissenschaftliche Spielerei, die
das Buch zu sehr belastet Im übrigen besitzen wir bereits von Studer
eine vorzügliche Darstellung der faunistiscben Verhältnisse. Neue Ergebnisse
haben die jüngsten Grabungen nicht gebracht, ausgenommen den Nachweis
von Reh und Moschusochse. Hescheler behauptet, daß, trotzdem Nage-
tierreste auch bei diesen Grabungen gefunden worden sind, es im Kesslerloch
keine besondere Nagetier Schicht gegeben habe. — Die Untersuchungen
Dr. Neuweilers im fünften Kapitel über die Pflanzen- und Kohlenreste
haben ergeben, daß es sich im Kesslerloch vorwiegend um Braun kohlen stücke
(tertiären Ursprunges) und Kohlenreste von der Erle, der Haselnuß und Fichte
handelt. — In den beiden nächsten Kapiteln ergreift Heierli sodann wieder
das Wort zur Schilderung der archäologischen Ausbeute. Der Abschnitt
(S. 165 bis 190) über Geräte aus Stein, Knochen und Hörn, sowie über
Schmucksachen bringt nichts neues, dagegen erfahren wir aus dem nächsten
(S. 190 bis 210) über die Kunstprodukte, daß die jüngsten Ausgrabungen
eine neue Tierzeichnung ergeben haben : auf einem Kohlenplättchen fand sich
ein Pferd in einer ganzen Figur dargestellt. Nüesch, der in dem Korre-
spondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft (XXXIX, 6) eine
Kritik des vorliegenden Werkes gibt, meint, daß weder der Stil dieser Zeich-
nung noch die Haltung des Pferdes den anderen echten Tierzeichnungen des
Kesslerloches zu entsprechen scheine und hält, zumal er an Stelle der Ohren
die römische Zahl IX findet — was meines Erachtens blinder Zufall sein
kann — , dieselbe für eine plumpe Fälschung, der Heierli zum Opfer gefallen
ist. Es steht mir keine Ansicht in dieser Sache zu ; hoffentlich ergreifen dazu
kompetente Beurteiler das Wort. Dr. Buschan- Stettin.
373. Victor Gross: Les söpultures de l'epoque de La Tene ä Mün-
singen, canton de Berne (Suisse). fitude anthropologique
sommaire. Rev. 6oole d'anthropol. de Paris 1908. Annee XVIII,
p. 112—116.
Dank der guten Erhaltung der La Tene - Gräberfelder zu Müsingen
konnte Terf asser an 39 Schädeln die wichtigsten Messungen vornehmen, deren
Ergebnis er in dem vorliegenden kurzen Berichte mitteilt. Aus diesem ist
304 A. Referate. Urgeschichte.
folgendes zu entnehmen. Die männlichen Schädel sind vorwiegend dolicho-
kephal (47,6 Proz.), jedoch kommt unter ihnen auch eine gute Anzahl
(31,3 Proz.) hrachykephaler vor (Index im Durchschnitt 79,05). Unter weib-
lichen Schädeln findet sich ein stärkerer Prozentsatz hrachykephaler (46,1);
indessen sind auch dolichokephale (30,7 Proz.) und mesokephale (23 Pros.)
unter ihnen immer noch stark vertreten (Durchschnitt 79,09). Ein ethnischer
Typ iet somit in dieser Nekropole nicht ausgeprägt. Die männlichen Schädel
zeichnen sich durch Leptorrhinie , Leptoprosopie und Mesosemie aus. Beim
weiblichen Geschlecht sind diese Merkmale sehr variabel. — Die Schädel-
kapazität beträgt bei den Männern im Mittel 1 699 (bei 4 direkt durch Kubage
erhalten) bzw. 1745 com (durch Berechnung erhalten), bei den Weibern 1463
bzw. 1410 ccm. — Zwei der männlichen Schädel waren trepaniert (Abbildung).
Buschan-Stettin.
374. Heinrich Willers: Neue Untersuchungen über die römische
Bronzeindustrie von Capua und von Niedergermanien besonders
auf die Funde aus Deutschland und dem Norden hin. Mit
56 Abbildungen im Text und 8 Lichtdrucktafeln. Hannover
und Leipzig, Hahnsche Buchhandlung 1907. XII u. 111 S. in 4°.
Willers hat im Jahre 1901 ein Buch über die römischen Bronzeeimer
von Hemmoor veröffentlicht, das ohne Frage zum Besten gehört, was über
römische Funde aus dem freien Germanien geschrieben worden ist. In der
vorliegenden Studie setzt er seine Untersuchungen über römisches Bronze-
geschirr auf einer breiteren Grundlage fort. Er kommt hierbei in wesent-
lichen Punkten zu neuen, von seinen früheren Ansichten abweichenden Er-
gebniesen.
Der erste Abschnitt behandelt das kampanische Bronzegeschirr der
La Tenezeit. Ausgehend von den aus dem Urnenfriedhofe von Nienbüttel
und anderen hannoverschen Fundorten vorliegenden Eimern der Spat -La
Tenezeit, für welche namentlich die delphin- und herzblattförmigen Attachen
und die angelöteten Füßchen charakteristisch sind, gibt er eine FundstatUtik
dieser Typen und weist auf Grund italischer Vergleichsstücke nach, daß sie
im zweiten vorchristlichen Jahrhundert in dem schon vom älteren Cato wegen
seiner trefflichen Bronzewaren gerühmten Capua entstanden sind. Der
Import nach dem Norden erfolgte schon um 100 v. Chr. von Aquileia aus,
hauptsächlich durch Pannonien und Böhmen, wobei keltische Zwischenhändler
in den Grenzmärkten den Austausch der Waren vermittelten.
Im zweiten Jahrhundert n. Chr. wurden die Eimer der kapuanischen
Werkstätten im germanischen Norden nach und nach durch eine in Material
und Form völlig abweichende Eimerklasse verdrängt. Sie gleicht in der
Grundform dem modernen Eierbecher, hat einfache, der Mündung fest auf-
gesetzte Henkelattachen und ist aus Messing hergestellt. In seinem ersten
Buche hatte Willers die Heimat dieser Gefäße irgendwo in Gallien ver-
mutet. Jetzt gibt er eine Statistik ihres Vorkommens, durch welche die
Unhaltbarkeit jener Annahme festgestellt und statt dessen das römische
Rheinland als Zentrum ihrer Verbreitung erwiesen wird. Durch Heranziehung
späterer Analogien und glückliche Verwertung einzelner Denkmäler und
historischer Nachrichten, gelingt es ihm ferner, die römische Messingindustrie
auf die durch ihre Galmeilager begünstigte Gegend von Aachen und Stolberg
und speziell das Dorf Gressenich zu lokalisieren. Wie sich der römische
Handel vom Niederrhein nach England und dem Norden entwickelt hat, wird
an der Hand der Funde scharfsinnig und einleuchtend dargelegt.
A. Referate. Urgeschichte. 305
Im dritten Abschnitt bespricht der Verfasser die Bronzeeimer mit ge-
wundenen Eannelüren. Gleich den früheren sind auch sie nicht, wie meist
behauptet wird, getrieben, sondern gegossen und abgedreht. Ihre Technik,
Ausstattung und Begleitstücke führen wieder auf Capua. In den Vesuv-
•tädten treten sie noch nicht auf, doch muß der Typus bald nach deren Ver-
schüttung ausgebildet worden sein, und sich bis ans Ende des zweiten Jahr-
hunderts erhalten haben.
Der yierte Abschnitt behandelt Becken und Näpfe provinzialer Herkunft.
Sie werden teils niederrheinischen, teils (auf Grund der Fabrikstempel)
gallischen Gießerwerkstfttten zugewiesen.
Ein besonders wichtiges Kapitel betrifft die Kasserollen, Schalen, Kellen
und Siebe mit und ohne Fabrikantenstempel. Die verschiedenen Typen
werden nach ihrer chronologischen Entwickelung und ihren Ursprungsländern
eingehend analysiert und die vorkommenden Stempel in einer bisher nirgends
erreichten Vollständigkeit zusammengestellt. .
Weihgeschenke als Ausfuhrartikel betrachtet der folgende Abschnitt.
Manche der im Norden gefundenen römischen Metallsachen, wie z. B. der
bekannte Bronzeeimer von Fycklinge in Schweden mit der Weihinschrift für
Apollo Gramms und der Sacrauer Vierfuß mit der Inschrift NVM(ini) AVG(usti),
sind als einstiges Tempelgut gekennzeichnet. Dies erklärt sich einfach
daraus, daß es im Altertum üblich war, schadhaft gewordene Gegenstände
von Zeit zu Zeit aus den Tempelschätzen auszuscheiden und nach römischem
Brauche meistbietend zu versteigern. Die nach Germanien Handel treibenden
Kaufleute haben sich auch diese Gelegenheit zunutze gemacht und die aus-
rangierten Stücke ihren Ladungen beigesellt. Auch die nicht selten ge-
fundenen Bronzestatuetten römischer und gallischer Gottheiten gehören hierher.
Die Fund umstände legen die Vermutung nahe, daß sie von den Germanen
als Kinderspielzeug erworben wurden.
Zum Schluß werden zwei kleine Denarfunde aus Franzburg bei Hannover
und Goldenstedt im oldenburgischen Amt Vechta besprochen. Der Verfasser
sieht in ihnen eine Bestätigung seiner früher ausgesprochenen Ansicht, daß
von den römischen Großkaufleuten nach dem freien Germanien ein direkter
Handel betrieben wurde, der vom Niederrhein ausging und sich bis ins zweite
Jahrhundert auf das Küstengebiet der Nordsee beschränkte, dann aber auch
in die Ostsee hinübergriff und sich hier ein gewaltiges Absatzgebiet zu
schaffen verstand.
Der Inhalt des Buches kann durch den vorstehenden knappen Auszug
natürlich nur angedeutet werden. Es lehrt recht eindringlich, welche aus-
giebige Quelle für die Kenntnis der antiken Wirtschafts- und Kulturgeschichte
in den Funden fließt, und wie notwendig es ist, daß sich zu. ihrer wissen-
schaftlichen Verarbeitung klassische und prähistorische Archäologie die Hand
reichen. Wenn Willers, wie er ankündigt, seine Studien auf dem Grenz-
gebiete der beiden Disziplinen fortsetzt, so dürfen wir davon noch manche
schöne Frucht erwarten. H. Seger- Breslau.
375. Tedesehi: Scheletri romani e preromani di Nesazio d'Istria.
Atti Acc. scient. Veneto - Trentino - Istriana 1907. Vol. IV,
p. 8—19.
An der neuerdings aufgedeckten Stätte des alten Nesacium, wo 177 vor
Chr. die Römer die Istrier besiegten, fand man eine Necropole, meist Brand-
gräber, aber auch ein allerdings ganz zertrümmertes Skelett und Skelettgräber
der römischen Zeit. Ersteres soll unzweifelhaft vorrömisch sein; die meisten
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 20
306 A. Referate. Urgeschichte.
Knochen fehlen oder sind zerschlagen, der Schädel war zertrümmert, ist
restauriert, aber unvollständig und verdrückt. Verfasser untersucht die
ethnischen Charaktere; die Resultate sind naturgemäß sehr unsicher.
P. Bartels-Berlin.
376. Harriet A. Boyd: Gournia. Report of the American Exploration
Society's Excavations at Gournia, Crete, 1904. Univ. of Penn-
sylvania. Transactions of the Department of Archaeology.
Free Museum of Science and Art 1905. VoL I, part IIT, p. 177
— 189; Taf. XXV.
377. Edith U. Hall: Early painted pottery from Gournia. Ebendas.
S. 191—205; Taf. XXVI— XXXIII.
378. Richard B. Seager: Excavations at Vasiliki, 1904. Ebendas.
S. 207—221; Taf. XXXIV— XXXV.
Die Ausgrabungen der American Exploration Society bei Gournia und
einigen Nachbarplätzen auf dem Isthmus von Hierapetra (Ostkreta), die in
den Jahren 1901, 1903 und 1904 ausgeführt wurden, haben bemerkenswerte
Resultate gezeitigt. Die dabei aufgedeckten Kulturschichten werden durch
die eingeschlossenen Beste altkretischer Töpferei illustriert. Sie ergeben eine
Reihe mit acht verschiedenen Stadien der Entwickelung vom 3. Jahrtausend
v. Chr. bis hinab ins vollentwickelte Eisenalter.
Fräulein Boyd beschäftigt sich eingehender mit einigen der älteren der-
selben, zunächst mit Klasse I, der ältesten, als „subneolithic" bezeichneten.
Charakteristisch für sie ist das Nebeneinander einer primitiven, handgemachten,
monochromen Gefäßgattung mit einfachen, eingeritzten Verzierungen, aber
ohne weiße Einlagen, und einer nach Art der Kykladenkeramik bemalten
Gruppe (dunkel auf hellem Grunde), die in Felskammergräbern von Gournia
und im untersten Stratum von Vasiliki (vgl. Seager) gefunden wurden. Ver-
einzelt tauchen darunter Vertreter der Weißmalerei auf. Dieselbe kommt
auch in den Felskammern („Caves") von Hagia Photia (auf der Südseite des
Isthmus) vor, aber in zwei verschiedenen Gruppen, die als Zwischenstufen
(gelblichweiß auf rotem oder schwarzem polierten Grunde; weiß und orange
auf schwarzem Überzuge oder „Proto-Kamares-Stil") gelten können.
Als Klasse IV wird von Boyd die eigentliche „Kamares -Keramik*
eingereiht. Sie stammt aus Einschlüssen innerhalb von Hausmauern mit
Schädeln und Knochen in unregelmäßiger Lage, sogenannten „house-tombes tt
oder wirklichen Beinhäusern („charnel-houses"). Dieser Stufe entsprechen
auch die sonstigen Beigaben (Bronzepinzetten, Silberbecher, Steingefäße).
Klasse II ist eine neue Erscheinung im alt-ägäischen Kreise und stammt
von der durch Seager erforschten Kephala von Vasiliki, einem niedrigen
Kalkstein rücken zwischen den schroffen Bergketten, die den Isthmus von
Hierapetra östlich und westlich begrenzen. Hier fanden sich ziemlich gut
erhaltene Hausmauern aus drei verschiedenen Bauperioden (Plan S. 208).
Dazu kommt als Ablagerung einer ältesten Periode (I) die unterste mauerlose
Schicht mit Scherben der oben genannten, monochromen und eingeritzten
Topf wäre (S. 211 f.). Perioden bietet bemalte Ware nach Art der Kykladen.
Dagegen wird die III. Periode von der neuen Gattung beherrscht: Ihr Stil-
merkmal sind rotschwarze Flecke; deren Ursprung ist auf technische Un-
vollkommenheiten bei Einführung eines, wohl nur im Töpferofen möglichen,
schärferen Brandes zurückzuführen. Deswegen muß es bedenklich erscheinen,
wenn Spuren derselben Topfware schon im untersten Stratum, wie auch im
Niveau der II. Periode entdeckt worden sind.
A. Referate. Urgeschichte. 307
Der IV. Periode gehört die Keramik mit Weißmalerei au, deren erstes
Erscheinen schon für das Ende der vorigen Periode angenommen wird.
Für die Dauer der ganzen Ansiedelung werden 400 Jahre (2500 bis
2100 v. Chr.) gerechnet.
Die letztgenannte Gruppe, die weiß bemalte Keramik, wird von Frl. Hall
(S. 191 ff.) mit wünschenswerter Ausführlichkeit behandelt, indem auf acht
Tafeln charakteristische Proben dieser wichtigen Entwickelungsstufe aus
Gournia veröffentlicht werden. Sie entspricht der Klasse III in Boyds
Stufenreihe, ist also jünger als die gefleckte Gruppe und älter als die Kamares-
wäre. Eine genaue Analyse wird den eigenartigen Ornamenten gewidmet,
darunter besonders der Spirale, dem Flechtband und naturalistischen Motiven.
Besondere Vergleiche führen zu dem Resultate, daß die Gourniagruppe auch
genetisch als Vorstufe der „mittelminoischen" Kamaresware zu gelten hat.
Hubert Schmidt-Berlin.
879. Edith H. Hall: The decorative art of the Crete in the bronze-
age. Univ. of Pennsylvania. Transactions of the Department
of Archaeology 1906. Vol. II, part 1, p. 5—50; Taf. I— III.
In einer sehr dankenswerten Studie untersucht die Verfasserin das ganze,
bisher publizierte Material an kretischer Vasenmalerei nach ihrer dekorativen
Bedeutung und Entwickelung auf Grund der von Evans für Knosos be-
gründeten Einteilung in drei Perioden (Early Minoan, Middle Mino an, Late
Minoan), deren jede drei Unterstufen hat. Der hier vorhandene Musterschatz
weist nach Hall folgende, generell verschiedene Gruppen auf:
I. Imitative Muster, d. h. Darstellungen von wirklich vorhandenen
oder gedachten Motiven. Es sind: a) rein naturalistische Muster; b) kon-
ventionell naturalistische Muster, d. h. Darstellungen natürlicher Vorbilder
nach herkömmlichen Methoden; c) „conventionalized naturalistic designs tt ,
d. h. Muster, die nicht mehr unmittelbar auf Naturvorbilder zurückgehen,
sondern infolge fortwährenden mechanischen Kopierens eine stereotype Form
erhalten haben; d) sacrale Muster, wie z. B. die Doppelaxt. II. Nicht-
imitative Muster, d. h. Verbindungen von Linien nach den Gesetzen von
Rhythmus und Symmetrie. Sie sind: a) einfache Grundmuster, wie Punkte,
Spiralen u. dgl.; b) Kombinationen und Kompositionen von solchen.
Das Resultat der Untersuchung läßt sich in folgende Sätze kurz zu-
sammenfassen:
Die Entwickelung beginnt mit der Beschränkung auf die einfachsten
linear-geometrischen Muster, unter denen der Zick-Zack besonders beliebt ist:
Early Minoan I bis III mit eingeritzten und aufgemalten Ornamenten. Die
Einführung der Töpferscheibe in Early Minoan III hat keinen Einfluß auf
die Entwickelung des Dekors. Dagegen setzt die rot -schwarz gefleckte
Ware von Vasiliki (Ostkreta), wahrscheinlich in Early Minoan II, die Ein-
führung des Töpferofens voraus, der einen schärferen Brand ermöglichte.
Auf den Gebrauch des Pinsels will die Verfasserin die immer mehr zur
Geltung kommende Vorliebe für die Bogenlinie zurückführen. Mit der Weiß-
malerei auf gemaltem Grunde in Early Minoan HI setzt die großartige
Entwickelung des altkretischen Dekorationsstils ein. Ebendahin gehören die
Anfänge der „Naturalisierung" geometrischer Motive, d. h. es beginnt damit
die Geschichte der imitativen Muster.
Trotz der typischen Herrschaft der nicht-imitativen Muster setzt sich
dieser Prozeß in Middle Minoan I fort. Durch den Zusatz von Neben-
farben (Rot, Karmesin und Orange zu Weiß) gewinnt der Dekor ungemein an
20*
308 A. Referate. Urgeschichte.
Wirkung; es beginnt die Polychromie in der altkretischen Vasenmalerei in
Middle Minoan II. Zugleich zeigt sich ein entschiedener Fortschritt auf
dem Wege zur Vollendung eines rein naturalistischen Stils, indem die kon-
ventionell naturalistischen Motive eine gesteigerte Tendenz zum reinen
Naturalismus bekunden. Die Komposition von gemischten Mustern steht
auf der Höhe. Erst in Middle Minoan III erringt der rein naturalistische
Stil die Vorherrschaft, Neben die Tonvasen treten die Fayencen aus den
„Tempel-Repositorien" des Palastes von Enosos. Sie deuten auf ägyptische
Einflüsse der 12. und 13. Dynastie, aber in Kreta werden die gleichen Motive
mit vollkommener Freiheit verwendet. Konventionell naturalistische Motive
sind in dieser Periode selten. Sacralen Ursprungs sind Schild und Doppel-
axt. Nicht-imitative Muster bleiben im Gebrauch.
Stilistisch unterscheidet sich von dieser Stufe die folgende (LateMinoanl)
nur insofern, als neue naturalistische Motive zum früheren Musterschatz der
Vasenmaler hinzutreten: sowohl Hanken- und Blattmuster, als Meermotive
(Octopus, Nautilus, Tritonmuschel, Seegras), jedoch ohne die nicht-imitativen
Muster ganz zu verdrängen. Neu ist unter letzteren das n Scbuppenmuster a
in Anlehnung an ältere, ägyptische Vorbilder. Die Technik der Vasenmalerei
nimmt eine neue Richtung an, indem die Muster dunkelglänzend auf hellen
Tongrund treten und Weiß nnr noch sekundär zum Aufsetzen auf die Haupt-
muster verwendet wird. Den Höhepunkt des Naturalismus bezeichnen die
Fresken von Hagia Triada aus der Zeit des Überganges zur nächsten Periode.
In Late Minoan II nimmt der Naturalismus in der Vasenmalerei die Formen
eines Prunkstils an, beginnt aber zugunsten der konventionell naturalistischen
Muster schon zurückzutreten. Schließlich zeigen sich die ersten Anzeichen
eines Niederganges in der Vorliebe für Füllmotive (stop-gap Ornaments), die
dem horror vacui ihr Dasein verdanken, und ein Streben nach tektonischer
Gliederung der Gefäßfläche. In Late Minoan III ist der Verfall auch wirk-
lich da: Die Muster werden nicht mehr der Natur nachgebildet, sondern sind
traditionelle Kopien älterer Motive; der rein geometrische Stil, in dem die
Natur erstarrt, bereitet sich vor.
Erst diese drei letzten Stufen werden ausgefüllt durch die große Masse
der Altertümer, die uns nach den Entdeckungen Schliemanns die Kenntnis
der „niy kenischen " Kultur vermittelt haben. Nur für sie läßt sich der von
Furtwängler und Löschcke aufgestellte Satz festhalten, daß mit Aus-
nahme der Spirale und einiger „Webemuster" alle Motive der mykenischen
Vasenmalerei in ihrer ältesten Form Darstellungen von Naturgegenständen sind.
Hubert Schmidt-Berlin.
G. Elliot Smith : Report on the unwrapping of the mummy of
Menephtah. Annales du Service des Antiquites 1907, p. 108
—112.
381. 6. Elliot: Report on the unrolling of the mummies of the
kings Siptah, Seti II, Ramses IV, Ramses V, and Ramses VI
in the Cairo Museum« Bullet de PInstit. Egypt 1907, p.45 — 67.
Verfasser schildert die im Cairo-Museum vorgenommene Auewickelung
einiger von Loret im Jahre 1898 in Bab-el-Muluk (Theben) gefundener
Königsmumien. Die eine Hälfte derselben (Menephtah, Siptah und Seti II.)
waren die letzten Pharaonen der XIX., die andere (Ramses IV., V. und VI.)
die drei ersten der XX. Dynastie. Alle Mumien waren während des letzten
Abschnittes der XX. oder auch erst zur XXI. Dynastie geplündert, die Ge-
wänder nnd Binden zum größten Teil ausgeraubt, die Körper beschädigt
B. Literatur-Übersicht des Jahres 1908. 309
worden. Unter der Herrschaft der Priesterkönige hatte man sie dann wieder
eingewickelt, zum Teil muß dies in großer Eile geschehen sein.
Die Schilderung Smiths illustriert bezüglich der Prozedur des Ei nbal sa-
ldieren s und Einwickeins das schon früher (siehe Zentralblatt 1907, S. 310)
Gesagte. Daher möge hier nur das wenige, was er über den physischen
Habitus dieser sechs Könige mitteilt, wiedergegeben werden.
1. Menephtah: 1714 mm groß, fast ganz kahl bis auf einen schmalen
Kranz weißer Haare. Im Gesicht nur wenige kurze schwarze Haare auf der
Oberlippe, ebenso spärliche an den Backen und am Kinn. Die Schädeldecke
zeigt ein mit einem scharfen Instrument erzeugtes Loch, das offenbar,
nachdem die Mumifikation beendet war, durch die Binden hindurch bei-
gebracht worden sein muß. Ursprünglich nahm Smith an, daß dasselbe
von den Leichenräubern herrühre, glaubt aber, da er es mit deutlicher Regel-
mäßigkeit an den Köpfen von Menephtah, Seti IL, Ramses IV., V. und VI.
und anderen antraf, daß dies einen anderen Grund haben müsse. Mas per o
glaubt, daß durch dasselbe die bösen Geister aus dem Körper treten sollten.
Die allgemeine Gesichtsbildung erinnert an die von Ramses IL, aber in den
Schädel- und Gesichtsmaßen mehr an Seti den Großen. Menephtah muß sehr
korpulent gewesen sein.
2. Siphtah: 1638 mm groß, ein junger Mann mit gestutztem, rötlich-
braunem, lockigem Haar, behaftet mit einem Talipes equino-varus.
3. Seti IL: 1640mm groß, ebenfalls ein junger Mann. Auf dem linken
Scheitelbein ein Loch. Gesichtszüge sehr ausgesprochen ; obere Schneidezähne
springen vor, Kinn ist klein.
4. Ramses IV.: 1604 mm groß, fast ganz kahl bis auf einen Rest von
Haaren an den Schläfen und am Hinterhaupt, den Schädelnähten nach zu
urteilen mindestens 50 Jahre alt. Auch hier eine dreieckige Öffnung in der
Schädeldecke.
5. Ramses V.: 1726 mm groß, ein viel jüngerer Mann. Hier scheint die
Öffnung in der Schädeldecke bei Lebzeiten angebracht worden zu sein. Diese
Mumie war so vorzüglich erhalten, daß man im Gesicht, am Unterleib, den
Genitalien und den Oberschenkeln noch deutlich einen papulösen Ausschlag
erkennen konnte, den Prof. Ferguson mit großer Wahrscheinlichkeit als
Windpocken diagnostizierte. In der rechten Leistengegend ein ulcerierter
ßubo.
6. Ramses VI.: 1724mm groß, wahrscheinlich von mittlerem Alter.
Schädeldefekt wie oben. Buschan- Stettin.
B. Literatur -Übersicht des Jahres 1908.
I. Anthropologie.
Allgemeines.
Bernhardt, Vererbung der Knochenarchitektur beim Menschen und die Teleologie
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Verworn. M., Eine prähistorische Terrakottafigur aus Japan. Korrespondenzbl.
deutsch, anthrop. Ges. XXXIX, 7, 8.55; mit Abb.
Wiedemann, A., Die Statue des Priesters Sethon.aus Memphis. Orient. Lit.-Ztg. 3.
Wiedemann, A., Die Leichenköpfung im alten Ägypten. Orient. Lit.-Ztg. 3.
C. Tagesgeschichte.
London. Am 81. Mai verstarb im Alter von 85 Jahren Sir John Evans,
Englands berühmtester Archäologe (ursprünglich Geologe).
Paris. Im Alter von 61 Jahren starb Dr. Felix Begnault, der Entdecker des
Dryopithecus Fontani und des Unterkiefers von Malarnaud, dem Vorgeschichte und
Anthropologie zahlreiche wichtige Beiträge verdanken.
Zentralblatt für Anthropologie
in Verbindung mit
F. y. Luschan, H. Seger, 0. Thilenius
herausgegeben von
Georg Buschan.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
13. Jahrgang. Heft 6. 1908.
A. Referate.
I. Allgemeines, Methoden.
382. Meissner: Physiognomie, Milieu, Rasse. Die Umschau 1908,
Jahrg. XII, Nr. 11.
Bekanntlich haben Messungen, welche man an Kindern und Erwachsenen
wohlhabender, wie ärmerer Klassen angestellt hat, nicht nur ein Plus der
ersteren an Körperlänge, -gewicht und Kraftleistung, sondern auch ein Über-
wiegen der Schädelmaße und des Gehirngewichts gegenüber den letzteren
ergeben. Wenn nun für den Unterschied in der Physiognomik, den man
antrifft, die Ursachen vielfach in äußeren Verhältnissen, in krankhaften und
mechanischen Einflüssen, wie z. B. die Abflachung des kindlichen Schädels
in Rhachitis, Schädelasymmetrie in schräger Schädellage bei der Geburt zu
suchen sind, so ist nach Verf. der Hauptgrund (besonders für die Städte)
vielfach in der stärkeren Rassenmischung, zu finden. Hierfür liefert ein
eklatantes Beispiel Venedig, wo die Unterschiede jedem Besucher sofort ins
Auge springen. Basierend auf einer Arbeit von R. Li vi (La schiavitü
medioevale e la sua influenza sui caratteri antropologici degli Italiani.
Rivista ital. di sociologia. XI. 1907) weist Verf. darauf hin, daß seit dem
frühen Mittelalter bis zum Anfang der Neuzeit eine fortwährende Einfuhr
fremdländischer Sklaven, meist vom Schwarzen und Asowschen Meere her,
und Kriegsgefangener stattgefunden hat, deren in den Akten der Stadt
Florenz gegebenes Signalement (breites Gesicht, stumpfe Nase, tiefliegende
Augen, gelbliche Haut, Mongolenlid usw.) der Physiognomie der heutigen
ärmeren Bevölkerung Venedigs durchaus gleicht. Dr. Kellner-Untergöltzsch.
II. Anthropologie.
388. Paul Warncke: Zur Frage des Gehirngewichts bei den Vögeln.
Journal f. Psychologie u. Neurologie 1907, Bd. IX, S. 93—112.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Resultaten, die aus 1 36 Wägungen
von Vogelhirnen (77 vom Verf. vorgenommenen und 59 aus der Literatur zu-
sammengestellten) gewonnen wurden. Bei 62 Vögeln (49 und 13) sind auch
gleichzeitig Körperwägungen vorgenommen. Die Wägungen erstrecken sich
auf 63 Vogelarten. Auf Grund seiner Tabellen zum relativen Hirngewicht,
Zentralblatt für Anthropologie. 1908. 21
322 A. Referate* Anthropologie.
sowie zum sogenannten „psychischen Faktor" nach Snell (vgl. Otto Snell,
Die Abhängigkeit des Hirngewichts von dem Körpergewicht und den geistigen
Fähigkeiten. Arch. f. Psychiatrie, Bd. XXII) kommt Verf. in weiser Be-
schränkung zu folgenden sehr vernünftigen Ergebnissen. Daß das Gehirn-
gewicht allein durch die zwei Komponenten der körperlichen Masse und der
Höhe der geistigen Entwickelung bestimmt ist, wie Snell will, kann ohne
weiteres nicht allgemein anerkannt werden, insofern auch andere Kompo-
nenten, wie Entwickelung der Gleichgewichtsorgane, der optischen Zentral-
organe u. a. in Betracht kommen können. Die Tabelle der psychischen
Faktoren ergibt nun eine aufsteigende Reihe von Vogelklassen, die der land-
läufigen Klassifikation der Vogelintelligenzen nahekommt, indem am Anfang
der Reihe Strauß, Fasan, Haushuhn, am Ende Drossel und Papagei figurieren.
Diese Aufstellung rechnet aber nicht mit der an Wahrscheinlichkeit gren-
zenden Möglichkeit, daß sich die Verhältniszahl von Gehirn- und Körper-
gewicht wohl auch je nach den Lebensbedingungen der Vögel im Wasser»
auf dem Erdboden und in der Luft ändern kann. Trotz dieses gewissen
Mangels überragt aber die mathematische Berechnung des „psychischen
Faktors u die Bestimmung der absoluten wie der relativen Hirngewichtsgrößen
an physiologischer Bedeutung und an Genauigkeit. Um diese Bedeutung zu
erhärten, muß einerseits ein exakteres Maß für die Körpergröße als das
Körpergewicht gefunden werden, das trotz zahlreich angewendeter Vorsichts-
maßregeln einer Reihe von Fehlerquellen unterworfen ist, und andererseits
unsere Erkenntnis der Tierpsychologie vertieft werden, und — fügen wir
hinzu — auch der Physiologie des Tiergehirns. Die Tatsache der verschieden
starken Entwickelung des Kleinhirns bei den verschiedenen Vogelarten bedarf
besonderer Beachtung und Erforschung. Diese auf gesunder Kritik be-
ruhenden Ergebnisse weisen den rechten Weg auf einem Gebiete, das späterbin
in seinen Resultaten wie Methoden der Anthropologie nützlich sein wird.
H. Laufer-Schluchsee u. Luxor.
384. Richard Liebreich : L'asymetrie de la figure et son origine.
22 S. m. 14 Abb. Paris, Masson u. Co., 1908.
385. Richard Liebreich : Die Asymmetrie des Gesichtes. 25 S. m.
14 Abb. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1908.
Im Gegensatz zu der von Lombroso und anderen aufgestellten Be-
hauptung, daß Gesichtsasymmetrie als Entartungszeichen zu deuten sei, stellt
Liebreich auf Grund von zahlreichen Untersuchungen (2000 Schädel des
anthropologischen Museums in Paris, 400 ägyptische Mumienschädel zu
Kairo, 3000 Schädel des Collegio Romano in Rom) den Satz auf, daß die
Gesichtsasymmetrie eine ganz konstante Erscheinung der Spezies Mensch ist,
die sich an Schädeln aller Rassen und aller Zeiten nachweisen lasse. Er
unterscheidet drei Typen dieser Asymmetrie. In 97 Proz. der Fälle über-
haupt ist die rechte Gesichtshälfte entwickelter als die linke: das rechte
Jochbein nähert sich in seiner vorspringenden Partie einem rechten Winkel,
das linke biegt sich in einem mehr offenen Bogen nach hinten und gleich-
zeitig ein wenig nach oben. Dementsprechend nehmen die Ränder der
Augenhöhlen auf beiden Seiten verschiedene Stellung ein ; rechts liegen sie
in der Ebene des Gesichtes, links aber stehen sie in einer nach rückwärts
geneigten Fläche. Am Oberkiefer ist die Asymmetrie ebenfalls deutlich vor-
handen; seine Vorderfläche erscheint links flacher, die Fossa canina mehr
verstrichen, rechts dagegen ist sie ausgeprägter. Viel seltener trifft man
den zweiten Typus, das direkt entgegengesetzte Verhalten der beiden Gesichts-
A. Referate. Anthropologie. 323
häiften an: was beim ersten Typus rechts war, bemerkt man hier links, und
umgekehrt. Noch seltener kommt die dritte Form, die ganz unregelmäßige
Gesichtsasymmetrie vor.
Die Entstehung der Asymmetrie führt Verf. in ganz plausibler Weise
auf die Lageverhältnisse des Fötus im mütterlichen Becken während des letzten
Stadiums der Schwangerschaft zurück. Bei normaler Lage des kindlichen
Kopfes (erste Schädellage) übt das Becken einen Druck auf die linke Wange
aus, bei der viel selteneren zweiten Schädellage auf die rechte, zumal wenn
dann der Uterus stärker nach vorwärts geneigt ist. Dadurch kommen also die
beiden ersten Formen der Gesichtsasymmetrie zustande. Die .dritte Form tritt
ein bei unregelmäßigen Lagen (Hochliegen des Kopfes), wenn kein bestimmter
Druck ausgeübt wird. Die hier sich zeigende Asymmetrie ist teilweise die
Folge der Vererbung. Den Beweis für seine Theorie findet Liebreich in
dem Verhalten bei Zwillingen: derjenige, welcher die normale Schädellage
eingenommen hat, also der ältere (mit vorliegendem Kopf), läßt die erste
Form der Gesichtsasymmetrie erkennen, hingegen der zweite, der vom Druck
verschont blieb, weil sein Kopf oben war, nicht. Er geht sogar soweit, zu
behaupten, daß man bei erwachsenen Zwillingen noch deutlich erkennen kann,
welcher der ältere ist, insofern sein Kopf fest im Becken gestanden haben
muß und daher die Anzeichen des Druckes der Beckenwand im Gesicht noch
an sich trägt. Einige recht charakteristische Abbildungen dienen hierfür
als Beweis.
Die Schrift ist ursprünglich in französischer, kurz darauf auch in deut-
scher Ausgabe erschienen ; die vorzüglichen Abbildungen sind in beiden Aus-
gaben die gleichen. Buschan- Stettin.
386. E. Loth: Die Plantaraponeurose beim Menschen und den
übrigen Primaten. Korrespondenzbl. d. Deutsch. Anthropolog.
Ges. 1907, Jahrg. XXXVIII, Nr. 9/12.
Die ziemlich komplizierten Verhältnisse in der Phylogenie der Plantar-
aponeurose sucht der Verf. an der Hand von 14 lehrreichen Figuren klar zu
stellen. Der Verf. untersuchte die Frage an einem großen Material, au
120 Primaten und 50 Menschen.
Im Laufe der Entwickelung lockert sich der Zusammenhang von Muse,
plantaris und der Aponeurose , indem die Aponeurose mit dem Tuber cal-
canei in Verbindung tritt. Anfänglich bildet sich der tibiale Teil der Apo-
neurose stark zurück (z. B. Cynocephalus anubis), später tritt der nbulare
Abschnitt wiederum gegen den sich neu entwickelnden tibialen in den Hinter-
grund. Die Verhältnisse beim Menschen schließen sich eng an die beim Schim-
pansen an. Friedemann-Berlin.
387. R. N. Wegner: Ein überzähliger Prämolar beim Siamang
(Symphalangus syndaetylus Desmarest). Zeitschr. f. Ethnol.
1908, Bd. XL, S. 86—88. 1 Abb.
An dem Schädel eines älteren Siamang fand sich ein überzähliger linker,
oberer Prämolar; infolge der starken Entwickelung des Eckzahnes fand er
keinen rechten Raum mehr innerhalb der Zahnreihe, so daß er nach außen
verschoben ist. Dieser Fall, wie es scheint, der erste bei Hylobates beob-
achtete, reiht sich den bekannten Varianten des menschlichen Gebisses und
dreien von Selen ka bei Orang beschriebenen ähnlichen Fällen an. Verfasser
sieht in dem Auftreten von dritten Prämolaren sowohl bei den Anthropo-
morphen, wie bei den Hylobatiden eine Vorfahren Variation , die auf Ahn-
21*
324 A. Referate. Anthropologie.
formen mit drei Prämolaren, wie bei den südamerikanischen Platyrhinen, hin-
weist. — Der Bericht ist leider durch Druckfehler stark entstellt und daher
nicht überall verständlich. P. Bartds-Berlin.
388. Ludwig Hopf: Über das spezifisch Menschliche in anatomischer,
physiologischer und pathologischer Beziehung. Eine kritisch-
vergleichende Untersuchung. Mit 217 Textbild. u. 7 Tal, 469 S.
Stuttgart, Fritz Lehmann, 1907.
Die Aufgabe des vorliegenden Werkes ist die Zusammenfassung und
kritische Hervorhebung aller jener typischen Merkmale, welche den Menschen
in anatomischer, physiologischer und pathologischer Hinsicht vom Tiere unter-
scheiden. Verfasser teilt den Stoff in der Weise ein, daß er in der ersten
Abteilung das Allgemeine des Gegenstandes erledigt, während er in der zweiten
auf die Einzelheiten der vergleichenden Anatomie und Histologie, der ver-
gleichenden Physiologie und Psychologie, sowie der vergleichenden Pathologie
und pathologischen Anatomie eingeht.
Hopf analysiert zunächst die Schöpfungssagen der Natur- und ältesten
Kulturvölker, um dann die Ansichten der Naturphilosophen zu zergliedern;
er befaßt sich mit der Einteilung des Menschengeschlechtes und bespricht
die Frage über die Einheit oder Vielheit desselben. Der heutige Stand der
Frage über die Vorfahren des Menschen, besonders der tertiären und quartären,
wird gründlich besprochen, ebenso die weiteren Schicksale des europäischen
Diluvialmenschen und jenes der jüngeren Steinzeit.
In den vergleichenden Disziplinen behandelt Hopf den Stoff nach der
Reihenfolge des Inhaltes der betreffenden Wissenschaft; also bei der ver-
gleichenden Anatomie das Knochensystem, Muskeln, Integument, Gefäßlehre,
Atmungsorgane, Verdauungssystem , Urogenitalsystem, Nerven und Sinnes-
organe. In der gleichen Weise geht Hopf bei der Behandlung der ver-
gleichenden Physiologie vor. In der vergleichenden Psychologie bespricht er
das Gedächtnis, die Assoziation von Vorstellungen, das Bewußtsein, das Zählen,
Rechnen, Messen, Wägen, die Sprache. Er erörtert ferner die Grundbegriffe
des Gemütes und der Gemütsbewegungen, geht dann zu den sozialen Trieben
und Handlungen über und analysiert die Bedeutung der Fertigkeiten und
Künste.
Auf dem Gebiete der vergleichenden Pathologie und pathologischen
Anatomie hebt Hopf hervor, daß der Selbstmord nur dem Menschen eigen
ist, ebenso die sexuelle Perversion und zählt jene Krankheiten auf, welche
als spezifisch menschlich aufzufassen sind, so z. B. die Cholera, den Bauch-
typhus, den Aussatz, die Influenza usw. Der Stil des Buches ist leicht faßlich,
die Sprache fließend, die Einteilung sehr übersichtlich, die Illustrationen
reichlich. Dr. Oskar v. HovorJca-Wien.
889. Hans Friedenthal: Über einen neuen morphologischen Nach-
weis der Verwandtschaft zwischen Mensch und anthropoiden
Affen. Sitzungsberichte der Ges. Naturf. -Freunde Berlin. 1908,
S. 110-111.
Die von Friedenthal vorgenommene Untersuchung eines von Haupt-
mann Ramsay erbeuteten, etwa achtmonatlichen Tschego-Fetus ergab eine
unerwartet große Menschenähnlichkeit der Behaarung, welche sich zeigte
in einer Beibehaltung von Primärhaaren in einer Stellung gleich der der
menschlichen Primärhaare, in der anfänglichen Einzelstellung der hervor-
sprossenden Dauerhaare, wie sie ebenfalls beim Menschen beobachtet wird,
A. Referate. Anthropologie. 325
in der spateren Gruppenbildung der Dauerhaare, wie sie ebenfalls bei über-
reich behaarten Menschen angetroffen wird, und im Besitz einer Kopfkappe
von längeren Haaren in den letzten Fetalmonaten (der untersuchte Fetus
zeigte am Schädeldach in derselben Ausdehnung, in welcher beim Menschen
später lange Kopfhaare hervorwachsen, Bedeckung mit auffällig starken und
langen schwarzen Haaren). Durch den Besitz von Sinushaaren über den
Augen und um die Lippen unterschied sich die Behaarung des Schimpanse-
fetus in charakteristischer Weise von jeder menschlichen Behaarung. — Ein
auffälliger Befund war die Haarlosigkeit der Fingerschwielen trotz Behaarung
des Nagelgliedes: „Die durch das Laufen auf den umgeschlagenen Fingern
erworbenen Schwielen der anthropoiden Affen sind daher durch Vererbung
in der gleichen Weise fixiert wie die Liegeschwielen der Kamele." Eine aus-
führlichere Mitteilung dieser schönen Beobachtungen wird in Aussicht gestellt.
P. Bartels-Berlin.
390. Hans Mühsam: Die Bedeutung der neueren Methoden der
Blutdifferenzierung für die Anthropologie. Zeitschr. f. Ethnol.
1908, Bd. XL, S. 575—582; 4 Abb.
Ein in seiner gedrängten Kürze sehr belehrender Überblick über diese
wichtigen Methoden, die auch für die Anthropologie bedeutungsvoll zu
werden beginnen. 1. Die Methode der Präzipitation von Uhlenhuth:
(Beispiel: nach vorangegangenen Einspritzungen von Pferdeblut wird das
Serum eines Kaninchens spezifisch empfindlich gegen das Serum jedes Pferdes,
und nur gegen dieses, so daß bei Vermischung beider im Reagenzglase,
gleiche Konzentrationen vorausgesetzt, stets nach derselben Zeit dieselbe
Menge eines Niederschlages entsteht); Erklärungsversuch mit Hilfe der
Ehrlichschen Seitenketten- bzw. Rezeptorentheorie. Da es gelingt, das Serum
so zu gestalten, daß es auch noch mit dem Serum nahe verwandter Arten
reagiert, wenngleich in anderer Weise, so kann man biologische Verwandt-
schaften auf diese Weise feststellen (z. B. Mensch und Anthropoide). Für die
Rassendifferenzierung ist aber diese Methode nicht fein genug. 2. Methode
von Friedenthal: (Beispiel: Einem Kaninchen wurde das Blut niederer
Affen injiziert; sowie das Kaninchenserum anfing, eine Reaktion zu zeigen, erhielt
F rie de nthal Reaktion nur mit dem Blute dieser Affen; bei weiterer Verstärkung
trat die Reaktion gleichzeitig und gleich stark auch bei Mensch und Anthro-
poiden ein, woraus Verfasser schloß, daß Menschen und Anthropoiden gleich-
artige und nur entferntere Beziehungen zu den anthropoiden Affen besitzen.)
3. Kreuzweise Immunisierung von Uhlenhuth: (Zwei zu untersuchende
Tiere werden jedes mit dem Blute des anderen vorbehandelt.) Beim Menschen
begreiflicherweise nicht anwendbar. 4. Die Absorptionsmethode von
Weichard t: Vorbehandlung eines Kaninchens mit Blut von einem bestimmten
Menschen; durch Zusatz von Serum eines anderen Menschen Erschöpfung des
so gewonnenen Immunserums, Abfiltrieren des Niederschlages und damit Ent-
fernung des gegen den zweiten Menschen wirksamen Präzipitins; es bleibt
übrig ein nur für das erste Individuum charakteristisches Präzipitin. Die
Methode ist so fein — aber zu fein für die Zwecke der Rassendifferenzierung — ,
daß Sera gewonnen werden können, welche nur für bestimmte Zellen (Syn-
zytialzellen, Samenzellen, Milz- und Niereneiweiß) reagieren. 5. Methode der
Komplementbindung (s. Original) von Brück mit einigem Erfolg soeben
angewendet (Untersuchung des Blutes von Holländern, Chinesen, Javanen,
Malaien aus Sumatra u. a. mit dem wichtigen Ergebnis, daß jede Rasse
Parti alrezeptoren besitzt, und zwar derart, daß immer die biologisch höher
326 A. Referate. Anthropologie.
stehende Rasse sämtliche Parti alrezeptoren der tiefer stehenden besitzt, aber
noch eigene dazu). Gleichzeitig wurde diese Methode vom Verfasser in der
zweiten medizinischen Klinik der Charite* angewendet; er untersuchte eine
große Zahl von Deutschen, Slawen und Indiern, dazu je einen Romanen
(Italiener), einen Togoneger und einen Singhalesen; leider gelang es ihm
aber nicht, Unterschiede nachzuweisen. Verfasser spricht den Wunsch aus,
es möchten die Forschungsreisenden Blutseren zu gewinnen trachten (was
freilich seine großen Schwierigkeiten haben dürfte); er hat durch die Firma
Altmann in Berlin ein Besteck zur bequemen Entnahme, Konservierung
und Einsendung von Blut zusammengestellt. P. Bartels-Berlin.
391. M. Neisser und L.Marks: Über die größere Lebensgeffihrdung
des weibliehen Geschlechtes durch den Keuchhusten. Zeitechr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. 1908, Bd. LIX, S. 123—128.
Während einer Beobachtungszeit von 20 Jahren sind in Berlin an Keuch-
husten regelmäßig mehr Mädchen als Knaben, an Diphtheritis mehr Knaben
als Mädchen gestorben; bei der ersteren Krankheit war das Verhältnis
100 : 132, bei der letzteren 100 : 90. In der Schweiz ergab sich ein Ver-
hältnis der Keuchhustentodesfälle zu den Lebenden desselben Alters und
Geschlechtes innerhalb 10 Jahren, bei Knaben vom ersten bis zweiten Jahre
8,9 Proz., bei Mädchen 15,5 Proz. In Budapest starben auf 100 Knaben 129
Mädchen. Ahnliches findet sich in England (100 : 1 17), Amerika, Asien, Austra-
lien; es ist dies also ein „Geschlechtscharakteristikum". Während Prinzin g
als Ursache die bei Mädchen häufiger vorkommende Blutarmut ansieht,
nehmen Neisser und Marks lokale und allgemeine Abwehrstoffe beim
männlichen Geschlechte an, also eine relative Immunität der Knaben, der
gegenüber die Statistik „eine über die ganze Erde gleichmäßig verbreitete
angeborene Hinfälligkeit eines Geschlechtes gegenüber einer Infektionskrank-
heit aufgedeckt hat". Dr. KeUner-üntergöUeseh.
392. Georg Buschan: Geschlecht und Verbrechen. Großstadtdoku-
raente, herausg. von Hans Ostwald, Bd. 48. 96 S. Berlin und
Leipzig, Hermann Seemann Nachf., 1908.
Verfasser stellt an der Hand zahlreicher Statistiken die Beziehungen
zwischen Geschlecht und Verbrechen in vorzüglicher gemeinverständlicher
Weise dar. Er zeigt, wie die Kriminalität der Frau sowohl Häufigkeit wie
Art der Vergehen nach abhängig ist einmal von den wellenförmigen Be-
wegungen der Lebensenergie, wie sie durch die Menstruation gegeben sind
(Brandstiftung, Mord, Widerstand gegen die Staatsgewalt, insonderheit Dieb-
stahl, darunter vor allem Warenhausdiebstahl), des weiteren abhängig ist
vom Einsetzen der Menopause (Beleidigung, Hausfriedensbruch, Verletzung
der Eidespflicht, Hehlerei, Kuppelei), von Schwangerschaft (Diebstahl, Waren-
hausdiebstahl, Kindesmord), von Wochenbett (Neigung zu Gewalttaten), von
Laktation und Abort Beim Manne lassen sich nur zwei Lebensabschnitte
nachweisen, in denen die Kriminalität in unmittelbarer Beziehung zur
Sexualität steht, die Pubertät und die Zeit des wiedererwachenden Geschlechts-
triebes im Greisenalter: in der Zeit der Pubertät und unmittelbar nach ihr
zeigt die Straffälligkeit der Männer in bezug auf Sittlichkeitsdelikte, Dieb-
stahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Brandstiftung höheren Prozent-
satz als im Mannesalter; im Greisenalter macht sich erhöhte Kriminalität
auf sexuellem Gebiete sowie wegen fahrlässigen Meineids und fahrlässiger
A. Referate. Anthropologie. 327
Brandatiftung bemerkbar. Der Einfloß der Ehe auf die Kriminalität ist ein
sehr günstiger im Sinne der Verminderung dieser: den geringsten Prozent-
satz aller Kriminellen stellen die verheirateten Frauen. Besonders nehmen
mit der Ehe bei beiden Geschlechtern Diebstahl, Betrug und Veruntreuungen
ab. Eine Ausnahmestellung machen begründeterweise die weiblichen Delikte
wegen Hausfriedensbruch, Beleidigung und Körperverletzung, die mit der
Ehe zunehmen: unter sämtlichen wegen Beleidigung verurteilten Weibern
sind 40 Proz. verheiratete. Was die Kriminalität überhaupt angeht, so ist
diese bei Frauen im allgemeinen weit geringer als bei Männern. Bezüglich
der Beteiligung beider Geschlechter an den einzelnen Delikten überwiegen
bei den Männern weitaus Erpressung, Totschlag, boshafte Beschädigung
fremden Eigentums, Unzuchtsdelikte, Körperverletzung, Raub, Religions-
störung, Veruntreuung und Majestätsbeleidigung, bei den Frauen in erster
Linie Kindesmord, Kindesaussetzung und Fruchtabtreibung; aber es erreicht
auch die Straffälligkeit der Frau noch einen relativ hohen Prozentsatz
gegenüber dem Manne bei Mord (30,3 Proz.), Betrug (20,8 Proz.), Diebstahl
(19,5 Proz.), Verleumdung (19 Proz.) und Brandlegung (14,7 Proz.). Inter-
essante Ergebnisse ergeben dann weiterhin die Ausführungen darüber, wie
sich die Beteiligung an den einzelnen Delikten nach Altersstufen und Familien-
stand bei beiden Geschlechtern gruppiert. Zum Beispiel ist die Verurteilung
wegen Diebstahls bei den Jugendlichen beiderlei Geschlechts sehr häufig; es
fällt ferner die starke Beteiligung der Ledigen am Diebstahl auf, der beim
männlichen Geschlecht ungefähr zweimal so häufig bei den Ledigen als bei
den Verheirateten ist und beim weiblichen sogar dreimal so häufig. Der
schwere Diebstahl ist Domäne der Männer, besonders vom 18. bis 30. Jahr,
der leichte die der Frauen, besonders der jugendlichen. Aus allen diesen
Ausführungen über die einzelnen Straftaten geht hervor, daß die psychologisch
und psychiatrisch festgestellten Charaktereigenschaften der beiden Geschlechter
auch in der Art der von ihnen begangenen Delikte zum Ausdruck kommen:
beim Manne auf der einen Seite Überlegung, körperliche Kraft und Gewandt-
heit, starke Sinnlichkeit — auf der kriminellen Seite Straftaten gegen Staat
und Ordnung, schwerer Diebstahl, vorsätzliche Körperverletzung, Unzucht-
delikte. Beim Weibe ist es die Emotivität, die im üblen Sinne sich durch
Hinterlist und Lüge kundgibt und relativ hohe Straffälligkeit bei leichtem
Diebstahl, Hehlerei, Betrug, Verleumdung, Beleidigung, Hausfriedensbruch,
Meineid und Verleitung zu diesem sowie Kuppelei bewirkt; die Anlage zur
weiblichen Grausamkeit äußert sich in relativ hoher Beteiligung an Mord,
besonders Kindesmord, und an KindesaussetzuDg.
Diese Resultate sind keineswegs überraschend, nach dem Gefühl und
nach früheren Arbeiten sogar geradezu selbstverständlich. Und doch ist
man überrascht, vor sich zu sehen, wie sich dies alles ganz ohne Zwang
aus einfacher, klarer Zusammen- und Gegenüberstellung mit Evidenz ergibt.
Es ist ein großes Verdienst des Verfassers, die letzten Resultate der Wissen-
schaft auf diesem Gebiete zu einer so sorgfältigen Übersicht zusammengetragen
zu haben, daß der Fachmann weiß, wo er mit seinem Wissen angelangt ist, und
der gebildete Laie sich von diesem kriminal -anthropologischen Kapitel einen
vorzüglichen Begriff machen kann. H. Laufer -Schluchsee und Luxor.
398. Alfred v. Lindtheim: Saluti juventutis. Der Zusammenhang
körperlicher und geistiger Entwickelung in den ersten zwanzig
Lebensjahren des Mensehen. Eine sozial- statistische Unter-
suchung. 564 S. Mit mehreren Abb., zahlreichen Tabellen
328 A. Referate. Anthropologie.
und graphischen Darstellungen im Text, sowie 5 zum Teil
farbigen Tafeln. Wien und Leipzig, Franz Deuticke, 1907.
Dem umfangreichen Werke „Saluti aegrorum" läßt der unermüdliche,
stets arbeitsfreudige Verfasser ein nooh verdienstvolleres Werk folgen, welches
dem Kinde gewidmet ist. Er widmet dasselbe in bezeichnender Weise „den
Müttern u und stellt gleich den sinnigen Spruch voran: „Euerem Schöße, ihr
Mütter, ist die Zukunft der Menschheit, Euerer Brust ist der Quell
werdenden Lebens vertraut ! u Das Buch befaßt sich in diesem Sinne mit
dem Werdegang des Kindes von seinem ersten Atemzuge bis zu seiner
Reife und befolgt das offen ausgesprochene Ziel, die hier gesammelten Er-
fahrungen für die Gesetzgebung des Kindes zugänglich zu machen. Lindt-
heim gliedert sein Thema und die einzelnen Lebensperioden des Kindes in
die Zeit der zwei ersten Lebensjahre, das neutrale Kindesalter bis zum
Beginn der Schule, die Schulperiode, die Zeit der Reife. Aus dieser Ein-
teilung ergeben sich bestimmte Beziehungen der einzelnen Altersabschuitte
des Kindes zu speziellen Disziplinen und Wissenschaften, wie z. B. Kinder-
heilkunde, Psychiatrie, Orthopädie, Syphilis, Ophthalmologie, Strafgesetz-
gebung usw., welche Lindtheim in Form von eigenen Fachgutachten stets
von einem tüchtigen Vertreter des betreffenden Faches erstatten läßt.
So weist Doz. Josef in seinem Fachgutachten über die Vererbung
darauf hin, daß erbliche Eigenschaften einzig und allein durch die Keim-
zellen übertragen werden und schon während dieses Übertragungsaktes ihren
irgendwie gearteten Ausdruck in der Organisation der lebendigen Substanz
der Fortpflanzungszellen im Keimplasma finden, welches mit höchster Wahr-
scheinlichkeit im Zellkerne lokalisiert ist. Es wird in der Folge der Ver-
erbungsmechanismus erörtert und die Einzelheiten verschiedener ungünstiger
Vererbungsmomente besprochen. Die Schicksale des Kindes in den ersten
Lebensjahren, und zwar vorzugsweise die Ursachen der Säuglingssterblichkeit,
die Tuberkulose im Säuglingsalter, die Vorteile der Ernährung an der Mutter-
brust, die Stillungsdauer, das Ammen wesen schildern Doz. Hochsinger und
Doz. Seiffert. Die wichtigsten Erfahrungen in bezug auf das neutrale Kindes-
alter bis zum Beginn der Schule (Gutachten des Dr. Z app er t) beziehen sich auf
die Bedeutsamkeit desselben für die spätere Entwickelung des Kindes, die Er-
ziehung zum Gehorsam, die Zerstörungssucht, die falschen Erziehungssysteme,
den unmoralischen Zerstörungssinn. Verfasser lenkt die allgemeine Aufmerk-
samkeit auf die traurige Tatsache, daß die Erziehung wohlhabender Kinder bei
uns noch sehr im Argen liegt und befürwortet für die Kinder der ärmeren Be-
völkerungsklasse eine Ausgestaltung des Krippen- und Kinderbe wahrwesens,
sowie das Anlegen einer großen Anzahl von Kinderspielsplätzen und Gründung
von Ferienkolonien, Tagesheimstätten, Waldschulen, Rekonvaleizentenhäusern
und Seehospizen. Die orthopädischen Erkrankungen werden von Dr. v. Ho-
vorka, jene des Auges von Dr. Hamburger, des Ohres von Doz. Alt be-
sprochen. Dr. Burgerstein bearbeitet das Kindesalter während der Schulzeit,
erörtert die Beziehungen zwischen Schule und Haus, zwischen Schule und
körperlicher, sowie geistiger Entwickelung des Kindes, die Notwendigkeit der
Beaufsichtigung des Kindes auch außerhalb der Schulzeit. Im Kapitel über
die Zeit der Reife gelangt die wichtige Frage des Erwachens sexueller Triebe
und der damit zusammenhängenden pathologischen Zustände zur Sprache;
den damit zusammenhängenden sittlichen und körperlichen Verfall der Jugend
und die dringende Reformbedürftigkeit der Gesetzgebung erörtert Dr. Berze,
Eine Reform der Jugendfürsorge begutachtet Dr. Altmann. In einem
Schlußkapitel werden von Dr. Heller die Ergebnisse der sozial-statistischen
A. Referate. Anthropologie. 329
Untersuchungen Lindtheims über den Zusammenhang körperlicher und
geistiger Entwiokelung nochmals kurz zusammengefaßt und in kurzen, klaren
Sätzen formuliert. Durch dieses Werk hat sich Lindtheim zweifellos um die
Beurteilung des gesunden und kranken Kindes große Verdienste erworben.
Dr. Oskar v. Hovorka- Wien.
394. Stieda: Über einen im jugendlichen Alter Kastrierten.
Deutsch, medizin. Wochenschr. 1908, Nr. 13.
Dem jetzt im 36. Lebensjahre stehenden Manne wurden mit 15 Jahren
die Hoden durch einen Rohheitsakt zerquetscht. Seitdem sind die äußeren
Geschlechtsteile auf demselben Entwickelungszustande geblieben; die Hoden
sind nur bohnengroß und sehr druckempfindlich. Bei vollem Haupthaar fehlt
der Bart, die Schamhaare sind nach oben konvex begrenzt; Achsel- und
Afterhaare sind spärlich. Die Stimme ist hoch und rauh, der Kehlkopf
kleiner als bei erwachsenen Männern. Leichte Gynäkomastie. Die Größe
beträgt 175 cm; der Mann war, als er kastriert wurde, klein und mager;
vom 19. Jahre an zeigte er starkes Wachstum und zwar bis zum 30. Jahre.
Schulterbreite 37 cm, Brustumfang 86V9 bis 88 1 / 2 cm * Hüftenbreite 31cm,
Hüftenumfang 94 cm. Armlänge (Schulterkopf bis Mittelfingerspitze) 82 cm.
Trochanter major bis Hacken 98 cm. Tibia43cm. Schädel 18:14 cm. Eine
abgeflachte Hinterhauptschuppe (Gall) fand sich nicht. Ejakulation und
Erektion vorhanden. Besonders betont wird das plötzlich einsetzende und
auffallende Längenwachstum (Persistenz der Epiphysenknorpel), das Fehlen der
sekundären Geschlechtscharaktere bei angedeuteten weiblichen Charakteren
(Becken Verhältnis zu Schulter). Dr. Kellner- Unter göUzsch.
395. Albrand: Okulistische Beiträge zur Wertung der Degenera-
tionszeichen. Arch. f. Psych. 1908, Bd. XL1V, H. 1.
In einer außerordentlich eingehenden Arbeit, auf deren reichen Ertrag im
einzelnen nicht eingegangen werden kann, hat Verfasser die bei 500 Soldaten,
830 Volksschülern, 1500 Augenkranken und 1039 Geisteskranken (worunter
230 Idioten) gewonnenen Resultate bearbeitet, wobei Verfasser noch seine
Erfahrungen an dem großen Material der Schö ler sehen Augenklinik und
der Charite zu Berlin zu Gebote standen. Das Material, sämtlich Mecklen-
burger, entstammt fast ausschließlich dem ländlichen und kleinstädtischen
Milieu.
Bei den Erblichkeitsuntersuchungen wurde besonders streng verfahren,
unter Ausschließung einzelner Momente, wodurch sich Differenzen mit anderen
Beobachtern zum Teil erklären. Die Augenkranken zeigten eine Gesamt-
belastung bei 20 Proz. und okulistische Stigmata bei 26,6 Proz., die Geistes-
kranken 45,4 bzw. 29,9 Proz. Bei den einzelnen Krankheitsgruppen fand
sich Belastung (und okulistische Stigmata) bei präseniler Geistesstörung in
33,4 Proz. (bzw. 18,5 Proz.), bei Paralyse in 36,7 Proz. (bzw. 13,3 Proz.),
bei Idiotie und Imbezillität in 39,6 Proz. (bzw. 50,4 Proz.), bei Epilepsie in
49,2 Proz. (bzw. 38,1 Proz.), bei Dementia praecox in 5 1,4 Proz. (bzw. 23,8 Proz.),
bei manisch-depressivem Irrsinn in 58,3 Proz. (bzw. 30,6 Proz.). Unter
anderem waren unehelich geboren 3,3 Proz. der Paralytiker und 7,0 Proz.
der Idioten. Die niedrige Zahl in der Gesamterblichkeit erklärt Verfasser
mit dem selteneren Vorkommen bestimmter Psychosen mit hoher Erblich-
keitsziffer (Hysterie u. a.) in Mecklenburg.
Das Verhältnis der direkten zu der indirekten Belastung fand sich auch
hier bei den „Gesunden" umgekehrt wie bei den Kranken und zwar bei
330 A. Referate. Anthropologie.
ersteren wie 30 : 70 Proz., bei den Geisteskranken wie 64 : 36 Proz, Im
anderen fand sich ferner, daß geistesgesunde Augenkranke ungefähr die-
selbe Zahl Augenstigmatisierter hatten wie Geisteskranke; aber die erblich
belasteten Geistesgesunden wiesen einen relativ hohen Prozentsatz von Augen-
stigmatisierten auf; von allen Stigmatisierten waren 28,6 Proz. erblich be-
lastet, von den Nichtstigmatisierten dagegen nur 16,9 Proz.
Was speziell Paralyse und Tabes angeht, so ist es Verfasser nicht ge-
lungen, an dem zahlreichen Material eine in okulären Degenerationszeichen
zutage tretende Veranlagung nachzuweisen, vielmehr sieht Verfasser den
Grund für die Paralyse in einem Zusammenwirken der verschiedensten Ur-
sachen bei Syphilitischen und für Tabes in einer nicht ausreichenden Be-
handlung der ersten Luesstadien. Von den einzelnen Krankheitsgruppen
zeigen die mit endogenetischer Natur die höchsten Belastungsziffern und
meisten okulistischen Degenerationszeichen ; aus dem Mehrbefund solcher bei
Epilepsie, welche in einzelnen Fällen funktionelle Störungen nach sich ziehen
mögen, waren keine zur Auslösung epileptischer Anfälle führenden Beziehungen
zu finden, wie z. B. Schön, welcher diese durch korrigierende Brillen zu be-
handeln versucht. Die Idioten und Imbezillen zeigen den höchsten Prozent-
satz an Augen stigmen in Übereinstimmung mit anderen Forschern; Verfasser
fand „okulärstigmatisierte" Soldaten zu 10,6 Proz., geistig normale Augen-
kranke 26,6 Proz., Volksschüler 26,9 Proz., Idioten und Imbezille 50,4 Proz.
Eine Häufung von Augenstigmen und allgemeinen Degenerationszeichen wurde
nur bei vereinzelten Kranken und Gesunden beobachtet, so daß berechtigte
Schlüsse auf eine gemeinsame Quelle dieser Wachstumsirregularität nicht zu
ziehen waren.
Von der Myopie kann nur die sehr seltene angeborene als Stigma
gelten. Verfasser fand sie bei seinem Material nur als erworbene und sieht
sie in der Hauptsache als Kulturkrankheit an. Dagegen ist ein kurz-
achsiger Bau (2,9 Proz. der Soldaten, 15,2 Proz. der Idioten) des Auges als
Rückschlag aufzufassen, ebenso wie Formanomalien der Cornea (1,0 Proz. der
Schüler, 8,7 Proz. der Idioten); Anisometropie fand sich bei 1,6 Proz, der
Soldaten, 2,3 Proz. der Volksschüler und 4,8 Proz. der Idioten. Erheblichere
Anomalien der Orbitae sind meist Teilerscheinung von Schief schädel ; auch
hier prävalieren die Idioten. Partieller Augenbrauenmangel ist nur dann
bemerkenswert, wenn die medial stärkere Behaarung fehlt. Epikanthus-
bildung 0,2 P^roz. der Augenkranken, 2,2 Proz. der Idioten. Färbungsano-
malien des Bulbus und der Iris war bei Gesunden und Kranken annähernd
gleich oft vertreten. Wichtig ist die Verlagerung der Iris und am stärksten
bei Idioten vertreten (0,5 bis 0,8 Proz. der Normalen, 3,9 Proz. der Idioten).
Angeborene Gefäßanomalien des Augenhintergrundes sind nur in den aus-
gesprochensten Abweichungen als Stigma zu bewerten, wichtiger dagegen ist
die Persistenz der Art. hyaloidea.
Die angeborenen Innervationsstörungen im Nervenmuskelapparate sind
nicht besonders berücksichtigt, da deren Deutung nach der degenerativen
Seite hin keine einheitliche ist; immerhin ist auf deren hohen Prozentsatz
bei Idiotie hinzuweisen. Doch lassen die vorliegenden anatomischen Befunde
die Störungen nicht als Degenerationszeichen, sondern als durch pathologisch-
anatomische Prozesse bedingt bewerten.
Es kommen also auch am Auge desto mehr Anomalien auf, je mehr die
betreffenden Untersuchungsgruppen geistig entartet sind, und zwar dürften
seltenere Anomalien und ungewöhnliche Grade solcher sonst häufiger vor-
kommenden eine schwerere Stigmatisierung bedeuten. Der geringe Unter-
A. Referate. Anthropologie. 331
schied in der Zahl körperlicher Stigmata bei „Normalen" (23,9 Proz.) gegen-
über den Abnormen (29,4 Proz.) läßt jedoch keinen anderen Schloß zu, als
jenen, die Bedeutung von „Signalen" zuzugestehen, welche für den einzelnen
Fall eine Bedeutung nur in Verbindung mit individueller Be anlagung oder
geistiger Entartung finden können.
Zum Schluß macht Verfasser auf die Wichtigkeit okulistischer Verhält-
nisse in anthropologischer Hinsicht (Bertillonage) aufmerksam, und zwar be-
sonders auf die des ophthalmoskopischen Bildes.
Dr. Kellner-Untergöltzsch.
396. Prinz ing: Die Häufigkeit der Fehlgeburten bei Zwillings-
Schwangerschaft. Dtsch. med. Wochenschrift 1908, Nr. 23.
Unter 24334 Empfängnissen des Jahres 1905 in Budapest waren 2560
Fehlgeburten; darunter bei 235 Zwillingsempfängnissen 62 Zwillingsfehl-
geburten und 9 weitere Zwillingsgeburten, bei denen die Früchte bis auf eine
starben. Bei Berücksichtigung der Fehlgeburten bis zum Ende des sechsten
Monats kamen auf 100 einfache Schwangerschaften 9,3 Proz., auf Zwillings-
schwangerschaften 12,8 Proz. Fehlgeburten; bei den ersteren tritt die Fehl-
geburt am häufigsten im dritten Monat, bei den letzteren von Monat zu
Monat häufiger auf. Auch ist die Fehlgeburt bei eineiiger Zwillings-
schwangerschaft häufiger als bei zweieiiger. Das Verhältnis war bei einer
allerdings kleinen Zahlenreihe 63 : 23,4 Proz. aller klinischen eineiigen
Zwillingsgeburten. Ferner ist der Knabenüberschuß bei Zwillingen geringer
als sonst, verursacht dadurch, daß bei ' Lebendgeborenen auf 100 Mädchen
106 Knaben kommen, bei den Fehlgeborenen dagegen 160 Knaben; wo also
mehr Fehlgeburten stattfinden, wie bei Zwillingsgeburten, muß der Knaben-
überschuß geringer werden. Dr. Kellner-Untergöltesch.
397. Friedend: Affengeschichten aus Amerika. Arch. f. Anthropol.
1908, Bd. VII, S. 16—21.
Verfasser gibt eine umfangreiche Zusammenstellung von Nachrichten
älterer Forschungsreisender (Oviedo, Acosta, Cieza de Leon, Wafer,
Exquemelin u. a.), die aus eigener Erfahrung bezeugen, daß Affen, zumeist
Mycetesarten , mit Vorbedacht auf die vordringenden Europäer mit ab-
gebrochenen Zweigen, Kot und Steinen geworfen hätten, Austern gefischt,
sie auf einen Stein gelegt und mit einem zweiten Steine aufgeschlagen, ja
selbst sich oder gegenseitig Pfeile aus den Wunden gezogen und diese mit
Blättern verstopft hätten und ähnliches mehr. Die gleichen Beobachtungen
sind auch für die Affen anderer Erdteile bezeugt, so daß man der Realität
dieser FrscheinuDg, die allerdings für die Frage nach dem Verstände dieser
Tiere von großer Tragweite sein würde, nicht zweifeln darf.
Weiter erörtert Verfasser die Frage nach einem angeblichen Geschlechts-
verkehr zwischen Menschen und Affen, und zwar ebenfalls auf Grund der
darüber existierenden Nachrichten. Diese beruhen aber durchweg auf Hören-
sagen, so daß man ihnen berechtigten Zweifel entgegensetzen muß. Ebenso
ist das Vorkommen geschwänzter Völker in das Reich der Fabel zu ver-
weisen. Wie Friederici zeigt, sind die darauf bezüglichen Nachrichten
entweder auf Verwechselung mit Affen zurückzuführen, oder sind durch
schwanzartige Anhänge entstanden, welche gewisse Indianerstämme zu tragen
pflegten. Buschan- Stettin.
332 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
III. Ethnologie und Ethnographie.
Allgemeines.
398. Yisscher: Religio en gemeenschap bij de natuurvolken.
Eerste deel. 238 S. Utrecht 1907.
Ein ganz ausgezeichnetes Bach, das uns vortrefflich, an der Hand vieler
Beispiele, in die Psyche der Naturvölker einführt. Die Religion ist für Ver-
fasser, den streng Gläubigen, Orthodoxen, Feind der Darwinschen Theorie
mit allen ihren Sätzen, ein Zentralpunkt des Lebens. Sie ist eine soziale
Tatsache, aber nicht durch die Gesellschaft erst erzeugt, und auch jetzt noch
durchaus nötig. Sie ist eine Offenbarung Gottes. Dann bespricht Verfasser
die Einteilung der sozialen Typen und bevorzugt die von Vierkandt. Ganz
vortrefflich ist weiter die Beschreibung der intellektuellen, ethischen und
persönlichen Seite der Naturvölker. Verfasser glaubt, daß alle Rassen zu
gleicher Kulturvollkommenheit gelangen können (? Ref.). Auf die Religion
der Völker übergehend, teilt er sie in eine absolut, in eine relativ religiöse
und in eine relativ irreligiöse Phase. Bei der ersten geht das ganze Leben
in Religion auf; bei der zweiten wird der Staat geboren und es entstehen
theologische Eosmogonien; die dritte Phase tritt erst im Christentum auf,
die die Religion der Persönlichkeit ist.
Endlich wird die religiöse Anschauung der Naturvölker geschildert, ihr
Polytheismus, den Verfasser als Degeneration (? Ref.) eines ursprünglichen
Monotheismus bezeichnet, welch letzterer immer noch durchschimmert. Der
Animismus, Spiritismus und Fetischismus werden dargelegt, letzterer in so
ausgezeichneter Weise, wie es Referent bisher noch nicht fand. Das Ganze
ist klar, höchst anregend geschrieben und sei daher warm empfohlen.
Me&izinalrcA Dr. P. Näcke- Hubertusburg.
399. Näcke: Die angeblichen sexuellen Wurzein der Religion.
Zeitschr. f. Religionspsychologie 1908, Bd. II, H. 1.
In dieser größeren Arbeit führt Verfasser folgendes aus. Das Ursprüng-
lichste in der Religion ist wahrscheinlich nur die Furcht vor dem Drohenden.
Diese vielleicht angeborene Furcht erzeugt (infolge des angeborenen Kausalitäts-
bedürfnisses) die Schaffung erst böser, später guter Götter. Jede
Gottesidee ist nur ein sekundäres menschliches Gebilde, und wie
alles andere der Entwickelung unterworfen. Erst später scheint der Phallus -
dienst sich ausgebildet zu haben, als Verherrlichung der wunderbaren, gött-
lich erscheinenden Zeugung. Viel später, wenn es eine Synthese der Gott-
heiten gibt, tritt wahre Gottesliebe auf, die ganz a-sexuell sein kann. Die
Religion hat also keine eigentlichen sexuellen Wurzeln, sondern setzt nur
später einige sexuelle Zweige an. Dazu gehören auch später sexuelle Orgien
beim Gottesdienste. Es handelt sich also immer nur um eine Verflechtung
des Sexuellen mit der Religion, nicht um ein eigentliches Wurzelwerk.
SdbsiberichL
400. Ludwig Wilser: Rassentheorien. 32 S. Stuttgart, Strecker
u. Schröder, 1908.
Dieser Vortrag, der in der Anthropologischen Gesellschaft zu Frank-
furt a. M. gehalten wurde, ist wieder eine echte Wilser sehe Arbeit, voll
zündender Beredsamkeit, ein Niederschlag reicher Lebensarbeit und Er-
kenntnis, ein ehrlicher, aufrichtiger Kampf für seine allgemein bekannte
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie, 333
wissenschaftliche Überzeugung. Mit Recht wendet er sich gegen andere
Rassentheoretiker und gegen die vielen Leute, die mit ganz unklaren Be-
griffen von Rasse, Volk usw. operieren. Wilser arbeitet mit klaren, ver-
ständlichen Begriffen, vermöge deren es ihm vorzüglich gelingt, anthro-
pologische Probleme weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Im allgemeinen
wird man heute der Rassen theorie Wilsers die Anerkennung nicht ver-
sagen, wenn man ihm auch nicht in allen von ihm gezogenen Konsequenzen
betreffend die gegenseitigen Beziehungen und die Wertung der Rassen zu folgen
braucht. — Als besonderer Vorzug von Wilsers Arbeiten darf et angesehen
werden, daß sie stets neue Anregung bieten. H. Laufcr-Luxor u. Köln.
401. Heinemann: The physical basis of civilization. 241 S. Chicago,
Forbes, 1908.
In außerordentlich scharfsinniger Weise leitet Verfasser die hohe Gehirn-
entwickelung und die Zivilisation des Menschen von zwei kleinen anatomischen
Veränderungen des Skeletts ab: 1. von der Umwandlung der Hinterhand in
den Fuß, und 2. von der Verlegung des Hinterhauptsloches nach hinten. Da-
durch wurde erst die aufrechte Haltung möglich. Bezüglich der Entwicke-
lung steht er ganz auf Darwinistischem Standpunkte und lehnt, für den
Menschen wenigstens, die Mutationstheorie ab. Er nimmt als sicher an, daß
der Urahn haarlos war und einzeln leben mußte, nicht in Horden und
ferner monogamisch. Erst später folgte die Bildung der Horde, Sippe usw.,
auch teilweise die Polygamie als Entartungserscheinung. Das aber alles erst,
seitdem er die Keule, den Wurf, das Feuer erfunden hatte. Die zwei ersten
Dinge hatte er wahrscheinlich den höheren Affen abgesehen. In vier An-
hängen werden in höchst interessanter, ganz biologisch aufgefaßter Weise
'die Sprache, das Gedächtnis, der Altruismus usw. abgehandelt. Mit Recht
sagt Verfasser, daß die Sprache erst entstehen konnte, als das Gehirn bereits
sehr entwickelt war. Ferner besteht nach ihm sicher eine Beziehung von
Kopf-Gehirngröße und Intelligenz, wenn man die Fehlerquellen, die angeführt
werden, ausschließt Man wird gewiß nicht in allem dem Verfasser Recht
geben, z. B. kaum darin, daß der Urmensch haarlos war, daß Monogamie und
die Familie zuerst bestanden und der Mensch erst später in Horden lebte.
Auch betont er zu sehr die Geschlechtswahl. Trotzdem ist das Ganze tief
durohdacht und ausgeführt und verdiente sehr wohl verdeutscht zu werden.
Medizinalrat Dr. P. Näcke-Hubertusburg.
402. 6. Schweinf urth : Über die von A. Aaronsohn ausgeführten
Nachforschungen nach dem wilden Emmer (Triticum dicoccoi-
des Ecke.). Ber. d. Deusch. botan. Ges. 1908. Bd. XXVI a,
H. 4, S. 309—324.
403. G. Schweinf urth : Die Kultur des ürweizens von Palästina.
Kgl. privileg. Berliner (Vossische) Zeitung Nr. 413 vom 3. Sept.
1908.
Schon vor einem halben Jahrhundert wollte Th. Kotschny bei Raschaya
am Hermon in Palästina die wildwachsende Urform des Kulturweizens ge-
funden haben und bezeichnete dementsprechend Syrien als dessen Heimat.
Diese Vermutung hat jüngst ihre Bestätigung durch die Forschungen
A. Aaronsohns, eines jungen Landwirts aus Palästina, gefunden, der haupt-
sächlich auf Anregung von Schweinfurth dieser Frage in seiner Heimat
nachgegangen war. Er traf den wilden Emmerweizen (Trit. dicoccoides Ecke.)
dort an verschiedenen Stellen (u. a. in der Nähe von Bosch -Pinah, el-Hadr
334
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
am Hebron, in der Landschaft Gilead gegenüber Jericho) an, und zwar in
einer vertikalen Verbreitung bis über 2000 m, was dafür spricht, daß die
Pflanze extrem klimatische Erscheinungen nicht zu scheuen braucht Stets
kam der wilde Emmer in Gesellschaft mit Hordeum spontaneum vor, letzteres
aber auch ohne jenen.
Die von Aaronsohn erhaltenen Samen des wilden Emmer waren von
Prof. Körnicke in Poppeisdorf ausgesäet worden (zweite Abhandlung). An
den so gezogenen Exemplaren waren zumeist volle und reiche Ähren vor-
handen , die durchaus den Eindruck von Kulturweizen machten ; sie zeigten
ein von den in Palästina gesammelten Originalexemplaren wesentlich ab-
weichendes Aussehen. Während diese durch Vielhalmigkeit sich auszeich-
neten, brachten jene nur bis zu acht Halme hervor. Die Körner kamen zum
Teil in der Größe dem gewöhnlichen Weizen nahe. Überhaupt hatte der in
Poppeisdorf gezogene Weizen die große Formmannigfaltigkeit des wilden
Weizens eingebüßt. Diese Variabilität der Urpflanze muß dieselbe zur Zucht-
wahl ganz besonders geeignet gemacht haben. Buschan- Stettin.
Spezielles.
404. John Gray: Memoir on the pigmentation survey of Scotland.
Journ. of the Royal Anthropol. Inst, of Great Britain and Ireland
1907. Vol. XXXVII, p. 375—410; 20 Taf., 6 Tabellen.
Eine nach den Grundsätzen der Pearson sehen Schule durchgeführte
Bearbeitung einer Statistik über die Haar- und Augenfarben von etwa einer
halben Million schottischer Schulkinder (257 535 Knaben, 244017 Mädchen).
Es wurden für die Haarfarben, welche in der folgenden Tabelle links stehen,
fünf, für die Augenfarben (rechts) vier verschiedene Gruppen unterschieden;
Fair
Red
Med.
Dark
Black
Blue Light
Med.
Dark
ToUl
, Nuraber
Boys . .
Girls . .
Mean. .
24,9
27,4
26,1
5,5
5,1
5,3
48,3
40,9
42,1
25,0
25,4
25,2
1,2
1,2
1,2
i H,6
14,9
14,7
30,3
30,3
30,3
32,7
32,0
32,3
22,3
22,8
22.5
257 535
244017
1 ~
Die auf den Tafeln beigefügten Karten gewähren einen bequemen Über-
blick über die verschiedene Dichtigkeit dieser Gruppen in den verschiedenen
Landesteilen. Die Erörterungen, wie im einzelnen diese Verhältnisse sich
herausgebildet haben mögen (Einflüsse der Urbevölkerung, der Einwanderung,
der Verschiedenheiten der Vermischung je nach der Art der Einwanderung)
müssen im Original nachgesehen werden. P. Bartels-Berlin.
405. A. Brunk: Rat to, wat is dat! Pommersche VolksrStseh
120 S. mit Nachtrag. S. 121—132. Stettin, J. Burmeister, 1907.
Verfasser kann für einen der eifrigsten und rührigsten Sammler auf
dem Gebiete der pommerschen Volkskunde gelten, wie seine zahlreichen klei-
neren Beiträge in den „Blättern für pommersche Volkskunde" beweisen. Da»
im Laufe dieser seiner Tätigkeit angesammelte Material hat er im vor-
liegenden Werkchen unter 677 Nummern vereinigt. Leider haben seine
heimatlichen Forschungen vorzeitig einen Abschluß durch seine Versetzung
nach Westfalen erfahren; daher mag er vielleicht den vorhandenen Stoff nicht
ganz erschöpft haben. Aber er bringt doch aus allen Teilen Pommerns
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 335
Material herbei, so daß man einen guten Überblick über den Bestand und
das Wesen des pommerschen Volksrätsels aus seinem Büchelchen erhält.
Allerdings sind die angeführten Rätsel keineswegs ausschließliches Eigentum
des pommerschen Volkes; viele von ihnen kommen auch anderwärts vor, wie
schon die Unmenge von Hinweisen auf Wossidlows bekannte Sammlung
mecklenburgischer Volksrätsel erkennen läßt, die in jedem übereinstimmenden
Fall vom Verfasser beigesetzt sind. — Der Nachtrag, der besonders geheftet
ist, enthält Rätsel derberer Natur.
Möge das Büchelchen, das einen wertvollen Beitrag zur deutschen Volks-
kunde bedeutet, viele Leser finden und Anregungen zu weiteren Forschungen
im deutschen Vaterlande geben. Buschan- Stettin.
406. Max Höfler: Allerseelengebäcke. Zeitschr. f. österr. Volksk.
1907, S. 65 ff.
Altmeister Höfler hat zu den zahlreichen Abhandlungen über Kult-
gebäcke zur Oster-, Weihnachts- und Neujahrszeit , zu den Arbeiten über
Totengebäcke , Zopf- und Herzbrote nun auch eine Besprechung der Aller-
seelengebäcke hinzugefügt. Ausgehend von den Benennungen und den
alten römischen und germanischen Totenfesten, geht der Verfasser über zu
den christlichen Seelengedenktagen, die zwar eine zeitliche und inhaltliche
Verschiebung erfahren, aber doch noch viel von den alten Opfergebräuchen
erhalten haben. „Denn der Ahnen- und Seelenkult haftet im Volksgebrauch
bei allen Religionen am längsten/ Natürlich ergeben sich in den ver-
schiedenen Gegenden abweichende Benennungen und Gebräuche, auf die auch
hingewiesen wird. Im Anschluß an die Vorstellung, daß die Seelen der Ver-
storbenen nicht nur gleich nach dem Ableben wieder in die heimische Be-
hausung zurückkehren, sondern auch bestimmte Zeiten im Jahre „frei be-
kommen tt , wird der Seelenopfer gedacht. Sie werden entweder den Toten
auf das Grab gestellt oder zu Hause bereit gestellt. Diese Seelen speisen,
d. h. das, was die Geister übrig gelassen hatten, wurde dann entweder an
die Armen verteilt oder zu Segenszwecken von den Angehörigen verspeist
(Communio).
Neben den animalischen Opfern finden wir auch solche vegetabilischer
Natur. Hierzu gehört das Seelenmehl, auf dessen Rolle in der Vorstellung
verschiedener Völker ein vergleichender Blick geworfen wird; ferner der
Seelenbrei (Gersten- und Hirsebrei) und schließlich das daraus bereitete Ge-
bäck, das vorwiegend aus dunkelm Mehl gebacken wird. Alle diese Merk-
male lassen auf ein hohes Alter und eine einfache Zubereitung schließen.
An Formen haben wir zunächst das Laibchen, die Reihen- und Zeilensemmel.
Oft wird das Gebäck gegessen oder zu Heilzwecken verwendet. Brotschaufel,
Brotteig und Brotschüssel spielen als stellvertretende Dinge im Volksaber-
glauben eine große Rolle. Immer werden diese Opfer in irgendeine Beziehung
zu den Hausgeistern und Wichtein (Laren, Penaten) gebracht. Sehr interessant
ist der Hinweis auf das Erstlingsbrot als Seelenopfer und die Wunder-
wirksamkeit des Opferbrotes beim ersten Meßopfer eines Priesters (Primiz).
Je nach Landschaft und Volk finden wir verschiedene Formen : z. B. den
Fladen oder Zelten, den Krapfen (Tirol), den Wecken (und zwar als Zopf-,
Knauf-, Keilwecken). Hier treten die bekannten Fruchtbark eits Symbole einer-
seits mit dem Totenkult, andererseits mit der Jahreszeitenwandlung in Zu-
sammenhang. Ferner sind die Toten beinsymbole (Knaufgebäcke) , die
Brezeln, Kringeln vertreten. Hackenkreuzgebilde (Neujahrsgebäcke , Jul-
kuse) und Horngebäcke (Kipfel) fehlen in diesen Festzeiten fast ganz.
336 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Aus allen diesen Andeutungen können wir schließen, daß „da, wo Hirse-
brei, Knauf gebäcke, Brezeln, Zopfgebäcke, Kreuzbrote, Lichterkuchen als
vorwiegend an bestimmte Zeiten gebundene Speisen üblich sind, wir sicher
auf einen mit diesen Zeitpunkten zusammenhängenden Seelenkult schließen
dürfen, der selbst wieder aus verschiedenen Zeiten stammen kann". Ein
Literaturverzeichnis und mehrere Abbildungen ergänzen diese dankenswerte
und gediegene Arbeit Prof. Dr. Otto Jauker-Laibach.
407. Oskar v. Hovorka : Fraisen und andere Krankheiten in der
vergleichenden Volksmedizin. Zeitechr. f. österr. Volksk. 1907,
S. 116 ff.
408. Marianne Kautsch: Sympathiemittel. Ebendas. S. 110 ff.
409. Kornel Österreicher: Froasketten (Fraisenketten). Ebendas.
S. 99 ff.
Fast das ganze IV. bis V. Heft (1907) der Zeitschrift für österreichische
Volkskunde ist der Volksmedizin gewidmet: namentlich erfahren die Fraisen,
die im Volksglauben eine große Rolle spielen, eine genauere Untersuchung,
v. Hovorka, der als Mitherausgeber des großen Werkes über vergleichende
Volksmedizin wohl mitreden kann, geht von allgemeinen Betrachtungen aus.
Die verwendeten Mittel gehen teils auf Sympathiewirkung zurück (Gleiches mit
Gleichem), teils werden sie auf empirischem Wege gefunden. Daraus erklärt
es sich, daß zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Völkern un-
abhängig voneinander ahnliche Mittel in Anwendung kommen. So wird z. B.
die Maulwurfspfote gegen Halsweh und für gutes Zahnen der Kinder ge-
braucht; wir finden das in Oberösterreich, Bayern, Brandenburg, Schweiz; zeit-
lich geht es zurück bis auf die Römer.
Auch bei den Fraisen können wir ähnliches bemerken. Darunter ver-
steht nämlich das Volk die plötzlichen konvulsivischen Zuckungen, die oft
scheinbar ohne Ursache das Kind überfallen. Es lag nahe, dabei an eine
Bezauberung zu denken und unter diesem Gesichtswinkel sind auoh die Gegen-
mittel zu betrachten. Wir bemerken da teils amulettartige Formen, teils
Zaubersprüche. Aus zwei Zauberformeln, die mitgeteilt werden, geht hervor,
daß der Frais als Typus für eine ganze Reihe von angezauberten Krank-
heiten gilt. Diese Formeln lassen sich (wie der Blut- und Wundsegen) ört-
lich über weite Gebiete, zeitlich bis zu den ältesten Kulturvölkern, verfolgen.
Marianne Kautsch bringt eine Reihe von Sympathiemitteln, die uns
die Arten der Anwendung zeigen. Es sind ähnliche Namen, ähnliche Dinge
oder symbolische Handlungen, die die Heilung herbeiführen. Steine mit
Löchern darin werden zu Harnsteinen; man läßt, wenn das Hornvieh an
Harnbeschwerden leidet, die Flüssigkeit durch den Stein rinnen. Stech-
muscheln trägt man gegen Seitenstechen, Zahnwurzeln gegen Zahnweh,
Hasen zahne gegen Zahnweh, den Gehörgang eines Schweines gegen Ohren-
leiden, rote (Kupfer-) Ringe gegen Rotlauf, Blutsteine gegen Blutarmut usw.
Interessant und so gar nicht christlich ist das Verschlucken von Heiligen-
bildern, deren Spuren auch sonst in der Literatur zu finden sind. Gegen
die Fraisen haben wir Fraisenbriefe, Fraisensteine, Fraisenhäubchen und
-pfoadchen (= Hemdchen), Fraisensalbe und Fraisenuhren.
Der verstorbene K. Österreicher beschäftigte sich eingehend mit den
interessanten Froasketten. Es sind dies nicht Sympathiemittel oder Amu-
lette gewöhnlicher Art gegen Fraisen, sondern Universalschutzmittel gegen
vielerlei Krankheiten und Gefahren. Es werden mehrere, oft sehr schön und
kostbar ausgeführte Ketten besprochen, an denen Stein- und Beinamulette,
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 337
Münzen und Kreuze vereinigt sind. Die hauptsächlichsten Bestandteile sind:
Schreck- und Blutsteine, Verschreifeigen (Abwehrmittel), Bocksbart, Silber-
münzen und christliche Abzeichen, als Kreuze, Medaillen u. a., aber immer
an einem roten Seidenfaden oder -band aufgereiht. Sie gehören insofern
nicht eigentlich zur Volksmedizin, da sie nicht im Volke selbst gebraucht
und von Bauerndoktoren verwendet werden, sondern als kostbares Erbstück
besserer Familien erhalten bleiben und im Laufe der Zeit durch neue Er-
werbungen vervollständigt werden. Daraus erklärt es sich, daß man oft
Münzen verschiedener Zeit auf einer Schnur aufgereiht findet. Die ältesten
Ketten stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Prof. Dr. Otto Jauker- Laibach.
410. Willi Pessler: Das altsächsische Bauernhaus in der Rhein-
pro vinz. Zeitschrift des Vereins f. rheinische und westfälische
Volkskunde 1906, Jahrg. III, S. 272—282.
411. Willi Pessler: Neues zur Kenntnis des altsächsischen Bauern-
hauses. Niedersachsen 1907, Bd. XII, S. 200—204.
412. Willi Pessler: Die Hausforschung in Norddeutschland. Deutsche
Geschichtsblätter 1906, Bd. VII, S. 203—214.
413. Willi Pessler: Die Haustypengebiete im Deutschen Reiche.
Deutsche Erde 1908, S. 14—52.
Willi Pessler hat mit seiner sorgfältigen Arbeit über das altsächsische
Haus die Forschung nicht allein auf einen festen Boden gestellt, von dem
aus sie zu neuen Ergebnissen ausholen kann, sondern er ist auch selbst un-
ermüdlich in der Arbeit, diese herbeizuführen. So hat er seinem größeren
Werke mehrere Einzelstudien folgen lassen, in denen er mit der bei ihm ge-
wohnten kühlen Betrachtungsweise das Verhältnis der Bauernhaustypen zu-
einander weiter klarzulegen versucht. In der erst angeführten Arbeit, die
sich mit dem altsächsischen Haus des Rheinlandes beschäftigt, umgrenzt und
untersucht er jene T-artige niederrheinische Abart, die seit Meitzen und
Virchow nicht weiter erforscht worden ist; er findet dabei, daß sie auf das
Gebiet des Unterrheins beschränkt und im engsten Anschlüsse an die alt-
sächsische Bauart bleibt. Die auch sonst beobachtete Tatsache, daß die Ver-
änderung eines Typus zunächst mit dem Wohnteil beginnt, findet hier eine
neue und sorgfältig geprüfte Stütze. Auch ergänzt er diese Darlegung durch
Einfügung in die von ihm aufgestellte und wohl kaum anfechtbare Einteilung
nach dem konstruktiven Aufbau des Altsachsenhauses, für das er ein nord-
niedersächsisches, ein westfälisches und ein niederrheinisches Gebiet annimmt.
Diese Darlegungen werden keinem Einspruch begegnen, wenn auch, wie
Pessler selbst hervorhebt, das Gebiet der Mischformen noch weiterhin emsig
durchforscht werden muß.
Von der zweiten Arbeit, die in einzelnen Abschnitten den Schafstall
als mögliche Urform des altsächsischen Bauernhauses, die „Kübbung", die
Abarten und volkstümlichen baulichen Fachausdrücke behandelt, ver-
dient namentlich der erste Abschnitt die Beachtung der Hausforscher, weil er
die noch wenig beachtete Entwickelung der Schaf stalle selbst fördert. Pessler
bringt einige sehr wertvolle Zeugnisse bei, aus denen auch ein Fernstehender
die engen Beziehungen zwischen dem Alt sachsenhause und dem Stall er-
kennen kann. Vielleicht sind diese noch dahin zu ergänzen, daß auch die
tiefe Lage der älteren Schaf stalle nicht ohne Wichtigkeit ist, die nach der
Ansicht des Referenten sogar unmittelbar zur Entstehung des Ständergerüstes
Veranlassung gegeben hat. Die Umwandlung der umschließenden Wand zu
Zentndblatt für Anthropologie. 1908. 22
338 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
einem konstruktiven Träger, die das Altsachsenland besonders im Süden
charakterisiert, möchte Referent weniger städtischen als den Einflüssen des
Berggeländes zuschreiben, das die Ortsanlagen zusammendrängt und dadurch
die Höherstellung begünstigt. — In der Übersicht über die bisherigen Er-
gebnisse der Hausforschung, die Pessler in den Tilleschen Geschichtsblättern
gibt, ist besonders erfreulich, daß der vorgeschichtlichen Forschung eine ent-
scheidende Mitwirkung zugewiesen ist. Wohltuend berührt es auch, daß der
Verfasser dem Verhältnis zwischen Haustypus und Volksstamm, das keines-
wegs zu leugnen ist, in der Hausforschung aber doch manches Unheil an-
gerichtet hat, kühl gegenübersteht. Denn nur durch möglichste Zurück-
haltung gewinnt die Wissenschaft sichere Unterlagen für spätere Schlüsse
und Tatsachen. Der Schluß dieser Arbeit, der die Verteilung der Typen
für Norddeutschland skizziert, leitet über zu der letzten Pessler sehen Arbeit
über die Haupttypengebiete im Deutschen Reiche. Das Hauptgewicht liegt
natürlich in der übersichtlich entworfenen Karte, die — den Ergebnissen der
letzten Jahren entsprechend — ein ganz anderes Bild zeigt ab die von
Meitzen vor bald 30 Jahren entworfene Übersicht Freilich wird die
Forschung die Grenzen, die (mit Ausnahme der von Pessler selbst bereisten
des sächsischen Stilgebietes) zumeist auf den Angaben des großen, hier aber
nicht ganz ausreichenden Werkes des deutschen Architekten- und Ingenieur-
vereins beruhen, noch nachzuprüfen haben, was zu manchen Grenzberichti-
gungen, namentlich auf dem mitteldeutschen Hof gebiet, führen dürfte. Ab-
gesehen davon sind die Verteilungen nach der Ansicht des Referenten zutreffend,
wenn auch die Erforschung der Abwandlungen später noch neue Scheide-
linien herbeiführen wird. Robert Mi elke- Charlottenburg.
414. A. Bielenstein: Die Holzbauten und Holzgeräte der Letten.
Ein Beitrag zur Ethnographie, Kulturgeschichte und Archäologie
der Völker Rußlauds im Westgebiet. I. Die Holzbauten der
Letten. Mit 154 Abb. St Petersburg 1907.
Das Buch bietet mehr, als der Titel zu besagen scheint; der verdiente
Sprachforscher Bielenstein, der ja der beste Kenner des Volkstums der
Letten ist, will hier deren ursprüngliche (bis etwa zur Mitte des vorigen
Jahrhunderts) — fast ganz auf der IJolztechnik beruhende — materielle
Kultur auf Grund der Überlebsei, Namen und Volkslieder schildern. In
diesem ersten Teile behandelt er in eingehender Weise die Bauten, und zwar
zunächst das Gemeinsame bei den Häuserbauten: die Wände aus behauenen
Balken, die Dächer aus Stroh, Schilf, Lubben (gespaltene Fichtenholzschindeln)
mit Dachreiter und Rauchloch, die sich in hölzernen Angeln drehenden
Lubbentüren usw. Ausführlich werden die interessanten Türverschlüsse
(Riegel, Klinken, Kasten- und andere Schlösser) beschrieben. Im zweiten
Abschnitte beschäftigt sich der Verfasser mit der Gestaltung, Entwickelung
und Bestimmung der einzelnen Gebäude des lettischen Bauernhofes. Aus
dem ursprünglich einräumigen Rauchhaus (nams), welches sich — wie auch
noch ältere Formen: Stangen jurte, Gamme, Palisadenhaus (diese aber meist
zu anderen Zwecken) — noch an einigen wenigen Orten findet, ist durch
Angliederun g einer Stube und später von Schlaf - und Vorratskammern das
dreiteilige Wohnhaus hervorgegangen. Die Riege, welche nach Bielenstein
aus Skandinavien stammt, ist jetzt ebenfalls dreiteilig: sie besteht aus der
eigentlichen Hitzriege, Tenne und Scheuer (dazu eventuell offene Halle und
Kammern). Bevor die Stube aufkam, diente sie auch als Winterwohnhaus,
da in ihr ein großer Ofen zum Dörren des im Oberraum lagernden Getreides
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 339
steht. Das kleinste Gebäude ist das Badehans mit Vor- und Dampfrauin;
einst wurde es (bei Esten und Tavasten noch heute) auch zum Wohnen und
Dörren benutzt. Die Öfen sind in allen drei Gebäuden sehr primitiv.
Nahrungsmittel, Aussteuern, Geräte werden in den Kleten aufbewahrt, die
erhöht auf großen Steinen stehen; vorn ist eine Vorhalle mit Ständern und
eine Treppe. Endlich gehören zum Gehöft noch die aus Rundhölzern ge-
bauten Ställe, worin die Tiere im Winter an Pfählen angebunden werden.
Die Anordnung der Gebäude ist regellos, nur Riege und Bad stehen stets abseits.
Auch die Gehöfte selbst liegen regellos verstreut, infolge von Aussiedelung
haben sich zuweilen Dörfchen gebildet; wirkliche Dörfer findet man nur im
Süden und an der Küste. Höfe und Felder sind von Zäunen umgeben, deren
verschiedenartige Gestaltung (Palisaden, Spricken, Falz-, Flecht- und andere
Zäune) Bielenstein im vierten Kapitel darlegt.
In einem Exkurs schildert Verfasser kurz die ähnlichen Bauten der
Schweden auf der Insel Runö und in einem Anhang die Bienenstöcke und
die „Häuser für Lebenszeit", d. h. die Särge. Letztere, jetzt aus Brettern,
waren bis vor kurzem gespaltene, ausgehöhlte, achtkantig behauene Stämme.
Als Bienenstöcke dienten, als noch die Waldimkerei herrschte, natürliche
oder künstliche Baumlöcher, später auch aufgehängte Klotz- und Rinden-
beuten, und als Hilfsgeräte dabei: Leiterbäume, Kletterschlingen, Schwebe-
bretter mit sinnreicher Aufhängung, Rindenlöffel und Haselkörbe zum Ein-
fangen der Schwärme u. dgl. (S. 185—224).
Alles in allem ist dieser Band, dessen Bilder deutlich und mit Ver-
ständnis gezeichnet sind, ein wertvoller Beitrag zur Ethnographie Westruß-
lands; der zweite verspricht nach der mitgeteilten Inhaltsangabe noch
mannigfaltigeres, reichhaltigeres Material zu bringen. Byhan- Hamburg.
415. J. V. Ivanoff: Leben und Glauben der Bauern des Distrikts
Kupiansk, Gouv. Charkov (russ.). Zbornik Charkovskago Istoriko-
Filologitceskago Obscestva. Bd. XVII, 216, IX S. Charkov
1907.
Die Einleitung, 1891 datiert, soll dartun, wie lange die höchst inter-
essanten Materialien des wohlbekannten Volksforschers auf Veröffentlichung
warten mußten. Das vorliegende Buch — dem Festkalender gewidmet —
ist nur ein kleiner Teil des von ihm Gesammelten; Verehrung der ver-
schiedenen Heiligen, Erzählungen und Sagen, die den Volksglauben und
Aberglauben erklären wollen, Sprichwörter, Redensarten, die sich an ver-
schiedene Werk- und Festtage anhängen, Haus- und Feldweisheit, Brauch
und Sitte, Fasten und Feste, Spiel, Tanz und Gesang — dieses alles bietet
das vorliegende aus dem Volksmund aufgeschriebene, der Volksseele ab-
gelauschte Werk, eine vorzügliche und für die Folkloristik sehr wichtige
Arbeit. Aus dem reichen Inhalte heben wir nur einiges hervor: Die große
Anzahl der Weihnächte- und Neujahrslieder (rozdestvenskija virschi, koljadkü,
sceädrowki, posipalnitgi), die bei den Weihnachts- und Neujahrsumzügen von
den Kindern, sowie von jungen Mädchen und Burschen gesungen werden, Früh-
lingslieder (vesnjanki), Osterlieder, Lieder beim Dreschen, beim Mähen, beim
Anzünden des Johannisfeuers, Erntelieder, Lieder, die in der Spinnstube ge-
sungen werden; Gesellschaftsspiele mit Gesang und mimischer Darstellung;
verschiedene Kartenspiele; Heiligenlegenden (St. Nicolaus und St. Cassianus
— 29. Februar; St Cosina und Damianus); Erzählungen von Strafen für die
Verschmähung der Festtage (der witzig gesprochene Spaß erfüllt sich zur
Schande des Schmähers; der Heilige verzeiht das erste Vergehen und be-
22*
340 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
straft das zweite); die mythischen Gestalten des Montags, Mittwochs und
Freitags; das Einladen des Frostes zum Mahl (5. Januar); der Umzug mit
einer Strohpuppe (Marinka) am 27. Juni; Aberglaube und Brauch mit den
Chartagen, Ostereiern verbunden; Volksetymologien; die Sitte, am Pfingst-
tag Eier in gelber Farbe zu färben und sie den Kindern zu schenken;
Analogiezauber usw. Wera Charusin-Moskau.
416. Sichel: Über Geistesstörung bei den Juden. Neuro). Zentralbl.
1908, Bd. VIII, Nr. 8.
Ziemlich allgemein hat man bisher bei den Juden eine größere Neigung
zu Nerven- und Geisteskrankheiten angenommen und den Grund hierfür in
der Inzucht, der neuropathischen Rassen Veranlagung , der Reaktion ihres
Nervensystems auf eine 2000jährige Leidenszeit, in der besonderen Artung
ihrer hauptsächlich auf geistigen Gebieten liegenden Berufstätigkeit und zu-
letzt auch in ihrem vorwiegenden Wohnen in Städten gesucht. Verfasser
tritt nun dieser bisher geltenden Annahme entgegen und stützt sich hierbei
auf das in den Jahren 1906 und 1907 aufgenommene Kranken material der
städtischen Irrenanstalt zu Frankfurt a. M. Unter 1953 Kranken waren
128 Juden, d. i. 6,5 Proz. und zwar 4,7 Proz. der Männer und 10,6 Proz.
der Frauen, während die Juden überhaupt 6,8 Proz. der allgemeinen Be-
völkerung betrugen. Nach Abzug der bei den Juden bekanntlich seltenen
alkoholistischen Störungen stellten die Juden 9,12 Proz. der Aufnahmen
(7,6 Proz. Männer, 11,5 Proz. Frauen). Wesentlich verschieden von den
NichtJuden war bei den Juden die Beteiligung der Geschlechter, bei jenen
72 Proz. Männer zu 28 Proz. Frauen, bei diesen 51 Proz. Männer zu 49 Proz.
Frauen und bei Nichtberücksichtigung der Alkoholisten dort 61 : 39 Proz. T
hier 50 : 50 Proz.; bei den Juden fand sich also eine verhältnismäßig
stärkere Beteiligung des weiblichen Geschlechtes.
Für die Beteiligung an den verschiedenen psychischen Krankheitsformen
zeigten die Juden überall höhere Zahlen als die NichtJuden, mit Ausnahme
der Epilepsie und des Alkoholismus. Zweifellos kommt dem letzteren aber
nicht mehr die Bedeutung zu wie früher, da die Trinksitten und deren
Folgen bei den Juden gegen früher zugenommen haben; ihre Beteiligung an
der Epilepsie betrug fast nur die Hälfte jener von NichtJuden. Unter den
Schwachsinnsformen war die sogenannte moral insanity häufig vertreten,
was wohl die häufigen Gesetzesübertretungen in dieser Gruppe erklärt. —
Auch in bezug auf die erbliche Belastung fanden sich bemerkenswerte Unter-
schiede: Nach Abzug der Alkoholisten waren bei NichtJuden 32,4 Proz.
Männer und 40,3 Proz. Frauen, bei den Juden dagegen 35,3 Proz. M&nner
und 52,3 Proz. Frauen erblich belastet, wobei Verfasser besonders darauf hin-
weist, daß die Zahlen hinter der Wirklichkeit zurückbleiben. — Vorbestraft
bzw. mit dem Gesetz m Konflikt gekommen waren* von den NichtJuden
57,4 Proz. Männer und 14,2 Proz. Frauen; von den Juden dagegen nur
26,1 Proz. Männer und 3,1 Proz. Frauen; es handelte sich bei ihnen vor-
wiegend um Vergehen gegen das Vermögen, erklärbar durch ihre starke>
Beteiligung an Handel und Industrie, während ihre geringe Beteiligung an
Roheits vergehen sich durch ihre Mäßigkeit erklärt.
Wie alle vorwiegend statistischen Untersuchungen bei einem immerhin
beschränkten Material zwar bestimmte Fingerzeige geben können, aber nur
mit Reserve vergleichbar sind, so dürften auch die hier gegebenen Zahlen
noch nicht geeignet sein, die bisher geltenden Anschauungen über die Be-
teiligung der Juden an Nerven- und Geisteskrankheiten aufzuheben; dafür
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 341
sind die verwerteten Zahlen und der Zeitraum zu klein. Andererseits aber
scheint das Beobachtungsmaterial auch eine besondere Zusammensetzung zu
besitzen; jedenfalls ist das Verhältnis der vorbestraften NichtJuden, 42 Proz.
(54,4 Proz. Männer!) gegenüber jenem der Juden mit 14,8 Proz. (26,1 Proz.
Männer) ein so auffallendes, daß dieses einer Erklärung bedarf. Zu klaren
Anschauungen wird man auch hier erst kommen, wenn nicht die An st alt s-
bedürftigkeit, sondern die sämtlichen Erkrankungsfälle zur statistischen
Würdigung gelangen können. Dr. Kellner- Unter göltsch.
417. Harvey Baird: Some Observation^ on insanity in Jews. Journ.
of mental science 1908. Vol. LIV, p. 528—532.
Die Zahl der Aufnahmen Londoner geisteskranker Juden im College Hatch
Asyl um weist eine jährliche Zunahme auf; in den letzten fünf Jahren belief sich
dieselbe auf 50 Proz. Das durchschnittliche Aufnahmealter betrug 6 l / 2 Jahre
weniger als das bei den NichtJuden (Männer 35,3 bzw. Frauen 34,9 gegenüber
41,6 bzw. 41,8). Unter den ursächlichen Momenten sind alkoholische Exzesse
dreimal so selten bei den Juden zu verzeichnen als unter den NichtJuden;
dagegen war Geistesstörung im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Wochen-
bett und Säugegeschäft bei den Jüdinnen mehr als zweimal so häufig (3,9 Proz.
Gravidität, 12,1 Proz. Puerperium und 3 Proz. Laktation gegenüber 5, 5,1
und 2,1 Proz. bei NichtJuden). Allgemeine Paralyse der Irren wurde weniger
häufig beobachtet (10,8 Proz. der Aufnahme gegenüber 14,2 Proz. bei Nicht -
Juden). Im allgemeinen erwiesen sich die Juden als sehr unruhig. Di 1
Prognose ist bei ihnen weniger günstig zu stellen. Buschan-Stettin.
418. A. Mochi: Sulla antropologia degli arabi. Archiv, per Pantro
pologia 1907. XXXVII, p. 411—428.
Im Anschluß an eine anthropologische Studie des Dr. Gionanozzi übe]*
Schädel der Halbinsel Sinai veröffentlicht Mochi die Ergebnisse seine:
Messungen über sechs Araberschädel in dem anthropologischen Museum in
Florenz; die Hälfte von ihnen stammt aus Kairo, die Hälfte aus Tripolis. Dev
Schädelindex betrug 73,5 im Mittel. Mochi führt die Mehrzahl der Araber-
schädel auf berberischen Ursprung zurück. Dr. Oskar v. Hovorka-Wien.
419. Enno Littmann: Arabische Beduinenerzählungen* Bd. I: Ara-
bische Texte, 58 S. Bd. II: Übersetzung, 57 S. Mit 16 Abb.
Straßburg, K. J. Trübner, 1908.
Diese vom Verfasser auf seiner zweiten Reise nach Syrien 1904 bis 1905
gesammelten Erzählungen, die zum Teil biblische Stoffe wiedergeben, bieten
mancherlei Sittenbilder aus dem Beduinenleben. Gebräuche beim Kampf: dem
Sieger ziehen die Frauen mit Gesang und Tanz entgegen ; eine Urkunde über
Tributverpflichtung wird auf ein Stück Pferdesattel mit dem Blute der
Gefallenen geschrieben usf. Gastrecht: das Schutzrecht gegenüber dem Gaste
dauert 3Vs Tage nach der Speisung, weil dann erst die Speise als ganz ver-
daut gilt; Trauergebräuche usw. Messer Schmidt- Berlin.
420. Clermont-Ganneau: Traditions arabes au pays de Moab. Recueil
d'archeol. Orientale (Paris) 1907. Tome VIII, p. 28—34.
Die eigentümlichen Anschauungen und Praktiken mit bezug auf die Regen-
fälle, die sich bei den Arabern des Landes Moab finden, werden hier behandelt.
Es wird gezeigt, daß die verschiedenen Bezeichnungen des Regens astrono-
mischen Ursprungs sind: Plejaden-, Orion- (bzw. Zwillings-)» Hunds-, Fisch-
342 A. Referate. Ethnologie and Ethnographie.
Hegen usw. Diese Bezeichnungen gehen in sehr alte Zeit zurück: die
vorislamischen Araber schreiben gewissen Sternstellungen einen großen Einfluß
auf den Regen zu. — Um Regen herbeizuführen, fertigen die Frauen eine
Art Puppe an, die sie unter Gesängen umhertragen und „Mutter des Regens *
oder „Brautschleier" nennen. Messerschmidt-Berlin.
421. Clermont-Ganneau: Legendes snr Palouette. Rec. d'archlol.
Orient. (Paris) 1907. Tome VIII, p. 34—46.
Die Lerche wurde geschaffen, ehe die Erde und alle anderen Wesen
existierten. Als daher ihr Vater starb, konnte er nicht begraben werden, und
sie mußte ihn fünf Tage lang auf dem Kopfe tragen. Dann aber wurde ihr
die Last zu schwer, und sie begrub ihn in ihrem Kopfe. Daher rührt ihre
Haube. Diese Legende, obwohl griechisch überliefert, ist orientalischen Ur-
sprungs. In Indien wird sie in etwas anderer Form vom Wiedehopf erzählt.
Bei den Semiten speziell zeigen sich bis Jetzt nur geringe Spuren der Sage*
Die Phönixsage zeigt verwandte Züge. — Das Fleisch der Lerche gilt als
Heilmittel gegen Schmerzen der Eingeweide. — In einem Nachtrag weist
Verfasser auf eine Stelle eines altarabischen Dichters hin, wo sich, vielleicht
durch syrische Vermittelung, dieselbe Sage findet, nur daß der Wiedehopf
hier seine Mutter auf dem Kopfe trägt. Messerschmidt-Berlin.
422. A. Novosiltzew: Boljschezemeljskaja Tundra und das Polar*
meer (russ.). Zapiski po Gydrografii. Vipusk XXVIII. St Peters-
burg. 1907. S. 149—222.
Zu der recht spärlichen Literatur über die Samojeden ist jeder Beitrag
erfreulich. Der vorliegende Aufsatz ist eine ausführliche Beschreibung der
bisher wenig bekannten Boljschezemeljskaja Tundra (nordöstlicher Teil des
ausgedehnten Distrikts von Petschora), seinem Natur-, Tier- und Vogelreich
und seiner Bevölkerung: Russen, Siränen, Samojeden. Die wechselseitigen
Beziehungen der drei Völkerschaften, jede mit ihren abgesonderten Interessen,
die Kollisionen zwischen ihnen, die Renntierzucht der Samojeden, der Fisch-
fang, verschiedene Arten von Jagd zu Land und Wasser, die Erbeutung der
großen und kleinen Vertreter der Fauna, die gezwungenen Übersiedelungen
mit den Renntieren werden sehr ausführlich, mit neuen Angaben, beschrieben.
Religiöses Leben und einige Bräuche werden leider nur flüchtig gestreift.
Interessant sind jedoch die Anzeigen der Ortschaften, wo ehemals sich
„Götzen" (Verfasser begnügt sich mit dem üblichen und nichtssagenden Aus-
druck) der Samojeden und ihre Opferstätten befanden. Als Opfertiere er-
scheinen u. a. Katzen, die speziell dazu von den Russen erkauft und an eine
Tanne auf einem Berge gehängt werden; es ist ein Dankopfer und wird ex
voto vollzogen (S. 201 bis 202). Schamanen und Schamaninen haben auch
zurzeit Erfolg; die heiligen Trommeln sind auch nicht außer Brauch (S. 203).
Gelungene photographische Aufnahmen von Land und Leuten vervollständigen
die Beschreibung. Wera Charusin- Moskau.
423. A. Borissow: Bei den Samojeden* Von der Pinega Ms zum
Karischen Meer. Reiseskizzen eines Malers (russ.). 104 S.
St Petersburg, Devrien. (Jahr der Ausgabe nicht angegeben.)
Eingehende Schilderung seiner Reiseerlebnisse. Die erhabene Schönheit
des hohen Nordens hat den Verfasser seit seiner Kindheit angezogen. Das
Volk der Samojeden hat er nur als Erzähler, nicht als Forscher geschildert,
aber der Wahrheit gemäß, wie er es eben auf seinen Reisen kennen gelernt
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 343
hat. Dem Ethnographen ist von besonderem Interesse u. a.: 1. die Be-
schreibung zweier samojedischer Gräber (S. 91 bis 92). Grob zusammen-
gezimmerte hölzerne Eisten waren auf die Erde gestellt; daneben lagen
Renntierhörner, Schlitten, Axt. Der Inhalt der Gräber wurde von Borissow
untersucht. Der erste Tote lag angekleidet, mit dem Kopf in eine Bastmatte
eingewickelt; ihm waren Messer, Axt, Schöpfkelle, ein „Götze" beigegeben.
Im zweiten Grabe fand sich ein Einderleichnam, völligst in einen Lappen
eingewickelt; hier fehlten Beigaben. — 2. Borissow gelang es, den wichtig-
sten Wallfahrtsort der Samojeden zu besuchen. Er liegt auf der Insel
Waigatscb, jenseits des Chaj-Jaga — Gottesflusses (Chaj soll „Gott" heißen.
I z 8 1 a w i n l ) dagegen gibt für „ Gott " folgende Benennungen : N u m und
Ileumbarte — Schöpfer). Dort fanden sich unzählige „Götzen" gehäuft, von
denen einige mit Blut beschmiert waren, ferner unzählige Opfergaben:
Kenntier- und Bärenschädel, Äxte, Messer, Stücke von Ankern, Harpunen,
Ketten usw. Es waren auch frische »Stücke Opferfleisches zu bemerken —
Augen, Ohren und Lippen von Kenntieren (S. 93 bis 95). — 3. Borissow
behauptet, daß Menschenopfer noch stattfänden, und bringt Beispiele
dafür (S. 74 bis 75). Menschenopfer sollen dem Sjadjej gebracht werden.
Borissow erklärt: Sjadjej — Teufel. Wir finden aber bei Izslawin das
Wort sjade'i als Gattungsname: die sjade'i sind nach seinen Angaben hölzerne,
geschnitzte menschenähnliche Idole, von den Samojeden in den Wäldern, in
der Tundra und anderswo aufgestellt. Die sjade'i sind bei der Jagd behilf-
lich und werden mit Blut gefüttert; falls aber die Jagd unglücklich ausläuft,
werden die sjade'i mit Kuten bestraft 2 ). Fast dieselbe Benennung finden
wir bei den Lappen. Seidi hießen geheiligte Steine oder hölzerne Klötze,
denen geopfert wurde. Die Seidi der Lappen scheinen im Zusammenhang
mit Ahnenkultus gestanden zu haben 3 ). — 4. Borissow hat einen Samojeden
kennen gelernt, der den Kopf seines verstorbenen Vaters, einen „Tatibej"
(Schaman), auf allen seinen Reisen und Fahrten mitnahm. Er legte den
Kopf in sein Schlaflager und schlief darauf im Glauben, daß der Vater ihm
nützliche Ratschläge im Traum gäbe (S. 74). — 5. Eine ungünstige Meinung
spricht Borissow über die Märchen und Lieder der Samojeden aus (S. 62),
wie mir scheint, ohne Recht; ich möchte einmal an die samojedischen Märchen
in Gastrens „Vorlesungen" erinnern.
Von höchstem Interesse sind die beigegebenen prächtigen Illustrationen,
besonders die im Farbendruck. Die wunderbare Herrlichkeit der Natur, das
Volksleben sind von Künstlerhand aufgenommen. Wera Charusin-Moskau.
424. Frau Dina Jochelson-Brodsky: Zur Topographie des weib-
lichen Körpers nordwestsibirischer Völker. Arch. f. Anthrop.
1906. Bd. V, S. 1—58. Mit 14 Abb. im Text, 9 Tab., 4 Taf.
u. 1 Karte.
Die Verfasserin hatte als Mitglied der Jesup North Pacific-Expedition die
Gelegenheit, zahlreiche anthropologische Messungen auszuführen. Die Arbeit ent-
hält daher ein sehr wertvolles anthropologisches Material, zum Teil aus Gegenden,
aus denen uns nennenswerte Daten bisher gar nicht zur Verfügung standen.
Als Frau hatte sie in ausgedehnterem Maße die Möglichkeit, speziell Messungen
des weiblichen Körpers auszuführen, die allerdings, z. B. bei den Korjakinnen»
l ) Izslawin, Die Samojeden (russ.), 8t. Petersburg 1847, S. 109.
*) Izslawin, op. cit., S. 116—117. ,
*) Nicolai Charusin, Bussische Lappen (russ.), Moskau, 1890, S. 182 — 191.
344 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
noch mit großen Schwierigkeiten verbunden waren. Im ganzen wurden 720
Individuen (Korjaken, Tungusen, Jukagiren, Männer, Frauen und Kinder)
gemessen, darunter befinden sich 120 spezielle Frauenmessungen (Jukagirinnen,
Tungusinnen, Jakutinnen). Dieses kolossale Material kann natürlich in einem
Referate nicht wiedergegeben werden; es sei nur darauf hingewiesen, daß für
die Lehre der Geschlechtsunterschiede ein reichliches Material zum Studium
geboten ist. Auch für die rassenanatomische Stellung der nordostsibirischen
Völker finden sich wertvolle Belege, die durch eingehenden Vergleich mit den
Zahlen anderer Autoren über Eskimostämme, nordamerikanische Indianer,
mongolisch-türkische Völker usw. an Bedeutung gewinnen. Gerade für die
Frage nach den Beziehungen der Alten und Neuen Welt ist hier auch einmal
vom anthropologischen Standpunkt Stoff geliefert, auf den man noch häufig
zurückgreifen wird.
Wer sich für die Korrelationen der Körperteile und Kanon Studien inter-
essiert, wird die Arbeit mit Vorteil benutzen können. Die relative Armlänge
fand die Verfasserin bei Frauen kleiner als bei Männern; auch hält sie es
für fraglich, ob ein Zusammenhang zwischen relativer Armlänge und Körper-
größe besteht. Man wird also bei der Aufstellung weiblicher Kanons vor-
sichtig sein müssen, ein Umstand, auf den bereits (jiuffrida-Ruggeri auf-
merksam gemacht hat.
Eine systematische Übersicht des gesamten Zahlenmaterials am Schlüsse
der Arbeit sowie zahlreiche Kurven erleichtern die Übersicht erheblich.
M. Friedemann-Berlin.
425. M. Urstein: Ein Beitrag zur vergleichenden Psychiatrie.
Zentralbl. f. Nervenheilk. u. Psych. 1906, S. 629—637.
Bericht über psychiatrische Erfahrungen, die Verfasser in Zentralasien
an einem allerdings nur kleinen Material gesammelt hat. Er fand im all-
gemeinen die in Europa bekannten Formen, betont aber die geringe Mannig-
faltigkeit der Symptome, die geringe Tiefe der Depressionen und die geringe
Tendenz zum Selbstmorde — Erscheinungen, die wohl durch den allgemeinen
Tiefstand der Intelligenz zum Teil ihre Erklärung finden. Ätiologisch spielt
der Alkohol eine geringe Rolle, da es sich ja um Mohammedaner handelt.
Wenn auch Syphilis häufig sein soll, sind doch meta- und parasyphilitische
Erkrankungen sehr selten. Verfasser sieht interessanterweise einen Grund
dafür in der Eigenart des Klimas, der enormen trockenen Hitze, die zu
starker Verdunstung, profuser Schweißabsonderung führe und dadurch den
Körper von einer Menge von Giftstoffen befreie.
Dr. Warda-Blankehburg i. Tli.
426. Ole Olufsen: Samfärdsels- og Transportmidier i Indre- Asien.
Geografisk Tidskrift (Köbenhavn) 1907. Bd. XIX, p. 18—32.
Der dänische Pamirreisende Ole Olufsen schildert die Verkehrs- und
Transportmittel in Innerasien. Seit Jahrtausenden haben dieselben sich nur
wenig verändert; nur in den von den Russen besetzten Gegenden spielen
europäische Verkehrsmittel eine gewisse Rolle. Auf den Flüssen, die nur aus-
nahmsweise schiffbar sind, benutzen die Eingeborenen große Barken (gema),
die, aus Aprikosenholz gemacht, bis zu 30 m Länge und 4 m Breite haben
können, oder Flöße von aufgeblasenen Ziegen- oder Wolfsfellen. Besonders
schwierig sind immer die Flußübergänge, selbst über die Kanäle in den Oasen-
städten, wegen mangelnder oder schlechter Brücken. Ein persisches Sprich-
wort lautet: „Die Brücken stehen als Warnungszeichen da, daß man sie nicht
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 345
passieren darf." Die Eingeborenen reiten immer. In den Ebenen ist das
Eamel das wichtigste Lasttier; in den mittleren Berghöhen bleibt auch das
Pferd als Lasttier sehr wichtig, wogegen man in den höheren Berggegenden
nur den Yak benutzen kann, der als Tagesmarsch in luftdünnen Schichten
(4000 m ü. d. M.) mit einem Gepäck von 100 kg über 80 km zurückzulegen
vermag. Der Esel ist das Reit- und Lasttier der Armen. Als Wagen benutzt
man vom Schwarzen Meere an bis in die Mongolei hinein die zweiräderige
sogenannte „Arba", die 2 bis 27»ni hohe Räder, zwei Wagenstängen und
immer nur ein Pferd erfordert. Die Radfelge ist aus einer gebogenen Holz-
stange gemacht, und häufig dreht die Wagenachse sich mit herum.
H. P. Steensby-Kopenhagen.
427. Gruenhagen: Die Grundlagen der chinesischen Medizin. Janus,
Archives internat. pour Thist de la med. 1908. Annee XIII,
S. 1—14, 121—137, 191—205, 268, 328—337.
Verfasser stellt an der Hand des aus dem Jahre 1742 stammenden
Werkes i' tsung 1 chiu 1 chieu 4 (frei übersetzt: „Auf allerhöchsten Befehl ver-
öffentlichte Zusammenstellung der medizinischen Wahrheiten") die Grund-
linien der philosophisch-medizinischen Theorie der Chinesen dar, die er durch
Mitteilungen von Ärzten, Gelehrten und Laien noch ergänzt hat. Bezüglich
der philologischen Kritik auf diesem Gebiet ist Referent nicht authentisch.
Was indes die Realien betrifft, so entsprechen die vom Verfasser dargestellten
Theorien der Art und dem Wert nach den bisher bekannten philosophischen
und medizinischen Anschauungen der Chinesen, so daß man hieraus rück-
schließend wohl eine ziemlich exakte Auffassung des chinesischen Originals
durch den Verfasser annehmen darf. Das auf astrologischen, meteorologischen
und metaphysischen Grundlagen beruhende System, wie es in dem genannten
Werke dargestellt ist, ist wegen seiner Kompliziertheit zu kurzem Referat
ungeeignet, *s muß deshalb auf das Original verwiesen werden. Immerhin
haben wir — die genaue Übersetzung der Termini technici vorausgesetzt —
in dieser Arbeit zum ersten Male die vollständige Darstellung eines medi-
zinischen Systems der Chinesen, für die wir Verfasser dankbar sein können.
Dieses System charakterisiert sich als ein ätiologisch-symptomatisches: es werden
die aus philosophischen, astrologischen und meteorologischen Daten kon-
struierten Ursachen und die daraus entstehenden körperlichen Symptome
dargestellt, und aus der Gruppierung dieser Ursachen und Symptome wird
mit eiserner Konsequenz deduktiven Denkens ein theoretisch konstruiertes
System von Symptomenkomplexen gewonnen, welch letztere sich natürlich
teilweise mit Krankheitsbegriffen der westlichen Wissenschaft decken. Wenn
dieses System, das noch heute maßgebend sein soll, auch entschieden einen
tiefen Einfluß auf die Ausübung der Heilkunde in China haben mag, so wird
doch gewiß die Praxis weit über Theorien hinausgehende Erfahrungen beim
einzelnen Arzte zeitigen, wie sie es bei uns nicht nur in der 'scholastischen
Periode der Medizin getan hat, sondern auch noch heute in der Zeit der
naturwissenschaftlich -experimentellen Heilkunde tut: so sind gerade die
chinesischen Ärzte wegen ihrer großen praktischen Erfahrung bekannt.
Hieraus ergibt sich die weise Notwendigkeit, daß man heute, wo man europäische
Heilkunde und Hygiene in China einzuführen gedenkt, dies nur mit pietät-
voller Rücksicht und auf dem Boden der Jahrtausende alten Kultur und der
praktischen Erfahrungen des Volkes selbst tun darf. Es ist ein Verdienst
des Verfassers, selbst auch diesen Punkt praktischer Anthropologie wenigstens
angedeutet zu haben. Zum Schlüsse geben wir dem Wunsch Ausdruck,
346 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Verfasser möge bald eine kritische Ausgabe des Originals und eine Über-
setzung bewerkstelligen. H. Läufer- SchJuchsee und Luxor.
428. Gerichtliche Medizin der Chinesen von Wang-in-Hoai. Nach
der holländischen Übersetzung von H. C. F. M. de Grys, heraus-
gegeben von Dr. H. Breitenstein. 174 S. Leipzig, Th. Grieben,
1908.
Die vorliegende „Gerichtliche Medizin u blickt auf ein altehrwürdiges
Alter zurück; sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde während der
Regierung des Kaisers Sun-yu (1241 bis 1255) verfaßt, demnach 300 Jahre
früher als das erste Buch über gerichtliche Medizin in Europa erschien.
Trotz seines hohen Alters wird das Buch noch heute von den chinesischen
Gerichtsbeamten zu Kate gezogen. Wie die Rechtspflege beschaffen sein
muß, welche ihr Recht auf Grund eines solchen „Codex" zu sprechen be-
müßigt ist, erkennt man an einigen Stichproben; so wird z. B. die Bluts-
verwandtschaft zweier Personen durch zwei Tropfen ihres Blutes festgestellt,
welche ins Wasser fallen und sich vereinigen. An der Farbe des Scham-
beines kann man erkennen, ob eine Frau während ihres ganzen Lebens nur
mit einem einzigen Manne Umgang hatte. Unter 70 bis 80 Beschuldigten
wird jener als Mörder herausgefunden und bezeichnet, auf dessen Sichel
sich Fliegen befinden. Eine grenzenlose Naivität bei der Beurteilung
pathologischer Zustände spricht aus den meisten Kapiteln der chinesischen
gerichtlichen Medizin, so z. B. Untersuchung der Leiche einer Frau oder
Jungfrau, Untersuchung einer verfaulten Leiche, Untersuchung von Kindern,
Totschlag, allgemeine Betrachtungen über die Wunden einer Leiche. Inter-
essant für die Erkenntnis der chinesischen Therapie ist der letzte Teil des
Buches, in welchem die Behandlung von Selbstmordversuchen, Verletzungen,
Bissen von wütenden Tieren und giftigen Schlangen, von verschiedenen Ver-
giftungen besprochen wird. Die Vorrede stammt aus dem Jahre 1796.
Dr. Oskar von Hovorka - Wien.
429. H. F. Minkema: Onderzoek naar de gehoorscherpte van In-
länders. Geneeskundig Tijdschrift voor Nederl. Indie 1908.
DelXLVIII, p. 352 ff.
Das Gehör wurde bei 115 Japanern untersucht und zwar mit Flüster-
stimme, Stimmgabel und Galtonpfeife. Das Resultat war, daß sich keine
Unterschiede gegenüber Europäern zeigten. J. H. F. Kohlbrugge-Utrecht
430. Edw. Anthony Spitzka: Preliminary note on the brains of
natives of the Andaman and Nicobar Islands. Proceed. Amer.
Philos. Society 1908. Vol. XLVII, p. 51 ff.
Verfasser gibt nach einem kurzen Bericht über die anthropologische
Stellung der Andamanen und Nikobaren, die nicht auf eigenen Untersuchungen
beruhen, eine sehr kurz gehaltene Beschreibung eines Andamanen- und eines
Nikobaren gehiras. Das Gewicht wurde erst nach der Härtung bestimmt,
alle Maße wurden erst nach der Härtung genommen. Verfasser bringt über-
haupt nur Maßzahlen, verspricht aber eine mehr ausführliche Beschreibung.
Referent ist der Auffassung, daß alle Gewichtsbestimmungen und alle Maße,
sofern sie am gehärteten Gehirn genommen wurden, wertlos sind.
/. H. F. Kohlbrugge-Utrecht
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 347
431. William Thalbitzer : Eskimokulturen ved Angmagssalik (Am-
massalik). Geografisk Tidskrift (Köbenhavn) 1907. Bd. XIX,
p. 56—69.
Der dänische Sprachforscher und Ethnolog William Thalbitzer, dessen
verdienstvolle Arbeit: „A phonetical study of the Eskimo language (Copen-
hagen 1904)" bekannt ist, hat sich 1905 bis 1906 an der dänischen Missions-
station Angmagssalik an der Ostkflste Grönlands (65 1 / a °n. Br.) aufgehalten.
Die Schreibweise Ammassalik zieht Thalbitzer aus phonetischen Gründen
vor, die andere ist aber durchgedrungen und offiziell geworden; sie kommt
übrigens vom eskimoischen Namen des naheliegenden Fjords. Die hier
wohnenden Eskimos wurden 1884 von Gustav Holm entdeckt, der darauf
1894 die jetzige Handels- und Missionsstation einrichtete. Dieser kleine
Angmags8alikstamm (kaum 500 Personen) ist auch dadurch besonders inter-
essant, daß er sich des neuen europäischen Einflusses wegen in einer Um-
formung befindet. Verfasser weist nach, wie diese Beeinflussung teils direkt,
teils mehr indirekt vor sich geht. Direkt von der Station haben die Angmags-
saliker Gewehre, Pulver, Streichhölzer, Seife, Farbstoffe, Eisenwaren, Zeug-
waren, Tabak, Erbsen und Roggenmehl erhalten. Durch Handelsreisen an
die Westküste erwarben sie doch schon vor 1894 in geringen Mengen diese
Waren. Trotzdem man den Verkauf verschiedener Sachen (besonders von
Spiritus, dessen verwerfliche Folgen für die Kultur und Moral dieser Natur-
kinder von der Westküste her bekannt waren) ganz verboten hat, wirken die
Neuerungen nicht alle durchaus heilbringend. Die Anwendung europäischer
Zeugstoffe an Stelle von Tierfellen als Kleidung hat zwar die Erkältungskrank-
heiten, aber nicht die Reinlichkeit vermehrt. Als eine Neuerung, die ohne
irgendeine unheilvolle Nebenwirkung praktisch förderlich auf die Jagdkultur
gewesen ist, muß man die Skis (Schneeschuhe) nennen. Der mehr indirekte Weg
für die kulturelle Umgestaltung geht über Westgrönland. Die Westgrönländer,
die schon lange Verbindungen mit den bewunderten, mächtigen Europäern
unterhalten haben, bedeuten für die Ostgrönländer in Angmagssalik ein nach-
ahmenswertes Kulturvolk. Die westgrönländischen Formen der Geräte usw.
werden „Mode" in Ostgrönland. Zum Beispiel hatte der Kajak der Angmags-
saliker ursprünglich einen aufgerichteten Hintersteven ; jetzt baut man nur
Kajaks, die hinten ganz gerade wie diejenigen der Westgrönländer auslaufen.
Der Verfasser weist nach, wie diese Umgestaltung auch in der Denkweise vor
sich geht, und wie ihr erstes Resultat eine gewisse Scham und Unsicherheit
den alten Traditionen und Glaubensvorstellungen gegenüber wird. Man kann
hier beobachten, wie neue Vorstellungen sich einschleichen und auf den
alten Glauben auflösend einwirken. Der Missionar braucht nicht energisch
vorzugehen. Die alten heidnischen Gebräuche fallen von selbst, so die
Trommelgesänge und die Anbetung der getöteten Tiere. Die Angakoks
(Schamane) sterben aus. Eine feste Neubildung ist noch kaum zu spüren.
— Zum Schlüsse möge noch erwähnt werden, daß Thalbitzer das Glück
hatte, mehr als 1000 Wörter der „heiligen Sprache" der Angakoks auf-
zuzeichnen. Von der Westküste kennt man nur ungefähr 20, die schon im
18. Jahrhundert von Egede und Fabricius gesammelt wurden, und von
Baffinsland hat Franz Boas nur ebenso viele aufgezeichnet.
H. P. Steensby -Kopenhagen.
432. Theodor Koch -Grünberg: Zwei Jahre unter den Indianern.
Reisen in Nordwestbrasilien 1903 bis 1905. 2 Bände vou 24 Liefe-
rungen, mit über 400 Abbildungen, etwa 20 Extrablättern in
348 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
Lichtdruck und mehreren Karten. Berlin, Ernst Wasrauth A.-G^
1908. (1. Lieferung 0,75 JC.)
Ein Werk über eine südamerikanische Forschungsreise, die lediglich zum
Studium der Indianer unternommen ist, ist ein seltenes Ereignis und verdient
um so mehr die Aufmerksamkeit der Ethnologen, als es sich um ein bisher so
gut wie unbekanntes Gebiet handelt, nämlich um die Gegend des oberen Rio
Negro und Yapura, und die lange Dauer der Studien eine verhältnismäßig
gründliche ethnographische Untersuchung dieser weiten Kegionen verspricht.
So sei denn bereits jetzt auf die soeben erschienene erste Lieferung des Werkes
mit dem Bemerken hingewiesen, daß schon die zahlreichen bisherigen Ver-
öffentlichungen Kochs Über die Reise (Anfänge der Kunst im Urwald 1905;
Indianertypen aus dem Amazonasgebiete, Lieferung I bis III 1906 bis 1908;
Südamerikanische Felszeichnungen 1 907, sowie Arbeiten in wissenschaftlichen
Zeitschriften) wiederum eine bedeutende Erweiterung unserer Kenntnisse über
südamerikanische Indianer in diesem Buche erwarten lassen, wie auch das
intime Zusammenleben mit den noch ganz ursprünglichen Indianern reizvolle
Schilderungen in Aussicht stellt, deren Eindruck durch schöne Reproduktionen
nach den wohlgelungenen Aufnahmen des Verfassers unterstützt wird. Nach
dem Prospekt zu urteilen, ist das schwerflüssige Material, z. B. Wörterver-
zeichnisse, Wetterbeobachtungen usw. in den Anhang aufgenommen und die
Darstellung überhaupt dem allgemeinen Verständnis angepaßt, ohne etwa den
sich heute breit machenden Reise werken zu ähneln, die außer persönlichen
Erlebnissen nichts zu bringen sich bemühen. Wir erlangen vielmehr einen
Einblick in die materielle wie geistige Kultur, z. B. in den Sinn der wunder-
lichen Maskentänze und vieles andere. K. Th. Preuss- Steglitz (Berlin).
433. Gustav v. Königswald: Die Botokuden in Südbrasilien. Globus
1908, Bd. XCIII, Nr. 3, S. 37-43.
Der Aufsatz handelt von den sogenannten „Bugres" Südbrasiliens, die
von ihren indianischen Nachbarn „Schokleng" oder „Schokren" genannt
werden , deren wirklichen Namen man aber bis heute nicht kennt Auch
über ihre sprachliche Zugehörigkeit kann man noch nichts Bestimmtes sagen,
da es bisher leider nicht gelungen oder versäumt ist, Aufzeichnungen von
ihrer Sprache zu machen. Jedenfalls scheinen sie keine 6 es zu sein, wie
man früher annahm. Der Name „Botokuden", mit dem diese Indianer
wegen ihrer zierlichen Lippenpflöcke auch von den Ansiedlern bezeichnet
werden, ist vom Verfasser unglücklich gewählt, da er zur Verwechslung mit
den eigentlichen Botokuden, den alten Aimore in Espiritu Santo, führen
kann.
Die Bugres stellen den kläglichen Rest der unabhängigen Indianer-
bevölkerung Südbrasiliens dar und leben in der geringen Zahl von wenigen
100 Seelen in einem auf der Grenze zwischen Parana und St. Catharina ge-
legenen waldreichen Gebiet. Mit den Weißen unterhalten sie einen fort-
gesetzten Rachekrieg, der von beiden Seiten mit zäher Erbitterung und un-
erhörter Grausamkeit geführt wird. Daher ist es auch trotz mehrfacher
Bemühungen bisher nicht gelungen, in friedliche Beziehungen zu' diesen
Indianern zu treten.
Die Ausführungen des Verfassers über ihr Leben und Treiben, ihre
Fehden und Jagdzüge beruhen, neben eigenen langjährigen Erfahrungen, in
der Hauptsache auf Schilderungen der Grenzansiedler und der sogenannten
„Bugreiros", roher Gesellen, die sich die Vernichtung der Bugres zur Lebens-
aufgabe gemacht haben. Die Waffen dieser Indianer, die uns der Verfasser
A. Referate. Ethnologie und Ethnographie. 349
in eigenen Handzeichnungen nach Originalen aus seiner Privatsammlung vor-
führt, sind sehr einfach, aber zweckentsprechend gearbeitet Die gewaltigen
Bogen deuten auf die außergewöhnliche Körperstärke ihrer Träger hin. Die
langen befiederten Pfeile sind je nach ihrer Bestimmung verschieden bewehrt.
Sie zeigen entweder aus gestohlenem Eisen gehämmerte, doppeltschneidige
Spitzen oder einseitig mit Widerhaken versehene Holzspitzen oder stark
konisch verlaufende, dicke, stumpfe Köpfe zur Vogeljagd und zum Herab-
schießen der Araukarienzapfen, deren fleischige Kerne ein beliebtes Nahrungs-
mittel bilden. Außerdem gebrauchen sie schwere Holzkeulen, Lanzen mit
breiten Eisenspitzen und zweikugelige ßolas. Zur Jagd auf größeres Wild
und zum Schutz gegen Feinde dienen mit spitzen Pfählen versehene, tiefe
Fallgruben, Fußangeln, verschiedenartige Fallen und Schlingen. Kanus be-
sitzen sie nicht, wohl aber kleine, gut tragende Flöße aus drei Bündeln Taquara-
halmen, die sie rittlings benutzen. Mit der Ansicht des Verfassers, der
darin eine wohlberechnete Taktik erblickt, „indem sich die Wilden dadurch
nicht der Gefahr aussetzen, daß die Kanus von ihren Feinden genommen und
zu ihrer eigenen Verfolgung benutzt werden können", kann ich nicht über-
einstimmen, zumal es in Südamerika eine große Anzahl primitiver Stämme
gibt, die das Kanu nicht kennen. Die Töpferei und Flechterei stehen bei
den Bugres auf niedriger Stufe.
Für sehr gewagt halte ich es, wenn Verfasser zum Schluß die Bugres
mit den alten Carijos, den späteren Guarani, identifiziert, weil beide Völker
im Gebrauch von Lippenpflöcken, Bogen, Pfeil und Keulen, Fallgruben und
und Fußangelgruben und in der grausamen Kriegsführung übereinstimmen.
Die Zugehörigkeit der Bugres bleibt vielmehr nach wie vor dunkel, und an-
statt des Porträts eines Bugrejungen im ungefähren Alter von neun Jahren
(S. 39, Abb. 1), einer übrigens charakteristischen Kreidezeichnung, wären ein
paar Worte aus dem Munde dieses „aufgeweckten Knaben** erwünschter ge-
wesen. Dr. Koch-Grünberg-Nikolassee (Berlin).
434. Rivet: Les indiens Jibaros, etude geographique, historique et
ethnographique* L'Anthropologie 1907. Tome XVIII, p. 333
—368.
Die Jibaros, im Laufe der Jahrhunderte (durch innere Fehden, Trunk-
sucht, ansteckende Krankheiten u. dgl.) von ungefähr 500000 auf 20000
Köpfe zusammengeschmolzen, sind echte Indianer von mittlerem, aber kräfti-
gem Wuchs, hellbrauner Haut, schwarzem, straffem Haar mit fehlendem Bart-
wuchs, rundlichem Schädel (mittlerer Index 83) und breitem Gesicht. Sie
sind sehr freiheitliebend, der Gesittung wenig zugänglich und wohnen west-
lich der Anden, hauptsächlich zwischen Pastaza und Amazonenstrom. (Wird
fortgesetzt.) Ludwig Wilser-Heidelberg.
435. Rudolf Pöch: Rassenhygienische und ärztliche Beobachtungen
aus Neuguinea. Archiv für Rassen- und Gesellschafts-ßiologie
1908. Jahrg. V, Heft 1, S. 46—66.
Verfasser berichtet über einige Untersuchungen, die er während seiner
bekannten Forschungsreise nach Neuguinea an Papuas und Melanesiern in
ärztlicher Hinsicht anzustellen Gelegenheit hatte. Von einer ganzen Anzahl
bei uns einheimischer Krankheiten findet sich in Neuguinea nichts, so Ton
Syphilis (mit Ausnahme da, wo sie von Europäern eingeschleppt ist), Masern,
Scharlach, Diphtherie, Typhus, Gicht, Diabetes. Ebenso fehlt der Alkoho-
lismus. Tuberkulose konnte der Verfasser einige Male feststellen; er glaubt
350 A. Referate. Ethnologie und Ethnographie.
aber nicht, daß sie häufig ist. Danach wären die Papuas von drei unserer
größten Volksübel, Syphilis, Alkoholismus, Tuberkulose ziemlich frei. Trots-
dem ist der Gesundheitszustand kein idealer. Die Malaria bedingt eine große
Kindersterblichkeit, während bei Erwachsenen in Übereinstimmung mit
Robert Kochs bekannten Forschungen Immunität besteht Von venerischen
Krankheiten kommen Framboesie und das venerische Granulom vor. Sehr
häufig sind Bronchitiden, Pneumonie und Pleuritiden. Ob sich bei letzteren
nicht viele tuberkulöser Natur finden, gibt der Verfasser allerdings nicht an.
Auch der Rheumatismus ist ein häufiges Übel, was bei der sonstigen Ab-
härtung (die Eingeborenen tragen noch wenig Kleider) Wunder nimmt. Mit
Recht beklagt der Verfasser die Einführung der Kleider, zumal sie von den
Eingeborenen meist nur als Schmuck verwendet werden. In Britisch -Neu-
guinea sucht die Regierung erfreulicherweise dem Gebrauch der Kleider
entgegenzuwirken. — Rhachitis kommt vor, ebenso wie Lepra. Carcinom hat
der Verfasser nie beobachtet, obwohl sich darüber in der Literatur Angaben
finden. Nervöse Leiden fehlen nicht, doch sind die Angaben Pöchs darüber
nur 8 ehr fragmentarisch. Außerdem finden sich eine ganze Anzahl tropischer
Leiden; auch Elephantiasis ist häufig zu beobachten.
Bei der Nahrung überwiegt an den meisten Stellen die vegetabilische.
Es ist interessant, daß sich hier dann gemäß der B ungesehen Theorie großer
Salzhunger findet, während z. B. die Kaja-Kaja (Tuglis), welche in wildreicher
Gegend leben, kein Salz gebrauchen. Das Salz wird aus dem Meere ge-
wonnen. Kannibalismus findet sich häufig. Als Genußmittel kommt Tabak
(der von den Eingeborenen gebaute wird von dem virginischen Stangentabak
verdrängt), Betel und Kawa vor.
Verfasser bespricht des näheren die sexuellen Verhältnisse, wie Ehe,
Leben der Junggesellen, totemistische Einflüsse auf die Ehe usw. Von Per-
versitäten findet sich häufiger Päderastie (Gazelle-Halbinsel), was nach des
Verfassers Ansicht mit dem Umstand zusammenhängt, daß die Weiber von
den älteren Männern in Anspruch genommen werden. Eheliche Untreue wird
stark bestraft, doch kommt es vor, daß die Männer ihre Frauen anbieten
(Jassi-Jassi). Abtreibung scheint häufig zu sein. Die Frauen säugen ihre
Kinder lange, manchmal zwei Kinder zugleich. Auffallend war das Fehlen
von Zahnkaries, wofür der Verfasser aus Deutsch- und Britisch - Neuguinea,
Neupommern und Neumecklenburg, den Salomons-, Admiralitäts- und den
französischen Inseln Beispiele gibt. In Neusüd wales konnte sich dagegen der
Verfasser bei rassereinen Australiern von dem Gegenteile überzeugen.
Von der Eingeborenenmedizin berichtet der Verfasser weniges. Dem
Feuer wird große Heilkraft zugeschrieben. Skarifikation wird auch hier
häufig ausgeübt Dagegen fand der Verfasser an der Nordostküste von
Britisch-Neuguinea die Eingeborenen einem Beinbruche gegenüber vollkommen
hilflos. Friedemann-Berlin.
436. Theodore C. Riggs: Eine vergleichende Studie über die Becken
yon Weißen und Negern mit Berücksichtigung der Größe des
Kindes und ihre Beziehung zur Kindeslage und zum Geburts-
verlauf der beiden Rassen. Zentralblatt für Gynäkol. 1905,
Bd. XXIX, Nr. 16, S. 486—489.
Vorläufige Ergebnisse einer größeren Arbeit, die in Bd. XII der John
Hopkins Hosp. Reports seitdem erschienen ist. Zur Untersuchung lagen
1500 Fälle und zwar 51,93 Proz. (779 Fälle) weiße und 48,06 Proz. (771 Fälle)
schwarze Frauen vor. Die Reihenfolge in der Häufigkeit der vier Becken-
A. Referate. Urgeschichte. 351
typen ist bei den Weißen normales, allgemein verengtes, einfach plattes
(3,33 Proz.) und rhachitisches (1,28 Proz.), bei den Schwarzen normales, all-
gemein verengtes, rhachitisches (9,70 Proz.) und einfach plattes (1,94 Proz.)
Becken. Das Becken der Weißen ist niedrig und breit im Vergleich zu dem
engeren und relativ tieferen Becken der schwarzen Rasse. Verengte Becken
kommen bei den Negern 3,74 mal häufiger vor als bei den Weißen (9,25 Proz.
zu 34,82 Proz.). Die Geburtsdauer ist länger bei den Negern als bei den
Weißen. Bei jenen gibt es einen geringeren Prozentsatz von Schädellagen
und einen höheren an Spontangeburten als bei diesen. Weiße Kinder sind
länger (um 1,5 cm im Durchschnitt) und schwerer (um 200 g) sowie etwas
größer (am einige Millimeter) in den Kopfmaßen als schwarze. Im übrigen
stellte Verfasser noch fest, daß Kinder von Mehrgebärenden größer als von
Erstgebärenden sind, ebenso Kinder von Frauen mit normalem Becken größer
als solche, bei denen das Becken verengt ist; ferner, daß die Beschäftigung
und Umgebung der Mutter während der Schwangerschaft die Größe des
Kindes bedeutend beeinflußt, daß es aber kein bestimmtes Gesetz gibt, welches
das Verhältnis der Größe des Kindes zu der Größe des mütterlichen Beckens
regelt. Schließlich sei noch erwähnt, daß das Verhältnis von männlichen zu
weiblichen Geburten um so größer ausfällt, je höher der Rassegrad der be-
treffenden Mutter ist (für Weiße 100 Mädchen zu 109,4 Knaben, für Schwarze
100 : 101,1). Buschan- Stettin.
IV. Urgeschichte.
Allgemeines.
437. Rudolf Hermann: Karies bei Mastodon. Anatom. Anz. 1908.
Bd. XXXII, S. 305—313; 4 Abb., 1 Taf.
Die auch in das Gebiet der Archäologie hinüberspielende Frage nach
dem Vorkommen und der Entstehungsursache hohler Zähne bei fossilen und
lebenden Tieren, welche Verfasser bereits in zwei früheren Mitteilungen (vgl.
dieses Zentralblatt 1908, S. 133) besprochen hatte, erfährt in dieser neuen
Mitteilung eine weitere Förderung. Es war Herrn Dr. Stremme gelungen,
in der Berliner paläontologischen Sammlung einen hohlen Mastodonzahn
aufzufinden, und dem Verfasser (nicht Herrn Stremme, wie in meinem
früheren Referate mißverständlicherweise gesagt war) ist der Nachweis ge-
glückt, daß hier Karies als Ursache anzusehen ist; die schon früher mitgeteilten,
diesmal mehr ausgeführten Deduktionen des Verfassers, sowie der neuen, im
Gegensatz zu den früheren sehr klaren Abbildungen weisen dies Überzeugend
nach. Außer einer von Miller allerdings angezweifelten Beobachtung von
Busch (1891) an einem Unterkieferzahn vom Pottwal und einer Mitteilung
von Miller (1893) über kariöse Molaren von Manatus senegalensis ist
dieses die einzige bisher vorhandene Angabe über das Vorkommen von
Karies bei einem wildlebenden Tiere; die übrigen Fälle betreffen Haus- oder
Menagerietiere oder sind zu unbestimmt gehalten. Von besonderem Interesse
ist dieser Fall auch dadurch, daß er das Vorkommen von Karies bereits in
geologischer Vorzeit beweist. P. Bartels-Berlin.
438. Robert Coltman Clephan: On terracotta lamps. Proceed. Soc.
of antiqu. of Scotland 1907. Vol. XLI, p. 34—64.
Eine durch 23 Abbildungen illustrierte Studie über die Entwickelung
der tönernen Lampe im Altertum. Die Erfindung der Lampe schreibt der
352 A. Referate. Urgeschichte.
Verfasser, der gewöhnlichen Auffassung folgend, den Ägyptern zu. Es ist
ihm dabei entgangen, daß schon in den französischen Höhlenwohnungen der
Renntierzeit ausgehöhlte Steine gefunden worden sind, deren Form und
Inhalt — Rückstände von verbranntem Fett — über ihre Bestimmung als
Lampen keinen Zweifel lassen. H. Seger-Breslau.
439. M. Much: Vorgeschichtliche Nähr- und Nutzpflanzen Europas»
Mitteil. d. anthropol. Gesellschaft in Wien 1908. Bd. XXXVIII,
S. 195 ff.
In der im wesentlichen auf den von Heer, Buschan, Neuweiler und
Hoops festgestellten Tatsachen fußenden Arbeit kommt der Verfasser zu
folgenden Resultaten: Die in Europa einheimischen Nutzpflanzen wurden durch
die Eiszeiten nicht vernichtet, sondern nur zurückgedrängt und konnten sich
nach der letzten Eiszeit von ihren Refugien aus wieder verbreiten. Schon
in der Solutree- Periode benutzten die Menschen wilden Weizen und Gerste
als Nahrung. In der neolithischen Zeit gab es in Europa schon vier Weizen-
arten, von denen zwei im Orient und in Ägypten unbekannt sind, wogegen
die dort hauptsächlich gebauten Weizenarten in Europa nicht vorkommen.
Ebenso ist die im Orient vorzugsweise gebaute vierzeilige Gerste Europa
fremd, wo in neolithischer Zeit hauptsächlich die sechszeilige, vereinzelt auch
die zweizeilige Gerste Verwendung fand. Die Ackerunkräuter weisen auf
die Küstenländer des Mittel meeres hin. Die damals in Europa gebaute
Kolbenhirse hat in Europa selbst eine wilde Stammform. Diese und die
spätere Rispenhirse fehlen im Orient und in Ägypten. Auch der kultivierte
Buchweizen stammt von einer europäischen Wildform ab. Dasselbe gilt von
Linse und Erbse, welch letztere den Ägyptern und Hebräern fremd war. Die
Wassernuß ist schon seit der Tertiärzeit in Europa heimisch. Der Mohn, der
Ägypten und Palästina fremd ist, stammt wahrscheinlich vom wilden Feld-
mohn. Die europäischen Obstarten waren den Ägyptern und Semiten nicht
bekannt. Pfirsich und Aprikose sind wahrscheinlich Züchtungsergebnisse der
Indogermanen Mittelasiens. Der kultivierte Apfel und die Birne entwickelten
sich wahrscheinlich aus einheimischen wilden Arten. Beide waren im Orient
unbekannt. Die Walnuß war in Frankreich schon in paläolithischer Zeit
einheimisch. Der prähistorische Lein Europas gehörte verschiedenen Arten an»
die von einer auch in Mitteleuropa verbreiteten Urform stammen. Der euro-
päische Lein unterschied sich wesentlich vom ägyptischen und orientalischen*
Läßt sich so für fast alle älteren Nutzpflanzen Europas nachweisen, daß
sie nicht aus dem Orient stammen, so wird die Annahme einer selbständigen
Entwickelung der europäischen Landwirtschaft auch noch dadurch bekräftigt,
daß die beim europäischen Ackerbau vorkommenden Geräte und Gebräuche
anders geartet sind und waren als die des Orientes.
Much schließt seine Studie mit der Aufforderung: „Habe ich geirrt,
widerlege man mich, nicht mit Worten, sondern mit Tatsachen. u Es ist
kaum anzunehmen, daß ein solcher Versuch zu einem glücklichen Ergebnisse
führen würde. Dr. Kraitschek-Wien.
440. Robert Munro: Les stations lacustres d'Europe aux äges de la
pierre et du bronze (Lake Dwellings — Pfahlbauten — Palafitti).
Edition fran9aise par le docteur Paul Rodet. Avec 81 fig. dans
le texte, 35 planches et un frontispice. 294 S. Paris, Libr.
C. Reinwald (Schleicher freres), 1908.
A. Referate. Urgeschichte. 353
Mit großer Freude wird man es begrüßen, daß Rodet die bereits kurz
nach dem Erscheinen vergriffen gewesene englische Originalausgabe in das
im allgemeinen verständlichere Französisch übertragen und durch eine Anzahl
Zusätze den neuesten Forschungen angepaßt hat. Die Übersetzung ist meines
Erachtens gut gelungen; der Text liest sich leicht und ist durchwegs ver-
ständlich.
Das ganze Werk ist nach Art eines allerdings recht ausführlichen Kata-
loges angelegt; es werden nur die nackten Tatsachen mitgeteilt, der Reflexionen
über dieselben enthält sich der Verfasser. In übersichtlicher Darstellung hat
Munro alle aus der Literatur ihm bekannt gewordenen Fundstätten stein-
und bronzezeitlicher Pfahlbauten aus ganz Europa samt ihren wichtigen
Fundstücken zusammengetragen und durch zahlreiche Abbildungen — ich
schätze gegen 2000, die sich auf 35 Tafeln und 82 Textabbildungen, ein-
schließlich Situationsplänen verteilen — belegt In Kapitel I (S. 9 bis 99)
behandelt er die Pfahlbauten der Westschweiz, in II (S. 100 bis 125) die
Frankreichs, in III (S. 126 bis 188) die der Ostschweiz, des Donautales
(Bayern, Salzkammergut, Ungarn), Kärntens und Bosniens und in IV (S. 189
bis 230) die Italiens. Hieran schließt er im V. Kapitel (S. 230 bis 283) eine
zusammenfassende Darstellung der Kultur der Pfahlbauern in den angegebenen
Perioden, wobei er auch eine Übersicht der Bronzeanalysen mitteilt, und läßt
sich zum Schluß (S. 285 bis 287) ganz kurz über die mutmaßliche Herkunft
derselben aus. Hier äußert er meiner Auffassung nach ganz veraltete An-
sichten. Er nimmt an, daß die neolithische Kultur aus dem Orient stammte
und mit der Einwanderung der von hier in Europa ankommenden Völker
vom Schwarzen Meere und den Mittelmeergestaden aus längs der Donau bis
in das Herz unseres Kontinentes sich ausbreitete. Die Entstehung der bronze-
zeit liehen Pfahlbauten führt er in gleicher Weise auf eine östliche Einwande-
rung zurück. Leider motiviert er diese seine Auffassung nicht näher.
Es ist für eine spätere Auflage dieses den Prähistorikern gewiß wert-
vollen Buches zu wünschen, daß Verfasser seine Darstellung durch Hinzu-
fügung der einschlägigen Literatur vervollständigt, was ohne Zweifel seinen
Wert noch erhöhen dürfte. Buschan- Stettin.
441. Wilke: Vorgeschichtliche Beziehungen zwischen Kaukasus
und dem unteren Donaugebiete« Ein Beitrag zum Arierproblem.
Mitteilung der anthropologischen Gesellschaft in Wien 1908.
Bd. XXXVIII, S. 136 ff.
Die vorliegende Abhandlung ist eine Ergänzung einer in der Zeitschrift
für Ethnologie 1904, Heft 1 erschienenen Arbeit, in der Wilke eine große
Reihe von Analogien zwischen der kaukasischen und der frühbronzezeitlichen
donauländischen Kultur nachgewiesen hat. In der neuen Arbeit behandelt er
hauptsächlich die Keramik, bespricht jedoch daneben noch einige andere Er-
scheinungen.
Zahlreiche Gefäßtypen von Koban und vom Kasbek zeigen hinsichtlich
der Form auffallende Analogien mit solchen der früheren Bronzezeit Mittel-
europas und der unteren Donauländer. Hier lassen sich diese Formen zum
großen Teil bis in die spät neolithische Zeit zurück verfolgen. Es ist be-
merkenswert, daß Wilke für eine Anzahl derselben einen nordischen Ur-
sprung (Bernburger, Rößner Typus) voraussetzt, worin er mit Hoernes
übereinstimmt, der dasselbe für seinen „Rahmenstil 44 annimmt. Ähnliche
Analogien lassen sich auch in der Ornamentierung nachweisen. Aus den
Abbildungen geht hervor, daß sich im Kaukasus neben vorherrschenden
Zentariblfttt für Anthropologie. 1906. 23
354 A. Referate. Urgeschichte.
Mustern des „Rahmenstiles" auch Spuren des „Umlauf Stiles" (mäandrische
Figuren) finden, wie ja auch im Donaugebiete in der spätneolithischen und
der frühen Bronzezeit eine Vermischung beider Stilarten eingetreten war.
Im folgenden werden dann noch die Ruder- und Spiegelnadeln, andere
Nadelformen, die gewellten Armringe, die Hängespiralen, die Noppenringe,
die Bronzesicheln u. a. m. behandelt.
Wenn auch nicht jeder vorgebrachten Analogie Beweiskraft zuerkannt
werden darf (z. B. der in beiden Gebieten nachweisbaren Schädeldeformation),
so ist es doch ganz unzweifelhaft, daß zwischen den beiden Kulturgebieten,
dem kaukasischen und dem mitteleuropäisch - donauländischen , ein enger
Kulturzusammenhang besteht. Früher hat man, vom „Trugbild des Ostens"
geblendet, den Ausgangspunkt der Entwickelung natürlich im Kaukasus ge-
sucht, heute haben die Untersuchungen Wilkes mit Sicherheit ergeben, daß
das Gegenteil richtig ist. Wilke sagt darüber folgendes: Die spät metallzeit-
liche kaukasische Keramik enthält eine große Reihe von Formen und Orna-
menten, die im Donautieflande der endenden Stein- und älteren Metallzeit
angehören; besonders nahe ist die Verwandtschaft mit der nordbalkanischen
Terra mar enkul tu r. Da aber die Terramaren des Donaugebietes und Italiens
nahe Beziehungen zur Übergangszeit Böhmens und Mährens und der endenden
Steinzeit Mittel- und Norddeutschlands erkennen lassen, so kann der Aus-
gangspunkt der ganzen Kulturbewegung keinesfalls im Kaukasus gesucht
werden. Die Untersuchung der Keramik führt also genau zu demselben
Ergebnisse wie die schon früher erfolgte des Bronzegerätes.
Merkwürdig ist, daß in nordkaukasischen Gräberfeldern vielfach Geräts-
typen vergesellschaftet vorkommen, die im Auslande verschiedenen Perioden
angehören. Wilke gibt dafür zwei Erklärungen: Entweder wanderten die
älteren Formen von Hand zu Hand allmählich im Kaukasus ein, während
die jüngeren Formen durch ein wanderndes Volk gebracht wurden, oder e»
wurde auch der ältere Typenkreis schon durch Wanderungen eingeführt,
worauf in den abgelegenen Gebirgstälern eine Stagnation der Entwickelung
eintrat und so die primitiven Formen bis in späte Zeiten erhalten blieben.
In Transkaukasien fehlen bei sonstiger Übereinstimmung mit den nord-
kaukasischen Stationen die älteren Typen fast vollständig, was auf eine
ziemlich späte Zeit der Übertragung hinweist. Wilke setzt den Einbruch
der Träger dieser transkaukasischen Kultur frühestens in den Beginn des
vierten Viertels des zweiten Jahrtausends und sieht in ihnen die Vorfahren
der Indo - Iranier , da auch die Altertümer vom Urmiasee in Persien große
Übereinstimmungen mit dem Inventar der transkaukasischen Nekropolen
verraten. Die Skythen in ihrer Gesamtheit den Ural -Altaiern zuzurechnen,
wie es Wilke tut, dürfte wohl nicht richtig sein, da ihnen ja, abgesehen von
dem Namen, eine Überlieferung aus dem Altertume nahe Verwandtschaft mit
den Persern zuspricht. Mag dem sein wie es will, der Nachweis ist Wilke
wohl gelungen, daß bald nach der Mitte des zweiten Jahrtausends n. Chr.
arische Völkerstämme vom unteren Donaugebiete bis zum Kaukasus vor-
drangen, diesen in etwas späterer Zeit überschritten und sich bis zum
Araxes ausbreiteten. Dr. Gustav Kraitsdiek - Wien. .
442, J. Abercromby and A. Mactier Pirrie: The cemetery of Nunzaw,
East Lothian. Proceed. of the Soc. of Antiquaries of Scotlaud
1907. Vol. XL, p. 328—342; 9 Abb.
25 „ Steinkistengräber u , bestehend aus dünnen Platten roten Sandsteins,
in fünf Reihen angeordnet, enthielten einige Reste menschlicher Gebeine, aber
A. Referate. Urgeschichte. 355
keine Beigaben, welche eine Datierung ermöglicht hätten. Der Zustand der
noch erhaltenen Knochen läßt auf kein sehr hohes Alter schließen, so daß sie
vermutlich nicht vorchristlich sind. An der Fundstätte befand sich früher
ein Nonnenkloster; vielleicht gehören die Gräber zu diesem. (Das Geschlecht
der Toten ist nach den Knochen mehrfach als männlich bezeichnet.) Die
spärlichen Knochenreste sind von Pirrie beschrieben und zum Teil ab-
gebildet; ein Oberschenkel soll in seinem distalen Teile „unleugbare Zeichen
von Syphilis" (Verdickung) aufweisen. P. Bartels-Berlin.
443. Joseph Dechelette: Manuel d'Archeologie prehistorique celtique
et gallo -romaine. I. Archäologie prehistorique. XIX, 747 S.
Paris, Alphonse Picard et fils, 1908.
Handbücher der prähistorischen Archäologie einzelner Länder sind heute
für den Fachmann wie für den gebildeten Laien ein Bedürfnis. Die ins Un-
geheure angewachsenen Stoffmassen, die unübersehbar gewordene Literatur,
die Unmöglichkeit, sich die einschlägigen Zeitschriften, Abhandlungen und
Werke vollzählig zu verschaffen, alles das schreit förmlich nach zusammen-
fassenden Übersichten und macht ihre Abfassung zu einer ebenso dankbaren
wie schwierigen Aufgabe.
Was insbesondere die Urgeschichte Frankreichs betrifft, so gibt es von
ihr ja schon vortreffliche Darstellungen, so die von Cartailhac (La France
preliistorique 1889) und G. und A de Mortillet (Le Pre*historique, 3. Aufl.
1900). Aber sie beschränken sich auf die von den Franzosen allein als
„ prähistorisch a bezeichnete Steinzeit und sind überdies, wenn man an die
epochemachenden Entdeckungen der letzten Jahre denkt, schon einigermaßen
veraltet. So war es ein glücklicher Gedanke des rühmlich bekannten Roanner
Gelehrten, ein Handbuch der prähistorischen, keltischen und gallo - römischen
Altertumskunde seines Vaterlandes zu schreiben. Aber wenn der nationale
Gesichtspunkt für ihn auch der leitende war, so ist die Bedeutung des Werkes
damit doch keineswegs erschöpft. Gerade der zunächst erschienene erste
Band, der die ältere und jüngere Steinzeit behandelt, wird im Auslande kaum
weniger interessieren als in Frankreich, und das um so mehr, als Dächelette
die Verhältnisse anderer Länder überall zum Vergleiche heranzieht und dabei
eine ungewöhnliche Vertrautheit auch mit der fremden Literatur bekundet.
Einen der größten Vorzüge des Werkes erblicke ich in seiner relativen
Vollständigkeit. Es gibt keinen wichtigen französischen Fund, kein irgendwie
bedeutendes Problem, keine von maßgebender Seite aufgestellte Theorie, die
nicht an entsprechender Stelle mehr oder minder eingehend besprochen oder
gewürdigt würde, wobei dem Leser durch ausführliche Literaturnachweise
jederzeit die Möglichkeit der Nachprüfung gegeben ist. Den einzelnen Streit-
fragen gegenüber bewahrt der Verfasser im allgemeinen eine wohltuende
Objektivität. Das hindert nicht, daß er gelegentlich seinen persönlichen Stand-
punkt scharf hervorkehrt und sich dadurch in Gegensatz zu der herrschenden
Ansicht stellt.
Dies ist z. B. gleich der Fall in der sogenannten Eolithenfrage. Eine
Prüfung der verschiedenen Vorkommnisse von tertiärem Silex in Thenay,
Otta, Puy-Courny bringt ihn zu der Überzeugung, daß ihre Artefaktnatur
nicht nur nicht erwiesen, sondern überhaupt nicht erweisbar sei, solange nicht
durch die Art der Lagerung, etwa in einer Aschenschicht, in einem Grabe
oder einer Werkstätte, der künstliche Ursprung sichergestellt werde. Sein
Hauptargument, der angebliche Eolithencharakter der Erzeugnisse der Kreide-
23*
356 A. Referate. Urgeschichte.
mahle von Guerville bei Mantes, wird indessen heute kaum noch ernst
genommen werden (vgL Zentral bL 1906, S. 342 f.).
In der Gliederung des Palaolithikums schließt sich Dechelette der
Hauptsache nach dem System G. de Mortillets an. Er unterscheidet also
eine Unterstufe mit den Perioden von Chelles und St Acheul, eine mittlere
(Mousterien) und eine Oberstufe mit Solutreen und Magdalenien. Zwischen
Mittel- und Oberstufe schiebt er die noch ziemlich problematische Epoche
von Aurignac ein. Die Station von Taubach wird mit einigem Vorbehalt der
Unterstufe, die von Erapina trotz ihrer altdiluvialen Form gewiß mit Unrecht
der Mittelstufe zugewiesen. Sehr gründlich ist die Kultur und Kunst der
Renntierperiode dargestellt Dechelette verwirft, wenigstens für Frank-
reich, die Annahme einer paläolithischen Töpferkunst ebenso wie die der
Zähmung des Pferdes und vollends die Deutung gewisser Figuren als Schrift-
zeichen. Dagegen spricht er dem damaligen Menschen religiöse, insbesondere
totemistische Anschauungen zu, denen die Mehrzahl der auf Knochen und
Felsenwänden gravierten Darstellungen ihren Ursprung verdanken. Den Be-
schluß des ersten Teiles macht ein Kapitel über die quaternären Menschenrassen.
Im zweiten Teile wird zunächst die Hiatusfrage in dem Sinne beant-
wortet, daß durch die Entdeckung des Asyliens und des Arisiens der Über-
gang von der älteren zur jüngeren Steinzeit überbrückt sei. Auf die nament-
lich von Hörne s hiergegen geltend gemachten Bedenken geht der Verfasser
leider nicht näher ein. In der Frage nach dem Ursprung der neolithischen
Kultur nimmt er einen vermittelnden Standpunkt ein. Ohne die Bedeutung
des orientalisch - südeuropäischen Einflusses zu verkennen, tritt er doch der
ausschließlichen Herleitung aller Fortschritte von dieser Quelle im Sinne
Sophus Müllers entgegen und bekennt sich vielmehr als Anhänger des
Determinismus im Völkerleben. Die megalithischen Denkmäler freilich glaubt
auch er aus jener Richtung herleiten zu müssen, nicht zum wenigsten des-
halb, weil mit ihnen zugleich in Frankreich Bildwerke einer weiblichen Gottheit
erscheinen, über deren orientalischen Ursprung kein Zweifel bestehen könne.
Die Kapitel über die Begräbnisgebräuche, die Industrie und Technik, die
Keramik, Kunst, den Handel usw. der neolithischen Zeit geben zu Bemerkungen
keinen Anlaß. Ein Anhang enthält eine bibliographische Liste derjenigen
französischen Höhlen oder Abris, welche Zeichnungen auf Knochen oder
Wandmalereien aus der Renntierzeit ergeben haben; ein zweiter Anhang die
Literatur über die neolithischen Stationen und Werkstätten Frankreichs. Ein
ausführliches Register und 249 Textabbildungen erhöhen den Wert des
Buches, um das wir die Franzosen beneiden können. H. Seger-Breslau.
444. A. Kiekebusch: Der Einfluß der römischen Kultur auf die
germanische im Spiegel der Hügelgräber des Niederrheins.
(Heft III der Studien und Forschungen zur Menschen- und
Völkerkunde, herausgeg. v. Buschan.) Stuttgart 1908. 92 S. u.
2 Tafeln.
Auf Anregung von Kos sin na wird der von früheren Forschern, wie
Müllenhoff und Hostmann, überschätzte Einfluß der Römer auf die ger-
manische Kultur nachgeprüft, besonders unter dem zu allgemein als römisch
bezeichneten Fundmaterial zwischen echten Importstücken (Münzen, römi-
schen Bronzegefäßen, Gläsern und Tongefäßen) sowie einheimischen Produkten
scharf geschieden, dabei sprachlichen Rückschlüssen nicht ausschließlich nach-
gegangen. Unter Würdigung der lokalgeschichtlichen Forschungen und regel-
mäßigen Veröffentlichungen und auf Grund eigener Kenntnis von etwa
A. Referate. Urgeschichte. 357
40 Sammlungen wendet der Verfasser sich speziell den Hügelgräbern des
Niederrheins zu, um die merkwürdige Tatsache zu untersuchen, daß dort,
im Gegensatze zum östlichen Deutschland, so wenig La Tene- Einfluß und
eine so unklare Chronologie herrscht. Bekannt sind über 40 Gräberfelder
mit Hunderten von Hügelgräbern in den Kreisen Duisburg, Ruhrort, Düssel-
dorf, Mühlheim, Solingen, Sieg, denen sich einige linksrheinische um Geldern
und Cleve anschließen; sie alle zeigen gleichmäßigen Grabbau und nur
Leichenbrand, vor allen Dingen aber Übereinstimmung in der Keramik. Die
wichtigsten Gefäßtypen sind auf Tafel I zusammengestellt, u. a. eiförmige
Töpfe, Eimerurnen, bauchige Urnen mit schrägem Hände, Fußurnen, Fuß-
becher und Spitzbecher, die meisten unverziert, andere am oberen oder unteren
Teile geschmückt, z. B. mit dem Korbornament. Einzelne Beigaben oder
Gefäßformen zeigen Beziehungen zur Halls tattzeit, zur La Tene-Zeit und zur
Kaiserzeit; die Hügelgräber reichen also von der jüngeren Hallstattzeit
(8. Jahrh. v. Chr.) bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. der Kaiserzeit hinein.
Der Befund gliederte sich bisher nur schwierig in das System der rheinischen
Prähistorie ein ; nun aber ist doch für 8 Jahrhunderte gleichmäßige Besiede-
lung ohne merkbaren Kulturwechsel anzunehmen, so daß die ethnologische
Folgerung zu ziehen wäre, daß schon seit dem 8. Jahrhundert Germanen am
Niederrhein gesessen hätten. Die sprachlichen Rückschlüsse Müllenhoffs
und anderer behaupteten, daß die linksrheinischen Völker reine Kelten gewesen
wären, während doch auch die historischen Überlieferungen dem entgegen-
standen, besonders Tacitus in der Germania 27 nur niederrheinische Grab-
hügel im Sinne gehabt haben kann und diese das Gebiet der Istväonen deutlich
von dem ganz andere archäologische Verhältnisse zeigenden der Herminonen
unterscheiden lassen. Schließlich ergibt sich, daß die Gebiete am Ober- und
Mittelrhein den römischen Einfluß überall erkennen lassen, während die frei ge-
bliebenen Germanen am Niederrhein keine Kultureinwirkung von Rom erfuhren,
da namentlich die Keramik, dieser empfindlichste Gradmesser solcher Bezie-
hungen, sich während der frühen und mittleren Kaiserzeit selbstständig hielt.
Im Anhange wird die absolute Chronologie der Augenfibel besprochen.
Ihr Ursprung wird mit Almgren bei den Germanen gesucht, ihre Entwicke-
lung in vier Typen chronologisch auf die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts nach
Christo verteilt und namentlich bei den unter römischer Herrschaft stehenden
Stämmen nachgewiesen. Schließlich wird das Vorkommen der Augenfibel auf
dem Darzauer Begräbnisplatze für die genauere Anfangsdatierung verwendet
und die Seßhaftigkeit der germanischen Bevölkerung daselbst durch 200 Jahre
dargetan.
Von den Abbildungen auf den beiden Tafeln sind die nach Zeichnungen
hergestellten besser, die nach Photographien gemachten leider recht undeut-
lich ausgefallen. Prof. Walter- Stettin.
445« Hans Hahne und Ewald Wüst: Die paläolithischen Fund-
schichten und Funde der Gegend von Weimar. Zentralbl. f.
Mineralogie usw. 1908, No. 7, S. 197— 210. Mit 11 Textfiguren.
Nach mehrjährigen, teils von jedem von uns beiden selbständig, seit
1907 gemeinschaftlich ausgeführten Untersuchungen, ist es unser Endziel,
eine Gesamtdarstellung der paläolithischen Fundstellen von Weimar, Taubach
und Ehringsdorf zu geben. Eine Reihe von Museen und Privatsammlern haben
uns bereits ihr Material zur Bearbeitung überlassen. Von den mancherlei
neuen Gesichtspunkten, die unsere Untersuchungen bereits ergeben haben,
sind in dieser vorläufigen Mitteilung einige der wichtigsten niedergelegt, vor
358
A. Referate. Urgeschichte.
allem zu dem Zwecke, auch fernerhin die Besitzer der leider in alle Welt zer-
streuten Funde sowie diejenigen, die etwa aus eigener Erfahrung uns Hin-
weise und Beiträge liefern könnten, für unsere Pläne zu interessieren.
Unser Hauptergebnis, welches von mir bereits 1905 auf Grund eigener
Funde vermutet wurde, ist, daß die Reste und Spuren der Menschen aus den
paläolithischen Fundschichten der Gegend von Weimar, entgegen der
bisher auch in den neuesten Veröffentlichungen vertretenen Auf-
fassung, verschiedenen Kulturstufen und Ablagerungen von ver-
schiedenem geologischen Alter angehören. Unsere bisherigen Ergeb-
nisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Abschnitte
des Eiszeitalters
Weimar — Ebringsdorf — Taubach
Ablagerungen
Elephas- und
Rhinocerosarten
Menschen-
arten
Menschliche
Kulturreste
III. (Biss-)Eiszeit
Ilmkiese
Untere
Travertine
| E. primigenius
Blumenb.
Rh. antiquitati8
Blumenb.
Beziehungen
zum oberen
i Moustenen
I. Waldphase
III.
(Kiss-Würm-)
Inter- ;
glazialzeit '
Steppen-
phase
II.
„Pariser*
(Löß)
E. antiquus
Falc.
Bh. Merckii
Jag.
, Beziehungen
Homo zum
primigenius : Pr6solutre*en
Schwalbe . (Aurigna-
cien)
Obere Bh. anüquitatis
Waldphase Travertine Blumenb.
IV. (Würm-)Eiszeit
|? Gehängebil-| E. primigenius
i düngen z. T. Blumenb.
Postglazialzeit
. Geringmäch-
II tiger Löß
Die in der Tabelle zum Ausdruck gebrachte, von Wüst durchgeführte
geologische Gliederung und Altersbestimmung der Ablagerungen zeigt, welchen
verschiedenen Abschnitten des Eiszeitalters die paläolithischen Fundschichten
angehören. Von Wüsts Ergebnissen ist der Nachweis,* daß die III. (Riss-
Würm-)Unterglazialzeit in zwei durch eine Steppenphase von-
einander getrennte Waldphasen zerfällt, von allgemeiner Bedeutung
für die Diluvialgeologie. Die archäologischen Ergebnisse sind in der letzten
Spalte der Tabelle nur kurz zum Ausdruck gebracht; hierzu sei folgendes
bemerkt:
An der Oberfläche der Ilmkiese fand sich neben wenigen Silexabschlägen
ein geglättetes Enochenstückchen (Ehringsdorf — Sammlung V er wo rn). Ein
Vergleich mit dem westeuropäischen Paläolithikum würde nicht gestatten,
diese Funde einer älteren Stufe als dem „oberen Mousterien" zuzuschreiben.
In die unteren Travertine mit Antiquusfauna gehören besonders
die Fundschichten von Weimar und Taubach. Zu den von diesen
klassischen Fundstätten stammenden älteren, aus der älteren Literatur be-
kannten Funden, die für eine stichhaltige archäologische Einordnung be-
A. Referate. Urgeschichte. 359
kanntlich bisher noch nicht genügend sichere Anhaltspunkte gaben, kommen
nach meinen Untersuchungen unter anderen Silexgeräte, die den dicken
Schabern des Presoluträen verwandt sind. Eine bisher unbeachtet ge-
bliebene, schon längere Zeit im Museum zu Magdeburg liegende durch-
bohrte Rehphalange aus den gleichen Schichten tritt ebenfalls aus dem
Rahmen des westeuropäischen Mousterien heraus und hat ihre Parallele
erst im mittleren Aurignacien. Aus einem etwas höheren Niveau der
unteren Travertine bei Ehringsdorf stammen relativ kleine mandelförmige
Silexgeräte, sowie aus dünnen Abschlägen hergestellte Spitzen mit beider-
seitiger Flächenbearbeitung, also Dinge, die ebenfalls eher den Funden des
Presolutreen als denen des Mousterien zu vergleichen sind (Museum Weimar;
Sammlung Schott; eigene Funde). Bei Ehringsdorf lieferte übrigens
ein Horizont, 1,2 bis 1,6 m unter dem „Pariser", eine aus einer langen
Lamelle hergestellte doppelte Spitze mit steil gehauenen Rändern (Museum
Weimar, durch Geheimrat Pfeiffer), wie sie seither nur in den mittleren
und oberen Pr6solutreenstufen (Solutreen?) gefunden worden sind. Aus
dem „Pariser 41 und den „oberen Travertinen u habe ich nur wenige, uncharak-
teristische Silexfunde.
In eine eingehendere Vergleichung mit den westeuropäischen und anderen
paläolithischen Kulturstufen und Fundschichten sind wir in den bisherigen
Veröffentlichungen absichtlich noch nicht eingetreten. Voraussichtlich werden
die paläolithischen Funde und Fundschichten der Gegend von Weimar für
die Fragen der absolut chronologischen Einordnung der paläolithischen
Kulturstufen überhaupt von großer Bedeutung werden.
Der Gesamtbericht über die Prähistorikerversammlung bei Gelegenheit
der Eröffnung des Städtischen Museums für Anthropologie und Urgeschichte
in Cöln a. Rh. (August 1907) wird ein Referat über einen Vortrag bringen,
den wir über das hier behandelte Thema gehalten haben, und der über manche
hier nur kurz berührte Punkte genauere Aufklärung gibt. Auch an dieser
Stelle möchte ich meine Priorität für die im obigen dargelegte
archäologische Einordnung energisch betonen gegenüber Dar-
stellungen, die sich in der jüngsten Literatur finden, und die
geeignet sind, den wahren Sachverhalt zu verschleiern.
Dr. H. Hahne-Hannover.
446. F. Rnoke: Moorfunde. Mitt d. Ver. f. Geschichte u. Landeskd.
v. Osnabrück 1908, Bd. XXXII, S. 317—319; m. 1 Taf.
Aus dem Moore in der Nähe der Pontes longi zwischen Brögel und
Mehrholz beschreibt Verfasser (unter Beigabe von Abbildungen) einige La
Ten e-Sch erben und einen vorzüglich erhaltenen Lederschuh (aus einem Stück
gearbeitet, ohne untergelegte Sohle), der mit dem auf der Saalburg gefundenen
vollkommen übereinstimmt. Er verlegt daher die Moorfunde der dortigen
Gegend in die Römerzeit. Buschan-Stettin.
447. P. Höfer: Der Leubinger Hügel. Jahresschrift f. d. Vor-
geschichte der sächsisch - thüringischen Länder 1906. Bd. V;
mit 8 Taf. u. 122 Fig.
Der Grabhügel von Leubingen, Kreis Eckartsberga, Prov. Sachsen, ist
zwar schon 1877 von Elopfleisch ausgegraben und in seiner Wichtigkeit
erkannt worden, so daß Tischler sogar die erste Bronzezeit nach ihm benennen
wollte, aber erst jetzt hat der Museumsausschuß in Halle, wo sich die Fund-
stücke befinden, den Herausgeber mit der wissenschaftlichen Bearbeitung des
36Ö A. Referate. Urgeschichte.
Materials beauftragt, und so ist endlich ein langgehegter Wunsch der Archäo-
logen in bester Weise erfüllt; denn Höf er hat die zerstreuten Aufzeichnungen
und das Material mit mustergültiger Sorgfalt zu einer umfassenden Mono-
graphie verarbeitet, die nicht nur das lokale Interesse befriedigt, sondern für
die ältere Bronzezeit überhaupt von Wichtigkeit ist.
Der Hügel gehörte zu den größten Thüringens, denn er hatte noch
immer 8V 2 m Höhe, 34m Durchmesser und 145m Umfang, so daß seine
gänzliche Abtragung nicht tunlich schien, vielmehr ein Zentralschacht von
6 m Durchmesser von oben begonnen wurde. Hierbei stellte sich jedoch eine
2 m tiefe obere Begräbnisschicht durch den ganzen Hügel hindernd ein, nach
deren Abräumung man erst mit einem großen, terrassenartig abgestuften
Trichter in die Tiefe drang und richtig in 30 Fuß Tiefe das Zentralgrab traf.
Dies barg in einem 2 m hohen Steinkern von 20 m Durchmesser einen recht-
eckigen Holzbau, dessen Längsseiten aus 14 schrägen, in Gräben versteinten
Stützbalken bestanden, die mit Bohlen und Schilf belegt waren; die Schmal-
seite nach Norden war offen, die nach Süden unter anderem durch einen
mächtigen Baumstamm mit Zapfenlöchern für Gegenstrebe und Firstbalken
gehalten. Die Steine für den dachziegelartig geschichteten Kern waren meist
weit hergeholt, was für die Wichtigkeit des Grabes und die für damals be-
trächtliche Arbeitsleistung spricht, denn der alte Hügel enthielt etwa 200 cbm
Steine und 3000 cbm Erde ! Im Holzbau lag auf Dielenbelag südnördlich das
Skelett eines Greises, über das in der Hüftgegend das Skelett eines etwa
10jährigen Kindes quer ausgestreckt war. Die Beigaben waren reichlich;
nämlich außer Scherben ein ausgebauchtes Gefäß mit glattem Hals, an dem
zwei eingeritzte Linien und zwei kleine Ösen bemerkbar sind, während der
Bauch gerauht blieb; ferner eine Streichschale aus Schiefer, eine Hacke aus
Serpentin mit Spuren der Schäftung, die Ellinge eines Bronzedolchstabes
ebenfalls mit Resten der Querschäftung , drei Dolchklingen mit Resten von
Griffen und Scheiden (Leder oder Rinde), zwei Bronzeäxte mit Randleisten
und verbreiterten Schneiden, endlich drei Meißel, die Klopf] eisch für Stein-
bohrer hielt, während sie jetzt wohl richtiger als Werkzeuge zur Bearbeitung
des Holzes erklärt werden. Diese elf Gegenstände, Waffen und Werkzeuge,
lagen handgerecht neben dem Skelett des Erwachsenen, sechs Schmuckstücke
aus Gold dagegen über der Kreuzungsstelle mit dem kindlichen Skelett Es
sind zwei Säbelnadeln, deren Ösen zur Befestigung durch einen Faden über
den Gewandbau seh hinweg um die Spitze der Nadel dienten, ein Spiral-
röllchen, ein massiver offener Armreif mit petschaftartigen Enden und
fünf Rundleisten, endlich zwei Fingerringe der als Noppenringe bekannten
Art. Während Klop fleisch den Fund in die Hallstattzeit versetzte, hat
schon Montelius ihn in die älteste Bronzezeit hinaufgerückt, der die Band-
it xte im Norden wie die triangulären Dolche in Italien angehören, zumal die
Säbelnadeln schwedischen Knochennadeln aus der Steinzeit ähneln ; die Spiral-
fingerringe gelten als Importstücke aus ungarisch-siebenbürgischen Gegenden.
Nur scheint die Ansetzung in das 20. Jahrhundert v. Chr. etwas hoch, da
nach Hub. Schmidts vergleichenden Untersuchungen aus den ägyptischen
genau datierten Funden ähnlicher Stücke auch das 19. Jahrhundert schon
ausreichen dürfte. Ethnologisch kann man an das Mischvolk denken,
das schon im Ausgang der Steinzeit in Mitteldeutschland aus der Ver-
einigung der nordischen und der donauländischen Rasse entstanden war.
Dieses Volk, im Besitz reicher Salzquellen und wohl diesen die reiche
Zufuhr von Bronze und Gold verdankend, hat doch wohl kaum anderswo ein
so bedeutendes Denkmal mit Steinbau und Grabhaus hinterlassen wie im
A. Referate. Urgeschichte. 361
Leubinger Hügel. Höfer ist geneigt, im Gegensatz zu Klopfleisch kein
fürstliches Kind mit Liebimgssklaven oder Mentor hier bestattet zu sehen,
sondern den Alten als Hauptperson aufzufassen , bei dessen Beisetzung ein
Kind geopfert worden sei ; in der Schlußbemerkung S. 99 gibt er seine Annahme,
es sei des Goldschmuckes wegen ein Mädchen gewesen, auf und schreibt auch
diesen Schmuck nach Analogie des ähnlichen Grabes von Helmsdorf dem
Manne zu.
Sehr dankenswert wird bei dieser Gelegenheit auch noch die Beschreibung
eines schon 1872 aufgedeckten Grabhügels von Osterkörner bei Mühlhausen
i. Tb. genauer veröffentlicht. Der Grabbau war ganz ähnlich, desgleichen
das Tongefäß und die Beigaben, nämlich Steinhammer, Bronzedolch und
Flachcelt; merkwürdiges Licht auf die Mitbestattung jenes Kindes fällt aber
durch den Umstand, daß hier nur im Zentralgrab zunächst 5 Männer und
1 Kind, im weiteren noch 4 Männer und 7 Halberwachsene oder Kinder
bestattet waren, wahrscheinlich das Totengefolge des Herrschers aus zwei
Opferungen, wie esHerodot bei den Skythen genau entsprechend beschreibt.
Es ist demnach die Vermutung nicht abzuweisen, daß auch im Leubinger
Hügel noch ähnliche Nebenbestattungen vorhanden sind, die bei der Unter-
suchung nur eines Viertels des Steinkegels nicht festgestellt wurden. Be-
achtung verdient auch die eigentliche Grabkammer in beiden Hügeln, deren
Bau eine so fortgeschrittene Zimmertechnik verrät, daß sie sich schon in der
Steinzeit zu achtungswerter Höhe entwickelt haben muß. Auch die Schilf-
bedeckung des Daches legt den Gedanken nahe, ob der Tote nicht überhaupt
in seiner Wohnstätte bestattet ist, die dadurch für uns erhalten geblieben
wäre; aber außer der Kleinheit des Raumes und dem Fehlen einer Feuerstätte
spricht auch die Erwägung dagegen, daß man den Toten wohl ähnlich wie
im Leben versorgt wissen wollte, also immerhin eine hüttenähnliche Toten-
kammer errichtete.
Die Oberfläche des Hügels war in 2 m Tiefe noch mit etwa 70 Skeletten
belegt, die zwischen Bohlen oder Steinplatten lagen, wiederholt Mutter und
Kind vereint, zweimal war nur der Unterkörper bestattet. Beigaben waren
nur kleine Schmuckstücke, Schläfen-, Ohr-, Fingerringe und Perlen. Einige
Schläfenringe waren durch dünne Lederriemen hindurchgezogen, darunter hatte
sich eine dunkelblonde Haarlocke am Schädel erhalten ; auch Gewebereste und
Teile von Lederschuhen mit genähten Rändern fanden sich noch vor. Die
Schläfenringe weisen diese Gräber den Slawen zu, die Ohrringe mit drei
Hohlkugeln nach der Chronologie der Hacksilberfunde etwa dem 8. und
9. Jahrhundert; eine so ausgedehnte An Siedlung erklärt sich vielleicht daraus,
daß unter anderem Pippin die Slaven als Verbündete gegen die Sachsen be-
günstigte. Etwa 55 Schädel dieser Schicht hat 1879 im pathologischen
Institut zu Jena W. Müller untersucht, sie neigen zur Dolichokephalie
bei mesokephalem Gepräge, zwei zeigen Narben an der Oberfläche ; nach den
Maßen der Oberarmbeine ergab sich eine mittlere Körperlänge von 1682 mm
für die Männer, von 1476 mm für die Frauen, so daß die weibliche Be-
völkerung unter dem Mittel der heutigen geblieben wäre.
Im Anhang werden noch weitere Grabhügel mit ähnlichem Inhalt auf-
geführt, zunächst zwei von Klopfleisch ebenfalls noch nicht publizierte aus
der Leubinger Flur. Die Skelette derselben haben in einer viereckigen Stein-
kiste oder einem ovalen Brandloch mit Steinumsetzung und Bohlenresten
gelegen, außer einer Feuerstein raspel ist nur je eine unverzierte Urne mit
abgesetztem Hals von annähernd Aunjetitzer Typus beigesetzt gewesen. Aber
wie hier die Hügel schon vorher gestört waren, so sind die Angaben über
362 A. Referate. Urgeschichte.
die anderen Grabhügel von Sommer da und Nienstedt ihrerseits ungenau; im
Rest des einen war nur eine Reihe von sogenannten Altarbauten stehen ge-
blieben, im anderen erhob sich über ältere Beisetzungen wieder ein Steinkern
mit Holzbau wie in Leubingen. Hier ist als Bindemittel zwischen den Bohlen
beidemal Gips verwendet, den wir später nicht mehr gebraucht sehen, bis die
Römer seine Benutzung erst wieder lehrten. Von dem gewaltigen Nienstedter
Hügel besagt nur eine dürftige Notiz, daß von dem aus Steinen und weißem
Ton aufgeführten Mittelpfeiler strahlenförmig Fachwerkbauten ausliefen; ein
Gefäßrest mit Zapfen scheint der älteren Bronzezeit zugerechnet werden zu
müssen. Schließlich werden die Grabfunde Ton Hedersleben (Skelett mit
Aunjetitzer Topf, Steinhammer und Bronzemeißel), Königsaue (offener Bronze-
iing y Steinhammer), Obhausen (Dolchstab, Henkeltopf chen) , Baalberge (zwei
ähnliche Gefäße), Derenburg (mehrere ähnliche Gefäße und Webegewichte)
sowie der Depotfund von Spiegelsberge (Gefäße mit Armspiralen und Hals-
ringen mit ösenartig umgeschlagenen Enden) gerade hier zusammengestellt,
um das Bild von der Kultur der ältesten Bronzezeit für diese Gegend nach
Möglichkeit zu vervollständigen. Prof. Dr. WaUer-Steüin.
448. A. Windhausen und H. Hahne: Die Einhornhohle bei Scharz-
feld am Harz. Jahrbuch des Provinzialmuseums zu Hannover
1908, S. 39—62, mit 4 Tafeln.
Nachdem Hahne in der Zeitschrift für Ethnologie 1907, S. 954 einen
vorläufigen Bericht über den Stand der Forschung in der Einhornhöhle ge-
geben und auf die Wichtigkeit der älteren Funde im hannoverschen Provinzial-
museum hingewiesen hatte, aus denen nur seinerzeit voreilige Folgerungen
für das angebliche Dasein des diluvialen Menschen gezogen seien, dann
Fritze a. a. 0., S. 957 eine andere Gruppe älterer, demselben Museum zu-
gegangener Funde kurz erwähnt hatte, liegt nun eine zusammenfassende
Darstellung dieses Museums vor. Im ersten Teile berichtet Windhausen
über die neueren Ausgrabungen und gibt allgemeine Bemerkungen zur
Geologie der Höhle. Im voraus sei bemerkt, daß sich die hochgespannten
Erwartungen, die man von jeher an diese Stelle und noch an die jüngste Grabung
knüpfte, nach keiner Seite hin erfüllt haben, und daß die paläontologische
Ausbeute weit geringer als an anderen Stellen geblieben, die Frage des
Diluvialmenschen jedenfalls nicht gefördert ist. Trotzdem ist die endliche
Klarstellung der so lange erörterten Frage durch die exakte Forschung mit
Dank zu begrüßen.
Auf Anregung von Favreau bewilligte das Kultusministerium 5000«^
aus der Vir chow- Stiftung, und mit diesen Mitteln ist von 1905 bis 1907
in der Höhle in der Weise gegraben, daß man einen kostspieligen neuen Eingang
schuf, dann im sogenannten Weißen Saal einen Schacht zur Erkenntnis der
geologischen Schichten anlegte und nach Aufgabe der beabsichtigten Aus-
räumung nur noch in der Nordostecke unter intakter Sinterdecke grub und
daselbst auch viele merkwürdig geschichtete Höhlenbärenknochen fand; im
übrigen war die Auffindung eines alten natürlichen Höhleneinganges und
die Untersuchung des vorderen Teiles der Höhle lediglich von geologischem
Interesse. Nunmehr läßt sich die geologische Geschichte der ganzen Höhle
überblicken. Bei der zweiten Emporhebung des Harzes bildete sich in den
Dolomitspalten zunächst eine Sicker wasserhöhle, die dann mechanisch durch
einen Höhlenfluß erweitert wurde; dieser entstand durch Stauung der Wasser-
maBsen an dem Rande des Inlandeises zur Haupteiszeit, aber nach dem Rück-
gang des Eises wurde die Höhle trocken gelegt und diente Raubtieren, be-
A. Referate. Urgeschichte. 363
sonders Höhlenbär und Höhlenlöwe, als Zufluchtsort So lagert über der
3 m hohen Schotterschicht des Höhlenbaches eine dünne Tonbank mit Knochen.
Im letzten Interglazial läßt sich dann eine wärmere Waldphase mit zahl-
reichen Knochenresten im dunkeln Höhlenlehm, aber nicht sicher die An-
wesenheit des Homo primigenius erkennen, darüber an sterilen Lehmschichten
eine Steppenphase. Während der letzten Vereisung, die nicht bis zum Harz
vordrang, lagerte sich demnächst eine fossilienfreie Sinterdecke ab, und im Post-
glazial verstürzten die älteren Höhleneingänge durch Gebirgserschütterungen.
Im Alluvium endlich wurde die Höhle von der neolithischen Zeit an und in
späteren Perioden besiedelt.
Im zweiten Teile der Arbeit gibt H. Hahne eine Kritik der älteren
Funde und Berichte mit besonderer Berücksichtigung der menschlichen Kultur-
reste. Er stellt das weitschichtige Material aus den Grabungen seit 1872
sorgsam zusammen und vergleicht es mit dem im vorstehenden gewonnenen
geologischen Resultat der heutigen Forschung; es ist lehrreich, daß hierbei
die von den verschiedensten Forschern beobachteten Schichten nun in um-
gekehrter Reihenfolge von oben nach unten betrachtet werden und mit
einigen Abweichungen an vereinzelten Stellen im ganzen dasselbe Resultat
ergeben. In den beiden untersten Schichten sind menschliche Spuren bisher
nicht entdeckt, und im zuletzt untersuchten Weißen Saal hören die diluvialen
Fossilien mit der dritten Schicht auf, während anderswo sie auch die obersten
Ablagerungen bis zur Oberfläche durchsetzen. Aber hier sind weder Kohlen
noch Scherben noch zerschlagene Knochen dem diluvialen Menschen sicher
zuzuweisen, da kein einziges diluviales Werkzeug aus Stein gefunden ist und
Feuerspuren auf Manganimprägnierung zurückgehen können. Einzig in der
letzten Grabung sind aus unberührter Schicht III zwei verdächtige Bären-
knochen zu nennen, die Spuren von Hieben oder Kratzungen zeigen könnten.
Sonst sind aber die von früheren Forschern beobachteten Kultur schichten
an einigen Stellen wirklich vorhanden, nur nicht durch Verschleppungen von
Menschen und Tieren (dazu sind sie zu gleichmäßig), auch nicht durch Anlage
von Kochgruben zu erklären (dazu sind sie nicht lokal gehäuft genug); viel-
mehr finden sich zwischen den Blöcken des Deckeneinsturzes durch Aus-
Bchlämmung entstandene Hohlräume, und so können jene Mischfunde auch
das Produkt einer Umlagerung sein, die nach der prähistorischen Besiedelung,
aber nicht bis in das Mittelalter durch zirkulierendes Wasser hervorgerufen
wäre. Sichere Besiedelung in prähistorischer Zeit zeigen nur die Teile der
Höhle nahe dem Tageslichte; hier sind Stein-, Bronze- und Latene-Zeit ver-
treten, aber das oft erwähnte Schädelbruchstück ist nach Zeit und Form-
erhaltung zu Messungen nicht zu verwerten und kann weder diluvial noch
neanderthaloid genannt werden.
So ist in der Tat das Ergebnis nicht groß, aber doch einigermaßen
Sicherheit an die Stelle von uferlosen Vermutungen und scheinbaren Wider-
sprüchen getreten. Übrigens halten beide Forscher es noch für wünschens-
wert, weitere Mittel darauf zu verwenden, am wohl ergiebigeren Süd-
eingang zu graben, die Durchsuchung der zutage führenden Spalten von
außen fortzuführen, wie sie auch für möglich halten, aus der Durchforschung
der Dolomitklippen der Umgegend mehr Materiel als in der Höhle selbst für
den diluvialen Menschen zu gewinnen, der dort ähnliche Verhältnisse wie in
den französischen Abri- Bildungen angetroffen haben dürfte. Die Tafeln bringen
als neu Grundriß und Durchschnitt der Höhle, Profil der Schichten und neben
den prähistorischen Artefakten zwei gute Lichtdrucke des Schädelbruchstückes.
Prof. Walter-Stettin.
364 A - Referate. Urgeschichte.
449. Freiherr v. Geyr: Die Ausgrabungen bei Tannheim 1906 und
1907. Fundberichte aus Schwaben 1907, XV, S. 21—27.
Von drei im Walde gelegenen Hügeln enthielt der erste in der Mitte
eine eiserne Lanzenspitze, östlich zwei einfache Urnen, westlich ein auf
Brettern gebettetes Skelett mit bronzenen Hals-, Ohr- und Armringen; der
breite Gürtel zeigte Bronzeknopfe auf üolzunterlage und eisernen Haken-
schluß.
Der zweite Hügel von 80 m Umfang war in seinem gewaltigen Viereck
aus Lehm in der Mitte schon durchwühlt, doch fanden sich durch einen
Kieskegel davon getrennt in gerader Linie aufgestellt drei Urnen mit Mustern
in Graphit und eine besonders bemerkenswerte Bronzekiste. Diese bestand
aus fünf Streifen mit getriebenen Ornamenten von Punkten, Sternen und
Vögeln, abschließenden Keifen aus Zinn und massiven Handgriffen aus Bronze.
In der Eiste lag eine ähnlich verzierte Bronzekanne, ein glatter Bronzebecher
und eine glatte Tonschale, daneben standen zwei Bronzeteller. Die hohe Be-
deutung dieses Grabes ist unzweifelhaft.
Im dritten Hügel fanden sich nur noch acht Tongefäße im Bogen stehend,
dagegen nichts von der Leiche und Metallresten. Die ganze Gegend wird
von Hochäckern durchzogen, die größere Hügel umgehen, dagegen an zwei
Stellen offenbar kleinere Gräber überackert haben, eine für das Alter der
Hochäcker wichtige Tatsache.
Im nächsten Jahre wurden vier weitere Hügel geöffnet, von denen zwei
schon durchwühlt waren, auch keiner mehr Leichenreste barg; wohl aber
lagen einmal in situ Bronzearmringe, Lignitringe mit Bernsteinperlen und
Fußringe auf den zur Leichenunterlage verwendeten Querbrettern. Im anderen
Hügel muß der Tote in gewölbter Lehmschicht auf Brandschicht geruht
haben ; es fanden sich ein Eisenschwert, zwei Trensen und mehrere Tongefäße
im Bogen herumgestellt.
Im Grabhügel „Ebül tt dagegen, der pyramidal regelmäßig aufgebaut
war, war die Leiche in sitzender Hockerstellung besser erhalten, daneben lag
ein 70 cm langes Bronzeschwert von ausgesprochenem Hallstatttypus, und die
ungewöhnlich reiche Ausstattung von 20 Tongefäßen wies die Formen ver-
schiedener Urnen, Schalen, Teller und Kumpen, einmal auch mit einem
gehenkelten Deckel auf. Prof. Walter- Stettin.
450. Joh. Jacobs: Ein Depotfund aus der Bronzezeit bei Langquaid,
Bezirksamt Rottenburg, Niederbayern. Beiträge zur Anthro-
pologie und Urgeschichte Bayerns 1908, Bd. XVII, Heft 1/2,
S. 35 u. 36, mit 1 Tafel u. 1 Abbild.
In 60 cm Tiefe lagen 33 Bronzegegenstände auf einem Haufen beisammen.
Neben einer Lanzenspitze mit starker Tülle und zwei Befestigungslöchern
befinden sich darunter sieben Randleistenkelte von 20 bis 40 cm Länge mit
geschweifter Schneide und Ausschnitt am abgerundeten Bahnende. Weiter
sind sechs Armreife zu nennen, von denen einer glatt an beiden Enden ab-
schließt, ein anderer übergreifend, die übrigen gerollt oder in Spiralscheiben
endigen, während einer aus einer Nadel hergestellt ist, deren breit aus-
gehämmerter Kopf zu einer Hülse für die Spitze zusammengerollt ist. Es
folgen neun Nadeln mit unregelmäßigen Köpfen, die schräg durchbohrt sind,
Beispiele der dritten Gattung Kos sinn as, die in dies Gebiet aus dem Osten
importiert sein müssen; endlich sieben Instrumente, die man als feine Meißel-
chen oder Pfriemen ansehen kann, die aber auch als Punzen bei der Bronze-
fabrikation gedient haben können, aus schweizerischen Pfahlbauten bekannt
A. Referate. Urgeschichte. 365
Pen Beschluß bilden drei Nähnadeln, deren Öhre einfache Schlitze sind, eine
aus den Wohnstätten von Karlsstein bei Reichenhall nachgewiesene Form.
Die Zusammensetzung des Depotfundes ist für Südwestdeutschland wegen
des Reichtums an Nadeln ohne Beispiel, auch sind die Gegenstände mit Aus-
nahme der abgenutzen Armreife neu und ungebraucht. Dem Beiltypus nach
und besonders der Nadeln wegen wird der Fund der älteren Bronzezeit zu-
gewiesen, wie z. B. Tinsdahl in Holstein, und zwar nach Reineckes Ein-
teilung dem Obergang von Stufe A zu B. Prof. Walter- Stettin.
451. Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft in Berlin (71 S.).
Dezember 1907, Nr. 35.
Das 35. in der Folge der Hefte, in denen die Gesellschaft ihren Mit-
gliedern über ihre verschiedenen Ausgrabungen berichtet, bringt nähere An-
gaben über die eben beendeten Ausgrabungen in Boghazköi in Kleinasien, die
die allerwichtigsten Beiträge zur Aufhellung der noch so dunklen Vor-
geschichte Kleinasiens beigebracht haben. Eine sehr große Zahl von Ton-
tafeln mit Keilschrift, aus mehreren Königsarchiven stammend, erhellen in
geradezu sensationeller Weise das kulturelle Leben und die ethnographischen
Verhältnisse des 15. bis 13: vorchristlichen Jahrhunderts. Es handelt sich
dabei besonders um die große Völkergemeinschaft der Hettiter. Ihre Sitten,
ihre Anschauungen, ihre interessante nnd zum Teil ganz neuartige Bauweise
der Tempel, die Anlage der Stadtmauern aus zyklopischen Steinen und teil-
weise auch ihre Gebrauchsgegenstände sind durch diese Grabung der Ver-
gessenheit wieder entrissen worden. Aufs höchste überraschte es, in diesen
Urkunden bereits die Götter Mithras, Varuna und Indra, sowie Nasatya, die
Zwillinge genannt, zu sehen, ein Beweis, das hier bereits Indogermanen den
Völkerzügen beigemischt sind. — Für alle Einzelheiten sind erst die späteren,
größeren Publikationen abzuwarten. Messerschmidt-Berlin.
452. Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft. Nr. 36, März
1908. 38 S.
Die Deutsche Orientgesellschaft, die ihren Mitgliedern fortlaufend über
den Gang ihrer Ausgrabungen Bericht erstattet, behandelt hier die Grabungen
in Babylon und Assur (Mesopotamien) während der letzten Monate. In
Babylon wurde die Freilegung des Palastes zum vorläufigen Abschlüsse
gebracht, ein Durchstich durch die gewaltige, mehrfache Stadtmauer gemacht
und eine Untersuchung im Wohnhäusergebiet vorgenommen, die bemerkens-
werte Ergebnisse für die babylonische Begräbnisart hatte. Auch zahlreiche
Grabbeigaben fanden sich. Nach derselben Richtung dominieren die Ergeb-
nisse der Untersuchung in Assur, wo ein fast 1500 m langer Teil der Stadt-
mauer freigelegt wurde und innerhalb im Stadtgebiete viele Gräber ver-
schiedenster Art mit zahlreichen Beigaben und außerdem Wohnhäuser
aufgedeckt wurden. Messerschmidt-Berlin.
458. Virolleaud : Pronostics snr l'issue de diverses maladies. Baby-
loniaca (Paris) 1907. Vol. I, p. 1—120.
Verfasser veröffentlicht eine Anzahl Tontafeln mit Keilinschrift in Ori-
ginalschrift, Umschrift und Übersetzung (S. 91 bis 120), in denen Prognosen
über den Verlauf verschiedener Krankheiten gegeben werden. Da Keilschrift-
texte medizinischen Inhalts, obwohl zahlreich vorhanden, noch wenig über-
setzt sind, so ist jeder Beitrag zu begrüßen, wenn auch manches Wort noch
unübersetit bleiben muß oder die Obersetzung oft noch einer präziseren
366 A. Referate. Urgeschichte.
Fassung bedarf. Solche medizinischen Texte sind nun niemals rein medi-
zinisch, sondern stark von abergläubischen Vorstellungen durchsetzt. Das
zeigt sich auch in den vorliegenden Texten. Die übliche Form dieser „ Pro-
gnosen u ist die folgende: wenn die und die Verletzung oder Krankheits-
erscheinung am Körper jemandes auftritt, dann wird das und das geschehen,
entweder dem Kranken selber oder zuweilen auch den ihm Nahestehenden.
Im einzelnen sind die Bestimmungen außerordentlich mannigfaltig.
Messerschmidt-Berlin.
454. Karl Frank: Babylonische Beschwörungsreliefs. 94 S. Leip-
ziger semitistisohe Studien III, 3. Leipzig, Hinrichs, 1908.
Verfasser bespricht eine Anzahl Stein- und Bronzereliefs, die man bisher
als Hadesreliefs bezeichnete, weil man auf ihnen eine Darstellung der baby-
lonischen Unterwelt zu erkennen glaubte. Er maoht in überzeugender Weise
klar, daß dies ein Irrtum ist, und daß es sich vielmehr um Amulette handelt,
die für Kranke bestimmt waren und Krankheits-, besonders wohl Fieber-
dämonen abwehren sollten. Die Darstellungen auf den verschiedenen Objekten
variieren. Die Einzelheiten hier anzuführen, würde zu weit führen. In der
Hauptsache sind es drei Figurengruppen, die mehrfach wiederkehren: eine
Schar von Krankheitsdämonen, eine Szene, die die Beschwörung des auf dem
Bette liegenden Kranken zeigt, und die spezielle Fieberdämonin Labartu mit
Löwenkopf und Vogelfüßen, Schlangen in den Händen haltend. Zur Deutung
aller dieser Figuren wird ein sehr reichhaltiges inschriftliches Material heran-
gezogen, teils von den Reliefs selbst, teils aus der sonstigen keilschriftlichen
Literatur. Besonders eingehend werden dabei der Dämonenglaube der Baby-
lonier und ihre in hohem Grade ausgebildeten und entwickelten Zeremonien
der Krankenbeschwörung behandelt. Die Ausführungen des Verfassers sind
besonnen und zuverlässig, so daß nur Kleinigkeiten auszusetzen wären:
daß z. B. bei Relief B (Tafel III) links unten ein sitzender Hund dargestellt
sei (S. 84), kann ich nicht finden, ebenso wenig daß es sich bei den Gegen-
ständen rechts von der Labartu um Göttersymbole handele (S. 85) usw. Das
Büchlein darf trotz seines geringen Umfanges als eine Fundgrube für Ethno-
logen bezeichnet werden. Messerschmidt-Berlin.
455. Bruno Meissner: Assyriologische Studien IT. 24 S. Mitteilungen
der Vorderasiatischen Gesellschaft. Berlin 1907.
Artikel XXI: „Homosexualität bei den Assyrern" und XXII: „Siame-
mesische Zwillinge" bringen einige Beispiele dafür, wie reiches kulturgeschicht-
liches Material die Omentexte der Assyrer enthalten. Die gewöhnliche Form
der Omina: wenn das und das ist, wird das und das eintreten, läßt in den
Vordersätzen tiefe Einblicke in das tägliche Leben und auch in natur-
geschichtliclie Phänomene tun. So ergeben die hier angezogenen Beispiele
das Vorkommen des Coitus per anum zwischen Mann und Frau, ferner das
Vorkommen von Homosexualität, die Ansicht, daß die Geburt eines Mädchens
ein Unglück sei, weiter eine Art Schenkscher Theorie betr. der Erzeugung
eines bestimmten Geschlechtes, schließlich die Annahme des Falles, daß bei
zwei Kindern der Bücken zusammengewachsen sei usf. Interessant ist auch
die Tatsache, daß ein Schlächter berichtet, eine Sau hätte ein Ferkel mit
acht Füßen und zwei Schwänzen geworfen, und diese Mißgeburt habe er in
Salz gelegt und aufbewahrt! Messerschmidt-Berlin.
A. Referate. Urgeschichte. 367
456. R. Campbell Thompson: An assyrian incantation against
rheumatism. Proceed. of the Soc. of Biblical Archseol. 1907.
Vol. XXX, p. 63—69.
Dieser Aufsatz bringt den Anfang der Übersetzung eines größeren
medizinischen Keilschrifttextes. Wie üblich geht man gegen das körperliche
beiden nicht nur mit Arzeneien vor, sondern hauptsächlich mit Zauber-
Ärmeln und magischen Handlungen. Ob es sich bei der hier vorliegenden
ankheit wirklich um Rheumatismus handelt, ist sehr fraglich. Die Aus-
oke sind gar zu unbestimmt, und nur ein eingehendes Zusammenarbeiten
. Assyriologen und Medizinern könnte hier Klarheit bringen.
Messerschmidt-Berlin.
457. Gins. Sergi: Dalle esplorazioni del Turkestan (Frammenti
scheletrici umani). Atti della Soo. Romana di Antropologia
1907. Vol. XIII, p. 305 -321, 10 Fig.
Gelegentlich der von Carnegie ausgerüsteten Expedition nach Turkestan
hatte Pumpelly (1904) in Anau einen Kurgan ausgegraben und dabei
menschliche Reste, allerdings in sehr schlechtem Erhaltungszustände und nur
in geringer Anzahl, zu Tage gefördert; es waren einige lange Knochen sowie
Schädelreste, die aber meist kindlichen und jugendlichen Individuen angehört
haben. In Amerika wurde der anthropologische Wert dieser Reste sehr
gering veranschlagt; Pumpelly überließ sie dann aber an Sergi zur Unter-
suchung. Seine Analysen führen ihn zu dem interessanten Endurteil, daß
sie Reste einer Bevölkerung darstellen, welche seiner „stirpe mediterranea"
angehört habe, also seiner arischen Rasse. Das Zeitalter wird als das 7. bis 8.
vorchristliche Jahrtausend geschätzt. In einem anderen Kurgan wurden
gleichfalls Skelettreste gefunden in einer Schicht, deren Alter Pumpelly
zwischen 5200 und 2200 ansetzt; sie lagen nicht zur Untersuchung vor;
Sergi gibt aber die Abbildung eines Schädels nach einer Photographie,
welche einen ganz anderen, freilich ohne Untersuchung des Originales nicht
näher zu bestimmenden Typus erkennen läßt. P. Bartels-Berlin.
458. Jean Capart: L'art et la parure feminine dans l'ancienne
Egypte. Annales de la Soc. d'archeol. de Bruxelles 1907.
Tome XXI, No. 3—4, p. 305—334; auch als Sonderschrift
Bruxelles, Vroraant & Co.
Die alten Ägyptierinnen haben schon von den frühesten Epochen an
dem Körperschmuck eine ganz besondere Pflege angedeihen lassen. An der
Hand der Darstellungen auf den Reliefs und Malereien sowie der zahlreichen
Kleinfunde aus den Grabdenkmälern entwirft Verfasser, Konservator an der
Ägyptischen Abteilung der Königl. Museen zu Brüssel, ein anziehendes Bild
von der großen Sorgfalt, welche die vornehmen ägyptischen Schönen der
Pflege ihres Körpers zuteil werden ließen, und von den Hilfsmitteln, deren
sie sich dabei bedienten.
Ein besonderes Raffinement entwickelten sie in der Herstellung kompli-
zierter Haarfrisuren; schon aus der Zeit der ersten Dynastie besitzen wir
Überreste von Perücken. Zahlreiche Rezepte für die Förderung des Haar-
wuchses sind uns erhalten. Damit die sorgfältig hergestellte Haarfrisur bei
Nacht nicht in Unordnung geriet, schliefen die Ägyptierinnen, wie z. B. noch
heute die Japanerinnen, auf Nackenbänkchen; auch mußten Sklaven dabei Obacht
geben, daß während des Schlafes alles gut erhalten blieb. Nicht minder
große Sorgfalt wurde der Verschönerung des Gesichtes (Bemalen der Augen-
368 A. Heferate. Urgeschichte.
brauen, Färben der Lippen) sowie der Färbung der Nägel gewidmet. Schließ-
lich spielten noch Parfüms und Schminken bei ihren Toilettenkünsten eine
große Rolle. Zahlreich sind die dazu gehörigen Gebrauchsgegenstände (Buchs-
chen, Schalen, Näpfe für Schminken und Wohlgerüche, Löffel, Spatel zum
Auftragen, Spiegel). Sie sind zumeist aus Holz oder Elfenbein geschnitzt
und stellen wahre Kunstwerke dar. Auf mehreren derselben erkennt man in
der Darstellung Verwandtschaft mit der ägäischen Kultur. In über 50 Ab-
bildungen führt uns Verfasser diese Erzeugnisse der Kleinkunst vor. Die
Tatuierung war den Ägyp tierinnen unbekannt. Buschan-Stettin.
459. W. A. Schmidt: Chemische und biologische Untersuchungen
von ägyptischem Mumienmaterial, nebst Betrachtungen über
das Einbalsamierungsverfahren der alten Ägypter. Zeitschr.
f. allgera. Physiologie 1907. Bd. VII, S. 369—392.
Verfasser, Chemiker an der Government School of medicine in Kairo,
trat der Frage näher, ob die Zersetzung der ägyptischen Mumien im Verlaufe
der Jahrtausende eine so vollständige gewesen ist, daß sich keine Reste
organischer Bestandteile des menschlichen Körpers mehr erhalten haben. Er
kam dabei zu dem Ergebnis, daß im Mumiengewebe nicht nur feste und flüssige
Fettsäuren, die hauptsächlich aus den Eiweißstoffen hervorgegangen sein
müssen, in beträchtlicher Menge noch vorhanden waren, sondern sich auch
Eiweißkörper, intaktes Fett und Cholestearin nachweisen ließen. Im Gegensatz
zu v. Hansemanns und J. Meyers Untersuchungen konnte er nicht finden,
daß das Mumiengewebe ein „biologisch" reaktionsfähiges Eiweiß (Prazipitat-
reaktion) noch enthielt. Ebenso wenig gelang es ihm, Hämoglobin (Lacassagne)
nachzuweisen. — Bemerkenswert ist ferner, daß Verfasser feststellte, daß das
bisher unaufgeklärte „Nitrum- tt oder „Natrumbad" der alten Schriftsteller
nicht aus Sulfaten oder Natriumkarbonat (Trona), sondern einfach aus Kochsalz
bestand. Das Einbalsamieren der alten Ägypter war also im Grunde ge-
nommen ein Einpökeln der Leichen. Dem Kochsalz fiel dabei eine stark
konservierende Wirkung zu; im übrigen aber muß die Mumifikation der
Leichen weniger den Einbalsamierungsmitteln als vielmehr dem außerordent-
lich trocknen Klima zugeschrieben werden. Buschan- Stettin.
460. Fr. de Zeltner: Notes sur le prehistorique Soudanais. L' Anthro-
pologie 1907. Tome XVIII, p. 535—548.
Die Steinwerkzeuge dieses Gebietes lassen augenfällige Ähnlichkeiten mit
denen von Algier und Ägypten erkennen, sind aber im allgemeinen roher
und so durcheinander gemischt, daß paläolithische und neolithische Formen
der Zeit nach sich nicht unterscheiden lassen. Lanzen- und Pfeilspitzen, Schaber,
Bohrer gehören dem geschlagenen, Beile, Mörser u. a. dem geschliffenen Stein
an. Grabhügel sind ziemlich zahlreich, bestehen aus Steinblöcken, scheinen
recht alt zu sein und enthalten auch Topfscherben. Beachtenswert ist, daß
die Steinäxte, von den Eingeborenen gadum dibb, Waffen der Wilden, genannt,
nicht als Donnerkeil betrachtet und mit abergläubischen Vorstellungen um-
geben werden, sondern den Kindern als Spielzeug dienen.
Ludwig Wüser-Heidelberg.
461. J. P. Johnson: The stone implements of South Africa. Mit
258 Illu8tr. London, Longmans, Green and Co., 1907.
Angeregt durch die paläolithischen Forschungen in Europa, speziell in
Großbritannien, hat der Verfasser im Gebiete des oberen Zambesi, sowie im
A. Referate. Urgeschichte. 369
Oberlaufe des Orange -River und dem Flußgebiete des Vaal und an seinen
Nebenflüssen, endlich an einzelnen isolierten Stellen Südostafrikas eine große
Reihe von Fandplätzen verschiedenartiger Steinindustrien untersucht.
Sein Hauptergebnis ist, daß er drei große Gruppen von alten Steingerät-
funden unterscheiden konnte, und zwar auf Grund ihrer geologischen
Lagerung, die, ebenso wie der archäologische Charakter der Funde, mit den
europäischen Verhältnissen vergleichbar ist. In geologisch „sehr alten", den
Plateaus zugehörigen Sand- und Kies schichten (paläontologische Angaben
fehlen) fand er am Victoriafall des Zambesi, sowie nordwestlich von Johannes-
burg und im Hay- und Herbertdistrikt, westlich von Kimberley, nur Manu-
fakte von „eolithischem Charakter". Die Abbildungen lassen vermuten, daß
es sich zum Teil um gebrauchte, absichtlich hergestellte Abschläge handelt.
— In den Sand- und Kiesablagerungen auf den Terrassen der genannten
Flüsse hat er Steinartefakte, zum Teil auch recht primitiver Art, aber in
Gesellschaft von Gerätformen, die er den Acheultypen Europas an die Seite
stellt, gefunden. Leider unterscheidet er nicht genügend zwischen den Funden
der beiden von ihm erwähnten, überall mehr oder weniger deutlich vor-
handenen Terrassen, und aus Beschreibung und Abbildungen, die fast nur
Schaberformen darstellen, kann man sich kein befriedigendes Bild von den
Inventaren der verschiedenen Fundgruppen machen. (Vgl. hierzu diese
Zeitschrift: Referat über die „paläolithischen Funde" vom Yictoriafall des
Zambesi, Bd. XII, Heft 6, Nr. 446, 447.) Die dritte Gruppe der Funde stammt
teils von der Oberfläche, teils aus jungen Schlick- und Sand-
ablagerungen; einige Male sind die Funde „Abris". In dieser dritten
Gruppe sind nun offenbar verschiedenartige Kulturen vereinigt. Die in
Kapitel 7 beschriebenen, vom Orangemittellauf stammenden Funde sind die
überraschendsten: sie gleichen völlig den Formen des „Tardenoisien" und
den mikrolithischen Silexen Nordafrikas und Europas.
In anderen Fundgruppen, so den in Kapitel 5 beschriebenen, vom
Modder- und Riet-River stammenden, treten Formen — offenbar in größerer
Menge — auf, die den dicken Schabern und anderen Geräten des europäischen
Mittel- und Jungpaläolithikums ähneln, andere, die mit den altalluvialen
Fundgruppen Europas formverwandt sind. Die Zusammenstellung erweckt
den Wunsch, das südostafrikanische Material bald einmal in ausführlicherer
Weise zusammengestellt zu sehen, besonders wegen der in die europäische
Diluvialarchäologie hineinspielenden Fragen der Rassen des diluvialen Men-
schen und der bereits mehrfach vermuteten Beziehungen zwischen den
Menschen des diluvialen Europa und denen Afrikas.
Johnson deutet eine wahrscheinliche Zusammengehörigkeit seiner dritten
Fundgruppe mit den Buschmännern an: an den betreffenden Fundstellen
wurden nämlich unter anderem Felszeichnungen von der den Buschmännern
eigentümlichen Art gefunden. Dr. Hahne-Hannover.
462. Ales Hrdlicka: Skeletal remains suggesting or attributed to
early man in North America. 113 S. m. 21 Tafeln. Smithson.
Institut. Bureau of Amer. Ethnology Bull. 33. Washington 1907.
Aus Nordamerika sind im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von mensch-
lichen Skeletti'esten bekannt geworden, denen man ein hohes geologisches
Alter zugeschrieben hat. Es sind dies (der Zeit ihrer Auffindung nach
geordnet): 1. Das New Orleans - Skelett (Louisiana), 2. das Quebec-Skelett
(Canada), 3. der Natchez- Becken knochen (Missisippi), 4. die Lake Monroe-
Knochen (Florida), 5. das Soda -Creek- Skelett (Colorado), 6. die Charleton-
Zentralblatt für Anthropologie. 1008. 24
370 A. Referate. Urgeschichte.
Knochen (Süd-Carolina), 7. der Calaveras- Schädel (Californien), 8. der Rock-
Bluff-Schädel (Illinois), 9. die Skelettreste des Menschen von Penon (Mexiko),
10. die Schädel von Trenton (New Jersey), nämlich der von Burlington
County und der von Riverview County, 11. der Trenton-Femur (New Jersey),
12. das Lansing - Skelett (Kansas), 13. die fossilen Knochenreste von der
Westküste Floridas (Osprey- Schädel, North- und South- Osprey- Schädel und
Hanson-Lan ding -Überreste), 14. die Moundschädel aus Florida und 15. die
Überreste des „ Lößmenschen u von Nebraska.
Verfasser prüft an der Hand der hierüber vorhandenen Aufzeichnungen
und Veröffentlichungen, der Inaugenscheinnahme der örtlichkeit, wo die
Sachen gefunden wurden, und der persönlichen Untersuchung der Stücke,
soweit sie ihm zugänglich waren , wieweit für diese menschlichen Überreste
die Behauptung zutrifft, daß sie Zeugen eines hohen Alters des Menschen in
Amerika seien. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein negatives. Bald
ist das Alter der geologischen Schichten kein hohes, bald ist es zweifelhaft,
bald wieder fehlen wissenschaftliche Beobachtungen über die Fundumst&nde,
bald machen die Knochen keinen fossilen Eindruck. Sein Hauptargament
legt Verfasser aber auf das morphologische Verhalten der Schädel bzw. der
übrigen Skelettreste. Er findet, daß dieselben im Typus von denen der
modernen Indianerbevölkerung gar nicht oder nur wenig abweichen, oft direkt
übereinstimmen, und folgert hieraus, daß sie rezenten Ursprunges sein müßten.
Daher kommt es auch, daß in einigen Fällen, wo die geologische Unter-
suchung der Verhältnisse zugunsten eines hohen Alters zu sprechen scheint,
Verfasser ein solches aus dem angegebenen Grunde in Abrede stellt. Er
kann sich nicht mit dem Gedanken befreunden, daß möglicherweise der
ursprüngliche Schädeltypus sich forterhalten haben kann. Aus diesem Grunde
scheint mir, daß das hohe Alter des einen oder des anderen Schädels doch
nicht absolut geleugnet werden darf.
Im einzelnen sei noch auf die beiden Trentonschädel hingewiesen, die
durch ihre hochgradige Niedrigkeit (EL -L.- Index 65 und 63; EL -Br.- Index
79,3 und 79,5) auffallen; ihr Typus ist der ganzen modernen Indianer-
bevölkerung des ganzen Ostens fremd, weist indessen eine große Ähnlichkeit
mit den niedrigen holländischen Schädeln auf, die Virchow, Spengel und
Gildemeister beschrieben haben. Verfasser hält es daher nicht für aus-
geschlossen, daß ein wirklicher Zusammenhang mit ihnen besteht, insofern
Holländer von diesem Typus einmal nach New Jersey gekommen sein mögen.
Anhangweiße werden eine Beschreibung von 10 Indianerschädeln von niedrigem
Typus, die sich im U. S. Nationalmuseum befinden, sowie ihre Abbildungen
beigegeben. Buschan- Stettin*
463. Nouvelles recherches sur la forraation Pampeenne et l'Homme
fossile de la Republique Argentine. Recueil de contributions
scientifiques de MM. C. Burckbardt, A. Döring, J. Früh,
H. v.Ihering,H. Leboucq, R. Lehmann -Nitsche, R. Martin,
S. Roth, W. B. Scott, G. Steinmann et F. Zirkel, publiees par
Robert Lehman n-Nitsche. Revista del Museo de La Plita
1907, Tome XIV, p. 143 — 488; mit Profilzeichnungen, zahlreichen
Abbildungen und einer Karte.
Als Lehmann-Nitsche im Jahre 1 897 den Boden Argentiniens betrat,
um seine Stelle als Sektionschef am La Plata- Museum anzutreten, faßte er
sogleich den Plan, den Spuren des fossilen Menschen in Südamerika nach-
zugehen. Schon zwei Jahre später bot sich ihm die Gelegenheit, unter Führung
A. Referate. Urgeschichte. 371
toq Santiago Roth und in Begleitung von Carl Burckhardt eine
Expedition in jene Gegenden zu unternehmen (am rechten Ufer des Rio
Parana von Baradero bis Rosario), wo Roth die Spuren des fossilen Menschen
festgestellt haben wollte, und die örtlichen Verhältnisse in Augenschein zu
nehmen. Das Ergebnis dieser Studienreise sowie der sich daran anschließen-
den minutiösen, besonders anthropologischen Untersuchungen findet sich in
der vorliegenden Arbeit niedergelegt, an deren Zustandekommen sich eine
Reihe von Spezialforschern auf den verschiedenen geologischen, paläonto-
logischen und anthropologischen Gebieten beteiligt haben ; der Redakteur ist
Lehm'ann-Nitsche, er hat zu dem Werke den Löwenanteil geliefert.
Eine eingehende Besprechung dieser wertvollen Studie hier zu geben,
würde zu weit führen ; ich habe bei weitem auch nicht die Einzelheiten alle
geprüft, sondern das Werk nur flüchtig durchblättert, bin für die den ganzen
ersten Abschnitt betreffenden Fragen nicht zuständig und will mich hier nur
mit einer Wiedergabe des Inhaltes begnügen.
Das Ganze zerfällt in einen geologischen und einen anthropologischen
Teil. Im ersteren (S. 146 bis 190) schildert Burckhardt mit Unterstützung
von Früh-Zürich, v. Ihering - Sao Paulo und Steinmann -Bonn die
Pampasformation von Buenos Aires und Santa Fe, sowie Döring die von
Cördoba. In der zweiten größeren Hälfte der Arbeit (S. 191 bis 488) be-
schäftigt sich Lehmann-Nitsche mit der physischen Anthropologie der
in Betracht kommenden fossilen Menschenreste. Dieser Abschnitt ist das
eigenste Werk dieses Gelehrten, nur zu einigen wenigen Punkten haben noch
Kollmann-Basel, R. Martin- Zürich, Steinmann-Bonn, Leboucq-
Gent, W. B. Scott-Princeton und F. Zirkel- Leipzig Erläuterungen bei-
gesteuert. Jedem Funde schickt Verfasser die darüber existierende Literatur
voraus, teilt die bisherigen Forschungsergebnisse mit und schließt hieran eine
eingehende Schilderung und das Messungsresultat jedes einzelnen Fund-
stückes, soweit es ihm für eigene Untersuchungen zugänglich war; gleich-
zeitig stellt er dasselbe in Vergleich zu entsprechenden Knochen der prä-
historischen Bevölkerung Europas und der Indianerbevölkerung Amerikas.
Lehmann-Nitsche teilt die Funde ein in die der oberen, der mitt-
leren und der unteren Pampasformation. Die Überreste der oberen Pampas-
formation (gelber Löß) sind die Zähne von Carcaranä (in Paris befindlich),
die Skelettteile (unter anderem ein Becken) von Frias (zum Teil in La Plata,
zum Teil verloren gegangen, früher in Mailand), die Femurreste und Zähne
von Saladero (Buenos Aires), der Schädel samt einer Reihe Skelettknochen
von Fontezuelas, fälschlich früher als Pontimelo beschrieben (Kopenhagen),
verschiedene Skelettteile von Samborombön (Valencia), der Schädel von Arre-
cifes (Buenos Aires), der Schädel und andere Knochen von Chocori (La Plata)
und der Schädel nebst anderen Knochenteilen von La Tigra (La Plata). —
Der mittleren Pampasformation (brauner Löß) gehören der Schädel und die
Skelettreste von Baradero (Zürich) an. Aus der unteren Pampasformation,
dem braunen Löß von Pfefferkuchenfarbe, der mindestens pliozänes Alter
hat, stammt der neuerdings von Lehmann-Nitsche schon einmal be-
sprochene äußerst interessante Atlasfund von Monte Hermoso, für den der-
selbe die Bezeichnung Homo neogaeus vorgeschlagen hat (s. folgendes Referat).
— Im Anschlüsse hieran gibt der Verfasser noch eine Zusammenstellung der
sonstigen Zeugen für die Anwesenheit des Menschen in den fraglichen Ab-
lagerungen, die er teils selbst gesammelt, teils in verschiedenen Sammlungen
studiert hat. — Der anthropologische Teil der Arbeit wird durch 82 Abbil-
dungen illustriert.
24*
372 A. Referate. Urgeschichte.
Das ganze Werk bildet sicherlich einen sehr wertvollen Beitrag zur Vor-
geschichte des Menschen in Südamerika. Buschan- Stettin.
464. R. Lehmann-Nitsche: L'atlas du tertiaire de Monte Hermoso,
Republique Argentine. Revista del Museo de La Plata 1907.
Band XIV.
Schon vor langen Jahren wurde im Pampaslehm der berühmten oben-
genannten Fundstätte mit anderen Knochen ausgestorbener Tiere auch ein
Halswirbel (Atlas) gefunden, den Santiago Roth wegen der großen Ähnlich-
keit mit einem menschlichen der anthropologischen Abteilung zugewiesen und
neuerdings der Verfasser, bei der Neuordnung der Sammlungen darauf aufmerk-
sam gemacht, aufs genaueste untersucht und beschrieben hat. Der vorliegende
Bericht ist nur ein vorläufiger, um das wissenschaftliche Vorrecht zu wahren;
eine ausführlichere Darstellung mit Abbildung soll folgen (ist in dem vor-
stehend erwähnten Werke geschehen. Die Schriftleitung). Aus eingehenden
Messungen und der Vergleichung mit den Skeletten von 16 südamerikanischen
Eingeborenen, einer Pariserin, einem Orang und einem Gorilla ergibt sich,
daß der fragliche Wirbel weder als menschlicher noch als tierischer bezeichnet
werden kann. Er ist aber, wenngleich in mancher Hinsicht unentwickelt,
doch entschieden sehr menschenähnlich und läßt durch die Bildung des
hinteren Bogens und der oberen Gelenkflächen auf aufrechten Gang und
engen Schädel mit kleinem Gehirn schließen. Da die Schichten am Monte
Hermoso pliocän sind, kann es sich darum nicht um einen wirklichen Menschen,
sondern höchstens um einen Vorläufer, ähnlich dem Du bois sehen Pithecan-
thropus, handeln. Homo primigenius ist nur in jüngeren europäischen Schichten
gefunden worden, und außerdem ist der südamerikanische Wirbel für seinen
Wuchs etwas zu klein. Obwohl wir nur nach einem einzigen Enöchelchen ur-
teilen können, sind doch bei den innigen Wechselbeziehungen aller Körperteile
weitergehende Schlußfolgerungen durchaus gerechtfertigt. Der Verfasser, mit
dem ich sonst in allen Einzelheiten übereinstimme, schlägt für den Träger
des beschriebenen Halswirbels den naturwissenschaftlichen Namen Homo neo-
gaeus vor; da dieser aber nach seiner eigenen Ansicht kein Mensch, sondern
ein in früherem Erdalter eingewanderter Vormensch war, würde ich Proan-
thropus neogaeus vorziehen. Ludwig Wilser-Heidelberg.
465. Lehmann-Nitsche: El eraneo fosil de Arrecifes (Provincia de
Buenos Aires). Atribuido ä la forraaeiön pampeana superior.
Revista de la uuiversidad de Buenos Aires 1907. Tomo VIII
(46 S. mit 3 Taf.).
Ameghino, der frühere verdiente Direktor des Museo Nacional von
Buenos Aires, hatte die von ihm postpampeanische genannte Formation als
quaternär und die pampeanische als pliozän bezeichnet. Verfasser und andere
Gelehrte wollen die erstere als rezent, die zweite als quartär annehmen. Es
waren schon 1864 Reste menschlicher Knochen am Rio Carcarana gefunden
worden, ferner von Ameghino die eines Skeletts am Bache zu Frias, von
Roth bei Fontezuelas ein ziemlich vollständiges Skelett, endlich von Carle s
ein Skelett am Rio Samborombon. Diese Funde beschrieb Ameghino in einem
1889 erschienenen Werke: Contribucion al conoeimiento de los mamiferos
fösiles de la Repüblica Argentina. Buenos Aires 1889, nebst einem am
Flusse Arrecifes in dem roten Tone gefundenen Schädel einer sehr dolicho-
kephalen Rasse, und kommt zu dem Schlüsse, es hätten während der oberen
pampeanischen Formation in der Provinz Buenos Aires gleichzeitig zwei
B. Literatur-Übersicht des Jahres 1908. 373
Rassen gewohnt, eine dolichokephale und eine brachykephale. (Zum Ver-
gleiche diente der am Flusse S. gefundene Schädel.) Beide Kassen seien
hypostenokephal. (Die Beschreibungen Ameghinos werden angeführt.) —
Der Schädel von Arrecifes gelangte später in den Besitz des Museums von Buenos
Aires und wird in vorliegender Arbeit von Lehmann-Nitsche beschrieben.
Er macht durchaus den Eindruck eines fossilen Schädels, eine Kalkkruste
bedeckt ihn, wie sie auch an anderen in der pampeanischen Formation ge-
fundenen Knochen zu sehen ist, ähnlich der Kruste an Gegenständen aus dem
Karlsbader Sprudel. Der Schädel scheint sehr alt zu sein, aber nicht direkt
fossil, mehr subfossil und könnte wohl der pampeanischen Formation an-
gehören. Es folgt nun eine Beschreibung desselben, über den wegen der
schlechten Beschaffenheit wenig zu sagen ist. Zwei Abbildungen von vorn
und hinten dienen zur Erläuterung. Besonders sorgfältig sind die Messungen
ausgeführt, zum Vergleiche sind die entsprechenden Maße von Schädeln
anderer Rassen daneben gestellt; dies ist der Hauptteil der Arbeit Der Ver-
fasser kommt zu folgendem Schlüsse: der Schädel von Arrecifes gehört zu
den ältesten der argentinischen Republik, doch kann er nicht mit Sicherheit
der pampeanischen Formation zugerechnet werden; er gehört entschieden
dem spezifischen amerikanischen Typus an. Winkelmann- Stettin.
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386
R egi8ter.
Kolberg 13.
Kossinna 234.
Krause 158.
Kraus» 11, 98, 178.
Kröber 30, 163.
Kronfeld 207.
Kropatschek 86.
Kupka 233.
Lang 215.
Lanz-Liebenfeld 38.
Lapicque 18, 147, 263, 264.
Lasch 205.
Lattes 7.
Layard 171.
Leboucq 370.
Lehmann 31, 160, 268.
Lehmann-Nitsche 370, 372.
Livi 144.
Lobedank 195.
Löhr 93.
Lomer 131.
Lommatsch 9.
Lotthammer 194.
Lüdeke 268.
v. Luschan 11, 92, 219.
Mackeprang 143.
Maclaud IM.
Magnus 109.
Mann 295.
Mannini 77.
Manouvrier 112.
Marangoni 134.
Marino 77.
Martin 370.
Marton 182.
de Marzan 104.
Matschie 206.
Mayer 84.
Mazzarella 269.
Meissner 366.
.Meister 302.
Menabuoni 200.
Metzker 201.
Milleker 180.
Mochi 130, 193, 196.
Modestow 172.
Möbius 76.
Moens 202.
Mollison 66.
Mooney 28, 164.
Moreira 142.
de Morgan 109.
Moszkowski 283.
de Munck 110.
Munro 292.
Naecke 137, 198.
Nagel 79.
v. Neugebauer 8.
Neuweiler 302.
Nichols 83.
Nopcsa 90.
Nussbaum 68.
Ochser 93.
Opitz 95.
Oppenheim 262.
Orosz 180.
Ortvay 181.
Pallary 183.
Paravicini 197.
Paribeni 170.
Parkinson 100.
Passarge 24.
Pearson 3.
Pechuel-Loesche 20.
Peixoto 142.
P6nard 166.
Pernier 178.
Pi£ 45.
Pirrie 354.
Pittier de Fäbrega 220.
Pöch 155.
Pohlig 40.
Potkanski 14.
| Quagliati 175.
! Rauber 74.
Reiche 6.
Reinhardt 170.
Revon 276.
j Riebold 82.
v. Rosen 8.
Rosen 270.
Roth 98.
Rutkowski 14.
Rutot 41, 167, 168, 169,
229, 231.
Sapir 161.
Sapper 31.
Sarasin 150.
» ßarauw 280.
Schaudel 282.
Schlaginhaufen 75, 261.
Schlemm 223.
Schmidt 149, 155, 368.
Schneider 10.
Schrader 225.
Schreiber 129.
Schuchardt 145.
Schultze 141.
Schwarz 198.
Scott 370.
' Seager 306.
Sergi 135.
Siffre 7.
I Sirelius 214.
1 Siret 112.
I Smith 308.
Sommer 68.
Stebler 211.
Steensby 143.
Stegensek 273.
Steiner 150, 259.
Steinmann 370.
Stern 15, 213.
Stöhr 134.
8toll 205.
Stolyhwo 301.
Strassmann 269.
Strohmayer 71, 72.
Struck 87.
Taramelli 176.
Tedeschi 199, 305.
Teschauer 36.
Thalheimer 280.
Thibon 166.
Thomas 96, 154, 157, 203.
Thompson 118, 367.
Tocher 136.
Trillat 203.
Trillea 23.
Tschitscherin 17.
Tschormanoff 17.
Vassita 180.
de Vaux 94.
Verneau 35, 228.
Verworn 270.
Virolleaud 365.
Virchow 132.
Visegradi 183.
Volz 108.
Vonderau 237.
Waldeyer 199.
Wassermann 91.
Wassilieff 15.
Wateff 81.
Waxweiler 85.
Weinberg 83.
Wenzl 44.
Weygold 28.
Whitehead 146.
Whitelegge 283.
Wilke 353.
Willers 364.
Willoughby 28, 161.
Wüser 39.
Windhausen 362.
Wolff 2, 5.
Wolter 213.
Worcester 147.
Wüst 357.
Yule 67.
Zaborowski 12.
Zanolli 133.
Zatschinjaef 214.
de Zeltner 365.
Zimmern 113.
Zirkel 370.
Register.
387
2. Sachregister.
Ababua 23.
Abstammung des Menschen, s. a. Stamm-
# bäum.
Ägypten, anthrop. u. ethnol. 183, 218; urg.
183, 218, 232, 308, 367, 368.
Afrika, anthrop. u. ethnol. 11, ## 19, 20
—24, 218, 219, 285, urg. 368 ; s. a. Ägypten.
Albanien, anthrop. 90.
Allogenen 17.
Altertümer, Lexikon, Handbuch d. 221,
223.
Amerika, anthrop. u. ethnol. 25 — 37, 105,
160—166, 220, 287, 288; urgesch. 28,
369, 370, 372.
Amulette 86.
Annam, anthrop. u. ethnol. 150, 282.
Anthropoiden 7, 133, 202, 265.
Anthropologie, Institut zu Warschau 1;
Jahresbericht 1, 257; Sammlungen 65,
194; Technik 261; Schule zu Paris 65;
Meßinstrumente 66, 193.
Anthropophyteia 11.
Arabien, anthrop. u. ethnol. 92, 93, 94.
Argentinien, urgesch. 370, 372.
Arier 12, 353.
Arm 78.
Arrecifes, Schädel 372.
Asien, anthrop. u. ethnol. 8, 18, 92—95,
146—150, 277, 278, 280—283.
Assyrien 113, 365—367.
Asymmetrie des Gehirns 7, Schädels 129.
Auge 150.
Augenhöhle 5.
Auslese 194.
Australien, anthrop. u. ethnol. 96, 98,
154, 157, 215, 283; s. a. Oceanien und
Südsee.
Babylonien 113, 365, 366.
Bayern, urgesch. 44, 301, 364.
Belgien, urgesch. 41, 110, 229, 231, 296,
297, 298.
Bismarck- Archipel 100.
Böhmen, urgesch. 44, 49.
Boote aus Rinde 11; s. a. Kanu.
Bosnien, anthrop. 86.
Brasilien, anthrop. u. ethnol. 36, 287; s.
a. Amerika.
Briefkasten 192, 256.
Broch 292, 293.
Brüste, überzählige 77.
Brustkasten 9.
Bulgarien, anthrop. 81.
Buschmänner 24.
Calchaqui-Schädel 166.
Campignien 233.
Capuanische Bronzeindustrie 304.
Celebes, anthrop. 150.
Chemische Analyse von Knochen 298.
Oheyenne 164.
Chirurgie, vorgesch. 289.
Costarica, urgesch. 35.
Dänemark, anthrop. u. ethnol. 148, 274.
Dakota 28.
Darwinismus s. Entwicklungslehre.
Deutschland, anthrop. u. ethnol. 13, 271;
urgesch. 44, 110, 233—237, 299, 300,
301, 304, 354—364.
Diola 19.
Dolichokephale 72.
Drawida 147.
Drillinge 199.
Ehe 96, 154, 203.
Einhornhöhle, Funde 362-
Eiszeit 40, 170, 229, 233, 357.
Elefantengehirn 78.
Embryologie, Atlas d. 201.
Entwickelungsgeschichte 2, 108, 194, 259.
Eolithen 110, 168, 169, 297.
Equator, anthrop. 35.
Erblichkeit s. Vererbung.
Ethnologie und Ethnographie 85.
Eugenik 3, 67.
Europa, anthrop. u. ethnol. 12 — 15, 40,
86—90, 143—145; urgesch. 41—49, 110
—112.
Exogamie s. Ehe.
Extremitäten 79, 134, 135.
Fakir tum 149.
Familienforschung 68.
Fang 23.
Feuermachen in der Vorzeit 228, 230.
Feuerpiston 208.
Feuerverehrung 137, 280.
Fibula 134.
Fiji- Inseln, anthrop. u. ethnol. 104.
Fischfang 287.
Frankreich, urgesch. 41, 112, 229, 232.
Gallier 41, 355; gallische Funde 300.
Gaumen 7.
Gebiß s. Zähne.
Geburt en Verhältnis 83 ; Maximum 135.
Gehirn 7, 77, 78, 131, 154, 199, 263, 264.
Geisteskrankheiten 77.
Geologie und Prähistorie 167.
Geschlechter 8, 76, 83, 277—299.
Ge8chlechtsbe8timmung 4.
Geschlechtsleben 95, 205.
Glasburgen 294.
Goldfunde 182.
Grabverse 273.
Griechenland, urgesch. 306, 307.
Grimaldi-Rasse 228.
Großbritannien, ethnol. 134; urgesch. 171,
291—295, 354.
Gournia, urgesch. 306.
Haare 134, 135, 261.
Hand 135.
Hausforschung 271, 287.
Haustiere 206, 207.
Hemisoma 203.
Hermaphroditisn lus 8.
Hocker 44, 227.
388
Register.
Holland, anthrop. 144.
Hopi 30.
Hottentotten 219.
Hügelgräber am Niederrhein 356.
Hüttenbekleidung 232.
Japan, anthrop. u. ethnol. 95, 280, 281,
282.
Java, anthrop. 8, 150.
Iberische Sprache 145.
Identitätsnachweis 193.
Index 73.
Indianer s. Amerika.
Indien, anthrop. u. ethnol. 146, 147, 149,
150, 282.
Intelligenz und Schädel 77, 130, 131.
Italien, anthrop. 144; urgesch. 170, 172
—180, 304, 805.
Juden 91, 92, 215.
Jünglingsweihe 155.
Kamaresstil 306.
Kannibalismus 41.
Kanus 154.
Kartenspiel, altes 273.
Kastration 9.
Kekihi 31.
Kelten und Germanen 234, 355.
Kiefer 267; s. a. Zähne.
Kirgisen 17, 18.
Kleinasien, anthrop. 92, 93; urgesch. 365.
Koran-Medizin 95.
Krankheit der Indianer 27, — in den
Tropen 142; — in der Vorzeit 172.
Krapinamensch 237.
Kreta, urgesch. 306, 307.
Kunst 270.
Lausitzer Typus 49.
Letten, anthrop. u. ethnol. 223.
Leubinger Hügel 359.
Linne* als Ethnologe 141.
Litauen, anthrop. 277.
Literaturübersicht 51—64, 114—128, 184
—192, 239—256, 309—320, 373—384.
Loangoküste, anthrop. u. ethnol. 20.
Makedonien, urgesch. 87.
Maku 288.
Makuschi 288.
Malaio-polynes. Sprachen 216.
Medizin 282, 289.
Mehrlingsgeburten 269.
Melanesien, anthrop. 75.
Menschwerdung 89.
Menstruation 82, 201.
Meßinstrumente, anthrop. 66, 261.
Mexiko, anthrop. u. ethnol. 31, 32, 34,
161, 220; urgesch. 31, 32, 34.
Mikrokephalie 197.
Mikronesien, ethnol. 280.
Mißbildung 84, 203.
Mongolenflecke 80, 81, 200, 201, 268.
Mongolismus 262.
Monte Hermoso, "Wirbel 372.
Moorfunde 359.
Moquelumnan 30.
Moral 11.
Mumienpackung 309; -bad 368.
Münsingen 303.
Muschelgeld 10.
Musee osteologique 228.
Mutationserscheinungen 68.
i Nase 6.
i Naturgefühl, Entwickelung des 141.
Neanderthaler 199; — ähnlicher Schädel
301.
Neger 18, 80.
Nephrit 165.
Neu-Guinea, anthrop. u. ethnol. 104, 13*2.
Neu-Mecklenburg, ethnol. 156.
! Neu-Pommern, ethnol. 217.
| Neu-Südwales, ethnol. 283.
! Nissan, ethnol. 158.
Nowosiolka-Schädel 301.
Österreich, anthrop. 215; ethnol. 273, 274.
Ohr 66.
Orang-Akett 283.
Orang-Sakai 283.
Orbita 5.
Osterinseln, anthrop. u. ethnol. 160.
Ostjaken, ethnol. 214.
Ouitotos 284.
Ozeanien s. Südsee.
Paez 220.
Pampasformation 370, 372.
Periode des Weibes 82, 201.
Perlen der Vorzeit 294.
Petroglyphen 140, 165.
Pfahlbauten 19, 179.
Pithecanthropus 108, 202.
Polen, anthrop. 13, 14.
Polymastie 77.
Polynesien, anthrop. u. ethnol. 99, 218.
Prostitution 282.
Qualolos 219.
Rechenkünstler 196.
Recht und soziale Typen 269.
Religion 12, 21, 22.
Ringwälle 300.
Römischer Einfluß am Niederrhein 356.
Rothaarigkeit 144.
Rumänien, ethnol. 87, 212.
Rußland, anthrop. u. ethnol. 15, 17, 137,
213, 214, 277; urgesch. 301.
Häugetierreste, Bestimmung derselben
299.
Salomo-Inseln, anthrop. 100.
Schädel. Achse der Schädelhöhle 74.
Anomalien 74, 197. Asymmetrie 129.
Diagraphentechnik 261. Flächeninhalt
133; Foramen magnum 198; Gruben
73; Geschlechtsunterschiede 76, 299;
Kapazität 129, 133; Indices 72; Mes-
sung 74; Nähte 262; Sagittalumfang 75 ;
Stirnbein 196; Umfang 77, 130; und
Intelligenz 77, 130, 131.
Schattentheater 209.
Scheibenschießen 273.
Schiffahrt der Indianer 105.
Schlesien, anthrop. 13; urgesch. 49.
Schmuck der Frauen im alten Ägypten
367.
Schottland, urgesch. 291—295.
Register.
389
Schuppenstellung der Haare 134.
Schwaben, urgesch. 300, 364.
Schweiz, ethnol. 211; urgesch. 301, 308.
Selbstmord 84.
Shintodienst 280.
Skandinavien, ethnol. 273.
Skaphokephalie 73.
Slawische Volksforschung 278.
Sondersprachen 208.
Soziologie 85, 137.
Sprache 205, 216, 225.
Stammbaum der Menschen 108, 109; der
Seele 195.
Steingeräte von Shetland 292.
Steinkreise 291.
Steinzeit 109, 170, 171, 175, 177, 178, 183,
231, 233, 237, 296, 297, 298, 299, 302.
Sudan, urgesch. 365.
Südsee, anthrop. u. ethnol. 10, 75, 99,
100, 155—160, 282—284.
Sumatra, anthrop. 283.
Surinam, anthrop. u. ethnol. 37, 166.
Tagesgeschichte 64, 128, 192, 256, 320, 384.
Talkema 161.
Tataren 277.
Tatuierung 12.
Taubach 357.
Thaingen 302.
Theozoologie 38.
Thorax 9.
Tier und Mensch 78.
I Tischkreuze 273.
1 Töpferei der Vorzeit 231.
, Trepanation 198.
Tuberkulose 83, 172.
I Turkestan, urgesch. 367.
Ungarn, urgesch. 180 — 183.
I Unterkiefer 7, 193.
Untersuchungsmethoden 66, 67, 72, 74.
Uranfänge der Gesellschaft 137.
Urgeschichte u. Sprachvergleichung 225.
( Verbrecher 7, 77, 81.
| Vererbung 68, 71, 72.
I Verunstaltung des Schädels 40.
' Volkskunde 13, 15, 17, 18, 20, 23, 86, 90,
93, 94, 113, 207, 210, 212, 271, 273,
! 274.
i Volksmedizin 207.
Vorgeschichte, Wörterbuch d. 221, 223;
Manuel 355.
Wapischana 284.
Weib 8, 76, 82.
Weimar, urgesch. Funde bei 357.
Wikinger 42.
Wodans Kultur 111.
Wogulen, ethnol. 214.
Wotjaken 15.
Yauapery 284.
Zähne 7, 75, 78, 132, 133, 197, 198, 202,
237, 265, 285.
Zeichnungen 170, 270; s. a. Petroglyphen.
Zwillinge 9, 199, 209.
3. Mitarbeiter-Verzeichnis.
Andree, R. (Dr. Prof., München) 165.
Ankermann, B. (Dr., Berlin z. Z. auf
Reisen) 20, 21, 22, 23.
Antze, G. (Dr., Leipzig) 283.
Bartels, P. (Dr., Privatdozent, Berlin)
2, 67, 72, 73, 74, 75, 76, 80, 83, 129,
132, 133, 134, 135, 136, 141, 144, 163,
175, 193, 197, 198, 199, 200, 201, 202,
218, 257, 268, 282, 283, 299, 305, 367.
B i r k n e r , F. (Dr., Privatdozent, München)
289.
Buschan, G. (Dr., 8tettin) 7, 8, 11, 15,
27, 39, 41, 65, 77, 78, 81, 92, 95, 108,
112, 130, 132, 140, 150, 165, 166, 170,
193, 194, 196, 197, 198, 201, 202, 203,
213, 215, 219, 220, 228, 230, 231, 270,
282, 302, 303, 308, 3*9, 367, 368, 370.
Byhan, A. (Dr., Hamburg) 85, 87, 90,
93, 137, 145, 209, 211, 212, 216.
Charusina, W. (Fräulein, Moskau) 15, 17,
18, 213, 214.
Doudou u. Vandebosch (Archäologen,
8eraing-sur-Meuse) 110, 296, 297, 298,
299.
Fehiinger (Privatgelehrter, München)
146, 147, 203, 208, 215.
Fischer, E. (Dr., Prof., Freiburg i. B.)
66, 74, 79, 109, 134, 144, 150, 197, 198,
202, 237, 258, 265, 267.
Friedemann, F. (Dr., Berlin) 5, 6, 23,
75, 101, 261, 262.
Friederici, G. (Dr., Dorlisheim, z. Z.
auf Reisen) 25, 28, 30, 31, 35, 161, 163,
164, 220.
Gennep, A. van (Paris) 285.
Graebner, F. (Dr., Cöln a. Rh.) 96, 100,
154, 155, 156, 157, 158, 160, 217, 218,
284.
Hagen, B. (Dr., Hofrat, Frankfurt a. M.)
98.
Hahn, A. (Dr., Prof., Stettin) 40.
Hahn, E. (Dr., Berlin) 206, 207.
Hahne, P. (Dr., Privatdozent, Hannover)
167, 168, 169, 171, 229, 231, 234, 357, 368.
Heiberg, P. (Dr., Kopenhagen) 143.
Hovorka, O. v. (Dr., Wien) 7, 18, 40,
66, 73, 86, 91, 147.
Jauker, O. (Dr., Prof., Laibach) 271,
273, 274.
Kaindl, R. (Dr., Prof., Czernowitz) 1,
12, 13, 14.
25*
390
Register.
Kellner, A. (Dr., Untergöltzsch bei
Rodewisch) 4, 8, 9, 84, 131, 137, 142.
Kind, A. (Dr., Berlin) 205.
Koch -Grünberg, Th (Dr., Nicolassee-
Berlin) 36, 37.
Kohlbrugge, J. H. F. (Dr., Utrecht) 2,
8, 81, 131, 154, 166, 263, 264.
Kossinna, G. (Dr., Prof., Berlin) 225.
Kraitschek, G. (Dr., Prof., Wien) 854.
Krause, Fr. (Dr., Leipzig, z. Z. auf
Reisen) 105, 160.
Krauss, F. 8. (Dr., Prof., Wien) 141,
149, 210.
Lauf er, H. (Dr., Luxor u. Schluch ee)
262, 268, 278.
Lehmann, W. (Dr., Berlin, z. Z. auf
Reisen) 32, 34.
Lehmann-Nitsche, R. (Dr., Prof., La
Plata) 287.
Liebetrau, J. (Dr., Hagen i. W.) 172,
195.
Luschan, F. v. (Dr., Prof., Berlin) 10,
24.
März an, 8. de (Nausorie, Fiji) 104.
Messerschmidt, L. (Dr., Berlin) 92,
93, 94, 113, 365, 366, 367.
Milleker, F. (Museumskustos, Wer-
schetz) 180, 181, 182, 183.
Mollison, Th. (Dr., Zürich) 99.
Naecke, F. (Dr., Medizinalrat, Huber-
tusburg i. 8.) 11, 12, 38, 85, 95, 280.
! Prost, E. (Amtsgerichtsrat, Stettin) 280,
281.
, Roth, E. (Dr., Haue a. 8.) 82, 83, 135.
Seh allmayer,W. (Dr., München) 3, 19*,
258.
Schmidt, H. (Dr., Berlin) 170, 172, 175.
176, 178, 179, 180, 306, 307.
I Schreiber, W. (Dr., Lemberg) 78, 277.
Seger, H. (Dr., Museumsdirektor, Bres-
lau) 44, 48. 221, 223, 226, 291, 292,
293, 294, 295, 304, 355.
Steensby, H. T. (Dr., Kopenhagen)
285.
Trager, P. (Dr., Berlin) 87.
Vierkandt,R. (Dr., Privatdozent, Berlin)
31, 208, 269.
Walter, E. (Dr., Prof., Stettin) 42, 44,
232, 233, 237, 300, 301, 356, 359, 362,
364.
Warda, W (Dr., Blankenburg i.Thür.)
68, 71, 72.
Wilser, L. (Dr., Heidelberg) 19, 35, 41,
65, 109, 111, 112, 183, 218, 228, 232,
301 368 372.
, Winkelmann, S. (Dr., Prof., 8tettin) 872.
ZENTRALBLATT
ANTHROPOLOGIE
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Richard Jlndree, Braunschweiger Uolftskundc«
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Tranz Cetzner» Die Slawen in Deutschland.
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a o. Professor der Zoologie an der Universität Jona.
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Die Küste und die Inseln.
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Die sudliche Kalahari.
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ANTHROPOLOGIE
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